329/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny in der 71. Sitzung vom 24. Mai 2016

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 77. Sitzung am 28. Juni 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO­-UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

Wien, 2016 06 28

 

                  Gabriel Obernosterer                                           Doris Bures

                           Schriftführer                                                                         Vorsitzende

 


 


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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

 71. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Dienstag, 24. Mai 2016

Gesamtdauer der 71. Sitzung

10.06 Uhr – 18.25 Uhr

Lokal VI

 


Befragung der Auskunftsperson Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Herr Dr. Nowotny, Sie haben von Ihrem Recht, eine Vertrauensperson mitzubringen, keinen Gebrauch gemacht.

Der Herr Verfahrensrichter wird anschließend eine Rechtsbelehrung durchführen und dann eine Erstbefragung vornehmen.

Wie Sie ja schon wissen, sitzt links von Ihnen der Herr Verfahrensanwalt. Wenn Sie in Bezug auf die Zulässigkeit einer Frage oder Ähnliches eine Rückfrage haben, bitte ich Sie, sich jederzeit an ihn zu wenden oder auch an den Herrn Verfahrensrichter oder aber auch an mich.

Nun darf ich dem Herrn Verfahrensrichter für die Rechtsbelehrung und die anschließende Erstbefragung das Wort erteilen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Guten Morgen, Herr Gouverneur! Ich darf Sie ersuchen, dass Sie das Personaldatenblatt auf seine Aktualität hin überprüfen. (Die Auskunftsperson bestätigt die Richtigkeit der Daten.) – Trifft zu.

Sie sind schon einmal als Auskunftsperson hier gewesen. Ich habe Sie damals eingehend informiert und über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson belehrt, und ich schließe jetzt daran an. – Haben Sie dazu noch ergänzende Fragen? (Auskunftsperson Nowotny: Nein!)

Dann darf ich Sie neuerlich darauf hinweisen, dass Auskunftspersonen das Recht zusteht, vorweg eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die bis zu 20 Minuten dauern kann. Wollen Sie davon Gebrauch machen? (Auskunftsperson Nowotny: Jawohl!) – Bitte.

Dr. Ewald Nowotny: Herr Präsident! Hoher Ausschuss! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie ich dem Herrn Verfahrensrichter gesagt habe, möchte ich eine kurze einleitende Stellungnahme abgeben, wobei ich versuchen möchte, die Entwicklungen nach der Verstaatlichung 2009 in einer gewissen Systematik zu zeigen.

Institutionell hatte die OeNB über ihre generellen Aufgaben im Zusammenhang mit der Finanzmarktstabilität und der Bankenaufsicht hinaus in dieser Phase ab 2010 keine konkreten Mitwirkungsbefugnisse, wir waren aber natürlich in vieler Form beratend tätig. Das gilt speziell für die im Mai 2013 eingerichtete Taskforce. Kollege Ittner und ich waren Mitglieder, und nach dem Rücktritt von Präsident Liebscher habe ich die Arbeit der Taskforce in den drei letzten Sitzungen im Februar und März 2014 zu Ende geführt.

Die Verstaatlichung der Hypo Alpe-Adria war ja im europäischen Kontext kein Einzelfall, sondern als Ausfluss der weltweiten Finanzkrise kam es beinahe in allen europäischen Staaten und auch in den USA zur Verstaatlichung von Banken. Demgemäß gab es 2008, 2009 auch bereits eine Vielzahl an Erfahrungen, wie man möglichst effizient nach einer Verstaatlichung vorzugehen hatte.

Wir haben als OeNB diese internationalen Erfahrungen genau studiert, und ich glaube, wir waren nicht zuletzt durch die Kontakte im Rahmen der Europäischen Zentralbank wahrscheinlich diesbezüglich die bestinformierte Institution in Österreich. Wir haben auf dieser Basis auch entsprechende Empfehlungen abgegeben, denen allerdings erst nach etlichen Umwegen – und ich fürchte, zum Teil kostspieligen Umwegen – gefolgt wurde.

Im Prinzip gab es ja drei Optionen; man muss auch ehrlich sagen, mit jeder Option sind auch Vor- und Nachteile verbunden.

Option eins war das Weiterführen der Bank als Vollbank mit Bankkonzession, mit der Perspektive eines anschließenden Verkaufs. In einem gewissen Sinn war das die Strategie, die ich zur Rettung der BAWAG gefahren bin. Inzwischen waren allerdings die Voraussetzungen, wie ich dann zeigen werde, bei der Hypo Alpe-Adria völlig anders.

Option zwei war eine geordnete Abwicklung mit der Teilung in einen werthaltigen, verkaufsfähigen Teil mit dem ordentlichen Grundgeschäft und der Errichtung einer Bad Bank. In dieser Bad Bank gibt es dann kein laufendes beziehungsweise kein neues Bankgeschäft mehr, daher auch nicht die Notwendigkeit einer Bankkonzession und daher auch nicht die Notwendigkeit laufender Zuschüsse, um die Mindestkapitalquoten zu halten. Die Bad Bank fokussiert sich auf den geordneten Abbau von Assets. Und für diese geordnete Abwicklung ist mit der EU-Kommission ein Zeitrahmen festzulegen, der durchaus auch sehr lang sein kann.

Um nur ein Beispiel zu geben: Die ursprüngliche WestLB, also die Landesbank des Landes Nordrhein-Westfalen, auch mit Haftung des Landes Nordrhein-Westfalen, kam ja in große Schwierigkeiten, wurde 2009 mit der Einrichtung einer Bad Bank zerschlagen – in diesem Fall heißt sie Erste Abwicklungsanstalt. Und zur Abwicklung der Altlasten wurde mit der EU-Kommission ein Zeitraum bis 2027 vereinbart, damit es eben nicht wie bei einem Konkurs zu einer gigantischen Wertvernichtung kommt. Dieser Abbau läuft ja inzwischen planmäßig, wird wahrscheinlich sogar etwas weniger Zeit brauchen.

Ich darf Sie daran erinnern: Für die HETA ist ja jetzt nach dem jüngsten Plan ein Zeitraum bis 2023 vorgesehen.

Option drei war dann ein unmittelbares, rasches Eröffnen eines Konkursverfahrens, wobei natürlich die Abwicklung des Konkursverfahrens selbst dann auch wieder längere Zeit in Anspruch nehmen kann.

Für alle Varianten gilt, dass bereits seit Mai 2009 ein Beihilfeverfahren der EU-Kommission bestand, das bei negativem Ausgang jedenfalls zu einer raschen Liquidierung der Bank analog zu einer Konkursabwicklung hätte führen können.

Im konkreten Fall wurde vom Eigentümer durch relativ lange Zeit Variante eins, also Weiterführung mit Teilverkäufen, verfolgt. Das wesentliche Argument dafür – und ich gehe davon aus, das ist ja auch hier schon diskutiert worden – war die fiskalische Überlegung: Solange es sich um eine Bank mit Konzession handelt, gehört sie nach den Regeln von Eurostat, also der Europäischen Statistik, zum privaten Sektor, im Falle einer Bad Bank werden die Schulden der Abbaugesellschaft dagegen als Schulden des öffentlichen Sektors gesehen und erhöhen damit die Staatsschuldenquote. Das ist faktisch genau so vorgesehen.

In der Tat ist es ja auch so, dass in bestimmten Staaten, die eine Bad Bank eingerichtet haben, die Schuldenquote sprunghaft in die Höhe gestiegen ist – in Irland etwa unmittelbar um mehr als 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, in Deutschland immerhin um 8 Prozent. In Österreich erhöhte sich dann durch die Einrichtung der HETA per Ende 2015 der Staatsschuldenstand um 4,5 Prozent des BIPs.

Man muss allerdings sehen, mit fortschreitendem Abbau geht dann die Schuldenquote wieder zurück, was man ja ebenfalls in Irland und in Deutschland sieht. Und ich darf hinzufügen: Nach unseren Berechnungen, der OeNB, werden wir von dem Höchststand von 86 Prozent Schuldenstand bis 2018 wieder auf etwa 80 Prozent kommen, das ist sogar etwas unter dem Wert, den wir 2012 hatten.

Das fiskalische Argument gegen eine Bad-Bank-Lösung ist faktisch richtig, ist legitim, aber es ist meines Erachtens ökonomisch zu kurzfristig und war damit letztlich wohl auch irreführend.

Um eine Bank in vernünftiger Zeit verkaufsmäßig[1] zu machen, braucht es klare und zuverlässige Informationen über den Zustand der Bank und einen klaren und starken Handlungsspielraum für das Management. Beides war bei der Hypo Alpe-Adria nicht gegeben. Es gelang dem Management nicht, in der erforderlichen Zeit wirklich zuverlässige und belastbare Informationen über den wirtschaftlichen Zustand der Bank bereitzustellen. Das hat ja dann auch immer wieder zu einem immer weiteren Kapitalbedarf geführt und damit auch zu massiven Irritationen zwischen Management und Eigentümern.

Dazu kam, dass das Management in seinem Entscheidungsspielraum durch – politisch durchaus verständlich – externe Kontrolle und Mitwirkung massiv eingeschränkt war und sich daher zweifellos erhebliche Verzögerungen ergeben haben, sodass letztlich der aus meiner Sicht durchaus ehrenwerte Versuch, die Hypo Alpe-Adria als Ganzes eventuell sogar gewinnbringend zu verkaufen beziehungsweise mit dem Projekt unter dem Namen „HypoFit 2013“ kapitalmarktfähig zu machen, aufgegeben werden musste, allerdings eben doch erst nach erheblichen Kosten.

Die Option drei, ein Konkurs, stand ja von Beginn an im Raum und war natürlich psychologisch und zum Teil auch politisch durchaus attraktiv nach dem Motto: Ende mit Schrecken. Was dabei freilich immer übersehen wurde oder auch mit eigenartigen Argumenten wegdiskutiert wurde, war die Existenz von umfassenden Haftungen des Landes Kärnten – im Jahr 2013 immer noch 12,2 Milliarden €. Und damit verbunden war eben die unmittelbare Konkursgefahr des Landes Kärnten, zumal es in Österreich keine speziellen rechtlichen Voraussetzungen dafür gab – übrigens auch noch immer nicht gibt – und auch keine ähnlichen Fälle im gesamten Euroraum bestehen. Und dazu kamen dann noch Zweitrundeneffekte, welche nach Schätzungen der OeNB zwischen 6 und 8 Milliarden € ausgemacht hätten.

Die OeNB hat sich daher, wie Sie wissen, auch nach der Verstaatlichung dezidiert gegen eine leichtfertige Konkursstrategie ausgesprochen, und ich meine, die Ereignisse seither haben ja gezeigt, dass das alles nicht so einfach ist, wie sich das manche vorgestellt und auch publikumswirksam vorgetragen haben.

Aufbauend auf unseren ökonomischen Analysen und auf unserer Kenntnis internationaler Erfahrungen haben wir daher schon früh für eine Abbaulösung in Form einer Bad Bank plädiert. Eine Lösung, die übrigens im Fall der Kommunalkredit Austria AG ohne große öffentliche Diskussion und mit Erfolg in ähnlicher Form durch rechtzeitige Einrichtung der Abbaubank KA Finanz erreicht wurde.

Bereits am Morgen nach der Verstaatlichung der Hypo Alpe-Adria im Dezember 2009 habe ich im ORF und auch gegenüber der APA erklärt, dass der nächste Schritt nun die Einrichtung einer Bad Bank nach internationalem Muster sein müsse.

Neben allen rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekten kamen hier noch zwei bankspezifische Überlegungen hinzu, die dann im Laufe der Zeit von erheblicher Bedeutung waren: erstens eine klare Perspektive für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die massive Ungewissheit, wo binnen kurzer Zeit immer wieder neue Zahlen und neuer Kapitalbedarf aufgetaucht sind, hat verständlicherweise zu einer tiefen Verunsicherung der Mitarbeiter geführt und zur Gefahr, dass die Besten des Hauses die Bank verlassen.

Ich kann mich an einen Anruf des Gouverneurs der kroatischen Notenbank erinnern, wo er mir sagte: Bringt endlich Klarheit! Die besten Leute gehen weg, die Bank wird von Monat zu Monat weniger wert!

Der zweite Aspekt betrifft das Verfahren mit der EU-Wettbewerbsbehörde – auch die EU hat ja Erfahrungen mit solchen Verfahren. Der Versuch, hier in Österreich einen Sonderweg zu gehen, hat nur zu unnötigen Verzögerungen geführt, sodass das Verfahren von Mai 2009 bis September 2013 gedauert hat, eines der längsten Verfahren der EU-Wettbewerbsbehörde überhaupt.

Diese langen Diskussionen haben auch zu einem extrem angespannten Verhältnis zwischen den Akteuren geführt. Ich wurde diesbezüglich mehrfach vom zuständigen Kommissar Almunia angesprochen; ich kenne Almunia aus meiner Tätigkeit bei der Europäischen Investitionsbank. Ich habe das auch den politisch Verantwortlichen weitergegeben, denn wir als OeNB waren ja nicht Teil der Verhandlungsführung.

Nachdem im März 2013 die Kommission in einem sehr scharfen Schreiben mit einem negativen Bescheid im Wettbewerbsverfahren gedroht hat, wurde dann im Mai 2013 von der Bundesregierung als Expertenrat die Hypo-Taskforce ins Leben gerufen.

Am 3. September 2013 traf dann die Europäische Kommission die Entscheidung über die Beihilfen zugunsten der Hypo Group Alpe-Adria, und demnach sollten die marktfähigen Teile der Bank verkauft werden, der verbleibende problembehaftete Teil sollte dann in einem geordneten Prozess abgewickelt werden, wobei jeweils Zeitvorgaben gesetzt wurden.

Auf dieser Basis kam es dann zu weiteren Finanzzuschüssen des Bundes, und in der Folge ergab sich dann – letztlich auf Basis des Endberichts der Hypo-Taskforce – die Struktur der Hypo Alpe-Adria, wie wir sie jetzt kennen. Die Hypo Bank Österreich wurde im Dezember 2013 verkauft, firmiert jetzt als Anadi Bank. Der Südosteuropateil der HB International wurde geteilt in die aktive Hypo Group Alpe-Adria, die im Jahr 2015 unter Mitwirkung der EBRD an private Eigentümer verkauft wurde, und die im Oktober 2014 gegründete Abbaugesellschaft HETA Group, für die ja hier ein eigenes Bundesgesetz, nämlich zur Schaffung einer Abbaueinheit, das GSA-Gesetz, beschlossen wurde. Und daneben gibt es noch die Hypo Italien, die verkauft werden soll.

Bei der HETA Group liegen die haftungsbesicherten Bonds der HB International. Hier wurde dann erstmals in Europa nach den neuen rechtlichen Möglichkeiten ein Abwicklungsverfahren mit Gläubigerbeteiligung angesetzt, und es konnte, wie Sie wissen, vorige Woche ein Letter of Intent mit wichtigen Gläubigern erreicht werden.

Diese Entwicklungen gehen natürlich schon über den Zeitraum dieses Untersuchungsausschusses hinaus, ich wollte aber doch den Gesamtzusammenhang hier darstellen.

Ich darf insgesamt, glaube ich, sagen, dass die OeNB auch in der Zeit ab der Verstaatlichung als konstruktives und seriöses Element gewirkt hat und die spätere Entwicklung unsere Linie voll bestätigt hat.

Eine – wenn ich das als Einschub sagen darf – bekannte Journalistin, die sich ja sehr viel mit der Hypo beschäftigt hat, hat kürzlich in einem Kommentar geschrieben: Hätte man die Gläubiger und die Haftungen gleich ernst genommen, hätte sich Österreich einiges erspart. – Sie hat das dann noch etwas drastischer ausgedrückt.

Ich glaube, auch das gehört zu den Lehren, die man aus diesem durchaus traurigen Fall Hypo Alpe-Adria ziehen sollte, dass man sich in einer Konstellation, wo durch schwere Fehler in Kärnten große Schäden verursacht wurden, nicht in Illusionen flüchten darf, sondern dass man versuchen muss, rasch, aber mit Ruhe und Umsicht die Kosten dieser Fehler möglichst klein zu halten, dass ein Bundesland, ein Staat aber auch immer zu seinem Wort, zu seiner Glaubwürdigkeit stehen muss. Und wie die gute Stellung Österreichs auf den internationalen Kapitalmärkten zeigt, ist es gelungen, nicht zuletzt durch den Einsatz der Oesterreichischen Nationalbank, diese Akzeptanz und Glaubwürdigkeit auf den Kapitalmärkten zu erhalten. Gerade in unruhigen Zeiten kann das nicht hoch genug geschätzt werden.

Hoher Ausschuss! Ich danke, dass ich diese Stellungnahme hier abgeben durfte, und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, Herr Professor Nowotny, für die einleitende Stellungnahme. Ich komme damit zur Erstbefragung.

Sie haben im Rahmen dieser Stellungnahme gemeint, dass Sie früh, bereits im Dezember 2009, gegenüber ORF und APA Ihre Präferenz für die Bad Bank gezeigt haben. Wann haben Sie das gegenüber dem Finanzministerium bekundet und in welcher Form?

Dr. Ewald Nowotny: Es ist so, dass … Wie gesagt, ich habe gleich am Tag nach der Verkündung sozusagen der Verstaatlichung in den Interviews gesagt, der nächste Schritt muss dann die Bad Bank sein. Das hat sich natürlich auch in den Gesprächen mit dem Finanzministerium ergeben. Wir haben aber dann als Notenbank in einer Reihe von Briefen – und ich könnte Ihnen das, wenn Sie wollen, auch etwas detaillierter darstellen (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja, ich bitte darum!) – hier immer wieder auf die Notwendigkeit und die Vorteile einer Bad Bank hingewiesen.

Es ist ja so, am 16. April 2010 wurde zunächst einmal, erstmals, ein Umstrukturierungsplan für die Hypo Group Alpe-Adria festgestellt. Und wir haben zu diesem Umgründungsplan eine Stellungnahme der OeNB gemacht, wo wir eben auch schon gezeigt haben, dass wir – erstens – glauben, dass das zu optimistisch gesehen war, und haben auf unser Bad-Bank-Modell hingewiesen.

Ich habe dann hier in meinen Unterlagen …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das war am 16.?

Dr. Ewald Nowotny: Am 16. April 2010 (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja!) hat Österreich gegenüber der EU-Kommission diesen Umstrukturierungsplan vorgelegt, der aber eben keine Bad-Bank-Variante enthalten hat – der hat mit drei Szenarien gearbeitet.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wann, Herr Professor, haben Sie erstmals gegenüber dem Ministerium schriftlich Ihre Präferenz zum Ausdruck gebracht?

Dr. Ewald Nowotny: Ich habe hier – wenn ich versuche, das jetzt hier in dieser Form darzustellen –: Am 17.12.2010 hat es ein Gespräch mit dem damaligen Vizekanzler Pröll zu dem aktuellen Thema gegeben, und auch da haben wir festgestellt, dass wir vorschlagen, eine Investmentbank zur Begleitung des Restrukturierungsprozesses einzuschalten, also mit dem Ziel, letztlich eine Bad Bank zu machen. Das ist das Ergebnis. Also hier habe ich die Unterlagen: 17.12.2010.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: 17.12.2010. Haben Sie zu diesem Gespräch auch schon vorher eine schriftliche Unterlage gegeben (Auskunftsperson Nowotny: Also ich habe das jetzt hier nicht unmittelbar in meinen Unterlagen!), oder war das in diesem Gespräch am 17.12.2010 überhaupt die erste Bekundung gegenüber dem Finanzministerium, insbesondere dem Minister, oder gab es zeitgleich oder zuvor auch schon ein schriftliches Konzept (Auskunftsperson Nowotny: Ein schriftliches Konzept von …?), eine Stellungnahme, eine Empfehlung von der Nationalbank?

Dr. Ewald Nowotny: Nein. Also die Empfehlung hat es, wie gesagt, vom ersten Tag an gegeben, aber ein schriftliches ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich meine jetzt, präzise gegenüber dem Ministerium in schriftlicher Form. Wann ist das erstmals gemacht worden?

Dr. Ewald Nowotny: Ich nehme an – da müsste ich nachschauen –, dass wir zu diesem Gespräch am 17.12.2010 … (Verfahrensrichter Pilgermair: Dass Sie da etwas dabei gehabt haben!) Normalerweise bringen wir da immer Unterlagen mit, aber das habe ich jetzt nicht unmittelbar dabei. [2]

Ich kann dann im Weiteren hier sagen – wir haben ja dann verschiedene Analysen gehabt –: Wir hatten am 17. Juni 2011 – habe ich hier dann eine Unterlage – ein Treffen OeNB, FMA mit der Frau Bundesministerin Fekter. Und hier ist auch dargestellt worden, dass es einen zusätzlichen, weiteren Eigenkapitalbedarf gibt und …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie bei dieser Besprechung am 17.6.2011 auch gegenüber Ministerin Fekter Ihre Präferenz für eine Bad Bank zum Ausdruck gebracht?

Dr. Ewald Nowotny: Sicherlich! Sicherlich! Ich nehme auch an, dass wir dafür auch eine Unterlage mitgebracht haben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie diese Unterlage zufällig dabei?

Dr. Ewald Nowotny: Das müsste ich dann – wenn es Ihnen recht ist – nachschauen. (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja!) Ich habe jetzt hier sozusagen eine tabellarische Aufgliederung. (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.)

Dann habe ich ein Treffen: 22.9.2011, wo wir wieder die aktuelle Situation der Hypo Group Alpe-Adria erörtern, und …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Mit wem?

Dr. Ewald Nowotny: Mit der Frau Bundesministerin Fekter. – Und hier steht: Frau Bundesministerin Fekter hat sich in diesem Zusammenhang gegen die Gründung einer Bad Bank ausgesprochen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wissen Sie noch, welche Begründung dazu gegeben wurde?

Dr. Ewald Nowotny: Die fiskalische Begründung.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Die fiskalische Begründung. Die Erhöhung der Staatsverschuldung, die Sie in der einleitenden Stellungnahme auch ausgeführt haben?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, wobei ich sagen darf: Ich hatte zu diesem Thema auch ein spezielles Gespräch mit dem zuständigen Sektionschef, eben genau zu diesem Thema.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das war damals?

Dr. Ewald Nowotny: Steger.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War das Gespräch mit Steger ein Einzelgespräch?

Dr. Ewald Nowotny: Das war ein Einzelgespräch.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist die Frage dabei breit erörtert worden?

Dr. Ewald Nowotny: Ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hat man das eingehend angeschaut?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, weil es war eben so: Unser Vorschlag war diese Bad Bank. Wir haben gesehen, dass das Finanzministerium dem nicht entspricht und dass es vor allem dem nicht entsprochen hat, weil eben speziell die Budgetsektion dagegen war. Und daher habe ich mir gedacht – ich kenne und schätze den Sektionschef Steger schon seit Langem –, setzen wir uns einmal zusammen und tauschen die Argumente aus.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie das Datum aufgelistet?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, das habe ich hier nicht. Da habe ich nur …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War das vor oder nach der Besprechung vom 22.9.?

Dr. Ewald Nowotny: Ich glaube schon. Das war zu einem relativ frühen Zeitpunkt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Zu einem frühen Zeitpunkt?

Dr. Ewald Nowotny: Ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War das zwischen den Besprechungen 17.6. und 22.9.?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, es war sicherlich vor dem 22.9., weil, wie gesagt, ich habe ja versucht, sozusagen im Ministerium selber auf die Argumente einzugehen, dass dann eben nicht …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Welchen Standpunkt hat Steger vertreten?

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, Steger hat eben das fiskalische Element gezeigt, wobei man dazu sagen muss, das ist natürlich schon noch ein bisschen darüber hinaus gegangen. Seine Sorge war, dass so eine abrupte Erhöhung der Staatsschuld – und zu der wäre es ja gekommen – dann wieder negative Reaktionen der Ratingagenturen auslöst und diese negativen Reaktionen der Ratingagenturen sich dann wieder negativ auf die Verschuldungskapazität Österreichs auswirken.

Mein Argument war: Die Ratingagenturen kennen das sowieso. Für die wäre das ja nichts Neues gewesen. Und ich bin davon ausgegangen, dass es zu keiner negativen Ratingaktivität gekommen wäre, was ja dann auch später der Fall war. Aber das war ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt muss ich, Herr Professor, weil die Zeit schon vorangeschritten ist, ein paar kürzere Fragen stellen, wo ich bitte, dass Sie mir das ganz kurz beantworten.

Dr. Ewald Nowotny: Bitte, gerne.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Erste Frage dazu: Sie haben davon gesprochen, es braucht eine klare Informationsbereitstellung durch die Bank. Wann haben Sie festgestellt, dass das nicht vorliegt?

Dr. Ewald Nowotny: Na. das hat sich dadurch ergeben, dass es ja immer wieder eine Reihe von Aktivitäten der Bank gegeben hat. Das hat, was weiß ich, Aktion Brush und so weiter geheißen, wo man immer wieder versucht hat, jetzt quasi endgültige Zahlen über den Abschreibungsbedarf zu finden. Und nach einiger Zeit ist schon wieder die nächste Aktion gekommen. Das heißt, es war kein Vertrauen in die Stabilität der Zahlen. Und von diesen Aktionen hat es mehrere gegeben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wann hat das begonnen? Wann hat man das erstmals festgestellt, dass kein Vertrauen in die Stabilität der Zahlen der Bank und in deren Prognosen da ist?

Dr. Ewald Nowotny: Am 1. September 2010 ist hier wieder eine neue Aktion Review Rush gestartet worden. Und im Laufe dieses Review Rush ist es dann auch wieder zu einem erhöhten Bedarf an Wertberichtigungen gekommen. Das hat sich dann gezeigt – und das war dann das Thema auch dieses Gesprächs mit Minister Pröll am 17.12. –, dass wieder ein neuer Kapitalbedarf vorliegt, und zwar in der Höhe von rund einer Milliarde Euro.

Dann haben wir eine weitere Analyse gehabt. Das war dann von der OeNB am 22. August 2011, also etwa ein Jahr nachher, wo ein weiterer zusätzlicher Eigenmittelbedarf von 1,5 Milliarden festgelegt wurde, das heißt wiederum aufgrund neuer Erkenntnisse, die aus der Bank gekommen sind.

Dann haben wir am 31.12. wieder ein Projekt Brush gehabt, wo die Portfolios in Südosteuropa festgelegt werden sollen. Aus dem hat sich dann wiederum ein Finanzierungsbedarf ergeben – das ist jetzt 25. Juli 2012 –, eine Kapitallücke von über 2 Milliarden. Also das heißt, wir haben fast im Jahresabstand immer wieder neue Lücken entdeckt.

Und es hat ja, weil es eben keine Bad Bank war, sondern weil es eine Bank mit Bankkonzession war, immer wieder das gesetzliche Erfordernis gegeben, entsprechende Eigenkapitalzuschüsse zu leisten. Das ist ja dann geschehen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie war denn die Prognose der Bank für die Neugeschäfte, für die Fortführung von Geschäften und insbesondere für Neugeschäfte? War das realistisch oder auch zu optimistisch?

Dr. Ewald Nowotny: Wie sich auch im Nachhinein gezeigt hat: Es war zu optimistisch.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wann hat man das erstmals erkannt?

Dr. Ewald Nowotny: Ich glaube, das hat man schon im Jahr nach der Verstaatlichung gesehen.

Es war dann natürlich schon das Bemühen – das muss man auch anerkennen – vom Vorstand, durch sozusagen zusätzliche Analysen hier zu belastbaren Zahlen zu kommen. Aber es hat sich eben gezeigt, dass hier immer wieder neue Löcher gefunden wurden beziehungsweise aufgetaucht sind. Dazu ist gekommen, gerade in Südosteuropa – und das war das mit dem Gespräch mit dem kroatischen Gouverneur, das ich hatte –, dass die schlechten Nachrichten natürlich auch zu einer Verschlechterung der Personalsituation und zum Teil auch der Disziplin der Schuldner geführt haben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wenn man das jetzt über den gesamten Untersuchungszeitraum dieses Ausschusses betrachtet, dann zieht sich das ja wie ein roter Faden durch, dass die Bank von Anfang an, seitdem sie untersucht wird, also von den ersten 2000er-Jahren bis herauf, wie Sie es jetzt schildern, immer wieder, eigentlich geradezu kontinuierlich, falsche Zahlen, nicht zuverlässige Zahlen geliefert hat, Prognosen geliefert hat, die nicht verlässlich waren, die ständig korrigiert werden mussten. Würden Sie diesem Befund zustimmen?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, aber da muss man auch fairerweise sagen: Das neue Management hat hier natürlich auf einer sehr schlechten Grundlage aufbauen müssen. Wobei man auch wieder fairerweise sagen muss: Unter der Eigentümerschaft der Bayerischen Landesbank sind ja schon Verbesserungen erfolgt. Die OeNB hat ja …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Da ist ja der Wertberichtigungsbedarf auch ganz ungeheuerlich, dramatisch hinaufgegangen.

Dr. Ewald Nowotny: Richtig.

Also zunächst einmal – und das ist ja von der OeNB mehrfach kritisiert worden, und wir haben ja auch Aufträge zur Verbesserung gegeben – hat es ein völlig unzureichendes Risikomanagement gegeben. Und gerade weil ich dann ein besseres Risikomanagement hatte, habe ich natürlich dann auch den höheren Wertberichtigungsbedarf gesehen. Also das eine ist sozusagen die Folge von Verbesserungen. Durch die Verbesserungen sind halt die alten Fehler sichtbarer geworden.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Warum war man nicht in der Lage, jetzt auch vonseiten der österreichischen Aufsicht, auch vonseiten der Nationalbank, wenn man sieht, dass jahraus, jahrein korrekturbedürftige Zahlen und Prognosen vorliegen, das einmal so gründlich anzugehen und zu untersuchen, dass man wirklich ein klares Bild gewinnt, eine klare Informationslage schaffen kann, wie die Zukunft angemessen zu beurteilen ist? Warum war das nicht möglich?

Dr. Ewald Nowotny: Die Oesterreichische Nationalbank ist natürlich nicht der Wirtschaftsprüfer. Das heißt, wir sind nicht die, die jetzt irgendwo nach Kroatien gehen und dort ermitteln können, ob dieses Hotel mit einer Baubewilligung gebaut wurde, und so weiter. Das ist Aufgabe der Wirtschaftsprüfer. Das ist ja dann auf unseren Druck hin, also auf den Druck der Notenbank hin, zum Teil auch erfolgt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Eben nur zum Teil, nicht?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, zum Teil, weil es eben nur immer Teilportfolios waren, weil es einfach vom Arbeitsaufwand her zunächst einmal als unlösbar erschienen ist.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wenn man das gegenüberstellt, nämlich die Kosten, die man gebraucht hätte, um es einmal gründlich zu prüfen, dem gegenüberstellt, dass man jahrelang desaströse Ergebnisse eingefahren hat und am Ende das herausgekommen ist, was herausgekommen ist, hätte man da nicht präventiv eine klare, gründliche, auch teure, zwar teure, aber doch einmalige gründliche Untersuchung irgendwann einbauen können? Nämlich schon zu einem Zeitpunkt wahrscheinlich, als die Landeshaftungen so hinaufgegangen sind und bevor die Bayern gekommen sind. Warum ist das nicht geschehen?

Dr. Ewald Nowotny: Also ich muss sagen: Im Nachhinein gesehen, glaube ich, ist das eine sehr berechtigte Frage. Es ist das natürlich die Aufgabe des Vorstands. Und der Vorstand, der frühere Vorstand hat hier sicherlich voll auf Expansion gesetzt und die Aufgabe des Risikomanagements aus meiner Sicht unterschätzt.

Da hat es ja dann die entsprechenden Aufträge der OeNB gegeben. Es sind dann auch Verbesserungen gekommen. Es war dann der neue Vorstand nach 2010 der Meinung, dass sie jetzt die Dinge im Griff haben. Es hat sich aber dann gezeigt, dass das eben nicht der Fall war. Das heißt, hier hat es ganz offensichtlich doch Fehleinschätzungen oder eben zu große Schwierigkeiten in Bereichen gegeben, die auch von den früheren Wirtschaftsprüfern nicht erfasst wurden.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Eine abschließende Frage zum Beihilfeverfahren: Haben Sie da eine Wahrnehmung, war die Bank eingebunden?

Dr. Ewald Nowotny: Das war ein sehr komplizierter Prozess. Rechtlich ist es so, dass das Beihilfeverfahren von der Republik Österreich geführt wird. Das heißt, es hat keine legale oder legitime Möglichkeit für die Bank gegeben, sich dort direkt einzubringen. Ich nehme aber an, dass in der faktischen Seite hier natürlich schon Informationen geliefert wurden.

Ich kann nur aus meiner eigenen Erfahrung sagen, ich hatte ja als Chef der BAWAG auch ein solches Beihilfeverfahren. Ich bin dann selber hingefahren, konnte das aber, weil ich die Zustimmung des Ministeriums dafür bekommen habe. Ob das in dem Fall der Fall war? Es war da immer ein, wenn ich das aus der Beobachtung sagen darf, bisschen etwas angespanntes Verhältnis zwischen dem Ministerium und dem Management in dieser Frage.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie zum Thema Beihilfeverfahren mit Vorstand oder Aufsichtsrat Gespräche gehabt?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, weil ... Also Gespräche ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Oder Austausch?

Dr. Ewald Nowotny: Ich habe berichtet, dass ich ... Wie gesagt, ich kenne den damaligen Kommissar Almunia recht gut aus meiner Zeit bei der Europäischen Investitionsbank, auch die Frau Dr. Schwimann, das ist die unmittelbar zuständige Direktorin – eine Österreicherin übrigens –, mit der wir als Notenbank in ständigem Kontakt sind, und die haben sich bei uns beklagt. Und wir konnten nur sagen, bitte ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Was war der Punkt der Klage?

Dr. Ewald Nowotny: Dass die Unterlagen nicht ausreichend sind, dass es zu lang dauert, dass sozusagen die Strategie, die dahintersteht, nicht glaubwürdig ist.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Die Strategie der Bank für die Fortführung?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, für die Fortführung, dass sie zu optimistisch ist.

Wir waren ja nicht Teil der Verhandlung, wir haben das weitergegeben und ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie haben das weitergeleitet. – Mit wem ist darüber von Ihrer Seite geredet worden?

Dr. Ewald Nowotny: Also wir haben sicherlich mit dem Vorstand auch das ... Aber der Vorstand war auch nicht unmittelbar Teil der Verhandlung. Wir haben das sicherlich auch dem Minister berichtet. Ich war selber auch bei einem Dreiergespräch in Alpbach dabei, wo die Frau Ministerin mit Kommissar Almunia ein nicht ganz einfaches Gespräch hatte. Ich habe auch darauf hingewiesen, aus meinen eigenen Erfahrungen, dass es halt für solche Dinge vernünftig ist, sich in Brüssel mit den dafür spezialisierten Anwälten sozusagen zu stärken. Das ist alles letztlich geschehen, aber erst nach relativ langer Zeit.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Was war die Zielsetzung der Ministerin bei dem Gespräch in Alpbach, und in welchem Jahr war das?

Dr. Ewald Nowotny: Das war am 30. August 2012, da hat es dieses Gespräch in Alpbach gegeben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Worum ging es der Ministerin damals?

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, zum Abschluss des Verfahrens. Aus der Sicht der Kommission war eben das Geschäftsmodell nicht adäquat, nicht zielführend.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Auch damals noch, bei diesem Gespräch?

Dr. Ewald Nowotny: Jaja! Das hat ja dann dazu geführt, dass es am 14. März 2013 ein wirklich sehr massives Schreiben des Kommissars Almunia gegeben hat, in einem Ton, den ich eigentlich sonst noch nie von der Kommission gesehen habe, wo er einfach gedroht hat: Wenn es nicht bald zu einer Klärung kommt, wird er keine Bewilligung erteilen, und das würde ja heißen, dass alle bisher gezahlten Förderungen zurückzuzahlen sind. Das heißt, den Konkurs ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War das eine ernst zu nehmende Drohung?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, absolut! Absolut!

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hat die auch Wirkung gezeigt?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, sie hat letztlich schon Wirkung gezeigt, denn es ist ja so, dass es dann auf der Basis dieser, wenn man will, Drohung einerseits zu einem neuen Umstrukturierungsplan gekommen ist – das war im Juni 2013 –, der dann am 3. September 2013 von der EU-Kommission auch gebilligt wurde. Und dann ist sozusagen im Zusammenhang damit die Taskforce Hypo Alpe-Adria eingerichtet worden. Also das wurde dann schon ernst genommen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, Herr Professor, für Ihre Antworten im Rahmen der Erstbefragung.

*****

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Danke dem Herrn Verfahrensrichter.

Wir gehen zur Befragung durch die Damen und Herren Abgeordneten über.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Lugar zu Wort. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich würde der Vollständigkeit halber gerne bei der Notverstaatlichung anfangen. Jetzt haben Sie da Expertisen geliefert, was Notverstaatlichung in der Auswirkung bedeutet hätte. Wie groß wäre denn der Schaden bei der Nationalbank im Fall einer Insolvenz gewesen?

Dr. Ewald Nowotny: Bei der Nationalbank wäre im Fall der Insolvenz unmittelbar eigentlich kein Schaden entstanden. Wir haben ja als Notenbank eine Aufsichtsfunktion, aber keine Geschäftsfunktion. Wir wären natürlich dann in den, wenn man will, Aufräumungsarbeiten mitinvolviert gewesen, die sich ergeben, aber wir wären kein unmittelbarer Gläubiger gewesen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Jetzt gibt es aber Verbindlichkeiten. Ich habe eine Liste gesehen, wo die Bank gegenüber der Notenbank Verbindlichkeiten hatte. Ist Ihnen das nicht bewusst oder bekannt?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, die Bank hat nicht gegenüber der Notenbank Verbindlichkeiten, sondern die Bank hat geldpolitische Maßnahmen der EZB in Anspruch genommen, und in diesem Sinne hatte sie gegenüber der EZB Verbindlichkeiten. Das sind aber Verbindlichkeiten, die immer durch Sicherheiten gedeckt sind. Das heißt, auch die EZB hätte in diesem Fall keinen Schaden gehabt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Waren diese Sicherheiten werthaltig?

Dr. Ewald Nowotny: Die waren sicherlich werthaltig.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Woher wissen Sie das? Haben Sie das geprüft?

Dr. Ewald Nowotny: Weil wir dafür ganz konkrete Kriterien haben. Das wird ja nicht generell gemacht, sondern das sind ganz konkrete Sicherheiten, die konkret von der OeNB geprüft werden, und nur diese Sicherheiten werden akzeptiert.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Gibt es da eine Liste dazu? Können Sie so eine Liste beibringen, welche Sicherheiten das waren und ob die werthaltig waren?

Dr. Ewald Nowotny: Das weiß ich jetzt nicht, ob ich sozusagen rechtlich in der Lage bin, so eine Liste im Detail ... Das ist ja alles Bankgeschäft. Aber das Verfahren als solches ist ja bekannt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber worauf ich hinauswill, ist die Frage, ob die EZB und auch Sie Interesse hatten, dass das Ganze nicht in Konkurs geht. Ob es da einen klassischen Interessenkonflikt gibt, darum geht es.

Dr. Ewald Nowotny: Nein. Unsere Position war von den volkswirtschaftlichen Aspekten her bestimmt. Wir haben ja auch … – Sie kennen wahrscheinlich auch diese Liste, wo wir angegeben haben, was die möglichen Kosten im Insolvenzfall sind. Sie werden auf dieser Liste auch nicht die Notenbank finden. Wir haben das nicht als Kosten angeführt, weil wir davon ausgegangen sind, dort gibt es auch keine Kosten, sondern wir haben als Kosten eben die Entwicklungen angeführt, die sich letztlich durch die Haftungen ergeben, die eben dann für das Land Kärnten schlagend geworden wären.

Wir haben als Zweitrundeneffekt die Probleme angegeben, die sich über die Pfandbriefstelle für die anderen Pfandbriefbanken ergeben hätten. Im Fall eines Konkurses wäre das natürlich auch ein Einlagensicherungsfall gewesen. Und es hätte auch Kosten für den Bund bedeutet, weil der Bund ja auch Finanzierungen schon zu diesem Zeitpunkt geleistet hatte. Aber wenn Sie sich die Liste anschauen, so werden Sie keine Position „Notenbank“ finden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, ich habe wirklich nichts gefunden, aber die Frage ist, ob diese Risken bestanden haben. Das ist ja die Frage. Und Sie haben gesagt, es gab diese Liste der Verbindlichkeiten im weitesten Sinne, die mit Assets unterlegt waren. Könnten wir diese Liste haben?

Dr. Ewald Nowotny: Das ist Geldpolitik, das liegt bei der EZB, das liegt nicht bei uns. Aber ich weiß es auch nicht. Verstehen Sie, man muss immer sehen, das ist normale Geldpolitik: Die Banken bekommen kurzfristig Liquidität, über eine Woche, indem sie werthaltige Assets sozusagen als Sicherheit hergeben. Das sind keine Kredite wie eine Hypothek, das sind Ein-Wochen-Papiere oder 14-Tage-Papiere über die Tenderoperationen.

Jede Bank kann bei diesen Tenderoperationen mitwirken und muss natürlich dann, wenn sie Kredite der Notenbank, der EZB in Anspruch nimmt, dafür entsprechende Sicherheiten geben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber wie wäre das im Insolvenzfall gewesen? Wären diese Sicherheiten auch im Insolvenzfall noch werthaltig gewesen? (Auskunftsperson Nowotny: Natürlich!) – Woher wissen Sie das?

Dr. Ewald Nowotny: Dafür habe ich ja die Sicherheiten!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nennen Sie einmal so eine Sicherheit! Was war das zum Beispiel?

Dr. Ewald Nowotny: Das sind zum Beispiel Bundespapiere, Staatspapiere. Das klassische Element von Sicherheiten ist, dass ich eben Staatspapiere verpfände.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, die Hypo hatte Staatspapiere, und die hat sie für sogenannte Tenderkreditlinien verpfändet.

Dr. Ewald Nowotny: Das ist eine ganz übliche geldpolitische Operation, die jede Bank macht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und diese Staatspapiere wären im Konkursfall nicht in der Masse gewesen?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, sondern das ist ja sozusagen ... Das sind geldpolitische Operationen. Das ist eine eigene Kategorie. Das ist ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na ja, aber die Frage war, ob diese Papiere nicht letztlich in der Masse gelandet wären. (Auskunftsperson Nowotny: Nein! … nicht! – Warum nicht?

Dr. Ewald Nowotny: Weil sie ... Das sind kurzfristige geldpolitische Operationen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Um das geht es ja nicht! Es geht ja darum, ob die in der Masse gelandet wären. (Auskunftsperson Nowotny: Nein, die wären ...!) – Warum nicht?

Dr. Ewald Nowotny: Weil das die Definition von geldpolitischen Operationen ist: dass sie nicht in die Konkursmasse hineinkommen.

Aber Sie können sich, bitte, gerne erkundigen! Das ist ein Teil des geldpolitischen Instrumentariums. Das ist eine völlig andere Welt als die der Kreditvergabe.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Dann sprechen wir vielleicht von einem anderen Interessenkonflikt. Sie, also die Oesterreichische Nationalbank, waren ja damals noch eine Bank in Privathand, nämlich: die österreichischen Banken haben sie besessen. Das ist meines Wissens erst 2010 anders geworden. Das heißt, zum Zeitpunkt der Notverstaatlichung waren Sie im Eigentum von Privatbanken. – Ist das richtig?

Dr. Ewald Nowotny: Nur teilweise. Es hat natürlich ein Mehrheitseigentum des Bundes gegeben. Es hat auch Anteile privater Banken gegeben, das hat sich aber auf die Möglichkeit beschränkt, Mitglieder in den Generalrat zu entsenden. Der Generalrat hat für diese Fragen überhaupt keine Kompetenz. Das heißt, die privaten Banken waren Minderheitsaktionäre, hatten aber keinerlei Mitwirkungsrechte in Bezug weder auf die geldpolitischen Aktivitäten noch auf die Aufsichtsaktivitäten der OeNB. Da hat es eine ganz klare Trennung gegeben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Schauen Sie, der Grund, warum ich da so nachbohre, ist, weil Sie ja immer gegen die Insolvenz waren, und zwar vom Anfang bis zum Schluss, und Sie haben sich auch immer durchgesetzt. Es waren ja mehrere Zeitfenster offen, um eine Insolvenz zu machen, und diese Zeitfenster sind immer ungenützt geblieben.

Und da ist die Frage, warum, denn letztlich, wenn man sich den Steuerzahler anschaut, hat der am Ende des Tages die gesamte „Krot gefressen“. (Auskunftsperson Nowotny: Nein!) Und da ist die Frage, warum nicht eine Insolvenz? – Die wäre wahrscheinlich günstiger gewesen. Auch Wyman sieht das so.

Können Sie mir vielleicht sagen, wie man zu dem Wyman-Gutachten gekommen ist? Haben Sie das auch ... (Auskunftsperson Nowotny: Bitte?) – Das Wyman-Gutachten.

Dr. Ewald Nowotny: Ja. – Also zunächst einmal, wenn ich auf das eingehen darf: Es ist richtig, wir haben uns gegen eine Insolvenz ausgesprochen. Wir waren damit im Einklang mit der Position der EZB, also das ist keine spezifisch österreichische Position der OeNB. Wir waren im Einklang mit der Vorgangsweise, die in ganz Europa zu diesem Zeitpunkt vorgesehen war und gemacht wurde, und zwar aus folgendem guten Grund: Sie dürfen nicht vergessen, das war eine Zeit knapp nach Lehman mit höchster Nervosität. Die Insolvenz einer Bank – und das war immerhin die fünftgrößte Bank Österreichs – hätte ungeahnte weitere Folgen auslösen können als Vertrauenskrise gegenüber dem österreichischen System.

Sie dürfen nicht vergessen, es hat zu dieser Zeit auch international eine Vertrauenskrise gegenüber Österreich gegeben, die Kreditkosten der österreichischen Bundesschuld waren fast so hoch wie die von Italien. Das heißt, wir hatten zwei Dinge zu berücksichtigen: erstens die Primäreffekte, und da darf ich Sie schon daran erinnern, dass der entscheidende Punkt eine Insolvenz des Landes Kärnten ist – es wäre nicht um die Insolvenz der Bank allein gegangen, sondern um die Insolvenz des Landes ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber das ist die gleiche Situation, die wir jetzt auch haben. Wir haben jetzt die gleiche Situation, als hätten wir damals eine Insolvenz gemacht.

Dr. Ewald Nowotny: Und genau aus diesem Grund macht man auch jetzt alles, um eine Insolvenz des Landes Kärnten zu vermeiden. Das ist ja genau der Grund!

Ich glaube, genau jetzt zeigt sich, dass unsere Position die richtige war, denn so wie man damals die Insolvenz Kärntens als ein Unikum in Europa mit massiven Problemen gesehen hätte, sieht man das auch jetzt so. Und Sie haben ja auch gesehen, dass sich der Vertrauensverlust auf andere Banken in diesem Land auswirkt, wo es uns gelungen ist, das nicht für den Staat gültig werden zu lassen. Das heißt, die Gründe für die Insolvenz waren damals relevant und sind es jetzt.

Wenn ich ganz kurz zu diesem – angeblichen – Gutachten von Oliver Wyman kommen darf. Ich nehme an, Sie kennen (das entsprechende Schriftstück in die Höhe haltend) dieses Gutachten. Dieses ganze Gutachten sind diese paar Seiten, wobei die Frage Insolvenz überhaupt nur, glaube ich, auf drei oder vier Seiten abgehandelt wird. Es heißt „Projekt Galileo. OutsideIn Beobachtungen“. Also das ist jetzt ... Aus dem Investmentbanker-Deutsch übersetzt heißt das: von einem Außenstehenden, der sich die Sache im Detail gar nicht anschauen kann.

Das einzige Beispiel einer Bankeninsolvenz, das hier genannt wird, ist das einer kleinen estnischen Bank in russischem Eigentum, die ist sozusagen einfach als problematische Bank in Konkurs gegangen. Es gibt sonst kein Beispiel in Europa, wo eine größere Bank in Konkurs ging, auch in diesem sogenannten Gutachten, wobei Oliver Wyman ja immer feststellt, es ist kein Gutachten. Es ist sozusagen eine Beobachtung, eine Stellungnahme.

Also das ist sicherlich keine Basis, auf der man eine Bank und ein Bundesland hätte in Konkurs schicken können.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben von 2009 gesprochen. Da kann man Ihrer Meinung sein, aber es gab ja bis 2014 herauf immer wieder die Möglichkeit, das Ganze bei maximaler Steuerzahlerschonung in Konkurs zu schicken. Da greifen die Argumente nicht mehr, denn man hatte ja Zeit, dazwischen etwas zu tun. Man hat ja auch einiges getan, und die Finanzkrise war schon relativ ausgestanden.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, aber der zentrale Punkt – und das muss ich, glaube ich, Ihnen ja nicht wiederholen – ist natürlich, dass es letztlich immer mit einem Konkurs des Landes Kärnten verbunden wäre. Und das ist genau ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum? Warum? Der Steuerzahler hätte ja auch hinterher einspringen können! Warum muss da ein Konkurs Kärntens herauskommen? Warum?

Dr. Ewald Nowotny: Es gibt die Haftung des Landes Kärnten. Dann hätte ich aber einen schlechteren Zustand, als ich ihn jetzt habe, denn dann hätte ich zunächst einmal ... (Abg. Lugar: Warum?) – Warum? Weil mit einem Konkurs dieser Bank sofort ein Konkurs des Landes Kärntens verb...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer sagt das zum Beispiel? Wie kommen Sie denn darauf? Das hat keiner im Ausschuss gesagt außer Ihnen.

Dr. Ewald Nowotny: Das ist einheitliche rechtliche Meinung (Abg. Lugar: Warum?), dass natürlich hier in jedem Fall sofort sozusagen Kärnten als Bürge und Zahler hätte einspringen müssen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wenn Sie sagen „einheitliche rechtliche Meinung“, wer hat Sie darin bestätigt, dass das sofort schlagend geworden wäre? Wie kommen Sie darauf? (Zwischenruf des Abg. Hable.)

Dr. Ewald Nowotny: Wenn ich Ihnen nur ein Beispiel geben darf: Wenn Sie den Griss-Bericht lesen, sehen Sie genau ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Der Griss-Bericht ist doch keine Expertise! Noch dazu ist er erst später entstanden.

Dr. Ewald Nowotny: Aber das ist aus meiner Sicht das fundierteste sozusagen juristische Dokument, und immerhin ist das jemand, bei dem ich eine gewisse juristische Glaubwürdigkeit annehmen kann. Davon abgesehen natürlich auch von einer Reiher anderer, auch vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts und so weiter, aber wenn Sie etwas quasi Objektives wollen, so sehen Sie es dort.

Es ist völlig klar, dass ... Und aus dem Grund macht man es auch jetzt! Entschuldigung, ich glaube, auch jetzt ist die Bundesregierung verantwortungsbewusst genug, zu sagen: Wir wollen hier nicht die Konkursgefahr leichtfertig herbeirufen. Wie Sie wissen, gibt es ja vielleicht sogar leider gewisse Konstellationen, wo das gar nicht ganz auszuschließen ist.

Wir werden auf jeden Fall das tun, um es so weit wie möglich auszuschließen, genau aus folgendem guten Grund: Wir haben in Österreich kein Konkursrecht der Länder. Wir würden einen Konkurs des Landes Kärnten behandeln müssen wie einen Konkurs einer kleinen Tischlerei oder etwas Ähnliches. Das heißt, wir müssen einen Konkursverwalter einsetzen, der dann in raschestmöglicher Zeit die Assets verkaufen müsste, eine riesige ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das stimmt ja nicht, das haben Sie ja vorhin widerlegt! Sie haben vorhin gesagt, auch im Konkursfall könnte man sich Zeit nehmen. – Das haben Sie vorhin gesagt.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, das dauert natürlich länger, weil es nicht so leicht ist, alle Assets zu verkaufen, aber zunächst einmal müsste er – das ist auch die Aufgabe des Verwalters – in möglichst rascher Zeit hier ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Diesen Auftrag hat ja auch die HETA, möglichst rasch. Das heißt ja nicht, dass es schnell geht.

Dr. Ewald Nowotny: Nein! Das habe ich Ihnen ja gesagt: Die HETA hat nicht den Auftrag, möglichst rasch ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das haben zumindest die HETA-Vertreter hier behauptet.

Dr. Ewald Nowotny: Die HETA hat einen Zeitraum, und zwar bis 2023. Das ist ein überschaubarer Zeitraum. Natürlich soll er nicht unendlich lang sein, aber das ist sicherlich etwas, wo man darauf achten muss, dass ich doch mit einer gewissen Vernunft, mit einer gewissen ... sozusagen nicht in einer Paniksituation die Dinge verkaufen kann.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich weiß nicht, wo die Panik herkommt, weil der Masseverwalter ist ja ...

Dr. Ewald Nowotny: Entschuldigung, eine größere Panik als bei einem Konkurs kann ich mir schwer vorstellen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Darf ich kurz die Frage stellen? Der Masseverwalter ist ja aufgefordert, möglichst viel aus den Assets herauszuholen, und damit hat er auch die Möglichkeit, flexibel zu agieren, was den Zeitrahmen betrifft. Er ist also nicht gezwungen, um jeden Preis zu verkaufen.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, aber er muss gleichzeitig auch rasch handeln, das ist auch seine Verpflichtung. Und wie gesagt, wenn Sie sich die Konstellation vorstellen, die es in ganz Europa noch nie gegeben hat: einen Masseverwalter für eine Gebietskörperschaft – also ich glaube nicht, dass sich Österreich hier um eine Pionierrolle in diesem negativen Sinn ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum? – Da geht es jetzt nicht um Kärnten! Es ist ja in erster Linie einmal um die Hypo gegangen, die den Masseverwalter bekommt. Und dann ist die Frage (Zwischenbemerkung der Auskunftsperson Nowotny) – darf ich ganz kurz die Frage ausformulieren? –, wie es weitergeht. Das heißt, dann werden die Gläubiger versuchen, sich bei Kärnten schadlos zu halten, und da kann ja immer noch der Steuerzahler einspringen. Denn jetzt ist es ja so, dass der Steuerzahler schon präventiv mit fast der gesamten Summe einspringt.

Dr. Ewald Nowotny: Aber damit eben doch sozusagen das Heft in der Hand hält. Im anderen Fall liegt das Heft in der Hand eines Konkursverwalters, der eine ganz andere Aufgabe hat als etwa ein Finanzministerium, das eben doch wirtschaftspolitische Überlegungen miteinfließen lassen kann. Ich glaube, ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Da sind wir beim Kern der Sache! Aha, das heißt, da ist es um eine politische Entscheidung gegangen – gar nicht um eine ökonomische, sondern um eine politische.

Dr. Ewald Nowotny: Na, Entschuldigung, natürlich ist das eine ökonomische Entscheidung! Zu verhindern, dass ich sozusagen ein wirtschaftliches Chaos auslöse, ist eine ökonomische Entscheidung.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie kommen Sie auf „wirtschaftliches Chaos“, nur weil eine Bank abgewickelt wird?

Dr. Ewald Nowotny: Aber Sie müssen das immer sehen ... Ich bin etwas erstaunt, dass Sie das immer so getrennt sehen von den Haftungen. Haftungen sind ein ganz entscheidendes und wichtiges Element in der ganzen Sache. Und das ist ja auch eine der Lehren, die wir daraus ziehen: wie gefährlich es ist, in übergroßem Maß Haftungen zu geben. Aus denen komme ich nicht heraus! Und man muss auch sagen, ein Land, das Respekt verdient, das auf den Finanzmärkten Glaubwürdigkeit haben will, kann auch aus Haftungen nicht heraus. Das heißt, ohne die Haftungen würde die Sache anders ausschauen, das gebe ich unumwunden zu, aber mit Haftungen sind wir in einer anderen Welt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie sagen, Österreich kommt aus diesen Haftungen nicht heraus, weil die Finanzmärkte, das betrifft ja in erster Linie Österreich. Ist das so?

Dr. Ewald Nowotny: Also das sind Haftungen des Landes Kärntens; primär ist das natürlich einmal eine Kärntner Angelegenheit.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha, da haben wir den Unterschied, nicht? Also das würde ja an der österreichischen Vertrauenswürdigkeit nichts ändern, wenn Kärnten pleitegeht.

Dr. Ewald Nowotny: Natürlich! Entschuldigung, natürlich würde das etwas ändern! Das haben Sie doch auch in der Diskussion gesehen, die wir jetzt hatten: Selbst diese kleinen und vorsichtigen Diskussionen, die es jetzt gegeben hat, haben sich natürlich auch schon darauf ausgewirkt, dass der Finanzmarkt Österreich als Ganzes unter Verdacht gekommen ist. Ich glaube, wenn Sie praktisch ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie kommen Sie denn darauf? Die Spreads sind ja gesunken und die Zinsen auch.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, aber wenn Sie praktische Erfahrungen haben, dann werden Sie wissen, dass es zum Beispiel für Landesbanken derzeit nicht möglich ist, sich im Ausland ungesichert zu refinanzieren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Da sind wir aber beim Punkt! Das heißt, Sie haben sich mehr um die Länder Sorgen gemacht als um den Bund und um den Steuerzahler.

Dr. Ewald Nowotny: Es hängt das eine mit dem anderen zusammen. Ich glaube, es wäre für die Reputation Österreichs auch als Republik Österreich sicherlich sehr negativ gewesen, wenn wir das erste und einzige Land in Europa gewesen wären, wo man den Konkurs einer Gebietskörperschaft zulässt. Das hat es in ganz Europa nicht gegeben. Ich glaube, ein Land wie Österreich mit einem guten Rating ist verpflichtet, auf dieses gute Rating aufzupassen. Ich glaube, wir wollten nicht den Weg einer griechischen Diskussion gehen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie haben abgewogen zwischen den Interessen der Länder, sich weiter billig und leicht verschulden zu können, und den Interessen der Steuerzahler, die jetzt voll zur Kasse gebeten wurden: Das war die Abwägung, kann man das so sagen? (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Ewald Nowotny: Nein! Nein, denn die Interessen der Steuerzahler sind ja gesamtösterreichische Interessen sowohl vom Bund als auch von den Ländern. Der Steuerzahler lebt ja sowohl in einem Land wie auch im Bund. Das heißt, es ist ein Gesamtinteresse, das hier natürlich relevant ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na, aber das widerspricht dem Grundsatz, dass der Bund nicht für die Länder haftet! Wenn er dann doch haftet aufgrund dessen, dass man sagt, wir geben Steuergeld, um den Ländern weiterhin das billige Verschulden zu ermöglichen, dann ist es ja wie eine Haftung.

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, da haben Sie völlig recht! Es ist ja auch ein Grundproblem, dass wir hier eine Situation haben, wo sich tatsächlich die Länder – zumindest in der Vergangenheit –verschulden konnten, damit de facto eine Verpflichtung des Bundes eingegangen wird, ohne dass der Bund daran mitwirken konnte. Das ist auch eine starke Empfehlung, diesen Zustand zu ändern, indem das Haushaltsrecht geändert wird.

Tatsächlich ist es wirklich so, dass eben der Bund natürlich ... Da gibt es jetzt eine Reihe von Diskussionen, ob es jetzt sozusagen in der Bundesverfassung auch eine Verpflichtung quasi zur Existenzsicherung der österreichischen Bundesländer gibt und so weiter, aber rein ökonomisch, von den Finanzmärkten her gesehen, ist der Bund sicherlich nicht jemand, der völlig unberührt wegschauen kann, was in einem Bundesland geschieht. Und gerade was wir in diesem Jahr hier sehen, ist ja eine Illustration dafür, dass natürlich primär Kärnten heranzuziehen ist, aber dass der Bund eine Hilfestellung leistet, und zwar aus gutem Grund eine Hilfestellung leistet: weil es letztlich auch um die Reputation der gesamten Republik geht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also um das noch einmal zusammenzufassen: Sie sagen, die Länder haben jetzt schon Probleme – aufgrund der Ereignisse –, sich eben neu zu verschulden; beim Bund gab es keine Auswirkungen auf den Finanzmärkten, zumindest sind mir jetzt keine bekannt. Das heißt, man kann sagen, man hat das dem Steuerzahler im Interesse der Länder umgehängt.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, Entschuldigung! Es gab beim Bund keine Auswirkungen, weil wir eben auch klar erklärt haben, dass wir keine Insolvenzstrategie verfolgen. Hätten wir eine Insolvenzstrategie verfolgt, hätte es natürlich Auswirkungen gegeben. Also genau deshalb, weil wir eben diese Position gewählt haben, ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum? Da wäre ja ein Land in Konkurs gegangen, nicht der Bund! Wo ist da die Auswirkung?

Dr. Ewald Nowotny: Weil die Finanzmärkte das natürlich gemeinsam sehen. Und Sie dürfen nicht vergessen, es gibt ja vielfältige finanzielle Beziehungen zwischen Bund und Ländern. Die Finanzmärkte hatten ursprünglich schon auch Bedenken, dass das sozusagen hier eine negative Auswirkung auf die Bundesfinanzen hätte. Dem wurde entgegengetreten, weil der Bund ganz klar eine Insolvenzvariante ausgeschlossen hat, und deshalb ist auch die Bundesfinanzierung nicht negativ betroffen. Hätte man das anders gemacht, hätten wir natürlich negative Effekte gehabt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber entschuldigen Sie, Herr Nowotny, das ist aus meiner Sicht ein Logikbruch. Wenn der Bund auf der einen Seite sagt, ja, er haftet mit für alle Länder, die gemeinsam in etwa 100 Milliarden an Haftungen haben, dann ist das ja auf den Finanzmärkten ein größeres Problem, als würde der Bund sagen, das geht mich nichts an – oder?

Dr. Ewald Nowotny: Sie haben da sozusagen schon einen richtigen Punkt angeschnitten. Es gibt ja keine formale Haftung des Bundes – und es sollte auch keine formale Haftung des Bundes geben –, aber es ist natürlich umgekehrt sehr stark unter Beobachtung: Was geschieht mit Finanzen von Gebietskörperschaften in einem Land?

Wir haben da eine andere Rechtsposition oder eine andere Rechtsstellung als in Deutschland. In Deutschland gibt es in der Tat Urteile der Obersten Gerichtshöfe, die von einer Haftung des Bundes für die Länder ausgehen, sozusagen im Sinne eines Existenzsicherungsrechts. Eine solche klare Regelung gibt es in Österreich nicht, aber natürlich ist es so, dass von den Finanzmärkten beobachtet wird, ob Gebietskörperschaften in Konkurs gehen können, ob das auch der Bund zulässt, ob der Bund bereit ist, für die Unterschrift öffentlicher Haushalte auch sozusagen deren Wert zu akzeptieren, zu sichern.

Deshalb – das sehen Sie ja – sind die Verhandlungen, die wir jetzt gerade zwischen Bund und Kärnten gehabt haben, eine sehr vorsichtige Balance. Der Bund sagt: Nein, ich bin nicht haftbar dafür, aber ich bin bereit, euch zu helfen, damit ihr eure Verpflichtungen erfüllen könnt. – Und das ist, glaube ich, auch der richtige Weg.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also man kann sagen, für den Bund war es kein Problem oder wäre es kein Problem gewesen; die Länder hätten Probleme bekommen, und über ihren politischen Einfluss haben sich die Länder vom Steuerzahler das Geld organisiert. Kann man das so sagen?

Dr. Ewald Nowotny: Nein! Nein, das kann man nicht so sagen, denn natürlich hätte der Bund auch ein Problem bekommen, das habe ich ja gerade versucht zu erklären. Wenn eine Gebietskörperschaft in einem Land in Konkurs geht, hat das natürlich negative Effekte für das ganze Land, für den ganzen Bund.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber ich habe ja gerade vorhin versucht, Ihnen die Logik näherzubringen. Erklären Sie mir das, warum das so sein sollte! Der Bund ja hat eher einen Vorteil, wenn er nicht haftet, im Gegensatz zu, wenn er haftet.

Dr. Ewald Nowotny: Weil aus der Sicht der Finanzmärkte – und ich glaube, auch mit gutem Recht – die Frage gestellt wird, was ist die Unterschrift, wie es immer heißt, eines öffentlichen Haushalts wert? Und wenn ... (Abg. Lugar: Die Unterschrift eines Landes wert!) – Das wird gemeinsam gesehen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wieso gemeinsam, wenn die einen nicht für die anderen haften?

Dr. Ewald Nowotny: Wenn Sie sich anschauen, auch die Gläubigerstruktur der Hypo Alpe-Adria, so ist es natürlich so: Da sind Leute, also Investoren, die haben sowohl Bundesanleihen als auch Landesanleihen gekauft. Beide sind, wie Sie auch wissen, als mündelsicher eingestuft. Das heißt, aus der Sicht der Märkte wird oder wurde bis dahin dort kein wesentlicher Unterschied gemacht.

Jetzt differenzieren die Märkte. Sie sagen, der Bund ist sicherlich sicher, weil er ja eben auch gesagt hat, er ist hier durchaus bereit, das immer zu honorieren; Länder sind etwas weniger sicher, weil sie im Notfall eine gewisse Hilfe durch den Bund brauchen. Eine gewissen Differenzierung haben wir. Das Grundproblem – da stimme ich Ihnen zu – ist das, dass wir in Österreich keine klare Regelung bezüglich des Eingehens der Haftungen der Länder haben.

Das wird ja jetzt mit dem Bundeshaushaltsrecht oder mit dem Gesamthaushaltsrecht versucht, damit sozusagen nicht dieser Zustand eintritt, dass Länder Haftungen eingehen, für die letztlich ökonomisch der Bund de facto auch mitberührt ist. Genau das ist das, was wir erlebt haben. Das sollte man auch verändern, aber jetzt müssen wir natürlich von dem Zustand ausgehen, wie er jetzt ist. Und das ist genau das, was geschehen ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Man kann also davon ausgehen, dass eine Situation, die zwar faktisch nicht so war, aber an den Finanzmärkten so wahrgenommen wurde, nämlich dass die Länder Haftungen eingehen können, die dann letztlich vom Bund abgedeckt werden, dass diese Wahrnehmung dazu geführt hat, dass man die Länder gleich behandelt hat wie den Bund.

Und mittlerweile gibt es diese Trennung, da die Finanzmärkte draufgekommen sind, das ist ja nicht so. Kann man das so sagen?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, natürlich. Das war ja auch, … Das ist genau ein Teil der Diskussion, die wir mit den deutschen Investoren zu führen haben.

Wobei man dazusagen muss, die deutschen Investoren sind dort natürlich zum Teil von der Rechtslage in Deutschland ausgegangen, wo es ja tatsächlich eine Verpflichtung des Bundes gibt, für die Länder einzutreten. Bei uns gibt es die in einer rechtlichen Form nicht. Aber natürlich, in einer ökonomischen Form gibt es sie, weil es ja immer darum geht: Was ist die Vertrauensbasis auf den Kapitalmärkten? – Genau so ist es.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Man könnte also hergehen und die Länder ermahnen, dass sie sich einfach über den Bund finanzieren, dann wäre das Problem gelöst, und wir müssten nicht in Zukunft für alles haften, was die Länder so an Blödsinn verzapfen.

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, das ist ja die Situation, die wir in der Tat zum Teil haben. Das Land Kärnten etwa ist ja auch gar nicht in der Lage, sich überhaupt zu finanzieren. Das finanziert sich nur durch die Bundesfinanzierungsagentur derzeit, weil das Land Kärnten eben keine Kredite derzeit auf den Kapitalmärkten …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber andere Länder nicht, und zwar deshalb, weil der Bund mit der Bundesfinanzierungsagentur natürlich auch die Kontrolle hat, was mit dem Geld passiert.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, das hat er nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sicher gibt es Auflagen, nicht?

Dr. Ewald Nowotny: Die Bundesfinanzierungsagentur kann das nicht … Sie kennen die rechtlichen Bestimmungen. Die muss hier vorgehen, dass sie auf die Bonität der Verpflichtungen achtet, aber sie kann nicht in der Lage sein, das soll jetzt für Sozialausgaben oder das soll jetzt für einen Schulbau … Das ist nicht eine Sache der Bundesfinanzierungsagentur.

Die Bundesfinanzierungsagentur hat den Finanzrahmen zu beachten, aber nicht inhaltliche Vorgaben zu geben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber es gibt doch gewisse Hemmnisse, warum sich eben die Länder lieber selbst verschulden, als zum Bund zu gehen. Das wissen wir aus der Vergangenheit, dass das sehr unbeliebt ist, nämlich zum Bund zu gehen, da eben Auflagen damit verbunden sind.

Dr. Ewald Nowotny: Ich meine, wir können jetzt eine lange Diskussion über das Verhältnis Bund – Länder in Österreich führen, das ja ein sehr vielfältiges ist.

Ich kann jetzt nur sagen: Ökonomisch steht dieser Weg frei, wird von manchen auch genommen, von manchen nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Gut, reicht fürs Erste. – Danke.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Gouverneur Nowotny! Ich fasse einmal zusammen: Die Nationalbank war bei wesentlichen Weggabelungen der Hypo Alpe-Adria immer mit an Bord. Das hat beim Partizipationskapital 2008 begonnen, das war im Jahre 2009 der Fall, bei der Übernahme der Hypo von Bayern, das war hernach der Fall bei der Frage, die Insolvenz zu verhindern.

Die Nationalbank hat eine einflussreiche Rolle bei diesem gesamten Prozess gespielt. Sie haben als Gouverneur der Nationalbank eine einflussreiche Rolle gespielt. Und wenn man so eine einflussreiche Rolle spielt und letztlich eigentlich alles genau so passiert, wie Sie es wollten, das heißt, Vergabe PartKapital 2008, Übernahme der Hypo 2009, Verhinderung der Insolvenz, Abwicklung letztlich ... Es ist letztlich alles genau so gekommen, wie Sie es wollten. Also eine einflussreiche Position mit Wirkung, würde ich sagen.

Und vor diesem Hintergrund interessiert mich dann, auf welcher Grundlage die Nationalbank, auf welcher Grundlage Sie als Gouverneur diese Entscheidungen getroffen haben. Was waren die Fakten?

Dr. Ewald Nowotny: Zunächst einmal: Ich glaube, man muss da schon etwas konkret sein, wenn Sie sagen, wir waren bei allen Entscheidungen mit an Bord. Wir waren nicht die Entscheider. Also eigentlich in all den Fällen, die Sie hier genannt haben, waren wir nicht Entscheider. Wir waren aber als Berater hier dabei. Und das ist, glaube ich, ein Punkt, den man schon genau unterscheiden muss.

Die Frage, auf welcher Basis wir unsere Expertise geliefert haben, habe ich Ihnen vorhin auch zu erklären versucht, auf der Basis der Expertise unserer Mitarbeiter, und zwar sowohl im Bereich Bankenaufsicht wie im Bereich Geldpolitik und im gesamtwirtschaftlichen Bereich.

Es ist richtig, dass dann viele Entwicklungen so eingetreten sind, wie es von uns in Perspektive gezeigt wurde, aber das hängt damit zusammen, dass wir wahrscheinlich von allen österreichischen Institutionen den besten Überblick über internationale Entwicklungen hatten und haben.

Österreich ist ein kleines Land. Österreich kann sich nicht von den internationalen Entwicklungen sozusagen abkoppeln. Und da haben wir eben gesehen, was in der Situation mit Banken geschieht, die verstaatlicht werden. Das ist ja in vielen Milliarden in Europa geschehen. Hier hat man dann Bad Banks im Sinne von Abbaubank gegründet. Unser Vorschlag war, das als eine echte Abbaubank zu führen, das heißt ohne Bankkonzession, auch wenn sozusagen der Preis ist, dass es vorübergehend zu einer höheren Verschuldung führt. Das waren einfach Empfehlungen, die sich aus der Beobachtung internationaler Entwicklungen und auch aus der Beobachtung der Verfahren und der Vorgangsweise der Europäischen Kommission ergeben haben.

Das heißt, diese Expertise haben wir weitergegeben. Und die hat sich, glaube ich, auch als die richtige erwiesen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na gut, formell haben Sie recht, formell hat die Nationalbank nicht entschieden. Aber sie war ein wesentlicher, wenn nicht der wesentlichste Berater, und alle Entscheidungen sind letztlich genau so wie die Nationalbank, wie Sie vorgeschlagen haben, gefällt worden.

Ich würde Ihre Rolle da nicht so kleinreden (Auskunftsperson Nowotny: Ich habe auch gar kein …!), also kein Berater am Rande. Aber lassen wir das! Mit geht es um die Entscheidungsgrundlagen. Sie haben jetzt auf die Mitarbeiter der Nationalbank, auf die Expertise der Mitarbeiter hingewiesen.

Worauf haben sich die Mitarbeiter bei ihrer Einschätzung gestützt?

Dr. Ewald Nowotny: Das kommt drauf an: Was jetzt den rein bankaufsichtsrechtlichen Bereich betrifft, so haben wir ja ein System der Bankenaufsicht, wo wir für alle, für jede Bank, also für jede größere Bank in Österreich ein Expertenteam haben, das die Entwicklung dieser Bank beobachtet.

Da sind der wichtigste Punkt von der faktischen Seite her die Berichte, die von den Wirtschaftsprüfern kommen. Also insbesondere dann, wenn von Wirtschaftsprüfern Warnungen ausgesprochen werden, sind das natürlich Dinge, wo wir im Weiteren sozusagen zu handeln haben. Wir haben hier einen regelmäßigen Kontakt mit diesen Banken. Das ist der Bankenaufsichtsteil.

Der zweite Teil ist der geldpolitische Teil, wo wir beobachten, wie sich die Finanzierungsbedingungen in Österreich entwickeln. Wenn wir zum Beispiel sehen, dass die Risikoaufschläge auf österreichische Bankanleihen hinaufgehen, ist das eine Information, die wir bekommen.

Und der dritte Teil ist der gesamtökonomische Teil, wo wir eben schauen, wie solche Probleme international gehandhabt werden. Hier gibt es quasi gewisse Normen, die von der Europäischen Zentralbank ja auch vertreten werden und vertreten wurden. Ich darf Sie daran erinnern: Präsident Trichet hat ja sogar bei einem Besuch in Wien genau diesen Punkt sehr stark betont. Das heißt, wir haben hier verschiedene, ein paar Quellen, aufgrund derer sich unsere Gesamtexpertise bildet.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Meine Frage war eigentlich eingegrenzt, meine Frage bezieht sich auf: Welche Fakten haben Sie als Entscheidungsgrundlage herangezogen? – Ich habe jetzt die Wirtschaftsprüfer herausgehört, außer den Wirtschaftsprüfern sonst noch Fakten?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, natürlich. Ich habe das auch vorhin geschildert. Es hat ja dann immer … Also ganz konkret: Bei der Hypo Alpe-Adria hat es ja dann im Auftrag der OeNB Sonderprüfungen gegeben, die natürlich nicht wir machen können, sondern da wurden ja dafür extra Wirtschaftsprüfer herangezogen, also PwC und so weiter. Und das Ergebnis dieser Prüfungen geht dann zu uns rein.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie meinen jetzt die PwC-Asset-Review aus dem Jahr 2009? (Auskunftsperson Nowotny: Zum Beispiel!) – Sonst noch was?

Dr. Ewald Nowotny: Wir haben ja später – ich habe das gerade erwähnt –  auch diese Aktion Brush gehabt, auch wieder mit eigenen – ich glaube, das war in dem Fall die KPMG – Wirtschaftsprüfern.

Das heißt, die haben dann sozusagen immer ein Portfolio analysiert. Aus dem hat sich dann ergeben: Was ist der Abschreibungsbedarf? – Das ist ja nicht etwas, das wir uns erfinden, sondern das ist das, was das Ergebnis von entsprechenden Prüfungen ist. Aus diesem Abschreibungsbedarf oder Wertberichtigungsbedarf haben wir dann gesehen, wie es in Bezug auf die Kapitalausstattung dieser Bank aussieht. Diese Kapitalausstattung der Bank ist uns ja aus der Analyse der Bilanzen bekannt.

Und aus dem haben wir dann gesehen: Gibt es noch einen zusätzlichen Kapitalbedarf, ja oder nein? – Weil wir ja entsprechende Kapitalquoten vorgegeben haben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also ich habe jetzt herausgehört: Zahlen von der Bank, bestätigt durch die Wirtschaftsprüfer. Das waren die Zahlen, Daten und Fakten, die Sie als Entscheidungsgrundlage vonseiten der Nationalbank verwendet haben.

Dr. Ewald Nowotny: Das ist immer die Grundlage, denn eine Notenbank ist ja kein Wirtschaftsprüfer, wie Sie wissen, sondern eine Notenbank arbeitet natürlich auf den Grundlagen der Prüfungen, die hier vorgenommen werden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na gut, jetzt haben wir schon gehört, dass nicht einmal Sie selbst mehr an die Zahlen der Hypo Alpe-Adria geglaubt haben. Es ist ja immer etwas anderes dahergekommen, im Regelfall ist es schlimmer geworden: immer höherer Wertberichtigungsbedarf, jede neue Review oder was immer hat höheren Kapitalbedarf ergeben. Bestätigt war natürlich immer alles vorher durch die Wirtschaftsprüfer.

Dr. Ewald Nowotny: Da haben Sie ein richtiges Problem angesprochen, das auch von uns aus ein Problem ist, dass wir natürlich vielfach – und das gilt ja eigentlich vor allem für die früheren Zeiten – Bilanzen bekommen haben, bestätigt von Wirtschaftsprüfern, die sich im Nachhinein leider als nicht haltbar gezeigt haben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja schon, aber nicht im Jahr 2016 im Nachhinein, sondern laufend. Das war ja immer der Fall. Es hat ja schon die Einschätzung 2008 nicht gestimmt, die Einschätzung 2009 nicht gestimmt. Jedes Jahr sind neue Wertberichtigungsbedarfe dahergekommen.

Meine Frage ist: Sie müssen doch irgendwann einmal – und das ist ohnehin im Anschluss an das, was der Herr Verfahrensrichter schon gefragt hat – draufgekommen sein, dass die Zahlen, Daten und Fakten … Und Sie brauchen ja Zahlen, Daten und Fakten, um Entscheidungen zu treffen, um Empfehlungen für die Politik auszusprechen, und diese müssen valide sein, und da brauchen Sie doch irgendwann einmal Zahlen, denen Sie vertrauen können. Und wenn Sie den Zahlen der Bank, bestätigt durch die Wirtschaftsprüfer, offensichtlich nicht mehr vertrauen, dann frage ich mich: Auf welcher Grundlage haben Sie Ihre Entscheidungen getroffen, auf welcher Grundlage haben Sie Ihre Empfehlungen ausgesprochen?

Dr. Ewald Nowotny: Deshalb, weil wir den Zahlen der Bank nicht vertraut haben, haben wir ja auch der Bank aufgetragen, das Risikomanagement zu verbessern. Das ist ja auch zum Teil geschehen. Es ist nicht so, das muss man ganz ehrlich sagen, gerade auch unter der Bayerischen Landesbank, die hat ja an sich ein neues Risikomanagementsystem eingeführt, hat das allerdings dann dadurch, dass sie sich relativ rasch aus dem Staub gemacht hat, nicht voll wirksam werden lassen.

Dann ist ein neues Management in die Bank gekommen. Dieses Management hat genau wieder die Aufgabe gehabt, hier entsprechend die Grundlagen zu erarbeiten. Das ist der Auftrag, den wir gegeben haben. Wenn Sie sich das im Detail anschauen, wir haben ja meistens mit Szenarios gearbeitet – ein normales Szenario, ein optimistisches Szenario und ein pessimistisches Szenario –, damit man eben genau diesen Spielraum der Unsicherheit erfassen kann. Mehr kann man ja in der Situation nicht tun.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber das ist genau die Frage: Was hätten Sie tun können? – Sie haben jetzt schon wieder auf die Bank verwiesen, auf das Risikomanagement der Bank. (Auskunftsperson Nowotny: Ja, entschuldigen Sie ...!) – Das beantwortet nicht die Frage. Meine Frage war: Da Sie als Chef der Nationalbank eine wesentliche Funktion hatten, der die Politik in allen wesentlichen Entscheidungen zur Hypo Alpe-Adria beraten hat, auf welchen Zahlen, Daten und Fakten haben Sie diese Entscheidung getroffen? Wenn Sie schon selbst zugeben müssen, dass die Zahlen der Bank, bestätigt durch die Wirtschaftsprüfer, nicht halten, frage ich mich, auf welcher Grundlage Sie diese Empfehlungen ausgesprochen haben. Haben Sie nicht irgendwann einmal daran gedacht, wenn die Zahlen nicht valide sind, dass die Nationalbank selbst einmal eine Prüfung macht, nämlich eine wirklich vertiefte Prüfung der Risikolage der Hypo Alpe-Adria?

Dr. Ewald Nowotny: Wie gesagt, wir haben einen Teilbereich, ein Ressort Bankenaufsicht, das vom Kollegen Ittner geleitet wird. Es ist die Aufgabe dieses Ressorts, diese Zahlen zu bringen, zu validieren, aber es ist nicht Aufgabe dieses Ressorts, sozusagen selber Wirtschaftsprüfer zu sein, sondern was man gemacht hat, ist, dass man in solchen Fällen zusätzliche Sonderprüfungen mit externen Wirtschaftsprüfern veranlasst hat. Das ist geschehen, und das war ja auch sinnvoll. Aber die Nationalbank selber – da müssten wir einen Stab von Tausenden Leuten haben, wenn wir der Wirtschaftsprüfer aller österreichischen Banken sein wollten!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Natürlich können Sie jemanden beauftragen. (Auskunftsperson Nowotny: Das haben wir auch gemacht!) – Es hat ja niemand gesagt, dass Sie das selbst machen müssen. Warum ist das nicht geschehen?

Dr. Ewald Nowotny: Das ist ja geschehen!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wann?

Dr. Ewald Nowotny: Mehrfach! Wir haben die Bank beauftragt, Sonderprüfungen durchzuführen. Genau das ist geschehen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, die Bank! Aber die Bank hat doch keine glaubwürdigen Zahlen mehr geliefert. (Auskunftsperson Nowotny: Nein, entschuldigen Sie …!) – Der Bank haben Sie doch überhaupt nicht mehr vertrauen können!

Meine Frage ist: Wenn Sie der Bank nicht mehr vertrauen können – und das haben Sie ja bestätigt –, warum hat die Nationalbank nicht selbst geprüft oder selbst jemanden beauftragt, sich wirklich einmal vertieft die Risikolage, die wahre Vermögenslage der Hypo Alpe-Adria anzuschauen? Auf welcher Grundlage haben Sie die Empfehlungen gegeben?

Dr. Ewald Nowotny: Es ist ja nicht darum gegangen, dass wir die Bank beauftragt haben, selber zu prüfen, sondern es wurden ja beeidete Wirtschaftsprüfungsgesellschaften … Es ist ja nicht so, wenn wir sozusagen der Bank nicht getraut haben, haben wir natürlich den Wirtschaftsprüfern getraut. Ich meine, wenn ich sozusagen nicht mehr den Wirtschaftsprüfern als solchen in Österreich trauen kann – und das waren ja die größten Gesellschaften –, dann habe ich natürlich schon schwankende Grundlagen insgesamt.

Ich gebe zu, wir haben da zum Teil auch Enttäuschungen erlebt, aber etwas anderes, als große, renommierte, auch gegenüber dem Ausland auf ihr Renommee bedachte Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zu beauftragen, können wir gar nicht machen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich weiß nicht, von welcher Beauftragung Sie sprechen. PwC war im Jahr 2009, beauftragt von Bayern, und auch das war ein Sample, und auch das hat nicht die wahre Lage widergespiegelt.

Dr. Ewald Nowotny: Im Auftrag ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Meine Frage war: Wann haben Sie in Ihrer Verantwortung als Chef der Nationalbank und wesentlicher Berater der Bundesregierung endlich für eigene, belastbare Zahlen, Daten und Fakten gesorgt, damit Sie überhaupt Ihre Aufgabe, nämlich zu beraten, wahrnehmen können? (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Ewald Nowotny: Zunächst einmal, weil Sie mich sozusagen persönlich ansprechen: Meine Aufgabe als Gouverneur ist die, dass ich mit den Zahlen arbeiten kann, die ich natürlich von den entsprechenden Bereichen der Bank bekomme.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, von der Bank, aber denen haben Sie ja nicht getraut – das wissen wir ja schon.

Dr. Ewald Nowotny: Dafür haben wir auch eine Arbeitsteilung. Das heißt, es ist jetzt nicht meine Aufgabe, diese Zahlen zu überprüfen, das ist die Aufgabe der Bankenaufsicht, die das nach bestem Wissen und Gewissen macht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also es ist die FMA schuld?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, schuld ist ... Im eigenen Haus, die Vor-Ort-Prüfungen werden ja vom Ressort Bankenaufsicht der OeNB, aber nicht vom Ressort Gouverneur gemacht. Das heißt, natürlich gibt es eine Aufgabenteilung. Die dort erarbeiteten Zahlen werden dann im Direktorium besprochen. Hier wird nach bestem Wissen und Gewissen vorgegangen. Wenn man das Gefühl hat, die Bank selber ist nicht imstande, dieses entsprechende Risikomanagement durchzuführen, dann bekommt die Bank auch einen Auftrag, das Risikomanagement zu verbessern. – Das ist ja auch mehrfach geschehen. Das wird dann auch überprüft.

Wenn auch das nicht ausreicht, dann kann natürlich auch noch eine zusätzliche externe Prüfung gemacht werden, wobei ich schon dazusagen muss, da muss man sich auch den jeweiligen gesetzlichen Rahmen anschauen. Jetzt hätten wir die Möglichkeit, von uns aus Prüfer hinzuschicken, da wir jetzt das Abwicklungsgesetz haben. Zu früheren Zeiten hätten wir diese Möglichkeit nicht gehabt. Da konnten wir der Bank den Auftrag zu einer Sonderprüfung geben. Also man muss immer sehen, in welchem rechtlichen Rahmen wir uns bewegen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber, Herr Gouverneur, das stimmt doch alles nicht! (Auskunftsperson Nowotny: Entschuldigen Sie, …!) Jetzt zeigen Sie auf die FMA, dabei war schon beim PartKapital die Entscheidungsgrundlage ein Drei-Tages-Gutachten der OeNB ...

Dr. Ewald Nowotny: Herr Abgeordneter, hören Sie mir eigentlich zu? Ich habe Ihnen ...

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Bitte, einer nach dem anderen, hintereinander!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): ... und spätestens seit dem Zeitpunkt, als eben Steuergeld mit an Bord war, haben Sie ja alle Prüfungsmöglichkeiten gehabt! Also das stimmt ja alles nicht!

Ich muss konstatieren – ich habe jetzt ohnehin mehrfach gefragt –: Außer Zahlen von der Bank, denen ohnehin keiner mehr vertraut hat, hat es nichts für all diese Entscheidungen gegeben, die danach getroffen worden sind; keine validen Zahlen. (Abg. Krainer: Falscher Vorhalt!)

Dr. Ewald Nowotny: Es tut mir leid, dass offensichtlich die Verständigung zwischen uns etwas schwierig ist. Vielleicht liegt es an mir, vielleicht liegt es auch an Ihnen. Ich habe mehrmals versucht, Ihnen darzustellen, dass es nicht um Zahlen der Bank notwendigerweise geht, sondern um Zahlen von Wirtschaftsprüfern, die sozusagen auf unseren Druck, auf unser Ersuchen, auf unsere Verpflichtung, von der Bank hier betraut wurden. Das heißt, genau deshalb wird man in solchen Situationen eben zusätzliche Expertisen einholen.

Wir als OeNB haben zu diesem Zeitpunkt rechtlich nicht die Möglichkeit gehabt, auf eigene Kosten, auf eigene Initiative hier in die Bank hineinzugehen, sondern zu diesem Zeitpunkt haben wir der Bank die entsprechenden aufsichtsrechtlichen Auflagen geben können. Das haben wir im vollen Maß gemacht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, die haben sich ja immer daran gehalten. Also nicht nur ich komme nicht drauf, dass die OeNB irgendwann einmal eine vertiefte Prüfung der Risikoaktiva der Hypo gemacht hat, das sagt ja auch der Rechnungshof.

Das ist im Bericht des Rechnungshofes nachzulesen, Seite 18 – ohnehin ein öffentliches Dokument. Das war auch eine schwerwiegende Kritik an der OeNB, sich nicht auch nur ein Mal die wahre Risikolage der Hypo Alpe-Adria vertieft anzuschauen.

Dr. Ewald Nowotny: Also so habe ich den Bericht nicht gelesen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Kommen wir zu einem nächsten Punkt: Konkurs. Sie haben gesagt, der Nachteil des Konkurses wäre, es müsste alles schnell verkauft werden. – Können Sie mir die Bestimmung der österreichischen Insolvenzordnung sagen, in der das drinsteht?

Dr. Ewald Nowotny: Sie wissen, wie ein Konkurs im Falle der Hypo Alpe-Adria vor sich gegangen wäre. Es hätte zunächst einmal das zuständige Gericht, das sozusagen als Konkursgericht hätte tätig werden müssen, einen Insolvenzverwalter eingesetzt. Die Aufgabe des Insolvenzverwalters ist es natürlich, dieses Vermögen entsprechend zu realisieren. Dabei ist es sicherlich so, dass der Zeitdruck natürlich eine erhebliche Rolle spielt. Das ist ja genau ... (Abg. Hable: Wer sagt das?) – Entschuldigung, das ist die Aufgabe eines Insolvenzverwalters.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dann sagen Sie uns bitte die Bestimmung der Insolvenzordnung, in der das drinsteht!

Dr. Ewald Nowotny: Ich bin nicht der Jurist für diesen Bereich, sondern ich weiß etwas von der wirtschaftspolitischen Praxis.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber Sie stützen sich ja darauf.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, natürlich, weil ich die wirtschaftspolitische Praxis kenne. Ich glaube, wenn Sie die wirtschaftspolitische Praxis kennen, wissen Sie auch, dass ein Konkurs eine gewaltige Vermögensvernichtung darstellt, weil es eben nicht eine unternehmerische Weiterführung ist – das ist der Unterschied zwischen Konkurs und Ausgleich, wenn ich Sie daran erinnern darf –, sondern weil es sozusagen die Vernichtung des Unternehmens bedeutet und aus dem Grund eben den entsprechenden Vermögensverlust. Ich glaube, das ist eine Frage, die jedem, der in der Wirtschaft tätig ist, eigentlich bekannt sein müsste.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dann muss ich mir die Frage selbst beantworten: Diese Bestimmung in der Insolvenzordnung gibt es nicht, dass möglichst rasch verkauft werden muss – einen sogenannten Fire Sale. Das gibt es hier einfach nicht. Das ist eine bloße Behauptung (Auskunftsperson Nowotny: Nein!), die Sie und andere immer wieder in den Raum stellen.

Und da Sie die Praxis ansprechen: Auch die Praxis kann man anschauen. Bankeninsolvenzen, die es in Österreich gegeben hat, haben nie weniger als zehn Jahre gedauert – das kann sogar Kollege Krainer aus derselben Partei bestätigen –, und das waren vergleichsweise kleine „Quetschen“. Also diese Behauptung, dass die Vermögensvernichtung bei der Insolvenz stattfindet, weil da möglichst schnell verkauft werden müsste, ist schlichtweg falsch.

Aber ein Unterschied besteht schon zur Insolvenz, und deswegen haben das auch Wyman und die anderen internationalen Gutachter empfohlen: Sie können die Gläubiger mit an Bord nehmen. Sie haben eine Beteiligung der Gläubiger an den Kosten, auch der Investoren in die Hypo-Anleihen und von Bayern. (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.) Und wenn Sie die Insolvenz nicht haben, dann passiert genau das, was jetzt passiert: Der Steuerzahler zahlt alles, und die Gläubiger gehen mit 100 Prozent nach Hause.

Ich fürchte, ich muss in der nächsten Runde weitermachen.

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: So wird es wohl sein. (Auskunftsperson Nowotny: Darf ich nur ganz kurz?) – Natürlich, bitte.

Dr. Ewald Nowotny: Ich habe Ihnen ja vorhin schon gezeigt – weil Sie sagen, Wyman und andere internationale –: Es gibt zwei, es gibt Wyman und zeb. Beides sind keine Gutachten, auf denen man eine Insolvenz aufbauen könnte. Das eine ist ... (Abg. Hable: Was wäre denn ein Gutachten? So ähnlich wie das von der OeNB zu ...?) – Entschuldigung! Ich glaube, Sie wissen rechtlich genau, worum es geht.

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Die Fragezeit ist vorbei.

Dr. Ewald Nowotny: Zweiter Punkt – ich habe das ja selbst gesagt –: Natürlich kann die Abwicklung einer Insolvenz lange dauern, weil eine Insolvenz sehr oft mit Rechtsstreitigkeiten verbunden ist. Aber natürlich ist der Insolvenzverwalter trotzdem verpflichtet, innerhalb eines möglichst kurzen Zeitraums einmal seine Pflicht auszuüben. (Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Schauen wir uns vielleicht ein bisschen das Thema Insolvenz an! Sie haben vorhin das Wyman-Gutachten angesprochen, wobei Sie gesagt haben: Das ist kein Gutachten. Wussten Sie, dass das Gutachten dem Ministerium schon vorlag, bevor es beauftragt wurde?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, das habe ich nicht gewusst. Wie gesagt, es ist ja so, dass – ich habe das ein bisschen angedeutet – es im Finanzministerium quasi unterschiedliche Strömungen gegeben hat, und eine der Strömungen war in Richtung Insolvenz. Es war aber, wie gesagt, kein Gutachten, sondern es waren – wie es so schön heißt – „Outside-In Beobachtungen“. Also aus dem sind auch keine wirklichen Schlüsse zu ziehen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann haben Sie dieses sogenannte Gutachten bekommen?

Dr. Ewald Nowotny: Wir haben das im Rahmen der Tätigkeit oder im Zusammenhang mit der Hypo-Taskforce bekommen, und daher wurden wir gebeten, zu diesem Gutachten als Hypo-Taskforce Stellung zu nehmen. Das hat die Hypo-Taskforce auch gemacht – übrigens nicht die Nationalbank, sondern die Taskforce mit all den Teilnehmern, die dort dabei waren. Und diese Stellungnahme war eindeutig: dass sich aus diesem Papier keine Basis für einen Konkurs ergibt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich kann Ihnen das Dokument 13022 auch vorlegen, Lieferant ist die OeNB. Das ist eine „Stellungnahme zur Oliver Wyman-Unterlage betreffend ,Projekt Galileo. Outside-In Beobachtungen. Dezember 2013‘“. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dazu eine Frage, denn es gibt ja hier mehrere ... Es gibt quasi die Unterlage vor der Beauftragung und die Unterlage nach der Beauftragung. Der Unterschied ist sehr gering. Die Schriftgröße wird bei der zweiten Unterlage größer, dann werden die Seiten mehr. Dann kommen ein paar Ratingsachen dazu. Das erste war ein sogenanntes Pro-bono-Gutachten von Wyman, gratis, und das ist dann Ende November beauftragt worden, übers Wochenende quasi, um 100 000 € – also relativ günstig für Gutachten, zumindest im Vergleich dazu, was wir hier im Ausschuss schon gesehen haben –, quasi das, was da schon vorliegt, noch einmal vorzulegen.

Haben Sie den ersten Entwurf oder die erste Unterlage auch schon gehabt? Oder nur das, was dann offiziell übergeben wurde?

Dr. Ewald Nowotny: Also nach meiner Erinnerung kann ich mich nur an das erinnern, was uns offiziell übergeben wurde, und das ist ja auch das, worauf sich dieser Brief bezieht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, ja, der Brief bezieht sich eben auf das, was am 2. oder 3. Dezember veröffentlicht wurde.

Dr. Ewald Nowotny: Aber an eine andere Vorversion oder so etwas kann ich mich nicht erinnern.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie sagen, dass das eigentlich gar kein Gutachten ist.

Dr. Ewald Nowotny: Also, wie gesagt, ich nehme an, die Ausschussmitglieder kennen das ja. (Die Auskunftsperson blättert in Unterlagen.) Es ist hier auch geschildert worden. Erstens gibt es keine eindeutige Empfehlung, sondern es steht hier drin (aus den Unterlagen vorlesend): Alle Lösungen beinhalten Unsicherheiten, die weiter abgefedert werden müssen. – Also das ist quasi eine Vorarbeit für ein Gutachten, aber kein Gutachten.

Von der praktischen Seite, dahin gehend, ob es irgendwelche Beispiele in dieser Richtung gibt, ist eigentlich als einziges Beispiel, das es hier überhaupt in Europa gibt, eine Bank in Estland angeführt – ich suche jetzt gerade den Namen –, und das war es. Mehr … (Abg. Hable: Es gibt noch weitere Beispiele! Hunderte in Amerika!) – Bitte? – Entschuldigung, in Amerika haben wir ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich glaube, dass die Auskunftsperson vollkommen zu Recht gesagt hat, es bezieht sich in dieser Unterlage … (Weitere Zwischenrufe des Abg. Hable.)

Dr. Ewald Nowotny: In Amerika gibt es eine völlig andere Rechtslage, wie Sie doch eigentlich wissen sollten.

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Kollege Hable!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich mag ja Zwischenrufe, aber ich befrage auch gern.

Das heißt, das Wyman-Gutachten geht gar nicht auf amerikanische Banken ein, sondern führt eine einzige europäische Bank an, nämlich diese estnische.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, natürlich. Es hat dann auch ein anderes ... In diesem zeb-Gutachten ist auch der Konkurs einer schweizerischen Gemeinde, von Leukerbad, angeführt worden, also auch kein wirkliches Beispiel, wobei interessanterweise selbst dieser kleine Konkurs von Leukerbad in der Schweiz die Schweizer Kommunalfinanzierung lange Zeit negativ beeinflusst hat.

Aber Sie wissen, in Österreich können Gemeinden in Konkurs gehen. Wir haben dafür auch eine Regelung. Für Länder haben wir keine Regelung. (Abg. Hable: Das stimmt nicht!) – Für Länder haben wir keine Regelung. (Abg. Hable: Zu den Gemeinden gibt es eine Judikatur!) – Nein, für Gemeinden gibt es auch sozusagen eine rechtliche Regelung, und wir haben ja auch Beispiele für Gemeinden, die in Konkurs gegangen sind, wie Sie wahrscheinlich wissen. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Hable.)

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Sie sind wie ein Pferd in der Box, das es nicht mehr aushalten kann, bis man es loslässt. (Abg. Hable: Na wirklich! Ich glaub’s ja nicht!) – Sie kommen wieder dran.

Dr. Ewald Nowotny: Aber, wie gesagt, für Europa gibt es keine Beispiele. Da wurden auch hier keine wirklich gebracht, und ich möchte betonen: Es wurde dann die zu dieser Zeit bestehende Task Force Hypo Alpe-Adria um eine Stellungnahme gebeten, und es ist eine gemeinsame Stellungnahme aller in dieser Hypo-Alpe-Adria-Taskforce Teilnehmenden, in der man gesagt hat: Diese Argumente, die hier für eine Konkurslösung angegeben werden, sind nicht zielführend, und daher bleiben wir bei unserer ursprünglichen Aussage.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Kollege Hable hat vorhin gemeint, das Angenehme bei einem Konkurs ist, dass man die Gläubiger mitschneiden kann. Ist das jetzt nicht gerade auch beim Moratorium passiert, dass die Gläubiger, die Financiers der Bank, mitgeschnitten wurden? (Abg. Lugar: 10 Prozent!) Um 50 Prozent? (Zwischenruf des Abg. Hable.)

Dr. Ewald Nowotny: Wobei man dazusagen muss: Jetzt haben wir natürlich eine andere rechtliche Regelung. Jetzt haben wir eine gesamteuropäische Regelung, die in Österreich ins nationale Gesetz umgesetzt wurde. Das hat es zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und was ist jetzt das Problem? – Die FMA hat ja gesagt, in etwa 50 Prozent der Forderungen sind geschnitten. Und was ist jetzt das Problem bei der Hypo?

Dr. Ewald Nowotny: Man muss immer diese zwei Ebenen auseinanderhalten: Das eine ist auf die Frage in Bezug auf die Gläubiger der Hypo – in dem Fall auf die HETA – bezogen, und das andere ist, dass es auch für diese Bonds weiterhin die Haftung des Landes Kärnten gibt. Das heißt, ich kann, wenn ich sozusagen schneide ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also die Landeshaftungen sind das Problem? Sind die Landeshaftungen in einem Konkurs weg? Oder bleiben die Landeshaftungen bestehen?

Dr. Ewald Nowotny: Natürlich sind sie nicht weg. (Abg. Krainer: Ach so!) Das ist das Ergebnis einer Haftung.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, der Konkurs ist eigentlich dasselbe wie jetzt, also vereinfacht gesagt: Die Landeshaftungen bleiben eben stehen.

Dr. Ewald Nowotny: Ich kann das nur bestätigen. Ich will das jetzt nicht zu sehr strapazieren, aber das, was im Griss-Report als die Ursünde bezeichnet wird, sind natürlich die Landeshaftungen. Ohne Landeshaftungen schaut die Welt anders aus. Deshalb habe ich ja eine Haftung. Natürlich, eine Haftung im Konkurs besteht weiter, sonst wäre es ja wertlos.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben noch darauf hingewiesen, dass es in Deutschland diese – unter Anführungszeichen – „Beistandspflicht“ des Bundes für die einzelnen Bundesländer gibt. Das ist aber keine gesetzliche, sondern eine Höchstentscheidung von Karlsruhe, nehme ich an?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, wobei es auch dort natürlich eine gewisse Entwicklung gibt. Konkret sind es zwei Urteile, soweit ich weiß, eines bezüglich Bremen und eines bezüglich Berlin, in denen in jedem Falle eine Beistandspflicht normiert wurde, allerdings mit Bedingungen – also das heißt, wo ich dann quasi Einfluss nehme auf die Gestaltung des Haushalts der jeweiligen Bundesländer, in einem Fall stärker, im anderen Fall etwas weniger. Da gibt es entsprechende verfassungsrechtliche Judikatur. Die gibt es in Österreich nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gibt es in Österreich die umgekehrte Judikatur? (Auskunftsperson Nowotny: Bitte?) – Gibt es in Österreich umgekehrte Sprüche?

Dr. Ewald Nowotny: Nein. Das Thema ist offengeblieben. Ich bin ja inzwischen ein bisschen entgegen meinem Willen ein Experte für das Insolvenzrecht der Länder geworden. Ich weiß daher, dass es bei der Gestaltung der Bundesverfassung in den zwanziger Jahren sehr wohl eine Diskussion gegeben hat, ob man ein Insolvenzrecht für Länder schaffen soll. Das wurde dann von den Ländern abgelehnt, weil sie offensichtlich gar nicht den Gedanken daran haben wollten. Diese Ablehnung gilt übrigens bis heute. Wir haben bis heute noch kein Insolvenzrecht der Länder. Das ist Teil des rechtlichen Rahmens, den wir in Österreich haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Unterscheidet er sich massiv vom deutschen – mit Ausnahme von diesen höchstgerichtlichen Urteilen?

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, es unterscheidet sich insofern, dass es in Deutschland ... Die Rechtslage selbst ist wahrscheinlich gar nicht so verschieden, aber in Deutschland gibt es eben Judikatur, bei uns nicht. Natürlich könnte man das ausprobieren, was hier die Judikatur eines Verfassungsgerichtshofs ist. Faktum ist, dass man davon ausgeht: Es gibt keine fixe Haftung des Bundes für die Länder, aber es gibt natürlich im Rahmen der Bundesverfassung eine gewisse Verantwortung für das Funktionieren der Bundesländer, also im Sinne einer Existenzgarantie der Länder.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist dann eigentlich eine ähnliche Situation wie in Deutschland, nur ohne Gerichtsurteil?

Dr. Ewald Nowotny: Ja. Also es hat sich noch keine Gelegenheit ergeben. (Abg. Hable: ... Grundlagen!) Ich weiß von Verfassungsjuristen, dass sie einem solchen Verfahren mit Interesse entgegensehen würden. (Abg. Krainer: Ja, ja! Also genauso wie ...!) Ohne den Ausgang zu kennen, natürlich.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es gibt ja auch ein paar, die eine Insolvenz lustig gefunden hätten, um sich einmal anzuschauen, wie das in der Praxis ist, wenn ein Bundesland insolvent wird.

Dr. Ewald Nowotny: Wie gesagt, das wurde auch durchgespielt, wie das wäre. Und es hat gute Gründe gegeben, es eben deshalb zu vermeiden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay, danke, ich mache in der nächsten Runde weiter.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Landeshauptmann Kaiser hätte den Haftungen nicht zustimmen sollen, scheint es, im Nachhinein gesehen.

Herr Nowotny, Sie haben die Landeshaftungen, generell die Haftungen, heute als … (Abg. Krainer: Landeshauptmann Kaiser hätte den Haftungen nicht zustimmen sollen?! Was ist das für eine komische Sicht? ... für das Ende der Haftungen!) – Das haben wir ja schon lang durchgekaut. Herr Landeshauptmann Kaiser hat dem Kärntner Landesholding-Gesetz im Jahr 2003 zugestimmt. (Abg. Krainer: ... 2003 für das Ende der Haftungen!)

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Kollege Krainer!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wo ist das Problem? – Herr Landeshauptmann Kaiser hat den Landeshaftungen als damaliger Landtagsabgeordneter im Jahr 2003 zugestimmt. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Krainer.)

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Herr Kollege Krainer, bitte!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich habe ja nichts anderes gesagt. (Abg. Krainer: Ja, dann passt’s eh!)

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Die Befragung soll zwischen dem Abgeordneten und der Auskunftsperson stattfinden. Sie sind nicht dran, den Kollegen Angerer zu befragen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das war ja nur eine Klarstellung, keine Aufregung!

Herr Professor Nowotny, Sie haben heute vielleicht zu Recht oder durchaus zu Recht Haftungen generell als gefährlich bezeichnet. Deshalb als Einstieg für mich: Sie haben die Rolle der Nationalbank als Bankenaufsicht primär bis 2009 gesehen. Warum hat man diese Haftungsübernahmen durch Länder, nicht nur in Kärnten, sondern generell, eigentlich nicht verhindert, wenn sie so gefährlich sind? – Die Nationalbank hätte dazu die Möglichkeit gehabt.

Dr. Ewald Nowotny: Rechtlich hat die Nationalbank natürlich keine Möglichkeit, ins Finanzgeschehen eines Bundeslandes einzugreifen. Sie werden sich daran erinnern ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das ist ja nicht das Finanzgeschehen eines Bundeslandes, das ist eine Bank, völlig losgelöst von einem Bundesland. Jetzt dürfen Sie nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Das ist eine Aktiengesellschaft, eine Bank (Auskunftsperson Nowotny: Ja, schon!), die von der Nationalbank, von Ihnen, kontrolliert wird.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, aber die Haftung ist nicht von der Bank ausgesprochen worden, sondern die Haftung ist vom Land ausgesprochen worden – für die Bank. Also es ist natürlich ein Problem des Landes, dass es diese Haftung gibt.

Sie werden sich vielleicht erinnern können, das ist ein Thema, das auch schon in der ersten Runde dieses Untersuchungsausschusses diskutiert wurde, da war auch die Frage, ob der Rechnungshof hier entsprechende Warnungen ausgesprochen hat. Jetzt muss ich sagen: Mit dem Wissen zum jetzigen Zeitpunkt hätten wahrscheinlich der Rechnungshof, vielleicht auch die Nationalbank, vielleicht auch andere Stellen das Problem der Landeshaftungen sicherlich früher und noch kritischer sehen sollen. Das ist sicherlich etwas, was wir gelernt haben.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich möchte noch kurz im Jahr 2009 einsteigen. Ich habe eine aktuelle Anfragebeantwortung mit der Nummer 8330/AB vom 17. Mai 2016 vom Finanzministerium auf meine Frage hin erhalten. Diese möchte ich Ihnen jetzt vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Ich habe die Frage gestellt, welche Haftungen vonseiten des Bundes für die Hypo/HETA übernommen wurden. Es geht um Punkt 1, also „Zu 1.“, aber es geht vorerst um den unteren Teil, also die letzten beiden Punkte, die hier angeführt sind, die für mich eigentlich neu waren.

„Für die HETA Asset Resolution AG – vormals Hypo Alpe-Adria-Bank International AG – übernahm der Bund auf der Grundlage des IBSG folgende Haftungen“; und zwar werden hier vier Haftungen aus dem Jahr 2009 angeführt, und das ist für mich bemerkenswert: Im Juli 2009 1 Milliarde €, im August 2009 100 Millionen €, im September 2009 100 Millionen € und im September 2009 nochmals 150 Millionen €, also in Summe 1,35 Milliarden € Bundeshaftungen für die Hypo zu einem Zeitpunkt, zu dem das Asset Screening gelaufen ist, zu dem Herr Pinkl dort von den Bayern als Vorstand eingesetzt worden ist und die Bayern mit 68 Prozent die Zweidrittelmehrheit in dieser Bank hatten.

Wie und in welcher Form war da die Nationalbank miteingebunden? Können Sie uns zu diesen Haftungen etwas sagen? Wie sind sie zustande gekommen? Welche Wahrnehmungen haben Sie dazu?

Dr. Ewald Nowotny: Wir waren nicht eingebunden, weil das ja nicht eine Aufgabe der Notenbank ist. Ich kann daher jetzt auch nicht ad hoc etwas dazu sagen.

Wenn ich mir das anschaue: Im Jahr 2009 war es so, dass es hier in der Tat einen zusätzlichen Kapitalbedarf gegeben hat. Die Bayerische Landesbank hat 825 Millionen eingeschossen, und ich nehme an, dass hier auch vom Bund zusätzliche Mittel als Haftung gegeben worden sind, um damit auf die Kapitalmärkte zu gehen.

Der zweite Punkt, mit dem August 2009, das sind 100 Millionen €: Das kann ich jetzt nicht beurteilen. Ich nehme an, das andere war sozusagen eine Möglichkeit, damit die Hypo in diesem Fall auf den Kapitalmarkt gehen kann, wahrscheinlich in einem Gesamtkonzept zusammen mit dem damaligen Eigentümer Bayerische Landesbank. Aber Genaueres kann ich Ihnen ad hoc jetzt nicht sagen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber jetzt hat die Hypo im Dezember 2008 900 Millionen PartKapital bekommen. Ab diesem Zeitpunkt stand sie ja eigentlich auch unter besonderer Beobachtung der österreichischen Bankenaufsicht, und jetzt gibt man der Hypo im Jahr 2009 noch einmal 1,3 Milliarden € an Haftungen. Und dann finden parallel ab August – das überschneidet sich sogar mit den Haftungszusagen an die Hypo – schon Gespräche mit dem Herrn Pröll und dem Herrn Fahrenschon statt, es werden Verhandlungen geführt. Und dann kommt es im Dezember 2009 zu einem Kauf der Aktien von den Bayern, wobei wir heute noch nicht wissen, warum das wirklich passiert ist. Die Bankenaufsicht – sagen Sie – hat nichts davon gewusst? Das ist ja nicht gerade ein kleiner Betrag, 1,3 Milliarden € im Jahr 2009.

Dr. Ewald Nowotny: Zunächst einmal: Wenn ich mir das jetzt hier durchlese, bin ich mir ja gar nicht sicher, ob das überhaupt Bundeshaftungen sind, sondern der Bund hat jetzt die Haftungen übernommen. Von wem diese Haftungen ursprünglich ausgesprochen worden sind, geht aus dem nicht hervor, und das kann ich jetzt auch nicht sagen. Das heißt, das sind ja jetzt Dinge, die sich sozusagen unter dem Aspekt HETA ergeben. Ich nehme an, das ist Teil des Gesamtkomplexes HETA.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben dazu keine Wahrnehmungen? (Auskunftsperson Nowotny: Dazu kann ich nichts Spezielles sagen!) Ich halte nur noch einmal fest: Es übernahm der Bund aufgrund des IBSG, Interbankmarktstärkungsgesetz, diese Haftungen. Das geht ganz klar aus dieser Anfragebeantwortung hervor.

Jetzt haben Sie den Zeitraum auch heute vor dem Ausschuss etwas übersprungen Ich möchte auf die Anfragebeantwortung vom 17. Mai 2016 zurückkommen, das ist auch sehr bemerkenswert. Wenn Sie auf die nächste Seite umblättern, war die Frage zu Punkt 2, welcher Buchwert für die Südosteuropanetzwerke, also SEE, bestand und welchen Buchwert es für die Hypo Alpe-Adria in Österreich, also HAA, gab. Der Buchwert für das Südosteuropanetzwerk war im Juli 2015 513 Millionen, der Buchwert für die Hypo Alpe-Adria im Sommer 2015 120 Millionen. Die Hypo Alpe-Adria wurde um 65 Millionen verkauft, die Hypo SEE-Netzwerke um 50 Millionen €, um ein Zehntel des Buchwerts. (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Für mich noch bemerkenswerter ist – wenn wir wieder auf die erste Seite zurückblättern – unter Punkt 1 der dritte Punkt, der hier aufgeführt wird:

„Haftung für Gewährleistungsansprüche und Freistellungen im Zusammenhang mit dem Verkauf des SEE-Bankennetzwerks in der Höhe von 1,7 Milliarden Euro am 17.07.2015.“

Haben Sie dazu Wahrnehmungen? Man hat also die Hypo SEE, die einen Buchwert von 513 Millionen hatte, um 50 Millionen € verkauft und zusätzlich 1,7 Milliarden € an Haftungen übernommen, die Sie als gefährlich bezeichnen.

Dr. Ewald Nowotny: Ich bitte um Verständnis, das sind hier sozusagen Transaktionen, wo die Notenbank ja nicht eingebunden ist. Das sind der ganz konkrete Verkauf beziehungsweise dann die Maßnahmen, die vonseiten des Finanzministeriums gesetzt worden sind. Alles was ich dazu sagen kann, ist, dass es im Rahmen der Regelungen, die ja auch mit der EU-Kommission festgelegt worden sind, eine Verpflichtung gibt, das SEE-Netzwerk zu verkaufen. Daher war es ein Verkaufsdruck.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das ist ja jetzt der Punkt! Dazu wollte ich ja jetzt kommen, das hat ja alles eine Ursache. (Auskunftsperson Nowotny: Na ja, eben!) – Genau, und die ist das Wesentliche, auf das wollte ich hinaus, Herr Professor. Vielleicht können Sie uns jetzt die Ursache erklären. Was ist die Ursache, dass das passiert ist? Was ist die Ursache, dass hier Milliardenschäden entstehen?

Dr. Ewald Nowotny: Die Ursache ist die, dass vonseiten der EU ein staatliches Beihilfeverfahren eröffnet wurde, weil es sich hier ja um staatliche Beihilfen handelt, ursprünglich schon aus dem PartKapital heraus und dann zum Zweiten im Zusammenhang mit der Verstaatlichung. Im Rahmen dieses Beihilfeverfahrens, wie es die EU-Kommission ja in anderen Ländern auch geführt hat, gibt es dann bestimmte Regelungen. Eine dieser Regelungen war die, dass eben der verkaufsfähige Teil verkauft werden soll, und das andere eben in die HETA als Abwicklungsbank geführt wird. Dieser verkaufsfähige Teil sind zwei Bereiche, das eine ist die Hypo Bank Österreich, also jetzt Anadi Bank, das Zweite ist das SEE-Netzwerk, dieses wurde an ein Konsortium verkauft, bestehend aus einem amerikanischem Unternehmen plus ein ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Professor, das ist jetzt nicht so wichtig, das wissen wir. Das sind ja nur Fakten, die wir feststellen. (Auskunftsperson Nowotny: Eben!) Die Frage ist das EU-Beihilfeverfahren, die Auswirkungen daraus, die Zeiten, die Fristen, die vorgegeben wurden.

Und jetzt sind wir bei dem Punkt: Ihr bekannter Freund – weiß ich nicht, Sie kennen ihn sehr gut, haben Sie gesagt –, der Herr Almunia, hat ja auch diese Bad-Bank-Lösung gefordert, die Sie – aus unserer Sicht durchaus zu Recht – schon sehr früh gefordert haben. Das war international der üblicher Weg. Mich würde jetzt interessieren: Sie haben heute erwähnt, dass der Herr Almunia mehrfach mit Ihnen Gespräche geführt hat, er war dann offensichtlich auch beim damaligen Herrn Bundeskanzler und hat versucht, diese Lösung mit Ihnen zu besprechen. Was war der Inhalt der Gespräche? Können Sie vielleicht dazu etwas sagen? Was hat er gefordert?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, also der wesentliche Punkt ist der, dass Almunia die Bildung einer Bad Bank als Abwicklungsbank ohne Bankkonzession gefordert hat. Die Position …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also eine sogenannte externe Abbaueinheit ohne Bankenlizenz; klar getrennt (Auskunftsperson Nowotny: Richtig!), keine interne Bad Bank, sondern eine externe Bad Bank. Das hat er klar gefordert.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, genau! Während umgekehrt die Position des Vorstands und eben auch durch längere Zeit die des Finanzministeriums war, dass man zwar schon eine Abwicklungseinheit macht, aber diese Abwicklungseinheit innerhalb der Bank und damit aber natürlich auch sozusagen mit dem vollen Kapitalerfordernis …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Da haben wir wieder einen klaren Widerspruch – entschuldigen Sie, wenn ich jetzt dazwischenrede, aber es passt dazu – mit der Frau Fekter. Denn die hat ja immer behauptet, dass diese klare Trennung in externe Abbaueinheit und interne Abbaueinheit von der Europäischen Union nicht gefordert wurde. Das ist aber der Punkt, und Sie haben es jetzt bestätigt, genauso wie letzte Woche der Herr Steger bestätigt hat, dass Almunia genau das gefordert hat.

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, das zeigt sich ja auch aus dem Ergebnis. Zum Schluss ist es ja auch genauso gekommen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber zu spät, das sagen auch alle, und daraus ist der Schaden entstanden.

Dr. Ewald Nowotny: Also nicht nur, aber (Abg. Angerer: Nicht nur, aber auch! Ein großer, ein wesentlicher!) dadurch ist wahrscheinlich schon auch ein Schaden entstanden, weil man genau dadurch, dass es keine externe Abbaueinheit war, eben immer unter der Notwendigkeit war, dass man, sobald wieder irgendwo ein neuer Rekapitalisierungsbedarf auftaucht, sozusagen die Kapitalquoten erfüllen und daher eben wieder staatliches Kapital einschießen muss. Das war genau der Punkt.

Das Ministerium und auch der Vorstand sind eben längere Zeit der Meinung gewesen, dass man diese Forderung der Kommission nicht erfüllen will. Es ist ja hier um die Frage gegangen: Lasse ich sozusagen die Netzwerkbanken zu, dass sie ein Neugeschäft machen? Wenn ich das Ganze verkaufen will, ist es natürlich besser, wenn ich ein Neugeschäft dabeihabe. Und das war die Perspektive, dass ich letztlich das Ganze als Bank insgesamt verkaufen kann. Es hat sich aber gezeigt, dass das nicht realistisch ist, und daher ist man dann auf diese andere Lösung gekommen. Wie ich vorhin gesagt habe, ich denke, man hätte das wahrscheinlich auch schon früher erreichen können und erreichen sollen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja, das hat aber in weiterer Folge – und jetzt sind wir beim Verkauf der SEE-Netzwerke – dazu geführt, dass die Fristen für den Verkauf durch die Europäische Union in der Entscheidung des Beihilfeverfahrens so kurz gesetzt wurden. Sie haben selbst gesagt: Es hat Banken in Europa gegeben, die bis 2027 Zeit haben, ihre Assets abzubauen, die schwer veräußerbar sind. Und durch die Verkürzung dieser Fristen ist es natürlich sehr schwierig oder eigentlich unmöglich, einen vernünftigen Preis am Markt zu erzielen. Wenn jeder weiß, dass ich zu jeder Bedingung verkaufen muss, dann erklärt sich auch, warum man dann eine Bank um ein Zehntel des Buchwerts verkaufen und zusätzlich 1,7 Milliarden € übernehmen muss, die heute der österreichische Steuerzahler tragen muss.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, also dem ist sicherlich zuzustimmen. Wenn ich unter Zeitdruck verkaufen muss, bin ich immer in einer schlechteren Lage. Man muss fairerweise dazusagen: Das war nicht das einzige Problem. Es ist natürlich dazugekommen, dass sich die Wirtschaftslage in diesen Staaten insgesamt verschlechtert hat, sodass auch von dieser Seite her die Märkte, auf denen diese Bank tätig ist, einfach nicht mehr so attraktiv waren.

Aber ich habe das ja vorhin angeführt: Ich wurde von einigen, darunter eben auch zum Beispiel vom Gouverneur der kroatischen Notenbank, angesprochen, dass tatsächlich, je länger diese Ungewissheit ist, umso geringer der Wert der Bank wird, weil eben die guten Leute davonlaufen und sozusagen auch kein gutes Geschäft mehr gemacht wird, weil die schlechten Schuldner die sind, die bleiben. Also da war natürlich tatsächlich der Zeitaspekt relevant.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dass es vor allem damals eine schwierige wirtschaftliche Situation war und heute ja noch immer ist, ist ja unbestritten. Das gestehe ich auch der Politik und den anderen handelnden Personen zu. Nur versucht man ja heute, primär natürlich von den damaligen Finanzministern, die Schuld dem Management zuzuschieben.

Das passt ja insofern auch nicht zusammen, da man den Herrn Kranebitter 2013 genau in dieser Phase sogar noch um drei Jahre verlängert hat. Kurz darauf hat er das Handtuch geworfen, weil man eben diesen Weg nicht gehen wollte oder ihn nicht gehen ließ. Und es hat ja ebenfalls der Herr Ditz die Hypo verlassen, weil er gesagt hat, das wird zu einem massiven Schaden, zu einem vermögensvernichtenden Schaden in der Bank führen. Das ist genau dieser Punkt, den wir jetzt herausgearbeitet haben.

Ich hätte jetzt noch eine Frage, die dazu passt: Sie haben heute drei Optionen erwähnt, eben die von uns schon angesprochenen: die Bank weiterführen, schauen, dass sie wieder auf dem Markt reüssieren kann. Das hat der Her Ditz auch so bestätigt, es ist am Anfang versucht worden. Ab 2012 ist aber die Gründung einer Bad Bank alternativlos, man hat gesehen, das geht nicht, man muss die Good Assets und Bad Assets trennen.

Die zweite Option ist eben diese Bad-Bank-Lösung, über die wir jetzt lange diskutiert haben, und die dritte ist das Konkursszenario.

Sie haben diese Optionen selbst erwähnt. Meine Frage: Sind diese Optionen auch von der Nationalbank geprüft worden? Hat es dazu Modellberechnungen gegeben und wenn ja, wem wurden diese Modellberechnungen, die Vor- und Nachteile, übermittelt? Wer wurde darüber informiert?

Dr. Ewald Nowotny: Natürlich ist das überprüft worden, und das Ganze ist ja dann in dem Bericht der Task Force Hypo Alpe-Adria zusammengefasst worden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja, aber das war erst viel zu spät. Das war ja schon 2013. (Auskunftsperson Nowotny: Na schon, aber wie gesagt …!) Vorher! Mich würde es vorher interessieren, zwischen 2010 und 2013.

Dr. Ewald Nowotny: Also unsere Option war von vornherein die Abbaubank, wobei wir – oder auch ich persönlich – da eigentlich eher von der internationalen Erfahrung ausgegangen sind, denn wir haben ja gesehen, was international gemacht wird. Und die Logik, dass ich bei einer externen Abbaubank eben nicht die Kapitalquoten erfüllen muss, die liegt ja auf der Hand.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Da bin ich einer Meinung mit Ihnen, Herr Professor, das glaube ich auch, dass das so logisch sinnvoll gewesen wäre. Nur geht es mir um die Zahlen, und zwar deshalb, weil der damaliger Herr Sektionschef Steger (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt erneut das Glockenzeichen) – letzte Frage – gesagt hat, er war deshalb bezüglich dieser Lösung skeptisch, weil es keine Vergleichszahlen gegeben hat. Deshalb meine Frage: Gab es Vergleichszahlen von Ihnen?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, Vergleichszahlen hat es von uns in Bezug auf den Kapitalbedarf und natürlich in Bezug auf die Fragen – das liegt Ihnen ja vor – nach den möglichen Kosten einer Insolvenz gegeben. Dazu haben wir sehr detaillierte Zahlenangaben gegeben. Wir haben auch immer wieder Zahlen gebracht, wie hoch der Kapitalbedarf ist, weil wir ja hier die entsprechenden Eigenkapitalquoten gehabt haben.

Es ist immer die Frage: Welche Zahlen sind für mich relevant? Die Zahl, glaube ich, die hier relevant ist, war die: Was bedeutet es, wenn ich in eine Bad Bank gehe und sich damit dann die Staatsschuld erhöht? Das ist ja die Zahl, die der Sektionschef Steger haben wollte. Diese Zahl haben wir sehr exakt festgehalten. (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.) Ich habe die Unterlagen hier, es ist um etwa 4 Prozent des BIPs gegangen. Also diese Zahl ist vorgelegen und sie war auch belastbar. Entschuldigung, 4,5 Prozent sind es.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Gouverneur! Sie haben heute schon zu Beginn darüber gesprochen, dass Sie bereits im April 2010 Vorschläge gemacht hätten, was die Bad Bank betrifft. Es gibt aber nie – das haben wir auch schon von mehreren Auskunftspersonen gehört – ein fixfertiges Konzept über die Bad Bank.

Können Sie uns sagen, wem gegenüber Sie Vorschläge gemacht haben? Sie haben auch in der Erstbefragung durch Herrn Dr. Pilgermair nicht konkret ausgeführt, ob Sie schriftliche Vorschläge gemacht haben. Könnten Sie uns das bitte näher ausführen?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, ein detailliertes Konzept, wie die Bad Bank als solche auszugestalten ist, wurde erst sehr viel später gemacht, denn zunächst einmal war ja die Frage der prinzipiellen Bereitschaft, ob ich mich auf diese Option einlasse.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wann später?

Dr. Ewald Nowotny: Das ist dann zusammen mit der HETA geschehen. Das heißt, das ist dann mit der Einrichtung der HETA im Jahre … (Abg. Tamandl: 2014, glaube ich!) – Das kann ich Ihnen dann sagen. (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.) Dafür hat es ja danach eine eigene gesetzliche Regelung gegeben, und das ist dann im Jahr 2014 geschehen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Im Sommer 2014. (Auskunftsperson Nowotny: Ja!) Und vorher gab es kein Konzept, in dem genau herausgearbeitet worden ist, wie so eine Bad Bank aussehen könnte, wie hoch die Assets wären, die in diese Bad Bank gehen? Das gab es nicht?

Dr. Ewald Nowotny: Doch, es war ja der Kern der Studie der Task Force Hypo Alpe-Adria, dass es hier die entsprechenden Modelle gegeben hat, wobei, wie Sie wissen, die Taskforce ja hier verschiedene Modelle aufgestellt hat. Das erste Modell …

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie uns genau erläutern, wann das war? Denn meiner Ansicht nach und meiner Aktenrecherche nach, ist das erst im Jahr 2014, im Jänner 2014.

Dr. Ewald Nowotny: Also die Taskforce hat ihre Tätigkeit im Februar 2014 begonnen[3] und hat dort dieses Modell entwickelt, nämlich zunächst einmal eben einer deregulierten Kapitalgesellschaft ohne Staatshaftung, wobei man ja versucht hat, zwei Modelle zu haben. Das eine Modelle war eines, das privatwirtschaftlich getragen ist, etwa nach dem Modell von Spanien. Das hätte den Vorteil gehabt, dass dann die entsprechende Verschuldung nicht Teil der Staatsschuld wird. Das war das zuerst präferierte Modell.

Da hat es ja dann eine Besprechung zwischen der Regierung und den Banken gegeben, bei der sich gezeigt hat, dass dieses Modell nicht durchgeführt werden kann. Und dann ist man auf das Modell zurückgegangen, das dann gemacht wurde.

Also das ist sozusagen die detaillierteste Ausarbeitung, die es dazu gegeben hat. Das, was wir als OeNB vorher … Das war das Prinzip der Bad Bank, wenn man will, einfach von dem internationalen Beispiel ausgehend. Aber in dieser Reihenfolge ist es geschehen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben jetzt selbst gesagt, das ist vom Februar 2014. Es wird aber immer wieder gesagt, man hätte bereits – Sie haben es ja auch gesagt – im April 2010 Vorschläge für eine Bad Bank gemacht. Auch Kranebitter hat gemeint, er hätte gegenüber dem Finanzminister schon im Jahr 2011 über eine Bad Bank gesprochen. Nur liegt halt kein Konzept vor, und Sie haben das ja auch selbst bestätigt, dass es zu diesem Zeitpunkt kein Konzept gegeben hat. Denn das, was Sie uns sagen, ist ja erst aus dem Februar 2014, aber jedenfalls nicht aus 2010 oder 11 oder 12.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, ich habe sogar schon im Jahr 2009 am Tag nach der Verstaatlichung, am Montag nach der Verstaatlichung, sowohl im ORF wie zur APA gesagt: Ich glaube, der nächste Schritt muss die Einrichtung einer Bad Bank nach internationalem Muster sein. Das heißt, das war natürlich schon ein Konzept, genau das Konzept, das es im Ausland gibt. Ich habe Ihnen ja vorher auch Beispiele genannt. Und nach diesem ausländischen Modell hätte – aus meiner Sicht – man in Österreich rascher vorgehen müssen. Das heißt, dass ...

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Jetzt heißt es natürlich immer, man hätte ausländische oder internationale Modelle nicht eins zu eins anwenden können, da ja auch bei der Abwicklung beispielsweise deutscher Banken ganz andere Voraussetzungen gegeben waren. Es gab beispielsweise die Haftungen nicht – es waren also völlig unterschiedliche Beispiele.

Das heißt, man kann nicht sagen, nach internationalem Vorbild oder nach europäischem Vorbild – aber ohne Konzept erscheint es doch nicht machbar.

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, da haben Sie natürlich recht. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Man muss sich das natürlich schon etwas detaillierter anschauen; aber deshalb habe ich ja auch angeführt, es hat natürlich eine Reihe von Banken gegeben, die genau in der Situation mit Landeshaftungen waren, nämlich die Landesbanken. Das sind eben die großen deutschen Landesbanken. Bis auf eine, die Helaba, sind ja alle deutschen Landesbanken in Probleme gekommen, genau aus dem Grund, aus dem auch die Hypo Alpe-Adria in Probleme gekommen ist. Und dieses Modell war das, woran ich gedacht habe.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich möchte Ihnen zwei Dokumente vorlegen. Das erste hat die Nummer 2119002, der Lieferant ist die Finanzprokuratur. Das zweite hat die Nummer 2763, da ist der Lieferant das BMF. (Der Auskunftsperson werden die genannten Schriftstücke vorgelegt.)

Nehmen Sie bitte zuerst das Dokument 2763 her! Wenn Sie die erste Seite umblättern, sehen Sie auf Seite 3 von 28 die drei Szenarien aufgeschlüsselt, also beispielsweise Szenario 1, die Bank so weiterzuführen wie bisher, Szenario 2 mit der „Bad Bank mit Aufsicht“ oder „Szenario 3: Fire Sale der Assets“. 

Da erkennen Sie beispielsweise, dass die Szenarien 1 und 2 letztendlich die gleichen finanziellen Auswirkungen gehabt hätten.

Dr. Ewald Nowotny: Also wenn ich das jetzt richtig interpretiere, sind beide, denn da heißt es ...

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Nur mit einem zeitlich unterschiedlichen Ablauf, aber grundsätzlich gilt: 2,6 Milliarden Kapitalzufuhr und 3,3 Milliarden Liquidität.

Dr. Ewald Nowotny: Ja. Ich sehe das jetzt hier zum ersten Mal, aber wenn ich es richtig interpretiere: Beides – bei einem Szenario steht: „Beibehaltung der derzeitigen Struktur“, und im anderen Fall: „Bad Bank mit Aufsicht“ – spricht offensichtlich von einer Bad Bank als Bank mit Bankkonzession. Das heißt, das ist aber genau nicht das Modell der internationalen Bad Bank. Das ist eine Bank, eine Abwicklungsgesellschaft ohne Bankkonzession. Und natürlich muss ich auch die Kapitalerfordernisse erfüllen, wenn ich eine Bankkonzession habe. Daher komme ich natürlich immer, in jedem Fall zu ungefähr ähnlichen Konzepten – je nachdem, wie ich halt die Größe des Ausfalls in den einzelnen Assets sehe.

Aber der wirkliche Punkt – und diese Variante sehe ich da nicht – ist die Bad Bank im Sinne einer Abwicklungsbank ohne Bankkonzession. Das ist der große Unterschied.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das kann ich mir nur nicht vorstellen, außer es ist alles falsch, was da vonseiten der Bank gekommen ist, denn die Bankorgane sind offensichtlich schon davon ausgegangen – und es steht ja auch da –: „jedoch ohne Eigenmittelerfordernis und GVA-Grenze“.

Sind Sie sich sicher, dass da eine Abwicklungseinheit mit Banklizenz gemeint ist?

Dr. Ewald Nowotny: Ich weiß nicht, was da mit „Bad Bank mit Aufsicht“ gemeint ist. Wenn es eine Abwicklungsgesellschaft ist, sind wir dafür nicht mehr zuständig. Da gibt es keine Aufsicht.

Das kann ich jetzt also nicht interpretieren, aber, wie gesagt: Alles, was ich vor mir habe, ist das, was da steht. Und da ist das aus meiner Sicht genau der Punkt, dass es eben sowohl bei Beibehaltung der derzeitigen Struktur wie bei der Bank mit Aufsicht heißt, dass ich eine Konzession habe. Das ist eine Bank mit Konzession.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Nein, wissen Sie: Interessant ist natürlich nur, dass die Organe, sprich Herr Aufsichtsratsvorsitzender Ditz, aber natürlich auch Herr Dr. Kranebitter, immer davon gesprochen haben, dass die Einrichtung einer externen Abbaueinheit, einer sogenannten Bad Bank, eine Ersparnis für den Steuerzahler, eine Ersparnis für die Republik Österreich gewesen wäre.

Diese Aufstellung aus dem Juli 2012, die seitens der Hypo Alpe-Adria selbst gekommen ist, zeigt beispielsweise diese Einsparungen nicht. (Auskunftsperson Nowotny: Ja!) Das ist ja schon einmal ein interessanter Punkt.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, aber das hängt, glaube ich, eben mit Folgendem zusammen: Die Einsparung hätte ich wirklich nur dann gehabt, wenn ich es eben ganz klar dereguliert habe. Das heißt ... (Abg. Krainer: Das ist ja dereguliert gewesen!) – Bitte? (Abg. Krainer: Das ist ja dereguliert gewesen!) – Wenn da „Bad Bank mit Aufsicht“ steht, dann heißt Aufsicht ja Regulierung.

Daher ist mir das nicht ganz klar, was da sozusagen der Punkt sein sollte, noch dazu, da ich in dem Fall letztlich mit noch größeren Kosten rechnen müsste als bei der Beibehaltung der derzeitigen Struktur.

Soweit ich das analysieren oder beobachten kann, war ja in dem Fall der wesentliche Unterschied zwischen Dr. Ditz – und auch Kranebitter – und anderen, oder vor allem speziell der Kommission, der, dass Ditz und Kranebitter immer davon ausgegangen sind, dass sie die Bank weiterführen wollen. Sie wollen zwar Teile der Bank verkaufen, aber es war der entscheidende Punkt – immer auch mit der Kommission –, ob es zulässig ist, ein Neugeschäft zu führen.

Der Gedanke war sozusagen: Ich verkaufe die Bank als Bank!, und natürlich: Ich kann eine Bank nur als Bank verkaufen, wenn sie Neugeschäft machen darf.

Genau dieser Punkt ist aber der, der von der Kommission abgelehnt wurde. Die hat gesagt: Ich darf nur sozusagen einen kleinen Teil – und das ist eben das, was dann sozusagen herausgeschält wurde – als Bank verkaufen, und den großen anderen Teil muss ich deregulieren.

Also das war der Unterschied zwischen Ditz und Kranebitter auf der einen Seite. Und ich persönlich glaube, das war natürlich ein ehrenwerter Versuch, aber ich glaube auch, es war zu optimistisch. Ich glaube, diese Strategie ist nicht aufgegangen und musste dann auch aufgegeben werden.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja, das ist ja der Punkt. Die Organe haben ja gegenüber dem Eigentümer auch immer den Eindruck hinterlassen, die Bank wäre zu sanieren. (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.) Hatten Sie auch den Eindruck, dass es erstens seitens der Bank viel zu optimistische Zahlen auch im Umstrukturierungsplan gab (Auskunftsperson Nowotny: Ja, also ...!) und dass die auf der anderen Seite viel zu optimistisch waren, im Sinne von: Das Werkl können wir schon sanieren!?

Dr. Ewald Nowotny: Also grob gesagt würde ich dem zustimmen. Ich glaube, deshalb hat es ja letztlich auch ein mangelndes Vertrauensverhältnis zwischen Eigentümer und Management, in dem Fall Management plus Aufsichtsrat, gegeben, dass man eben das Gefühl gehabt hat, das wird zu optimistisch gesehen.

Natürlich haben sich auch externe Faktoren ergeben, die zur Verschlechterung geführt haben. Faktum war, dass sie dann halt immer wieder kommen mussten, um zusätzlichen Kapitalzuschuss zu erhalten. Und das hat eben genau dieses Vertrauen unterminiert. Per saldo, glaube ich, war das also die Grundlage der Spannungen, dass man das als zu optimistisch gesehen hat.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Hat es eigentlich Ihrer Meinung nach noch andere Faktoren nebst der negativen Auswirkung auf die Maastricht-Zahlen, wie die Schuldenquote oder das Defizit, gegeben, warum man die Bad-Bank-Lösung seitens der verantwortlichen Eigentümer abgelehnt hat?

Dr. Ewald Nowotny: Also das war zumindest in den Gesprächen, die ich hatte, die zentrale Sache, aber natürlich hat es daneben eben immer noch die Hoffnung gegeben, die Bank als solche verkaufen zu können; das war eben, wie gesagt, der Vorstand. Der war daher auch gegen diese Lösung – zumindest lange Zeit gegen die Lösung –, denn das hängt eben wieder mit dieser Frage des Optimismus zusammen. Das war also das eine.

Und das Zweite war, glaube ich, vor allem vom Ministerium, die fiskalische Seite.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich würde Sie nun bitten, dass Sie das zweite Dokument hernehmen, das ich Ihnen gegeben habe.

Da sehen Sie, wenn Sie Seite 20 von 28 aufschlagen, das ist die Nummer rechts oben (Auskunftsperson Nowotny – in Unterlagen blätternd –: Einen Moment bitte! Ja, ich habe es schon!), den Bereich „Anstalt – Nachteile“. Das sind zwei Seiten, aber es ist die erste Seite dieser Nachteile. Da steht gleich als erster Bullet Point: „Linien der BLB sind aufgrund der Bundeshaftung mit Gründung der Anstalt sofort rückzuführen! Verhandlungsposition gegenüber der BLB auch in anderen indirekt die Republik treffenden Prozessen (...) ist erheblich verschlechtert!“

Das heißt, es hat offensichtlich auch andere Beweggründe und nicht nur die Einrechnung der Schulden gegeben.

Dr. Ewald Nowotny: Entschuldigung! Darf ich jetzt noch einmal fragen? Sie haben von Seite 20 gesprochen (Abg. Tamandl: Ja, rechts oben, nicht unten, sondern rechts oben!), auf der oben Bankenstabilisierungsfonds steht?

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Unten ist es die Seite 18.

Dr. Ewald Nowotny: Ach so, 18. Entschuldigung, ich war auf Seite 20.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Es ist in diesen Dokumenten immer zweimal nummeriert.

Dr. Ewald Nowotny: Gut, danke.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wie gesagt, steht im ersten Bullet Point, dass die Linien der Bayern sofort zurückgeführt hätten werden müssen. Es gab ja auch andere Nachteile, aber das ist zum Beispiel auch so ein Nachteil, der zu einer sofortigen Auswirkung geführt hätte.

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, das war natürlich insgesamt ein Problem, das bei allen Überlegungen die Diskussion über die Hypo etwas überschattet hat: Was sind noch weitere Mitwirkungsrechte der Bayern nach der Verstaatlichung? Darüber hat es ja auch keine wirklich ganz eindeutige Positionierung gegeben, aber ich nehme an, dass das da dahintersteht, dass – es geht da ja um eine Bundeshaftung dieser zu gründenden Anstalt – das dann sozusagen den Bayern die Möglichkeit gäbe, ihre Liquiditätslinien zurückzufahren, und offensichtlich war die Annahme dahinter, dass das aufgrund der Rechte besteht, die die Bayern aus dem Verstaatlichungsvertrag nach wie vor haben. So interpretiere ich das. Ob das so auch faktisch richtig ist, kann ich jetzt nicht beurteilen, aber das war offenbar die Position, nehme ich an, der Finanzprokuratur, von der das gekommen ist.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben zu Beginn auch noch gesagt, dass Sie auch Briefe geschrieben hätten, in denen Sie auch schon relativ zeitig für die Bad-Bank-Lösung eingetreten sind. Leider liegen uns diese Briefe nicht vor. Können Sie die dem Ausschuss vielleicht vorlegen?

Dr. Ewald Nowotny: Die Briefe sind schriftliche Darstellungen, die gemeinsam von OeNB und FMA gekommen sind. (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.) – Ich darf Ihnen das ... Wie gesagt, das hat sich immer im Zusammenhang mit Gesprächen, die wir gehabt haben, gezeigt. Das waren die Unterlagen: Am 17.12. hat es dieses Gespräch mit dem Herrn Vizekanzler gegeben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben aber von Briefen gesprochen. Oder war das ein Versprecher?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, Brief kommt später. Ich schaue jetzt, wo ich das hier habe. (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.) – Wie gesagt, wir haben dann am 22. August bei uns die Kapitalberechnungen gemacht und das dann am 30. August in Alpbach Frau Ministerin Fekter dargestellt. Ich nehme an, dass es da auch ein Papier gegeben hat, das kann ich jetzt aus dem hier nicht unmittelbar ersehen. Es hat dann den Taskforce-Bericht klarerweise an die Regierung gegeben. Es hat dann das Schreiben der OeNB an Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger vom 13. März 2014 gegeben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das ist ja alles viel später. Sie haben ja zu Beginn Ihrer Befragung ausgeführt, dass Sie Briefe geschrieben haben, worin Sie auch die Bad-Bank-Lösung präferiert hätten. Darum geht es mir.

Dr. Ewald Nowotny: Von Briefen habe ich, soweit ich weiß, nicht gesprochen (Abg. Tamandl: Okay, dann habe ich das falsch verstanden!), sondern davon, was wir gesagt haben, nämlich dass wir in unseren Kontakten mit dem Ministerium für die Bad Bank eingetreten sind.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich möchte noch kurz auf das Vertrauen in die Bank und auf das Vertrauen in die Zahlen sowie Unterlagen der Bank zurückkommen. Jetzt gibt es seitens des BMF zahlreichen Schriftverkehr sowie Mails und auch einige Auskunftspersonen haben hier ausgesagt, dass die Zusammenarbeit mit der Bank sehr schwierig war. Die Unterlagen sind nicht gekommen, wenn die Unterlagen gekommen sind, dann sind die fehlerhaft oder sehr optimistisch formuliert gekommen; und sie sind eigentlich fast nicht brauchbar gewesen. Das ist heute auch schon vorgekommen.

Wann haben Sie, oder haben auch Sie in diesem Zusammenhang das Vertrauen in die Bank verloren? Wann kam es denn zum konkreten Auslöser, dass auch Sie seitens der Nationalbank das Vertrauen in die Zahlen und Unterlagen der Bank verloren haben? Das zieht sich nämlich natürlich schon wie ein roter Faden durch, und da kann ich all jenen, die der Meinung waren, dass die Wirtschaftsprüfer und auch die Aufsicht da die Verantwortung, die sie eigentlich gehabt hätten, nicht wahrgenommen haben, durchaus beipflichten. Wie sehen Sie das?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, das habe ich auch schon in meinem Eingangsstatement ein bisschen angedeutet. Es ist in der Tat so, dass die Vertrauensbasis zwischen Vorstand und Finanzministerium dann im Laufe der Zeit immer schwächer geworden ist, weil da eben immer wieder neue Zahlen gekommen sind. Das hat dann ja auch zur Folge gehabt, dass damit der Bund immer wieder zusätzliche Kapitaleinschüsse machen musste beziehungsweise eben die OeNB zunächst einmal festgestellt hat, dass es eine Kapitallücke gibt, die dann eben durch die Kapitaleinschüsse zu schließen war.

Ich könnte jetzt keinen exakten Zeitpunkt sagen, ab dem das sozusagen akut geworden ist, aber ich habe ja hier vorhin diesen Überblick mit dieser Zeitleiste gehabt. (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.) Das ist natürlich dann im Laufe der Zeit immer akuter geworden. Es ist das bunte Papier hier irgendwo. (Die Auskunftsperson und der Verfahrensanwalt blättern in Unterlagen.) Sie sehen darin, eben dann im Jahr 2010 hat ja der Bund schon etwas, 450, zugeschossen, im Jahr 2011 dann noch einmal 450, im Jahr 2012 noch einmal 500, im Jahr 2013 – und das war, glaube ich, dann wirklich der schwerwiegendste Betrag – 1 750 Millionen und im ersten Halbjahr 2014 auch noch immer 750. Das heißt, man ist irgendwann einmal davon ausgegangen, jetzt muss sich das Ganze sozusagen einmal selbst tragen. Tatsächlich sind aber eben gerade aufgrund dieser schwachen Datenlage immer wieder zusätzliche Notwendigkeiten gekommen. Da war ich selbst Zeuge solcher Begegnungen, bei denen eben dann vom Ministerium auch die fachliche Kompetenz oder Zuverlässigkeit angezweifelt wurde.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Hätte die Aufsicht da nicht viel früher auch die Notbremse ziehen müssen? Wer hat denn in Wirklichkeit die Bank am allerbesten gekannt? – Am allerbesten haben der Wirtschaftsprüfer, oder die Wirtschaftsprüfer, und natürlich auch die staatliche Aufsicht die Bank gekannt. Die Frage, die sich mir und uns da schon seit über einem Jahr stellt, ist, ob nicht die Aufsicht irgendeinmal Konsequenzen aus diesem Missmanagement, diesen falschen Zahlen, diesen immer wieder nach unten nivellierten Assets, diesem erhöhten Wertberichtigungsbedarf, den nicht werthaltigen Aktiva et cetera ziehen müssen hätte. Hätte man da nicht irgendwann einmal vonseiten der Aufsicht die Notbremse ziehen müssen?

Dr. Ewald Nowotny: Die Frage ist: Was sind die Möglichkeiten? Wenn ich dieses Management tatsächlich als völlig unfähig, also nicht fit & proper, ansehe, dann hätte die FMA da die rechtliche Möglichkeit einer Abberufung gehabt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wie seinerzeit bei Kulterer im Jahr 2006?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, aber bei Kulterer war es ja ein effektiver Gesetzesverstoß. Da war es ja kein Gesetzesverstoß, sondern da war es mangelndes Vertrauen, dass dieser Vorstand die Zahlen wirklich in der Hand hat. Jetzt gibt es dafür natürlich interne und externe Gründe, dass man eben sagen kann: Bitte, die Lage hat sich – was weiß ich – in Serbien unvorhersehbar verschlechtert.

Das ist zum Teil auch richtig, zum Teil ist es aber eben auch offensichtlich, dass da immer wieder neue Bereiche aufgetaucht sind.

Wir haben ja jetzt eine neue gesetzliche Regelung, wo wir sozusagen mit der Möglichkeit des BaSAG, des Bankenabwicklungs- und Sanierungsgesetzes … Jetzt kann in der Tat die Notenbank zusammen mit der FMA sozusagen von sich aus in einer Bank, wenn sie ein Problem sieht, eine eigene Prüfung durchführen. Diese gesetzliche Möglichkeit hatten wir vorher nicht. Vorher konnten wir nur immer sagen, wir beobachten oder analysieren das Risikomanagement der Bank und können dann der Bank auftragen, entsprechende Maßnahmen zu setzen, also, was wir konkret gemacht haben: externe Prüfer zu beauftragen. Dass wir selber sozusagen von uns aus jetzt – und das würden wir natürlich auch mit externen Prüfern machen – etwa einen Prüfplan aufstellen oder Ähnliches, das können wir erst seit dem BaSAG.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben jetzt gesagt: Abberufungsverfahren. Bei Kulterer war es ein Gesetzesverstoß, zum Zeitpunkt des Abberufungsverfahrens wusste man aber noch nicht, dass Kulterer und Striedinger wegen Bilanzfälschung verurteilt werden, und es gab auch noch keine Anklage. (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, aber es hat eine Meldung des Wirtschaftsprüfers gegeben, die genau darauf hingewiesen hat, dass es hier ganz offensichtlich – also wenn man das will – eine Bilanzfälschung gegeben hat, darauf konnte natürlich reagiert werden, musste sogar reagiert werden.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Darf ich noch eine Frage …? Haben Sie jemals …? Hat die Aufsicht, die Nationalbank, die FMA jemals überlegt, in diesem Zusammenhang gegen die Wirtschaftsprüfer vorzugehen?

Dr. Ewald Nowotny: Das ist eine gute Frage, weil wir ja keine gesetzlichen Grundlagen dafür haben, aber wir haben sozusagen als eine der wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen natürlich schon die Frage gehabt: Wie ist sozusagen eine Qualitätsprüfung der Wirtschaftsprüfer durchzuführen? Sie wissen, es gibt ja hier inzwischen auch wieder neue gesetzliche Regelungen, und es ist eine Bilanzpolizei entstanden, das heißt, es gibt jetzt Möglichkeiten. Zu dem Zeitpunkt hat es keine gegeben.

(Es gibt eine kurze Diskussion, ob eine Pause gemacht werden soll. Die Auskunftsperson meint, nach der Befragung durch Abg. Kogler.)

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Guten Tag noch einmal. Eine der Hauptlinien heute war die Frage, wie weit Sie als Person, aber auch als oberster Repräsentant und Gouverneur der Nationalbank beratend tätig waren – pro Bad Bank, sozusagen auch Bad Bank in vernünftiger Ausführung, da gibt es ja verschiedene Varianten, darf ich unterstellen. In den Medien finden sich ausreichend Spuren, dass Sie sich so geäußert haben, in den Akten war es zuerst schwieriger, und es hat jetzt ein bisschen wie Vorhalterei gewirkt. Wir haben allerdings schon welche gefunden, tatsächlich, die das bestätigen, mindestens ab Mitte Mai, den 25.5.2012 haben Sie selber angesprochen.

Was uns nur irritiert hat, war, dass Sie vorher von Briefen geredet haben, die jetzt doch nicht aufgetaucht sind, oder schriftlichen Stellungnahmen. Können Sie aus Ihrer Wahrnehmung jetzt noch einmal sagen, in welcher Form und bei welchen Gelegenheiten Sie das Bundesministerium und die Frau Bundesministerin, allenfalls vorher schon den Herrn Bundesminister Pröll, aufmerksam gemacht haben, aus Ihrer eigenen Rückerinnerung?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, ich habe natürlich keine persönliche unmittelbare Rückerinnerung, sondern worauf ich mich beziehen kann, ist sozusagen eine Zeitliste, die mir von meinen Mitarbeitern erstellt wurde. Dort sehe ich zum Beispiel eben das, was ich Ihnen vorher gesagt habe, 17.12.2010 Gespräch Gouverneur und Vizegouverneur mit Herrn Vizekanzler Pröll, wo wir darauf hinweisen, dass dieser Review Rush eine zusätzliche Wertberichtigung bringen wird, sodass hier insgesamt ein zusätzlicher Finanzbedarf von einer Milliarde erforderlich sein wird. Für die Kapitalmaßnahmen im weiteren Sinne sind wir der Meinung, dass man eine Investmentbank zur Begleitung des Restrukturierungsprozesses einschalten sollte.

Also, das heißt, dass man eben sagt, das ist etwas, da gibt es internationale Erfahrungen, wie man so eine Bad Bank einrichtet, da sollte man eine Investmentbank dafür heranziehen, das habe ich hier mit dem 17.12. Wir haben dann, wenn ich das jetzt hier anschaue, am 17. Juni 2011 ein Treffen OeNB, FMA und Frau Bundesministerin Fekter, wo zunächst einmal auch der künftige Kapitalbedarf gegeben wird, und zwar hier in der Höhe von einer Milliarde Euro. Und als zusätzlicher Aspekt wird gesagt, dass jetzt aufgrund der neuen Regelungen ein Capital Add-On, ein Kapitalzuschlag, zu verhängen ist, und ich bin sicher, das steht jetzt nicht in meiner Unterlage, dass wir dabei wieder das Thema Bad Bank zur Sprache gebracht haben.

Ich habe dann am 22. September ein Treffen OeNB mit Frau Bundesministerin Fekter, da steht extra: Frau Bundesminister hat sich in diesem Zusammenhang gegen die Gründung einer Bad Bank ausgesprochen, also da habe ich es explizit angeführt. Soll ich es noch weiter versuchen?

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Nein, ich habe ja dann selber einen Termin, den Sie erwähnt haben, 25.5., wo auch aus den Unterlagen des BMF hervorgeht, dass Sie sich ausdrücklich – Sie nämlich und Ihr Kollege Ittner – für eine Verwertungsgesellschaft ausgesprochen haben, und nach allem, was man ökonomisch dazu lesen kann, haben Sie eindeutig eine Bad-Bank-Konstruktion gemeint.

Ich frage aus dem Grund, dass es ja vielleicht jetzt für den Ausschuss doch hilfreich wäre, wenn Sie dieses dann zur Verfügung stellen könnten, dann hat diese Art von Fragerei ein Ende. Ich kann Ihnen insofern sozusagen – unter Anführungszeichen – noch „zu Hilfe eilen“ und Ihnen auch ein Dokument vorlegen, das Sie wahrscheinlich gar nicht kennen werden, eine Aufzeichnung von einem Gespräch aus dem Finanzministerium vom 30. Mai, wo eben auf den 25.5. Bezug genommen wird, und Sie sich dort mit Ittner für diese Verwertungsgesellschaft aussprechen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Und jetzt habe ich, das finden Sie im vorletzten Absatz … Aber das ist noch gar nicht so relevant. Aber was haben Sie für einen Eindruck von der Frau Bundesministerin gehabt, außer dass sie es nicht wollte, also eine Bad Bank? (Abg. Greiner: Dokumentennummer?)

Dr. Ewald Nowotny: Also ich will jetzt nicht über Eindrücke in dem Sinne sprechen, aber es ist das, was ich ja vorhin gesagt habe: Es war natürlich die Position des Ministeriums und damit eben auch die der Frau Bundesministerin sehr stark von der fiskalischen Seite bestimmt, also daher habe ich ja auch mit dem Sektionschef Steger ein spezielles Gespräch gesucht, wo ich ihm von meiner Seite her diese Position zeigen wollte.

Wie gesagt, da waren eben zwei unterschiedliche Sichtweisen, ich habe eben gerade auch in Bezug auf die internationalen Erfahrungen darauf hingewiesen, dass es zwar richtig ist, dass es zunächst einmal zu einem Anstieg kommt, dass aber das dann sozusagen wieder zurückgeführt wird, und ich habe ihm zum Zweiten – und das war ein wesentliches Gesprächsthema – gesagt, die Befürchtung, dass sich das negativ auf das Rating der Republik auswirken würde, sehe ich nicht, weil die Ratingagenturen ja wissen, warum dieser Anstieg ist und weil sie das ja auch international so sehen. Also in Deutschland, wie gesagt, sind sie um 8 Prozentpunkte angestiegen, und das Rating der Bundesrepublik Deutschland hat sich nicht verschlechtert, weil man eben genau gewusst hat, das ist eben Teil eines Bankensanierungspakets.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das haben Sie ökonomisch argumentiert, ich will da gar nicht widersprechen, ich will da eher beipflichten, aber ich frage Sie ja zu den Wahrnehmungen der Reaktion der Frau Bundesminister, weil genau in dem Dokument eine gewisse babylonische Sprachverwirrung zu herrschen scheint, nicht bei Ihnen, aber bei der Empfängerin.

Sie sprechen von einer Verwertungsgesellschaft, wird hier ausgeführt, die Frau Bundesministerin … Der Ausschuss kennt das Dokument, ich sage die Nummer im Übrigen noch einmal: 0455, Lieferant BMF. Diese ganze Diskussion entspinnt sich nach einem Gespräch, einem Telefonat der Ministerin mit Herrn Almunia, die ihm dort – das können Sie oben sehen – eine Verwertungsgesellschaft in Aussicht stellt. Almunia freut sich im Übrigen an der Stelle, weil er glaubt, es kommt zu der Bad-Bank-Lösung. (Auskunftsperson Nowotny: Mhm, mhm …!) In der Folge wird die Frau BMF von Lejsek und anderen darauf aufmerksam gemacht, dass das irgendwie ja eigentlich eine Bad Bank ist, und dann sagt sie: Nein, gegen eine Bad Bank bin ich aber schon.

Also wir hatten uns hier schon sozusagen unter der Tischkante amüsiert, aber darauf wollte ich auch nicht hinaus. (Der Auskunftsperson wird ein weiteres Schriftstück vorgelegt.) Sie sagen, und da komme ich zum nächsten Dokument, denn das spielt ja unmittelbar da hinein, bei der Befragung der sogenannten Griss-Kommission, da haben Sie uns ja dankenswerterweise die Protokollkorrespondenz mitübermittelt, weil Sie sie aufbewahrt haben, und der untere Absatz, da sagen Sie: Beihilfeverfahren „nicht optimal“, und dann sagen Sie, Almunia „sehr schlechtes Verhältnis zu Fekter“ – auch nicht so überraschend.

Und dann kommt es aber: „Sie hat die Sache unterschätzt, u.U. technisch nicht beherrscht.“ – Das ist Ihre Aussage bei Frau Griss.

Können Sie das für den Ausschuss so bestätigen? (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Damit wir das einfach auch da haben.

Dr. Ewald Nowotny: Das ist ein bisschen eine Illustration dessen, was Sie vorhin gesagt haben.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Deshalb habe ich es zusammen vorgelegt.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, das verstehe ich jetzt auch, weil eben zum Beispiel die Frage: Was verstehe ich unter Bad Bank? genau der Punkt ist, ob ich unter Bad Bank einfach eine Abwicklungsbank verstehe – und das war ja auch das ursprüngliche Konzept des Vorstands: eine Abwicklungsbank innerhalb der Bank – oder ob ich darunter eben eine getrennte, ohne Bankkonzession, verstehe.

Und da hat es, wie Sie vorhin gerade, glaube ich, gezeigt haben, ganz offensichtlich technische Verständigungsprobleme gegeben, die aber sehr wesentlich sind, natürlich.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Natürlich! Aber Sie sagen ja auch – und ich würde Sie schon um eine Präzisierung bitten, eine Ausführung oder auch nur eine Bestätigung – sie, die Frau Bundesministerin offensichtlich, hätte – fairerweise muss man dazusagen: unter Umständen – „die Sache technisch nicht beherrscht“, in der indirekten Rede.

Würden Sie davon wieder Abstand nehmen oder das eher bestätigen?

Dr. Ewald Nowotny: Also wenn ich das richtig interpretiere, ist das sozusagen das Ergebnis eines Gesprächs mit dem Kommissar Almunia und gibt sozusagen seine Einschätzung offensichtlich wieder.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber ich frage Sie jetzt nach Ihrem Zitat bei der Frau Dr. Griss. (Auskunftsperson Nowotny: Ja, aber …!) Und das Ganze würde ja nur untermauern, was Sie sagen.

Dr. Ewald Nowotny: Ich berichte über ein Gespräch mit Almunia, nicht? Schauen Sie, ich glaube, dass sich die Frau Ministerin Fekter in der Sache sehr bemüht hat. Das möchte ich überhaupt nicht abstreiten.

Sie hat sich natürlich auf die Expertise ihres Hauses gestützt, und dort hat es sehr unterschiedliche Positionen gegeben. Und ich glaube daher, es war auch eine kluge Entscheidung ihres Nachfolgers, die Task Force Hypo Alpe-Adria einzurichten, weil man dann sozusagen doch ein breiteres Spektrum an Meinungen hat.

Das hat, während sich die Frau Ministerin zu diesem Zeitpunkt sehr eng und ausschließlich auf das Haus bezogen hat … Das ist ihr sicherlich nicht vorzuwerfen, denn, wie gesagt, dazu hat sie ja auch ihre Experten. Aber umgekehrt, glaube ich, war es klug vom Nachfolger, eben dann doch ein breiteres Spektrum an Meinungen heranzuziehen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber da sind wir ja noch gar nicht. Die Taskforce wurde ja auch in der Ära Fekter eingerichtet. (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen). – Danke.

Und Sie sagen auch im „profil“-Interview 2014, als wir ja auch die Klingen gekreuzt haben – das war Februar/März –, Sie hätten schon dreieinhalb Jahre lang auf eine Bad-Bank-Lösung hingewirkt – ich weiß nicht, das brauche ich Ihnen nicht vorzulegen, das werden Sie wissen –, ich finde das plausibel. Die Frage ist nämlich: in welcher Intensität. Und dann sagen Sie ja, dass Sie eben immer abgeblitzt seien und dass Sie aber gleichzeitig – und da spielt jetzt das Kommissionsverfahren herein und das Wettbewerbsverfahren, die ja von Almunia direkt angesprochen werden – das findet sich im gleichen Absatz –, der da bittet, Sie nämlich, auf Fekter einzuwirken. Das verbinde ich jetzt mit dem Argument, das Sie vorher gebracht haben, dass er sagt, es hat ja noch nie irgendwo so etwas Langes gegeben.

Und dann sagen Sie noch, Sie glauben sozusagen im Hinterkopf zu haben, dass sich Almunia auch noch beim Bundeskanzler beschwert hat, damit da endlich etwas weitergeht.

Können Sie auch das bestätigen? Da müssen wir nicht die ganze Prozedur wiederholen.

Dr. Ewald Nowotny: Wie gesagt, ich hatte aus meiner Zeit in Luxemburg ein gutes persönliches Verhältnis zu Almunia; und das hat der Kommissar offensichtlich genutzt oder nutzen wollen, damit ich ein bisschen – wie soll man sagen? – die Kommunikationskanäle besser, leichter mache.

Ich glaube, das ist ja kein Geheimnis. Es hat ganz offensichtlich kein gutes Verhältnis zwischen der Frau Ministerin und dem Kommissar gegeben. Die Ursachen kann ich nicht sagen, aber das Faktum als solches ist, glaube ich, sichtbar gewesen.

Und daher hat natürlich der Kommissar jetzt offensichtlich Leute, die er gekannt hat, angerufen oder angesprochen und gesagt: Ich komme da nicht weiter. Und das muss man immer dazusagen: Er war insofern fair, als er gesagt hat: Wenn ich nicht weiterkomme, wird das Ergebnis ein negativer Bescheid sein.

Und das ist dann sozusagen … De facto wird er keinem Konkurs entsprechen, aber bei einem negativen Bescheid wird jemand von der Kommission eingesetzt, der so quasi eine Art Konkursverwalter ist, und das heißt, das ist dann das Ende dieser Bank – mit allen negativen Nebeneffekten.

Also er hat davor gewarnt, und er wollte das ja nicht. Er will ja nicht die Atombombe zünden und hat gesagt: Bitte, macht etwas! Und das war genau der Hintergrund dieser Gespräche, die wir hier haben.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Dieser Absatz, den wir jetzt durchgegangen sind, umfasst sechs Zeilen.

Darf der Ausschuss davon ausgehen, dass Ihre Aussage, die Sie nicht korrigiert haben, während Sie alle möglichen anderen Passagen bei der Griss-Kommission akribisch korrigiert haben, im Wesentlichen zutreffend ist?

Dr. Ewald Nowotny: Ich habe dem sozusagen nichts hinzuzufügen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Dann ist es gut.

Dann kommen wir zu etwas ganz anderem, und zwar zur Fragestellung – andere Zeit, anderer Minister, anderes Thema – distressed oder non-distressed, nicht, dass wir das nicht hier schon hätten, und sound.

Der Vizekanzler, Bundesminister Pröll, bezieht sich in seiner Aussage – die kann ich Ihnen auch bringen lassen, aber das ist, glaube ich, noch nicht notwendig – ausdrücklich auf Sie und auf die Nationalbank, indem er sagt, warum er – er war ja zuständig, nach Brüssel zu melden – nur sound melden konnte.

Sie sagen, im Übrigen bis 2014/15, die Notenbank hat niemals sound, öffentlich wie auch in den Akten. Da gibt es in dem Sinn keinen Widerspruch.

Können Sie dem Ausschuss erklären, wie der Herr Bundesminister, sich auf Sie berufend, folgenden Vorgang hier im Ausschuss zum Besten gebracht hat: Er hat hier, dort, wo Sie sitzen, damals ein Blatt in die Höhe gehalten, A3, glaube ich, da steht auf der einen Seite „sound“ und auf der anderen „distressed“. So hat er es gemacht. (Der Redner hält ein Plakat in die Höhe, auf dem auf der linken Seite „sound“ und auf der rechten Seite „distressed“ steht.)

Und wenn Nowotny, sagt Pröll, jetzt distressed durchstreicht, weil das ja non-distressed ist, was bleibt dann übrig? – Sound. (Der Redner streicht das Wort „distressed“ auf dem Plakat durch und hält es wieder in die Höhe.)

Können Sie dem Ausschuss – wir haben keine Gegenüberstellung organisiert; das ist hier herinnen nicht so beliebt – erklären, wie der Herr Vizekanzler und Bundesminister außer Dienst Pröll dazu kommt, sich auf Sie beziehend, dem Ausschuss das so, im wahrsten Sinn des Wortes, herzuhalten? Und in dem Sinne ist es jetzt wieder ein Vorhalt an Sie. Wie haben Sie in diese Richtung auf Pröll oder auf jemandem im Ministerium eingewirkt?

Dr. Ewald Nowotny: Also zunächst, ich persönlich war ja zu diesem Zeitpunkt überhaupt erst, glaube ich, zwei Monate im Amt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Richtig, außerdem in Frankfurt befindlich.

Dr. Ewald Nowotny: Das war keine persönliche Frage, sondern eine Position der Nationalbank, die von unseren Aufsichtsleuten entwickelt wurde. Aber in der Sache kann ich Pröll völlig nachvollziehen. (Abg. Kogler: Aha!)

Und das liegt natürlich an dem Problem, dass ich tatsächlich nur diese zwei Varianten von der Kommission vorgegeben habe, distressed oder sound. In Wirklichkeit war das in der Tat etwas, was dazwischen gelegen ist, denn ich konnte es nicht als distressed betrachten, wenn knapp vorher von der Bayerischen Landesbank ja immerhin ein Betrag von 825 Millionen eingeschossen wurde.

Distressed würde heißen: unmittelbare Konkursgefahr. Also die war zweifellos nicht …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Damals waren es 700 Millionen, das meinten Sie ja.

Dr. Ewald Nowotny: Die war zweifellos nicht gegeben. Das heißt also, distressed konnte ich es nicht … Daher ist es nach dieser binären Logik dann sound. Natürlich …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Da muss ich aber schon zwischenfragen: Wenn die Notenbank dieselbe binäre Logik anwendet, hätte sie ja wissen müssen, was sie bis jetzt, und zwar bis zum Jahr 2014/15, anders dargestellt hat, sie auch in Presseaussendungen, etwa vom 17.2.14, als ich diesen internen E-Mail-Verkehr aus Ihrem Haus veröffentlicht hatte, sagen Sie: Von der Notenbank jedoch nicht als sound bezeichnet, weil bekannt war: massiver Verbesserungsbedarf und so weiter.

Dr. Ewald Nowotny: Herr Abgeordneter, Sie haben …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich wollte gerade diese binäre Logik relativieren …

Dr. Ewald Nowotny: Sie haben mich mitten im Satz unterbrochen. (Abg. Kogler: Richtig!)

Weil ich sage, das ist die binäre Logik, die sich hier sozusagen aus den Vorgaben der Kommission ergibt, die aber in diesem Fall, aus unserer Sicht, nicht anwendbar war.

Denn es ist eben so, diese Frage: Ist distressed ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das mag schon sein, das haben Sie alles das letzte Mal schon begründet. (Auskunftsperson Nowotny: Ich kann über das ...!) Der Vizekanzler hat es aber so übersetzt ... (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Ewald Nowotny: Ich kann über das, was ich das letzte Mal gesagt habe, ja nicht hinausgehen. Ich erkläre nur, dass auch das, was der frühere Herr Vizekanzler gesagt hat, in dem Sinn nachvollziehbar ist; das ist nur nicht unsere Position gewesen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das ist ja schon ein Ergebnis.

Dr. Ewald Nowotny: Unsere Position ... Deshalb sind wir ja zu dieser Formulierung non-distressed gekommen.

Jetzt kann man natürlich darüber streiten, ob das sozusagen adäquat ist oder nicht. Inhaltlich ist es sicherlich adäquat, rein formal habe ich aber natürlich diese Problematik – die Sie ja hier mit diesem Taferl gezeigt haben –, dass ich diese zwei Bereiche habe. Das ist natürlich dann eine Frage, bei der man sicherlich nur sagen kann: entweder das eine oder das andere.

Faktisch ist es aber genau das, das wir mit non-distressed ausdrücken wollten: Es ist nicht distressed, aber natürlich wirklich sound ist es auch nicht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Die binäre Logik war aber nicht Ihre, sie war dann die Übersetzung des Ministeriums. Das müssen wir irgendwann einmal festhalten.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, da muss ich das Ministerium in Schutz nehmen. (Abg. Kogler: Aha!) Die binäre Logik war die der EU-Kommission, die in dem Fall, glaube ich, nicht adäquat war.

Sie können sich vorstellen: Wir haben darüber natürlich auch nachher noch einmal nachgedacht. Wahrscheinlich wäre es klüger gewesen, sich auf diese sozusagen vorgegebenen Worte überhaupt gar nicht einzulassen, sondern das Ganze vielleicht wirklich inhaltlich zu beschreiben.

Aber gut, auf jeden Fall ist es das, was wir sagen wollten. Es ist eben genau etwas, das zwischen diesen beiden Polen liegt.

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Gut, vielen Dank. 10 Minuten Pause.

Dr. Ewald Nowotny: Danke schön.

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 13.21 Uhr unterbrochen und um 13.33 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

13.33

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Herr Abgeordneter Krainer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich wollte nur kurz für die Kolleginnen und Kollegen, die auf der Suche nach Bad-Bank-Konzepten der OeNB sind, ein paar Recherchehinweise geben: Es gibt den Akt 9566.

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Für wen? Für die, die nicht da sind?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es steht dann im Protokoll.

Dokument 9566, Lieferant OeNB: Das ist vom 22. November 2010, ein Update zur HGAA, in dem detailliert über Abwicklungsvarianten berichtet wird. Das Ganze hat 27 Seiten.

Dann gibt es den Akt 9308, Lieferant OeNB: Auf den Seiten 104 und folgende gibt es eine Power-Point-Präsentation über die HAA, in der auch über Handlungsoptionen hinsichtlich Bad Bank und Good Bank gesprochen wird. Das war vom August 2012.

Dann gibt es das Dokument mit der Nummer 2388, Seite 1 von 1: Da gibt es so einen Hinweis im Ampelsystem.

Dann gibt es unter anderem noch das Dokument 9634 vom Mai 2012, wo auf den Seiten 1 bis inklusive 11 ein detailliertes Konzept über eine Bad Bank vorliegt.

Das nur, weil es jetzt immer die Diskussion gab, was es dazu gab. Das sind nur die Sachen, die wir jetzt schnell zur Hand hatten. Es gibt darüber hinaus noch eine Reihe von Unterlagen zur OeNB, nur die haben wir zur Hand, weil sie wesentlich sind. Wir können die Nummern natürlich gerne den Kolleginnen und Kollegen, die das jetzt nicht mitgeschrieben haben, noch sagen.

Ich habe dann noch eine Frage, weil das auch in Ihren Dokumenten so dargestellt wird: Sehe ich das richtig, dass die OeNB der Meinung war, dass es ein Bad-Bank-Modell im Wesentlichen in zwei Varianten gibt? – Das eine ist die Anstaltslösung nach deutschem Vorbild. Das ist eine Bank mit Lizenz, aber mit geringeren Auflagen, vor allem was Eigenmittelvorhaltungen und dergleichen betrifft.

Die zweite Variante ist eine vollkommen deregulierte Einheit, wobei dann noch immer die Bestimmungen des UGB gelten, sprich Mindesteigenkapital – glaube ich – von 8 Prozent beziehungsweise fiktive Rückzahlung der Schulden innerhalb von 15 Jahren. Das ist also diese positive Fortbestandsprognose im UGB, die ja sowieso für alle Unternehmen gilt.

Waren das im Kern auch die zwei Sichtweisen der OeNB?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, das kann ich bestätigen, wobei ich vor allem den letzten Punkt noch einmal hervorheben will: Es muss natürlich im Prinzip eine positive Fortbestandsprognose geben. Also es ist nicht so, dass ich sagen kann: Das ist quasi der Mistkübel. Sondern es muss letztlich aus dem eine ... Das ist eben genau der Punkt, weshalb es ja auch notwendig war bei der Übertragung der Assets – und das ist eben das Schwierige – von der Bank in die Abwicklungsgesellschaft oder wie immer ... Es ist immer die Frage: Mit welchem Wert wird das übertragen?

Sozusagen im Sinne dieser Fortbestandsprognose dürfen die Werte, zu denen ich das übertrage, nicht zu weit von den Marktwerten entfernt sein. Wenn ich aber sehr viel höhere Buchwerte habe, heißt das, dass ich daher natürlich unmittelbar einen Verlust zu tragen habe. Und das ist etwas, das ins Defizit geht. Also das andere ist ja Verschuldungsquote, und das geht ins Defizit.

Diese Frage wurde auch von der OeNB studiert, und dazu haben wir auch Zahlen. Ich kann es jetzt in dieser Schnelligkeit nicht finden, aber wenn ich das richtig im Kopf habe: Es war so, dass dieser Verlust, der sich eben aus dieser Übertragung ergibt, im ersten Jahr mit etwa 1 Prozent des BIPs defizitwirksam gewesen wäre. Dann aber nur einmal, das ist sozusagen ein Einmaleffekt.

Und das war natürlich auch einer der Streitpunkte mit der Kommission, weil die Frage eben war: Zu welchen Werten hat diese Übertragung stattzufinden? Die Kommission hat eben genau dieses Modell, das ich jetzt geschildert habe, das auch das internationale Modell ist ... Aber natürlich wollte man auch vermeiden, dass ich hier in diese Verlustlage hineinkomme.

Also es ist, glaube ich, wichtig, dass man diese zwei Dinge zusammen sieht: Eben aus der Notwendigkeit, dass es sozusagen letztlich eine wirtschaftlich tragfähige Lösung ist, ist die Frage, zu welcher Bewertung ich die Assets übertrage, eine ganz entscheidende.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist ja am Ende dann auch passiert mit der ... (Auskunftsperson Nowotny: Bitte?) – Das ist jetzt am Ende passiert.

Dr. Ewald Nowotny: Das ist jetzt am Ende passiert, daher hat ja auch der Bund nach Einrichtung der Bad Bank noch einmal 750 Millionen eingeschossen. Das ist genau dieser Betrag als Differenz zwischen Buchwerten und Marktwert – wobei es nicht die exakten Marktwerte sind, aber etwas, das als plausibler Marktwert gesehen werden kann.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Was sind für Sie die Lessons Learned aus dem Hypo-Problem oder -Desaster – ich glaube, jedes Wort gilt?

Dr. Ewald Nowotny: Ich habe versucht, ein bisschen darauf einzugehen: Also es gibt einmal eine generelle Lehre, die heute auch schon diskutiert worden ist, das ist die Problematik von Haftungen. Man soll Haftungen nie unterschätzen. Daher ist eben, wie wir vorhin diskutiert haben, auch eine Konkursdiskussion wenig sinnvoll, wenn ich die Haftungen sozusagen draußen lasse. Eine Haftung erlischt ja nicht im Konkurs, im Gegenteil, dann wird sie sozusagen erst wirklich schlagend. Das ist, glaube ich, der erste Punkt.

Das bedeutet natürlich einmal auch die Frage: In welcher Weise habe ich als Bund eine Möglichkeit, hier einzuwirken, damit es da nicht eine Konstellation gibt, bei der ich dann de facto gezwungen bin, sozusagen Haftungen zu honorieren, die ich nicht selber eingegangen bin? – Das ist eine Frage des Haushaltsrechts. Das ist ja in Diskussion, aber ich glaube – und dazu gibt es ja auch Stellungnahmen des Rechnungshofes, in der Richtung –, dass wir die wirklich ausreichende Regelung noch nicht gefunden haben, weil es diese Haftungsbegrenzungen eben noch nicht gibt.

Das Zweite ist die Frage, was tatsächlich mit der Frage eines Konkursrechts für Bundesländer ist. Ich meine, da gebe ich zu, da gibt es Vor- und Nachteile. Der Vorteil ist, dass ich eben damit eine rechtliche Klarheit habe und eben schon auch die Sanktionsmöglichkeit des Konkurses. Der Nachteil ist der, dass ich damit vielleicht näher an die Wahrscheinlichkeit eines Konkurses herankomme. Das ist ja der Grund, weshalb die Bundesländer das heftig ablehnen.

Ich persönlich glaube trotzdem, dass es, so wie bei Gemeinden – dort gibt es diese Konkursregelung in der Gemeindeordnung –, auch bei den Ländern letztlich vernünftig wäre, weil es ja, wenn es, muss ich dazu sagen, abschreckend genug ist ... Bei den Gemeinden – ich darf Sie daran erinnern – heißt es ja, dass der Bürgermeister im Falle eines Konkurses de facto abgesetzt wird und ein Regierungskommissär eingesetzt wird. Das ist natürlich bei einem Land etwas schwer vorstellbar, aber, wie gesagt, ich glaube, dieser Problematik sollte man sich stellen.

Die dritte Lehre, die ich heute auch in meinem Eingangsstatement versucht habe zu erklären, ist, dass man zwar sozusagen eine Lösung erreichen muss, bei der ich nicht zu Fire Sales gezwungen bin, also zum Verkauf um jeden Preis, dass ich aber umgekehrt die Lösung als solches, die Struktur, möglichst rasch finden soll, und nicht glaube, dass sich die Dinge von selber bessern. In der Regel werden sie von selber eher schlechter als besser. Das ist, glaube ich, auch ein Punkt, der sich wirtschaftspolitisch in vielen Bereichen, daher auch in diesem Bereich, zeigt.

Vierter Punkt: Ich glaube, man soll fairerweise auch sagen, dass wir inzwischen deutliche Verbesserungen erreicht haben. Wir haben ja heute eine andere gesetzliche Lage, als wir etwa noch vor fünf Jahren hatten. Wir haben heute im Rahmen des BaSAG, des Bankenabwicklungs- und Sanierungsgesetzes, Möglichkeiten, damit wir sehr viel früher in eine Bank eingreifen können – bis zu Eingriffen in das Management, was wir ja früher eben nicht durften.

Also ich glaube, das muss man sehen. Da sind ja vom Parlament auch schon entsprechende Schlussfolgerungen gezogen worden. Ich bitte nur um Verständnis, dass man jetzt nicht diese Möglichkeiten ansieht und fragt: Warum haben wir sie früher nicht angewandt? – Weil wir sie eben nicht anwenden konnten. Aber da ist schon ein Fortschritt erzielt worden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Lessons Learned speziell für die Oesterreichische Nationalbank?

Dr. Ewald Nowotny: Ein Bereich für die Oesterreichische Nationalbank ist, dass wir uns natürlich bewusst sind, dass der sensibelste, der nach außen hin sensibelste Bereich, den wir haben, die Bankenaufsicht ist. Ich bin, wie gesagt, im Jahr 1999 Gouverneur geworden. Wir haben seither den Personalstand dort erheblich erweitert. (Abg. Krainer: Nicht 1999, sondern 2008!) – Bitte? (Abg. Krainer: 2008!) – Ach so, Entschuldigung, 2008.

Wir haben den Personalstand erheblich erweitert, weil wir eben wissen ... Das ist wie bei der Feuerwehr: Man weiß natürlich nie, wo der Brand ausbricht, aber wenn er ausbricht, muss ich halt die entsprechende Mannschaft haben, selbst wenn ich sie längere Zeit nicht wirklich voll beschäftigt habe.

Wir haben uns auch, glaube ich, bemüht, die Zusammenarbeit mit der FMA besser, effizienter zu gestalten. Da gibt es natürlich immer ein bisschen ein Problem, damit wir eine Abfolge haben: Natürlich, immer, wenn zwei für etwas zuständig sind, kann im Prinzip manchmal auch eine Doppelgleisigkeit oder ein Übersehen der Fall sein. Wir bemühen uns alle sehr, gut zusammenzuarbeiten, aber ich glaube, das ist ein Punkt, den man sicherlich in Diskussion stellen kann.

Dritter Punkt ist der, dass wir ja jetzt sehen, dass wir die Bankenaufsicht für die großen Banken jetzt unter EZB-Regeln haben, und das ist positiv. Ich sehe das eindeutig positiv, weil wir dadurch jetzt auch eine klare Sicht haben: Was sind Non-Performing Assets? – Damit man klare Definitionen hat. Das umzusetzen ist natürlich noch eine Aufgabe, aber da sehe ich einen Schwerpunkt für die OeNB.

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Nächste Runde: Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): So schnell geht das manchmal. Danke, Herr Vorsitzender!

Herr Gouverneur Nowotny, gehen wir weiter von der Insolvenz – die nicht passiert ist, wie wir alle wissen – zur Abwicklung, die dann 2014 gekommen ist, die Abwicklungseinheit mit der HETA ASSET RESOLUTION.

Was hat sich aus Ihrer Sicht, aus Ihrer Wahrnehmung verändert, dass das dann 2014 so gekommen ist?

Dr. Ewald Nowotny: Sie meinen, warum das dann gemacht wurde?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja. Man hätte es ja im Jänner 2010 schon machen können.

Dr. Ewald Nowotny: Also da würde ich Ihnen zustimmen. Was sich vor allem einmal verändert hat, war, dass es inzwischen den Bescheid, die Entscheidung der EU-Kommission gegeben hat, der Wettbewerbskommission. Damit waren natürlich die Grundlagen gegeben. Diese Entscheidung der Wettbewerbskommission ist am  ich schaue das gerade nach (die Auskunftsperson liest in ihren Unterlagen) – 3. September 2013 gekommen. Damit waren einmal klare Grundlagen gegeben, und damit war letztlich auch der Weg für die Bad Bank als Abwicklungsbank in dem Sinne frei, dass das eben keine aktive Bank mehr ist, sondern eine auf Abbau gestellte Bank ohne Bankkonzession.

Auf dieser Basis sind ja dann die Einzelüberlegungen gekommen, das war dann vor allem die Tätigkeit der Hypo Alpe-Adria Taskforce, wo ja, wie Sie wahrscheinlich wissen, zwei Modelle einer Abwicklungsbank diskutiert wurden. Ein Modell, das sicherlich auch Vorteile gehabt hätte, war das mit reiner privatwirtschaftlicher Beteiligung. Das hätte den Vorteil gehabt, dass es eben nicht in die Staatsschuldenquote gegangen ist, gegangen wäre. Dazu gibt es auch ein Beispiel, eigentlich nur ein Beispiel, in Spanien.

Das war eigentlich die erste Variante der Taskforce. Hier hat es dann ein Gespräch gegeben, eine Sitzung im Bundeskanzleramt am 10. Februar 2014, bei der Kanzler, Vizekanzler, dann Statistik Austria, auch ich und die Vertreter der Banken dabei waren. Da hat sich gezeigt, dass dieses Modell letztlich nicht zu verwirklichen war, weil die Banken eine Beteiligung an dieser Abwicklungsgesellschaft mit der Frage der Bankenabgabe verknüpft haben, und sich untereinander nicht wirklich einig waren, sodass man gesehen hat, das funktioniert nicht.

Dann hat ja die Taskforce den Auftrag bekommen oder das Ersuchen, dass sie quasi noch einmal eine zweite, das heißt eine ergänzende Stellungnahme macht. In dieser ergänzenden Stellungnahme war ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche: Wer hatte denn die Idee zu dieser Variante, mit Beteiligung anderer Banken?

Dr. Ewald Nowotny: Es ist so, dass die Task ... Das ist ein Ergebnis der Taskforce gewesen. Die Taskforce selber wurde ja vom Finanzministerium eingerichtet, hat auch externe Berater gehabt. Das war also ... Ich habe jetzt ... (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.) Den exakten Namen, den kann ich sagen: das Bankhaus Lampe. Das Bankhaus Lampe ist die Hausbank, ist im Eigentum der Familie Oetker. Das war der eine Berater. Die anderen Berater haben geheißen, ich habe es irgendwo gehabt ... Also es waren zwei Beratungsunternehmen. Ehrlich gesagt, ich habe das auch ein bisschen ... Ich hätte mir erwartet, dass Erfahrenere herangezogen werden, aber die wurden entsprechend ausgewählt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich verstehe das jetzt nicht ganz: Das waren Berater für die Taskforce? (Auskunftsperson Nowotny: Ja! Die haben ...!) Sie waren ja Chef der Taskforce.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, ich war nicht ... Ich war erst ganz zum Schluss Chef der Taskforce.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut, Vizechef, trotzdem.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, ich war Mitglied.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Da habe ich ja Einfluss, welche Berater ausgewählt werden.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, ich hatte keinen Einfluss. Die Berater sind vom Finanzministerium gekommen. Das hat „Projekt Lux“ geheißen, die einen haben Lampe Advisors geheißen, das war das Bankhaus Lampe, das, wie gesagt, die Bank der Familie Oetker ist. Das andere hat SAM, Sachsen Asset Management, geheißen. Diese zwei sind als externe Experten herangezogen worden. Das war, glaube ich, eine Ausschreibung, die vom Finanzministerium veranlasst wurde. Aus dieser Ausschreibung sind die dann offensichtlich als die Sieger hervorgegangen, haben das auch entwickelt. Wie gesagt ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Was genau haben die entwickelt?

Dr. Ewald Nowotny: Die haben dieses Modell einer Asset-Abbaugesellschaft mit privater Beteiligung entwickelt, und das ist, wie Sie sich vorstellen können, ein relativ kompliziertes Modell.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich tu mir gerade schwer, das nachzuvollziehen: Das Finanzministerium hat den Beratern, ist gleich Taskforce, noch einmal Berater zur Seite gestellt, also Berater für die Berater? (Auskunftsperson Nowotny: Ja!) Warum macht man so etwas?

Dr. Ewald Nowotny: Man hat es deshalb gemacht, weil man davon ausgegangen ist, man will eben nicht das deutsche Modell nehmen, sondern man will, wenn man so will, das spanische Modell nehmen, nämlich eben eine Bad Bank mit privater Beteiligung, und daher ... Der entscheidende Punkt war der, dass es sich nicht auf die öffentliche Verschuldung auswirkt, das war der Punkt, dafür hat man spezielle Experten gesucht. Zugegebenermaßen, das ist eben, wie gesagt, ein Modell, das es eigentlich nur einmal gegeben hat. Das muss ja auch die Zustimmung der EU-Kommission finden.

Ich gebe ganz offen zu, ich persönlich war etwas skeptisch, ob aus dem etwas herauskommt, aber es war natürlich richtigerweise der Mühe wert, sich das einmal anzuschauen. Und das war das, was von diesen Beratern dann entwickelt wurde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wissen Sie, wie viel die Berater gekostet haben?

Dr. Ewald Nowotny: Nein. Wie gesagt, die wurden vom Finanzministerium bestellt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Die haben dann eine Bad Bank mit privater Beteiligung anderer Banken empfohlen? Wie soll das funktionieren? Wie kann eine andere Bank – an der Spitze ein Vorstand, der Bank verpflichtet – sich am Abbau, also am Schaden einer anderen Bank beteiligen? – Das geht gar nicht, das kann kein anderer. (Auskunftsperson Nowotny: Na ja ...!) Also mit der Bankenabgabe hat das gar nichts zu tun. Es kann sich keine andere Bank, grundsätzlich gar kein anderes Unternehmen an einer Abbaueinheit beteiligen, also an Kosten, am Schaden beteiligen. Das wäre ja glatte Untreue des Vorstands. (Auskunftsperson Nowotny: Nein ...!) Die dürfen das gar nicht machen.

Dr. Ewald Nowotny: Also, wie gesagt, es gibt ja ein Beispiel, wobei aber natürlich, muss man dazu sagen, dass das spanische Modell ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das kommt mir eh spanisch vor. (Auskunftsperson Nowotny: Ja, das ...!) Vielleicht können Sie mir das erläutern.

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Herr Hable, nehmen Sie doch zur Kenntnis, dass Ihnen der Herr Gouverneur etwas sagen will. Nehmen Sie ihm die Antworten nicht schon immer vorweg!

Dr. Ewald Nowotny: Nicht alles, was in Spanien ist, muss einem spanisch vorkommen. Dort sind in der Tat einige Banken, allerdings die großen, internationalen – Santander ist da beteiligt –, aber auch andere Unternehmen ... Natürlich, das ist schon ... Es gibt ja einen Markt für Distressed Assets. Das ist nicht so, dass es von vornherein nicht möglich wäre, nur ist es eben in der Tat so: Dadurch, dass ich dann noch immer das Haftungsproblem habe, dass vor allem alles EU-konform sein muss, ist es halt ein sehr kompliziertes Modell.

Den Spaniern ist es gelungen, so ein Modell zu konstruieren, das ist einfach ein Faktum. Die einzelnen Dinge kann ich hier jetzt gar nicht referieren. Das war der Versuch. Die Bankenabgabe hat damit unmittelbar gar nichts zu tun, da haben Sie völlig recht. Das war natürlich umgekehrt ein Versuch, auch ein legitimer Versuch der österreichischen Banken, zu sagen: Lieber Bund, wenn wir dir helfen, indem wir dir diese Bank abnehmen, hilf auch du uns, indem du uns die Bankenabgabe ... Ich glaube, der Vorschlag war, dass man sie dreimal en bloc zahlt und sie damit beendet ist.

Aber das war selbst innerhalb der Banken keine einheitliche Position, und daher ist es dann nicht mehr weitergegangen, und dann hat man gesehen, so geht es nicht, und hat zugegebenermaßen vielleicht auch etwas Zeit damit versäumt, und ist dann auf das, wenn man so will, konventionelle, auf das deutsche Modell einer Bad Bank, übergegangen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Die Bankvorstände werden bei Ihnen in der Rechtsabteilung angerufen haben, ob das überhaupt geht. Ich habe leider nicht so viel Zeit, um auf das Thema weiter einzugehen.

Wie ist denn Ihrer Wahrnehmung nach die Entscheidung für die Abbaueinheit auf politischer Ebene getroffen worden? Hat es da ein Abendessen gegeben?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, es hat kein ... Ich kann nur sagen, was ich weiß: Es hat kein Abendessen gegeben, sondern es war eine ganz normale, wenn man so will, Sitzung im Bundeskanzleramt, wie gesagt, am 10. Februar 2014, ich glaube am Nachmittag, bei der eben – von der Regierung – Kanzler und Vizekanzler dabei waren. (Die Auskunftsperson liest in ihren Unterlagen. – Abg. Hable: An welchem Datum?) – 10. Februar 2014.

Dann waren dabei, da steht Staatssekretäre, ich nehme an, im Finanzministerium und im Kanzleramt, Dr. Liebscher, Statistik Austria, ich selber war auch dabei, und Vertreter von Banken. Das war eine ganz normale, offizielle Sitzung. Dort hat sich dann ergeben, dass das nicht in dieser Form funktioniert, und daraufhin hat man gesagt, wir gehen jetzt eindeutig den Weg der Bad Bank, deutsches Muster.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich meine ein anderes Gespräch, das im März stattgefunden haben soll, bei einem Abendessen oder wie auch immer – eh egal, was dazu serviert worden ist.

Dr. Ewald Nowotny: März welchen Jahres bitte?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): 2014, ein Abendessen, Abendtermin beim Bundespräsidenten. Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Dr. Ewald Nowotny: Diese Ehre hatte ich nicht. Ich habe daher auch keine Wahrnehmung.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie könnten ja davon erfahren haben.

Dr. Ewald Nowotny: Ich habe zeitungsmäßig erfahren, dass es ein Gespräch gab, aber ich weiß es nicht, ich war nicht dabei. Ich weiß nicht einmal, ob es das überhaupt gegeben hat, aber auf jeden Fall war ich nicht dabei.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wer hat den Herren, die bei diesem Treffen dabei waren, die Expertise zur Verfügung gestellt? Normalerweise springt ja die OeNB ein. Also ich gehe einmal davon aus, dass Sie sachgerecht entscheiden werden, sich mit Zahlen, Daten und Fakten auch beraten lassen, so stelle ich mir das zumindest in einer Art idealen Welt vor. (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Wer hat diesen Entscheidungsträgern im März 2014 die Zahlen, Daten und Fakten für ihre Entscheidung geliefert?

Dr. Ewald Nowotny: Ich bitte um Verständnis: Da ich nicht weiß, ob das überhaupt stattgefunden hat, und auch ich nicht weiß, worüber gesprochen wurde, kann ich auch nicht sagen, wer die Expertise für eine mir unbekannte Sitzung gegeben hat.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Von Ihnen ist kein Experte gekommen? (Auskunftsperson Nowotny: Nein!)

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Professor Nowotny, noch einmal kurz zum Thema Eigenkapital, zum Eigenkapitalersatz-Gesetz: Waren Sie irgendwie in dieses Thema involviert?

Dr. Ewald Nowotny: Nein. Das ist ein Thema, das im Finanzministerium zur Diskussion stand.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Die Nationalbank ist ja auch für die Eigenkapitalquote in einer Bank und so weiter zuständig: War das für Sie nie Thema?

Dr. Ewald Nowotny: Ich möchte nicht ausschließen, dass – nehmen wir an – unsere Rechtsabteilung auch zu Fragen mitherangezogen wurde. Es ist auf jeden Fall nichts, das bei uns im Direktorium diskutiert wurde.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Ditz hat bei uns ausgesagt, dass die Nationalbank im Zeitraum 2012, glaube ich, die Kriterien geändert hat. Ist das richtig – Eigenkapitalquote?

Dr. Ewald Nowotny: Ich nehme an, dass damit die Frage gemeint ist, dass es auf europäischer Ebene in der Tat zu einer Anhebung der Eigenkapitalvorschriften gekommen ist, das heißt, die Eigenkapitalanforderungen sind höher geworden. Aber das ist nicht eine Sache der OeNB gewesen, sondern das war eine Sache auf europäischer Ebene (Abg. Angerer: Auf europäischer Ebene!), und das hat dann in der Tat auch die Hypo Alpe-Adria betroffen, weil sie eben höhere … Und vor allem ist es auch so: Ich habe ja dann eben so einen JRAD-Prozess. Das heißt, wo eben neben Säule 1 die Säule 2 …, wo ich sozusagen zusätzliches risikobezogenes Eigenkapital bilden muss. Das hat natürlich die Hypo Alpe-Adria betroffen. Aber das war, wie gesagt … Wir waren da Vollzug einer internationalen Regelung.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Er hat es im Zusammenhang dessen erwähnt: Kapitalbedarf in der Bank. (Auskunftsperson Nowotny: Bitte?) – Er hat es im Zusammenhang mit dem damaligen Kapitalbedarf in der Bank genannt.

Dr. Ewald Nowotny: Das ist nicht ganz falsch, weil wir, natürlich, ja zwei Probleme hatten: Einerseits sind in der Bank immer wieder neue Kapitalbedarfe …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nicht ganz falsch? – Ist das so, wie not distressed oder …? Ist es richtig oder falsch gewesen?

Dr. Ewald Nowotny: Nein. Es gibt zwei Gründe, um das vielleicht exakter zu sagen – oder vielleicht mehrere, aber jedenfalls zwei –, auf die ich eingehen möchte.

Der eine Grund ist der, dass sich in der Tat eben durch die geringere Werthaltigkeit ein Bedarf an Abschreibungen und damit ein Kapitalbedarf ergeben hat. Der zweite Aspekt ist aber, dass einfach die Eigenkapitalanforderungen auch höher geworden sind. Das heißt, die Bank war zwei Dingen ausgesetzt.

Der zweite Bereich hat alle Banken Österreichs oder Europas betroffen. Daher ist es eben richtig. Es ist sozusagen ein Zusatzaspekt, der sich aus den höheren Kapitalanforderungen ergeben hat. Das war eine der Lehren, die man aus der Finanzkrise gezogen hat, dass man der Meinung ist – und ich glaube, zu Recht –, dass Banken über höheres Eigenkapital verfügen müssen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Es ist nämlich ein ganz wichtiger Mosaikstein – oder ich sage einmal, ein Stein dazu – in dieser Thematik Bad Bank, der gar nicht so klein ist, denn der Herr Ditz hat ihn mit 1,5 Milliarden € beziffert. Ich weiß nicht, ob Sie das bestätigen können, was der Kapitalbedarf aus diesem sogenannten JRAD-Verfahren damals war, der sich aufgrund dieser Erhöhung von 10 auf 12 Prozentpunkte, was Eigenkapital betrifft, ergeben hat, und der natürlich auch vermieden hätte werden können.

Wenn man diese Bad Bank-Lösung vorher gemacht hätte und eben diese Bereiche ausgelagert hätte, dann hätte man das aus eigener Kraft schaffen können. Also ein Kapitalbedarf von 1,5 Milliarden €, der auch hier miterzeugt wurde, der auch einen Zuschuss wiederum von staatlicher Seite gebraucht hat.

Dr. Ewald Nowotny: Dem kann ich im Wesentlichen zustimmen. Bei einer Bad Bank nach deutschem Modell wäre ich nicht um dieses JRAD-Verfahren gekommen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Als nur aus dieser geänderten Sichtweise der Eigenkapitalquote ist ein zusätzlicher Kapitalbedarf von 1,5 Milliarden € in der Bank entstanden. Er hat gar nichts mit der wirtschaftlichen Situation zu tun gehabt und wäre nicht entstanden, hätte man die Bad Bank-Lösung gemacht.

Dr. Ewald Nowotny: Jetzt muss man natürlich dazusagen: Dieser sogenannte JRAD-Prozess ist natürlich ein Prozess, der wieder auf den Risikogehalt der Bankaktiva abstellt. Also: Das eine hängt schon mit dem anderen zusammen.

Die Anhebung ist zwar bedingt durch eben diese neuen, vorgegebenen Prozesse. Aber wie hoch dann diese Anhebung wirklich ist, das reflektiert wieder das spezifische Risikoprofil einer Bank. (Abg. Angerer: Klar!) Das war natürlich bei der Hypo Alpe-Adria nicht sehr positiv. Daher ist, glaube ich, die richtige Antwort die, dass man sagt: Ja, da sind zusätzliche regulatorische Anforderungen dazugekommen, die sind aber deshalb besonders schwer gewesen, weil eben die Bank von ihrem Risikoprofil schon ein Problem hatte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja, weil man der Bank zu diesem Zeitpunkt auch nicht die Möglichkeit gegeben hat, diese Risiken in eine Bad Bank eben auszulagern.

Dr. Ewald Nowotny: Das ist richtig. (Abg. Angerer: Der Zusammenhang?) – Ja, das ist richtig.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also Eigenkapitalersatz ist sonst für Sie kein Thema – also auch Eigenkapitalersatz-Gesetz. Was mich etwas verwundert: Im Eigenkapitalersatz-Gesetz steht, dass für den Vollzug der Justizminister zuständig ist. – Kennen Sie das Eigenkapitalersatz-Gesetz? Ist das für die Notenbank ...?

Dr. Ewald Nowotny: Ich nehme an, das hat sich verfassungsrechtlich ergeben. Dazu kann ich nichts sagen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Die Frage wäre nämlich: Warum hat man die Bank eigentlich aufgefordert, die Zahlungen einzustellen und hat nicht vonseiten des Bundes aus, sprich politisch, dieses Eigenkapitalersatz-Gesetz zur Anwendung gebracht?

Dr. Ewald Nowotny: Das war natürlich noch ein Versuch, hier auch noch eine gewisse Erleichterung zu finden. Wie sich dann gezeigt hat, war er ja nicht sehr erfolgreich.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Was heißt, „Versuch, Erleichterung zu finden“?

Dr. Ewald Nowotny: Ich weiß nicht, ob wir vom selben sprechen. Ich habe jetzt dieses Hypo Alpe-Adria-Sanierungsgesetz im Kopf.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Eigenkapitalersatz-Gesetz! Also wir haben jetzt die Situation …

Dr. Ewald Nowotny: Ach so, ja, gut! Das ist aber sozusagen aus dem internationalen Rahmen zu sehen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber Sie waren in dieses Thema, diese Entscheidung nie eingebunden? (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Ewald Nowotny: Nein, nein! Das ist, nehme ich an, zwischen Finanzministerium und Justizministerium behandelt worden.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Gouverneur, Sie haben jetzt ein paarmal angesprochen, dass Sie auch mit Herrn Kommissar Almunia gesprochen haben, und wir wissen ja auch, dass seitens der Bankenaufsicht in Direktoriumssitzungen über das Beihilfeverfahren gesprochen wurde.

Sie haben vorher schon die problematische Zusammenarbeit zwischen der Bank und dem Finanzministerium angesprochen. Es ist halt schon so, dass die Unterlagen und die Fortbestandspläne, Umstrukturierungspläne der Bank auch Grundlage für die Verhandlungen mit der Europäischen Kommission seitens des BMF sind. Ist das richtig?

Dr. Ewald Nowotny: Ja.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie sich erinnern, dass die Bankorgane – also die Bank: Dr. Kranebitter als Vorstandsvorsitzender, aber auch im Zusammenhang mit dem Aufsichtsrat, die Organe der Bank, das Management –eingebunden waren in das Beihilfeverfahren – auch wenn das BMF selbstverständlich zuständig war?

Dr. Ewald Nowotny: Ich kann das jetzt nur aus meiner Beobachtung sagen, wir waren ja als OeNB da nicht unmittelbar involviert.

Nach meinen Beobachtungen war es so, dass es, glaube ich, das Bankmanagement gerne gehabt hätte, einbezogen zu werden, dass man aber aus der Sicht des Ministeriums demgegenüber eher skeptisch war. Vielleicht auch mit einem guten Grund, weil man die Verhandlung quasi in einer Hand halten wollte. Aber es hat sicherlich gerade da auch zum Teil wegen der Übermittlung von Zahlen und von Fakten Irritationen gegeben. Also da hat es schon Spannungen gegeben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Es gibt schon auch Nachweise, wonach die Bank mit ihren Organen in Vorbesprechungen, in Sitzungen auch mit der Europäischen Kommission eingebunden war. Ich wollte eigentlich nur Ihre Wahrnehmung dazu hören. Aber es gibt schon natürlich Fakten, dass die Bank eingebunden war.

Jetzt ist es so, dass es hier auch Meinungsverschiedenheiten gab, denn beispielsweise auch Herr Direktor Ittner hat  – Ich kann Ihnen das gerne vorlegen, wenn Sie möchten. Das ist das Dokument 2118933, es ist ein Bericht von der Besprechung am 3.5.2013 zwischen der Hypo Alpe-Adria und der Europäischen Kommission, also nicht ein Bericht über das Gespräch zwischen den beiden, aber über das Beihilfeverfahren. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Sie waren zwar persönlich nicht anwesend, aber Herr Mag. Ittner und Herr Mag. Breyer seitens der Nationalbank waren anwesend. Da spricht sich Ittner beispielsweise ganz dezidiert auch dafür aus, dass es total wichtig sei und dass es das schlimmste Szenario wäre, wenn die Beihilfeentscheidung negativ ausgehen würde. – Das finden Sie beispielsweise auf der Seite 2 von 9 – oben wieder die Seitenzahl – im letzten Absatz: „Ittner erklärt bestimmt, dass eine negative Beihilfenentscheidung das schlimmste Szenario sei.“

Auf der nächsten Seite sehen Sie dann aber: Da gab es offenbar eine heftige Auseinandersetzung zwischen Ditz und dem Rest der Anwesenden bei dieser Besprechung, denn Ditz sieht das ganz anders, fährt immer wieder dazwischen und ist der Meinung, dass selbst die negative Entscheidung egal wäre.

Wie sehen Sie das – mit einem negativen Bescheid? Was würde das für Auswirkungen haben?

Dr. Ewald Nowotny: Also ich kenne das erst jetzt aus diesem Protokoll, aber ich kann nur sagen: Der Kollege Ittner hatte hier völlig recht. Eine negative Entscheidung der Kommission hätte ja bedeutet, dass sämtliche bis dahin geleisteten Beihilfen zurückzuzahlen wären, und das hätte den Konkurs der Bank bedeutet.

Ich kann nicht genau nachvollziehen, wie der Herr Dr. Ditz zu dieser Meinung kommt. Aber es ist richtig, er hat als einen der Gründe für seinen Rücktritt erklärt, dass er der Meinung ist, das Ministerium hätte dazu, glaube ich, zu wenig energisch – oder so – mit der Kommission verhandelt.

Diese Meinung teile ich überhaupt nicht, denn da war nicht so viel Spielraum. Es wäre eine Illusion gewesen zu glauben, man könne da einen Sonderweg begehen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Nur kurz in Fortsetzung und der Korrektheit halber: Ditz moniert ja in seiner Zeugenaussage hier im Ausschuss, dass Sie, Herr Gouverneur Nowotny, öffentlich immer wieder und vor allem auch im Nachhinein für die Bad Bank auf- und eingetreten seien. Da gibt es reihenweise solche Zitate, ich will nur eines rausgreifen: „In Wahrheit hat er uns in dieser Frage nicht unterstützt.“ – Das sagt also Ditz über Sie, als es um diese externe Bad Bank-Sache gegangen ist. Wie erklären Sie sich das?

Dr. Ewald Nowotny: Also meine Erinnerung ist eben die, dass der – wenn man will – Konflikt der war – und zwar der Konflikt Ditz, ja, eigentlich auch mit dem Ministerium vielleicht –, dass Ditz ja ein starker Vertreter der Position „als Ganzes verkaufen“ war. Das ist zumindest mein Eindruck gewesen, zumindest in den ersten Jahren, glaube ich, und diese Position schien mir eben als nicht realistisch.

Daher von dieser Seite … Vielleicht hat er auch gemeint – und das ist ja das, was dann in der Hypo Alpe-Adria später gekommen ist, auch in der Zeit, als Ditz Aufsichtsratspräsident war –, dass eine interne Abbaugruppe gemacht würde. Aber die interne Abbaugruppe hätte nicht genügt, sondern es wäre eine externe notwendig gewesen. Diese Position hätte ich immer unterstützt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Also Sie führen diese Aussage darauf zurück, dass er es als Ganzes verkaufen wollte. Das wird wohl damit zu tun haben, dass auch die Meinung vertreten wurde, dass das Ganze als solches so weit sanierbar ist, dass es verkaufbar wird, deshalb Turnaround und diese …

Dr. Ewald Nowotny: Das war ja die Hoffnung. Es hat ja auch ein eigenes Projekt gegeben, das hat, glaube ich, Hypo 2013 oder irgend so etwas geheißen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das bezieht sich ja wohl dann auf die Jahre 2012/2013 logischerweise, als ja – das ist aber auch beweisbar – der Bankvorstand und der Aufsichtsrat selbst abgerückt sind davon und die Linie geändert haben – später, als sie selber zugeben, aber doch. Dann gingen sie zur Ministerin, und offensichtlich bezieht sich das darauf.

Dr. Ewald Nowotny: Wobei, um das noch vielleicht zu sagen: Dieses Modell Hypo 2013: Der Verkauf hätte damals in der Weise erfolgen sollen – es ist immer die Rede von Kapitalmarktfähigkeit gewesen –, dass man damit an die Börse geht. Aber das war genauso unrealistisch.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, richtig, das hätten wir auch so eingeschätzt.

Aber der Punkt ist ja: Was wir da ergründen wollen – also jedenfalls unsere Fraktion –, ist auch die Frage: Wie stark haben Sie dann auf alle in diese Richtung eingewirkt?

Wir haben hier, von 2010 weg ziemlich durchgehend, die Protokolle der Direktoriumssitzungen rund um den Bankenbereich, wo Sie ja meistens dabei waren. Da wird immer auch sehr kritisch auf die zusätzlichen Kapitalbedarfe verwiesen, insbesondere dann, wenn man keine Bad Bank macht. Das ist ja logisch, das haben Sie ja alles erklärt, und ich will es noch ein bisschen genauer haben.

Es steht da auch laufend drinnen – viel öfter als Termine bekannt sind –, dass die Frau Bundesministerin – nicht nur das Ministerium, sondern die Frau Bundesministerin – informiert wird, des Öfteren auch von Ittner.

Wie würden Sie das dann dem Ausschuss beschreiben, dass die Mitteilungen und eigentlich die Sorgen, die Anregungen, phasenweise auch die Forderungen via Bescheidandrohung über die FMA beim Ministerium gelandet sind – von der Intensität her? Denn: Dort hat man sich offensichtlich nicht so beeindrucken lassen.

Die haben eine andere Denkschule gehabt, das ist schon klar. Aber vielleicht können Sie dem Ausschuss noch einmal irgendwie sagen, mit welcher Intensität die Notenbank in dem ganzen Zusammenhang aufgetreten ist. Die inhaltlichen Argumente pro und contra sind ausgereizt.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, also ich glaube, die Intensität war in der Tat primär … Wir haben ja regelmäßige Jours fixes mit dem Ministerium, und diese regelmäßigen Gespräche wurden eigentlich immer genutzt, um das Thema zu bringen.

Ich selber habe – da ich ja gesehen habe, dass der direkte Weg nicht so viel weiter führt, weil es starke Argumente aus dem Haus selber gegeben hat – versucht, den Weg – das habe ich vorhin geschildert – über den Sektionschef Steger zu gehen. Mit ihm habe ich das Thema besprochen, da ich gedacht habe, ohne dessen Zustimmung oder Verständnis komme ich nicht weiter. Aber ich muss zugeben, auch dort bin ich nicht weitergekommen, weil er das eben rein fiskalisch gesehen hat.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, der hat das ganz anders gesehen. Aber in allen diesen – ich will das jetzt nicht vorlegen – Direktoriumsprotokollen – das ist ja eh sehr ehrenwert – steht ja immer wieder drinnen, dass entweder schon informiert wurde oder zukünftig in kurzen Abständen die Frau Bundesministerin, mindestens aber das Kabinett, über die zusätzlichen Kapitalbedarfe et cetera informiert wird. War das so? (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Ewald Nowotny: Sicherlich, denn das Finanzministerium war ja letztlich der Eigentümer der Hypo! (Abg. Kogler: Ja, ja!) Daher war es natürlich notwendig, sie auch rechtzeitig von den zu erwartenden Kapitalanforderungen zu informieren. Das ist allerdings in der Regel dann nicht über mich gegangen, sondern auf der technischen Ebene abgelaufen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, so steht es drinnen.

Danke. Dann nächste Runde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich lege jetzt ein Dokument mit der Nummer 13027 vor. Ich bitte um Durchsicht der ersten eineinhalb Seiten, dann mache ich weiter. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt, das diese studiert.)

Dr. Ewald Nowotny: Bitte, ja!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut, das ist also ein Aktenvermerk vom 13. März 2014 zu einer Sitzung der Taskforce betreffend die gutachterliche Stellungnahme von zeb. Für den Zusammenhang: Der damalige Vizekanzler und Finanzminister Spindelegger hat, als er ins Amt gekommen ist, die Optionen, zumindest die Diskussion darüber, wieder eröffnet, auch das Thema Insolvenz.

Dann hat es internationale Gutachten dazu gegeben, das eine von Oliver Wyman und das zweite – Gegenstand dieses Treffens – von zeb. Was mich jetzt interessiert ist: Wie ist es dazu gekommen, dass die scheinbar wieder am Tisch oder erstmals am Tisch vorhandene Lösung „Insolvenz“ dann sang- und klanglos wieder verabschiedet wurde?

Also das ist jetzt ein Treffen, Herr Gouverneur Nowotny, bei dem Sie definitiv dabei waren. Auf Seite 2 des Aktenvermerks ist auch Ihre Stellungnahme zu lesen, wie Sie rekapitulieren, und auch das Treffen mit Kanzler, Vizekanzler, Minister Brandstetter und so weiter.

Können Sie das näher erläutern, was waren da die Umstände, was waren Ihre Wahrnehmungen dazu?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, es ist richtig. Wie gesagt, es waren keine internationalen Gutachten, sondern das eine von Oliver Wyman habe ich ja schon gezeigt. Das war eben eine Outside-In Beobachtung mit wenig Substanz.

Wir haben dann am 11. März 2014 eine gutachterliche Stellungnahme von zeb bekommen. zeb ist an sich …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wir verstehen Sie im Moment ganz schlecht, Sie müssten näher zum Mikro.

Dr. Ewald Nowotny: Entschuldigung! (Die Auskunftsperson rückt das Mikrofon näher zu sich heran.) Wir haben dann am 11. März eine gutachterliche Stellungnahme von zeb bekommen. Wie gesagt, ist zeb an sich eine renommierte Einrichtung, wobei das aber auch nur sozusagen eine Stellungnahme, kein Gutachten, sondern eben eine gutachterliche Stellungnahme von wenigen Seiten … Und da gibt es auch zwei Punkte, wo er sagt (die Auskunftsperson liest aus einem Schriftstück vor):

Auf Basis der Primäreffekte ist das Insolvenzmodell zu favorisieren. Auf der Ebene der Sekundäreffekte kann es hier zu wirtschaftlichem und politischem Risiko führen. – Zitatende.

Das heißt, das ist keine ….

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Gouverneur, das war nicht meine Frage. Ich habe nicht nach den Inhalten des Gutachtens gefragt, sondern nach Ihren Wahrnehmungen, wie die politische Entscheidung getroffen worden ist.

Es ist ja eine Entscheidung getroffen worden, nämlich eine, die dann besagt hat, dass die Option Insolvenz, die Spindelegger auf den Tisch gebracht hat – zumindest war er offen dafür –, wieder ad acta gelegt wird. Das war meine Frage. (Auskunftsperson Nowotny: Ja, weil …!) Und deswegen meine Frage zu den Treffen, die stattgefunden haben. (Die Auskunftsperson blättert in Unterlagen.)

Dr. Ewald Nowotny: Also es hat am 13. März ein Treffen der Taskforce gegeben. Die Taskforce wurde ja gebeten, ein ergänzendes Gutachten zu machen, unter Hinweis auf Oliver Wyman und zeb. Diese Stellungnahme – ich glaube, es heißt ergänzende Stellungnahme – der Taskforce ist dann vorgelegt worden. Dort ist eben dann von der Taskforce insgesamt festgehalten worden, dass eine Konkursvariante als negativ zu sehen ist. Und ich nehme an, auf Basis dieser Stellungnahme der Taskforce ist dann die politische Stellungnahme erfolgt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) (aus einem Schriftstück vorlesend): Da steht aber auch etwas von einem Treffen am 12. März mit Kanzler, Vizekanzler und Minister Brandstetter, wo Sie dabei waren – auf das habe ich mich bezogen. (Die Auskunftsperson blättert und liest in einem Schriftstück.) – Seite 2, zweiter Absatz.

Dr. Ewald Nowotny: Sie meinen das Treffen mit Minister Brandstetter, Kanzler … (Abg. Hable: Genau!) – Also ich referiere oder ich berichte über dieses Treffen. Eigentlich gehe ich davon aus, dass ich dabei war. (Abg. Hable: Ja!)

Es steht da:

„NOWOTNY rekapituliert die Ausgangslage mit einem am 12.3. (…) Treffen mit ihm, Herrn Bundeskanzler, Herrn Vizekanzler und Herr Minister Brandstetter (…)“.

Daher war ich dabei.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Genau, und damit wir uns nicht mit dieser dreizeiligen Zusammenfassung begnügen müssen, bitte ich Sie, das Treffen zu erläutern. Wie ist es dazu gekommen? Was ist besprochen worden? Was ist entschieden worden?

Dr. Ewald Nowotny: Da ist es gegangen um die Frage … Weil wir ja unter einem unmittelbaren Kapitaldruck gestanden sind, musste ja eine Kapitalerhöhung vorgenommen werden, um nicht in die Insolvenz zu kommen. Und wenn Sie da sehen (die Auskunftsperson verweist auf ein Schriftstück), ist die Frage gewesen: Wie muss diese Kapitalerhöhung vorgenommen werden, damit sie vom Wirtschaftsprüfer den Erfordernissen von Going Concern entspricht?

Going Concern heißt, dass ich das als intaktes Unternehmen sehe, und wenn ich das nicht sehe, dann ist es Gone Concern. Das heißt, das ist dann zu Zerschlagungswerten. Natürlich ist eine Bewertung zu Zerschlagungswerten eine sehr viel negativere als die mit Going Concern.

Und das war die Frage, wie das gesichert werden kann. Es ist ja dann am 3. April (die Auskunftsperson liest aus einem Schriftstück vor) eine Hauptversammlung von der Hypo Alpe-Adria mit einer Kapitalerhöhung von 750 Millionen durchgeführt worden. Diese Sitzung hat ganz offensichtlich der Vorbereitung dieser Kapitalerhöhung gedient.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja gut, aber die Kapitalerhöhung hat ja nur die Eigenkapitalerfordernisse oder die regulatorischen Kapitalerfordernisse sichergestellt. (Auskunftsperson Nowotny: Ja, aber …!) Es ist aber nicht dasselbe wie eine Fortbestandsprognose, nämlich die Absicht, das Unternehmen weiterzuführen. (Auskunftsperson Nowotny: Durch …!)

Das ist eine ganz andere Variante als die Variante Insolvenz, die dann wieder vom Tisch gewischt worden ist, oder die Variante Abwicklungseinheit, sondern das ist eine dritte – man kann auch sagen: die erste – Variante, dass die Bank ohne Weiteres fortgeführt wird. (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Wie kommt man überhaupt zu der Einschätzung oder zur Entscheidung des Going Concern, also dass die Bank unter diesen Gesichtspunkten, unter diesem Informationsstand dann überhaupt noch fortgeführt wird, dass eine Fortbestandsprognose abgegeben wird?

Dr. Ewald Nowotny: Na, um diese Fortbestandsprognose zu ermöglichen, kommt es eben zur Kapitalerhöhung. Das ist ja genau der Punkt gewesen. (Die Auskunftsperson verweist auf ein Schriftstück.) Ich kann das jetzt im Detail – ich hab das jetzt überflogen – … Das war ja genau offensichtlich die Frage. Es gibt – oder hat gegeben – eine Diskussion mit dem Wirtschaftsprüfer. Der Wirtschaftsprüfer muss diese Bilanz bestätigen. Der Wirtschaftsprüfer war auch der Meinung, dass die Kapitalausstattung da nicht ausreichend ist. Daher wurde dann beschlossen, diese Kapitalausstattung zu machen, in einer Form, die dem Wirtschaftsprüfer adäquat ist.

Sie haben natürlich recht. Hätte man das nicht gemacht, wäre möglicherweise dann die Konkursvariante eingetreten. Aber genau davor hat man ja gewarnt, mit all den Folgen. Das heißt, wenn man die Konkursvariante nicht will, wenn man gleichzeitig aber auch noch nicht eine Bad Bank deutschen Musters hat – das heißt, das ist eine deregulierte –, dann bleibt einem nur mehr diese Variante übrig.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Professor, ich möchte noch einmal das Jahr 2012/2013, also Ende 2012/2013, zu dem wir uns ja hier im Kreis drehen, zusammenfassen, etwas beleuchten und noch einmal etwas dazu fragen. Herr Ditz und viele andere haben es ja als Schicksalsjahr bezeichnet.

Ich habe hier einen Artikel zum Ditz-Rücktritt aus der Zeitschrift „trend“. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe und liest daraus vor.) Er sagt, er ist deshalb zurückgetreten, weil er viele Aussagen, Fakten und Zahlen, die als Ergebnis nach Brüssel, also zur Europäischen Kommission, kommuniziert worden sind, nicht akzeptieren konnte.

Und er sagt:

„Jetzt für den Verkauf der sechs Töchter, von denen vier außerhalb der EU liegen, eine Frist festzusetzen, sei ,wettbewerbsrechtlich nicht begründbar‘ kritisiert Ditz und befürchtet dadurch überbordende Kosten für den Steuerzahler. Ditz plädiert weiter für die (…) Bad Bank (…)“.

Wir haben ja auch verschiedenste Schriftstücke. Gemeinsam mit Herrn Scholten hat er auf die Frau Finanzministerin einzuwirken versucht.

Und hier bei seiner Aussage im Untersuchungsausschuss hat er gesagt:

Wenn die Entscheidung so kommt und wir das nicht umdrehen können, kostet das Minimum 5 bis 6 Milliarden!“

Haben Sie aus der Nationalbank irgendwelche Einschätzungen? Oder können Sie sagen, ob Herr Ditz da richtig liegt, dass, wenn die Entscheidung so kommt, wie sie dann ja letztendlich auch gekommen ist, dieser Schaden von „Minimum 5 bis 6 Milliarden“ wirklich entstanden ist ...? Wie sehen Sie das?

Dr. Ewald Nowotny: Also, wie gesagt, bei diesen Dingen war ich nicht unmittelbar dabei. Aber aus dem, was ich beobachten konnte, war es in der Tat so, dass es einen Konflikt oder Disput zwischen Dr. Ditz und dem Ministerium – vertreten durch die Frau Ministerin – gegeben hat, wo Dr. Ditz dem Ministerium vorgeworfen hat, es sei quasi gegenüber der Kommission zu weich – was, ehrlich gesagt, bei Frau Fekter eher unwahrscheinlich ist (Heiterkeit der Auskunftsperson), dass die irgendwo zu weich gewesen sein soll.

Aber sozusagen die Grundlinie war die, dass Ditz, glaube ich, die Rolle der Kommission und die Macht der Kommission unterschätzt hat. Also irgendwo läuft es darauf hinaus: Die sollen als Wettbewerbsbehörde machen, was sie wollen. Wir machen unsere Sache nach unseren eigenen Vorstellungen.

Das war aber eine Fehleinschätzung. Ich kann nicht die Kommission overrulen, denn die Kommission ist da sozusagen im Ruder. Und wenn sie – das war ja in diesem Brief, den kennen Sie ja sicher – mit einer Härte, die also meines Erachtens einzigartig in der Kommission ist, sagt: Liebe Freunde, wenn ihr jetzt nicht unseren Vorschlägen folgt, dann werden wir das nicht bewilligen. Und das heißt …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja, aber – Entschuldigung, wenn ich dazwischenrede! – zuständig für das EU-Beihilfeverfahren – das haben wir schon mehrfach geklärt – war ausschließlich das Finanzministerium. Also unterschätzt kann die Macht der EU in dem Fall ja nur der zuständige Apparat gehabt haben – in dem Fall das Finanzministerium für das Beihilfeverfahren. (Auskunftsperson Nowotny: Nein, …!) Herr Ditz hat die Befürchtung geäußert: 5 bis 6 Milliarden Schaden mindestens, wenn das so kommt.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, das Finanzministerium hat in dem Sinn, glaube ich, eine realistischere Sicht gehabt. Ditz hat geglaubt, man könne sich sozusagen um die Kommission weniger kümmern und seinen eigenen Weg gehen. Und das, glaube ich, war eine Illusion.

Natürlich – das ist ja dann der Kern gewesen –, es ist ja zwar um die Einrichtung einer Bad Bank gegangen, aber um die Frage, wie die Übertragung dieser Assets von der aktiven Bank in die Bad Bank kommt. Und da ist die Frage: zu welcher Bewertung?

Wenn ich das natürlich – das wäre die Hoffnung von Herrn Dr. Ditz gewesen – zu Marktpreisen bewerten kann, dann habe ich keinen zusätzlichen Finanzierungsbedarf. Die Kommission besteht darauf, dass – Entschuldigung! Wenn ich es zu Buchwerten mache, dann habe ich keinen Bewertungs…, wenn ich es dagegen zu Marktwerten mache, dann habe ich natürlich aus der Differenz zwischen Buchwert und Marktwert einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf.

Und das ist genau dieser Bedarf … Auf das spielt Ditz an. Dann habe ich zusätzliche Kosten. Das ist richtig. Nur das sind die Spielregeln, die können wir nicht ändern und die haben auch eine gewisse ökonomische Vernunft an sich. Und daher glaube ich, war es ein bisschen eine Illusion, zu glauben, dass man sich über das hinwegsetzen kann.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber Sie können die Differenz, die Sie jetzt … (Auskunftsperson Nowotny: Bitte?) – Sie können aber die Differenz, die Sie jetzt zwar nur bildlich mit den Händen gezeigt haben, bestätigen, mit diesen 5 bis 6 Milliarden, die Herr Ditz gesehen hat, wenn man dieses …

Dr. Ewald Nowotny: Also da muss ich ganz ehrlich sagen, das könnte ich jetzt so aus dem Stand heraus nicht sagen. Vom Prinzip her kann ich diese Differenz sehen. Ob sie wirklich so viel ausgemacht hätte, kann ich jetzt nicht seriös sagen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ist die Zahl realistisch oder völlig unrealistisch?

Dr. Ewald Nowotny: Na, ich nehme an, bei diesen 5 Milliarden sind ja verschiedene Aspekte drinnen. Da ist eben der Aspekt aus der Differenz zwischen Buchwert und Marktwert drinnen. Da ist wahrscheinlich auch die Differenz zwischen Kapitalerfordernis einer deregulierten Bad Bank und einer regulierten Bad Bank drinnen. Ich kann das … Also aus einem Satz allein ist das schwer nachzuvollziehen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ist Herr Scholten oder Herr Ditz damals auf Sie zugekommen, um da auf die Finanzministerin einzuwirken und entsprechende Schritte zu setzen?

Dr. Ewald Nowotny: Also in dieser Situation konkret nicht. Aber ich kann mich erinnern, wir hatten Gespräche mit dem Aufsichtsrat – zwischen uns und dem Aufsichtsrat –, weil wir das ja bei einer Bank mit Problemen regelmäßig haben. Daher weiß ich, dass es da Unzufriedenheit mit dem Ministerium gegeben hat und dass es da eine unterschiedliche Sicht gegeben hat. Also das war mir bewusst. Im ganz konkreten Fall kann ich mich nicht daran erinnern.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Er erwähnt auch, dass er konkrete Konzepte an das Ministerium geschickt hätte. Dann waren Gespräche im Ministerium. Und unter anderem hat Herr Liebscher – ich weiß nicht, ob Sie auch dabei waren – dann gesagt, er möchte über die Unterlagen nicht sprechen, weil er sie nicht kennt.

Dr. Ewald Nowotny: Er möchte worüber nicht sprechen?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ein Konzept für eine sogenannte Bad Bank. (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Ewald Nowotny: Ja, also ich weiß nicht. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Jeder, der sich ein bisschen international umgesehen hat, weiß genau, dass es … Auf das habe ich ja Bezug genommen, man braucht die Dinge – das ist immer ein bisschen mein Problem in Österreich – nicht neu zu erfinden, das habe ich ja gesagt. Wie gesagt, Bad Bank nach internationalem Muster, deutsches Modell: Das ist ein Modell, das von der EU-Kommission genehmigt gewesen ist. Wenn ich dieses Modell genau in dieser Form noch einmal angeboten hätte, hätte ich in zwei Monaten die Bewilligung gehabt. (Zwischenruf des Abg. Hable.)

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Gouverneur, ich möchte noch auf die Aufarbeitung der Vergangenheit zu sprechen kommen. Es war ja klar: Nach der Verstaatlichung wurde bereits im Februar 2010 gleich die CSI Hypo von Finanzminister Pröll einberufen. Interessanterweise wurde hier im Ausschuss von Personen, die mit der Aufarbeitung der Vergangenheit zu tun hatten, immer wieder betont, dass die Bank diese Aufarbeitung nicht wollte. Sie wollte diese Aufarbeitung blockieren und hat sie auch blockiert. Haben Sie Wahrnehmungen zu diesen Vorgängen rund um die Aufarbeitung der Vergangenheit?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, also, wie gesagt, nicht aus unmittelbarer Aktivität, aber aus den Gesprächen. Es ist richtig, dass …

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Aus den Gesprächen mit wem?

Dr. Ewald Nowotny: Aus den Gesprächen mit dem Vorstand der Bank, dass geklagt wurde, dass man da behindert wird, weil es eben diese CSI Hypo gibt, dass es ja jemanden im Vorstand gibt, der quasi so eine Art Vetorecht oder Ähnliches hat.

Natürlich ist das keine unproblematische Sache für den Vorstand, denn primär habe ich in so einer Situation einmal die Aufgabe, an der Sanierung zu arbeiten, das heißt, möglichst rasch die Assets auch zu verkaufen. Umgekehrt habe ich den politischen Auftrag, zu schauen, wo Dinge sind, die strafrechtlich nicht sauber sind. Das würde wieder heißen, dass ich, bevor ich etwas verkaufen darf, eine lange Untersuchung durchführen muss, ob alles sauber ist, ob das gesetzlich gedeckt ist und so weiter.

Das ist ein immanenter Gegensatz, der einfach aus zwei unterschiedlichen Ansprüchen entsteht. Wie schwerwiegend er dann wirklich in der Praxis war, kann ich nicht beurteilen. Aber vom Prinzip her muss man halt einfach sagen, dass es da sozusagen zwei Perspektiven gegeben hat, die dann natürlich zum Teil in Konkurrenz waren.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wir wissen aber auch, dass dem neuen Management beispielsweise – obwohl sie geglaubt haben, dass es so ist – nach einem Jahr immer noch nicht bewusst war, welche Leichen da in der Hypo geschlummert sind. Und sich aber dann gleichzeitig gegen die Aufarbeitung der Vergangenheit zu wehren und zu sagen, das Finanzministerium würde in die Bank hineinregieren, dient natürlich weder der Sanierung – da sehe ich schon einen Zusammenhang – noch der Aufarbeitung. Oder wie sehen Sie das? Ich meine, man kann nicht sanieren, ohne zu wissen, was da für Bomben im Hintergrund schlummern.

Dr. Ewald Nowotny: Ich kann Ihnen sagen, ich habe ein bisschen eigene Erfahrung in der BAWAG-Sache. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Und da hatten wir ziemlich eindeutig eine Priorität, indem wir gesagt haben, das Wichtigste ist einmal, dass die Bank überlebt, und die rechtlichen Sachen sind eine Sache des Staatsanwalts. Das heißt also …

Und natürlich, wenn Sie sich das praktisch vorstellen: Ich habe, was weiß ich, ein Hotel, das mir anheimgefallen ist, weil die ihre Schulden nicht zahlen. Ich will dieses Hotel verkaufen. Die Frage ist, ob ich einen Käufer habe. Und ich muss natürlich eine sehr lange Due Diligence machen: Ist das wirklich ein seriöser Käufer, hat er das Geld, sind alle Bewilligungen vorhanden und so weiter? Oder ich sage: Tadellos, wenn es jemand kauft, ist es mir recht.

Das sind sozusagen die Extreme. Wenn ich das richtig verstehe, werden Sie heute Nachmittag, glaube ich, noch Gelegenheit haben, über dieses Thema zu sprechen. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Also es ist in der Praxis nicht so einfach. Aber, wie gesagt, ich verstehe, und ich glaube, das war ein bisschen ein Fehler des Managements, denn das Management hat sich sozusagen quasi rein betriebswirtschaftlich gesehen. Aber natürlich unterliegt eine Bank, die im staatlichen Eigentum ist – die Hypo Alpe-Adria war zu dem Zeitpunkt im staatlichen Eigentum –, strengeren Due-Diligence-Anforderungen. Ich glaube, das hat das Management vielleicht ein bisschen zu wenig stark beachtet.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja, aber ist es nicht auch so, dass man, wenn man nicht weiß, wie Vorgänge in der Vergangenheit funktioniert haben – beispielsweise Kreditvergaben –, auch in der Gegenwart und in der Zukunft vielleicht diese Fehler weiterverfolgt? Das haben wir nämlich schon gesehen, dass in Wirklichkeit das Risikomanagement nach der Verstaatlichung nicht viel besser funktioniert hat als vorher.

Und wir haben auch gesehen, dass immer wieder auch Beispiele herangezogen worden sind, wo beispielsweise der Vorstand Edelmüller gar nicht gewusst hat, ob es sich um Neugeschäft, um eine Verlängerung eines Altgeschäfts oder um eine Verbesserung eines Altgeschäfts handelt.

Das heißt, es hätte ja bis zur Aufsicht hin ein Wunsch und ein Auftrag und ein Interesse bestehen müssen, dass diese Vergangenheit aufgearbeitet wird, sodass man in der Zukunft etwas besser machen kann.

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, sozusagen als Aufsicht ist einmal primär unsere Aufgabe, dass wir sagen, wir brauchen jetzt ein besseres Risikomanagement. Wie ein gutes Risikomanagement ausschaut, wissen wir sozusagen. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Da ist die Vergangenheit relativ wenig relevant. Wo die Vergangenheit natürlich relevant ist, ist die Frage der Personen. Das darf man nicht unterschätzen.

Also ein Punkt, der immer wieder gekommen ist, den ich jetzt sozusagen nicht aus eigener Anschauung belegen kann, ist, dass es natürlich … Wie ich vorhin gesagt habe, haben die allerbesten eine Tendenz, eine Bank zu verlassen, die unsicher ist. Die, die bleiben, haben vielleicht oft auch ein Interesse, bestimmte Dinge zuzudecken, an denen sie selber beteiligt waren. Also diese personelle Seite: Da haben Sie völlig recht, da gibt es natürlich dann einen Zusammenhang zwischen Vergangenheit und Zukunft.

Das wirklich entsprechend aufzubrechen, ist da nur sehr schwierig, war wahrscheinlich in Kärnten schwieriger, als das in Wien gewesen wäre, weil man dort einfach einen kleineren Arbeitsmarkt hat, um Leute zu finden. Im Prinzip hätte ich wahrscheinlich alle austauschen müssen, sozusagen auf Verdacht hin, aber dort findet man ja wieder keine anderen.

Also das war schon ein Problem, das ich verstehe, und das fast nicht lösbar ist. Daher war ja immer der Punkt, dass wir auch als Aufsicht darauf hingewiesen haben und vor allem auf die Methoden geschaut haben, und an dem kann man es dann irgendwie festmachen.

Aber das war natürlich, wie gesagt, schon eine Bank mit einer Geschichte. Und die Geschichte war keine gute Geschichte.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Aber das Management müsste doch eigentlich auch Interesse daran gehabt haben, die Vergangenheit aufzuarbeiten – erstens einmal, um von solch eventuell auch kriminellen Machenschaften Geld zurückzuholen, wo Kredite ohne Sicherheiten et cetera und mit Vorspiegelung falscher Tatsachen vergeben worden sind. Auf der anderen Seite hätte die Bank Interesse daran haben müssen, zu prüfen, ob man gegenüber den Bayern diese Irrtumsanfechtung geltend machen kann, sprich die Verjährung verlängern et cetera, was ja dann passiert ist. Und auch, was heute schon einmal angesprochen worden ist: der Eigenkapitalersatz.

Bei all diesen Punkten – egal, ob es sich um das Gutachten von Herrn Dr. Kleiner gehandelt hat, egal, ob es sich um die Aufklärung, die auch Herr Dr. Held und sein Kollege Dr. Zink hier gemacht haben, gehandelt hat – hätte man sich bei verschiedensten Projekten Geld zurückholen können. (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Nichts von dem war der Bank wichtig. Wie sehen Sie das? Ich meine, gerade was die Aufsicht betrifft, die Bank muss doch Interesse daran haben, das Geld zurückzuholen und das Beste für die Bank zu machen, aber nicht daran, sich darüber aufzuregen, dass die Republik da hineinregiert und die Aufarbeitung der Vergangenheit vorantreibt.

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, ich meine, im Prinzip stimme ich Ihnen völlig zu. Natürlich wenn ich mir das ein bisschen praktisch vorstelle, ist immer die Frage: Mit welchen Leuten? Das Problem ist, dass in einer solchen Situation, wenn ich mich zu sehr auf die Vergangenheit konzentriere, alle dort Beschäftigten immer nur Angst haben werden, was sozusagen kommt, was man ihnen vorwerfen kann und sich alle hauptsächlich nur damit beschäftigen, sich selber abzusichern.

Was aber eine lebende Bank braucht, ist ein Geschäft. Das heißt, neben der Aufdeckung der Vergangenheit muss ich halt auch ein Geschäft in der Gegenwart machen. Und diese zwei Aspekte sind halt manchmal nicht so einfach zu vereinbaren.

Aber ich glaube – wie gesagt, man muss sich dessen bewusst sein , eine Bank im öffentlichen Eigentum muss noch strengere Kriterien anwenden als eine Bank, die sozusagen nur ihren Aktionären verpflichtet ist.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Den Komplex, Ihre Empfehlungen zur Bad Bank abschließend: Es gibt von Ihnen ein „Mittagsjournal“-Interview am Tag nach der Publikation des Berichts der Frau Dr. Griss. Und da sagen Sie, Ihres Erachtens sei der tatsächliche Fehler nach der Verstaatlichung passiert. Unmittelbar anschließend hätte man eine Bad Bank entwickeln sollen, was Sie ja empfohlen hatten. Jetzt wortwörtlich: „Damit hätte ich große Verluste vermieden“.

Können Sie ein bisschen etwas über die Dimension sagen, denn das ist hier im Ausschuss sehr umstritten?! Die kurzfristigen Effekte sind klar: Kapitaleinschuss. Aber gibt es sonst nicht auch Effekte der besseren Verkaufsmöglichkeiten der guten Teile, andere Aspekte? Also wir kommen da ja auf keinen grünen Zweig. Sie sagen aber wortwörtlich „große Verluste vermieden“.

Als erste Frage: Würden Sie das weiter aufrechterhalten?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, das würde ich schon.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Können Sie noch ein paar Argumente liefern?

Dr. Ewald Nowotny: Ja. Das hängt mit dem zusammen, was ich gerade vorhin gesagt habe. Dass die Bank ja dann durch diese Unsicherheit und Ungewissheit, die eben lange Zeit bestanden hat, nicht so wie eine Ertrag bringende Bank funktioniert hat. Das heißt, man hat sich – die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – natürlich vor allem einmal damit beschäftigt, sich selber abzusichern, statt dass sie Neugeschäft gemacht haben.

Es sind die besten Leute raus, sie sind verlorengegangen. Ich habe das vorhin berichtet, den Anruf, den ich vom kroatischen Gouverneur bekommen habe, der mir gesagt hat: Du schaut, dass ihr möglichst rasch zu einer Lösung kommt, die Bank wird von Monat zu Monat weniger wert!

Das sind genau die Punkte, wo man sich, glaube ich, sicherlich viel erspart hätte, wenn man früher eine klare Orientierung gemacht hätte. Ich kann das jetzt sozusagen nicht auf Euro exakt ausdrücken, aber von der Struktur her ist es ganz eindeutig.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Hat dieses Argument auch eine Rolle gespielt: Irgendwann, mit welchen Fristen und Kommissionsauflagen auch immer, ging es ja um einen Verkauf der besseren oder irgendwie werthaltigen Teile, namentlich der Töchter. Dass, wenn man die negativen Teile herauslöst, ja die, die übrig bleiben, eigentlich besser unterbringbar sind, weil die potenziellen Käufer ja mehr Sicherheit über das haben, was sie da kaufen – hat dieses Argument noch eine Rolle gespielt?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, sicherlich.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich frage Sie nur deshalb, weil es hier öfter untergegangen ist, um es vorsichtig auszudrücken.

Jetzt aber wieder zu ganz etwas anderem. Im Jahr 2011 beschäftigen Sie sich auch mit dem Eigenkapitalbedarf, weil: keine Bad Bank. Und das ist hier im Ausschuss noch nicht bekannt: Jetzt kommt der Herr Höllerer und – sagen wir es einmal auf gut Deutsch – regt sich auf, weil Sie 1,8 Milliarden – Ihnen wird die Zahl vertraut sein – an zusätzlichem Kapitalbedarf in Aussicht nehmen. Und er macht hier sechs Ausrufezeichen nach diesem Betrag und fügt hinzu wortwörtlich – auch fürs Protokoll, die Nummer sage ich dann –:

„Ich finde dies alles echt“ – ich lege es Ihnen auch vor – „eine Sauerei!“ (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) – Schon wieder ein Rufzeichen. Und jetzt kommt es erst:

„Hier will man Versagen der letzten Jahre überkompensieren.“ – Das kann nur das behauptete Versagen der Nationalbank gewesen sein.

Die Dokumentennummer ist 14480, Lieferant ist das BMF. Ich nehme an, das kennen Sie noch nicht. Das ist auch nicht sehr charmant. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Sagen Sie, was hat das Kabinett – also namentlich Höllerer, Zotter, auch Waiglein – im Jahr 2011 für ein Verhältnis zur Notenbank gehabt? Ich meine, der schreibt, das ist eine Sauerei, was die Notenbank da macht. Wie erklären Sie sich das? (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Ewald Nowotny: Na ja. Darf ich?

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Ja, bitte!

Dr. Ewald Nowotny: Ich erkläre mir das so, wahrscheinlich ist das im Zusammenhang: Am 22. August 2011 hat die OeNB eine Analyse mit einem zusätzlichen Eigenmittelbedarf von rund 1,5 Milliarden € übermittelt. Und das ist offensichtlich die Aufregung oder die Reaktion, die auf das hin erfolgt ist.

Wobei sich eben, wie gesagt, dieser Eigenmittelbedarf aus der entsprechenden Analyse der OeNB ergeben hat, wie sich sozusagen die finanzielle Situation der Hypo Alpe-Adria zu diesem Zeitpunkt dargestellt hat. Dass das aus der Sicht des Ministeriums, das ja Eigentümerrolle hatte, nicht erfreulich ist, ist verständlich. (Abg. Kogler: Das ist schon klar!) Aber wir haben eben hier als unabhängige Notenbank zu agieren gehabt, und das waren die Fakten.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja. Da ist ein Missverständnis. Dieses Mail, das ist vom 3.6.2011, also das war schon im Vorfeld. Ansonsten ordne ich den Vorgang schon so ein, so wie Sie ihn beschrieben haben.

Also das kann mit Herbst 2011 nichts mehr zu tun haben. Das ist schon im Juni 2011, aber das nur wegen des Protokolls.

Dr. Ewald Nowotny: Vielleicht war das eine ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich mache dann weiter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also Herr Gouverneur Nowotny, Sie haben gesagt, die Insolvenz wäre vom Tisch gewesen, weil die Einschätzung der Taskforce eine negative war. Hat es sonst noch Meinungen, Einflüsterer gegeben, die sich gegen die Insolvenz gewehrt haben?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, sondern das war ja die Aufgabe der Taskforce, wo ja bekanntlich eben die FMA vertreten war, wo auch das Finanzministerium vertreten war, wo ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, ich meine außerhalb der Taskforce.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, also sind mir nicht bekannt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sind Ihnen nicht bekannt. Gut.

Also dann ist das doch, wie ich schon am Anfang gesagt habe, eine ziemlich einflussreiche Position: Sie haben zwar formell nicht entschieden, aber in Wahrheit ist die Entscheidung aufgrund Ihrer Einschätzung getroffen worden. Da schließt sich der Kreis wieder.

Dr. Ewald Nowotny: Es war, wie gesagt, die Taskforce. Das war ja eine Gruppe, einer Reihe von Experten, die einstimmig und einhellig zu diesem Ergebnis gekommen sind. Also daher glaube ich, es ist nicht meine Position, sondern es ist die Position einer Expertenrunde. Ich glaube, dafür hat man Expertenrunden, dass die eine Meinung abgeben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber eine Expertenrunde, wo die OeNB maßgeblich mitbeteiligt war!

Dr. Ewald Nowotny: Ich war einer von diesen Experten, ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Würden Sie sich in dieser Rolle als unbefangen bezeichnen ...

Dr. Ewald Nowotny: Ja, sicher!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): … so eine schwerwiegende Einschätzung – Insolvenz ja/nein – unbefangen vor dem Hintergrund abzugeben – also lassen Sie mich das fertigformulieren, bevor Sie schon die Antwort geben! –, dass es ja die Nationalbank war, die ja dieses Not-distressed-Gutachten erstellt und damit innerhalb von drei Tagen den Weg für 900 Millionen € Steuergeld freigemacht hat, die dann in der Hypo verloren worden sind?

Dr. Ewald Nowotny: Also da möchte ich schon sagen ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ist es nicht – wenn man schon einmal so in die ganze Geschichte hineinstartet – schon eine klare Unbefangenheit?

Dr. Ewald Nowotny: Herr Abgeordneter, da muss ich Ihnen in mehrfacher Hinsicht widersprechen. Erstens hat dieses Non-distressed-Gutachten mit der Frage: Konkurs ja oder nein? überhaupt nichts zu tun, es war ja auch zeitlich völlig getrennt.

Zweitens habe ich ja schon vielfach erklärt, warum dieses Gutachten der OeNB erfolgt ist, und ich glaube, zu Recht erfolgt ist. Ich glaube, wir haben die richtige Position vertreten.

Drittens die Frage der Diskussion: Konkurs ja oder nein? – Das ist eine Frage, die sowohl betriebswirtschaftliche wie gesamtwirtschaftliche Aspekte hat. Und das ist eben genau die Aufgabe einer Expertengruppe, das zu klären. Ich glaube, das ist weitgehend Konsens. Ich darf Sie auch wieder daran erinnern, dass zum Beispiel im Griss-Bericht ebenfalls genau diese Position vertreten wird, dass ein Konkurs nicht infrage gekommen wäre. Ich habe auch ein entsprechendes Schreiben der Frau Dr. Griss in diese Richtung auch noch zur Bestätigung bekommen. Das ist – von wenigen Ausnahmen, zu denen Sie gehören, abgesehen – der Konsens der Experten in Österreich.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich weiß nicht, warum Sie keinen Zusammenhang zwischen der Entscheidung im Jahr 2014 und dem PartKapital sehen, denn beides ist in der Konsequenz von der Logik völlig klar: Verhinderung der Insolvenz.

Schon im Jahr 2008 ist mit der Auszahlung von 900 Millionen € Steuergeld auf Basis des OeNB-Gutachtens die Insolvenz verhindert worden. Genau aus diesem Grund ergibt sich die Unbefangenheit, nämlich weil Sie damals schon, bedingt durch das OeNB-Gutachten, eine Insolvenz verhindert haben, waren Sie als OeNB kein objektiver Gutachter mehr zur Frage: Insolvenz ja oder nein?

Sie haben schon eine klare Tendenz gehabt, seit Jahren schon. Also die OeNB wäre die letzte Institution gewesen, die ich gefragt hätte, ob Insolvenz ja oder nein.

Dr. Ewald Nowotny: Dann hätten Sie wahrscheinlich …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Vizekanzler a.D. Spindelegger wäre gut beraten gewesen, sich auf die internationalen Gutachter zu verlassen. Aber das werden wir ohnehin noch herausfinden, wer ihm das sonst noch ausgeredet hat.

Dr. Ewald Nowotny: Wir haben von den internationalen Gutachten schon gesprochen, das sind zwei ganz dünne Papiere. Ich glaube, dass jeder gut beraten war, die Kompetenz der OeNB einzuholen, die in dem Fall in Übereinstimmung mit der überwiegenden Meinung der Experten in Österreich ist.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich lege Ihnen zum Abschluss ein weiteres Dokument mit der Nummer 1176424 vor. Ich bitte um kurze Durchsicht, dann mache ich weiter. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Ewald Nowotny: Okay. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) – Ja, bitte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das ist jenes Gesprächsprotokoll samt E-Mail, das wir Frau Fekter schon vorgelegt haben; jenes E-Mail, in dem Herr Höllerer die OeNB als Problem bezeichnet. Warum? Weil die OeNB – und das ist auf Seite 2 zu lesen – „eine Kapitalunterdeckung von € 1,8 Mrd.“ feststellt. (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Frau Fekter hat uns im U-Ausschuss erklärt, dass das bei der Bilanz 2010 eingepreist worden ist. Ich habe das damals schon kommentiert, aber vielleicht wollen Sie, Herr Gouverneur, das kommentieren?

Waren diese 1,8 Milliarden € in der Bilanz 2010 eingepreist, wie Frau Fekter uns das hier erzählt hat? Oder waren das zusätzliche Kapitalerfordernisse ?

Dr. Ewald Nowotny: Ich kann das jetzt nicht so sagen, denn ich kenne den Zusammenhang der Aussage der Frau Dr. Fekter nicht. Auf jeden Fall ist das, wenn ich das richtig sehe, genau im Zusammenhang mit dem, was wir vorhin diskutiert haben. Das ist diese Analyse der OeNB über einen zusätzlichen Eigenmittelbedarf in der Höhe von 1,5 Milliarden, der am 22. August übermittelt wurde.

Offensichtlich war hier zu einem früheren Zeitpunkt von 1,8 Milliarden die Rede. Das ist offensichtlich dann der letzte Stand gewesen. Das ist vom Ministerium kritisiert worden, ist aber, glaube ich, der korrekte Weg gewesen. Insgesamt sind ja dann sowohl 2011 als auch 2012 in der Tat Eigenmittel zugeschossen worden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Eigentlich zum Abschluss nur noch ein kurzes Resümee: Also was heute für uns schon sehr bemerkenswert war, ist Ihre Aussage zum Thema Bad Bank ab 2012. Viele haben diese externe Abbaueinheit schon vorher gefordert, Sie auch, ab 2012 wohl jeder, intern und extern, der als Fachmann zu bezeichnen wäre.

Was aber wirklich interessant und neu war, ist, dass man eigentlich gar kein spezielles Modell oder spezielles Konzept gebraucht hätte, sondern, wie Sie gesagt haben, das deutsche Modell gereicht hätte. Also die Bank hätte nicht groß Konzepte liefern müssen, man hätte sagen können: nach dem deutschen Modell. Das wäre von der EU kurzfristig akzeptiert worden, kurzfristig hätte das EU-Beihilfeverfahren damit abgeschlossen werden können.

Herr Ditz hat den Schaden durch dieses Nichthandeln mit 5 bis 6 Milliarden € beziffert: von einer kontrollierten Abwicklung der Weg hin zu einer unkontrollierten Zerschlagung. Sie haben es nicht beziffern wollen, haben aber auch einen massiven Schaden, der dadurch entstanden ist, bestätigt. – Danke.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, ich glaube, Sie haben das durchaus nachvollziehbar für mich wiedergegeben.

Jetzt muss ich natürlich schon fairerweise sagen: deutsches Modell; natürlich muss man so etwas auf Österreich adaptieren, geht das nicht eins zu eins. Aber, wie gesagt, das Modell als solches hätte ich gehabt. Aber das Problem waren ja nicht die Feinheiten des Modells, sondern dass man eben die Konsequenzen des Modells nicht haben wollte.

Die Konsequenz des Modells ist eben die Erhöhung der Staatsschuldenquote. Das war der Punkt. Das Modell als solches war nicht das wirkliche Problem.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich habe das Modell ganz kurz nur deshalb erwähnt, weil speziell von Kollegin Tamandl ja immer argumentiert wird, die Bank hätte kein konkretes Konzept oder Modell geliefert. Deshalb habe ich das erwähnt, dass es das nicht gebraucht hätte, dass es das Modell – das deutsche Modell –, wie Sie heute gesagt haben, ja gegeben hat. – Danke.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Angerer hat mich jetzt herausgefordert. Ich möchte schon einmal festhalten, dass Herr Gouverneur Nowotny natürlich jetzt der Erste ist, der der Meinung ist, man hätte gar kein Konzept gebraucht, sondern man hätte das deutsche Modell anwenden können. Jetzt sagt er, man hätte das natürlich auf österreichische Verhältnisse herunterbrechen müssen. Also man hätte doch ein Konzept gebraucht, zumindest das deutsche Modell auf ein österreichisches Konzept heruntergebrochen. – Ist das richtig, Herr Gouverneur?

Dr. Ewald Nowotny: Natürlich.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Eben!

Und zum Thema, die Bad Bank wurde seitens der Bundesregierung wegen der Maastricht-Kriterien, was die Erhöhung der Schuldenquote et cetera betrifft, nicht gewünscht: Das ist schon auch ein wesentlicher Punkt, denn ich beziehe mich auf Großszenarien und selbst auch Defizitverfahren, die wir bereits mit der EU-Kommission hatten. Herr Gouverneur, das werden Sie ja auch wissen.

Das heißt, es ist für die Republik nicht so wegzuwischen gewesen, dass wir wieder in so ein Defizitverfahren hineinschlittern. Wir waren nämlich damals noch gar nicht heraußen, als das erste Mal diese Bad-Bank-Lösung war. Damals gab es Sparpakete – Loipersdorf ist beispielsweise so ein Begriff.

Das heißt, es war für die Republik – und wir gehen von der Gesamtverantwortung der Republik aus – gar nicht so einfach zu sagen: Wir retten jetzt die Bank mit einer Bad Bank; der Herr Dr. Kranebitter bekommt vielleicht noch super Provisionen, wenn er die Good Bank erhält und die Bad Bank dem Steuerzahler umhängt, und die Republik kämpft wieder mit einem Defizitverfahren.

Da möchte ich Sie fragen, Herr Gouverneur, wie Sie das sehen. Sie sind doch auch als Notenbank für die gesamtstaatliche Sicht verantwortlich und nicht nur für das Abspalten einer Bad Bank von der Hypo Alpe-Adria Bank. Ich hätte da schon ganz gerne auch noch Ihre Meinung darüber gehört, denn ich glaube, so wegwischen darf man das nicht, nämlich die gesamte Verantwortung und das Drohszenario, was das Defizitverfahren oder eine höhere Schuldenquote in Kauf zu nehmen bedeutet.

So wegwischen darf man das nicht, denn die Regierung hatte schon die Gesamtverantwortung, und das Management der Bank und der Aufsichtsrat der Bank hat halt nur die Bank gesehen. – Bitte, das war eh eine Frage an Sie.

Dr. Ewald Nowotny: Also wenn ich antworten darf: Ja, da stimme ich Ihnen völlig zu, und das habe ich auch in meinem Ausführungen zu zeigen versucht. Es hat sozusagen zwei durchaus legitime Perspektiven gegeben. Die eine war die fiskalische, die andere war die, die sich sozusagen aus dem Bankbereich ergibt. Und ich glaube per saldo, dass es wahrscheinlich auf Sicht trotzdem kostengünstiger gewesen wäre, die frühere Abwicklungseinheit ohne Bankkonzession zu verwirklichen. Ich glaube schon, dass das besser gewesen wäre.

Aber es gab durchaus seriöse Überlegungen, die eben auch in die andere Richtung gegangen sind. Ich darf daran erinnern, ich habe das ja auch berichtet: Ich habe zum Beispiel mit Herrn Sektionschef Steger diskutiert. Dessen Sorge war nicht nur die Frage eines Defizitverfahrens – das stimmt, das ist auch ein Thema –, sondern die Reaktion der Ratingagenturen, die das dann möglicherweise negativ sehen. Meine Meinung war – wieder gestützt auf die Erfahrung Deutschlands –, dass das nicht eintreten würde; aber ich gebe zu, das ist sozusagen eine Entscheidung in der Unsicherheit gewesen.

Also es ist sicherlich, und das habe ich von Anfang an gesagt, nicht willkürlich erfolgt, aber es ist, wie gesagt, eine schwierige Entscheidung, wo man, glaube ich, dann – und das war schon ein Problem – gesehen hat: Wenn man sozusagen den einen Weg nicht weitergehen kann, dann hätte man zumindest das Verfahren mit der EU-Kommission meines Erachtens rascher abwickeln können, das glaube ich schon. Aber das Grundproblem ist, glaube ich, richtig dargestellt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Aber war nicht die Republik Österreich angewiesen – oder waren nicht die Verhandlungsführer beim Beihilfeverfahren angewiesen auf die Zahlen und die Unterlagen aus der Bank? Die sind ja nicht gekommen. Das wurde ja immer wieder moniert.

Dr. Ewald Nowotny: Es waren zwei Themen. Das eine Thema ist, wie Sie sagen, ob die Zahlen, die gekommen sind, auch wirklich belastbar waren. Und das hat natürlich die Kommission und das Finanzministerium irritiert, dass man immer wieder andere Zahlen bekommt, und das Zweite war die Frage des Modells. Also beides war Thema.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich möchte noch ganz kurz die Kommunalkredit ansprechen. Sie haben heute gesagt, die Kommunalkredit hat auch eine Bad Bank gemacht. Jetzt ganz ehrlich: Kann man die Kommunalkredit mit der Hypo Alpe-Adria vergleichen? Ich meine, seinerzeit, als die Republik das Partizipationskapital bei der Hypo gezeichnet hat, hat man die Hypo als systemrelevante Bank bezeichnet. Würden Sie sagen, dass die Kommunalkredit und die Hypo in diesem Zusammenhang vergleichbar sind? Und dann gab es natürlich auch noch die Kärntner Haftungen.

Dr. Ewald Nowotny: Das ist der Unterschied. Der große Unterschied ist, dass es hier keine Haftungen eines Landes ... Sonst ist es von den Volumina her damals durchaus nicht so unvergleichbar gewesen. Und die Kommunalkredit war auch systemrelevant, weil sie ja das Herzstück der Kommunalfinanzierung Österreichs ist. Also das war durchaus der Punkt.

Der große Unterschied ist, dass es keine Haftungen gegeben hat. Aber ich glaube auch – und deshalb habe ich das erwähnt –: Dort hat man dieses Modell genommen und es hat eigentlich auch keinerlei öffentliche Diskussion gegeben. Denn, das muss man auch dazusagen, sozusagen die Bad Assets der Kommunalkredit, das waren zum Teil Kommunalkredite in den USA und so weiter, die eben dann zu dieser Zeit, in der Krise notleidend geworden sind, die aber nicht diesen Hautgout gehabt haben wie die Dinge, die dann am Balkan der Fall waren.

Diese kriminelle Seite, die Sie da erwähnen, war sicherlich bei der Hypo Alpe-Adria relevanter als bei der Kommunalkredit.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Es gibt ausreichend Hinweise, auch jetzt in den Akten und Abgeordneter Krainer hat für das Protokoll ja mehrere Hinweise zitiert, nämlich darauf, dass es zumindest in Varianten Bemühungen der Nationalbank hinsichtlich solcher Bad-Bank-Modelle gegeben hat. Sie haben es gefordert, ich würde das als bestätigt sehen.

Was jetzt allerdings noch aufgetaucht ist – und das ist jetzt, glaube ich, da untergegangen in der vorherigen Befragung –, ist die Frage, ob Sie, nämlich die Nationalbank, dann auch die entsprechenden Konzepte, Detailkonzepte vorgelegt hätten.

Sie verweisen ja auf das deutsche Modell. Es gibt auch andere. Das war hier herinnen nicht so gut angeschrieben, das möchte ich dazusagen, nämlich die Anstaltslösung, wenn die gemeint gewesen wäre.

Aber würden Sie es als Aufgabe der Notenbank betrachten – das würde nämlich nicht einmal ich –, dass bei aller Einforderung die Detailkonzepte zu einer Bad Bank, welcher Konstruktion auch immer, Aufgabe der Notenbank wären?

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, nicht alleine natürlich, denn da braucht man schon eine Expertengruppe. Das war ja dann auch die Aufgabe der Taskforce.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber – das wäre die nächste Frage – die kam ja erst, als Feuer am Dach war. Sie haben es genau so beschrieben: Almunia-Brief, letzte Chance. Jetzt geht es aber immer um das Jahr 2010, 2011, 2012 auch, wo es aber Hinweise darauf gibt, dass Sie aktiv geworden sind.

Dr. Ewald Nowotny: Man hätte die Fragen, die man der Taskforce dann gestellt hat, natürlich auch schon früher stellen können. (Abg. Kogler: Ja, eh!) Dann hätte die Taskforce auch schon früher einschreiten können.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber jetzt ist Ihnen ja der Ball zurückgespielt worden: Ja hat die Notenbank denn kein detailliertes Konzept vorgelegt? Würden Sie das als Ihre Aufgabe betrachten?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, also ein detailliertes Konzept kann die Notenbank dafür nicht vorlegen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wir nehmen den Minuspunkt auch mit, wir wollen ja nur die Wahrheit ergründen.

Dr. Ewald Nowotny: Was wir empfohlen haben – und zwar schon sehr früh, ich glaube, schon im Jahr 2010 –, war, dass das Finanzministerium dafür eine Investmentbank beauftragt. Es ist nämlich eine klassische Investmentbankaufgabe, hier vorzugehen. Das setzt aber wieder voraus, dass ich damit überhaupt weiß, welches Grundkonzept ich wähle. Und solange ich das nicht weiß, kann ich auch keine Detailkonzepte machen.

Als Grund habe ich zwei Entscheidungen. Das eine ist, ob ich das sozusagen extern oder intern mache, also mit oder ohne Konzession. Diese Entscheidung hat es zunächst einmal nicht wirklich gegeben. Denn am Anfang wollte man das ja noch nicht, weil man gedacht hat, man kann das Ganze verkaufen; daher hätte es noch keinen Sinn gehabt, da ein Einzelthema zu machen.

Das zweite Thema, das später aufgekommen ist, ist die Frage: Mit privater Eigentümerschaft oder mit öffentlicher Eigentümerschaft? – Und das war meines Erachtens zwar verständlich und nachvollziehbar, dass man nämlich versucht hat, quasi den Mittelweg zu gehen, indem ich eine Bad Bank mit privaten Eigentümern mache und daher keinen negativen Effekt auf die Staatsverschuldung habe.

Nur sage ich ganz ehrlich: Da wäre es wahrscheinlich vernünftig gewesen, gleichwertig parallel die Sachen zu verfolgen, um einfach Zeit zu sparen. Aber wir haben das ja dann zum Teil, weil ich eben doch etwas skeptisch war, auch gemacht, sodass dann diese sogenannte ergänzende Stellungnahme der Taskforce in relativ kurzer Zeit gekommen ist. Aber die Notenbank alleine ist keine Investmentbank, das ist klar.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Zurück zu diesem Vorhalt von vorhin mit den sechs Rufzeichen. Da geht es ja nicht nur darum, wie das Finanzministerium quasi die Kapitaleinschüsse minimieren will. Es geht ja eigentlich um den zweiten Teil, dass Höllerer ausformuliert: Hier will man das Versagen der letzten Jahre überkompensieren, nämlich das Versagen der Notenbank.

Haben Sie da einen Disput gehabt? Bei Peschorn ist es ja bekannt. Der steigt immer allen hinterher und sagt: Was habt ihr damals gemacht? Aber jetzt auch Höllerer – das Versagen der letzten Jahre.

Dr. Ewald Nowotny: Wenn ich ganz ehrlich bin, bin ich über diesen Satz etwas enttäuscht, denn ich sehe keinen Grund dafür und ich hätte ihn vom Herrn Dr. Höllerer auch nicht erwartet.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wir werden ihn morgen dazu befragen müssen. (Auskunftsperson Nowotny: Genau!)

Um dieses zu komplettieren: Sie haben ja immer wieder, nämlich wo es wieder um Vorwürfe gegen die Nationalbank geht, auf die Verantwortung der Wirtschaftsbankprüfer hingewiesen; das ist heute auch wieder alles herausgekommen. Jetzt komme ich da in die Schlussgerade, was diese Frage, beziehungsweise ist es in gewisser Weise sogar ein Vorhalt, betrifft. Peschorn und andere haben ja dann die Irrtumsanfechtung vorbereitet. Da gibt es jetzt zwei Denkschulen, wie man sich dem gegenüberstellen kann. Sie haben das offenkundig ambivalent betrachtet.

Einerseits hätte man die Wirtschaftsprüfer viel stärker verfolgen müssen – völlig richtig. Andererseits geht aus diesen Unterlagen hervor, dass Sie große Sorge haben, sage ich es jetzt einmal vorsichtig, weil ja – da geht es um die Einbringung der Irrtumsanfechtung, da sind wir schon Ende 2014, die letzte Frist verstreicht ab; ich zitiere –:

Gouverneur Nowotny äußert Bedenken, dass der Aufsicht Fehler im Nichterkennen der unrichtigen Datenbasis vorgeworfen werden könnten. – Zitatende.

Und weiters:

Nowotny gibt zu bedenken, dass die Bayern die Stellungnahme zu den 2,1 Milliarden als Gegenargument heranziehen würden. – Das war jetzt sinngemäß, weil das aus Unterlagen der Klassifizierungsstufe 2 stammt, aber ich muss das erwähnen, sonst kommen wir da ja nicht weiter. Das ist übrigens eine Mitschrift des Herrn Peschorn.

Können Sie dem Ausschuss diesen Eindruck sozusagen ausreden, dass die Notenbank eigentlich bei wesentlichen Schritten auch wieder auf der Bremse gestanden ist, bloß deshalb, weil man ein allfälliges behauptetes oder tatsächliches früheres Versagen, genauso wie Höllerer, hier kaschieren wollte? Denn die Irrtumsanfechtung ist ja hochgejubelt worden, nämlich auch von der Frau Fekter und vom Herrn Spindelegger. – Gescheite Geschichte.

Dieses Protokoll und diese Mitschrift weist aber aus, dass die Notenbank und Sie persönlich hier gebremst hätten. Was sagen Sie dazu?

Dr. Ewald Nowotny: Ich bestätige, dass ich hier skeptisch war, und zwar deshalb, weil ich, ehrlich gesagt … (Abg. Kogler: Man hat Ihnen auch noch ein böses Motiv unterstellt!) – Und zwar nämlich genau auch aus diesem Grund, weil ich es für keine kluge Politik halte, zu sagen: Ich habe mich geirrt, weil ich einfach sozusagen falsche Daten gehabt habe oder weil ich sozusagen nicht aufmerksam genug war. Ich glaube, das ist kein Argument. Das führt genau zu einer solchen Argumentation, wie Sie es jetzt gesagt haben, die aber inhaltlich nicht richtig ist.

Das heißt, ich provoziere mit so einer Irrtumsanfechtung eine inhaltlich unrichtige Diskussion. Daher glaube ich, ist das also auch prozesstaktisch nicht sehr schlau. Und wie wir sehen, ist auch dem Ganzen letztlich auch nichts geworden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Die Antwort auf meine Frage von der letzten Runde ist noch ausständig, nämlich die 1,8 Milliarden €, das Dokument, das wir besprochen haben. 1,8 Milliarden €, war das in der Bilanz 2010 berücksichtigt oder nicht?

Dr. Ewald Nowotny: Das kann ich jetzt so ad hoc nicht beantworten. Ich glaube, Sie wollen seriöse Antworten, daher: Ich kann Ihnen das sagen, wofür ich hier die Unterlagen habe. Das kann ich jetzt nicht. (Abg. Hable: Die Unterlage haben Sie ja!) – Ja, aber ich habe keine Unterlage über die konkrete Bilanz, ob es dort berücksichtigt wurde. Da müsste ich diese Bilanz im Detail jetzt vorgelegt bekommen. Das habe ich nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nur damit ich das verstehe: Also Sie argumentieren jetzt, es wäre möglich, dass im Jahr 2011 die OeNB einen zusätzlichen Kapitalbedarf von 1,8 Milliarden € feststellt, der aber ohnehin schon in der Bilanz 2010 berücksichtigt ist?

Dr. Ewald Nowotny: Ich nehme nicht an, dass das der Fall ist, also ich kann mir das schwer vorstellen. Aber ich kann es jetzt nicht exakt sagen, weil ich eben diese Bilanz nicht kenne. Aber ich kann es mir schwer vorstellen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich weiß nicht, warum Sie sich da so herumwinden, Herr Gouverneur, das ist ja ziemlich eindeutig. Also wenn die OeNB im Jahr 2011 herkommt und einen zusätzlichen Kapitalbedarf feststellt, kann der natürlich nicht schon in der Bilanz 2010 berücksichtigt sein. (Auskunftsperson Nowotny: Ja, aber wenn Sie mich …!) Wieso wollen Sie sich da so …?

Dr. Ewald Nowotny: Weil ich mich bemühe, Ihre Fragen seriös zu beantworten. Daher müsste ich die Bilanz 2011 kennen. Ich gehe davon aus, dass …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Seriös ist gut, klar und eindeutig ist auch gut.

Dr. Ewald Nowotny: Ich gehe davon aus, dass es nicht der Fall ist. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ist es denkbar, dass diese 1,8 Milliarden € in der Bilanz 2010 berücksichtigt waren?

Dr. Ewald Nowotny: Also es ist eigentlich kaum denkbar (Abg. Hable: Gut!), denn wie gesagt: Die Untersuchung der OeNB ist ja letztlich zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt herausgekommen. Daher würde ich es nicht annehmen. Ich wüsste auch nicht, unter welchem Titel das gewesen ist. Aber, wie gesagt, eine letztlich eindeutige Antwort könnte ich nur geben, wenn ich mir die Bilanz selber anschaue.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut, danke schön. Dann haben wir es doch geschafft, die Antwort auf diese Frage zu bekommen.

Ich hätte wahrscheinlich nicht mit der Frau Fekter beginnen sollen. Ich habe eher das Gefühl, Sie haben sich dagegen gesträubt, ganz offensichtlich, der Frau Fekter zu widersprechen, die ja hier im Untersuchungsausschuss allen Ernstes behauptet hat, dass diese 1,8 Milliarden € zusätzlicher Kapitalbedarf, festgestellt von der OeNB, eh schon in der Bilanz 2010 drin waren. Aber danke dafür. – Keine Fragen mehr.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Nur zu dem Vorigen zurückkehrend, wo Sie das bestätigen, dass Sie das mit der Irrtumsanfechtung nicht nur klug finden: Da haben Sie prozesstaktisch einen Hinweis gemacht. Das wird sich sicher darauf beziehen, dass die damaligen quasi plausibilisierten, jetzt aber bei der Verstaatlichung 2,1 Milliarden hier als Gegenargument heranzuziehen wären. Das kann ich nachvollziehen.

Es ist aber noch ein anderer – ich habe es ohnehin schon gesagt – Vorhalt darin erkennbar, nämlich dass – das ist ein völlig anderer Punkt gewesen, ich habe ja nur aus Zeitnot beides zusammengefasst – das Nichterkennen der unrichtigen Datenbasis vorgeworfen könnte.

Das sagen Sie selber über die Notenbank, und das vor dem Hintergrund, dass ja der Differenzbetrag von den 2,1, der hier von damals herangezogen wird, laut Peschorn – der hat ja da alle möglichen Aktivitäten gestartet – 10,85 Milliarden wäre.

Wenn er alles herunterrechnet, kommt er auf den Streitwert von 3,5 Milliarden. Das Ganze ist den Bayern gegenüber kein Geheimnis, denn die haben die Klagsschrift ohnehin zugestellt bekommen. Und das ist natürlich schon heftig, denke ich.

Wenn nun die Prokuratur, der Chefankläger der Republik, wenn auch im Jahr 2014, herumgeht und sagt, damals waren es quasi 11 Milliarden und nicht 2 an Kapitalbedarf, vulgo Finanzloch, und jetzt kommen Sie und sagen, aber eigentlich könnte man uns Notenbank ja dann oder den damaligen Aufsehern vorhalten, unrichtig die Datenbasis erkannt zu haben – das klingt nicht sehr charmant.

Was hier schon herauskommt, ist: Da gibt es einen ganz zarten Disput. Und Peschorn will Sie dann auf seine Seite bringen und sagt: Nein, da werden wir schon etwas finden, damit das nicht so arg ausschaut.

Aber es geht doch hier klar hervor, dass der Chefankläger der Republik sagt, 10,5- beziehungsweise 11 Milliardenloch, Sie wehren sich dagegen und er bleibt bei seiner Meinung. Wieso wehren Sie sich dagegen, an dieser Stelle – da ist jetzt nicht die Prozesstaktik ausschlaggebend?

Dr. Ewald Nowotny: Weil es einfach ganz simpel ist. Ich glaube, dass es kein gutes Argument ist, mit einem unrichtigen (Abg. Kogler: Das ist interessant!), sachlich nicht richtigen Punkt zu argumentieren. Wenn ich argumentieren muss, dass ich sozusagen von falschen Daten ausgegangen bin, in Wirklichkeit aber die Daten, die die OeNB gegeben hat, die richtigen waren, dann ist das für eine Irrtumsanfechtung eine schwache Basis. Und das ist genau der Punkt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Dann müssten Sie weiter argumentieren, dass die ganze Herleitung der 10,85 – das war ja die untere Grenze – sozusagen für sich nicht plausibel war? (Auskunftsperson Nowotny: Ich habe ja gesagt, dass ich dem gegenüber skeptisch war!) – Ja, ja, aber ich habe das nur auf diese 2,1 und Bayern-Prozesstaktik bezogen. Sie deuten diese Ihre eigene Aussage so, dass sozusagen von vornherein die ganze Nachrechnerei nicht zielführen war?

Dr. Ewald Nowotny: Wenn ich sozusagen mein ganzes Argument darauf stütze, dass Zahlen falsch waren, die aber in Wirklichkeit richtig waren, dann werde ich da nicht sehr viele Chancen bei einer Irrtumsanfechtung haben.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Na ja – aber das riecht ja schon wieder nach einer quasi Gegenüberstellung –, aber wenn der Chef der Finanzprokuratur hergeht und mit Akribie und eigentlich seit eineinhalb Jahren auf das hinarbeitet und sagt: Nein, wir sind aber damals sehr wohl hineingelegt worden!

Dr. Ewald Nowotny: Sie haben völlig recht, aber, wie gesagt, das ist mit großer Akribie juristisch gemacht worden. Ich erlaube mir als Ökonom, das als nicht sehr plausibel zu sehen, und, wie gesagt, es hat sich auch gezeigt. Letztlich hat ja dann die Irrtumsanfechtung zu nichts geführt. (Abg. Kogler: Na, das ist eine andere Frage!) – Nein, nein, aber das ist genau aus den Gründen, die ich gesagt habe.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich komme zu etwas anderem. Es mag ja sein, dass damals die Zahlen, die so gekommen sind, eben so gekommen sind – die Frage ist, ob sie zutreffend und richtig waren, die damalige Situation abbildend –, aber da schwingt natürlich schon gravierend etwas mit, wenn die Republik selber behauptet – ich weiß nicht, ob Sie die Zahl auch bestreiten –, dass 2009 im Dezember die eigentliche Lücke 11 Milliarden und nicht 2 Milliarden war.

Da stellen sich natürlich schon Folgefragen rund um diesen Verstaatlichungsprozess: Bei einem anderen Hinschauen, bei anderen Plausibilisierungen oder wenn man sich weniger von den Bayern unter Druck setzen hätte lassen – wir kennen das, wir haben das schon alles diskutiert –, hätten da nicht die einen oder anderen – das müssen ja nicht nur Sie sein – erkennen können, dass es nicht ein Kapitalloch von einer Milliarde war, wie im Übrigen Herr Proksch, damals Berater von Morgan Stanley, den Verhandlern einreden wollte, auch nicht von 2, sondern von 11?

Also, ehrlich gesagt, mir als Laie drängt sich da schon der Verdacht auf, dass man bei klarerer Herangehensweise mehr davon, was nachher behauptet wurde, erkennen hätte können. Das erschließt sich da ja auch, und das ist natürlich jetzt nicht sehr charmant für die FMA, für die Notenbank und für alle, die da damals beteiligt waren, das sehe ich ja ein, aber das pickt! Das ist ja die offizielle Klagsschrift der Regierung. (Auskunftsperson Nowotny: Na ja, aber, ehrlich gesagt …!) Dazu brauche ich ja nicht einmal einen U-Ausschuss.

Dr. Ewald Nowotny: Auch Sie, der sich mit der Sache lange beschäftigt haben, müssen doch von vornherein auch das Gefühl haben: Das kann ja nicht stimmen! (Abg. Kogler: Aha? Na, irgendwas stimmt wirklich nicht, ja!) Also dass ich auf einmal sozusagen nach einer Sache, wo sich doch – das war ja nicht nur die Notenbank – sehr viele diese Zahlen angeschaut haben, zu völlig anderen, viel größeren Zahlen komme, das kann ja nicht stimmen. (Abg. Kogler: Mhm!)

Daher glaube ich, würden Sie wahrscheinlich auch eine Grundskepsis dem gegenüber haben, nur damit das Argument halt funktioniert. Das war ja, ehrlich gesagt, genau die Schwäche dieses Vorgehens, die ja dann, wie gesagt, dazu geführt hat, dass dieses Vorgehen ja letztlich auch zu keinem Ergebnis geführt hat.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Nur noch abschließend: Also Sie finden die Herangehensweise der ganzen Aktion Irrtumsanfechtung schon nicht ganz fundiert, erst recht nicht die Prozesstaktik, die damit verbunden wäre, was mir aber noch nicht ganz klar ist: Würden Sie auch von der Methodik der Errechnung der 11 Milliarden her die 11 Milliarden in Frage stellen, also dass damals schon, nämlich genau Mitte Dezember 2009, diese 11 Milliarden-Lücke bestanden hätte? (Auskunftsperson Nowotny: Ja!) Das ist für mich nämlich dann tatsächlich eine neue Erkenntnis. (Auskunftsperson Nowotny: Das würde ich in Frage stellen!) – Okay, ja dann ist es ja wieder plausibler, wie Sie auch hier argumentiert haben (Auskunftsperson Nowotny: Ja, genau das ist es!), allerdings finde ich das schon bemerkenswert, dass Sie – und die Nationalbank wohl auch – da eine andere, auch quantitativ andere Einschätzung als die Finanzprokuratur haben, die damit ja immerhin im Auftrag des Finanzministeriums zu Gericht geritten ist. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Dr. Ewald Nowotny: Da müssen Sie die Finanzprokuratur fragen!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das ist für mich neu, man soll nie sagen, man kommt nicht immer noch auf etwas drauf.

Dr. Ewald Nowotny: Da müssen Sie die Finanzprokuratur fragen, wozu sie … Sie war aber da ziemlich alleine, das muss man auch sagen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber sie haben sich durchgesetzt, immerhin ist es eingebracht worden.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, schon, aber mit Zahlen, wo sie ziemlich alleine waren.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, es gibt ja auch Heldensagen von der Frau Bundesministerin – genau an diesem Platz dort (in Richtung der Auskunftsperson weisend) –, dass sie das schon bei ihrer Erfolgsbilanz mitvorbereitet hätte, es gibt auch den Herrn Peschorn, und die sagen: Aber eigentlich ist das schon eine gute Sache und hat die Position Österreichs verbessert!

Auch der Vergleich mit den Bayern wird ja als gut dargestellt, und das hat halt auch etwas gebracht. (Auskunftsperson Nowotny: Na, also das …!) Aus all dem, was Sie sagen, höre ich, dass Sie das nicht teilen.

Dr. Ewald Nowotny: Ich will mich da jetzt nicht in das Juristische hineinverlieren, aber ich glaube, der Vergleich mit den Bayern ist nicht damit zu vergleichen. Der Vergleich mit den Bayern ist ein Versuch, eine konsensuale Lösung zu finden (Abg. Kogler: Ja klar!), und das andere war genau der Versuch, in einer Sache sozusagen strittig vorzugehen, wo man halt doch sehr schwache Karten gehabt hat.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Es ist ja behauptet worden – das kann ich nachvollziehen –, dass man das versucht hat, und ob das ein treffender Versuch war oder ein untauglicher oder möglicherweise sogar ein schädlicher, wenn ich Ihnen zuhöre, das ist ja eine Frage der Wertung der Vorgangsweise, und die Idee war ja – und die Behauptung; das wurde ja noch als eines der lichtvollen Ereignisse nach 2010 dargestellt –, dass man überhaupt diese Irrtumsanfechtung eingebracht hat.

Ich nehme aber zur Kenntnis, es gab eine völlig unterschiedliche Sichtweise. Es bleibt dann aber, wie gesagt, in der Debatte der implizierte Vorwurf, dass Sie die Zahlen damals nicht richtig erkannt hätten – Sie wehren sich dagegen, Ihr gutes Recht. Die Bewertung werden vorgenommen werden.

Dr. Ewald Nowotny: Ich glaube, der weitere Verlauf spricht für unsere Position.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Na ja, das will ich jetzt auch noch nicht bewerten. Jedenfalls habe ich keine Fragen mehr.

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Gut. Es liegen keine Fragen mehr vor. Herr Verfahrensrichter, wir hätten noch 3 Minuten, die müssen aber nicht ausgeschöpft werden.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, keine Fragen.

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Dann erkläre ich die Befragung für beendet. Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Gouverneur Professor Nowotny, für Ihr Kommen und die ausführliche Beantwortung.

Ich unterbreche die Sitzung bis 16 Uhr.



[1] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: „verkaufsfähig“ statt „verkaufsmäßig“

 

[2] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: folgende Ergänzung: „Jedenfalls habe ich immer gesprochen von einer Bad Bank nach deutschem Muster – das war das konkrete Modell.“

[3] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: folgende Ergänzung: „ Also die Task Force hat ihre Tätigkeit im Mai 2013, und unter meinem Vorsitz im Februar 2014 begonnen und dort dieses Modell entwickelt,...“