335/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

 

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Thomas Havranek in der 69. Sitzung vom 10. Mai 2016

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 77. Sitzung am 28. Juni 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Thomas Havranek zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2016 06 28

 

                            Gabriel Obernosterer                                                Mag. Maximilian Unterrainer

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende


 


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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

 69. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Dienstag, 10. Mai 2016

Gesamtdauer der 69. Sitzung

10.06 Uhr – 19.06 Uhr

Lokal VI

 


Befragung der Auskunftsperson Mag. Thomas Havranek

Vorsitzende Doris Bures: Damit gehen wir in die Befragung ein. Herr Mag. Havranek, Sie haben von dem Recht, eine Vertrauensperson mitzunehmen, keinen Gebrauch gemacht. Deshalb möchte ich Sie im Besonderen davon in Kenntnis setzen, dass zu Ihrer Linken Herr Professor Binder sitzt, der die Funktion des Verfahrensanwalts innehat und darauf zu achten hat, dass Ihre Grund- und Persönlichkeitsrechte während der Befragung gewahrt werden. Wann immer Sie sich mit ihm kurz beraten wollen – das kann vertraulich stattfinden –, werde ich Ihnen die dafür erforderliche Zeit zur Verfügung stellen.

Sie können sich, wenn Sie Fragen zum Verfahrensablauf haben, auch jederzeit an Verfahrensrichter Dr. Pilgermair wenden und natürlich auch an mich als Ausschussvorsitzende; wenn Sie eine Pause wünschen oder sonstige Anliegen haben, können Sie sich gerne auch an mich wenden.

Wir beginnen mit einer kurzen Rechtsbelehrung. Dazu erteile ich Verfahrensrichter Dr. Pilgermair das Wort. – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Guten Morgen, Herr Mag. Havranek! Ich darf Sie bitten, die Richtigkeit und Aktualität der Personaldaten auf diesem Blatt zu prüfen. (Die Auskunftsperson bestätigt diese.) – Danke.

Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung in allen Details über die Rechte und Pflichten von Auskunftspersonen belehrt sowie auch über den Ablauf der Befragung hier im Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. In dieser Belehrung waren auch die Aussageverweigerungsgründe im Einzelnen angeführt. Sollte einer dieser Gründe bei einer Frage, die an Sie gerichtet wird, vorliegen, ersuche ich Sie, darauf hinzuweisen. Ein genereller Aussageverweigerungsgrund kann jedoch in diesem Verfahren nicht geltend gemacht werden.

Sie haben das Recht, den Ausschluss der Öffentlichkeit unter bestimmten Umständen zu beantragen sowie Beweisstücke und Stellungnahmen vorzulegen, deren Veröffentlichung oder Klassifizierung zu beantragen. Auskunftsperson haben die vornehmliche Pflicht, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann so wie die Fälschung eines Beweismittels oder der Gebrauch eines falschen oder verfälschten Beweismittels nach dem Strafgesetzbuch vom Strafgericht mit Freiheitsstrafe geahndet werden.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Dieser Teil bezieht sich auf das Informationsordnungsgesetz. Jede Person, die nach diesem Gesetz Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zu Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch noch nach der Beendigung der Befragung und der Tätigkeit dieses Ausschusses. Solche Informationen dürfen keinesfalls an unbefugte Personen weitergegeben werden.

Wenn Ihnen klassifizierte Unterlagen vorgelegt werden – dies wird im Rahmen der Befragung der Fall sein –, erkennen Sie diese am entsprechenden Aufdruck. Bitte nehmen Sie nicht versehentlich eine dieser Unterlagen mit! Von klassifizierten Dokumenten dürfen weder Fotos noch Auszüge oder Notizen angefertigt werden.

Haben Sie eine Frage zu dieser Rechtsbelehrung? (Die Auskunftsperson verneint dies.) – Sie können aber bei Bedarf jederzeit noch Fragen stellen. Dann kann ich auch schon auf das allen Auskunftspersonen zustehende Recht hinweisen, vorab eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die bis zu 20 Minuten dauern kann. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen? (Die Auskunftsperson verneint dies.)

Dann starten wir mit der Erstbefragung.

Was waren denn Ihre Aufgaben, die Sie für die Hypo im weitesten Sinne verrichtet haben? Wann haben Sie das erste Mal etwas für die Hypo gemacht? Wenn Sie die Aufgaben vielleicht gleich ein bisschen in eine Chronologie bringen! – Bitte sehr.

Mag. Thomas Havranek: Also die erste Aufgabenstellung hat mit dem Jahr 2010 begonnen. Da wurden wir beauftragt, die Rechtsanwaltskanzlei LANSKY, GANZGER & Partner in Bezug auf die Aufarbeitung in Bulgarien und der Ukraine forensisch zu unterstützen.

Nachdem das abgeschlossen war – das war, glaublich, Mitte/Ende 2011 –, wurden wir des Weiteren mit einer sogenannten Netzwerkanalyse beauftragt, unsere Softwaresysteme so zum Einsatz zu bringen, dass Sachverhalte, die von Anwälten bearbeitet wurden, vernetzt wurden, visualisierbar wurden und für die Anwaltskanzleien zugänglich gemacht wurden.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wer hat Ihnen denn den ersten Auftrag erteilt?

Mag. Thomas Havranek: Ad personam? Oder die Bank, die Hypo?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie es dazu gekommen ist, im weiteren Sinne, wie es dazu gekommen ist.

Mag. Thomas Havranek: Wie es dazu gekommen ist? – Das ist eine gute Frage. Erinnerlich ist mir ein Gespräch, wo wir zum Herrn Dr. Kranebitter und Herrn Mag. Edelmüller in das Hypo-Büro in der Inneren Stadt eingeladen worden sind, damals noch Kärntner Straße, glaube ich, und da wurden wir befragt, welche Dienstleistungen wir zusätzlich anbieten könnten. Da haben wir eben unsere Dienstleistungen dargestellt, danach kam ein Schreiben, wo uns ein Auftrag erteilt wurde.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wer hat denn dieses Gespräch angebahnt?

Mag. Thomas Havranek: Das weiß ich nicht. Wir sind eingeladen worden. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wer …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wissen Sie, ob das vermittelt wurde, ob Sie da jemand namhaft gemacht hat oder ob die vom Vorstand her direkt auf Sie gestoßen sind?

Mag. Thomas Havranek: Das weiß ich nicht. Das kann ich heute nicht mehr sagen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das wissen Sie nicht mehr.

Und das war die erste Tätigkeit?

Mag. Thomas Havranek: Bulgarien, Ukraine, ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Die haben Sie im Zusammenhang mit LANSKY, GANZGER & und Partner gemacht?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie war das? Wie war diese Zusammenarbeit? Wie hat sich die ergeben, wenn Sie beauftragt worden sind, vom Vorstand?

Mag. Thomas Havranek: Die Zusammenarbeit hat sich dadurch ergeben … Also uns wurde das so dargestellt, dass man es für nötig hält, dass den Anwälten Forensiker zur Seite gestellt werden, die ihnen zuarbeiten und dafür sorgen, dass die Anwälte dann aufgrund unserer Vorarbeiten ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie sind also als Forensiker, als Experte für Forensik zur Unterstützung der Anwälte beigezogen worden?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das war aber auf diesen Regionalbereich konzentriert?

Mag. Thomas Havranek: Genau.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und auch beschränkt?

Mag. Thomas Havranek: Und auch beschränkt, ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Was haben Sie denn da für Erkenntnisse in Bezug auf Wertberichtigungsbedarf oder anderes gewonnen, was Sie für relevant halten?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, wir persönlich haben … Sie müssen sich das so vorstellen: Unsere eigentliche Funktion, wenn ich das mit einem Gutachten vergleichen darf, war die reine Befundaufnahme (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja!) und diese den Anwälten zur Verfügung zu stellen, die dann die rechtlichen Schlüsse daraus gezogen haben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, Sie sind natürlich ein Diagnostiker erster Güte bei der Befundaufnahme, daher: Bitte sehr.

Mag. Thomas Havranek: Ich meine, das Schwierige war schon – wie sich es durch die gesamte Causa zieht – der Zugang zu Unterlagen (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja!), der korrekte Zugang zu Unterlagen, und wir haben sehr viel Wert darauf gelegt, dass man uns insbesondere die E-Mail-Daten zur Verfügung stellt. Man muss sich vorstellen, dass wir heute in sämtlichen Verfahren, ob privat oder staatlich, fast 80 Prozent aller belastenden Materialien in E-Mails finden und nicht mehr in Office-Dokumenten, deswegen wurden wir auch dazugeholt, weil das eine unserer Kernkompetenzen ist.

Die Dinge, die wir dort erkannt und aufgezeichnet haben: Ich glaube, man kann sagen, die eine Kategorie waren die Leasinggeschäfte, die andere die Kreditgeschäfte, bekanntermaßen; und insbesondere auffällig war, mit welcher Nonchalance hier Leasinggeschäfte und Kreditgeschäfte vergeben wurden. Aus der Sicht des Sachverständigen für Risikomanagement war es erstaunlich, wie wenig Risikomanagement dort in den Unterlagen nachlesbar war.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wenn Sie uns den Zeitraum konkretisieren, den Sie geprüft haben!

Mag. Thomas Havranek: Puh, das ist eine gute Frage; das weiß ich aber jetzt nicht mehr.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Na ja, aber uns interessiert das natürlich. (Auskunftsperson Havranek: Ja, das verstehe ich!) Wenn Sie so allgemein sagen, das war interessant und mit welcher Nonchalance vorgegangen wurde, dann interessiert es uns jetzt natürlich, in Erfahrung zu bringen, in welchem zeitlichen Umfang das war. Im zweiten Schritt konkretisieren Sie das Ergebnis, machen Sie die Nonchalance dingfest!

Mag. Thomas Havranek: Also der Zeitraum: Ich glaube, es waren die Jahre 2005, 2006, 2007. (Verfahrensrichter Pilgermair: 2005, 2006?) – Ja, ungefähr dieser Zeitraum, aber wie gesagt, da müsste ich jetzt die Unterlagen suchen ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War das noch in der Vor-Bayern-Zeit oder auch Bayern-Zeit?

Mag. Thomas Havranek: Bayern war auch schon dabei.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Bayern war auch schon dabei. Und wann hat es begonnen?

Mag. Thomas Havranek: Ich glaube, ab 2005, also ab ..., im Prinzip, weil: Ukraine hat es ja erst relativ kurz gegeben (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja!), und wir haben im Prinzip die Ukraine von Anfang an geprüft. Bulgarien ist, glaube ich, ein Jahr vor der Ukraine sozusagen erschlossen worden. Wir haben beides sozusagen ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie beide Länder von Beginn an geprüft (Auskunftsperson Havranek: Ja!), denn dann kann man das ja eruieren. (Auskunftsperson Havranek: Ja!) Sie haben beide Länder von Beginn an geprüft?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Bis wann?

Mag. Thomas Havranek: Bis zum Stichtag, das war irgendwann 2009.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: 2009 war der Stichtag.

Jetzt konkretisieren Sie bitte den Befund!

Mag. Thomas Havranek: Der Befund hat so ausgesehen: Uns wurden Kreditakten und Leasingakten zur Verfügung gestellt, eine Unzahl davon. Wir sind diese Akten systematisch durchgegangen und haben die Auffälligkeiten, die uns da zugekommen sind, als Punktation aufgelistet, mit Vermerken, warum wir glauben, dass dies auffällig wäre, und haben das dann so an die Anwaltskanzlei weitergeleitet, die das rechtlich mit uns diskutiert und dann daraus ihre rechtlichen Schlüsse gezogen hat.

Wie gesagt, es waren unterschiedlichste Dinge: Das eine war sozusagen die reine Art der Vergabe, wo unseres Erachtens kein sehr hoher Wert auf Sicherheiten, auf Risikomanagement gelegt wurde, wo ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Geben Sie vielleicht jeweils ein, zwei Beispiele dazu (Auskunftsperson Havranek: Also ...!), damit wir uns vorstellen können, was Sie damit meinen! Wenn Sie so allgemein bleiben, ist es einfach zu wenig gehaltvoll für uns.

Mag. Thomas Havranek: Aber ich müsste das alles im Detail einlesen, aber beispielhaft ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass Sie vorbereitet kommen, Herr Magister.

Mag. Thomas Havranek: Ja schon, aber das ist eine Unmenge von Unterlagen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Na gut, versuchen Sie es!

Mag. Thomas Havranek: Beispiele sind zum Beispiel, dass bei der Beurteilung stand, dass die Bilanzzahlen nicht vollständig vorliegen (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja!), und man hat trotzdem den Kredit vergeben, oder dass der Cashflow nicht gegeben ist, um überhaupt die Raten zurückzahlen zu können, und es ist trotzdem der Kredit vergeben worden. Also das sind so die Sachen, die sich hier ein bisschen wie eine rote Linie durchgezogen haben. (Verfahrensrichter Pilgermair: Das hat sich wie eine rote Linie durchgezogen!)

Und eines der merkbarsten Dinge war immer wieder, dass die Unternehmenszahlen auch in den Risikovermerken und Berichten offensichtlich nicht schlüssig und nicht nachvollziehbar waren und teilweise auch nicht vollständig waren beziehungsweise sogar gestanden ist, wie gesagt, dass es aufgrund des Cashflows fraglich ist, ob Raten überhaupt bedient werden können – und dennoch wurden offensichtlich diese Kredite vergeben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sind das so wesentliche Punkte aus der Befundaufnahme in diesen beiden Ländern?

Mag. Thomas Havranek: Das sind wesentliche Punkte, ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie ist es dann zur Ausweitung der Tätigkeit gekommen? Sie haben schon den zweiten Schritt gesagt, sagen Sie es noch einmal und warum es dazu gekommen ist! Ist es über Ihren Vorschlag dazu gekommen, oder wer hat das eingebracht? An sich hört sich das ja sinnvoll an.

Mag. Thomas Havranek: Dazu gekommen ist es folgendermaßen: Wir haben, wie gesagt, festgestellt ... Erstens war unser Zugang, dass wir gesagt haben, um zu verstehen, wer was gemacht hat, wer wofür verantwortlich ist, ist es erforderlich, die Kommunikation und die Strukturen genau zu prüfen und zu analysieren. Wir verwenden hier eine Software, die darauf ausgerichtet ist, komplexe Datensätze zu vernetzen.

Sie müssen sich das so vorstellen, wie wenn in Fernsehserien Polizisten an der Pinnwand stehen und die Fotos, Bilder und Telefonnummern mit einem roten Bindfaden verknüpfen. Dieses Softwarewerkzeug macht das automatisch. Das heißt, wir haben dieses System so aufgesetzt, dass wir in der Lage gewesen wären ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War das eine Eigenentwicklung, oder haben Sie das ...

Mag. Thomas Havranek: Nein, das ist keine Eigenentwicklung, das ist ein englisches System, das heute einem anderen Unternehmen gehört, mit dem wir aber schon, glaublich, am längsten am österreichischen Markt gearbeitet haben; wir haben bereits 2000 damit begonnen. (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja!)

Die Idee kam grundsätzlich gut an, bei der Forensik und auch bei der Finanzprokuratur, dass es erforderlich wäre, sich sozusagen ein bisschen von diesen länderbezogenen Zugängen zu lösen und zu versuchen, das System besser zu verstehen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War das Ihr Vorschlag?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Der zweite Zugang war, dass wir dann immer wieder nachgefragt haben: Na ja, es muss doch noch Unterlagen bei der Bank selber geben, und es muss doch noch Unterlagen in Österreich geben und dort, und dort. Wir haben immer mehr festgestellt, dass es offensichtlich zwar Hausdurchsuchungen gegeben hat, aber offensichtlich niemand bis zu dem Zeitpunkt, wo wir die Frage gestellt haben, durch die Bank gegangen ist und geschaut hat: Was habe ich dort überhaupt in den Archiven?

Dadurch kam es dann in dem Leitungsausschuss zu unserem Vorschlag, eine Hausbegehung zu machen (Verfahrensrichter Pilgermair: Mhm! Mhm!), und nachfolgend natürlich die Frage, wo wir gesagt haben – auch mit den Anwälten, die das dann auch bestätigt haben –: Haben sie überhaupt alle Unterlagen, oder sind die vollständig? Uns wurde oft gesagt: Wir wissen es nicht, wir glauben es nur nicht! Dadurch kam es zu diesem Komplex der Hausbegehung, der relativ aufwendig war.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wann hat denn die stattgefunden?

Mag. Thomas Havranek: Initiiert haben wir dieses Thema Ende 2010, wie wir das Bulgarien-Ukraine-Thema mehr oder weniger abgeschlossen hatten, und es hat dann bis Mitte 2011 gedauert, bis wir das tatsächlich umsetzen konnten.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War das Ihres Wissens die erste derartige Informationsaufnahme, dass man vor Ort eine solche – Sie benennen das mit dem schönen Terminus – Hausbegehung gemacht hat?

Mag. Thomas Havranek: Das weiß ich nicht. Faktum ist, dass es zum damaligen Zeitpunkt immer schon zwei Datenräume gab, in die zahlreiche Unterlagen eingeliefert worden sind; aber dass man sozusagen eine strukturierte Begehung des gesamten Bankkomplexes initiiert hat, war meines Wissens zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und was hat diese Begehung zutage gebracht? Was waren die Ergebnisse?

Mag. Thomas Havranek: Die Ergebnisse waren ... Also das Ganze hat so funktioniert, dass man dann seitens der Rechtsabteilung und Forensikabteilung, glaube ich, die einzelnen Abteilungen gebeten und aufgefordert hat, Unterlagen herzugeben, zur Verfügung zu stellen, die noch bei ihnen lagern würden. Das ist auch in den meisten Fällen – bis auf drei, vier Abteilungen, glaube ich – tatsächlich passiert; das war mit ein Grund, warum das so lange gedauert hat, weil die gesagt haben: Wir müssen erst die Unterlagen suchen und finden!

Dann haben wir, wie gesagt, diese Begehung strukturiert durchgeführt, und insbesondere hat sie ergeben, dass in den Archiven, in den Archivräumen und in einem kleinen Tresorraum dann doch noch Unterlagen gefunden wurden, die wir für die gesamte Causa Hypo für durchaus relevant hielten, die wir dann auch an die Forensikabteilung übergeben haben, die das dann wiederum entsprechend weitegeleitet hat.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wenn Sie uns jetzt wieder ganz kurz konkretisieren, was diese Ergebnisse, die Sie als interessant bezeichnet haben, waren!

Mag. Thomas Havranek: Zum Beispiel: Die größte Auffälligkeit war aus meiner Sicht, dass im Vorstandsbereich ein riesiger, mannshoher Tresor stand, und es hat dann einige Zeit gedauert, bis der Schlüssel für diesen Tresor auffindbar war. Als wir den geöffnet haben, war dort ein kompletter Satz an Unterlagen, die offensichtlich schon von einem Vorgänger von uns – ich vermute, es war damals die erste Untersuchung, die, glaube ich, von PwC durchgeführt wurde – ...; also diese Akten waren jedenfalls untersucht, waren auch mit Post-its eindeutig gekennzeichnet, was dort relevant war – und seitdem hat das Ding niemand mehr aufgemacht, was ich beachtlich fand. Wir waren im Jahr 2011, und der Tresor war voll mit Unterlagen, E-Mail-Verkehr.

Das Zweite, was auffällig war: Es war unseres Erachtens durchaus bekannt, dass es im Zugangsbereich zur Garage, wo die Vorstände üblicherweise geparkt haben, einen Raum gab. In diesem Raum standen drei oder vier, glaube ich, kleinere Tresore, die wir ebenfalls geöffnet haben, wo ebenfalls Unterlagen unterschiedlichster Art vorhanden waren, sehr viele E-Mails vor allem, Unterlagen, die vor allem Kommunikation von Herrn Kulterer betroffen haben. Und es gab einen Tresor, der ganz offensichtlich geleert wurde. Warum wir das glauben? – Ein Tresor – ich kann das jetzt schwer beschreiben – ist bekanntermaßen natürlich dick und hat bei der Tür eine Nische, und da ist ein Akt hineingerutscht, den hat man offensichtlich in der Hektik übersehen; den haben wir dort herausgenommen und uns ebenfalls angeschaut und weitergegeben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Was war das für ein Akt?

Mag. Thomas Havranek: Boah, ich weiß nur, es war sehr viel Kommunikation; betroffen hat das Kulterer teilweise privat, teilweise Kommunikation mit der Beratungsfirma VCP – ja, das waren die Schwerpunkte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie Rückschlüsse darüber bekommen, ob und wie weit die Prüfer, Wirtschaftsprüfer, aber auch die Prüfer bei den Vor-Ort-Prüfungen der Aufsicht, vollständiges Material zur Verfügung hatten?

Mag. Thomas Havranek: Damals, als die Wirtschaftsprüfer geprüft haben oder ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Als Sie geprüft haben! (Auskunftsperson Havranek: Als wir geprüft haben!) Im Rahmen der Beschäftigung haben Sie sich allenfalls ja auch die früheren Prüfberichte aus dieser Zeit angeschaut.

Mag. Thomas Havranek: Teilweise, aber eigentlich war das nicht unsere Aufgabe.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, ja, war nicht Ihre Aufgabe, aber von der Ausschusszielsetzung her macht es natürlich Sinn – nicht nur das, sondern es ist eine Notwendigkeit –, den Blick auf die Bundesorgane zu werfen.

Aus Ihrer Sicht: Können Sie etwas dazu sagen, haben Sie Wahrnehmungen dazu, ob und in welchem Umfang der Bundesaufsicht das Material zur Verfügung stand?

Mag. Thomas Havranek: Nein, können wir nicht sagen, weil ich nicht weiß ... Also bekannt war, dass es diese Archive gab, aber wer was daraus wem zu welcher Zeit zur Verfügung gestellt hat, konnten wir nicht nachvollziehen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hatten Sie einen Einblick in die seinerzeitigen Analysen betreffend Wertberichtigungsbedarf, haben Sie das verglichen?

Mag. Thomas Havranek: Nein, war auch nicht …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie haben eine beschränkte spezielle Untersuchung für sich vorgenommen.

Mag. Thomas Havranek: Um das noch einmal zu definieren: Unser Aufgabenfeld nach Bulgarien, Ukraine war zuerst diese Hausbegehung, wo wir gesagt haben, man muss diese Daten sammeln, und in weiterer Folge haben wir der Forensikabteilung und den Anwälten zugearbeitet, und die Idee dahinter war folgende: Es gab eine Liste, die hat SVD-Liste geheißen, in der waren circa 200 Fälle, die untersucht wurden, aufgelistet, und diese Liste mussten wir ständig sehr bürokratisch ausfüllen. Unter anderem waren ungefähr zu diesem Zeitpunkt bereits 70 bis 75 Sachverhaltsdarstellungen bei der Staatsanwaltschaft vorgelegt.

Aus den Ausschusssitzungen ergab sich immer wieder, dass – mehrere Anwaltskanzleien haben bekanntermaßen hier gearbeitet – offensichtlich nicht alle Anwälte denselben Informationsstand hatten. Daher war unser Vorschlag, und der ist dann eben auch angenommen worden, diese gesamten Sachverhaltsdarstellungen in einem Analysewerkzeug zu vernetzen und den Anwälten somit zugänglich zu machen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, das haben Sie schon sehr deutlich gemacht, meine Frage geht jetzt darüber hinaus und betrifft nur Ihre Wahrnehmungen. Haben Sie dazu Wahrnehmungen gehabt, welche Informationen der Bund, die Organe des Bundes, die beteiligt waren – im weiteren Sinne; ob das jetzt die FMA oder das BMF war, wer auch immer –, hatten, welchen Informationsstand sie hatten, den Sie im Nachhinein geprüft haben?

Mag. Thomas Havranek: Nein, habe ich keine.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie keine.

Welche Kontakte mit Organen des Bundes haben Sie während Ihrer Tätigkeit gehabt?

Mag. Thomas Havranek: Gar keine.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Gar keine, auch nicht mit der Finanzprokuratur?

Mag. Thomas Havranek: Mit der Finanzprokuratur in der Ausschusssitzung, ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Mit wem? Mit dem Präsidenten?

Mag. Thomas Havranek: Mit dem Präsidenten, ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Was waren dessen Zielsetzungen?

Mag. Thomas Havranek: Ganz klar die Aufarbeitung der gesamten Causa.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie haben Sie mit der CSI zu tun gehabt?

Mag. Thomas Havranek: Ja, wir haben ja im Prinzip dann ausschließlich der CSI zugearbeitet.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ausschließlich zugearbeitet?

Mag. Thomas Havranek: Wir waren sozusagen ein Werkzeug, wenn Sie so wollen, der CSI. (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja!) Das kommt daher, dass die Anwendung dieser Analysewerkzeuge hochkomplex ist und wir das nicht einfach übergeben konnten, und daher waren wir ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War der Auftrag, den Sie angeregt haben und den Sie bekommen haben, ein umfassender? Konnten Sie so weit in die Tiefe oder auch in die Breite gehen, wie Sie wollten, oder hatten Sie irgendwelche Limitationen, dass man sagte: Das und das, aber nicht dieses und jenes!?

Mag. Thomas Havranek: Nein, das war ... – wie soll ich sagen? –, es hätte ein umfassender sein sollen, wurde jedoch durch die Abläufe permanent verzögert; behindert möchte ich jetzt nicht sagen, denn ich weiß nicht, ob es bewusst behindert wurde. Faktum war, dass wir zum Beispiel ...

Ich habe das vorhin gesagt, das Thema E-Mail-Analyse: Es war ganz klar, dass ein ganz wesentlicher Faktor in allen Fällen – egal, welcher Fall – die Kommunikation zwischen den einzelnen Personen war. Wir haben mehrfach darauf bestanden und hingewiesen, es wäre zielführend, die E-Mail-Accounts aller Benutzer einzuspielen – aus mehreren Gründen: erstens, weil es ja bekanntermaßen offensichtlich war, dass Informationen aus der Bank abgeflossen sind und Herrn Kulterer zugutegekommen sind; zweitens, weil eben mehrere Kanzleien hier gearbeitet haben und die nicht die Möglichkeit hatten, die Vernetzungen selber zu verstehen.

Das war hochkompliziert. Wir haben ganz klar dargestellt, wie so eine Analyse abläuft, dann hat man uns gesagt, das muss man mit der Gewerkschaft besprechen; die Gewerkschaft war in dem Fall sehr kooperativ. Wir haben auch dargelegt, warum wir hier keine Datenschutzrechte ... Dann hat man uns gebeten, also mich als Sachverständigen gebeten, eine Stellungnahme dazu zu machen, die der Arbeiterkammer vorgelegt worden ist. Wir haben diese Stellungnahme gemacht, dann hat die Arbeiterkammer der Stellungnahme zugestimmt. Und dann haben wir uns gedacht, jetzt bekommen wir alle E-Mail-Daten. Dem war natürlich nicht so. Dann wurde eingeschränkt aufgrund von Personen, dann hat die Rechtsabteilung wieder gesagt, da sehen sie ein Risiko, weil – und, verstehen Sie (Verfahrensrichter Pilgermair: Das hat sich verzögert!), das war ein bisschen wie ein Ping-Pong-Spiel.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist es dann überhaupt dazu gekommen, dass Sie das zur Gänze verarbeiten konnten?

Mag. Thomas Havranek: Nein, bis heute nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Bis heute nicht.

Was meinen Sie denn, so Daumen mal Pi, in welchem Umfang Sie es überhaupt bekommen haben, prozentuell vom Ganzen?

Mag. Thomas Havranek: Boah, also ich würde sagen, um die 20, 25 Prozent (Verfahrensrichter Pilgermair: Nicht mehr?); ist meine Meinung.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt haben Sie erwähnt, dass für Sie der Verdacht da war, dass an Kulterer Informationen gegangen sind. Worauf gründet sich dieser Hinweis?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, erstens einmal aus der persönlichen Wahrnehmung, wie zum Beispiel, dass während der Hausbegehung ... Also als wir die Hausbegehung gemacht haben, stand einen Tag vorher in der Kärntner „Kronen Zeitung“, ich glaube, sogar wörtlich, dass der böse Havranek kommt und eine Hausbegehung macht; also ganz offensichtlich wurden hier Sachen rauskommuniziert. Zweitens, durch die Wahrnehmungen auch von anderen Leuten, insbesondere Anwälten, mit denen wir gearbeitet haben: Die haben dann gesehen, dass es offensichtlich eine Kommunikation von Mitarbeitern über sie mit Herrn Kulterer gab.

Das andere ist eine rein subjektive Wahrnehmung: weil einfach die Stimmung gegenüber der CSI neutral bis feindlich war, würde ich sagen. Wenn man versucht hat, etwas zu bekommen, oder versucht hat, Unterlagen zu erlangen oder Daten einzusehen, dann war das eher schwierig.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, die Zeit der Erstbefragung ist vorbei. Danke für Ihre Antworten.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Pilgermair, für die Erstbefragung.

Erster Fragesteller ist Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich wollte noch kurz an die Erstbefragung anschließen: Sie haben gesagt, dass in der Nähe der Garage, in der die Vorstände parken, ein Raum war, in dem drei Tresore drinnen waren, und haben vorhin gesagt, im Bereich des Vorstands gab es einen großen, mannshohen Tresor und die Unterlagen dort waren offensichtlich aufbereitet. War das bei denen in den drei Tresoren auch so?

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die waren – unter Anführungszeichen – „jungfräulich“ (Auskunftsperson Havranek: Ja!), also bis auf den einen, der leergeräumt war?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Woher haben Sie überhaupt erfahren, dass es in der Garage so einen Tresorraum gibt?

Mag. Thomas Havranek: Ich bin ein neugieriger Mensch. Also die Aufgabenstellung war aus meiner Sicht klar, nämlich die gesamte Bank zu begehen und jede Tür zu öffnen – und somit standen wir dann in diesem Raum.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also Sie sind quasi vom Dachgeschoß (Auskunftsperson Havranek: Ja!) bis in den Keller gegangen und haben in jeden Raum geschaut?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und Sie haben gesagt, dass Sie nur einen Bruchteil bekommen haben, habe ich das richtig verstanden? Das war akustisch ein bisschen schwierig, weil Sie nicht ins Mikrofon gesprochen haben. (Auskunftsperson Havranek: Verzeihung!) – Ist egal, jetzt passt es eh!

Die Gewerkschaft war kooperativ (Auskunftsperson Havranek: Ja!), und die Arbeiterkammer hat dann – unter Anführungszeichen – „grünes Licht“ gegeben?

Mag. Thomas Havranek: So wurde es an uns weitergeleitet, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und wo ist es dann gehangen?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, gehangen; ich glaube, das Thema war (Abg. Krainer: Sie haben die Rechtsabteilung erwähnt!), dass die ... Also das Thema war, dass wir eine Liste gemacht haben, welche E-Mail-Accounts jedenfalls geprüft werden sollten, und dann wurde immer wieder hinterfragt, teilweise einzeln, teilweise in Gruppen, warum diese E-Mail-Accounts; dann wurden mit Hinweis auf möglicherweise doch bestehende Datenschutzthemen diese E-Mail-Accounts wieder aus dieser Liste entfernt, und somit ist das halt immer mehr eingeschränkt worden, und damit ist natürlich die Möglichkeit, die gesamte Kommunikation ordnungsgemäß zu analysieren, etwas eingeschränkt gewesen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie so eine Analyse der gesamten Kommunikation einer Firma schon einmal durchgeführt?

Mag. Thomas Havranek: Ja, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Im Auftrag des Eigentümers (Auskunftsperson Havranek: Ja!) oder des dortigen Geschäftsführers oder Vorstands?

Mag. Thomas Havranek: Ja, das machen wir immer wieder. Das ist einer unserer …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, das klingt ja nicht so unheftig.

Mag. Thomas Havranek: Es klingt heftiger, als es ist, weil es heutzutage, wie gesagt, Werkzeuge gibt, die hochautomatisiert arbeiten, teilweise mit künstlicher Intelligenz versehen sind. Wir haben die maßgeblichsten dieser Softwaretools auch teilweise miteinander verknüpft. Das Wesentlichste ist, Sie brauchen einerseits jemanden, der sich softwaretechnisch auskennt, und Sie brauchen große Rechner.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. Ich komme auf eine andere Frage. Sie haben mehrere Aufträge bekommen, oder?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Der erste oder das erste Mal war diese Bulgarien…

Mag. Thomas Havranek: Das Erste war Bulgarien, Ukraine, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und dann haben Sie, nachdem Sie das abgeschlossen haben, im Jahr 2010 eben gemeint, man muss eine Hausbegehung machen?

Mag. Thomas Havranek: Genau.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Da haben Sie einen anderen Auftrag bekommen?

Mag. Thomas Havranek: Genau, wir haben also durch die … Ich war in diesem Lenkungsausschuss dabei mit dem Herrn Dr. Peschorn und den Rechtsanwälten und dem Herrn Kollegen Schwarzbartl. Da wurde immer wieder diskutiert, was fehlt und wie man das verbessern kann. Und wir hatten zwei konkrete Vorschläge: Das eine war die Hausbegehung und das Zweite waren die Datenanalyse und die Datenvernetzung.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich darf Ihnen einen Akt mit der Nummer 2118918 vorlegen, Lieferant Finanzprokuratur. Das ist ein E-Mail vom Herrn Peschorn an einen Mitarbeiter des Kabinetts, wo es eine Beilage gibt. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Ich darf Sie ersuchen, auf der Seite 3 den Punkt C in Ruhe durchzulesen. – Also Sie können alles lesen, wenn Sie wollen, aber meine Fragen beziehen sich auf den Punkt C. Der Punkt C geht dann noch auf der Seite 4 weiter.

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Erste Frage: Kennen Sie dieses Dokument?

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Kennen Sie den Inhalt?

Mag. Thomas Havranek: Nein, ich lese ihn gerade.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war hier schon öfters Thema im Ausschuss, zumindest zwei Mal. Haben Sie irgendwelche Wahrnehmungen dazu, dass Sie beauftragt wurden, nicht, weil Sie so gut sind, sondern, weil das das Büro des Bundeskanzlers Faymann wollte?

Mag. Thomas Havranek: Das mag sein, ja. Ich glaube, das eine schließt das andere nicht aus.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie irgendwelche Wahrnehmungen dazu?

Mag. Thomas Havranek: Ja, wenn ich mich recht erinnere, war … – Sie wissen ja, mein Vater war Partner unserer Steuerberatungskanzlei und auch Partner in meiner Beratungsfirma, und es gab, soviel ich weiß, aber da müssen Sie ihn selbst befragen, immer wieder Diskussionen, was wie gemacht werden muss. Und da gab es eben auch die Vorschläge unsererseits und dann vermutlich auch durch meinen Vater – ich war bei diesen Besprechungen nicht dabei –, was wir dazu beitragen könnten. Und dadurch kam es dann zur Beauftragung.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, Sie halten das für möglich?

Mag. Thomas Havranek: Ja, natürlich.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es steht auf der letzten Seite: „Allen Verhandlungsteilnehmern war klar, dass Herr Günther Havranek (CIN) für diese Aufgabe vom BKA vorgesehen war.“

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Da geht es um eine Bürgschaftsvereinbarung des Bundes, dass da etwas geändert wurde. – Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie keine?

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie irgendwelche politischen Einflussnahmen auf Ihre Tätigkeit festgestellt?

Mag. Thomas Havranek: Nein. Ich habe rein operativ, wie gesagt, für die CSI und im ersten Fall für die Kanzlei Lansky gearbeitet.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie irgendwelche Wahrnehmungen über politische Einflussnahme?

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Auf Ihre Tätigkeit?

Mag. Thomas Havranek: Wie gesagt, der höchste Level, auf dem ich tätig war, war der Lenkungsausschuss in der Finanzprokuratur, und sonst war ich rein operativ tätig.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es ist gibt noch etwas, was ich Ihnen vorlegen wollte. Es ist ein Bericht von einer Besprechung am 13. Juli 2011 im Bundeskanzleramt. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da geht es vor allem um den ersten Satz. Der Inhalt der Besprechung ist dann nicht so niederschmetternd.

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Kennen Sie dieses Dokument?

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Erinnern Sie sich an diese Besprechung?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Vorsitzende Doris Bures: Würden Sie bitte die Dokumentennummer sagen!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Entschuldigung, ja: 2118992, Lieferant Finanzprokuratur, Seite 1 von 22.

Und das war so, dass Sie hier beigezogen waren als Vertrauter des Bundeskanzlers und des Herrn Staatssekretärs, wie es da steht?

Mag. Thomas Havranek: Mein Vater, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ihr Vater?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. Und der hat ihm dann auch berichtet?

Mag. Thomas Havranek: Wem?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dem Bundeskanzler.

Mag. Thomas Havranek: Das weiß ich nicht, was er ihm berichtet hat.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie da keine Wahrnehmungen?

Mag. Thomas Havranek: Nein, ich war auch nicht …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber Sie würden sagen, dass der Bundeskanzler jedenfalls zu Ihrem Vater ein Vertrauensverhältnis hatte?

Mag. Thomas Havranek: Ja, ich denke schon. Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Bei Besprechungen, wo das Bundeskanzleramt dabei war, waren Sie zumindest einmal – war das öfters der Fall?

Mag. Thomas Havranek: Nein. Das war diese eine Besprechung, weil die Fragestellung einfach die war, Vertrauen hin oder her: Was können wir im Bereich Forensik leisten, und was können wir dort beibringen?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und das war eine Besprechung mit dem Herrn Peschorn?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und da haben Sie ihm gesagt, was Sie beitragen können?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay.

Im ersten Dokument, das ich Ihnen gegeben habe, steht auch noch der Satz: „Die Zustimmungen zu den Beauftragungen erfolgten erst nach Rücksprache mit dem Kabinett.“ – Gemeint ist wohl das Kabinett des Finanzministers. Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie haben Sie die Kooperation mit der Finanzprokuratur empfunden?

Mag. Thomas Havranek: Ausgezeichnet.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und mit der Firma vom Herrn Held?

Mag. Thomas Havranek: Ausgezeichnet, sehr gut.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und was würden Sie insgesamt sagen, wie die CSI funktioniert hat?

Mag. Thomas Havranek: Also ich würde sagen, die CSI, wenn man sie jetzt alleinstehend betrachtet, sehr gut. Die Damen und Herren dort sind ausgesprochen kompetent. Das Problem war halt nur, dass die CSI nicht konnte, wie sie wollte. Also das liegt außerhalb der CSI, was dort funktioniert und nicht funktioniert hat.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben gesagt, Sie haben Anwälten zugearbeitet. Welche waren das im Wesentlichen?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, im Wesentlichen war es die Kanzlei Held. Sie müssen sich das so vorstellen, wir haben, als wir diese Daten vernetzt hatten, ein Online-Formular, eine Online-Schnittstelle programmiert, die es den Anwaltskanzleien ermöglicht hat, direkt Daten in das System einzufüttern und dann wieder über uns abzurufen.

Die Kanzlei Held hat das ausgezeichnet genutzt und das auch gemacht und hat dadurch auch – fragen Sie mich jetzt nicht im Detail, in welchen, aber – in zahlreichen Fällen dieses System verwendet, um Vernetzungen, Netzwerke darzustellen und in ihre Anzeigen und Sachverhaltsdarstellungen aufzunehmen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie noch anderen Anwaltskanzleien ähnlich zugearbeitet?

Mag. Thomas Havranek: Es gab eine Sitzung, wo allen Anwaltskanzleien dieses System und diese Möglichkeit vorgestellt wurde, wo auch alle Kanzleien eingeschult worden sind. Und die haben das dann über die CSI bei uns abgerufen. Bei der Kanzlei Held weiß ich es am konkretesten, weil die teilweise Fragen wegen der eigenständigen Dateneinspielung hatten. Bei den anderen Kanzleien weiß ich es nicht, weil wir da von der CSI dann beauftragt worden sind. Die haben uns nicht gesagt, welcher Anwalt gerade dahintersteht, sondern die haben einfach gesagt: Wir haben den Fall. Können Sie uns dazu die Netzwerkanalyse durchführen und die Zusammenhänge darstellen?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie lange haben Sie dann in etwa an diesen drei verschiedenen Aufträgen gearbeitet?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, Bulgarien/Ukraine war, wie gesagt, 2011 abgeschlossen. Die Hausbegehung und die daraus resultierende Aktenübergabe waren ebenfalls Mitte 2011 abgeschlossen. Und ab dem Zeitpunkt haben wir sozusagen … Der Rahmenauftrag waren die Netzwerkanalyse und die Betreuung dieser Daten und die Einzelfallabfrage, wo wir gebeten worden sind, auf Anfragen Analysen durchzuführen und der CSI zur Verfügung zu stellen.

Vorsitzende Doris Bures: Wir kommen jetzt in die Fragezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und wie lange waren Sie jetzt da insgesamt?

Mag. Thomas Havranek: Ich unterscheide jetzt einmal: Operativ bis Ende 2014, und formal wurde dann unser Vertrag im März 2015 gelöst.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und wie viele Personen von Ihrer Firma waren da in diesem Zeitraum tätig?

Mag. Thomas Havranek: Unterschiedlich. Im ersten Zeitraum, also in der Phase Bulgarien/Ukraine, würde ich sagen, fünf bis sechs Personen. Im folgenden Zeitraum grundsätzlich zwei Personen, eine Person permanent, eine Person relativ permanent, und dann je nach Fall und nach Bedarf ein bis drei weitere Mitarbeiter.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Danke, ich mache in der nächsten Runde weiter.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Mag. Havranek, da Kollege Krainer die Selbstfindungsgruppe der SPÖ schon aufgearbeitet hat, kommen wir gleich zu Ihren Tätigkeiten, die Sie bei der Hypo hatten. Ich möchte bei den Fragen des Herrn Verfahrensrichters anschließen: Bulgarien/Ukraine, die ersten Tätigkeiten von Ihnen.

Sie haben erwähnt, Sie haben auch das Büro LANSKY, GANZGER & Partner unterstützt. Für mich einmal der erste Zugang oder die erste Frage: Was war der Grund, dass man den Schwerpunkt auf diese Region, auf dieses Gebiet gelegt hat? Warum ist das passiert, und wer hat das entschieden?

Mag. Thomas Havranek: Soweit mir erinnerlich, gab es diese sehr umfangreiche Liste – SVD-Liste hat sich das genannt –, wo diverse Problemfälle aufgelistet waren, und die waren unter anderem nach Ländern unterteilt. Uns gegenüber wurde das so dargestellt, dass diese Länder Anwaltskanzleien zugeteilt worden sind und dann den Anwaltskanzleien Forensiker. So hat unser Auftrag begonnen. Die Kanzlei Lansky und wir waren für den Bereich Bulgarien/Ukraine zuständig.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Die Expansion in diese Richtung ist ja relativ „spät“ – unter Anführungszeichen – in der Hypo erfolgt. 2006, glaube ich, hat man begonnen (Auskunftsperson Havranek: Ja!), 2007, da geht es dann schon sehr stark in die Zeit, wo dann die Bayern eingestiegen sind.

Haben die Bayern diese Expansion fortgeführt? Welches Volumen hat das gehabt? Wie ist das in der Zeit unter den Bayern dort gelaufen? Sie haben heute erwähnt: schlechtes Risikomanagement und, und, und. Wie können Sie das beurteilen?

Mag. Thomas Havranek: Da muss ich jetzt kurz den Verfahrensanwalt fragen. (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Also, wie gesagt, ich bin in Bezug auf die BayernLB nicht entbunden, wie Sie vermutlich wissen. Ich kann Ihnen daher nur insofern antworten: Faktum ist – und das, was wir dort als Auffälligkeit festgestellt haben – ein erheblicher Informationsaustausch zwischen BayernLB und den dort zuständigen Organen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Da haben Sie jetzt einen Punkt angesprochen, für den Sie nichts können, aber das ist sehr ärgerlich für uns in der Aufklärungsarbeit, diese mangelhafte oder nur teilweise Entbindung, was die BayernLB und das ganze Thema mit den Bayern betrifft. Da geht es ja um 4,8 Milliarden €, also nicht gerade um eine Kleinigkeit.

Wie sehen Sie überhaupt diese Entbindungsvorgehensweise der HETA, die hier gegenüber dem Ausschuss und der Öffentlichkeit gehandhabt wird? (Die Auskunftsperson berät sich wieder mit dem Verfahrensanwalt.)

Das hat aber schon etwas mit der Hypo zu tun!

Mag. Thomas Havranek: Also, wie gesagt, dazu maße ich mir nicht an, ein Urteil abzugeben, weil das eigentlich eine rechtliche Frage ist, und die kann ich nicht beantworten.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das hat für mich natürlich schon indirekt etwas mit der Aufklärungsarbeit zu tun, weil es sehr schwierig ist für uns, ...

Mag. Thomas Havranek: Da stimme ich Ihnen zu.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich muss auch sagen, es macht deshalb auch keinen Sinn, den Ausschuss noch weiß ich wie lange zu verlängern, wenn wir keine Informationen aus der HETA vor allem über diese Zeit bekommen, weil das natürlich eine wesentliche Zeit ist. Und da geht es nicht um ein paar Millionen Euro, obwohl das auch sehr viel Geld ist, da geht es um Milliarden – und wir kriegen keine Informationen.

Sie stimmen mir zumindest zu?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Jetzt tue ich mir natürlich schwer, hier weiterzufragen, weil das ein ganz wesentliches Element ist, diese Rolle vor allem zwischen 2006/2007 bis 2009, wenn Sie sagen, das war der Stichtag. In dieser Zeit hat man eine Expansionspolitik, vor allem vonseiten der BayernLB, der neuen Mehrheitseigentümer, fortgesetzt, die heute der österreichische Steuerzahler zahlen und übernehmen muss.

Mag. Thomas Havranek: Da bin ich bei Ihnen, aber wenn Sie die Akten, die Ihnen zur Verfügung stehen müssten, einsehen, dann werden Sie insbesondere sehen … Ich kann es nochmals wiederholen: In Sachen Bulgarien/Ukraine war es ja unsere Aufgabe, Einzelfälle zu prüfen und abzuarbeiten. Dass da ein erhöhter oder auffälliger Informationsaustausch/Informationsfluss auch zur BayernLB bestanden hat, haben wir aufgezeigt, und das war auch mit ein Ansatzpunkt, diese E-Mail-Analysen zu veranlassen, die wir dann auch teilweise gemacht haben. – Aber das müssten Sie alles haben.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Was ist dann mit diesen von Ihnen aufgezeigten Informationen passiert? Was hat man damit gemacht? Wie hat man die verwertet?

Mag. Thomas Havranek: Soviel ich weiß, sind in vielen Fällen diese Analysen zur Anwendung gekommen durch die Rechtsanwälte, die haben das in ihre Sachverhaltsdarstellungen eingebaut beziehungsweise in die Verfahren miteinbezogen. Die konkreten Ergebnisse kenne ich aber nicht, weil wir ab diesem Zeitpunkt nicht mehr eingebunden waren.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wenn Sie jetzt „Einzelfälle“ sagen, können Sie uns zumindest sagen: Hat sich das Risikomanagement unter den Bayern verbessert gegenüber dem, was es vorher in der Bank gegeben hat? War das merklich erkennbar?

Mag. Thomas Havranek: Nein. Man muss jetzt aber dazusagen, das Hauptproblem des Risikomanagements dort war, dass die gesamte Risikomanagementsoftware nicht funktioniert hat. Die haben ein Softwaresystem implementiert, das nie wirklich ins Laufen gekommen ist. Daher wurde das alles „händisch“ – unter Anführungszeichen – durchgeführt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wenn Sie uns das jetzt noch einmal erläutern: Wie ist das konkret unter den Bayern implementiert worden oder abgelaufen?

Mag. Thomas Havranek: Nein, das ist von Anfang an versucht worden zu implementieren.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Von Anfang an. Aber auch nicht verändert worden?

Mag. Thomas Havranek: Es ist nie fertig geworden nach meiner Wahrnehmung, das war das Hauptproblem. Man hat sozusagen händisch Risikomanagement betrieben. Und das muss jedem bekannt gewesen sein!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wenn man jetzt in einen neuen Markt hineingeht und dort aktiv wird, ist das üblich, dass man so vorgeht oder dass man das so aufsetzt? (Auskunftsperson Havranek: Wie vorgeht?) Dass man eben mit so einem schlechten Risikomanagement dort agiert und so in einen Markt expandiert?

Mag. Thomas Havranek: Ich bin kein Bankenexperte, aber ich denke nicht, nein, aus der Sicht eines Sachverständigen sicher nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Vielleicht auch noch zum Thema, wie es zu der Auswahl der Berater gekommen ist. Haben Sie damit auch zu tun gehabt? Es hat ja auch eine entsprechende Liste gegeben, die erstellt worden ist. Wenn Berater schon vorher für die Bank tätig waren, sollte man die nicht wieder beschäftigen, hat man gesagt. Waren Sie in die Erstellung dieser Liste involviert?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Was war das für eine Liste? Wenn Sie uns das einmal näher beschreiben würden!

Mag. Thomas Havranek: Die Aufgabenstellung war auch abgeleitet aus dem Thema E-Mail-Analyse, dass man dieses Thema der Beraternetzwerke – so wurde das benannt – klären wollte. Auch dazu haben wir gesagt, das wird man nicht klären können, indem man Akten sucht, sondern das Einfachste ist, zu klären, welche E-Mail-Kommunikation man findet, welche Berater auftauchen, und die aufzulisten. Das haben wir gemacht. Das ist an die Finanzprokuratur weitergeleitet worden, und daraus oder mit daraus ist diese Liste entstanden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also aus Ihren Analysen ist dann die Liste abgeleitet worden …?

Mag. Thomas Havranek: Nicht nur, aber das war ein Teil davon.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Und aus anderen Informationen. (Auskunftsperson Havranek: Ja!) Dann hat man die sogenannte Grey- and Blacklist gemacht, und die sollten eben nicht beauftragt werden.

Wissen Sie, welche Unternehmen auf dieser Grey- and Blacklist dann im Endeffekt gestanden sind?

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ist Ihnen nicht bekannt?

Mag. Thomas Havranek: Ich weiß es nicht mehr.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): LANSKY, GANZGER & Partner?

Mag. Thomas Havranek: Weiß ich nicht. Ich weiß es wirklich nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das Büro Held?

Mag. Thomas Havranek: Definitiv nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also die waren vorher nicht für die Hypo tätig?

Mag. Thomas Havranek: Das war ein Thema … Die meisten Anwaltskanzleien waren natürlich ein Thema. Bei Held weiß ich mit Sicherheit, dass die nicht draufgestanden sind.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also bei Held hat es vor 2007 oder 2009 – in dem Fall müssen wir ja 2009 ansetzen (Auskunftsperson Havranek: Ja!) – keine Tätigkeit für die Hypo gegeben.

Mag. Thomas Havranek: Habe ich keine Wahrnehmung. Also wir haben keine Wahrnehmung dazu gehabt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Kommen wir vielleicht zu einem nächsten Themenblock: das Netzwerk, das der Herr Striedinger primär als Vorstand in Liechtenstein aufgebaut hat, und die Gelder, die hier über Liechtenstein offensichtlich verschoben wurden oder werden sollten oder in Projekte geflossen sind.

Hat man – das ist wiederum meine erste Frage; ich muss wieder gezielt auf die Bayern hin fragen – ab 2007 unter Bayern dieses Netzwerk dann beendet, oder hat man das weitergeführt?

Mag. Thomas Havranek: Habe ich nicht feststellen können.

Vorsitzende Doris Bures: Zweite Runde!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie wissen also nicht, ob nach 2007 noch Liechtenstein-Connections bestanden haben?

Mag. Thomas Havranek: Nein, das weiß ich nicht.

Vorsitzende Doris Bures: Sie kommen jetzt in die Fragezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Danke. – Das heißt, in dieser Phase kann man davon ausgehen, dass nach Striedinger, nach 2007, hier über Liechtenstein keine Gelder mehr geflossen sind?

Mag. Thomas Havranek: Nein, das würde ich nicht sagen. Ich weiß es nur einfach nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Diese Antwort verstehe ich jetzt nicht. Also Sie haben es selbst nicht …

Mag. Thomas Havranek: Wir haben mit Liechtenstein nicht wirklich viel gemacht. Liechtenstein war eine reine Anwaltstätigkeit, und wir haben dort versucht, unsere forensischen Möglichkeiten umzusetzen, was aber nicht gegangen ist aufgrund – bekanntermaßen – der Struktur, dass man dort nicht hin konnte. Und daher waren wir dort praktisch nicht involviert.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay. Dann zum zweiten Teil – wenn wir jetzt von der Ukraine, der Ukraine-Bulgarien-Analyse weggehen – Ihrer Netzwerkanalyse. Da gehe ich davon aus, es geht um EDV-Netzwerke, also nicht um persönliche Netzwerke. Wie waren die aufgebaut?

Mag. Thomas Havranek: Nein, es geht um persönliche Netzwerke. Das ist ein Missverständnis. Es geht natürlich um persönliche Netzwerke.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Vielleicht können Sie uns das einmal erklären, wie das dann aufgebaut war. Was haben Sie analysiert?

Mag. Thomas Havranek: Die Aufgabenstellung war, und das war sehr umfangreich, die Sachverhaltsdarstellungen, die bereits bei Gericht eingebracht worden sind, aufzuarbeiten und sämtliche Daten, die daraus für eine Analyse der Netzwerke – nämlich persönlich, firmentechnisch, sonst wie – herauszulesen waren, in diese Software einzuspielen und einzugeben und daraus ein Gesamtnetzwerk zu entwickeln. Das wurde dann von meinen Mitarbeitern durchgeführt – das Problem war ja, dass diese Daten alle nur als PDF vorlagen, das heißt, das mussten wir händisch machen, das war ein relativ hoher Aufwand –, und dann haben sich daraus weitere Fragestellungen ergeben, wie zum Beispiel Firmen, wo es klar war, dass keine ausreichenden Firmenbuchdaten vorlagen. Darauf haben wir eine Schnittstelle zu einem Firmenbuchanbieter gemacht und programmiert und haben diese Daten aus dem Firmenbuch hineingezogen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wo gab es diese Firmen, wo es keine Aufzeichnungen gab? Können Sie da ein Beispiel nennen?

Mag. Thomas Havranek: Nein, kann ich jetzt nicht sagen. Das waren so viele Unternehmen – das waren 74 Sachverhaltsdarstellungen. Also wir haben versucht, das, was wir nicht gefunden haben, über Firmenbuchabfragen einzuspielen. Dann kam das Thema E-Mail dazu. Dann haben wir die E-Mails, die wir gehabt haben, und die E-Mail-Konten ebenfalls hinzugefügt, und dadurch ergab sich ein riesiges Netzwerk, das visualisiert dargestellt wurde. Und mit Filtermöglichkeiten hat dann die Möglichkeit bestanden und besteht die Möglichkeit, aus diesem gesamten Komplex an Verbindungen, Personen, Firmen, E-Mails, was auch immer, Einzelfälle herauszusuchen und abzufragen, wie Personen oder Firmen zueinander standen, und das auf einer Seite darzustellen.

Das ist die Idee dahinter: dass Sie nicht zehn Seiten Firmenbuchauszüge lesen müssen, sondern dass Sie auf einer Seite sehen, wer mit wem wie verbunden ist. Und das war unsere Aufgabe. Und das haben wir dann nach Bedarf eben den Anwaltskanzleien beziehungsweise der CSI zur Verfügung gestellt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wer hat Ihnen vorgegeben, wo welcher Schwerpunkt zu setzen ist?

Mag. Thomas Havranek: Die CSI.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wer in Person?

Mag. Thomas Havranek: Der Herr Böhler meistens. (Abg. Angerer: Der Herr Böhler?) Der war zu … Zeitpunkt dort dabei, ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Und wo war aus Ihrer Sicht der Schwerpunkt, den man hier gesetzt hat? Kann man das irgendwie festmachen?

Mag. Thomas Havranek: Das kann ich gar nicht sagen, denn wir haben einfach eine Anfrage bekommen: Da gibt es Firmennamen, was habt ihr dazu? Da gibt es eine Person – Klassiker waren natürlich der Herr Kulterer oder auch der Herr Striedinger, die immer wieder abgefragt worden sind –, und wie sind die vernetzt, welche Firmen tauchen dort auf, welche anderen Personen tauchen auf?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Und diese Vernetzungsinformation haben Sie dann weitergegeben, und damit war für Sie der Auftrag erledigt?

Mag. Thomas Havranek: Die haben wir weitergegeben. Ja, damit war der Auftrag erledigt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Was damit in weiterer Folge passiert ist, wissen Sie das dann?

Mag. Thomas Havranek: Nein. Das war auch nicht Teil unserer Aufgabenstellung.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Inwieweit diese Netzwerkanalysen dann hilfreich waren bei der Aufklärung von Fällen, haben Sie dazu eine Rückmeldung bekommen?

Mag. Thomas Havranek: Da kann ich jetzt nur auf meine immer wieder stattgefundenen Gespräche insbesondere mit der Kanzlei Held verweisen, die uns gesagt haben, dass das sehr hilfreich ist.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also primär war Ihr Ansprechpartner die Kanzlei Held?

Mag. Thomas Havranek: Nein, primär war mein Ansprechpartner der Herr Böhler. Aber natürlich haben wir uns immer wieder getroffen, teilweise vor Ort, teilweise bei Sitzungen in Wien, wo diese Themen zutage kamen. Und wir haben uns anfänglich auch zum Beispiel mit der SOKO zusammengesetzt – weil die dasselbe Tool im Einsatz haben, in einer etwas älteren Version – und haben abgeglichen, wie wir die Systeme verwenden und was man hier verbessern kann.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Noch einmal zum Zeitraum: Welcher Zeitraum war das, den Sie bei diesem Auftrag untersucht haben?

Mag. Thomas Havranek: Wir hatten keinen Zeitraum. (Abg. Angerer: Es war kein Zeitraum?) Wir haben Sachverhaltsdarstellungen …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Anders gefragt: Diese Netzwerke spannen sich aber dann bis wie weit?

Mag. Thomas Havranek: Was an Daten vorhanden war! Was uns in der Sachverhaltsdarstellung an Daten zur Verfügung gestellt worden ist!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Enden diese Netzwerke irgendwann einmal 2007, 2008, oder gibt es diese Netzwerke dann, mit entsprechenden Fällen, herauf bis heute, von mir aus?

Mag. Thomas Havranek: Theoretisch ja, natürlich: Wenn es weiterbetrieben worden wäre, würde es das bis heute geben.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Was heißt „weiterbetrieben worden wäre“?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, wie ich vorhin auf die Frage des Herrn Kollegen gesagt habe: Wir wurden ja praktisch mit Ausscheiden des Herrn Böhler, mit Ende 2014, operativ nicht mehr beansprucht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also bis 2014 waren Sie dort tätig und haben Fälle untersucht?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Und diese Fälle und diese Netzwerke haben Sie …

Mag. Thomas Havranek: Es war so: Es war eigentlich die Grundidee, aufgrund der Kosten und aufgrund auch der möglichen weiteren Aufarbeitung war eigentlich die Idee, dass wir das gesamte System der Bank übergeben, die Bank sich selber die notwendigen und erforderlichen Lizenzen besorgt, um das eigenständig bearbeiten zu können, wir die Forensiker vor Ort einschulen und somit das gesamte System an die Bank weitergeben und die damit weiterarbeiten. Das ist auch konkret angeboten worden. Es gab ganz konkrete Gespräche mit der IT-Abteilung der Bank, wie die Implementierung zu erfolgen hat, und das war alles eigentlich fertig. Und dann ist der Herr Böhler gegangen, und seitdem haben wir nichts mehr gehört.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Warum wurde diese Arbeit so abrupt beendet? Wer hat das entschieden? Wissen Sie das?

Mag. Thomas Havranek: Ich weiß nicht, wer es entschieden hat. Ich weiß nur, dass wir das dann wiederholt angesprochen haben – und ich kann nichts anderes sagen: Wir haben nichts gehört. Wir haben keine Rückmeldung.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Kann es auch mit dem Generalvergleich, der mit den Bayern abgeschlossen worden ist, in Zusammenhang stehen?

Mag. Thomas Havranek: Glaube ich nicht. Denn es gibt ja im Speziellen in Bezug auf die Punkte, die Sie auch teilweise angesprochen haben, auch Kroatien, Jugoslawien, Bulgarien, Ukraine noch diverse Verfahren, die anhängig sind. Also Bayern ist eine Sache, aber da gibt es zahlreiche andere Themen, die weiter bearbeitet werden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also es gibt hier auch viele Fälle, die unter den Bayern entstanden sind, die hier untersucht wurden und anhängig sind?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, Sie müssen sich vorstellen: In der Liste, in der ursprünglichen sogenannten SVD-Liste gab es, glaube ich, 2011, 2012 um die 200 Einzelfälle, die zu prüfen gewesen wären. Davon gab es circa 74 Sachverhaltsdarstellungen, die wir eingearbeitet haben. Und dann wurde von Ende 2011 bis 2014 – man kann es nur so sagen – diskutiert, ob man die anderen Sachen auch einarbeitet – was unseres Erachtens zweckmäßig gewesen wäre, aber nicht passiert ist.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Welche anderen Sachen?

Mag. Thomas Havranek: Na, wenn wir 200 Einzelfälle haben und 74 eingearbeitet wurden, bleiben halt 125 über.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Und was waren das primär für Fälle?

Mag. Thomas Havranek: Auch diverse Kredit- und Leasingfälle, Einzelfälle, die wir … – Ich kenne die Liste nicht auswendig.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Es geht eher um den Zeitraum und um die Verantwortlichkeit. Waren das schwerpunktmäßig Fälle aus den Jahren vor 2007 oder waren da auch viele Fälle nach 2007 dabei?

Mag. Thomas Havranek: Nein, da waren sicher auch Fälle nach 2007 dabei, natürlich – davon bin ich überzeugt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also es waren auch Fälle dabei, die definitiv durch die Bayern oder in der Bayern-Zeit entstanden sind und die dann aber nicht weiter verfolgt wurden?

Mag. Thomas Havranek: Nach meiner Erinnerung: Ja. – Ob sie verfolgt worden sind, weiß ich nicht. Das kann ich nicht sagen, weil ich die anwaltliche …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Weil Sie nicht mehr dort waren. Aber man hat sie aus Ihrer Sicht nicht mit Nachdruck bearbeitet?

Mag. Thomas Havranek: Aus meiner Sicht nicht mit ausreichendem Nachdruck, nein.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Haben Sie einen Grund erkennen können, warum man das gemacht hat? Warum hat man hier die Bayern eigentlich „geschont“ – unter Anführungszeichen –, um es jetzt einmal so zu sagen?

Mag. Thomas Havranek: Ich kann jetzt nicht sagen, dass man jemanden geschont hat. Ich glaube, dass der Grund einfach darin lag, dass man insbesondere unter Kranebitter die gesamte Aufarbeitung nicht als Priorität gesehen hat. Das war irgendwie ein lästiges Beiwagerl.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also es war eigentlich der Vorstand, der hier gebremst hat? Oder wer hat entschieden, ob weiter ...

Mag. Thomas Havranek: Na ja, das war eine schwierige Situation. Das war ein bisschen so: Man hat im Lenkungsausschuss etwas besprochen, und dann haben wir aus der Sicht der Forensiker – nicht nur wir, sondern auch die anderen Forensiker – konkrete Vorschläge gemacht. Dann hat der Vorstand sofort die Rechtsabteilung angerufen, und kaum hat die Rechtsabteilung nur irgendwie das Wort „Risiko“ in den Mund genommen, ist alles stillgestanden. Und damit hat man sich abgesichert.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Die Rechtsabteilung in der Bank?

Mag. Thomas Havranek: Ja. Und meines Erachtens war das Hauptproblem, dass in der Rechtsabteilung damals bis meines Erachtens heute keine Wirtschaftsstrafrechtler sind, die das verstehen. So leid es mir tut, ich kann es nicht anders sagen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Haben Sie das damals einmal erwähnt? (Auskunftsperson Havranek: Mehrfach!) Und warum hat der Eigentümer dann kein entsprechendes Know-how dort hingesetzt?

Mag. Thomas Havranek: Das müssen Sie den Eigentümer fragen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also Sie haben mehrfach darauf hingewiesen, dass man hier entsprechende Experten in die Rechtsabteilung setzen sollte?

Mag. Thomas Havranek: Es hätte ja gereicht, wenn sich die Rechtsexperten der Rechtsabteilung von unserer Erfahrung hätten leiten lassen. Es waren ja genug Leute da, die gewusst haben, wie so etwas funktioniert.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das war aber nicht der Fall?

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Und Sie haben den Eigentümer darauf hingewiesen, und der Eigentümer hat aber nicht reagiert?

Mag. Thomas Havranek: Wir haben das im Lenkungsausschuss immer wieder besprochen. Wie das dann an den Eigentümer weitergetragen worden ist, weiß ich jetzt nicht – denn, wie gesagt, ich war nicht bei Sitzungen dabei. Es gab ab und an Sitzungen, wo auch die Vorstände dabei waren, aber natürlich auch die Rechtsabteilung dabei war, und da wurde das immer wieder angesprochen, aber meines Erachtens nicht als Priorität gesehen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das ist schon bemerkenswert, dass der Bund, der hier als 100-Prozent-Eigentümer an Aufklärung interessiert sein muss, da nicht entsprechend reagiert und die entsprechenden Leute dort hinsetzt.

Aber vielleicht abschließend, in den letzten Sekunden, noch eine Kleinigkeit – eine Kleinigkeit ist es eigentlich nicht –: Sie haben diese Tresor-Geschichte erwähnt. Sie haben erwähnt, dass in dem einen Tresor, der geleert war, wieder der Name Kulterer vorgekommen ist und so weiter. – Hat der Herr Kulterer nach seinem Ausscheiden aus der Bank noch Zutritt zu Räumlichkeiten der Bank gehabt und eventuell auch zu einem Tresor? Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Mag. Thomas Havranek: Persönlich habe ich keine Wahrnehmungen. Es gab das Gerücht – das aber auch niemand mehr verfolgt hat, weil eigenartigerweise auch Überwachungsbänder nicht vorhanden waren –, dass angeblich der Herr Kulterer noch einmal in die Bank gekommen wäre und Unterlagen mitgenommen hätte, irgendwann 2009, 2010. Aber beweisen konnte das niemand, es war ein Gerücht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay, gut. Danke.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Mag. Havranek! Ich würde Ihnen gerne einen Akt vorhalten – mit der Nummer 2118895 – und ein wenig dort anschließen, wo der Kollege Angerer schon begonnen hat, und anhand dieses Vorhalts einige Dinge vertiefen. (Der Auskunftsperson wir ein Schriftstück vorgelegt.)

Das ist die „10. Projektsitzung des Projektes ,CSI Hypo‘“. Wir machen es jetzt systematisch durch. Was war der Sinn dieser Zusammenkünfte, jetzt im Rückblick?

Mag. Thomas Havranek: Dieser Projektsitzungen? Dieser Leitungssitzungen? (Abg. Strasser: Ja, ganz genau!)

Die Idee, initiiert von Herrn Dr. Peschorn insbesondere, war, dass man die Forensiker und die Anwälte an einen Tisch bringt, um sich abzugleichen, wer welche Informationen hat, wie man schneller und effizienter Informationen austauschen kann, welche Forderungen an die Bank zu stellen sind und wie sie zu stellen sind, um Daten et cetera möglichst schnell zur Verfügung zu haben, und wie damit umzugehen wäre.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Wenn Sie die Teilnehmerliste anschauen: Welche Personengruppen waren da in ständigem Kontakt, in ständiger Abstimmung?

Mag. Thomas Havranek: Ich würde sagen: Finanzprokuratur, Prohinig/HBInt und die Kanzlei hba.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Die Arbeitsweise beziehungsweise die Themen, wenn Sie die vielleicht noch einmal vertiefen. Es wird über Berichte, es wird über Methoden, es wird über Abstimmung gesprochen. Können Sie das noch konkretisieren?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, eines der leitenden und immer wieder diskutierten Themen war das Thema Unterlagenanforderung, das Thema: wo gibt es Unterlagen?, warum sind nicht mehr Unterlagen eingespielt?, woran hakt es? – ich habe es schon erwähnt –, E-Mail-Analysen, zum Beispiel: Warum gibt es zwei Datenräume?

Im Prinzip hat man versucht, über diese Sitzung an die Bank heranzutragen, welche Verbesserungen erforderlich wären. Teilweise wurden auch konkrete Fälle besprochen, was dort erforderlich ist und was man machen kann, um das schneller zur Verfügung zu haben. Und der Herr Prohinig – in dem Fall, bei dieser Sitzung – wäre dann dazu bestimmt gewesen, das in der Bank entsprechend weiterzuleiten und idealerweise auch durchzusetzen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Also durchaus eine gewisse Beratungsfunktion. Und hatten Sie das Gefühl, dass Sie dort willkommen waren mit Ihrer Dienstleistung?

Mag. Thomas Havranek: Bei dieser Sitzung oder bei der Bank? (Abg. Strasser: Bei der Bank!)

Bei der CSI ja, bei den Damen und Herren, die die CSI geleitet und geführt haben. Bei dem Rest der Bank eher nein.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Bevor wir noch in das Protokoll hineingehen, das viele Ihrer bisher getätigten Aussagen absolut unterstützt, noch eine Frage betreffend diese zwei Datenräume, die schon ein paarmal Thema waren: Warum gab es da zwei Datenräume?

Mag. Thomas Havranek: Das dürfen Sie mich nicht fragen. Mir fällt dazu gar nichts ein, ganz ehrlich. Das ist aus der Sicht eines Forensikers …

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Also mit dem waren Sie nicht befasst? (Auskunftsperson Havranek: Nein!) Denn es erleichtert natürlich schon ein gewisses Bild vielleicht der Verschleierung, wenn man mit zwei Datenräumen anstatt mit einem arbeitet. Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Mag. Thomas Havranek: Nein. Ich weiß auch nicht, wie das gekommen ist mit den zwei Datenräumen. Ich war nur sehr erstaunt, als wir begonnen haben, dass es tatsächlich zwei Datenräume gibt, die unabhängig voneinander laufen und auch unterschiedlich zu bedienen sind. Es war auch öfters ein Thema, sie zusammenzulegen. Beziehungsweise insbesondere einer der Datenräume war doch relativ schwer zu bedienen für Außenstehende, und gerade wenn Sie Anwälten zuarbeiten: Anwälte sind – und das ist auch nicht ihr Job – keine IT-Experten und keine Datenraum-Experten, und das hat natürlich die Arbeit verlangsamt. Ob das jetzt bewusst gemacht wurde, dazu habe ich keine Wahrnehmungen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Auf Seite 2 von 10 im Dokument steht im Absatz unter „Informationsübermittlung aus dem Projektbüro“ ein Zitat von Dr. Peschorn:

„Peschorn hält fest, dass sich das Projekt stark mit Bürokratie befasst …“

Und im Zusammenhang mit bürokratischen Hürden nehmen wir auch während der ganzen Befragungen in diesem Ausschuss so einen gewissen Kontrollwunsch des Vorstands wahr. Man hat immer versucht, externe Kräfte irgendwie zu überwachen oder auch zu kontrollieren. Haben Sie Wahrnehmungen in dieser Richtung?

Mag. Thomas Havranek: Ich würde das nicht „kontrollieren“ nennen. Ich glaube, man hat eher durch eine nicht nachvollziehbare Überbürokratisierung unsere Arbeit verlangsamt.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Okay. Hatten Sie den Eindruck, dass da schon eine gewisse Strategie, eine Absicht dahinter war?

Mag. Thomas Havranek: Falls es diese Strategie gab, wäre der Vorteil, dass Kosten entstehen – denn wir müssen uns ja hinsetzen und diese Berichte wöchentlich ausfüllen, was wir mehrfach erstens abgelehnt und zweitens als völlig unnötig beurteilt haben –, und natürlich ist damit die CSI unnötig verteuert worden. Und zweitens ist die Arbeit einfach verlangsamt worden, was sich natürlich auf die gesamte Zusammenarbeit mit SOKO, Staatsanwaltschaft und Anwälten ausgewirkt hat, und zwar negativ.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Genau dieses Detail vielleicht, denn einige Zeilen weiter unten steht dann diese Geschichte mit den „Nettoberichten“. Ist Ihnen das noch bewusst, wo Sie darüber diskutieren, dass nur die aktuellen Veränderungen in die Berichte hineinkommen sollen und nicht immer wieder das ganze Konvolut erstellt werden muss? – So verstehe ich das. – Wenn Sie sich das vielleicht anschauen! (Auskunftsperson Havranek: Ja! – Ja!)

Genau. Also wieder so eine bürokratische Geschichte: Bitte jede Woche einen umfangreichen Bericht abzuliefern!

Mag. Thomas Havranek: Es geht gar nicht so sehr um den Umfang, es geht um die Bedienbarkeit solcher Charts. Es gab dieses sogenannte Masterchart, und das ist dann wieder verändert worden. Und es war einfach ein enormer Aufwand, da ständig irgendetwas hineinzuschreiben, der, wie gesagt, unnötig war, denn es hätte …

Also wenn man so etwas strukturiert aufarbeitet, dann gibt es einen sogenannten Game Plan, da wird am Anfang eines Projekts eine Hypothese erstellt. Dann kommen Forensiker, die eine Befundaufnahme machen, füttern diese Hypothesen, unterlegen sie, und das kann man dann in verschiedenen Arten darstellen, natürlich auch mit so einem Masterchart, und da wird aber nur ergänzt. Und dann hat das eine rote Linie. Und das hat hier nicht stattgefunden.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Und das wollte man so nicht akzeptieren?

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Okay.

Auf Seite 3 von 10 ist dann ein Zitat von Ihnen – ich glaube, Sie haben dasselbe Wording auch in diesem Interview schon verwendet –: „Havranek äußert Bedenken, dass dieser Aufgabe von Seiten der Bank nicht der notwendige Stellenwert eingeräumt wird.“

Das ist der Absatz in der Mitte.

Mag. Thomas Havranek (nach Einsicht in das vorgelegte Schriftstück): Mhm. Ja.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Sie reden da auch von einer gewissen Vorsortierung.

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Was verstehen Sie unter einer Vorsortierung? Und um welche Unterlagen hat es sich da gehandelt, die Ihnen möglicherweise vorenthalten wurden?

Mag. Thomas Havranek: Das Problem war ein ganz einfaches: Der Zugang zu so einem Projekt ist an und für sich international ganz klar vorgegeben. Es gibt eine sogenannte Data Collection, das heißt, man sammelt alle Daten, egal, wie wichtig oder unwichtig. Dann gibt es eine Analyse dieser Daten. Dann werden diese Daten vorsortiert. Dann werden die Daten vorsortiert aufgrund von Festsetzungen, die gemeinsam getroffen werden. Das heißt aber nicht, dass Daten gar nicht eingespielt werden, sondern sie werden einfach nur getrennt. Dann werden die zu bearbeitenden Daten verringert. Das nennt man Deduplizierung dieser Forderung. Und dann beginnt erst die Datenanalyse. Und in diesem Fall hat man Daten vorsortiert, bevor man sie überhaupt eingespielt hat. Das war für uns unzulässig, weil wir damit auch gesagt haben, wir können ganz klar keine Verantwortung für das übernehmen, was wir tun, und eigentlich auch kein Anwalt, weil wir gar nicht wissen, ob wir alle Daten zur Verfügung haben.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Wo dann wieder, ein Stück im Dokument nach unten (Auskunftsperson Havranek: Ja!), die Geschichte mit der „Vollständigkeitserklärung“ protokolliert ist. (Auskunftsperson Havranek: Ja!) Eine Vollständigkeitserklärung – vielleicht noch einmal zum Wording der entsprechende Sachverhalt –, eine Vollständigkeitserklärung … (Auskunftsperson Havranek: Was ist die Frage?)

In Ihrem Zusammenhang: Was bedeutet eine Vollständigkeitserklärung?

Mag. Thomas Havranek: Eine Vollständigkeitserklärung bedeutet aus … Also ich als Forensiker oder Sachverständiger gebe eine Vollständigkeitserklärung nur dann ab, wenn ich selber die Daten gesammelt habe, selber die Daten prozessiert habe und jeder meiner Schritte elektronisch und transparent protokolliert ist. Dann gebe ich eine Vollständigkeitserklärung ab. Das heißt, man konnte in dieser Causa zu keinem Zeitpunkt eine Vollständigkeitserklärung abgeben.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Okay. Weil die Bank die liefernde Adresse war (Auskunftsperson Havranek: Genau!) und sozusagen … (Auskunftsperson Havranek: Weil sie vorsortiert hat!) Weil sie vorselektiert hat? (Auskunftsperson Havranek: Ja!)

Es wurden dem externen oder einer Prüfinstanz sozusagen selektierte Materialien vorgelegt?

Mag. Thomas Havranek: Das gilt ja für den inneren Bereich der Bank genauso. Auch die CSI hätte theoretisch darauf beharren müssen, dass sie als CSI genau dieselben Schritte setzen, nämlich die vollständige Datensammlung, die vollständige Erfassung und die elektronische Protokollierung, was mit diesen Daten passiert.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Sie haben ja sicher diese Kritik dann auch der Bank gegenüber geäußert, in diesen Gesprächen oder vielleicht auf anderen Wegen. Wie ist man dann in der Bank, im Vorstand, auf höchster Ebene, mit dieser Kritik umgegangen?

Mag. Thomas Havranek: Der Vorstand selber hat sich uns gegenüber fast nie zu diesen Dingen geäußert. Ich sage es einmal so: Immer dann, wenn es für den Vorstand etwas unangenehmer wurde, ist der Herr Prohinig gekommen und hat uns begründet, warum die Dinge möglicherweise doch nicht so gehen oder warum die Rechtsabteilung Bedenken hat oder warum …

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): War das ein Herr von der Rechtsabteilung (Auskunftsperson Havranek: Nein!) oder aus der Vorstandsebene?

Mag. Thomas Havranek: Der Herr Prohinig meistens oder seinesgleichen. Oder: Auch die IT ist oft vorgeschoben worden, dass die IT die Daten nicht so schnell zur Verfügung hat. Also es gab immer eine Latte von Begründungen, warum es nicht geht, sagen wir es einmal so. Und die zwei Schwerpunkte, die immer als Argumente verwendet worden sind, waren Rechtsabteilung oder IT.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Okay. Also man hat sozusagen immer Mitarbeiter vorgeschickt und Ihnen erklärt (Auskunftsperson Havranek: Genau!), wie Sie Ihre Arbeit in Wahrheit nicht machen können. (Auskunftsperson Havranek: Genau!)

Denn: Es ergibt sich jetzt im Zuge unserer Beratungen über die Zeit nach der Verstaatlichung schon das Bild – denn es war Ditz hier, es war Kranebitter hier, und man hat uns immer aus der Bank ein sehr schönes Bild geliefert –: Erstens: Wir haben alles im Griff! Und zweitens: Wir haben alle externen Kräfte und auch alle Untersuchungen durchaus forciert und möglich gemacht!

Aber je mehr wir jetzt sozusagen mit den handelnden Personen sprechen, desto desolater wird das Bild: dass eigentlich die Bank gar nicht kooperieren wollte.

Mag. Thomas Havranek: Ich maße es mir jetzt auch nicht an und ich weiß es auch nicht, ob sie wollten oder nicht wollten. Faktum ist, dass die Kooperation nicht so funktioniert hat, wie es standardmäßig üblich ist.

Vorsitzende Doris Bures: Zweite Runde.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Und ein weiterer abschließender Gedanke: Hat die Griss-Kommission mit Ihnen gesprochen?

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Weil sich bei uns immer mehr eine relativ starke Kritik an der Arbeit der Griss-Kommission verfestigt hat, dass sozusagen Ihre Arbeit als durchaus behindernd für den Fortbestand der Bank dargestellt wird (Auskunftsperson Havranek: Also, ich habe …!) und (Auskunftsperson Havranek: Ja, verzeihen Sie!) wir eigentlich den Eindruck haben, dass die Expertise, die der Bank zur Verfügung gestellt wurde, eigentlich viel zu wenig im positiven Sinn ausgenutzt wurde, im Sinne einer positiven Weiterentwicklung dieser Bank.

Können Sie mit diesem Gedankengang etwas anfangen?

Mag. Thomas Havranek: Ich kenne den Bericht der Griss-Kommission nicht im Detail. Ich kenne nur das, was in der Zeitung gestanden ist und was Sie gerade erwähnt haben.

Und: Erstens weise ich es massivst zurück, und zweitens bin ich sehr erstaunt, dass eine Juristin ihres Ranges sich anmaßt, so ein Statement über ein Fachgebiet abzugeben, von dem sie nichts versteht.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Danke für die erste Runde.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Guten Tag! Ich möchte eigentlich nur bei wenigen Punkten für die Beweisaufnahme fortsetzen, dort, wo Herr Mag. Zink schon Aussagen getroffen hat. Ihnen ist Mag. Zink in Ihrer Tätigkeit sicher öfter untergekommen. Er hat sich hier sehr explizit geäußert, und für uns gibt es ja die Gelegenheit, auch Ihre Wahrnehmungen dazu abzufragen, damit Sie wissen, woher der Wind weht.

Es gibt ja den Konflikt, der diesen Ausschuss schon interessiert, in der Bewertung des Peschorn des Mag. Zink, was sowohl die Methode als auch das Ergebnis des Berichts der sogenannten Griss-Kommission betrifft, Bezug habend auf die Phase und die Arbeit der Aufklärung.

Es sagte der Herr Mag. Zink in seiner Befragung vom 20. April – ich zitiere aus dem Protokoll –:

„Die Griss-Kommission hat es unterlassen, auch nur mit einem einzigen wesentlichen Berater aus den Jahren 2010 bis 2012 auch nur eine Minute zu sprechen, stattdessen hat diese Kommission mit Herrn Petzner …“

„Wir hätten ihr dann nämlich mitteilen können, dass nicht wir den Vorstand blockiert haben, sondern der Vorstand uns blockiert hat.“

Erste Frage: Ist die Kommission der Frau Dr. Griss an Sie herangetreten für ein …

Mag. Thomas Havranek: Erstaunlicherweise nicht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Können Sie das „erstaunlicherweise“ aus Ihrer Sicht erläutern?

Mag. Thomas Havranek: Wir haben von 2010 bis 2014 dieses Projekt begleitet und haben durch unsere Netzwerkanalyse die umfangreichste externe Vernetzung aller Daten durchgeführt und damit der CSI und den Anwälten zugearbeitet, was ein wesentlicher Teil der gesamten Aufarbeitung in dieser Zeit war. Und da, denke ich, hätten wir wahrscheinlich etwas zur Aufarbeitung sagen können.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Es geht dann in der Folge auch um das Ergebnis. Der Bericht wurde im Dezember 2014 vorgelegt. Sie kennen vermutlich ja die quantitativen Zuordnungen, die dort vorgenommen werden: Fallbearbeitungen, quasi inkriminierte Summen.

Wie beurteilen Sie das Ergebnis der Griss-Kommission bezüglich der festgestellten Fakten und der Zahlen, die dort vorkommen?

Mag. Thomas Havranek: Ich kenne den Bericht nicht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Okay. Dann müssen wir das an dieser Stelle abbrechen. Sie kennen den Griss-Bericht an dieser Stelle nicht?

Mag. Thomas Havranek: Nein. Wenn Sie mir weiterhelfen und mir Fragen stellen, kann ich das …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Nein, nein, ist ja dann schon erledigt.

Herr Zink führt aus, dass die Rückflüsse im Griss-Bericht – wortwörtlich; da bin auf der Seite 9 des Protokolls – „viel zu gering dargestellt wurden – auch nachweislich“.

Weil Sie vorher nach Weiterhilfe gefragt haben: Haben Sie dazu selber Gespräche mit anderen Ermittlern als dem Mag. Zink dahin gehend geführt, dass er sich immer wieder geäußert hat, dass das quasi fehlerhafte oder lückenhafte Darstellungen wären?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, meiner Wahrnehmung nach sind irgendwas zwischen 150 und 200 Millionen € durch die Aufarbeitung zurückgeflossen. Was die Griss-Kommission daran als mangelhaft sieht, ist für mich schwer nachvollziehbar.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Gut. Weg vom Bericht hin zu den faktischen Schwierigkeiten!

Es ging dann auch um das ein bisschen gestreifte Thema, dass offensichtlich Mitarbeiter der Hypo Kontakt mit diversen – nämlich nicht bloß nur mit einem – Beschuldigten hatten, wo Sie ja und andere ermittelt haben.

Zink führt auf Seite 12 des besagten Protokolls aus, „dass aktuelle Mitarbeiter der Hypo – damals aktuelle, im Jahr 2010 – Kontakt zu den Beschuldigten hatten. Das hat man dann sehr schön auf den Telefonüberwachungsprotokollen gesehen. Es wurden hier offensichtlich auch Informationen an die ehemaligen Vorstände weitergegeben.“

Sind Ihnen selber solche Fälle untergekommen, oder haben Sie das bei Ihren Sitzungen besprochen, dass es da offensichtlich Lücken zu den Beschuldigten gibt?

Mag. Thomas Havranek: Es ist bei den Sitzungen besprochen worden. Ich selber habe keinen konkreten Fall gesehen, wo es nachweisbar war. Und: Wir haben konkrete Vorschläge gemacht, wie das zu unterbinden wäre. (Abg. Kogler: Ja, nämlich?)

Es gibt zwei Möglichkeiten, so etwas zu unterbinden. Das eine ist, dass in der Firewall ein Protokoll hineingebaut wird, das scannt, wer mit wem mit welchen IP-Adressen kommuniziert. Das ist abgelehnt worden. Ich verweise wieder auf das Wort „Risiko“ bei der Rechtsabteilung – mir nicht nachvollziehbar.

Das Zweite wäre, eben eine ordentliche E-Mail-Analyse durchzuführen. Es wäre nicht so schwer gewesen, den Personenkreis auf die Personen einzugrenzen, die dafür in Frage gekommen wären. – Ist auch nicht gemacht worden.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wer hat das vereitelt?

Mag. Thomas Havranek: Immer das gleiche Spiel: Wir haben es an die CSI herangetragen. Die CSI hat es an den Vorstand herangetragen. Und dann haben wir die Rückmeldung bekommen: Nein, wird nicht gemacht!, oder einfach keine Rückmeldung bekommen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Gut, also in der Verantwortungssphäre ist es dann am Vorstand hängengeblieben.

Mag. Thomas Havranek: Letztlich – natürlich – hängt alles am Vorstand. Das ist seine Job Description.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Gut so oder schlecht.

Wurde auch in Ihrer Gegenwart besprochen, dass man das erstens als Vorarbeit machen müsste, aber dann allfällige Konsequenzen gegen derartige Mitarbeiter ziehen sollte, wenn man sie denn ertappen würde?

Es war ja immer wieder Thema beziehungsweise gab es die Beschwerde, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die damals offensichtlich in die Aktionen, die Sie untersuchten, involviert waren, immer noch frisch und fröhlich sozusagen herumarbeiten.

Mag. Thomas Havranek: Die Frage kann man so einfach nicht beantworten. Warum? –Also meines Erachtens oder unserer Einschätzung nach – das haben wir auch klargestellt – ist ein ganz wesentlicher Fehler passiert – und ich sage jetzt einmal „Fehler“ –, indem man zum Beispiel einige Herren, die bekanntermaßen im direkten Umfeld von Striedinger und Kulterer immer zugegen waren, sofort entlassen hat, anstatt zu versuchen, sie als Kronzeugen zu gewinnen und damit Informationen zu bekommen.

Der erste Schritt in so einer Aufarbeitung ist, Kronzeugen zu finden und Informanten zu finden und nicht Leute planlos zu entlassen.

Auf der anderen Seite wiederum hat man Personen, von denen man nur vermutet hat, dass sie in der Bank weiterhin als Zuträger sitzen, praktisch ignoriert. Also es ist weder das eine noch das andere passiert.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Also einmal übersteuert und einmal untersteuert sozusagen?

Mag. Thomas Havranek: Genau, einmal zu viel und einmal gar nichts.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Mit dem Protokoll sind wir jetzt durch. Jetzt zu konkreteren Fällen.

Es findet sich in den Unterlagen Ihrer Firma „Abschlussbericht Cold Case & Hausbegehung“ ein Hinweis. Ich darf Ihnen diese Unterlage – sie hat die Nummer 01179001 – bringen lassen, denn Sie werden sich nicht erinnern können. (Der Auskunftsperson werden Schriftstücke vorgelegt.)

Wenn Sie sich diese eine Seite anschauen: Datum 8.11.2011, zur zeitlichen Orientierung, und in der Mitte sind fünf Bullet Points. Da geht es um ein „Protokoll einer Vorstandsklausur vom 24.04.2006“ – das ist jetzt alles wortwörtlich –: „… versandt von der GRAWE, unter anderem mit dem Thema ‚Consultants‘ (Rolle EDERER?)“.

Erinnern Sie sich an den Vorgang, dass hier die Rolle des Herrn Ederer von der GRAWE hätte untersucht werden sollen? (Auskunftsperson Havranek: Na ja, das ist …!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Kogler, Sie sind schon in der zweiten Runde.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Sie haben jetzt noch ein zweites Dokument bekommen. Das habe ich noch gar nicht vorgelesen. – Sie haben jetzt das mit der Bezeichnung Ihrer Firma, das ich gerade zitiert habe.

Und das Zweite – da mache ich das gleich komplett –, darauf beziehen Sie sich, ist das Vorstandsprotokoll vom 22.4.2006 mit der Nummer 1179001. Das ist in Wirklichkeit das gleiche Dokument, weil es dort ein Anhang ist. Da ist das Protokoll zu den Consultants, ganz unten, 2d).

Ich zitiere wieder wortwörtlich:

„Beispiel für Gesamtverkauf“ – das ist jetzt das, wo der Ederer auftaucht –: „Ein Verkaufspreis zwischen dem Buch- und Unternehmenswert ist denkbar, Ederer spricht konkret von EUR 30 Mio., unter der Annahme, dass der Buchwert bei EUR 15 Mio. liegt und die Unternehmensbewertung durch ASP einen Wert von EUR 50 Mio. ergeben würde, …“

Das ist ja im Zusammenhang zu sehen. Können Sie sich an diesen Vorgang überhaupt erinnern?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Was ist Ihnen da aufgefallen, oder wer hat das überhaupt aufgebracht, dass man die Rolle der GRAWE – wieder einmal, im Übrigen – anschauen sollte?

Mag. Thomas Havranek (in den ihm vorgelegten Schriftstücken blätternd): Na ja, das war … Wenn ich mich richtig erinnere, sind das diese Unterlagen … Also sogar diese Unterlagen sind meiner Erinnerung nach aus diesen Tresoren. (Abg. Kogler: Genau, das ist in dem Akt!) Und diese Tresore wurden ja, wie gesagt, nie untersucht. (Abg. Kogler: Ja!) Und auffällig war es schon, dass diese Personen und diese vereinzelten Dokumente – eigentlich aus dem Zusammenhang gerissen, offensichtlich in Tresoren versteckt – aufgetaucht sind. Daher war für uns die logische Schlussfolgerung: Wenn ich so ein Dokument „verstecke“ – unter Anführungszeichen –, dann sollte ich hinterfragen, warum der Herr Ederer und die GRAWE da überhaupt auftauchen, was die damit zu tun haben.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja. – Und ist es dann untersucht worden?

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Woran ist das gescheitert, denn Sie nehmen sich das ja offensichtlich auf die Agenda?

Mag. Thomas Havranek: Das ist gescheitert in diesem konkreten Fall. Nach der Hausbegehung gab es eine Sitzung, und es wurde das Thema Hausdurchsuchungen und Folgekonsequenzen besprochen. Das wäre natürlich die Aufgabe der Staatsanwaltschaft gewesen. Und die Expertin der Staatsanwaltschaft hat dann gemeint, das ist alles ganz normal.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das war die Frau …, die Expertin?

Mag. Thomas Havranek: Wohlschlägl-Aschberger.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, das haben wir uns jetzt gedacht. Die hat die Staatsanwaltschaft dahin gehend beraten, das alles sei ganz normal. Können wir das so im Protokoll lassen?

Mag. Thomas Havranek: Das war meine Wahrnehmung. Das wurde mir so berichtet.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aha! – Ist das dann irgendwo im Austausch zwischen Staatsanwaltschaft und CSI-beauftragten Firmen noch einmal diskutiert worden oder musste man das zur Kenntnis nehmen?

Mag. Thomas Havranek: Es gab eine Ermittlersitzung. – Darf ich kurz nachschauen, bitte? (Abg. Kogler: Ja, bitte!)

Es gab auf jeden Fall kurz nach dieser Hausbegehung eine Ermittlersitzung, wo nach meiner Erinnerung auch die Staatsanwaltschaft vertreten war und wo wir das aufgebracht haben. Die haben gesagt, sie besprechen das mit ihrer Expertin. Zurück kam dann eben, dass das nicht erforderlich erscheint, weil das normale Vorgänge seien. Ich glaube, mich zu erinnern, dass auch einmal die Frau Expertin selbst anwesend war und das auch selbst gesagt hat.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Dass es normal sei?

Mag. Thomas Havranek: Dass das normal sei.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Okay. Hat diese Besprechungen, bei denen Frau Wohlschlägl-Aschberger dabei war, dann auch immer der Leiter der SOKO, Herr Gaber, koordiniert? Wissen Sie das?

Mag. Thomas Havranek: Nein, das waren nach meiner Erinnerung Besprechungen, zu denen sozusagen die Hypo eingeladen hat und die ... Eines unserer Themen in dieser Projektleitersitzung war es auch, die Sitzungen mit Staatsanwalt und SOKO zu machen. Das wäre ja sinnvoll in so einem Fall, und das war dann unter anderem eines der Themen, wo das gemacht wurde und wo wir sozusagen alle zusammengesessen sind.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Davon darf der Ausschuss also jetzt ausgehen: Es hat dann schon eine koordinierte Sitzung gegeben, wo das unter anderem kurz tangiert wurde. Verstehe ich das jetzt richtig? (Auskunftsperson Havranek: Genau!) Aber es haben sich alle von dem Argument überzeugen lassen, dass das ganz normal sei?

Mag. Thomas Havranek: Na, überzeugen lassen, wir haben ... (Abg. Kogler: Sie offensichtlich nicht!) Auf unserer Seite konnten wir sozusagen nicht viel mitreden. Die Staatsanwaltschaft hat das übernommen, die Argumentation – mir bis heute nicht nachvollziehbar –, und es ist nichts passiert.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wer von der Staatsanwaltschaft hat sich da geäußert?

Mag. Thomas Havranek: Das weiß ich jetzt nicht mehr.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das wissen Sie nicht mehr. – Gut, das war dieses.

In den Protokollen des Lenkungsausschusses – das habe ich jetzt aber noch nicht kopiert – findet sich auch ein Punkt zur Bevollmächtigung Havranek. Da geht es um den sogenannten – wie muss man da immer sagen –Herrn Oberst Stangl.

Ich weiß gar nicht, wie die Geschichte weitergegangen ist, aber: Haben Sie dann zum Herrn Oberst Stangl Ermittlungshandlungen gesetzt?

Mag. Thomas Havranek: Nein, wir haben keine Ermittlungshandlungen gesetzt.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ist Ihnen bekannt, dass im Lenkungsausschuss darüber geredet wurde, dass Sie da aktiv werden könnten oder sollten?

Mag. Thomas Havranek: Natürlich, das war ja auch unser Vorschlag. Da sind wir wieder beim Thema Kronzeugen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja. Aber was ist passiert? Schildern Sie dem Ausschuss einfach den Vorgang!

Mag. Thomas Havranek: Wir haben wie auch immer herausgefunden, gewusst, es gab einen Sicherheits... Irgendwie kam auch das Thema auf, dass Herr Kulterer einen persönlichen Sicherheitsberater hatte, und das war dieser Oberst Stangl, der offensichtlich immer und überall dabei war und auch bei allen Themen involviert war.

Wir haben gesagt: Hat man mit dem schon jemals gesprochen? Hat man mit dem Kontakt aufgenommen? – Dann hat man uns erstaunt angesehen, hat gesagt: Nein, warum? – Ich habe gesagt: Na ja, wenn der Mensch bei allen Sachen dabei war und sozusagen immer an der Seite des Herrn Kulterer gewesen ist, wäre es wahrscheinlich relevant, mit ihm Kontakt aufzunehmen, ob er uns weiterhelfen kann. – Dann hat man uns sozusagen gesagt, wenn wir das können, dann sollen wir das tun.

Heraus kam dann, dass der ja nicht in Österreich lebt. Aus diesem Kontakt heraus hat er uns dann gesagt, dass es, wenn wir Informationen benötigen, insbesondere notwendig wäre, mit den Personen – erinnerlich sind mir – Malle, Duller und Kirchner zu sprechen, weil die sozusagen alles von Striedinger und Kulterer exekutiert hätten.

Wir kamen eben drauf, dass diese Kronzeugen – wie es im forensischen Bereich heißt – bereits verbrannt wurden, weil man sie vorschnell entlassen hat. Faktum war: Wir haben die Kontaktaufnahme versucht. Richtung Malle ist sie gelungen, aber er hat uns ganz klar gesagt – dem wurde aus seiner Sicht natürlich grundlos seine Existenzgrundlage entzogen –, dass er überhaupt kein Interesse daran hat, zusammenzuarbeiten.

Und diese systemimmanenten Fehler ziehen sich halt durch die gesamte Aufarbeitung.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie waren für die Leasing in Bulgarien, also für die Aufarbeitung, zuständig. Es ist so, dass dort angeblich 500 Millionen verschwunden sind. Da gab es angeblich tausende Fälle, wo Autos angemeldet wurden, die es gar nicht gab. Man kann vermuten, dass es ohne Zutun von weiten Kreisen der Bank gar nicht möglich gewesen wäre, in so großem Stil zu arbeiten. Sehen Sie das auch so?

Mag. Thomas Havranek: Grundsätzlich ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wenn die Bank eine Leasinggesellschaft unterstützt und weiß, dass das alles gar nicht existiert – diese ganzen Leasinggeschäfte –, dann muss das ja in massiver betrügerischer Absicht passieren.

Mag. Thomas Havranek: Das weiß ich nicht, wie gesagt, ich ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was glauben Sie denn, was da sein könnte? Wie kann man da wegschauen?

Mag. Thomas Havranek: Ich glaube, es ist ... Man kann kein Schwarzweißbild malen, das ist, glaube ich, das Problem. Es ist eine Mischung aus einer unkontrollierten Expansionsstrategie um jeden Preis und aus einer wenig bis zu gering vorhandenen Kontrolle der einzelnen Personen, die hier agiert haben.

Meine Wahrnehmung ist, dass man sich einfach seitens der einzelnen Akteure durch die Gesamtstrategie der Bank gedeckt sah und gemacht hat, was man konnte, um zu expandieren.

Ob man jetzt tatsächlich gewusst hat, welche Fahrzeuge existieren oder nicht existieren und da sozusagen irgendwie mit betrügerischer Absicht gehandelt hat, kann man ja heute nicht sagen. Das kann genauso ... Wir nennen das immer die passive Täterschaft: einfach sozusagen die Realität zu verweigern, um den Erfolg zu erzielen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber das ist ja auf breiter Front passiert. Egal, wo man hinschaut, egal, welche Konstrukte gewählt wurden, egal, welche Zwischengesellschaften gegründet wurden, das ist ja überall so gelaufen.

Mag. Thomas Havranek: Na ja, natürlich, aber, wie gesagt, das ist ein ... Aus unserer Sicht gab es hier verschiedenste systemimmanente Probleme: ein mangelndes Risikomanagement; eine Softwareimplementation, die über drei Jahre nicht funktioniert hat; Unterlagen, die offensichtlich nicht in einem Datenraum zur Verfügung standen; wie die Leute miteinander kommuniziert haben, war auch nicht völlig klar, wir haben auch keine wirklichen Vorgaben dazu gefunden. Also das ist das Problem dieser Aufarbeitung.

Um so etwas zu verstehen und aufzuarbeiten, muss man, wie gesagt, ganz von vorne beginnen, mit allen Daten, mit allen Vernetzungen, mit allen Kommunikationen. Und das ist nicht passiert, daher kann ich auch keine Aussage dazu treffen, wer was mit Absicht gemacht hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es könnte aber auch so sein, dass diese Kommunikationsprobleme ganz bewusst implementiert oder nicht abgestellt wurden, um eben das System am Laufen zu halten, denn sonst wäre es ja durchgesickert.

Mag. Thomas Havranek: Es kann alles sein, nur ich weiß es nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Mir geht es um etwas anderes: Wir haben ja gesehen, dass in vielen Bereichen unglaublich viel schiefgelaufen ist, und in der Aufarbeitung wieder. Die Frage drängt sich ja auf, ob das einfach passiert ist, oder ob eine Absicht dahinter war. Gerade bei Herrn Kranebitter muss es ja nachvollziehbar sein, dass er wenig Interesse hat, dass das wahre Schadensausmaß ans Tageslicht kommt, da er ja mitverantwortlich dafür war, dass das Ganze dem Staat umgehängt wurde. Das heißt, zu erwarten, dass Kranebitter der Wahrheit ins Auge sieht, würde ja bedeuten, dass er sich auch selbst anklagt, indem er eben etwas getan hat, was letztlich zu einem Riesenschaden geführt hat. Ist das nicht ein gewisser Interessenkonflikt?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, der Interessenkonflikt ist eine Sache und das, was Sie jetzt implizieren, ist eine andere Sache. Ja, ein Interessenkonflikt ist das natürlich. Ich glaube nur nicht, dass Herr Kranebitter mit dem Vorsatz dort hingegangen ist, einen Schaden zu verursachen, sondern ernsthaft geglaubt hat, dass er aus dieser Bank und aus dieser Struktur eine Legacy bilden und wieder eine große Bank aufbauen kann.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Darum geht es mir jetzt nicht. Es mag schon sein, dass er geglaubt hat, dass das wieder wird. Aber dann, als er gemerkt hat, dass das sicherlich nicht mehr wird, war er natürlich nicht daran interessiert, das gesamte Ausmaß irgendwie sichtbar werden zu lassen. Diese Ansicht werden Sie wahrscheinlich teilen.

Mag. Thomas Havranek: Ich glaube, er hat es nicht verstanden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Er hat es nicht verstanden?

Mag. Thomas Havranek: Das ist ein so hochkomplexer Fall, ich glaube, dass man das, wenn man nicht als Spezialist mit solchen Dingen ständig zu tun hat, schwer verstehen kann.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber er konnte es ja beeinflussen. (Auskunftsperson Havranek: Natürlich, ja!) Das heißt, wenn Sie an ihn herangetreten sind und gesagt haben, dass Sie wieder einmal etwas gefunden haben, dann kann er das selbstverständlich irgendwie unter der Decke halten. Das war ja im Bereich seiner Möglichkeiten.

Mag. Thomas Havranek: Ja, natürlich, er wollte eine gut geführte Bank darstellen und hat natürlich versucht, das unter allen Umständen zu machen. Und es war ihm auch jeder Hinweis auf Problemfelder deutlich unangenehm.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie haben wahrgenommen, dass der Vorstand eher ein positives Bild zeichnen und nicht so sehr der Realität ins Auge sehen wollte?

Mag. Thomas Havranek: Nein, ich habe wahrgenommen, dass der Vorstand versucht hat, das Thema Problemfelder zu vermeiden, weil er eine Bank führen wollte – sage ich jetzt einmal – und ihm daher die Aufarbeitung eher im Weg stand.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, natürlich auch, weil er die Bank verkauft hat. Er hat sie ja den Österreichern verkauft und hat sie positiver dargestellt, als sie tatsächlich war. (Auskunftsperson Havranek: Angeblich, ja!) Daher haben wir geglaubt, wir hätten da etwas gekauft, das man wieder auf die Füße bringt. (Auskunftsperson Havranek: Offensichtlich!)

War das auch Ihre Wahrnehmung, dass das die Österreicher geglaubt haben? (Auskunftsperson Havranek: Ja!)

Wie lange haben sie das geglaubt?

Mag. Thomas Havranek: Ich oder die Österreicher?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Die Österreicher, also die Regierung in dem Fall.

Mag. Thomas Havranek: Das kann ich nicht sagen, weiß ich nicht. Ich habe ja keinen Kontakt dorthin.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben ja sicher irgendetwas vonseiten des Ministers, des Kabinetts, des Ministeriums gehört?

Mag. Thomas Havranek: Ich vermute, dass man ... Nein, habe ich nicht, weil ich, wie gesagt, keinen direkten Kontakt hatte. Meine Ansprechpartner waren die CSI – und dort hat es auch geendet – und die Finanzprokuratur. Ich weiß nicht, was man geglaubt hat. Ich kann mir dazu auch kein Bild machen.

Wir haben 2011 bereits gesagt, dass das Ding ein massives Problem hat. Als wir dieses gesamte Risikomanagement gesehen haben, die Art und Weise – nur bei Bulgarien und Ukraine schon –, wie Kredite vergeben worden sind, war klar, dass das ein Problem ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Könnte die CSI zu dem Zweck gegründet worden sein, um möglichst zu filtern, was angeklagt wird oder aufgezeigt wird? (Auskunftsperson Havranek: Nein!) Theoretisch hätte die Staatsanwaltschaft auch direkt aktiv werden können. (Auskunftsperson Havranek: Nein!) Man hätte Hausdurchsuchungen machen können und so weiter.

Mag. Thomas Havranek: Beides nein. Die CSI ist sicher nicht mit dem Zweck gegründet worden, zu verhindern, sondern sie ist gegründet worden, um zu sagen, man macht etwas. Aber sie ist nicht unbedingt gefördert worden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie wurde also als politisches Statement gegründet?

Mag. Thomas Havranek: Kann sein, weiß ich nicht. Aber Fakt ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich spreche ja nicht davon, was wahr und was richtig ist, sondern davon, welche Eindrücke und Wahrnehmungen Sie hatten.

Mag. Thomas Havranek: Es war eine Fragestellung, die mich bis heute begleitet. Warum man die CSI gegründet hat, war mir klar. Man musste ja der Öffentlichkeit irgendwie zeigen, dass man etwas tut, da ist man ja verpflichtet. Wenn man nichts getan hätte, hätte das wahrscheinlich komisch ausgesehen.

Die Frage war für mich nur: Warum hat man diese CSI gegründet und warum hat man der CSI, wie in so einem Fall üblich, nicht eine Carte blanche erteilt, um dieses Ding aufzuarbeiten?

Das hätte die Bank in ihrem Geschäft nicht beeinflusst. Stattdessen hat man Ressourcen aus Rechtsabteilungen, IT und sonst woher verwendet, um die CSI zu verbürokratisieren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, man hat die CSI gegründet, um der Öffentlichkeit zu zeigen: Okay, wir tun etwas.

Man hat sie aber nicht mit den Möglichkeiten ausgestattet, tatsächlich etwas zu tun. Kann man das so zusammenfassen?

Mag. Thomas Havranek: Man hat sie mit den Möglichkeiten ausgestattet, ja. Aber man hat sie nicht gefördert. Das sind zwei verschiedene Sachen. Die Möglichkeiten waren ja da, es waren die Berater da, es war die CSI da, es war die Struktur da. Aber sozusagen das, das notwendig ist, um so einen Fall aufzuarbeiten, ist eine Art Generalvollmacht – mit Kontrolle natürlich –, sonst ist man nicht unabhängig. Und wenn man dann für jeden einzelnen Schritt nachfragen muss, sich rücksichern muss, dann funktioniert halt so etwas nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Könnte das bewusst passiert sein, dass man sagt: Die CSI könnte ja ein Eigenleben entwickeln und Dinge aufzeigen, die man gar nicht aufgezeigt haben will?

Mag. Thomas Havranek: Das würde ich so sehen, ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt: Die Politik wusste, dass die CSI gefesselt ist, aber man hat sie bewusst in diesem Zustand gelassen.

Mag. Thomas Havranek: Ob es die Politik wusste, kann ich nicht beurteilen. Ich habe nur eine einzige Wahrnehmung, nämlich Herrn Ditz‘ permanentes: Wir brauchen die CSI nicht.

Das hat schon gezeigt, wie die Politik, oder Teile der Politik dazu stehen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Haben Sie sich jemals Richtung Politik dazu geäußert, was notwendig ist und was zu tun wäre? (Auskunftsperson Havranek: Nein!)

Das heißt, Sie haben einfach Ihre Arbeit gemacht, und wenn die dann aufgrund der Konstrukte, die dann nachgeschaltet waren, im Sand verlaufen ist, war das für Sie ...

Mag. Thomas Havranek: Die Kommunikationskette war relativ klar. Für uns gab es zwei Kommunikationsschienen, nämlich in die Bank hinein zur CSI und über die CSI zum Vorstand der Bank, und Richtung Politik zur Finanzprokuratur und von der Finanzprokuratur weiter an die Politik. Und diese Kommunikationslinien haben wir eingehalten und die sind auch umgesetzt worden. Das, was zurückkam, war leider Gottes nicht das, was wir erhofft haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Gab es Fälle, bei denen Sie gerne gesehen hätten, dass etwas auch strafrechtlich weiterverfolgt wird, und das dann unterblieben ist?

Mag. Thomas Havranek: Strafrechtlich ... Es gab Fälle oder systemische Themen, wo wir gerne mehr gemacht hätten und mehr gesehen hätten – ich nehme wieder das Beispiel dieser E-Mail-Analyse, die meines Erachtens massiv eingeschränkt wurde –, was aber dann halt nicht passiert ist, wodurch man natürlich auch auf der strafrechtlichen und wahrscheinlich auch auf der zivilrechtlichen Seite mehr erreichen hätte können.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Haben Sie eine Erklärung dafür, warum das dann unterblieben ist? Wissen Sie, wo genau es unterblieben ist?

Mag. Thomas Havranek: Eine Erklärung, warum das so war, habe ich nicht. Ich wiederhole mich: Die Problematik, die ich sehe, war auf der einen Seite insbesondere in der Ära Ditz/Kranebitter, dass man unsere Arbeit nicht geschätzt hat für das, was sie erreichen kann und erreichen könnte, und sie eher als Behinderung gesehen hat, und sich damit aber selbst behindert hat. Denn: Hätte man uns unter den gegebenen Kontrollvoraussetzungen frei arbeiten lassen, dann hätte man nicht Ressourcen einbinden müssen, die man in Wirklichkeit für den Betrieb der Bank hätte verwenden können. Der Zweck dahinter ist mir bis heute nicht zugänglich.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie haben vorhin selbst gesagt, dass der Vorstand natürlich Interesse daran hatte, die Bank möglichst gesund aussehen zu lassen. Es ist auch nachvollziehbar, dass der Vorstand kein Interesse daran hat, dass da in alten, möglicherweise negativen Unterlagen gestierlt wird.

Mag. Thomas Havranek: Das ist nicht nachvollziehbar, denn auch im Strafrecht – wie Sie wissen – gibt es das Thema der Wiedergutmachung. Man hätte diese Fälle mit viel mehr Force bearbeiten können, diese Personen, oder die Kreditnehmer, oder die Beschuldigten ansprechen können, mit viel besserem Datenmaterial, und möglicherweise dazu bewegen können, mehr Gelder zurückzuzahlen, um eine Strafverfolgung oder andere Gerichtsverfahren zu vermeiden. Meines Erachtens war das ein Bumerang-Effekt. (Abg. Lugar: Was war das?) – Es war ein Bumerang-Effekt, man hat damit das Gegenteil erreicht. Hätte man die gesamte CSI mit voller Effizienz ausgestattet und arbeiten lassen, hätte man vermutlich, glaube ich schon, um einiges mehr zurückholen können, als man bis dato zurückgeholt hat, was sich für die Bank positiv ausgewirkt hätte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt: Durch das Nichtausstatten der CSI mit den Kompetenzen, die sie gebraucht hätte, ist ein Schaden entstanden. Können Sie den ungefähr beziffern? Was schätzen Sie?

Mag. Thomas Havranek: Nein, kann ich nicht. Und ich kann jetzt auch nicht sagen, ob ein Schaden entstanden ist, weil diese Teile ja schon wertberichtigt waren. Aber ich kann ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie haben ja selbst gesagt, dass man möglicherweise mehr Geld zurückholen hätte können.

Mag. Thomas Havranek: Ja, möglicherweise. Aber ich kann es nicht beziffern, denn dazu müsste ich die Fälle einzeln aufarbeiten.

Und die Erfahrung zeigt nur – ich mache das Geschäft seit 20 Jahren –: Wenn eine Aufarbeitung forensisch korrekt durchgeführt wird, mit einer ordentlichen Unterstützung durch Rechtsanwälte, dann sind solche Täter oder Beschuldigte üblicherweise dazu bereit, Wiedergutmachung bis zu einem gewissen Grad zu leisten.

Vorsitzende Doris Bures: Zweite Runde!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Haben Sie solche Fälle selbst erlebt?

Mag. Thomas Havranek: Ich in meinem Berufsleben?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich meine bei der Hypo.

Mag. Thomas Havranek: Nein, denn, wie gesagt, wir waren ja nur bis zur Zuarbeitung der Anwälte eingebunden. Dann haben die Anwälte weitergemacht. Nur durch Hörensagen weiß ich eben, dass hier rund 150 bis 200 Millionen zurückgeflossen sind.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber konkret haben Sie das nicht weiterverfolgt? Das heißt, Sie haben zwar Informationen bekommen, dass es da Geld gab, dass da etwas zurückgeflossen ist. Ob Sie das irgendwie verfolgt haben, wie viel Prozent von dem, was Sie aufgearbeitet haben und so weiter ...

Mag. Thomas Havranek: Nein, das war auch nicht meine Aufgabe.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, es wurde also alles ganz streng gehandelt: Sie haben die Erstaufarbeitung gemacht, und dann ist es die Stufen weitergegangen. (Auskunftsperson Havranek: Ja!)

Ist das sinnvoll? Ist das bei anderen Banken auch so gewesen? (Auskunftsperson Havranek: Nein!)

Das war bei der Hypo einmalig?

Mag. Thomas Havranek: Das war bei der Hypo ... In dieser Art und Weise ist das sicher einmalig.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und nicht zielführend?

Mag. Thomas Havranek: Nicht ausreichend zielführend.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist aber eigenartig, denn ich gehe einmal davon aus, bevor man so etwas macht, schaut man sich Fälle der Vergangenheit an und macht es dann ähnlich, wie es in der Vergangenheit erfolgreich war. Warum hat man es bei der Hypo anders gemacht?

Mag. Thomas Havranek: Das, leider Gottes, weiß ich nicht. Ich weiß es nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber das würde ja der Idee der Dummheit widersprechen. Griss behauptet ja, dass die Regierung abwärts ziemlich unfähig war. Es kann ja nicht an Unfähigkeit liegen, wenn man etwas wider die Erfahrungen der Vergangenheit anders und schlechter macht.

Mag. Thomas Havranek: Ich glaube, Sie unterschätzen dabei, dass der Fall Hypo erstens durch die Akteure ... Die haben keine Erfahrungswerte, denn die wenigsten von ihnen oder keiner von ihnen ist Forensiker. Es gibt nicht so viele Forensiker in Österreich. Das sind die, die dort gearbeitet haben, und die hat man offensichtlich nicht vorab gefragt, wie so etwas zu machen ist. Daher hat man einfach mangels Erfahrung massive Anfängerfehler gemacht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber ist es nicht normal, dass ich, wenn ich zu einem Tatort komme und Fingerabdrücke sehe, dann ja auch nicht den Klempner frage, ob er die analysieren kann, sondern die Forensik?

Mag. Thomas Havranek: Natürlich, der normale Fall ist – und da können Sie jetzt von mir aus das Thema … Wie arbeitet eine Staatsanwaltschaft heute? – Da geht ja auch nicht der Staatsanwalt hin und schreibt einmal eine Sachverhaltsdarstellung oder eine Anklageerhebung, sondern lässt die Polizei ermitteln. Auf Basis dieser Ermittlungsarbeiten ersucht er um Ergänzungen, bestellt einen Sachverständigen, je nachdem, ob er den braucht oder nicht, und wenn er dann das gesamte Material beisammen hat, entscheidet er, ob und wie er eine Anklage erhebt.

Bei der Hypo hat man das Pferd von hinten aufgezäumt, ganz einfach.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist mir klar, und das war auch komplett kontraproduktiv. Aber die Frage ist ja, warum, wenn es doch in der Vergangenheit anders besser gelaufen ist, wer ist auf die Idee gekommen?

Mag. Thomas Havranek: Weil die Leute, die dort agiert haben, in diesem Fachbereich keine Erfahrung haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na, man hätte ja Sie fragen können oder irgendjemanden, der Ahnung gehabt hätte. (Auskunftsperson Havranek: Natürlich hätte man fragen können!) – Das hätte man doch gemacht im Normalfall.

Mag. Thomas Havranek: Na ja, so arbeiten wir normalerweise mit unseren Klienten oder mit der Staatsanwaltschaft, ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also könnte man sagen, dass die Politik ja gar kein Interesse hatte, irgendetwas aufzuklären, wenn sie das bewusst falsch gemacht hat.

Mag. Thomas Havranek: Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, ob die Politik etwas bewusst falsch gemacht hat. Ich habe nur keine Wahrnehmung dazu, dass irgendjemand der politischen Akteure Erfahrung in Aufarbeitung von Bankbetrugsfällen hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und auch nicht nachgefragt hat. Ich meine, ich habe auch nicht Erfahrung in allen möglichen Bereichen, aber ich frage zumindest nach; also das ist Hausverstand.

Mag. Thomas Havranek: Ich weiß aber auch nicht, ob sich die Politik bei ihrem Ansprechpartner Finanzprokuratur rückversichert hat, ob sie dort nachgefragt hat. Ich weiß es nicht. Mich hat man nicht gefragt, das weiß ich. Wen man sonst gefragt hat, weiß ich nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hätte der Herr Peschorn, die Finanzprokuratur, hätten die die Expertise gehabt, so etwas zu beurteilen?

Mag. Thomas Havranek: Der Herr Peschorn hätte jedenfalls entweder die Expertise selber gehabt, wobei ich nicht weiß, inwieweit die Finanzprokuratur in solchen Fällen tätig ist, aber ich glaube, ja, aber ich bin auch sicher, dass der Herr Peschorn kein Problem damit gehabt hätte, entsprechende Experten aus diesem Umfeld zu fragen, und die sind ja leicht auffindbar.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja. Also da das unterblieben ist, muss man davon ausgehen, dass kein großes Interesse da war, das umfangreich aufzuklären.

Mag. Thomas Havranek: Das obliegt Ihrer Beurteilung, nicht meiner.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber ich versuche nur, es zu verstehen, denn ich gehe einmal nicht davon aus, dass Politiker per se dumm sind. Das heißt, wenn sie etwas falsch machen, liegt meistens ein Wille oder eine Absicht dahinter.

Mag. Thomas Havranek: Ja, aber das kann ich nicht beurteilen. Verzeihen Sie, das ist nicht meine Aufgabe hier.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Mag. Havranek, lassen Sie mich vielleicht nochmal ganz kurz zur grundsätzlichen forensischen Tätigkeit zurückkehren. Sie haben schon dargestellt, dass der Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit in dieser Causa war, die Strukturanalyse, die Netzwerkanalyse, also die Beziehungen zwischen den Akteuren aufzuzeigen und darzustellen.

Hat sich Ihre Tätigkeit darauf beschränkt oder hat es da noch andere Felder gegeben, zum Beispiel Asset Tracing?

Mag. Thomas Havranek: Nein, unsere Tätigkeit hat sich im Endeffekt darauf beschränkt, ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also Asset Tracing …

Mag. Thomas Havranek: War ein Thema, aber ist nie zustande gekommen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Können Sie erläutern warum? Vielleicht könnten Sie zum allgemeinen Verständnis, Sie können das sicher besser als ich, erläutern, worum es bei Asset Tracing geht und warum das dann diskutiert, aber nicht zustande gekommen ist.

Mag. Thomas Havranek: Bei Asset Tracing geht es darum, a) festzustellen, welche Vermögenswerte bei welchen Beschuldigten oder Verdächtigen wie vorhanden sind beziehungsweise zu prüfen, auf wen man wie zugehen kann, um hier Schadenswiedergutmachung zu erreichen. Das wäre in so einem Fall die Aufgabe des Asset Tracing. Und hier versuchen zu qualifizieren, gibt es Firmen, Personen, Netzwerke, die man transparent machen kann, um dann qualifiziert an sie heranzutreten und sie sozusagen für eine Wiedergutmachung zu gewinnen.

Das Problem dabei ist natürlich, dass man es normalerweise natürlich auch mit den Personen zu tun hat, die dann ja auch die Beschuldigten waren oder sind oder die Täter waren oder sind. Da sind wir leider gescheitert, weil man aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen, da verweise ich wieder an die Rechtsabteilung, dann plötzlich mit Compliance-Bedenken gekommen ist, man kann doch nicht Geld von den Leuten oder man kann doch nicht an die Leute verkaufen, die selber den Schaden verursacht haben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das habe ich akustisch nicht ganz verstanden: Man kann ja nicht …

Mag. Thomas Havranek: Man könne sozusagen nicht mit Personen in Verhandlung treten oder an Personen herantreten, die selber für den Schaden verantwortlich gewesen wären, was natürlich dem klassischen Asset Tracing und der daraus folgenden Konsequenz ganz klar widerspricht, genau das ist der Zweck der Sache.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Vielleicht noch zum ersten Punkt, zur Darstellung: Das heißt, Sie können mit Ihren forensischen Methoden, wenn von diesen Beschuldigten Vermögenswerte abgezweigt worden sind, über Schachtelkonstruktionen, Briefkastenfirmen und Ähnliches verschleiert worden sind, diesen Mantel der Verschleierung könnten Sie mit Ihren Methoden durchbrechen und schauen, wo die Vermögenswerte hingekommen sind? Habe ich das richtig zusammengefasst?

Mag. Thomas Havranek: Könnten wir, ja, ob wir es dann können, wissen wir immer erst am Ende des Tages.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie einfach oder schwierig ist das in der Praxis? Können Sie da überblicksmäßig erläutern, wie Sie da tätig werden?

Mag. Thomas Havranek: Das hängt ganz einfach vom geographischen Umfeld ab, muss ich sagen, in das man da vorstoßen muss. Für Asset Tracing gibt es mehrere Zugänge: Die zwei wesentlichsten Zugänge sind sozusagen Informanten, also über Personen, die man ausfindig macht, die man befragt, herauszufinden, ob es hier Vermögenswerte, Wahrnehmungen zu Vermögenswerten gibt; und das Zweite sind sogenannte Open-Source-Recherchen, das geht von einfachen Firmenbuchabfragen bis zu hochkomplexen Systemen wie zum Beispiel Social Media Crawler, so nennt man das heute. Das ist ein Softwaretool, das in der Lage ist, Personenabfragen im gesamten sozialen Netzwerk im Internet zu machen und darüber herauszufinden, ob die Personen, wie die Personen kommunizieren, ob sie Vermögen haben möglicherweise, ob es Hinweise darauf gibt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie haben gesagt, es hängt auch vom geographischen Kreis ab. Bei der Hypo Alpe-Adria haben wir oft festgestellt, dass Liechtenstein verwendet worden ist, um diese Verschleierungskonstruktionen aufzusetzen. Welche Wahrnehmungen haben Sie dazu?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, wie gesagt, zu Liechtenstein sind meine Wahrnehmungen eingeschränkt. Es war von Anfang an mit Liechtenstein das Problem dieser Eigentümerstruktur, die sozusagen den Zugang in Liechtenstein erschwert hat. Es gab eine Liste, oder es gab den Versuch der Aufarbeitung von Geldflüssen, die von der Hypo Alpe-Adria in Österreich ausgegangen sind, über Liechtenstein weitergeführt worden sind. Die Problematik war teilweise, dass man Systemprobleme hatte insofern, dass zum Beispiel Auswertungen so zustande kamen, dass Geldflüsse darstellbar waren, aber die Bankkonten dazu gefehlt hätten. Das ist dann nicht weiter verfolgt worden oder konnte nicht weiter verfolgt werden. Wir sind dann sozusagen nicht mehr eingeschaltet worden. Wir wissen nur, dass es das gab, aber was dann damit in weiterer Folge passiert ist, weiß ich nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Können Sie das noch näher erläutern, was Sie mit „es haben Bankkonten gefehlt“ meinen?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, zum Beispiel, wenn Sie heute Geldflüsse verfolgen oder eine Geldflussanalyse machen, idealerweise wenn Sie mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten, ist das relativ einfach, denn die kann den Banken- und Sparkassenverband anweisen, Ihnen die Kontodaten zur Verfügung zu stellen. Diese werden dann heutzutage elektronisch angefordert, und in diesen elektronischen Dateiformaten sehen Sie dann die Kontonummern, die Namen und Daten der Empfänger und der Sender und die Beträge und was auch immer auf diesen Überweisungen noch draufsteht. Das wird dann bei großen Fällen in unser Analysetool oder in so ein Analysetool eingespielt, und dieses Tool zeigt Ihnen dann bis auf Sekunden hinunter die einzelnen Geldbewegungen auf, in der chronologisch richtigen Reihenfolge und so weiter. Das ist die Analyse grundsätzlich.

Und unsere Information ist, dass es bei der Hypo zwar eine Liste gab, aber angeblich die Bankkonten nicht draufstanden, weil die angeblich in einer anderen Datenbank gelaufen wären. Das war einmal ein Thema, und wir haben nur gesagt, das kann kein Thema sein, denn zwei Datenbanken mit einer Schnittstelle zu verknüpfen, ist ein überschaubarer Aufwand. Und das haben wir angeboten und bis heute keine Antwort bekommen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das heißt zusammengefasst, Sie wollten die Kontendaten haben, um die Geldflüsse nachzuvollziehen, wie Sie beschrieben haben, und die Daten haben Sie von der Hypo Alpe-Adria nie bekommen?

Mag. Thomas Havranek: Nein, noch einmal: Das Thema wurde in einer der Sitzungen besprochen, dass es diese Liste gibt und dass es hier keine Konten darauf gibt. Daraufhin war die Frage: Warum? Daraufhin kam die Information über Rückfrage, dass angeblich zwei parallele Datenbanken laufen würden, die nicht miteinander verknüpft sind. Und unser Vorschlag war, diese Verknüpfung umzusetzen, was technisch relativ einfach möglich ist. Wir haben dann nichts mehr davon gehört, mehr kann ich dazu nicht sagen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Haben Sie eine Wahrnehmung dazu, warum das nicht weiter verfolgt wurde? (Auskunftsperson Havranek: Nein!) – Ist systematisch in der Causa Hypo dieses Tool des Asset Tracing angewendet worden, um die Geldflüsse nachzuvollziehen und die Profiteure bei Transaktionen mit vermutlich kriminellem Hintergrund herauszufinden?

Mag. Thomas Havranek: Nein, nicht einmal ansatzweise.

Um das Tool richtig anzuwenden, hätten wir sozusagen bei allen Sachverhaltsdarstellungen oder allen Verdächtigen die Bankkonto-, die Bankbewegungsdaten der Hypo bekommen müssen, um die sowie die E-Mails unserer Analyse hinzuzufügen und dadurch ein Gesamtbild zu haben. Und dann hätte man hier auf dieser Ebene, in dieser künstlichen Umwelt der Beziehungen zueinander, das machen können. Aber das ist nie passiert.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das heißt, diese Daten haben Sie von der Hypo nicht bekommen? (Auskunftsperson Havranek: Nein!) – Haben Sie eine Wahrnehmung dazu, warum man das Systematische nicht angegangen ist und den Profiteuren nicht nachgegangen ist?

Mag. Thomas Havranek: Man hat sich aufs Bankgeheimnis ausgeredet.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut, also sozusagen: Bankgeheimnis würde die Kriminellen schützen – fasse ich jetzt einmal zusammen.

Mag. Thomas Havranek: Meines Erachtens in dem Fall ein völlig unzulässiges Argument, da wir ja in einer Beziehung zur Bank als deren Forensiker standen und eine Verschwiegenheitspflicht haben, doppelt und dreifach. Also war Bankgeheimnis ist gleich Unwille.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Da bin ich ganz bei Ihnen. Das war jetzt mit ironischem Unterton von mir gesagt. Das Bankgeheimnis ist natürlich nicht dazu da, Kriminelle zu schützen.

Und dann haben Sie erzählt, ist die Tätigkeit Anfang 2015 eingestellt worden, also Ihre Tätigkeit vonseiten der Bank beendet worden. Warum?

Mag. Thomas Havranek: Weiß ich nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also beendet war Ihre Tätigkeit nicht, ganz offensichtlich?

Mag. Thomas Havranek: Würde ich nicht so sehen, nein.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gehen wir weiter zur Ausstattung! Sie haben eh schon dargestellt, welche Methoden und Software, intelligente Software Sie zur Verfügung haben. Also an der Ausstattung ist es der CSI und der dabei handelnden Akteure nicht gescheitert. Haben Sie Wahrnehmungen dazu, wie die Ausstattung aufseiten der SOKO und der Staatsanwaltschaft war?

Mag. Thomas Havranek: Ja, mit der SOKO haben wir uns ja zusammengesetzt, relativ am Anfang sogar, glaube ich, 2011 oder Anfang 2012, weil die ja die gleiche Analysesoftware verwenden wie wir. Der Unterschied ist nur, dass die SOKO/das BMI eine damals noch ältere Version hatte und wir aufgrund unserer Erfahrung einfach die SOKO hätten unterstützen können, das noch effizienter einzusetzen. Meines Erachtens war auch ganz klar der Wille seitens der SOKO da, hier eng zusammenzuarbeiten.

Aber das ist eigentlich von beiden Seiten, Staatsanwaltschaft und Bank, nicht gefördert worden, das ist abgelehnt worden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Von wem ist das konkret nicht unterstützt worden?

Mag. Thomas Havranek: Wir haben das vorgeschlagen, und ich kann jetzt nicht mehr sagen, wer gesagt hat, nein, auf keinen Fall. Aber Faktum ist, in so einem Fall wäre es natürlich sinnvoll, wenn die Forensiker, die Externen, mit den Spezialisten der SOKO und mit der CSI zusammenarbeiten.

Also in Wirklichkeit hätte man ein Team bilden müssen – bankintern CSI, bankextern die Forensiker und aufseiten der Justiz SOKO. Das wäre die korrekte Vorgangsweise und das ordentliche Team. Und es ist vonseiten der Bank ständig dieses Bankgeheimnisthema dafür ins Spiel gebracht worden. Wie gesagt, das sehe ich nicht so. Und seitens der Staatsanwaltschaft weiß ich nicht. Ich habe jetzt nicht die Wahrnehmung oder die Erinnerung, dass die Staatsanwaltschaft das massiv gefördert hätte oder gefordert hätte, was sie eigentlich hätte tun können, meines Erachtens.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also dass wir vonseiten der Bank Widerstand erleben, das haben wir jetzt heute durch Sie und auch schon vorher gehört und bestätigt bekommen, dass die Staatsanwaltschaft auch nicht förderlich, nicht fördernd unterwegs war, das ist sogar ein neuer zusätzlicher Aspekt. (Auskunftsperson Havranek: Nein, …!) – Es würde aus meiner Sicht Sinn machen, wenn schon die SOKO jetzt nicht die neueste Software zur Verfügung hat, dass man mit den externen Experten zusammenarbeitet. Und das müsste ja im Interesse der Staatsanwaltschaft liegen, dass das ordentlich aufgearbeitet wird. Es macht ja rational keinen Sinn, wenn das von dieser Seite nicht gefördert wird.

Mag. Thomas Havranek: Wie gesagt, die Wahrnehmung, die ich habe, ist, dass die Staatsanwaltschaft bei allen Schritten in diese Richtung sich über ihre zuständige Expertin rückversichert hat. Ich bin überzeugt, hätte die Expertin, was zumindest in unserem Berufsstand als Sachverständige üblich wäre, dem zugestimmt, dann hätte die Staatsanwaltschaft den Druck entsprechend aufgebaut, dass das auch passiert wäre. Es ist nicht passiert. Warum? – Weiß ich nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das heißt, Ihrer Wahrnehmung nach hat die Expertin – wir können es eh aussprechen, also die Frau Wohlschlägl-Aschberger – durchaus eine solche Funktion bei der Staatsanwaltschaft gehabt, die einer quasi Entscheidungsbefugnis zukommt. Formell hat natürlich die Staatsanwaltschaft entschieden, aber nach Rücksprache mit ihrer Beraterin. Und wenn die sagt, ja/nein oder üblich/unüblich, dann handelt die.

Mag. Thomas Havranek: So war meine persönliche Wahrnehmung, die aber eine subjektive und keine objektive ist.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich bleibe einmal bei diesem Thema. Ich lege ein Dokument mit der Nummer 2118915 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das ist ein Protokoll der Steuerungsgruppe für die Ermittlung aus dem Oktober 2011. Ich beginne einmal, es sind mehrere interessante Punkte.

Vorsitzende Doris Bures: Sie kommen in die zweite Runde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Es sind mehrere interessante Punkte drin. Ich beginne einmal auf Seite 2, ganz unten, da ist zu lesen:

„Havranek erläutert, dass die Bank über verschiedene IT-Netzwerke verfügt; Mair bestätigt die Unüblichkeit dieser Vorgehensweise, die ausschließlich die Intransparenz fördert.“

Also das hatten Sie schon erwähnt, diese nicht nachvollziehbaren doppelten oder mehrfachen IT-Systeme in der Bank.

Auf Seite 3 geht es weiter, zweiter Absatz, ich zitiere:

„Peschorn hält fest, dass die Schaffung eines ‚Paralleluniversums‘ wohl einen klassischen Fall der Verschleierung darstellt; Havranek gibt an, dass der Standort des Archivraums wohl bewusst neben der Vorstandsgarage gewählt wurde.“

Also Peschorn hält hier auch fest, dass das kein Zufall sein kann, dass diese Parallelsysteme geschaffen worden sind, sondern mit dem bewussten Zweck eben, Intransparenz zu schaffen, zu verschleiern. Und Sie machen hier auch noch ein Statement zu diesem Standort des Archivraums bei der Vorstandsgarage – hatten Sie schon erwähnt.

Wollen Sie noch erläutern, warum Sie meinen, dass dieser Standort neben der Garage – das ist auch nicht ganz üblich – so gewählt worden ist, oder was Sie damit meinen?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, wenn … Muss ich das erläutern? Es ist offensichtlich, oder sagen wir so, es ist auffällig, wenn ein Bereich, der angeblich – so wurde uns gegenüber das dargestellt – ausschließlich dem Ein- und Aussteigen der Vorstände in ihre Fahrzeuge dient, gleich daneben einen Archivraum hat, wo die schnell – unter Anführungszeichen – „zugreifen oder lagern“ können. Dann muss das irgendeinen Hintergrund haben. (Abg. Hable: Ihre Interpretation?) – Ich interpretiere das nicht. Das interpretiert sich von selber.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also aus meiner Sicht hat es zumindest zwei Gründe: Erstens, einen Archivraum zu schaffen, der nicht gleich auffindbar ist. Und zweitens, einen Raum zu schaffen, wo man relativ intransparent und uneinsichtig Akten lagern und wieder abtransportieren kann. Das ist einmal meine Interpretation.

Ich glaube, Sie haben auch erwähnt, dass bei diesen Tresoren, die Sie an diesem Standort in der Garage gesehen haben, da Akten gefehlt haben? (Auskunftsperson Havranek: Ja!) – War nachvollziehbar, welche Akten das sind?

Mag. Thomas Havranek: Nein. Aber … Also nachvollziehbar, nein im Detail, im Groben insofern, als dass diese Akten, die wir dort gefunden haben, offensichtlich dem Herrn Kulterer zuzuordnen waren und fast alles, was wir dort gefunden haben, Kommunikationen waren vom Herrn Kulterer mit Beratern, mit anderen Personen. Also wahrscheinlich haben dort … wurden da Akten entnommen, die besonders heikel waren, vermute ich.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Besonders heikle Akten, die dem Untersuchungsausschuss nicht zur Verfügung stehen, möchte ich auch wiederholt hier hinzufügen, weil die …

Mag. Thomas Havranek: Das können sie aber auch nicht. (Abg. Hable: Bitte?) – Das können sie auch nicht, weil sie auch nicht mehr in der Bank waren. Die hat niemand.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Was meinen Sie mit „die waren nicht bei der Bank“?

Mag. Thomas Havranek: Na, der Tresor wurde vorher ausgeräumt. Irgendjemand war in diesem Tresor und hat diese Akten mitgenommen. In der Bank waren die Akten nicht, wir haben jeden Raum begangen. Diese Akten sind ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ein Teil dieser Akten, oder alle Akten?

Mag. Thomas Havranek: Nein. Die, die gefehlt haben in dem Tresor. Damit können sie auch nicht an den Untersuchungsausschuss weitergeleitet werden, weil sie nicht einmal in der Bank waren.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Klar, da haben Sie recht – die nicht. Aber es waren ja noch Akten vorhanden. Darauf hat sich meine Bemerkung vorhin bezogen. (Auskunftsperson Havranek: Ach so, ja!) Also das zeigt die Schwierigkeit der Aufklärung, nämlich, dass wir systematisch, auch heute, nach wie vor, durch die HETA behindert werden und keine Akten haben.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich komme zur Seite 4 des Dokuments, das ich vorgelegt habe. Da geht es um die Einschätzung einer Hausbegehung bei der VCP, der allgemeinen Einschätzung, dass das sinnhaft wäre. Und offensichtlich kommt Frau Wohlschlägl-Aschberger – die sogenannte Expertin der Staatsanwaltschaft – zum Schluss, dass das nicht notwendig wäre. Können Sie das näher erläutern?

Mag. Thomas Havranek: Ja, wie gesagt, also es war auffällig, insbesondere deswegen, weil bis zu dem Zeitpunkt der Hausbegehung die VCP eigentlich in den Akten oder Archiven nie besonders aufgetreten oder aufgeschienen ist. Und plötzlich war in einem Tresorraum, der offensichtlich nicht jedem zugänglich war – und in einem Tresor, der auf der Vorstandsebene stand –, Material, das eine doch relativ langzeitige und umfangreiche Involvierung der VCP in die Geschäfte der Hypo aufgezeigt hat, zumindest nach unserer damaligen Ansicht, die offensichtlich auch die Kollegen, wie hieraus ersichtlich ist, geteilt haben. Und bei der Massivität der Probleme, insbesondere, weil hier das Thema Consultants steht, wäre es üblich, sofort eine Hausdurchsuchung zu machen, wenn so etwas auftaucht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und sind diese Hausdurchsuchungen gemacht worden?

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Ihre Fragezeit ist aufgebraucht, ich muss Sie auf die nächste Runde verweisen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Mag. Havranek, ich habe keine Fragezeit mehr übrig, aber Sie dürfen Ihre Antwort natürlich weiter ausführen.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Mag. Havranek, Sie können jetzt noch eine Antwort geben.

Mag. Thomas Havranek: Nein, ist nicht gemacht worden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Warum nicht?

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie können in der nächsten Runde weiterfragen.

Herr Abgeordneter Dr. Matznetter, wir sind jetzt in der zweiten Runde. Ihre Fraktion hat über 4 Minuten Fragezeit. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Magister, ich bleibe jetzt bei den Dokumenten, die vorgelegt worden sind. Vielleicht bleiben wir gleich bei dem, was der Herr Abgeordnete Hable Ihnen vorgehalten hat: Das ist das Protokoll des Meetings der Steuerungsgruppe von 13.10.2011.

Ich möchte noch einmal auf die ganze Frage Wohlschlägl-Aschberger zurückkommen. Aus dem Protokoll, auf der Seite 4, geht hervor, dass erhebliche Bedenken bestanden, dass aufgrund eines Naheverhältnisses zwischen Frau Wohlschlägl-Aschberger und Lafite/Pecina – das ist VCP-Komplex – die Befangenheit als Expertin der Staatsanwaltschaft vermutet wurde. Können Sie uns dazu Näheres sagen?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, wie gesagt, es steht ja da drinnen. Es gab unser aller Erachtens ein Naheverhältnis. Ich glaube, das hat sich dadurch herausgestellt, dass Frau Wohlschlägl-Aschberger in einem Unternehmen tätig war, das einer der Firmen nahestand, denen der Herr Pecina beziehungsweise und der Herr Lafite vorgestanden sind. Die Frage kam dadurch auf, dass wir, alle hier beschriebenen Personen, Schwarzbartl, Mair, Peschorn, Böhler und ich, uns gewundert haben, dass diese Hausdurchsuchung so abrupt abgelehnt wurde. Das war für uns nicht nachvollziehbar, und deswegen wurden wir gebeten, im Rahmen der Netzwerkanalyse einmal hineinzuschauen, ob da irgendein Naheverhältnis auftaucht.

Und es war kein direktes Naheverhältnis, aber es gab ein Naheverhältnis. Und daher lag unsere Vermutung darin, dass das eine Fragestellung sein müsste, die der Staatsanwaltschaft vorzutragen ist, ob hier eine Befangenheit gegeben sein kann oder nicht.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Eines der Indizien für diese Befangenheit wird auch in diesem Protokoll angeführt, nämlich, dass hinsichtlich der Fragestellung, ob Generaldirektor Stepic ein SPV auf Zypern besitzt, Wohlschlägl-Aschberger dies im Rahmen der Consultants-Sitzung von 12.10.2011 als üblich bezeichnet hat.

In welchem Naheverhältnis standen Stepic, Lafite, Pecina einerseits und Wohlschlägl-Aschberger andererseits?

Mag. Thomas Havranek: In gar keinem, also in keinem, das mir bewusst wäre. Ich glaube, dass dieses Special Purpose Vehicle auf Zypern auch irgendwie über die VCP gelaufen ist oder die VCP da involviert war in der Struktur. Aber das weiß ich nicht mehr auswendig.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Wieso kommt dann Herbert Stepic vor? Der war zu der Zeit RBI-Generaldirektor.

Mag. Thomas Havranek: Das war ja genau unsere Frage, die die Frau Wohlschlägl-Aschberger mit als üblich beantwortet hat, was unüblich ist.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Okay, ich möchte auf jenes Protokoll zurückkommen, das Ihnen auch vorliegt. Kollege Strasser von der ÖVP hat es Ihnen vorgelegt, und zwar die „10. Projektsitzung des Projektes ,CSI Hypo‘“, am 26.5.2011. Das müsste noch bei Ihnen liegen. (Auskunftsperson Havranek: Ja!)

Vielleicht zuerst eine Einleitungsgrundsatzfrage: Wenn ich mir Ihre Schilderung anhöre, dass nahe der Garage drei Tresore sind ...

Übrigens, Herr Kollege Hable, in der Sekunde, als Sie gesagt haben, es fällt mir keine andere Lösung ein: Ich habe vor mehr als 20 Jahren in meiner Kanzlei auch das Archiv neben der Garage gehabt. Dort war es nicht, um etwas wegzuschaffen, sondern, weil dort der höchste Brandschutz besteht. Das aber nur am Rande. Ich möchte niemanden verteidigen, ich sage es nur.

Um auf das Ablagesystem zurückzukommen: In mehreren Tresoren sind Unterlagen. Sie sagen, einer ist ausgeräumt. Auf die Frage des Kollegen Hable, ob man wüsste, welche das waren, haben Sie gesagt: Natürlich nicht.

Wieso eigentlich nicht? Hat es keine Registratur gegeben? – Es müsste ja zu jedem Akt eine Registratur geben, wo man auch die Auffindbarkeit herstellen kann.

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Das heißt, die Akten wurden einfach als Akten irgendwo eingelagert?

Mag. Thomas Havranek: Diese Akten – ja. Es gab …, das ist ja der Punkt: Dieser Archivraum war nicht Teil des üblichen Archivs. Sie müssen sich das so vorstellen: Wenn Sie in den Keller dieser Bank gekommen sind, gab es einen langen Gang. In diesem Gang waren nebeneinander mehrere Archivräume, die ganz klar als solche gekennzeichnet waren. In diesen Archivräumen waren Akten klar strukturiert abgelegt, bezeichnet, gekennzeichnet. Und dieser eine Raum stach eben dadurch hervor, dass er sich a) nicht in diesem Bereich befand, sondern eben direkt beim Eingang zum Parkplatz der Vorstände und dass dort einfach drei Tresore standen, die ganz offensichtlich weder strukturiert, noch irgendwie erfasst waren.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Okay. Wie war das mit den E-Mails? Normalerweise müsste es eine zentrale Archivierung von E-Mails gegeben haben über die Jahre, wie ein ordentlicher Bankbetrieb es normalerweise erfordert. Gab es das?

Mag. Thomas Havranek: Das kann man so nicht beantworten. Wie gesagt, die Bank hat ja verschiedene Systeme gleichzeitig gehabt. Bei den E-Mails war es meiner Erinnerung nach so, dass es sehr wohl E-Mails gab und es auch Backups gab, wo diverse E-Mails waren. Und es gab ein ziemlich komplexes System, wie diese E-Mails überschrieben beziehungsweise gelöscht wurden. Das Problem – was aber jetzt keine Ausnahme bei der Bank ist, das muss ich gleich dazusagen – ist, dass es heute in den wenigsten Unternehmen, gleich welcher Art, eine sogenannte E-Mail Compliance gibt. Und das heißt, dass E-Mails zwar gelagert, archiviert und gesichert werden, aber halt auch bei Nachspeicherungen unstrukturiert überschrieben werden. Das war bei der Bank genauso, wie es sonst auch passiert.

Um diese E-Mails von den Sicherungsbändern zu holen, benötigte man ein eigenes Skript – ich bin jetzt kein Softwaretechniker, ich verwende das Wort einfach so –, und mit dem wäre es möglich gewesen, war es auch möglich, diese E-Mails zurückzuholen und einzuspielen.

So, das wäre jetzt der technische Vorgang.

Dann kommen diese E-Mails in einen Prozess. Der erste Schritt des Prozesses ist eine sogenannte Sicherungsdatei, wo alles, was man bekommt, gesichert und in einem Safe abgelegt wird. Dann kommt eine Spiegeldatei, das heißt, dort wird alles noch einmal zur Bearbeitung abgelegt. Diese Spiegeldatei wird dann durch ein forensisches Werkzeug gejagt, das die E-Mails dedupliziert, das heißt, man verringert den Gesamtbestand der E-Mails durchschnittlich auf 20 bis 30 Prozent des ursprünglichen Bestands.

Dieser Bestand wird dann in eine Analyse-Software – eben diese Software, die wir dort verwendet haben – eingespielt. Mit dieser Software können Sie über Filtermöglichkeiten – das heißt nach Zeit, nach Thema, nach Personen – diese E-Mails durchsuchen. Sie können aber auch – und das ist das Wesentliche – sogenannte Kommunikationspfade von der Software finden lassen. Das heißt, wenn Sie sagen, ich glaube, dass Herr Havranek und Herr Matznetter über drei verschiedene Personen miteinander kommunizieren, dann würde die Software das von selber herausfinden. Das macht es so effizient, damit zu arbeiten, denn sonst müssten Sie ja jedes E-Mail einzeln lesen und händisch irgendwie mitschreiben, wer mit wem kommuniziert.

Das haben wir der Bank angeboten, und das wurde dann eben nur zum Teil umgesetzt.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Gab es nicht auch Probleme damit, dass die Personen, um deren E-Mail-Accounts es ging, die Zustimmung geben mussten? In diesem Protokoll, das Kollege Strasser vorgelegt hat, ist zum Beispiel vom E-Mail-Account eines gewissen, ich glaube, Herrn Holzer die Rede. (Der Redner liest aus einem Schriftstück vor.)

Vielleicht können Sie kurz erklären: Es ist auf dem Protokoll, immer noch die „10. Projektsitzung des Projektes ,CSI Hypo‘“, am 26.5., Seite 5, „Öffnung von E-Mail-Accounts“. (Auskunftsperson Havranek: Ja!)

Dort ist ausgeführt (der Redner liest aus einem Schriftstück vor), dass der Account Holzers – offensichtlich ein Mitarbeiter der Hypo Alpe-Adria – von besonderer Wichtigkeit sei, weil dort Wesentliches darüber gelaufen ist, aber die Schwierigkeit war, dass er eine Zustimmung, die er zuerst erteilt hat, dann zurückgezogen hat.

Heißt das, dass die weitere Untersuchung dieses Schriftverkehrs nach Gutdünken der Hypo-Angestellten erfolgt ist? (Auskunftsperson Havranek: Ja!) – Das heißt, wesentliche Teile sind nicht nur uns, sondern auch der CSI, aber auch den Forschungen anderer unbekannt, weil die einfach keine Zustimmung geben, dass man den Account einsehen kann?

Mag. Thomas Havranek (in einem Schriftstück lesend): Das war ja das Problem und das Thema unseres Zugangs. Sie müssen sich das so vorstellen: Ein E-Mail besteht aus zwei (Abg. Matznetter: Empfänger und Sender!) – nein, verzeihen Sie! – wesentlichen Bestandteilen, nämlich dem Inhalt, das heißt dem tatsächlichen Inhalt des E-Mails, der jedenfalls datenschutzrechtlich gewürdigt werden muss, und den sogenannten Metadaten.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Header und wie es gelaufen ist.

Mag. Thomas Havranek: Der Header, genau: Empfänger, Sender, Datum und Betreff. Unser Zugang – der auch mit Gewerkschaft und Arbeiterkammer abgestimmt war – war, zuerst die Metadatenuntersuchung durchzuführen. Die geht relativ schnell und relativ einfach. Dazu hätte man nicht immer und nicht unbedingt Zustimmungen gebraucht. Man hätte das abstimmen können.

Dann erst kommt man zur inhaltlichen Prüfung dieser E-Mails. Das heißt, das, was da verweigert wurde, ist in Wirklichkeit erst die zweite Phase einer ordentlichen forensischen Prüfung von E-Mails.

Wie gesagt, Herr Holzer hat nicht zugestimmt, und damit war die Sache halt wieder einmal erledigt. Man hätte das natürlich auch anders lösen können.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Wer war Herr Holzer?

Mag. Thomas Havranek: Weiß ich nicht. Herr Held hat damit zu tun gehabt.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Wieso sind dann alle E-Mails bei ihm eingelangt?

Mag. Thomas Havranek: Es sind nicht alle E-Mails, glaube ich, bei ihm eingelangt.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Aber „wesentliche“ – steht da. (Der Redner verweist auf ein Schriftstück.)

Mag. Thomas Havranek: Ich weiß aber nicht, wer Herr Holzer war. Wie gesagt, unsere …

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Meine Frage: Das heißt, eine systematische Auswertung der unternehmenseigenen Kommunikation ist tatsächlich am datenschutzrechtlichen Schutz der Privatsphäre des Inhalts der E-Mails gescheitert? Kann ich das so zusammenfassen – zumindest was den E-Mail-Verkehr betrifft?

Mag. Thomas Havranek: Nein, es ist daran gescheitert, dass das Datenschutzrecht so ausgelegt wurde, dass man damit begründet hat, E-Mails nicht zu untersuchen.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Okay. Ich möchte noch einmal zurück zur Aktenführung in den Tresors, die wir vorher besprochen haben. Wie sollen wir uns das vorstellen: Waren das Akten wie bei Gericht mit einem Kartondeckel, wo die Sachen fliegend drinnen waren, oder waren das sortierte Akten mit Register vorne über dem Inhalt …?

Mag. Thomas Havranek: Also die im Tresor waren Ordner, klassische Aktenordner, die mit Inhalten befüllt waren. Ich weiß jetzt nicht mehr, ob da Registrierblätter dazwischen waren. Ich glaube, bei einigen waren Registrierblätter dazwischen, bei anderen nicht.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Gab es die nur auf Papier oder wurden die auch elektronisch in der Bank gespeichert, sodass ein zweiter Zugriff über die gescannten Inhalte möglich gewesen wäre?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, das wäre ja genau das Thema gewesen, das sofort nachzuprüfen und in diese Richtung weiterzuarbeiten. Aber wie gesagt, das ist bis heute nicht passiert.

Vorsitzende Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Angerer zu Wort. Sie haben noch eine Dreiviertelminute in dieser Runde. – Bitte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich versuche, die kurze Zeit zu nutzen.

Also Herr Holzer könnte der Leiter des Group Accounting gewesen sein, der auch schon hier im Ausschuss war.

Ich möchte noch einmal bei dem Thema ansetzen, das Sie und auch die beiden Kollegen vor mir angesprochen haben, nämlich Wohlschlägl-Aschberger. Sie hat das ja mehrfach als üblich dargestellt, einmal bei Herrn Ederer von der GRAWE – bei einem Thema, das Sie aufgeworfen haben – und bei diesem SPV von Herrn Stepic. Und sie hat das als üblich abgetan.

Jetzt ist meine Frage: Sie war ja zuerst einmal vom Justizministerium in die Staatsanwaltschaft Klagenfurt und dann als Beraterin in diese CSI entsandt. Für mich ist an diesem Punkt die Staatsanwaltschaft noch nicht Thema und auch noch nicht tätig. Was hat Sie in der CSI daran gehindert, dieses Netzwerk nachzuverfolgen? Warum haben Sie da nicht weitergemacht?

Mag. Thomas Havranek: Verzeihung, Frau Wohlschlägl-Aschberger war nie Beraterin der CSI, sie war immer nur für die Staatsanwaltschaft tätig.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja, wie gesagt, sie war bei der Staatsanwaltschaft. (Auskunftsperson Havranek: Ja!) Sie ist halt dann bei dieser Sitzung dabei gewesen – warum auch immer. (Auskunftsperson Havranek: Ja!) Und Sie haben die Frage aufgeworfen, warum es dieses SPV von Herrn Stepic gibt. (Auskunftsperson Havranek: Ja!) – Dann hat sie gesagt, das ist üblich. Und dann haben Sie gesagt, Sie haben es aufgrund dessen nicht weiterverfolgt – warum?

Mag. Thomas Havranek: Na, weil es für unsere Aufarbeitung nicht relevant war, ob Herr Stepic irgendwo ein SPV besitzt, denn es hatte keinen Bezug zu einem speziellen Fall. Also es war aus der Sicht der CSI nicht relevant.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich muss Sie jetzt auf die nächste Runde verweisen.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Strasser zu Wort. Sie haben in dieser Runde 4 Minuten. – Bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Geschätzter Herr Mag. Havranek, ein Aktenvorhalt mit der Nummer 117 …

Mag. Thomas Havranek: Verzeihen Sie, ich habe das jetzt nicht verstanden.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Sie bekommen wieder Unterlagen von uns. (Auskunftsperson Havranek: Ach so!) – Die Dokumentennummer ist 1179001. Es handelt sich dabei um den „Abschlussbericht der Projekte Cold Case & Hausbegehung“. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Sehe ich das richtig … Sie haben ja zwei Aufträge bekommen, einen Auftrag 2010 und einen 2011. Und das da ist der Abschlussbericht vom Auftrag 2011. (Auskunftsperson Havranek: Ja!)

Also diese Aufgabe, die Sie da abgearbeitet haben, gliedert sich in drei Phasen: Cold Case und zwei Mal Hausbegehungen. – Jetzt möchte ich Sie zu diesem Arbeitskreis Cold Case fragen: Worum ist es da ganz grob gegangen? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Thomas Havranek: Das Cold-Case-Thema war das Vorlaufthema zur Hausbegehung. Da wir sozusagen die operativ arbeitenden Bereiche nicht unbedingt begehen wollten – weil das die Leute an der Arbeit gehindert hätte und es nicht zielführend ist, wenn man da sozusagen, während die Leute arbeiten, die ganzen Kästen durchsucht –, wurden die Leute angewiesen, alle Unterlagen, die sie nicht benötigen und die sie nicht mehr betreffen – eben sogenannte Cold Cases, die nicht bearbeitet werden –, zur Verfügung zu stellen. Das wurde auch zum Großteil gemacht.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Ein kleiner Seitengedanke: Also schon mit Rücksichtnahme auf das laufende Geschäft von Ihrer Seite, so wie Sie es jetzt formuliert haben?

Mag. Thomas Havranek: Ja, natürlich, weil wir, wie gesagt, eh schon sozusagen das Problem hatten, nicht unbedingt in der Bank beliebt gewesen zu sein. Und die Mitarbeiter zu einer Kooperation aufzufordern, wo wir sozusagen eine Hausbegehung machen, wäre unseres Erachtens nicht zielführend gewesen.

Damit war das der Kompromiss, dass man die angewiesen hat, und das hat dann auch nach dem zweiten, dritten Mal ganz gut geklappt – selbständig alle Unterlagen herzugeben, die nicht offensichtlich ihrer laufenden Tätigkeit unterliegen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Also Cold Case heißt ruhende Fälle, kalte Fälle – dazu wurden die Akten geliefert? (Auskunftsperson Havranek: Ja!) – Dazu kommen wir noch.

Zu den Hausbegehungen: Ist das eine etwas elegantere Umschreibung einer Hausdurchsuchung, oder wie ist das zu sehen?

Mag. Thomas Havranek: Genau, eine interne oder selbständige Hausdurchsuchung sozusagen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Also damit sich niemand gleich sehr vor Ihnen fürchtet, hat man das nicht Durchsuchung, sondern Begehung benannt? (Auskunftsperson Havranek: Genau!) – Aus emotionalen Gründen? (Auskunftsperson Havranek: Ja!)

Okay. Zu Seite 4 beziehungsweise 6 von 33: Sie haben gesagt, die Akten sind geliefert worden, und ich sage dazu, sie sind mehr oder weniger geliefert worden, denn im letzten Absatz steht geschrieben: „In Folge haben bis auf drei Abteilungen/Bereiche (...) die Ausstehenden rückgemeldet.“

Unter diesen Abteilungen, die nicht rückgemeldet haben, ist auch die Abteilung von Risikovorstand Edelmüller zu finden (Auskunftsperson Havranek: Mhm!) – sozusagen Kreditunterlagen, die anscheinend nicht geliefert wurden, wenn sie aus dem Bereich von Edelmüller kommen.

Mag. Thomas Havranek: Das weiß ich nicht. Ich weiß nicht, was Herr Edelmüller in seinen Abteilungen oder in seiner Abteilung gehabt und gelagert hat. (Abg. Strasser: Okay!) Er hat einfach nicht zurückgemeldet.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Er war der Risikovorstand (Auskunftsperson Havranek: Ja, ja!) und hat uns auch immer versichert, alles dafür getan zu haben, damit die Untersuchungen – auch externe Dinge – sozusagen reibungslos ablaufen. Und dann ist er nicht in der Lage, Ihnen die notwendigen Unterlagen zu liefern?

Mag. Thomas Havranek: Ich glaube, da muss man unterscheiden: Wir wissen nicht einmal, ob es notwendige Unterlagen in seiner Abteilung gab. Er hat nicht zurückgemeldet. Das ist die Wahrheit. Wir haben nicht geprüft: Gibt es dort Cold Cases oder Unterlagen, die wir benötigen würden?

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Ja, aber müsste man nicht gerade bei ihm spannende Unterlagen finden können? – Also keine Kommunikation ist ...

Mag. Thomas Havranek: Es ist einfach keine Kommunikation – genau.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Also nichts? Keine Rückmeldung (Auskunftsperson Havranek: Keine Rückmeldung!) von Vorstand Edelmüller, der uns sagt: Alles in Ordnung, alles paletti, immer kooperativ! (Auskunftsperson Havranek: Keine Rückmeldung!) – Okay; in Wirklichkeit wieder so ein Misstrauensbeweis.

Mag. Thomas Havranek: Das dürfen Sie beurteilen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Auf Seite 7 und auch auf Seite 20 schreiben Sie dann von diesen Dokumentenkästen und Stahlschränken, die nicht mehr auffindbar waren. Können Sie uns zu diesen Dingen etwas mehr sagen?

Da sind auch recht amüsante Fotos drinnen, auf denen wirklich links ein Stahlschrank steht und rechts ein Stahlschrank – und in der Mitte der fehlende Stahlschrank, der nicht mehr auffindbar ist. Was können Sie uns noch zu diesen Bildern erläutern?

Mag. Thomas Havranek: Wie gesagt, wir haben diese Hausbegehung gemacht, und in diesem Archiv, das eben an einem anderen Standort war, waren Stahlschränke nebeneinander aufgestellt, mit Akten gefüllt. Und in der Mitte hat ein Stahlschrank gefehlt, was uns eigenartig erschien, denn das hat nicht zur Gesamtstruktur dieses Raums und dieser Archivierung gepasst.

Daraufhin habe ich versucht herauszufinden, was es damit auf sich hat, und wir haben auch dazu keine befriedigende Antwort oder Rückmeldung erhalten.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Wir finden dann in den Unterlagen, dass speziell auch Kästen vom Group Credit Risk Management betroffen waren. Das haben Sie auch so in dem Bericht geschrieben. Ist das nicht auch etwas auffällig, dass gerade aus so einem sensiblen Bereich Akten mehr oder weniger verschwinden? (Auskunftsperson Havranek: Ja!)

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch in dieser Runde!

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Und es gab auch wieder keine Rückmeldung über den Verbleib der Kästen beziehungsweise der Akten, wenn bestehende Kästen leergeräumt wurden? (Auskunftsperson Havranek: Ja!) – Also keine Kommunikation? Keine Stellungnahme?

Mag. Thomas Havranek: Man hat es nicht gefunden – das war, meiner Erinnerung nach, die Stellungnahme dazu. (Abg. Strasser: ... es ist schön, dass es Sie gibt, aber rutschen Sie mir den Buckel runter?) – Das überlasse ich auch wieder Ihnen zu interpretieren.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals.

Bevor wir in die dritte Fragerunde einsteigen, werde ich die Sitzung für eine kurze Pause unterbrechen, und zwar für 10 Minuten.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 12.45 Uhr unterbrochen und um 12.59 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

12.59

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir kommen zur dritten Fragerunde. Die sozialdemokratische Fraktion hat jetzt keine Fragen. Herr Abgeordneter Angerer, dann gelangen Sie zu Wort.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Mag. Havranek! Ich möchte noch einmal zum Thema Liechtenstein nachfragen, das Kollege Hable vorhin angesprochen hat. Sie haben erzählt, es hat zwei Datenbanken gegeben, die zu verknüpfen gewesen wären, um entsprechende Geldflüsse nachvollziehen zu können. Haben wir das so richtig verstanden?

Mag. Thomas Havranek: So war meine Information.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das ist dann nicht passiert. Wer hat entschieden, dass das nicht gemacht wird? Warum hat man das nicht gemacht? Wissen Sie das?

Mag. Thomas Havranek: Ich weiß es nicht. Ich weiß, dass einige Daten, die man in diesen Listen gehabt hat, verwendet werden konnten, weil es klar zuordenbar und ersichtlich war, dass es hier Themen zur Aufarbeitung gab, und das haben wir umgesetzt.

Die restlichen Datensätze, für die man dann Bankkonten gebraucht hätte, um eine Weiterverfolgung zu ermöglichen, sind nicht miteinander, mit den beiden Datenbanken, verknüpft worden. Wie gesagt, wir haben das vorgeschlagen, und es wurde dann abgelehnt. Ich weiß nicht mehr genau, ob es aus Kostengründen war oder aus Überlegungen … Eines der üblichen Argumente war, man könne nicht mit Sicherheit sagen, ob das zu einem Ergebnis führen würde. Das war auch immer gerne ein Argument, das uns vorgelegt wurde.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Da Sie jetzt diese Liste erwähnen: Wie hat so eine Liste ausgesehen? Was ist auf dieser Liste draufgestanden – Namen, Konten, Summen?

Mag. Thomas Havranek: Auf solchen Listen stehen üblicherweise ... Also eine übliche Liste, eine vollständige Liste enthält Kontonummern beziehungsweise IBANs, Name des Kontoinhabers, Name des Empfängers, Betrag der Überweisung, Datum und eventuell Vermerke, die in den diversen Verwendungszweckfeldern eingetragen werden. Die Liste, die mir erinnerlich ist, hat diese Daten bis auf die Kontonummern enthalten, aber eben die Kontonummern haben gefehlt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Es waren Namen und Summen drauf?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Um welche Summen geht es da in Summe?

Mag. Thomas Havranek: Um einige Hundert Millionen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Einige Hundert Millionen Euro?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Und denen ist man nicht nachgegangen?

Mag. Thomas Havranek: Ein Themenpunkt war dabei, dass da über dieses System auch Gelder zum Beispiel an Firmen in die Vereinigten Staaten geflossen sind – und dem ist man nicht nachgegangen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das heißt, da sind Gelder in die Vereinigten Staaten geflossen?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): In welchem Zeitraum?

Mag. Thomas Havranek: Das weiß ich jetzt nicht mehr auswendig; im Prüfungszeitraum.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also bis 2009?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also auch nach 2007, bis 2009 sind noch Gelder geflossen?

Mag. Thomas Havranek: Glaube ich schon.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dem ist man auch nicht nachgegangen?

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das ist schon bemerkenswert, wenn da Millionen über Liechtenstein ins Ausland fließen – auch in der Zeit der Bayern –, dass man dem nicht nachgeht, wenn die Bank zu 100 Prozent dem Bund gehört. Deshalb wäre es einfach interessant, wer diese Entscheidung getroffen hat, dass man das da nicht nachvollziehen kann.

Mag. Thomas Havranek: Das weiß ich nicht. Ich kenne die Entscheidungshierarchien, wie gesagt, in der Bank selbst nicht oder nur bedingt. Und ich kann nur Wahrnehmungen äußern, die, wie gesagt, subjektiv sind. Sicher war, einer der Hauptansprechpartner für die Vorstände, für die Entscheidungsträger war und ist immer die Rechtsabteilung; und von der habe ich bei diversen schwierigeren Fragen den meisten Widerstand gespürt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Gut, danke. Ich habe keine weiteren Fragen mehr.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Geschätzter Herr Magister! Ich komme noch einmal zu dem Dokument, das ich Ihnen zuletzt vorgelegt habe: Nummer 1179001, der „Abschlussbericht Cold Case & Hausbegehung“.

Ganz generell: Sie haben ja das, nämlich Spurensuche, als Forensiker nicht zum ersten Mal gemacht.

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Welchen Eindruck haben Sie im Vergleich mit anderen Banken von der Hypo gehabt, betreffend den Organisationsgrad et cetera?

Mag. Thomas Havranek: In den Organisationsgrad selbst habe ich praktisch keinen Einblick gehabt, denn, wie gesagt, mein Zugang und meine Ansprechpartner waren in der CSI. Wir haben teilweise Kontakt mit der Rechtsabteilung, teilweise mit der IT-Abteilung gehabt. Also vom Organigramm her hat das wie eine normale Bank ausgesehen – vereinfacht gesagt.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Ganz konkret geht es mir um den Organisationsgrad zum Beispiel des Archivs, wo Sie sozusagen nach Spuren gesucht haben. Wie gut war das organisiert?

Mag. Thomas Havranek: Das normale Archiv war gut organisiert.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Was heißt „normal“?

Mag. Thomas Havranek: Na ja, nicht das Archiv, in dem die drei Tresore standen, oder der einzelne Tresor im Vorstandssekretariat, sondern das Archiv, in dem die üblichen Akten abgelegt waren.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Das heißt – und das geht auch aus Ihrem Bericht hervor –, es gab viele Archive.

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Subarchive?

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Das war etwas, was Ihre Arbeit nicht unbedingt erleichtert hat.

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Ich habe noch zwei Punkte aus diesem Bericht. Auf Seite 8, ganz oben, steht: „Eine Begehung des Standortes Domgasse war (...) nicht möglich“.

Haben Sie dazu noch eine Erinnerung? Das ist gleich der erste Punkt.

Mag. Thomas Havranek: Verzeihen Sie! Welche Seite sagen Sie?

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Seite 8 unter „4. Schwierigkeiten“ et cetera, und dann der erste Subpunkt: „Eine Begehung des Standortes Domgasse war (...) nicht möglich“.

Mag. Thomas Havranek: Ach so, das ist bei der Punktation. – Ja, das war nicht möglich, denn: Was war der Grund? – Ich glaube, man hat den Schlüssel nicht gefunden oder irgend so etwas. (Allgemeine Heiterkeit.) Man hätte auch einen Schlüsseldienst bestellen können, aber es war eben nicht möglich.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Okay. Also da kann man jetzt wieder in den Raum stellen, ob das absichtlich, Schlamperei oder wie auch immer war. Jedenfalls war der Schlüssel für einen Teil des Archivs für Sie nicht auffindbar.

Mag. Thomas Havranek: Ich weiß es nicht mehr. Ich glaube, es war der Schlüssel nicht vorhanden. Es war irgendeine absurde Ausrede. Auf jeden Fall konnten wir diesen ...

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Letztendlich ist es nie zu einer Begehung des Standorts Domgasse gekommen.

Mag. Thomas Havranek: Nicht durch uns.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Wissen Sie vielleicht, welche Akten da drinnen waren?

Mag. Thomas Havranek: Nein.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Also wieder keine Kommunikation: Schlüssel weg!, Tut uns leid, Domgasse nicht begehbar!

Mag. Thomas Havranek: Ja.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Der zweite Punkt: Zu Folgendem würde ich Sie gerne um eine Erläuterung bitten:

„Schriftverkehr KULTERER der Jahre 2002 – ENDE KULTERER wurden im Anschluss an die Hausbegehung in einem Tresor aufgefunden und gemäß der Auskunft der Bank in den Datenraum eingespielt.“

Wie kann man sich jetzt diese Aussage oder dieses Teilprojekt in das große Projekt eingebettet vorstellen? Was waren da die Vorgänge?

Mag. Thomas Havranek: Die Vorgänge waren ganz einfach: Die Hausbegehung hat eine Anzahl x von Unterlagen, Akten ergeben, von denen wir geglaubt haben, sie wären relevant. Die wurden der CSI übergeben, und die wurden dann eben in diesem Fall – deswegen haben wir es auch so formuliert – laut Auskunft der Bank in die Datenräume eingespielt.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Das heißt aber, im ersten Projektteil Cold Case war dieser Schriftverkehr Kulterer ausgespart, der wurde Ihnen nicht zur Verfügung gestellt.

Mag. Thomas Havranek: Nein, das ist ein Missverständnis. Sie müssen unterscheiden: Cold Case war die Bezeichnung für den Teil, in dem wir die Abteilungen aufgefordert haben, selbständig Unterlagen herzugeben, die sie in ihren Zimmern gelagert haben und die für die Abteilung selbst keine operative Relevanz hatten. So, das ist ein Teil. Der wurde übergeben, den hat die CSI übernommen und das dann eingespielt, einspielen oder vorsortieren lassen – was auch immer.

Und der zweite Teil war die eigentliche Hausbegehung, also die physische Hausbegehung durch uns gemeinsam mit der CSI. Dabei wurden eben Akten gefunden oder identifiziert, insbesondere diese beiden Bereiche; die wurden dann übergeben und sollten dann in die Datenräume eingespielt werden.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Aber eben dieser Schriftverkehr wurde zuerst einmal als nicht so relevant für Sie angesehen. Das kann man schon so sehen, denn sonst hätte man ...

Mag. Thomas Havranek: Woraus schließen Sie das?

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Man hätte sie ja unter Umständen liefern können. (Auskunftsperson Havranek: Bitte?) – Man hätte ja den Schriftverkehr liefern können.

Mag. Thomas Havranek: Den Schriftverkehr hätte man nicht liefern können, denn das war ja aus meiner Sicht ganz klar der Zweck dieses Archivs. Da wurde Schriftverkehr gelagert, der offensichtlich von den Systemen der Bank bereits gelöscht war und der aus irgendeinem Grund zur Absicherung aufgehoben wurde.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Wurden diese Schriftstücke dann auch auf Vollständigkeit geprüft, also zum Beispiel dann, als sie in den Datenraum eingespielt wurden?

Mag. Thomas Havranek: Ja, das war ja eines unserer Probleme. Die logische Fortsetzung wäre ja gewesen, dass wir als Forensiker insgesamt die Einspielung geprüft hätten, diese Schriftstücke in die Gesamtanalyse einfließen lassen und dort geprüft hätten, inwieweit die mit anderer Kommunikation zusammenpassen. Das ist nicht passiert. (Zwischenruf des Abg. Strasser.)

Vorsitzende Doris Bures: Ich muss Sie auf die nächste Runde verweisen.

Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Immer wieder, auch bei anderen Befragungen, ist die Rolle Frau Dr. Wohlschlägl-Aschbergers aufgetaucht. Zuletzt hat Abgeordneter Matznetter auf eine betreffende Protokollstelle verwiesen.

Ich brauche das jetzt nicht mehr vorzulegen, womit Sie eben bezogen auf ein Naheverhältnis von Wohlschlägl zu Lafite, Pecina und so weiter zitiert wurden. Frau Wohlschlägl ist ja dazu befragt worden. Sie bestreitet, dass sie besondere Naheverhältnisse zu Pecina gehabt hätte. Was können Sie dem Ausschuss darüber berichten, da Sie sich damals ja sehr aufmerksam dazu geäußert haben?

Mag. Thomas Havranek: Noch einmal: Unsere Aufgabenstellung aufgrund der für uns alle nicht nachvollziehbaren Reaktion aus der Netzwerkanalyse war, herauszuanalysieren, in welcher Beziehung Frau Wohlschlägl-Aschberger zu dem Umfeld der VCP und Pecinas stehen kann. Das haben wir gemacht. Das haben wir visualisiert. Daraus ergab sich ein indirektes Verhältnis, und das haben wir vorgelegt. Dazu wurde sie offensichtlich befragt, und sie hat gesagt: Das hat es so nicht gegeben.

Mehr Wahrnehmung habe ich dazu nicht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ein letzter Punkt: Mehrere Fälle deuten darauf hin, dass die Ermittlungen, die Ermittlungsabteilungen und die Beauftragten im CSI-System darauf verwiesen haben, dass mit den Systemen der EDV, mit der Kontenführung in einzelnen Fällen nachgestoßen werden sollte.

Alleine durch die heutige Befragung ergibt sich jetzt das Bild, dass Sie mindestens in drei, vier Bereichen – wenn man weiterfragen würde, wären es wohl noch mehr – offensichtlich nicht durchgekommen sind.

Wenn ich jetzt zusammenfasse, dann schließe ich, dass es einen systemischen – und nicht nur Widerstand in Einzelpunkten, wodurch vielleicht das eine oder andere Argument kommen könnte – Widerstand gegeben hat, also dass es da seitens des Vorstands, wenn wir den schon als letztverantwortlich bezeichnen wollen, der Bank zumindest über bestimmte Bereiche Ihrer Untersuchungen systematischen Widerstand gegeben hat. Würden Sie gegen diese Formulierung einen Einwand erheben?

Mag. Thomas Havranek: Nein. (Abg. Kogler: Danke!)

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Da mache ich gleich weiter: Wir haben jetzt schon Fälle gesehen, in denen auf Anregungen, auf begründete Anregungen durch Sie oder andere Teile der CSI Hypo nicht eingegangen wurde, die nicht umgesetzt wurden – teils begründet, teils unbegründet.

Ich habe akustisch nicht ganz verstanden, was Sie vorhin zum Kollegen Kogler gesagt haben. Deswegen nochmals zur Klarstellung: Sind das aus Ihrer Sicht Einzelfälle, oder ist es doch ein gehäuftes Auftreten gewesen, dass diesen begründeten Anregungen, wie weit da vorzugehen wäre – welche Hausdurchsuchungen zum Beispiel gemacht werden sollten –, oder was da sonst noch zu untersuchen wäre, nicht nachgekommen wurde, also dass da doch eine gewisse Systematik oder gehäufte Vorfälle in diese Richtung aufgetreten sind?

Mag. Thomas Havranek: Also gehäuft jedenfalls.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und das ist ja etwas relativ Ungewöhnliches, würde ich meinen, wenn eine Bank mit solchen Milliardenverlusten konfrontiert ist, wobei in vielerlei Fällen krimineller Hintergrund vorhanden ist, extra eine CSI-Hypo eingerichtet wird, der damalige Finanzminister und Vizekanzler Pröll sagt: Es wird jeder Beleg umgedreht! – wir können uns noch alle erinnern, das schallt noch heute in unseren Ohren –, und dann eigentlich nicht viel passiert – also die CSI wird eingesetzt, aber jeder Beleg wird sicherlich nicht umgedreht. Also man bekommt nicht einmal jeden Beleg, und über diejenigen, die Sie kriegen, heißt es dann auch oft, falls es Vermutungen und Verdachtsfälle gibt: Na ja, das ist üblich, da ist eh nichts dran, und das ist nicht verfolgungswert.

Also das ist doch eine Situation, die mir unüblich erscheint. Würden Sie das mit Ihrer Berufserfahrung so sagen, oder sind Sie mit so etwas in Ihrer bisherigen Berufserfahrung schon einmal konfrontiert gewesen?

Mag. Thomas Havranek: Nein, absolut unüblich.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie haben Sie oder andere in der CSI, die mit der Aufklärung beschäftigt waren, denn darauf reagiert?

Mag. Thomas Havranek: Wir haben von Anfang an aufgezeigt, wie eine solche Aufarbeitung zu erfolgen hätte, was die internationalen Standards für so eine Aufarbeitung wären. Mehr konnten wir nicht tun.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wem gegenüber haben Sie das aufgezeigt?

Mag. Thomas Havranek: In der Leitungsgruppe gegenüber Herrn Dr. Peschorn, gegenüber der Bank und deren Vertretern. Herr Dr. Peschorn hat das auch ganz eindeutig unterstützt und gefördert, so gut er konnte, aber letztlich ist die notwendige Carte blanche nie erteilt worden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ist es auch in Richtung politischer Vertreter aufgezeigt worden?

Mag. Thomas Havranek: Davon gehe ich aus.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gehen Sie davon aus, dass die zuständigen Minister, also in erster Linie würde es das Finanzministerium, aber bei der Aufklärung natürlich auch das Justizministerium, sein, informiert waren?

Mag. Thomas Havranek: Ich denke mal. Ich weiß es nicht. Ich war nicht dabei, aber ich muss davon ausgehen.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das hebe ich mir für die nächste Runde auf. Der neue, letzte Komplex wird sich mit einer Frage nicht ganz ausgehen. – Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Dann frage ich in der Fraktionsreihenfolge: Sozialdemokraten? – Keine Fragen. Freiheitliche? – Keine Fragen in dieser Runde. Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Strasser. – Bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Aus dem Bericht habe ich noch ein kurzes Zitat von Ihnen: „Havranek hat den Eindruck, dass Daten an der CSI ,vorbeigesichert‘ wurden, dies ist jedoch zu verifizieren.“

Sie stellen damit in den Raum, dass dieses selektive Datenliefern stattgefunden hat und – vielleicht Bezug nehmend auf den Schluss unseren letzten Gesprächs, also sozusagen auf die Kontrolle dieser Vollständigkeit – dass Ihnen das verunmöglicht wurde. Wie hätte das stattfinden können?

Mag. Thomas Havranek: Also gut: Der übliche Vorgang in so einem Fall oder in einem Verfahren, insbesondere wenn Öffentlichkeit und/oder Staatsanwaltschaft involviert sind, ist, dass man eine gemeinsame Taskforce bildet, idealerweise einen gemeinsamen Datenraum bildet, dessen Zugänge streng geregelt sind, und die Beteiligten dort uneingeschränkt arbeiten können. Die Taskforce wird mit unterschiedlichen Kompetenzen ausgestattet – innerhalb und außerhalb der Bank –, kann uneingeschränkt die Datensammlung durchführen und in weiterer Folge den sogenannten E-Discovery-Process umsetzen.

Unüblich ist, dass in einem Einzelfall zwei Datenräume existieren, dass in diesen Datenräumen die Forensiker meines Erachtens, wie gesagt, mit unzulässigen Hinweisen auf Bankgeheimnis und Datenschutzrecht unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten und eben nicht vollständigen Zugang zu allen Daten haben, dass es keine Kontrolle darüber gibt, welche Daten tatsächlich eingespielt werden und welche gesammelt wurden. Es fehlt sozusagen des gesamte Preprocessing, so nennt man das. Das ist einfach unvollständig, und damit ist eine Vollständigkeitserklärung in keiner Weise möglich.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Und bei anderen Fällen, also bei anderen Banken, die forensisch untersucht wurden ...

Mag. Thomas Havranek: Üblicherweise – egal, ob wir jetzt von Finanzinstituten oder anderen Firmen angestellt werden – ist es natürlich oft so, dass es immer ein Thema mit der Datensammlung gibt, weil insbesondere die IT nicht gerne einen Externen sieht, der sozusagen in ihren Systemen Daten einsammelt. Das wird aber meistens so gelöst, dass man das kooperativ macht. Das heißt, dass wir das begleiten, beobachten und vorgeben. Dann wird in den Fällen, in welche Anwaltskanzleien involviert sind – das ist in vielen Fällen der Fall –, ein Datenraum eingerichtet, in den alle Zugang haben, der jeden Schritt, jeden Umgang mit den dort befindlichen Datensätzen protokolliert.

Das hat ja auch einen ganz wichtigen Aspekt. Nehmen wir das Beispiel E-Mail-Analyse oder irgendeinen Kreditfall, wenn Sie wollen. Jetzt sitzt dort die CSI Hypo und schaut sich den Datensatz an. Dann kommt der Staatsanwalt und schaut sich den Datensatz an. Dann kommt der Rechtsanwalt und schaut sich den Datensatz an. Dann kommen wir und schauen uns den Datensatz an. In einem ordentlichen Datenraum ist sofort erkennbar, wer schon auf dem Datensatz war und wie er den Datensatz beurteilt hat. Das nennt man flaggen, das heißt, es wird nach einer Art Ampelsystem bezeichnet, ob der Datensatz relevant oder nicht relevant ist, und im Bedarfsfall wird dieser Datensatz kommentiert. Das heißt, man erkennt auch gleich ... – So.

Wenn das nicht stattfindet, so wie es da zum Großteil der Fall war, wird alles doppelt und dreifach durchgeführt, was natürlich wieder einen unfassbaren Bürokratismus hervorruft, und so funktioniert halt so etwas nicht.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Und diese standardisierte Vorgehensweise wurde – das stelle ich jetzt einmal so fest – von der Bank nicht gewünscht, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Dr. Peschorn als Fürsprecher der Republik sagt: Mir ist da eine ordentliche Untersuchung irgendwie unangenehm oder nicht recht. – Oder wie schätzen Sie das ein? (Auskunftsperson Havranek: Ja, wie gesagt …!) Wie ist Dr. Peschorn mit dieser Kritik umgegangen?

Mag. Thomas Havranek: Herr Dr. Peschorn hat das genauso gesehen wie wir.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Genau, als Fürsprecher der Politik, als Fürsprecher der Republik.

Mag. Thomas Havranek: Ja, wir hatten diese Diskussion immer wieder und ...

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Und die Bank hat das nicht gewollt.

Mag. Thomas Havranek: Die Bank hat dann … Noch einmal: Das Spiel war ein relativ einfaches, die Bank hat … Also das ging über die CSI an den Vorstand, der Vorstand hat daraufhin seine Rechtsabteilung bemüht – mit welchen Vorgaben auch immer –, die Rechtsabteilung hat auch nur ansatzweise das Wort Risiko in den Mund genommen, und damit war das sofort wieder erledigt. Das ist natürlich ein Schutzmechanismus.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Okay, das Bild ist klar.

Noch eine kurze Frage – wir sind immer noch auf der Suche nach den Boni-Verträgen von Dr. Kranebitter –: Waren die im Zuge Ihrer Tätigkeiten einmal Thema? (Auskunftsperson Havranek: Nein!) – Boni-Verträge Dr. Kranebitter? (Auskunftsperson Havranek: Nein!) – Nicht gefunden, nicht gesucht, waren nie Auftrag, Teil Ihres Auftrags?

Mag. Thomas Havranek: Ich habe sie nicht gesucht. Ich bin mir sicher, man könnte sie finden, wenn man wollte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Okay, ich komme zum Schluss. Ich sehe schon das Bild immer mehr verfestigt, das uns Kranebitter, Edelmüller und auch Ditz und Scholten erklärt haben, dass sie alles dafür getan haben, dass da eine ordentliche Untersuchung parallel zum Tagesgeschäft sozusagen stattfinden kann. Das wurde uns immer beteuert. Aber je mehr wir jetzt mit Ihnen und mit Ihren Kollegen sprechen, desto mehr wird die Unfähigkeit der Bank klar, mit dieser Situation umzugehen.

Ich würde das durchaus auch als ein großes Management-Versagen sehen, sozusagen ein Tagesgeschäft parallel zu diesen forensischen Tätigkeiten zu organisieren, weil diese Herren durchaus, na ja, schon sehr viel in ihrem wirtschaftlichen Leben geleistet haben, aber vielleicht mit dieser Situation schwer überfordert waren, und das letztendlich auch ein Teil des Problems war, das sich nach der Verstaatlichung fortgeschrieben hat, nämlich nach 2010, dass die Geschäfte in der Bank einfach nicht besser geworden sind. Das ist eine tragische Analyse.

Vorsitzende Doris Bures: Ich frage jetzt wieder in der Fraktionsreihenfolge weiter: Grüne Fraktion? (Abg. Kogler: Ich gebe weiter!) – Dann frage ich – die sind nicht da. Dann sind Sie an der Reihe, Herr Abgeordneter Dr. Hable.

Da ich keine Wortmeldungen mehr habe, werde ich Sie nicht nach 3 Minuten unterbrechen, sondern erst, wenn wieder eine Wortmeldung vorliegt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Mag. Havranek, gehen wir noch weiter zu einem anderen Komplex: Thema Bayern. Die Republik Österreich hat ja einen Vergleich mit den Bayern geschlossen – „Vergleich“ ist aus meiner Sicht doch eine sehr optimistische Bezeichnung dessen, denn letztlich hat man in so ziemlich allem den Bayern nachgegeben; ein Vergleich schaut eigentlich anders aus.

Es geht bei diesen Fragen um den entscheidenden Punkt: Was wussten die Bayern zu welchem Zeitpunkt über den Zustand der Bank? Welche Wahrnehmungen haben Sie dazu? Können Sie uns dazu etwas sagen? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Mag. Thomas Havranek: Also, wie schon erwähnt, ich bin gerade im Komplex auf Bayern – ich drücke es einmal so aus – massiv nicht entbunden. Das heißt, wenn Sie die Frage abstrakter formulieren könnten, dann kann ich Ihnen vielleicht etwas dazu sagen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, das kennen wir in diesem Untersuchungsausschuss, dass immer, wenn es heikel wird und die Fragen sehr spannend werden, eben genau eine solche massive Nichtentbindung stattgefunden hat.

Lassen Sie mich versuchen, es anders zu formulieren, denn die Frage bezieht sich ja nicht nur auf die Bayern, man kann sie auch allgemein formulieren: Wer wusste wann was über den Zustand der Bank?

Mag. Thomas Havranek: Wenn man sich die E-Mail-Kommunikation nur für den Teil ansieht, den wir gesehen haben, und daraus analogisiert, was man sonst noch hätte sehen können, dann wusste jeder zu jedem Zeitpunkt alles.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das heißt ...

Mag. Thomas Havranek: Oder hätte es wissen können, sagen wir es einmal so. Die Frage ist, ob man es wissen wollte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und das zeitlich bis zurück ...

Mag. Thomas Havranek: Unsere E-Mail-Analysen … Wie gesagt, wir reden da von einigen Millionen E-Mails, ich kann die daher jetzt nicht auch im Detail nachvollziehen. Ich kann Ihnen nur sagen, wir haben uns das gesamte Thema E-Mails – soweit es uns zugänglich war – angesehen und haben daraus Kommunikationsstrukturen aufgezeigt. Es ist ganz offensichtlich, dass da so viele Kommunikationspartner auf allen möglichen Seiten vorhanden waren, dass es aus meiner Sicht auszuschließen ist, dass irgendjemand was nicht wissen konnte, wenn er wollte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Über welchen Zeitraum sprechen wir da?

Mag. Thomas Havranek: Die E-Mails haben wir analysiert … Ich bin mir nicht sicher, ich glaube, wir haben versucht, einfach alles, was wir haben, zu analysieren, und das waren ungefähr die letzten Jahre ab 2006/2007 circa, viel mehr gab es nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das heißt, die Art und Weise, wie die Bank Geschäfte macht und was das für finanzielle Konsequenzen für die Bank natürlich letztlich hat, war allen bekannt oder zumindest bekannt, wenn man es hätte wissen ...

Mag. Thomas Havranek: Lassen Sie mich das anders beantworten! Wenn ich Eigentümer einer Bank oder einer Firma bin und wissen will, was los ist, dann frage ich nach, und wenn ich keine Antwort bekomme, dann ziehe ich Konsequenzen. Das ist nicht passiert, warum auch immer, Ignoranz, ich weiß es nicht.

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es noch Fragen? – Das ist nicht der Fall.

Herr Dr. Pilgermair, haben Sie abschließend ergänzende Fragen? (Verfahrensrichter Pilgermair: Danke, nein!) – Da das nicht der Fall ist, erkläre ich die Befragung für beendet.

Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Mag. Havranek, dass Sie dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestanden sind.