301/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

 

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Univ.-Prof. Dr. Dietmar Aigner in der 62. Sitzung vom 9. März 2016

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 72. Sitzung am 25. Mai 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Univ.-Prof. Dr. Dietmar Aigner zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2016 05 25

 

                            Gabriel Obernosterer                                                               Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende


 


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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

62. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Mittwoch, 9. März 2016

Gesamtdauer der 62. Sitzung

9.12 Uhr – 17.45 Uhr

Lokal VI

 


Befragung der Auskunftsperson A. Univ.-Prof. Dr. Dietmar Aigner

Vorsitzende Doris Bures: Herr Professor Aigner, Sie haben von dem Recht, eine Vertrauensperson mitzunehmen, Gebrauch gemacht. Ich möchte Sie auch darauf hinweisen, dass zu Ihrer Linken Professor Binder sitzt, der in seiner Funktion als Verfahrensanwalt darauf zu achten hat, dass im Zuge der Befragung Ihre Grund- und Persönlichkeitsrechte nicht verletzt werden. Wann immer Sie sich – auch vertraulich – an Professor Binder wenden wollen, werde ich Ihnen die notwendige Zeit zur Verfügung stellen, um sich mit ihm zu beraten.

Sie können sich auch an Dr. Pilgermair wenden, wenn Sie Fragen zum Ablauf oder zur Befragung haben; er ist der Verfahrensrichter und wird die Erstbefragung und auch die Rechtsbelehrung vornehmen.

Schließlich können Sie sich auch jederzeit an mich als Vorsitzende wenden, auch wenn Sie eine Sitzungsunterbrechung wünschen oder sonstige Fragen haben.

In diesem Sinne steigen wir in die Befragung ein, und wie immer erteile ich Herrn Dr. Pilgermair das Wort.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Guten Morgen, Herr Dr. Aigner und Herr Dr. Plöckinger! Ich gebe Ihnen die beiden Personaldatenblätter mit dem Ersuchen, noch einmal die Richtigkeit der Angaben zu prüfen. (Die Auskunftsperson und die Vertrauensperson bestätigen die Richtigkeit der Daten.) – Ja.

Dann darf ich beide Herren in den wesentlichen Zügen der Rechtsbelehrung noch einmal kurz informieren.

Herr Dr. Aigner, Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung in allen Details über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie den Ablauf der Befragung hier im Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. In dieser Belehrung waren auch die Aussageverweigerungsgründe im Einzelnen angeführt. Sollte einer dieser Gründe bei einer Frage, die an Sie gerichtet wird, vorliegen, ersuche ich Sie, darauf hinzuweisen. Ein genereller Aussageverweigerungsgrund kann nämlich nicht geltend gemacht werden.

Auskunftspersonen haben das Recht, den Ausschluss der Öffentlichkeit unter bestimmten Umständen erfolgreich zu beantragen sowie Beweisstücke und Stellungnahmen vorzulegen und deren Veröffentlichung oder deren Klassifizierung zu beantragen.

Der folgende Teil der Belehrung gilt sowohl für die Auskunftsperson als auch die Vertrauensperson und betrifft das Strafgesetzbuch und das Informationsordnungsgesetz. Auskunftspersonen haben vornehmlich die Pflicht, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann so wie die Fälschung eines Beweismittels oder der Gebrauch eines falschen oder verfälschten Beweismittels nach dem Strafgesetzbuch vom Strafgericht mit Freiheitsstrafe geahndet werden.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Jede Person, die nach dem Informationsordnungsgesetz Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch noch nach der Beendigung der Befragung und nach Ende der Tätigkeit dieses Untersuchungsausschusses. Solche klassifizierten Informationen dürfen auch keinesfalls an unbefugte Personen weitergegeben werden.

Wenn Ihnen klassifizierte Informationen vorgelegt werden – das wird der Fall sein, wenn Fragestellungen unter Vorhalt einer Unterlage erfolgen –, erkennen Sie das am entsprechenden Aufdruck. Ich bitte Sie, darauf zu achten, dass Sie nachher nicht versehentlich eine solche Unterlage mitnehmen. Von klassifizierten Dokumenten dürfen auch keine Fotos und auch keine Auszüge oder Notizen angefertigt werden.

Herr Dr. Aigner, gibt es Fragen zur Rechtsbelehrung? (Auskunftsperson Aigner: Alles klar!)

Herr Dr. Plöckinger, Sie haben das Personaldatenblatt schon geprüft. – Ich persönlich habe keine Gründe für den Ausschluss der beigezogenen Vertrauensperson nach § 46 Abs. 4 der Verfahrensordnung gesehen. Ich ersuche die anwesenden Mitglieder des Ausschusses, mitzuteilen, ob gegen die Beiziehung von Herrn Rechtsanwalt Dr. Plöckinger als Vertrauensperson Einspruch erhoben wird. – Das ist nicht der Fall. Ich weise darauf hin, dass Gründe für einen Ausschluss einer Vertrauensperson auch noch während der Befragung vorgebracht werden können.

Herr Rechtsanwalt Dr. Plöckinger, Ihre Aufgabe als Vertrauensperson ist die Beratung der Auskunftsperson, Sie selbst dürfen jedoch keine Erklärungen vor dem Untersuchungsausschuss abgeben und auch nicht anstelle der Auskunftsperson antworten. Bei Verletzungen der Verfahrensordnung oder Eingriffen in die Grund- oder Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson können Sie sich unmittelbar an mich oder auch an den Herrn Verfahrensanwalt wenden.

Gibt es Ihrerseits noch Fragen in diesem Zusammenhang? – Nein.

Dann können wir auch schon dazu kommen, dass ich Sie, Herr Dr. Aigner, abschließend darüber informiere, dass allen Auskunftspersonen das Recht zusteht, vorweg eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die bis zu 20 Minuten dauern kann. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen? (Auskunftsperson Aigner: Ich würde gerne eine kurze Stellungnahme abgeben!) – Nehmen Sie vielleicht das Mikrofon und stellen Sie es zentral vor sich auf! – Bitte.

Dr. Dietmar Aigner: Werte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht zu Beginn: Was war meine Aufgabe? – Ich war als Gutachter in einigen Causen tätig, habe mich im Jahr 2012 auf Aufforderung an einer öffentlichen Ausschreibung beteiligt. Es gab ein Hearing-Verfahren; ich habe im Anschluss an dieses Hearing-Verfahren gemeinsam mit meinen Kollegen den Zuschlag bekommen, ein Gutachten – oder dann letztlich mehrere Gutachten – in dieser Causa zu erstellen.

Ich habe, so wie es mir im Zuge der Einladung zum Ausschuss aufgetragen wurde, mich auch um die Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht gekümmert, habe von der HETA ASSET RESOLUTION auch ein entsprechendes Schreiben übermittelt bekommen und möchte darauf hinweisen, dass ich aufgrund dieses Schreibens aber weiterhin an das Bankgeheimnis gebunden bin.

Meine Tätigkeit, meine gutachterliche Tätigkeit bestand darin, Kreditfälle zu untersuchen, sogenannte Non-Performing Loans.

Die Untersuchung dieser Kreditfälle fällt natürlich letztlich unter das Bankgeheimnis, sodass ich um Verständnis ersuche, dass ich bei all den Punkten, die letztlich vom Bankgeheimnis geschützt sind, keine Auskunft geben kann.

Ein zweiter Punkt: Ich bin weiterhin zur Einhaltung der Geschäftsgeheimnisse der HETA verpflichtet, also auch davon bin ich nicht entbunden. Und ich bin im Hinblick auf das laufende Verfahren zwischen der HETA und der Bayerischen Landesbank nicht entbunden. Darauf wurde ich auch noch einmal gesondert hingewiesen, und meine gutachterliche Tätigkeit hat zur Gänze letztlich mit diesem Themengebiet zu tun gehabt – also bitte auch um Verständnis, wenn ich auch da nur eingeschränkt Auskunft geben kann, da diesbezüglich keine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht erfolgt ist. Damit bin ich mit meinem Eingangsstatement auch schon am Ende.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke schön, Herr Dr. Aigner, für diese Hinweise; dann beginnen wir mit der Erstbefragung.

Wann haben Sie das erste Mal mit der Hypo im weitesten Sinne zu tun gehabt?

Dr. Dietmar Aigner: Also wann es ganz genau war, weiß ich nicht mehr. Es war in der ersten Jahreshälfte 2012; da gab es ein Ausschreibungsverfahren. Wir wurden, gemeinsam mit vielen anderen, dazu eingeladen, uns an diesem Ausschreibungsverfahren zu beteiligen. Das haben wir gemacht, haben unsere Vorstellungen präsentiert, wie wir an die Prüfung solcher Kreditfälle herangehen würden, waren dann zum Hearing eingeladen und sind im Anschluss an das Hearing eben ausgewählt worden.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und dann haben Sie 15 Kreditfälle begutachtet.

Dr. Dietmar Aigner: Nein, es waren wesentlich mehr. In Einzelfällen kann man es gar nicht so genau sagen; wenn von einem Kreditfall die Rede ist, dann waren das teilweise bis zu zehn, 15 Unterfälle. Also es waren in Summe sicher über 100 Kreditfälle, die wir uns angeschaut haben (Verfahrensrichter Pilgermair: Zusammengefasst auf diese 15, insgesamt 100?), und wir haben dann zunächst einmal in einem ersten Schritt, ich glaube, 21 Fälle gehabt, und in einem weiteren Gutachten zu einem anderen Zeitpunkt waren es dann 15 Fälle, die übrig geblieben sind.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie viele Gutachten haben Sie insgesamt für die HETA gemacht?

Dr. Dietmar Aigner: Ich überlege gerade. Es müssen ... Ich glaube, es waren am Ende vier.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Vier. (Auskunftsperson Aigner: Ja!)

Mit wie vielen Kreditfällen dann aufaddiert?

Dr. Dietmar Aigner: Na ja, aufaddiert: Die Non-Performing Loans sind letztlich immer die gleichen. (Abg. Lugar: Bitte ins Mikrofon sprechen!) – Die Non-Performing Loans waren natürlich immer die gleichen. Es war allerdings so, dass sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten beurteilt worden sind. Es gab einmal einen Beurteilungszeitpunkt 2007/2008 bis sozusagen zur Notverstaatlichung, und dann galt es in einem zweiten Schritt, den 31. Dezember 2009 zu beurteilen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Zu welchem Ergebnis sind Sie bezüglich des ersten zeitlichen Schritts 2007/2008 bis zur Verstaatlichung gekommen?

Dr. Dietmar Aigner: Da tut es mir leid, da darf ich leider ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Also lieber Herr Dr. Aigner! Wir haben jetzt – eine langjährige, hätte ich bald schon gesagt – eine langmonatige Praxis, und es sind alle anderen auch von Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitsverpflichtungen betroffen, Sie sind nicht der Erste. Und es ist durchaus möglich, dass man das so zusammenfasst, dass Sie keine Daten nennen und das Bankgeheimnis nicht verletzen. Ich frage sie ja nicht im Detail ab. Sie werden das, wenn Sie die Fragen der Damen und Herren Abgeordneten dann beantworten müssen, auch erleben. Es steht Ihnen zu, das sagte ich schon, konkret zu sagen, das nicht, aber generell geht es wirklich nicht.

Also da bitte ich Sie jetzt schon, dass Sie das tun, was alle anderen auch beachtet haben: dass Sie sich nach bestem Wissen und Gewissen jetzt auch einbringen und zur Verfügung stellen, damit wir in dieser Untersuchung fortschreiten können! – Bitte sehr.

Dr. Dietmar Aigner: Wie gesagt, ich weiß nicht, ich bin kein Jurist, also ich weiß nicht, was ich ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie dürfen sicher sein, dass der Herr Verfahrensanwalt, der jetzt auch eine umfangreiche Praxis hat, und ich schon darauf aufpassen, dass Sie nicht in eine Situation kommen, wo Sie sich selber einen Nachteil zufügen; da schreiten wir dann schon ein. Aber dass Sie grundsätzlich etwas sagen können darüber, was das erbracht hat und ergeben hat, ohne auf konkrete Daten einzugehen und das Bankgeheimnis zu verletzen, das ist machbar und möglich. Das haben wir bisher geschafft, und das schaffen wir heute auch. – Bitte sehr.

Dr. Dietmar Aigner: Gut. Wie gesagt, unsere Aufgabe war, zu untersuchen, ob Einzelwertberichtigungen, die für solche Non-Performing Loans üblicherweise zu bilden sind, allenfalls schon früher hätten gebildet werden können oder müssen. Das Ergebnis war im Wesentlichen, dass es Fälle gab, wo solche Situationen sich gezeigt haben, das aber unter Zugrundelegung, wie gesagt, der forensischen Berichte, die es dazu gegeben hat. Das heißt, das waren Ergebnisse, die man erst daraus ableiten konnte, dass man forensische Untersuchungen gemacht hat.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Quantifizieren Sie das jetzt etwas, in welchen Größenordnungen das in diesen Jahren 2007 bis 2009 der Fall war!

Dr. Dietmar Aigner: Ich kann es, ehrlich gesagt, nicht mehr genau quantifizieren.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Annähernd, nicht auf 10 Millionen oder 1 Million, aber annähernd! – Sie werden sich ja, nehme ich an, für heute vorbereitet haben, Herr Dr. Aigner, nicht?

Dr. Dietmar Aigner: Ich habe mich nicht gesondert vorbereitet.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie haben sich nicht gesondert vorbereitet? Sie machen das alles aus der Erinnerung, aus dem Kopf.

Dr. Dietmar Aigner: So ist es. Also, wie gesagt, ich habe ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Na wenn das so ist, dann appelliere ich an Ihre Erinnerung. Sonst hätten Sie sie ja aufgefrischt, nicht? – Bitte.

Dr. Dietmar Aigner: Das Problem ist ... (Abg. Lugar: Zur Geschäftsordnung!)

Vorsitzende Doris Bures: Bitte, Herr Klubobmann Lugar.

 

*****

 

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) (zur Geschäftsbehandlung): Also ich sehe keine Verpflichtung für die Auskunftsperson, sich vorzubereiten, denn es geht ja um Wahrnehmungen, und da geht es ja nicht um das, was sie jetzt wahrnimmt, sondern darum, was sie damals wahrgenommen hat. Ich glaube nicht, dass es eine Verpflichtung zur Vorbereitung gibt – was Sie hier unterstellen. Das möchte ich nur klarstellen. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

 

*****

 

Dr. Dietmar Aigner: Ich möchte dazu sagen: Ich hätte auch nicht gewusst, worauf ich mich konkret vorbereiten soll. Wir haben Tausende von Dokumenten gesichtet. (Abg. Lugar: Ich rede auch mit dem Verfahrensrichter, nicht mit Ihnen!)

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich fragte Sie nach den in etwa rechnerischen Größen, und ich meinte, dass wir jetzt nicht um Hunderttausende oder um einzelne Millionen in der Erinnerung kramen müssen, aber im Gesamten, einen Gesamteindruck von dem, was man begutachtet hat, den hat man, und wenn man ihn nicht hat, dann frischt man ihn auf, um die seinerzeitigen Wahrnehmungen wiedergeben zu können.

Dr. Dietmar Aigner: Ja. Also es waren Größenordnungen ... Ich ersuche wirklich um Verständnis, das Verfahren mit den Bayern läuft, und das ist letztlich auch Gegenstand dessen, was im Verfahren mit den Bayern vorgebracht worden ist. Es waren in einem Gutachten (die Auskunftsperson berät sich mit der Vertrauensperson) etwa 600 Millionen €, die wir an vorzuziehenden Einzelwertberichtigungen festgestellt haben, und in einem zweiten Gutachten zu einem anderen Zeitpunkt – das hatte allerdings eine eingeschränktere Aufgabenstellung und weniger Fälle zu begutachten –, ich weiß es wirklich nicht mehr genau, aber ich bilde mir ein, da sind es um die 200 Millionen oder so gewesen. Aber ich weiß es nicht mehr genau.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Dann wenden wir uns einmal dem mit den zirka 600 Millionen zu, und Sie sagen uns bitte, ohne dass Sie jetzt konkrete Kunden nennen, wie Sie vorgegangen sind und was Sie dabei vorgefunden haben.

Dr. Dietmar Aigner: Ja, also die Vorgangsweise, das ist kein Problem.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, das meine ich auch; die zeigen Sie uns jetzt einmal, dann kommen wir schon ins Gespräch!

Dr. Dietmar Aigner: Die Vorgangsweise schaut so aus, dass wir zunächst einmal Zugang zu einem Datenraum erhalten haben, wo die Dokumente zu den Kreditfällen abgelegt waren. Das waren, wie gesagt, mehrere Tausend Dokumente, von Kreditanträgen über Berichte in irgendwelchen Kreditausschusssitzungen bis hin zur Ausweiskopie. Also da war an sich alles an Unterlagen verfügbar, wild zusammengewürfelt, was man sich so vorstellen kann, und wir haben dann Forensikberichte bekommen, sozusagen schon als kondensierte Version dessen, was sich im Datenraum befindet, haben diese Forensikberichte durchgesehen, haben sie abgeglichen mit den Daten im Datenraum und haben diese dann als Grundlage für unsere Beurteilung herangezogen.

Wie haben wir die Beurteilung selbst gemacht? – Wir haben zunächst einmal das für die untersuchungsgegenständlichen Zeiträume relevante Kredithandbuch der Hypo Alpe-Adria zur Hand genommen, dieses Kredithandbuch hat dem Grunde nach den damals geltenden Solvabilitätskriterien entsprochen, und haben dann einmal anhand des Kredithandbuchs in einem ersten Schritt untersucht, ob man sich bei den Einzelwertberichtigungen an die Vorgaben des eigenen Kredithandbuchs gehalten hat.

In einem zweiten Schritt, unabhängig vom Kredithandbuch, haben wir dann untersucht, wie nach allgemein wissenschaftlich anerkannten Methoden hier Einzelwertberichtigungen zu bilden sind, und haben uns zu diesem Zweck zunächst einmal die Ratings der Kunden angeschaut.

Es gab Kunden, die ein Rating hatten. Es gab Kunden, die kein Rating hatten. Bei den Kunden ohne Rating haben wir nach solchen gesucht, die mit ihren Zahlungen in Verzug waren – da gibt es, wie gesagt, eine Regel; bei 90 Tagen Zahlungsverzug gilt ein Kunde als einer, der sozusagen ausfällt –, und haben die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung auf der einen Seite mit der Höhe der vorhandenen Sicherheiten auf der anderen Seite verglichen und haben den höheren der beiden Beträge mit dem Forderungsstand dieses Kreditnehmers verglichen. In Höhe der Differenz hat sich dann eben ein zusätzlicher Abschreibungsbedarf ergeben oder nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und da sind Sie in der Summe auf diese in etwa 600 Millionen gekommen?

Dr. Dietmar Aigner: Ja, wie gesagt, ich kann es nur aus meiner Erinnerung berichten. Dieses erste Gutachten liegt jetzt doch fast drei, vier Jahre zurück.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hat sich in etwa ein Muster für Sie – Sie sind auch Wissenschaftler – ergeben?

Dr. Dietmar Aigner: Eigentlich nicht, also jeder Kreditfall war anders. Also so, dass man jetzt von einem systematisch erkennbaren Muster sprechen könnte, so war es eigentlich nicht. Es gab immer wieder einmal vergleichbare Probleme – klar, ja –, aber es gab kein System, das für uns erkennbar war.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Was waren die Hauptgründe, die anzutreffen waren?

Dr. Dietmar Aigner: Na ja, ein wesentliches Problem war zum Beispiel die Frage, ob Sicherheiten bereits rechtlich einwandfrei bestellt waren. Es gibt hier, wenn es um die Frage ..., wie Einzelwertberichtigungen durchzuführen sind, unter anderem ja das Vorsichtsprinzip im Unternehmensgesetzbuch. Dieses Vorsichtsprinzip zwingt dazu, im Zweifel eher zu berichtigen als nicht zu berichtigen. Und wenn eben eine solche Sicherheit rechtlich nicht einwandfrei bestellt war, dann sind wir im Zweifel davon ausgegangen, dass eher abzuschreiben war, als nicht abzuschreiben war, obwohl diese Sicherheiten dann manchmal später tatsächlich bestellt wurden, was natürlich dann umgekehrt zur Auflösung einer Einzelwertberichtigung zwingt, aber halt später.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Später. – Haben Sie außer bei diesen von Ihnen erwähnten Gutachten noch auf eine andere Art und Weise mit der Hypo, mit der HETA zu tun gehabt?

Dr. Dietmar Aigner: Nein. Ich habe, wie gesagt, in Summe – ich glaube, vier Gutachten waren es – vier Gutachten gemacht; zwei haben sich ausschließlich mit diesen Kreditfällen befasst, eines mit der Frage allenfalls vorhandener stiller Reserven in der HBInt und eines mit der Frage, wie eine Fortbestehensprognose zu einem bestimmten Zeitpunkt allenfalls hätte aussehen können.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie im Zusammenhang mit Ihrer Tätigkeit mit Organen des Bundes zu tun gehabt?

Dr. Dietmar Aigner: Im Zusammenhang mit diesen Gutachten hatte ich ausschließlich mit dem Beauftragten Koordinator zu tun, also bis zum Mai 2014, glaube ich. (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja, ja!) Natürlich gab es Sitzungen mit Organen der Gesellschaft – klar –, und wenn ich mich richtig erinnere: Ich glaube, es gab einen Termin, wo einmal Dr. Peschorn anwesend war – aber ansonsten kein Kontakt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie in Ihrer Arbeit, in Ihrer Gutachtensarbeit, einen Blick auf die Organe des Bundes seinerzeit werfen können, oder sind die da nicht aufgetaucht?

Dr. Dietmar Aigner: Nein, sind nicht aufgetaucht. Wir haben uns ausschließlich mit Datenmaterial beschäftigt, das bei der Bank selbst verfügbar war, mit Datenmaterial, das in diesem Datenraum, über diesen Datenraum zur Verfügung gestellt wurde. Und wir haben auch die Auswahl der Fälle nicht selber gemacht, sondern auftragsgemäß wurden uns diese Fälle zur Verfügung gestellt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War dieses Datenmaterial ausreichend?

Dr. Dietmar Aigner: Ausreichend ... Es war offensichtlich das, was vorhanden war.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Na, wenn Sie das jetzt evaluieren?

Dr. Dietmar Aigner: Ich kann es jetzt nicht im Detail evaluieren. Es mag Fälle gegeben haben – jetzt aus der Erinnerung –, wo es schön gewesen wäre, noch mehr zu haben. Ja, es ist immer schön, wenn man mehr hat, aber wenn es nicht mehr gibt, dann muss man letztlich mit dem auskommen, was da ist.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, dann beende ich die Erstbefragung.

*****

 

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Pilgermair. – Damit gehen wir in die Befragung ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Lugar. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Aigner, ich könnten Sie jetzt natürlich Einiges über die Gutachten, die Sie erstellt haben, fragen, aber da ich des Lesens mächtig bin, werde ich das nicht tun.

Gibt es irgendetwas, was Sie uns zusätzlich über Ihre Gutachten sagen wollen oder können? Vielleicht Stimmungslagen, irgendwelche Unzufriedenheiten oder sonst irgendetwas, was Ihnen einfallen könnte?

Dr. Dietmar Aigner: Stimmungslagen ... Es war anfänglich natürlich so, dass die Erstellung dieser Gutachten, die wir gemacht haben, ein Randproblem der Hypo gewesen ist und die Damen und Herren, die dort tätig gewesen sind, natürlich auch andere Sorgen hatten, als uns Unterlagen zur Verfügung zu stellen, sodass es am Anfang durchaus ein bisschen gedauert hat, bis wir all das bekommen haben, was wir so angefordert haben. Aber ansonsten: Die Stimmungslage war gut, und man war sehr kooperativ.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Gab es irgendwelche Einflussnahmen? Gab es irgendwelche Weisungen? Gab es irgendwelche Rückmeldungen seitens der Politik oder sonst irgendetwas, was Sie sagen könnten?

Dr. Dietmar Aigner: Nein, nein, gar nichts.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Gab es irgendwelche Rückmeldungen über die Verwertung Ihrer Unterlagen, Ihrer Gutachten? Hat man da mit Ihnen gesprochen? Hat man das abgestimmt? Haben Sie Erfahrungen gesammelt, was damit getan wurde oder nicht getan wurde oder Sonstiges?

Dr. Dietmar Aigner: Unsere Gutachten hatten zunächst den Zweck, in dem dann letztlich stattgefundenen Verfahren mit der Bayerischen Landesbank vorgelegt zu werden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Haben Sie da Rückmeldungen bekommen?

Dr. Dietmar Aigner: Nicht wirklich, nein. Wir haben das Gutachten erstellt, aber das ist Standard. Ich erstelle viele Gutachten, und ich bekomme in den seltensten Fällen ein Feedback, was jetzt damit gemacht wurde und was nicht, außer der Zweck des Gutachtens ist von vornherein ganz klar definiert.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, wenn man zusammenfasst: Sie wurden beauftragt, ein Gutachten zu machen. Sie haben das gemacht. Alles, was Sie festgestellt haben, steht im Gutachten.

Dr. Dietmar Aigner: So ist es.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es gab dann keine Anknüpfungspunkte in irgendeiner Weise, Politik, retour, hin oder her?

Dr. Dietmar Aigner: Nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Haben Sie eine Idee, warum Sie heute hier geladen wurden? (Auskunftsperson Aigner: Bitte?) – Haben Sie eine Idee, warum Sie geladen wurden?

Dr. Dietmar Aigner: Ehrlich gesagt, nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich habe auch keine Idee, und deshalb werde ich jetzt die Befragung beenden, weil ich es für sinnlos erachte. – Vielen Dank.

Dr. Dietmar Aigner: Danke schön.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Professor Aigner, Sie haben jetzt zwei Gutachten angesprochen; eines mit 600 Millionen, Ihrer Erinnerung nach, zusätzliche Einzelwertberichtigungen, und dann ein zweites.

Dr. Dietmar Aigner: Ich kann es nicht genau im Detail sagen, ich weiß es nicht mehr; ungefähr.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also das Gutachten, das uns vorliegt, wird genannt: Privatgutachten im Auftrag der Hypo Alpe-Adria zur „Notwendigkeit zusätzlicher Einzelwertberichtigungen im Geschäftsjahr 2009“ (Auskunftsperson Aigner: Das ist ein anderes!), und Stand ist September 2014.

Dr. Dietmar Aigner: Das ist ein anderes Gutachten; das ist das zweite.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ist es das zweite, von dem Sie gesprochen haben? Also hier ist es um Einzelwertberichtigungen im Geschäftsjahr 2009 gegangen.

Womit hat sich das erste Gutachten beschäftigt?

Dr. Dietmar Aigner: 2007, 2008. (Abg. Hable: Okay!) Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass man 2009 schon Wertberichtigungen nachgezogen hat, die wir ursprünglich allenfalls für einen früheren Zeitpunkt festgestellt hatten; daher hat sich die Anzahl, die Größenordnung verringert. Wenn tatsächlich eine Wertberichtigung gemacht wurde, dann war sie eh da.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja. Beim zweiten Gutachten – da kann ich Ihrer Erinnerung ein bisschen nachhelfen; ich habe mir gedacht, dass Sie die Gutachten vielleicht mithaben – ist im Executive Summary – das ist das Dokument mit der Nummer 1187307, fürs Protokoll – festgehalten: „für das Geschäftsjahr 2009 ein zusätzlicher Risikovorsorgebedarf (Erhöhung der bilanzierten Einzelwertberichtigung) in Höhe von rd. € 375 Mio“.

Dr. Dietmar Aigner: Das kann sein, ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das war dieses Gutachten, wo Sie sich einen kleineren Ausschnitt von Kreditfällen angeschaut haben; von 15 Kreditfällen ist dort die Rede.

Wie würden Sie das grundsätzlich bewerten? Ist es ein üblicher Vorgang, dass man, wenn man als Gutachter ein bisschen mehr in die einzelnen Kreditfälle hineingräbt, bei einem Sample von 15 Kreditfällen auf einen zusätzlichen Wertberichtigungsbedarf von 375 Millionen kommt?

Dr. Dietmar Aigner: Ob das üblich ist? (Abg. Hable: Ja!) – Also ich habe es für andere Banken nicht gemacht, daher kann ich nicht beurteilen, was üblich ist.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber hat Sie das überrascht?

Dr. Dietmar Aigner: Nach dem ersten Gutachten: nein.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Können Sie das vielleicht näher erläutern? Was war denn sozusagen Ihre Erkenntnis aus dem ersten Gutachten?

Dr. Dietmar Aigner: Dass es einen zusätzlichen Wertberichtigungsbedarf möglicherweise gegeben hat, allerdings, um es noch einmal zu betonen, auf Grundlage der forensischen Berichte, die uns schon vorgelegen sind.

Sie müssen ja bei solchen Dingen immer unterscheiden: Welche Informationen hatte man zu dem Zeitpunkt, als man das für die Bilanzierung entschieden hat, und was konnte man zu diesem Zeitpunkt wissen? Und ein zweiter Punkt ist: Wenn ich im Nachhinein eine forensische Untersuchung gemacht habe und sich herausgestellt hat, dass sich Personen anders verhalten haben, als man das ursprünglich eingeschätzt hat, oder sich nicht so verhalten haben wie erwartet oder vielleicht auch strafrechtlich relevante Themen gesetzt haben, dann ist natürlich mit der Erkenntnis aus der forensischen Analyse eine andere Datengrundlage vorhanden, als man sie vielleicht zu dem Zeitpunkt hatte, an dem ursprünglich einmal bilanziert wurde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber Ihr Betrachtungszeitpunkt war ja – bleiben wir jetzt einmal bei diesem Gutachten – das Jahr 2009. (Auskunftsperson Aigner: Ja!) Also es war ja nicht Ihre Aufgabe, zu begutachten, wie man es mit dem Wissensstand des Jahres 2014 eingeschätzt hätte, sondern sie war damals schon, zu begutachten, ob mit dem Wissensstand von 2009 zusätzliche Wertberichtigungen vorzunehmen gewesen wären oder nicht. Richtig?

Dr. Dietmar Aigner: Nein, das ist nicht ganz richtig. Es geht nicht um den Wissensstand 2014, allerdings ... Es geht um den Wissensstand 2009, aber halt unter Zugrundelegung dessen, was bis 2009 auch an – aus der forensischen Untersuchung heraus – zusätzlichen Daten vorhanden war.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, klar. Also ich meine: nicht noch einmal rückwirkend, was man 2007 schon hätte wissen müssen, denn das Argument war ja – und deswegen sind ja diese Gutachten gemacht worden –: Was hätten die Bank, das Management beziehungsweise die Eigentümer damals, also auch Bayern, schon wissen müssen, und haben die – schlicht gesagt – 2009 die Wahrheit über den wirtschaftlichen, finanziellen Zustand der Bank gesagt, als sie Österreich dann um den Hals gehängt worden ist? (Zwischenruf des Abg. Krainer.) – Das kann man ignorieren, also bitte. (Abg. Krainer: Das Protokoll kann das nicht ignorieren!) – Du kannst dich zu Wort melden, aber Zwischenrufe sind nicht zu protokollieren. (Abg. Krainer: Natürlich ...!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Dr. Hable ist am Wort. – Bitte.

Dr. Dietmar Aigner: Wie gesagt, unsere Aufgabe war nicht, den Gesamtzustand der Bank zu untersuchen, sondern eben diesen kleinen Ausschnitt. Zum Gesamtzustand kann ich da auch nichts sagen. Und was der damalige Eigentümer über den Gesamtzustand wusste, das haben wir auch nicht untersucht; das ist auch nicht unser Gegenstand gewesen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie haben jetzt schon ausgeführt, dass Sie die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung mit der Werthaltigkeit der Sicherheiten kombiniert haben.

Können Sie eine grundsätzliche Aussage treffen, was den Zustand der Sicherheiten betroffen hat, sozusagen in dem Sample, das Sie untersucht haben?

Dr. Dietmar Aigner: Das ist, wie gesagt, wieder das gleiche Problem. Jeder Kreditfall war anders. Das heißt, es gibt hier kein Schema, das man drüberlegen kann, wo man sagen kann: Ja, bei diesen Kreditfällen war es immer so, so, so, und die Sicherheit hat gefehlt! – Nein, so war es eben nicht. Es gab Sicherheiten, die Sicherheiten waren zu bewerten. – Also eine generelle Aussage zu treffen, da tue ich mich schwer.

Es gab Fälle, wo eben Sicherheiten vorhanden waren; es gab welche, wo die Sicherheiten aus unserer Sicht zweifelhaft waren – aber, wie gesagt: Das steht so im Gutachten drinnen. Ich kann das auch nicht mehr im Detail wiedergeben. Sie müssen dabei berücksichtigen, das sind Tausende von Dokumenten, die hier angeschaut und verarbeitet wurden; die jetzt nach drei, vier Jahren aus der Erinnerung wiederzugeben, ist, ehrlich gesagt, ein Ding der Unmöglichkeit.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Allerdings ist das ja – ich würde es einmal so einordnen und so bezeichnen – kein übliches Ergebnis, wenn man sich ein Sample aus Bankkrediten heraussucht und dann allein aus diesem Sample, obwohl man natürlich, wie Sie auch richtig sagen, jetzt nicht notwendigerweise einen Größenschluss ziehen kann ... (Auskunftsperson Aigner: Nein!) Aber trotzdem: Man hat ein Sample von 15 Kreditfällen, und allein aus diesem ergibt sich ein zusätzlicher Wertberichtigungsbedarf von 375 Millionen €. Da kann ja mit den Sicherheiten grundsätzlich etwas nicht gestimmt haben, oder?

Dr. Dietmar Aigner: Da muss ich leider auch widersprechen. Das sind Fälle, die uns zur Verfügung gestellt wurden, also wir haben keine Stichprobenauswahl gemacht. Hätten wir eine Stichprobenauswahl gemacht, nämlich eine repräsentative Stichprobe, und hätten wir in einer solchen Stichprobe einen Wertberichtigungsbedarf festgestellt, dann hätten wir allenfalls statistisch hochrechnen können.

Hier wurden uns aber offensichtlich ganz gezielt die sogenannten Non-Performing Loans vorgelegt, also sozusagen das Schlechteste, das man im Portfolio hatte, und nur die wurden untersucht, daher ist dieses Sample leider wirklich nicht geeignet, irgendeine Form von statistischer Hochrechnung oder einen Schluss auf den Gesamtzustand des Kreditportfolios zu machen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wer hat denn darüber entschieden, welche Kreditfälle ausgesucht werden?

Dr. Dietmar Aigner: Das weiß ich nicht. Unser Auftrag war, Kreditfälle zu untersuchen, und zu diesem Zweck wurde der Datenraum mit Kreditfällen befüllt. Wer die Entscheidungen getroffen hat, muss ich gestehen, weiß ich nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber Sie waren es nicht auf Gutachterseite?

Dr. Dietmar Aigner: Nein.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und Sie haben dazu auch keine Wahrnehmung mehr? Es muss ja dann entweder auf der Bankseite oder auf der Eigentümerseite entschieden worden sein, also entweder in der Bank oder vom Eigentümervertreter, im Finanzministerium.

Dr. Dietmar Aigner: Wenn ich es wüsste, würde ich es Ihnen sagen. Ich weiß es nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wir haben da auch einen Überblick über diese 375 Millionen €, die sich an zusätzlichem Wertberichtigungsbedarf 2009 ergeben haben; interessanterweise sind hier dann 22 angeführt und nicht 15 wie im Executive Summary, aber egal. Darunter sind natürlich ein paar bekannte Namen, also zumindest dem Untersuchungsausschuss und dadurch auch schon der Öffentlichkeit bekannt.

Borik zum Beispiel, oder Punta Skala, das sind ein paar der Falkensteiner Hotelprojekte, die wir auch schon hier im Untersuchungsausschuss untersucht haben. Punta Skala sticht da mit 56 Millionen € auch heraus; also ein einzelnes Hotelprojekt, das für 56 Millionen € zusätzlichen Wertberichtigungsbedarf sorgt.

Was können Sie uns dazu sagen? Haben Sie eine konkrete Wahrnehmung zu Punta Skala oder Borik?

Dr. Dietmar Aigner: Ich bitte um Verständnis, dass ich zu konkreten Fällen gar nichts sagen kann.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie sind bereits in der Fragezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und worauf beziehen Sie sich jetzt?

Dr. Dietmar Aigner: Auf das Bankgeheimnis.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, nach den Kundennamen und Kundendaten habe ich eh nicht gefragt, beziehungsweise der Projektname liegt uns ja vor; das ist nicht vom Bankgeheimnis betroffen. Ich weiß schon, worauf Sie sich berufen wollen, aber das Bankgeheimnis, glaube ich, ist es nicht.

Dr. Dietmar Aigner: Ich würde mich da gerne auf Bankgeheimnis und Geschäftsgeheimnis berufen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, wie gesagt, meiner Meinung nach betrifft das nicht das Bankgeheimnis. Ich frage ja nicht nach Daten von Kreditnehmern oder Zahlen des Kreditgeschäfts an sich. Das grundsätzliche Problem, was wir hierbei haben – und das verstehe ich schon, Herr Professor Aigner –, ist, dass Sie von der HETA nicht entbunden worden sind. Das betrifft eben nicht nur das Bankgeheimnis, sondern Sie sind ganz grundsätzlich ...

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Herr Abgeordneter, wonach fragen Sie dann? Vielleicht können Sie Ihre Frage noch einmal präzise stellen, damit man dann wirklich ordentlich beurteilen kann, was Sie eigentlich hören wollen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich meine, das liegt auf der Hand. Natürlich möchte ich wissen, was denn bei den einzelnen Projekten die Gründe waren, warum da auf einmal im Jahr 2009 – nachdem in den Jahren zuvor immer schon gesagt worden ist: Jetzt haben wir aufgeräumt, jetzt haben wir alles bereinigt! – noch einmal gesagt wird: Ja, jetzt zusätzlich 2 Milliarden €, aber damit wäre dann alles erledigt! Zu all diesen Wertberichtigungen – und das ist sozusagen der Ausgangspunkt Ihres und anderer Gutachten – kommt dann noch einmal ein zusätzlicher Wertberichtigungsbedarf, zum Beispiel bei Punta Skala 56 Millionen €.

Natürlich frage ich zu den Projektnamen, und natürlich ist mir klar, dass wir hierbei bei der Verschwiegenheit, ich meine also nicht beim Bankgeheimnis, aber bei den anderen Entbindungen, also sozusagen eher Nichtentbindungen, anstehen, weil die natürlich auch verfahrensrelevant sind beziehungsweise in dem einzigen Verfahren, das eigentlich noch läuft, verfahrensrelevant sind.

Das werfe ich aber nicht Ihnen vor, Herr Professor Aigner, sondern das werfe ich dem vor, der dafür verantwortlich ist. Wir stoßen jetzt wieder an der Entbindungs- beziehungsweise Nichtentbindungserklärung oder, sage ich einmal salopp, am Maulkorb an, der von der HETA jedes Mal verhängt wird, wenn es interessante Fragen gäbe, wenn wir nachbohren könnten, warum denn immer wieder, jedes Jahr gesagt werden kann, dass jetzt alles bereinigt worden ist, und nächstes Jahr ist wieder alles ganz anders, und es sind bei einem einzelnen Projekt wieder 56 Millionen € zusätzlich zu berichtigen.

Das ist nicht Ihr Problem, Herr Professor Aigner, sondern das Problem – oder weniger das Problem, sondern die Absicht – der HETA, die ganz bewusst Maulkörbe verteilt, damit Personen, die Auskünfte erteilen könnten, eben nicht sagen können, was tatsächlich Sache ist. Das ist ja auch in diesem Fall ganz konkret wichtig, denn all diese kriminellen Malversationen, vom Anfang bis zum Ende, sind ja zugedeckt worden. Und ein wesentliches Instrument, womit man das zudecken kann, war, dass die Bilanzen über Jahre hinweg gefälscht worden sind. (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Diese systematische Bilanzfälschung ist unter anderem durch diese Gutachten aufgezeigt worden. Genau das ist der Grund, warum – ich bin mir nicht sicher, ob ich jetzt noch in einer Replik oder in der Redezeit bin, aber ich bin ohnehin gleich fertig, Frau Präsidentin – die HETA diese Maulkörbe erteilt: damit eben diese systematische Bilanzfälschung, dieses systematische Verschleiern von kriminellen Malversationen nicht aufkommt.

Die HETA ist mehr als sechs Jahre nach der Übernahme durch die Republik dieselbe mafiöse Organisation, die sie schon damals war. Der einzige Sinn der HETA besteht darin, diese Vorkommnisse, diese kriminellen Machenschaften weiter zuzudecken und den Untersuchungsausschuss in seiner Aufklärungsarbeit zu behindern, und heute, mit diesem Maulkorb, sehen wir ein weiteres Beispiel. – Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Hable, den Vorwurf einer mafiösen Organisation weise ich natürlich zurück. Ich habe das jetzt als Ihre persönlichen Bewertungen verstanden und nicht als Fragestellung an die Auskunftsperson (Zwischenruf des Abg. Hable), daher gehen wir in der Befragung weiter. – Herr Klubobmann Lugar, bitte.

*****

 

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) (zur Geschäftsbehandlung): Ich würde wirklich bitten, dass Sie als Vorsitzende die NEOS einmal ermahnen, dass sie uns diese Auskunftsperson aufs Aug’ gedrückt haben und dann diese nicht befragen, sondern irgendwelche eigenartigen Statements abgeben. Das ist dem Ausschuss eindeutig nicht zumutbar.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Klubobmann Lugar, es ist nicht notwendig, wie vorhin schon, dem Verfahrensrichter Hinweise zur Befragung zu geben, dann mir. Sie können sich aufgrund der langen Erfahrung, die wir im Ausschuss haben, darauf verlassen, dass wir so vorgehen, wie es auch in der Verfahrensordnung vorgesehen ist.

Herr Dr. Hable, wollen Sie zur Geschäftsordnung sprechen? (Abg. Hable: Ganz kurz!) – Bitte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Nur ganz kurz, Frau Präsidentin: Kollege Lugar, wir kennen deine Äußerungen. Ich empfehle da immer ein bisschen Aktenstudium, dann wird sich die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit mancher Auskunftspersonen auch für dich erschließen. (Zwischenruf des Abg. Lugar.) Ein bisschen Nachlesen hilft immer. (Abg. Lugar: ... aufs Auge gedrückt!)

Frau Präsidentin, das möchte ich schon festhalten: Wenn ich – und ich mache mir das nicht leicht – auch einen sehr heftigen Vorwurf hier in diesem Ausschuss mache, ist der natürlich nicht an Sie, sondern an die HETA gerichtet. Ich kann nicht ganz verstehen, warum Sie den zurückweisen; den kann die HETA zurückweisen, aber den sollte nicht die Vorsitzende des Ausschusses zurückweisen. – Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Den Ausdruck einer mafiösen Organisation weise ich schon zurück, weil das ein strafrechtlich relevanter Vorwurf ist. (Zwischenruf des Abg. Hable.)

 

*****

 

Damit kommen wir zur nächsten Fragestellerin, Frau Abgeordnete Mag. Greiner. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Professor Aigner! Den Inhalt Ihrer Gutachten kennen wir. Sie haben dem offensichtlich nichts hinzuzufügen. Auf Sie wurde kein Druck ausgeübt.

Wurde Ihres Wissens auf Ihre Mitarbeiter in irgendeiner Form von irgendeiner Seite Druck ausgeübt?

Dr. Dietmar Aigner: Soweit mir bekannt ist, nicht.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Haben Sie sonstige Wahrnehmungen zur Hypo, die uns in unserer Aufklärungsarbeit weiterhelfen können?

Dr. Dietmar Aigner: Ehrlich gesagt, keine. Um es auf den Punkt zu bringen: Wir hatten ganz klare Gutachtensaufträge, wir haben die erfüllt. Das war unsere Tätigkeit, und darüber hinaus haben wir nichts gemacht.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Hatten oder haben Sie sonstige Berührungspunkte zur Hypo?

Dr. Dietmar Aigner: Nein.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Dann darf ich Ihnen sehr herzlich für Ihr Kommen danken. – Ich habe keine weiteren Fragen mehr. (Unruhe im Saal.)

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Präsident, ich warte noch, bis die Nervosität ein bisschen abklingt.

Herr Dr. Aigner, eine Frage an Sie: Wurden Sie auch von der Griss-Kommission zu diesem Themenkomplex befragt?

Dr. Dietmar Aigner: Nein.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Sie haben vorher gesagt, Sie haben sich in Ihrem Gutachten (Zwischenruf des Abg. Krainer) – bitte, Kollege Krainer, ich werde ohnehin nicht lange brauchen – mit der Bewertung der Kredite auseinandergesetzt, und diesbezüglich haben Sie sozusagen einen Auszug schon vorgefertigt bekommen. Also Sie haben keine Stichproben gemacht, sondern es waren fix vorgelegte Fälle. Wenn ich jetzt nachvollziehe, was Sie vorher gesagt haben, waren es offenbar die schlechtesten Fälle oder sehr negative Fälle, die in der Bank waren.

Dr. Dietmar Aigner: Ob es die schlechtesten waren, kann ich nicht beurteilen, aber es waren sicher keine guten Fälle.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Kann man als Gutachter aufgrund dieser vorgelegten Fälle einen guten Rückschluss auf den Gesamtzustand der Bank ziehen?

Dr. Dietmar Aigner: Da es keine statistisch relevante oder signifikante Stichprobenauswahl war, nein.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): War es Inhalt Ihres Auftrags, einen Rückschluss zu ziehen?

Dr. Dietmar Aigner: Nein.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Sie haben also nur diese Fälle bewertet.

Es gibt einen Bericht des „Standard“ vom 15. Oktober 2013. Wenn Sie wollen, können wir Ihnen den gerne vorlegen, ansonsten zitiere ich nur kurz. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

In dem Artikel geht es um die Anfechtung des Hypo-Kaufs und die rechtliche Auseinandersetzung damit. Ich beziehe mich jetzt auf Absatz Nummer 6 auf der ersten Seite. In der Mitte des Absatzes ist unter anderem zu lesen:

„Rund 30 Prozent der heutigen Wertberichtigungen entstammten Krediten, die in der Bayern-Ära vergeben wurden. Die Verkäufer hätten also gewusst oder wissen müssen, dass sich die ganze Geschichte kapitalmäßig nicht ausgehen könne. Die Bayern sehen es anders.“

Dr. Dietmar Aigner: Das ist eine Beurteilung, die nicht von mir stammt.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ich weiß. Ich wollte Sie erstens fragen, ob sich Ihr Gutachten auch damit beschäftigt hat.

Dr. Dietmar Aigner: Nein.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Gar nicht. – Haben Sie eine Wahrnehmung oder können Sie in irgendeiner Form kommentieren, ob dieser Rückschluss zulässig ist, dass 30 Prozent der Kredite von den Bayern ...

Dr. Dietmar Aigner: Ich kann es nicht kommentieren. Wie gesagt, hätte unser Auftrag anders gelautet, hätten wir vielleicht auf etwas rückschließen können, aber der Auftrag war, wie er war, und damit ist ein Rückschluss, ehrlich gesagt, methodisch nicht möglich.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke, Herr Dr. Aigner, ansonsten gibt es keine weiteren Fragen von uns. (Zwischenrufe der Abgeordneten Tamandl und Lugar.)

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Geschätzter Herr Dr. Aigner! Kollege Hable hat bereits diese 375 Millionen € angesprochen. Ich würde da noch gerne ganz kurz weiterreden, aber vorher: Sie haben den methodischen Zugang auch mit Dr. Pilgermair besprochen und haben ausgeführt, dass Sie das Kredithandbuch gecheckt haben, also die internen Richtlinien der Bank. Wurden die eingehalten? Wie ist da Ihre Analyse ausgefallen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Dietmar Aigner: Wir haben uns nicht damit befasst, ob das jetzt im Allgemeinen eingehalten wurde oder nicht. So ein Kredithandbuch – damit Sie sich das ungefähr vorstellen können – ist auch etwas, was sehr allgemein gehalten ist. Da steht zum Beispiel drinnen, wenn ein Kunde ein Rating von, was weiß ich, 2E hat, dann ist die Ausfallswahrscheinlichkeit so und so hoch, wenn er 5A hat, dann ist die Ausfallswahrscheinlichkeit zum Beispiel – ich sage jetzt irgendetwas – bereits 100 Prozent. Dort, wo es die Ratings gab, dort war es auch mit dem, was im Kredithandbuch steht, übereinstimmend. Also ich hatte jetzt keine Wahrnehmung, dass man konsequent davon abgewichen wäre, ich habe, ehrlich gesagt, dazu keine besondere Wahrnehmung.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Haben Sie Vergleiche zu anderen Banken (Auskunftsperson Aigner: Habe ich, ja!), denn Sie haben schon gesagt, Sie haben diese Untersuchungen noch nie gemacht?

Dr. Dietmar Aigner: Nein, in dieser Form noch nicht, aber ich habe natürlich schon Kreditfälle bei anderen Banken untersucht.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Und waren diese internen Richtlinien signifikant anders als bei anderen österreichischen Banken?

Dr. Dietmar Aigner: Nein, also das Kredithandbuch ... Natürlich muss man sich immer anschauen, auf welchen Zeitraum bezieht sich das Kredithandbuch, die Solvabiliätsregeln verändern sich ja auch, und nach meinem Kenntnisstand, aus meiner gutachterlichen Tätigkeit heraus kenne ich es von drei Banken, und das war ähnlich (Abg. Strasser: Okay, also das ...!); nicht gleich natürlich, aber in gewisser Weise ähnlich, vergleichbar, also nichts Außer...

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Das interne Regelwerk hätte also theoretisch gepasst. Wir sind aber im Zuge unserer Aufklärungsarbeit auch draufgekommen, dass das in der Realität hinten und vorne nicht gepasst hat – aber das ist jetzt nur so ein Hinweis.

Sie haben aber dann auch wissenschaftliche Kriterien angelegt. Sie haben – State of the Art – versucht, zu analysieren. (Auskunftsperson Aigner: So ist es!) Das ist aber später dann auch in der Bank durchaus kontroversiell gesehen worden. (Auskunftsperson Aigner: Ist mir, ehrlich gesagt, nicht bekannt!)

Wie hat sich dieser Blick dann gezeigt, also sozusagen das Kredithandbuch, diese internen Spielregeln im Spiegel Ihrer wissenschaftlichen Analysen? Wie hat sich das entwickelt?

Dr. Dietmar Aigner: Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, worauf Sie abzielen oder was die Frage ist.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Es ist ganz einfach. Ich springe zu diesem Gutachten mit der Nummer 1187307, wo auf Seite 794 von 800 beim dritten Punkt darauf verwiesen wird, dass ein zusätzlicher Wertberichtigungsbedarf von 375 Millionen im Jahr 2010 ermittelt wurde, jedoch von der Bank lediglich 279 Millionen erfasst wurden. – Das ist sozusagen für mich der Unterschied: Die interne Kultur, die internen Richtlinien haben den kleineren Betrag und Ihr wissenschaftlicher Zugang hat den höheren Betrag ergeben. Wie hat sich das dargestellt? Was sind die realen Gründe dafür?

Dr. Dietmar Aigner: Na ja, schauen Sie, solche Bewertungsfragen sind naturgemäß eben bewertungsabhängig und damit subjektiv. Das heißt, das hängt davon ab, wie man vorhandene Unterlagen einschätzt, wie man bestimmte Wahrscheinlichkeiten einschätzt et cetera. Da kann es naturgegeben Unterschiede geben. Aufgrund dieses Auszugs hier kann ich auch nicht verifizieren, aus welchen Kreditfällen sich dieses unterschiedliche Ergebnis ableitet. Ich kann dazu, ehrlich gesagt, nichts sagen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Und so ein Muster, wie Dr. Pilgermair abgefragt hat, haben Sie nicht erkannt?

Dr. Dietmar Aigner: Nein.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): In dieser Analyse – Kredithandbuch, wissenschaftlicher Ansatz – haben Sie auch die forensischen Berichte genannt. (Auskunftsperson Aigner: Ja!)

Welchen Einfluss haben die forensischen Berichte methodisch gehabt, beziehungsweise welche Erkenntnisse erzielt man aus forensischen Berichten, die dann auf die Bewertung der Kreditfälle Einfluss nehmen?

Dr. Dietmar Aigner: Die forensischen Berichte waren immens wichtig, da diese forensischen Berichte natürlich weit über das hinausgehen, was in einem Kreditantrag drinnen steht, was in irgendwelchen Ausschusssitzungen beraten wird, sondern man in diesen forensischen Berichten zum Beispiel auch kritisch Bewertungen von Sicherheiten hinterfragt hat, Verkaufspreise von Grundstücken einander gegenübergestellt und mit Werten aus irgendwelchen Bewertungsgutachten verglichen hat, die zu diesen Grundstücken gemacht wurden.

Daraus ergeben sich natürlich zusätzliche Informationen zur Frage der Schlüssigkeit zum Beispiel eines solchen Bewertungsgutachtens. Und wenn sich zum Beispiel ein Bewertungsgutachten als unschlüssig erweist, na ja, dann setzen wir im Zweifel, wenn wir hier nach streng wissenschaftlichen Methoden vorgehen, dieses Gutachten natürlich mit einem wesentlich niedrigeren Betrag und im Zweifel sogar mit null an; das heißt, wir sind hier in der Vorgangsweise einfach noch einmal strenger, und deswegen kann es naturgegebenermaßen Unterschiede geben. Unser Ansatz war eben ein vom Vorsichtsprinzip klarerweise geleiteter und mit der zusätzlichen Kenntnis aus den Forensikberichten heraus sicherlich noch strengerer.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Letztendlich – schaut man sich die Zahlen an und berücksichtigt auch Ihre Ausführungen – sprechen Sie mit Ihrer Analyse schon ein großes Missmanagement in der Bank an, wenn es um die Feststellung von Sicherheiten geht – zumindest in den von Ihnen untersuchten Fällen. Das bleibt so im Raum stehen.

Dr. Dietmar Aigner: Ja, wie gesagt, das ist Ihre Bewertung. Unsere Aussage bezieht sich nur darauf, was objektiv aus unserer Sicht eine richtige Wertberichtigung gewesen wäre – nicht mehr und nicht weniger.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Genau, das war sehr sachlich, das ist okay. Sie haben auch keine Handlungsempfehlungen abgegeben?

Dr. Dietmar Aigner: Nein.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Das wurde von Ihnen auch nicht abgefragt, das ist jetzt kein Vorwurf.

Dr. Dietmar Aigner: Vielleicht ganz generell: Ich bin immer nur Gutachter, also ich bin kein Berater. Ich bin Gutachter, und als Gutachter gebe ich keine Handlungsempfehlungen ab.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Okay, strenge Analyse, gute Freunde!

Dr. Dietmar Aigner: Genau.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Hervorragend.

Ich möchte Ihnen noch ein Dokument vorlegen; es hat die Nummer 50787 und ist das AKKT-Privatgutachten vom 21. Mai 2013. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Ab Seite 60 werden hier die Beteiligungsbewertungen der Hypo erläutert, und da steht dann, im Jahr 2009 kam es „zu einem dramatischen Wertverfall der gesamten Leasinggruppe“ und „dass den Unternehmensbewertungen per Ende 2007 und Ende 2008 trotz eindeutiger gegenteiliger Risikohinweise extrem optimistische Planrechnungen der einzelnen Leasinggesellschaften zugrunde lagen.“

Das ist aber schon eine durchaus kritische Stellungnahme gegenüber dem Management der Bank.

Dr. Dietmar Aigner: Um es zu betonen: Wir arbeiten immer ergebnisoffen, und wir beurteilen die Dinge, so wie sie sind, aus unserer Sicht.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Und wenn man dann weiterliest: „Zum Teil stehen die Planrechnungen in diametralem Gegensatz zu Einschätzungen und Beschlüssen der Aufsichtsorgane.“ – Also auch da wieder eine durchaus ... – und ich glaube Ihnen das ja, das ist ja voll okay –, dass das Management in der Bank versagt hat, und Sie analysieren das auch sehr streng.

Wie ist das jetzt im Rückblick?

Dr. Dietmar Aigner: Wie gesagt, unsere Ergebnisse, um es noch einmal zu sagen, stehen im Gutachten, und so hat sich das für uns eben damals dargestellt.

Vorsitzende Doris Bures: Sie kommen jetzt in die Redezeit der zweiten Runde, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Sie schreiben da auch von diesen „Beschlüssen“. Welche Beschlüsse könnten das gewesen sein?

Dr. Dietmar Aigner: Ich muss gestehen, das weiß ich im Detail nicht. Das ist ein Abschnitt, den Mitarbeiter gemacht haben; ich kenne ihn natürlich, aber ich weiß nicht mehr, welche Beschlüsse das waren.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Das ist interessant, das ist nämlich unisono mit Analysen, die zum Beispiel auch die Nationalbank gemacht hat. Man ist da durchaus einer Meinung, dass das grundsätzliche Management in der Bank versagt hat.

Auf Seite 61 gibt es dann auch noch ein interessantes Zitat, und zwar, dass die „Planungsrechnung (...) für Unternehmensbewertungszwecke völlig untauglich“ war. „Hier handelt es sich ganz offensichtlich um ambitionierte Zielvorgaben des Managements und nicht um eine Abschätzung realistischer Ergebnisentwicklung“.

Hatten diese Feststellungen irgendeine Konsequenz in der Bank?

Dr. Dietmar Aigner: Ich muss gestehen, das weiß ich nicht. Was letztlich mit unseren Erkenntnissen gemacht wurde, wie sie verarbeitet wurden, weiß ich nicht.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Für diese Runde abschließend eine Frage: Die Tätigkeit der Gutachter wurde auch immer wieder medial durchaus kritisch dargestellt – sozusagen: Sie haben Geld damit verdient; ich sage es jetzt einmal unverfänglich. Wie geht es Ihnen so mit der Sinnhaftigkeit Ihrer Arbeit, dem Beitrag, den Sie für den Fortbestand oder für die Verbesserung der Bank geleistet haben? (Die Auskunftsperson berät sich mit der Vertrauensperson).

Dr. Dietmar Aigner: Wie gesagt, dazu kann ich auch nichts sagen. Wir haben die Aufgabe, die uns gestellt wurde, erfüllt, und man hat unsere Gutachten letztlich dazu verwendet, um sie in Verfahren einzusetzen, insbesondere in einem, das eben gerade noch läuft und für das ich eben nicht von der Verschwiegenheit entbunden bin. Sie wurden auch in anderen Verfahren eingesetzt, wo unsere Gutachten mitunter durchaus zum Erfolg geführt haben, wo damit Vergleiche erreicht wurden – soweit mir das bekannt ist –, die für die Bank durchaus positiv waren.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Okay. Aber so direkt Feedback aus der Bank (Auskunftsperson Aigner: Habe ich nicht!), das war auch in Ihrer Tätigkeit nicht ... (Auskunftsperson Aigner: War nicht vorgesehen!) – Nicht vorgesehen.

Dr. Dietmar Aigner: Nein.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Okay, gut. – Danke.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Guten Tag, Herr Professor Aigner! Sie haben heute zu Beginn Ihrer Ausführungen erläutert, wie es zu dieser Beauftragung gekommen ist, dass das 2012 öffentlich ausgeschrieben wurde. Ist die Beauftragung bereits 2012 erfolgt oder erst im Folgejahr? Haben Sie da noch eine Erinnerung?

Dr. Dietmar Aigner: Ich bilde mir ein, der Zuschlag war 2012, die Verhandlungen über die konkrete Beauftragung, das hat dann, glaube ich, noch ein bisschen gedauert, das hat sich ein wenig hingezogen, aber ich bilde mir ein, dass das 2012 war.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): War das für beide Aufträge, also für die Jahre 2007, 2008 und separat 2009, oder waren das separate Verfahren?

Dr. Dietmar Aigner: Es wurde immer separat beauftragt.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber 2012?

Dr. Dietmar Aigner: Ab 2012.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Das eine Gutachten wurde, wie Sie ja wissen, 2013 fertiggestellt, und das andere im September 2014. Da liegt doch eine gewisse Zeit dazwischen. War das so aufwendig zu handhaben, oder was war der Hintergrund für die sozusagen andauernde Ablieferung?

Dr. Dietmar Aigner: Das war schlicht und einfach die Abfolge der Beauftragung. Es wurde zunächst eben ein Gutachten beauftragt, mit einem ganz bestimmten vorgegebenen Zeithorizont, und dann, einige Monate später, nachdem wir mit dem ersten Gutachten fertig waren, kam eben der Auftrag, noch ein weiteres zu machen, zu einer gleichgelagerten Fragestellung, aber zu einem anderen Beurteilungszeitpunkt. Natürlich müssen Sie sich dann für den neuen Beurteilungszeitpunkt wieder die relevanten Unterlagen heraussuchen.

Damit Sie eine Vorstellung haben: Dieser Datenraum, das ist ein Konvolut an Unterlagen – ich habe es schon erwähnt –, das sind Tausende Dokumente, die Sie letztlich alle anschauen müssen – Sie können auch nicht irgendwelche weglassen – und dann natürlich jeweils nach den Beurteilungszeitpunkten bewerten müssen. Und wenn ich mir zuerst die Jahre 2007 und 2008 anschaue und dann kommt das Jahr 2009, dann weiß ich zwar schon ungefähr, wo ich hineinschauen muss, aber ich muss trotzdem noch einmal hineinschauen und die neuen, für den Bewertungszeitpunkt relevanten Daten abgleichen – dies deshalb, da es hier jeweils um die Frage der Zeitpunkte, nämlich der Einzelwertberichtigungen zu bestimmten Zeitpunkten ging und natürlich relevant ist, was in der Zwischenzeit passiert ist: ob Wertberichtigungen durchgeführt wurden, nicht durchgeführt wurden, ob vielleicht Wertberichtigungen aus der Vergangenheit auch wieder aufzulösen waren, auch so etwas gibt es ja; wenn eben zum Beispiel dann eine Sicherheit, die zuvor nicht bestellt war, danach rechtlich einwandfrei bestellt ist, dann wird die Wertberichtung klarerweise auch wieder aufgelöst, wenn die Sicherheit vorhanden ist.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Die Aufwendungen sind ja gut nachvollziehbar. Wie viele Mann-/Frau-Tage sind in diese Gutachten hineingeflossen?

Dr. Dietmar Aigner: Das kann ich im Nachhinein nicht mehr sagen. Wir haben es, soweit ich mich erinnere, monatlich abgerechnet.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Waren da zwei, drei Mitarbeiter vor Ort, oder wie kann man sich das vorstellen?

Dr. Dietmar Aigner: Nein, das waren bis zwischen acht und zehn Mitarbeiter, die daran gearbeitet haben.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Im Jahr 2007 ist ein zusätzlicher Abwertungsbedarf von 122 Millionen für die Beteiligungsansätze bei der Leasinggruppe verzeichnet. Sie haben heute schon ausgeführt, wie der Vorgang bei der Prüfung der Kredite war. War das ähnlich, oder hat sich das anders dargestellt?

Dr. Dietmar Aigner: Nein, das hat sich anders dargestellt. Wir haben hier keine eigene Bewertung durchgeführt. Dieser Abwertungsbedarf hat sich aus methodischen Gründen ergeben, wir haben aber, glaube ich, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir keine eigenen Bewertungen durchgeführt haben.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Jetzt müssen Sie mir auch als Ökonomin auf die Sprünge helfen. Wie kommt man dann zu den 122 Millionen in der Leasinggruppe?

Dr. Dietmar Aigner: Es gibt für die Bewertung von Unternehmen zum Beispiel ein Fachgutachten, KFS/BW 1, und dieses Fachgutachten legt eine gewisse Bewertungsmethodik fest. Wenn ich in dieser Bewertungsmethodik einen Punkt finde, den ich zum Beispiel anders beurteilen würde, dann kann sich aus der geänderten Anwendung der Bewertungsmethodik ein Unterschied ergeben. Soweit ich mich erinnere, war das hier der Fall, wir haben aber keine eigene Bewertung durchgeführt. Das, was wir hier im ersten Teil gemacht haben, ist keine eigene Unternehmensbewertung, und das vor allem deswegen, weil eben aus einer Ex-ante-Sicht damals für uns keine geeigneten Bewertungsgrundlagen vorhanden waren; die kann man auch im Nachhinein nicht mehr erstellen, entweder es gab sie, oder es gab sie nicht.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Bleiben wir beim Thema ex ante, ex post: Jetzt haben wir die ganzen Wertberichtigungsbedarfe für 2007, 2008, 2009 sehr ausführlich dargestellt, die verschiedenen Bereiche angeführt. Das ist jetzt die Ex-post-Perspektive.

Jetzt gehe ich sozusagen in die Jahre hinein: Hätten diese Abwertungsbedarfe bereits in den Jahren 2007, 2008, 2009 augenscheinlich sein müssen?

Dr. Dietmar Aigner: Das kann man so einfach nicht beantworten. Wie gesagt, wir hatten eine Datengrundlage Forensikbericht. Das ist nicht die Datengrundlage, die normalerweise jene Personen haben, die mit dem Rechnungswesen betraut sind. Jetzt könnte man sagen, wenn ich diese Daten des Forensikberichts habe, dann hat sich mitunter ergeben, dass Wertberichtigungen allenfalls hätten vorgezogen werden können. Ich kann es aber nicht beurteilen auf Basis dessen, was die damaligen Mitarbeiter im Rechnungswesen vorliegen gehabt haben, oder auf Basis dessen, was ein Wirtschaftsprüfer vorliegen hatte. Auch eine Wirtschaftsprüfung ist keine forensische Untersuchung. Das ist eine Frage der Datengrundlage. Also so eine allgemeine Aussage darüber zu treffen, da tue ich mich schwer. Das war auch nicht die Aufgabe.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Gut, aber dann bleiben wir bei der Rolle der Wirtschaftsprüfer. (Auskunftsperson Aigner: Ja!) Wir hatten in den Aktenlagen immer wieder das Thema, dass es mit dem Vorstand die entsprechenden Verhandlungen über genau diese Thematik der Wertberichtigungen gegeben hat.

Wie ist Ihre Einschätzung als Experte, was die Aufgabe – generell jetzt – der Wirtschaftsprüfer ist? Wie vorsichtig geht man mit diesen Themen um?

Dr. Dietmar Aigner: Auch das ist schwer zu beurteilen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Mich interessiert Ihre Meinung als Experte, der Sie ja sind.

Dr. Dietmar Aigner: Ja. Wirtschaftsprüfer haben entsprechende berufsrechtliche Vorgaben und Arbeitspapiere, was sie zu prüfen haben und was sie nicht zu prüfen haben und in welcher Intensität sie das zu tun haben. Ein Wirtschaftsprüfer kann nicht arbeiten wie eine Staatsanwältin oder ein Staatsanwalt, sondern hat gewisse Prüffelder, die betrachtet werden müssen. Das ist keine lückenlose Prüfung – kann es auch nicht sein. Ich tue mich schwer, dazu jetzt etwas zu sagen, ehrlich gesagt.

Ihre Frage zielt ja letztlich darauf ab, ob die Wirtschaftsprüfer ordentlich geprüft haben oder nicht. Dazu habe ich, ehrlich gesagt, gar keine Wahrnehmung.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Es stellt sich halt diese Frage, wenn man die Gutachten, die sehr fundiert sind, und diesen enormen Wertberichtigungsbedarf, den man schon bei Samples sieht, bei Auszügen der Fälle, betrachtet und weiß, dass gleichzeitig Wirtschaftsprüfer die Bank ja über Jahre begleiten, betreuen, es in Permanenz Gutachten seitens der Oesterreichischen Nationalbank beziehungsweise seitens der FMA darüber gibt, welche Großbaustellen in dieser Bank vorhanden sind, und es immer wieder Verhandlungen zu diesem Wertberichtigungsbedarf gegeben hat. Wie wir jetzt im Nachhinein bei den Gutachten sehen, hat sich das tatsächlich in dieser Form bewahrheitet. Daher ist es natürlich ein Thema, wie qualitätsvoll die Wirtschaftsprüfung tatsächlich gearbeitet hat.

Zu einem der konkreten Fälle: Ich nenne jetzt aus dem Dokument 52554 nur eine Zahl, der Kollege hat es vorhin schon angeführt, ich brauche es nicht vorzulegen; das ist die Aufstellung in dieser Form. Ich nenne nur einen Bereich daraus, nämlich Aluflexpack, wo es 2009 einen zusätzlichen Wertberichtigungsbedarf von 47,9 Millionen gegeben hat.

Aluflexpack – das ist jetzt fürs Protokoll – ist eine Unternehmensbeteiligung, die seit dem Jahr 2000 in Permanenz mit Problemen behaftet war, mit Schwierigkeiten und so weiter. Es ist nicht groß verwunderlich, dass das in dieser Form so rausgekommen ist, aber es ist natürlich spannend, wie ein Unternehmen wie die Hypo mit so einem Fall über die Jahre hinweg umgegangen ist und nicht vorzeitig die entsprechenden Reißleinen gezogen worden sind. – Das fürs Protokoll.

Zu einem anderen Punkt, Herr Professor Aigner, darf ich Ihnen einen Auszug aus Ihrem Gutachten vorlegen, da Sie das selbst nicht mithaben. Das Dokument hat die Nummer 50787, es geht um die Seite 696. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind jetzt in der Fragezeit der zweiten Runde.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich bleibe gleich beim ersten Absatz, wo ausgeführt ist:

„Auf Grundlage der uns von der HBInt. zur Verfügung gestellten Unterlagen und der erteilten Informationen waren die Eigenmittelmeldungen der HBInt. in den untersuchungsgegenständlichen Zeiträumen 2007 bis 2009 als unrichtig anzusehen.“

Das ist die erste zentrale Aussage aus Ihrem Gutachten.

Frage an Sie als Experte in diesem Bereich: Hätte diese Feststellung, die Sie hier getroffen haben, dass die Eigenmittelmeldungen als unrichtig anzusehen sind, zu einem früheren Zeitpunkt erkennbar sein müssen, beziehungsweise für wen in der Aufsicht? – Da spreche ich jetzt konkret auch OeNB und FMA an.

Dr. Dietmar Aigner: Wir haben die Frage der Erkennbarkeit nicht geprüft, es tut mir leid, aber eine Sache muss man dazu schon noch sagen: Wir haben immer nur den sogenannten – ich nenne es jetzt einmal so – Primäreffekt auf die Eigenmittel untersucht. Man muss dabei überprüfen: Wenn es Wertberichtigungen zu Kreditforderungen gibt, dann verringert das zwar die Eigenmittel der Bank, es ändert sich dadurch aber in einem weiteren Schritt auch das Hinterlegungserfordernis. Die Frage der Veränderung des Hinterlegungserfordernisses haben wir uns überhaupt nicht angeschaut. Wir haben immer nur sozusagen diesen primären Effekt der Verringerung der Eigenmittel betrachtet, sonst aber nichts, nichts darüber hinaus, das war auch nicht beauftragt.

Zur Erkennbarkeit: Die haben wir, wie gesagt, nicht untersucht, ich habe daher zur Frage der Erkennbarkeit auch keine Wahrnehmung, nur die Ergänzung: Auch das ist das Resultat der Analyse der forensischen Berichte, der forensischen Unterlagen, die vorhanden waren. Das ist, glaube ich, schon ganz wichtig, da eben nach einer forensischen Analyse andere Unterlagen vorliegen als im laufenden Geschäftsbetrieb, und insofern kann daraus meines Erachtens auch kein Rückschluss auf die Erkennbarkeit gezogen werden.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur nächsten Runde. Es gibt keine Fragen vom Team Stronach, die NEOS haben in dieser Runde keine Redezeit mehr. Sozialdemokraten? – Keine Fragen. FPÖ? – Herr Abgeordneter Hafenecker, bitte.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Eine kurze Nachfrage hat sich noch ergeben, Herr Dr. Aigner: Dieses Gutachten war ja relevant für das anhängige Verfahren mit den Bayern. In welcher Form? Beziehungsweise: Sie sagen, Sie haben quasi nur negative Fälle bearbeitet und aufgearbeitet. Welche Relevanz, muss man sich vorstellen, kann so ein Gutachten für eine Gerichtsverhandlung haben? Beziehungsweise: Wissen Sie vielleicht, warum das genau in dieser Form beauftragt wurde und warum es eben nicht die von Ihnen angeführten objektiven Stichproben gegeben hat?

Dr. Dietmar Aigner: Wie gesagt, ich bin kein Rechtsanwalt und schon gar nicht der Anwalt der Hypo. Ich war in das Verfahren so nicht eingebunden. Das Gutachten wurde so beauftragt, wie es war, und das war offensichtlich auch der Wunsch der verfahrensbegleitenden Anwälte. Ich gehe davon aus, dass die wissen, welche Relevanz das hat.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Aber Sie sind ein renommierter Experte, Sie werden sich ja vielleicht einen Reim darauf machen können, warum es so ein Gutachten braucht, oder? Ich gehe nicht davon aus, dass Sie in so eine Aufgabe hineingehen, ohne sich zu überlegen, warum das so ist.

Dr. Dietmar Aigner: Ich habe mir schon meinen Reim darauf gemacht, aber ...

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Lassen Sie uns daran teilhaben!

Dr. Dietmar Aigner: Ja. Wie gesagt, letztendlich ... Wozu braucht man ein Gutachten? – Um seinen Verfahrensstandpunkt damit beweisen zu können. Was der Verfahrensstandpunkt war, was hier vertreten wurde, weiß ich nicht, aber es wird wohl mit meinem Gutachten zu tun gehabt haben.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke.

Noch ein kurzes Wort zur Frau Kollegin Tamandl: Als ich vorher meine Befragung beendet habe, haben Sie wieder irgendetwas ins Plenum gerufen oder den Kopf geschüttelt; jedenfalls haben Sie eine abfällige Bemerkung gemacht, weil wir nicht weiter befragt haben.

Frau Kollegin Tamandl! Dass die ÖVP einen historisch anderen Zugang zur Demokratie hat, weiß ich als Niederösterreicher, aber ich sage Ihnen jetzt eines dazu: Wenn wir ein Verlangen betreffend eine Befragung unterstützen, das von einer anderen, kleineren Oppositionspartei gekommen ist, dann unterstützen wir das, auch wenn wir vielleicht selbst nicht unbedingt viele Fragen haben. Ich denke, das ist zur Kenntnis zu nehmen – auch vor dem Hintergrund, dass wir auch Ladungen der Regierungsparteien mitbeschlossen haben. Ich bitte Sie schon, das zur Kenntnis zu nehmen.

Eines noch, Frau Kollegin Tamandl: Es steht Ihnen gar nicht zu, solche Äußerungen zu machen, denn es ist Ihr Finanzminister, der auch Herrn Dr. Aigner mit dieser Nichtfreigabe durch die HETA sozusagen geschwärzt hat. (Abg. Tamandl: Die HETA ist aber schon ...!) Gerade die ÖVP und der Finanzminister, der da ganz offensichtlich dazugehört, könnten viel mehr Beitrag zur Aufklärung leisten; dahin gehend möchte ich an die ÖVP appellieren und keine despektierlichen Äußerungen so dazwischen in den Raum geworfen haben.

 

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Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Abgeordneter Hafenecker! Das richtet sich ja wohl selbst. Erstens einmal: Ich gehe nur bei einer Ladungsliste mit, wenn ich der Meinung bin, dass diese Auskunftspersonen etwas beizutragen haben. Es ist interessant, dass weder vom Team Stronach ... Gut, er geht ja nie mit bei den Auskunftspersonen. (Zwischenruf des Abg. Lugar) Aber es heißt dann immer, an der FPÖ geht nichts vorbei, was die Opposition verlangt. Dass man dann sagt, man hat keine Fragen, weil man eigentlich gar nicht weiß, warum die Auskunftsperson geladen ist, das halte ich ...

Wir haben vorhin gerade diskutiert, ob wir mit der Zeit auskommen. – So werden wir mit der Zeit nicht auskommen, weil die Aufklärung so qualitativ nicht hochwertig genug ist, wenn wir den ganzen Vormittag damit verplempern, dass wir Auskunftspersonen befragen, die dann nichts dazu beitragen können und sich selbst wundern, warum sie überhaupt geladen wurden. Ein Gutachten kann jeder selbst lesen, das ist ja ganz klar.

Auf der anderen Seite: Was soll das? – Niemand kann als Eigentümer in eine Gesellschaft hineinreklamieren, schon gar nicht bei einer Aktiengesellschaft. Vielleicht sollte man das Aktienrecht kennen, um solche Dinge hier im Ausschuss zu sagen. Das macht Sie in der Öffentlichkeit nicht besser, wenn Sie in diesem Punkt kein Experte sind. Wir können da überhaupt nicht auf unseren Finanzminister einwirken, Kollege Hafenecker.

Abgeordneter Christian Hafenecker (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Kollegin Tamandl! Trotzdem: Würden die Personen, die wir hier vernehmen wollen, nicht ständig vom Finanzministerium sozusagen geschwärzt werden, könnten wir mehr aufklären. Das ist der Punkt, und das kann man trotzdem nicht wegdiskutieren. (Abg. Tamandl: Das ist so ein Blödsinn! Bitte, Herr Verfahrensrichter!)

 

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Vorsitzende Doris Bures: Gibt es noch Wortmeldungen? – Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Professor, sind Sie auch vertraut mit Ratings von Ratingagenturen?

Dr. Dietmar Aigner: Mitunter, ja.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Mit dem Thema der Bank-Finanzkraftratings? – Dann werden wir Ihre Expertise noch kurz in Anspruch nehmen.

Ich übermittle Ihnen einen Auszug über die Ratings der HBInt, das die Ratingagentur Moody’s ... Für die Kolleginnen und Kollegen: Das ist die Abbildung, die auch im Rechnungshofbericht enthalten ist. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Wir haben da die Übersicht mit den unterschiedlichen Kennzahlen – Long-Term, Short-Term und so weiter –, aber ich möchte auf den letzten Punkt Bezug nehmen, nämlich das Bank-Finanzkraftrating. Da geht es ja um die Wahrscheinlichkeit, dass die Bank Unterstützung durch Dritte braucht. Das hat sich über diese Jahre hinweg – 2007, 2008, 2009 – verschlechtert von D- auf E+ bis überhaupt zu E. Es war klar ersichtlich in dieser Form, wie sich das verändert hat, wobei E dann die Kategorie ist, dass die eigene Finanzkraft schon sehr schwach ausgeprägt ist und regelmäßige externe Unterstützung zu erwarten ist.

Generell jetzt von der Expertise: Wenn das D- in dieser Form schon vorher war, hat sich – ex post, mit den ganzen Baustellen, die auch in Ihrem Gutachten bestätigt worden sind – absehen lassen, dass sich diese Kennziffer so verschlechtert? Oder ist – aus Ihrer Expertise – so etwas zu erwarten?

Dr. Dietmar Aigner: Auch dazu muss man wieder sagen: Ich kann nur beurteilen, was ich selbst geprüft habe. Jede dieser Ratingagenturen hat in gewisser Hinsicht einen eigenen Algorithmus, wie sie zu ihren Bewertungen kommt. Hier ist es Moody’s, aber egal, ob es Moody’s, Standard & Poor’s oder sonst jemand ist: Ich kann dazu nichts sagen, das muss man selbst prüfen. Wenn man selbst geprüft und errechnet hat, dann kann ich eine Tendenz ableiten. Hier kann ich nur die Tendenz sehen, wie sie hier abgebildet ist.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Gut. Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals. Gibt es jetzt noch Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Ich frage Herrn Dr. Pilgermair, ob er abschließende ergänzende Fragen hat.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, nein, Frau Vorsitzende.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals. Ich erkläre die Befragung für beendet.