331/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Klaus Liebscher in der 75. Sitzung vom 7. Juni 2016

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 77. Sitzung am 28. Juni 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Klaus Liebscher nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO­-UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

Wien, 2016 06 28

 

                  Gabriel Obernosterer                                           Doris Bures

                           Schriftführer                                                                         Vorsitzende

 


 


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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

 

75. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Dienstag, 7. Juni 2016

Gesamtdauer der 75. Sitzung

10.08 Uhr – 19.34 Uhr

Lokal VI

 


Befragung der Auskunftsperson Dr. Klaus Liebscher

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zur Befragung.

Sehr geehrter Herr Dr. Liebscher, Sie haben von Ihrem Recht, eine Vertrauensperson mitzunehmen, Gebrauch gemacht.

Bevor ich nun dem Herrn Verfahrensrichter Dr. Pilgermair das Wort zur Rechtsbelehrung und Erstbefragung übergebe, möchte ich Sie auch darüber in Kenntnis setzen, dass zu Ihrer Linken Verfahrensanwalt Professor Dr. Binder sitzt, der ebenfalls darauf zu achten hat, dass die Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson gewahrt und gesichert sind. Wann immer Sie sich mit Ihrer Vertrauensperson oder mit dem Herrn Verfahrensanwalt beraten wollen, werde ich die dafür erforderliche Zeit zur Verfügung stellen. Für sonstige Fragen zum Verfahren stehe auch ich als Vorsitzender Ihnen zur Verfügung. Wenn Sie eine kurze Sitzungsunterbrechung wünschen, werde ich diesem Wunsch sehr gerne folgen.

Zur Erteilung der Rechtsbelehrung und anschließenden Erstbefragung übergebe ich nun Herrn Dr. Pilgermair das Wort. – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Guten Morgen, Herr Dr. Liebscher, guten Morgen, Herr Dr. Schima. Ich darf den Herren das Personaldatenblatt geben und sie bitten, die Aktualität der darin eingetragenen Personaldaten zu prüfen. Stimmt das so? (Auskunftsperson Liebscher: Ja, stimmt!)

Herr Dr. Liebscher ist ja schon als Auskunftsperson hier im Ausschuss gewesen, Herr Professor Schima war schon mehrmals hier, ich brauche also für die beiden Herren die Rechtsbelehrung nicht mehr im Detail zu wiederholen. Ich knüpfe daran an, betone insbesondere die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Aussage der Auskunftsperson und die Verpflichtung beider Herren zur Einhaltung des Informationsordnungsgesetzes.

Haben Sie Fragen zur Rechtsbelehrung? (Auskunftsperson Liebscher: Nein!) – Nein. Dann kann ich Sie auch schon auf Ihr Recht hinweisen, das allen Auskunftspersonen zusteht, wonach Sie am Anfang eine einleitende Stellungnahme abgeben können, die bis zu 20 Minuten dauern kann.

Herr Dr. Liebscher, wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen? (Auskunftsperson Liebscher: Ja, das möchte ich!) – Dann darf ich Sie darum bitten.

Dr. Klaus Liebscher: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Ausschussmitglieder! Nach Beendigung meiner Funktion als Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank am 31.8.2008 wurde ich über Beschluss der damaligen Bundesregierung am 11.11.2008 gemeinsam mit meinem Kollegen Kommerzialrat Wala zum Vorstandsmitglied der neu gegründeten FIMBAG, Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft des Bundes, bestellt. Zur Aufgabenstellung der FIMBAG hat mein Kollege Wala bei seiner Ladung vor diesem Ausschuss am 28.10. des letzten Jahres bereits berichtet, ich möchte hier daher keine weiteren Details anführen, um Wiederholungen im Grunde genommen zu vermeiden.

Ich möchte aber doch darauf verweisen, dass wir im Wege von Treuhandvereinbarungen zwischen dem Finanzministerium und der FIMBAG in den Jahren 2008 bis 2011 rund 5,4 Milliarden an Partizipationskapital von fünf Banken, darunter 900 Millionen eben auch der Hypo International, übernommen haben. Im Februar 2012 wurden uns dann zusätzlich noch die Aktien der Kommunalkredit Austria AG und jene der 2009 auch abgespaltenen KA Finanz AG im Ausmaß von 609 Millionen Aktienkapital übertragen. Als Folge der mit 30.10.2014 erfolgten Deregulierung der Hypo-Bank International wurden uns über Wunsch und Auftrag des Finanzministeriums auch die zum Verkauf gestellten Aktien der SEE-Holding, später umfirmiert in die Hypo Group Alpe-Adria AG, ebenfalls treuhändig übertragen.

Aufgrund der in den letzten Jahren vorgenommenen Einlösungen des Partizipationskapitals durch drei Emittenten, durch Kapitalherabsetzungen in zwei Sonderfällen wie auch durch die erfolgte Veräußerung der Aktienanteile an der Kommunalkredit Austria und der HGAA durch die FIMBAG und damit praktisch durch die weitestgehende Aufgabenerfüllung durch die FIMBAG verringerte sich das Treuhandvolumen von diesen genannten 6 Milliarden, ursprünglich, natürlich sehr beachtlich und erreichte zum Ultimo des letzten Jahres lediglich 670 Millionen, grob gesprochen.

Aufgrund dieser Entwicklung, die absehbar war, sind dann Vorstand und Aufsichtsrat der FIMBAG bereits im Oktober des Vorjahres an den Herrn Finanzminister mit dem Vorschlag herangetreten, dass der Bund beziehungsweise Einrichtungen des Bundes die verbliebenen Treuhandvermögen der FIMBAG in irgendeiner Weise direkt übernehmen mögen; diesem Vorschlag wurde dann auch entsprochen. Im Einvernehmen mit den Organen der FIMBAG beschloss der Ministerrat am 3.11.2015, die FIMBAG zum 30.6.2016 – also praktisch in drei Wochen – aufzulösen. Am Rande nur: Dieser Auflösungsprozess erfolgt sehr ordentlich, es wird keine Probleme dabei geben.

Nun überleitend zu unserer Auflagenkontrolle der HBInt: Nach der Verstaatlichung der Bank im Dezember 2009 wurde uns zunächst in einer Aussprache mit Vertretern des Finanzministeriums am 27. Jänner 2010 auf meine konkrete Frage, was sich das Finanzministerium von der FIMBAG in Sachen HBInt nach deren Verstaatlichung erwartet, von Herrn Ministerialrat Lejsek mitgeteilt, dass eine Übertragung der Aktien und daher auch eine direkte Einbindung in die Geschicke und Geschehnisse der HBInt nicht vorgesehen sind und wir auch künftig ausschließlich für das vom Bund gezeichnete Partizipationskapital in Höhe von 900 Millionen ex 2008 zuständig bleiben.

Daher haben wir dann auch im Zeitraum 2010 bis 2014 bei der Bank unsere Tätigkeit auftragsgemäß auf die Kontrolle der Auflagen gemäß Treuhandvereinbarungen – Sie kennen ja diese Auflagen, die da drinnen stehen –, aber natürlich auch auf Informationen zur Risikolage der Bank und deren Auswirkungen auf das Geschäftsmodell und auf den Kapitalisierungsbedarf und sicher anderes mehr in unseren Gesprächen mit dem Management konzentriert. Unsere diesbezüglichen Feststellungen und Einschätzungen haben wir jeweils unverzüglich schriftlich an das Finanzministerium kommuniziert.

So haben wir schon damals mehrfach im Zusammenhang mit der Werthaltigkeit der Assets beziehungsweise der Sicherheiten und deren Bewertung, ferner mit den für die Restrukturierungspläne zugrunde gelegten Annahmen über die wirtschaftlichen Entwicklungen in den Märkten der Hypo und auch der Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells auf Gefahrenpotenziale für die Bank hingewiesen. Wir gingen bereits nach unserem ersten Managementgespräch am 1. März 2010 – das war aber noch der Altvorstand – davon aus, dass die erforderlichen Risikovorsorgen auch in den folgenden Jahren das Ergebnis der Bank schwer belasten werden und eigenkapitalstärkende Maßnahmen unvermeidbar werden dürften.

Auch nach den weiteren drei Managementgesprächen, die wir – mit dem neuen Vorstand dann – im Jahr 2010 geführt haben, haben wir die Gefahr gesehen, dass die Bankengruppe selbst in einem optimistischen Basisszenario weitere Verluste schreiben und vermutlich auch Schwierigkeiten haben wird, die aufsichtsrechtlichen Mindestnormen zu erfüllen.

Am Rande sei vermerkt: Diese Unterschreitung der aufsichtsrechtlichen Mindestnormen ist auch in den Folgejahren bekanntlich mehrfach eingetreten; wir haben der Bank elfmal je 1 Million € als Pönale vorgeschrieben. Das war auch so in den Grundsatzvereinbarungen, Treuhandvereinbarungen mit uns vorgesehen, wenn das eintritt.

Wir haben unsererseits daher auch bereits 2010 die vom Vorstand der Bank damals eingeleitete Trennung in eine, allerdings entgegen der Erwartungshaltung der Europäischen Kommission, nur rein interne und zu Steuerungszwecken erfolgte Segmentierung der Hypo in eine Fortbestandsbank und in eine Abbaueinheit durchaus unterstützt und positiv beurteilt. Die Fortbestandsbank sollte zum Verkauf hergerichtet werden. Das Konzept allerdings, die Abbaueinheit bis 2014 sukzessive und komplett zurückzuführen, haben wir damals bereits als sehr ambitioniert beurteilt.

Zusammengefasst sahen wir jedenfalls bereits Ende 2010 die wirtschaftliche Situation der Hypo als sehr angespannt und ernst. Die wirtschaftliche Verschlechterung in Südosteuropa, der fortschreitende Anstieg der NPL-Ratios in Verbindung mit einem Wertverfall der eingeräumten Sicherheiten bedeuteten eine zunehmende Risikoerhöhung für die Bank und damit natürlich auch für das von der Republik Österreich gezeichnete Partizipationskapital – eine Einschätzung, die sich ja im Laufe der Jahre bestätigen sollte.

Ich möchte hier zu diesem Punkt aber auch festhalten, dass sich die wahre Risikolage der Bank und das wahre Ausmaß der Probleme vielfach erst im Laufe der Jahre durch jeweils neue Erkenntnisse herausstellten und dies vor allem auch durch die Verwerfungen vor allem 2011, 2012, auf den Finanzmärkten im Allgemeinen und die Rezession in Südosteuropa im Besonderen, natürlich beschleunigt wurde.

Der Eigentümer Bund hat in den Jahren nach der Verstaatlichung zu den wesentlichen Gesprächen mit der Bank, vor allem zu jenen über zusätzlichen Kapitalbedarf wie auch zu jenen Umstrukturierungsplan-Gesprächen für die Europäische Kommission, die FIMBAG bis Ende 2011 nur ganz selten, nur gelegentlich als Teilnehmerin eingeladen. Und die in diesem Zeitraum, also 2010 und 2011 getroffenen Entscheidungen oder auch Überlegungen des Bundes – sage ich jetzt allgemein – wurden der FIMBAG vielfach erst nach Abschluss der Verhandlungen, oft auch erst über unser Ersuchen oder über unsere Nachfrage mitgeteilt. Erst ab Ende 2011 wurden wir auch zu den sogenannten großen Besprechungsrunden des Finanzministeriums mit der Bank eingeladen, an denen meist auch Vertreter des Bundeskanzleramts, der Finanzprokuratur, der Nationalbank und auch der FMA teilnahmen.

Eine tatsächliche, das heißt, eine direkte Gestaltungsmöglichkeit der FIMBAG war jedoch auf gesetzlicher Basis gemäß FinStaG und der dazu erlassenen Verordnung und der auf Basis derer abgeschlossenen Treuhandvereinbarung zwischen Bund und FIMBAG, die sich ja nur auf speziell definierte Überwachungsaufgaben des PS-Kapitals bezog, nicht vorgesehen.

In rechtliche Themen, wie zum Beispiel Aufarbeitung der Vergangenheit, CSI Hypo, Bayerische Landesbank und Ähnliches mehr, waren wir zu keinem Zeitpunkt eingebunden.

Aufgrund der mehrfach eingetretenen Verzögerungen bei der Erstellung eines EK-tauglichen, eines der Europäischen Kommission tauglichen Umstrukturierungsplans durch die Bank und der Nichtakzeptanz des im Februar 2013 zuletzt eingereichten Plans durch die Europäische Kommission kam es dann zu der bekannten Reaktion von Kommissar Almunia mit seinem Schreiben vom 14. März 2013.

Ich informierte einige Zeit später Herrn Kabinettschef Mag. Zotter, dass ich ja noch aus meiner Zeit als Gouverneur der Nationalbank und EZB-Ratsmitglied eine sehr gute und vor allem auch persönliche Gesprächsbasis zu Kommissar Almunia hatte und über meine Aufsichtsratstätigkeit – damals bei einer anderen Bank – auch über gewisse Erfahrungen mit den EK-Dienststellen in Brüssel, vor allem eben mit der GD Wettbewerb verfügte. Offensichtlich als Folge dieser Information wurde ich dann seitens des Finanzministeriums gebeten, an einem gemeinsamen Präsenztermin des Finanzministeriums, der Bank, also des Vorstands der Bank und seiner Anwaltskanzlei aus Brüssel am 24.4.2013 in Brüssel teilzunehmen. Darüber hinaus wurde ich auch zu einem Treffen der Frau Finanzministerin mit Herrn Kommissar Almunia am 25. Juni 2013 in Wien eingeladen.

Ebenfalls im April 2013 wurde ich von Frau Bundesministerin Fekter ersucht, gemeinsam mit meinem Kollegen Wala Aufsichtsratsmandate in der Hypo anzunehmen. Diese Wahl fand dann in der Hauptversammlung am 30.4.2013 statt.

Ende April 2013 informierte mich der damalige Vizekanzler, dass der Herr Bundeskanzler und er beabsichtigen, eine sogenannte Taskforce einzusetzen, welche die von der Europäischen Kommission dringend geforderte Erstellung eines für die Europäische Kommission akzeptablen – und ich betone das Wort „akzeptablen“ – Umstrukturierungsplans der Hypo sicherstellen soll. Der Vizekanzler bat mich, dieser Taskforce anzugehören, was ich ihm auch zusicherte.

Die Taskforce wurde dann am 8. Mai 2013 unter Vorsitz des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Vizekanzlers im Beisein der Frau Bundesministerin, der Staatssekretäre Schieder, Danninger und Ostermayer – ich entschuldige mich, jetzt alles ohne akademische Titel – sowie der Herren Nowotny, Ittner, Ettl und mir eingerichtet. Und dieser Taskforce gehörten in der Folge die Herren Nowotny, Ittner, Ettl, Lejsek, Wala, Krakow und ich an. Ich wurde im Anschluss an diese Sitzung am 8.5. vom Herrn Bundeskanzler gebeten, den Vorsitz dieser Taskforce zu übernehmen.

Primäre Aufgabe dieser Taskforce war es somit, den Vorstand der Hypo bei der Ausarbeitung des Umstrukturierungsplans – und ich betone eben: des EK-tauglichen Umstrukturierungsplans – zu unterstützen und zu begleiten und dessen Fertigstellung zunächst bis Ende Mai – das war die erste Deadline, die uns gegeben war, diese wurde später auf Ende Juni 2013 erstreckt – zu ermöglichen. Dies gelang, der Umstrukturierungsplan wurde dann auch am 29. Juni 2013 an die Kommission versandt und von dieser, wie wir wissen, mit Entscheid vom 3. September 2013 auch genehmigt.

Nach dem Rücktritt von Dr. Ditz als Aufsichtsratsvorsitzender der Hypo am 31. Mai 2013 wurde ich dann neuerlich vom Herrn Vizekanzler, von der Frau Bundesministerin und von Mitgliedern des Aufsichtsrats gebeten, den Aufsichtsratsvorsitz zu übernehmen, was ich, nach einigem Zögern aber erst, zusicherte, und am 21.6.2013 wurde ich durch das Gremium in den Aufsichtsratsvorsitz gewählt.

In dieser Funktion unternahm ich dann alle Anstrengungen, das wirklich angespannte Klima zwischen der Bank und dem Bundesministerium für Finanzen zu verbessern, die fristgerechte und vor allem auch EK-taugliche Erstellung des Umstrukturierungsplans auch bankintern sicherzustellen, eine Abbaueinheit für die Hypo vorzubereiten, die Unterstützung zum geplanten Verkauf der HBA zu geben und eine Senkung der Beraterkosten anzustreben. Ich glaube, für mich zumindest sagen zu dürfen, dass sämtliche dieser Vorhaben erfüllt wurden.

Nun zurück zur Taskforce: Diese begleitete in der Folge, also auch nach Abgabe des Umstrukturierungsplans in Brüssel, über Wunsch der Herren Bundeskanzler und Vizekanzler auch das über mein Ersuchen von der HBInt bereits im Juli 2013 intern aufgesetzte Projekt Lux zur Schaffung einer Abbaueinheit für die Bank.

Erste vorläufige Erkenntnisse dieser Taskforce-Arbeit wurden dann von Herrn Gouverneur Nowotny und mir bereits am 8. November 2013 dem Herrn Bundeskanzler und dem Herrn Vizekanzler vorgestellt. Weitere Gesprächsrunden mit der damaligen Regierungsspitze sollten folgen, bis es endlich und doch Gott sei Dank gelang, am 10. Februar 2014 nach intensiver Abwägung aller verfügbaren Optionen die politische Entscheidung zugunsten des sogenannten Anstaltsmodells, das heißt einer von den bank- und aufsichtsrechtlichen Vorschriften deregulierten Gesellschaft, herbeizuführen.

Da jedoch trotz dieser klaren Entscheidung der Politik seitens des Finanzministers, aber auch anderer Vertreter des Ministeriums, auch von Beratern des Ministeriums, weiterhin die Option der Insolvenz der Bank wie auch erstmals die Möglichkeit einer Gläubigerbeteiligung öffentlich in den Raum gestellt wurden und damit sofort entsprechende negative Reaktionen der Ratingagenturen für die Bank am Kapital- und Geldmarkt, aber auch neuerlich im In- und Ausland, vor allem in den Ländern des SEE-Netzwerks der Hypo – aber nicht nur dort, das möchte ich auch betonen –, Unsicherheiten bei Investoren und lokalen Aufsichtsbehörden ausgelöst wurden und es durchaus auch zeitgleich mediale An- und Untergriffe gegen meine Person gab, habe ich dann am 21. Februar 2014 dem Herrn Finanzminister schriftlich meinen Rücktritt von meinen Funktionen als Aufsichtsratsvorsitzender der Hypo wie auch der Taskforce mit sofortiger Wirkung bekannt gegeben.

Das letztlich Anfang August 2014 erlassene Gesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit und die damit verbundene Deregulierung der Hypo zum 30.10.2014 konnten dann jedenfalls weitgehend meines Erachtens auf den Arbeiten der Taskforce aufbauen.

Abschließend möchte ich dem Ausschuss noch bekannt geben, dass ich seitens der HETA ASSET RESOLUTION AG von der Einhaltung des Geschäftsgeheimnisses nur teilweise entbunden wurde. Keine Entbindung erfolgte hinsichtlich anhängiger Rechtsverfahren zwischen HETA und BLB, des Verkaufs der Aktien an der Hypo Group Alpe-Adria, vormals SEE-Holding AG, der laufenden Verkaufsverfahren der HETA und natürlich von Informationen, die dem Bankgeheimnis unterliegen. – Besten Dank.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke schön, Herr Dr. Liebscher, für Ihre einleitende Stellungnahme.

Damit kommen wir zur Erstbefragung.

Sie sind ja, wie kaum ein anderer Topexperte – Mag. Lejsek vom Ministerium ist dabei vielleicht auch zu nennen –, vom Anfang bis zum Ende des Untersuchungszeitraums dabei gewesen, von 2000 bis 2014, in ganz maßgeblichen Funktionen, die Sie ja schon geschildert haben – Gouverneur der Nationalbank, Vorsitzender der FIMBAG, Leiter der Taskforce, Aufsichtsratsvorsitzender der HBInt –, und hatten eine sehr intensive Möglichkeit, in die Bank und deren Entwicklung hineinzuschauen.

Ex post betrachtet, nicht ex ante, ex post und ohne personenbezogene Zuschreibungen: Was waren denn die neuralgischen Bereiche, die markanten Schwachstellen, die die Bank im Laufe dieses Zeitraums 2000 bis 2014 aus Ihrer Beobachtung aufgewiesen hat, ohne dass Sie das jetzt Personen zuordnen?

Dr. Klaus Liebscher: Ich glaube, das, was ja schon im ersten Teil des Ausschusses beziehungsweise in den drei Phasen im ersten Teil schon gesagt wurde: dass erstens natürlich mangelhafte Risikomanagementsysteme vorhanden waren, mangelhafte Risikokontrollen, sicherlich durch die Landeshaftungen enorme, aggressive Wachstumspolitik seitens der Bank betrieben wurde und betrieben werden konnte. Das ist sicher retrospektiv ein wesentlicher Faktor gewesen.

Zweitens: Ich glaube, dass man vor allem nach Gewährung des Partizipationskapitals im Dezember 2008 dort auch schon gesehen hat – und das haben auch unsere Feststellungen als FIMBAG ergeben –, dass der Nachhaltigkeitsbericht, also der sogenannte Viability Report, der damals im Frühling für die Europäische Kommission erstellt werden musste, nicht sehr – wie soll ich sagen? – mit Intensität betrieben wurde und vor allem auch unsere Kritik hatte, dass er nicht sehr aussagekräftig war; etwas, das ja dann, nach dessen Abgabe, auch die Europäische Kommission, wenn ich nicht irre, sogar bestätigt hat.

Drittens: Es ist natürlich dann auch im 2009er-Jahr ein Asset Quality Review durch den Vorstand, im Juli 2009, eingeleitet worden; deshalb, weil festgestellt wurde, sowohl von der Bank als auch von uns damals – was durch Dokumentation nachweislich ist –, dass sich die Risikovorsorgen beachtlich rasch erhöht haben und zum Halbjahr 2009 bereits den geplanten Budgetansatz für 2009 erreichten. Daher dieser Asset Quality Review, in den wir nicht eingebunden waren. Wir haben davon auch erst sehr spät, nämlich am 5. November 2009, wenn ich nicht irre, durch den damaligen Generaldirektor Pinkl Informationen erhalten, dass es da sehr schlecht ausschaut und dass ein Kapitalbedarf von – aber nageln Sie mich nicht fest! – bis zu 1,5 Milliarden oder so etwas, glaube ich, hat er uns gesagt, notwendig wird.

Dass dann das weitere Schicksal der Bank seinen Lauf nahm, wissen Sie. Da haben wir als FIMBAG nichts beizutragen gehabt, weil wir eigentlich ja nur am Rande in diese Gespräche eingebunden waren.

Was ich schon betonen möchte, ist, dass auch in der 2009er-Zeit natürlich die FIMBAG immer nur die Auflagenkontrolle hatte. Wir waren nicht Aufsicht, wir waren nicht Nationalbank, wir waren nicht Finanzmarktaufsicht. Wir hatten einen Katalog von zehn, zwölf oder 13 Punkten und die haben wir brav und, ich glaube, auch ordentlich erfüllt. Das hat sogar im Zuge des Ministerratsbeschlusses vom 3. November des letzten Jahres die Bundesregierung festgestellt, indem sie sagte, wir haben unsere Aufgaben ordentlich erfüllt.

2010 ff.: Da glaube ich retrospektiv – und das ist natürlich immer sehr einfach, retrospektiv –, das größte Versäumnis vielleicht war, dass man den EK-Auftrag oder den Wunsch der EK, rasch einen Restrukturierungsplan aufzustellen – ich sage das bewusst – vielleicht nicht so ernst genommen hat, wie man ihn hätte nehmen sollen.

Ich war in einer anderen Bank – wie ich hier auch eingangs erwähnt habe – auch Aufsichtsratsvorsitzender; in einer Bank, die im November 2008 auch aufgrund von Liquiditätsproblemen verstaatlicht werden musste, die genauso nach der vorläufigen Genehmigung der Europäischen Kommission die Auflage hatte, eine Restrukturierung herbeizuführen. Und wir haben dort – die Verstaatlichung war im November – im Jänner bereits beschlossen, diesen Restrukturierungsplan zu erstellen, im Februar Maßnahmen gesetzt und im November 2009, also nach sieben oder acht Monaten, bereits die Aufspaltung in eine good bank und eine Bad Bank vorgenommen. Damit haben wir eigentlich auch die Aufgabe positiv für die Europäische Kommission erfüllt.

Ich hatte den Eindruck aus der Beobachtung – meine Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender war ja erst ab Juli 2013 oder 21. Juni 2013, vorher haben wir uns auch nur von außen als FIMBAG quasi die Auflagen angeschaut beziehungsweise die Auflagenkontrolle gemacht und uns natürlich informieren lassen, was sich dort tut –, man nimmt das so irgendwo ein bisschen locker: Ja, die EK ist vielleicht weit weg, aber zuerst schauen wir einmal, dass wir die Bank wieder schön herrichten können, und dann reden wir vielleicht über Restrukturierungsmaßnahmen weiter.

Das, glaube ich, war ein Fehler, man hätte schon zügig im … Man hat schon begonnen, einen Restrukturierungsplan 2010 zu machen, aber es hat alles lange gedauert. Man ist nicht sehr auf die Vorstellungen der Europäischen Kommission eingegangen. Die Erwartungshaltung der Europäischen Kommission – wie ich auch hier gesagt habe – war ja: Schaffen wir eine good bank und eine Bad Bank. Das ist meines Erachtens von der Bank eher nicht forciert worden. Es hat der Herr Generaldirektor … – Bin ich zu lang?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Nein, nein, das passt gut. Sie sind an der Sache.

Dr. Klaus Liebscher: Herr Generaldirektor Kranebitter hat am 28. August 2010, wie ich einer APA-Meldung entnommen habe, gesagt: Wir brauchen keine Bad Bank. Im Herbst dann hat er gesagt: Wir haben genügend Kapital, wir brauchen auch da nichts. Also man hat eigentlich – und jetzt unterstelle ich schon mit guter Absicht, bitte mich ja nicht misszuverstehen – in der Bank gehofft, man kann dieses Vehikel Hypo irgendwie sanieren, und die Restrukturierung läuft halt dann so irgendwo auch noch.

Dann ist aber das passiert, was offensichtlich passieren musste: dass man sich in diesen zwei Jahren, 2010 und 2011 – wie ich auch verschiedenen Medienberichten entnommen habe und teilweise auch aus eigener Kenntnis weiß –, in der Bank eben mit der Bad Bank oder mit anderen Restrukturierungsthemen weniger intensiv befasst hat. Es ist natürlich die wirtschaftliche Verschlechterung gekommen. Sie erinnern sich: Da sind die peripheren Länder mit Griechenland und Co gewesen, das alles hat am Finanzmarkt Probleme ausgelöst. Dann ist die Verschlechterung der wirtschaftlichen Landschaft am Balkan gekommen; Kroatien minus 2 Prozent Wirtschaftswachstum.

Das heißt also, da ist dann ein Beschleunigungseffekt eingetreten, dass eigentlich die Risikomaßnahmen, die die Bank ja am Anfang auch setzen musste, da ja leider das Erbe von der Bayerischen Landesbank hinüber, was Risikomanagement et cetera, Risikocontrolling und Risikoreporting anbelangt hat, auch nicht so optimal war, wie man erhofft hat … Im 2010-er Jahr haben die sich in allererster Linie natürlich auch diesen Dingen widmen müssen. Von der CSI Hypo, mit der ich, Gott sei Dank, nichts zu tun habe, rede ich nicht.

Also die Belastungen waren natürlich da. So gesehen …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Lieber Herr Dr. Liebscher, ich bedaure es, Sie sind noch immer an der Sache, aber ich habe eine begrenzte Fragezeit, und daher möchte ich Ihnen jetzt doch noch ein paar detailliertere Fragen stellen. (Auskunftsperson Liebscher: Bitte!)

Waren Sie überhaupt, und wenn ja, in welcher Weise, im Rahmen der Verstaatlichung involviert?

Dr. Klaus Liebscher: In keiner Weise, außer dass wir bei Vorgesprächen … Also am – ich weiß es jetzt nicht mehr –, ich glaube, am 13., 14., da war das ominöse Wochenende, da waren wir 100-prozentig nicht involviert. Ich war überhaupt nicht involviert, denn ich war im Ausland. Ich war vom 12. bis zum 15. nicht in Wien.

Also ich war überhaupt nicht involviert. Das ist jetzt aber keine Entschuldigung und Zuweisung an den Rest der FIMBAG, sondern wir wurden nur zu Gesprächen als Teilnehmer – auch damals – minderer Rolle und Wertigkeit, wenn ich so sagen kann, eingeladen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sind Sie zur Restrukturierung im Rahmen des Beihilfeverfahrens involviert gewesen, im Zusammenhang zum Beispiel mit Gesprächen mit Ministern, Ministerin?

Dr. Klaus Liebscher: Jetzt müssen wir im Zeitablauf springen: Also im Jahr 2010 und 2011 – nein! (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja!)

Ende 2011 wurden wir erstmals zu einer großen Runde mit BKA und Finanzprokuratur und FMA und OeNB in das Finanzministerium in der Hinteren Zollamtsstraße eingeladen. Dort ist über die Möglichkeiten Bad Bank und was weiß ich erstmals irgendwo gesprochen worden, weil sie im Vorstand gemerkt haben: Das geht so nicht.

Dann natürlich im Frühling 2013 – und darum sage ich, wir müssen das zeitlich ein bisschen auseinanderhalten (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja!) – wurde ich eingebunden, und, wie ich gesagt habe, ich habe dann auch an einem Präsenztermin der Bank in Brüssel teilgenommen. Ich war also Teil des österreichischen – unter Anführungszeichen – …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie mit Ministerin Dr. Fekter ein persönliches Gespräch darüber gehabt, was im Rahmen des Beihilfeverfahrens sinnvoll wäre? Die Position, die Sie zuvor eingebracht haben am Beispiel der anderen Bank, haben Sie diese Position der Ministerin auch für die Hypo vorgeschlagen?

Dr. Klaus Liebscher: Also ich habe sicher erst ab Sommer 2012, als es erstmals konkreter auch seitens der Bank die Wünsche gab, in Richtung einer Bad Bank zu gehen – was immer man unter Bad Bank versteht –, wir haben begonnen, uns auch über das Restrukturierungsthema intensiver zu unterhalten, und ich habe vielleicht zwei- oder dreimal – ich habe keine Aufzeichnungen – sicher auch mit der Ministerin persönlich darüber gesprochen und auf Druck sozusagen gearbeitet; vor allem dann aber in der Zeit, als ich Aufsichtsratsvorsitzender war.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie hat sich die Ministerin dazu geäußert, dass Sie vorgeschlagen haben, auf Druck zu arbeiten?

Dr. Klaus Liebscher: Sie war besorgt. Die Ministerin war über die Entwicklungen in der Bank nicht erfreut, und die Ministerin hat sich auch beklagt, dass sie sich von der Bank nicht ausreichend informiert fühlt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hat die Kommission eine externe Bad Bank präferiert oder war die Kommission auch offen für eine interne Abwicklung?

Dr. Klaus Liebscher: Meiner Erinnerung nach und was wir gehört haben, denn wir waren ja 2010 und 2011, wie ich schon sagte, nicht in die direkten Gespräche mit der Bank in irgendeiner Weise über das Finanzministerium und damit mit der Kommission involviert, hat die Kommission sehr wohl die Erwartungshaltung an die Bank oder an die Republik, je nachdem, wie man da jetzt die Kaskade sieht, geäußert: Warum keine Bad Bank? Warum schlägt die Bank – ich glaube, das war im Jahr 2011 auf alle Fälle – keine Bad Bank vor?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Meine Frage war schon konkreter, nämlich ob die Kommission eine externe Bad-Bank-Lösung präferierte.

Dr. Klaus Liebscher: Mein Wort Bad Bank bezieht sich nur auf extern.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Bezieht sich immer auf extern; dann haben wir das semantisch klargestellt. (Auskunftsperson Liebscher: Ja!)

Sie haben von einer positiven Einschätzung der Möglichkeiten der Bank 2010, 2011 gesprochen. – Bezog sich das auf Bankvorstand und Aufsichtsrat oder auch auf das Ministerium? Wie war der Austausch der Informationen zwischen der Bank einerseits und dem Ministerium andererseits über diese Frage und die Aussichten?

Dr. Klaus Liebscher: Die positive Einschätzung war sicher bei Vorstand und Aufsichtsrat vorhanden.

Zweitens: Ich kann jetzt natürlich nicht für die politische Ebene sprechen, denn mit dieser hatte ich 2010 und 2011 sicher keine Kontakte, wesentlicher Natur jedenfalls nicht, sondern nur mit den Beamten, vor allem mit Ministerialrat Lejsek und seiner Truppe, und bei denen, also meinen Gesprächspartnern hier, war Besorgnis. Sie haben nicht immer diese sehr positiven Einschätzungen in Richtung einer Gesamtlösung, die sie zwar als Ministerium angestrebt haben, gesehen und die Einschätzung nicht so geteilt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wenn wir jetzt wieder einen Blick zurückwerfen, einen weiteren Blick: Immer wieder hat es sich gezeigt, Sie haben es auch hereingebracht, dass die Zahlenwerke und die Prognosen der Bank über die Jahre hindurch nicht stichhaltig waren und dass die Werthaltigkeit immer wieder korrigiert werden musste.

Wie sehen Sie denn da die Rolle der Wirtschaftsprüfer?

Dr. Klaus Liebscher: Die Rolle der Wirtschaftsprüfer sehe ich in dem Fall positiv, wobei ich auch zugeben muss, ich kann sie in erster Linie nur beurteilen, soweit ich direkt dann im Aufsichtsrat war. Da habe ich natürlich vielfach Gespräche mit dem oder den Wirtschaftsprüfern gehabt; wir hatten zwei, also von derselben Kanzlei, aber zwei Herren. Die waren besorgt, das war absolut der Fall. Und wenn Sie sich die Geschäftsberichte der Hypo aus dem Jahr 2010 ff. anschauen, finden Sie jedes Mal ein Statement des Wirtschaftsprüfers drinnen, wo er sagt, er drückt seine Besorgnis oder seine Sorge aus, weil:

a) noch unsicher ist, wie der Umstrukturierungsplan läuft, ob es diesen überhaupt gibt;

b) Sorge über die Entwicklungen eben auch der NPLs beziehungsweise auch der Sicherheitenbewertung.

In den Geschäftsberichten, die wir gesehen haben, das weiß ich ganz genau, waren diese Vermerke des Wirtschaftsprüfers immer drinnen.

Drittens: Wir haben auch, glaube ich, in diesen Jahren, in denen wir als FIMBAG quasi das Partizipationskapital nur betreut haben, immer drei Gespräche mit dem Wirtschaftsprüfer im Anschluss an die Jahresabschlüsse geführt, um uns von ihm informieren zu lassen, wie er die Situation einschätzt. Und da kommt mehr oder minder das heraus, was ich zuerst in sehr kurzen Worten gesagt habe, aber was sich ausführlicher im Geschäftsbericht unter dem Vermerk des WPs findet.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Interpretiere ich das richtig so, dass im Rahmen einer Ex-post-Schwachstellenanalyse die Wirtschaftsprüfer nicht relevant waren?

Dr. Klaus Liebscher: Das würde ich so nicht sehen. Die Wirtschaftsprüfer haben sehr wohl darauf hingewiesen …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Im Rahmen einer Schwachstellenanalyse waren sie keine Schwäche? – So war die Frage gemeint. (Auskunftsperson Liebscher: Ich verstehe die Frage nicht, ehrlich gesagt!)

Wenn Sie jetzt zurückschauen und ich Ihnen die Frage nach einer Schwachstellenanalyse stelle, so wie ich am Anfang gesagt habe, neuralgische Bereiche der Bank im Untersuchungszeitraum 2000 bis 2014, und wenn ich das jetzt auf die Wirtschaftsprüfung beziehe: War die Wirtschaftsprüfung auch ein neuralgischer Punkt, eine Schwachstelle, oder nicht?

Dr. Klaus Liebscher: Aus meiner Sicht nein.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, dann habe ich das richtig interpretiert.

Und wenn ich diese Frage abschließend jetzt auch noch auf die Aufsicht beziehe: War die Wahrnehmung der Aufsicht von 2000 bis 2014 aus Ihrer Sicht etwas Relevantes im Rahmen einer Schwachstellenanalyse oder – so wie auch die Wirtschaftsprüfer – nicht?

Dr. Klaus Liebscher: Ich glaube, was ich eingangs bei Ihrer Befragung schon gesagt habe, was die Zeit vor der Verstaatlichung anlangt, hat die Aufsicht in meinen Augen – und ich habe das ja seinerzeit auch hier im U-Ausschuss so festgehalten – das getan, was zu tun war und was sie tun konnte; vor allem auch zur damaligen Zeit.

In der Folge hat meines Erachtens die Aufsicht – und ich spreche hier sowohl die Nationalbank als auch die FMA an –, glaube ich, schon sehr viel getan. Nehmen Sie nur die Kapitalvorschreibungen, die die FMA über JRAD an die Bank gemacht hat! Das heißt, man hat sich sowohl bei der Nationalbank und dann entsprechend auch bei der FMA mit der Entwicklung, mit der Risikoentwicklung, mit der Kapitalentwicklung der Bank sehr intensiv auseinandergesetzt. Und es kam nicht von ungefähr, dass da ein Kapitalbedarf zuerst von 1,5 Milliarden vorgeschrieben wurde, ein Zuschusskapitalbedarf JRAD auf die 12,04 seinerzeit, und dann noch einmal 600 und ein bisschen was Millionen.

Ich glaube, dass sich beide Institutionen im Rahmen dessen sehr intensiv um die Bank angenommen haben; bis hin, dass es dann auch, und das war ja JRAD, dieses Joint-Risk-Assessment mit ausländischen Behörden gegeben hat, also Regulatoren dort, wo die Bank tätig war. Das waren vor allem die Italiener und, wenn ich nicht irre, die Slowenen und auch die Kroaten.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Dr. Liebscher, ich bedanke mich für Ihre Antworten im Rahmen der Erstbefragung.

Dr. Klaus Liebscher: Bitte.

*****

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Vielen Dank, Herr Verfahrensrichter, für die Durchführung der Erstbefragung.

Ich erteile nun im Sinne der Redeordnung Herrn Abgeordnetem Dr. Hable als erstem Fragesteller das Wort.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Liebscher, ich möchte ins Jahr 2009/2010 zurückspringen, also nach der Übernahme der Hypo durch die Republik, zur Rolle der FIMBAG. – Können Sie uns kurz in eigenen Worten erläutern, was Sie als Ihre Hauptaufgabe als Chef der FIMBAG gesehen haben?

Dr. Klaus Liebscher: Wie Sie wissen, haben wir am 31. Jänner 2009 die 900 Millionen Partizipationskapital von der Republik treuhändig übertragen bekommen. Mit dieser Übertragungsvereinbarung war eben ein gewisser Aufgabenkatalog verbunden, ein Kontrollkatalog von Kreditvolumensherstellung, Überprüfung Vergütungssysteme, Risikopolitik, keine Änderung der Bilanzierungsgrundsätze und dergleichen mehr, Versuch, arbeitsplatzerhaltende Maßnahmen zu setzen und dergleichen mehr. Also ich würde sagen, diese ganzen Auflagen kennen Sie, glaube ich, genauso gut wie ich.

Daher haben wir für diese Aufgabe auch im Jahr 2009 mit unserem Management Gespräche geführt, haben darüber dann auch immer dem Finanzministerium berichtet, und haben dann – und das ist vielleicht der Punkt, worauf Sie hinauswollen – im Juli 2009 dem Finanzministerium berichtet, dass wir eine doch – ich glaube, wir haben sogar gesagt – dramatische Entwicklung der Risikovorsorgen sehen, denn die sind damals, wenn ich nicht irre, auf 287 Millionen oder so – nach den Informationen, die wir bekommen haben – zum 30. Juni angestiegen. Und das entsprach in etwa dem gesamtjahresbudgetierten Programm, das die Hypo – 2009, davon sprechen wir jetzt – hatte. Wir haben das damals gesagt und haben dann gesagt: Wir empfehlen ein weiteres Monitoring.

Der Rechnungshof – ich springe jetzt – hat dieses, wie Sie wissen, kritisiert. Wir haben die Meinung vertreten … Er hat kritisiert, dass wir aufgrund dieser Meldungen oder Informationen keine Due Diligence gemacht haben. Wir wussten andererseits aber, dass parallel dazu der Asset Quality Review mit PwC Deutschland durch die Bank bereits im Juli beauftragt war, und haben daher bewusst – sage ich auch ganz offen – davon Abstand genommen, hier weitere Maßnahmen zu setzen. Denn ein Asset Quality Review dieser Form ist mehr als eine Due Diligence. Daher haben wir davon Abstand genommen.

Plus: Wir hätten als staatliche Einrichtung ausschreiben müssen. Das hätte vier, sechs Wochen gedauert, bis wir überhaupt einen Wirtschaftsprüfer oder eine Investmentbank oder wen immer gehabt hätten, der/die das überprüfen und für uns machen kann.

Wir haben gewarnt, haben darauf hingewiesen, und dann sind wir den ganzen Sommer über eigentlich von niemandem mehr informiert worden, auch nicht vom Management, auch nicht vom Finanzministerium; ich rede jetzt nach wie vor von 2009. Da wir schon im September mit dem Vorstand der Hypo ein Gespräch gesucht hatten und der Vorstand der Hypo damals aber beantragt hat: Nein, nicht jetzt, wir haben so viel zu tun, machen wir das später!, haben wir keinen Anlass gesehen – wir wussten ja auch zu wenig über die Interna von außen –, darauf zu drängen.

Kurzum: Es ist dann erst Anfang November, eben am 5. November, Herr Pinkl zu uns gekommen, um uns mehr oder minder die vorläufigen, aber schon ziemlich sicheren Ergebnisse des Asset Quality Reviews zu geben und uns über den Kapitalbedarf zu informieren. Auch da haben wir sofort gesagt: Rede mit Lejsek im Finanzministerium!, was er tat. Und zwei oder drei Tage später – bei uns war er, glaube ich, am Donnerstag, am Freitag war er bei Lejsek –, am Montag oder Dienstag der nächsten Woche ist die schriftliche Information – am Donnerstag war es nur mündlich – an uns von der Bank gekommen, dass sie eben diesen Kapitalbedarf haben.

Dann gab es in der Folge eine Fülle von, denke ich, bilateralen Gesprächen zwischen Ministerium, Nationalbank, wem immer, mit der Bank – da waren wir, glaube ich, sehr selten dabei –, und erst so Ende November, Anfang Dezember 2009 sind wir dann auch, wie ich zuerst gesagt habe, zu Gesprächsrunden als Experten beigezogen worden, aber nicht zu Verhandlungsrunden; und bei der Verstaatlichung selbst waren wir nicht dabei.

2010 – wenn ich das noch sagen soll? – haben wir eben, wie ich eingangs erwähnte, das Ministerium, vertreten durch Ministerialrat Lejsek, bewusst gefragt: Was erwartet ihr euch von uns für die Hypo jetzt nach der Verstaatlichung? – Und da wurde ganz klar gesagt: Nichts außer der Überwachung des PS-Kapitals! 

Und da haben wir uns eben wieder dafür engagiert und haben aber natürlich am Rande auch bei unseren Gesprächen mit dem Management manches mitbekommen – was eben die Risikoentwicklung ist, was die Sicherheitenentwicklung ist, wie die Dinge des Umstrukturierungsplans laufen. Aber wir waren nie bei Gesprächen dabei, die das Finanzministerium federführend mit der Bank oder mit anderen führte, sondern wir sind dann erst Ende 2011 dort beigezogen worden, als Teilnehmer dieser sogenannten großen Runden, wie ich sie erwähnt habe.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Bleiben wir gleich im Jahr 2010 und bei der Rolle und Aufgabe der FIMBAG. Ich lege dazu ein Dokument mit der Nummer 36788 vor. Das sind jene Voraussetzungen und Bedingungen für das Partizipationskapital, die zu überwachen sind. Sie haben ohnehin schon ein paar beispielhaft angeführt. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Ich möchte auf Seite 9 unter „III. Bedingungen gemäß Verordnung“ den Punkt c) herausgreifen – damit möchte ich einmal beginnen.

Bedingung ist auch, ich zitiere, die „Vorlage eines Berichts über die auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Geschäftstätigkeit“ – das ist dieser „viability report“ – „im Falle wirtschaftlich gesunder Unternehmen und eines Restrukturierungsplanes für in einer Notlage befindliche Banken (…)“.

Das heißt, sich anzuschauen, ob notleidende oder in Notlage befindliche Banken – und das war die Hypo zweifellos – auch einen Restrukturierungsplan erarbeiten, war auch Aufgabe der FIMBAG.

Dr. Klaus Liebscher: Ich kann nicht beantworten, ob das ident ist mit der Treuhandvereinbarung, wie wir sie übernommen haben, denn dieses Papier trägt das Datum 9. Dezember 2008, 13.15 Uhr, und ist ein BMF-Positionspapier. Das ist zu einem Zeitpunkt erstellt worden, als das Partizipationskapital noch gar nicht zugezählt war, denn das Partizipationskapital ist, wenn ich nicht irre, am 28.12. oder so etwas der Bank gegeben worden.

Dieses Papier kenne ich nicht. Das ist ein internes BMF-Papier, das habe ich nie erhalten. Tut mir leid, wenn ich wieder sagen muss, ausnahmsweise, ich habe etwas nicht erhalten, aber Sie dürfen von mir nicht erwarten, dass ich ein internes BMF-Positionspapier kenne.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Natürlich war das in der chronologischen Reihenfolge vor der Zuzählung des Partizipationskapitals, weil es ja die Bedingungen der Gewährung regelt. (Auskunftsperson Liebscher: Ja, aber da waren wir nicht eingebunden!) – Darum geht es ja nicht, ob Sie eingebunden waren.

Auf Seite 1, in den ersten drei Zeilen, ist zu sehen, dass das die Position des BMF ist und die „Bedingungen und Ausgestaltungsformen des Partizipationskapitals“ enthält, „die Teil der Vereinbarung des Bundes zur Übernahme des Partizipationskapitals von Banken sein werden“.

Also das BMF legt dort eindeutig im Voraus fest: Was sind die Bedingungen, wenn wir PartKapital vergeben? – klar, und natürlich auch im Voraus; im Nachhinein hat es ja keinen Sinn –, und laut diesem Dokument auch die Frage (Auskunftsperson Liebscher: Aber würden Sie …?), ob eine in Notlage befindliche Bank einen Restrukturierungsplan vorlegt.

Ich meine, das macht ja Sinn (Auskunftsperson Liebscher: Natürlich!), denn es geht ja um die Frage, und das war die Aufgabe der FIMBAG: Wie geht es diesen 900 Millionen € Steuergeld? Sind sie in Gefahr oder nicht? – Und wenn sich eine Bank ohnehin schon in Notlage befindet, dann ist klar – auch demjenigen, der 900 Millionen € PartKapital gewährt hat –, dass es einen Restrukturierungsplan geben muss. Das ist ja völlig plausibel. (Auskunftsperson Liebscher: Herr Abgeordneter!)

Meine Frage ist: War das Gegenstand in der FIMBAG? Haben Sie sich darum gekümmert, dass die Bank zügig einen Restrukturierungsplan erstellt?

Dr. Klaus Liebscher: Ich muss Sie da korrigieren. Erstens einmal müssten wir jetzt wirklich darüber reden, was die Treuhandvereinbarung der FIMBAG mit dem BMF beinhaltet, und nicht, was ein internes Positionspapier des Bundesministeriums für Finanzen vom 9. Dezember, also vor Zuzählung … Da sind ja in der Zwischenzeit wahrscheinlich noch manche Abänderungen gekommen.

Anfang Dezember, soweit ich recherchieren konnte, ist die Bank mit einem 1,5-Milliarden-Wunsch an das BMF herangetreten. Am Ende waren es 900 Millionen. Also da hat sich wahrscheinlich manches zwischen 9. Dezember und der dann auch erst erfolgten Genehmigung der Europäischen Kommission dieses zuzählenden Partizipationskapitals geändert.

Daher: Mir wäre recht, wenn Sie mir die Treuhandvereinbarung vorlegen könnten, die wir mit dem Finanzministerium abgeschlossen haben. In dieser steht nämlich nichts von einem Restrukturierungsplan, sondern in dieser steht, die Bank ist verpflichtet, einen Viability Report, einen Nachhaltigkeitsbericht, zu erstellen, und den haben wir zu überprüfen. Von einem Restrukturierungsplan weiß ich, ich würde sagen, zu 99,99 periodisch nichts, dass es in der Grundsatzvereinbarung steht, also in der mit uns geschlossenen. Aber wenn Sie mir die vorlegen, dann können wir darüber reden, was dort steht. Und das ist die Basis – nicht dieses interne Positionspapier des Finanzministeriums. Das lehne ich ab.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, das würde ich Ihnen gerne vorlegen, wenn diese Treuhandvereinbarung dem U-Ausschuss vorliegen würde.

Dr. Klaus Liebscher: Wir haben sie dem Unterausschuss mitgegeben, also Sie haben sie. Ich habe sie nur nicht bei mir, weil ich davon ausgegangen bin, Sie kennen sie.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, und ich gehe davon aus, dass diese Bedingungen, die völlig plausibel sind, nicht abgeschwächt werden. (Auskunftsperson Liebscher: Nein, noch einmal! Noch einmal, Herr Abgeordneter!) Ist das sozusagen Ihre Argumentation, dass diese Bedingungen, die das Finanzministerium vorgesehen hat, dann in der Treuhandvereinbarung abgeschwächt oder rausgenommen worden wären?

Dr. Klaus Liebscher: Das ist wahrscheinlich das, was das Finanzministerium – ich dilettiere jetzt natürlich in der Interpretation – aufgrund seines Wissensstandes hatte, dass es neben so einem Viability Report auch aller Wahrscheinlichkeit nach einen Restrukturierungsplan geben muss. Aber dieser betraf nicht – glauben Sie mir, wirklich – die FIMBAG.

Wir haben uns nur den Viability Report im Jahr 2009, wie ich zuerst auch schon gesagt habe, zwei-, dreimal angeschaut, zwei-, dreimal an die Bank zurückgeworfen und erst dann, weil schon Zeitnot war, wie üblich an das BMF gegeben, und das BMF hat ihn dann innerhalb von zwei Tagen an die Kommission geleitet.

Aber wir hatten nur Viability und nicht Restrukturierungsplan. Und ich habe Ihnen auch gesagt: Wir als FIMBAG wurden ab dem Jahr 2010 nie in Restrukturierungsgespräche oder -themen eingebunden. Da waren wir nicht dabei.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dazu kommen wir noch. (Auskunftsperson Liebscher: Ja, bitte!) Aber es steht auch hier in den Bedingungen des BMF – das ist ja kein Widerspruch –: Der Viability Report, also dieser Nachhaltigkeitsbericht, gilt für wirtschaftlich gesunde Unternehmen (Auskunftsperson Liebscher: Das haben wir ja auch überprüft!), und den Restrukturierungsplan gibt es für Banken in Notlage. Nun kann man nach der Übernahme 2009 ja nicht mehr davon reden, dass die Hypo ein gesundes Unternehmen war.

Dr. Klaus Liebscher: Das habe ja nicht ich festzustellen, sondern das hat ja die Europäische Kommission festgestellt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, schon, aber es hat Auswirkungen auf die 900 Millionen € Steuergeld.

Dr. Klaus Liebscher: Ich habe nichts mehr zu sagen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gehen wir weiter auf Seite 10 dieser Bedingungen, das ist der Punkt …

Dr. Klaus Liebscher: Das sind nicht die Bedingungen, die wir haben. Bitte legen Sie mir die Treuhandvereinbarung vor, dann können wir über die Bedingungen reden! Das ist ein Papier vom Finanzministerium vom 9. Dezember 2008, und da ist nichts. Steht da irgendwo das Wort FIMBAG? – Sie kennen das Papier; ich tue mich schwer da.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Liebscher, Sie reden dieses Papier klein! – Das ist die Grundlage (Auskunftsperson Liebscher: Ich rede nicht das Papier klein!), das ist das Positionspapier des BMF, das die Grundlage für all diese Treuhandvereinbarungen ist. Also ich weiß nicht, warum Sie jetzt argumentieren, dass das alles in diese Treuhandvereinbarungen keinen Eingang gefunden haben kann. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Klaus Liebscher: Nein, ich sage nicht, alles, aber ich möchte nur darauf hinweisen, dass das Wort Restrukturierungsplan in der Treuhandvereinbarung zur FIMBAG nicht vorkommt.

Das Wort Viability Report kommt vor, und den Viability Report haben wir überprüft. Das habe ich jetzt mehrfach gesagt. Aber wir haben nicht …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dann wäre das schon einmal eine Erkenntnis dieses Ausschusses, dass die Treuhandvereinbarung entgegen der ursprünglichen Absicht abgeschwächt worden ist.

Dr. Klaus Liebscher: Das kann ich nicht vergleichen, ich kenne ja dieses Papier nicht. Das müssen Sie das Finanzministerium …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ich vergleiche das BMF-Papier mit Ihrer Aussage. (Auskunftsperson Liebscher: Ja!) – Dann muss es eine Abschwächung gegeben haben.

Dr. Klaus Liebscher: Ja, kann sein.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber kommen wir zu diesem Punkt i). (Auskunftsperson Liebscher: Bitte?) – Nächste Seite, Seite 10, der Punkt i) – Ida. (Auskunftsperson Liebscher: Ida? „Umfassende Informations- …“?) – „Umfassende Informations- und Auskunftspflicht über sämtliche Umstände, die die Stellung des Bundes als Partizipant nicht nur unwesentlich berühren könnten.“

Also das (Auskunftsperson Liebscher: Das ist geblieben!) wird jedenfalls in der Treuhandvereinbarung drinnen geblieben sein?

Dr. Klaus Liebscher: Das ist geblieben, ja, absolut.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut.

Wie haben Sie dann ab dem Jahr 2010 diese umfassenden Informations- und Auskunftspflichten wahrgenommen?

Dr. Klaus Liebscher: Indem wir uns mehrfach im Jahr, also bereits im Jahr 2010, beispielsweise viermal mit dem Vorstand der Hypo bei uns in der FIMBAG getroffen und jeweils ausreichendes Informations- und Datenmaterial bekommen haben. Da, muss ich sagen, hat die Bank immer sehr, sehr gute Unterlagen geliefert, wie die anderen Banken im Übrigen auch, die wir zu betreuen hatten. Wir haben uns anhand der schriftlichen Informationen, die, wie man uns sagte, meistens auch Basis für Informationen an den Aufsichtsrat der Hypo waren, orientiert und haben uns natürlich auch über das mündliche Feedback der Bank unser Bild gemacht, das eben, wie ich schon sagte, zur Einschätzung der weiteren Zukunft eher kritisch ausgefallen ist.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also Sie haben den Zahlen der Bank vertraut?

Dr. Klaus Liebscher: Sicher, warum auch nicht?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Zum Beispiel aufgrund der Erfahrung aus dem Jahr 2009, dass innerhalb weniger Monate der Wertberichtigungsbedarf …

Dr. Klaus Liebscher: Ich habe ein neues Management gehabt – das ich eigentlich von Anfang an durchaus mit einem Vertrauensvorschuss versehe –, das, soweit ich weiß, im April eingesetzt wurde, Kranebitter und die anderen dann ein bisschen später. Warum sollen unter einem neuen Aufsichtsrat gerade wir als FIMBAG mit der größten Skepsis an diese Herren herangegangen sein?

Das heißt, wir haben ihnen schon vertraut, dass sie uns auch ordentliche Zahlen und die richtigen Zahlen liefern. Und wir haben uns auch mit dem Wirtschaftsprüfer der Bank im Nachhinein einmal im Jahr jedenfalls getroffen, wo auch Verschiedenes bestätigt wurde.

Also ich gestehe hier schon, dass da sicher 2010 oder 2011 überhaupt kein Anlass gewesen wäre, wieder irgendeine Überprüfung zu machen, die Sie vielleicht subkutan ansprechen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, nicht nur subkutan. Dazu lege ich ein Dokument mit der Nummer 14350 vor. – Ich warte nur, bis Sie das Dokument bekommen haben. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Klaus Liebscher: Das ist aber auch ein Papier – entschuldigen Sie, wenn ich lache –, wo ich bei der Besprechung gar nicht dabei war. Das ist ein internes Protokoll des Finanzministeriums über die Teilnehmer des BMF, der Finanzprokuratur, des Bundeskanzleramts und der Hypo.

Was soll ich über dieses Gespräch am 30.11.2010 sagen? – Ich war nicht dabei.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Warten Sie einmal auf meine Frage, würde ich vorschlagen!

Das ist dieses seit den letzten Wochen dem U-Ausschuss mittlerweile schon vertraute Dokument über diese Besprechung im BMF, November 2010, bei der der gesamte Bankvorstand anwesend war, Spitzenvertreter aus Kanzleramt, Finanzministerium und -prokuratur – zugegebenermaßen Sie nicht, aber dazu kommen wir gleich.

Was in diesem Dokument steht, ist schon sehr heftig. Auf Seite 3 in der Mitte, dritter Absatz, berichtet Kranebitter, dass der Jahresabschluss 2009 falsch ist. Ursachen dafür sind inadäquates Rechenwerk – der nächste Punkt ist auch sehr interessant –, die „Aussparung von Sicherheitenbewertungen im Asset Review 2009 von PWC“ – das heißt, PwC hat nicht vollständig geprüft – und „bewusste Malversationen“ – das bedeutet den Verdacht der Bilanzfälschung.

Auf der nächsten Seite, Seite 4, ganz oben, berichtet Edelmüller sogar, dass bis 2005 zurück „die Wertberichtigungen nicht ordnungsgemäß gebildet“ wurden. Das heißt, alle zurückliegenden Bilanzen sind falsch, auch der Verdacht der Bilanzfälschung liegt völlig klar auf dem Tisch.

Auffällig ist natürlich, dass die FIMBAG nicht dabei ist. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) – Haben Sie von all dem nichts erfahren, denn welches Ausmaß tatsächlich in der Hypo der Fall war – ich verweise auf Ihre Aussagen –, wurde erst im Laufe der Jahre bekannt, die Rolle der Wirtschaftsprüfer ist positiv zu beurteilen? (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) – Das wird im November 2010 ganz eindeutig widerlegt. Ich frage mich nur: Warum wissen Sie davon nichts?

Dr. Klaus Liebscher: Wie ich eingangs gesagt habe: Wir sind eigentlich im Jahr 2010 und im Jahr 2011 fast nie als Teilnehmer zu Gesprächen eingeladen gewesen …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber Herr Dr. Liebscher, Information ist doch auch eine Holpflicht! Man kann doch nicht immer darauf warten, bis man eingeladen wird, bis man auf dem Verteiler steht.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, die Fragezeit ist abgelaufen.

Dr. Klaus Liebscher: Jetzt hören Sie doch einmal mit dieser Vorwurfart auf! (Abg. Hable: Damit höre ich nicht auf!) Sie können doch nicht von mir verlangen, dass ich immer wieder zu Themen Stellung nehmen soll, von denen wir keine Kenntnis erhalten haben. Es ist ja auch all das dann nicht eingetreten, was Herr Kranebitter hier offensichtlich gesagt hat. Mir ist nicht bekannt, dass die Bilanz 2009 aufgemacht oder korrigiert wurde. (Abg. Hable: Das ist ja ein Problem! Das ist ja nicht gemacht worden! Das stimmt ja!)

Wir haben die Informationen zu Punkt 1, zum Beispiel, Bullet Point 1, auf der Seite 1 in unserem Gespräch … Wir haben am, glaube ich, 13. Dezember 2010 ein Managementgespräch mit der Bank gehabt, da haben uns Kranebitter & Co erklärt, dass die Risikokosten 1,1 Milliarden[1] sein werden, und so weiter und so fort. Also diese wirtschaftlichen Entwicklungen hat er uns sehr wohl berichtet, aber was zum Beispiel den Abschluss 2009 anlangt, hat Herr Kranebitter uns gegenüber keine Erwähnung gemacht. Wenn er diese offensichtlich 14 Tage vorher dem Finanzministerium gemacht hat, aber uns nicht, wie soll ich davon Kenntnis haben?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich muss auf die nächste Runde warten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es ist immer so schwierig, da weiterzumachen, weil ich finde, dass das Dokument bei Ihnen uninteressant ist, weil Sie nicht dabei waren.

Dr. Klaus Liebscher: Ja, aber man wird mir das wieder vorwerfen, dass ich es nicht kenne, obwohl ich nicht dabei war.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Vielleicht fangen wir mit etwas anderem an. Sie haben vorhin davon gesprochen, dass Sie auch aufgrund von Diffamierungen zurückgetreten sind (Zwischenruf des Abg. Hable), ich glaube, am 21. Feber 2014. Meinen Sie damit diese Diffamierungen wie zum Beispiel in der Fernsehsendung „Pro und Contra“ am 10. Februar? – Da sagt Werner Kogler:

„Liebscher (…)“ hat „ein Gutachten gemacht, weil eigentlich wäre das wettbewerbsverzerrend gewesen“. „Und jetzt heißt es da bei Liebscher (…), die Hypo (…) ist non distressed, also halbwegs gesund.“

Haben Sie solche Diffamierungen gemeint, obwohl Sie da schon vier Monate nicht mehr in der Bank waren? (Auskunftsperson Liebscher: Ja!)

Oder haben Sie gemeint, dass der Abgeordnete Kogler am selben Tag in derselben Sendung einen Zettel mit vielen Schwärzungen in die Höhe gehalten und gesagt hat: „Das waren die Notenbank-Akten“ zur Hypo Alpe-Adria, die waren „alle nur mehr geschwärzt“, obwohl sich nachher herausgestellt hat, dass das, was er in die Höhe gehalten hat, weder von der OeNB noch über die Hypo war?

Dr. Klaus Liebscher: Das kann ich jetzt überhaupt nicht bestätigen, muss ich sagen, das weiß ich nicht mehr.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber es ging um solche Diffamierungen?

Dr. Klaus Liebscher: Aber es ging um solche … Schauen Sie, es gab ein Medium, ein Wochenmagazin, das auf der Seite 1 drei Fotos veröffentlicht hat: von einem Kroaten, der im Gefängnis saß, vom Herrn Berlin und vom Herrn Liebscher, und beim Liebscher stand „Verzögerer“. Da habe ich mir gesagt: Eigentlich geht das jetzt schon ein bisschen weit, das habe ich mir nicht verdient, und dann könnt ihr mich am Ende des Tages alle gernhaben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie sind am 31. August 2008, glaube ich, als Notenbank-Gouverneur in Pension gegangen. (Auskunftsperson Liebscher: Ja!) Mhm. Ich habe das durchaus verstanden. Ich war ja auch der Meinung, dass das, was auch manche Kollegen hier gemacht haben – vom Stil her hat es mich erinnert an ein … –, also: Es ist einfach unredlich gewesen und war natürlich auch nicht in Ordnung.

Dr. Klaus Liebscher: Ich habe es halt zur Kenntnis nehmen müssen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, gut.

Bezüglich der Information, wenn Sie das jetzt hier lesen und sagen, Sie haben das nicht gekannt, Sie haben 14 Tage später ein Managementgespräch gehabt, wo der Vorstand Ihnen Teile dessen berichtet hat, aber nicht ident damit, was anscheinend bei diesem Gespräch im BMF war. – Sind Sie dann ex post der Meinung, dass Sie schlecht informiert oder falsch informiert wurden?

Dr. Klaus Liebscher: Ja, offensichtlich gab es zwischen dem Eigentümer und dem Vorstand eine andere Gesprächsbasis oder andere Gesprächsinhalte als – sage ich einmal – zwischen dem Vorstand und der FIMBAG. Ich meine, das, was für unsere Zwecke, für die Kontrolle der Auflagen, ausreichend ist …, wenn er uns sagt, das Jahr ist schwierig, wir werden wieder riesige Risikokosten haben oder höhere, als ursprünglich prognostiziert, denn da waren auch wieder niedrigere Summen im Gespräch – … Wir haben daraus unsere Schlüsse gezogen und haben damals eben auch schon gesagt, die Situation ist sicher ernst, weil auch die Sicherheiten aufgrund der wirtschaftlichen Verschlechterung et cetera nicht mehr so viel wert sind, wie sie einmal angesetzt waren, und das war für uns Signal, sagen wir einmal, um auch dem Finanzministerium mitzuteilen: Bitte, da ist schon eine Entwicklung, die sehr angespannt ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie sagen, dass die Kommunikation gegenüber dem Eigentümer oder den Eigentümervertretern eine intensivere oder ausführlichere ist als gegenüber dem PartKapital-Zugerechneten, ist normal?

Dr. Klaus Liebscher: Ja, offensichtlich, wenn ich von Gesprächen weiß. Das habe ich ja auch eingangs gesagt, wir haben ja vielfach schon erfahren, dass das Finanzministerium gesagt hat: Wir hatten ein Gespräch mit dem Vorstand, wir hatten ein Gespräch mit der Europäischen Kommission oder zu Themen der Europäischen Kommission!, wo wir eben nicht dabei waren, aber wussten, dass es diese Gespräche gibt, weil wir eben informiert wurden. Dann haben wir gesagt: Könnt ihr uns eventuell berichten? Wir hatten ja auch bilaterale Jour fixes mit dem Finanzministerium, wo dann gewisse Informationen wieder gekommen sind – im Nachhinein. Diesen Austausch hat es schon gegeben.

Aber ich sage noch einmal: Die Bank hat uns eigentlich immer sehr ordentliche Unterlagen geliefert, und oft haben auch Kranebitter oder Edelmüller gesagt, es sind genau die Unterlagen, die wir vorgestern im Aufsichtsrat hatten. Ehrlich gesagt: Warum sollen dann die FIMBAG oder ich persönlich Zweifel hegen, ob diese Zahlen richtig sind, die man vor drei Tagen oder in drei Tagen dem Aufsichtsrat vorlegt?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber die Sicht auf die Bank, die die FIMBAG hatte, war schon eine andere als die, die der Vorstand öffentlich kommuniziert hat?

Dr. Klaus Liebscher: Also wir waren, glaube ich, schon kritischer in unserer Berichterstattung, aber ich verstehe natürlich auch den Vorstand, also es war ja nichts …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich will jetzt nicht, dass Sie Verständnis für irgendjemanden anderen haben, sondern die Frage ist: Sie hatten eine andere Sicht als der Vorstand? Der Vorstand hat ja auch öffentlich kommuniziert, jedenfalls im Jahr 2010 und im Jahr 2011, auf Schiene zu sein (Auskunftsperson Liebscher: Ja!), und ich erinnere mich, dass die FIMBAG da eine ganz konträre Meinung bezogen hat.

Dr. Klaus Liebscher: Ja, das ist sicher richtig.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die hat von Verlusten von mehreren Milliarden gesprochen, die drohen.

Dr. Klaus Liebscher: Der Vorstand?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nicht der Vorstand der FIMBAG, der Aufsichtsrat der FIMBAG jedenfalls, aber der wird seine Information ja vor allem vom Vorstand haben.

Dr. Klaus Liebscher: Diese Quantifizierungen konnten wir selbst nicht anstellen, dafür haben wir ja nicht die ausreichenden Unterlagen, und das ist auch nicht notwendig, denn wenn uns der Vorstand erklärt, dass das Jahr 2010 schwierig ist, und diese 1,1 Milliarden, die hier beispielsweise von Kranebitter auf der Seite 1 in diesem Dokument erwähnt werden, dann ist das für uns ein Faktum, das ja zählt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber wann haben Sie dann als FIMBAG den Eindruck gehabt, es sind mehr als diese 1 oder 2 Milliarden, es geht um 4 oder 5?

Dr. Klaus Liebscher: Den Eindruck gewannen wir, glaube ich, erst im Jahr 2012. – Kann das sein? Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher. (Abg. Krainer: Da kann ich Ihnen jetzt nichts sagen! – Heiterkeit der Auskunftsperson.) Ja, aber das habe ich jetzt auch nicht hundertprozentig präsent, aber ich glaube, die dramatischere Entwicklung ist eben im Laufe der Zeit erfolgt, also das war sicher noch nicht im Jahr 2010. Ich würde sagen, vielleicht war es frühestens im späten 2011er-Jahr, aber wahrscheinlich so um den Jahreswechsel in Richtung 2012, denn da ist eben alles viel dramatischer geworden in der Entwicklung, auch durch die Sicherheitenabschläge, durch die ansteigenden NPLs und dergleichen mehr, also da haben sich ja oft innerhalb kurzer Zeit die Entwicklungen geändert. Die 4 oder 5 Milliarden Verlust habe ich nur so im Kopf: wenn man in ein Zerschlagungsszenario ginge, damals. Also das war eigentlich die uns gegenüber geäußerte Meinung.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mir geht es jetzt gar nicht darum, was andere Ihnen gegenüber äußern (Auskunftsperson Liebscher: Nein, der Vorstand, meine ich!), sondern was innerhalb der FIMBAG für ein Bild herrscht oder was Organe der FIMBAG kommunizieren.

Dr. Klaus Liebscher: Nein, wir haben sogar einmal gegenüber dem Finanzministerium gesagt, dass wir das gar nicht quantifizieren können.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm. Und Sie sagen, erst 2012 hatten Sie den Eindruck, dass das weit schlimmer ist als …

Dr. Klaus Liebscher: Ich glaube, 2012 ist die Erkenntnis im Vorstand und offensichtlich ja auch im Aufsichtsrat der Hypo gewachsen – und zwar sehr dramatisch gewachsen –, dass es eine andere Situation ist, als wir als Vorstand im Jahr 2010/2011 geglaubt haben, als wir nämlich gedacht haben, wir können die Bank in eine Gesundung, in eine Sanierung führen und brauchen daher das Thema Bad Bank und solche Sachen nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mir geht es gar nicht darum, was Ihnen von den Organen der Bank kommuniziert wurde. Das ist ja das eine. Es ist ja nicht so, dass Sie sich ausschließlich immer nur darauf verlassen, was Ihnen Organe sagen. (Auskunftsperson Liebscher: Nein, wir haben umgekehrt …!) Das werden Sie auch als Aufsichtsratsvorsitzender nicht gemacht haben. Man hat ein Grundvertrauen, aber man wird sich nicht hundertprozentig ausschließlich an diese Quelle halten.

Dr. Klaus Liebscher: Nein, nein, aber Sie sind natürlich abhängig von Informationen, die Sie bekommen. (Abg. Krainer: Ja!) Sie sind abhängig von Zahlen, die Sie bekommen (Abg. Krainer: Ja!), und Sie bilden sich das Urteil, so wie wir beispielsweise schon im Jahr 2010, als die Bank begonnen hat, diese interne Fortbestands- und Abbaueinrichtung vorzunehmen, gesagt haben, dass das von uns unterstützt wird, und wir haben das auch gegenüber dem Finanzministerium so dokumentiert. Wir haben diese Trennung schon positiv beurteilt, weil wir gesehen haben, dass sich die Risikosituation verschlechtert hat oder noch verschlechtern wird und daher diese Überlegungen der Bank absolut richtig sind. Ich kann nicht mehr als dann so ein Urteil abgeben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie glauben nicht, dass im Oktober 2011 innerhalb der FIMBAG schon das Bild da war, dass es da wesentlich schlechter steht (Auskunftsperson Liebscher: Na sicher war das …!), dass es da um mehrere Milliarden geht?

Dr. Klaus Liebscher: Das Bild war schon da, das haben wir ja auch immer gesagt, aber das wahre Ausmaß hat sich sukzessive über die Jahre aufgebaut. (Abg. Krainer: Ja, aber ich will ja …!) Ich glaube, man könnte keinem unserer Berichte an das Finanzministerium entnehmen, dass wir nicht auf diese aus unserer Sicht schwierige Entwicklung und auf die Risikoerhöhung hingewiesen haben. (Abg. Krainer: Ja, aber es gibt ja …!) Das ist die Position der FIMBAG.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es gibt da drei verschiedene Ebenen. Das eine ist: Welche Informationen bekam ich als FIMBAG von den Organen der Bank, also nicht nur von der Bank, sondern vom Wirtschaftsprüfer et cetera? Das sind also externe Informationsquellen. Das ist die eine Ebene.

Die zweite Ebene ist die Meinungsbildung innerhalb der FIMBAG. Was habe ich innerhalb der FIMBAG für ein Bild über diese Bank? – Das ist natürlich von den Informationen bestimmt, die ich vom Vorstand, vom Aufsichtsrat, vom Wirtschaftsprüfer, von Medien bekomme (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen), auch aus persönlichen Einschätzungen heraus bekomme, woher auch immer, auch aus der Erfahrung heraus; in der FIMBAG sitzen ja nicht gerade die Frischg’fangten von der Uni, sondern das sind ja alles Menschen mit jahrzehntelanger Erfahrung im Bankgeschäft, und zwar im Vorstand und im Aufsichtsrat. Da sitzen ja wahrscheinlich die Erfahrensten. Ich will ja gar nicht wissen, wie viele Erfahrungsjahre im Vorstand und Aufsichtsrat der FIMBAG gesessen sind. Das haben wir noch gar nicht zusammengerechnet, aber da kommt man sicher auf eine dreistellige Zahl.

Die dritte Ebene ist: Was kommuniziere ich dann als FIMBAG nach außen?#

Das sind natürlich drei voneinander unabhängige Fragen, und mir geht es ausschließlich um die Frage: Welches Bild hat man intern – Vorstand, Aufsichtsrat der FIMBAG, Mitarbeiter der FIMBAG – von der Bank gehabt, und wann, zu welchem Zeitpunkt …? Also nicht, wann man es gesagt hat, denn man sagt das, was man belegen kann, was man sicher weiß, aber es gibt ja so etwas wie Meinungsbildung und es gibt ja so etwas wie Einschätzungen, die man hat, auch als Organisation, und das kann nie ausschließlich aufgrund einer Informationsquelle sein, dafür sind Sie alle viel zu lange im Geschäft. Ich meine, Sie können mir da etwas erzählen, nicht ich Ihnen!

Dr. Klaus Liebscher: Wir haben uns nach jedem Managementgespräch und nach zusätzlichen Informationen, die wir erhalten haben – auch teilweise aus dem Finanzministerium, teilweise vom Wirtschaftsprüfer –, ein Bild gemacht, dieses niedergeschrieben und haben eben gesagt: Wir sehen die Situation ernst, wir sehen die Situation angespannt. Der Verfall der wirtschaftlichen Entwicklungen in Südosteuropa, der laufende Anstieg – ich meine, die konnten zwar NPLs reduzieren, gleichzeitig sind wieder neue hereingekommen, daher ist es ja nicht niedriger, sondern eher teilweise immer mehr geworden. Das haben wir als Meinung der FIMBAG unserem Auftrag- oder Treugeber Finanzministerium selbstverständlich aus eigener Beurteilung mitgeteilt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mein Eindruck und auch meine Erinnerung ist, dass die FIMBAG bereits im Herbst 2011 vor Milliardenverlusten gewarnt hat (Auskunftsperson Liebscher: Das kann jetzt sein, das habe ich im Moment nicht in Erinnerung, aber ich streite es nicht ab …!) und das damit doch um einiges früher als die Organe der Bank so berichtet hat. Mein Eindruck ist, dass die FIMBAG und die Organe der FIMBAG offensichtlich – auch wenn sie weit weg waren – eine realistischere Einschätzung der Situation hatten als der Vorstand selbst.

Dr. Klaus Liebscher: Mein Aufsichtsratsvorsitzender hat einmal etwas in einem Pressegespräch gesagt. (Abg. Krainer: Zum Beispiel, ja!) Das war sehr wohl unsere Meinungsbildung, als er dann von mehreren Milliarden gesprochen hat, selbstverständlich, aber das ist jetzt nicht ein Thema in dem Sinne, dass wir das … (Abg. Krainer: Ich glaube, er hat von 4 oder 5 gesprochen!) – Er hat von 4 bis 5 gesprochen. (Abg. Krainer: Ja, und zwar bereits 2011!) – Ja, ja, richtig, ja. (Abg. Krainer: Im Oktober oder so etwas!) – Ja, aber wir haben uns aufgrund unserer Erkenntnisse, sagen wir, in Richtung des Finanzministeriums zunächst allgemeiner ausgedrückt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, ja, deswegen versuche ich, diese drei Ebenen zu trennen. Was ich an externen Quellen habe, was ich für eine interne Meinungsbildung habe und was ich weiter kommuniziere, das ist ja nicht immer ident. Sie sind ja keine Postein- und -ausgangsstelle.

Dr. Klaus Liebscher: Nein, aber wir waren natürlich in vielen Fällen intern sehr kritisch und haben anhand dessen, was uns an Zahlen vorgelegen ist, unsere Berichte objektiv und neutral gemacht. Das möchte ich schon auch zu unserer Ehre irgendwo festhalten. Wir haben nicht versucht, da irgendetwas hineinzuformulieren, was, sagen wir, nicht aus Zahlen ableitbar gewesen wäre, sondern das waren natürlich Erwartungs…

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und der Aufsichtsratsvorsitzende war halt ein bisschen more outspoken.

Dr. Klaus Liebscher: Er war sicher more outspoken, das würde ich nicht dementieren wollen, aber das war auch einmal Ergebnis einer Diskussion, die wir sicher bei uns im Aufsichtsrat hatten, wo wir alle die Sorge hatten, dass das eine Größenordnung wird … Ich habe ja wirklich auch gleich am Beginn gesagt: Wir sind davon ausgegangen, dass die erforderlichen Risikovorsorgen in den folgenden Jahren das Ergebnis (Abg. Krainer: Ja, die Berichte kenne ich, das weiß ich, aber das ist ein bisschen …!) massiv belasten werden, und das ist ja dann alles hinaufgegangen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ohne despektierlich zu sein: Die Berichte, das ist ein bisschen Notenbank-Speak. Das meine ich jetzt nicht despektierlich, aber jedenfalls: Was der Aufsichtsratsvorsitzende zum Beispiel damals auch öffentlich kommuniziert hat, war klar und deutlich – das mag jetzt nicht so … –, und ich denke, das muss aufgrund von internen Meinungsbildungen passiert sein.

Dr. Klaus Liebscher: Ja, das war die interne Meinungsbildung, aber noch einmal: Die Diskussion oder die schriftliche Berichterstattung hat sich an das Zahlenwerk gehalten. Die Annahme war, wir werden mehr Milliarden erreichen, als vielleicht am Anfang angenommen, aber, wie gesagt, ich glaube, dass sich diese Entwicklung eben aufgrund der Entwicklung auf den Finanzmärkten und des wirtschaftlichen Umfeldes ergeben hat.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, ich mache in der nächsten Runde weiter. – Danke.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Liebscher, ich möchte auch mit dem Thema der Rolle der FIMBAG 2008 beginnen. Sie haben ja mit der FIMBAG damals treuhändig die – unter Anführungszeichen – „Vormundschaft“ für die 900 Millionen PartKapital übernommen. Ein Punkt, den wir mit Herrn Spranz hier schon sehr ausführlich diskutiert haben, war ja, dass Sie sichergestellt haben, dass die Republik für diese 900 Millionen € ein sogenanntes Wandlungsrecht gehabt hätte. – Können Sie uns dazu etwas sagen?

Dr. Klaus Liebscher: Soweit ich mich erinnere, war das eine Option, die eben in diese Vertragsgestaltung seitens der Republik Österreich hineingenommen wurde und von der, wie wir alle wissen, nicht Gebrauch gemacht wurde. Es war bei einer zweiten Bank genau so eine Formulierung drinnen, bei der es auch nicht dazu gekommen ist. Ich glaube, dass das seinerzeit eher auch ein Drohpotenzial gegenüber den Altaktionären war – also den Altaktionären, die dann mit der Übernahme des Partizipationskapitals drinnen geblieben sind –, dass da schlimmstenfalls, wenn eben die Erfüllung dieser Auflagen nicht zustande kommt, diese Option als Potenzial genutzt werden könnte, aber ich hatte nie den Eindruck, das muss ich ganz offen sagen, dass es eine ernste Option war.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber die Möglichkeit lag vor, das haben wir auch recherchiert, das liegt uns auch vor – die ganzen Zusagen, also dass der Bund die 900 Millionen € im Jahr 2009 in Aktien hätte wandeln können und somit Mitaktionär gewesen wäre, und diese Voraussetzungen wurden ja über die FIMBAG geschaffen, also Sie haben das …, der Herr Spranz, glaube ich, hat federführend die Voraussetzungen geschaffen, dass jeder Aktionär einen entsprechenden Beschluss gefasst hat, dass das auch hätte vollzogen werden können, dass da die Zustimmungen vorlagen. (Auskunftsperson Liebscher: Ja! Ja, völlig richtig!)

Können Sie uns vielleicht etwas dazu sagen, warum davon dann in weiterer Folge nicht Gebrauch gemacht wurde?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, davon weiß ich nichts.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Der Zeitraum 2008/2009, also speziell 2009 bis hin zu der Übernahme der Bank im Jahr 2009: Inwieweit war die FIMBAG da in Gespräche eingebunden? Es hat ja ab Mitte des Jahres, spätestens ab Mitte des Jahres, offensichtlich sehr intensive Gespräche zwischen dem Bund – auch auf höchster politischer Ebene, dem Finanzminister, damals dem Herrn Pröll, und den Beamten des Finanzministeriums – und den Bayern gegeben. Man hat da also sehr intensive Gespräche geführt mit dem Hauptaktionär, mit der BayernLB, und die anderen Mitaktionäre wurden in diese Gespräche bis zum Schluss nicht eingebunden. – Haben Sie dazu Wahrnehmungen? Waren Sie als FIMBAG da mit eingebunden?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, ich habe dazu keine Wahrnehmungen. Ich habe ja vieles von möglichen Gesprächen auch erst nachher gehört oder erfahren. Wir waren in die Gespräche eingebunden, die wir direkt mit dem Management der Bank geführt hatten. Wir sind erst Mitte November, nachdem der Asset Review durch PwC vorgelegen ist, dann auch zu einzelnen Gesprächen, die das Finanzministerium geführt hat, beigezogen worden, und das waren immer sogenannte Expertengespräche. Ich erinnere mich, dass Herr Ministerialrat Lejsek ausdrücklich darauf verwiesen hat, auch in dem einen oder anderen Gespräch, an dem wir teilgenommen haben oder an dem ich auch teilgenommen habe, dass es sich da nicht um eine Verhandlungsrunde, sondern um eine Fact-Finding- oder Expertengesprächsrunde handelt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie sind also auch vom Bankmanagement – Sie haben es angesprochen, damals war Herr Pinkl Vorstandsvorsitzender der Bank – nicht darüber informiert oder in Kenntnis gesetzt worden, dass es da Gespräche mit der Republik gibt.

Da Sie über die Gespräche nicht informiert worden sind, gleich meine weitere Frage: Sie können uns wahrscheinlich auch über den Inhalt der Gespräche nichts sagen, oder?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, ich kann Ihnen nur sagen, dass – wie ich vorher schon einmal sagte – am 5. November 2009 Herr Pinkl bei uns in der FIMBAG war. Ich habe auch das Gespräch mit ihm geführt, und ich glaube, auch mein Kollege Wala war dabei, möglicherweise auch Herr Spranz. Jedenfalls hatte er uns dort informiert, dass aufgrund dieses eingeleiteten Überprüfungsverfahrens durch PwC eine große Risikovorsorge – über eine Milliarde, eineinhalb Milliarden – und auch ein entsprechender Kapitalbeschluss erforderlich sind. Das war das erste Mal, dass wir von Pinkl, damit also auch vom Vorstand, eine Information zu diesem vorläufigen Ergebnis – ich glaube, am 5.11. war der Asset Review noch nicht fertig, also nicht formal fertig – erhalten haben. Vorher haben wir nichts erfahren.

Über allfällige Gespräche auf politischer Ebene oder anderen Ebenen hat man uns seitens der Bank nichts gesagt, und ich habe nichts gewusst. Unsererseits haben wir aber damals, am 5.11., Pinkl gesagt, er muss diese Information, die – so war mein Eindruck – wir einmal als Erste erhalten haben könnten, unverzüglich auch Herrn Ministerialrat Lejsek im Finanzministerium geben, was er dann am 6.11. gemacht hat.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Offensichtlich war ja Herr Sektionschef Lejsek sowieso im regen Gespräch und in Verhandlungen mit der Bank, weil es ja schon im Oktober 2009 verschiedenste Termine auch bei der EU gegeben hat.

Dr. Klaus Liebscher: Ja, das kann schon sein, aber wenn ich als Treuhänder (Abg. Angerer: Ja!) von einer derart schwierigen Situation erfahre, dann ist es wahrscheinlich auch naheliegend, dass ich sage: Bitte informieren Sie unverzüglich meinen Treugeber!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Genau, das wollte ich ja gerade sagen. Also ich glaube, dass Sie sehr korrekt waren; ich hätte jetzt genau die Frage gestellt.

Sie als FIMBAG sind vom Finanzministerium eingesetzt worden, das Finanzministerium führt da mit der Bank, wo Sie PartKapital treuhändig zur Aufsicht übergeben bekommen haben, Gespräche über möglichen Kapitalbedarf, was auch immer – wir wissen ja nichts Genaues darüber, was da gesprochen worden ist –, oder Beteiligungen der Republik, und Sie werden nicht informiert. – Also Sie sind da offensichtlich auch vom Finanzministerium nicht informiert worden.

Dr. Klaus Liebscher: Nein, sicher nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben also keinerlei Informationen erhalten, weder von der Bank noch vom Finanzministerium, dass es da intensive Gespräche mit der Bank gibt?

Dr. Klaus Liebscher: Also bis zum 5. November haben wir nichts gewusst, und nach dem 5. November wussten wir und haben sogar selbst einmal angeregt – glaube ich auch –, aufgrund dieser Entwicklung, dass es dringend notwendig wäre, ein Gespräch mit dem BMF, der Nationalbank, auch der FMA und uns gemeinsam zu führen, damit einfach auch der allgemeine Wissens- oder Informationsstand dargelegt wird. Also wir haben sicher keine Ahnung von irgendwelchen Gesprächen des Herrn Finanzministers, seiner Beamten oder der Nationalbank mit der Bayerischen Landesbank oder Vertretern anderer Aktionäre gehabt, sicher nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Jetzt wissen wir aber, dass es die gegeben hat, und wir fragen uns auch, warum viele Menschen oder viele Organisationen davon nicht informiert worden sind.

Das, was uns auch sehr wundert, was wir auch erst aus einer Anfragebeantwortung vom 13. Mai 2016 aus dem Finanzministerium, die ich Ihnen jetzt vorlegen möchte, erfahren haben – es ist die Anfragebeantwortung 8330/AB mit der Aktennummer 2119170 –, ist, dass auf die Frage hin, welche Haftungen vom Bund gegenüber der Hypo übernommen worden sind, speziell im Jahr 2009 mehrere Haftungen in der Höhe von über 1,3 Milliarden € übernommen worden sind. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Also wenn Sie „Zu 1.“, den unteren Teil anschauen, da beginnt die Passage mit den Haftungen im Jahr 2009: Das ergibt in Summe dann – auf der zweiten Seite –, wenn man das zusammenrechnet, 1,35 Milliarden €.

Wurde die FIMBAG darüber in Kenntnis gesetzt? Ist Ihnen das bewusst, dass da vonseiten des Bundes im Jahr 2009 Haftungen in Höhe von über 1,3 Milliarden übernommen wurden?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, denn die Haftungen sind ja alle, wenn ich nicht irre, nach dem IBSG, Interbankmarktstärkungsgesetz, vergeben worden; und für das IBSG war das Finanzministerium zuständig. Wir waren nur für nach dem FinStaG vergebene Kapitalien, wie die Partizipationsscheine, zuständig. Das IBSG war eine ganz klare Geschichte: nicht FIMBAG. (Abg. Angerer: Aber ...!) Wir haben also keine Zahlen dazu gehabt, auch nicht bekommen – weder da noch bei anderen Banken, die ja auch solche Garantien bekommen haben.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber jetzt sollen Sie auf eine Bank, ich sage einmal, auf das Vermögen des österreichischen Steuerzahlers – über 900 Millionen – achtgeben und sollten meines Erachtens dann ja doch die Informationen bekommen, wie es dem Unternehmen geht, welche Haftungen dem Unternehmen übergeben werden oder welche Kommunikation es zwischen dem Bund oder den verschiedensten Institutionen des Bundes und der Bank gibt, damit Sie das beurteilen können. – Oder liege ich da falsch? Wäre es nicht sinnvoll, dass man einen entsprechenden Austausch zumindest zwischen den Organisationen innerhalb des Bundes macht? (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Klaus Liebscher: Also die klare Trennung war, IBSG-Themen sind ausschließlich Themen des Finanzministeriums, und FinStaG-Themen sind welche des Finanzministeriums und der FIMBAG.

Zweitens: Natürlich haben wir vom Finanzministerium ex post schon gewisse Überblickszahlen bekommen, welche Banken welche Garantien in Anspruch genommen haben – kumulativ, sage ich jetzt, und vielleicht nicht immer pro Einzelbank, denn das war ja insbesondere das Jahr 2009, als seinerzeit die Partizipationskapitalien einerseits von einzelnen Banken zugeteilt wurden, aber diese Banken andererseits auch gelegentlich oder mehrfach am Kapitalmarkt und damals mit Garantien, die sich ja in diesem quasi Banken- und Konjunkturpaket der Republik Österreich oder der Bundesregierung mit insgesamt 100 Milliarden gefunden haben, aufgetreten sind. Das wurde, glaube ich, im Maximum mit 27 Milliarden oder so etwas IBSG-mäßig ausgenützt; und da haben eben die Bank X, die Bank Y, aber auch die Hypo offensichtlich Garantien für drei- bis fünfjährige Emissionen am Kapitalmarkt erhalten.

Darüber wurden wir in Summe, sagen wir einmal, schon informiert, aber im Einzelnen eben nicht. Das war eine klare Trennung. Ich kann da nicht mehr dazu sagen. Wenn das Finanzministerium sagt: Ihr seid für das zuständig, und für das andere ist das Finanzministerium selbst zuständig!, dann hat das auch eine FIMBAG im Grunde genommen zur Kenntnis zu nehmen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Jetzt haben Sie heute gesagt, Sie sind in diesem Zeitraum, als es dann offensichtlich – oder nicht nur offensichtlich – zu dieser aus unserer Sicht völlig unnötigen Verstaatlichung oder zu diesem Kauf der Aktien von den Bayern gekommen ist, gar nicht in Österreich gewesen. Jetzt frage ich mich: Sie sind für 900 Millionen PartKapital verantwortlich, die Bayern drohen angeblich mit Konkurs – und Sie fahren zu einem Termin ins Ausland?

Dr. Klaus Liebscher: Da haben Sie völlig recht, aber letztendlich gibt es einen Vorstand in der FIMBAG, der aus zwei Köpfen besteht, und wir haben noch Mitarbeiter. Das heißt, die FIMBAG wäre ja arm oder nicht gut geführt, wenn sie einmal durch Krankheit oder eine Reise eines der beiden Vorstände völlig handlungsunfähig wäre. Das ist nicht der Fall. Daher war das überhaupt kein Thema.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das heißt, Sie waren zu dem Zeitpunkt dann natürlich auch nicht in die ganzen Letztgespräche eingebunden?

Dr. Klaus Liebscher: Nein.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das, was für mich aus dieser Anfragebeantwortung auch noch herauskommt und sehr interessant ist – damit komme ich dann zum nächsten Thema –, ist Restrukturierung, Bad Bank und SEE-Verkauf, nämlich dass vom Bund im Jahr 2015, als die SEE-Netzwerke verkauft worden sind, noch einmal eine Haftung in der Höhe von 1,7 Milliarden € übernommen wurde. Das ist natürlich schon im letzten Jahr gewesen. – Können Sie uns dazu etwas sagen?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, kann ich nicht, weil ich zu diesem Thema von der HETA nicht entbunden bin.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das ist leider so, habe ich auch angenommen und ist natürlich sehr ärgerlich, weil das natürlich schon ganz interessante Themen sind.

Jetzt möchte ich zu einem nächsten Punkt springen: Thema Restrukturierung.

Sie haben heute gesagt, dass bereits von Anfang an ganz klar war, dass die EU eine Trennung, sprich Abbaueinheit und Weiterführungsbank, gefordert hat.

Dr. Klaus Liebscher: Nein, das habe ich dann vielleicht missverständlich ausgedrückt, wenn Sie das so formulieren. Die EU hat die Erwartungshaltung nach einer formalen good bank und einer Bad Bank ausgedrückt und hat eben auch in einer Anfrage an die Hypo – das weiß ich ganz sicher noch, und ich glaube, das war eben 2011 – die Frage erhoben: Warum gibt es keine good-bank- oder Bad-Bank-Trennung?

Ich weiß auch, dass seinerzeit, natürlich nach 2009, also nach dem Kollaps, sagen wir einmal, vieler Banken in Europa 2008 – und 2009 bestanden dann ja immer noch Schwierigkeiten –, viele Banken in diese Spaltungen, in welcher Form auch immer, gegangen sind oder gegangen wurden. Damals war eben auch noch die Meinung der Europäischen Kommission zu diesem Thema eine sehr positive, konstruktive – also die Erwartungshaltung, die Forderung ist, glaube ich, zu brutal, aber die Erwartungshaltung, denn in der Anfrage stand sicher drinnen: Warum gibt es keine Trennung in good bank, Bad Bank? Das ist ja dann immer mehrfach diskutiert worden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Unseren Erkenntnissen nach war das von Anfang an, wie Sie jetzt richtig sagen, vielleicht eine Erwartungshaltung oder ein Thema, es wurde dann aber auch immer restriktiver gefordert. Sie sagen selbst, Sie haben Herrn Almunia aus vorherigen Zeiten auch persönlich gekannt; so ähnlich wie Herr Nowotny. Zum Schluss hat es dann auch Gespräche – mit Schluss spreche ich jetzt den Zeitraum 2012/2013 an – zwischen Finanzministerin Fekter und Herrn Almunia gegeben, in welchen sie ihm auch zugesagt hätte, dass man das jetzt machen wird.

Anscheinend hat es – das ist eigentlich auch schon durch Akten belegt – ab dem Jahr 2011 vom Management, sprich vom Vorstand, doch den Vorschlag gegeben, diese Trennung, also good-bank-/Bad-Bank-Lösung, die Abbaueinheit zu machen.

Herr Ditz hat uns gesagt, er war damals noch nicht so überzeugt davon, aber ab 2012 war das für ihn alternativlos. – Haben Sie dazu Wahrnehmungen? Sind Herr Ditz oder das Bankmanagement in dieser Sache einmal an Sie herangetreten?

Dr. Klaus Liebscher: Wir haben sicherlich erstens einmal – das habe ich auch gesagt – an einem Gespräch Ende 2011, bei dem erstmals für uns erkennbar, sagen wir einmal, vonseiten des Vorstands gekommen ist, dass sie die Trennung in eine good bank und eine Bad Bank als Option viel wesentlicher als noch früher sehen, teilgenommen.

In den Folgemonaten ist Ditz in dieser Form nicht an mich direkt herangetreten – glaube ich zumindest, mich nicht erinnern zu können –, sondern es gab dann eben mehrere Gespräche, wobei ich jetzt nur sagen kann, bei denen wir vielleicht halt auch dabei waren. Also wenn es da wieder irgendwelche Gespräche zwischen der Bank und dem Finanzministerium gegeben hat, kann ich dazu ja keine Stellung beziehen.

Da ist dann der Wunsch in Richtung der Bad Bank schon gekommen, aber wir waren eben der Meinung, so wie die Bank schon im Jahr 2010 begonnen hat, so eine Fortbestandsbank und Abbaueinheit intern zu etablieren, hätte man sich wahrscheinlich schon auch mit einem offizielleren Schritt bewegen sollen. Dass das nicht gekommen ist, das ist eine andere Thematik. Dass das dann erst sehr spät von der Bank auch der Ministerin vorgetragen wurde, ist auch ein anderes Thema. Die Wunschvorstellung in Richtung Bad Bank – oder wie immer man das Thema jetzt umschreiben möchte – ist in meinen Augen aber sicher erst im Frühling 2012 stärker gekommen und Ende des Jahres 2011 erstmals artikuliert worden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich möchte Ihnen dazu jetzt zwei Schreiben von Herrn Ditz vom 2. Mai 2013 und vom 22. Mai 2013 mit den Aktennummern 15052 und 15081 vorlegen. (Der Auskunftsperson werden Schriftstücke vorgelegt.)

Darin macht Herr Ditz erstens noch einmal auf den Kapitalbedarf, der zu vermeiden wäre, aufmerksam. Das ist ja etwas, das uns interessiert: – Wie ist am Schluss dieser Kapitalbedarf und dann in weiterer Folge auch Schaden in der Bank entstanden?

Er sagt, man könnte Schaden und Kapitalbedarf in der Höhe von zumindest 2 Milliarden € vermeiden und verhindern – das schreibt er am 2. Mai –, wenn man die Voraussetzungen schaffen würde, diese Bad-Bank-Lösung umsetzen zu können. – Das steht im letzten Absatz.

Am 22. Mai schreibt er noch ein letztes Mal – das sieht man im zweiten Absatz –, dass er davon überzeugt ist, dass es die richtige Lösung und der richtige Weg wäre, um Schaden vom Steuerzahler und von der Bank abzuhalten. – Da macht er sehr eindringlich und mit Nachdruck klar, dass diese Lösung unbedingt notwendig wäre, um einen Schaden zu vermeiden.

Können Sie uns dazu etwas sagen?

Dr. Klaus Liebscher: Wie gesagt, da muss man ein bisschen in die kurz vorhergegangene Geschichte zurückgehen. Soweit ich weiß, hat sich die Kommission erwartet, sehr zügig einen Restrukturierungsplan von der Bank vorgelegt zu bekommen, egal ob jetzt mit oder ohne Bad-Bank-Lösung. Die interne Überlegung, nämlich diese Fortbestandsbank und Abbaueinheit zu schaffen, hat die Kommission weniger forciert, würde ich sagen, sondern sie war, glaube ich, mehr an einer externen Lösung über eine Bad Bank interessiert.

Das Problem, das damals aber auch das Finanzministerium und die Ministerin hatten, war, dass um den Jahreswechsel 2011/2012 nicht nur die Hypo ein Thema war, sondern es gab damals auch die Volksbank, die nicht Gegenstand des jetzigen U-Ausschusses ist, die aber auch überlegt hat, eine Bad Bank mit einem Volumen von ungefähr 16 Milliarden einzurichten.

Daneben gab es die KA Finanz AG, die Bad Bank, die 2009 aus der Kommunalkredit gegründet wurde und ein Volumen, also eine Bilanzsumme von ungefähr 12 Milliarden hatte.

Drittens gibt es dann die Hypo, die Ende 2011 noch eine Bilanzsumme von, ich glaube, 35 Milliarden oder wahrscheinlich so etwas gehabt hat – das ließe sich jetzt konkretisieren, da kann man nachschauen –, und die hätte vielleicht eine Bad-Bank-Variante sicher auch in der Größenordnung von, sage ich einmal, 15 bis 20 Milliarden überlegt.

Dann reden wir von – 20 plus 16 plus 11 – 47 Milliarden, und nicht nur von der Hypo. Dieses Szenario hatte die damalige Finanzministerin Ende 2011, Anfang 2012 und im Frühling 2012, noch bevor die Lösung für die Volksbank, die wir ja kennen, gekommen ist, vor sich. Daher gab es dort natürlich zunächst schon einmal Zurückhaltung. Das ist aber meines Erachtens verständlich, wenn man über dieses Gesamtausmaß von 47 Milliarden redet. Das wären ungefähr 13 oder 14 Prozent Staatsverschuldung gewesen. Das muss man mitbedenken.

Das Zweite war, dass die Kommission, als sie 2012 die 1,5 Milliarden der Republik an die Hypo genehmigt hat – 500 Millionen Kapitalerhöhung, 1 Milliarde Nachrangkapital –, einen Auflagenkatalog mit der Republik Österreich – also einen neuen Umstrukturierungsplan mit einem Auflagenkatalog – vereinbart hat, der bis zum 5. Februar 2013 abzugeben war.

Am 3. oder 4. Februar, also knapp vorher, hat die Bank diese Unterlage dem BMF zur Verfügung gestellt. Die hatten praktisch kaum mehr die Gelegenheit, richtig hineinzuschauen, und mussten das daher, damit es fristgerecht nach Brüssel kommt, sofort abschicken. In diesem Umstrukturierungsplan waren aber viele Dinge nicht berücksichtigt, die sich die Kommission erwartet hätte.

Erstens hat die Bank wesentlich längere Verkaufsfristen für SEE-Netzwerk, HBInt und HBA wieder eingeräumt haben wollen, und zweitens hat sie Neugeschäftsbeschränkungen, die die Kommission mit der vorläufigen Genehmigung für den Zuschuss 2012 der Bank auferlegt hat, nicht erfüllt.

Darauf ist der Kommissar sauer geworden – locker jetzt, entschuldigen Sie – und hat den geharnischten Brief vom 14. März 2013 geschrieben.

Darauf gab es dann ein Gespräch – an dem ich nicht teilnahm, von dem ich gehört habe – der Ministerin mit Almunia Anfang April, und dann gab es dieses Gespräch, an dem ich teilnahm, mit der Europäischen Kommission in Brüssel am 24. April 2013. In dem Gespräch hat man uns sehr deutlich erklärt: Das Wichtigste für die Kommission ist die Einhaltung der Fristen für den Verkauf der Einheiten. – Ich überspringe das jetzt inhaltlich, denn darauf kommen wir vielleicht noch zu sprechen.

Die Ministerin und ich – ich war Aufsichtsrat auch in der Bank zu diesem Zeitpunkt, 24. April; nein, noch nicht, aber als FIMBAG zumindest –, wir haben gewusst, das ist jetzt eine ernste Situation in der Kommission, und haben auch versucht, das dem Bankvorstand klarzumachen, der ja bei diesem Termin in Brüssel auch dabei war, aber das alles irgendwo nicht so richtig wahrhaben wollte.

Ditz – glaube ich, vor allem – hat sich seinerzeit sehr dagegen gewehrt, dass diese Vorschläge der Kommission akzeptiert werden. Die zwei Briefe, die jetzt hier liegen, sind natürlich einerseits unter dem Aspekt gekommen, wir haben einen dringenden Handlungsbedarf, und andererseits könnten wir vielleicht mit dieser Bad-Bank-Lösung, wie er sie da vorschlägt, oder Abbaugesellschaft, glaube ich, schreibt er im anderen Brief, über die Runden kommen.

Nur: In dieser Phase war die Republik Österreich oder das Finanzministerium massiv unter dem Eindruck dessen, was am 24. April in Brüssel uns, also Lejsek, mir und dem Kollegen Pichler vom Finanzministerium, dem Vorstand, gesagt wurde, nämlich: Einhaltung der Verkaufsfristen, über alles andere können wir uns erst nachher unterhalten!

Im endgültigen Umstrukturierungsplan ist dann auch so eine Bad-Bank-Idee oder eine Abbaueinheit aufgekommen. Die Kommission hat einen leidenschaftslosen Standpunkt – wenn ich nicht irre – im Bescheid vom 3. September dazu eingenommen.

Aber diese Briefe hier, die mir nicht vorgelegen sind, das werden Sie mir ja glauben, sind inhaltlich natürlich unter dem Gesichtspunkt zu sehen, dass da in Richtung, was die Kommission anlangt, schon Matthäi am Letzten war.

Ditz selbst oder der Aufsichtsrat haben sich eigentlich, soweit ich vernommen habe, die ersten zwei Jahre auch nicht unbedingt so stark für eine Bad Bank gemacht, und dann, als sie gesehen haben: Jetzt wird es kritisch!, und das war natürlich dann auch schon insbesondere das erste Halbjahr 2013, sind dann diese Briefe gekommen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das Einzige, das ich jetzt von Ihrer Ausführung nicht so stehen lassen möchte oder kann, weil es uns auch vorliegt: Im Jahr 2012 wurden von der Bank schon mehrere Restrukturierungspläne an das Finanzministerium geliefert – die kennen oder werden Sie wahrscheinlich nicht kennen –, in denen diese Bad-Bank-Lösung, externe Abbaueinheit, ganz klar gefordert wurde. Das war nur der letzte Versuch von Herrn Ditz, das noch einmal mit Nachdruck zu fordern und zu versuchen, es umzusetzen, weil er gesehen hat, dass ansonsten durch diese Verzögerung einer Bad Bank ein Milliardenschaden entsteht.

Dr. Klaus Liebscher: Da haben Sie völlig recht, natürlich! Ab Mitte 2012, ich habe vorhin, glaube ich, gesagt, Frühjahr 2012 … (Abg. Angerer: Genau! Das wollte ich nur klarstellen!) Ich habe ja nur auf die zwei Briefe, die vom Mai 2013 sind, repliziert.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Richtig, ja. Das war ja dann natürlich letzter Versuch und Ausfluss, dann ist der Almunia-Brief gekommen und so weiter.

Dr. Klaus Liebscher: Nein, nein, die Bank ist schon dann im Frühjahr 2012 mit diesen Überlegungen gekommen, dass man das ventilieren sollte. Da waren aber eben diese Eindrücke, die ich zuerst geschildert habe, von den Größenordnungen her, und zweitens, dass man sich eben im Finanzministerium, zum damaligen Zeitpunkt zumindest, sehr große Gedanken oder Sorgen gemacht hat über die Auswirkungen auf die Staatsverschuldung. Das war in einer Besprechung im Juli im Finanzministerium, an der ich auch teilgenommen habe, ganz klar signalisiert von Sektionschef Steger und quasi natürlich auch von der Ministerin, dass das aus diesen Überlegungen nicht goutiert wird; zum damaligen Zeitpunkt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Bevor wir dann einen Schritt weiterkommen – zur Taskforce, wo Sie das ja dann schon federführend übernommen haben, das ist heute auch schon erwähnt worden, der Restrukturierungsplan vom 24.5., im Jahr 2013 war das dann, glaube ich –, möchte ich jetzt noch einmal abschließend, weil das für uns einfach ein wesentlicher Punkt ist, die Einschätzung von Herrn Ditz ansprechen, diese Milliarden an Zuschuss und natürlich in weiterer Folge auch Verluste, die da realisiert wurden aufgrund der Verzögerung oder des Nichtzustandekommens dieser Bad-Bank-Lösung. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Wie sehen Sie diese Einschätzung von Herrn Ditz?

Dr. Klaus Liebscher: Ich glaube, das ist eine immer sehr hypothetische Annahme, denn es hängt ja dann davon ab, was zu welchem Zeitpunkt tatsächlich als Erlös oder Verlust realisiert wird.

Klar war, dass sich Ditz – und das würde ich zumindest so interpretieren – auf diese im Raum stehende und dann ja auch notwendig gewordene – wir reden jetzt von 2012 – 1,5 Milliarden Anforderung der Finanzmarktaufsicht, Kapitalzuschuss in der Bank wegen Unterkapitalisierungsgefahr, bezog, beziehungsweise wollte man ein bewusstes Add-on im Rahmen dieses JRAD-Verfahrens haben. Diese 1,5 Milliarden – und nur so kann ich die Äußerungen von Ditz verstehen – hätte man sich ersparen können – rein theoretisch –, wenn man eine Bad Bank als deregulierte und nicht mehr dem Bankwesengesetz unterliegende Einheit hätte errichten können.

Aber das Problem, das natürlich im Jahr 2012 und teilweise auch dann noch bestanden hat, als ich 2013 mit der Taskforce befasst war, war: Die damals gültigen Regeln waren nur das BWG, und das BWG setzt natürlich dann auch eine Banklizenz voraus. Also man hätte zum Zeitpunkt 2012 nur – wie die KA Finanz AG – eine Bad Bank im Sinne des Wortes Bank nach BWG machen können, und da wären genauso diese Kapitalvorschriften gekommen.

Die Nichtderegulierung bedurfte ja eines Sondergesetzes, wie wir wissen, und das ist erst im Jahr 2014 aufgrund – jetzt sage ich einmal unbescheiden – der Vorarbeiten der Taskforce gekommen. Da mögen Sie unter Umständen nicht meiner Meinung sein, aber dort ist die Basis dafür gelegt worden.

Also die Idee von Dr. Ditz – richtig! Ja, über eine Bad Bank könnte ich mir diese 1,5 Milliarden ersparen. Aber bewusst die Situation ansprechend, die wir damals hatten, dass wir nur das BWG hatten, da gab es noch kein BaSAG und kein Gesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit wie im Sommer 2014 … Das wäre eine Bank mit Lizenz gewesen, oder man hätte, was wir ja ursprünglich auch in der Taskforce zunächst angedacht hatten, eine Anstalt deutschen Modells gemacht, wobei ich auch sage, dafür braucht es natürlich ein Sondergesetz, weil wir ja so eine Situation auch noch nicht hatten.

Er kann sich also meines Erachtens nur darauf bezogen haben: Ich könnte mir den Eigenkapitalzuschuss, der durch die FMA vorgeschrieben ist, ersparen, wenn ich eine Nichtbankeinheit habe.

Ansonsten möchte ich schon auch bemerken dürfen, dass eine Bad Bank nicht alle Probleme löst, weder als Anstalt noch als Bank noch in welcher Form immer, denn das, was Sie bei einer Bank an regulatorischem Kapital brauchen und, wenn Verluste eintreten, vom Eigentümer nachgeschossen werden muss – wenn ich das Eigenkapital unterschreite –, ist ja bei der Bad Bank, also bei einer Anstalt oder Bank, wie auch immer, genauso. Wenn ich einen Verlust realisiere, muss den auch irgendjemand abfangen. Es ist eine Illusion, wenn man glaubt, die Bad Bank löst alle Probleme. Das ist es ja nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ein letzter Satz: Herr Ditz fordert am 22. Mai 2013 genau die Schaffung dieses Gesetzes, das heißt der rechtlichen Rahmenbedingungen. Das steht in dem Brief ja drin.

Dr. Klaus Liebscher: Das kritisiere ich ja nicht, da hat er ja auch recht. Aber, mein Gott, es ist halt wie oft im Leben: Wann ist wirklich der richtige Zeitpunkt, wann kommt das? Ich glaube, man macht in vielen Bereichen des täglichen Lebens auch diese Erfahrungen. Im Jahr 2012 war es noch nicht reif, aber im Jahr 2015 oder 2016 ist irgendetwas reif geworden, in der Politik, in Gesetzwerdungsprozessen, was immer.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Dr. Liebscher, ich möchte zu Beginn vielleicht einmal auf die Zusammenarbeit zu sprechen kommen. Sie haben in Ihrer Einleitung oder bei der Erstbefragung durch Herrn Dr. Pilgermair gesagt, Sie waren Gott sei Dank nicht in die Aufarbeitung involviert. – Haben Sie persönliche Wahrnehmungen, wie die Zusammenarbeit der CSI Hypo mit dem Management der Bank funktioniert hat und wie die Bank die Aufarbeitung der Vergangenheit vorangetrieben hat oder auch nicht?

Dr. Klaus Liebscher: Ja, natürlich habe ich Wahrnehmungen. Also formal waren wir nicht eingebunden. Das war ganz klar über die Übertragungsvereinbarung, Treuhandvereinbarung nicht so vorgesehen und hat man uns auch mehrfach signalisiert, und ich war nicht unglücklich darüber. Das können Sie mir glauben.

Das Zweite ist: Natürlich ist jetzt meine Wahrnehmung eine irgendwie subjektiv geprägte, weil ich gewisse Informationen aus der Bank heraus oder aus dem Vorstand der Bank hatte und gewisse Informationen auch teilweise über den Herrn Dr. Peschorn. Ich war – oder auch meine Kollegen in der FIMBAG – so mehr oder minder in der Mitte drinnen.

Die Bank hat, glaube ich, diese Aufarbeitung der Vergangenheit sehr ernst genommen und auch durchaus unterstützen wollen. Aber das Ausmaß, die Intensität, die man – über offensichtlich Wünsche von außen wieder – an den Tag legen musste, hat sicher irgendwie auch bremsend oder lähmend auf den normalen Geschäftsverlauf gewirkt.

Aber jetzt höre ich auf, weil das Wahrnehmungen sind, die ich eigentlich aus dem Mund des Vorstandsvorsitzenden oder seiner Kollegen gehört habe. Also ich kann nur sagen, die Bank war belastet durch diese Aufarbeitung der Vergangenheit. Der Vorstand hat vielfach auch bei der FIMBAG darüber geklagt, dass das so intensiv verlangt wird, und hätte bevorzugt – das war mein Eindruck –, sich eher mit großen Größenordnungen zu befassen und nicht mit so vielen, vielen Kleinkrediten oder Kreditnehmern, besser gesagt. Andererseits war die Finanzprokuratur offensichtlich beseelt davon, zu schauen, wo sie jemanden finden oder jemandes habhaft werden kann, dass man dann sagen kann: So, wir haben jetzt für die Republik oder für wen immer einige Millionen wieder herausholen können. Ich glaube, es ist von beiden Seiten das Gesagte oder mir an Informationen Zugetragene legitim.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wir haben von Auskunftspersonen gehört, dass die Bank oder die Organe nicht besonders interessiert daran waren. Sie haben gesagt, man hat sich mit kleinen Krediten befasst. – Ich würde das so nicht bezeichnen, denn es wurden sehr viele Fälle seitens der aufarbeitenden Herrschaften auch bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Beispielsweise haben Herr Dr. Held oder auch Herr Dr. Zink hier ausgesagt, sie wurden von der Bank behindert. Dann gibt es später auch die Bestrebung, dass man für die Bank jedenfalls auch etwas zurückholt, beispielsweise was den Eigenkapitalersatz oder die Fristverlängerung für die Irrtumsanfechtung betrifft. Auch beim Gutachten beispielsweise von Herrn Dr. Kleiner hat die Bank eine Zusammenarbeit mit dem Gutachter in diesen Beziehungen nicht besonders gefördert.

Haben Sie davon Wahrnehmungen erlangt oder haben Sie immer nur Informationen vom Vorstand bekommen, wie er die Zusammenarbeit und die Aufarbeitung sieht?

Dr. Klaus Liebscher: Ich habe dazu keine Wahrnehmungen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben vorher gesagt, Sie sind im Frühjahr 2013 in die Verhandlungen mit der Kommission eingebunden worden. Ich glaube, dass das aber schon 2012 war, Sie waren nämlich bei einer Besprechung dabei. Ich darf Ihnen ein Dokument mit der Dokumentennummer 14098, Lieferant BMF vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist ein Besprechungstermin vom 16.4.2012 im Finanzministerium – da sind Vertreter der FIMBAG anwesend, Sie beispielsweise auch, Vertreter der HAA und der Europäischen Kommission –, bei dem es auch darum geht, verschiedenste Punkte betreffend den Restrukturierungsplan, Umstrukturierungsplan zu besprechen.

Können Sie sich an dieses Gespräch erinnern?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, aber es ist richtig, dass ich dabei war. (Abg. Tamandl: Ich habe mir nämlich gedacht, Sie haben vorher nur die beiden Jahre verwechselt!) Nein, das habe ich offensichtlich verschwitzt. Da waren wir eingeladen, aber meine aktive Rolle war eigentlich erst im Jahr 2013.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Was ich mit dem Dokument bezwecken möchte, ist: Man erkennt hier, dass es offensichtlich – und Sie haben es ja auch schon vorher angesprochen – eine Verschleppung der endgültigen Erstellung dieses Umstrukturierungsplanes gab. Man erkennt aus all diesen Dokumenten, wenn man beispielsweise diesen Besprechungstermin aus dem April 2012 ansieht und dann aber davon ausgehen muss, dass erst Anfang Februar 2013 – wie Sie ja vorher auch gesagt haben, am 4. Februar – seitens der Bank ein fertiger Plan gekommen ist, der dann gleich an die Kommission weitergeleitet worden ist, bei dem das BMF gar nicht mehr drüberschauen konnte, weil die Zeit zu knapp war, dass offensichtlich die Bank gar nicht interessiert war, diesen Umstrukturierungsplan schnell, möglichst zeitgerecht und möglichst zeitnah zu schicken. Sie haben zwar immer wieder und auch bei diesem Gespräch bekundet, sie werden das dann liefern und sie werden dann einmal endgültige, richtige Zahlen liefern, nur leider Gottes ist das nie erfolgt.

Haben Sie darüber eine Wahrnehmung gehabt, dass das, was da besprochen wurde, ewig lange nicht gekommen ist?

Dr. Klaus Liebscher: Also ich glaube, dass das schon so stimmt. Davon muss man ja leider ausgehen, nachträglich, dass eben hier nicht mit dem – ich sage jetzt meine Worte – vielleicht nötigen Druck oder auch mit der nötigen Erkenntnis, was und innerhalb welcher vertretbaren Fristen ich gegenüber der Europäischen Kommission liefern muss, die Dinge angegangen wurden.

Im Einzelnen dazu: Das war, glaube ich, eher so eine allgemeine Besprechung, zu der wir eingeladen waren. Ich erinnere mich jetzt daran, weil ich mich noch an Frau Dr. Schwimann und Herrn Dr. Soukup von der Europäischen Kommission erinnere.

Aber Hauptpunkt war eigentlich in all den Folgeterminen – denn das war am 15. oder 16. April 2012, und der nächste Umstrukturierungsplan ist ja dann erst quasi aufgrund dieser Kapitalzufuhr im Dezember 2012 erfolgt –, dass sich das BMF schon auch über sehr knappe Fristen beklagt hat, zu denen die Bank ihre Unterlagen einliefert.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich möchte Ihnen noch ein Dokument vorlegen, das das auch untermauert, dass es hier eben Verschleppungen seitens der Bank gab. Das Dokument Nummer 6237, Lieferant ist wieder das BMF. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Es ist ein Mail-Verkehr, und auf der ersten Seite von 6 können Sie gleich erkennen: Der Absender ist Herr Dr. Kranebitter, das Mail ist vom 30. Jänner 2013, also mehr als ein Dreivierteljahr nach diesem Gespräch.

Aus dem Inhalt des Mails und aus der zynischen Wortwahl … Sehen Sie sich den zweiten Absatz und den letzten Satz an, in dem es eben darum geht, dass Herr Dr. Kranebitter Herrn Dr. Peschorn (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen) wegen der umfassenden Mängel um Nachsicht bittet! Als letzten Satz schreibt er:

„In einem Punkt allerdings ersuche ich um Beachtung bei der Wahl der Mittel und des Ausmaßes der uns zugedachten Strafe: es ist nicht Absicht. Wir sind einfach nur dumm und ignorant.“

Jetzt wissen wir, wie ernst die Situation damals schon war. Die Situation war schon die ganze Zeit über ernst. Sie haben es auch angesprochen: Die Bank hat immer wieder gesagt: Ja, wir sanieren das Werkl!; das Vehikel, haben Sie vorhin gesagt. Und jetzt kommt im Jänner 2013 so ein Mail mit einem sehr zynischen Text. Da muss man aber schon auch davon ausgehen, dass sowohl das BMF als auch in dem Fall Herr Dr. Peschorn schon ziemlich angefressen waren auf die Verantwortlichen in der Bank wegen deren Vorgehensweise. – Oder wie darf ich das bewerten?

Dr. Klaus Liebscher: Ich glaube, dass Sie das – aus meiner Sicht – relativ richtig analysieren, denn ich kenne dieses Mail, ich stehe ja auch im Verteiler in dem Fall, und habe es auch in der FIMBAG natürlich schon gekannt und es mir auch gemerkt, weil dieses Wording schon sehr eigenartig ist.

Ich habe aber auch das Gefühl, dass sich das Klima zwischen den ursprünglich, glaube ich, recht gut miteinander umgehenden Peschorn und Kranebitter oder Kranebitter/Peschorn im Laufe der Zeit deutlich verschlechtert hat. Wodurch das bedingt war, kann ich jetzt nicht beurteilen. Natürlich deutet so ein Schriftverkehr auch darauf hin, dass das Klima zwischen den beiden offensichtlich sehr belastet gewesen ist, institutionell, aber wahrscheinlich auch sehr stark persönlich.

Das heißt also, damals muss wahrscheinlich wieder Druck ausgeübt worden sein – ich habe jetzt nicht die Bemerkungen von Peschorn gelesen –: Macht schneller!, oder umfangreicher oder was auch immer, denn das ist Jänner 2013, und bis Ende Jänner 2013 sollte ja schon wieder der Umstrukturierungsplan für Brüssel für den 5. Februar vorbereitet sein. Ich unterstelle also, dass sich da wahrscheinlich wieder Spannungen aufgebaut haben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): War das der Grund dafür, dass Sie dann intensiver in die Verhandlungen mit der Kommission eingebunden worden sind, mit auch ein Grund?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, das glaube ich noch nicht, sondern ich glaube eher, dass … Ich glaube, das ist erst gekommen, nachdem der sehr scharfe Brief von Kommissar Almunia an die Ministerin mit den Vorschlägen oder Maßnahmen – nicht einmal Vorschläge, Maßnahmen – gekommen ist, die er sich im Grunde genommen bis Ende des Jahres erwartet hat, damals im 2013er-Jahr. Und erst ab diesem Zeitpunkt wurde ich dann zu einzelnen Besprechungen bis hin eben zu Brüssel und Umstrukturierungsplan beigezogen, aber vorher noch nicht.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Jetzt wissen wir, Kollege Angerer hat es angesprochen, und es ist ja auch klar gewesen: Die Organe, also der Vorstand, aber dann auch der Aufsichtsrat wollten im Jahr 2012 unbedingt die Bad Bank. Sie haben jetzt schon auch die Probleme angesprochen. Damals wäre eine Gläubigerbeteiligung nicht möglich gewesen; die Abbaueinheit oder die Bad Bank wäre nur mit Banklizenz gegangen.

Ich lege Ihnen ein weiteres Dokument vor, damit man nämlich auch sieht, dass die Bad Bank allein überhaupt kein Allheilmittel gewesen wäre, was die Ersparnis betrifft. Und zwar ist das das Dokument 2763, Lieferant wieder das BMF. Das ist eine Unterlage mit alternativen Szenarien vom 13. Juli 2012, in der auf Seite 3 von 26 drei Szenarien, also die Kosten von drei Szenarien angeführt werden. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das erste Szenario ist die Beibehaltung der derzeitigen Struktur, und das zweite Szenario ist, wie auch schon weiter oben: weiterer Portfolioabbau wie geplant, Bad Bank mit Aufsicht, jedoch ohne Eigenmittelerfordernis, also ohne Banklizenz – davon gehe ich einmal aus –, und GVA-Grenze, eventuell mit expliziter Verlustabdeckungszusage.

Das ist genau das, was Sie vorhin auch gemeint haben: Irgendjemand muss ja auch in dieser Bad Bank, auch wenn sie keine Banklizenz hätte, die Verluste abdecken.

Und das dritte Szenario ist dann der Fire Sale mit einer Kostenannahme von 5,6 Milliarden.

Bei den ersten beiden Szenarien ist schon interessant, dass die Kosten zwar auf die Jahre verschoben wären, also beispielsweise, wenn alles so wie bisher beibehalten wird, 1,5 Milliarden Einschuss im Jahr 2012 noch und Einschüsse 2014 bis 2016 von 1,1 Milliarden, insgesamt 3,3 Milliarden. Und beim zweiten Szenario mit der Bad Bank: insgesamt auch 3,3 Milliarden Verlust, aber halt Einschüsse zwischen 2012 bis 2017 von 2,6 Milliarden, also verteilt, in einer anderen Art und Weise verteilt.

Das heißt – Sie sind ein Experte; das erkennt man auch an Ihren Antworten –: Wo wäre für die Republik und für den Steuerzahler bei diesen Szenarien, die uns immer verkauft werden, als wäre dadurch eine positive Entwicklung und eine Ersparnis für den Steuerzahler zu erzielen gewesen, wo wäre die Ersparnis für den Steuerzahler durch die Bad Bank gewesen?

Dr. Klaus Liebscher: Die Antwort – sie wird jetzt nicht befriedigend für Sie ausfallen – ist: Am Ende des Tages wissen wir es erst, aber nicht im Vorfeld.

Das, was ich im Vorfeld sicher weiß, ist: Was brauche ich als regulatorisches Kapital? Was ich aber bei einer Abbaueinheit, da bleibe ich jetzt allgemein, erst am Schluss der ganzen Aktion weiß, ist eben: Was habe ich nach fünf Jahren, nach sieben Jahren, nach neun Jahren, in welchem Zeitraum immer, tatsächlich herausgeholt oder erlösen können oder was musste wirklich hineingeschossen werden?

Also ehrlich gesagt, ich traue mich nicht, Ihnen eine so konkrete Antwort zu geben und zu sagen, das kostet so und so viel. Man kann davon ausgehen, dass man sagt: Wenn ich eine Abbaueinheit habe, muss ich rechnen – ich weiß nicht, da muss ich ja schon einmal den Marktpreis nehmen, ich muss schon einmal schauen, was mein Buchwert ist, wo ich eventuell da schon eine negative Differenz drinnen habe und wie ich das verkaufen kann, aber so wirklich …

Auf der Liquiditätsseite tut man sich wahrscheinlich noch leichter. Da kann man sagen: Die Kosten oder die Aufwendungen habe ich.

Ich würde aber nicht zu jenen gehören, die jetzt sagen: Die Bad Bank oder Abbaueinheit ist absolut genauso viel wert oder genauso gut wie das bankregulatorische System. Ich glaube schon, dass es Vorteile hat, eine Bad Bank zu machen – das sage ich schon –, oder eine Abbaueinheit, wenn ich sie dereguliere und eben Jahre hindurch Zeit habe, die ich mir nehmen möchte, um in einen Markt hinein zu verkaufen und zu schauen, wie sich dieser Markt entwickelt.

Also bei diesem Beispiel bin ich ja Ihrer Meinung, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich die Variante 2 so nehmen würde, indem ich sage, das ist exakt so berechenbar. Das kann ich nicht. Ich glaube, seriöserweise kann ich das erst wirklich am Schluss machen und nicht so deutlich im Vorfeld.

In Summe war ich aber auch immer, das muss ich schon sagen, ein Befürworter eines Hinausschiebens, also einer ausgelagerten Einheit, wie immer wir sie nennen, und jedenfalls meine Gespräche mit der Frau Bundesministerin dann ab April, Mai, jedenfalls 2013 waren aus meiner Sicht sehr, sehr zufriedenstellend und sehr konstruktiv. Ich habe mich mit ihr sehr gut gesprochen, und wir sind auch in eine Richtung gekommen, wo dann nicht mehr das Wort Bad Bank gefallen ist, denn da habe ich gemerkt, dass das für sie ein nicht sehr attraktiver Ausdruck ist. Ich habe mich dann hinüberbewegt zum Wort Abbaueinheit, und mit dem konnte sie dann – das war mein Verständnis – absolut leben, und wir sind dann beide demselben Ziel sehr nahe gegangen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, mit der Unsicherheit, mit der Sie jetzt diese Kostenszenarien, die ich Ihnen jetzt vorgelegt habe, nur betrachten können, können wir in Wahrheit auch die Aussagen des Herrn Aufsichtsratsvorsitzenden Ditz in seinem Brief an die Frau Bundesministerin betrachten, denn auch er kann nicht genau sagen, ob sich für die Republik, wenn die Abbaueinheit, die Bad Bank gegründet worden wäre, eben diese Ersparnis ergeben hätte. Das ist in Wirklichkeit ganz genau der gleiche Punkt.

Ich möchte aber noch einhaken: Was sicher ist, ist die Gesamtverantwortung der Bundesregierung, was die Maastricht-Kriterien, was die Schulden … (Auskunftsperson Liebscher: Bitte? Noch einmal, bitte!)

Ich sage: Was sicher ist, ist dann im Frühjahr 2013 die Gesamtverantwortung gewesen, als es darum ging, was Sie uns auch aufgezählt haben, für welche Banken auch noch eine Bad Bank in der Pipeline war (Auskunftsperson Liebscher: 2012!) – oder 2012 –, als man sich überlegt hat, da auch eine Bad Bank zu gründen, und Sie zuerst selbst auf 47 Milliarden gekommen sind. Klar wäre gewesen, dass das natürlich in die Maastricht-Kriterien, in die Schulden-, aber auch in die Defizitquote mithineingerechnet worden wäre, was natürlich auch für Österreich negative Auswirkungen gehabt hätte, beispielsweise durch ein Defizit-Verfahren.

Das muss man natürlich bei der ganzen Sache mitberücksichtigen, bei all den Unsicherheitsfaktoren, die es zu dem Zeitpunkt damals natürlich gegeben hat.

Dr. Klaus Liebscher: Also zum Defizit kann ich jetzt nichts beitragen, denn das habe ich mir natürlich … Das hat unmittelbar keine Relevanz gehabt, sondern es ging ja nur darum: Was ist das potenzielle Gefahrenrisiko bei Bad Banks in toto? Das wirkt sich, wenn das eine Bad Bank oder Abbaueinheit in Staatsbesitz ist, dann natürlich automatisch auch auf die Staatsverschuldung aus.

Ob da dann noch im Zuge einer – wie auch immer man die Bad Bank gestaltet – Übertragung oder was auch immer noch irgendwelche weitere defizitwirksame Positionen dazukommen, darüber habe ich jetzt keine Rechnung. Ich hatte nur die Staatsverschuldung im Auge; das war ja auch damals das wesentliche Argument der Frau Bundesminister.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja, ja. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) – Wie viel Zeit habe ich noch? (Zwischenruf des Abg. Kogler.) Du bist ohnehin jetzt gleich dran.

Wie lange habe ich noch? – Ohnehin nichts mehr. Okay, dann passt das. – Danke schön.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Guten Tag noch einmal! Ich möchte jetzt auf einen Umstand eingehen oder ihn herausarbeiten und Sie darüber von vornherein gar nicht im Unklaren lassen: Nebst der Diagnose von Frau Dr. Griss und ihrer Kommission, die von einem Organversagen spricht – manche haben daraus ein Multiorganversagen gemacht –, ist mir aufgefallen, dass die vielen Organe des Staates, der Bank, auch der freiwilligen Institutionen, die es de facto gegeben hat – wie die Taskforce, die ist ja nirgends geregelt –, immer wieder durchaus unterschiedliche Auffassungen vertreten haben. Das ist ja auch nicht illegitim. Aufgefallen ist allerdings, mit welcher Vehemenz in unterschiedliche Richtungen gearbeitet wurde.

Und ich sage noch etwas dazu, auch wenn das aufgrund der Vorhalte des Kollegen Krainer komisch klingen mag: Ich attestiere Ihnen, dass Sie ab 2010/11, also seit dieser FIMBAG-Rolle, und dann sind ja noch zwei dazugekommen, aus meiner Sicht einer der Konsistentesten, wenn nicht überhaupt der Konsistenteste waren. Also frage ich Sie jetzt zu Ihren Wahrnehmungen zu dem, was mir komisch auffällt und hier noch nicht herausgearbeitet wurde, nämlich wie unter dem Dach der Bundesregierung, des Finanzministeriums die Organe in derart unterschiedliche Richtung arbeiten können. Man bekommt fast das Gefühl, sie sind in einem fremden Körper, die Organe nämlich. Um mit Woody Allen zu sprechen, könnten wir jetzt einmal die Übung machen: Was Sie schon immer über Staatsorgane wissen wollten! – Also schauen wir einmal!

Zur Taskforce und zur Zusammenarbeit mit dem Ministerium: Sie haben sich – ich kann Ihnen das auch bringen lassen, Sie werden sich aber selbst gut genug erinnern – tatsächlich irrsinnig aufgeregt, in dem Fall meine ich mit Recht, dass dieses Wyman-Gutachten – ich will darauf überhaupt nicht inhaltlich eingehen – offenkundig beauftragt wurde, wie Sie richtig vermutet haben, wahrscheinlich aus dem Ministerium heraus, von wem dort auch immer, und Ihnen, als Leiter der Taskforce, offensichtlich nicht bekannt war, dass das beauftragt wurde. Da gibt es vielleicht ein paar Spuren, dass Sie irgendwo etwas davon hätten hören können, aber jedenfalls wurde das nicht mit Ihnen vereinbart. Und Sie erfahren es dann aus den Medien. Das ist so ähnlich wie in der Politik immer unlustig.

Dann schreiben Sie, was da los ist – ich kann Ihnen das, wie gesagt, wirklich gerne bringen lassen –, ein Mail an die Leute im Ministerium, die hier eine Rolle spielen; Lejsek, Pichler, Krakow, um ein paar zu nennen.

„Mit Interesse registriere ich, dass die Medien …“ und so weiter und so fort.

„Eine sinnvolle und sachgerechte Arbeit der Organe wird damit nicht erleichtert.“

Sie sind „verwundert bzw. befremdet“, auch wortwörtlich. „Loyalität findet ihre Grenzen!“, schreiben Sie.

Und abschließend: „Bitte mir“ – Ihnen also – „dieses Elaborat auch nicht mehr zu schicken,“ – damit ist auch Ihre Meinung klar – „habe seinen Inhalt im heutigen ,Format‘ gelesen.“

Können Sie vor dem Ausschuss jetzt etwas Grundsätzliches zur Zusammenarbeit zwischen Taskforce und dem Bundesministerium für Finanzen und den dort zuständigen Beamten ausführen?

Dr. Klaus Liebscher: Also das spricht ja für sich selbst, das Papier.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber deshalb frage ich Sie nach der langen Einleitung jetzt, wie diese Verhältnisse waren.

Dr. Klaus Liebscher: Die Relation an sich war eine unterschiedliche, aber am Anfang eigentlich immer eine sehr konstruktive und gute. Und wenn ich sage, am Anfang, dann heißt das eigentlich von 2008, Ende 2008, Anfang 2009, bis – ich würde sagen – heute herauf, was die Beamtenebene anbelangt, also Lejsek und Co, und vielfach auch was die Kabinettsmitarbeiter, die für uns in einer gewissen Weise zuständig waren, anbelangt. Mit der Ministerin oder den Ministern hatte ich gelegentlich manchmal intensivere, manchmal weniger intensive Kontakte. Mit der Beamtenschaft aber war es immer sehr gut.

Eigentlich erst ab 2012 und dann, glaube ich, sehr stark also 2013 mit der Gründung der Taskforce und den neuerlichen, natürlich auch im 2013er-Jahr notwendigen Kapitalzuschüssen, die Sie ja, so wie ich, kennen, gab es dann offensichtlich im Finanzministerium, zumindest für mich wahrnehmbar, zwei Strömungen: eine Strömung – das ist Herbst 2013, November 2013 –, die ich ortete, die eigentlich immer in Richtung einer Insolvenz gegangen ist, und eine Strömung, mit der ich zusammengearbeitet habe, nämlich die Beamten des Mag. Lejsek und des Teams, die auch im Rahmen der Taskforce – Lejsek war ja auch Mitglied in der Taskforce – eigentlich konstruktiv an einer Zukunftsform einer Abbaueinheit und nicht an einer Insolvenz gearbeitet haben. Und diese … (Abg. Kogler: Im Rahmen des Projekts Lux!) – Bitte?

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Im Rahmen des Projekts Lux, damit wir das irgendwo einordnen können.

Dr. Klaus Liebscher: Ja, im Rahmen des Projekts Lux. Also das Projekt Lux war ja intern aufgesetzt. Da habe ich mich sehr dafür verwendet. Das ist ja gleich im Aufsichtsrat am 1. Juli 2013 beschlossen und dann eben verfolgt und weiterentwickelt worden.

Ich bin aber draufgekommen, dass es dann parallel dazu … Im Herbst, im November gab es ja wieder Kapitalwünsche der Bank an die Republik. Wir hatten ja im September 2013 die Zuzählung von 700 Millionen Kapitalerhöhung, aber dann stellte sich heraus, dass nicht zuletzt auch über die Auswirkungen des Umstrukturierungsplanes einerseits, der ja am 3. September 2013 genehmigt wurde, andererseits aber auch durch Verschlechterungen in der Qualität des Portefeuilles, die wieder eingetreten sind, und drittens den nach wie vor aufrechten Wunsch der FMA oder die Aufforderung der FMA, die 12,4 Prozent Eigenkapitalquote zum Jahresende zu halten, ein Kapitalbedarf kommt, der dann mit 1 050 Millionen genehmigt wurde; 800 Millionen Partizipationskapital und 250 Millionen, glaube ich, Gesellschafterzuschuss.

Als diese Diskussion im November 2013 war, da gab es also Peschorn und Waiglein ganz konkret, also Sektionschef Waiglein und Präsident Peschorn, die sich eigentlich massiv für eine Insolvenz ausgesprochen haben und die bei mir aber auf Granit gebissen haben, weil ich das absolut nicht wollte. Ich habe auch gesagt, ich bin nicht willens, mit denen darüber zu diskutieren, aus dem einen einfachen Grund: weil ich nämlich Organverantwortung habe.

Als Aufsichtsratsvorsitzender einer Bank mit Teilen des Eigentümers, die aber eigentlich nicht so wirklich im Driver-Sitz waren, in der Öffentlichkeit und auch intern die ganze Zeit über eine Insolvenz zu reden … So eine Diskussion kann ich nicht führen, denn da bekomme ich Governance-Probleme. Ich kann als Aufsichtsratsvorsitzender nicht mit meinem Eigentümer ein Gespräch über eine mögliche Insolvenz führen und gleichzeitig so tun, als ob wir going concern machen. Das widerspricht meiner Ethik.

Daher war ich sauer über all diese Strömungen. Das bitte ich, mir einfach so abzunehmen.

Und dieses Wyman-Gutachten hätte ich nicht verhindern können, wenn das von irgendjemandem im Finanzministerium in Auftrag gegeben wird, aber ich hätte mir erwartet, dass es mir als Taskforce-, als Aufsichtsratsvorsitzendem zur Kenntnis gebracht wird. Das war nicht der Fall. Ich habe es dann in einem Medium gelesen, ich habe es mir auch beschafft – es gibt ja schon Möglichkeiten, sich so etwas zu beschaffen – und war eigentlich, sage ich ganz offen, entsetzt über diese Stellungnahme, die ja an und für sich sehr schwach ist. Es ist ein Auftragsgutachten, ein sehr schwaches.

Der Fall der Snoras Bank in Litauen, die da als klassisches Paradebeispiel erwähnt wird, wie man eine Insolvenz machen kann, ist ja lächerlich. Die Bank hatte 2,5 Milliarden Bilanzsumme, die Hypo hatte zu diesem Zeitpunkt 26 Milliarden. Die Bank war nur in Litauen, die Hypo war in sieben oder acht Ländern tätig. Die Bank hatte zwei Oligarchen als Eigentümer, die Hypo hatte den Staat Österreich als Eigentümer. Und die Bank in Litauen ist in ihrer Bilanzsumme um die Hälfte geschwunden, weil sich die zwei Oligarchen mit den Vermögenswerten irgendwohin in panamesische Gefilde abgesetzt haben. (Abg. Kogler: Ja!)

Also wenn ein seriöses Unternehmen wie Oliver Wyman, das ich schätze und kannte, mit so einem Gutachten kommt, dann kann ich nur sagen: Na danke, Auftraggeber, da hast du dir den Richtigen ausgesucht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Gut, dieses Beispiel haben Sie qualifiziert. Wir wissen ja auch voneinander, welche Meinung wir haben, die über etliche Strecken ja nicht die gleiche ist, aber darauf wollte ich gar nicht hinaus, sondern eben darauf, dass es ja offenkundig war – und das haben Sie eigentlich jetzt schon beantwortet, mit all Ihren inhaltlichen Einschätzungen dazu –, dass Sie als Vorsitzender der Taskforce nicht einmal informiert worden sind, dass dieses in Auftrag gegeben wird. (Auskunftsperson Liebscher: Richtig!)

Wie immer man dazu stehen mag – meine Bewertung dazu ist die, dass man das nur möglicherweise auf eine Regierungsumbildung oder Neubesetzung des Ministeriums zurückführen kann, denn: Der eine Zug fährt mit 220 in die eine Richtung, der andere in die andere, da kann man nicht mehr erklären, dass das eine gescheite Fahrdienstleitung ist.

Das haben wir hier noch nicht richtig bearbeitet, deshalb haben wir auch dieses Dokument genommen, aber es war ja schon länger so, auch ohne Wahlen und Umstrukturierung von Ministerien an der Spitze.

Jetzt zu Herrn Ditz; sein letzter Brief an Frau Fekter vom 22.5. liegt Ihnen schon vor. Da geht es nicht nur um die Bad Bank, er moniert auch über den größten Teil, er als Aufsichtsratsvorsitzender, dass zu seinem „Bedauern“ – das ist jetzt wortwörtlich – die „diversen Expertengremien“ alles angelagert bekommen an Verantwortung. Da meint er auch Ihre Taskforce, aber egal.

Als Vorsitzender des Aufsichtsrates verlangt er (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen), dass das jetzt zu den hiefür zuständigen Organen zurückkommt oder – und damit schließt er – die „Experten, die im Rahmen der Task Force“ – jetzt sagt er es – „beraten (…), auch die Kontrollverantwortung übernehmen sollten“.

Das war jetzt fast alles wortwörtlich, das Dokument liegt ja vor. Ich sage noch einmal die Nummer: 15081 vom BMF.

Jetzt will ich auch da nur die Frage anbringen: Wie war das Verhältnis der Taskforce, ohne Schuld zuweisen zu wollen, zu den Organen der Bank? Denn auch das ist auffällig, wie es da durcheinandergeht.

Dr. Klaus Liebscher: Ich habe natürlich eine gewisse Sympathie für diese Feststellung von Dr. Ditz, weil natürlich hier ein Organ – unter Anführungszeichen – „von außen“ eingesetzt wurde, das sich um die Geschicke des Umstrukturierungsplanes und dessen zeitgerechte Abwicklung nach Brüssel kümmern sollte; auf Wunsch der wesentlichen Exponenten der damaligen Bundesregierung. Andererseits habe ich kein Verständnis dafür, warum es so weit gekommen ist. Das ist eigentlich meine Frage.

Weil es eben zu lange gedauert hat, weil eben der letzte Bericht, der nach Brüssel gegangen ist, von Kommissar Almunia mit diesem scharfen Brief vom 14.3. zurückgeworfen wurde – in meinen Worten –, haben sich die Bundesregierung – dankenswerterweise, sage ich jetzt – oder Teile der Bundesregierung, Bundeskanzler und Vizekanzler, teilweise eben auch die Ministerin, Staatssekretäre, engagiert, dass da etwas weitergeht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das war die Begründung zur Einsetzung der Taskforce, meinen Sie.

Dr. Klaus Liebscher: Ja.

Wir haben nicht in die Bank hineinregiert, im Gegenteil. Wir haben uns ja als Begleiter verstanden, als Unterstützer, und haben viele Gespräche vor allem in der Phase, wo es noch um die Erstellung des Umstrukturierungsplanes gegangen ist, gemeinsam mit dem Vorstand geführt. Dr. Ditz weiß das möglicherweise nicht, aber wir haben Gespräche geführt, wo die Taskforce-Mitglieder und der Vorstand dabei waren; nicht immer vielleicht alle Vorstandsmitglieder, denn den COO haben wir nicht gebraucht dafür, aber der CFO, der CEO und der CRO waren wichtig. Also die drei waren immer da: Kranebitter, Edelmüller und Proksch.

Wir haben sicher mehrere Gesprächsrunden mit dem Vorstand gehabt, wo wir gewisse Erkenntnisse oder Überlegungen der Taskforce sofort dem Vorstand gegeben und sofort vom Vorstand auch eine Antwort erhalten haben, wie er das umsetzen kann, wie er es weniger umsetzen kann et cetera.

Also hineinregiert, wie Ditz meint, wurde sicher nicht, sondern es wurde eine klare Beraterhaltung der Taskforce gegenüber dem Vorstand eingenommen. Und was der Vorstand dem Aufsichtsrat oder seinem Vorsitzenden gesagt oder nicht gesagt hat, das weiß ich nicht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Gut.

Wir haben eine weitere Organdifferenz jetzt schon zwischen jenen der Bank, aber Sie haben für mich jetzt alles beschrieben, auch fürs Protokoll.

Der Vorgang scheint ja der: Die Regierungsspitze – zunächst ohne Ministerin –, Faymann und Spindelegger, wird nach dem Alarm der Kommission endlich aktiv, richtet die Taskforce ein. Sie haben mit Ihrer Erfahrung angenommen. Frau Fekter muss irgendwie mit. Und derjenige, der als Aufsichtsratsvorsitzender bis dahin zumindest lang geglaubt hat, die Geschicke mitbeeinflussen zu können – zuerst mit Turnaround, dann hat er gesehen, so geht es nicht –, beschwert sich aber dann, dass jetzt wieder andere kommen, von denen er nichts weiß, die aber eh mit dem Vorstand reden.

Also wenn schon kein Organstreit, sozusagen unterbrochene Informationsketten – wir werden das noch extra bewerten müssen.

Zu wieder etwas anderem, in einer ähnlichen Liga, aber durchaus erfreulich aus meiner Sicht für die Bewertung der Arbeit der FIMBAG – trotz Rechnungshof-Kritik, sage ich jetzt dazu –: Wir kommen noch einmal zum Mai und Juli 2009. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) – Weil das noch nicht vorgelegt wurde.

Für die anderen: Es geht jetzt um Ihre Bewertung des Viability-Reports. Das ist schon die dritte Runde. Sie schmeißen es zweimal zurück, Sie haben alles erklärt: weil das nicht brauchbar ist. Auch die Wirtschaftsprüfer haben gesagt, da kann man nichts testieren, weil das so unbrauchbar ist. Jetzt muss es aber sein, und jetzt kommunizieren Sie das aber an das Bundesministerium.

Ich möchte die Aufmerksamkeit auf Seite 2 von 6 legen, in der unteren Nummerierung. Sie – das ist eher für die Mitglieder hier, Sie wissen es ja –, schreiben da, dass „eine Rückführung des Partizipationskapitals bis 2018“ – Stand 2009; in fünf Jahren hätten sie es zurückzahlen sollen, oder von damals weg in vier Jahren – „nicht aus eigen erwirtschafteten Mitteln möglich“ ist, und dass das „Ergebnis vor Steuern auch 2011 noch negativ“ sein wird.

Das schreiben Sie mitten in der Hälfte zwischen PartKapital-Gewährung und dieser sogenannten Notverstaatlichung, und das schreiben Sie an Herrn Lejsek vom Ministerium.

Ich wollte Sie nur fragen, weil Sie es nur indirekt angedeutet haben: Haben Sie jemals von Herrn Lejsek, oder damals war es noch der Herr Bundesminister, eine Reaktion auf diese Art von inhaltlichem Alarmruf bekommen, also vom Ministerium, denen sind Sie verpflichtet, denen schreiben Sie ja nachweislich?

Dr. Klaus Liebscher: Vom Herrn Bundesminister in der Direttissima sicher nicht, und ich glaube auch, dass das nicht seine Aufgabe gewesen wäre, aber von Herrn Lejsek, nicht schriftlich, aber sicher ist das dann irgendwann einmal behandelt worden. Aber eine unmittelbare Reaktion? – Nein.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Haben Sie sich dann in der FIMBAG darüber unterhalten, dass Ihnen das seltsam vorkommt?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, ich glaube nicht, weil wir davon ausgegangen sind, dass ja das schon der Zeitpunkt war, da ist schon der Umstrukturierungsbericht, also dieser Viability-Report nach Brüssel geschickt worden. – Zum einen.

Und zum Zweiten hat ja die Bank damals schon diesen Asset Review über PwC in Auftrag gegeben gehabt. (Abg. Kogler: Gleichzeitig fast!) – Gleichzeitig, auch im Juli, das haben sie Ende Juni, glaube ich, im Vorstand beschlossen gehabt und uns dann im Juli informiert, dass es das gibt. Und daher bin ich – ich kann nur für mich sprechen – wahrscheinlich davon ausgegangen: Jetzt warten wir alle einmal ab, was beim Asset Review herauskommt.

Was ich ja nicht wusste zum damaligen Zeitpunkt, ist, dass das eigentlich vier Monate gedauert hat, von Juli bis November, weil … Aber sonst keine Reaktion.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich halte wieder für mich fest und verweise auf die Auskunftsperson Wala – das war ja Ihr Vorstandskollege, der hat das nicht so charmant umschrieben –, dass ihn das schon verwundert oder geärgert hätte – ich habe es nicht wortwörtlich –, dass die Ministeriumsspitze überhaupt keine Reaktion zeigt und Sie sich dann vom Rechnungshof etwas anhören müssen.

Ich will das jetzt für die weitere Bewertung offenlassen, aber es ist teilweise untergegangen, dass das ja ein dramatischer Hinweis war, denn 2014 hätten die auf Heller und Pfenning zurückzahlen sollen. Im Übrigen führen Sie noch aus, dass die nicht einmal die Zinsen zahlen können. Also schlimmer geht es, ehrlich gesagt, nicht mehr. Sie haben es im Rechnungshofausschuss auch schon erwähnt, wir waren uns an dieser Stelle einig. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) – Dann ist das jetzt auch einmal für diese Runde miteingearbeitet.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Zuerst vielleicht einmal etwas Grundsätzliches: Warum wurde die Taskforce überhaupt gegründet? Was war der Sinn der Sache?

Dr. Klaus Liebscher: Ich nehme an, dass man durch die Gespräche zwischen Bundeskanzler und Vizekanzler im Frühling 2013 nach dem Schreiben von Kommissar Almunia wegen Hypo und all dieser Androhungen oder Forderungen, die da drinnen waren, erkannt hat: Es ist Handlungsbedarf Richtung Brüssel. Da Kommissar Almunia ja auch erwartet hat – und das ist aus einem Gespräch, das er mit der Ministerin, glaube ich, Anfang April geführt hat, herausgekommen –, dass bis Ende Mai ein Umstrukturierungsplan, der für die Europäische Kommission tauglich ist, geliefert werden muss, hat sich die damalige Regierungsspitze gedacht – das ist meine Interpretation, ich war bei dem Gespräch der beiden Herren ja nicht dabei –, wir müssen jetzt Druck ausüben, damit das zeitmäßig über die Runden geht und wir nicht zu einer Rückabwicklung des ganzen Beihilfeverfahrens – das wäre ja die Konsequenz gewesen – veranlasst oder gezwungen werden.

So hat man sich dann wahrscheinlich gedacht, setzen wir jene Akteure zusammen, die am meisten mit der Hypo zu tun haben, und das ist auf der einen Seite natürlich die Nationalbank gewesen, das ist das Finanzministerium gewesen, das ist die FMA gewesen, das war die FIMBAG, aber eher als Personen und nicht als Institutionen. Die sollen die Hypo bei der Erstellung und Ausarbeitung des Umstrukturierungsplans beraten. Das war der Anlass.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum glaubte man, dass weder der Aufsichtsrat oder Aufsichtsratsvorsitzende noch der Vorstand dazu in der Lage wären?

Dr. Klaus Liebscher: Ich kann das natürlich jetzt nicht so beantworten, weil ich ja die Interpretation nicht für einen Dritten übernehmen kann. Ich glaube, man hat nur erkannt, dass aus der Ecke der Politik auch Handlungsbedarf besteht – meines Erachtens zu Recht –, und wir geben daher der Bank oder ihren Organen, aber in erster Linie dem Vorstand, ein Beratungsgremium bei, das nichts kostet, außer dass es Zeit verwendet, und die Geschicke mit dem Vorstand bespricht und die Relationen nach Brüssel hält und bespricht, wie wir uns hier am besten bewegen können.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, wenn ich Sie richtig verstehe: Da gibt es sozusagen die ökonomische Sicht, die Vorstand und Aufsichtsrat vertreten, in erster Linie für die Bank, und dann gibt es die politische Sicht in erster Linie für den Steuerzahler. – Kann man das so sehen?

Dr. Klaus Liebscher: Da bin ich natürlich jetzt nicht zuständig dafür, sondern ich glaube, wir mussten einen Restrukturierungsbericht nach Brüssel liefern, der den Vorstellungen der Europäischen Kommission entspricht, und natürlich hat man dabei – das unterstelle ich sowohl für den Vorstand der Bank als auch für die Politik – möglichst kapitalschonende, also den Steuerzahler entlastende Maßnahmen vornehmen wollen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Brüssel wollte in erster Linie, dass die Bank auf eigenen Füßen steht und möglichst wenig Beihilfen braucht. – Ich glaube, das kann man so zusammenfassen, oder?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, das kann man so nicht zusammenfassen, denn Brüssel wollte einen Plan: Wie hat die Bank ihr nachhaltiges Geschäftsmodell sichergestellt?

Brüssel hatte von Anfang an Zweifel am Geschäftsmodell der Bank, und daher war die Brüsseler Haltung nicht: Wir wollen, dass du auf eigenen Beinen stehst!, sondern: Wir wollen von dir wissen: Wie kannst du sicherstellen, dass du auf eigenen Beinen stehst, denn wir haben Zweifel!?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ist das nicht das Gleiche?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, also aus meiner Sicht nicht; vielleicht aus Ihrer, aber aus meiner nicht. Ich glaube, wir reden höchstens aneinander vorbei, aber nicht gegeneinander.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Brüssel wollte, dass die Bank am Leben bleibt beziehungsweise sagt, wie sie am Leben bleiben kann. – Okay, darauf können wir uns einigen. (Auskunftsperson Liebscher: Das, der zweite Teil, ist wichtig, nicht der erste!) Okay, der zweite Teil. Das heißt, Brüssel wollte einfach nur hören: Das ist unser Konzept, so können wir langfristig überleben, ohne zusätzliche Staatshilfe!

Dr. Klaus Liebscher: Nein, das ist nicht unbedingt das Thema gewesen, denn es ist ja dann im Bescheid auch Staatshilfe genehmigt worden. Es sind ja Kapital bis zu 5,5 Milliarden oder 5,4 Milliarden und 3,5 Milliarden Liquidität im Bescheid genehmigt worden. Das war nicht das Thema.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber darüber hinaus halt nicht?

Dr. Klaus Liebscher: Aber darüber hinaus nicht mehr. (Abg. Lugar: Genau!)

Aber das Thema war: Liefere mir den Nachweis, dass du ein nachhaltiges Geschäftsmodell hast und dass du ein qualitativ gutes Neugeschäft hast! Das waren die zwei Kardinalthemen, die ständig bei der Kommission aufgeschlagen haben und die nicht immer zur Zufriedenheit durch die Bank in Richtung Kommission beantwortet wurden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay. Das heißt, diese Forderung klingt für mich nach einer klassischen Aufgabe für den Vorstand beziehungsweise das Kontrollorgan Aufsichtsrat. (Auskunftsperson Liebscher: Welches Forum?) – Für den Vorstand. Das heißt, diese Aufgabe, die da von Brüssel gekommen ist (Auskunftsperson Liebscher: Ja!), das ist ja nichts Abstraktes (Auskunftsperson Liebscher: Nein!), das ist ja an und für sich für jedes Unternehmen eine Selbstverständlichkeit.

Dr. Klaus Liebscher: Ist Aufgabe des Vorstands und des Aufsichtsrats.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Genau.

Und jetzt gibt es zusätzlich noch eine Taskforce. Das macht doch nur Sinn, wenn sie zusätzliche Aufgaben abdeckt, nämlich: möglichst steuerzahlerschonende Vorschläge zu machen. – Kann man das so sagen?

Dr. Klaus Liebscher: Ja, aber gemeinsam mit der Bank natürlich und anhand der von der Bank zu liefernden Zahlen. (Abg. Lugar: Ja, natürlich!) Die Idee des Herrn Bundeskanzlers und des Vizekanzlers war sicher nicht, noch zusätzliches Steuergeld zu verschwenden (Abg. Lugar: Genau!), sondern: Wie können wir sicherstellen, dass die Bank in geordneten Fahrwässern mit Brüssel einen Accord findet?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Genau.

Ich versuche nämlich, mir auszumalen, warum man jemanden, der in der Bank sitzt, auch in die Taskforce setzt; diese Doppelbesetzung versuche ich, mir zu erklären. Sie haben mir die Erklärung geliefert: Auf der einen Seite erfüllt man die Aufgaben, die in einer Bank notwendig sind, und auf der anderen Seite hat man auch die politische Komponente, eben die Steuerzahler mitzuberücksichtigen.

Dr. Klaus Liebscher: Ja, aber ich war am 30. April, das ist schon richtig … Am 30. April wurde ich zum Aufsichtsratsmitglied gewählt, und am 8. Mai war die Etablierung der Taskforce, also acht oder neun Tage später. Das stimmt schon so, aber ich glaube, dass man damals einen Objektiven gesucht hat – und so habe ich meine Rolle eigentlich auch empfunden, das können Sie mir schon abnehmen –, der die Interessen sozusagen beider Seiten wahrnimmt.

Wenn ich als Aufsichtsratsvorsitzender, was ich später wurde, in einer dem Staat gehörenden Bank sitze, ist für mich klar, was meine Rolle als Aufsichtsrat ist. Das Aktiengesetz und die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats und die Weisungsfreiheit des Vorstandes und so weiter sind mir schon bewusst, aber auf der anderen Seite war ich auch immer überzeugt, ich muss Eigentümerinteressen mitberücksichtigen, und die Interessen des Eigentümers sind die Interessen der Republik Österreich.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, außer bis zu dem Punkt, den Sie vorhin angesprochen haben: wenn es gegen die Interessen der Bank läuft, im Sinne einer Insolvenz. Da konnten Sie nicht mit. Das heißt, Sie haben diese Funktion – Schutz des Steuerzahlers – nur bis zu dem Punkt wahrnehmen können, wo Sie durch Ihre Position als Aufsichtsratsvorsitzender gebunden waren. – Kann man das so sagen?

Dr. Klaus Liebscher: Da würde ich Ihnen jetzt nicht widersprechen wollen, weil ich nicht genau weiß, ob es nachteilig oder vorteilhaft ist. (Abg. Lugar: Ja, das heißt …!) – Das ist mir jetzt egal, ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Genau. Das heißt, man musste wissen, als man Sie besetzt hat, dass Sie nicht zu 100 Prozent frei entscheiden können, weil Sie eben in diesem Punkt gehemmt sind. Sie können nicht für eine Insolvenz stimmen, das ist unmöglich, das geht gar nicht.

Dr. Klaus Liebscher: Nein, das hat damit nichts zu tun, sondern das hat damit zu tun, dass ich nach wie vor bis heute, bis zu dieser Stunde, überzeugt bin – im Gegensatz zu vielen anderen, das weiß ich ja –, dass die Insolvenz nicht gut für den Steuerzahler gewesen wäre, und das deckt sich dann mit meiner Position im Aufsichtsrat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Trotz des Wyman-…, das kennen Sie ja. Soll ich Ihnen das zeigen (ein Schriftstück in die Höhe haltend) oder kennen Sie das, dieses …?

Dr. Klaus Liebscher: Ich weiß jetzt nicht, ich kann leider nicht so weit sehen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es kommt gleich, und zwar ist das das Dokument 13021. Das ist das Wyman-Gutachten, diese Übersicht über die volkswirtschaftlichen Effekte. Da ist die Insolvenz unglaublich positiv dargestellt. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Sie haben gesagt, Wyman ist nicht sehr glaubwürdig, weil eben ein falsches Beispiel gewählt wurde. Aber es wurden auch viele sehr treffende Beispiele gewählt beziehungsweise treffende Aussagen gemacht. Noch dazu war das erste Gutachten, das Vorabgutachten, gratis. Da wusste man das ja schon, und dann hat man auch noch Geld bezahlt, um das noch einmal schriftlich zu bekommen.

Können Sie mir erklären, warum man das gemacht hat, wenn man es eh für nicht valide gehalten hat?

Dr. Klaus Liebscher: Ich habe das Gutachten ja nicht in Auftrag gegeben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie kennen es?

Dr. Klaus Liebscher: Nein. Ja, heute, ich kenne es jetzt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Damals kannten Sie es nicht?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, zu dem Zeitpunkt, als es veröffentlicht oder in Umlauf gebracht wurde, kannte ich es nicht. Da waren Sie gerade nicht im Saal, wie ich darüber schon mit Herrn Abgeordnetem Kogler im Dialog war.

Ich kannte das Gutachten nicht – oder diese Stellungnahme, Gutachten ist es ja keines –, diese Stellungnahme nicht. Ich habe sie mir dann irgendwie beschafft, ich habe sie im „FORMAT“ gelesen. Es wurde hier durch Herrn Abgeordneten Kogler auch auf einen Schriftverkehr zwischen mir und dem Finanzministerium Bezug genommen, worauf ich dann gesagt habe, ich weiß nicht, woher es kommt. Ich finde es nur eigenartig, dass es dem Vorsitzenden weder des Aufsichtsrats, wenn Sie so wollen, noch der Taskforce bekannt gegeben wird. Ich verzichte aber auch auf eine weitere Zustellung, weil ich es eh schon im „FORMAT“ gelesen habe.

Also beauftragt, soweit ich weiß, wurde das Gutachten vom Finanzministerium oder von Teilen des Finanzministeriums. Ob es eine kostenlose Vorversion, eine bezahlte Nachversion gab, weiß ich nicht, aber offensichtlich war es beauftragt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay.

Das heißt, Sie haben als Taskforce Vorschläge gemacht. Ihr präferierter Vorschlag war, dass man die anderen Banken in die Lösung einbezieht, eine sogenannte Bankenbeteiligung macht. Das war Ihr präferierter Vorschlag ganz oben auf der Liste der Dinge, die Sie sich vorstellen konnten. (Auskunftsperson Liebscher: Richtig!)

Jetzt ist es so, dass die Banken einverstanden gewesen wären – zumindest sagen Sie das in einem Bericht –, wenn man ihnen im Umfang von 300 Millionen entgegengekommen wäre, was die Bankenabgabe betrifft. – Ist das soweit richtig?

Dr. Klaus Liebscher: Sie sind noch nicht fertig – ich möchte den ganzen Satz hören.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, das ist der Satz.

Dr. Klaus Liebscher: Ach so, dann muss ich ein bisschen relativieren. Die Ausgangsbasis beim Projekt Lux innerhalb der Bank und damit auch für mich in der Taskforce, aber auch als Leiter des Steering Committees des Projektes Lux in der Bank war eben der Eindruck, der in Österreich war: Wir müssen schauen, dass wir eine defizit- und staatsverschuldungsarme Lösung herbeiführen.

Daher war damals die Überlegung, wie wir so etwas machen können. Und da war auch die internationale, allerdings leider schon auslaufende Situation: Wenn es gelingt, eine private Beteiligung in mehrheitlicher Form auf die Beine zu stellen, für den Ankauf oder für die Verwertung einer solchen Gesellschaft – einer Bank in dem Fall –, dann fällt es nicht unter den Begriff der Staatsverschuldung.

Daher war mein Bestreben – das sage ich natürlich schon, klarerweise –: Schauen wir, ob wir eine Lösung finden, wo wir Private beteiligen können und der Staat allenfalls nur in einer Minderheitsposition oder vielleicht gar nicht in einer Position sein muss. Und damit wird das Thema Staatsverschuldung, das eben für die Regierung und für die Ministerin damals – da muss man jetzt auch Juli, August und so weiter 2013 mitberücksichtigen, die Zeiten noch, da war sie ja Ministerin – … Das will ich ihr daher ermöglichen, dass wir vielleicht einen Ausweg finden.

Es gab diese Beispiele mit solchen Beteiligungsmodellen in Spanien, in Irland. Daher war das ein Modell: Schaffen wir einen Fonds, in den Fonds zahlen die Banken eine Art Mitgliedsbeitrag ein, und der Fonds übernimmt ein SPV, das dann speziell alle Assets der HBInt hat, nach Möglichkeit mit Ausnahme des SEE-Netzwerkes. Auf diese Art und Weise können wir über die Runden kommen, dass wir nicht mit 6 oder 7 Prozent in die Staatsverschuldung eingerechnet werden.

Das Problem, das sich dann aber gezeigt hat, war, dass zum einen die Regierung nicht sehr begeistert war, sich ein Thema Bankensonderabgabe wegnehmen zu lassen (Abg. Lugar: Das können Sie gleich ausführen, das wäre meine nächste Frage gewesen!), weil die Banken mir ihrerseits sehr bald signalisiert haben: Oh ja, wir sind nicht begeistert von dem Modell, das ist ja ganz klar, aber wenn es darauf ankommt, sind wir willens, das zu tun – das waren die drei Großbanken, Erste Bank, Bank Austria und Raiffeisen, mit denen ich damals gesprochen hatte, deren Chefs –, dass wir uns aber erwarten, dass uns die Regierung dann bei der Bankensonderabgabe entgegenkommt, entweder auf null geht oder zumindest deutliche Nachlässe gibt.

Ich war deshalb auch sehr für diesen Beteiligungsfonds, weil ja damals noch nicht realisiert, aber schon in Aussicht gestellt war, dass die europäischen Banken im Zuge der Bankenunion in den Folgejahren ja diesen Bankenabwicklungsfonds, Restrukturierungs-/Abwicklungsfonds aufbauen müssen, der sie, wie wir jetzt wissen, ungefähr 170 Millionen pro Jahr kostet und der über zehn Jahre aufgebaut werden muss.

Mein Gedanke war: Machen wir so einen Beteiligungsfonds. Den könnten wir zwar zunächst vielleicht in erster Linie für die Hypo verwenden, aber in Wirklichkeit wäre es eigentlich ein Abwicklungsfonds auch für die Zukunft, wenn ein anderer Problemfall auftaucht. Darum war ich sehr dahinter, gestehe ich schon, dass wir diesen Beteiligungsfonds oder dieses Beteiligungsmodell, wie es dann geheißen hat, schaffen. Aber ich wusste – und das haben wir schon am 8. November 2013 dem Herrn Bundeskanzler und dem Herrn Vizekanzler gesagt, Nowotny und ich –, die Banken spielen nur mit, wenn die Bankensonderabgabe reduziert wird oder wegfällt.

Dazu hat man uns damals gesagt: Ja, und wie ist denn das mit der Statistik? – Ich habe gesagt: Na das müssen wir prüfen; Statistik ist ein unangenehmes Thema, weil Eurostat zu so einer Variante zustimmen muss! – Aber jetzt sind wir in den Koalitionsverhandlungen, und erst, wenn eine neue Regierung da ist, reden wir weiter! Drehen Sie, Liebscher, einmal eine Runde oder wie auch immer mit den Banken und klären Sie, wie das ist! Woraufhin ich also meine Runden mit den Banken gedreht habe. Die haben mir wieder erklärt: Ja, wir sind bereit, das zu machen, aber nur mit Entfall der Bankensonderabgabe.

Dann haben wir einen Bericht …, dann waren auch Gespräche mit Eurostat, mit Statistik Austria. Das war am Anfang recht konstruktiv, ist dann aber schwieriger geworden. Im Jänner gaben wir einen vorläufigen Abschlussbericht an die Regierung, wo ganz klar drinnen war, wie Sie richtig sagen: bevorzugt ein Beteiligungsmodell – mit dem Hintergedanken, den ich erwähnt habe, nämlich eine große Bankenabwicklungsfonds-Lösung zu schaffen, wenn das aber nicht geht, gibt es andere Modelle.

Ich habe dann am 27. Jänner 2014 mit Bundeskanzler, Vizekanzler und Gouverneur Nowotny ein Gespräch gehabt, wo erklärt wurde: Ja, das ist alles sehr interessant, wir bedanken uns sehr dafür. Und wegen dieser Beteiligungsfonds-Geschichte, Herr Dr. Liebscher, reden Sie noch einmal mit den Banken, wie die das wirklich sehen!

Ich habe also dann meine dritte Runde mit den Banken geführt, wieder mit dem Ergebnis, dass man mir gesagt hat: Lieber Freund – entschuldigen Sie, wenn ich lieber Freund sage; Herr Abgeordneter Kogler, das letzte Mal haben Sie mir das vorgehalten; ich sage daher jetzt –, lieber Klaus, wir glauben dir alles, was du uns sagst, aber erstens haben wir dir schon dreimal gesagt, wir haben eine Reduktion der Bankensonderabgabe als Wunsch, und zweitens wollen wir einmal mit der politischen Ebene sprechen, denn du kannst ja nicht für die Politik verhandeln. – Was ja völlig richtig ist.

Dann ist es endlich am 10. Februar zu der Gesprächsrunde gekommen. In dieser Gesprächsrunde am 10. Februar, bei der der Herr Bundeskanzler, der Herr Vizekanzler, Herr Staatssekretär Schieder, Ostermayer, Herr Pesendorfer von der Statistik Austria … (Zwischenruf des Abg. Krainer.) – Bitte? (Abg. Krainer: Schieder war da nicht mehr Staatssekretär!) – 2014, nein, da war er schon Klubobmann, Entschuldigung, aber ich glaube, er war trotzdem – nein, vielleicht war er auch gar nicht dabei.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): So genau brauchen wir das nicht. (Abg. Kogler: Die Frau Steßl war dabei, Sie haben schon recht!)

Dr. Klaus Liebscher: Dann war Steßl dabei – ja, danke, Entschuldigung! –, die Nachfolgerin Steßl war dabei, Nowotny und ich und Pesendorfer von der Statistik Austria.

Und da ist dann dasselbe Thema gewesen. Einer hat gesagt, er hat starke Zweifel, dass dieses Beteiligungsmodell für Österreich überhaupt so irgendwie geht, und mit Abschlägen, aber sie würden es machen, wenn man ihnen die Bankensonderabgabe erlässt, beziehungsweise wären sie sogar bereit, die auf drei Jahre ungefähr 1,8 Milliarden im Voraus zu bezahlen, aber nachher muss sie weg sein.

Auf der andere Seite war Kollege Pesendorfer von der Statistik Austria, der meinte – also ich verkürze jetzt –, aufgrund verschiedener Änderungen, die sich im Zuge auch bei Eurostat in der Beurteilung gegenüber früher ergeben haben, ist dieses Beteiligungsmodell aller Wahrscheinlichkeit nach nicht realisierbar und wird von Eurostat nicht akzeptiert werden. Aufgrund dessen hat dann der Herr Bundeskanzler gesagt: Gut, das mit der Bankensonderabgabe ist bekannt – ist nicht gerade seine größte Freude gewesen –, die Statistik Austria ist auch eher dagegen, daher vergessen wir dieses Beteiligungsmodell.

Die Banken, kann ich nur sagen, wären bereit gewesen. Es wäre also falsch – wie irgendwann nachher geschrieben oder gesagt wurde –: Die Banken haben ihre Mitwirkung abgelehnt. – So kann man das nicht sagen. Die Banken haben ihre Mitwirkungsbereitschaft erklärt, aber vorbehaltlich der Abschaffung der Bankensonderabgabe. Also so war die Realität.

Aufgrund dessen hat dann die Regierungsspitze – dann ohne Banken – in der Sitzung nachmittags am 10.2. entschieden, dass wir das sogenannte Anstaltsmodell machen, wobei wir ja beim Anstaltsmodell immer zwei Varianten verstanden haben: eine Anstalt deutscher Prägung, wo also der Staat …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist schon die nächste Frage, das kommt erst später.

Gehen wir noch einmal zurück! Das heißt, die Beteiligung der Banken hat aus meiner Sicht für den Steuerzahler ja nur Vorteile, denn das Risiko, das über das hinausgeht, was zu dem Zeitpunkt absehbar war, bleibt ja letztlich bei den Banken (Auskunftsperson Liebscher: Nein!) und damit nicht beim Steuerzahler.

Oder wäre das abgesichert gewesen?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, das Risiko wäre eben nicht bei den Banken geblieben. Das habe ich ja voll verstanden, dass die Banken mit Recht sagen: Wir können doch nicht unseren Aktionären, unseren Aufsichtsräten zumuten, dass wir jetzt quasi direkt in die Hypo hineinsteigen, das geht nicht.

Daher war ja die Idee mit diesem Beteiligungsfonds, in den die Banken eine Art – wir haben damals zum Beispiel Mitgliedsbeitrag oder Genossenschaftsanteil gesagt, das ist ja alles dann nicht mehr gekommen, daher ist es ja nicht mehr im Detail verfeinert worden – Beitrag bezahlen. Und der Fonds selbst hält dann 100 Prozent an dem darunter gelagerten SPV/HBInt Assets und Liabilities.

Also die Banken wären in der Direttissima gar nicht in die HBInt hineingekommen, sondern wären nur über Mitgliedsbeiträge oben beim Fonds gewesen, und der Fonds hätte mit diesen Geldern die Verwaltung machen müssen. Beziehungsweise unten war meine Idee – oder unsere Idee –, dass wir in der HBInt in so einem Fall dann ein Management einsetzen, das Abbauerfahrungen hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Liebscher, wenn ich Sie richtig verstehe, dann ist der Fonds zwar eigenständig, aber die Assets gehören dem Fonds. Das heißt, wenn die Assets schlechter sind als vermutet, dann muss dieser Fonds dort halt die Mitgliedsbeiträge länger investieren. – Stimmt das? (Auskunftsperson Liebscher: Ja, richtig!)

Also in Wirklichkeit wäre das Problem vom Steuerzahler auf die Banken übergegangen, und die hätten das möglicherweise über Jahre, vielleicht über Jahrzehnte abgearbeitet.

Dr. Klaus Liebscher: Letzteres kann sein, ersteres ist nicht ganz so, weil natürlich die 625 Millionen – jetzt bin ich fair genug, das schon so zu sagen –, die der Bankensektor an das Budget ja allgemein bezahlt hat und die dann in diesen Fonds hineingegangen wären, ja letztlich dem Steuerzahler fehlen oder dem Budget über das Budget fehlen. – Verstehen Sie, was ich meine?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber es wäre viel eleganter gewesen.

Dr. Klaus Liebscher: Die Umwidmung wäre elegant gewesen, weil die Banken sagen: Wir zahlen in den Fonds und bauen so einen Abwicklungsfonds über die Jahre eben auf. – Aber natürlich fehlen im Grunde genommen dann dem Finanzminister oder der Regierung die 625 Millionen pro Jahr, die über die Bankenabgabe in das allgemeine Budget – das war ja keine Zweckwidmung – hineinbezahlt wurden. Das heißt also, der Steuerzahler hätte meines Erachtens indirekt schon auch über die nicht mehr vorhandene Bankensonderabgabe einen Nachteil gehabt, wenn man so will.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, nur man muss halt auch sehen, dass der Steuerzahler ja ohnehin zahlt, auch im jetzigen Modell.

Also wenn man es in der Nachschau betrachtet: Sind Sie immer noch der Meinung, dass diese Bankenbeteiligung für den Steuerzahler besser gewesen wäre?

Dr. Klaus Liebscher: Da waren Sie nicht hier herinnen, glaube ich, als ich gesagt habe, selbst beim Anstaltsmodell oder beim deregulierten HETA-Modell, das wir ja jetzt haben, das ja quasi auf dem Anstaltsmodell beruht – also die heutige HETA –, ohne dass ich jetzt meine Nicht-Entbindung verletze: Was am Ende rauskommt, wissen wir erst am Ende! Also ob der Steuerzahler über das Beteiligungsmodell oder über das heutige Modell oder über ein noch drittes Modell besser oder schlechter gefahren wäre, das kann im Vorhinein meines Erachtens niemand seriös ausrechnen, weil …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum haben Sie es dann empfohlen, wenn Sie das nicht einschätzen können?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, empfohlen haben wir es ja unter einem anderen Titel; empfohlen haben wir es unter dem Titel Schonung der Staatsverschuldung.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha, also Verstecken der Staatsschulden, denn in Wirklichkeit sind die ja trotzdem da.

Dr. Klaus Liebscher: Nicht das Verstecken der Staatsschuld, sondern: Sie erinnern sich doch auch, hoffe ich, dass damals, im Sommer 2012, die Staatsverschuldung ein wesentliches Thema für die nicht so sehr geliebte Bad Bank war. Und dann in der Folge haben wir dann, im Jahr 2013, eben dieses Thema Abbaueinheit forciert.

Aber ich wusste, dass das natürlich ein Thema ist: 18 oder 19 Milliarden Hypo in eine Abbaueinheit sind ungefähr 6 Prozent Staatsverschuldungsanstieg bei damals geschätzten 300 Milliarden Bruttonationalprodukt. Also wie können wir das minimieren? – Die Idee war ja, dass das mit diesem Beteiligungsfonds, wenn Private beteiligt sind – das war das SAREB-Beispiel, das war das NAMA-Beispiel –, dann geht. Das war eigentlich die Grundidee; also nicht verstecken, sondern dem Staat helfen. Das ist aber meines Erachtens nicht illegitim. Warum soll ich mit Gewalt eine Lösung verhindern, die dem Staat hilft?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum haben das dann die Statistik-Behörden abgelehnt?

Dr. Klaus Liebscher: Weil sich die Zeiten geändert haben. Wissen Sie, als die Deutschen mit ihrer allgemeinen Ersten Abwicklungsanstalt im Jahr 2010 oder 2011 schon begonnen haben, war die Statistik, Eurostat, noch auf einem anderen Niveau. Da ist zum Beispiel noch die Regelung gewesen – die hätten wir dann kaum mehr erwirken können –, dass man die Werte, die Assets, also die Kredite oder Beteiligungen, zum Buchwert in die Abwicklungsanstalt einbringen kann. Das ist in der Zeit, in der wir dann dieses Thema diskutiert haben, gar nicht mehr so einfach gegangen.

Zweitens wollten die Eurostat-Leute: Dieses Beteiligungsmodell muss eine Rendite erwirtschaften können, es muss Dividenden zahlen, es muss eine beschränkte Laufzeit haben, also maximal zehn Jahre. – Das haben wir eigentlich dann erst über die Statistik und vor allem über die Rückmeldungen von Herrn Dr. Pesendorfer aus Luxemburg über Eurostat erfahren. Und darum war dann dieses Beteiligungsmodell auch nicht mehr so im Fokus der Politik.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer von der Politik war denn dem gegenüber ganz ablehnend? Herr Nowotny war ja am Anfang … (Auskunftsperson Liebscher: Ablehnend gegenüber was?) – Na gegenüber diesem Beteiligungsmodell. Das war ja schon vorher, bevor die Statistikbehörden gesagt haben, dass das möglicherweise nicht optimal ist. Vorher war die Politik ja auch eher abwartend beziehungsweise eher aufschiebend unterwegs.

Dr. Klaus Liebscher: Die Politik war in ihrer Entscheidung aufschiebend unterwegs, weil sie eben gesagt hat: Überprüft noch die verschiedenen Optionen, die es hier gibt zwischen Beteiligungsmodell und den verschiedenen Anstaltsmodellen!, aber ablehnend gegenüber dem Beteiligungsmodell war bis zum 10. Februar 2014 niemand.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und dann war aber Herr Nowotny dem gegenüber ablehnend?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, Herr Nowotny hat mit mir gemeinsam dieses Modell am 8. November 2013 schon dem Herrn Bundeskanzler und dem Herrn Vizekanzler vorgetragen und Herr Nowotny hat sich dann am 10. Februar meiner Erinnerung nach auch noch für das Beteiligungsmodell ausgesprochen. Aber wir hatten dann den Eindruck – wie ich gesagt habe –, dass es eben einerseits mit Eurostat nicht funktionieren wird und dass andererseits die Regierungsspitze auch nicht dem Wunsch der Banken nachkommen wird, nämlich die Bankensonderabgabe zu erlassen, und damit ist das Beteiligungsmodell tot gewesen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hat es einen schriftlichen Bescheid oder schriftliche Aussagen von Eurostat zu diesen möglichen Vorgängen gegeben?

Dr. Klaus Liebscher: Ich glaube nicht. Also mir ist kein schriftlicher Bescheid bekannt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer hat da mit wem telefoniert, um das herauszufinden?

Dr. Klaus Liebscher: Ich hatte zwei Gespräche im Dezember und, ich glaube, auch einmal im Jänner mit Generaldirektor Dr. Pesendorfer von der Statistik Austria selbst, auch einmal gemeinsam mit Herrn Mag. Krakow, der ja auch eine Projektleiterfunktion in der Taskforce hatte.

Die Gespräche zwischen Statistik Austria und Eurostat, von denen ich annehme, dass sie seriös geführt wurden, wurden von Dr. Pesendorfer geführt. Dr. Pesendorfer hat das, was ich jetzt verkürzt gesagt habe wegen Rendite, Dividende, Laufzeit und so weiter, uns auch in der Sitzung am 10.2. im Bundeskanzleramt mitgeteilt.

Er wurde dann aber in weiterer Folge – ich bin ja dann ein paar Tage später aus diesen Funktionen ausgeschieden – noch beigezogen zu den Gesprächsrunden, von denen ich gehört habe, hinsichtlich der Lösung, die schlussendlich geführt wurde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie waren genau seine Aussagen? Hat er gesagt, man muss hier eben von der Laufzeit, Rendite und so weiter Dinge beachten, oder hat er gemeint, das geht gar nicht?

Dr. Klaus Liebscher: Am Schluss hat er gemeint, es geht gar nicht. (Abg. Lugar: Aha, definitiv!) Das ist mein Eindruck.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und in dieser Sekunde hat dann die Regierung die Meinung gewechselt?

Dr. Klaus Liebscher: In dieser Sekunde haben die Regierung plus die zwei Vertreter der Taskforce zur Kenntnis nehmen müssen: Wenn wir das bei Eurostat nicht durchbringen, dann hat es keinen Sinn, dass wir uns mit diesem Modell länger beschäftigen. (Abg. Lugar: Hat sich jemand …?) So gesehen ist es dann auch in Richtung der Banken beendet worden.

Aber es stimmt nicht, dass das Beteiligungsmodell gescheitert sei, weil die Banken nicht wollten, sondern das Beteiligungsmodell ist gescheitert, weil Eurostat nicht wollte oder nicht konnte – sagen wir einmal so – und andererseits auch die Regierung sicher kein Signal gesetzt hat, den Banken mit der Bankensonderabgabe entgegenzukommen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber es hat niemand direkt mit Eurostat gesprochen. Das heißt, es war reines Hörensagen, was Sie da vernommen haben?

Dr. Klaus Liebscher: Ja, aber wenn mir der Generaldirektor von Statistik Austria in Anwesenheit des Herrn Bundeskanzlers, des Herrn Vizekanzlers, zweier Staatssekretäre, des Gouverneurs der Nationalbank und des kleinen Dr. Liebscher von der FIMBAG und des Herrn Cernko, des Herrn Strobl – Rothensteiner war verhindert, an der Besprechung teilzunehmen – und des Herrn Treichl das so sagt, dann hätte ich keinen Zweifel. Da gibt es keinen Zweifel!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Man hat ja auch in anderen Bereichen um die eigenen Überzeugungen gekämpft. Ich denke jetzt gerade an das Verfahren gegen Österreich bezüglich Bankenrettung. Da hat man ja auch alle möglichen Winkelzüge gemacht, um das doch in die richtige Richtung zu bringen. Aber in dem Fall hatte man das einfach so akzeptiert?

Dr. Klaus Liebscher: Also, ob das Wort Winkelzüge richtig war, weiß ich nicht, ich war nicht dabei. Aber da unterstelle ich, dass Herr Dr. Pesendorfer in so einem Fall auch die Interessen Österreichs kennt, mitberücksichtigt, verschiedene Gespräche mit mir und Krakow hatte. Ich glaube auch, dass wir einmal gemeinsam ein Gespräch in Anwesenheit von Nowotny hatten. Ich bin mir jetzt nicht sicher, aber ich glaube, am 27. Jänner, als wir bei Bundeskanzler und Vizekanzler waren, kann es sein, dass auch Pesendorfer dabei war. Also der hat sicher auch alles bemüht. Aber es haben sich dann auch, was wir vielleicht am Anfang nicht so einschätzten oder nicht so richtig eingeschätzt haben, die Spielregeln von Eurostat in Richtung des privaten Beteiligungsmodells geändert.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie war die Stimmung? War man eher erleichtert vonseiten der Regierung – da man ja aus politischen Gründen diese Bankenabgabe ohnehin nicht abschaffen wollte –, dass das jetzt von Eurostat abgelehnt wird, oder war man irgendwie schockiert, weil man das unbedingt tun wollte?

Dr. Klaus Liebscher: Ich glaube, man hat das nüchtern, wie die Politik normalerweise ist, zur Kenntnis genommen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber, entschuldigen Sie, da war ja ein Fenster offen, wo man möglicherweise den Steuerzahler hätte schonen können. Es muss ja unglaublich enttäuschend für die Regierung gewesen sein, das jetzt nicht tun zu können.

Dr. Klaus Liebscher: Ich glaube, die Regierung hat sich darauf konzentriert: Was sind die Aussagen, die wir haben, für die einzelnen Optionen? Und wir müssen zur Kenntnis nehmen: Ich weiß nicht, wie Gespräche oder Entscheidungen in der Politik stattfinden, aber wenn man uns erklärt, das geht nicht, dann müssen wir zur Kenntnis nehmen: Es geht nicht! Da kann ich 20 Mal irgendwelche Wünsche haben. Das war ja auch manchmal gegenüber Brüssel die falsche Vorstellung von manchen Einzelakteuren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Als man Sie dreimal im Kreis geschickt hatte – wie Sie selbst erzählt haben –, um bei den Banken immer wieder nachzufragen, ist da keiner auf die Idee gekommen, vorher nachzufragen, ob das überhaupt geht? Ich gehe doch stark davon aus, dass Ihre Zeit wertvoll ist.

Dr. Klaus Liebscher: Nein, nein, parallel dazu sind natürlich die Gespräche mit Statistik Austria erfolgt; ich hatte ja selbst zwei oder drei Gespräche auch mit Herrn Mag. Krakow, mit Generaldirektor Pesendorfer von der Statistik Austria bei ihm draußen in seinem Büro.

Das war natürlich eine Phase, wo auch Dr. Pesendorfer oder wir nicht vom ersten Moment an sagen konnten, das geht oder das geht nicht, sondern da wurden schon einmal alle Für und Wider ventiliert, in den Raum gestellt. Auch Pesendorfer hat uns signalisiert, er wird sich da noch schlaumachen bei Eurostat, wie die Situationen sind. Dann dürfen Sie nicht vergessen, dann war 14 Tage Weihnachten – das kommt halt in Österreich oder in anderen Ländern auch noch dazwischen. Es ist auch nicht so, dass Sie bei Eurostat oder sonst irgendwo bei einer großen europäischen Behörde oder sonstigen Behörden innerhalb von zwei Tagen, selbst wenn Sie auf Top-Ebene anrufen, definitive Aussagen bekommen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, wenn man es genau betrachtet, ist es ja nur nicht gegangen im Sinne von: Das scheint nicht in den Schulden auf. Aber grundsätzlich wäre es ja gegangen. Man hätte diesen Fonds machen können, die Banken hätten sich beteiligen können, der Steuerzahler wäre geschont worden, aber es wäre eben trotzdem sichtbar geworden in der Staatsschuld. – Kann man das so sagen? Das war ja das, was nicht gegangen ist, dieses …

Dr. Klaus Liebscher: Das Beteiligungsmodell (Abg. Lugar: Das Beteiligungsmodell an sich hätte ja funktioniert!), wenn es gegangen wäre – aber ich gestehe, es wäre sicher nur eine sehr, sehr komplexe Lösung geworden und es hätte auch noch eine gewisse Zeit gedauert, bis man das hätte realisieren können –, hätte den Vorzug gehabt, dass es nicht in der Staatsverschuldung aufscheint. Das Beteiligungsmodell hätte aber nichts daran geändert, dass, wenn Verluste im SPV – Special Purpose Vehicle, unterhalb des Beteiligungsfonds, an dem der 100 Prozent hält – auftreten, die zunächst einmal da oben vom Fondskapital bezahlt werden müssen.

Sollten die – und das kann Ihnen niemand vorhersagen, ich sicher nicht – in drei, fünf oder sieben Jahren zusätzliche neue Verluste machen, die eventuell nicht mehr durch den ganzen Fonds gespeist werden, sodass die Republik irgendwo vielleicht gebeten wird, dann wäre es indirekt wieder der Steuerzahler.

Aber das sind jetzt Hypothesen, an denen ich mich nicht beteilige, weil wir alle nicht wissen, was am Schluss gewesen wäre, wenn.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber das war nicht meine Frage! Meine Frage war: Was ist jetzt konkret nicht gegangen: dass es eben nicht in die Staatsschuld zählt oder dass man überhaupt so einen Fonds gar nicht machen kann? (Auskunftsperson Liebscher: Das habe ich aber versucht, zu erläutern!) – Ich habe es aber nicht verstanden. – Können Sie es noch einmal versuchen? Das wäre nett.

Dr. Klaus Liebscher: Das Beteiligungsmodell ist nicht zustande gekommen. Das Beteiligungsmodell wäre jenes gewesen, bei dem Private, sprich: die Banken, überwiegend oder ausschließlich das Kapital zur Verfügung gestellt hätten. Unsere Sub-Idee war ja auch, dass sich durchaus auch die Republik Österreich – allerdings mit einer nur kleinen Minderheitsposition, wenn es zur Aufstockung des Betrages notwendig gewesen wäre – hätte beteiligen können.

Das Beteiligungsmodell heißt eben: Der Fonds beteiligt sich an der Hypo, übernimmt sozusagen die Vermögenswerte der Hypo … (Abg. Lugar: Ja, das verstehe ich alles!) – Okay.

Das Beteiligungsmodell setzt aber voraus, dass diese Grundvoraussetzungen, nämlich dass sich Banken beispielsweise oder andere private Investoren beteiligen …, dass Eurostat zu solchen Transaktionen, wo Staaten involviert sind, seine Zustimmung oder Ablehnung geben muss. Daher haben wir uns zunächst schon mit der Statistik Österreich unterhalten. Die Statistik Österreich, vertreten durch Herrn Pesendorfer, hat gesagt, sie wird das auch prüfen, mit Eurostat. Denn bei einer derartigen Einrichtung, wie es die Hypo ist, wo ein Beihilfeverfahren läuft und so weiter, geht das ohne Eurostat ja alles gar nicht. Und Eurostat gab offensichtlich die Informationen weiter. So ein Ding kann nur funktionieren, wenn eine bestimmte Mindestrendite erwirtschaftet wird, wenn jährliche Dividenden bezahlt werden, wenn eine begrenzte Lebensdauer vereinbart wird.

Da wussten wir auch, dass das schwierig wird, denn wir können bei einer Abbaueinheit heute kaum eine Mindestrendite sicherstellen. Wie soll ich dort sagen, 2 Prozent oder 7 Prozent? – Das kann ja niemand garantieren. Dividendenzahlungen, das ist ja gar nicht drin, abgesehen davon, dass das unter Umständen auch gewisse beihilfenrechtliche Themen ausgelöst hätte.

Also die Conclusio des Herrn Pesendorfer in der ominösen Sitzung vom 10. Februar war dann nach Prüfung all dessen, was er von uns, von mir und Mag. Krakow, gehört und vorgegeben bekam und aus der Taskforce heraus hatte: Das geht nicht. Und dadurch ist das Beteiligungsmodell nicht gekommen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Das ist immer noch nicht meine Frage gewesen. Meine Frage war nicht: Geht das substanziell nicht? Das heißt: Kann man so ein Modell nicht machen?, sondern: Kann man es nicht so darstellen, dass es eben nicht zur Staatsverschuldung zählt? (Auskunftsperson Liebscher: Nein, man kann es substanziell – jetzt Ihre Worte – nicht darstellen!) – Nicht darstellen oder nicht machen? (Auskunftsperson Liebscher: Nicht machen!) – Das heißt, Eurostat verbietet uns so ein Beteiligungsmodell?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, formulieren Sie das nicht so! Eurostat kann nicht verbieten, aber wenn es Eurostat nicht anrechnet auf die Staatsverschuldung, nicht akzeptiert, dann geht’s nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Genau das war meine Frage. Warum haben Sie sie nicht einfach so beantwortet? (Auskunftsperson Liebscher: Ich habe Ihre Frage, tut mir leid, nicht so verstanden!)

Das heißt, man hat das Modell nicht deshalb nicht gemacht, weil es nicht geht, denn natürlich wäre es gegangen, sondern weil man eben dann das Problem hätte, das man ja verhindern wollte, dass es dann auf die Staatsschuld durchschlägt.

Dr. Klaus Liebscher: Ich sage jetzt nichts mehr dazu, weil ich mich im Kreis drehe. (Abg. Lugar: Also stimmt das!) Ich kann es Ihnen nicht mehr besser erklären, als ich es versucht habe.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Also stimmt das, was ich gesagt habe? (Auskunftsperson Liebscher: Nein, ich habe weder gesagt, dass es stimmt, noch sonst irgendetwas! – Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) Es wäre zwar ein gutes Modell gewesen, aber da es nicht den Zweck erfüllt hätte, den man wollte, nämlich dass es nicht auf die Staatsschuld durchschlägt, hat man es nicht gemacht. Punkt. – Danke.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Krainer, Sie haben noch Restredezeit in dieser zweiten Runde. Ich gebe Ihnen das Wort. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Dr. Liebscher! Kurz zum Bankenmodell, damit wir den großartigen Vorteil für die Steuerzahler noch einmal herausarbeiten können:

Die Banken waren der Meinung: Das, was sie im Jahr 2014, 2015, 2016 an Bankenabgabe aufgrund der gesetzlichen Lage zahlen müssen, nämlich circa 1,8 Milliarden, nehmen sie in die Hand und zahlen in so einen Fonds ein. – Haben die sich verpflichtet, unbegrenzt Kapital nachzuschießen? Haben die eine Haftung des Bundes verlangt? (Auskunftsperson Liebscher: Nein, das Grundmodell wäre gewesen, dass wir …!)

Nein, jetzt einfach aus Sicht des Steuerzahlers! Also ich sage, 1,8 Milliarden (Auskunftsperson Liebscher: Aber Sie müssen mich jetzt erklären lassen, warum ...!) zahlen die nicht an Steuern, sondern bringen ein Modell ein. Das ist ja noch kein Vorteil.

Dr. Klaus Liebscher: Nein, aber lassen Sie mich doch erklären!

Wie kommen wir zu den 1,8 Milliarden? – Die Idee war, dass dieser Fonds mit 3 Milliarden, durch zehn Jahre mit 300 Millionen dotiert werden sollte. Und wenn das beispielsweise nur über die Banken läuft, dann wäre das ein Aufwand für die Banken von 300 Millionen durch zehn Jahre gewesen.

Dann haben manche Banken gesagt: Wir sind aber durchaus bereit, auch das, was wir die nächsten drei Jahre an Bankensonderabgabe bezahlen müssen, sofort zu bezahlen – nur das war die Ausgangsbasis –; denn wir wollen und können uns eigentlich auch gar nicht bilanztechnisch verpflichten, jedes Jahr 300 Millionen in einen Fonds einzuzahlen. Nur unter diesem Aspekt ist eigentlich diese Diskussion mit 1,8 gekommen. Das war ein Vorschlag der Banken, nicht von uns.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, ich kenne den. Der ist auch nicht neu, der ist ja zweieinhalb oder drei Jahre alt. (Auskunftsperson Liebscher: Ja, ich weiß! Aber nur das war die Ausgangsbasis!) – Ja, aber die wollten quasi drei Jahresbankenabgaben in den Fonds einzahlen …

Dr. Klaus Liebscher: Ja, sie haben gesagt: Wir würden die drei Jahre der Bankenabgabe durchaus in den Fonds einbezahlen, allerdings … (Abg. Krainer: Dafür gibt es erstens keine Bankenabgabe mehr …!) – Es gibt jetzt dann keine mehr und nachher auch keine mehr. (Abg. Krainer: Genau!) Denn wir haben nachher ohnehin die Belastung mit dem Bankenabwicklungsfonds, der auf europäischer Ebene kommt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, ja. Das heißt, bis 2016 ändert sich bei diesem Modell für den Steuerzahler quasi nichts, aber ab 2017 hat der Steuerzahler einen Verlust bei diesem Modell. (Auskunftsperson Liebscher: Rein mathematisch ja!) – Na ja, das ist jetzt nicht so ganz schwierig von der Mathematik her; also höhere Mathematik wäre es noch nicht.

Hätten sich die Banken verpflichtet – falls sich das nicht ausgeht mit den drei Jahren Bankenabgabenvorauszahlung –, unbegrenzt nachzuschießen, oder wollten die eine Verpflichtung des Bundes, dass darüber hinausgehende Verluste der Bund trägt?

Dr. Klaus Liebscher: Also meiner Erinnerung nach war damals die Überlegung, ab dem Jahr 2017 werden wir ja sowieso diesen europäischen Bankenabwicklungsfonds dotieren müssen. Führen wir daher – und das habe ich auch einmal eingangs bei dieser Diskussion gesagt; das war eigentlich meine Grundüberlegung – diesen Bankenbeteiligungsfonds schon als eine Art Vorgriff auf den künftigen, unter dem Regime der Bankenunion auf europäischer Ebene zu schaffenden Abwicklungsfonds herbei.

Dann wären eben normal nur mehr die Beträge gekommen, die die Banken jetzt in diesen Fonds – irgendwo habe ich gelesen oder gehört, 170, 180 Millionen, glaube ich, pro Jahr – zahlen müssen. Das wäre es gewesen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Jetzt eine Frage: In diesem Fonds gibt es eine zehnjährige Frist, bis man ein gewisse Summe erreichen muss. (Auskunftsperson Liebscher: Ja!) Wie wäre es denn bei diesem Modell gegangen, wenn auch Geld abfließt?

Dr. Klaus Liebscher: Das Geld war ja gedacht für den Fall, dass es Zuschüsse wegen Verlustrealisierungen bei der darunter liegenden HETA gegeben hätte. (Abg. Krainer: Ja, genau!) Es ist ja nicht davon auszugehen, dass sofort auf einmal 1,6 Milliarden in den Rauchfang geschrieben werden. Die Idee jeder dieser Abbaueinheiten ist ja, dass man je nach Marktentwicklung – und wir hätten uns schon Zeit lassen wollen – natürlich in den Markt hinein Volumina von 400 Millionen oder 500 Millionen mit vielleicht einem Abschlag, vielleicht mit einem kleinen Gewinn …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die Banken haben Ihnen gegenüber niemals gesagt: Wir wollen, dass der Bund für über diese 1,8 Milliarden hinaus quasi geradestehen muss für alles, was darüber hinaus …!? (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen. – Auskunftsperson Liebscher: Sie müssen natürlich auch berücksichtigen, wir sind in der …!) – Die Frage war ganz einfach: Haben die Banken das Ihnen gegenüber gesagt, ja oder nein?

Dr. Klaus Liebscher: Wir sind in der Diskussion nicht so weit gekommen, dass wir schon weiß Gott wie in die Tiefe gegangen wären. Denn als es geheißen hat, die 1,6 Milliarden (Abg. Krainer: 1,8!) oder 1,8 Milliarden werden nicht gestrichen, war das Thema ja nicht mehr zu diskutieren. Das haben wir ja gar nicht mehr notwendig gehabt.

Vorher ging es ja nur darum: Banken, seid ihr grundsätzlich überhaupt bereit, bevor man Details hat – es waren ja gar keine Details formuliert –, euch an so etwas zu beteiligen, eventuell alleine oder gemeinsam mit der Republik? – Worauf sie am Ende gesagt haben: Ja, machen wir, aber nur wenn man uns die Bankenabgabe erlässt!

Über dieses Stadium der Diskussion, Herr Abgeordneter, sind wir nicht hinausgekommen …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich schon! (Auskunftsperson Liebscher: Nein, damals nicht!) – Ich schon ein Jahr vorher. Ich finde es nur interessant, dass ich als Finanzsprecher (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen) mit Banken schon detailliertere Gespräche geführt habe, mit teilweise denselben Herren, die Sie gerade erwähnt haben … (Auskunftsperson Liebscher: Sie kommen aus der Politik, ich komme nicht aus der Politik!) – Ja, ja, ja, das ist eine gewisse Text-Bild-Schere, die ich …

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nur zur dritten Fragerunde. – Herr Abgeordneter Hable, bitte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Liebscher! Kommen wir noch einmal zurück zu diesem Dokument aus dem Jahre 2010!

Vom Inhalt dieses Dokuments haben Sie, wie Sie in der letzten Runde gesagt haben, nichts erfahren.

Jahresabschluss 2009 und bis zurück ins Jahr 2005: dass die falsch sind, auch aufgrund von bewussten Malversationen – Thema Bilanzfälschung –, das war Ihnen nicht bekannt? (Auskunftsperson Liebscher: Nein!)

Damit gehe ich weiter auf Seite 6, ganz oben (Auskunftsperson Liebscher: Das ist doch dieses Dokument vom 30. November!) – genau, 30. November 2010 –, dort ist dann die Rede davon, was passieren würde, wenn man die Beteiligungsbuchwerte der Tochterbanken – also dort, wo das wesentliche Geschäft stattgefunden hat – richtig ansetzen würde. Hier steht, Zeile vier, dann „wäre die HB Int zu schließen“.

Dieser eigentlich sehr dramatische Sachverhalt über die Validität des bisherigen Zahlenwerks der Bank, der Bilanzen, war Ihnen auch nicht bekannt?

Dr. Klaus Liebscher: Nein. Ich wusste natürlich schon, dass 2010 ein schwieriges Jahr wird, das hat man uns ja 14 Tage später, nach diesem 30.11. – und ich glaube, schon auch im September, bei einem Gespräch, das wir mit dem neuen Vorstand hatten –, schon angekündigt. Also im September, glaube ich, oder Oktober, lag man bei 800 Millionen minus, und im Dezember hat man uns dann gesagt, man liegt bei 1,1 Milliarden minus.

Das war, so gesehen, für uns nicht neu, aber von dem nicht ableitbar, sondern das hat uns das Management am 13. Dezember in unserem Gespräch mitgeteilt; die 1,1 Milliarden, die ich jetzt gesagt habe.

Aber dass die HBInt zu schließen wäre oder so etwas – wegen der Beteiligungsbuchwerte –, das haben wir sicher nicht erfahren.

Im Übrigen sind wir damals auch davon ausgegangen – eher so etwas wie im nächsten Absatz Dr. Gruber –, dass es nicht um einen überhasteten Verkauf, sondern um einen Abbauzeitraum von vier bis fünf Jahren gehen sollte.

Das war eigentlich auch unsere Meinung, dass die Bank einen ordentlichen Restrukturierungsplan in Richtung Europäische Kommission bringen sollte, und dann werden dort auch die entsprechenden Fristen für die Verkaufseinheiten zu vereinbaren sein, und wenn das so ist, dann kann man sich auch von going concern bis irgendwann hin zu gone concern überlegen, was zu tun ist. Das Problem war ja eher, wenn sofortiger Verkauf in den Raum gestellt wird, dann müssen natürlich alle Buchwerte einer ganz anderen Bewertung unterzogen werden.

Das war auch das Problem in der Folge, dass sich dann die verschiedenen Verkaufsfristen, die immer wieder im Raum standen, und letztlich auch vom Wirtschaftsprüfer ja zu bewerten waren … Es ist ein Unterschied, ob ich eben eine Bank oder eine ganze Holding in drei Jahren oder in einem Jahr zu verkaufen habe, und je nachdem ist auch der Wert dieser Beteiligung sozusagen in den Büchern entsprechend ansetzbar oder anzusetzen, je nachdem.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber, Herr Dr. Liebscher, das ist ja durch dieses Dokument auch widerlegt. Es geht ja nicht darum, ob man jetzt einen Zeitraum von ein oder drei Jahren zum Verkauf hat, sondern es geht darum, dass die ganze Grundlage, das ganze Zahlenwerk falsch ist, und zwar seit vielen Jahren falsch ist. Das ist auch etwas ganz anderes als die Frage eines Restrukturierungsplans, das ist von der Frage, ob die Bilanzen stimmen, zu unterscheiden.

Die Ursachen sind nicht, wie Sie auch heute gesagt haben, eine wirtschaftliche Verschlechterung in den Jahren 2010 bis 2012, sondern das, was in diesem Dokument festgehalten ist: inadäquates Rechenwerk, PwC-Asset-Review war unvollständig, Malversationen. Auf Seite 5 ist von Non-Performing-Loan-Ratios – also von faulen Krediten – im Ausmaß von 60 bis 80 Prozent die Rede. Das sind die wahren Probleme, nicht die wirtschaftliche Verschlechterung der Konjunktur in Kroatien. (Auskunftsperson Liebscher: Na ja, ich sage schon, dass …!)

Was mir nicht klar ist – wenn ich das noch kurz anführen darf –, ist, warum das, was im November 2010 von der Bank bis hinauf ins Kanzleramt allen bekannt war, Ihnen in der FIMBAG nicht bekannt war und warum Sie daher nach wie vor solche Formulierungen wie heute wählen – ich habe es mitgeschrieben –, das wahre Ausmaß sei erst im Laufe der Jahre bekannt geworden. – Eben nicht! Im November 2010 war es bekannt. (Auskunftsperson Liebscher: Das wahre Ausmaß …!)

Sie haben gesagt, es wäre die wirtschaftliche Verschlechterung in diesen Jahren gewesen. – Nein, war es auch nicht! Es sind Malversationen und faule Kredite bis zu 80 Prozent. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Sie beschreiben die Rolle der Wirtschaftsprüfer als positiv. – Nein! Vorwurf der Bilanzfälschung! Die Wirtschaftsprüfer müssen das gewusst haben.

Mir ist nicht klar, wie Sie das alles, all diese Informationen, nicht wissen konnten, wo Sie doch wesentliche Rollen ausgeübt haben, in der FIMBAG, in der Taskforce.

Dr. Klaus Liebscher: Die Taskforce hat es zu dem Zeitpunkt noch nicht gegeben, wie Sie wissen, und die FIMBAG hat diese Informationen nicht erhalten. – Punkt, aus!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Haben Sie eine Erklärung dafür? Das haben ja sonst alle gewusst. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Dr. Klaus Liebscher: Ich habe Ihnen eingangs schon erklärt, dass wir in den ersten zwei Jahren zu kaum irgendeiner Gesprächsrunde des BMF mit anderen eingeladen waren, und das ist der klare Nachweis dafür. Sie werden in unseren Unterlagen, die wir auch dem Ausschuss geliefert haben, von solchen Gesprächen wahrscheinlich erst ab 2011 lesen; Ende 2011 war das erste Gespräch, bei dem wir dabei waren, bei dem, glaube ich, einmal über eine Bad-Bank-Variante gesprochen wurde. Im 2012-er Jahr sind wir dann als Teilnehmer eingeladen worden, aber ich kann auch nicht sagen, ob wir zu allen Gesprächen eingeladen wurden, weil es sicher viele bilaterale Gespräche gab – nur das BMF mit der Prokuratur und der Bank –, da war ich als FIMBAG gar nicht dabei.

In den ersten zwei Jahren – das kann ich nachweislich sagen und habe ich in meinem Einleitungsstatement auch gesagt – wurden wir vielfach zu keinem Gespräch eingeladen, weder von Kommission noch Bank, oder haben von Gesprächen irgendwann einmal im Nachhinein erfahren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das Problem ist – ich weiß, dass Ihnen dieses Bankenbeteiligungsmodell wichtig war –: erstens ist meine eigene Erinnerung detaillierter als die, die Sie haben, nämlich auch nachteiliger fürs Modell, und das Zweite ist, dass der Vizekanzler hier etwas ganz anderes über diese Taskforce-Sitzung gesagt hat als Sie.

Dr. Klaus Liebscher: Ich weiß nicht, was der Vizekanzler gesagt hat.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich kann es Ihnen vorlegen. Ich lege das Stenographische Protokoll vom 1. Juni 2016 vor – also noch nicht total lange her. (Auskunftsperson Liebscher: Ja!) Das sind zwei Seiten, die Seiten 4 und 6. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Klaus Liebscher: Hat er das hier im Ausschuss gesagt?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, unter Wahrheitspflicht. (Auskunftsperson Liebscher: Das weiß ich ja nicht!) Auf Seite 4 ganz oben ist etwas angestrichen, auf Seite 6 unten beziehungsweise 7 oben, glaube ich, aber Sie haben eh nur drei Seiten vor sich. Wir können den Absatz von Seite 4 vorlesen:

„Die zweite große Lösung war eine Großbankenlösung. Ich habe damals mit dem Regierungspartner und den großen Banken in Österreich darüber diskutiert, ob nicht die Banken die Hypo übernehmen und wir dafür die Bankenabgabe reduzieren und uns auf ein Modell für die nächsten Jahre einigen. Das ist dann leider gescheitert, weil die Banken nicht bereit waren, sich auf eine solche Lösung einzulassen.“

Dr. Klaus Liebscher: Wann war das, worauf er sich bezieht? In welchem Jahr? War das 2014?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, selbstverständlich. Auf Seite 18, 19 sehen Sie es ja noch einmal.

Dr. Klaus Liebscher: Ich bin jetzt noch beim ersten Absatz, da oben (Abg. Krainer: Ja!), der halt aus dem Zusammenhang ist.

Ich weiß nicht, was der Herr Vizekanzler mit dem Regierungspartner und den großen Banken direkt darüber diskutiert hat. Da war ich sicher nicht eingeladen oder dabei.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Entschuldigung, es geht ja um den 10. Februar, oder?

Dr. Klaus Liebscher: Aber das kann nicht der 10. Februar gewesen sein, weil das – dass die Banken die Hypo übernehmen – sicher kein Diskussionsgegenstand war. Wenn, dann war Diskussionsgegenstand, dass wir ein Beteiligungsmodell haben, bei dem die Banken sich an dem Fonds beteiligen, aber nie an der Hypo. Davon war keine Rede. Kein Vorstand hätte sich an der Hypo beteiligen dürfen, sage ich jetzt hier wirklich. Also das kann es nicht gewesen sein. Entweder hat er da etwas Falsches im Kopf oder in Erinnerung oder er bezieht sich auf irgendein anderes Gespräch.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, er bezieht sich genau darauf, aber er ist halt auch nicht so präzise, wie Sie ja auch nicht unendlich präzise sein können hier im Ausschuss. (Auskunftsperson Liebscher: Nein, aber das …!)

Ich kann es Ihnen sagen, auf Seite 3 sagt er ja: Das eine war die Anstaltslösung, das Zweite war die Großbankenlösung, das Dritte war die Frage der Insolvenz.

Dr. Klaus Liebscher: Eine Großbankenlösung gab es nie in der Diktion. Es gab das Beteiligungsmodell, es gibt …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dann gehen wir einmal weiter auf Seite 18, 19! Er beschreibt dasselbe Modell, er sagt nur, es ist an den Banken gescheitert und nicht an der SPÖ, weil sie die Bankenabgabe nicht reduzieren oder abschaffen wollte. Die Banken wollten sich gar nicht erst darauf einlassen. (Auskunftsperson Liebscher: Nein, das stimmt nicht!) – Ja, aber das sagt er.

Dr. Klaus Liebscher: Ja, aber das … Ich muss ja nicht seiner Meinung sein, bin ich auch nicht!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, aber ich sage Ihnen, Sie sind mit Ihrer Meinung noch ganz alleine. Ich habe mit vielen anderen Teilnehmern dieser Sitzung gesprochen, die sehen das alle wie Herr Spindelegger. Alle!

Dr. Klaus Liebscher: Dass die Banken es nicht wollten? (Abg. Krainer: Mhm!) – Also das kann ich nicht so stehen lassen.

Die Banken haben mir das im Vorfeld und auch in dieser Sitzung so erklärt. Herr Treichl hat gesagt, er glaubt nicht, dass so ein Beteiligungsfondsmodell à la Irland oder Spanien so einfach in Österreich umsetzbar ist, aber sie sind bereit, für den Fall des Falles, durchaus mit den 1,6 oder 1,8 Milliarden sozusagen in Vorlage zu treten, wenn das gemacht wird mit der Abschaffung der Bankensonderabgabe.

Herr Cernko, der in derselben Sitzung anwesend war, hat gesagt, das gilt auch für ihn, aber er verlangt, dass sich alle Banken und nicht nur die drei großen beteiligen. Das wäre ja eigentlich der Sinn des Fonds gewesen (Abg. Krainer: Und eine Haftung der Republik für darüber hinausgehende Verluste!); wie heute der Bankenabwicklungsfonds, den man nach den EU-Richtlinien schaffen muss (Abg. Krainer: Ja!), wo alle Banken einzahlen müssen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay.

Auf Seite 18, Dr. Michael Spindelegger:

„Ich gebe Ihrer Kritik recht, dass die Taskforce das Bankenmodell nicht gut vorbereitet hatte, weil wir in dieser Runde mit den Großbanken dann relativ schnell gesehen haben, dass da wenig Grund aufgearbeitet war und man gar nicht zum Detail gekommen ist, sondern das eigentlich prinzipiell von den Banken abgelehnt wurde.“

Dr. Klaus Liebscher: Das kann ich eben so nicht stehenlassen, da widerspreche ich dem Herrn Vizekanzler oder Finanzminister von damals eindeutig, denn die Banken haben mit mir und in der Sitzung so gesprochen, wie ich es jetzt vorher auch erklärt habe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ihrer Erinnerung nach oder Ihrer Wahrnehmung nach?

Dr. Klaus Liebscher: Meiner Wahrnehmung nach.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Offensichtlich hatte Dr. Spindelegger eine andere Wahrnehmung. (Auskunftsperson Liebscher: Offensichtlich!) Ich darf Ihnen sagen, alle Teilnehmer hatten eine andere Wahrnehmung als Sie. (Auskunftsperson Liebscher: Dann müssen Sie einmal …!) Also ob alle, weiß ich nicht, aber viele hatten eine ganz andere Wahrnehmung.

Dr. Klaus Liebscher: Also ich habe noch ein paar Notizen mit, die wirklich anders sind. Ich bin da der Einzige, aber offensichtlich ändert das nichts daran. Die Entscheidung fiel nicht für dieses Beteiligungsmodell. (Abg. Krainer: Ja!) Das ist ganz klar: weil eben die Banken diese Bedingung aufstellten und die Statistiker gesagt haben: So geht es eh nicht! Und damit ist das Projekt gestorben gewesen.

Wir sind ja bei diesem Projekt gar nie so weit gekommen, weil ich mir ja auch gesagt habe: Bitte, was soll ich mit den Banken hier lange Details verhandeln, wenn mir die sagen: Ja, wir machen es, aber nur wenn die Bankensonderabgabe fällt!? Solange ich die politische Entscheidung nicht habe, die ja ich nicht fällen kann, dass die Bankensonderabgabe fällt, brauche ich mich mit dem Thema auch inhaltlich im Detail nicht zu beschäftigen. Denn hätte man mir im November seitens des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Vizekanzlers schon gesagt: Herr Dr. Liebscher, vergessen Sie, die Bankensonderabgabe bleibt, daher überlegen sie da gar nicht weiter! – das haben sie mir ja nicht gesagt, sondern man hat mir gesagt: Wir schieben das …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nur wegen der Präzisierung und der Terminologie: Eine Bankensonderabgabe kenne ich nicht. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Klaus Liebscher: Dann nennen Sie es Bankensteuer.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Bankenabgabe, ja, es gibt eine Bankenabgabe und es gibt einen Zuschlag zur Bankenabgabe; es gibt zwei verschiedene, nur wegen der Präzisierung.

Dr. Klaus Liebscher: Ja, bitte, das mag schon sein. Das ist gut, wenn Sie das besser wissen, Sie haben es ja auch beschlossen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Genau, alles andere wäre ja traurig.

Aber Sie bleiben dabei, dass Ihre Wahrnehmung war: Die Politik hat das Bankenmodell abgelehnt und nicht die Banken haben das Bankenbeteiligungsmodell abgelehnt!?

Dr. Klaus Liebscher: Die Banken waren bereit, das Bankenbeteiligungsmodell zu machen, soferne …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie bleiben dabei, ist okay, auch wenn Herr Spindelegger hier eine genau gegenteilige Wahrnehmung hatte. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Klaus Liebscher: Es ist mein gutes Recht, auch eine andere Meinung zu haben. Darauf lege ich schon Wert.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja eh, ich wollte es ja nur wissen. Ich halte es eh nicht für entscheidend, außerdem halte ich das Modell sowieso für schlecht, und es wäre für den Steuerzahler ganz schlecht gewesen.

Dr. Klaus Liebscher: Also ich habe hier wortwörtlich noch, wie einer der Bankkollegen gesagt hat …

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Dr. Liebscher, entschuldigen Sie!

Ich habe bekannt zu geben, dass die Befragungsdauer gemäß § 37 Abs. 4 der Verfahrensordnung bereits über drei Stunden beträgt. Die Befragung soll grundsätzlich eine Dauer von drei Stunden nicht überschreiten. Ich weise darauf hin, dass ich die Befragung nach längstens vier Stunden jedenfalls zu beenden habe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Von meiner Seite: Danke fürs Kommen!

Dr. Klaus Liebscher: Wir sind eh schon bei vier Stunden, oder? – Nein, noch nicht, das wird netto gerechnet.

Aber darf ich das noch sagen? – Ich habe hier noch meine kleinen Notizen aus dem damaligen Gespräch, wo einer der Herren – ich möchte jetzt seinen Namen bewusst hier nicht nennen – Generaldirektoren jedenfalls durchaus gesagt hat: Abtausch Bankenabgabe gegen Beteiligungs-/BSF-Modell, Bankenabgabe dauerhaft ist Problem, Ablaufdatum für Abgabe, dafür einmalige Belastung, aber später nicht mehr gegen andere benachteiligt zu werden.

Also in Richtung einmalige Belastung durch die Banken… – Wie heißt sie jetzt wirklich? (Abg. Krainer: Bankenabgabe und Zuschlag!) Bankenabgabe und Zuschlag. Der Zuschlag ist erst, nein, der war schon, der ist durch die … (Abg. Krainer: Der ist dann später gekommen, da hätten nur der Bund und die Länder …!) – Nein, der Zuschlag ist 2012 gekommen wegen der Volksbanken-Geschichte. (Abg. Krainer:  …, das eine ist gemeinschaftlich, das andere wäre …!)

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Vielleicht wäre das, was Herr Krainer hier mit dem Herrn Spindelegger aufgezeigt hat, Grund für eine Gegenüberstellung. Ich weiß auch nicht, welche „alle“ Herr Krainer jetzt gemeint hat. Meines Wissens waren ja die Bankmanager, mit denen Sie bezüglich dieser Verhandlungen gesprochen haben, hier nicht vor dem Untersuchungsausschuss, oder?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, ist mir nicht bekannt, das müssen Sie wissen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wenn die „alle“, die das hier gesagt hätten, nicht hier waren, das wundert mich ein bisschen.

Taskforce, Einsetzen der Taskforce: Bis dorthin war ja eigentlich das Finanzministerium – sprich die Finanzministerin zu dem Zeitpunkt – eigentlich haupt- oder alleinverantwortlich für das Thema Hypo, die entsprechende Abwicklung und das EU-Beihilfeverfahren. Die Taskforce ist damals von Vizekanzler und Bundeskanzler eingesetzt worden. – War das der Schritt, um der Frau Minister mit der Taskforce das Heft des Nichthandels aus der Hand zu nehmen?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, die politische Verantwortung hatte sie ja nach wie vor. Es war meinem Verständnis nach die Absicht, der Bank jemanden an die Seite zu geben, der mit der Bank und mit Brüssel quasi beratend, koordinierend – auch in Richtung Brüssel hinaus – vorgeht, aber die politische Verantwortung, die politischen Gespräche, die waren natürlich nach wie vor in den Händen der Ministerin und nicht der Taskforce.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber die Zuständigkeit für die Kommunikation zwischen Brüssel und Österreich war ja ausschließlich beim Ministerium? (Auskunftsperson Liebscher: Ja, ausschließlich!) Nicht bei der Bank? (Auskunftsperson Liebscher: Bitte?) – Ausschließlich Ministerium?

Dr. Klaus Liebscher: Ministerium, und was ich allerdings wusste oder gehört habe, war auch, dass die Bank gelegentlich direkt mit der Kommission, also mit dem Case-Team in der Kommission gesprochen hatte. Wie oft, weiß ich nicht. Aber das war eigentlich eher unüblich, denn normalerweise hat sich das … Also in einem anderen Fall, wo ich auch mit der Kommission zu tun hatte, haben wir als Bank eigentlich nie mit Brüssel verhandelt oder gesprochen, sondern das war immer das Ministerium.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wenn man die Arbeit der Taskforce aufgrund der Aussage des Herrn Gouverneur Nowotny vor der Griss-Kommission in Verbindung bringt, wo er sagt, seiner Meinung nach sei dort viel Zeit vertan worden, weil die Taskforce verzweifelt nach Wegen gesucht habe, wie man eine Abbaueinheit gestalten könne, ohne die Staatsschulden zu erhöhen –, macht das den Eindruck, die Taskforce hätte auch den politischen Auftrag für das Jahr 2013 gehabt – ein Wahljahr, wissen wir ja, in verschiedenen Bundesländern und dann noch Nationalratswahlen im Herbst –, das möglichst mit einer Lösung zu machen, ohne dass die Staatsschulden nach oben gehen.

War das ein politischer Auftrag an Sie?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, das war sicher kein Auftrag an mich, in keiner Weise. Aber, was ich vor Kurzem hier auch gesagt habe, mein Eindruck war, dass die Frau Bundesministerin und ihr Budgetsektionschef massiv unter dem Eindruck standen, so eine Bad-Bank-Lösung – nennen wir es einmal im Moment noch so – ist eine Belastung für die Staatsschuld oder für die Staatsverschuldung. Und daher ist das für uns derzeit – sage ich einmal, Juli 2012, da ist das ja erstmals so richtig artikuliert worden – nicht aktuell.

In der Folge sind ja diese Diskussionen, teils mit Brüssel, teils innerhalb von Österreich, weitergegangen. Und im 2013er-Jahr, als dann der Brief von Almunia bereits da war und der Umstrukturierungsplan mit einer bestimmten Frist abgeliefert werden musste, war ich der Meinung – weil ich das von Anfang an war –: Versuchen wir doch so ein Thema der Abbaueinheit! Ich nenne es nicht mehr Bad Bank, weil es ja keine Bank ist, sondern eine Abbaueinheit.

Das hatte aber mit der Wahl im Herbst 2013 null zu tun, denn erstens einmal bin ich daran überhaupt nicht interessiert, da eine politische Verknüpfung herbeizuführen (Abg. Angerer: Sie nicht, aber die Politik ist ja daran interessiert!) – nein, ich sage, für mich keine Interesse, eine politische Verknüpfung herbeizuführen –, sondern eine nur sachorientierte Vorgangsweise, und zweitens hat meines Erachtens die Staatsverschuldungsthematik selbst für die Wahl gar keine Auswirkung gehabt, denn der Entscheid, der Bescheid der Kommission ist am 3. September 2013 publiziert worden, und am 28. oder 29. September 2013 war die Wahl. Also der Bescheid, der ja eigentlich die viel grauslichere Nachricht hat, nämlich dass da noch bis zu 5,4 Milliarden genehmigt werden könnten, weil beanspruchbar, der ist ja vor der Wahl gekommen. Da kann ja niemand sagen, dass das irgendjemand über die Wahl hinaus verschieben wollte.

Das mit der Staatsverschuldung war schon meine Absicht, das gebe ich zu. Da habe ich mir gedacht: Warum soll ich nicht versuchen, der Republik Österreich – und ich bleibe hier allgemein – auch eine Lösung an die Hand zu geben, die halt leider nicht zustande gekommen ist, wo wir eventuell die Staatsverschuldung nicht so hinaufdrücken? Das, glaube ich, braucht man mir nicht zum Vorwurf zu machen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich mache es Ihnen ja nicht zum Vorwurf, aber für uns geht es ja um die politische Einschätzung damals. (Auskunftsperson Liebscher: Ja!) Und Ditz hat ja schon 2012 – Anfang 2013 war das ja dann auch ein Grund dafür, dass er ausgeschieden ist – genau diese Abbaueinheit, von der Sie jetzt sprechen, verlangt, die dann ein Jahr später oder gut ein Jahr später, eineinhalb Jahre später auch gekommen ist, aber eben nach der Wahl. Und der EU-Bescheid, der, wie Sie sagen, grauslich war, weil er auch entsprechende Fristen vorgesehen hat, die dann auch zu vermögensvernichtender Veräußerung und Abbau, zu einer Zerschlagung der Bank geführt haben, wie es Ditz bezeichnet hat, ist ja noch dazugekommen.

Meine Frage nur noch einmal zu Herrn Nowotny, der ja selbst Mitglied der Taskforce war, der sich hier eigentlich selbst kritisiert. – Wie sehen Sie das?

Dr. Klaus Liebscher: Also ich sehe das anders. Ich habe offensichtlich ein anderes selektives Wahrnehmungsverhalten als manche andere, die schon bei Ihnen hier waren. Wir haben im Juli 2013 den Auftrag erteilt, das Projekt Lux zu starten und mit dem Projekt Lux quasi die Vorkehrungen und Vorbereitungen für so eine Abbaueinheit zu schaffen. Dass das – und das haben uns alle von Anfang an gesagt – zumindest einmal zwei bis drei Monate dauern wird, bis man Datenmaterial hat, Modelle, et cetera, et cetera, war allen bekannt; eigentlich, denke ich, wohl auch Nowotny.

Zweitens sind wir sehr rasch, schon Anfang November 2013, mit ersten Gesprächen bei Bundeskanzler und Vizekanzler gewesen. Natürlich geht aber so etwas nicht so geschwind. Man hat ja auch gesehen, von März 2013[2] bis zur Vorlage des Gesetzes zur Schaffung einer Abbaueinheit am 8. oder 1. August 2014 sind noch einmal fünf Monate vergangen. Zu glauben, dass man innerhalb von vier Wochen so etwas über die Bühne bringt, halte ich für verwegen beziehungsweise wäre sicher nicht seriös machbar. Ich meine, ich war auch nicht glücklich, dass alles immer ein bisschen länger dauert. Wir hätten uns auch vorgestellt, dass wir vielleicht schon Ende September weiter sind, und tatsächlich waren wir erst Ende Oktober dann um einiges weiter, weil halt dann Verzögerungen im Zahlenmaterial und so weiter gekommen sind und dreimal hinterfragt werden musste. Aber ich kann da Nowotny nicht sehr folgen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich stelle meine nächste Frage gleich im Vorfeld, und zwar betreffend die Rolle der Bayern, und möchte jetzt in ein paar Punkten von Ihnen erläutert wissen, wie Sie das innerhalb der Taskforce beurteilt haben.

Punkt 1: Einstieg der Bayern;

Punkt 2: dass während der Bayern-Zeit die Milliarden, also Kredite in Höhe von rund 10 Milliarden vergeben wurden, in diesen Jahren also um ein Drittel gesteigert wurden (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen), die Bilanzsumme auf 43 Milliarden erhöht wurde – ich habe die Frage eh schon gestellt –, also um 12 Milliarden, und dann noch entsprechende Garantien gegenüber den Bayern im Verstaatlichungsvertrag abgegeben wurden.

Wie wurde diese Rolle bei Ihnen in der Taskforce zu diesen Punkten bewertet? – Danke.

Dr. Klaus Liebscher: Da sämtliche Ihrer Fragen meines Erachtens Informationen betreffen, die im Zusammenhang mit anhängigen Verfahren auch zwischen HETA und Bayern sind, kann ich sie nicht beantworten oder fühle mich durch diese Nichtentbindung nicht berechtigt, zu antworten.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Dr. Liebscher! Wir haben vorhin schon einigermaßen ausführlich über die Taskforce und auch über den Bericht der Taskforce gehört. Ich hätte noch ganz gerne gewusst, weil es ja auch immer wieder so herumgeistert: Wer war für, wer war gegen die Insolvenz? – Können Sie uns bitte von Ihrer Seite aus erläutern, warum sich beispielsweise die Taskforce in ihren Ausführungen nicht so intensiv mit dem Thema Insolvenz beschäftigt hat?

Dr. Klaus Liebscher: Jetzt in meinen jetzigen Ausführungen oder in der Taskforce?

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie uns jetzt ausführen, warum sich die Taskforce nicht so intensiv mit der Insolvenz beschäftigt hat?

Dr. Klaus Liebscher: Ich glaube, die Taskforce hat sich ausführlich mit der Insolvenz beschäftigt. Ich glaube, im Schlussbericht ist ein relativ langes Kapitel über die Insolvenz drinnen. Es war auch ein Wunsch der Regierungsspitze oder der Regierungsvertreter, die eben bei der Besprechung damals am 10. Februar dabei waren, dass eben auch die Anstaltsmodelle noch verfeinert werden sollen, dass die Insolvenz entsprechend auch als Option oder Nichtoption eingebaut werden soll.

Daher hat sich dann – auch noch, als ich dabei war, und dann nach meinem Ausscheiden aus der Taskforce – die Taskforce ja mit dieser Thematik Insolvenz ausführlich befasst.

Es gab unterschiedliche Zugänge zum Thema der Insolvenz, auch seinerzeit natürlich, also im 2014er-Jahr, im Wesentlichen aber war die Taskforce der Meinung, dass wir erstens einmal ein hohes Reputationsrisiko eingehen, wenn wir uns auf die Insolvenz einließen, weil Österreich immerhin top geratet war. Es geht um eine in Staatsbesitz befindliche Bank. Und es hätte niemand im Ausland und auch im Inland wahrscheinlich – also im Inland vielleicht noch eher, aber nicht im Ausland – verstanden, dass man da so eine Vorgangsweise wählt. Es hat weder in Deutschland noch in Belgien noch im UK im Zusammenhang mit Verstaatlichungen von Banken Insolvenzen dieser Banken gegeben. Das ist in keinem dieser Länder gemacht worden.

Wir haben natürlich dann auch das Thema mit Kärnten gehabt, denn da waren ja auch noch 12 Milliarden Haftungen in der Bilanz 2013 in Kärnten drinnen, die natürlich im Falle einer Insolvenz schlagend geworden wären.

Dann war die Pfandbriefstelle noch dabei, dann war die Nachrangemission der Republik Österreich aus dem 2012er-Jahr. Also dieser Komplex, der finanzielle Komplex war es.

Dann war natürlich Thema, dass am Balkan ganz große Nervosität herrschte, wie ja auch immer im Herbst schon, im Spätherbst, November, und das Wyman-Gutachten, dass Jänner, Februar die Diskussionen waren, ob die Hypo vielleicht doch in Insolvenz geschickt wird, dass dort lokale Regulatoren schon immer an die Bank herangetreten sind: Was ist und wie schaut das aus?, dass Kundeneinlagen verloren gegangen sind, wir auch in der Bank Mitarbeiter verloren haben, aber jedenfalls, dass aus sachlichen Gründen die Destabilisierung des SEE-Netzwerkes am Balkan schon auch eine Sorge war und vor allem dass damals Indikationen – sagen wir einmal so – vorlagen, dass lokale Regulatoren sofort in eine Verstaatlichung gehen, weil sie eben nicht eine Konkursvariante in ihrem Land dort haben wollen. Das wäre natürlich wieder nur ein Nachteil für die Republik Österreich gewesen.

Das heißt, hier war eine Fülle von Überlegungen, die dann, glaube ich, auch im Schlussbericht der Taskforce sehr ausführlich dargelegt sind.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, die Experten, die sich auch den gesamten Finanzplatz und die gesamten Auswirkungen einer solchen Insolvenz inklusive des Schlagendwerdens der Haftungen des Landes Kärnten, natürlich auch eine mögliche Insolvenz des Landes Kärnten, wir haben ja kein Bundesländerinsolvenzrecht, das heißt es wäre ja eh nicht so möglich gewesen … Es geistert ja immer so herum, es könnte eventuell das Gespräch oder das Abendessen mit dem Herrn Bundespräsidenten am 13. März 2014 gewesen sein. Das heißt, das ist aber auszuschließen, da viele …

Dr. Klaus Liebscher: Das weiß ich nicht. Da war ich sicher nicht dabei, und ich habe nur den Medien entnommen, dass es dieses Gespräch oder Essen gegeben haben soll. Ich war da ja schon gar nicht mehr in der Taskforce, aber ich weiß nur von Medienberichten dazu.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Aber grundsätzlich kann man sagen, dass die Experten, die eben das gesamte Spektrum im Fokus hatten, gegen die Insolvenz waren.

Dr. Klaus Liebscher: Für diese Gruppe, die die Taskforce umfasste – und das gilt für alle, für Nowotny, für Ettl, für mich, Lejsek im Finanzministerium –, war die Insolvenz keine Option. Für solche externe Vertreter oder Berater, die aufgetreten sind und sie als Option beurteilt haben, weiß ich nicht die Begründungen. Der eine war der Wyman, und die zeb ist dann auch noch irgendwie gekommen, aber das waren eigentlich nie sehr valide Argumente. Ich habe noch in Erinnerung, es gab sogar eine Aussendung des IHS vom 21. oder 20. Februar 2014, wo das IHS – das ist ja nicht gerade niemand – gesagt hat, die Insolvenz wäre ein hoch spekulatives Risiko für die Republik Österreich. Also wir waren nicht ganz alleine mit unserer Meinung.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Noch eine andere Frage, und zwar als Sie dann im Jahr 2013 in den Aufsichtsrat gekommen sind, nach dem Abgang von Herrn Dr. Ditz. Sie haben ja die Bank lang begleitet, Sie waren vorher Nationalbank-Gouverneur, noch kurz vor der Partizipationskapital-Erteilung, dann waren Sie Verantwortlicher in der FIMBAG. Als Sie dann in den Aufsichtsrat gewechselt sind und plötzlich auf der anderen Seite gestanden sind: Was haben Sie da für eine Wahrnehmung über die Vorgänge in der Bank gehabt? Haben sich dann einige Punkte, die Sie vorher von außen wahrgenommen haben, bestätigt? Haben sich die noch erhärtet, nämlich auch was die Zusammenarbeit betrifft, als Sie sich dann ja auch im Frühjahr 2013 in die Verhandlungen zum Beihilfeverfahren eingeschaltet haben? Wie haben Sie das empfunden, wie die Bank da gegen oder für oder mit dem Finanzministerium arbeitet?

Dr. Klaus Liebscher: Ich glaube, was ich als Erstes gegenüber früher wesentlich mehr empfunden oder gesehen habe, war, dass die alle dort wirklich viel gearbeitet haben. Es war nicht so, dass die um fünf oder wann immer nach Hause gegangen sind, sondern die haben wirklich viel gearbeitet. Gerade in der Phase auch, als wir dann den Umstrukturierungsplan und in der Folge dann die Kapitalisierungsthemen hatten, da haben sie Mails – ich habe sie am nächsten Morgen vorgefunden, gestehe ich – um 2 Uhr Früh abgeschickt. Die haben wirklich mit ihren Mitarbeitern sehr viel und intensiv gearbeitet.

Das Klima – glaube ich auch nach dem Abgang von Kranebitter, der ja am 1. Juli mir gegenüber seinen Rücktritt erklärt hat, dann aber erst am 31.8. tatsächlich gegangen ist, weil ich ihn gebeten habe, möglichst lang zu bleiben, vor allem weil ich wollte, dass er natürlich den Halbjahresabschluss noch unter seiner Verantwortung verabschiedet und nicht seinem Nachfolger übergibt …

Und Ditz – da, glaube ich, waren eben Spannungen mit dem Finanzministerium vorhanden, und das habe ich in erster Linie eigentlich dann auf Ebene Kabinettschef, auf Ebene Beamte – und hier und da sicherlich auch mit einem Gespräch mit der Ministerin – zu bereinigen oder zu entspannen versucht.

Aber die Bank war sicher willens und hat ja gleich am 1. Juli auch meinem Ersuchen – mehr kann es ja nach dem Aktienrecht nicht sein –, zu überlegen: Schaffen wir so eine Abbaueinheit, schaffen wir die Voraussetzungen dafür?, entsprochen, und der Aufsichtsrat hat am 1. Juli dann schon beschlossen, diese und jene Berater heranzuziehen, die wir natürlich für so ein Projekt schon gebraucht haben, das ist ganz klar.

In der Folge hatte ich eigentlich den Eindruck – für diese sechs, acht Monate, als ich dort im Aufsichtsrat und Vorsitz war –, dass ich offen über anstehende Themen informiert wurde, weil beispielsweise gerade beim Thema – ich weiß nicht, ob das jetzt hier eine Rolle spielt – Italien und die Vorkommnisse in Italien bin ich von den Vorständen wirklich immer sehr zeitnah und gut informiert worden, was es dort für Entwicklungen auch mit der Banca d’Italia gibt und wie die Kapitalsituationen sind.

Das Problem, das ich allerdings empfunden habe, war, dass sich innerhalb kurzer Fristen die Zahlen sehr oft verändert haben, wobei ich jetzt nicht sagen kann, dass das Rechenfehler oder böse Absichten oder irgendetwas waren, sondern einfach diese unterschiedlichen Einschätzungen: Kriegen wir die Finanzhilfe, kriegen wir sie nicht? Kriegen wir sie zeitgerecht, bekommen wir sie nicht? Was löst denn wieder diese Diskussion im Herbst 2013 über Insolvenz in Kroatien oder in Slowenien oder in Bosnien aus?

Das heißt, es wurde schon an gewissen Parametern und Stellwerken für diese Parameter gearbeitet, die dann natürlich sofort wieder zu irgendwelchen neuen Zahlenwerken führten. Das hat sich schon durch eine gewisse Zeit durchgezogen, aber ich würde nicht sagen durch Boshaftigkeit oder – wie hier in einem anderen Mail, das ich bekommen habe, gestanden ist – durch die Dummheit des Vorstandes oder was immer, sondern einfach bedauerlicherweise, Herr Abgeordneter Hable, durch die Entwicklungen, denn es ist ein Unterschied, ob ich going concern einsetzen kann oder ob sich sage, going concern mit drei Jahren Abwertung oder Verkauf oder in einem halben Jahr. Und je nachdem ändert es sich.

Und nach dem Bescheid der EK vom 3. September sind natürlich die Parameter wieder geändert worden und musste natürlich wieder ein anderer, adaptierter – nach Beschluss – Businessplan auch erstellt werden.

Ich will jetzt den Vorstand keineswegs in Schutz nehmen, aber ich würde ihn auch nicht nur verurteilen wollen. Das darf man sicher nicht tun.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben vorhin vom Abgang von Herrn Dr. Kranebitter gesprochen. Vor Ihrem Kommen in den Aufsichtsrat am 1. März 2013 hat er den neuen Vertrag unterschrieben. – Sie sind dann, wenn das richtig ist, am 9.5.2013 in den Aufsichtsrat gekommen?

Dr. Klaus Liebscher: Am 30. April in den Aufsichtsrat und am 21. Juni Aufsichtsratsvorsitzender.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja.

Herr Dr. Kranebitter hat sich in seinem neuen Vertrag durchaus bessere Klauseln ausverhandelt, unter anderem auch, dass er, wenn er geht und quasi andere verschulden, dass er vorzeitig austritt, bis zum Ende seines Vertrages sein Entgelt ausbezahlt bekommt.

Hat es Forderungen gegeben, als er dann gegangen ist? Sie haben gesagt, er hat Ihnen gekündigt?

Dr. Klaus Liebscher: Nein, keine einzige Forderung. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) Er hat keine Forderung gestellt und hat gegenüber Dr. Scholten und mir in einem Schlussgespräch, das wir mit ihm geführt haben, eindeutig auch gesagt, er stellt gar keine Ansprüche.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Zu diesem Bankenbeteiligungsmodell noch: Auch da haben Sie ja, wie mir scheint, seit Sommer 2013 eine konsistente Linie eingenommen, aber zutreffend ist auch das Zitat des Vizekanzlers und Finanzministers: nicht gut vorbereitet. Ich will da keine Zuweisungen vornehmen, sondern nur diese mögliche Divergenz mitaufklären. Dass die Banken grundsätzlich keine Freude haben, wenn sie dafür nicht kompensiert werden, ist logisch. Sie wussten das und haben in Ihrem Angebot in den Gesprächen mit der Bank – die hat es offensichtlich schon gegeben; das ist das letzte Mal gar nicht rausgekommen – ausgetauscht, dass mit dieser Gegenleistung durchaus etwas möglich ist.

Das Erste, das wir noch einmal aufklären müssen, sind die Dimensionen, damit die überhaupt zusammenpassen. Wir haben da ein Dokument – das habe ich aber noch nicht kopiert –, wo von 300 Millionen die Rede ist, einmal als Einschuss. – Bezieht sich das auf einmal Netto-Jahreseinnahmen des Bundes aus der Bankenabgabe, denn dummerweise schneiden ja die Länder auch mit? (Auskunftsperson Liebscher: Nein!) Das wird genau hinkommen mit 300 Millionen.

Dr. Klaus Liebscher: Das wäre eine Idee gewesen: wenn man über zehn Jahre jedes Jahr 300 Millionen einschießt (Abg. Kogler: Ja!), dass man beispielsweise auf die 3 Milliarden hinkommt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Okay.

Die Gegenleistung wäre aber gewesen – das haben Sie aber schon gesagt –, dass man mit dem Jahr 2017 keine Bankenabgabe mehr zahlt?

Dr. Klaus Liebscher: Ja.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): So weit, so gut, das finde ich ja dann wieder in den Unterlagen.

Jetzt ist aber eines schon medial immer wieder wahrnehmbar gewesen, nur haben sich Herr Spindelegger oder Bundeskanzler Faymann ja öffentlich immer dagegen ausgesprochen, an der Bankenabgabe irgendetwas herumzudoktern. Das hat politische Motive, egal.

Jetzt ist für mich die Frage: Haben Sie den Eindruck gewonnen, dass die Arbeit der Taskforce, die ja ganz gut dokumentiert ist, dem Minister für Finanzen, damals noch der Ministerin, auch laufend kommuniziert wurde? Denn irgendetwas stimmt da nicht: Das Ganze steuert, so wie es klingt, auf den letzten Punkt zu, Sie entwerfen ein Modell, von dem Sie durchaus überzeugt sind, und die anderen sagen am Schluss alle: Na, das hat eh nichts werden können! – Wie passt das zusammen?

Dr. Klaus Liebscher: Chronologisch, sagen wir einmal, ist es so: Natürlich haben wir im Sommer 2013, als die ganze Geschichte mit der Taskforce beziehungsweise … Ursprünglich hätte die Taskforce ja nur für den Umstrukturierungsplan sein sollen, dann haben die beiden Herren – Vizekanzler, Bundeskanzler  gebeten, wir sollen das mit der Abbaueinheit und dieses interne Projekt Lux weiter begleiten.

Dann war schon die Ausgangsbasis – das habe ich auch zuerst hier gesagt –, für mich zumindest, ich habe es immer so verstanden: Für die Republik Österreich oder deren politische Exponenten, zumindest in der Regierung, ist die Staatsverschuldung ein Thema. Daher versuchen wir, Modelle zu finden …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das ist nachvollziehbar, das haben Sie erwähnt.

Dr. Klaus Liebscher: Dann war dieses Beteiligungsmodell, und wir haben schon einerseits, glaube ich, den Kabinettchef – ich weiß nicht, ob ich jetzt jedes Mal … Die Ministerin war, das war schon mein Eindruck, intern über Ergebnisse auch aus der Taskforce informiert, denn wir hatten ja Mag. Lejsek und Dipl.-Ing. Perner vom Kabinett in der Gruppe, von denen, denke ich, schon Informationen weitergegeben wurden; das wurde mir jedenfalls intern signalisiert.

Wir haben dann eben ab Anfang November, als wir, Nowotny und ich, Bundeskanzler und Vizekanzler informiert hatten, laufend unsere Gespräche.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das ist interessant. Wir haben eine Reihe von Terminen drinnen, da kommen auch die Gespräche mit Kanzler und Vizekanzler vor – und Sie haben im November schon informiert, dass das mit den Bankenbeteiligungen ein präferiertes Modell ist (Auskunftsperson Liebscher: Ja!), und im Gegenzug wird man ihnen etwas geben müssen, den Banken nämlich. (Auskunftsperson Liebscher: Ja!)

Haben Sie dazu eine Reaktion von einem Vertreter des Bundeskanzleramtes oder von Herrn Faymann bekommen?

Dr. Klaus Liebscher: Ja, die Reaktion, zumindest die des Herrn Bundeskanzlers und wahrscheinlich angeschlossen auch des Herrn Vizekanzlers, war: Also das ist hochinteressant, was Sie hier berichten!

Wir haben ja gesagt, wir haben zwei Modellvarianten, zwei große Modelloptionen, Beteiligungsmodell und Anstaltsmodell; die anderen, insgesamt 20, die es ja gegeben hat, von denen reden wir jetzt nicht so sehr. Der Charme des Beteiligungs- oder Anstaltsmodell, der Charme des Beteiligungsmodells wäre: nicht staatsverschuldungswirksam. (Abg. Kogler: Ist klar!)

Das Ergebnis war, dass beide Herren dann das war am 8. November gesagt haben: Jetzt sind wir aber mitten in den Koalitionsverhandlungen. Er – Bundeskanzler Faymann hat das so formuliert – möchte aber nicht einer neuen Regierung vorgreifen, und daher fallen jetzt – also am 8. November – auch gar keine politischen Entscheidungen. (Abg. Kogler: Ja!) Aber Sie, Liebscher, reden Sie einmal weiter mit den Banken, ob die überhaupt so wirklich wollen! Ich habe damals schon gesagt, wenn, dann wird das sicher nur mit „do ut des“ gehen (Abg. Kogler: Das war aber die entscheidende Frage!) – ja, die ist aber für mich nicht beantwortet worden –, aber: Reden Sie weiter, schauen wir auch, wie das mit der Statistik ist!, und so weiter und so fort.

Dann ist eigentlich für meine politischen Gespräche Pause gewesen. Ich glaube, erst Mitte Dezember 2013 ist die neue Regierung etabliert worden, dann ist Weihnachten gekommen. In der Zwischenzeit war ich bei Pesendorfer, in der Zwischenzeit haben wir mit den Banken Krakow und ich, teilweise ich alleine – gesprochen gehabt, und es war überall das, was ich jetzt schon mehrfach gesagt habe.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, ja, das ist ja berichtet worden. Ich habe nur einen ganz anderen Verdacht, und vielleicht können Sie da am Schluss noch eine Aufklärung geben: dass zumindest Teile der Regierung ihrerseits das nicht wollten – ich will das jetzt nicht werten , weil man vor allem in der Öffentlichkeit an der hochzuhaltenden und beizubehaltenden – man hat es ja beim Kollegen Krainer fast ein bissel mit rausgehört – Bankenabgabe ja gar nicht rütteln soll.

Dann ist die Frage: Was bleibt als Asset für die anderen Banken? Die werden ja nicht einfach nur Hypo-Risiko übernehmen! Das ist ja völlig logisch, deshalb habe ich es ja nie verstanden. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) Faymann ist mir einmal in den Ohren gelegen, er hat gesagt – damit bin ich fertig, und Sie hören meine Wertung heraus –, an der Bankenabgabe, egal ob alte oder neue Regierung, wird nicht gerüttelt.

Meine These ist, dass man Sie als Taskforce und als Spitze relativ lange in diese Richtung hat – Sie waren überzeugt – arbeiten lassen, aber das politische Commitment in der Form gefehlt hat, was man Ihnen aber wieder nicht so deutlich gesagt hat; mir als Opposition schon!

Ich sehe wieder dieses Durcheinander und Gegeneinander.

Dr. Klaus Liebscher: Das hatte ich sicher nicht. Mir gegenüber ist nie artikuliert worden … (Abg. Kogler: Eben!) Ich meine, ich bin auch nicht ganz von gestern, ich kann mir auch vorstellen, 620 Millionen im allgemeinen Budget zu haben oder nicht zu haben, ist ja nicht ohne. Ich war eigentlich nur daran interessiert: Schaffe ich so eine Lösung mit all den Konsequenzen, die wir kennen?

Da aber diese ganzen Entscheidungsprozesse oder Verhandlungsthemen mit mir so oberflächlich waren, habe ich mich natürlich auch nie in Details oder in die Tiefe dieses Beteiligungsmodells hineingeworfen. Und wenn mir der Herr Vizekanzler oder Ex-Vizekanzler hier vorhält, wie ich gelesen habe oder vorgetragen bekam, das war schlecht vorbereitet, dann hat er nicht unrecht. Natürlich war zum damaligen Zeitpunkt nicht viel vorbereitet, denn: Was soll ich vorbereiten von einem Modell, von dem ich möglicherweise bereits ahnen darf, dass es eh nicht kommt?

Aus realistischer Einschätzung der innerösterreichischen Landschaft bin ich selbst ja dann am Schluss dem Anstaltsmodell schon viel näher gewesen, weil ich mir gesagt habe, das ist wahrscheinlich realisierbar. Wir hatten diese zwei Äste im Kopf, a) die Erste Abwicklungsanstalt Deutschland oder b) die deregulierte Einheit HBInt, nämlich direkt dereguliert und nicht Übertrag an eine Anstalt und Gründung einer Anstalt.

Man hätte mir auch einiges ersparen können, das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Als ich dann beschimpft wurde – ich meine, das ist jetzt sehr persönlich, das berührt Sie wahrscheinlich auch gar nicht –, immer der Verzögerer zu sein, es gab Medien, die immer geschrieben haben, der Liebscher verzögert, verzögert … – Ich habe nichts verzögert, ich habe am 8. November erstmals informiert! Ich gebe zu, da ist noch nicht so viel reif gewesen, aber dass man mir erst am 10. Februar eine Entscheidung gibt, die man mir oder der Taskforce auch schon sechs Wochen vorher hätte geben können, und dass ich dafür alles einstecken muss, das habe ich eigentlich dann nicht eingesehen. Das bitte ich, rein menschlich, auch zu verstehen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Liebscher, ich möchte jetzt im Anschluss an das, was wir in der letzten Runde besprochen haben, nämlich den Inhalt dieses Dokuments (ein Schriftstück in die Höhe haltend) beziehungsweise dass Ihnen das nie zur Kenntnis gebracht worden ist, den Bogen zu Ihrer Tätigkeit in der Taskforce spannen. 

Die Grundaufstellung war ja so, dass die internationalen Berater, die hinzugezogen worden sind, alle eine Präferenz für die Insolvenz haben erkennen lassen, während die Taskforce, an deren Spitze Sie gestanden sind, sich ganz klar gegen die Insolvenz positioniert hat.

Gut, man kann ja geteilter Meinung sein, interessant für mich ist aber, was die Grundlagen für diese Entscheidungen und für diese Haltungen sind. Was ich mich frage: Hatten Sie angesichts der Tatsache, dass Sie all diese Dinge, die schon im November 2010 bekannt waren, bewiesen durch dieses Dokument, eben nicht gekannt haben, überhaupt die Informationen, die Entscheidungsgrundlagen, um sich gegen eine Insolvenz auszusprechen? Wenn Sie all diese Informationen gar nicht hatten, wie kann man da guten Gewissens sein, dass die Insolvenz die schlechte Variante ist?

Dr. Klaus Liebscher: Sie sprechen hier ja zunächst von einem Dokument vom 30. November 2011, ich spreche aber über die Jahre 2013 und 2014; auch Ihre Frage zur Taskforce geht dorthin.

Erstens einmal: Die Grundlagen der Befürworter einer Insolvenz sind schwächer als die Grundlagen der Gegner einer Insolvenz gewesen, denn die Wyman-Stellungnahme mit fünf oder sieben Seiten, erstellt an einem Wochenende, als eine valide Grundlage für die Befürwortung einer Insolvenz zu bezeichnen, halte ich eigentlich für sehr gewagt; weil da zwei Plus-Kasterln und zwei Minus-Kasterln und so etwas vorkommen, ist das wirklich noch keine Grundlage.

Die zeb-Darstellung – das ist der zweite Berater, den Sie nicht ausgesprochen haben, aber auch meinen, nehme ich an – von März oder Februar/März 2014 (Abg. Kogler: März!), März 2014, hat genauso auf teilweise unvollständigen Zahlen und Informationen ihre Stellungnahmen aufgebaut. Die Taskforce hingegen hatte Zahlen. Wyman hatte überhaupt keine Zahlen, er hat selbst gesagt, er hat keine Zahlen. Wyman hat keine Ahnung gehabt, wie die Haftungen sind, wie die Ausgestaltung der Bank ist und so weiter und so fort; also null an Zahlen. Er ist nur von außen gekommen und hat ein paar Sätze geschrieben.

Die Taskforce hatte immerhin das Zahlenwerk der Bank. Das ist ja mit dem Bankhaus Lampe, also mit den Lampe Credit Advisors – oder wie sie wirklich geheißen haben , die wir damals für den Beraterprozess ausgewählt haben, mit KPMG Deutschland gemacht worden, das waren die buchhalterischen – jetzt ein bisschen flapsig ausgedrückt – Berater von Lampe, und auf der anderen Seite mit der sehr erfahrenen Sachsen Asset Management Gesellschaft aus Deutschland, Frankfurt. Die waren unsere Berater, die haben sich das gesamte Zahlenwerk der Bank angeschaut und sind anhand dieses Zahlenwerkes mit Projektionen, mit Berechnungen und so weiter und so fort vorgegangen. Da gibt es Hunderte von Seiten oder wahrscheinlich Tausende von Seiten, die ich jetzt natürlich nicht mehr alle kenne und auch sicher damals nur oberflächlich gesehen habe, was die Details anlangt, was an Begründungen gekommen ist. Also es ist nicht so, dass wir da aus Jux und Tollerei heraus, sondern wir waren wirklich fest überzeugt …

Ich weiß nicht, wie Ihre Finanzmarkterfahrung ist, aber wenn Sie eine langjährige Finanzmarkterfahrung haben: Eine Bank, die im Staatsbesitz von einem guten Schuldnerland oder eben Land ist, so einfach mir nichts, dir nichts in die Insolvenz marschieren zu lassen, ist nicht ganz unproblematisch.

Ich habe vorhin auch schon einige der sachlichen Argumente erwähnt, die wir eben gehabt haben.

Die Reaktionen, wie diese ganze Insolvenzdiskussion gelaufen ist, waren schlecht, auch nach dieser Entscheidung. Das, was mich wirklich gestört hat, war, dass der damalige Finanzminister sagt: Wir machen die Anstaltslösung, aber ich schließe eine Insolvenz nicht aus! Das hat er wortwörtlich gesagt, das ist auch nachlesbar in der APA und überall, und das hat sofort Reaktionen hervorgerufen. Die Rating-Agenturen sind sofort mit Kapitalmarkt- und Geldmarkt-Downgradings zur Stelle gewesen. Ich bekam als FIMBAG – Taskforce weiß ich nicht, aber als FIMBAG jedenfalls – Anrufe vom Ausland, von der Schweiz, von Deutschland, aber nicht von Banken, sondern von Industriestiftungen, von Vermögensverwaltern, die mir alle gesagt haben: Was sollen wir mit unseren österreichischen Papieren machen? Was sollen wir mit unseren Anleihen vom Land X oder Y – nicht von Kärnten, sondern von anderen Bundesländern  machen?

Das ist ja eigentlich das Problem, was die Reaktionen sind. Und darum: Vom Reputationsschaden einerseits, dann natürlich hinüber … Es hat sich ja nichts geändert an der Grundthematik der Ausfallsbürgschaft von Kärnten, es hat sich nur der Betrag von 20 auf 12 Milliarden hinunterverringert und Gott sei Dank um 800 Millionen, was die HBA anlangt. Aber der Rest ist, sagen wir einmal, unverändert geblieben. Die Einlagensicherungssysteme wären sofort ausgelöst worden, die Pfandbriefstelle mit 1,2 Milliarden.

Eine Insolvenz können Sie auch erst am Ende beurteilen: Bringt sie wirklich so viel? Was bringt sie denn? – Sie verkaufen ja unter Not. Ich sage jetzt nicht, rasch, ich kann mir wahrscheinlich auch bei der Insolvenz etwas Zeit lassen, aber jeder, der weiß, die Bank ist in Insolvenz und hat einen Masseverwalter, muss verkaufen, ist als potenzieller Käufer immer in der besseren Rolle. Wenn ich aber eine Abwicklungseinheit, Abbaueinheit schaffe, bin ich als Abbaueinheitsmanager in der besseren Rolle, denn ich bestimme … (Abg. Hable: Hm!) – Aber natürlich! Oder machen Sie das jeden Tag, machen Sie das? Ich bestimme dann, wie der Markt … und ob ich in den Markt gehe. Das ist das Einzige.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Da muss ich Ihnen schon widersprechen, Herr Dr. Liebscher! (Auskunftsperson Liebscher: Ja, das nehme ich ja zur Kenntnis!) Sie müssen es nicht mir glauben, Sie können es Herrn Steger glauben, der das hier im Untersuchungsausschuss gesagt hat: Sobald einmal der Stempel, auch der Stempel der Abbaueinheit, auf der Stirn des Unternehmens ist, haben Sie genau diese Dynamiken, die Sie beschreiben. Also auf die Insolvenz alleine ist es nicht beschränkt, und in der Insolvenz haben Sie genauso viel oder wenig Zeit wie bei einer Abbaueinheit. Da gibt es überhaupt keinen Unterschied. (Auskunftsperson Liebscher: Aber ich könnte Ihnen auch Gegenbeispiele bringen!)

Es gibt sehr wohl einen großen Unterschied, und das ist die Beteiligung der Gläubiger. Natürlich haben die Gläubiger nervös bei Ihnen und bei anderen angerufen, natürlich sind die nervös, wenn sie Verluste befürchten müssen. (Auskunftsperson Liebscher: Das waren ja keine Gläubiger der HETA, sondern das waren ja Gläubiger von österreichischen Unternehmen!)

Das ist der Vorteil einer Insolvenz gewesen, dass man tatsächlich eine Gläubigerbeteiligung schafft. Man sieht ja, was passiert ist, wenn man das nicht auf diese Art und Weise löst: dass im Endeffekt der Steuerzahler die Gesamtrechnung zahlt. Und das war das vollkommen richtige Argument, das auch Oliver Wyman gebracht hat. Die haben übrigens auch darauf hingewiesen, dass noch eine genaue Quantifizierung zu erfolgen hat, nur, wenn die nicht beauftragt wird, kann man denen nicht vorwerfen, dass sie nicht passiert ist. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) Aber in ihrem grundsätzlichen Argument haben sie natürlich völlig recht gehabt: dass das aus Sicht von Österreich besser ist, weil nur die Insolvenz die Gläubigerbeteiligung sicherstellt, nämlich nicht nur die der Anleihegläubiger (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen), sondern auch die der Bayern, und die sind jetzt alle draußen.

Ich befürchte, ich muss in der nächsten Runde weitermachen.

Dr. Klaus Liebscher: Aber das ist insoweit zu relativieren: Wenn Sie eine Abbauanstalt machen, so wie sie letztlich gekommen ist, dann mit einer deregulierten Einheit, wie wir sie heute haben, haben Sie eine ganz andere Situation. Sie dürfen ja nicht immer nur eine Abbaueinheit nehmen, wo der Staat, nehmen wir an, die Garantien gibt, sondern es gibt ja auch Abbaueinheiten wie beispielsweise in Deutschland.

Die Entwicklungen – ich kann und darf ja nicht darauf eingehen, aber die Entwicklungen, die medial über dieses ganze Thema verbreitet sind, zeigen ja, dass es nicht so ist, dass keine Gläubigerbeteiligungen wären; obwohl wir keine Insolvenz haben!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich kann Herrn Dr. Liebscher in Bezug auf meine letzte Frage nicht so schnell aus der Verantwortung lassen, und zwar betreffend die Rolle der Bayern, dass Sie sich hier einfach der Frage pauschal entschlagen.

Ich möchte auch den Herrn Verfahrensrichter ersuchen, zu beurteilen, ob sich Herr Dr. Liebscher hier einfach pauschal meiner Frage entschlagen kann: ob das eine Rolle gespielt hat bei der Beurteilung der Taskforce, die Rolle der Bayern von 2007 bis 2009 und die Garantien, die man den Bayern im Zuge des Verstaatlichungsvertrages gegeben hat.

Das kann keinen Einfluss auf die laufenden Verfahren haben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich sehe das schon als einen Verweigerungsgrund, weil sich das zweifellos auf die anstehende Rechtsstreitigkeit auswirken kann. Und dazu ist Dr. Liebscher nicht entbunden. Ich bitte daher, das zu berücksichtigen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Schade! Das ist natürlich eine ganz wesentliche Frage, weil dadurch sicher auch ein entsprechender Schaden für den österreichischen Steuerzahler entstanden ist. Es ist eigentlich die Aufgabe dieses Ausschusses, das aufzuklären, und jetzt kriegen wir hier keine Antworten, weil es laufende Verfahren gibt. Also ich muss schon sagen, das ist sehr, sehr bedenklich im Sinne der Aufklärung.

Herr Dr. Liebscher, wenn ich mir Ihr Abschiedsschreiben und das von Herrn Ditz anschaue, dann entnehme ich gewisse Parallelen. Sie sprechen beide von Schaden für die Bank und damit auch wiederum für den österreichischen Steuerzahler.

Wie können Sie den Schaden beziffern? – Herr Dr. Ditz hat von 5 bis 6 Milliarden gesprochen. Sie stellen es in den Raum, sind mit der Strategie nicht einverstanden und gehen im Groll. Vielleicht können Sie uns dazu etwas sagen! Diesen Schaden haben die österreichischen Politiker, vor allem die Finanzminister ab 2009, zu verantworten, und das würde uns sehr interessieren.

Dr. Klaus Liebscher: Ich habe mich ja mit meinem Rücktrittsschreiben eben darauf bezogen, dass ich davon ausgegangen bin, dass es am 10. Februar – so habe ich es mir zumindest eingebildet, aber vielleicht habe ich auch hier eine selektive Wahrnehmung – eine definitive Entscheidung der Regierungsspitze gegeben hat: Wir gehen in das Anstaltsmodell!; wie immer das dann im Detail auszuarbeiten ist.

Gleichzeitig oder kurz danach wird aber trotz dieser Entscheidung sofort auch das Thema der Insolvenz gebracht! Und das wissend, dass sofort wieder Spareinlagenabzüge am Balkan erfolgt sind; diese Anrufe, von denen ich vorhin gesprochen habe, von seriösen Industriestiftungen – denen kann man nichts mit Hedgefonds oder was immer unterstellen –: Wie können wir uns mit Österreich noch verständigen? Sollen wir in Österreich überhaupt noch bleiben? Dürfen wir überhaupt noch investieren, oder müssen wir auch davon ausgehen, dass hier niemand mehr einen Schutz hat? – Und so weiter.

Die Randfragen der lokalen Regulatoren von einzelnen – nicht allen, aber einzelnen – Ländern im SEE-Bereich: Was ist los in Österreich? Wir hören wieder, da wird jetzt doch die Insolvenz besprochen!

Das alles zusammen hat mich veranlasst, eben von einem Schaden … Und wenn ich Spareinlagen von ein paar hundert Millionen verliere, ist es ein Schaden für die Bank! Vielleicht jetzt nicht unmittelbarst in Hunderten von Millionen, das ist ja klar, aber trotzdem: Ich verliere Kunden, und so weiter.

Und selbst, wenn die Bank angeschlagen ist: Wissen Sie, das Schlimmste für mich ist, wenn in der Öffentlichkeit Monate hindurch bei einer Bank – aber sicher auch bei jedem anderen Unternehmen – über die Möglichkeit einer Insolvenz gesprochen wird!

Meine Vorstellung, wenn man so etwas macht, ist: Das berate ich im dritten Untergeschoß und gehe morgen in der Früh um 8 Uhr mit dieser Nachricht heraus. Aber ich bringe sie nicht fünf Monate in der Zeitung! Doch seit August oder September/Oktober, spätestens November 2013 bis in den März hinein ist das immer der Fall gewesen. Das schadet natürlich, das schadet allen!

Das war mein Zugang. Ich habe mir nicht angemaßt, jetzt hier von dieser oder jener Größenordnung als Schaden zu sprechen, weil ich einfach der Meinung war: Das ist gesamtimagemäßig eben das Problem, einerseits, glaube ich, schon auch für das Land, andererseits aber auch für die – wenn auch angeschlagene – Institution. Aber sie ist immerhin eine, die am Leben ist und eine aufrechte Bankgeschäftstätigkeit hat – damals.

Das war mein wesentlicher Beweggrund.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also wenn ich das jetzt zusammenfasse und für mich die drei Zahlen zusammenrechne:

Schaden durch Finanzminister Pröll: 2,6 Milliarden € aus dem Verstaatlichungsvertrag, Zusicherung an die Bayern;

Schaden von der Frau Fekter: 5 bis 6 Milliarden €, genannt durch Herrn Ditz;

und von Ihnen noch ein paar hundert Millionen dazu;

damit sind wir bei fast 10 Milliarden €, die die Finanzminister von 2009 bis 2014 zu verantworten haben.

Danke, ich habe keine weiteren Fragen.

Dr. Klaus Liebscher: Aber Sie haben jetzt nicht gemeint, dass ich für ein paar hundert Millionen an Schaden verantwortlich wäre?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben jetzt ein paar hundert Millionen genannt, die hier an Schaden entstehen können.

Dr. Klaus Liebscher: Ja, bitte! Gut.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Etwas ganz anderes: Als Aufsichtsratsvorsitzender der HBInt wurden Sie manchmal halt auch mit den Malversationen der leidigen Töchter konfrontiert, unter anderem Italien. Die Banca d’Italia, die dortige Nationalbank und Aufsichtsbehörde, ist ja gegen eine ganze Reihe von Managern der Hypo Italien vorgegangen.

In einer Sitzung vom 13.12.2013, nachdem das schon das zweite oder dritte Mal aufgetaucht ist und Sie sich immer ausdrücklich und ausführlich haben berichten lassen, fragen Sie sich dann, ob jetzt wohl sinngemäß alle Personen, die dort involviert sind, noch in der Bank sind, beziehungsweise formulieren Sie: Die sollten eigentlich nicht mehr in der Bank arbeiten.

Können Sie zu diesem Vorgang dem Ausschuss etwas erläutern? – Da waren offensichtlich nach Ihrem Geschmack noch welche zu lange in der Italien-Tochter tätig.

Dr. Klaus Liebscher: Da muss man ein bisschen ausholen.

Im Frühjahr 2013 – da war ich noch nicht im Aufsichtsrat – ist der Bankvorstand informiert worden, dass es Unregelmäßigkeiten finanzieller Natur bei der HBI gegeben hat und dass da über Kundenbeschwerden aufgekommen wäre, dass zu hohe Zinsen verrechnet oder zu niedrige Zinsen bezahlt wurden und dass Provisionen- und Mehrwertsteuerthemen und so weiter waren, sowohl in der Bank als auch, glaube ich, in der Leasinggesellschaft.

Der Vorstand und der alte Aufsichtsrat – das war also noch Ära Ditz – haben eine Untersuchung eingeleitet. Als ich in den Aufsichtsrat gekommen bin, habe ich von diesen Vorkommnissen erfahren. Wir haben dann auch in meiner Ära gebeten, dass überhaupt eine eigene Taskforce – nennen wir es jetzt auch so – innerhalb der Bank aufgesetzt wird, um diese Malversationen da unten zu überprüfen. Das ist alles hin und her gegangen, am Schluss dann auch mit der Banca d’Italia, wie Sie richtig sagen.

Herausgestellt hat sich jedenfalls – jetzt in groben Zügen –, dass dort durch ein ganz undurchsichtiges und sehr entstelltes IT-System und durch eine Handvoll von Leuten, die in der Bank – vom Generaldirektor abwärts – engstens miteinander kommuniziert haben, Kunden betrogen wurden, auf Deutsch gesagt, weil ihnen eben durch falsche IT-Abrechnungen Zinsen und dergleichen falsch berechnet wurden. Die Beschwerden sind dann auch wieder bei jemandem gelandet, der selbst mit dieser Partie verbunden war, sodass diese Beschwerden auch nie an den Aufsichtsrat der HBI weitergeleitet wurden, und die HBI-Aufsichtsräte oder auch die Revision sind da nicht draufgekommen.

Wir haben dann sofort über in Italien eingesetzte Wirtschaftsprüfer und internationale Rechtsanwaltskanzleien eine Aufarbeitung dieser Entwicklung machen lassen. Wir haben dann parallel dazu sogar auch in den anderen SEE-Ländern nachforschen lassen, ob es dort ähnliche Vorkommnisse geben könnte. Am Rande gesagt: Dort hat sich herausgestellt, es gab Berechnungsprobleme, aber keine Malversationen. Das war dort vor allem auch der Fremdwährungsbereich.

Die Banca d’Italia hat dann auf eine Ablöse des Managements gedrungen, was der Vorstand – ist gleich der Aufsichtsrat, aber das ist der Vorstand der HBInt gewesen – auch getan hat.

Und die internationale Rechtsanwaltskanzlei – wie immer die jetzt geheißen hat, Willkie Farr & Gallagher oder so ähnlich – hat jedenfalls festgestellt: Das war ein so perfektes intern aufgesetztes Betrugssystem, dass niemand extern, Aufsichtsrat oder externe Revision, draufkommen konnte. – Das war die Analyse, die wir bekommen haben. Ich kann es nicht anders sagen, so war es. Das ist von dieser Anwaltskanzlei gekommen, einer Kanzlei aus England.

Da – am 13. Dezember in der Sitzung – hatte dann die Banca d’Italia, glaube ich, schon reklamiert, dass es eben Wechsel im Management geben muss, dass es aber auch Wechsel im Aufsichtsrat geben muss. Der Wechsel im Management ist meines Wissens erfolgt, denn man hat den damaligen Vorstandsvorsitzenden abgesetzt, angezeigt und so weiter, und auch, glaube ich, die entscheidenden Schlüsselpersonen.

Der Aufsichtsrat, also mit Ausnahme von Edelmüller, weil er erst im Jahr 2013, glaube ich, in den Aufsichtsrat gekommen ist, aber Proksch und Sichert, die zwei anderen Aufsichtsräte, mussten zurückgezogen werden, weil das der Wunsch der Banca d’Italia war, ohne dass ihnen aber – wie auch dieses Rechtsgutachten sagte – irgendein Vorhalt gemacht werden darf.

Das war, glaube ich, im Wesentlichen …

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Doktor … (Abg. Kogler: Die Entschuldigung war ja, dass die dort runtergeschickt worden sind …!)

Herr Abgeordneter, nur ganz kurz: Ich muss bekannt geben, dass in 3 Minuten die Befragungsdauer zu Ende geht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja. – Nur, weil Sie den Namen Proksch erwähnt haben: Da wäre ich hingekommen. In diesem Dialog im Aufsichtsrat, wo der Vorstand Proksch anwesend war – und gleichzeitig und zuvor Aufsichtsrat in Italien –, versucht er, gegenzureden.

Können Sie dem Ausschuss noch schildern, wie sich hier die Beteiligten – auch der Herr Sichert, beide – artikulieren und verteidigen, warum noch nicht – also nicht ihre eigene Position – alle Involvierten entlassen wurden? Das schaut ein bisschen seltsam aus. Haben Sie zu diesem Vorgang irgendeine Erinnerung, dass ausgerechnet die beiden, die selbst – unschuldig oder schuldig – zur Verwaltungsstrafe verdonnert wurden, dann noch Ihnen teilweise widersprechen und erklären, warum eben noch nicht alle gekündigt worden sind?

Dr. Klaus Liebscher: Ich habe keine präzise Erinnerung, muss ich jetzt fairerweise sagen. Was ich aber glaube, ist: Die zwei mussten sprechen, denn die zwei waren natürlich im Aufsichtsrat in der HBI drinnen. Der Dritte, den wir damals hatten – wir waren ja im Dezember 2013 nur drei, also im Vorstand …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber sie stehen auf der Bremse, sinngemäß. – Haben Sie dazu eine Erinnerung?

Dr. Klaus Liebscher: Er ja erst gekommen, Edelmüller hatte da keine Relation zu der Bank, daher mussten die zwei antworten.

Es entzieht sich jetzt wirklich meiner Erinnerung, warum oder weshalb da vielleicht noch aus irgendeiner zweiten Ebene möglicherweise jemand war. Aber ich glaube, die erste Vorstandsebene war schon zurückgezogen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, es war die Rechtsabteilung, Sie haben recht, ja.

Dr. Klaus Liebscher: Ja, ich glaube, so etwas war es. (Abg. Kogler: Danke schön!)

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: 2 Minuten, das müsste sehr flott sein. Kurze Frage, kurze Antwort, mehr wird sich nicht ausgehen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Oder ein Schlussresümee! 2 Minuten habe ich noch? – Ja, das geht sich aus, um zumindest für heute Bilanz zu ziehen.

Was schon auffällig ist, Herr Dr. Liebscher, ist, dass Sie aus meiner Sicht sehr elegant, möchte ich einmal sagen, Ihre Verantwortung abgeben. Die haben Sie natürlich gehabt als Chef der FIMBAG, dann auch als Chef der Taskforce, und sobald Sie irgendwo nicht auf dem Verteiler sind oder bei einer Besprechung nicht dabei sind, haben Sie praktisch keine Verantwortung mehr. Das möchte ich so nicht stehen lassen.

Ich bin sehr wohl der Ansicht, dass Sie als Chef der FIMBAG sozusagen als treuhänderischer Verwalter dieser 900 Millionen € Steuergeld die Verpflichtung gehabt hätten, aktiver zu handeln; nicht nur zu warten, dass Sie zu solchen Sitzungen eingeladen werden, sondern aktiv einzufordern, dass Sie die notwendigen Informationen bekommen. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Das haben Sie aus meiner Sicht nicht gemacht. Ich frage mich – dann komme ich schon zum Schluss –, wie Sie dann ohne all diese Informationen ernsthaft und glaubwürdig für die Insolvenz argumentieren konnten. Ich kann das so nicht nachvollziehen.

Dr. Klaus Liebscher: Gegen die Insolvenz, Herr Abgeordneter! Ich habe nie für die Insolvenz …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, habe ich gemeint. (Auskunftsperson Liebscher: Bitte! Danke!) Aber trotzdem: ohne relevante Entscheidungsgrundlage, aus meiner Sicht.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Meine Damen und Herren! Da die Befragungsdauer gemäß § 37 Abs. 4 der Verfahrensordnung bereits vier Stunden beträgt, erkläre ich die Befragung der Auskunftsperson hiermit für beendet und bedanke mich bei Herrn Dr. Klaus Liebscher sehr für sein Erscheinen. (Auskunftsperson Liebscher: Bitte!)

 



[1] Ursprünglicher Text:  […]  dass die Risikokosten 1 : 1 sein werden, […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: Richtig soll es heißen „……,dass die Risikokosten 1,1 Milliarden sein werden,……“

(Diese Summe wird zB. auf Seite 19,Zeile 18 und auf Seite 53, letzte Zeile von unten mit  1,1 Milliarden jeweils richtig angeführt.)

 

Anmerkung: Aus technischen Gründen stimmen die angegebenen Seitenzahlen nicht mit dem Protokoll überein.

[2] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: Man hat ja auch gesehen, von März 2013 bis zur Vorlage…….am 8.oder 1.August 2014 sind noch einmal fünf Monate vergangen.

Richtig sollte es heißen „März 2014

Ich glaube, daß mit Richtigstellung  der Zahl 2014 meine Aussage keinesfalls nachträglich verändert sondern nur der Logik dieses Satzes angepasst wird.