285/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

 

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Rudolf Scholten in der 59. Sitzung vom 26. Februar 2016

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 70. Sitzung am 11. Mai 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Rudolf Scholten zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2016 05 11

 

                            Gabriel Obernosterer                                                               Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende


 



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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

59. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Freitag, 26. Februar 2016

Gesamtdauer der 59. Sitzung

9.09 Uhr – 20.36 Uhr

Lokal VI

 


Befragung der Auskunftsperson Dr. Rudolf Scholten

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Rudolf Scholten! Guten Tag und herzlichen Dank, dass Sie heute dem Untersuchungsausschuss als Auskunftsperson zur Verfügung stehen.

Mir wurde mitgeteilt, dass Sie keinen Einwand dagegen haben, dass es einen kurzen Kameraschwenk gibt. – Das ist so. Dann unterbreche ich für einen kurzen Kameraschwenk die Sitzung, bevor wir in die Befragung eingehen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 15.38 Uhr unterbrochen und um 15.40 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

15.40

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Ich mache darauf aufmerksam, dass auch in medienöffentlicher Sitzung Film- und Tonaufnahmen nicht zulässig sind.

Bevor wir in die Befragung einsteigen, möchte ich Ihnen, Herr Dr. Scholten, noch sagen, dass zu Ihrer Linken Herr Professor Binder sitzt, der nach der Verfahrensordnung der Verfahrensanwalt ist. Seine Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass im Zuge der Befragung Ihre Grund- und Freiheitsrechte nicht verletzt werden. Sie haben nicht davon Gebrauch gemacht, eine Vertrauensperson mitzunehmen; daher können Sie sich jederzeit, wenn Sie sich während der Befragung beraten wollen, an Professor Binder wenden. Ich werde Ihnen die dafür erforderliche Zeit auch zur Verfügung stellen.

Herr Dr. Pilgermair ist der Verfahrensrichter. Auch er wacht über die Einhaltung Ihrer Persönlichkeitsrechte und über die Einhaltung des Informationsordnungsgesetzes. Er wird auch die Erstbefragung durchführen.

Bevor ich ihm dafür das Wort erteile, ist noch zu sagen, dass Sie sich, wenn Sie eine sonstige Sitzungsunterbrechung oder Informationen über den Ablauf brauchen, auch jederzeit an mich als Vorsitzende des Ausschusses wenden können.

Damit können wir mit einer kurzen Rechtsbelehrung anfangen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Einen schönen Nachmittag, Herr Dr. Scholten! Ich bitte Sie, dass Sie sich das Personaldatenblatt auf die Richtigkeit der darin eingetragenen persönlichen Daten hin anschauen. Stimmt das so? (Die Auskunftsperson bestätigt die Richtigkeit der Daten.)

Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung in allen Details über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie über den Ablauf der Befragung hier im Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. In dieser Belehrung waren auch Aussageverweigerungsgründe im Einzelnen angeführt. Sollte einer dieser Gründe bei einer Frage, die an Sie gerichtet wird, vorliegen, bitte ich Sie, darauf hinzuweisen, da es eine generelle Aussageverweigerungsberechtigung nicht gibt.

Sie haben das Recht, den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen sowie Beweisstücke und Stellungnahmen vorzulegen und deren Veröffentlichung oder deren Klassifizierung zu beantragen.

Auskunftspersonen haben die vornehmliche Pflicht, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann so wie die Fälschung eines Beweismittels oder der Gebrauch eines falschen oder verfälschten Beweismittels nach dem Strafgesetzbuch vom Strafgericht mit Freiheitsstrafe geahndet werden.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Jede Person, die nach dem Informationsordnungsgesetz Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch noch nach der Beendigung der Befragung und der Tätigkeit dieses Untersuchungsausschusses. Solche klassifizierten Informationen dürfen keinesfalls an unbefugte Personen weitergegeben werden. Wenn Ihnen im Rahmen der Befragung klassifizierte Unterlagen vorgelegt werden, erkennen Sie diese am entsprechenden Aufdruck. Ich erinnere immer alle Auskunftspersonen daran, keine dieser Unterlagen im Anschluss an die Befragung versehentlich mitzunehmen. Von klassifizierten Dokumenten dürfen weder Fotos noch Auszüge oder Notizen angefertigt werden.

Herr Dr. Scholten, haben Sie Fragen zu dieser Rechtsbelehrung? (Die Auskunftsperson verneint dies.)

Dann kann ich Sie schon zum Abschluss der Belehrung auf das allen Auskunftspersonen zustehende Recht hinweisen, vor Beginn der Befragung eine einleitende Stellungnahme abgeben zu können, die bis zu 20 Minuten dauern kann. Wollen Sie eine solche Stellungnahme abgeben?

Dr. Rudolf Scholten: Kann ich jetzt gleich beginnen?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Bitte.

Dr. Rudolf Scholten: Ich würde dem, was mir über die Medien davon bekannt wurde, was die beiden Vorstände und heute Vormittag auch Dr. Ditz gesagt haben, nur einen Punkt hinzufügen wollen, nämlich dass in den gesamten Beratungen meines Erachtens zu kurz gekommen ist, dass wir Anfang 2010 von allen internationalen Organisationen eine Konjunkturprognose für die Hauptmärkte der Hypo vorliegen hatten, die um rund 10 Prozentpunkte besser war als das, was danach eingetreten ist.

Das hätte für Österreich bedeutet, dass es statt dem Wachstum von rund 5 Prozent, das Österreich in diesen drei Jahren – also 2010 bis 2013 – hatte, ein Minus von 5 Prozent gegeben hätte. Das wäre eine ökonomische … Mit dem Ausdruck Katastrophe muss man vorsichtig sein, aber das wäre ein ökonomisches Riesenproblem gewesen.

Und genau diese Situation hatten wir am Balkan, das heißt die wirtschaftliche Lage hat sich dramatisch schlechter entwickelt, als es einheitlich von allen Organisationen – Weltbank, Währungsfonds, OECD, EU – Anfang 2010 vorhergesehen worden war. Das wollte ich eigentlich nur noch hinzufügen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Schließen Sie damit Ihre einleitende Stellungnahme ab?

Dr. Rudolf Scholten: Ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich bedanke mich dafür, und wir starten mit der Erstbefragung.

Ich möchte zuerst auf die Kommunikation innerhalb des Aufsichtsrats, dann vom Aufsichtsrat zum Vorstand, vom Aufsichtsrat zum Finanzministerium und auch zur Ministerin, zum Minister zu sprechen kommen, und anschließend näher auf die Bad Bank eingehen.

Wie war die Kommunikation innerhalb dieses neuen Aufsichtsrats, und was hat sich der Aufsichtsrat für Ziele gesetzt?

Dr. Rudolf Scholten: Also wenn wir über den Aufsichtsrat sprechen, möchte ich jetzt im engeren Sinn über die Kapitalvertreter im Aufsichtsrat reden. Da war die Kommunikation außerordentlich gut. Ich würde jetzt beim besten Willen nichts wissen oder mich an nichts erinnern, was nicht diesen Ausdruck verdienen würde. Sie war auch über die Zeit völlig konfliktlos; selbst in Punkten, zu denen wir unterschiedliche Zugänge hatten, haben wir eigentlich immer sehr schnell zu gemeinsamen Antworten gefunden.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und die Zusammenarbeit mit dem Vorstand?

Dr. Rudolf Scholten: Die Zusammenarbeit mit dem Vorstand war gleich zu bewerten. Man muss allerdings dazusagen – das hat jetzt nichts mit der Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand zu tun, aber mit den unterschiedlichen Rollen –, dass der Vorstand naturgemäß in seiner operativen Rolle sozusagen in einer noch viel extremeren Form in die Abläufe involviert war, während wir zwar in einer für einen Aufsichtsrat untypischen Intensität – aber allemal unterschieden sich die Rhythmen eines Aufsichtsrats gravierend vom jenen des Vorstands – damit zu tun hatten.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wer ist im Ministerium von den wesentlichen Standpunkten des Aufsichtsrats benachrichtigt worden? Mit wem hatte man da Kommunikation?

Dr. Rudolf Scholten: Na ja, da sind wir schon bei einem wesentlichen Punkt. Unsere Annahme war – und das kann man im Nachhinein vielleicht als naiv ansehen –, dass es angesichts der Dramatik, der Situation und des Schadenspotenzials für das Budget einen wirklich lückenlosen Schulterschluss zwischen Eigentümervertretern, Aufsichtsrat und Vorstand gibt; und ich würde das für die Relation Aufsichtsrat–Vorstand auch so bestätigen. Auf der Eigentümerseite war es ein bisschen komplizierter.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wodurch?

Dr. Rudolf Scholten: Na ja, erstens liegt es in der rechtlichen Struktur der Republik, dass sich auch wesentlich mehr Einzelpersonen für einzelne Fragen verantwortlich gefühlt haben – das ist so –, aber es hat auch im Verhältnis zur Republik sozusagen nicht die gleiche Entschlossenheit für eine gemeinsame Position gegeben. Ein Eigentümer, der eine Tochter erwirbt – sozusagen freiwillig im rechtlichen Sinn, aber nicht freiwillig im Sinn, dass das die Absicht war, sondern dass er erwerben musste –, hätte sich mit einem derartigen Drohpotenzial wahrscheinlich enorm darauf konzentriert, dass diese Kommunikation sehr dicht geführt wird; und das war sicher nicht der Fall.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Auch nicht vonseiten der Finanzprokuratur? Oder nur in gewissen Segmenten?

Dr. Rudolf Scholten: Erstens in gewissen Segmenten, und da hatten wir eher das gegenteilige Problem, dass wir uns sehr bemüht haben, darauf hinzuweisen, wie weit die aktienrechtliche Verantwortung des Vorstands, aber jetzt aus unserer Sicht, die des Aufsichtsrats, geht, und wie viel unmittelbare Einflussnahme da dem Eigentümer oder dessen Rechtsvertreter zukommt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, das hat auch Dr. Ditz so bekundet. Jetzt zur Frage: Der Vorstand hat dem Aufsichtsrat die Bad Bank wann nahegelegt, wann empfohlen? Was war die erste Sicht des Aufsichtsrats dazu?

Dr. Rudolf Scholten: Da muss man schon beim Wort „empfohlen“ einhaken. Die erste Prüfung der Frage Bad Bank gab es bereits 2010, aber die Diskussion darüber ist im Jahr 2011 intensiver geworden, und da war auch schon die Position des Vorstands erkennbar. Da hatten wir allerdings im Aufsichtsrat noch die Meinung, dass man in den Abbaubemühungen zuerst vorankommen muss, und eine Reorganisation, eine grundsätzliche Reorganisation nach den ersten Abbaubemühungen anreihen sollte, und nicht diese Abbaubemühungen bereits hemmen, indem zuerst so eine Reorganisation stattfindet.

Spätestens mit dem JRAD-Bescheid hat sich die Situation allerdings gedreht, und da war auch für uns klar, dass die Kosten für die Republik enorm werden würden, wenn wir für die gesamte Bilanz der Hypo diese Eigenmittel vorsorgen müssten oder die Republik das vorsorgen muss, und dass die Vorteile der Bad Bank dann eindeutig überwiegen. Das war dann, ich würde sagen, im Frühjahr 2012 der Fall.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War die ursprüngliche, die erste Position des Aufsichtsrats und dann der Wechsel einhellig im Aufsichtsrat oder gab es dazu unterschiedliche Positionen?

Dr. Rudolf Scholten: Sie meinen, der Wechsel von der Skepsis zur …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Einmal die Skepsis und dann als Zweites der Wechsel, war das jeweils einhellig?

Dr. Rudolf Scholten: Ich glaube, das war einhellig. Vielleicht gab es da ein paar Tage Unterschied, aber in der Substanz war es einhellig.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Als der Aufsichtsrat den Wechsel vollzogen hat: Wie hat man das wem kommuniziert von der Eigentümerseite her, auf die Eigentümerseite hin bezogen?

Dr. Rudolf Scholten: Wir haben dem Finanzministerium klargemacht, dass diese Form der Eigenmittelausstattung nur notwendig ist, wenn die Hypo in ihrer Gesamtheit eine der Bankenaufsicht unterliegende Rechtsperson bleibt und damit auch die notwendigen Eigenmittelvorschriften die einer unterliegenden Rechtsperson bleiben, und das war ein Thema in allen Besprechungen, die damals stattgefunden haben, so gesehen auch mit Sicherheit allen betroffenen Personen gegenüber.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie noch eine Erinnerung, mit wem da gesprochen wurde vonseiten der Spitzenhierarchie in Ministerium, Kabinett? Minister, Ministerin? Wie oft persönlich?

Dr. Rudolf Scholten: Das war eines der Probleme, die wir hatten, dass wir eigentlich davon ausgegangen sind, dass in so einer Situation – das hat auch der Erinnerung von Dr. Ditz und mir entsprochen, aus unserer eigenen Zeit in der Regierung – der oder die jeweilige Minister/in eigentlich in eine Art von Jour-fixe-Relation mit den entsprechend Verantwortlichen kommen müsste, weil ja nicht nur diese gleichsam Höhepunkte zu besprechen waren, sondern auch viele andere Fragen, die eigentlich eine enge Abstimmung zwischen dem Institut und dem Eigentümer, nicht rechtlich aber de facto, gebraucht hätten. Diese aus unserer Sicht Selbstverständlichkeit war aber nicht …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Die war nicht? Mit wem war der Kontakt, das Gespräch darüber möglich? Bleiben wir jetzt bei der Bürokratie: Hat man zum Beispiel mit Lejsek darüber gesprochen?

Dr. Rudolf Scholten: Ja, der war sicherlich derjenige, der wahrscheinlich häufigste Gesprächspartner im Ministerium dazu.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Was war seine Position?

Dr. Rudolf Scholten: Seine Position war richtigerweise die eines Beamten – diese Informationen entgegenzunehmen und sie seiner Ministerin zu berichten –, er hat nicht versucht zu beeinflussen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hat er selbst sich nicht geäußert?

Dr. Rudolf Scholten: Das ist mir nicht in Erinnerung.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Mit wem im Kabinett wurde gesprochen? Mit dem Kabinettchef? Mit Mitarbeitern?

Dr. Rudolf Scholten: Mir ist in Erinnerung der, ich glaube, Mag. Höllerer und dann später der Kabinettchef Zotter.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben die eine inhaltliche Position bezogen oder das auch der Ministerin überlassen?

Dr. Rudolf Scholten: Es war die Diskussion ja relativ simpel. Unser Hauptpunkt war, dass die Eigenmittelausstattung … Also es gab im Wesentlichen drei Argumente, die für uns entscheidend waren: das war die Eigenmittelausstattung, die Position gegenüber der EU im Beihilfeverfahren und gleichsam – es gab ja damals viele Banken europaweit, die in einer vergleichbaren Situation waren –, dass es ja so eine Art von Marktstandard gegeben hat, wie man mit so einem Thema umgeht. Da war für uns …

Diese Argumente waren ja enden wollend, weil es sich ja immer wieder um diese drei, vier Punkte gedreht hat, und das Gegenargument war letztlich der Maastricht-Ausweis der Verschuldensquote, der aus unserer Sicht eine – ich könnte jetzt sagen eine politische Entscheidung – hintanzureihende Position war, weil in einem Fall ging es sozusagen um reales Geld und im anderen Fall ging es um einen statistischen Ausweis, der noch dazu leicht erklärbar gewesen wäre, weil das ja als Sonderfaktor am Tisch lag …

Im Übrigen war auch damals in Bankkreisen – jetzt nicht Hypo, sondern im Markt – allen klar, dass, wenn die Verschuldensquote eines Landes in der Analyse bewertet wird, die noch nicht eingeschlossenen Belastungen aus verstaatlichten Banken miteingerechnet werden. Die sind ja nicht naiv, es hat ja jeder gewusst, was dahintersteckt, daher wäre der Ausweis unseres Erachtens, aber das ist tatsächlich dann nicht unsere Entscheidung gewesen …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist das auch der Ministerin so kommuniziert worden, wie Sie es jetzt dargestellt haben? (Auskunftsperson Scholten: Mit Sicherheit, ja!) Wie oft?

Dr. Rudolf Scholten: Ich kann mich an ein derartiges Gespräch erinnern, aber es kann sein, dass es zwei gegeben hat unter meiner Teilnahme.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist dieser Vorschlag auch verschriftlicht worden oder ist er nur jeweils mündlich eingebracht worden?

Dr. Rudolf Scholten: Nein, es gab von Anfang an jede Menge an Konzeptpapieren dazu, die sind allerdings sicher im Wege der Beamten ins Ministerium geschickt worden. Die ministeriumsinterne Kommunikation dazu kenne ich nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wer hat denn dieses Konzept erstellt? (Auskunftsperson Scholten: Der Vorstand!) Der Vorstand? Ist das auch schriftlich weitergegeben worden?

Dr. Rudolf Scholten: Ja, mit Sicherheit. Es war ja unser größtes Drängen, dass wir da zu einer Lösung in unserem Sinn, aber auf jeden Fall zu einer Entscheidung kommen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Diese Konzeptfrage ist auch schon im Gespräch gewesen. Sie werden nicht zufällig dieses Papier bei sich haben, in Ihren Unterlagen für heute?

Dr. Rudolf Scholten: Nein, ich habe nur den Griss-Bericht mit.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt ist die Frage aufgetaucht, ob sich der Aufsichtsrat in Hinblick auf die ablehnende Haltung des Ministeriums, der Ministerin um Partner bemüht hat. Und wenn ja, wie? Hat man welche gewinnen können, die sich auch dafür einsetzen?

Dr. Rudolf Scholten: Man muss sagen, dass die Finanzmarktaufsicht und damit auch die Notenbank natürlich Gesprächspartner waren, aber nicht so sehr in dem Sinne, dass sie jetzt Druck aufs Ministerium machen, dieser Bad-Bank-Lösung zuzustimmen, sondern auch in der Frage, ob es nicht die Möglichkeit gäbe, in der bestehenden Struktur eine Abbaueinheit zu simulieren, und da war allerdings die rechtliche Auskunft der Notenbank – ich muss fairerweise sagen, verständlich –, dass das unmöglich ist, denn solange die rechtliche Struktur so ist, wie sie ist, kann man nicht eine Nicht-Bank simulieren. Unser Punkt war ja, das es zwar rechtlich korrekt, aber wirtschaftlich nahezu sinnlos ausgesehen hat, Eigenmittel für eine Abbaueinheit vorzuhalten.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hat man mit dem Gouverneur auch persönlich gesprochen? (Auskunftsperson Scholten: Ja, mit Sicherheit!) Wissen Sie noch, wie er sich dazu gestellt hat?

Dr. Rudolf Scholten: Er hat das positiv eingeschätzt, seine Reaktion zur Bad Bank war positiv.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Können Sie das noch zeitlich festmachen, wann das war?

Dr. Rudolf Scholten: Datumsmäßig nicht, aber ich kann mich nicht erinnern, dass wir da in der Notenbank je irgendein wesentliches Gegenargument gehört haben, außer das Offensichtliche, aber das war nicht das Argument der Notenbank, sondern das war sozusagen, relata refero, das Argument, das dann gebracht wurde, dass man berücksichtigen muss, dass das in der Staatsschuld natürlich dann transparent wird, was wir aber eben nicht als gleichrangig angesehen haben, weil die Märkte das ohnedies, wie man so schön sagt, eingepreist hatten.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Gab es einen Pro-Einsatz? Sie haben gemeint, es gab keine Gegenargumente, gab es Pro-Argumente?

Dr. Rudolf Scholten: Ich hoffe, dabei war ich nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Erinnern Sie sich noch, dass Nowotny zum Beispiel gesagt hat, ich verwende mich bei der Ministerin auch dafür? (Auskunftsperson Scholten: Ja!) Das hat er gesagt? (Auskunftsperson Scholten: Sicher, ja!) Wissen Sie, ob er es auch getan hat?

Dr. Rudolf Scholten: Das weiß ich nicht, nein.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Vielleicht noch in dem Zusammenhang: Hat man auch mit Peschorn, dem Finanzprokurator, darüber gesprochen? Wie war dessen Haltung?

Dr. Rudolf Scholten: Wie seine Haltung dazu war, weiß ich nicht. Da er ja bei all diesen Gesprächen im Ministerium in meiner Erinnerung dabei war, war er sicher auch bei diesem Gespräch, das wir mit der Ministerin hatten, dabei.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Dr. Scholten, ich würde Sie gerne noch zur CSI und zur EU fragen, aber meine Zeit ist abgelaufen. Ich bedanke mich für Ihre Antworten im Rahmen der Erstbefragung.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals für die Erstbefragung, Herr Dr. Pilgermair. Wir gehen in die erste Runde ein, und ich erteile Herrn Abgeordnetem Krainer das Wort. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Dr. Scholten, zunächst einmal: Wie sind Sie Aufsichtsrat geworden?

Dr. Rudolf Scholten: Ich wurde an einem Jänner-Wochenende vom Bundeskanzler gebeten, das zu tun, und habe dann, da das ja nicht eine Funktion ist, die man sich wünscht und anstrebt, in meiner – unter viele Anführungszeichen gesetzten – „Not“ den Gouverneur der Notenbank befragt, was er mir raten würde. Er hat mir damals gesagt, das sei ein typischer Anlass, wo man mittun muss, wenn man gefragt wird, weil man nicht so tun kann, als ob einem diese Republik wichtig ist, und wenn sie etwas braucht, dann kneift man. Das ist ein ziemlich genaues Zitat.

Ich will das jetzt nicht zur Opfergeschichte machen, aber das ist der Ablauf gewesen. Wir waren dann auch der Meinung, dass das in dieser Konstellation, in der wir das angegangen sind, gute Chancen hat, dass wir durch eine gute Arbeit für die Republik ein Ergebnis erzielen können, das im Verhältnis zu dem, was droht, eine deutliche Verbesserung darstellt. Und insofern war die Motivation, sich da sehr aktiv zu engagieren, sehr hoch.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das, was beim Studium der Aufsichtsratsprotokolle auffällt, ist, dass man den Eindruck hat, dass die vier Kapitalvertreter ganz gut miteinander können, und dass es sehr viele Sitzungen gibt, das heißt, dass der Aufsichtsrat sich sehr intensiv trifft und sehr intensiv in einem Diskussionsprozess mit dem Vorstand ist.

Dr. Rudolf Scholten: Also in meiner Familie war dieses Thema nicht beliebt, angesichts des …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das fällt einfach auf.

Dr. Rudolf Scholten: Es war notwendig, wenn man das ernst genommen hat, und das haben wir. Ich möchte jetzt die Personalvertreter im Aufsichtsrat nicht differenziert betrachten, ich kann es nur authentisch von den Kapitalvertretern genauer sagen. Aber es war klar, dass das a) ein Riesenproblem ist, dass b) dieses Problem eine gehörige Dimension erreichen kann, und dass man aber durch eine enge Kooperation gute Chancen hat, das einzudämmen. Und insofern war die Motivation, sich da einzusetzen, sehr, sehr hoch, und wenn ich das mit anderen Aufsichtsräten vergleiche, war auch mit Sicherheit die Tiefe, in der hier Themen diskutiert wurden, anders, also tiefer, und daher hat es auch länger gedauert.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und am Beginn? Hatte man den Eindruck, dass am Anfang einmal gedacht worden ist, die Bank ist sanierbar?

Dr. Rudolf Scholten: Das ist ein gutes Wort. Man muss dann die Frage stellen – also es ist jetzt hier nicht meine Funktion, Fragen zu stellen –: Was heißt sanierbar? Es hat niemand gedacht, dass wir die Hypo in ein florierendes Unternehmen umbauen können. Sanierbar aus unserer Sicht hat geheißen, die Kosten für das Budget möglichst niedrig zu halten, im Idealfall mit dem Eigenkapital, das damals in der Bank vorhanden war, auszukommen.

Und deswegen habe ich auch in meinem Eingangsstatement gesagt, nach diesem wirklich schrecklichen Einbruch 2009 – dem konjunkturellen Einbruch in Österreich insgesamt, aber auch am Balkan und in den meisten anderen europäischen Ländern – gab es Anfang 2010 eindeutig die Stimmung, die auch für Österreich im Übrigen richtigerweise so eingeschätzt wurde, dass nach diesem 2009er-Einbruch die Konjunktur wieder in Schwung kommt. Das war diese Zeit, in der man darüber diskutiert hat, ob die Krise einen doppelten Einbruch bedeuten würde, also nach einem Aufschwung wieder ein Absacken, oder ob es dann kontinuierlicher bergaufgehen würde.

Es haben alle internationalen Wirtschaftsforschungsinstitute publiziert, dass sie, auch für den Balkan, einen Aufschwung nach 2010 erwarten. Und das hatte natürlich einen massiven Einfluss auf zum Beispiel einen Bereich, in dem die Hypo sehr stark engagiert war, nämlich den Tourismus, und naturgemäß auch einen sehr starken Einfluss auf Immobilienpreise, und damit auf die Verwertungsmöglichkeiten der vielen Immobilien, die bei der Hypo als Sicherheiten in der Bilanz standen, und viele andere Dinge, die es zu verwerten galt.

Das heißt, wir sind schon davon ausgegangen, dass man, wenn die wirtschaftliche Situation so ist, wie sie ist, und wenn alle sehr eng und gut zusammenarbeiten, ein im Verhältnis zur negativen Erwartung überraschend positives Ergebnis für die Republik erzielen wird können. Sanieren in dem Sinne, dass man das gleichsam als gutes Investment empfindet im Nachhinein, diese Illusion hatten wir auch nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie lange hat es gedauert, bis man sich so ein Bild macht? Vorher noch eine Frage: Haben Sie Wahrnehmungen, dass es irgendwelche Interventionen gegeben hätte hinsichtlich Ablöse alter Vorstand beziehungsweise Neubestellung neuer Vorstand?

Dr. Rudolf Scholten: Nein, ganz im Gegenteil. Ich glaube – aber da unterstreiche ich jetzt „ich glaube“, weil ich das nicht besser weiß, also da habe ich keine Belege dafür –, dass man tendenziell davon ausgegangen ist, dass man mit dem bestehenden, dem sogenannten alten Vorstand, weiterarbeiten könnte. Und wir haben nach sehr kurzer Zeit festgestellt, dass wir dem alten Vorstand diese Energie, die für ein solches Vorhaben notwendig ist, nicht zutrauen.

Ein zweiter Punkt war auch sehr wichtig, dass, ohne jetzt einem einzigen der alten Vorstände einen persönlichen Vorwurf zu machen, die alle zu unterschiedlichen Zeitpunkten, aber deutlich vor der Verstaatlichung in diesen Vorstand gekommen sind. Daher war auch die Annahme, dass dann natürlich jeder versuchen würde, seinen Bereich zu verteidigen, zu schützen oder zu vertreten – was eben vor der Verstaatlichung schon passiert war. Und uns war damals sehr wichtig, dass wir einen Vorstand hatten, der völlig unberührt von der Vergangenheit an dieses Thema herangehen kann und nicht parallel eine andere Agenda noch mit im Kopf hat, nämlich, wie er seinen Bereich bewahrt, beschützt oder rechtfertigt.

Und, wie gesagt, das war nicht damit verbunden, dass wir Gründe hatten, hier persönlich irgendwelche Vergehen oder Versäumnisse vorwerfen zu müssen. Aber es ist ein selbstverständliches Verhalten, dass man eine Arbeit, die man selber geleistet hat, versucht, gut darzustellen und zu schützen. Und uns war wichtig, dass wir da mit einem wirklich anspruchsvollen Neubeginn an die Sache herangehen können.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben aber keine Wahrnehmungen, dass irgendjemand gemeint hätte, jetzt arbeitet doch mit dem Pinkl weiter oder dergleichen?

Dr. Rudolf Scholten: Das war unser Verständnis, dass das erwartet würde. Aber man muss zugleich sagen, dass wir auf keinen Widerstand gestoßen sind, als wir gesagt haben, dass wir das nicht so wollen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. Dann eine Frage, weil Sie gesagt haben, Sie wollten nicht, dass irgendjemand mit einem Bias aus der Vergangenheit das macht: Dass Kranebitter vorher beratend tätig war für die Bank …

Dr. Rudolf Scholten: Das haben wir gewusst, aber das hat sich ja nur auf diese allerletzte Zeit der Vorbereitung der Verstaatlichung bezogen, und wir uns nicht operativ auf die Geschäfte der Sanierung – wenn ich mich jetzt wieder auf den Ausdruck beziehen kann – zu konzentrieren hatten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. Und das, was natürlich ein Vorstand und auch ein Aufsichtsrat, die ja dann beide fast gleichzeitig neu sind, also Sie haben einen kurzen Vorsprung gehabt, ...

Dr. Rudolf Scholten: Von drei Monaten nur.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, die müssen sich ja einmal ein Bild von der Bank machen.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, man muss auch dazu sagen, dass der alte Vorstand in meiner Erinnerung durchaus sehr kooperativ war. Es war ja nicht so, dass die sozusagen nach dem Prinzip der verbrannten Erde das Feld verlassen hätten.

Aber es ist richtig: Es muss sich der neue Vorstand ein Bild machen und eines – da schließt sich jetzt der Kreis –, das unbelastet ist von eigenen Wahrnehmungen in der Vergangenheit, weil dieser Schnitt sehr wichtig war.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Was für ein Bild hatten Sie da?

Dr. Rudolf Scholten: Es haben sich eigentlich zwei Dinge in der Substanz am meisten verändert von dem allerersten Augenblick Ende Jänner 2010.

Das eine ist, dass sich durch diese Durchsicht der Aktiva der Hypo, die von PwC schon betrieben und dann aktualisiert wurde, weitere Wertberichtigungen, also ein weiterer Wertberichtigungsbedarf ergeben hat. Und das Zweite, das war in der Struktur eigentlich das Erschreckendere, dass die internen Systeme in keiner Weise dem entsprochen haben, was man von einer Geschäftsbank dieser Größenordnung an Kontrolle erwarten kann, heute würde man sagen Compliance-Regeln, also an internen Umgangsregeln.

Die Überwachungen waren nicht ausreichend, die Bewertungsmethoden waren nicht ... Also es war einfach – ich habe es einmal sehr salopp in einem Pressegespräch gesagt – ein Riesensauhaufen. Die Dimension dieser Regelverletzung jetzt sozusagen, nicht im rechtlichen, aber im geschäftsüblichen Sinn, die war wesentlich größer, als man das am Anfang, also als man das überhaupt annehmen konnte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Von welchem Zeitrahmen reden wir da, bis man dieses erste Bild hatte?

Dr. Rudolf Scholten: Diesen Wertberichtigungsbedarf haben wir ... Der war relativ schnell festgestellt, das war Mitte 2010 ungefähr, und bis man ein klares Bild über die internen Abläufe auch bei allen Tochtergesellschaften hatte, würde ich sagen, hat das sicher noch ein halbes Jahr bis Jahr gedauert. Wobei man sagen muss, dass ja das auch nicht ein Verfahren ist, wo man sagt, so und jetzt kennt man es, sondern das vertieft sich ständig. Also das ist tatsächlich ein Prozess, wo wahrscheinlich alle Beteiligten nach wenigen Monaten gesehen haben, dass sozusagen dieses Versagen wesentlich größer ist als angenommen.

Aber bis man das dann in allen Facetten für sich klären kann, vergehen sicher noch oder sind noch einige Monate vergangen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm. Das heißt, das Jahr 2010 war das, wo man sich dann einmal ein Bild gemacht hat?

Dr. Rudolf Scholten: Na ja, es sind die ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und natürlich schon erste Schritte, ist schon klar.

Dr. Rudolf Scholten: Das wollte ich gerade sagen. Es waren die Bemühungen um … Es ist zum Beispiel ... Ich habe eine Vertreterin der EBRD getroffen, das ist, glaube ich, eh schon einmal hier zum Thema geworden, die gesagt hat, dass es unter Umständen ein Interesse der EBRD geben könnte, sich an einzelnen der Balkantöchter der Hypo zu beteiligen, weil die lokal eine so hohe Bedeutung für den lokalen Finanzmarkt hätten.

Also das waren Arbeiten, die sofort eingesetzt haben. Es gab nicht das, was man vielleicht annehmen könnte, also gleichsam ein Jahr Besichtigung und dann fangen wir an. Aber es gab mit Sicherheit den Schwerpunkt in dem ersten Jahr auf der Frage sozusagen des Eruierens der Mankos.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm. Eine Frage habe ich noch, ein bisschen zurückgehend, so als Ausfluss der Verstaatlichung.

Da gab es diese Diskussion über die Gewährleistung oder in welcher Form ... Und am Schluss wurde quasi eine Art Eigenmittelgarantie von den Bayern abgegeben, mit einer Nachschussverpflichtung, wenn zum Bilanzstichtag die Eigenmittel eine gewisse Größe unterschreiten; dass sie im Verhältnis drei zu eins – drei Teile Bayern, ein Teil Republik Österreich – also eine Verpflichtung haben nachzuschießen, diese Eigenmittel wieder auf eine gewisse Höhe aufzufüllen.

Hatten Sie Kenntnis davon?

Dr. Rudolf Scholten: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Zu keinem Zeitpunkt? Denn das war quasi dann mit der 2009er-Bilanz, also diese Gewährleistung lief quasi „drei Monate“ – unter Anführungszeichen –, nämlich: Bilanzerstellung, die ja circa drei Monate nach dem 31.12. dauert. Zu dem Zeitpunkt wären auch eine Gewährleistung oder eine Eigenmittelgarantie in einer gewissen Höhe gegeben gewesen. Aber davon hatten Sie keine Kenntnis?

Dr. Rudolf Scholten: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hatten Sie überhaupt eine Kenntnis über die wesentlichen Inhalte des Verstaatlichungsvertrags?

Dr. Rudolf Scholten: Erst schrittweise, in Etappen. Wenn ich jetzt die ganze Geschichte zurücklaufen ließe und sage, was würde man heute anders tun, dann wäre mit Sicherheit ein Punkt, dass man – heute würde man sagen – die Stopptaste bedienen müsste, um zu sagen, man will jetzt eine Komplettinformation über die Abläufe, sowohl bei der Verstaatlichung als auch schon beim PartKapital und so.

Da schließt sich der Kreis zu dem, was ich am Anfang gesagt habe. Wir sind von dieser Annahme des Schulterschlusses zwischen Eigentümer und Bank ausgegangen, sodass wir auch sicher waren, dass uns da sozusagen nichts verschwiegen wird, was von Relevanz wäre.

Man muss auch dazu sagen, dass vieles von dem, was im Zusammenhang mit der Verstaatlichung diskutiert wurde, uns als Steuerzahler interessiert hat, aber für die unmittelbare Arbeit im Sinn des Abbaus und der Frage Bad Bank et cetera und auch CSI letztlich zwar natürlich eine Relevanz hatte, aber diese Arbeit nicht beeinflusst hätte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. Ja dann machen wir vielleicht bei der Bad Bank weiter, oder bei der Frage Bad Bank. Ich habe jetzt auch aufgrund der Akten und der Befragung des Vorsitzenden des Aufsichtsrats das Gefühl, es gibt so drei Phasen.

Das eine ist Bad Bank intern, also das ist intern immer als IRU, Internal Restructuring Unit, bezeichnet worden, die 2010 begonnen wurde und 2011, 2012 ...

Wie haben Sie diese „Phase 1“ unter Anführungszeichen gesehen? Stimmt das mit dem Bild überhaupt?

Dr. Rudolf Scholten: Ja, das stimmt absolut. Es gab vom Vorstand von Anfang an – oder zumindest nach wenigen Monaten bereits natürlich die Frage: Wie strukturiert man so etwas?

Da, wie ich vorhin schon gesagt habe, viele Institute oder mehrere Institute in Europa in einer grundsätzlich ähnlichen Situation waren, nämlich vom Staat übernommen oder mit wesentlichen Staatsmitteln nur gerettet wurden und daher neu strukturiert werden mussten, war es klar, dass man sich diese Vergleichsfälle ansieht und aus diesen Vergleichsfällen seine Schlüsse zieht.

Da war in vielen Fällen eine Abbaubank. Ich habe sprachlich diesen Ausdruck Bad Bank immer für misslungen gehalten, weil es eigentlich um die Frage geht, wie viel nimmt man aus dem Geschäft, um es nur mehr abzubauen. Also das ist weder gut noch schlecht. Es geht einfach darum, dass es keine aktive Bank ist, sondern eigentlich eine Verkaufsorganisation. Aber das ist jetzt nicht wichtig.

Auf jeden Fall war das, wenn man so will, nahezu Marktstandard, das einzurichten. Einer der prominenten Fälle war dabei die Hypo Real Estate. Die hat der Vorstand auch besucht und darüber auch berichtet und studiert, wie das eingerichtet war.

Unser Punkt zu diesem Zeitpunkt war nur, dass wir auch das Gefühl hatten, dass man auch öffentlich zeigen muss, dass es Abbauerfolge gibt. Um auch zu dokumentieren, dass in gewisser Weise im Verhältnis zu den Erwartungen diese Reorganisation sich sozusagen bewegt, und der Ausdruck „am guten Weg“ ist vielleicht zu viel gesagt, aber dass sie auf einem dynamischen Weg ist.

Man darf nicht vergessen, dass eine derartige Reorganisation, wie eine Teilung in eine operative und eine Abbaubank, intern ja sehr viele Ressourcen bindet. Und daher waren wir der Meinung, dass man zuerst Abbauerfolge leisten und zeigen können sollte, bevor man zu einer derartigen Reorganisation kommt.

Der Vorstand war tendenziell eher dafür, das rascher zu tun, also die Reorganisation rascher zu setzen, und wir hatten, wie gesagt, die Priorität bei der Abbaueinheit. Das hat sich dann eben, wie gesagt, mit dem Eigenmittelbedarf aufgrund dieses Bescheids der Notenbank rasch geändert, denn dann wurde evident, was das in Geld bedeutet, die gesamte Bank als aktive weiterzuführen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Da sind wir aber schon im Jahr 2012?

Dr. Rudolf Scholten: Nein, 2011 gab es diesen vorläufigen JRAD-Bescheid bereits.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ende 2011?

Dr. Rudolf Scholten: Ende 2011, ja, und 2012 war es dann klar … Also wir hatten dann eben noch Diskussionen mit der Notenbank darüber, ob man nicht diese gleichsam virtuelle Abbaubank einrichten kann, die dann eben nicht mehr mit … Also dass dieser JRAD-Bescheid sich nur mehr auf die operative und nicht mehr auf diese gleichsam virtuelle, aber nicht rechtlich formell eingerichtete Bank beziehen muss. Das war aber dann relativ schnell klar, dass das nicht geht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war Ende 2011, Anfang 2012?

Dr. Rudolf Scholten: Das war Frühjahr 2012, würde ich sagen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und im Frühjahr 2012 hat man dann, sage ich einmal, erstmals eine nicht nur virtuelle Bad Bank oder interne Restructuring Unit, sondern auch Überlegungen gehabt, in der Bank rechtlich diese Trennung?

Dr. Rudolf Scholten: Ja, wir hatten im Zuge dieses sogenannten Brush-Projekts ja bei den Tochtergesellschaften bereits derartige Einheiten eingerichtet, also bei den sogenannten Balkantöchtern, weil die Gefahr bestand – und die hätte viel Geld gekostet –, dass die regionalen Zentralbanken über diesen zentralen Bescheid der Oesterreichischen Nationalbank – was die Eigenmittelerfordernisse betrifft  noch hinausgehende Zusatzerfordernisse stellen, die letztlich wiederum von der Republik hätten bedient werden müssen.

Daher haben wir auf der Ebene der sogenannten Balkantöchter diese Trennung etabliert, aber nicht gleichsam in der Zentrale. Also es ist bei der Holding alles zusammengelaufen, die Holding war wieder eine der Aufsicht und den Eigenmittelvorschriften unterliegende Gesamteinheit. Das war durch den Bescheid der Notenbank eben, wie gesagt, in Geld messbar, was das bedeuten würde, wenn man das weiterführt.

Da war dann auch für uns klar, dass das von großem Vorteil ist, würde man die Bad Bank einrichten, immer respektierend, dass das Gegenargument ist, dass es statistische Konsequenzen hat, aber die schienen uns nachrangig.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm. Und sonstige Argumente, außer der Verschuldungsquote, die ja in dem Fall statistisch ist?

Dr. Rudolf Scholten: Also es gab einen Zeitungsartikel, wo die Finanzministerin gemeint hat, das würde den Steuerzahler viel Geld kosten. Das habe ich, um es höflich zu beantworten, nicht eingesehen. Ich wüsste beim besten Willen nicht, was daran Geld gekostet hätte. Man kann diskutieren, wie viel Geld es erspart hätte, weil man natürlich schon sagen muss, dass die real anfallenden Verluste trotzdem ausgeglichen hätten werden müssen, wenn die Republik die Insolvenz dieser Bad Bank nicht in Kauf genommen hätte. Also die Diskussion, wie viel man sich erspart: Da kann man unterschiedlicher Ansicht sein, aber dass die Bad Bank Geld kostet, da wüsste ich nicht, wie das passieren kann.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): In den Unterlagen steht halt auch immer wieder, dass manche im Finanzministerium zumindest der Meinung waren, bei so einer Bad Bank muss man dann permanent Millionen nachschießen, um eben einfach diese Verluste abzudecken.

Dr. Rudolf Scholten: Im wahrsten Sinne des Wortes nicht dieselben, aber die gleichen Millionen sind halt dann in die Hypo geflossen, um die Eigenmittelausstattung sicherzustellen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Irgendjemand hat einmal gesagt: Eine Leich‘ bleibt eine Leich‘, und eine Kreditleich‘ bleibt eine Kreditleich‘. Die Frage ist immer: Muss ich jetzt schon eine Vorsorge treffen, wenn ich weiß, die ist eigentlich tot? Oder muss ich es erst beim Begräbnis zahlen?

Dr. Rudolf Scholten: Das ist eine Geschmacksfrage.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja ja, eh.

Dr. Rudolf Scholten: Nein, aber man muss jetzt ernsthaft sagen, aus unserer Sicht hätte die Bad Bank den Vorteil gehabt (Abg. Krainer: Governance-Vorteile?), dass es in der Organisation einmal eine klare Ordnung geschaffen hätte. Das darf man nicht vergessen, dass in einer sich sozusagen in Aufregung befindlichen Organisation eine derartige Ordnung viel wert ist. (Abg. Krainer: Mhm!)

Der zweite Punkt ist, dass wir uns aus Sicht der EU vermutlich – da wir da keine direkten Gespräche führen konnten, kann ich das nur vermuten, aber meine Vermutung ist ziemlich definitiv – sozusagen auf den Pfad dessen begeben, was in anderen vergleichbaren Fällen auch getan wurde. Es hätte sehr vertrauensbildend gewirkt für die EU, dass sozusagen Österreich diesen gleichsam handelsüblichen Weg einschlägt.

Der dritte Punkt ist, dass es ja parallel dazu immer darum gegangen ist, dass man die sogenannte lebendige Bank verkaufen möchte, und die Vorbereitung für den Verkauf ist natürlich auch wesentlich einfacher, wenn das organisatorisch getrennt ist von dem Teil, der nicht für den Verkauf bestimmt ist. Also auch diese Verkaufsbemühungen wären einfacher gewesen.

Der augenfälligste, aber in Wahrheit gar nicht ... Das ist ja nicht auf diesen Punkt zu reduzieren. Das Argument, auf das es nicht zu reduzieren ist, ist die Frage eben, dass es sinnlos ist, eine Einheit mit Eigenmitteln auszustatten, die jenseits der Verlustabrechnung keine Eigenmittel braucht. Dann darf man auch nicht übersehen, dass eine regulierte Bank einen hohen Aufwand leisten muss, um all den Regulatorien zu entsprechen, die selbstverständlich sind für eine aktive Bank. Das alles wäre für so eine sich selbst verkaufende Bank nicht notwendig gewesen. Also das heißt, es hat über die rein finanzielle Eigenmittelausstattung hinaus noch eine ganze Reihe von Vorteilen gehabt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja ja, sicher. Governance-Frage ...

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie sind in der Fragezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Opportunitätskosten sind geringer, das sind halt diese Aufsichtskosten, die man hat, das glaube ich auch. – Gut.

Aber nachdem dann diese Entscheidung war, nein, sondern wir lösen dieses JRAD-Eigenkapitalproblem, indem wir eine halbe Milliarde, glaube ich, in bar (Auskunftsperson Scholten: Ja!) und eine Milliarde in Form einer behafteten Nachranganleihe machen, sind diese Bemühungen dann wieder „eingeschlafen“ – unter Anführungszeichen – oder?

Dr. Rudolf Scholten: Nein, in Zusammenhang mit dem EU-Verfahren war das ständig für uns ein Thema, denn der EU-Bescheid hat das dann ja sozusagen in Worte gegossen, was unsere Befürchtung war, dass die Abbaufristen zu kurz gesetzt sind ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war ja dann im Jahr 2013?

Dr. Rudolf Scholten: Das war 2013.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich möchte einen Akt vorlegen, die Nummer: 36938, das ist ein Bericht über ein Gespräch zur Hypo Alpe-Adria, bei dem Sie dabei waren, Ende 2012, also am 8. November. (Der Auskunftsperson wir ein Schriftstück vorgelegt.)

Da geht es mir jetzt eigentlich nur um die Seiten 3, 4, „To do’s“, der allerletzte Gedankenstrich: „Die Bank erstellt auf Ersuchen der FBM eine Vergleichsunterlage der Kosten / Risiken / Chancen der Alternativen einer weiteren Vorgangsweise: (1) sofortige Abwicklung, (2) Fortsetzung des aktuellen Procedere (3) ,Bad bank‘-Abwicklungsmodell.“

(Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Rudolf Scholten: Ich kann jetzt nur sagen, das ist mit Sicherheit geschehen. Das ist auch eine Diskussion, die immer wieder geführt wird, dass der Vorstand beschuldigt wurde, dass gewisse Dinge, die eingefordert wurden, auch von der EU oder auch vom Ministerium, nicht pünktlich erledigt wurden. Ich weiß aus vielen Gelegenheiten, dass der Vorstand alles unternommen hat, um die Dinge sozusagen voranzutreiben und diesen Anforderungen zu entsprechen.

Die Vorstellung, dass man gesagt hat, das Ministerium wünscht sich so eine Gegenüberstellung und wir leisten sie nicht, ist buchstäblich jenseits dessen, was mir vorstellbar wäre.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wir sind alle auf der Suche danach. Ich meine, das, was wir finden, das ist im Mai 2013, da finden wir so eine drei-, vierseitige PowerPoint-Präsentation, die Ditz als Beilage zu einem Brief an die Frau Bundesminister schickt.

Aber jetzt so ein … Also ich habe es zumindest noch nicht gefunden. Jetzt haben wir ganz viele Akten, aber kann sein, dass das noch drinnen ist. Aber ich glaube, das hat noch keiner gefunden, oder? (Der Redner blickt fragend die anderen Abgeordneten an.)

Dr. Rudolf Scholten: Ich nehme das gerne als Auftrag, mitzusuchen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Na ja, Sie dürfen in den Datenraum nicht hinein. (Heiterkeit des Redners sowie der Auskunftsperson.)

Nein, aber das ist so eine Sache. Also das ist ja bekannt, die Diskussion hat es in der Öffentlichkeit die ganze Zeit immer wieder gegeben: Bad Bank, good bank, verschiedene Varianten. Und letzte Woche waren zwei ehemalige Vorstände hier, die immer gesagt haben, sie hatten das und in der Schublade. Nur ist es halt nicht von der Schublade in den Datenraum gekommen.

Dr. Rudolf Scholten: Also wenn das, was ich annehme, in einer Aufsichtsratssitzung zum Thema wurde, dann würde ich das zum Beispiel haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dann hätten wir es auch. (Auskunftsperson Scholten: Ach so, ja!) – Aber es sind ja nur drei Ordner Aufsichtsratsprotokolle, vielleicht …

Dr. Rudolf Scholten: Also ich habe mehr (Abg. Krainer: Okay!), also Protokolle nicht, aber Unterlagen. Mehr Ordner, meine ich.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ordner haben wir auch mehr. (Heiterkeit.) Aber wir haben so viele Ordner, da kommen Sie mit einer normalen Wohnung nicht aus. – Gut, ist ja egal.

Und dann kam – also von meinem Erlebnis her jedenfalls – die, wie ich sie immer nenne, Phase III Bad Bank, wo es dann um den Abwicklungs…, also Almunia, dieser vorläufige Bescheid, der ganz kurze Verkaufsfristen vorsieht, also wie ein Damoklesschwert, und dass dann … Also es ist dann merkbar, dass es seitens der Bank Aktivitäten – vor allem seitens des Aufsichtsrats – und eine aktive Kommunikation vor allem ans Finanzministerium gibt, doch eine Bad Bank einzurichten.

Das auch das erste Mal, wo ich ein Konzept der Bank sehe beziehungsweise gefunden habe, auch wenn das mit den Vorteilen und Nachteilen sehr dünn ist. Können Sie uns da sagen – Sie waren ja vorhin eh gerade dabei, bei dieser Almunia-Geschichte (Auskunftsperson Scholten: Ja!) –, wie das aus Ihrer Sicht war?

Dr. Rudolf Scholten: Na ja, ich habe das am Beginn schon gesagt, aus unserer Sicht ist diese Diskussion immer wieder um die gleichen Themen gekreist, nämlich dass die Aufzählung der Vorteile … Die kann man jetzt formulierungsmäßig auf 25 aufblasen, es reduziert sich immer wieder auf den Punkt, dass die Glaubwürdigkeit der EU gegenüber erhöht worden wäre, dass die internen organisatorischen Voraussetzungen, die Opportunität besser gewesen wäre (Abg. Krainer: Opportunitätskosten und gewisse Zinsvorteile!) und die Eigenmittelausstattung. Das sind immer wieder die Punkte. Jetzt kann man jeden in zehn Unterpunkte teilen, aber man kommt immer wieder auf diese Hauptpunkte zurück.

Und das einzige Gegenargument, das ich gehört habe – außer unser eigenes ganz am Anfang, nämlich dass man zuerst einmal Abbauerfolge leisten sollte, bevor man reorganisiert –, war, dass das damit de facto die Verschuldungsquote der Republik nach den Maastricht-Regeln erhöht hätte. Da war, wie gesagt, unser Gegenargument, dass das von den Märkten so und so miteingerechnet wird. Das hätte niemanden überrascht. Also in einer normalen Geschäftsbilanz hätte man gesagt, es wäre nur etwas von unterm Strich über den Strich gekommen. Das hat eh jeder gewusst, dass das sozusagen der Republik droht. Und ein anderes Gegenargument kenne ich nicht. Ich habe auch nie eines gehört.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dann ist es ja doch, sage ich einmal, im Zuge dessen zu dieser Einrichtung der Taskforce gekommen. Das ist ja auch nichts Alltägliches.

Dr. Rudolf Scholten: Na ja, da darf ich auf die Eingangsbefragung zurückkommen. Es sind ja sozusagen alles sehr honorige Menschen, die sich in all diesen Gremien bewegt haben. Unserer Überzeugung nach war es nur so – da ist jetzt vielleicht der Medizinvergleich gerechtfertigt –, dass, weil es dem Patienten so schlecht ging, eine allzu komplizierte Chirurgenorganisation nicht zum Wohle des Patienten war.

Unserer Meinung nach wäre es am besten gewesen, wenn man diese Kommunikationswege möglichst dicht und kurz gehalten und nicht Strukturen geschaffen hätte, die wieder ihre eigenen Entscheidungen getroffen haben, mit sozusagen eigener öffentlicher Beobachtung, mit Spekulationen, was dort los ist, was das für Konsequenzen für die Bank haben kann et cetera.

Das ist, wie gesagt, kein Vorwurf an irgendjemanden, der dort teilgenommen hat. Aber ein Eigentümer eines derartigen Problems, der daran interessiert wäre, dieses Problem möglichst effizient anzugehen, hätte meines Erachtens dafür gesorgt, dass all diese Schleifen vermieden werden und man die Zuständigen möglichst kurz und nicht auf Umwegen zusammenspannt. Insofern war das sozusagen alles in Ordnung, aber unserer Meinung nach hat es nicht sehr geholfen, die Sache einfacher zu machen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aus Sicht des Aufsichtsrats oder der Bank? (Auskunftsperson Scholten: Ja!)

Kam der Rücktritt vom Aufsichtsratsvorsitzenden Ditz überraschend? (Auskunftsperson Scholten: Aus welchem Zeitpunkt?) – Na, zurückgetreten ist er ja nur einmal.

Dr. Rudolf Scholten: Nein, ich meine aber jetzt überraschend, wenn ich auf die Zeit zuvor …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): 30. oder 31. Mai, glaube ich.

Dr. Rudolf Scholten: Ich würde sagen, nicht mehr überraschend war es wenige Wochen. Aber natürlich war es überraschend, aber – also ich habe es schon gewusst, bevor er es getan hat, aber nicht lange.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und haben Sie sich das auch überlegt?

Dr. Rudolf Scholten: Ja, ich habe mir vorher überlegt, wenn der Ausschuss sozusagen auf Fehler draufkommen möchte, die in dieser Zeit passiert sind – das meine ich jetzt nicht als Koketterie –, dann wäre es wahrscheinlich richtig gewesen, es wären zum gleichen Zeitpunkt alle Kapitalvertreter zurückgetreten.

Nicht dass ich da jetzt Dr. Ditz eine Verantwortungslosigkeit nachsagen möchte, weil er sich da wirklich sehr engagiert hat, aber wir – mit „wir“ meine ich jetzt die verbleibenden drei Kapitalvertreter – waren damals der Meinung, dass man so ein halbfertiges Werk nicht verlassen sollte und das trotz aller Hürden, Schwierigkeiten und Widerstände, die es gegeben hat, sozusagen durchkämpfen muss. Das ist im Nachhinein ein bisschen romantisch, das muss ich zugeben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dann übergebe ich mit der Romantik an die CSI-Fraktion. (Heiterkeit des Redners sowie der Auskunftsperson.)

Vorsitzende Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Angerer zu Wort. – Bitte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Von dem Vergleich distanzieren wir uns. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Vorsitzende Doris Bures: Im Übrigen erteile ich die Wortmeldungen, Herr Abgeordneter, nicht Sie!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Es ist ein wichtiges Thema für uns, aber wir sind nicht diese Fraktion, die das vertreten.

Herr Dr. Scholten, ich möchte, bevor ich zu den einzelnen Themen komme, ganz kurz auf die Kernbotschaften oder Kernaussagen von Herrn Dr. Ditz von heute Vormittag zurückkommen, wie er die Situation beschrieben hat, und vielleicht geben Sie Ihre Einschätzung oder Wahrnehmungen dazu.

Er hat in seinem Eingangsstatement gesagt, die Bank habe sich von 2010 bis 2013 von einer kontrollierten Abwicklung und Restrukturierung hin zu einer unkontrollierten Zerschlagung entwickelt. Das waren seine Worte oder seine Darstellung.

Was er damit gemeint hat – Sie haben heute schon einige Punkte angesprochen, auf die ich danach natürlich noch eingehen möchte –: Würden Sie das auch so sehen? Könnten Sie das im Groben so bestätigen, was Herr Ditz hier so gesagt hat?

Dr. Rudolf Scholten: Ja, ich würde nur einen wesentlichen Punkt hinzufügen, nämlich dass nicht die Bank sich zu einer unkontrollierten Zerschlagungseinheit entwickelt hat, sondern durch den EU-Bescheid, so wie er ausgesehen hat, war das letztlich die einzige Option, die es gegeben hat, nämlich in einem extrem kurzem Zeitraum Verwertungen vor dem Hintergrund einer schlechten Konjunktur, also einer schlechten Preislage, vorzunehmen, kürzer gesagt: unter schlechten Bedingungen unter Zeitdruck zu verkaufen.

Wenn man verstehen könnte, dass er gemeint hätte, dass sozusagen die Bank per se sich so entwickelt hat, würde ich dem widersprechen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben das schon richtig erkannt. Er hat es, glaube ich, auch so gemeint, dass einfach die Ereignisse bis dorthin dazu geführt haben. Und zum Schluss war eben das Ausschlaggebende die Vorgabe von Herrn Almunia von der EU, innerhalb kürzester Zeit diese Bank abzuwickeln.

Dr. Rudolf Scholten: So ist es, ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber dazu hat es ja eine Vorgeschichte gegeben, auf die wollen wir jetzt noch näher eingehen.

Einen Punkt, den er auch gesagt hat, wo wir gerne von Ihnen gehört hätten, ob das so war: Er hat gesagt, zwei wesentliche Punkte waren ihm als Aufsichtsratsvorsitzenden nicht bekannt, das hat der Eigentümer nicht bekannt gegeben. Er hat gesagt, es hat eigentlich vielleicht ein entsprechendes Briefing von der Eigentümerseite her gefehlt. Das war zum einen, dass das EU-Beihilfeverfahren schon seit 2008 läuft und massive und wesentliche Auswirkungen für die Bank haben wird. Das war das eine, dass man da nicht informiert hat und schon sehr kurze Fristen bestanden haben, um ein Restrukturierungsprogramm in Brüssel abzuliefern. Das Zweite war, dass man vorenthalten hat und eben nicht darüber Bescheid gewusst hat, welches Mitspracherecht die Alteigentümer, vor allem die Bayern, in der Bank haben.

Könnten Sie diese zwei Punkte aus Ihrer Sicht noch einmal beleuchten?

Dr. Rudolf Scholten: Ja, also zum Ersten würde ich sagen, es mag sein, dass wir das am Anfang nicht gewusst haben. Das haben wir aber sehr schnell gemerkt, dass ein großer zeitlicher Druck besteht, was die EU an Restrukturierungsplänen sehen möchte.

Der zweite Punkt ist richtig. Wir sind – also ich muss das jetzt auf mich beschränken, aber offensichtlich hat das auch für Dr. Ditz gegolten – erst relativ spät informiert worden, dass die Bayern – ich sage es jetzt einmal etwas juristisch ungenau – bei wesentlichen Reorganisationsschritten de facto ein Vetorecht hatten. Und das hat die Sache auf der Zeitachse nicht beschleunigt. Also das wurde dann beim Verkauf der österreichischen Hypo, also der HBA, ganz eklatant.

Aber wir haben zum Beispiel das Problem gehabt, dass wir, ich glaube, im Frühjahr 2012 oder Sommer 2012 – das weiß ich nicht mehr genau –, als diese Eigenkapitalersatz-Geschichte beschlossen wurde, da einen Zahlungsstopp verfügen. Das war natürlich ein wesentlicher Punkt, dass die Bayern damit die Möglichkeit gehabt hätten, jede Reorganisation zu verhindern. Damit wären wir – salopp formuliert – in eine Doppelmühle geraten, die sehr unangenehm gewesen wäre. Von diesem Bayern-Einspruchsrecht haben wir erst relativ spät erfahren.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das war jetzt ein ganz neuer Aspekt, der mir so weit oder in diesem … Vielleicht habe ich es auch falsch verstanden, aber ich habe hier schon mehrfach versucht, dieses Thema Eigenkapitalersatz-Gesetz anzusprechen. Und die Hypo oder Sie haben es dann – ich glaube, Herr Krakow hat da sehr viel Vorarbeit geleistet (Auskunftsperson Scholten: Ja!) – auch eingeleitet.

Und die Urteilsbegründung, soweit uns bekannt ist, ist, dass man nicht nachweisen konnte oder es nicht festgestellt werden konnte, sowohl von dem damaligen Eigentümer als auch jetzt, dass die Bank zum Zeitpunkt, als sie den Kredit von den Bayern bekommen hat, in einer Krise war.

Jetzt haben Sie aber gerade gesagt, es hat mit dieser Doppelmühle noch einen Aspekt gegeben. (Auskunftsperson Scholten: Na, das bezieht sich …!) Hat das in weiterer Folge auch eine Rolle für den Generalvergleich gespielt, dass die Bayern da dieses Mitspracherecht haben?

Dr. Rudolf Scholten: Beim Generalvergleich war ich nicht mehr dabei.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja, ist klar.

Dr. Rudolf Scholten: Es hat in der Endentscheidung dann, diesen Zahlungsstopp zu verfügen, keine Rolle gespielt, sonst hätten wir ihn sozusagen nicht verfügt. Aber in der Diskussion hat es natürlich eine Rolle gespielt, dass wir gleichzeitig in wesentlichen Reorganisationsschritten diese Zustimmung der Bayern gebraucht haben. Das ist …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Genau, das meine ich damit. Das heißt, Sie haben gesagt: Jetzt klagen wir euch auf Eigenkapitalersatz. – Und dann haben die Bayern gesagt: Ist in Ordnung, klagt nur, aber dann werden wir unser Vetorecht ausüben.

Dr. Rudolf Scholten: Das haben sie nicht gesagt, aber das war zu befürchten. (Abg. Angerer: Okay!) – Also wir haben …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also hat es uns, sprich Österreich, Sie als Vertreter einer Bank, in eine relativ schwierige Situation gebracht, da auch das Recht der Bank durchzusetzen.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, natürlich. Es war jede Kooperation … Also man musste davon ausgehen, dass die Kooperationsbereitschaft der Bayern zu irgendetwas nicht dadurch gesteigert ist, indem man diese Kredite de facto einfriert. Das war natürlich eine Befürchtung von uns, dass damit Reorganisationsschritte behindert werden.

Es war aber im Gegenzug – das hat letztlich dazu geführt, dass wir das trotzdem gemacht haben – eindeutig so, dass alle rechtlich damit befassten Anwälte gesagt haben, dass es so viele Argumente gibt, von diesen Möglichkeiten nach dem Eigenkapitalersatz-Gesetz Gebrauch zu machen, dass es absolut falsch wäre, das nicht zu tun. Deswegen haben wir es letztlich auch getan.

So gesehen haben auch alle Argumente überwogen, die für diesen Zahlungsstopp gesprochen haben. Aber ich kann mich noch erinnern, dass das zu dem Zeitpunkt sehr wohl auch ein Argument war, dass wir letztlich eine Art von Kooperationsbereitschaft der Bayern gebraucht haben, a conto dieses Einspruchsrechts, das sie hatten.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also noch einmal zusammengefasst in meinen Worten: Man hat natürlich gesagt, wenn ich mit den Bayern einen Krieg anfange – vielleicht zu Recht, was sie dann ja auch getan haben –, besteht natürlich die Gefahr, dass wir uns damit noch mehr in eine Zwickmühle – jetzt nenne ich es nicht Doppelmühle – bringen, weil die Bayern uns dann bei allen weiteren Schritten, die wir setzen wollen, die der Bank und damit auch dem Steuerzahler helfen, sofort blockieren können.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, genau so. Man muss nur sagen, aus unserer Sicht war es –das meine ich wortwörtlich so – rechtlich geboten, diesen Schritt zu setzen. Es war nicht eine Abwägung im Sinne davon, was wir für klüger halten, sondern nach all den rechtlichen Informationen, die wir hatten, war das …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Mussten Sie ja wahrscheinlich.

Dr. Rudolf Scholten: Mussten wir das so tun.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Weil man als Aufsichtsrat auch entsprechende Pflichten und Gesetze hat.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, natürlich. Deswegen sage ich, es schien uns dann eindeutig, dass wir das zu tun haben.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Eigentlich waren wir in einer Doppelzwickmühle.

Dr. Rudolf Scholten: Wenn das beim Mühlespielen vorkommt, ja. (Heiterkeit des Abg. Angerer sowie der Auskunftsperson.)

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das war jetzt ganz wesentlich und ein ganz interessanter Punkt, glaube ich.

Dann kommen wir zur Bilanzentwicklung der Bank. Das Ergebnis war ja 2010, 2011 und 2012 ausgeglichen, also plus/minus null circa, und 2013 gab es dann einen riesigen Verlust.

Es gibt ja den Vorwurf – Herr Ditz hat heute gemeint, es wird oft auch in den Medien falsch dargestellt –, dass man – ich sage es unter Anführungszeichen – „Bilanzfälschungen“ gemacht hätte – vielleicht ist Fälschung übertrieben –, dass man die Bilanz in den Jahren 2010, 2011 und 2012 nicht sauber dargestellt hätte, weil sonst dieser große Verlust 2013 nicht erklärbar wäre. Was können Sie dazu sagen?

Dr. Rudolf Scholten: Ein sehr großer Teil des Bilanzverlustes 2013 war auf Neubewertungen der Beteiligungen und auch sonstiger Aktiva zurückzuführen, die durch den EU-Bescheid ausgelöst waren. Es ist sozusagen ein Riesenunterschied, ob ich sage, ich nehme dieses Glas und habe zwei Wochen oder zwei Minuten Zeit, einen Käufer zu finden, und jeder Käufer weiß auch, ich habe nur zwei Minuten Zeit.

Das war der Zustand, in dem wir uns befunden haben, und die zwei Minuten waren zwar Monate und zum Teil wenige Jahre, dafür ging es aber nicht um Gläser, sondern um sehr kompliziert strukturierte Aktiva und um die Tochtergesellschaften. Der Zeitdruck hat dazu geführt, dass – vernünftigerweise muss man fairerweise sagen – ein Wirtschaftsprüfer nur zum Ergebnis kommen kann, dass die Wahrscheinlichkeit, dass man den ursprünglichen Preis erzielt, der in der Bilanz steht, dramatisch gesunken ist. Daher kam es zu Neubewertungen.

Das waren ja zum allergeringsten Teil zusätzliche operative Verluste, sondern das waren Bewertungsverluste. Was nichts daran ändert, dass sie … Also das hat so ein bisschen den Geruch, als ob die nur am Papier stünden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Die sind ja realisiert worden, leider.

Dr. Rudolf Scholten: Die waren ja so gesehen real, weil der EU-Bescheid ja zu befolgen war. Ein Gut, das ich unter Zeitdruck verkaufen muss, ist ja nicht nur am Papier weniger wert, sondern objektiv weniger wert.

Vorsitzende Doris Bures: Sie kommen in die Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Danke. – Wir sind zwar jetzt noch immer bei dem ganzen großen Wesentlichen, aber ich glaube, dass das auch ganz wichtig ist, und dass Sie das jetzt bestätigen, ist auch wichtig.

Das heißt, das war jetzt aber natürlich eine Folge – wie wir vorher schon gesagt haben –, auch dieser Almunia-Bescheid, oder nennen wir ihn EU-Bescheid, der dann gekommen ist, von Nichthandeln oder Unterlassungen in der Phase von 2010 bis 2013, dass das dann am Schluss passiert ist, dadurch diese Verluste in der Bank realisiert werden haben müssen, einmal bilanztechnisch, in weiterer Folge dann auch real, weil es im Endeffekt zu einem riesigen Milliardenschaden geführt hat.

Herrn Ditz habe ich heute so verstanden, dass er deshalb, weil man diese gesamten Restrukturierungsvorschläge bis dorthin von Eigentümerseite abgelehnt hat, die Bank verlassen hat.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, also ich würde jetzt nur ein Wort korrigieren. Die Verluste wurden zu diesem Zeitpunkt nicht realisiert (Abg. Angerer: Ich rede von heute!), aber sie waren so zu bilanzieren, weil sie realistisch waren, dass man kein besseres Ergebnis erzielen wird.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber wie wir heute wissen, ist es wahrscheinlich so, also es war ja dann auch nicht falsch.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, sonst würde man jetzt Gewinne schreiben, weil man dann Gewinne gegenüber den alten Bewertungen gehabt hätte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also sind Sie de facto für den Steuerzahler realisiert worden?

Dr. Rudolf Scholten: Ja, wobei ich jetzt fairerweise sagen muss: Ich kann jetzt für die Einzelfälle, also für die einzelnen Bewertungen, wirklich nicht mehr sagen, was heute realisiert wurde. Aber Tatsache war, dass wir zum damaligen Zeitpunkt den wirtschaftlichen Wert der Aktiva zu bilanzieren hatten und keinen anderen, sonst wäre das nämlich Bilanzfälschung gewesen. Also das heißt, es gibt keine Alternative dazu, dass man als Bank die Aktiva fair bewerten muss, und das hat eben zu diesen Abwertungen geführt.

Wir waren über den Zeitraum der Meinung, dass man in der Taktik und in der konkreten Vorgangsweise der EU gegenüber anders und intensiver hätte auftreten müssen. Mit „wir“ meine ich jetzt insbesondere den Dr. Ditz und mich, weil wir aus unserer früheren politischen Tätigkeit eigene Erfahrungen hatten, wie man die Chancen sozusagen optimieren oder erhöhen kann, gute Erfolge in Brüssel zu erzielen.

Man muss allerdings fairerweise dazu sagen: Entgegen manchen anderen Fragen, wie CSI und auch die Bad Bank, war hier wirklich die Republik Adressat, und die Republik hat für sich beschlossen, das ohne die Organe der Bank machen zu sollen oder zu wollen. Das fanden wir nicht gut, aber es ist wirklich Recht der Republik, das zu entscheiden, und das hat sie auch getan.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das wäre jetzt meine Schlussfrage gewesen, ich stelle sie trotzdem noch einmal. Das heißt, es war eine klare Eigentümerentscheidung, dass man das so gemacht hat? Daraus ist dann im Endeffekt auch dieser Milliardenschaden entstanden. Ich gehe davon aus, dass Sie – so schätze ich Sie und auch Herrn Dr. Ditz ein – als verantwortungsvolle Aufsichtsräte ja sonst in eine Haftung gekommen wären, wenn Sie nicht …

Dr. Rudolf Scholten: Entschuldigung?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich gehe davon aus, dass Sie als Aufsichtsrat – zum einen natürlich die Vorstände in der Aktiengesellschaft, dann der Aufsichtsrat –, wenn ein Schaden absehbar ist und Sie nicht warnen und sagen, wenn wir das nicht so machen, dann wird ein Schaden entstehen, womöglich in eine Haftung kommen. Herr Ditz hat es heute ja auch so umschrieben, dass er nicht sein Haus verlieren wollte.

Dann war es aber im Endeffekt eine klare Eigentümerentscheidung. Ist diese Eigentümerentscheidung abgesegnet worden? Hat es einen diesbezüglichen Beschluss, eine klare Anweisung, einen Auftrag oder nur Gespräche gegeben? Wie ist diese Eigentümerentscheidung dann am Schluss gefallen?

Dr. Rudolf Scholten: Nein, das ist sehr viel einfacher. Adressat des Beihilfeverfahrens ist die Republik und nicht die Bank. Also wäre der Bescheid … Der Bescheid ist ja …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nicht nur der Bescheid, sondern die Entscheidung davor, die Restrukturierungsmaßnahmen, sprich speziell diese Bad-Bank-Lösung, nicht zu machen, die ja dann im Endeffekt zum Bescheid der EU geführt hat, dass sie gesagt hat: Ihr restrukturiert nicht, ihr legt uns keine entsprechenden Unterlagen vor. Der Vorwurf von Herrn Krainer an Sie war ja, dass Sie die dem Eigentümer nicht vorgelegt hätten. Das hat ja dann zum Bescheid der EU geführt.

Wie haben Sie vom Eigentümer die Entscheidung abgeholt, dass diese Restrukturierungsmaßnahmen in der Bank nicht gesetzt werden?

Dr. Rudolf Scholten: Da muss man jetzt nur zwei Dinge voneinander trennen. Das eine ist: Welche Entscheidung hat die Republik getroffen die Bank betreffend, wo wir in unserer Funktion die Meinung haben konnten, das wäre anders besser gewesen? Das betrifft zum Beispiel die Bad Bank. Wir waren eben der Überzeugung, dass eine frühere Einrichtung der Bad Bank der Republik Geld erspart und die anderen Vorteile gehabt hätte, die ich schon beschrieben habe.

Was die Vorgangsweise gegenüber der EU betrifft, haben wir geglaubt, dass eine intensivere und auch persönlich engagiertere et cetera Vorgangsweise gegenüber der EU zu einem besseren Bescheid hätte führen können. Mitnichten kann ich das belegen, weil wir gar nicht die Möglichkeit hatten, zu beweisen, dass wir einen anderen Bescheid bewirkt hätten. Also es kann jetzt auch jemand mit Fug und Recht sagen, selbst wenn ihr das gemacht hättet und selbst wenn man das anders gemacht hätte, wäre auch nichts Besseres herausgekommen. Ich glaube es nicht, aber belegen … Also ich kann den Beweis nicht antreten, denn es gibt nur den einen Bescheid, und wir hatten nie die Gelegenheit, zu beweisen, dass ein anderes Vorgehen zu einem besseren Bescheid geführt hätte. Aber ich glaube sehr wohl, dass das der Fall gewesen wäre.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Zu dieser Erkenntnis kommen ja auch viele andere, unter anderem auch Frau Dr. Griss, die schreibt, man hätte dieses Thema, dieses Beihilfeverfahren – entweder hat man es unterschätzt oder nicht richtig betrieben –, auf höchster politischer Ebene, sprich vom Bundeskanzler abwärts, in Brüssel „lobbyieren“ – unter Anführungszeichen –, positiv „lobbyieren“ müssen. Würden Sie das so bestätigen? Das haben Sie ja jetzt gesagt.

Dr. Rudolf Scholten: Nein, nein, das ist … Also ich bin sehr sicher, dass es so ist, ja, nur einen Beweis dafür führen kann ich nicht (Abg. Angerer: Natürlich, kann ich ja auch nicht! Das ist ja nur eine Wahrnehmung!), weil ich das Rad nicht zurückdrehen kann.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Jetzt komme ich zu einem Detail. Bevor wir wirklich zur CSI kommen, noch eine Frage zu einem Beschluss in der 91. Aufsichtsratssitzung Herrn Direktor Pinkl betreffend: In dieser Sitzung wurde beschlossen, dass gegen Herrn Pinkl eine Sonderprüfung eingeleitet werden soll. Das wurde dann in einer der darauffolgenden Aufsichtsratssitzungen diskutiert. Herr Ditz hat dann auch nachgefragt, ob diese Sonderprüfung eingeleitet wurde. Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Dr. Rudolf Scholten: War das im Sommer 2010 oder wann?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das war Anfang 2010, gleich in der zweiten Aufsichtsratssitzung, bei der Sie dabei waren. Es hat die konstituierende gegeben, ich glaube, im Jänner oder Februar, und bei der nächsten Sitzung, bei der 93., war das. Ich kann es Ihnen auch vorlegen, wenn Sie möchten.

Dr. Rudolf Scholten: Nein, nein, ich glaube es schon. Da war er noch Generaldirektor, oder?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Da war er noch Generaldirektor. Da ist es um eine Diskussion im Aufsichtsrat gegangen. Herr Ditz hat gefragt: Ist diese Sonderprüfung eingeleitet worden? Herr Pinkl hat ihm dann zur Antwort gegeben: Nein, er bespricht das mit der Republik, sprich mit der Finanzprokuratur, und wird dann in der nächsten Sitzung Bescheid sagen. In der nächsten Sitzung hat er dann dahin gehend informiert, dass es hinfällig wäre.

Dr. Rudolf Scholten: Darf ich jetzt noch fragen: Eine Sonderprüfung durch wen?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Durch einen externen Juristen, also durch eine externe Rechtsanwaltskanzlei. Der alte Aufsichtsrat hat Herrn Pinkl das „Misstrauen“ – unter Anführungszeichen – ausgesprochen und wollte seine Arbeit, seit er von den Bayern im April oder Mai 2009 eingesetzt worden ist, bis Dezember, bis zur Verstaatlichung, überprüfen.

Dafür haben sie in der 91. Aufsichtsratssitzung, in der letzten Aufsichtsratssitzung des alten Aufsichtsrats vor der Verstaatlichung, einen Beschluss gefasst. Herr Ditz hat dann in der ersten Aufsichtsratssitzung, bei der Sie auch schon dabei waren, hinterfragt, ob dieser Beschluss vollzogen wurde, und Herr Pinkl hat ihm zur Antwort gegeben: Nein, er bespricht das mit der Finanzprokuratur.

Dr. Rudolf Scholten: Aha, also ich kann mich nicht daran erinnern. Ich kann mir nur vorstellen, dass wir … Wir waren sehr … Ich glaube, am 21. Jänner, wenn ich das richtig im Kopf habe, war die Hauptversammlung, wo wir als Aufsichtsräte bestellt oder berufen wurden, und wir waren Mitte Februar ja schon in dem Suchverfahren für den neuen Vorstand. Das heißt, es kann maximal zehn Tage gedauert haben, bis wir intern der Überzeugung waren, dass wir diesen Vorstandswechsel vornehmen, oder glaubten, vornehmen zu müssen.

Daher kann ich mir nur vorstellen, dass sich das dadurch überholt hat, dass wir ohnedies bereits der Überzeugung waren, dass wir da eine Veränderung brauchen, aber ich kann mich an das Thema Sonderprüfung nicht erinnern.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also Sie können sich nicht daran erinnern, das ist ja auch okay. Wir müssen jetzt aber davon ausgehen, denn wir entnehmen auch nicht den weiteren Aufsichtsratsprotokollen, dass diese einfach nicht durchgeführt wurde, also dass ein Beschluss eines Aufsichtsrats mit einem klaren Auftrag an den Vorstand in weiterer Folge nicht umgesetzt wurde. Sie haben keine Wahrnehmungen dazu?

Dr. Rudolf Scholten: Nein.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Gut. – Dann zum Thema …

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Zum Thema CSI, Bestellung von Beratern: Das Thema CSI mit den ganzen Beratern hat, das wissen wir, in Summe 300 Millionen an Beraterverträgen gekostet. Wer hat bei der Bestellung dieser Berater maßgeblich eingewirkt, also wer hat die bestellt? Hat es spezielle Wünsche gegeben, dass Personen bestellt werden, waren die Qualifikationen der Personen, die bestellt wurden, ausreichend, und wie ist dieses Verfahren überhaupt abgelaufen? Das waren jetzt vier kurze Fragen. – Danke.

Dr. Rudolf Scholten: Also in meiner Erinnerung war es so, dass es in der Bank am Beginn – und mit Beginn meine ich jetzt die erste Hälfte 2010 – sehr mangelhaft die sogenannten Procurement-Regeln gegeben hat, also Regeln, die man anwenden muss, wenn externe Aufträge gegeben werden, wenn Dinge angeschafft werden et cetera, und damit auch für die Berateraufträge. Das wurde dann geändert, es gab dann klare Betragsgrenzen, wer ab welchem Betrag wessen Zustimmung noch braucht, um Aufträge geben zu dürfen, und auch klare Regeln, wie man zu Ausschreibungen, zu vergleichbaren Angeboten et cetera kommt.

Woran ich mich gut erinnern kann, war, dass es eine ständige Diskussion darüber gegeben hat, inwieweit das ganze CSI-Thema aktienrechtlich eigentlich von der Bank vollzogen werden kann, weil sich die Bank letztlich auch auf den Standpunkt hätte stellen können, sie liefert an die Staatsanwaltschaft Unterlagen, die gewünscht werden, und sonst ist die rechtliche Verfolgung nicht Angelegenheit der Bank, außer es gäbe Schadenersatzforderungsmöglichkeiten, und dann würde man sich eben zivilrechtlich einem derartigen Verfahren anschließen.

Es war von Anfang an seitens des Eigentümers klargestellt, dass man – da gab es diese berühmte Formel – jeden Zettel, ich weiß nicht, das schwankt manchmal zwischen zweimal umdrehen und fünfmal umdrehen, auf jeden Fall mehrfach umdrehen wollte. Das war sozusagen die Vorgabe, um sicherzustellen, dass man alles aufdeckt, was in dieser Bank unkorrekt gelaufen ist.

Das war ja an sich auch eine nicht nur vernünftige, sondern auch eine wirklich gebotene Vorgangsweise. Es hat auch ganz am Beginn unserer Tätigkeit – das weiß ich noch sehr genau – niemand dieses Thema irgendwie kritisiert, denn es lag ja irgendwie jedem am Herzen, dass man auf alles draufkommt, was da schiefgelaufen ist.

In der Realisierung oder dann im Weiteren hat sich noch herausgestellt, dass das so extensiv interpretiert wurde, dass es eigentlich Verkaufsprozesse und sozusagen wirtschaftliches Vorgehen, also Vorgehen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, zunehmend behindert hat. Daher war dann mehrfach unser Vorschlag an den Eigentümer, ob man das nicht auf besonders sensible, besonders gravierende Fälle reduzieren könnte, wo man auch aktienrechtlich durchaus sagen konnte, dass es für die Bank ja ein enormes Reputationsrisiko gewesen wäre, wenn die Bank mit jemandem, der – also da gab es immer dieser berühmten Fall des Zagorec in Kroatien …

Also niemand bei uns hätte die Absicht gehabt, dass das nicht untersucht werden soll. Es lag ja wirklich jedem sehr nahe, dass das geklärt werden muss. Also die sensibleren und gravierenden Fälle hätte man natürlich in dieser Vorgangsweise betreiben müssen, und man hätte auch sehr gut aktienrechtlich begründen können, dass es in einem hohen Maße auch im Reputationsverständnis der Bank zu liegen hat, das zu tun.

Die vielen hundert kleineren und unbedeutenderen und vor allem auch Fälle mit geringeren Chancen, dass man dabei für die Bank wirtschaftlich einen Vorteil herausschlagen kann, wollten wir allerdings auf – ich weiß jetzt nicht, ob man Anführungszeichen setzen muss – normalem Weg betreiben. Jetzt lasse ich die Anführungszeichen weg und sage, normal heißt sozusagen unter dem Primat des Wirtschaftlichen, dass das Ziel der wirtschaftliche Erfolg für die Bank ist.

Wir hatten eine ganze Reihe von Fällen, wo es Vergleichsmöglichkeiten gegeben hat, wo man auch bei kleineren Engagements viel Zeit, Energie, Geld und letztlich Ressourcen und damit auch Berater hätte einschränken können, wenn man rein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorgegangen wäre. Es war aber aus Sicht des Eigentümers, glaube ich, sogar ausgesprochen, dass sich diese wirtschaftlichen Gesichtspunkte gegenüber diesem Aufklärungsauftrag gleichsam anzureihen hätten, und das hat ja letztlich dazu geführt, dass – und das wurde aktienrechtlich immer mehr zum Thema – das eigentlich in dieser Form für die Bank untragbar wird.

Das hat dazu geführt, dass im Frühjahr 2012, als der Bundeskoordinator bestellt wurde, er dann sogar in die Statuten mitaufgenommen wurde, dass das gleichsam eine statutarische Aufgabe der Bank ist, womit dann das Aktienrechtliche sozusagen dadurch saniert war. Das ändert aber nichts daran, dass es unserer Meinung nach wirtschaftlich nicht sinnvoll war, noch dazu, wo die Eingänge aus Schadenersatzklagen in einem ziemlichen Missverhältnis zu den Gesamtkosten dieses Vorhabens gestanden sind.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Geschätzter Herr Dr. Scholten, ich würde gern bei ein paar Dingen andocken, die der Kollege Krainer auch mit Ihnen erörtert hat. Zum einen haben Sie von einem Schnitt von der Vergangenheit weg gesprochen, als Sie den neuen Vorstand bestellt haben. Ich möchte Sie fragen, ob Sie wissen, dass Dr. Kranebitter 2006 eine Due Diligence geleitet hat, als Berlin in die Bank eingestiegen ist. Haben Sie das gewusst?

Dr. Rudolf Scholten: Zum damaligen Zeitpunkt, jetzt kann ich mich nicht daran erinnern, haben wir alle Aktivitäten von ihm im Zusammenhang mit der Hypo geprüft, und wir kamen eindeutig zum Ergebnis, dass ihm nichts vorzuwerfen ist, was ihn irgendwie disqualifizieren würde, diesen Vorstandsvorsitz zu übernehmen – ganz im Gegenteil! –, dass seine Kenntnisse aus dieser Beratertätigkeit heraus ein Mindestmaß an Kontinuität herstellen würden, um nicht einfach, was die Informationen und die Sachkenntnis, also die Kenntnis betrifft …

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Genau in die Richtung ist auch meine Frage zu verstehen, also er hatte Vorkenntnisse, denn Dr. Ditz hat uns am Vormittag gesagt, dass er beim Hearing durchaus herausgestochen ist und dass das dann auch ein Schlüssel war, dass er diesen Vorstandsposten bekommen hat.

Dr. Rudolf Scholten: Also ich kann das nur so beantworten, dass wir ja – das ist ja hier auch schon diskutiert worden – den Dr. Kranebitter von uns aus gefragt haben, ob er bereit wäre, sich im Zusammenhang mit diesem Verfahren zu bewerben, weil wir ihn für eine sehr gute Option hielten. Das hat nichts daran geändert, dass er sich diesem Hearing stellen musste. Was ich aber sozusagen ohne Einschränkung berichten kann, ist, dass wir uns unter den Kapitalvertretern – und an diesem Hearing haben alle vier Kapitalvertreter teilgenommen – nach Abschluss dieses Hearings sehr schnell einig waren, dass er derjenige ist, dem wir es am ehesten zutrauen, diesen Job zu machen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Das ist auch absolut lobenswert, nur deckt sich das nicht ganz mit der Aussage, die sich so durchzieht, dass man 2010 nicht gewusst hätte, was in der Bank los ist. Man hat ein sehr optimistisches Bild gezeichnet, und Dr. Kranebitter, glaube ich, hat im Jahr 2010 mehr gewusst, als er uns momentan sagt. Das ist nur so eine Analyse von meiner Seite.

Dr. Rudolf Scholten: Die kann ich Ihnen nicht nehmen, aber ich teile sie nicht.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Okay.

Zweiter Bereich: Sie haben mit dem Kollegen Krainer besprochen, dass der Vorstand sozusagen alles dafür getan hätte, den Informationsfluss gut aufrechtzuerhalten, wenn es um dieses Verfahren mit der Europäischen Kommission gegangen ist. Ich möchte Ihnen da einen E-Mail-Verkehr vorhalten. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Es geht da um das Dokument 6237 vom Finanzministerium, und zwar ist das ein E-Mail-Verkehr, in dem zuerst Mag. Schöner am 30.1. um 10.08 Uhr den Umstrukturierungsplan der Hypo schickt, also am 30.1., am Vormittag. Dann schreibt Dr. Peschorn um 17.59 Uhr, also um 18 Uhr zurück, welche Mängel er in diesem Umstrukturierungsplan sieht, und um 18.38 Uhr, also rund 40 Minuten später schreibt Dr. Kranebitter ein anfänglich süffisantes Mail, das zum Schluss hin dann doch relativ zynisch wird.

Darf ich kurz vortragen? – „Sehr geehrter Herr Präsident! lieber Wolfgang! ich ersuche höflichst um Nachsicht für diese unfassbaren Mängel, mit denen wir dich belästigen.“ – Also das ist der süffisante Teil.

Im zweiten Absatz dann: „Einmal mehr zeigt sich, wie zutreffend deine nimmermüden Hinweise auf das fortwährende multiple Organversagen in dieser Bank sind. In einem Punkt allerdings ersuche ich um Beachtung bei der Wahl der Mittel und des Ausmaßes der uns zugedachten Strafe:“ – und jetzt wird es zynisch! – „es ist nicht Absicht. Wir sind einfach nur dumm und ignorant.“

Für mich ist das so ein Zeichen, dass die Kommunikation zwischen den beiden Herren beziehungsweise zwischen den beiden Gremien, die sie vertreten, keine gute war und dass sich das nicht deckt mit der Aussage, dass man sein Bestes gegeben hätte, dass der Informationsfluss zwischen dem Vorstand und der Finanzprokuratur hervorragend funktioniert.

Dr. Rudolf Scholten: Da muss man jetzt zwei Dinge voneinander trennen. Wenn die Frage ist, ob diese Kommunikation gut war, dann ist die Antwort: Fallweise war sie gar nicht gut. Wenn Sie mich nach der Bewertung dieser Formulierungen fragen, dann sind sie ein nicht gut gelungener Zynismus, aber vom Anfang bis zum Schluss.

Ich nehme auch nicht an, dass ein Vorstandsvorsitzender ernsthaft – wenn ich das richtig verstehe, dann ist dieses letzte E-Mail vom Jänner 2013. (Abg. Strasser: Genau! 2013, alles im Jahr 2013!) – betreffend das von ihm geleitete Institut von einem „fortwährenden multiplen Organversagen“ gesprochen hat. Das ist eine ziemlich misslungene Formulierung, aber es ist keine Selbstbeschreibung, wenn das der Verdacht ist.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Ich verstehe, aber es ist vielleicht die Quelle der Analyse von Frau Dr. Griss, weil ja der rote Faden rund um diesen ganzen Skandal das Multiorganversagen …

Dr. Rudolf Scholten: Man muss dazu sagen, dass wir uns – und damit meine ich jetzt den Aufsichtsrat oder auch mich selbst – immer wieder in der Situation befunden haben, dass uns seitens der Finanzprokuratur mehr oder weniger unmissverständlich Hinweise gegeben wurden, dass wir uns dessen bewusst sein sollten, wofür wir alles haften. Nachdem ich jetzt seit einigen Jahren diesen Fit & Proper-Test der Finanzmarktaufsicht für einen Bankvorstand erfolgreich bestanden habe, nehme ich für mich in Anspruch, dass ich schon einigermaßen weiß, wofür ein Bankvorstand und auch der Aufsichtsrat haftet. Wenn der Eigentümer Sie ständig darauf aufmerksam macht, kommen Sie sich irgendwann einmal vor wie ein Feuerwehrmann, der neben einem brennenden Haus steht und löscht, und daneben steht der Rechtsanwalt des Hauseigentümers und macht ihn ständig darauf aufmerksam, dass er für die Wasserschäden haftet. (Abg. Strasser: Das verstehe ich! Ich verstehe das!)

Das ist aber genau der Zustand gewesen, in dem wir uns befunden haben. Es gab einmal sogar einen Brief, in dem es geheißen hat, dass die Republik – ich weiß überhaupt nicht mehr, worum es dabei gegangen ist – irgendetwas nicht tut, weil sie sich die Schadenersatzforderungen gegenüber den Organen vorbehält. Das war einer der Augenblicke, in denen wir gesagt haben: Wenn die Republik so ein Schreiben schickt, dann soll sie uns abberufen. Es hätte niemand von uns widersprochen, abgesehen davon, da sie das ohnehin durchsetzen hätte können. Das ist aber eine Umgangsform, wie sie zwischen Eigentümer und seinen Organen eigentlich nicht herrschen darf. Und „darf“ meine ich jetzt buchstäblich. Wenn der Eigentümer der Meinung ist, dass er die Organe ständig darauf hinweist, wofür sie alles haften, dann soll er sie abberufen. Das hätte niemandem wehgetan.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Also ich verstehe die Emotion und auch Ihre Argumentationslinie. Die hat ja Dr. Ditz am Vormittag schon gebracht, dass das Aktienrecht ein gewisses Hineinregieren eigentlich nicht zulässt. Auf der anderen Seite wollte ich Sie aber fragen – Sie waren ja auch lange Zeit in der Politik und später operativ in der Wirtschaft tätig –, ob Sie nicht auch Verständnis haben für die Position der Republik. In der Kärntner Zeit steht die Aufsicht, das Nichthandeln der Politik in der Kritik. Dann kommen die Bayern. Die Situation ändert sich nicht. Und dass man dann mit Maßnahmen oder Notmaßnahmen reagiert, wenn man sogar Eigentümer dieser Bank ist … Haben Sie da schon Verständnis, dass es auch vonseiten der Republik eine gewisse andere Emotion zu diesem Fall gibt? Hätten Sie da als Finanzminister oder als Wirtschaftsminister, der Sie waren, Verständnis für die Kollegen 2010, 2011, 2012, 2013 gehabt?

Dr. Rudolf Scholten: Damit es im Protokoll seine Richtigkeit hat: Ich war nie Wirtschaftsminister. Es ist egal! Ich hätte in jeder anderen Tätigkeit … Da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Ich hätte mir zwei Dinge von der Republik erwartet: Das eine ist genau das, was Sie beschrieben haben, und das Zweite ist eine extrem enge Kooperation mit den Organen, primär mit den Kapitalvertretern.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Was meinen Sie mit dem Ersten, was ich beschrieben habe? Was meinen Sie da?

Dr. Rudolf Scholten: Diese Emotion, die bedeutet, dass man eine – unter Anführungszeichen – „unfreiwillige Tochter“, weil man sie durch Verstaatlichung erworben hat, mit dieser Geschichte mit einer ganz anderen Aufmerksamkeit belegt als Routineengagements oder als andere Engagements.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Genau! Mehr Emotion und mehr Kontrolle, und das ist in Wirklichkeit geschehen auf strafrechtlichem Weg und auch mit dem Ansatz mit der CSI. Das ist ja geschehen! Ich weiß nicht, können Sie das nachvollziehen?

Dr. Rudolf Scholten: Ich kann das Engagement nachvollziehen und die Emotion, ich kann nicht nachvollziehen, dass sie ausgedrückt wurde, indem dieser Schulterschluss gefehlt hat.

Um einen anderen Punkt zu erwähnen, der, glaube ich, hier ohnehin schon auch im Gespräch war: Es gab eine sehr intensive Diskussion über die Ablösezahlungen an den früheren Vorstandsvorsitzenden, und wir wurden ständig darauf aufmerksam gemacht … Das hat mir Dr. Ditz erzählt – aber es war in der Stimmung sehr plausibel, dass es auch genau so abgelaufen ist –, dass er aufmerksam gemacht wurde: Wenn wir nicht den gesamten Vertrag ablösen, dann haften wir gegenüber der Republik für den Fall, dass sie geklagt wird. Die Alternative für uns wäre gewesen, dann den ganzen Vertrag abzulösen. Das hätte die Republik noch ungefähr 2 Millionen € gekostet.

Ich meine, die Emotion verstehe ich sehr gut, und ich versuche, das jetzt hier ohne besondere Emotion zu beantworten. Die Emotion verstehe ich sehr gut; die Kontrolle verstehe ich auch sehr gut. Das Misstrauen einem Phänomen gegenüber, dass in der Vergangenheit so gearbeitet wurde, wie dort gearbeitet wurde, verstehe ich erst recht gut. Den Umgang mit uns, den verstehe ich überhaupt nicht.

Vorsitzende Doris Bures: Zweite Runde!

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Sie haben die Pinkl-Ablöse angesprochen, die Abstimmung ist ja dann vier zu zwei ausgegangen im Aufsichtsrat.

Dr. Rudolf Scholten: Die ist aber nicht vier zu zwei ausgegangen, weil wir ihm den ganzen Vertrag ablösen hätten wollten, also diejenigen, die dagegen gestimmt haben, sondern weil wir irgendwie dokumentieren wollten, dass wir den Ursprungsvertrag für absurd gehalten haben, und da war es eine, wenn Sie so wollen, unbeholfene Methode, bei dieser Ablöse nicht zuzustimmen. Mit Sicherheit hat niemand von uns im Auge gehabt, dass wir ihm noch mehr hätten zahlen sollen.

Vorsitzende Doris Bures: Ich bin mir nicht sicher, ob Sie es gehört haben: Sie sind in der Fragezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Ich würde Ihnen gerne ein Schreiben vorlegen, und zwar das Dokument 34326, ein Schreiben aus dem Jahr 2012, in dem Herr Wala von der FIMBAG an die Hypo herantritt, ob die Bank wegen der guten Geschäftszahlen, die 2011 erwirtschaftet wurden, Boni ausschütten dürfe. Und die Boni sind so ein Thema, das die Bevölkerung ganz massiv aufregt und natürlich auch zum Teil dafür verantwortlich ist, dass die Bankenwelt ein so schlechtes Image hat. Vor allem dann, wenn das in einer Bank passiert, in der nicht alles mit rechten Dingen zugeht und von der Verluste erwirtschaftet werden. Und die Erfahrung hat ja leider auch nach 2010, genauso wie in der Kärntner Zeit und genauso wie in der Bayern-Zeit, gezeigt, dass die Prognosen des Vorstands nie eingetreten sind. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Ich wollte Sie fragen, ob Sie in diese Überlegungen bezüglich der Vorstands-Boni 2011 involviert waren.

Dr. Rudolf Scholten: Wir haben an den Vorstand, und wenn ich das so sagen darf, unseren Vorstand, nämlich dem der HBInt, mit Sicherheit keinen Bonus bezahlt, und zwar nicht, weil die schlecht gearbeitet haben, sondern weil das nach den wirtschaftlichen Ergebnissen absolut nicht geboten war. Ich vermute, dass es hier um Bonuszahlungen von Tochtergesellschaften geht, aber das ist eine Vermutung.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Da steht aber Geschäftsleiter.

Dr. Rudolf Scholten: Schon, aber wenn es das Unterstrichene ist, dann ist es die Österreich-Tochter, die HBA ist die Österreich-Tochter. Also wir waren Aufsichtsrat der HBInt und haben an den Vorstand der HBInt sicherlich keine Bonuszahlungen geleistet.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Und in solche Beschlüsse oder in solche Ansinnen waren Sie nie involviert?

Dr. Rudolf Scholten: Nein.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Und grundsätzlich Ihr Zugang vielleicht, Sie haben ihn schon angerissen: Wie sehen Sie das? Eine marode Bank zahlt Boni aus.

Dr. Rudolf Scholten: Da kommen wir jetzt in eine Diskussion, die, glaube ich, von hier etwas wegführen würde, nämlich zur Frage: Was wird durch einen Bonus wirklich belohnt? Wenn man hohen Arbeitseinsatz und aus unserer Sicht auch hohe Qualität der geleisteten Arbeit belohnen hätte können, dann müsste man das ganz anders sehen, denn da wäre vieles gerechtfertigt gewesen. Im konkreten Fall ist es allerdings so, dass es klare Regeln gibt: Bonuszahlungen von Banken, die – jetzt vereinfacht gesprochen – verstaatlicht sind und Verlust machen, sind unzulässig. Und insofern können die noch so gut arbeiten, wenn sie das Ergebnis nicht produzieren, ist es überhaupt keine Frage, dass das nicht zulässig ist. Das hat im Übrigen auch dazu geführt, dass es – ich glaube, gegen den HBInt-Vorstand, aber das weiß ich jetzt nicht – ein Verfahren gegeben hat, weil ein Teil der Vertragsablöse an Pinkl den Namen Bonus getragen hat. Das war aber kein Bonus im Sinn einer Gratifikation, sondern das war ein vertraglicher Bestandteil aus seinem ursprünglichen Vertrag. Das Verfahren ist dann auch eingestellt worden. Daran sieht man nur, dass da sozusagen die Begriffe vermengt werden.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Dr. Scholten, Sie haben die Frage schon für mich ausreichend beantwortet.

Dr. Rudolf Scholten: Es ist einfach Regel, dass eine Bank, die Verlust macht, keinen Bonus zahlen darf. Das ist so.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Das ist völlig okay, das ist auch ein sehr seriöser Zugang.

Ich würde gerne noch zu ein paar anderen Themen kommen. Und zwar, ich habe es Ihnen schon gesagt: Die Kärntner Zeit, die Bayern-Zeit, es wurden große Fehler gemacht, und wir haben schon viele Indizien dafür, dass auch nach 2010 ähnliche, wenn nicht sogar fast die gleichen Fehler gemacht wurden, und zwar möchte ich da mit einer Analyse der Europäischen Kommission beginnen. Da gibt es ein E-Mail von Herrn Lejsek an Kranebitter am 8. Oktober 2012, da steht drinnen: „ (…) trotz vielfacher Zusicherungen die Qualität des ,Neugeschäfts‘ und der Prozess der Krediteinräumung sich nicht verbessert hätten (…)“, also das Neugeschäft mangelhaft … Entschuldigung! Das ist die Nummer 6113, wo die Europäische Kommission das Neugeschäft massiv kritisiert. Haben Sie von dieser Kritik gewusst?

Dr. Rudolf Scholten: Ja, es hat eine Prüfung über neu vergebene Kredite gegeben, die zum Ergebnis gekommen wäre, dass die sozusagen auch zu keinem guten Ergebnis geführt haben. Das wurde sehr lange oder sehr genau im Aufsichtsrat diskutiert, weil das natürlich primär eine höchst alarmierende Meldung gewesen wäre, und vom Vorstand sehr glaubwürdig damit widerlegt, dass es hier nicht eine Prüfung der Gesamtvergabe von neuen Krediten gegeben hat, sondern eine Prüfung von – ich glaube – acht oder neun Einzelfällen, die ausgesucht worden waren als diejenigen, von denen man am meisten bezweifelt hat, dass sie zu einem positiven Ergebnis … also eine eklatante Negativ-Auswahl der Neukredite … und dass das in keiner Weise symptomatisch war für das Gesamtportfolio dessen, was an neuen Krediten gegeben worden ist, wobei man dazusagen muss, dass Neukredit auch geheißen hat, wenn man bestehende Kredite restrukturiert hat. Also da geht es nicht nur darum, dass man sich neue Kunden gesucht hätte oder neue Kunden gefunden hätte, sondern jede Veränderung eines bestehenden Vertrags ist dann in dieser Definition zu Recht – das würde auch jede andere Bank so machen – eine neue Vereinbarung und daher unter den neuen Krediten. Das heißt, viele von denen, von denen man zu Recht annehmen kann, dass man mit ihnen nicht unbedingt Kreditvereinbarungen treffen würde, fallen auch dann unter Neukredite, wenn man zu irgendeiner Form von vertraglicher Änderung der ursprünglichen Vereinbarung kommt. Das heißt, Neukredite beinhaltet alles, was sich rechtlich gegenüber dem Status davor verändert hat.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Sie wissen aber schon: Oktober 2012, fast drei Jahre nach der Notverstaatlichung, denn ich habe dann auch eine Information aus 2013, wo es wieder ein Dokument gibt, in dem drinnen steht, dass die Risikomessung und das Risikomanagement der Bank inadäquat wären.  Das ist das Dokument 2450, eine Besprechung Ernst & Young mit den Eigentümervertretern der Hypo, dem BMF. Wieder fast, nein, nicht ganz … Im Februar 2013 wurde wieder keine Verbesserung festgestellt. Wie sind Sie damit umgegangen? (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Rudolf Scholten: Dem würde ich massiv widersprechen, dass sich im Risikomanagement der Bank zwischen 2010 und 2013 keine Veränderung ergeben hat. Dem würde ich massiv widersprechen. Darf ich Sie fragen, wo das steht?

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Auf Seite 2 von 4, der erste Bullet Point.

Dr. Rudolf Scholten: Hier geht es aber um eine Prüfung der Notenbank, was die Risikotragfähigkeit betrifft, und das ist das, was ich ganz am Anfang beschrieben habe. Ich glaube, man muss da zwei Dinge, ob strikt, weiß ich nicht, aber ziemlich voneinander trennen. Das eine ist: Mit welcher Vorsicht, Genauigkeit und Sorgfalt geht die Bank mit Einzelkreditengagements um? Und da gab es in der Zeit davor, also vor der Verstaatlichung, offensichtlich sehr viele Gewohnheiten in dieser Bank, mit denen dann klar gebrochen wurde beziehungsweise die klar verändert wurden. Das Zweite ist die Frage, wie – so wie es auch hier steht – die Risikotragfähigkeit zu bemessen ist, weil die Risikotragfähigkeit Voraussetzung für die Eigenmittelausstattung ist beziehungsweise für die Bemessung der Eigenmittelausstattung. Und da hatten wir tatsächlich intensive Diskussionen mit der Notenbank hinsichtlich der Notwendigkeit – das führt zu diesem JRAD-Bescheid zurück –, die Gesamtbilanz der Bank gleich zu behandeln, weil wir der Meinung waren, dass man die Teile, die für den Abbau bestimmt waren, anders behandeln könnte. Dem hat sich die Notenbank nicht angeschlossen; das ist deren gutes Recht.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Ich muss kurz etwas einwerfen. Das ist momentan ein bisschen ein Déjà-vu. In der Kärntner Zeit: Kritik, Erklärungen, keine Konsequenzen. In der Bayern-Zeit: Kritik, Erklärungen aus dem Management, keine Konsequenzen. In der Zeit ab 2010 – wir haben das jetzt alles erlebt, auch hier, live im Ausschuss – wieder ein Déjà-vu: Kritik, Erklärungen und keine Konsequenzen.

Wie können Sie sich das erklären? Das verstehen wir nicht.

Dr. Rudolf Scholten: Indem diese drei Phasen wirklich nur dadurch vergleichbar sind, dass es drei Phasen sind. Also ich befinde mich hier das erste Mal in der Situation.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Dr. Scholten, das ist keine Erklärung!

Dr. Rudolf Scholten: Dass man mir erklärt, dass wir das Gleiche gemacht haben wie in der Kärntner Zeit, das kann ich nur zurückweisen und mich beraten, wie man sich dagegen wehren kann, dass das unterstellt wird. Das waren vorher zu einem guten Teil strafrechtliche, zivilrechtlich verfolgbare Handlungen, und wenn das gemeint wird, dann muss man eben so ...

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Nein, von dem habe ich nicht gesprochen. Nein, da dürfen Sie nicht … 

Dr. Rudolf Scholten: Na ja, aber das Déjà-vu muss man dann schon genauer definieren. Oder?

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Nein, ich habe mich rein auf das Déjà-vu im Untersuchungsausschuss bezogen und auf keine Malversationen, kein Strafrecht, keine strafrechtliche Verfolgung, sondern auf unser Erleben in diesem Untersuchungsausschuss.

Der vorletzte Bullet Point: „Sorgen bereitet, dass non performing loans im gleichen Ausmaß neu hinzukommen wie sie abgebaut werden.“ – Wieder so ein Hinweis, dass in der Bank nichts weitergegangen ist.

Dr. Rudolf Scholten: Das stimmt einmal überhaupt nicht. Die neu hinzukommenden Non-Performing Loans waren zu einem großen Teil Neubewertungen oder notwendige Neubewertungen von Krediten, die zum Beobachtungszeitpunkt davor noch als – wie man so schön sagt – performing qualifiziert waren, und da gibt es einen ganz einfachen Punkt, nämlich, dass sie gewisse Fälligkeitstermine – im Grunde von sechs Monaten Überfälligkeit – nicht überschreiten dürfen. Tun sie es, fallen sie unter die non performing.

Das heißt, ein Kredit, jetzt vereinfacht gesprochen, der drei Monate nicht bedient war, ist noch nicht in einem Ampelsystem unter Rot. Wenn er weitere drei Monate nicht bedient ist, fällt er unter Rot.

Das ist das, was, glaube ich, der Herr Mag. Edelmüller hier auch beschrieben hat mit dieser Mitigation, das heißt, dass im Zuge des bestehenden Obligos nicht neu bewertet wurde, sondern dass alte Kredite längere Zeit überfällig waren und damit automatisch in diese höhere Alarmstufe rutschen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP) (sich auf Bemerkungen zwischen den Abgeordneten Lugar und Hable beziehend): Meine Kollegen reden da jetzt, ob es richtig ist, was Sie sagen. Ich sage Ihnen, ich nehme das so zur Kenntnis. Nur, wenn Ernst & Young, Mag. Maukner und Mag. Hief in diesen Bericht, in diese Besprechung etwas hineinschreiben, dann widersprechen Sie soeben der Analyse des Wirtschaftsprüfers.

Dr. Rudolf Scholten: Nein, er hat ja recht damit. Das war ein Thema, das wir immer wieder hatten, dass aus dem Bestand heraus die Zunahme der Non-Performing Loans im Wesentlichen über einen langen Zeitraum, und das hat sicher bis 2013 gedauert, die Verwertungserfolge neutralisiert hat. Wir sind ja von diesen – jetzt vereinfacht gesprochen – 30 Prozent Non-Performing-Loan-Ratio nie weggekommen. Und zwar nicht, weil die neu vergebenen Kredite so schlecht waren, sondern weil ständig aus dem Bestand heraus Kredite, die noch nicht in dieser Non-Performing-Loan-Kategorie waren, dort hineingerutscht sind. Das hat sehr viel an Abbauerfolgen konterkariert oder neutralisiert. Und da muss man dazusagen, das habe ich auch am Anfang gesagt, dass die wirtschaftliche Lage wesentlich schlechter war als angenommen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Dr. Scholten, Sie haben heute die Vorzüge einer Abbaueinheit, einer Bad Bank schon ausgeführt. Auch der Herr Dr. Ditz hat dazu Stellung genommen. Sie haben heute gesagt, Herr Dr. Nowotny hat diesen Vorschlag, diese Idee durchaus unterstützt. Herr Dr. Ditz hat heute zu Beginn seiner Ausführungen angeführt, Herr Dr. Nowotny hätte eine Bad Bank nicht unterstützt.

Haben Sie eine Vorstellung, wie Herr Dr. Ditz zu dieser Einschätzung kommt?

Dr. Rudolf Scholten: Nein, das habe ich nicht. Ich habe mir nur, wie ich auf dieser Berichterstattung von ihm gesehen habe, dass er das gesagt hat, einen Zeitungsartikel von Anfang 2014 herausgesucht, wo er öffentlich erklärt, dass er das seit dreieinhalb Jahren vorgeschlagen hat – also Nowotny das öffentlich erklärt, dass er das seit dreieinhalb Jahren vorgeschlagen hat. Ich habe, ehrlich gesagt, aus meiner Wahrnehmung auch in Erinnerung, dass er dem sehr positiv gegenüberstand; an seinen Gesprächen mit der Finanzministerin habe ich allerdings nicht teilgenommen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ab welchem Zeitpunkt hatten Sie den Eindruck, dass Herr Dr. Nowotny eine Bad Bank aktiv unterstützen würde?

Dr. Rudolf Scholten: Ich denke, dass unser Zugang insofern ein anderer war, als natürlich seine beratende Stimme sozusagen wichtig ist als Chef oder als Gouverneur der Notenbank, aber dass es primär nicht die Aufgabe der Finanzmarktaufsicht und der Notenbank ist, dem Eigentümer zu erklären, was er zu tun hat.

Also ich würde umgekehrt sagen, es ist nicht primär Notenbankaufgabe, Restrukturierungsprogramme verstaatlichter Banken zu beeinflussen. Dass er das beratend trotzdem getan hat, davon gehe ich aus, und zwar mehr oder weniger von Anfang an. Wobei „von Anfang an“ heißt aus meiner Sicht immer 2012, denn das war der Augenblick, als wir dann überzeugt waren, dass es besser gewesen wäre. Ob er das vorher schon getan hat, weiß ich nicht, da habe ich selbst sicher auch nicht mit ihm darüber gesprochen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Kommen wir zur Aufgabe der Eigentümer! Sie sind vom Kanzler gebeten worden, diese Funktion zu übernehmen – was ja eine tatsächlich sehr schwierige Situation war. Ziel war, so habe ich Sie verstanden, eine möglichst budgetschonende Lösung zu finden.

Hat es seitens der Eigentümer der Republik weitere Vorstellungen gegeben, wie das Aufsichtsratsmandat auszufüllen ist beziehungsweise was das Ziel sein soll, was mit der Hypo passieren soll?

Dr. Rudolf Scholten: Ob es Vorstellungen gegeben hat, weiß ich nicht. Aber wenn Sie meinen, ob ich sozusagen einen Auftrag mitbekommen hätte, ist die Antwort Nein, außer dass es klar war, dass es um eine budgetschonende Abwicklung dieses ganzen Themas ging – also Behandlung, Abwicklung klingt jetzt schon so nach Bad Bank –, um einen budgetschonenden Umgang mit diesem Thema zu gehen hat. Parallel dazu haben wir diese öffentlichen Erklärungen gehabt im Hinblick auf jeden Zettel dreimal umdrehen und so weiter. Aber einen weitergehenden Eigentümerwunsch, was man sich vorstellt damit, hatten wir nicht. Allerdings muss ich auch sagen, es war ja offensichtlich, was das Ziel ist, nämlich, dass das möglichst wenig Geld kosten soll.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Wie war die Kommunikation zwischen den Mitgliedern des Aufsichtsrats und dem Finanzministerium, respektive der politischen Spitze des Finanzministeriums?

Dr. Rudolf Scholten: Zuerst einmal, sehr selten, und zum Zweiten hatte ich den Eindruck, dass es mehr darum geht, dass man sozusagen die Themen auf Distanz hält, als sie unmittelbar an sich herankommen zu lassen.

Da muss ich auf meine eigene Zeit in der Politik zurückkommen. Das ist ein fairer Punkt der Politik, zu sagen, da ich operativ nicht jedes Thema selber lösen kann, muss ich verhindern, dass es mir auch sozusagen eins zu eins auf den Tisch gelegt wird. Nur waren wir eben der Meinung, dass die Hypo eine Dimension hat, die dieses Prinzip außer Kraft setzen sollte, da es vermutlich  das war zumindest mein Argument immer – in wirtschaftlicher Hinsicht das größte Einzelengagement der Republik war. Jetzt ist die Frage, wonach man das bemisst, aber ich glaube, es war auf jeden Fall mit dem größten Risiko behaftet.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Dr. Scholten, wenn Sie von „sehr selten“ sprechen, ist das einige Male im Jahr gewesen oder einige Male in den vier Jahren, in denen Sie auch das Aufsichtsratsmandat innehatten?

Dr. Rudolf Scholten: Ich kann mich erinnern, die Frau Bundesminister Fekter habe ich definitiv zweimal zu diesem Thema gesehen, mag sein, dass es dreimal war, ihren Nachfolger, würde ich sagen, ein bis zwei Mal. Das war’s dann auch. Wobei, ich muss sagen, hätten wir mit dem gleichen Inhalt und dem gleichen …. Hätte sich an der Substanz nichts bewegt, wären auch wöchentliche Termine sinnlos gewesen. Also das ist, wenn Sie so wollen, nur ein Symbol dessen, was wir beklagt haben. Dieser Schulterschluss, von dem ich gesprochen habe, ist ja sozusagen ein inhaltlicher. Es hätte auch jemanden geben können, der diese Dinge enorm unterstützt, und gleichzeitig hätten wir nie einen Termin … Also die mangelnde Termindichte ist da wirklich nur Symptom und nicht Ursache des Themas.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): So habe ich das auch wahrgenommen, auch dass – wie Sie ausgeführt haben – die Distanz sozusagen zu diesem Thema seitens der politischen Spitze des Finanzministeriums da war.

Haben Sie selbst eine Erklärung für diese Distanz oder dass man sich dieses Thema auf Distanz gehalten hat?

Dr. Rudolf Scholten: Da gibt es eine ganz simple Erklärung, die ich auch in gewisser Weise verstehen kann, wenn ich sie auch in dem konkreten Fall für wirklich falsch halte. Das ist, dass das ein höchst unangenehmes Thema war und man der Illusion erlegen ist, dass man durch Distanz da eine gewisse Immunisierung herbeiführt, oder eine Nichtbetroffenheit herbeiführt – Immunisierung wäre ja nicht möglich –, oder einfacher ausgedrückt, sich das ein bisschen vom Hals zu halten. Nur, da schließt sich immer der Kreis: Wenn man annehmen könnte, dass das ein Thema ist, wo die Politik a) ohnehin nicht helfen kann, weil das nur operativ zu lösen ist, b) das sozusagen in einer Bahn läuft, die man irgendwie auf gutem Wege empfindet, und es drittens nicht so riesengroß wäre, dann würde ich das auch alles verstehen.

In dem konkreten Fall ging es aber darum, dass die Politik – zumindest was dieses EU-Verfahren und was die Restrukturierung der Gesamtorganisation betrifft – essenziell war: Das geht nur mit der Politik. Und über die Dimension sind wir uns wahrscheinlich einig.

Das heißt, die Voraussetzungen dafür, so eine Distanz zu verstehen, waren meines Erachtens noch nicht gegeben.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ja, ein klares Versäumnis der politischen Spitze seitens des Finanzministeriums. Gleichzeitig, Herr Dr. Scholten, Sie sind ein ausgewiesener Bankexperte mit einem fundierten politischen Background, welche Versäumnisse würden Sie sehen, die nach der Verstaatlichung der Hypo passiert sind?

Dr. Rudolf Scholten: Ich glaube, das erste Versäumnis, das passiert ist, und das betrifft alle – da komme ich auf die vorherige Frage des Herrn Abgeordneten zurück –, das ist, dass aufgrund dieser Vorwurfsdichte, die dann entstanden ist, jeder einmal primär das Bedürfnis hat, zu sagen, man selber hat überhaupt keine Fehler gemacht und alle anderen haben nur Fehler. Das halte ich einmal rein logisch für nicht nur unwahrscheinlich, sondern auch für falsch.

Der zweite Punkt ist, dass ich glaube – da muss ich mich jetzt wiederholen –, dass angesichts der Dimension dieser Frage eine ganz enge, vertrauensvolle – das ist in dem Zusammenhang vielleicht auch wichtig – Kooperation aller wesentlichen Entscheidungsträger zu diesem Thema notwendig gewesen wäre. Das betrifft den Eigentümer genauso wie den Aufsichtsrat klarerweise, und auch den Vorstand.

Für Brüssel gilt zum Beispiel, dass ein vollkommen akkordiertes, beeindruckendes Auftreten eines Mitgliedstaats im Zusammenhang mit einem Verfahren, in diesem Fall mit einem Beihilfeverfahren, auf allen Ebenen dort wesentlich mehr Eindruck macht, als wenn es daran mangelt. Da funktioniert Brüssel wie jede Behörde: Je überzeugender und je engagierter und je sozusagen auf allen Ebenen unterstützt da ein Anliegen vorgetragen wird, desto höher ist die Chance, dass auch alle Aspekte dabei berücksichtigt werden und auch auf die Besonderheiten des Falls eingegangen wird – das war ja dabei immer unser Hauptthema.

Ich glaube, dass man es einfach auf diesen Punkt reduzieren kann oder auf diesen Punkt konzentrieren kann, dass es an diesem Schulterschluss gemangelt hat, zumindest – und das meine ich jetzt nicht romantisch – haben wir den nicht so gespürt.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sie haben vorhin vom akkordierten Auftreten in Bezug auf das Beihilfeverfahren gesprochen. Was wäre da Ihrer Meinung nach im Konkreten tatsächlich erforderlich gewesen? Welche Ebenen? Es war natürlich das Thema die Spitze des Ministeriums, auch der Mangel dessen, dass man de facto die Aufsichtsratsspitze oder den Aufsichtsrat nicht miteinbezogen hat. Welche anderen Ebenen wären Ihrer Meinung nach erforderlich gewesen?

Dr. Rudolf Scholten: Da bin ich missverstanden worden! Die Tatsache, dass man uns nicht einbezogen hat, habe ich – ich muss das jetzt so sagen – nicht für sehr schlau gehalten, da man als ehemaliges Regierungsmitglied in Brüssel allemal sozusagen die richtigen Termine bei den richtigen Leuten bekommt, und auf das zu verzichten, fand ich nicht schlau. Aber es war auch zugleich nicht unser Ziel. Es war ja ein Verfahren, das sich an die Republik gewandt hat. Es ist ja das Beihilfeverfahren nicht gegen die Hypo gelaufen, sondern gegen die Republik, denn von dort kam die Beihilfe und daher war es auch klar adressiert.

Ich kann nur sagen, von Verfahren, die ich selber jetzt aus politischer Sicht erlebt habe, ist es ganz entscheidend, dass die zuständigen österreichischen Regierungsmitglieder den jeweiligen Kommissaren, wie man umgangssprachlich so schön sagt, am Schoß sitzen, um alle Argumente dort unterzubringen und möglichst authentisch unterzubringen, die man hat und von denen man glaubt, dass sie zu einem besseren Bescheid führen können. Also ich habe mich selbst als Verkehrsminister zum Beispiel eine Zeit lang sehr darum bemüht, die Brenner-Transitfrage in Brüssel zu behandeln. Ich habe mit dem damaligen Verkehrskommissar sozusagen pausenlos geredet, weil es wichtig war, dass er alle diese Gesichtspunkte kennt und das nicht nur routinemäßig abgehandelt wird.

Diese Bedeutung – ich will jetzt nicht Transit und Hypo vergleichen – eines für diese Republik wesentlichen Themas hatte die Hypo wohl. Daher glaube ich, dass man das mit einem anderen Ehrgeiz hätte vertreten müssen. Ich muss immer dazusagen, ich weiß nicht, ob „mein Weg“ – unter Anführungszeichen – zu einem besseren Ergebnis geführt hätte, ich bin aber ziemlich sicher.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Was haben Sie selbst für eine Wahrnehmung in Bezug auf das Verhältnis der Europäischen Unions-Spitze – jetzt in diesem konkreten Fall des Beihilfeverfahrens – zu den Spitzen des Finanzministeriums?

Dr. Rudolf Scholten: Die Bank hat einen Anwalt in Brüssel beschäftigt, der mit den zuständigen Beamten in Kommunikation war, und da ist berichtet worden, dass das kein sehr gutes Verhältnis war. Aber ich habe da keine eigenen Wahrnehmungen dazu.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ist die Besserung dieses Verhältnisses irgendwann dann Thema geworden, auch wenn es klar ist, dass die Republik bei diesem Beihilfeverfahren adressiert ist?

Dr. Rudolf Scholten: Sicher war es ein Thema, da wir ja vermutet haben, dass diese Kommunikation nicht klaglos läuft. Das war ja unsere Vermutung. Daher war auch immer unser Ziel, dass man sozusagen den Österreich-Auftritt verdichtet, um das einmal so zu sagen, um da zu einem guten Ergebnis zu kommen, denn am Ende des Tages ist es irgendwie nicht sehr zufriedenstellend, dass wir, die Bank, zum Beispiel Terminsetzungen in diesem Bescheid verordnet bekamen, die eben zu enormen Abwertungen geführt haben oder führen mussten. Das war ja nicht gleichgültig, was da herauskommt.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Der Herr Dr. Ditz hat heute angeführt, dass er Hahn kontaktiert hat und auch den EU-Parlamentarier Karas.

Gibt es sonst noch Spitzen aus der österreichischen Politik auf Ebene Brüssel, die in diesem Zusammenhang kontaktiert worden sind?

Dr. Rudolf Scholten: Das weiß ich nicht, denn das Ministerium hat eindeutig festgestellt, dass das Ministerium die Kommunikation mit Brüssel betreibt und nicht die Bank. Das war eine eindeutige Direktive, wogegen an sich auch nichts zu sagen wäre, weil es ja auch ein Verfahren des Ministeriums war und nicht der Bank. Aber das war klar geregelt. Also ich glaube, aber das kenne ich jetzt nur aus alten Erzählungen, dass dem Dr. Ditz damals dieser Vorstoß sogar vorgeworfen wurde.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Von wem vorgeworfen worden?

Dr. Rudolf Scholten: Aus dem Ministerium, dass das nicht irgendwie akkordiert war. Aber das weiß ich nur aus … Das hat er irgendwann erzählt, dass das nicht so gerne gesehen wurde. Was das konkret bedeutet, weiß ich nicht.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Kommen wir noch einmal zum Ministerium und zur Kommunikation zur Hypo beziehungsweise jetzt konkret zum Aufsichtsrat zurück! Wer waren da die Brücken zur Ministerin oder zum Minister? Ich nehme einmal an, Lejsek wird einer derjenigen gewesen sein.

Dr. Rudolf Scholten: Auf der Beamtenebene?

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ja.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, in der Hinsicht ist es, glaube ich, nach den üblichen Regeln gelaufen. Es waren die zuständigen Beamten. Das war primär Lejsek, rechtlich Peschorn und im Kabinett eben Höllerer und dann der Kabinettchef Zotter. Ja, ich glaube, das waren die, mit denen am häufigsten gesprochen wurde. Das ist an sich auch … Die waren auch die relevanten Personen dazu. Da ist nichts dagegen einzuwenden. Es ist ja nur die Frage, wie effizient diese Kommunikation dann ist, oder, anders herum, was das Ergebnis dessen ist.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Weil Sie den Herrn Dr. Peschorn angesprochen haben, der ja heute auch schon Thema war: Ich darf Ihnen da ein Dokument vorlegen mit der Nummer 3427, Lieferant ist das Finanzministerium, und zwar ist das ein Papier von der Finanzprokuratur mit dem Titel „Die Insolvenz der ,Hypo‘ als Notwendigkeit? Wien, November 2013“. Ich gehe davon aus, dass Ihnen dieses Papier bekannt ist. Wir haben jetzt nur die relevanten Teile herauskopiert. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzende Doris Bures: Sie kommen jetzt in die Fragezeit der zweiten Runde.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Und zwar gehe ich zuerst auf diese Seite 5, die Sie da haben: „Interessenslage – Management“. (Auskunftsperson Scholten – in dem Schriftstück blätternd –: Ja, ich sehe schon!) In diesem Paper wird ausgeführt, was die Folgewirkungen einer Insolvenz sein könnten, wo in diesem Papier unter anderem ausgeführt wird: eine „Insolvenz gefährdet persönliche Ansprüche auch von Entscheidungsträgern; mit der Insolvenz werden die bestehenden Beratungsverträge beendet werden;“ und so weiter und so fort.

Ich gehe davon aus, dass das auch im Aufsichtsrat irgendwann Thema war, dieses Papier, oder ist das so nie im Aufsichtsrat diskutiert worden?

Dr. Rudolf Scholten: Ob es formell in einer Aufsichtsratssitzung diskutiert wurde, weiß ich nicht. Aber besprochen haben wir es sehr wohl, weil wir das – ich weiß nicht mehr wie – irgendwie informell bekommen haben. Das ist uns nicht gegeben worden. Das ist genau der Punkt. Wenn ich als Eigentümer so etwas von meinem Anwalt über meine Organe geschrieben sehe, dann muss ich mich entscheiden, ob ich den Anwalt wechsle oder die Organe.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Das ist eine nachvollziehbare Aussage. Was war denn dann im Konkreten seitens des Ministeriums die Stellungnahme zu diesem Paper? Beziehungsweise: Ein Teil ist ja auch in der Öffentlichkeit gelandet, Teile zumindest.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, ich kann mich erinnern. Also konkret weiß ich es nicht mehr, aber die Erklärungen waren dann immer, dass das nur irgendwie eine Auflistung ist und nichts bedeutet, dass es nicht beauftragt wurde et cetera. Es war dann immer so abfedernd. Und das ist genau der Punkt, wo ich eben vorhin gemeint habe, aufgrund solcher Äußerungen müsste man – ich habe das einmal eben getan, als sich ein ähnlicher Brief – den haben wir allerdings direkt bekommen – auf die Schadenersatzverpflichtungen der Organe bezogen hat – sagen, entweder wird das anders formuliert oder wir gehen.

Ich kann nicht einen Eigentümer … Also ich kann das Gesetz so und so nicht außer Kraft setzen, aber wenn der Eigentümer eine Handlung setzt, nur damit er sich Schadenersatzforderungen gegenüber den Organen bewahrt, dann muss er sie austauschen. Das ist einfach … Das wäre völlig absurd, in einer Gesellschaft Organe zu behalten, die man so behandelt. Und das hier ist: Würde Papier leben, wäre es der lebende Beweis dafür.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Dr. Scholten! Ich möchte noch …

Dr. Rudolf Scholten: Verzeihen Sie, wenn ich unterbreche. Im Nachhinein hätte man – also wir waren dann eh nur mehr fünf Monate dabei, also da kritisiere ich mich gerne selber – diesen Zettel sofort verwenden müssen, um zurückzutreten, oder muss der Eigentümer sagen, er zieht den Zettel zurück. Aber parallel dazu als Organ in einer Gesellschaft zu sein, die noch dazu diese Bedeutung hat, ist unter anderen Umständen schwer vorstellbar.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ist völlig nachvollziehbar. Jetzt muss ich noch einmal kurz nachfragen: Welche Reaktion hat es seitens der Spitze des Ministeriums auf dieses Papier gegeben? Haben Sie da noch eine Erinnerung?

Dr. Rudolf Scholten: Das weiß ich nicht. Ich vermute einmal, wenn das von November war, dann gab es – das hat aber wohl nichts mit dem Papier zu tun – kurz danach den Ministerwechsel. (Abg. Lichtenecker: Ja, das ist korrekt!) Aber das wird nicht wegen diesem Papier gewesen sein.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Von dem können wir wahrscheinlich ausgehen. Aber es hat keine konkrete Reaktion auf das gegeben, dass es der ganzen Geschichte nicht zuträglich ist.

Dr. Rudolf Scholten: Wenn, dann war immer die Reaktion, dass man halt sich …, dass das nur theoretische Überlegungen sind. Es ist … Vielleicht kommen wir noch dazu: Die ganze Insolvenzdiskussion – die ist allerdings, das muss man fairerweise sagen, erst 2014 aktuell geworden, nämlich auch öffentlich erkennbar oder für uns erkennbar aktuell geworden – folgt sozusagen derselben Handschrift. Es gab damals von Generaldirektor Cernko die sehr richtige Aussage: Es ist ein Riesenunterschied, ob man nicht zahlen kann oder nicht zahlen will. Und dass die Republik eine Insolvenzdiskussion vom Zaun bricht, die international extrem beobachtet wurde, halte ich für wirklich restlos falsch. Und das war offensichtlich eine Vorarbeit dafür.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich möchte zu dem Thema Beraterkosten, das heute schon Thema war, zurückkommen. Beim Studium der Aufsichtsratsprotokolle ist mir aufgefallen, dass Sie immer sehr engagiert dieses Thema aufgegriffen und auch hinterfragt haben. Bei mehreren Aufsichtsratsprotokollen ist das ersichtlich. Wenn Sie das jetzt kurz komprimieren. Da gibt es natürlich unterschiedliche Lagen an Verträgen bis zu dem, dass die einen beauftragt haben und ganz jemand anderer bezahlen hat müssen, nämlich die Hypo selber, und so weiter. Wenn Sie kurz zusammenfassen würden: Was glauben Sie, wäre in diesem Bereich klüger, effizienter, ökonomischer, besser zu machen gewesen, zum Thema Beraterverträge?

Dr. Rudolf Scholten: Also mit Sicherheit hätte man sofort diese vorher beschriebenen Procurement-Regeln etablieren sollen – da muss ich allerdings fairerweise sagen: erst wirklich im Nachhinein gesehen. Aktuell waren tausend Themen relevanter als jetzt diese formalen, aber im Nachhinein gesehen wäre es klüger gewesen, diese formalen Regeln sofort einzusetzen, noch dazu, wo es dafür Muster gibt, und das nicht so ein Mirakel gewesen wäre. Das war uns allerdings, wie gesagt, im Augenblick der Erstbeschäftigung mit dem Thema nicht das Primäre. Es erschien uns nicht als die primäre Aufgabe.

Der zweite Punkt ist, dass ich das Gefühl habe, dass man hermetischer, sozusagen, die Beraterentscheidung in die Bank holen hätte müssen. Das heißt nicht, dass die Bank sich Beraterentscheidungen hat diktieren lassen, aber Einflussnahmen gab es sehr wohl im Sinne von Einspruchsrechten und so. Das, glaube ich, würde man in Wiederholung, sozusagen, kategorisch abstellen oder hermetischer regeln.

Und dann darf man eines nicht vergessen, aber das betrifft jetzt vermutlich nicht Ihre Frage: Eine wesentliche Aufgabe ganz am Anfang war, eine ganze Reihe von Beratervereinbarungen aus der Zeit zuvor zu beenden. Wir haben ja – wenn man das so salopp formulieren darf – die Hypo nicht beraterfrei übernommen, sondern da gab es ja eine ganze Reihe von Beratungsvereinbarungen aus der sogenannten Bayern-Zeit oder vielleicht sogar noch weiter zurückreichend – das weiß ich jetzt nicht. Und da haben wir sehr viele, oder die Bank oder der Verstand hat sehr viele davon beendet.

Viel ist natürlich aus diesem CSI-Thema entstanden – das wird im Griss-Bericht ja auch genau beschrieben –, weil es da so eine Art von Selbstläufer gegeben hat, dass zuerst jemand bewertet hat, ob ein Engagement geeignet erscheint, um gerichtlich vorzugehen, und dann zugleich gleichsam naturgemäß der Einzige war, der dann so eingearbeitet war, damit er auch dann gleich mit dem gerichtlichen Vorgehen beauftragt wurde.

Für keinen einzigen Fall könnte ich das konkret unterstellen oder will ich das konkret unterstellen. Die Motivlage insgesamt führt aber schon zu dem Schluss, den die Frau Dr. Griss dann auch gezogen hat.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Gut, danke.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Dr. Scholten, vielleicht noch einmal kurz zurück, als Sie Aufsichtsrat wurden beziehungsweise warum und wie Sie gefragt wurden. Sie haben erzählt, dass der Herr Bundeskanzler Sie gefragt hat.

Dr. Rudolf Scholten: Ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und Sie haben gesagt, Sie haben sich nicht darum beworben, sondern Sie haben sich überreden lassen. Kann man das so sagen?

Dr. Rudolf Scholten: Überreden lassen ist jetzt ein bisschen hochmütig, aber dass ich mich nicht darum beworben habe, ist richtig.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Lustigerweise, auch Herr Ditz hat sich nicht beworben, auch Kranebitter nicht und auch die anderen nicht. Also anscheinend hat sich da niemand für diese Position beworben.

Dr. Rudolf Scholten: Wir haben Kranebitter eingeladen, sich zu bewerben, und das hat er auch getan.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber er wollte nicht, hat er zu uns gesagt hier im Ausschuss.

Dr. Rudolf Scholten: Aber er hat sich beworben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein.

Dr. Rudolf Scholten: Oh ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein. Er wurde überredet, hat er hier ausgesagt.

Dr. Rudolf Scholten: Aber ich glaube nicht, dass er ein Problem gehabt hätte, uns zu wiedersprechen. Aber das Verfahren hat notwendig gemacht, dass er sich bewirbt, was aber für die Aufsichtsräte nicht der Fall ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, ja. Das heißt, der Herr Kanzler hat Sie eben gebeten, das zu machen, und Sie haben gesagt: Die Republik ruft, da müssen Sie folgen, oder wie war das genau?

Dr. Rudolf Scholten: Na ja, das ist jetzt ein bisschen eine Dramatisierung, aber in der Tendenz war es so, dass ich mir gedacht habe, eben auch nach meinem Gespräch mit dem Dr. Nowotny, dass man da jetzt sozusagen nicht kneifen darf. (Abg. Lugar: Mhm!) Eine Wunschfunktion war das sicher nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie wollten nicht. Aber da das Land Sie brauchte, sind Sie da sozusagen eingesprungen?

Dr. Rudolf Scholten: Na ja, ich will das ja jetzt nicht zur Heldengeschichte werden lassen. Aber ich will nur umgekehrt klarmachen, dass es – dafür gibt es häufige Zitate – in meiner Lebensplanung definitiv nicht vorgekommen ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was mich interessieren würde, wofür genau hat man Sie gebraucht? Was war denn Ihre so vordringliche Aufgabe? Denn Sie haben ja vorhin gesagt, dass die Bank ohnehin nicht zu retten war und niemand geglaubt hat, dass sie jemals prosperieren wird. Was war da genau Ihr Auftrag?

Dr. Rudolf Scholten: Einen genauen Auftrag hat es nicht gegeben. Das, was ein Aufsichtsrat zu tun hat, regelt das Gesetz, und der Auftrag, der uns vollkommen klar schien, war, die Kosten für den Steuerzahler möglichst gering zu halten. Dass die Bank prosperiert, haben selbst die größten Optimisten nicht angenommen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, der Herr Kanzler ist an Sie herangetreten und hat gesagt: Okay, die Bank, die wird nicht mehr, aber schauen wir, dass es zumindest günstig irgendwie über die Bühne geht. War das so?

Dr. Rudolf Scholten: Nein, da kreisen wir immer wieder um die Formulierung. Was heißt: prosperieren, was heißt: wird nicht mehr, was heißt: ist schon verloren? Das haben jetzt Sie nicht gesagt, aber das wird dann … Es ging schlicht und einfach darum, die Kosten für den Steuerzahler möglichst gering zu halten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich will nur verstehen, wie das Gespräch gelaufen ist. Was der Herr Kanzler zu Ihnen gesagt hat, um Sie zu motivieren und auch Ihnen die Dringlichkeit näherzubringen, warum Sie da einspringen müssen gegen Ihre Lebensplanung.

Dr. Rudolf Scholten: Er hat vermutlich, weil den Wortlaut dieses Gesprächs weiß ich nicht … Also dass die Hypo verstaatlicht wurde und dass die Hypo ein riesiges Thema ist, war aus der Sicht von Jänner 2010 ja für jeden Zeitungsleser evident. Und er hat mich angerufen mit der Frage, ob ich bereit wäre, dort als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender oder beziehungsweise Aufsichtsrat …, also so ein Mandat anzunehmen, und dann werde ich ihm gesagt haben, dass ich mir das überlegen muss, und dann habe ich nach kurzer Zeit und Rücksprache zugesagt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, das ist mir schon klar. Also wenn mich jemand fragen würde in der Situation, wäre meine erste Rückfrage: Was ist geplant? Soll das abgewickelt werden? Soll sie wieder auf die Füße kommen? Will man sie vielleicht dann verkaufen? Was will man damit? Das ist ja, glaube ich, eine zentrale Frage. Haben Sie die auch gestellt?

Dr. Rudolf Scholten: Nein, weil aus der Sicht von – grob gesprochen – einem Monat nach der Verstaatlichung hat niemand eine Vor-Ort-Kenntnis gehabt, die irgendeine dieser Fragen hätte beantworten lassen können.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha. Die Österreicher haben ja die Bank gekauft, also Österreich, die Regierung, der Herr Kanzler, der Herr Vizekanzler haben die Bank gekauft. Da müssen Sie doch eine Vorstellung gehabt haben, was Sie damit machen wollen? Wenn ich etwas kaufe, habe ich auch eine gute Vorstellung, was ich damit machen will.

Dr. Rudolf Scholten: Die Bank ist, wie man ja weiß, gekauft worden, ohne dass eine ausreichende Due Diligence … Also sprich: Interne Recherche ist ja vertraglich nicht vorgesehen gewesen. Der Außendruck … Ich will diese Verstaatlichung jetzt nicht rechtfertigen, weil ich weder dabei war noch irgendeinen Einfluss darauf hatte, aber die näheren Umstände dessen, was man als Außen- und Innendruck empfunden hat, diese Verstaatlichung durchzuführen, ist zumindest auch mannigfaltig beschrieben. Zum damaligen Zeitpunkt kann es keinen klügeren Satz zu diesem unfreiwilligen Engagement gegeben haben, als zu sagen: Schauen wir, dass es möglichst wenig kostet! Jede Differenzierung danach erfordert eine Recherche innerhalb der Bank, und die hat zu diesem Zeitpunkt definitiv noch niemand machen können.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Interessant. Aber Sie haben gesagt, Sie waren überzeugt, dass die Bank nicht wieder gesund werden kann.

Dr. Rudolf Scholten: Nein, das habe ich sicher nicht gesagt. Ich habe gesagt: zum Blühen bringen, glaube ich, war die Frage. Das ist ein Unterschied.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie waren überzeugt, dass diese Bank nicht mehr blühen kann, also schon verblüht ist.

Dr. Rudolf Scholten: Nein, das habe ich auch nicht gesagt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Auch nicht, gut. Können Sie vielleicht noch einmal formulieren, wie Sie es genau gesagt haben, dass wir das eingrenzen können?

Dr. Rudolf Scholten: Nein, das wird man dem Protokoll entnehmen können, was ich genau gesagt habe. Auf das Ratespiel, bitte ich Sie, zu verstehen, möchte ich mich jetzt nicht einlassen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay.

Dr. Rudolf Scholten: Ich sage, dass es einen Unterschied gibt zwischen – ich formuliere das jetzt neu – einem Wirtschaftsunternehmen, das hervorragend im Markt liegt, von allen begehrt und nachgefragt ist auf der einen Seite, und einem Wirtschaftsunternehmen, wo der Eigentümer versucht, in einer Kombination von Restrukturierung, Abwicklung, Verkauf, Privatisierung die Kosten für sich und damit für den Steuerzahler möglichst gering zu halten.

Es hat niemand die Illusion gehabt, dass uns je jemand um die Hypo beneiden wird. Aber das ändert nichts daran, dass man die Kosten möglichst gering halten kann, und wenn die Konjunktur substanziell anders gelaufen wäre – nämlich so wie man Anfang 2010 auch von allen Seiten gehört hat, dass sie laufen wird – und alles andere auch gut funktioniert hätte, hätte man diese Kosten wahrscheinlich auch sehr gering halten können. Dann wurden wir überrascht von dem tatsächlichen Zustand. Der hat einmal diese Erwartungen deutlich gedrückt. Die wirtschaftliche Lage hat die Erwartungen auch deutlich gedrückt, und alles das, was wir hier weiter besprochen haben, hat ebenso dazu beigetragen, dass die Erwartungen gedrückt waren. Von einem prosperierenden, blühenden Juwel für die Republik hat nie jemand gesprochen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, die Frage ist aber nur, wann Ihnen das bewusst wurde, weil Sie sagen, Sie haben keine Kenntnis über den Zustand der Bank. gehabt Jetzt hat der Herr Pröll bei der Notverstaatlichung in der Pressekonferenz gesagt: Es ist geschafft. Der Fortbestand der Bank ist gesichert. – Das war natürlich nicht so. Wann ist Ihnen das bewusst geworden? Wann haben Sie ein Gefühl dafür bekommen, in welchem schlechten Zustand die Bank ist?

Dr. Rudolf Scholten: Ich würde sagen, der größte Teil dessen, was wir an Analysearbeit geleistet haben – oder der Vorstand vielmehr und die Mitarbeiter der Bank –, war sicherlich innerhalb der ersten zwölf Monate.

Das hat aber nichts daran geändert, dass für eine Bank, wie für jeden anderen Wirtschaftstreibenden, die Situation der Märkte von essenzieller Bedeutung ist.

Also das heißt, wenn diese Bank Inhaber – und das war sie in vielerlei Hinsicht – von Immobilien ist, dann ist das einmal eine völlig wertfreie Aussage, die weder gut noch schlecht ist. Wenn diese Immobilien, wenn dieser Immobilienbesitz in jeder Hinsicht, wie es halt eine Bank mit Sicherheiten tut, nicht gut betreut wird, reduziert das diese Chancen. Und wenn gleichzeitig die Immobilienpreise aufgrund der konjunkturellen Gesamtsituation deutlich verfallen, verändert das die Chancen noch einmal um ein gewichtiges Stück. Und hier sind alle drei Dinge, wohl nicht gleichzeitig, aber hintereinander, eingetreten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das war aber nicht meine Frage. Meine Frage war, wann Ihnen bewusst wurde, in welchem schlechten Zustand die Bank war. Noch dazu, wenn Sie sich wahrscheinlich den Asset Review angeschaut haben, gesehen haben, dass sich die faulen Kredit innerhalb von kürzester Zeit auf 5 Milliarden verdoppelt haben, dann wahrscheinlich die Rechnungshofberichte, dann die OeNB-Berichte. Das haben Sie sich wahrscheinlich alles angesehen, nachdem Sie Ihre Position angetreten sind, nehme ich an.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, aber ich habe gesagt, dass für die wirtschaftliche Bewertung dessen, was in der Bilanz der Bank stand, das Analysieren der Innenabläufe notwendig war. Das habe ich mit etwa in den ersten zwölf Monaten beschrieben, vielleicht war der intensive Teil auch schon etwas früher abgeschlossen, aber in etwa in den ersten zwölf Monaten. Und für diese Frage war aber die gesamtwirtschaftliche Situation essenziell, denn es gibt keine abstrakten Preise, sondern nur konkrete. Und wenn die Immobilienpreise dramatisch fallen, dann wird ein Engagement, das vorher noch halbwegs tauglich ausgesehen hat, zu einem untauglichen. Und daher ist dieser Zeitpunkt nicht auf einen Tag konzentrierbar, sondern das hat sich im Laufe der Zeit deutlich verschlechtert, weil eben zu den, sagen wir, negativen Erkenntnissen, was die Innenstrukturen betroffen hat, dann auch noch dazu gekommen ist, dass die wirtschaftliche Lage wesentlich schlechter war als vorhergesagt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, das stimmt natürlich. Es wurde natürlich noch schlechter. Aber es war auch schon, als Sie angetreten sind, sehr, sehr schlecht und für jeden, der ein bisschen ein Verständnis für die Zusammenhänge hat, klar: Also hoch gewinnen wir es nicht mehr, würde man im Fußball sagen. Nicht? (Auskunftsperson Scholten: Bitte?) – Hoch gewinnen wir es nicht mehr, sagt man im Fußball. Also das war klar, als Sie angetreten sind, wenn Sie sich nur ein bisschen die Unterlagen angesehen hätten, wovon ich ausgehe, dass Sie es getan haben.

Dr. Rudolf Scholten: Wenn ich da unterbrechen darf. Wenn ich das jetzt als Nichtfußballexperte richtig in Erinnerung habe, stand es in der Pause 6 : 0. Deswegen hat man trotzdem nicht gewusst, wie viele Tore man nach der Pause noch geschossen bekommt. Oder? – Das war der Zeitpunkt, als dieser Spruch gefallen ist, glaube ich.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich bin jetzt auch kein Fußballexperte. (Auskunftsperson Scholten: Das eint uns!) Mir geht es mehr darum, ab wann Sie – ich wiederhole die Frage noch einmal – gewusst haben, dass sich das nicht mehr ausgeht im Sinne von einer Bank, die wieder irgendwann Gewinne schreiben wird.

Dr. Rudolf Scholten: Vielleicht ist es jetzt sozusagen eine professionelle Hemmung, die ich habe, diese Frage so beantworten zu können, denn es ging nicht darum, wann diese Bank Gewinne schreibt, sondern wie wir dieses Engagement der Republik möglichst budgetschonend abwickeln können. Und abwickeln heißt nicht nur verkaufen, abwickeln heißt restrukturieren, abwickeln heißt verkaufen, abwickeln heißt privatisieren der Töchterbanken. Also das heißt, dieses Engagement, wenn Sie so wollen, zu Ende führen. Die Republik hatte mit Sicherheit nie das Ziel, die nächsten 100 Jahre Eigentümer der Hypo zu sein.

Und wenn Sie mich fragen, wann uns klar wurde, dass die Bedingungen schlechter sind, als die, die wir am, glaube ich, 21. Jänner, als wir berufen wurden, angenommen haben, sage ich Ihnen, nach wenigen Monaten, denn dann war klar, dass die Innenzustände schlechter waren. Damals gab es aber noch immer die berechtigte Hoffnung, und zwar gut begründet, dass die wirtschaftliche Lage uns dabei helfen wird, und wir parallel diese Innenstrukturen herrichten oder reparieren oder auf einen Stand bringen, der branchenüblich ist, und sich gleichzeitig aufgrund der verbesserten wirtschaftlichen Lage die Preise erholen. Zweiteres ist aber auch nicht eingetreten.

Das heißt, es gibt nicht … Jetzt muss ich wieder zur Medizin zurückkommen: Sie können irgendwann bei einem Menschen – also das ist jetzt ein bisschen geschmacklos, was ich sage – dann sagen, irgendwann ist er tot. Das ist aber in diesem konkreten Fall nicht das Thema gewesen, dass das sozusagen nicht zu beleben wäre, sondern es ging ja immer um die Frage, um wie viel Geld.

Und da war sehr schnell klar, dass das wesentlich schwieriger wird, als wir am 21. Jänner angenommen haben. Und trotzdem war es konstant das Ziel, dass wir ein für die Republik möglichst günstiges Ergebnis erzielen können. Und das ist nicht mit der Polarisierung zwischen sozusagen wunderschön und trostlos beschreibbar, sondern das ist buchstäblich im Fluss und bewegt sich zwischen diesen zwei Eckpunkten. Dass es schlechter war, war sehr schnell klar. Aber es blieb deswegen noch immer unser Ziel, das möglichst budgetschonend abzuwickeln.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Für mich klingt das aber so, als würden Sie da einen Konkursfall übernehmen und halt schauen, dass es möglichst billig über die Bühne geht. Aber es bleibt ein Konkurs.

Dr. Rudolf Scholten: Verzeihen Sie! Aber als Vorstand einer Aktiengesellschaft würde ich einen Konkursfall nicht übernehmen, sondern in ein entsprechendes Insolvenzverfahren überführen.

Wir bewegen uns da nicht – verzeihen Sie, das will ich jetzt einem Abgeordneten so nicht sagen – in der Kategorie von Spielereien. Da gibt es ganz massive Regeln, die keiner von uns je verletzt hätte. Wenn wir zum Ergebnis gekommen wären – da werden mir Juristen recht geben –, dass wir hier einen Konkursfall vor uns haben, dann gibt es sozusagen sofortige Reaktionsnotwendigkeiten. Es ist ja nicht so, dass wir jetzt ein Insolvenzverfahren verschleppt hätten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, es ist so, wie der Herr Ditz heute gesagt hat, dass man geglaubt hat, das Ganze wieder auf die Füße zu bringen und sogar an die Börse wollte. Der Herr Ditz hat heute behauptet, man wollte mit der Bank an die Börse. Ist das richtig?

Dr. Rudolf Scholten: Nein, es gab eine Idee, die von – ich weiß jetzt nicht mehr von welcher – einer Investmentbank später einmal ventiliert wurde, dass es einen Markt gebe für Beteiligungen an, sagen wir einmal, vergleichbaren Banken, wie es die Südosteuropatöchter der Hypo waren, und dass das für bestimmte Investoren interessant sein kann.

Und da ging es nicht darum, dass wir es an die Börse bringen, sondern dass man am Markt Investoren dafür sucht, also im Rahmen einer breiten Investorensuche, was einem Börsengang sozusagen nicht gleichkommt, aber ähnlich kommt.

Und wir haben damals jede Möglichkeit verfolgt. Wir haben auch damals diskutiert, dass wir das für unglaubwürdig halten – also unglaubwürdig jetzt im Sinn von nicht sehr chancenreich –, und dass uns das sehr optimistisch erscheint. Aber Sie finden Investoren für hochriskante Investitionen. Wenn der Preis stimmt, ist das so. Und in dieser unmittelbaren Nachkrisenzeit war es insbesondere so.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie meinen die Mitgift! Wenn die Mitgift stimmt – nicht der Preis. Denn dass Sie etwas dafür bekommen, ist ja auszuschließen. Nicht?

Dr. Rudolf Scholten: Nein, das nicht unbedingt, sondern es ist die Frage, was Sie … Die Stellschraube dessen war ja nicht, wie viel man dafür bezahlt, sondern die Stellschraube war, wie viel bleibt in dem Teil, den man verkauft, und wie viel kommt in den Abbauteil. Das war ja … Theoretisch könnten Sie ja alles in den Abbauteil geben bis auf – ich weiß nicht – das Bürogebäude, wo die Bank sitzt. Und die hat schon ihren Preis.

Also die Stellschraube ist nicht die Frage, wie viel kriegt man oder wie viel muss man zahlen, sondern wie viel muss man an Aktiva, also an Forderungen, herausnehmen, um den Verkaufsteil für einen Investor interessant zu machen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, da sind wir jetzt bei der Bad Bank. Das heißt, wenn man eine Bad Bank hat, hat man die Möglichkeit, alles, was Schrott ist, rauszugeben, und das, was werthaltig ist, zu verkaufen. Nur in Summe bleibt es halt gleich. In Summe ist es egal, ob ich es als Ganzes mit allem Schrott verkaufe oder ob ich den Schrott vorher rausgebe, und den Schrott dann picken habe. Nicht?

Dr. Rudolf Scholten: Für den Käufer aber nicht. Und daher werden Sie keinen Käufer finden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein, aber für die Republik. Sie haben ja gesagt, es soll für die Republik billig werden.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, aber es ging ja darum, dass es gar keinen Käufer gegeben hätte. Also es ging ja nicht darum, dass ein Käufer … Also verzeihen Sie jetzt, aber Schrotthändler haben wir keine, also jedenfalls in diesem Metier. Und daher ist die Frage: Wie kann ich eine Organisation adaptieren, damit es überhaupt eine Chance gibt, dafür einen Käufer zu finden?

Also Investoren mögen alles Mögliche. Aber ich behaupte, was jeder Investor ablehnt, ist ein Blindflug. Und daher wäre der Teil, für den man in Wirklichkeit nicht abschätzen kann, wie er ausgeht – das ist das, was wir in diesen Abbauteil gegeben hätten – für einen Investor … Also das hätte er sich, wie man so schön sagt, nicht einmal angesehen. (Abg. Lugar: Mhm!)

Vorsitzende Doris Bures: Sie kommen jetzt in die Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was ich auch nicht ganz verstehe, ist, wofür man Neugeschäft macht. Es war ja klar – das haben Sie auch gesagt –, dass das nichts mehr wird. Man versucht, es abzubauen, um die Sache möglichst steuerzahlerschonend über die Bühne zu bringen. Wofür dann Neugeschäft? Das bindet ja Ressourcen, das kann ja zumindest nicht berauschend erfolgreich sein. Es hat auch nicht funktioniert, wie wir jetzt wissen. Wofür Neugeschäft?

Dr. Rudolf Scholten: Also man muss jetzt bei Neugeschäft – da wiederhole ich mich jetzt – definieren, was Neugeschäft ist. Wenn Neugeschäft neue Kunden, die bisher noch nichts mit der Hypo zu tun hatten, heißt, ist das die eine Sache. Das wäre sozusagen ganz neu – Neugeschäft. (Abg. Lugar: Ja, von dem spreche ich jetzt!) Die zweite Geschichte – das war aber der Großteil dessen, was in allen Statistiken als Neugeschäft beschrieben wird – waren Vertragsveränderungen im bestehenden Engagement, also aus bestehenden Vereinbarungen heraus. Das ist rechtlich eindeutig Neugeschäft, ist aber jetzt in dieser informellen Bewertung wahrscheinlich – oder nicht wahrscheinlich, sondern ganz sicher – etwas ganz anderes als dieses echte Neugeschäft.

Und der dritte Punkt ist, dass wir nicht nur über die Aktivseite, sondern auch über die Passivseite der Bank reden müssen. Da war es natürlich Ziel der Hypo, für Einleger interessant zu bleiben. Und was man in Österreich nie so wahrgenommen hat, was aber der Fall war, war, dass die Hypo in einzelnen ihrer Gastländer, wenn man das so sagen darf, eine hohe Reputation hatte. Also das, was in Österreich über die Hypo gesagt wurde, wurde gleichzeitig in Kroatien und in Serbien et cetera nicht über die Hypo gesagt, denn die haben ihre lokale Bank gesehen und hatten das Gefühl, die Mutter in Österreich hat ein Problem, aber unsere Bank vor Ort funktioniert. Und es war natürlich ein Ziel, die an sich schwierige Eigenmittelsituation – also schwierige Verhältnisse auf der Passivseite der Bank – in Balance zu halten, und dafür musste die Bank für Einleger akzeptabel bleiben.

Der Teil, um den es hier jetzt, glaube ich, immer geht, ist, neue Kunden auf der Aktivseite, sprich neue Kredite an Kunden, die noch nie Kunden waren. Und da ist vom Vorstand sehr plausibel beschrieben worden, dass diese eine Prüfung, die es gegeben hat, die zu einem negativen Befund geführt hat, eine Negativauswahl der Projekte vorweg getroffen hat, und dass das insgesamt (Abg. Lugar: Ja, das haben Sie schon erzählt!) nicht so schlecht zu bewerten gewesen wäre. (Abg. Lugar: Ja, ja!) Und daran hatten wir, ehrlich gesagt, auch keinen Zweifel. Man muss auch sagen, dass die Zahlen auch sehr dafür gesprochen haben, dass relativ gesehen das Neugeschäft besser war und im Übrigen anteilsmäßig mit Sicherheit sehr gering.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben sich wahrscheinlich ein bisschen mit der Historie der Hypo beschäftigt. Der Vorstand hat dem Aufsichtsrat in der Vergangenheit immer wieder alle möglichen Geschichten aufgetischt, und in dieser Kontinuität haben Sie auch einfach geglaubt, was man Ihnen gesagt hat. Kann man das so sagen?

Dr. Rudolf Scholten: Nein, da bin ich jetzt wieder an dem Punkt, wo ich sage: Der alte Vorstand sitzt im Gefängnis. Also wenn Sie behaupten wollen, dass der neue Vorstand mit uns so umgegangen ist, wie das der alte Vorstand getan hat, dann kann ich das nur – ich weiß nicht, was da die schärfste Form ist – zurückweisen, mich verwahren, was immer Sie wollen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, ich werfe es ja nicht dem Vorstand vor. Der Vorstand ist ja abberufen.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, aber Sie haben ja gesagt, dass er uns nicht die Wahrheit gesagt hätte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na, warten Sie einmal! Die Mitarbeiter waren ja noch die gleichen, das heißt in den verschiedenen Abteilungen, wo diese Kredite und all diese Neugeschäfte gemacht wurden, da waren ja mitunter noch die gleichen Leute am Werk. Das heißt, ein bisschen Misstrauen wäre hier aus meiner Sicht schon angebracht gewesen.

Dr. Rudolf Scholten: Ich glaube – was heißt: ich glaube? –, ich weiß, dass der Vorstand erstens einmal an vielen Schlüsselstellen neue Leute eingesetzt hat, und zweitens mit großer Sorgfalt herangegangen ist, dass zum Beispiel eben nicht in Personalkontinuität Kreditengagements behandelt wurden, sondern es dann zumindest zu einer internen Rotation gekommen ist, um genau dieses Phänomen zu verhindern. Also dass sich der Vorstand naiv hier von jenen beraten hat lassen, die vorher an Malversationen aktiv beteiligt waren, das schließe ich wirklich aus.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie haben Sie das ausgeschlossen? Haben Sie sich da entsprechend erkundigt, oder?

Dr. Rudolf Scholten: Ja, natürlich! Ein Standardthema war: Wie kann man in einer Organisation dafür sorgen, dass man nicht genau in diese Form – ohne jetzt Strafrechtliches zu unterstellen – der Interessenskollision kommt, indem jemand ja nur verteidigt, was er vorher falsch gemacht hat? Und da war natürlich ein Vehikel neue Leute. Das ist aber erstens nur begrenzt möglich gewesen, denn so wahnsinnig viele haben sich damals auch nicht dafür interessiert, in der Hypo zu arbeiten, und dann hat es natürlich viel Geld gekostet. Also das mit den neuen Leuten war begrenzt. Und der zweite Punkt war, durch Rotationen sicherzustellen, dass genau dieses Phänomen nicht eintreten kann.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay. Zu den Beraterverträgen: Wir haben gehört, dass das BMF Berater reingeschossen hat, sage ich jetzt einmal. Das heißt, die haben sozusagen gesagt, welche Berater sie gern hätten, und die wurden dann freihändig auch bezahlt und eingestellt. Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Dr. Rudolf Scholten: Also die maximale Wahrnehmung, die ich habe, ist, dass es einmal einen Brief – jetzt weiß ich nicht mehr, in welcher Form das war –, jedenfalls eine Mitteilung der Finanzprokuratur gab, dass sie sich ein Einspruchsrecht bei Rechtsberatern hinsichtlich der Prüfung vorbehalten, ob die schon früher – also vor der Verstaatlichung – die Hypo beraten hätten, und daher Interessenkollisionen entstanden wären.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das meine ich nicht, ich meine, dass das BMF an Sie oder an den Vorstand herangetreten ist und gesagt hat: Wir hätten gern die und die Berater für die und die Zwecke.

Dr. Rudolf Scholten: Also an uns mit Sicherheit nicht, und ich gehe davon aus, dass der Vorstand das an uns sehr schnell berichtet hätte, wenn er da unter Druck gekommen wäre.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Der Edelmüller hat das ausgesagt.

Dr. Rudolf Scholten: Aber ich glaube nicht, dass er gesagt hat, dass er dem gefolgt ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Doch, der hat gesagt, dass der Peschorn immer wieder mit irgendwelchen Beratern gekommen ist, um irgendwelche Aufklärungsarbeiten zu leisten.

Dr. Rudolf Scholten: Ich glaube nicht, also ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er als Vorstand hier aussagt, dass er auf Geheiß Berater bestellt hat. Das weiß er ganz genau, dass das … Ratschläge kann er gern entgegennehmen, aber es ist seine Verantwortung, wen er bestellt, und ich glaube nicht, dass er die ablehnt.

Vorsitzende Doris Bures: Ich habe eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung. – Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

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Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Also meines Erachtens ist es ein falscher Vorhalt, da der Herr Edelmüller hier gesagt hat, dass sie sich diese ganzen Verträge angesehen haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist ein Blödsinn.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Was heißt: „Das ist ein Blödsinn“? – Das ist ein falscher Vorhalt!

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, wir haben vereinbart, dass das Mikrofon nur bei der Person und dem Abgeordneten eingeschaltet ist, dem ich das Wort erteilt habe. Jetzt ist noch Frau Abgeordnete Tamandl am Wort. Frau Abgeordnete? (Abg. Tamandl: Ich habe meine Wortmeldung schon abgesetzt!) – Dann zur Geschäftsbehandlung, Herr Klubobmann.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) (zur Geschäftsbehandlung): Also ich habe da sehr gut aufgepasst, und er hat gesagt, dass im Zuge der Aufarbeitung der Problematiken immer wieder Vorschläge vonseiten des BMF gekommen sind, welche Berater hier beschäftigt werden sollen, und er hat das, bis diese Regeln dann dementsprechend auch festgestanden sind, freihändig vergeben. So hat er es gesagt. So habe ich es in Erinnerung, das kann man gerne im Protokoll nachlesen.

Vorsitzende Doris Bures: Bevor ich Ihnen das Wort wieder erteile – Sie haben in dieser Runde noch 1,5 Minuten Redezeit –, unterbreche ich für eine kurze Pause bis 18.35 Uhr.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 18.28 Uhr unterbrochen und um 18.36 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

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18.36

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und habe eine Meldung zur Geschäftsbehandlung. – Bitte, Frau Abgeordnete Tamandl.

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Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Vorsitzende, ich möchte das jetzt noch einmal bekräftigen, was Herr Mag. Edelmüller am 17. Februar 2016 in seiner Befragung hier vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt hat. Er hat gesagt, ich zitiere:  „Es war im CSI-Projekt relativ umfangreich, dass uns solche Berater genannt worden sind.“ Darauf der Herr Abgeordnete Lugar: „Und diese haben Sie dann dementsprechend genehmigt?“ Daraufhin hat Herr Mag. Edelmüller gesagt: „Wir haben uns diese angeschaut, ob wir sie für geeignet halten, solche Aufträge durchzuführen.“

Ich weiß jetzt nicht, was der Vorhalt des Abgeordneten Lugar mit der Aussage des Herrn Mag. Edelmüller gemeinsam hat. Er hat gesagt, sie haben sich alle angesehen, ob sie geeignet sind. – Das nur zur Erklärung.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, es gibt aber noch andere Passagen – es ist ja länger um dieses Thema gegangen –, wo er gesagt hat, dass es vonseiten des Ministeriums gekommen ist. (Abg. Tamandl: Und?) Natürlich haben sie es sich angesehen, aber die Vorschläge, und das habe ich ja gesagt, sind vonseiten des Ministeriums gekommen, und die wurden dann auch genehmigt. (Abg. Tamandl: Und?) Das habe ich gesagt. Und, ist das jetzt falsch?

*****

Vorsitzende Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Lugar. Herr Abgeordneter, Sie sind jetzt in der Zeit der zweiten Fragerunde und haben noch knapp 1,5 Minuten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Mich würde interessieren, wie Ihr Verhältnis zum Herrn Peschorn war und wie die Zusammenarbeit war, dass Sie das vielleicht kurz ein bisschen ausführen.

Dr. Rudolf Scholten: Ich respektiere ihn als Juristen, er ist informell gesprochen Anwalt der Republik und hat seinen Job gemacht. Ich fand die Art der Kommunikation nicht besonders angenehm, aber das ist auch jetzt nicht unbedingt seine Aufgabe.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Können Sie das ein bisschen ausführen, was war da nicht angenehm?

Dr. Rudolf Scholten: Ja, es ist das, was ich schon gesagt habe: Ich finde allein, so ein Papier (die Auskunftsperson deutet auf ein Schriftstück in ihren Unterlagen) ist ja nicht so, dass man das Gefühl hat, dass eine besondere Form von engem Verhältnis zwischen Eigentümer und den Organen dahintersteht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Der Herr Ditz hat heute ausgesagt – auch das kann man im Protokoll nachlesen –, dass der Herr Peschorn – sage ich jetzt einmal – ziemlich aufdringlich war, ziemlich viel reinregiert hat, und auf meine Frage, ob er mit dem Minister abgestimmt war, hat er gesagt, nein, das hat er anscheinend unabgestimmt getan.

Haben Sie auch diesen Eindruck gehabt?

Dr. Rudolf Scholten: Wer hat gesagt, dass er nicht abgestimmt war?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Der Herr Ditz. Der Herr Ditz hat auf meine Frage (Auskunftsperson Scholten: Ach so! Das weiß ich nicht!), ob der Herr Peschorn mit dem Minister abgestimmt hat, gemeint, das war irgendwie ein Selbstläufer. (Abg. Darmann: Er glaubt! Er glaubt, hat er gesagt!)

Dr. Rudolf Scholten: Ich weiß es schlicht und einfach nicht. Aufgrund der vielen Äußerungen, die er zum Thema getan hat, kann ich mir vorstellen, dass er nicht jede abgestimmt hat, aber ich weiß es nicht. Es kann auch das Gegenteil wahr sein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was hatten Sie für einen Eindruck, denn er ist ja unglaublich oft an Sie herangetreten mit irgendwelchen Wünschen, mit irgendwelchen E-Mails? Der Herr Ditz hat gesagt, es waren unglaublich viele E-Mails und das hat alle blockiert. Hat er Sie auch blockiert?

Dr. Rudolf Scholten: Es gibt offensichtlich Privilegien des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden. Ich habe, glaube ich, nie ein E-Mail bekommen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben nie ein E-Mail bekommen? (Auskunftsperson Scholten: Nein!) – Waren Sie mehr so dieser großkoalitionäre Zwilling, der auf die ÖVP-Seite aufpasst?

Dr. Rudolf Scholten: Ich glaube, dass die E-Mail-Häufigkeit mit dem Zwilling nichts zu tun hat, also ich wüsste nicht, wie der Schluss jetzt begründet ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also operativ war eher der Herr Ditz tätig, und Sie haben mehr kontrollierend eingegriffen, oder wie?

Dr. Rudolf Scholten: Nein, er war Aufsichtsratsvorsitzender, und ich war sein Stellvertreter.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay, und mit dem Peschorn hatten Sie keinerlei großartigen Kontakt?

Dr. Rudolf Scholten: Wenn Sie „großartig“ qualitativ meinen, dann haben Sie recht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und wenn ich es quantitativ meine, was ist dann?

Dr. Rudolf Scholten: Wenn Sie es quantitativ meinen, dann habe ich sehr viel Kontakt mit ihm gehabt, ich habe nur … Wahrscheinlich hat er mir auch irgendwelche E-Mails geschrieben, aber jedenfalls nicht in auffälliger Dichte, um da nichts Falsches zu sagen. (Abg. Lugar: Okay!) Ich habe nur den … Natürlich war … Es hat ja begonnen mit dieser Vorstandsbestellung, wo er an den Gesprächen teilgenommen hat – nicht bei der Auswahl, aber bei der Ablöse des alten Vorstands, und natürlich hatten wir den Eindruck, dass, wenn man es jetzt auf eine normale Funktion reduziert, der Anwalt des Eigentümers sozusagen eine gehörige Präsenz hat. Das würde ich bei einem – unter Anführungszeichen – „normalen Eigentümer“ für eigenartig halten, dass er ständig seinen Anwalt schickt, weil das ja Ausdruck nicht von Sorgfalt, sondern von Misstrauen ist. Zumindest kann man das so interpretieren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ist es nicht auch nachvollziehbar, dass das möglicherweise auch schon vor der Notverstaatlichung war, dass man sich da stark eingebracht hat vonseiten des BMF oder zumindest vonseiten des Peschorn? (Auskunftsperson Scholten: Da habe ich buchstäblich keine Ahnung!) – Wie? (Auskunftsperson Scholten: Da habe ich keine Ahnung!)

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Dr. Rudolf Scholten: Also ob er vor der Verstaatlichung eine Rolle gespielt hat, weiß ich nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Vielleicht haben Sie einmal gefragt, ob der Herr Peschorn erst nach der Notverstaatlichung hyperaktiv wurde oder vielleicht schon vorher.

Dr. Rudolf Scholten: Also hyperaktiv ist, glaube ich, ein psychopathischer Zustand, das würde ich ihm nicht unterstellen. (Abg. Lugar: Haben Sie den Eindruck?) Eines psychopathischen Zustands? Den würde ich ihm nicht unterstellen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein, also hyperaktiv ist für mich nicht psychopatisch, aber wenn es für Sie so ist.

Dr. Rudolf Scholten: Ist ja egal (Heiterkeit des Abg. Lugar), aber ich habe das Gefühl, dass er … Nein, es geht auch nicht darum, dass er zu viel getan hat, sondern es ging um die Frage, ob man das Gefühl …, vereinfacht gesprochen … Also Sie stellen die Frage und ich antworte, aber die Frage, die ich mir stellen würde, ist: Hatten Sie das Gefühl, dass er Ihnen geholfen hat?, und da ist die Antwort: Ich hatte eher das Gefühl, dass er sozusagen dauernd aufgepasst hat, ob wir etwas falsch machen, anstatt zu helfen. In der Situation, in der wir waren, hätten wir lieber helfende Unterstützung als kontrollierendes Misstrauensgefühl gehabt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Danke.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Scholten, Sie haben gesagt, es hatte niemand die Idee, aus der Hypo ein florierendes Unternehmen zu machen. Das Ziel war, das Budget zu entlasten, also Sie wollten die Kosten minimieren.

Dr. Rudolf Scholten: Also ich muss jetzt … Ich werde das ja selber im Protokoll nachlesen können, aber (Abg. Hable: Nein, ich habe es eh mitgeschrieben, also das ist …!) das Budget zu entlasten (Abg. Hable: Das haben Sie so gesagt!) war, wenn, dann eine sehr ungenaue Formulierung – es möglichst gering zu belasten, also dass wir jetzt einen Nettoüberschuss ins Budget führen, war ja nicht wirklich die Vorstellung.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): So hätten wir es auch nicht verstanden, aber das Ziel (Auskunftsperson Scholten: Also sagen wir so, die Konsequenzen möglichst gering zu halten!) war, die Kosten zu minimieren. (Auskunftsperson Scholten: Ja!) – Allerdings: Kostenminimierung ist kein Geschäftsmodell.

Dr. Rudolf Scholten: Ein Geschäftsmodell würde auch dazu dienen, auf Dauer ein Geschäft aufzubauen. Niemand von uns hatte die Idee, dass, wie ich vorher gesagt habe, die Hypo die nächsten 100 Jahre im Republikeigentum sein muss. Das Beste, was gelingen hätte können, wäre gewesen, mit minimalem Aufwand aus dem Bundesbudget einen guten Teil abzubauen und den Rest zu privatisieren, sprich: Investoren dafür zu finden. Das wäre das Maximum gewesen, was wir uns gewünscht hätten, und sicher nicht, für die Republik ein Geschäftsmodell, eine Balkanbank zu betreiben, und zwar gar keine Bank zu betreiben. Das war nie die Idee.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber Sie brauchen doch ein Geschäftsmodell, um die Bank fortzuführen, …

Dr. Rudolf Scholten: Wir brauchen ein Geschäftsmodell, um sie auf die Privatisierung und den Abbau vorzubereiten. Es ging nicht darum, sie auf Dauer im Republikeigentum … Ein wirkliches Geschäftsmodell braucht der Investor, der braucht eine Vorstellung, was er à la longue mit diesem Investment machen will. Wir wollten von der Hypo streng genommen einen Teil abbauen und für den Rest Investoren finden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das Geschäftsmodell braucht nicht der Investor, sondern das Geschäftsmodell braucht die Bank, sonst gibt es nämlich keine Investoren, die investieren.

Dr. Rudolf Scholten: Da haben Sie recht (Abg. Hable: Ja! Warum ist …?), aber, verzeihen Sie, der Investor braucht eine Vorstellung eines Geschäftsmodells, das er sucht, und die Republik hat sicher nicht das Geschäftsmodell Balkanbank gesucht, sondern die Verstaatlichung ist so abgelaufen, wie sie abgelaufen ist, unter den Bedingungen, und daher war, wenn Sie so wollen, das Geschäftsmodell der Republik, möglichst bald dieses Engagement wieder beenden zu können.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Jetzt haben Sie mir die Rutsche gelegt. Sie haben gesagt, die Republik hat das Geschäftsmodell gesucht. – Ja, also diesen Eindruck habe ich auch. Man hat von 2010 bis 2013 und länger ein Geschäftsmodell gesucht, aber nie eines gefunden, und deswegen hat auch die Kommission immer gesagt oder gefragt: Wo ist denn das Geschäftsmodell? Das war absolut notwendig, denn wenn Sie kein Geschäftsmodell haben oder kein überzeugendes Konzept, dass diese Bank überlebensfähig ist, dann kann die Kommission keine weiteren Beihilfen genehmigen, dann wäre das rechtswidrig. Der einzige Grund, warum diese Beihilfen zulässig sind, wäre, dass die Bank ein Konzept hat, dass sie überleben kann. Deswegen wartet die Kommission – relativ lange eigentlich, die haben dem Spiel sehr lange zugeschaut, von Ende 2009 bis 2013, also fast vier Jahre – auf ein Geschäftsmodell, und es kommt keines. Wieso ist keines gekommen?

Dr. Rudolf Scholten: Wir müssen da wieder auf diese Grundpolarisierungen zurückkommen. Die Republik hat … In meiner Sicht, was ein Geschäftsmodell darstellen soll: Was die Republik gebraucht hat, war einerseits die Argumentation nach Brüssel, wenn man das so sagen kann, um einen positiven Besch…, also de facto eine Genehmigung für die Beihilfe zu bekommen, und auf der anderen Seite für sich selber einen Plan, wie sie das budgetschonend abwickelt, also dieses Engagement zu Ende führt.

Ich sehe in einem Geschäftsmodell – aber das ist jetzt vielleicht eine Diskussion, die diesen Rahmen sprengt – sozusagen die Philosophie und Perspektive eines Investors, warum er irgendwo sein Geld investieren möchte, glaubend, dass das, wenn das so und so aufgestellt ist, in Zukunft und in weiterer Zukunft die und die Vorteile – meistens Gewinne – produzieren wird. Es ging nicht darum, für die Republik das Geschäftsmodell Bank aufzustellen, sondern es ging darum: Wie kann die Republik das möglichst budgetschonend abwickeln? Antwort: Verkaufen, also abbauen und privatisieren.

Der EU gegenüber war es wichtig, klarzustellen, dass die Hypo – vorrangig naturgemäß in den Händen eines Investors – à la longue eine Überlebensfähigkeit hat. Das wäre aber für ein Geschäftsmodell viel zu wenig. Sie werden auch nicht Ihr Geld in etwas stecken, wo Sie sich denken, das kann gerade überleben, aber nicht mehr als das. Im Beihilfeverfahren ging es aber, wie Sie richtig sagen, um die Überlebensfähigkeit.

Ich glaube daher, dass die Republik richtig gehandelt hat, wenn sie sich darauf konzentriert hat – und in der Hinsicht gab es auch nie einen Dissens –, dass sie die Budgetkonsequenzen möglichst gering halten möchte, und Brüssel sich auf diese vorher zitierte Überlebensfähigkeit konzentriert hat. Wie die Kommunikation zwischen Finanzministerium und Brüssel gelaufen ist, weiß ich nicht, denn an der habe ich nicht teilgenommen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, Brüssel muss sich nicht auf die Überlebensfähigkeit konzentrieren, Brüssel muss sich darauf konzentrieren, ob Beihilfen rechtskonform gewährt worden sind oder nicht. Sie wären … (Auskunftsperson Scholten: Ja, aber da ist die Überlebensfähigkeit Voraussetzung!) – Ja, natürlich, denn einer toten Bank Geld nachzuwerfen, ist nicht erlaubt, das ist ja vollkommen klar (Auskunftsperson Scholten: Ja, aber daher musste Brüssel …!), weil sie damit den ganzen Bankensektor schädigen und die Kunden gleich hintennach. Deswegen ist es ja an diese Erfordernisse, an ein Verfahren gebunden, wenn solche staatlichen Beihilfen gewährt werden, und die haben fast vier Jahre lang gewartet, dass endlich ein Konzept auf den Tisch kommt, das belegt, dass diese Bank überhaupt überlebensfähig ist. Ich frage mich ohnehin, warum der Almunia so lange gewartet hat. Fast vier Jahre ist eine lange Zeit.

Dr. Rudolf Scholten: Ich habe schon gesagt, ich habe an keinen Gesprächen in Brüssel teilgenommen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber Sie hätten als Aufsichtsrat die Verantwortung dafür, ein Modell, ein Geschäftskonzept zu haben, dass die Bank weiter existieren kann. Sonst hätten Sie ja selbst in Ihrer Verantwortung als Aufsichtsrat, natürlich auch der Vorstand, die Bank zusperren müssen.

Dr. Rudolf Scholten: Wir hatten als Aufsichtsrat, genauso der Vorstand, eine klare Vorstellung, wie wir glauben, dass dieses Engagement der Republik zu Ende geführt werden kann. Wie gesagt, die Kommunikation mit Brüssel war eine Angelegenheit des Finanzministeriums, das ja auch Adressat des Beihilfeverfahrens war und nicht die Bank.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie haben gesagt, wenn man Vermögenswerte innerhalb von zwei Wochen verkaufen muss, kann man naturgemäß keinen guten Preis erzielen.

Welche Vermögenswerte sind Ihnen denn bei der Hypo Alpe-Adria bekannt, die innerhalb von zwei Wochen verkauft werden mussten?

Dr. Rudolf Scholten: Überhaupt nichts. Ich habe das Beispiel gebracht, wenn ich innerhalb von zwei Minuten dieses Glas verkaufen soll, bekomme ich einen schlechteren Preis, als wenn ich, ich weiß nicht, vielleicht habe ich gesagt, zwei Wochen Zeit habe. Dazu stehe ich auch. (Zwischenruf des Abg. Hable.) – Wir können es ja probieren. Noch dazu, muss man sagen, wenn der ganze Markt weiß, dass ich nur zwei Minuten Zeit habe dafür.

Im Verhältnis bei der Hypo – ich glaube, das habe ich auch genauso gesagt – ging es natürlich um Monate und Jahre und nicht um zwei Minuten. Genauso war es.

Die Verwertungsspielräume der Hypo wurden durch den EU-Bescheid wesentlich eingeschränkt, sowohl was den Verkauf, die Privatisierung der Töchter betrifft, also der Tochterbanken, als auch die Verwertung der sogenannten Abbauteile. Durch diese zeitliche Einschränkung waren die Wertberichtigungen in der 2013-Bilanz notwendig.

Es ist nun einmal so, dass, wenn der ganze Markt weiß, dass Sie ein rechtlich vorgeschriebenes …, ein zeitliches Verkaufslimit haben, ist der wesentliche Gestaltungsspielraum im Preis beim Käufer und nicht mehr beim Verkäufer.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das ist schon klar, das haben wir schon gehört. Das ist die Taktik, der EU-Kommission die Schuld umzuhängen. Das ist natürlich schon ein wenig skurril. Aber gehen wir …

Dr. Rudolf Scholten: Also verzeihen Sie, aber dagegen muss ich mich wehren, dass ich hier „skurril“ bin. Wenn Sie der Meinung sind, dass ich skurril bin, dann werde ich das im Protokoll wohl nachlesen, aber ich wehre mich dagegen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nicht Sie, aber der Versuch, dass Sie und der Vorstand versuchen, der EU-Kommission die Schuld daran zu geben, dass Verluste im Jahr 2013 aufgetreten sind, das ist tatsächlich skurril.

Dr. Rudolf Scholten: Also dagegen wehre ich mich auch, denn dann würde es heißen, dass der Wirtschaftsprüfer skurril war, der nämlich genau mit dieser Begründung die Neubewertungen vorgenommen hat.

Ich habe nie gesagt, dass es die Schuld der Kommission ist. Ich habe gesagt, dass die zeitliche Limitierung durch den Bescheid diese Konsequenz hat. Mit welchen Motiven …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Was anderes sagt es dann?

Dr. Rudolf Scholten: Es ist ein Unterschied, ob etwas Konsequenz ist oder Schuld.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Genau. (Auskunftsperson Scholten: So ist es!) Die Kommission hat ja nicht unmittelbar nach der Hypo-Übernahme diesen Bescheid erstellt, sondern vier Jahre später.

Das heißt, wir reden nicht von zwei Minuten oder zwei Wochen, wir reden auch nicht von mehreren Wochen. Wir reden auch nicht von mehreren Monaten. Das sind Jahre! Vier Jahre lang hat die Kommission der Republik Zeit gegeben, irgendwie zu begründen, warum denn diese Beihilfen zulässig sind.

Dann hat man die Reißleine gezogen. Also zu behaupten, die Kommission hätte hier einen Verkaufsdruck erzeugt, ist natürlich, sagen wir skurril, absurd oder wie auch immer.

Dr. Rudolf Scholten: Verzeihen Sie! Erstens hat die Republik mit der Kommission kommuniziert und nicht wir. – Punkt eins.

Punkt zwei ist: Die Kommission hat – so wurde uns aus Brüssel berichtet, sowohl von den damit Befassten als auch von unabhängigen Dritten – die Hypo mit einem Bescheid …, also das Beihilfeverfahren mit einem Bescheid abgeschlossen, der strenger im Sinne der Fristsetzung war als fast alles, was an vergleichbaren Banken im Markt war zu dem Zeitpunkt.

Dass das diese wirtschaftlichen Folgen hat, die ich beschrieben habe, ist aus meiner Sicht weder skurril noch komisch noch sonst irgendetwas, sondern schlicht die logische Folge.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Welche Bank ist denn vergleichbar gewesen mit der Hypo?

Dr. Rudolf Scholten: Jede andere verstaatlichte, die im Kommerzgeschäft tätig war.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Jede andere, tatsächlich?

Dr. Rudolf Scholten: Jede andere verstaatlichte, die im Kommerzgeschäft tätig war. (Abg. Hable: Ja!) Und zwar, verstaatlicht im Zuge der Krise.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Stimmt halt nur nicht, weil die Hypo Alpe-Adria mit ihrem ganzen kriminellen Hintergrund ganz sicher nicht vergleichbar war mit allen verstaatlichten Banken.

Aber schauen wir uns ein konkretes Beispiel an! Und die Bilanzen haben Sie ja schon erwähnt. Wir haben uns diesem Thema auch ganz ausführlich in der Phase I des Untersuchungsausschusses gewidmet, natürlich aus gutem Grund, weil wir als Voraussetzung wissen wollten: Wo kommen denn überhaupt diese ganzen Milliardenverluste her?

Wir haben uns verschiedene Projekte angeschaut, in verschiedensten Bereichen. Ich nehme jenes heraus, das die meiste, die höchste Prominenz bekommen hat, auch völlig verdient, weil es ein ganz typisches Beispiel dafür war, wie die Hypo ihr Geld verspielt hat.

Die Causa Hilltop, von mir – viele erinnern sich noch – liebevoll „Ziegenacker“ getauft, weil diese Liegenschaft auf einer kroatischen Insel genau das ist. (Abg. Krainer: Was ist an dem Wort liebevoll: „Ziegenacker“?)

Ich weiß nicht, was du gegen Ziegen hast. Es geht um … (Zwischenruf der Abg. Tamandl. – Abg. Lugar: Das ist ein falscher Vorhalt! …!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Dr. Hable, ich sage Ihnen nur, Sie sind in der Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich hoffe, dass die letzte halbe Minute wieder abgezogen wird, denn das, was der Kollege Krainer sagt, kann nicht auf meine Redezeit gehen, oder? (Abg. Krainer: Eine halbe Minute habe ich nicht gesprochen!) – Es hat sich wie eine halbe Minute angefühlt. (Abg. Krainer: Gefühlte Zeit oder gemessene Zeit?)

Vorsitzende Doris Bures: Am Wort ist Herr Abgeordneter Dr. Hable. Sie sind in der Redezeit der zweiten Runde. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also eine Liegenschaft auf einer kroatischen Insel, von der Hypo finanziert, auf der eben nichts war außer ein paar Grasbüschel und ein paar Ziegen. Dieses Teil ist in der Hypo-Bilanz gestanden mit rund 40 Millionen €. 40 Millionen €! Und war natürlich nur einen Bruchteil wert. Es war ein Ziegenacker und in der Bilanz ist es gestanden, als wäre es ein voll fertig ausgebauter Jachthafen. Dort sind wir jetzt genau beim Problem.

Dr. Rudolf Scholten: In welcher Bilanz?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Von Ihnen und anderen … In der Begründung … Von Ihnen und anderen hören wir, es war die Konjunktur. Die Konjunktur war das große Problem. – Stimmt halt nur nicht. Ein Ziegenacker ist ein Ziegenacker und kein Jachthafen.

Dr. Rudolf Scholten: Verzeihen Sie: In welcher Bilanz?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Scholten! Nein, ich bin noch nicht fertig. Sie können nicht …

Dr. Rudolf Scholten: Aber in welcher Bilanz ist das gestanden?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ein Ziegenacker ist ein Ziegenacker und kein Jachthafen, auch wenn er als Jachthafen in der Bilanz drinnen steht. Den Ziegen ist die Konjunktur vollkommen wurscht. Es bleibt ein Ziegenacker. Deswegen war der Ansatz in der Bilanz immer falsch: mit guter Konjunktur und schlechter Konjunktur. Das sei einmal festgestellt.

Weil wir über die Fristen gesprochen haben, weil Sie gesagt haben, durch diesen Verkaufsdruck wäre alles viel weniger wert gewesen und deswegen wäre erklärbar, warum 2013 und 2014 auf einmal die Riesenmilliardenverluste aufgepoppt sind. Es wäre der Zeitdruck gewesen. – Stimmt auch nicht.

Denn glauben Sie tatsächlich, wenn Sie zwei Jahre warten, oder wenn Sie fünf Jahre warten, dass aus einem Ziegenacker ein Jachthafen wird, den man dann nicht als Ziegenacker, sondern als Jachthafen um 40 Millionen € verkaufen kann? – Es ist völlig wurscht, wie lange Sie warten. (Zwischenruf des Abg. Lugar.) 

Der Ziegenacker ist ein Ziegenacker, der bleibt auch nur das wert, und wird kein Jachthafen, wie viele Jahre Sie warten. Genau das ist der Grund, warum all diese Verluste in der Bilanz aufgetaucht sind. Das sind die Kreditleichen, die viel zu spät aufgetaucht sind und das ist der Grund, warum auch die Bilanzen nie gestimmt haben.  Mit Konjunktur und Zeitdruck und Verkaufsdruck hat das alles nichts zu tun.

Dr. Rudolf Scholten: Also da das nicht in einer Frage gemündet hat, ist mir wichtig, für das Protokoll festzustellen, dass ich diese Analyse überhaupt nicht teile. (Heiterkeit.)

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, ist okay. Ich möchte nur hinzufügen, da ich offenbar merke, ich habe noch ein paar Sekunden übrig (Auskunftsperson Scholten: Ach so, hätte ich länger reden sollen?), dass es vor diesem Hintergrund, wie die Verluste entstanden sind, wie sie in den Bilanzen durch jahrelange Bilanzfälschung versteckt worden sind, völlig absurd ist, zu behaupten, dass die EU-Kommission, die nach vier Jahren die Geduld verloren hat – nach vier Jahren die Geduld verloren hat! – und die Reißleine gezogen hat, schuld an dem ganzen Schlamassel wäre.

Danke, jetzt bin ich fertig.

Dr. Rudolf Scholten: Also wenn Sie den Organen in der Bank Bilanzfälschung vorwerfen, lade ich Sie herzlich ein, das in ein gerichtliches Verfahren münden zu lassen, dann können wir das dort austragen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das habe ich übrigens schon gemacht.

Dr. Rudolf Scholten: Na wunderbar!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wenn es in diesem Land einen voll funktionierenden Rechtsstaat gäbe, dann gäbe es diese Verfahren auch schon und nicht dauernd die Einstellung durch eine Staatsanwaltschaft.

Dr. Rudolf Scholten: Zu dieser Frage bin ich hier keine Auskunftsperson. (Abg. Hable: Das war jetzt ein Statement!)

Vorsitzende Doris Bures: Damit kommen wir zur zweiten Fragerunde.

Da gibt es nur mehr Restredezeiten für die sozialdemokratische Fraktion. Herr Abgeordneter Krainer, knapp über eine Minute. Dann verweise ich Sie auf die möglicherweise dritte Runde.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Da fange ich ja wieder an. Da habe ich ja quasi eine Doppelwortmeldung.

Vorsitzende Doris Bures: Es ist nach Ihnen auch noch die grüne Fraktion dran. Jetzt sind einmal Sie dran.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Kennen Sie einen Bescheid – wettbewerbsrechtlich – von einer vergleichbaren Bank, sprich: einer Kommerzbank, die im Zuge der Krise notverstaatlicht werden musste, wo derartig knappe Verkaufsrisken vorgesehen waren wie für die Hypo?

Dr. Rudolf Scholten: Nein. Wir haben in Brüssel versucht, genau dieser Frage nachzugehen, weil uns das eigentlich nicht plausibel erschien. Die Aussage, die wir bekommen haben – ist, glaube ich, auch im Griss-Bericht zitiert –, ist, dass es kaum – beziehungsweise ich glaube sogar, es hat geheißen, dass es keinen – anderen Bescheid gibt, der derart knappe Fristen vorsieht, weil ja die Folgen eben offensichtlich sind; dass es zumindest zu einer Neubewertung sämtlicher Aktiva, sämtlicher Beteiligungen kommen muss, was einen Nachteil oder eine deutliche Reduktion der Flexibilität der Bank zur Folge hat.

Wobei man ganz klar sagen muss: Das ist nicht die Behauptung, dass dieser Bescheid falsch war. Mein Punkt ist nur: Wir hätten uns mehr darum bemühen müssen, einen besseren zu bekommen. Mit „wir“ meine ich Österreich. (Abg. Krainer: Ja, ja, also ...!) Die Bank kann es nicht sein, denn die ist nicht Partei in dem Verfahren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das Finanzministerium konnte natürlich immer nur aufgrund der Zahlen der Bank, der Strategie der Bank und der Unterlagen der Bank dieses Verfahren führen. Also ...

Dr. Rudolf Scholten: Ich glaube nur – und da hat sich die Erfahrung von Dr. Ditz mit meiner eigenen gedeckt, und die waren im Ursprung völlig unabhängig voneinander, weil wir in Brüssel unterschiedliche Themen zu vertreten hatten in der Zeit, wo wir selber in der Politik waren –, dass man dringende Anliegen in Brüssel mit einer – wie soll ich sagen? – anderen Konzentration vertritt. Und das gilt für alle Beteiligten.

Man muss einfach, wie ich vorhin gesagt habe, wie bei jeder Behörde das Gefühl vermitteln, dass sozusagen alle dahinterstehen, nämlich massiv und konzentriert dahinterstehen, das für essenziell halten und das einfach zu einem zentralen Thema machen, damit erhöht man die Chancen. Ob wir damit dann den Erfolg gehabt hätten, den wir uns gewünscht hätten, kann ich nicht beweisen, aber ich vermute, die Chance wäre gut gewesen dafür.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber das Finanzministerium hat ja nicht nur ein Beihilfeverfahren geführt, sondern zumindest drei gröbere. Die Hypo war ja nur eine von drei, die jetzt über PartKapital hinaus staatlicher Beihilfen bedurften, und die Bescheide für die zwei anderen waren im Rahmen, sage ich einmal.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, aber die waren auch sozusagen deutlich weniger kontroversiell in jeder Hinsicht. Also das ist jetzt, glaube ich, hier nicht unser Thema, aber die Kommunalkredit war von den Zahlen her ein großer Fall, aber von der Struktur her relativ übersichtlich.

Dort ging es nämlich um ein Instrument, das dort massiv eingesetzt wurde, das waren diese Quasi-Versicherungen, die gekauft wurden; und das andere waren PartKapital-Beteiligungen an Geschäftsbanken, die im Augenblick das beantragt hatten. Aber diese ganze existenzielle Debatte, die bei der Hypo geführt wurde, ist ja zu den anderen Banken nicht geführt worden. Das heißt, die Hypo war in dieser Hinsicht der komplizierteste Fall – zwar nicht europaweit, aber für Österreich war es der komplizierteste Fall.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, das sicher. Das ist zwar jetzt nicht direkt unser Thema, aber die Volksbanken waren auch nicht ein einfacher ... Deswegen habe ich von drei gesprochen: Kommunalkredit, Volksbank und Hypo, wobei zumindest bei zwei, glaube ich, die Bescheide am Ende des Tages in einem erwartbaren Rahmen waren. Aber das, was ich durchaus teile, ist, dass der Bescheid für die Hypo ungewöhnlich war, was die Auflagen und Fristen dahinter betrifft.

Dr. Rudolf Scholten: Das stimmt mit Sicherheit und wahrscheinlich stimmt ... Ich glaube schon, dass es stimmt, dass die Kommunalkredit trotz der großen Zahlen als Problem fassbarer war, und dass die Volksbanken damals auch noch freundlicher eingeschätzt wurden, als es später der Fall war.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage!

Dr. Rudolf Scholten: Aber es stimmt ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Da war die Hypo komplexer. Die Volksbanken waren von der Governmentstruktur her ... (Auskunftsperson Scholten: Noch komplizierter wahrscheinlich!) – Ja. Aber trotzdem ist der Bescheid am Ende des Tages vergleichbar mit den Bescheiden, die es für andere Kommerzbanken in Europa gegeben hat, die staatlicher Hilfe bedurften.

Dr. Rudolf Scholten: Ich will da jetzt keine Wortspielereien betreiben, aber das bestätigt: Die Steigerung von Bescheid ist bescheiden, und unser Bescheid war bescheiden. (Heiterkeit der Auskunftsperson sowie des Abg. Krainer.)

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Dr. Scholten! Ich möchte auf die Arbeit im Kreditausschuss zu sprechen kommen, der ja sehr häufig getagt hat, mit sehr umfangreichen Tagesordnungspunkten, und gleichzeitig sehr viel Zeit dafür verwendet hat. Die Mitglieder des Kreditausschusses waren deckungsgleich mit dem Aufsichtsrat. Ich gehe davon aus, dass das deswegen so war, weil der Aufsichtsrat klein war, so waren alle auch im Kreditausschuss vertreten.

Dr. Rudolf Scholten: Ich glaube – vielleicht stimmt das jetzt nicht ganz, aber ich glaube –, in allen Ausschüssen waren immer alle vier Kapitalvertreter. Ich glaube, im Nominierungsausschuss für den Vorstand, der hat aber danach nie mehr getagt ...

Aber im Grunde waren in allen Ausschüssen alle vier Kapitalvertreter, weil wir gesagt haben: Es ist mit jeder Kommunikation die Gefahr von Missverständnissen mit allen Phänomenen des Stille-Post-Prinzips verbunden. Warum sollen wir zwei Aufsichtsräte in einem Ausschuss tagen lassen, sodass sie dann den beiden anderen berichten, mit den genannten Risken? Da ist es besser, wir machen alles gemeinsam.

Das wäre im Übrigen genau diese Form von Schulterschluss gewesen, die ich mir insgesamt erhofft und erwartet habe, nicht meinend, dass jetzt alle in allen ... Ich weiß schon, dass das ein reines Aufsichtsratsorgan war.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Es ist aus den Kreditausschussprotokollen nachvollziehbar, dass es sehr intensive und ausführliche Debatten gegeben hat, bei denen die Dinge sehr grundsätzlich hinterfragt wurden. Unter anderem bei diesen Altlastengeschichten, die uns seit Langem begleiten, wie Skiper, Schlosshotel Velden, Klausner, Aluflexpack und so weiter.

Ich möchte bei Aluflexpack in dieser Form bleiben. Dieses Unternehmen begleitet uns seit 2002. Wie gesagt, zehn Jahre später haben Sie das wieder am Tisch. Aber grundsätzlich von der Struktur her, nicht nur Aluflexpack, sondern alle Altlastenfälle, die Sie da gehabt haben: Wo haben Sie da die Fehler, Probleme des vorhergehenden Managements gesehen, aus dem letzten Jahrzehnt?

Dr. Rudolf Scholten: Ich habe das jetzt gerade gesucht, aber ich habe das, glaube ich, abgegeben. Da ich vom Bankgeheimnis nicht befreit bin, ist es auch so, dass ich jetzt zu einzelnen Kreditfällen ... (Abg. Lichtenecker: Das war nur ein Beispiel!) – Nein, ich verstehe das schon, ich wollte das nur der Vollständigkeit halber sagen. Ich glaube tatsächlich, dass man da nur Kategorien von Fehlern unterscheiden kann und nicht sozusagen ein generelles Maß darüber legen.

Es gab Fälle, da hätte ich zum Thema CSI jede rechtliche Verpflichtung der Bank, gerichtlich vorzugehen, eingesehen. Es gab große Engagements, wo der Verdacht irgendwie augenfällig war, dass das nicht korrekt abgelaufen ist. Aber aus den Unterlagen zum Kreditausschuss kann man das nur fühlen und spüren und sich denken, aber nicht beweisen.

Das heißt, in den Fällen fand ich es vollkommen in Ordnung, dass die Republik auch darauf drängt, und die Bank es auch von sich aus tut, dementsprechend vorzugehen – also, sagen wir einmal, die Kategorie Verdacht, dass es hier zu strafrechtlich relevanten Handlungen kam.

Das Zweite waren Fälle, die in einer Form, die zumindest ich noch nie gesehen habe, sozusagen schlampig behandelt waren in der Vorzeit. Mit „schlampig“ meine ich, dass Überprüfungen nicht ausreichend stattgefunden haben, dass das Vor-Ort-Monitoring nicht stattgefunden hat.

Dieses von Ihnen genannte Hotel ist ein Beispiel dafür, dass einfach rein ... Da hätte man nur hinfahren müssen und sehen können, dass dort Dinge nicht so sind, wie sie sein müssten, um die Preise zu erzielen, die man sich davon erhofft hat.

Das Dritte – und das sollte man, glaube ich, in dem Zusammenhang nicht unterschätzen – ist, dass sich vor dem Hintergrund dieses Nicht-Überprüfens ... Das ist etwas, was, glaube ich – und da unterstreiche ich „glaube ich“, denn ich kann das nicht mit Zahlen belegen –, in der öffentlichen Diskussion immer unterschätzt wurde: dass im Windschatten dessen, die Dinge zu wenig zu überprüfen, nicht entsprechend nachzuwassern et cetera, sich auch alle möglichen Formen von, sagen wir einmal, Unprofessionalitäten eingeschlichen oder ausgeweitet haben, die in einem quasi normalen Kreditinstitut unvorstellbar wären, weil sie sofort auffallen und abgestellt würden.

Also wenn ich mir vorstelle – jetzt will ich nicht über die Kontrollbank reden –, wir würden jetzt, ich weiß nicht, bei Geschäften, wo quartalsweises Monitoring vorgesehen ist, plötzlich draufkommen, dass sich das seit eineinhalb Jahren kein Mensch sich mehr angeschaut hat, dann würde das sofort Konsequenzen haben, und zwar zumindest einmal die Konsequenz, dass sich das sofort jemand anschaut. Hier hat sich, glaube ich, etwas eingeschlichen, was einfach auch geheißen hat, dass – sagen wir es jetzt einmal sehr salopp – alle guten Sitten des Geschäfts nicht beachtet wurden; und mit „alle“ meine ich nicht sämtliche, aber sehr viele davon.

Um das jetzt kurz zu machen: Ich glaube, dass man – jetzt unjuristisch gesprochen – rechtlich Relevantes von Unprofessionellem unterscheiden muss und dass beides passiert ist, manchmal überlappend, aber dass das im Grunde die zwei Quellen, sozusagen die zwei Hauptquellen für das Unglück waren.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Dr. Scholten, hier ist eine Aussage, die Sie beim Aufsichtsrat am 22. Mai 2014 – das ist die 158. Sitzung – ausgeführt haben, und ich zitiere daraus. Die Nummer ist 2115200, für die Kolleginnen und Kollegen.

(Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Ich zitiere:

„Scholten erachtet teilweise das Handeln der damaligen Organe (vor 2009) als naiv, weshalb auch diverse Klagen, Verfahren und die aktuelle Situation der Bank entstanden sind.“

Ist diese Aussage in Bezug auf „naiv“ auf die Ausführungen, die Sie eben getätigt haben, bezogen? Oder ist die Naivität der damaligen Organe, die da angesprochen ist, noch auf etwas anderes bezogen?

Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit in dieser Runde ist ausgeschöpft. Ich setze Sie davon in Kenntnis, dass die Soll-Befragungsdauer von drei Stunden bereits überschritten ist. (Abg. Lichtenecker: Nur ganz kurz, weil Herr Dr. Scholten noch weiter ...!)

Ja, die Antwort kann gegeben werden.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Die letzte Seite!

Dr. Rudolf Scholten: Ich sehe schon, ja. (Abg. Lichtenecker: Es geht darum, dass die Organe da naiv ...!)

Also wenn es die Frage ist, ob „naiv“ ausreichend ist, dann muss ich im Nachhinein sagen – also nicht im Nachhinein, dann wäre auch damals schon „naiv“ nicht ausreichend gewesen. Ich nehme an, dass ich auch genau so verstanden wurde. Also als kindlich haben wir das sicher nie angesehen, was da passiert ist.

Ich vermute – aber das kann ich jetzt sozusagen auf kurzem Wege nicht beantworten –, dass sich das darauf bezogen hat, wie man mit diesen D&O-Versicherungen umgegangen ist, weil das ja der eigentliche Diskussionspunkt war. Aber dazu müsste ich mir das jetzt in Ruhe insgesamt durchlesen.

Also wenn sich die Frage darauf bezieht, ob ich mit „naiv“ das Handeln der Organe von vor 2009 als ausreichend beschrieben empfinde, ist die Antwort: Nein.

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur dritten Fragerunde.

Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dr. Ditz hat hier gesagt, anspielend auf den Griss-Bericht: Der Aufsichtsrat war nicht Teil des Multiorganversagens.

Sehen Sie das auch so?

Dr. Rudolf Scholten: Ich könnte jetzt etwas nur teilweise Witziges sagen: Sonst säßen wir nicht hier. Also als multiples Organversagen würde ich uns vor Gericht sehen, oder?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Na, er hat das hier gesagt.

Dr. Rudolf Scholten: Natürlich, und ich sehe das genauso!

Ich sehe übrigens auch den Vorstand – also den Vorstand, den wir bestellt haben – nicht als Teil des multiplen Organversagens.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Was sehen Sie für – unter Anführungszeichen – „Fehler“, die der Aufsichtsrat gemacht hat?

Dr. Rudolf Scholten: Die wir gemacht haben? Also nach 2010? (Abg. Krainer: Ja!)

Ich glaube, als Erstes hätten wir bei der Bestellung einen ganz klar strukturierten Übergabeprozess vom Eigentümer verlangen müssen. Da muss ich allerdings immer dazusagen: Das sage ich jetzt alles mit diesem berühmten Wissen im Nachhinein, also es schon erlebt habend.

Aber wenn ich Ihre Frage anders interpretieren darf, im Sinn von „Was würden Sie anders machen, wenn Sie noch einmal dort anfangen, aber alles schon ...?“, dann würde ich sagen: Wir müssten einen ganz klar strukturierten Übergabeprozess einrichten, wo uns all das, was an Informationen, an Eindrücken et cetera aus der Vorzeit bei der Republik besteht, bekannt wird.

Der zweite Punkt ist – da schließe ich an einige Fragen an, die schon gestellt waren –, dass die Intention im Detail vereinbart oder klargestellt werden müsste, und zwar nicht im Sinn eines Geschäftsmodells, sondern im Sinn sozusagen einer klaren Abklärung der Motive. Über das endgültige Ziel, glaube ich, waren sich alle einig: Niemand hatte das Ziel, dass das möglichst viel kosten soll. Also dass es möglichst wenig kosten soll, da bezweifle ich nicht, dass das von allen geteilt wurde. Aber über die Art und Weise, wie man an dieses Ziel herankommt, waren wir uns nicht immer alle einig.

Da hätte man ein Prozedere vereinbaren müssen, das diese Kommunikation sehr eng hält. Sprich: Es hätte aus meiner Sicht einen klar organisierten Kommunikationsweg zwischen Eigentümer, Aufsichtsrat und Vorstand geben müssen. Und auf der Eigentümerseite, muss man jetzt realpolitisch sagen, von allen Betroffenen, also von allen Beteiligten, sodass man sicher sein kann, dass die ganze Republik dahintersteht in dem, was da passiert.

Dann hätte man versuchen müssen – aber da muss man fairerweise sagen, dass das nur sozusagen in hohem Respekt deren besonderer Aufgabe gegenüber geht –, auch mit der Nationalbank abzuklären, in welchen Etappen wir an dieses Ziel herankommen. Da muss man allerdings respektieren, dass sie eine Aufsichtsfunktion hatte und damit sozusagen nicht in die Eigentümerrolle integrierbar ist.

Jetzt wirklich nicht verspielt, sondern ganz ernst gemeint, wenn ich es auf einen Punkt bringen soll, was wir falsch gemacht hätten: Wir hätten nach dem ersten Erkennen, dass dieser Ablauf nicht so funktioniert, wie wir uns das denken, erklären müssen: Entweder – oder! Entweder ändert sich das schlagartig, oder wir gehen! Was – jetzt ohne Koketterie – keine Katastrophe gewesen wäre, denn dann hätte sich die Republik entscheiden müssen, ob sie das anders strukturieren will oder mit anderen Aufsichtsräten. Wir haben zu lange immer gedacht, dass sich das verbessern wird.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mein Eindruck ist: Eines der Probleme ist die Kommunikation.

Dr. Rudolf Scholten: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Weil das eine der Strategien der Bank war: Ich muss natürlich auf der Passivseite jetzt abreifende landesbehaftete Anleihen refinanzieren. Ich kann natürlich die Aktivseite herunterfahren, aber ich versuche, über neues Einlagengeschäft die Refinanzierung so zu gestalten, wie das fast alle Kommerzbanken machen.

Das sehen die Konkurrenten in den Märkten, und sie sagen: Super, die haben eine staatliche Beihilfe, und jetzt machen sie uns Konkurrenz! Sie mailen das nach Brüssel. – Brüssel sagt: Was ist denn das für eine Bank, die mit staatlicher Beihilfe Wettbewerbsverzerrungen zulässt? – Da sehen wir, dass das einer der Gründe war.

Anderes Beispiel: Eurokredite, Fremdwährungskredite. Großes Problem, dass österreichische Geschäftsbanken innerhalb von Österreich, aber auch in osteuropäischen Ländern sehr viele Eurokredite oder Fremdwährungskredite vergeben haben. Die Europäische Kommission will das einschränken und schränkt es auch für Serbien ein, wo es aber keinen Sinn macht, weil dort 70 Prozent der Zahlungen – nicht der Banken, sondern des normalen Zahlungsverkehrs – in Euro laufen. Das ist dort also eine Art Zweitwährung. Und fast alle Kredite laufen in Euro.

Ich sehe da also vor allem Kommunikationsprobleme. Ich weiß noch nicht, wo genau sie liegen, aber jedenfalls hat in dieser Informationskette zwischen der Europäischen Kommission und der Bank die Kommunikation nicht optimal funktioniert. Da konnten dann zwar viele Sachen ausgeräumt werden, aber eben erst Wochen, Monate mit Irritationen später, wodurch dann, ich sage einmal, die Stimmung nicht besser wurde.

Dr. Rudolf Scholten: Ich teile das sehr. Nur kann man, glaube ich, zwei Punkte nicht oft genug wiederholen.

Das eine ist der Satz, dass es unsinnig wäre, von irgendeinem Beteiligten über diesen langen Zeitraum in dieser Form von Anstrengung zu behaupten: Der oder die hat mit Sicherheit nie irgendetwas falsch gemacht. Das ist einfach logisch mit großer Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Insofern wäre dieses „Da ist sicher kein Fehler passiert“ mit großer Wahrscheinlichkeit falsch.

Der zweite Punkt ist aber – das muss man zugleich auch immer wieder festhalten –, dass in die Kommunikation mit der EU die Bank direkt, zumindest ausdrücklich der Aufsichtsrat, nie eingebunden war! Ich habe zu diesem Thema kein einziges Gespräch in Brüssel geführt, und ich glaube, auch in Wien nicht. Also zum Thema sehr viele, aber nicht mit Brüssel, also mit Beamten oder ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Der Vorstand schon?

Dr. Rudolf Scholten: Der Vorstand war beigezogen, glaube ich, dann und wann.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Manchmal auch bilateral? Also auch ohne BMF-Kommunikation? (Auskunftsperson Scholten: Ja, aber ...!) Präsenztermine, alles Mögliche?

Dr. Rudolf Scholten: Das ist aber dann auch nicht gern gesehen worden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, ja!

Dr. Rudolf Scholten: Der dritte Punkt stimmt: Natürlich ist es Sinn eines Beihilfeverfahrens, zu verhindern, dass die Konditionen für den Geholfenen so werden, dass er dann mit staatlichen Mitteln – unter Anführungszeichen – „redliche“ Marktteilnehmer unterlaufen kann, also nicht staatlich unterstützte Marktteilnehmer unterlaufen kann. Natürlich, das ist so. Da muss man sagen, dass die Bank auch sehr angehalten war – und da haben wir auch zumindest keine nennenswerten Beschwerden bekommen, ich glaube, überhaupt keine –, dass die Bank konditionsmäßig ja nicht Konkurrenten unterlaufen darf.

Der dritte Punkt ist genau so, wie Sie es beschrieben haben. Wenn man Fremdwährungskredite sagt, muss man dazusagen: In dem Fall ging es ja aus Sicht der Länder um Fremdwährungskredite. In Wirklichkeit waren es Eurokredite, die aber natürlich aus Sicht beispielsweise von Serbien Fremdwährungskredite sind. Aber wenn ich in Serbien keine Eurokredite vergeben kann, kann ich gleich sagen: Ich kann keine Kredite vergeben, weil – die Zahl, die ich im Kopf habe, ist sogar 80 Prozent, aber es kann sein, dass es 70 sind – der serbische Markt in Euro abgerechnet wird. Daher ist „Fremdwährung“, also der Ausdruck „fremd“ bei Euro, zu relativieren.

Natürlich hat das mit Kommunikation zu tun. Das ist genau das, was ich meine: Wenn die Kommunikation mit Brüssel sehr eng gewesen wäre, hätte man solche Kapriolen verhindern können. Und ich behaupte nicht, dass das eine Bosheit von Brüssel ist, sondern das ist eben nicht ausreichend moniert worden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, ich erkenne auch in dem gesamten E-Mail-Verkehr, dass es, sage ich einmal, sehr viel Unzufriedenheit gibt in Brüssel, sehr viel Unzufriedenheit im BMF und sehr viel Unzufriedenheit in der Bank. Alle sind total unzufrieden, die ganze Zeit, immer mit den anderen.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, es ist nicht sehr befriedigend, wenn ich sage: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, eh! (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Na, ich meine, wie ...

Dr. Rudolf Scholten: Nein, ich kann jetzt nur für eine Seite der drei Seiten sprechen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Eh, das ist ja die Sache! Wir schauen uns das ja alles a) im Nachhinein an, und b) sehen wir immer alle Seiten. Das ist ein gewisser Vorteil, das ist halt so. Das wollte ich jetzt nur so sagen, sonst ...

Dr. Rudolf Scholten: Ich glaube aber, erst recht – vielleicht trage ich jetzt zu diesem Ringelspiel nur sozusagen eine Halbdrehung bei –, erst recht ist es so, wenn ich als eigentlicher Adressat eines Verfahrens feststelle, dass rundherum niemand zufrieden ist und ich Gefahr laufe, dass ich ... Letztlich ist es ja auf dem Buckel der Republik ausgegangen. Das zahlt die Republik, was sich in diesem Bescheid sozusagen an Wertberichtigungsbedarf ergeben hat.

Wenn ich das feststelle, muss ich erst recht sagen: Ich muss diese Sache an mich ziehen in der engstmöglichen Form! Ich möchte jetzt diesen berühmten Ausdruck „Chefsache“ vermeiden. Aber ich muss es dann ganz eng an mich ziehen, sonst riskiere ich, dass ich möglicherweise zum Spielball von Missverständnissen, Aversionen et cetera von anderen werde und ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aus den Akten hat man den Eindruck, dass die Taskforce genau das war, nämlich ...

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): ... dieses Beihilfeverfahren und den Umgang mit dieser Bank zur – unter Anführungszeichen – „Chef-“, Kanzler-, Vizekanzlersache zu machen.

Dr. Rudolf Scholten: So wurde es kommuniziert, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das sieht man auch in den Akten so.

Dr. Rudolf Scholten: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut. – Aber ich habe keine Zeit mehr. Vielen Dank fürs Kommen! Von meiner Seite jedenfalls.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Scholten, tragen Sie für den wirtschaftlichen Schaden, der durch die CSI in der Hypo entstanden ist, eine Mitverantwortung?

Dr. Rudolf Scholten: Erstens muss ich den Ausdruck „Schaden“ damit relativieren, dass der Erfolg zu gering war. Das ist jetzt keine Wortklauberei, sondern das ist schon essenziell. Sozusagen die Perspektive war, durch die Fülle dieser Verfahren für die Bank sehr hohe finanzielle, also in Wirklichkeit Schadenersatzforderungen zu stellen und auch dementsprechend eintreiben zu können, und dieser Erfolg war zu gering.

Wir haben – in dem Fall muss ich sagen, die Antwort ist Nein, außer, dass ich immer zur Generalformel greife: Dann hätte man sofort zurücktreten müssen – wirklich von Anfang an gesagt – und „Anfang“ heißt jetzt, um genau zu sein, spätestens Frühjahr 2011 –, dass diese pauschale Herangehensweise damit, Zettel fünfmal umzudrehen, keinen Sinn macht, dass man das konzentrieren soll. Wir haben auch immer dazugesagt, dass es nicht unser Ziel ist, uns auf zehn Fälle zu konzentrieren. Ich kann mich gut an diese Gespräche erinnern. Wir haben gesagt: Dann machen wir 20, machen wir 30, machen wir 40, aber nicht Hunderte.

Es ging also nicht darum, dass wir sozusagen irgendeine spezielle Verengung im Auge hatten. Es ging nur darum, dass man aus der Masse dieser komplizierten Verfahren herauskommt, damit beweglicher wird und damit rascher einen größeren wirtschaftlichen Erfolg hat. Wenn Sie mich fragen, wie viel größer der hätte sein können, muss ich sagen: auf jeden Fall größer. Wissen kann ich es nicht, weil ich Ihnen nicht beweisen kann, um wie viel besser diese Eintreibungsverfahren gewesen wären, wenn diese Hinderungsgründe nicht vorgelegen wären. Schlechter hätten sie sicher nicht sein können.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben es jetzt sehr gekonnt und geschickt vermieden, „Schaden“ zu verwenden, um den „besseren Erfolg“ dafür zu verwenden. Ich bin nur neugierig, was Sie mir zu einem Dokument sagen werden, das ich Ihnen dann vorlegen werde.

Haben Sie es gegenüber dem Eigentümer einmal so formuliert, dass Sie sagen, es entsteht ein Schaden durch das Agieren der CSI in der Bank?

Dr. Rudolf Scholten: Das weiß ich nicht. Aber dass ich gesagt habe, ein Nachteil, glaube ich sehr wohl.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay. – Sind Ihnen Fälle von Berateraufträgen bekannt, bei denen die Bank kritisiert hat, dass die Leistung nicht erbracht wurde, und deshalb die Zahlung verweigert wurde, aber der Herr Peschorn in seiner Funktion im Lenkungsausschuss und über die Finanzprokuratur die Bank aufgefordert hat, die Rechnungen trotzdem zu bezahlen, obwohl die Bank aufgrund der mangelhaften Lieferung des Beraterauftrages die Zahlung verweigern wollte?

Dr. Rudolf Scholten: Da kann ich Ihnen jetzt nur ausweichend antworten. Wenn Sie mich diese Frage abstrakt gefragt hätten – im Sinn von: ob ich es für möglich halte, dass das so ist –, hätte ich gesagt: Nein. Wenn ich Ihnen in der Formulierung der Frage zuhöre, vermute ich, dass Sie einen Fall haben, anhand dessen Sie das belegen können.

Ich hätte jetzt beim besten Willen nicht vermutet, dass es so war. Ich kann aber nicht beweisen, dass es nie so gewesen sein kann. Ich hielte es für schlecht, wenn es so war. Und selbst wenn es so war, halte ich es für extrem untypisch, dass die Bank dann nachgegeben hätte.

Ich kann es nicht ausschließen. Aber ich vermute, Sie haben einen Fall dazu, denn sonst ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie vermuten richtig. Ich kann es nur leider jetzt nicht vorlegen, weil es ein Dokument in der Klassifizierungsstufe 2 ist – unverständlicherweise! Ein Schreiben vom Vorstand der Bank an den Aufsichtsrat, an Sie und an Herrn Ditz, in dem der Vorstand genau das beschreibt: dass es zwei Fälle gibt, wo man die Auszahlung gegenüber einem Berater verweigern will, weil die Leistung nicht ordnungsgemäß erbracht wurde, und Herr Peschorn darauf besteht, dass die Bank die Rechnung trotzdem begleicht.

Aber ich werde es Ihnen dann in der vertraulichen Sitzung vorlegen, es wird dann also passieren. Jetzt können wir es leider nicht tun, weil es diese blaue Farbe hat und leider Klassifizierungsstufe 2 ist.

Dr. Rudolf Scholten: Also eines kann ich mit Sicherheit sagen: Wenn uns der Vorstand dazu befragt hat, war unser Hinweis nicht: auf jeden Fall zahlen. (Abg. Angerer – nach einer kurzen Ablenkung durch Abg. Darmann –: Entschuldigung!) Nein, ich sage: Wenn der Vorstand uns gefragt hat, was ich gar nicht vermute, dass er das getan hat, sondern er wird es eher berichtet haben ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nein, nicht gefragt, er hat es festgestellt, Ihnen mitgeteilt.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, also wir haben ihm sicher nicht empfohlen, dann zu bezahlen. Aber vielleicht hat er es auch nur mitgeteilt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Meine Frage war ja, ob Ihnen solche Fälle, solche Vorgangsweisen bekannt waren. Das war meine Frage. (Auskunftsperson Scholten: Also in Erinnerung waren sie mir ...!) Ob Sie sich an dieses Schreiben erinnern können. (Auskunftsperson Scholten: In Erinnerung waren sie mir nicht!) Ist Ihnen nicht in Erinnerung?

Dr. Rudolf Scholten: Nein (Abg. Angerer: Das ist schade!), aber offensichtlich war es so. Ich will das ... Ich will auch nicht behaupten, dass ich es für völlig ausgeschlossen halte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ist Ihnen das Carolus-Gutachten in Erinnerung – in Bezug auf CSI und Einwirken der CSI auf die Arbeit der Bank, aktienrechtliche Bedenken?

Dr. Rudolf Scholten: Wenn ich mich richtig erinnere, war das ein Gutachten, wo diese Differenzierung zwischen dem, was aktienrechtlich – ich muss das jetzt so salopp sagen – gerade noch geht und was nicht mehr geht, beurteilt wurde. Aber im Detail weiß ich es nicht. Aber ich glaube, das war damals das Motiv dafür.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Können Sie sich daran erinnern – weil es natürlich auch ein Dokument der Klasse 2 ist –, ob hier Bedenken geäußert wurden?

Dr. Rudolf Scholten: Also ich glaube – aber da muss ich mich jetzt wieder auf dieses „glaube“ besonders beziehen, also das dreimal unterstreichen –, dass es auch darum gegangen ist oder sogar primär darum gegangen ist, dass die Bank sehr wohl in besonders sensiblen Fällen, auch aktienrechtlich korrekt, dieses rechtliche Betreiben verantworten kann, weil eben ein hohes Reputationsrisiko und eine hohe Identifikation zwischen dem Einzelfall und der Bank bestanden hat, und dass das für die Routinefälle aber nicht gilt.

Ich könnte es jetzt nur aus Sicht des Hauses sagen, wo ich tätig bin. Ich würde sofort dafür sein, dass sich die Kontrollbank selber engagiert in einem Fall, wo man das Gefühl hat, dass uns der Markt mit diesem Fall identifiziert, schon um sicherzustellen, dass wir sozusagen in unserer Reputation im Markt nicht verletzt werden. Und zugleich würde ich mich dagegen wehren, wenn wir jetzt plötzlich eben in der Masse derartige Verfahren zu bewerkstelligen hätten, die gar nicht mit der Kontrollbank in einem Atemzug gestellt werden.

Aber meine Kollegen in der Bank, glaube ich, wollen nicht, dass ich sie hier zu häufig nenne, nämlich die Kontrollbank.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber es war schon Thema, mehrfach Thema, im Aufsichtsrat?

Dr. Rudolf Scholten: Diese Abgrenzung war Thema, ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber dieses Thema: Einwirken, aktienrechtliche Bedenken, CSI, auf die Arbeit in der Bank (Auskunftsperson Scholten: Das war ganz sicher Thema, ja!), dass man verschiedenste Maßnahmen gesetzt hat, Gutachten eingeholt hat, Gutachter auch festgestellt haben, dass es diesen Einfluss gibt, das aktienrechtlich bedenklich ist, und, und, und, aber die Finanzprokuratur das bestritten hat.

Dr. Rudolf Scholten: Nein, den letzten Teil kann ich nicht bestätigen, also  zu welchem Ergebnis die Gutachter gekommen sind und was die Finanzprokuratur bestritten hat, kann ich nicht bestätigen. Dass es bei uns Diskussionsthema war, wie weit man da gehen kann und ab wann die Bank sich sozusagen auf ihren – unter Anführungszeichen – „Egoismus“ berufen muss, und das an den Eigentümer zurück delegieren, das war mit Sicherheit Thema.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Kommen wir zurück zum Thema Schaden, dass Sie gegenüber dem Eigentümer geäußert hätten, dass es einen Schaden gibt.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dazu lege ich Ihnen jetzt ein Dokument vor und bitte Sie, die Seite 2 aufzuschlagen und dort den letzten Absatz dieses E-Mails an die Frau Fekter. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich muss Sie auf die Redezeit aufmerksam machen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Hier schreiben Sie, dass der Bank ein operativer Schaden durch die CSI entsteht.

Was sagen Sie zu diesem Dokument? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Rudolf Scholten: Ja, das bestätigt genau, was ich sage. Wir haben diese Sorge gehabt. Ich würde es im Nachhinein nur so formulieren, dass wir nicht darüber hinaus die wirtschaftlichen Aspekte mitzuberücksichtigen haben, sondern primär.

Aber das ist eine, eine ...  (Zwischenruf des Abg. Angerer. Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Dem Eigentümer schadet. Na ja, ich meine jetzt, man muss sagen: Also jede Reduktion von Erfolg ist natürlich ... Ich meine, jetzt dreht es sich wirklich im Kreis. Ich kann sagen, das ist eine Reduktion von Erfolgschancen, oder ich kann sagen, es ist ein Nachteil, oder ich kann auch sagen ... Also wenn wir es lange drehen, wird es zur Katastrophe. Das wäre dann eine Übertreibung.

Das, was hier passiert ist, ist, dass die Republik aus Gründen, die man gut verstehen kann, am Anfang großen Wert darauf gelegt hat, dass niemand glaubt, dass man jetzt über insbesondere strafrechtliche, aber auch zivilrechtliche Aspekte der Vergangenheit vergisst und dass man dem akribisch nachgehen wird. Das verstehe ich sehr gut – wirtschaftlich, politisch, als Staatsbürger, als Steuerzahler. Ich fand das auch, wie ich es damals in der Zeitung gelesen habe, als ich noch nicht geahnt habe, dass ich mit diesem Thema zu tun haben werde, vollkommen in Ordnung.

In der Realisierung hat sich nur herausgestellt, dass es eben – bleiben wir jetzt bei dem Ausdruck – einen Nachteil darstellt, wenn es von den ... statt in konzentrierten Einzelfällen in der Masse aller Fälle auch so gehandhabt wird. Und nur das war unser Punkt. Wir haben uns auch nie gewehrt – damit das nur ja nicht irgendwo missverstanden wird –, wir haben uns nie gewehrt, dass in ... und an der Zahl hat es ja auch nicht gemangelt – in besonderen Fällen die Republik natürlich so vorgehen sollte oder die Bank so vorgehen sollte.

Uns ging es ausschließlich darum, dass wir in der Masse der Einzelfälle nicht ständig insbesondere zu gerichtlichen Verfahren angehalten werden, wo man noch dazu annehmen kann, dass wir keine extrem guten Chancen haben, weil es immer vor lokalen Gerichten ... Also ich würde das jetzt nicht ...

Aber es ist einfach unwahrscheinlich gewesen, dass das zu großem Erfolg führen wird. Und wir wollten nur, dass da die wirtschaftlichen Erfolgschancen vor den rechtlichen gesehen werden.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Dr. Scholten, eine Frage: Haben Sie gewusst – also es geht jetzt um die Fremdwährungsgeschäfte in Serbien, Sie haben es zuerst im Gespräch mit dem Kollegen Krainer angesprochen –, dass Kranebitter der Europäischen Kommission mitgeteilt hat, dass die Bank gewisse Auflagen betreffend die Serbiengeschäfte nicht einhalten wird?

Dr. Rudolf Scholten: Das habe ich nicht gewusst. Aber ich kann mir nur vorstellen, dass es schlicht und einfach technisch gar nicht möglich gewesen wäre, sich von heute auf morgen in einem Markt, in dem eben, sagen wir einmal, drei Viertel des Marktes in einer bestimmten Währung handelt, aus dieser Währung zurückzuziehen.

Das wäre ... Das hieße, dass man für drei Viertel aller Geschäftsverbindungen nicht einmal mehr, ich weiß nicht, eine Restrukturierung einer Zinsverbindlich ..., um eines Zinstermins um drei Wochen ausmachen kann. Das alles würde Neugeschäft entsprechen. Das ist aber tägliches Brot, wenn man ein Portefeuille betreibt.

Also ich nehme nicht an, dass er gesagt hat: Ich werde es nicht einhalten, sondern ich nehme an, er wird, wenn er das so gesagt hat ... Es wird geheißen haben, ich werde das nicht einhalten können, weil das einfach drei Viertel der Marktwährung ist.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Er hat das sogar schriftlich mitgeteilt, und es ist 2012 zugesagt worden. Und man hat diese Zusage dann einfach zurückgezogen.

Dr. Rudolf Scholten: Aber hat man nicht überhaupt sogar Serbien dann korrigiert? Das würde ihm ja recht gegeben haben, dass das in Brüssel dann eingesehen wurde.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Ja, das ist nach unseren Informationen erst sehr spät passiert.

Dr. Rudolf Scholten: Aber das wäre ein Einzelfall, dass ... Ich meine, das würde bestätigen, dass man ihm in Brüssel im Nachhinein recht gegeben hat. Und dass Brüssel nicht so leicht von eingenommenen Positionen wieder abweicht, das ist im Zusammenhang mit der Hypo wohl ausreichend bewiesen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Das ist möglich. Ich würde aber trotzdem gerne über den Sachverhalt serbische Fremdwährungskredite weiterreden.

Es gibt da einen Vorhalt, und zwar die Nummer 5502, das ist ein internes Mail aus dem BMF vom 26. Juni 2013. Ich ersuche Sie, Absatz 2 und 3 einmal durchzulesen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Rudolf Scholten (in dem vorgelegten Schriftstück lesend): Das mit „Heruntergebrochen auf ein Jahr (...)“, oder?  Das mit „Heruntergebrochen auf ein Jahr bedeutet dies (...)“, oder?

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Also: „Das gesamte Neugeschäft in den 18 Monaten 2011 und 2012 (...)“. (Auskunftsperson Scholten: Ach so, ja!) Und dann die Conclusio: „Das bedeutet, dass die Bank in diesem Zeitraum 236 Mio. Neugeschäft (66%) in einer Ratingkategorie 3b und schlechter gemacht hat.“

„3b und schlechter“ heißt hochspekulativ, und das ist wieder so ein Kritikpunkt, wo es unter Umständen keine Konsequenzen gegeben hat.

Dr. Rudolf Scholten: Also da das eine Notiz ist, die ich jetzt buchstäblich zum ersten Mal sehe, weil sie auch nie an mich gerichtet war, kann ich Ihnen nur sagen, ich bin sehr sicher, dass sich hier eben Neugeschäft auf alles bezieht, wo eine neue vertragliche Vereinbarung erzielt wurde. Und das Dilemma der Hypo war ja, dass die Kunden zu einem großen Teil in diesen schlechten Kreditklassifikationen einzustufen waren, das heißt, wenn ich mit einem Kunden aus der Kategorie 3b – was weiß ich – eine Korrekturvereinbarung zu dem treffe, was schon vereinbart ist, ist das Neugeschäft, jede Vertragsverlängerung, jede Stundung, jedes Einziehen von Sicherheiten ... Also Einziehen von Sicherheiten nicht.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Das stimmt schon, und das haben Sie uns ja erklärt.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, und das ist aber hier vermutlich auch so.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Das akzeptziere ich auch, das ist verständlich ...

Dr. Rudolf Scholten: Aber ich nehme an, das ist hier so.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Durch diese Erklärung werden ja dann die Kredite nicht besser, werden ja die Geschäftsfälle nicht unbedingt besser.

Dr. Rudolf Scholten: Also verzeihen Sie, wenn ich jetzt sage: In der Formulierung stimme ich Ihnen total zu, dass sie ... Unbedingt besser werden sie nicht, aber es gibt eine gewisse Chance, dass sie besser werden, indem ich ... Also das ist halt das herkömmliche Vehikel.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Aber sie bleiben hochspekulativ. Liege ich da falsch?

Dr. Rudolf Scholten: Ja, aber es wird der Kunde nicht besser. Spekulativ hieße, als ob ich selber entscheiden könnte, ob ich jetzt da drin bleibe oder nicht. Es geht ja um Fälle, wo jemand einen Kredit nicht ausreichend bedient, entweder zu spät oder zu wenig oder die Sicherheiten nichts wert sind oder was immer oder zu wenig wert sind. Also es ist ja nicht so, dass die Bank jetzt den Kunden zum Spekulativ ... Also die Bank macht ihn ja nicht spekulativ, der ist so. Spekulativ heißt ja einfach, dass die Kunden schlecht sind.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Kann man das so beschreiben: Sie haben vorher ein Luftschloss, und das Luftschloss ist nachher ein bisschen besser?

Dr. Rudolf Scholten: Nein, da muss ich jetzt also zum Entsetzen meiner Kontrollbankkollegen wieder auf die Kontrollbank zurückgreifen. Uns hat man 1998 zum Beispiel durch dick und dünn gejagt damit, dass wir ein starkes Plädoyer dafür abgegeben haben, dass man mit Russland eine Umschuldung eingeht. Die Alternative wäre gewesen, dass die Republik Milliarden an Russlandforderungen abschreibt. Und ich gebe schon zu, das war dann im Nachhinein ein besonders geglücktes Verfahren. Ein paar Jahre später haben wir gekämpft, dass die Russen die Umschuldung nicht vorzeitig zurückführen, weil die Republik und wir an dieser Umschuldung ... Also diese Umschuldung gut war, lassen Sie es mich so sagen.

Mit einem schlechten Kunden zu einer Restrukturierungsvereinbarung zu kommen, heißt nicht, ein Luftschluss, heißt nicht Träumerei. Oder sagen wir so, muss nicht Träumerei heißen, sondern kann auch heißen, ein chancenloses Engagement zu einer gewissen Chance zu führen, und das kann man wirklich nur im Einzelfall beurteilen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Wer war im Konzern für diese Neugeschäfte zuständig beziehungsweise waren Sie da in diese Informationsflüsse eingebunden als Aufsichtsrat?

Dr. Rudolf Scholten: Ab einer bestimmten Größenordnung wären wir es mit Sicherheit gewesen, aber im Prinzip lief das nach den ... Also der Risikovorstand und die für Kredit Verantwortlichen in den jeweiligen Tochtergesellschaften … Also das läuft letztlich, wenn es eine reine Restrukturierung ist, war dann ... Ab 2011 ungefähr gab es eigene Restrukturierungsleute, damit es nicht mehr mit dem Normalgeschäft sozusagen vermengt läuft, und daher sind es entweder die, die das Normalgeschäft betreiben oder diejenigen, die für Restrukturierung Spezialisten waren.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Vielleicht noch zu einem anderen Thema, und zwar wenn man sich jetzt die Situation der notverstaatlichten Bank anschaut, dann war knapp ein Drittel des Kreditvolumens notleidend und das war mit ein Grund, warum wahrscheinlich diese CSI ins Leben gerufen wurde und wahrscheinlich auch mit ein Grund der Aktivitäten der Staatsanwaltschaft.

Dr. Rudolf Scholten: Nein, verzeihen Sie. Die Zahlen stimmen genau, dieses Drittel stimmt so, aber ich habe das immer anders verstanden, und zwar zu Zeiten, als ich noch nichts mit der Hypo zu tun hatte. Der Hypo wurden zwei Dinge vorgeworfen – und da rede ich jetzt über mich als vor Jänner 2010, nach dem Dezember 2009, also sprich in der Zeit, als sie schon verstaatlicht war, aber ich nicht dachte, je damit zu tun zu haben –:

Das eine war ein finanzielles Desaster, und das Zweite war der Verdacht, dass da rechtlich viel schiefgelaufen ist. Und die CSI … Was war der zweite Punkt, den Sie gesagt haben? (Abg. Strasser: Die SOKO!) Ja, genau, die CSI und Staatsanwaltschaft. (Abg. Strasser: Geschickt von der Staatsanwaltschaft!) Ja, beziehen sich ausschließlich auf dieses ... der Verdacht, dass da rechtlich viel schiefgelaufen ist. Ich glaube auch nicht, dass es stimmen würde, rein statistisch, dass man das mit dem finanziellen Desaster gleichsetzt, weil das sind, das hat sich schon überschnitten ...

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Da können wir vielleicht in die Tiefe gehen, denn Sie haben ja schon festgehalten, dass diese Arbeit von Ihrer Seite durchaus als kontraproduktiv empfunden wurde, operativ ...

Dr. Rudolf Scholten: In der Komplettheit, nur in dieser Totalität.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Ja, ja, in Summe, in einer Abteilung oder in einer Arbeitsgruppe wurde das als kontraproduktiv wahrgenommen. Gab es in der Richtung vom Management her Ansätze, diese Aktivitäten zu unterstützen beziehungsweise die Erkenntnisse so zu nutzen, um die Bank schlicht und ergreifend einfach besser zu machen? Gab es da Managementansätze, weil das ja wieder Vorstandsaufgabe ist beziehungsweise in der Kontrolle auch im Aufsichtsrat sozusagen zu kontrollieren oder mitzubegleiten? Also: Wie ist man operativ da in den Problemzonen umgegangen?

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter!

Dr. Rudolf Scholten: Für uns war, was die rechtliche Seite betroffen hat, das ganz klare Ziel, es nach irgendeinem Maßstab – und da muss ich jetzt fairerweise sagen, da war uns jeder recht – konzentrieren zu können auf besonders sensible Fälle, von der Größenordnung, von der, was auch immer, man kann es auch von einer, in einer rechtlichen Gewichtung, von wie gravierend sozusagen mögliche Vorwürfe waren et cetera. Also auf ... Es in irgendeiner Weise auf heikle, sensible, große Fälle konzentrieren zu können und aus der Masse herauszunehmen.

Was die Wirtschaftlichkeit, also die reine Wirtschaftlichkeit betroffen hat, jetzt unabhängig von rechtlichen Überlegungen, war, muss man fairerweise noch dazusagen, der Mag. Edelmüller wirklich ein österreichweit derart anerkannter Experte für das Etablieren derartiger Systeme und Betreiben dieser Systeme, dass man ... Mir haben viele Leute nach dieser Vorstandsbestellung gesagt, was es für ein Glück für die Bank ist, dass wir den gewinnen konnten. Und ich glaube auch, dass er aus einem sozusagen beruflichen – Enthusiasmus ist vielleicht jetzt das falsche Wort –, also aus dem Gefühl, dass er anhand des ganz schwierigsten Falles, den es in Österreich gibt, belegen kann, wie erfahren er an diese Dinge herangeht.

Also ich glaube, dass es in Österreich wirklich kaum jemanden gegeben hat, der im Einrichten dieser Systeme so professionell vorgeht. Und da muss man die wirtschaftliche Seite im Sinn von: Was wird restrukturiert, wie werden Sicherheiten bewertet, wie werden Sicherheiten überwacht? und so weiter, von dem wirtschaftlichen Vorgehen, von dem Rechtlichen ganz trennen. Und das war ja unser Punkt, dass man das eben nicht vermischen darf, also man darf es – im Einzelfall vermischt es sich von allein –, aber systematisch darf man es nicht vermischen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Eine kurze abschließende Frage: Dieser Wunsch der Nachforschung, den die CSI gemacht hat, halten Sie den für legitim, ausgehend von der öffentlichen Hand, von der Republik, und welche Maßnahmen haben Sie jetzt wirklich gesetzt, im Management vor Ort, dass es hier zu keinen negativen Beeinflussungen kommt?

Dr. Rudolf Scholten: Also den Wunsch halte ich für legitim, ich hielt ihn für ... Ich hätte für wesentlich besser gehalten, ihn zu konzentrieren, um die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Bank zu verbessern. Und wir haben uns bemüht, diesen Spielraum der Bank zu erhöhen und auszuweiten und haben spätestens dann – wie per Hauptversammlung das in die Satzung der Bank übernommen wurde, dass das Geschäftszweck der Bank sei –, ehrlich gesagt, auch keine Möglichkeit gehabt.

Was wir hätten tun können – da komme ich auf die Frage des Herrn Abgeordneten Krainer zurück –, ist, bei erstem Erkennen, dass das ein Hinderungsgrund ist, kollektiv wieder einmal zurückzutreten.

Wenn ich „wieder einmal“ sage, erkennt man auch daran, es wäre ein bisschen verspielt gewesen, das hätte auch nicht sehr viel … Aber in Wirklichkeit hätten wir es vielleicht tun müssen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Guten Abend! Nur noch einmal zu dieser Frage zum Neugeschäft. Haben Ihrer Wahrnehmung nach die Gruppe Lejsek im Finanzministerium und das Kabinett Waiglein entsprechend mit dem Vorstand Kontakt gehalten?

Wir haben hier ein Schreiben. Ich lasse es Ihnen auch gleich bringen. Es geht um den Herrn Waiglein. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da wirft die Kommission massive Fragen – um nicht zu sagen vehemente Vorwürfe bezüglich des echten Neugeschäfts – auf. Wenn Sie bitte gleich in den zweiten Absatz hineinschauen! (Abg. Tamandl: Sagst du die Nummer bitte!) – Ja, Entschuldigung, 3649, Lieferant BMF.

Es ist eine an sich kleine Stichprobe. Es wir da gleich angeführt, das war hier heute schon ein Thema. Er schreibt im Resümee:

„Dies ist alarmierend, denn dies bedeutet, dass die Bank nicht nur ein belastetes Legacy Portfolio abzuarbeiten hat, sondern durch ihr Neugeschäft laufend zu Fortbestand und Verschärfung ihrer Probleme beiträgt.“

Unten beschreibt er sogar noch die unsachgemäße Preispolitik, die den Risken nicht angemessen ist und somit von Anfang an zu defizitärem Geschäft führt.

Ist das so im Aufsichtsrat mit dem Vorstand diskutiert worden? Ist Ihnen zugetragen worden, dass die Kommission ab diesem Datum, 5. Oktober 2012, schon so kritisch unterwegs ist?

Dr. Rudolf Scholten: Ich glaube nicht, dass ich diesen Brief je gesehen habe. Was uns sehr wohl zugetragen wurde, ist, dass es diesen Bericht zu diesen Einzelfällen gegeben hat, und es wurde uns sehr plausibel geschildert, dass diese Einzelfälle nicht symptomatisch für das gesamte – bleiben wir bei dem Ausdruck – echte Neugeschäft sind und dass die – sagen wir es einmal so – unterschiedlichen Wahrnehmungen zwischen Kommission und Bank geklärt würden. Meiner Information nach sind dann diese Argumente in der Zeit danach auch nicht mehr neu aufgetreten, was uns auch darauf schließen hat lassen, dass es geklärt werden konnte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, das hätten wir während des Studiums einiger Akten auch angenommen, aber genau in diesem Brief, wenn Sie ihn wenden, steht dann auf der Seite 2, im dritten Absatz – natürlich, kleine Auswahl und so weiter – und im letzten Satz dieses Absatzes:

„Allerdings ist die Dichte an erkannten Problemen und Fehlern derart hoch, dass die allgemeinen Schlussfolgerungen dennoch auf einer soliden Basis stehen.“

Das meint die allgemeinen von vorher. Weiter unten steht dann im Übrigen:

„Auf dieser Basis sehe ich keine Möglichkeit, eine positive Entscheidung in diesem Beihilfefall vorzuschlagen.“ 

Das ist also doch sehr resolut. Das hat uns eben doch schon länger beschäftigt – nicht unsere Fraktion –, und ich wollte nur der Ordnung halber nachfragen, weil Sie ja sonst gar keinen entsprechenden Vorhalt haben, worauf Sie das wirklich aufspielen können. Das klingt doch recht heftig.

Dr. Rudolf Scholten: Da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Ich muss nur sagen, dass sich eine rein wirtschaftliche Analyse hinsichtlich der Ausfälle – wenn wir jetzt bei dieser Kategorisierung echtes Neugeschäft bleiben, also nicht diesem Anhang an das Altgeschäft, sondern wirklich den neuen Kunden, also bei dieser Differenzierung und einer Analyse der Ausfallsquote aus den alten Kunden und den neuen Kunden, wenn man die Verstaatlichung da als Schnitt nimmt – ja leicht herstellen ließe.

Ich kann das jetzt hier freihändig wirklich nicht beantworten, aber es muss sich ja ganz leicht herstellen lassen, wie viele Ausfälle der Bank in den Jahren 2011 aufwärts aus Engagements von vor 2009 beziehungsweise dem Verstaatlichungsdatum und nach dem Verstaatlichungsdatum entstanden. Das müsste eigentlich eine ordentliche EDV in wenigen Minuten ausspucken, oder zumindest kann es kein sehr großer Aufwand sein.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Völliger Themenwechsel: Nachdem Kollege Ditz als Vorsitzender und Ihr Kollege gegangen sind, kam Dr. Liebscher, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Hat Herr Dr. Liebscher Ihnen oder dem Aufsichtsrat mitgeteilt, was ihn dazu bewogen hat, seinerseits den Vorsitz des Aufsichtsrats, ich glaube, dann im Februar oder März 2014 zurückzulegen?

Dr. Rudolf Scholten: 2014 waren wir dann alle schon draußen. Ach so! Im Februar, das stimmt schon. Wir sind dann im Mai gegangen. Die Antwort ist Ja, aber ich kann das jetzt sozusagen anekdotisch nicht nacherzählen. Ich weiß nur, dass es auf eine gravierende Meinungsverschiedenheit mit dem Finanzminister begründet war. Ich glaube, er hat irgendetwas ziemlich wenig Honoriges über ihn gesagt. Es war irgendein Punkt … Es würde leicht zu erkunden sein, man müsste nur nachlesen, was der Finanzminister über Dr. Liebscher gesagt hat. Da gab es eine – sagen wir – Unfreundlichkeit.

Die anderen Kapitalvertreter sind dann im Mai gegangen. Der Auslöser war, dass uns mitgeteilt wurde, dass der Herr – Wagner? Nein, wie hat er geheißen? Ein Deutscher, der dann kam … (Abg. Kogler: Walter!) – Herr Walter der neue Aufsichtsratsvorsitzende wurde, wo wir nur darauf aufmerksam gemacht haben, dass wir selbst den Vorsitzenden wählen. Es wurde dann irgendwie sehr banal.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich habe eine Frage. Es war heute schon Thema, und zwar haben Sie 2013 der APA gesagt, wie Sie die Hypo vorgefunden haben. Es war ein wirklich bodenloser Sauhaufen, haben Sie damals gesagt; und auf die Frage, wo denn die Aufsicht war, haben Sie gesagt, dass es für die Aufsicht schwierig war, weil alles im Leasinggeschäft versteckt beziehungsweise in den Auslandstöchtern das meiste Geschäft war.

Das wurde ja nicht besser. Oder hat sich das so stark verbessert, dass Sie diese Befürchtungen eben nicht mehr teilten?

Dr. Rudolf Scholten: Natürlich. Es wurde einmal quantitativ besser, indem diese Bank bis 2014 nahezu halbiert wurde – damit ist einmal die Dimension deutlich geringer geworden –, und die Systeme sind vollkommen neu aufgesetzt worden; also den Vorwurf Sauhaufen hätte ich im Jahr 2014 mit Sicherheit nicht mehr gemacht. Ich habe ihn auch nicht 2013 zu 2013 gemacht, sondern die Frage war, was mein Eindruck war, als wir dort eingestiegen sind. Ich kann mich genau erinnern, das war ein Pressegespräch Anfang September 2013.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ab wann hat sich dieser Sauhaufen zu einer normalen Bank entwickelt oder zu einer – ich sage jetzt einmal – gesund agierenden Bank?

Dr. Rudolf Scholten: Da sind wir jetzt wieder bei diesen Bewertungen. Die Hypo war zu den Zeiten, als ich dort im Aufsichtsrat war, nie normal und auch nie gesund, sondern sie war ein Fall einer Bank mit unausreichenden, internen Abläufen und hat dann insbesondere unter der Leitung von Mag. Edelmüller,  was jetzt das Risikoengagement betrifft, aber sonst vom Gesamtvorstand neue, dem Standard der Branche entsprechende Abläufe bekommen. Das heißt nicht, dass deswegen die Bank gesund – oder wie haben Sie gesagt? – nicht florierend – war. Das heißt nur, dass diese Abläufe geordnet waren, das verändert einmal das Geschäft per se noch gar nicht, sondern es reguliert nur die Abläufe damit.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wann waren die Abläufe wieder in Ordnung? Für wann können Sie sagen, ab jetzt waren die Abläufe so, wie sie in einer normalen Bank sein sollten?

Dr. Rudolf Scholten: Durchgängig durch die ganze Bank in Ordnung waren sie wahrscheinlich bis zum Schluss nicht, weil sie es nicht sein konnten, weil wir zum Teil mit Einzelorganisationen zu tun hatten, die viel zu weit weg waren – jetzt nicht geografisch, sondern hierarchisch viel zu weit weg. Ich würde aber einmal sagen, dass im Grunde im Jahr 2011 die Hauptsysteme mit Sicherheit wesentlich besser waren als davor und – wenn man so will – einem Standard entsprochen haben. Das heißt noch immer, dass – ich weiß nicht – Leasing-Ukraine mit Sicherheit noch nicht den Standard erreichte – um nur ein Beispiel zu nennen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Haben Sie allen Bereichen, die den Standard nicht erreichten, verboten, Neugeschäft zu machen?

Dr. Rudolf Scholten: Das weiß ich nicht. Wahrscheinlich nicht – nein (Abg. Lugar: Warum nicht?) –, aber ich glaube, sie hatten mit Sicherheit keine Möglichkeit, Neugeschäft zu machen, weil sie keine Passivseite mehr hatten. Die Ukraine ist ein gutes Beispiel, die haben keine Primärmittel gehabt, die hätten nur von Krediten der Mutter leben können; und die Mutter hat mit Sicherheit an die Ukraine keine neuen Kredite vergeben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie ist das am Balkan gewesen? Da hat es ein Neugeschäft gegeben, aber die waren ja nicht am aktuellen Stand. Oder waren sie am aktuellen Stand?

Dr. Rudolf Scholten: Ich glaube, dass große Teile sehr wohl am neuesten Stand waren und dort, wo sie eigene Primärmittel aufstellen konnten, auch Neugeschäftsmöglichkeiten hatten; aber, wie gesagt – da bin ich bei dem, was ich Herrn Abgeordnetem Kogler vorhin gesagt habe –, die Qualität des Neugeschäfts lässt sich ja ganz leicht überprüfen; da muss man nicht sehr viele Vermutungen anstellen, man muss nur die Ausfallquoten Neugeschäft gegen Altgeschäft rechnen und Neugeschäft als Kunden, die vor der Verstaatlichung noch keine Kunden waren, definieren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben aber gesagt, als Neugeschäft wurden auch Umschuldungen bezeichnet, wo man …

Dr. Rudolf Scholten: Eben, und dort wird diese Qualifizierung nicht stimmen, weil dort … Neugeschäft …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Haben Sie das so scharf getrennt, dass Sie gesagt haben, das sind ganz neue Kunden? Und wie ist jetzt die Qualität von ganz neuen Kunden? Haben Sie das erhoben?

Dr. Rudolf Scholten: In der EDV der Hypo kann ich wohl trennen, ob Kunden schon vor 2009 drinnen waren oder nicht. Neugeschäft mit Kreditkunden, die vor der Verstaatlichung schon Kunden waren, ist vermutlich sogar der schlechtere Teil des Bestandes, weil das ja ein Beweis ist, dass Restrukturierungen notwendig waren. Das heißt also, wir haben es – wenn Sie so wollen – mit zwei Extremfällen zu tun. Das eine ist der schlechte Teil des Altgeschäfts, der zu restrukturieren und daher rechtlich Neugeschäft ist – weil neue Vereinbarung –, und auf der anderen Seite sind die neuen Kunden, mit denen neue Verträge gemacht wurden. Also mit Sicherheit lässt sich das von der Datenlage her differenzieren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Davon bin ich überzeugt. Die Frage ist ja nicht, ob sich das lässt. Die Frage ist, ob Sie das gemacht haben. Das ist ja die Frage.

Dr. Rudolf Scholten: Das hat die Bank auch mit Sicherheit. Ich bin auch ganz sicher, dass die Ausfalls…

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich will ja wissen, ob Sie davon Kenntnis haben, wie das Neugeschäft, also mit Kunden, die noch nicht Kunden waren, …

Dr. Rudolf Scholten: Ich kann Ihnen nicht die Ausfallsquote vom Neugeschäft sagen. Ich kann Ihnen …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum nicht?

Dr. Rudolf Scholten: Weil ich es nicht weiß.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber das wäre doch interessant.

Dr. Rudolf Scholten: Ja, aber ich weiß es trotzdem nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Schauen Sie, es gibt doch einen Beweis dafür, dass das eben bei ausgesuchten Kreditfällen ziemlich schlecht war. Sie haben das so erklärt, dass auch Altgeschäfte, die durch Umstrukturierungen als Neugeschäfte tituliert wurden, dabei waren. (Auskunftsperson Scholten: Ja!) Jetzt wäre es natürlich für Sie interessant, um das zu untermauern, wie es beim wirklichen Neugeschäft ausschaut – und das haben Sie unterlassen.

Dr. Rudolf Scholten: Nein, mit Sicherheit liegen diese Zahlen auf. Wir haben die auch mit Sicherheit berichtet bekommen; ich weiß nur die Antwort nicht. Ich kenne den Prozentsatz der Ausfälle aus dem Neugeschäft nicht auswendig.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie werden doch wissen, ob das damals gut war, so im Mittelfeld im Vergleich mit den anderen Banken. Da gibt es wahrscheinlich Vergleichszahlen. War es besser oder schlechter als das der anderen Banken?

Dr. Rudolf Scholten: Es wird mit Sicherheit nicht besser gewesen sein, weil die Hypo schon von Haus aus keinen Zugang zu so besonderen Marktsegmenten hatte. Aber es wird mit Sicherheit besser als der Bestand gewesen sein, sonst hätten wir ja auch … Wir haben ja zumindest quartalsweise – wenn nicht monatlich – genaue Berichte über alle Veränderungen des Kreditportfolios und darüber bekommen, was die vorher genannten Risikoklassen betroffen hat und was die Übergänge von einer Risikoklasse zur anderen betroffen hat – das ist diese berühmte Mitigation von Fällen im Bestand, die sich verschlechtern oder manchmal auch verbessern, aber sich meistens eher verschlechtert haben. Das heißt, diese Berichte hat es alle gegeben. Ich sage nur, dass ich den Ausfallsprozentsatz des Neugeschäfts nicht auswendig weiß.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber das ist doch interessant. Dann, wenn Sie sagen, Sie wollten – und das hat auch Ditz gesagt – der Bank wieder eine gewisse Standfestigkeit geben, ist ja genau das interessant: nicht die Altgeschäfte, nicht die Umschuldungen, sondern das Neugeschäft, nämlich das, wenn man sagt, man will das Ganze auf neue Beine stellen, man will wieder Spareinlagen hereinnehmen, man will wieder Kredite vergeben. Für den Fall steht ja die Frage im Raum, wie man im Vergleich zu anderen Banken liegt, ob man immer noch eine hoch spekulative Bude oder jetzt endlich eine solide Bank ist. Und das muss Ihnen ja in Erinnerung sein, wie sich das entwickelt hat.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Scholten, bevor Sie antworten, möchte ich Sie nur davon in Kenntnis setzen, dass ich die Befragung in 5 Minuten für beendet erklären werde, weil wir dann die vier Stunden erreicht haben und die Verfahrensordnung das auch so vorsieht.

Dr. Rudolf Scholten: Ich kann das kurz machen. Da sind wir wieder bei dieser Frage zum Geschäftsmodell. Für uns war das Neugeschäft ausschließlich eine Frage des Die-Bank-im-Laufen-Haltens. Unser Ziel war mit Sicherheit nicht, dass wir dort eine expansive Politik machen oder dort eine expansive Geschäftspolitik anwenden – ganz im Gegenteil! –, das ist genau das, was wir der Vergangenheit vorgeworfen haben. Es war nur das Ziel, dass die … (Abg. Lugar: Was redet der da?) – Na ja, expansiv heißt ausweitend.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich weiß, was das heißt. Aber …

Dr. Rudolf Scholten: Ich weiß dann nicht, was das Missverständnis sein kann.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wenn Sie sagen, Sie wollten nur die Bank am Laufen halten (Auskunftsperson Scholten: Ja!), und wissen jetzt nicht mehr, ob Sie da zusätzliche Verluste produziert haben oder nicht, dann ist ein bisschen eigenartig.

Dr. Rudolf Scholten: Also zusätzliche Verluste aus dem Neugeschäft haben wir mit Sicherheit nicht produziert.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na ja, aber Sie wissen es ja nicht mehr. Wieso wissen Sie das?

Dr. Rudolf Scholten: Aber ich weiß, dass wir keine zusätzlichen Verluste gemacht haben, dann hätten wir sie ja abgestellt. Das wäre ja völlig wahnsinnig gewesen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das wissen Sie; also Verluste hat es aus dem Neugeschäft keine gegeben.

Dr. Rudolf Scholten: Das habe ich nicht gesagt. Ich habe nicht gesagt, dass es keine Verluste gegeben hat. Ich habe gesagt, dass das Neugeschäft nicht zu einer zusätzlichen Verlustquelle wurde. Dass es im Neugeschäft genauso Ausfälle gegeben hat, ist natürlich so.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Eben. Und dann müssen Sie ja wissen, im Verhältnis zu dem Gesamt…

Dr. Rudolf Scholten: Sie können mich qualifizieren, als was Sie wollen. Ich kenne den Prozentsatz nicht. Und ungenaue Zahlen sage ich hier sicher nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha! Ich habe eh keine Fragezeit mehr. – Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Wir haben jetzt noch knapp über 2 Minuten, und ich frage in der Fraktionsreihenfolge, ob es jetzt noch eine kurze Wortmeldung gibt.

Vierte Runde: Sozialdemokraten? – Keine Frage. Freiheitliche? (Abg. Angerer: Wenn, dann vertraulich! – Unruhe im Saal.) – Aber es sind jetzt nur noch 2 Minuten. Herr Abgeordneter Angerer, die Möglichkeit gibt es natürlich, aber es wäre gut gewesen, wenn man in der Fragezeit Ihrer Fraktion in der vorigen Runde dafür Zeit gehabt hätte. (Zwischenruf des Abg. Darmann.) – Gut, wir haben 2 Minuten. Dann unterbreche ist jetzt kurz die Sitzung. Ich ersuche die Fraktionsvorsitzenden, zu mir zu kommen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

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(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 20.07 Uhr unterbrochen und um 20.09 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

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20.09

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und bedanke mich für die kurze Besprechung. Wir haben jetzt noch 2 Minuten. Herr Abgeordneter Mag. Darmann von der freiheitlichen Fraktion wird die 2 Minuten noch im medienöffentlichen Teil nutzen, wahrscheinlich wird es eine kurze Frage und dann eine kurze Antwort. Ich werde auch die Antwort nach 2 Minuten abbrechen. – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Darmann.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Herr Dr. Scholten, ich möchte auf die Befragung von Ihrem ehemaligen Kollegen Dr. Ditz zu sprechen kommen. Wir haben es heute schon gestreift, aber in der Wortwahl war es von Herrn Dr. Ditz ganz extrem formuliert. Er hat gesagt, er hat zu Beginn 2010 ein äußerst unangenehmes Gespräch mit Herrn Dr. Peschorn gehabt, in dem von Dr. Peschorn festgehalten wurde, Pinkl darf nicht abgelöst werden, weil das unsachlich wäre.

Also es hat hier offensichtlich von außerhalb der Bank eine ganz klare Willensäußerung gegeben, den Vorstand einfach nicht abzulösen. Es wurde im Rahmen dieser Aussage auch gesagt, dass Pinkl und Peschorn an sich sehr gut befreundet sein dürften. Wie haben Sie das damals wahrgenommen?

Dr. Rudolf Scholten: Also erstens: Zu Zweiterem kann ich nichts sagen, weil das für mich weder für den einen noch für den anderen gilt, also daher weiß ich auch nicht, ob die untereinander befreundet sind.

Zum Ersten: Da muss ich jetzt ausnahmsweise den Dr. Peschorn in Schutz nehmen, mir ist auch in Erinnerung, dass er diese Frage der Sachlichkeit unserer Ablösebegründung sehr in Zweifel gezogen hat. – Insofern nehme ich ihn nicht in Schutz. Ich fand das sehr störend damals, ob wir diese Ablöse sachlich begründen. Das ist ja das, was Sie zitiert haben.

Aber ich meine nicht deshalb, weil politisch vereinbart gewesen wäre, dass Pinkl nicht gehen darf, sondern weil er gemeint hat, dass, wenn wir das nicht ordentlich begründen, würde seitens Pinkls die Chance sehr groß sein, auf die volle Vertragsablöse zu klagen, das muss er sozusagen verhindern. Ob das Motiv dahinter war, Pinkl zu schützen oder nur uns aufmerksam zu machen, dass wir das sehr genau machen müssen, weiß ich nicht.

Vorsitzende Doris Bures: Damit ist die Befragungsdauer von vier Stunden erreicht, und ich erkläre gemäß § 37 Abs. 4 der Verfahrensordnung die Befragung für beendet.

Herr Dr. Scholten, ich bedanke mich für Ihr Erscheinen vor dem Untersuchungsausschuss und die Beantwortung der Fragen.