339/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

 

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Wolfgang Brandstetter in der 74. Sitzung vom 2. Juni 2016

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 77. Sitzung am 28. Juni 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Wolfgang Brandstetter zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2016 06 28

 

                            Gabriel Obernosterer                                                               Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende


 



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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

74. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Donnerstag, 2. Juni 2016

Gesamtdauer der 74. Sitzung

9.04 Uhr – 13.55 Uhr

Lokal VI

 


 9.12

Befragung der Auskunftsperson Dr. Wolfgang Brandstetter

Vorsitzende Doris Bures: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben von Ihrem Recht, eine Vertrauensperson mitzubringen, keinen Gebrauch gemacht. Deshalb möchte ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass zu Ihrer Linken Herr Professor Binder sitzt, der der Verfahrensanwalt ist und darauf zu achten hat, dass während der Befragung hier im Ausschuss Ihre Grund- und Persönlichkeitsrechte nicht verletzt werden. Wann immer Sie Fragen über den Verfahrensablauf haben oder sich sonst beraten wollen, können Sie das vertraulich mit Herrn Professor Binder tun. Ich werde Ihnen die erforderliche Zeit dafür auch jederzeit zur Verfügung stellen.

Herr Dr. Pilgermair ist der Verfahrensrichter, der die Rechtsbelehrung und Erstbefragung durchführen wird. Ich darf dem Herrn Verfahrensrichter für die Rechtsbelehrung das Wort erteilen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Guten Morgen, Herr Bundesminister! Ich darf Sie bitten, dass Sie vorerst einen Blick auf das Personaldatenblatt werfen und die Aktualität der Daten prüfen. (Die Auskunftsperson bestätigt die Richtigkeit der Daten.) – Danke.

Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung in allen Details über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie über den Ablauf der Befragung hier im Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. In dieser Belehrung waren auch die Aussageverweigerungsgründe im Einzelnen angeführt. Sollte einer dieser Gründe bei einer Frage, die an Sie gerichtet wird, vorliegen, ersuche ich Sie, darauf hinzuweisen. Ein genereller Aussageverweigerungsgrund kann nämlich nicht geltend gemacht werden.

Auskunftspersonen haben das Recht, den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen sowie Beweisstücke und Stellungnahmen vorzulegen und deren Veröffentlichung oder Klassifizierung zu beantragen. Auskunftspersonen haben aber auch die vornehmliche Pflicht, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann, so wie die Fälschung eines Beweismittels oder der Gebrauch eines falschen oder verfälschten Beweismittels, nach dem Strafgesetzbuch vom Strafgericht mit Freiheitsstrafe geahndet werden.

Der folgende Teil betrifft das Informationsordnungsgesetz. Jede Person, die nach diesem Gesetz Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch noch nach der Beendigung der Befragung und der Tätigkeit dieses Untersuchungsausschusses. Solche Informationen dürfen auch keinesfalls an unbefugte Personen weitergegeben werden.

Wenn Ihnen klassifizierte Unterlagen vorgelegt werden – dies wird im Rahmen der Befragung der Fall sein –, erkennen Sie diese am entsprechenden Aufdruck. Bitte nehmen Sie im Anschluss an die Befragung nicht versehentlich eine solche Unterlage mit, Herr Bundesminister! Von klassifizierten Dokumenten dürfen auch keine Fotos, Auszüge oder Notizen angefertigt werden.

Auskunftspersonen steht insbesondere auch das Recht zu, vorab eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die bis zu 20 Minuten dauern kann. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen? (Die Auskunftsperson bejaht dies.) – Dann bitte ich Sie darum.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich bin dankbar für die Möglichkeit, zu Beginn eine Stellungnahme abgeben zu können, weil das, glaube ich, auch wirklich Sinn macht. Ich möchte nur eingangs klären, dass ich momentan auf eine Gehhilfe angewiesen bin, das ist aber nichts anderes als eine Spätfolge einer normalen Knieoperation. Ich habe zu früh mobilisiert, mich zu wenig geschont, hätte jetzt eigentlich für fünf Tage wieder in das Spital einrücken sollen, das mache ich aber nicht, weil ich jedenfalls hier die Möglichkeit wahrnehmen möchte, zum eigentlichen Ladungsthema Vollziehung des Bundes im Zusammenhang mit der Bewältigung des Problems der Hypo-Bank, soweit ich involviert war, wirklich Stellung zu nehmen und einiges auch aufzuklären, was mir sehr wichtig erscheint.

Ich habe im Vorfeld der Ladung den Medien entnommen, dass der offensichtliche Grund für meine Ladung darin besteht, dass ich eine entscheidende Rolle dabei gespielt haben soll, den damaligen Finanzminister und Vizekanzler von der Lösung Hypo in Form einer Insolvenz abzubringen. Und ich habe den Medien entnommen, dass es da eine entscheidende Sitzung, eine nächtliche Sitzung, mit dem Herrn Bundespräsidenten gegeben haben soll und ich habe das zum Anlass genommen, mich mit Dr. Michael Spindelegger, mit dem ich selbstverständlich nach wie vor befreundet bin, ins Einvernehmen zu setzen und ihn zu fragen: Sag einmal, kann es sein, dass ich so etwas vergessen habe? Okay, es ist über zwei Jahre her. Bei dem, was täglich auf uns einprasselt, kann man schon so manches vergessen, aber ein nächtliches Treffen mit dem Bundespräsidenten, das kann ich doch nicht vergessen haben. Wie war denn das?

Worauf er mir gesagt hat: Du, das Treffen hat es gegeben, aber du warst nicht dabei. – Damit war ich beruhigt und damit ist das klargestellt.

Dann habe ich recherchiert, woher das kommt und habe eine Pressemeldung vom 15.3.2014 gefunden. Da steht Folgendes:

„Justizminister Wolfgang Brandstetter war bei der nächtlichen Krisensitzung entscheidend.“ – So heißt es hier.

Und:

„Diese Entscheidung war nach hektischen Sitzungen erfolgt.“ – Das ist APA, 15.3.2014.

Weiters:

„In der Nacht hatte sich auch Bundespräsident Heinz Fischer in die Gespräche eingeschaltet und sich für das von Nationalbankgouverneur Nowotny und Bundeskanzler Faymann bevorzugte ,Bad Bank‘-Modell ausgesprochen. Eine entscheidende Rolle hatte dabei“ – und jetzt kommt es – „dem Vernehmen nach auch Justizminister Wolfgang Brandstetter, der jetzt die rechtlichen Maßnahmen schaffen muss.“

Von da her kommt das offenbar. Ich bin wirklich dankbar für die Gelegenheit, einfach nur klarzustellen: So war das sicher nicht. Ich war da nicht einmal dabei, aber – das möchte ich auch sagen – ich möchte meine Rolle jetzt nicht kleinreden. Wozu auch? Die Lösung – zu der stehe ich weiterhin – war die damals bestmögliche.

Ich möchte nur wirklich eingangs klären, welche Funktion ich damals hatte und warum ich diese auch gerne wahrgenommen habe. Wir haben als Bundesministerium für Justiz natürlich mit Insolvenzrecht zu tun, dafür haben wir auch die Zuständigkeit, aber natürlich war es auch der damalige Vizekanzler, der mich gebeten hat, mich hier auch in das Finden einer wirklich schwierigen Lösung bei sehr schwieriger Ausgangslage einzubringen. Das muss man auch sehen, denn es war damals so, dass man Anfang 2014 den Eindruck hatte, die Hypo ist ein Fass ohne Boden – so wurde es mir auch geschildert – und es kann nicht sein, dass ständig Steuergelder ohne Ende hineingebuttert werden, da muss eine Lösung gefunden werden.

Diese Lösung war natürlich zu dem Zeitpunkt, Anfang 2014, schon schwieriger, weil ja in der Zwischenzeit die Bank verstaatlicht war, und eine Bank in Staatseigentum kann man nicht, ohne Konsequenzen zu riskieren, die schwer abschätzbar sind, einfach nur so in Konkurs schicken. Das war schon klar. Es war auch damals von der Ausgangslage her klar, dass es Spekulanten gab, die die Anleihen, die von Kärnten besichert waren, die ja auf dem Markt schon wertmäßig nachgegeben hatten – wenn ich das richtig in Erinnerung habe, ungefähr 70 Prozent –, aufgekauft haben.

Natürlich war es uns auch ein Anliegen, zu verhindern, dass diese Spekulanten letztlich Erfolg hätten dadurch, dass ihnen mehr oder weniger der Steuerzahler die Differenz von rund 70 auf 100 so einfach ersetzt. Das wollten wir auch nicht.

Es ging darum, eine Lösung zu finden, wobei wir in einem Punkt einen Vorteil gegenüber der Situation bei der Notverstaatlichung hatten: Wir wussten, dass wir uns auf EU-Recht stützen können, wir wussten, dass eine neue Richtlinie kommen wird – sie war schon in der Pipeline –, die auch eine Beteiligung von Gläubigern an der Sanierung von Banken vorsah. Diese kam auch relativ bald danach, und darauf beruht das BaSAG, durch das unser HaaSanG, unser Hypo-Sanierungsgesetz, an dessen Erarbeitung ich damals beteiligt war, eigentlich weitgehend obsolet geworden ist. Das war die Ausgangslage.

Es ging natürlich schon darum, die Risken eines Insolvenzverfahrens einer staatlichen Bank auch wirklich in jede Richtung auszuloten – letztlich eine Frage der Wahrnehmung politischer Verantwortung. Ich habe von Anfang an gesagt, da muss man auch völlig unabhängige externe Experten einbinden. Auf meinen Vorschlag wurden zwei sehr erfahrene Rechtsanwälte eingebunden, ein Experte für Insolvenzrecht und ein Experte für Bankrecht, die uns dann auch in weiterer Folge beraten haben – hervorragende Anwälte und Experten, das muss ich schon sagen. Es gab als Vertreter der Bank selbst auch einen Rechtsanwalt, der ebenfalls ganz hervorragende Fachkenntnisse bewiesen hat, und es gab für die Taskforce den Kollegen Krakow. Alles zusammen, muss ich sagen, war das schon ein sehr, sehr starker Thinktank, eine Gruppe, die sehr, sehr viel auch an Fachkompetenz insgesamt einbringen konnte.

Wir haben es uns – das möchte ich vorweg auch schon sagen – da wirklich nicht leicht gemacht. Wir haben alle unsere Entscheidungen in fachlicher Hinsicht auf Expertisen gestützt, die ich auch heute noch für richtig halte; aus damaliger Sicht war das hundertprozentig richtig. Ich möchte nur eine kurz zitieren, weil das ja alles auch publik ist. Im Journal für Rechtspolitik, Jahrgang 2014, ist die damalige gutachterliche Beurteilung durch Professor Michael Potacs publiziert – das ist ganz kurz –:

„VII. Schlussfolgerungen

Zusammenfassend kann festgehalten werden:“

– wie gesagt, das ist publiziert im Journal für Rechtspolitik –

„Die vom ,Haircut‘ erfassten Gläubiger sog. Sanierungsverbindlichkeiten hätten als Nachranggläubiger auch in einer Insolvenz keinerlei Mittel zu erwarten gehabt. Das gilt auch hinsichtlich jener Forderungen, für die Haftungen des Landes Kärnten (…) bestehen, denn diese würden in Anbetracht der budgetären Lage des Landes und aufgrund der bestehenden Exekutionsbeschränkungen kaum eine Erfüllung der Verbindlichkeiten gewährleisten.

Nicht zuzustimmen ist“ jener Auffassung, „wonach die Haftungen zu einem substantiellen Teil wegen Verstoß gegen EU-Beihilferecht ohnehin nicht wirksam geltend gemacht werden können. (…)“

„Dennoch stehen den durch das HaaSanG getroffenen Maßnahmen keine verfassungsrechtlichen Gründe entgegen.“

Das war diese wirklich im Detail auf vielen Seiten ausführlich und für mich überzeugend begründete Stellungnahme.

Dann hatten wir noch ein Gutachten von Professor Raschauer, das an Deutlichkeit auch nicht zu übertreffen war, nämlich mit dem Satz:

„An der Verfassungsmäßigkeit der wesentlichen Elemente des vorliegenden Entwurfs“ – auf den sich damals dieses Gutachten bezog – „ist (…) nicht zu zweifeln.“

Jetzt kommt noch etwas dazu, und das klarstellen zu können ist für mich auch wichtig. Man darf ja nicht glauben, wenn der Justizminister beigezogen wird, dass er dann dort seine persönliche Meinung wiedergibt, dass das jetzt seine persönliche Auffassung oder Fachkompetenz ist. – Nein, das ist natürlich nicht so, sondern ich habe mich letztlich auch immer auf die Fachkompetenz der Fachabteilung im Haus gestützt; ich habe im Justizministerium Gott sei Dank hervorragende Fachleute. Speziell für Insolvenzrecht haben wir auch einen Bereich in einer unserer Fachabteilungen, und auf deren Beurteilung habe ich mich dann schon auch entsprechend gestützt. Es gibt, als das Gesetz letztlich fertig war, eine Zusammenfassung durch den zuständigen Sektionschef, die ich Ihnen gleich vorweg auch noch kurz – das dauert nicht so lange, das geht sich aus mit der Redezeitbegrenzung – mitteilen möchte.

Beurteilung Fachabteilung Justizministerium – das ist, wie gesagt, bei uns im Haus auch entsprechend dokumentiert worden – (aus Unterlagen vorlesend):  

Den Kern dieses Gesetzespakets bildet die Einrichtung einer Abbaueinheit, in der die bisherige Tätigkeit der Hypo AlpeAdriaBank International AG ohne Bankenkonzession, daher auch nicht insolvenzfest fortgeführt werden soll. Diese Deregulierung soll vor allem bisher gebundene Eigenmittel für die Befriedigung der Verbindlichkeiten der Bank freimachen. Zugleich soll die Abbaueinheit das Vermögen der bisherigen Bank geordnet, rasch und bestmöglich verwerten. Für diesen Portfolioabbau wird die Abbaueinheit voraussichtlich weitere öffentliche Mittel benötigen (…)

Die Anteile an der Abbaueinheit

– ich muss jetzt nur ein bisschen kürzen –

werden auf eine Abbaubeteiligungsgesellschaft des Bundes übertragen.

Begleitet werden diese organisatorischen Maßnahmen durch einen Haircut, der mit dem HaaSanG vorgenommen wird. Im Wesentlichen werden demnach bestimmte nachrangige sowie aus der Gesellschafterstellung stammende Verbindlichkeiten der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG einschließlich der hiefür gewährten Sicherheiten mit Kundmachung einer von der FMA erlassenen Verordnung für erloschen erklärt. – Zitatende.

Im Kern war das schon das, was später mit dem BaSAG ja auch erfolgt ist, auf der Grundlage dieser neuen EU-Richtlinie. Wir konnten uns damals nur auf eine ältere stützen, aber immerhin, es war eine EU-Richtlinie als Grundlage, und das war mir auch wichtig.

Jetzt möchte ich Ihnen noch ganz bewusst zur Kenntnis bringen, was damals auch ministeriumsintern letztlich erörtert und dokumentiert wurde. Es wurde hier auch gesagt, das gesamte Vorhaben wurde in der Zivilrechtssektion und im BMJ intern, aber auch in den Gesprächen und Sitzungen nach außen immer wieder auch kritisch bewertet.

Das betraf zunächst die Grundentscheidung zur Vornahme eines Haircuts, also des Erlöschens von Forderungen, setzte sich fort über die Zweifel am Konzept des SolKäG, das war der erste Gesetzentwurf, den unser Haus abgelehnt hat, und betraf letztlich auch die zivil- und unionsrechtlichen Schwierigkeiten der HaaSanG-Lösung, insbesondere was die Tauglichkeit der Richtlinie 2001/24/EG und die Auswirkungen auf die vom Land Kärnten gestellten Bürgschaften betraf.

Auch spielte in diesem Zusammenhang das Unbehagen an den mit der vorgesehenen Lösung verbundenen Eingriffen in grundrechtlich geschützte Werte eine bedeutsame Rolle.

Also diese Bedenken gab es, die haben wir intern selbstverständlich auch diskutiert, aber wir haben es ausdiskutiert, fachlich.

Andererseits – heißt es hier – sei auch festgehalten, dass die gegebene finanzielle Situation der Bank beziehungsweise des Landes Kärnten und das politische Ziel der Vermeidung der Insolvenz und des Bankrotts einer Gebietskörperschaft doch auch außergewöhnliche Maßnahmen rechtfertigen. Wie die weitere Entwicklung des Unionsrechts, insbesondere die jüngst verabschiedete

– das war im September 2014 –

und nun zur Umsetzung anstehende Richtlinie 2014/59/EU

– auf der dann das BaSAG beruhte –

zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zeigt, kann nach dem Gemeinschaftsrecht auch das Erlöschen der Verbindlichkeiten einer Bank in Betracht gezogen werden.

Die Frage, wie dann mit den der Bank gewährten Sicherheiten umgegangen werden soll, beantwortet die Richtlinie nicht. Hier wird es wesentlich auf die Rechtslage in den Mitgliedstaaten ankommen.

Die Entscheidung des österreichischen Gesetzgebers, bestimmte Sicherheiten ebenfalls für erloschen zu erklären, muss erst noch den Test bestehen. Eine unbedingte Verpflichtung, die von der öffentlichen Hand zugesagten Sicherheiten unter allen Umständen bis hin zum Teilstaatsbankrott und zur Leistung sonst unerschwinglicher Leistungen aufrechtzuerhalten, wird aber auch aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht bestehen. Das scheint auch die Auffassung des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes zu sein

– der war ja eingebunden –,

der der politischen Lösung eines Haircuts nicht etwa aus verfassungsrechtlichen Gründen widersprochen hat.

Es ist zudem durchaus fraglich, ob und inwieweit in diesem Haircut samt dem Erlöschen der vom Land Kärnten gestellten Sicherheiten eine entschädigungslose und damit verfassungswidrige Enteignung liegt. Die derzeit maßgebliche Haftungs- und Bürgschaftssituation des Landes Kärnten scheint eher dafür zu sprechen, dass den solcherart besicherten Gläubigern nachrangiger Verbindlichkeiten

– und nur die wurden ja mit dem HaaSanG geschnitten, im Gegensatz zum BaSAG, da wurde ja viel mehr geschnitten –

in Wahrheit nichts entgeht.

Letztlich ist der mit dem HaaSanG vorgenommene Haircut im Vergleich zu einer umfassenden Insolvenz der Bank und des Landes Kärnten oder auch im Vergleich zum SolKäG-Konzept eine geradezu schonende Lösung.

Insgesamt gesehen lassen sich also bei allem Verständnis für die Kritik am Haircut doch auch stichhaltige und valide Argumente für die letztendlich Gesetz gewordene Lösung anführen. – Zitatende.

Das war die Beurteilung meiner Fachabteilung und das war auch meine Beurteilung, weil für mich auch wichtig war, dass wir hier auch sozusagen alles an Sicherheiten einhalten und alles an Expertise einbinden, was möglich ist, damit wir mit diesem Gesetz eben die größtmögliche Sicherheit haben.

Wir mussten hier Neuland betreten, das ist richtig, aber letztlich haben wir damals in dieser Interessenlage, einerseits natürlich die Interessen des Steuerzahlers ausreichend zu berücksichtigen und andererseits auch nicht unabwägbare Risken in Kauf zu nehmen, die durch den Konkurs einer staatlichen Bank und das sofortige Schlagendwerden der Landeshaftungen gegenüber einer Gebietskörperschaft natürlich ausgelöst worden wären, nach bestem Wissen und Gewissen aufgrund der damaligen Entscheidungsparameter, glaube ich, wirklich die richtige Entscheidung getroffen.

Ich war eingebunden, eben nicht nur mit meiner fachlichen Meinung, sondern natürlich auch mit der Expertise unserer Fachabteilung. Das ist alles dokumentiert und nachvollziehbar, und so gesehen, glaube ich, ist es wichtig, dass man das gleich zu Beginn einmal klarstellt, was ich hier tatsächlich einbringen konnte und was ich eingebracht habe, damit es zu dieser raschen Lösung, die ja auch gefragt war, um weitere Kapitalisierungsnotwendigkeiten abzuschneiden und abzukürzen, gekommen ist. Letztlich beruht ja auf dieser Lösung das BaSAG, als dann die neue Richtlinie da war, und – das möchte ich auch noch abschließend sagen – die vergleichsweise Bereinigung von Ansprüchen der Gläubiger war von Anfang an mitgedacht; natürlich, das ist keine Frage. Das wäre im Fall der Insolvenz ja nicht mehr möglich gewesen, dann wäre das mehr oder weniger nach Insolvenzrecht abzuwickeln gewesen.

Ich kann nur sagen, wir haben damals wirklich ausreichende Expertise eingeholt, uns darauf gestützt, um zu der bestmöglichen sachlichen Lösung zu kommen. Da war ich eingebunden, und dazu sage ich auch gerne etwas.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke für die einleitende Stellungnahme. Beginnen wir mit der Erstbefragung!

Herr Bundesminister, gehen wir chronologisch vor: Welche Berührungspunkte, Vertretungen, Expertisen, was immer, hatten Sie von Beginn des Untersuchungszeitraumes 2000 bis zum Antritt Ihrer Ministerschaft im Zusammenhang mit der Hypo, im weitesten Sinne?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kann nur sagen, entsprechend auch dem Ladungsthema: Soweit ich als Justizminister eingebunden war, hat das im Jänner 2014 begonnen, und – wie Sie ja selbst wahrscheinlich genauer als ich wissen – das Gesetz war dann eigentlich Mitte 2014 fertig und wurde dann auch beschlossen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Im Ausschuss wurde eben vereinzelt auch auf frühere Tätigkeiten von Ihnen im Zusammenhang mit der Hypo Stellung genommen, und von daher rührt die Frage, ob Sie uns mitteilen, was von Beginn des Untersuchungszeitraumes, also 2000, bis herauf zum Antritt der Ministerschaft Ihre Berührungspunkte mit der Hypo oder mit Personen im Zusammenhang mit der Hypo waren.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also Berührungspunkte kann es nur insofern gegeben haben, als ich – und das ist ja bekannt – früher auch immer wieder als Strafverteidiger tätig gewesen bin, auch teilweise gemeinsam mit einer Kärntner Rechtsanwaltskanzlei, die tatsächlich das Mandat auch für die Hypo hatte. Da gab es Berührungspunkte. Damals ging es, wenn ich mich recht erinnere, im Wesentlichen um Fragen der richtigen Bilanzerstellung im Zusammenhang mit Swapgeschäften.

Aber ich kann dazu nur sagen – und nur das ist rechtsstaatlich korrekt –: Ich kann und darf zu früheren Mandaten einfach nichts sagen! Die sind auch nicht vom Gegenstand des Ladungsthemas umfasst, weil es hier ja nur um die Vollziehung des Bundes gehen kann, und an der war ich erst als Justizminister beteiligt; inhaltlich konkret ab Jänner 2014.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Also eine konkrete Vertretungshandlung – nicht jetzt eindringen in das Geheimnis, sondern einfach einmal so ganz generell angeschaut – im Zusammenhang mit der Hypo gab es nicht?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Verfahrensrichter, Sie kennen § 41 der Verfahrensordnung besser als ich, ich kann über frühere Mandate inhaltlich nichts sagen. Ich möchte aber schon auch festhalten, dass es keine Mandate gab, die in irgendeiner Form das heutige Thema auch nur berühren könnten. Soweit ich mich erinnere, gab es das sicherlich nicht.

Aber grundsätzlich möchte ich schon festhalten, dass es letztlich auch rechtswidrig wäre, wenn ich irgendetwas Inhaltliches zu diesen früheren Mandaten vor vielen Jahren auch nur im Ansatz hier sagen würde; abgesehen davon, dass ich mich an vieles, weil es so lange her ist, tatsächlich nicht erinnere. Aber letztlich kann das heute kein Thema sein, wenn man rechtsstaatlich korrekt vorgehen will, und das ist ja meine Verpflichtung.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Kommen wir zur Phase der Ministerschaft! Welches Bild hatten Sie, als Sie mitgewirkt haben, die Lösung für die Bank zu finden, welches nähere Bild hatten Sie von der Bank? Sie sagten, sie sei damals absolut am Boden gewesen; das war heute der Text der einleitenden Stellungnahme. – Könnten Sie das etwas konkretisieren?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also mit den damaligen Bankorganen direkt hatte ich ja nie zu tun. Ich hatte den Eindruck – und ich habe bewusst diesen Begriff verwendet –, dass man seitens des Finanzministeriums ein „Fass ohne Boden“ befürchtet hat. Ich hatte den Eindruck, dass man da wirklich – und das war auch letztlich maßgeblich der Wille des damaligen Finanzministers Dr. Michael Spindelegger – eine rasche Lösung herbeiführen wollte, unter größtmöglicher Schonung des Steuerzahlers – das halte ich auch für richtig und korrekt, das war ein wesentliches Ziel dabei –, aber natürlich auch unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen, die sich gerade damals ja auch durchaus in Veränderung befunden haben.

Das heißt, mein Eindruck war, der Finanzminister war wirklich bestrebt, eine bestmögliche Lösung zu finden, juristisch korrekt und abgestützt auf entsprechende Expertisen, aber natürlich auch im Interesse des Steuerzahlers. Das war mein Eindruck.

Mein Eindruck war auch, dass es, wie bei allen besonders schwierigen Fragen, auch da naturgemäß unterschiedliche Auffassungen gab, auch unter den Experten, und da ist es nämlich schon immer schwierig, die richtige Lösung zu finden. Daher war für mich klar, in so einer Situation muss man eine möglichst breite Entscheidungsbasis haben. Daher: Herbei mit externen Experten und wirklich ausführliche Erörterungen aller Für und Wider!

In dem Fall gibt es halt schon immer wieder auch Unabwägbarkeiten, die man nur ex ante versuchen kann, einzuschätzen, von denen man eben keine Evidenz haben kann, von denen man jetzt sicher sagen kann, das wird sich sicher so oder so auswirken. Aber es war damals schon eine Situation, die dringenden Handlungsbedarf erfordert hat. Das war auch der Eindruck, der mir vermittelt wurde.

Wir wurden beigezogen, weil man eben eine möglichst breite Fachkompetenz und Fachexpertise haben wollte, auf die man aufbauen kann. Mir war klar, da will ich natürlich auch unsere Fachabteilung einbinden, und das ist auch geschehen. Wir haben gemeinsam Schritt für Schritt die bestmögliche Lösung gesucht und, wie ich immer noch glaube, auch gefunden.

Ich sage auch gleich, dass ich anfangs – das möchte ich schon auch sagen –, als ich erstmals mit dem Problem konfrontiert worden bin, Herr Verfahrensrichter, naturgemäß als Jurist eigentlich gedacht habe: Na ja, für solche Fälle ist ja eine Insolvenz da, also lassen wir die Bank doch in die Insolvenz gehen! Durch die nähere Beschäftigung, wirklich sukzessive durch die nähere Beschäftigung und nicht aufgrund irgendwelcher Einflüsterungen, sondern wirklich aufgrund der Erörterung und Überlegung der maßgeblichen Argumente bin ich für mich persönlich immer mehr davon abgerückt und war daher auch davon überzeugt, dass man in diesem Fall eine bloße Insolvenz nicht wirklich als sinnvolle Lösung hätte qualifizieren können.

Ich war wirklich überzeugt davon, dass man die dann gefundene Lösung, die ja nicht die erste war, die man hätte finden können … Ich erinnere an das, was ich schon im Eingangsstatement gesagt habe: Es gab einen Entwurf des sogenannten SolKäG, den unser Haus, unsere Fachabteilung, einfach aus verschiedensten Gründen abgelehnt hat. Es war klar, da können wir nicht mit, das tragen wir nicht mit. Aber dieses HaaSan-Gesetz, das konnten und wollten wir mittragen, bei all den Unabwägbarkeiten, die es bei so schwierigen Regelungen in diesen Bereichen, wo man notwendigerweise Neuland betritt, auch immer wieder gibt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie hat man denn die Auswirkungen der mehreren Lösungsansätze auf Österreich, auf die Bayern und auf das Land Kärnten insbesondere beurteilt?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Auch da, Herr Verfahrensrichter, gab es durchaus unterschiedliche Akzentuierungen in der Beurteilung, würde ich jetzt sagen wollen. Es gab wirklich die Befürchtungen, dass es zu einem Run auf die Bank und ihre Tochterunternehmen insbesondere in Kroatien und Italien kommen könnte. Es gab damals, wenn ich mich recht erinnere, auch eine Anfrage der kroatischen Nationalbank, die als problematisch empfunden wurde, weil man auch die Befürchtung hatte, es könnte im Falle einer Insolvenz oder im Falle eines Runs auf die Bank auch zu einer Verstaatlichung in diesen Staaten kommen, was natürlich auch die Verwertung der Assets im Zuge eines geordneten Abbaus dieser Bank erschwert hätte.

Das war auch einer der Gründe, weshalb man schon auch gesagt hat: Ja, wenn wir eben jetzt keine Insolvenz riskieren können und wollen, dann soll es aber wenigstens so sein, dass die Abbaugesellschaft – und das Gesetz über die Abbaugesellschaft ist ja von der Verfassungsgerichtshof-Entscheidung nicht tangiert gewesen – nicht insolvenzfest ist, damit man auch weiterhin die Insolvenzoption in Bezug auf diese Abbaueinheit hat. Das war natürlich auch ein wichtiges Argument im Zuge der immer geplanten Verhandlungen mit den Gläubigern, selbstverständlich. Das war das Konzept.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie haben Sie denn das EU-Beihilfeverfahren im Zusammenhang mit der angestrebten Lösung gesehen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Damit war ich überhaupt nicht befasst. Das kann ich inhaltlich nicht sagen, nein. Ich weiß nur, dass es das gegeben hat. Ich glaube, mich daran zu erinnern, dass das ein Themenbereich war, den vor allem die Nationalbank abgedeckt hat. Ich habe inhaltlich damit nichts zu tun gehabt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Im Ausschuss ist auch mehrfach die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden releviert worden, sodass ich Sie fragen möchte: Wie hat man denn die Staatsanwaltschaft personell und ressourcenmäßig für diese großen Causen ausgestattet?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, Sie wissen, dass es hier im Rahmen der Ermittlungstätigkeit auf polizeilicher Ebene eine Sondergruppe gegeben hat und auch immer noch gibt, soviel ich weiß. Mir wäre nicht bekannt, dass es jetzt im Bereich der Staatsanwaltschaft irgendwelche Engpässe gegeben hätte, die an mich herangetragen worden wären.

Ich kann nur insgesamt sagen, dass mir nicht bekannt ist, dass man mit der Tätigkeit der staatsanwaltschaftlichen Behörden in diesem Bereich hätte unzufrieden sein können oder gar müssen. Die Verfahren sind zum Teil nicht abgeschlossen. Ich war ein einziges Mal im Detail mit deren Tätigkeit befasst, nämlich als man mir mitgeteilt hat, dass die Staatsanwaltschaft Klagenfurt und auch der Leiter der Sonderkommission auf polizeilicher Ebene aufgrund ihrer Ladung in diesen Untersuchungsausschuss Bedenken hatten, weil sie eben die Sorge hatten, dass sie hier unter Umständen Fakten preisgeben müssten, die die weitere Ermittlungstätigkeit beeinträchtigen würden. Daraufhin habe ich mich natürlich der Sache angenommen, habe das gemacht, was das einzig Sinnvolle war, nämlich den Konsultationsmechanismus in Gang gesetzt.

Wir haben uns ja auch hier sehr rasch auf eine sehr vernünftige Lösung verständigt, um im Rahmen dieses Interessenkonflikts auch die richtige Lösung zu finden, nämlich einerseits klarzustellen: Na selbstverständlich, soweit die Ermittlungstätigkeit nicht beeinträchtigt ist, soll es hier entsprechende Auskünfte geben, da gehen die Interessen des Untersuchungsausschusses natürlich vor, aber wenn es darum geht, dass hier wirklich Ermittlungen beeinträchtigt werden könnten, dann sollen diese Auskunftspersonen auch das Recht haben, mit dieser Begründung die Aussage zu verweigern. Das war eine sehr sinnvolle und sehr gute Lösung.

Ich möchte bei der Gelegenheit noch sagen – weil es unmittelbar damit zusammenhängt –, dass es natürlich am Beginn des Ausschusses auch die Frage gab: Na ja, wie ist das mit der Aktenvorlage? Da gab es viel an Material, das im Bereich des Gerichts noch nicht nach 112 StPO gesichtet war. Und da hat sich dann die Frage gestellt: Na, wie tun wir jetzt? Wir schaffen es aufgrund des Umfangs nicht, das rechtzeitig sichten zu lassen. Und auch da gab es unterschiedliche Auffassungen.

Ich habe dann – das war meine persönliche Entscheidung – gesagt: Nein, wir haben eine neue Verfahrensordnung mit entsprechenden Klassifizierungen und Geheimhaltungsverpflichtungen. Wir legen alles vor, auch das noch nicht gesichtete Material, dann ist es letztlich auch in der Verantwortung des Parlaments, sicherzustellen, dass nicht Dinge, die mit dem Verfahren nichts zu tun haben, publik werden, was immer passieren kann, wenn Unterlagen im Zuge von gerichtlich angeordneten Beschlagnahmen sichergestellt werden. Das, glaube ich, war auch die richtige Entscheidung.

Es gab dann, angeregt durch das Finanzministerium, das eine andere Entscheidung getroffen hatte, auch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, die diese Linie auch unterstützt hat, und die mir insofern recht gegeben hat.

Das ist auch ein Beispiel dafür, dass es wirklich – und das meine ich ernst – auch ein Zeichen lebendiger Rechtsstaatlichkeit ist, wenn der Verfassungsgerichtshof in solchen Dingen einfach entscheidet und die Linie vorgibt. In dem Fall hatten wir von Anfang an die richtige, nämlich alles vorzulegen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Gab es Sachweisungen im Zusammenhang mit den Hypo-Strafsachen an die Staatsanwaltschaft?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Kann ich Ihnen jetzt im Detail nicht beantworten. Wenn es eine Anfrage gäbe, könnte ich das entsprechend erheben lassen, denn mit Weisungen ist ja vieles gemeint. Das können Weisungen von der Oberstaatsanwaltschaft, von unserer Fachabteilung sein. Ich kann das jetzt nicht sagen.

Also mir persönlich ist jetzt nichts bekannt oder nichts erinnerlich. Ich kann es aber auch nicht ausschließen. Aber ich bin gerne bereit, wie das der übliche Weg ist – wir haben so etwas auch schon ein paar Mal gehabt –: Wenn es eine entsprechende parlamentarische Anfrage gibt, dann kann das meine Fachabteilung erheben, und dann gibt es auch eine wirklich sinnvolle entsprechende Antwort.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie externe Einflussnahmen auf die Staatsanwaltschaft wahrgenommen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, absolut nicht! Mir ist davon nichts bekannt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist man an Sie persönlich herangetreten? (Auskunftsperson Brandstetter – mit Heiterkeit –: Nein, überhaupt nicht, nein!) – Nein.

Eine abschließende Frage: Sind Ihnen in diesem Bereich Diskrepanzen in der Beurteilung des Sachverhalts einerseits durch die ermittelnde Polizei und andererseits durch die Staatsanwaltschaft als Herrin des Ermittlungsverfahrens zu Ohren gekommen, in der Weise, dass die Polizei mehr dahinter gesehen hätte, zum Beispiel eine kriminelle Organisation oder sonst schweren Betrug, wobei die Staatsanwaltschaft aber dann zurückhaltender vorgegangen wäre und nicht in Übereinstimmung mit den Intentionen oder den Sichtweisen der Polizei gewesen wäre? Ist Ihnen so etwas zu Ohren gekommen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, davon ist mir nichts bekannt. Ich darf aber darauf hinweisen, dass wir ja mit der Neuregelung des Weisungsrechts auch dargestellt haben, dass Fälle von überregionaler medialer Bedeutung, unabhängig davon, ob es Weisungen gab oder nicht, ohnehin dem Weisungsrat vorgelegt werden müssen – der stöhnt mittlerweile über die Vielzahl an Fällen, die ihm auch letztlich dadurch vorgelegt worden sind, es sind schon ungefähr 50 –, sodass ich eigentlich davon ausgehen kann und muss, dass irgendwelche Vorgänge, die in diesem Bereich als ungewöhnlich empfunden werden könnten, dann ohnehin letztlich nach oben berichtet werden müssen. Aber mir sind solche Fälle, nach meiner Erinnerung, nicht zu Ohren gekommen. Ich habe insgesamt immer den Eindruck gehabt und den Eindruck vermittelt bekommen, dass unsere Behörden in diesem Bereich sehr gut arbeiten.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Bundesminister, danke für Ihre Antworten im Rahmen der Erstbefragung. (Auskunftsperson Brandstetter: Gerne!)

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals für die Durchführung der Erstbefragung. Der Redeordnung folgend, erteile ich Frau Abgeordneter Schenk das Wort. – Bitte.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Hoher Ausschuss! Wir haben jetzt schon einiges gehört, auch dem Eingangsstatement konnten wir einiges entnehmen. Herr Minister Brandstetter, ich habe jetzt eine Reihe von kurzen Fragen, die, glaube ich, nicht uninteressant sind.

Wann wurden Sie nach Ihrem Amtsantritt erstmalig mit der Causa Hypo konfrontiert und von wem, von welcher Person aus der Bundesregierung oder von welcher Person?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Wenn ich mich jetzt richtig erinnere, muss das Anfang/Mitte Jänner gewesen sein, entweder vom Finanzminister persönlich oder von seinem Kabinett, also genau kann ich es einfach nicht mehr sagen, ja.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Welche Personen aus Ihrem Kabinett waren mit der Causa Hypo Alpe-Adria betraut oder wurden durch Sie betraut?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Na, das ist natürlich im Regelfall immer der Kabinettschef, weil es ja doch auch eine Reihe von Besprechungen zu koordinieren gab, und das daher auch in meinem Bereich terminlich abgestimmt werden musste. (Abg. Schenk: Also der Kabinettschef!) – Der Kabinettschef hat sicher gewusst, wann es in welchem Zusammenhang welche Besprechungen gibt. Inhaltlich gab es niemanden im Kabinett, der damit wirklich befasst gewesen wäre, das war auch nicht notwendig, weil ja die Fachabteilung befasst war.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Sie haben in Ihrem Eingangsstatement auch das in den Medien genannte, zitierte, kolportierte Abendessen – das Bundespräsident Fischer gegeben hat, mit Faymann, mit Spindelegger – angesprochen, wobei Sie gesagt haben, dass Sie nicht dabei waren. Sie haben ja dann gesagt, Sie haben mit Herrn Spindelegger darüber gesprochen, wer bei diesem Abendessen noch dabei war, weil Sie sich nicht erinnern konnten, dabei gewesen zu sein.

Hat er Ihnen dann noch weitere Namen genannt, wer dabei war? Können Sie sich daran noch erinnern?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, ich wollte wirklich nur wissen, ob ich so etwas vergessen haben kann, weil es mich gewundert hat! Da schreiben die Medien, dass ich bei diesem – von den Medien etwas ominös dargestellten – Abendessen dabei war. Es wäre nichts dabei gewesen, wenn ich dabei gewesen wäre. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Ich wäre auch gerne dabei gewesen, aber ich war nicht dabei. Und das hat mich ein bisschen irritiert, weil ich mir gedacht habe: Das kann ja nicht sein, dass ich so etwas vergessen habe!

Nein, ich habe nicht mit ihm darüber gesprochen, wer sonst noch dabei gewesen sein könnte. Das hat mich auch nicht wirklich tangiert. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Ich war es jedenfalls nicht. Aber es wäre ja nichts Schlimmes gewesen, aber ich war nicht eingeladen.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Nein, eh nicht. Aber, ich meine, so ominös war es dann wahrscheinlich nicht (Auskunftsperson Brandstetter: Nein!), wenn es fünf Stunden gedauert hat (Auskunftsperson Brandstetter: Ach so!), wie der Herr Spindelegger gestern im Ausschuss mitgeteilt hat.

Aber Sie wissen jetzt nicht, wer sonst noch dabei war? Darüber haben Sie mit ihm nicht gesprochen, um das noch einmal festzuhalten.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein. Nein, aber ich nehme an, das wird er wohl gestern gesagt haben. Oder? Sie werden ihn sicher gefragt haben. Ich weiß es nicht. Ich habe ...

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Nein, ich frage heute Sie, was Sie mit ihm gesprochen haben.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, ich habe keine Zeit gehabt, alles zu studieren, aber ich kann es Ihnen nicht sagen. Ich war nicht dabei.

Abgeordnete Martina Schenk (Stronach): Es geht ja nicht nur um die Personen, sondern auch um die Inhalte dieses Abendessens. Haben Sie mit ihm, wenn Sie nicht über die Personen gesprochen haben, über Inhalte dieses Abendessens gesprochen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Er hat mir sicher gesagt, dass es letztlich um die Lösung – die zu dem Zeitpunkt schon weitgehend erarbeitet worden war – gegangen ist, und letztlich war am Ende eine politische Entscheidung zu treffen, aber die war eben nicht von mir zu treffen. Daher war mir klar, das war ein Treffen, wo vor allem die politische Entscheidung getroffen werden sollte. Ich habe mich mit der Fachexpertise unseres Hauses eingebracht, soweit es eben um die fachlichen, rechtlichen Grundlagen ging, die waren aber zu dem Zeitpunkt, aus meiner Sicht, fertig und ausdiskutiert.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Warum Bundespräsident Fischer bei diesem Essen dabei war, das wissen Sie jetzt auch nicht?

Dr. Wolfgang Brandstetter (mit Heiterkeit): Nein, woher sollte ich das wissen? (Abg. Schenk: Na ja ...!) Keine Ahnung.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Politisch wäre es ja nicht relevant gewesen, aber bitte, sei es einmal dahingestellt.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Na ja, wenn ich das noch sagen darf: Ich meine, dass sich der Herr Bundespräsident, der immer ein sehr aktiver Bundespräsident gewesen ist, natürlich auch für diese Causa interessiert, die für die gesamte Republik und auch für die Reputation der Republik im Ausland von großer Bedeutung war, das wundert mich nicht. So gesehen, war das für mich nicht ungewöhnlich.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Das mag schon richtig sein, aber es ist schade, dass es nicht gelungen ist, den Herrn Bundespräsidenten in den Ausschuss zu laden, weil es sicher auch interessant gewesen wäre, und wie Sie jetzt auch bestätigt haben, hätte er sicher einiges dazu sagen können.

Die SPÖ hat sich ja massiv dagegen ausgesprochen, aber das ist jetzt nicht mehr Thema, die Ladungslisten sind ja schon fertig. Es wäre aber sicher interessant gewesen, Herrn Bundespräsidenten Fischer hier auch zu hören.

Kommen wir zurück zur Insolvenz: Sie haben Herrn Spindelegger beraten und ihn auch von seiner Idee oder seinem Vorhaben einer Insolvenz sehr abgeraten oder abgebracht. (Auskunftsperson Brandstetter: Das ist ...!) Was waren denn Ihre Beweggründe, oder Ihre Berater, oder ... Ich versuche, das ein bisschen mehr herauszukristallisieren, weil mir das in Ihrem Eingangsstatement und auch in der Erstbefragung gefehlt hat und das aus meiner Sicht nicht eindeutig und klar herausgekommen ist.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Deswegen sitzen wir noch beieinander. Aber, Frau Abgeordnete, Ihre Fragestellung beinhaltet eine Prämisse, die nicht richtig ist. Sie gehen davon aus, dass es eine vorgefasste Meinung beim Herrn Vizekanzler und Finanzminister gegeben hätte, von der – und das ist jetzt Gegenstand Ihrer Fragestellung – ich ihn abgebracht hätte. Das ist, meiner Erinnerung nach, nicht so gewesen, sondern wir haben wirklich alle Varianten, in jede Richtung, durchgedacht. Es war nicht so, dass es da sozusagen eine vorgefasste Meinung gegeben hätte, das kann nur ein Fall für die Insolvenz sein.

Ich möchte noch einmal auf das verweisen, was ich schon in der Eingangsbemerkung gesagt habe: Zu dem Zeitpunkt, 2014, war ja, wie Sie alle wissen, die Bank staatlich, was die Insolvenz schon deutlich erschwert hätte, andererseits gab es die Entwicklung auf Ebene der Europäischen Union, die ja die Beteiligung von Gläubigern an der Sanierung von Banken vorgesehen hat, das war wieder günstiger.

Zusätzlich gab es das Problem mit den Spekulanten, das schon ein sehr ärgerliches war, denn man kann sich schon vorstellen, dass man als Argument sehr wohl auch berücksichtigen muss, dass es wohl nicht sein kann, dass es aufgrund einer – von Anfang an völlig überzogenen – Garantie einer Gebietskörperschaft jetzt Leute gibt, die in durchaus erheblicher Zahl die Gunst der Stunde nützen wollen und die auf dem Markt letztlich wertmäßig sich reduziert habenden Anleihen kaufen, und sich dann denken: Der Staat wird das schon zahlen.

Es gab am Anfang theoretisch natürlich mehrere Modelle. Die Extrem-Modelle waren auf der einen Seite das sogenannte Anstaltsmodell, wenn ich mich recht erinnere, das hat im Prinzip bedeutet: Der Staat zahlt alles. Na gut, dann hätten wir nicht lange diskutieren müssen, dann wäre es halt so gewesen. Das wollte man aber ganz bewusst nicht, und ich glaube auch, dass es richtig war, das nicht zu machen. Auf der anderen Seite war das reine Insolvenz-Modell, wo man einfach gesagt hätte: Gut, eigentlich nicht Sache des Staates. Das geht die Vollziehung des Bundes nichts an, lassen wir einfach die Bank, auch wenn sie staatlich ist, in die Insolvenz gehen. Das wäre das andere Extrem gewesen.

Wir haben nach einer Lösung in der Mitte gesucht und mit diesem HaaSanG im zweiten Anlauf, SolKäG war nicht wirklich zufriedenstellend, glaubten wir, diese Lösung auch gefunden zu haben, aber es war ein gemeinsames Erarbeiten unter Beiziehung der externen Experten. Es war wirklich nicht so, dass der Finanzminister hier eine vorgefasste Meinung gehabt hätte. Hätte er das gehabt, dann hätte er diesen Weg gar nicht gehen müssen, dann hätte er sagen können: Okay, wir lassen einfach die Bank in Insolvenz gehen, dann entscheidet hier ein Insolvenzverfahren, dann entscheiden die Gerichte. Das wäre natürlich auch für ihn die einfachste Lösung gewesen. Das ist auch logisch und üblich, dass für jeden Juristen die Insolvenz in so einem Fall die schlichteste Lösung ist, ja.

Das ist die schlichteste und einfachste Lösung und war mir daher ganz am Anfang, bevor ich mich damit inhaltlich auseinandergesetzt habe, auch die sympathischste Lösung: Insolvenz, weg damit, wir brauchen uns nicht mehr damit zu beschäftigen, schwierig genug. Wir haben da kein großes Risiko damit, das ist halt so. Aber wenn man sich dann wirklich überlegt hat, welche Konsequenzen das auf verschiedenen Ebenen gehabt hätte und welche Unwägbarkeiten damit verbunden gewesen wären, dann war auch für mich persönlich bald klar, das kann man nicht verantworten. Das habe ich sicher irgendwann einmal im Zuge des Diskussionsprozesses auch Herrn Dr. Michael Spindelegger gesagt, dass das meine persönliche Überzeugung ist, gestützt auf genau die Expertisen, die ich eingangs auch erwähnt habe – nicht zuletzt auch aufgrund der internen Diskussionen, die wir auch im Haus hatten.

Man darf nicht vergessen: Was einerseits als einfache Lösung für den Bund verlockend ist, nämlich wir haben damit nichts mehr zu tun, schicken wir einfach die Bank in Insolvenz, ist andererseits natürlich auch damit verbunden, dass man dann nur mehr extrem eingeschränkt Möglichkeiten hat, überhaupt etwas zu unternehmen, etwa im Sinne einer Verständigung oder Einigung mit den Gläubigern. Das wäre dann sicherlich nicht möglich gewesen, und daher haben wir eigentlich gedacht, mit dieser Mittellösung einen guten Weg zu haben. Einerseits war die Insolvenz ja immer noch offen, es war ja eben klar, diese Abbaugesellschaft, die HETA, ist eine privatrechtliche Gesellschaft, und kann immer noch in die Insolvenz gehen, wenn alles andere nicht funktioniert, andererseits kann man damit auch die Verhandlungen mit den Gläubigern besser führen. Insofern war das eine – aus meiner Sicht, noch dazu auf das gerade sich entwickelnde EU-Recht gestützte  Lösungsvariante, von der ich dann auch persönlich überzeugt war, dass es in Anbetracht dieser schwierigen Situation die bestmögliche Variante ist. Genau so war es.

Aber noch einmal: Da gab es keine vorgefassten Meinungen, eigentlich bei niemandem, das war eine offene Diskussion, sonst geht es ja gar nicht. Das war eine offene, fachliche Diskussion unter Beiziehung aller Experten und der größtmöglichen Expertise, die man kriegen konnte. So war es.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Sie haben sich, wie schon gesagt, sehr eingehend mit dem Thema Insolvenz oder Nicht-Insolvenz beschäftigt: Was wären denn für Sie die Konsequenzen einer Insolvenz gewesen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Es hätte ein ganz normales Insolvenzverfahren in Kärnten gegeben. Das Problem natürlich: Ein Gericht in Kärnten in so einer Sache wäre wahrscheinlich auch nicht das Optimale gewesen. Dazu kam als weiteres Problem natürlich auch die internationale Verflechtung der Bank, die Unwägbarkeiten, die ich schon angedeutet habe, die ich persönlich jetzt nicht wirklich einschätzen konnte. Da war es schon wichtig, hier auch auf die Expertise der Notenbank zu hören, mit gewissen Entwicklungen in Kroatien, aber auch in Italien. Wir wollten natürlich auch nicht riskieren, dass dann aufgrund einer Verstaatlichung dort letztlich genau das für uns nicht mehr verwertbar ist, was hätte verwertet werden sollen.

Ich denke, dass ein normales Insolvenzverfahren in diesem besonderen Fall ... Glauben Sie mir, wem sage ich das: Der Fall Hypo ist ein besonderer Fall, weil solche Garantien einer Gebietskörperschaft eines Landes in dieser Dimension, nämlich wirklich einfach unvertretbar im Verhältnis zum Landesbudget, das hat es vorher nicht gegeben, das wird es auch nachher nicht geben, und das hat auch letztlich die Republik in eine besondere Situation gebracht. Man darf ja nicht vergessen: Auch der Finanzmarkt war 2014 nicht wirklich so frei von Unwägbarkeiten und von Entwicklungen, von denen man nicht genau wusste, wie sie sich entwickeln.

Ich denke, es gab eigentlich nur zwei Grundvarianten. Man hätte sagen können: Der Bund zahlt alles! Das hätte bedeutet, dass der Steuerzahler in einem Umfang, der damals nicht einmal abschätzbar war, zahlen muss. Es war der Eindruck: Ja, ein Fass ohne Boden! Wir wissen nicht, was es noch alles kostet. Wir wissen auch nicht – aus damaliger Sicht –, was die Verwertung der Assets bringen wird. Auf der anderen Seite: Nehmen wir unsere Verantwortung nicht mehr wahr, schicken wir die Bank in die Insolvenz, dann haben wir damit nichts zu tun. Das wäre die bequemste Lösung gewesen, aber nach meiner festen Überzeugung nicht verantwortungsvoll.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Da möchte ich nur noch kurz nachhaken: Sie haben jetzt ein bisschen am Rande erwähnt und es hat ein bisschen einen negativen Beigeschmack gehabt, dass das dann beim Gericht in Kärnten abgehandelt werden würde. Hat das irgendeinen besonderen Grund?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, das hat nichts mit der Qualität des Gerichts in Kärnten zu tun, überhaupt nicht, aber selbstverständlich hätte es da viele Stimmen gegeben, die gesagt hätten: Na ja, da werden sofort Haftungen gegenüber dem Land Kärnten im Umfang von 12 Milliarden schlagend. Letztlich hätte es sicher viele gegeben, die gesagt hätten: Das kann man nicht in Kärnten lassen, da muss man sich etwas einfallen lassen, um ein anderes Gericht hier zuständig zu machen. Diese Stimmen hätte es sicher gegeben, das hätte ich auch erwartet.

Aber dazu kam es ja gar nicht, weil wir eben ganz bewusst dann entschieden haben: Nein, hier wäre die Insolvenz der falsche Weg.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Im Zuge dieser Insolvenz- oder Nicht-Insolvenzgespräche, Beratungen, Treffen: Haben Sie sich auch mit Gouverneur Nowotny getroffen und diesbezüglich besprochen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Es hat sicher auch Treffen gegeben, bei denen auch Gouverneur Nowotny dabei war, das war aber immer so in größeren Runden. Also auch mit ihm hat es sicher Gespräche gegeben.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Können Sie sich an Inhalte von Gesprächen erinnern, oder welche Meinung er dazu hatte?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Na ja, schon. Gouverneur Nowotny hat natürlich auch auf die Gefahren einer Insolvenz für den Finanzmarkt und den Bankplatz Wien hingewiesen und er hat auch auf die Entwicklungen in Kroatien und Italien hingewiesen. Es war auch sehr wichtig, was er hier an Argumenten und an Bedenken für den Fall der Insolvenz eingebracht hat. Das ist natürlich auch für mich durchaus nachvollziehbar gewesen, und ich schätze seine Expertise sehr. Ich war aber, glaube ich, mit ihm nicht abendessen, um auch das zu sagen.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Das war auch nicht die Frage.

Stichwort Banken: Wären die Banken gegen eine Reduktion der Bankenabgabe bereit gewesen, eben eine Beteiligung an der Hypo-Abbaugesellschaft einzugehen? Haben Sie da diesbezüglich Informationen, Erinnerungen oder Wahrnehmungen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Meine Erinnerung ist die, dass – ich sage das jetzt bewusst auch so, denn das habe ich noch so im Kopf – die Banken leider nicht bereit waren, dieses Problem sozusagen als Banken zu lösen. Wenn ich mich recht erinnere, gab es Gespräche – an denen ich jetzt nicht beteiligt war, das weiß ich jetzt nur sozusagen vom Hörensagen – mit Bankenvertretern, bei denen es darum ging, dass die Banken die Hypo in irgendeiner Form eben auffangen. Das hätte sicher gewisse Logik und auch Charme gehabt, aber die Banken haben natürlich im Gegenzug verlangt, dass man dann bei der Bankensteuer zu ihren Gunsten entsprechende Änderungen vornehmen müsste, wenn sie schon dieses Problem, das viel Geld kostet, in die Hand nehmen sollen.

Und ich weiß nur, dass diese Gespräche, an denen ich inhaltlich nie beteiligt war, gescheitert sind. Aus meiner Sicht leider, denn das wäre natürlich rein theoretisch auch eine schöne Lösung gewesen.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Wer war dafür verantwortlich, dass sie gescheitert sind?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das kann ich nicht sagen, ich war bei den Gesprächen nie dabei.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Und Stichwort Banken: Welche Banken? Wissen Sie, mit welchen Banken hier ...

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich nehme an, das werden alle Großbanken gewesen sein. Aber ich kann es nicht sagen, da war ich nie dabei.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Welche Großbanken? Sie wissen nur, dass es Gespräche gegeben hat, aber nicht welche?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja. Ich weiß, dass diese Gespräche letztlich erfolglos geblieben sind, was ich deshalb bedauert habe, weil ich mir gedacht habe, ja, das wäre eigentlich eine schöne Lösung gewesen, und es hätte uns erspart, hier diese schwer zu erarbeitende Lösung zu finden, die wir finden mussten.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Na ja, aber die Bankenabgabe ist ja jetzt etwas, was einen Minister eigentlich auch betrifft, auch eine politische Sache.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das ist so weit weg von meiner Zuständigkeit! Ich war da nie eingebunden, ich kann dazu nichts sagen.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Na ja, das ist ja eine Regierung als Ganzes – nicht nur in Ihrer Zuständigkeit.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, ich weiß halt gerade, dass sich die Banken halt immer wieder über die Bankensteuer in Österreich beklagen, weil sie im internationalen Vergleich einen großen Wettbewerbsnachteil darstellen würde. Inhaltlich kann ich es nicht beurteilen, weil ich damit überhaupt nichts zu tun habe.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Mhm, okay. Wissen Sie aus Gesprächen mit Herrn Spindelegger – oder hat er Ihnen gegenüber erwähnt –, wie Herr Lejsek zu dieser Geschichte stand? Sagt Ihnen Herr Lejsek etwas?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das ist ein Spitzenbeamter im Finanzministerium, nicht? (Abg. Schenk: Mhm!) – Ja.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Ja, also hat er eine enge Beratung gehabt? Wissen Sie darüber? Haben Sie darüber mit ihm gesprochen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Wirklich – keine Ahnung, weiß ich nicht.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Keine Ahnung oder keine Erinnerung?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kann das wirklich nicht sagen. Dr. Lejsek war sicher möglicherweise auch sogar bei einer der Besprechungen dabei. Ich habe optisch eine Erinnerung, aber inhaltliche Besprechungen mit ihm hatte ich nie.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Gut. Wissen Sie, warum Herr Liebscher den Vorsitz der Taskforce zurückgelegt hat? Haben Sie da Erinnerungen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, nicht wirklich. Ich habe den Eindruck gehabt, das war auch eine Phase, in der er die Tätigkeit auch aus Eigenem nicht mehr weiter fortführen wollte. Das ist mein recht verschwommener Eindruck von damals, aber ich kann es nicht genau sagen.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Hatten Sie mit ihm Gespräche oder Treffen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: In diesem Zeitraum kann ich mich nicht daran erinnern. Er war nicht wirklich eingebunden in jene Gespräche, in die ich dann eingebunden war, nämlich: Wie finden wir die bestmögliche Lösung für die Hypo?

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Okay, gut, das war es dann fürs Erste. – Danke.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Danke.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Ich schließe an die Fragen des Herrn Verfahrensrichters zu den Bezugspunkten zur Hypo Alpe-Adria schon vor Ihrer Ministertätigkeit an. Sie haben ohnehin schon das Berufsgeheimnis geltend gemacht, auf das Sie sich berufen. Deswegen frage ich Sie erst gar nicht danach, sondern stelle hier einmal nur fürs Protokoll fest: Laut den dem U-Ausschuss vorliegenden Unterlagen haben Sie Herrn Dr. Kulterer vertreten – das ist die Dokumentennummer 1606190, Seite 5 –, weiters Tilo Berlin – das ist die Dokumentennummer 463674, Seite 1 – und des Weiteren auch die Strafvertretung des Karl-Heinz Moser gehabt – das ist die Dokumentennummer 50414, Seite 1.

Sie haben also aufgrund Ihrer Vortätigkeit als Strafverteidiger – ich nenne sie einmal – die Hypo-Granden vertreten, unter anderen Kulterer, Berlin und Moser. Danach in Ihrer Ministertätigkeit als Bundesminister für Justiz sind Sie auch oberstes Organ der Staatsanwaltschaft mit Weisungsbefugnis. Das heißt, in dieser Funktion ist man eigentlich der natürliche Gegenspieler der Strafverteidiger der Hypo-Granden Kulterer bis Moser. Deswegen würde ich auch meinen, weil es hier einen natürlichen Gegensatz in der rechtsstaatlichen Funktion gibt – Verteidigung auf der einen Seite und Anklage auf der anderen Seite mit dem Justizminister an der Weisungsspitze –, dass es einen Justizminister bräuchte, der in dieser Causa, in der Hypo Alpe-Adria-Causa – ich würde ihn als den größten Kriminalfall dieses Landes bezeichnen – völlig unbefangen und frei von Interessenkonflikten tätig ist und tätig sein kann.

Herr Minister! Würden Sie sich als einen solchen Justizminister bezeichnen, der in der Hypo-Causa unbefangen und frei von Interessenkonflikten tätig sein kann?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen auf die Frage – das war nur eine Frage, und die kam ganz am Schluss nach Ihren Protokollfeststellungen – ganz offen und unumwunden sagen: Selbstverständlich ja! Ich bin hier immer völlig unbefangen gewesen, und ich sage noch etwas: Um das auch nach außen deutlich zu machen, habe ich ja das Weisungsrecht entsprechend geändert. Daher muss ich wirklich sagen, dass jede Verdächtigung Ihrerseits in diesem Bereich schlicht unsachlich ist.

Ich habe vielleicht im Gegensatz zu anderen auch in meiner Tätigkeit als Hochschullehrer, als Professor, als Strafverteidiger viele praktische Erfahrungen sammeln können. Das war mir wichtig, weil ich damit auch den Studenten viele praktische Erfahrungen weitergeben konnte. Und ich habe dabei auch viel fachliches Know-how gewinnen können, das mir auch durchaus immer wieder hilft. Ich weiß schon, wovon ich rede, wenn es etwa um Änderungen in der Strafprozeßordnung oder wo auch immer geht.

Das, was Sie ansprechen, meine frühere Tätigkeit als Strafverteidiger, ja, die hat es gegeben. Ich habe mich dabei immer strikt an die berufsrechtlichen Regelungen gehalten, tue das bis heute. Deshalb – und das wissen Sie genau – würde ich hier rechtswidrig handeln, wenn ich dazu inhaltlich irgendetwas sagen würde. Ich bin letztlich an die Verschwiegenheit gebunden, so wie Sie ja auch in Ihrem Beruf, soweit Sie da bisher schon praktische Erfahrungen sammeln konnten.

Es ging um eine Tätigkeit, die viele Jahre zurückliegt, und so weit weg vom Thema ist, das jetzt im U-Ausschuss behandelt wird. Es hat – das kann man sagen, weil das damals auch medial entsprechend publik wurde – mit Fragen der Bilanzierung begonnen, mit den Fragen der Reichweite der Bilanzfälschungstatbestände, die damals alle noch sehr zersplittert und ziemlich unklar waren. Und ich sage Ihnen ganz offen: Nicht nur aus dieser Tätigkeit, sondern auch aus anderen Mandaten, die ich viele Jahre zurückliegend hatte, habe ich eine Lehre gezogen, die ich dann als Minister umgesetzt habe, nämlich dass die Bilanzfälschungstatbestände zu unklar, zu unbestimmt sind, und daher strafrechtlich nicht Sinn machen. Wir haben daher im Zuge der StGB-Novelle auf meine Initiative hin dafür gesorgt, dass es jetzt einen schärferen, aber klarer definierten Bilanztatbestand gibt.

Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass mir diese praktischen Erfahrungen wirklich ein Know-how verschafft haben, das ich jetzt auch entsprechend nützen kann, und das ist daher gut so. Aber eine Unvereinbarkeit, einen Interessenkonflikt, den hat es mit Sicherheit nie gegeben. Das möchte ich Ihnen schon sagen, und, noch einmal, letztlich sind wir alle an rechtsstaatliche Regeln gebunden.

Ich bin über diese relativ junge Verfahrensordnung froh, die es jetzt gibt, die aber eindeutig klarstellt, dass sich eben jeder an die Spielregeln halten muss. Und Sie wissen ganz genau, dass Sie Protokollfeststellungen machen, die letztlich eine Fragestellung nicht wirklich zulässig machen. Sie wissen, dass eine Frage in der Richtung nicht zulässig wäre, weil ich sie nicht beantworten darf.

Wenn Sie es trotzdem tun, dann mag man das halt entsprechend qualifizieren. Ich habe mir ein Bild gemacht. Das ist parteipolitische Profilierungsnotwendigkeit. Ich verstehe das, Sie sind ein junger Oppositionsabgeordneter. Sie wollen sich einen Namen machen, indem Sie halt einen Minister anpatzen. Tun Sie das, ich werde sachlich bleiben und werde weiterhin die rechtsstaatlichen Grenzen einhalten – auch hier und heute.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Minister, ich würde Sie bitten, dass wir sachlich bleiben.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das sagen Sie mir?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, dass wir sachlich bleiben. Mir so etwas zu unterstellen, ist nicht sachlich, ich habe mich auf Fakten bezogen. Ich werde allerdings auf diese Ebene nicht eingehen, ich werde weiter bei den Fakten bleiben. Aber ich würde Sie darum bitten, auf dieser Faktenebene zu bleiben – in Ihrem eigenen Interesse.

Natürlich ist der Untersuchungsgegenstand dieses Ausschusses, wie der Strafvollzug, wie die Strafverfolgung funktioniert. Natürlich sind Namen wie Kulterer, Berlin und Moser Gegenstand dieses Untersuchungsausschusses. (Abg. Kogler: Birnbacher!) – Birnbacher, habe ich auch vergessen, ich habe eh nicht alle aufgezählt.

Wenn Sie gemeint haben, ich würde eine Verdächtigung aussprechen, ist das auch nicht richtig, und das wissen Sie auch als hervorragender Jurist.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Es war die Verdächtigung eines Interessenkonflikts.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, dann haben wir wirklich eine kurze juristische Diskussion. Ein Interessenkonflikt ist keine Verdächtigung, ein Interessenkonflikt ist kein Vorwurf, ein Interessenkonflikt ist auch nicht der Vorwurf eines Fehlverhaltens. Ein Interessenkonflikt ist ein Faktum aufgrund der Umstände.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich sage Ihnen, das Faktum gibt es nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und das ist genau dasselbe Thema wie bei der Frage der Befangenheit. Der Justizminister an der Spitze der Staatsanwaltschaft ist der natürliche Gegenspieler der Strafverteidiger. Sie waren vorher Strafverteidiger des Topmanagements der Hypo Alpe-Adria und jetzt stehen Sie an der Spitze derjenigen, die diesen Kriminalfall aufklären sollen und die auch genau gegen diese Leute ermitteln sollen. Da sehen Sie keine Befangenheit, keinen Interessenkonflikt?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Sie werden bei allem, was ich in diesem Kontext auch als Minister getan habe, nichts finden, was in irgendeiner Weise problematisch wäre oder irgendwelche Verdächtigungen erlauben würde. Und Sie wissen ganz genau, dass Weisungen im Zusammenhang mit diesem Verfahren nichts sind, was jetzt direkt vom Minister ausgehen würde. Das ist absurd! Ich kann Ihnen nur sagen: Alles, was ich über diese Verfahren weiß – und da haben Sie schon recht, ich bin letztlich Weisungsspitze für die Staatsanwaltschaften –, kann ich Ihnen hier auch sagen, soweit ich darüber Kenntnis habe. Das ist natürlich auch ein Thema, selbstverständlich, das ist Vollziehung des Bundes. Wie funktioniert die Justiz in diesem Bereich? Wie funktionieren die Staatsanwaltschaften, für die ich zuständig bin?

Aber Faktum ist: Mir ist nicht bekannt, dass es jetzt in meinem Zuständigkeitsbereich irgendwelche Dinge gäbe, wo ich nicht oder nicht richtig reagiert hätte. Das glaube ich nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich möchte es nur feststellen. Sie antworten immer an der Frage vorbei, weil es nicht darum geht, ob Sie tatsächlich beeinflusst haben, denn das habe ich ja nicht behauptet, sondern, ob Sie eine Befangenheitssituation sehen. (Auskunftsperson Brandstetter: Ich habe gesagt: Nein! Sie haben gefragt …!) Eine solche Befangenheitssituation entsteht überhaupt schon vorher, deswegen gibt es ja Interessenkonflikte. Deswegen gibt es ja die Fragestellung nach Befangenheit oder Unbefangenheit, damit es erst in der Folge gar nicht zu einer Situation kommen könnte, wo es eine Beeinflussung geben könnte.

Das heißt, ich wiederhole es noch einmal: Mein Argument ist nicht, dass Sie beeinflusst haben, worauf Sie immer replizieren. Das war aber nicht meine Frage, sondern meine Frage war, ob Sie nicht einen Interessenkonflikt, eine Befangenheit aufgrund Ihrer Vortätigkeit sehen. Aber ich habe Ihrer Antwort entnommen, die Antwort ist nein.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, nein, nein, das war Ihre erste und einzige Frage. Ich habe darauf klar geantwortet. Ich mache es noch einmal: Ihre Frage war Befangenheit, Interessenkonflikt – ja oder nein? Meine Antwort ist ganz klar und deutlich: Nein! Es ist so.

Vorsitzende Doris Bures: Sie kommen jetzt in die Fragezeit der zweiten Runde.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Abgeordneter, die Frage ist wiederholt gestellt und wiederholt beantwortet worden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gehen wir weiter zu einer anderen Vortätigkeit, Herr Minister! Sie waren lange Jahre in Liechtenstein für die Kanzlei Batliner tätig. Jetzt wissen wir, dass Liechtenstein im Untersuchungsausschuss ein großes Thema ist. Ich würde es geradezu als das Epizentrum der Verschleierung bezeichnen. Ich erinnere an die Aussagen von Herrn Zink im Ausschuss, der gesagt hat, die Hälfte der Anzeigen, die sie getätigt haben, haben Liechtensteinbezug. Also da sind viele Hypo-Millionen hingeflossen, und letztlich sind die Profiteure, zu denen das Geld durch diese Konstruktionen hingeflossen ist, verschleiert worden.

Sie haben also langjährige Expertise zu Liechtenstein. Meine Frage: Haben Sie diese Expertise, dieses Know-how über Liechtenstein als Justizminister genutzt, um diesen Fragen nachzugehen, den berechtigten Fragen, wo dieses Geld, das aus der Hypo herausgeflossen ist – letztlich das Geld der Steuerzahler –, hingeflossen ist, wer die Profiteure des Hypo-Geldes sind? Waren Sie hier tätig?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Um auf Ihre Frage zu kommen: Ja, ja, ich war auch jahrelang für die Kanzlei Gasser in Liechtenstein tätig, hatte nie mit diesem Kontext zu tun, mit irgendwelchen Fakten, die mit Hypo auch nur am Rande zu tun hätten. Das war es nicht, überhaupt nicht.

Wenn Sie jetzt fragen – ich hoffe, ich habe Ihre Frage jetzt richtig verstanden –, ob ich meine internationale Expertise, die ich in vielen Jahren sehr wohl gewinnen konnte, auch eingesetzt hätte, um hier im konkreten Verfahren etwas zu bewirken, dann muss ich Ihnen darauf sagen: Selbstverständlich nein! Das hätte ja bedeutet, dass ich in ein Verfahren eingegriffen hätte, was gar nicht denkbar ist.

Ich gehe davon aus und davon bin ich immer noch überzeugt: Unsere Staatsanwaltschaft in Klagenfurt hat da gut gearbeitet. Und im Übrigen, das möchte ich schon sagen – das weiß ich aber nicht aufgrund irgendwelcher konkreter Fälle –, ist der Rechtshilfekontakt mit Liechtenstein und auch der Kontakt zwischen den Staatsanwaltschaften ein sehr guter. Es ist, soviel ich weiß, der Leitende Staatsanwalt in Liechtenstein ja nach wie vor ein Österreicher.

Also ich höre nichts in der Richtung, dass hier der Rechtshilfekontakt nicht funktionieren würde. Und wenn unsere Behörden aus Liechtenstein etwas brauchen, dann gehe ich davon aus, dass sie es auch bekommen. Ich kann daher nur sagen: Nein, ich habe selbstverständlich nie in das Verfahren eingegriffen, auch nicht in dem Sinn, wie Sie es jetzt gefragt haben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie könnten als Justizminister ja auf politischer Ebene für die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft unterstützend tätig sein. Wie viel hat denn die Staatsanwaltschaft aus Liechtenstein zurückgeholt?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kann Ihnen das natürlich nicht sagen, da müsste ich jetzt meine Fachabteilung fragen. Wenn Sie eine schriftliche Anfrage stellen, kann ich das erheben lassen. Das können wir gerne tun.

Wenn Sie das schon ansprechen: Auf politischer Ebene gibt es auch mit dem Amtskollegen in Liechtenstein einen guten Kontakt, nicht nur mit ihm, sondern auch mit allen anderen Amtskollegen der Nachbarstaaten. Wir haben, wie Sie wissen, auch regelmäßige Treffen. Jedes Jahr treffen sich alle deutschsprachigen Justizminister. Ich habe zuletzt vor einigen Monaten mit meinem Amtskollegen Kontakt gehabt.

Und wenn es in der praktischen Rechtshilfe irgendwelche Schwierigkeiten gäbe, die an mich herangetragen werden würden, dann würde ich nicht zögern, auch auf politischer Ebene den Kollegen zu bitten, hier allfällige nicht wirklich verständliche Schwierigkeiten überwinden zu helfen. Das würde ich schon tun, aber dazu ist es nie gekommen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich kann da aushelfen, denn wir hatten eine entsprechende parlamentarische Anfrage, und ich habe dort auch diese Frage gestellt: Aus Liechtenstein zurückgeflossen sind 17 Millionen, aber diese auch nur freiwillig von Herrn Zagorec. Das heißt, de facto zurückgeholt werden konnte nichts durch die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft. Das ist jetzt also kein Beweis dafür, dass das funktioniert hätte.

Offensichtlich konnten Sie Ihre Erfahrung mit Liechtenstein nicht unterstützend für die Staatsanwaltschaft einbringen.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Noch einmal: Die Staatsanwaltschaft hat mich nie daraufhin angesprochen, dass wir auf politischer Ebene in irgendeiner Form aktiv werden sollten, was ohnehin verständlicherweise nur sehr eingeschränkt möglich wäre. Nach allem, was ich weiß, funktioniert die Rechtshilfe mit Liechtenstein gut, nicht nur in diesem Fall, und nach allem, was ich jetzt weiß, sind die Verfahren noch nicht abgeschlossen. Ich kann Ihnen gerne im Rahmen einer schriftlichen Anfrage wieder den aktuellen Stand erheben lassen. Aber Sie dürfen nicht glauben, dass das Dinge sind, mit denen ich direkt, persönlich zu tun hätte; überhaupt nicht!

Aber um noch einmal auf Ihre Frage zurückzukommen: Selbstverständlich wäre ich bereit, im Rahmen des rechtlich Zulässigen und Möglichen im Interesse unserer Staatsanwaltschaft auch politisch zu agieren. Nur muss diese natürlich an mich herantreten und mir sagen, wo der Schuh drückt, dann mache ich das gerne. Aber dazu ist es nie gekommen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Minister! Sie haben aber die politische Verantwortung als Minister, zu klären, ob die Staatsanwaltschaft ihrer Aufgabe nachkommen kann, ob der Strafvollzug funktioniert. Das ist ja seit Langem bekannt, auch durch die Tätigkeit der CSI Hypo, schon beginnend aus dem Jahr 2010. Also dass Ihnen das nicht bekannt war, kann ich mir nicht vorstellen!

Vorsitzende Doris Bures: Ich mache Sie auf die Redezeit aufmerksam. (Auskunftsperson Brandstetter: Das war jetzt aber keine Frage, oder?)

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich hätte mir schon erwartet, wenn Sie schon diese 20-jährige Erfahrung in Liechtenstein haben, auch aus einer Kanzlei, die …

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt die Frage formulieren!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): … – ich bin schon fertig –, die sehr viel mit Treuhandkonstruktionen zu tun hat, haben, dass Sie diese Erfahrung für die österreichische Strafverfolgung, für die Staatsanwaltschaften und für die Steuerzahler auch einbringen.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Noch einmal – ich kann nur das sagen, was ich schon gesagt habe –: Wenn die Bitte an mich herangetragen worden wäre oder werden würde, dass wir als Ministerium uns wirklich auch auf politischer Ebene dafür einsetzen, dass irgendwo Dinge verbessert werden, wo man sie verbessern kann, so tue ich das im Rahmen des rechtlich Zulässigen gerne, aber ich kann Ihnen nicht helfen, Herr Abgeordneter, wenn ich Ihre Erwartungen hier vielleicht nicht erfüllen kann. Ich kann sie auch deshalb nicht erfüllen, weil ich mich streng an die rechtsstaatlichen Regelungen halte. Ich mische mich in Verfahren nicht ein, und ich kann nur reagieren, wenn die zuständige Staatsanwaltschaft mir sagt: Wir haben da ein Problem, von dem wir meinen, dass es auf politischer Ebene gelöst werden sollte!

Das war bis dato nicht so, und mir ist so etwas auch nicht bekannt.

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Herr Minister! Mein Vorredner hat die Zeit von 2000 bis hin zu Ihrer Ministerschaft kurz angesprochen. Er hat versucht, eine Situation zu dieser Zeit darzustellen, die für Sie hätte schwierig sein können. Er hat auch ein Bild konstruiert, nämlich einen Tisch, linke Seite, rechte Seite. Sie haben ausgesagt, dass Sie eigentlich sehr positive Dinge aus Ihrer Vergangenheit in Ihre Ministerzeit mitnehmen konnten.

Jetzt gehe ich davon aus, wenn ich bei dem Bild dieses Tisches bleibe, dass auf einer Seite des Tisches ein Mensch sitzt, der eine Vermutung, also eine Theorie hat, und auf der anderen Seite ein Mensch, der eine Wahrnehmung hat, also der Realität eher entsprechend ist. Dorthin würde ich Sie jetzt setzen.

Sie haben von positiven Effekten, die sich daraus ergeben hatten, gesprochen, und einer davon war die Änderung des Weisungsrechts. Meine Frage: Könnten Sie bitte noch einmal kurz erklären, was der Inhalt ist und was sich geändert hat?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das Wesentliche ist, durchaus anknüpfend an das, was schon gesagt wurde, dass es nicht genügt, dass man sich wirklich streng an alle Regeln hält und eben keine unkorrekten Weisungen erteilt, sondern man muss es auch nach außen klar dokumentieren und man muss Transparenz schaffen. Genau das war das Ziel mit dem neuen Weisungsrecht, und das ist nach allem, was man sieht und hört, wirklich gelungen: Es gibt jetzt den völlig unabhängigen Weisungsrat, und ich habe von Anfang an gesagt, dass ich nie eine Entscheidung treffen würde, die gegen die Empfehlung des Weisungsrates wäre.

Zudem habe ich auch sichergestellt – das ist ein Punkt, der in der Öffentlichkeit ein wenig untergegangen ist, der aber sehr bedeutsam ist –, dass alle Verfahren von Öffentlichkeitswirksamkeit, von besonderer öffentlicher Bedeutung jedenfalls dem Weisungsrat vorgelegt werden müssen, und zwar auch dann, wenn es nie Weisungen gegeben hat.

Man darf nicht vergessen: Wenn die Frage nach Weisungen kommt, kann das auf allen Ebenen sein. Da geht es ja um fachliche Weisungen, die auch im Rahmen der Fachaufsicht völlig in Ordnung sind. Man muss da schon auch einmal klarstellen: Ich bin ja als Bundesminister, auch wenn ich formal an der Spitze der Weisungskette stehe, mit Verfahren nicht im Detail befasst. Ich habe Gott sei Dank hervorragende Fachabteilungen mit Experten, die wirklich großartige Kenntnisse und Erfahrungen haben, und auf diese verlasse ich mich natürlich, und sie sind auch entsprechend gut.

Wichtig ist – das ist meine Aufgabe, und das muss ich sicherstellen –, dass durch ein entsprechendes Weisungsrecht die Transparenz nach außen dokumentiert ist und dass wirklich auch für die Öffentlichkeit klar ist, warum in diesen besonders öffentlichkeitswirksamen Fällen so und nicht anders entschieden wurde. Das muss transparent sein, und diesem Zweck dient das neue Weisungsrecht. Das war mein politisches Ziel, und dafür fühle ich mich auch verantwortlich, weil das Vertrauen in die Justiz letztlich nur dann gewährleistet werden kann, wenn diese Abläufe und diese Vorgänge auch transparent sind.

Dass man bei derzeitiger verfassungsrechtlicher Situation um die Möglichkeit von Weisungen im Wege der Fachaufsicht nicht herumkommt, ist ja unbestritten. Wie oft wird man kritisiert, weil irgendwo auf unterer Ebene eine falsche Entscheidung getroffen wurde? – Dann müssen wir im Wege der Fachaufsicht eingreifen. Das macht entweder die übergeordnete Staatsanwaltschaft oder allenfalls auch die Fachaufsicht bei uns im Haus, aber das muss immer entsprechend transparent sein.

Das heißt: Ich glaube, Zweck dieses neuen Weisungsrechts ist eben mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit, aber letztlich fraglos natürlich auch, um sicherzustellen, dass allfällige auch nur behauptete Interessenkonflikte jedenfalls offengelegt werden würden.

Ich kann nur sagen: Das hat sich bewährt und, wie die Praxis zeigt, funktioniert auch sehr gut.

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Hat es noch weitere positive Effekte gegeben, die in diesem unmittelbaren Zusammenhang stehen? Sie haben nämlich gesagt, dass es mehrere gegeben hat.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Insgesamt würde ich schon sagen, dass einfach die Tatsache, dass man nicht nur theoretisch – ich bin ja auch Universitätsprofessor für Strafrecht und Strafprozessrecht –, sondern auch praktisch Erfahrungen sammeln kann, sehr viel dazu beiträgt, dass man Dinge gegebenenfalls auch wirklich richtig einschätzen kann. Das möchte ich schon festhalten. Insofern hat mir diese Tätigkeit, die in verschiedenen Bereichen eine sehr vielfältige war, so viel an Know-how gebracht, dass ich davon auch heute durchaus noch profitiere.

Aber ich muss auch klar sagen, dass gerade eine praktische Tätigkeit auch die Sensibilität für berufsrechtliche Grenzen schärft, und das ist gut so, denn letztlich lebt unsere Rechtsordnung von einem Interessenausgleich zwischen verschiedenen Grundrechten und verschiedenen Interessensphären, und dafür ein spezielles Sensorium zu haben, hilft auch bei allen Entscheidungen, auch im Bereich der Legistik, wenn es um die Abwägung von Interessen geht.

Wenn ich mich jetzt an diese sehr angenehme Sitzung betreffend den Konsultationsmechanismus zurückerinnere, bei welcher wir letztlich einen Interessenkonflikt vernünftig geklärt haben, dann muss ich sagen: Man tut sich leichter in solchen Fällen, wenn man eine entsprechende Erfahrung hat und wenn man auf entsprechendes Know-how zurückgreifen kann.

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Sie sind seit Dezember 2013 Justizminister, somit schlussendlich auch für die Soko mitverantwortlich, die sich unter der Leitung von Oberst Gaber und der Staatsanwaltschaft Klagenfurt um die forensische Aufarbeitung kümmert.

Wie sehen Sie denn die Tätigkeit der Soko? Sind Sie mit der Tätigkeit grundsätzlich zufrieden oder gibt es da …?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Was die Soko betrifft, muss ich natürlich grundsätzlich schon sagen, dass die Polizeibehörden natürlich dem Innenministerium unterstehen, die Staatsanwaltschaften aber letztlich bei uns ressortieren und wir dafür die Zuständigkeit haben.

Aber ich kann nur noch einmal sagen: Nach allem, was ich weiß, und nach allem, was ich gehört habe, arbeiten die Behörden, sowohl die Ermittlungsbehörden auf polizeilicher Ebene als auch unsere staatsanwaltschaftlichen Behörden, eng und sehr konstruktiv zusammen. Mir ist nichts an irgendwelchen Umständen bekannt, die rechtfertigen könnten, dass das Bundesministerium eingreift. Wenn dem anders wäre, dann müsste ich das halt auch erfahren. Aber ich habe keinen anderen Eindruck als den, den ich geschildert habe. Die Ermittlungen laufen gut und – und das muss man schon auch einmal sagen – in Anbetracht des Umfangs des Verfahrensgegenstands vergleichsweise rasch und zügig, und es gab mittlerweile relativ rasch auch schon rechtskräftige Verurteilungen.

Ich könnte also nicht behaupten, dass es gerechtfertigt wäre, die Ermittlungsbehörden, ob Polizei oder Staatsanwaltschaft, da sachlich gerechtfertigt zu kritisieren. Darüber wüsste ich nichts.

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Das heißt: Die Zusammenarbeit funktioniert optimal.

Auf der anderen Seite gibt es oder gab es immer wieder Vorwürfe, dass die Zusammenarbeit mit der Bank eher kompliziert gewesen sei, dass vonseiten der Bank nicht ausreichend Informationen zur Verfügung gestellt worden wären, dass Informationen nur zögerlich gegeben worden seien. – Ist das auch Ihr Eindruck, oder gibt es da keine besonderen Vorkommnisse?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ganz ehrlich, mir ist davon nichts bekannt. Ich habe so etwas nicht erfahren. Wenn ich es erfahren würde, dann müsste das ja über die Staatsanwaltschaft gehen. Das heißt, die Staatsanwaltschaft müsste uns sagen, wenn sie irgendein Problem bei Ermittlungen hätte, sei es im In- oder im Ausland. Aber so etwas ist nie an mich herangetragen worden, daher weiß ich auch nichts davon.

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Danke einstweilen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Schönen guten Morgen, Herr Minister! Ich möchte vorerst ganz kurz auf folgendes Thema zu sprechen kommen, nämlich auf Ihre Einbindung im Jahr 2014 in eine Lösungsfindung insgesamt, was die Hypo betrifft, aber auch, was die Verhandlungen mit Kärnten in dieser Phase betrifft.

Können Sie uns dazu etwas sagen, inwieweit Sie da involviert waren? Herr Spindelegger hat nämlich gestern gesagt, dass Sie da beratend mit Ihren Expertisen teilweise beigezogen waren oder zumindest das Justizministerium bei gewissen Verhandlungen dabei war. – Was waren Ihre Wahrnehmungen dazu?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich wurde auch mit der Expertise meines Hauses beigezogen, ohne diese wäre es auch gar nicht gegangen. Ich habe mich da auch gerne eingebracht. Es war auf der einen Seite schon eine schwierige Rechtsfrage zu lösen, natürlich sehr viel Insolvenzrecht betreffend, und das Insolvenzrecht ressortiert zum Justizministerium. Natürlich haben wir auch viel darüber diskutiert, wie denn die Insolvenz einer Gebietskörperschaft überhaupt ablaufen würde, zu der es hätte kommen müssen, wenn die Haftungen – damals waren es 12 Milliarden – schlagend geworden wären.

Es gab dazu Expertisen und Fachmeinungen, die ich für völlig nachvollziehbar gehalten habe und die uns eigentlich klargemacht haben, dass das ziemlich chaotisch gewesen wäre. Man hätte dann zum Beispiel gar nicht genau klären können, auf welche Vermögenswerte einer Gebietskörperschaft man überhaupt zugreifen darf und auf welche nicht. Es gab dann sogar Diskussionen, die so weit gingen, dass man gesagt hat: Es gibt Einigkeit darüber, dass man Dinge, die ein Bundesland letztlich im eigenen oder auch im mittelbaren Bundesverwaltungsbereich tut, nicht so einfach durch Insolvenzverfahren beeinträchtigen kann. Wir haben diesbezüglich keine klaren Regelungen, und daher war das auch ein wichtiger Punkt, der zu klären war.

Meine Aufgabe war es, wirklich dafür zu sorgen, dass wir eine möglichst breite Basis an Fachmeinungen und Expertisen haben, und das konnte ich auch tun. Ich habe zwei Rechtsanwälte vorgeschlagen, die auch beigezogen wurden, und es wurde in relativ kurzer Zeit gemeinsam eine tragfähige Lösung erarbeitet.

Das war von Anfang an für mich ergebnisoffen, mit der anfänglichen, aber nicht fundierten Meinung, dass eigentlich eine Insolvenz in solch einem Fall doch grundsätzlich das Beste ist, weil das die Rechtsordnung so vorsieht. Aber daran denkt ein Jurist reflexartig immer. In Wirklichkeit ist dieses Problem viel komplexer gewesen. Es umfasst mehrere Ebenen der rechtlichen Beurteilung, natürlich bis hin auch zur europäischen Ebene.

Daher kann ich nur sagen: Es war wichtig, wirklich alle Experten einzubinden, die man nur einbinden konnte. Es war wichtig, sich alles an Argumenten anzuhören und dann letztlich eine Entscheidung zu treffen, und ich glaube, in der damaligen Interessenlage war es vollkommen richtig, so zu entscheiden. Ich bleibe dabei: Eine Insolvenz mit der Konsequenz einer Quasi-Insolvenz einer Gebietskörperschaft wäre nach meiner damaligen Überzeugung nicht zu verantworten gewesen.

Ich war – um es noch einmal auf Ihre Frage zuzuspitzen – eingebunden als jemand, der Fachexpertise beibringen sollte. Ich habe das getan, sowohl durch die Experten, die ich selbst habe beiziehen lassen, was durch das Finanzministerium auch geschah, als auch durch die Expertise unserer Fachabteilung, die wir zur Verfügung gestellt haben.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Mich würde ein Verhandlungsthema sehr interessieren, und zwar: Man hat ja immer auch mit Kärnten um gewisse Lösungen und darüber verhandelt, was der Beitrag Kärntens sein soll beziehungsweise sein muss. Der damalige Vizekanzler Dr. Spindelegger hat gestern die damals auch in den Medien immer kolportierten 500 Millionen – also ungefähr die Summe, die im Zukunftsfonds liegt – als Beitrag Kärntens genannt und hat gesagt, das wäre eine Art Angebot eines Generalvergleichs für Kärnten gewesen. Das heißt, wenn Kärnten diese 500 Millionen beigesteuert hätte, hätte der Bund dafür Kärnten aus den Haftungen sozusagen entlassen oder hätte die restlichen Haftungen übernommen.

Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Dazu habe ich keine Wahrnehmungen, weil ich in solche Verhandlungen zwischen dem Bund und dem Land Kärnten sicherlich nicht eingebunden war.

Ich kann Ihnen aber eines dazu sagen: Der Zukunftsfonds war natürlich auch insofern Teil der Überlegungen, als dass wir uns ein Quasi-Insolvenzszenario auch immer wieder überlegt und dieses auch durchgespielt haben, und im Zuge der Frage, auf welche Vermögenswerte einer Gebietskörperschaft, konkret eines Landes, man im Fall einer Insolvenz zugreifen könnte, kam immer das Argument: Auf jeden Fall könnten wir auf den Zukunftsfonds – das waren, glaube ich, 500 Millionen – zugreifen. Das war unbestritten.

Aber alles Weitere war schon unklar, ob es weitere Vermögenswerte des Landes Kärnten gäbe, auf die man zugreifen könnte. Insofern war indirekt der Zukunftsfonds auch Thema von Besprechungen, bei denen ich dabei war. Aber bei irgendwelchen konkreten politischen Verhandlungen zwischen dem Bund und dem Land Kärnten gab es nichts, weswegen ich hätte dabei sein können, und darüber weiß ich auch nichts.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Kann es sein, dass Mitarbeiter aus Ihrem Hause bei Verhandlungen und diesbezüglichen Gesprächen dabei waren, konkret Herr Kathrein?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Aus meiner Erinnerung kann ich jetzt nicht sagen, bei welchen Gesprächsrunden mein Sektionschef dabei war. Mein Sektionschef hatte natürlich die rechtliche Ebene abzudecken. Aber ich habe Ihre Fragestellung jetzt so verstanden, dass es hier offenbar, nach dem, was Sie gerade zitiert haben, um eine politische Einigung zwischen dem Bund und dem Land Kärnten gegangen sei. (Abg. Angerer: Richtig, ja!) – Dazu kann ich nichts sagen. Ich habe dazu wirklich keine Wahrnehmungen. Auch mein Sektionschef hätte dazu sicherlich nichts wirklich beitragen können. Das ist letztlich eine politische Frage zwischen Bund und Land, und deshalb war für mich der Zukunftsfonds sozusagen ein Vermögenswert, auf den man jedenfalls hätte zugreifen können, aber nicht mehr. Ich war in solche Verhandlungen nie eingebunden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Daraus eröffnen sich für mich zwei weitere Fragen.

Zum einem lege ich Ihnen jetzt die OTS-Aussendung von Frau Schaunig von gestern, 1. Juni 2016, 14.48 Uhr vor, in welcher Frau Schaunig auf Schärfste zurückweist, dass es diesen Generalvergleich zwischen Bund und Kärnten gegeben hätte, und somit eine Falschaussage des Herrn Dr. Spindelegger in den Raum stellt beziehungsweise eigentlich behauptet, was für mich wiederum die Frage aufwirft, was man in diesem Fall tun sollte: entweder Frau Schaunig laden oder vielleicht das Thema einer Gegenüberstellung von Spindelegger und Schaunig andenken oder eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermitteln, dass das geklärt werden muss?

Offensichtlich gibt es da völlig unterschiedliche Auffassungen im Hinblick auf die damaligen Gespräche betreffend das Angebot gegenüber Kärnten, nämlich was der ehemalige Herr Minister gestern ausgesagt hat und wie Frau Schaunig das sieht.

Sie haben dazu keine Wahrnehmungen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, leider, ich kann da nicht weiterhelfen. Ich habe dazu wirklich keine Wahrnehmung.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben auch gemeint – und dann komme ich gleich zum nächsten Dokument, vielleicht haben Sie dazu irgendwelche Wahrnehmungen –, dass Sie nicht davon ausgehen, dass jemand aus Ihrem Haus in diese politischen Diskussionen eingebunden war und eine entsprechende Stellungnahme abgegeben hätte, sondern dass das Justizministerium nur in rechtlichen Fragen beraten hätte.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Grundsätzlich ja. Ich habe diesbezüglich keine sonstigen Wahrnehmungen, das muss ich schon sagen. Ich habe keine Erinnerung.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich darf Ihnen das Dokument mit der Nummer 36771 vorlegen. Darin befindet sich ein E-Mail des Herrn Kathrein aus dem Justizministerium, also Ihres Sektionschefs, und in diesem bezieht er sich auf ein Gespräch vom 18.7.2014. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Es findet sich in der gestrigen OTS-Aussendung von Frau Schaunig wieder, dass da ein Gespräch stattgefunden hätte, und Herr Kathrein aus Ihrem Ministerium bezieht sich auch auf dieses Gespräch, und sagt in diesem E-Mail betreffend „die Zahlung der nach dem Jahr 2017 noch offenen Bürgschaften“ Folgendes:

„Unter diesen Voraussetzungen kann man die ganze Aktion gleich stoppen, weil dieser Krnt Vorschlag nur heißen kann, dass der Bund immer zahlt.“

Also offensichtlich war Herr Kathrein nicht nur in rechtliche Dinge, sondern auch in politische Überlegungen eingebunden.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kann Ihnen nur sagen, Herr Abgeordneter, dass ich das jetzt das erste Mal sehe beziehungsweise lese. Ich habe den Eindruck, dass der Herr Sektionschef da eine Einschätzung wiedergeben wollte, was die Umsetzungsmöglichkeit eines bestimmten Gesetzentwurfes betrifft. So würde ich das lesen, so würde ich das sehen, und das ist daher auch nichts, was mich jetzt sonderlich verwundert.

Sie dürfen nicht vergessen, es gab damals – natürlich auch unter entsprechendem Zeitdruck – die Notwendigkeit, eine legistische Lösung zu finden. Da waren wir über unsere Fachabteilung, wie ich gesagt habe, eingebunden. Chef der Fachabteilung ist Herr Sektionschef Kathrein, ein hervorragender Experte und Fachmann, und er ist auch einer, der sich wirklich in jeder Beziehung mit all seiner Expertise einbringt. Ich habe das Gefühl, mit dieser Formulierung, „unter diesen Voraussetzungen“ könne „man die ganze Aktion gleich stoppen“, meint er, dass er eben keine Erfolgswahrscheinlichkeit für eine bestimmte legistische Variante sieht, die offenbar damals auf Fachebene in Diskussion war. Ich kann dazu nicht mehr sagen.

Also politische Gespräche zwischen dem Bund und dem Bundesland Kärnten können ja nur vom Bundesminister für Finanzen geführt worden sein und nicht von uns. Wir waren, wie eigentlich dieses E-Mail, wenn man es genau anschaut, auch zeigt, in die legistische Umsetzung dessen, was politisch gewollt war, eingebunden, und da gab es offenbar eine entsprechende Einschätzung des Sektionschefs, dass er unter diesen oder jenen Voraussetzungen keine Chance sieht, dass das so wirklich umgesetzt werden könnte.

Es geht aber, wenn Sie es genau lesen, in Wirklichkeit schon um rechtliche Probleme, um Bürgschaftsverpflichtungen, um die Schad- und Klagloshaltung.

Also so gesehen würde mich das nicht überraschen, wenn man davon ausgeht – und so kenne ich auch meinen Sektionschef –, dass das jemand ist, der auch ein bisschen weiter denkt, der nicht nur sagt, ja, nach dem Buchstaben dieses Gesetzentwurfs wäre dieses oder jenes Problem zu erwarten, sondern der sich schon auch sehr wohl die Einschätzung erlauben kann, darf und soll, wie es denn mit der Umsetzbarkeit einer bestimmten legistischen Variante aussieht, denn letztlich wollte damals ja auch niemand unnötig leere Kilometer machen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich sehe das anders, weil ich auch die Protokolle, die übrigens in demselben Dokument drinnen sind, vorliegen habe, aber da Sie ja nicht dabei waren, sondern der Herr Kathrein, macht es aus meiner Sicht jetzt keinen Sinn, dass wir das weiter vertiefen. Ich will auch Zeit sparen. Ich sage nur, es ist für uns natürlich schon sehr essenziell, vor allem aus Kärntner Sicht, wer diesbezüglich die Wahrheit sagt.

Wenn Frau Schaunig die Wahrheit sagt, dann hat Herr Spindelegger gestern – aus welchem Grund auch immer – die Unwahrheit gesagt. Dann müssen wir den Grund herausfinden, warum er das gesagt hat. Wenn Herr Spindelegger die Wahrheit gesagt hat, dann zahlt Kärnten jetzt 700 Millionen mehr nach einem Jahr, und Frau Schaunig hat das zu verantworten. Das ist für uns schon eine essenzielle Frage, der wir auf jeden Fall nachgehen werden, aber wenn Sie mir dazu nichts mehr sagen können, dann würde ich die Befragung an dieser Stelle stoppen – außer Sie können mir dazu etwas sagen.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich möchte wirklich zur Wahrheitsfindung beitragen, deshalb bin ich ja da.

Eines fällt mir jetzt ein, das ist aber jetzt keine ganz klare Erinnerung: Es war die Erwartungshaltung da – mehr kann ich dazu nicht sagen –, dass die 500 Millionen aus dem Zukunftsfonds sozusagen als Beitrag zur Sanierung zur Verfügung gestellt werden.

Ich kann Ihnen nicht sagen, ob da über irgendwelche Bedingungen, an die das hätte geknüpft werden müssen, gesprochen wurde, aber – und das will ich sagen – ich erinnere mich nicht ganz deutlich, aber doch daran, dass das Land Kärnten und der Herr Landeshauptmann darauf hingewiesen haben, dass der größere Teil dieser Summe nicht kurzfristig zur Verfügung stünde, sondern erst nach einem gewissen Zeitraum, den ich nicht mehr in Erinnerung habe. Es hat mich auch nicht näher interessiert, aber es gab offenbar das Argument, der Betrag kann sicherlich nicht sofort zur Verfügung stehen aufgrund irgendwelcher Bindungen, die es bezüglich dieses Kapitals gab. Näheres weiß ich aber wirklich nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Danke vorerst einmal von meiner Seite. Ich gebe weiter an Herrn Dr. Kassegger.

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich habe ein, zwei Fragen zum Themenbereich Variante Insolvenz beziehungsweise Anstaltslösung im Jahr 2014.

Es gibt mehrere Gutachten, ich zitiere jetzt aus der Kurzfassung des zeb-Gutachtens (der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt), das im Wesentlichen sagt (Abg. Tamandl: Dokumentennummer bitte!) – Dokumentennummer 13032, Seite 21 von 115 –:

„Das wesentlichste Merkmal im Rahmen der Insolvenz besteht in der Möglichkeit alle Gläubiger in Summe an den Verlusten zu beteiligen.“

Dann geht es weiter, Geschäftsaufsichtsverfahren und so weiter und so fort.

Beim Anstaltsszenario hingegen „übernimmt der Bund den gesamten Vermögensschaden und die notwendigen Kosten für die Abwicklung der Aktiva und Passiva. Eine Beteiligung der Gläubiger erfolgt in diesem Modell nicht.“

Wir wissen, das Anstaltsszenario ist nicht gewählt worden, sondern sozusagen eine Zwischenform mit der Abbaugesellschaft und dem dann letztlich gescheiterten Haircut.

Meine Frage ist folgende: Wenn man jetzt das Insolvenzszenario, das Sie ja sicher beurteilt haben, durchspielt und sagt, die Beteiligung der Gläubiger ist diesbezüglich eine Variante, dann wissen wir, dass auf Gläubigerseite die BayernLB mit ungefähr 2,4 Milliarden unter den Verbindlichkeiten gestanden ist. Was wir nicht so im Detail wissen – und das wäre meine Frage –: Welche sonstigen Gläubiger, insbesondere nachrangige Verbindlichkeiten, wären davon noch betroffen gewesen – Konjunktiv –, wenn man das Insolvenzszenario sozusagen gespielt hätte?

Dr. Picker hat ja gestern gesagt, beim Jahresabschluss 2013 stehen Verbindlichkeiten in Höhe von ungefähr 6 Milliarden. – Die Frage ist: Welche anderen Gläubiger hätten da – unter Anführungszeichen – „Angst haben müssen“?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, das kann ich Ihnen natürlich nicht sagen, weil ich damit ja inhaltlich nicht befasst war. Wenn Herr Dr. Picker, der offenbar gestern hier war, das so sagt, dann wird das schon seine Richtigkeit haben. Das können nur die Bankorgane wirklich genau sagen. Mir ist das auch nicht wirklich im Rahmen meiner Tätigkeit genannt worden. Ich weiß nur, dass es von der rein juristischen Seite her für uns damals wichtig war, dass eben nur Nachranggläubiger geschnitten wurden, und zwar im Ausmaß von – wenn ich es richtig in Erinnerung habe, bitte, nageln Sie mich nicht fest – 890 Millionen, wenn ich mich richtig erinnere. Das war für uns aber deshalb wichtig, weil wir immer davon ausgegangen sind, dass die Nachranggläubiger im Falle einer Insolvenz ja auch nichts bekommen hätten, daher werden die jetzt nicht wirklich schlechter gestellt.

Alles Weitere betraf natürlich schon Fragestellungen und Einschätzungen, die damals nicht so leicht abzuwägen waren.

Wenn ich hier die zusammenfassende Beurteilung sehe, so wird da die Frage im zweiten Punkt auf Seite 26 eigentlich auch durchaus offengelassen. Es konnte damals niemand genau vorhersehen, was im Falle einer Insolvenz passieren würde, ob auch andere österreichische Banken im In- oder auch im Ausland betroffen wären, und das war die Unwägbarkeit.

Für mich war eben damals auch wichtig, dass man sich schon darüber im Klaren sein musste, eine Insolvenz ist in Bezug auf die wirkliche Nichtvorhersehbarkeit der effektiven Konsequenzen in Kärnten etwas höchst Riskantes. Und es konnte uns auch von den Experten mangels ausreichender klarer Regelungen niemand sagen, was dann konkret in Kärnten passieren würde. Man musste auch befürchten, dass das natürlich weitere Konsequenzen hat, und ein Bank Run ist ja – nach allem, was mir die wirklichen Experten in diesem Bereich immer sagen – auch ein Beispiel dafür, dass oft die reine Psychologie größere Auswirkungen hat als realwirtschaftliche Faktoren. Das war einfach sehr schwer einschätzbar.

Letztlich war schon die Überlegung ausschlaggebend: Wir haben die Möglichkeit, uns auf EU-Recht zu stützen. Das war das entscheidende Argument. EU-Recht ist letztlich das stärkste, und die EU will eine Beteiligung von Gläubigern an der Sanierung von Banken. Das haben wir gewusst, darauf haben wir uns gestützt, und es ist ja auch so gekommen, sonst hätte es ja das BaSAG und das darauf aufbauende Verhandlungsergebnis mit den Gläubigern gar nicht geben können. Insofern war dieses HaaSanG aus heutiger Sicht zumindest ein wichtiger Zwischenschritt, damit man zu dem Ergebnis kommen konnte, das wir heute haben.

Aber das wirkliche Problem damals, juristisch, war, dass das ja keine privatrechtliche Bank mehr war, sondern der Bund diese Bank hatte. Der Bund hatte im Zuge der Notverstaatlichung ja als Bund eine Reihe von Verpflichtungen übernommen, die natürlich durchaus erheblich waren, und das hat natürlich auch den Handlungsspielraum des Bundes im Jahr 2014 eingeschränkt, das musste man beachten. Es war kein Thema einer privaten Bank, es war ein Thema für den Bund, und das war schon einer der wichtigen Faktoren im Rahmen der Gesamtüberlegung.

Die Insolvenz war aber nicht ganz vom Tisch, sondern es war immer klar: wenn schon Abbaumodell, wenn schon Abbaueinheit, dann eine solche, die nicht insolvenzfest ist und wo auch von Anfang an gesagt wird, da können wir nicht garantieren, dass es dann nicht doch zu einer Insolvenz kommt.

Aus heutiger Sicht, natürlich mit der Weisheit des Rückblicks, hat man mehr Informationen – das ist schon richtig –, aber aus damaliger Sicht aufgrund dessen, was wir an Daten, Fakten und an Einschätzungen hatten, war eine Insolvenz wegen der Konsequenzen, die daraus folgend zu befürchten waren, einfach nicht zu verantworten.

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind in der Redezeit der zweiten Runde, Herr Abgeordneter, nur zu Ihrer Information. Sie können weitermachen.

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Eine kurze Frage noch zum Thema Eigenkapitalersatz: Da gibt es ja dieses Kleiner-Gutachten und das Verfahren in München, das ja in erster Instanz verloren wurde, wo dann festgestellt wurde, dass den Bayern nicht erkenntlich sein musste, dass die Bank in der Krise war.

Jetzt hat der Herr ehemalige Vizekanzler Pröll vor einigen Tagen auf meine Frage, warum bei der Rückverstaatlichung keine Due Diligence gemacht wurde, geantwortet: weil großer Zeitdruck herrschte und die Bayern mit Konkurs drohten.

Wenn dem so wäre, habe ich jetzt eine Verständnisfrage: Wie kann ich auf der einen Seite mit Konkurs drohen und dann in einem Verfahren vorbringen, dass ich als Bayern nicht gewusst habe, dass die Bank in der Krise ist? Und die konkrete Frage: Warum haben wir da als Republik entschieden, nicht in die nächste Instanz zu gehen und genau das dann als Argument im Rahmen des Verfahrens vorzubringen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich in dieser Entscheidungsfrage ja nie eingebunden war. Es war von Anfang an eine Lösung mit den Gläubigern angedacht, eine Verhandlungslösung. Es war ein Vergleich mit Bayern angedacht. Wie gesagt, da war ich nie eingebunden.

Das Argument mit dem Eigenkapitalersatz habe ich damals rein juristisch absolut nachvollziehen können, aber ich habe nichts mit den Verfahren zu tun gehabt, die dann folgten. Ich weiß auch nicht, wie das jetzt alles geendet hat. Grundsätzlich kann ich nur sagen, dass natürlich im Zuge der Notverstaatlichung eine entsprechende Belastung für den Bund entstanden ist, die selbstverständlich auch die Manövriermöglichkeiten 2014 entsprechend eingeschränkt hat.

Andererseits hatten wir die neue Option, auf EU-Recht gestützt etwas zu tun, um eine Beteiligung von Gläubigern an der Bankensanierung zu ermöglichen und vor allem auch sicherzustellen, dass nicht Spekulanten letztlich einen Gewinn daraus machen, dass Anleihen, die von einem Bundesland in einer Art und Weise garantiert wurden (Zwischenruf des Abg. Kassegger) – ich bin schon fertig –, die letztlich für den Finanzmarkt nicht wirklich voll werthaltig waren …, dass eine Spekulation darauf, dass der Steuerzahler das bis 100 Prozent ersetzt, nicht aufgeht. Das war schon auch in unserem Sinn.

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Der Punkt ist der: Sie haben jetzt in einem Nebensatz angesprochen, dass wir 2014 in einer Situation waren, dass die Republik aus Anlass der Rückverstaatlichung Verpflichtungen gehabt hat, die man nicht wegdiskutieren kann. Also da sind wir jetzt vielleicht mit einem Halbsatz noch einmal bei den Verpflichtungen, die damals eingegangen worden sind.

Unser Standpunkt ist eben der, dass diese Verpflichtungen jetzt etwas weit weg von geschicktem Verhandlungsmanagement sind. Ich spreche ganz konkret über die 2,6 Milliarden Rückzahlungsgarantie, die der ehemalige Finanzminister Pröll da unterschrieben hat, die ja von der EU sogar als Beihilfe der Republik Österreich für die BayernLB klassifiziert worden ist.

Da rede ich jetzt noch gar nicht von Gewährleistungsverzicht beziehungsweise hat man offensichtlich übersehen, dass das Master Loan Agreement eine Teilbestimmung hatte, die besagt, dass ein Nichtgesellschafter dann für verschiedene Dinge zustimmungspflichtig ist, die natürlich in weiterer Folge die Handlungsfreiheit der Bank – das werden Sie mir, glaube ich, bestätigen – doch nicht unwesentlich eingeschränkt hat. Also geschickt verhandelt ist meines Erachtens etwas anderes.

Unser Standpunkt ist der, dass man insbesondere gegenüber den Bayern doch wesentlich mehr für die Republik herausholen hätte können. Wir werden am Ende wissen, wie hoch der Schaden letztlich in Summe ist.

Da wäre meine Frage: Haben Sie irgendwelche Wahrnehmungen, was die Abbauprozesse betrifft? Es werden ja die Assets verwertet. Haben Sie da irgendwelche Wahrnehmungen über den Stand der Dinge? Wir haben ja, wenn man den Zahlen von Dr. Picker glaubt, ungefähr noch 10 Milliarden aus dem Kreditportfolio gehabt. Da hat er ja die Risikobeurteilungen gemacht. Also die Frage: Wie schaut das jetzt im Juni 2016 aus? Haben Sie da irgendwelche Wahrnehmungen, oder findet da keine Kommunikation statt?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, ich habe dazu keine Wahrnehmungen. Ich bin da auch in keiner Weise eingebunden. Wir mussten damals von den Ergebnissen der Notverstaatlichung ausgehen. Ich kann auch wirklich – das möchte ich schon sagen – nicht beurteilen, ob im Jahr 2009 ein anderes Ergebnis möglich gewesen wäre. Das ist im Nachhinein natürlich immer leichter zu sagen als in der konkreten jeweiligen Situation.

Deshalb sage ich ja auch immer durchaus vorsichtig: Im Jahr 2014, als ich beim Erarbeiten einer sinnvollen Lösung für das gesamte Hypo-Problem dabei war, gab es eine bestimmte Daten-, Fakten- und Interessenlage, die auch heute nach meiner Überzeugung dazu führen würde, dass ich dieses Modell und diese Lösung empfehlen und mittragen würde, die wir letztlich damals entwickelt haben.

Ich denke, es sind die Vorgänge 2009, in die ich natürlich nie eingebunden war und die ich daher auch nicht beurteilen kann. Das wäre nicht seriös. Es ist ohnehin entsprechend aufgearbeitet worden, auch von der Griss-Kommission.

Also das waren für uns 2014 Fakten, von denen wir ausgehen mussten, und daher mussten wir das einfach zur Kenntnis nehmen. Ich persönlich habe das nie wirklich kritisch hinterfragt, das wäre auch nicht meine Aufgabe gewesen. Ich kann nur allgemein sagen: Bei Beurteilungen im Nachhinein muss man halt schon auch immer vorsichtig sein.

Das ist die Situation, vor allem wenn man unter Zeitdruck agiert, und einen gewissen Zeitdruck hatten wir schon auch. Es war ja nicht so, dass die wirtschaftliche Entwicklung der Bank Anfang 2014 eine günstige gewesen wäre. Da kamen immer wieder Nachrichten, dass da noch mehr Kapitalbedarf entstehen kann oder wird, daher das Stichwort vom Fass ohne Boden. Das war damals schon durchaus aktuell. Da ist es schon wichtig, dass man sich in die damalige Situation der jeweiligen Akteure versetzt.

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Ja, da stimme ich Ihnen vollkommen zu, dass es ex post immer einfacher ist als in der Situation. Was man aber ex post sehr wohl machen kann, ist, zu beurteilen, ob diese Entscheidungen gut, mittelgut, schlecht oder ganz schlecht waren, und das ist wiederum ein subjektiver Prozess. Unseres Erachtens waren eben da manche Entscheidungen alles andere als gut.

Eine abschließende Verständnisfrage: Sie haben vorher kurz gesagt, der Kurs der Anleihen sei auf 70 Prozent gesunken, und es wäre nicht Ihr Ziel, die Anleihegläubiger wieder auf 100 Prozent zu bringen. Eine Verständnisfrage: Wie geht das, wenn die Anleihen zu 100 Prozent über Haftungen besichert sind? Wie kann dann der Kurs auf 70 Prozent sinken?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ganz einfach, indem sie am freien Markt angeboten werden, und das war ja der Fall. Es gibt ja einen Wertpapiermarkt, und auf dem wurden sie auch angeboten zu diesen …

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Da muss es aber dann offensichtlich eine Beurteilung geben, dass diese Haftungen nicht zu 100 Prozent durchsetzbar sind.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, das ist die Beurteilung des Marktes, und die ist normalerweise auch eine verlässliche.

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Eine Beurteilung des Marktes. – Danke.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Bundesminister! Du hast zu Beginn gesagt, du warst anfänglich durchaus für eine Insolvenz und danach natürlich irgendwie sukzessive gegen die Insolvenz. Kannst du uns das ausführen? Du hast gesagt, im Jänner 2014 bist du mit dieser Causa befasst worden. Welche Informationen sind dir da zur Verfügung gestanden? Kanntest du die Höhe der Haftungen Kärntens zu diesem Zeitpunkt? Wusstest du Details über die Bank, über die Zustände und über die Vergangenheit der Bank?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also Details über die damaligen wirtschaftlichen Verhältnisse wusste ich in dem Sinn nicht, es ging für mich um rein juristische Fragen. Ich habe schon das Stichwort vom Fass ohne Boden erwähnt: Ich kann sagen, dass der damalige Finanzminister und Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger wirklich entschlossen war, das Problem so rasch wie möglich zu lösen, und zwar nach den Kriterien und aufgrund der Interessenlage, die ich geschildert habe.

Mir hat das, das sage ich ganz offen, auch wirklich gefallen, weil ich gedacht habe, es ist richtig, da muss eine Lösung her, so oder so. Ich hatte nicht etwa von Anfang an das Vorverständnis, das wird eine Insolvenz werden, sondern ich bin wirklich in diese Gespräche ganz ergebnisoffen hineingegangen. Und wenn ich gesagt habe, am Anfang habe ich auch eher zu einer Insolvenz tendiert, dann – ich hab es eh dazugesagt – ist das die übliche Reaktion eines Juristen: Wozu hat man ein Insolvenzrecht, wenn man es im Fall der Insolvenz nicht anwendet?

Aber der Fall lag natürlich schon deutlich komplizierter, und insofern kann ich nur sagen, die Datenlage oder die Informationen, die aus der Bank kamen, waren nach meinem Eindruck nicht so, dass man das Gefühl hatte, ja, das ist jetzt das Ende der Fahnenstange. Irgendwie gab es immer die Befürchtung, wir wissen nicht genau, was da noch alles kommen kann und wie viel Kapitalbedarf hier noch entsteht. Da gab es schon eine gewisse Unsicherheit, die habe ich auch wahrgenommen. Und große Unsicherheiten gab es in Bezug auf die Töchter in Kroatien und in Italien; ja, das ist richtig.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wir haben auch in unserer Aufklärungsarbeit wahrgenommen, dass jedes Mal, wenn in der Bank Wertberichtigungsbedarf bestanden hat, Monate später dann noch einmal Wertberichtigungsbedarf bestanden hat, und dass das tatsächlich so war, dass nie jemand genau wusste, wie die Bank wirklich dasteht.

Meine Frage war aber noch, ob du Informationen darüber hattest, wie hoch die Haftungen zum Zeitpunkt Jänner 2014 waren, als du erstmals mit dem Thema befasst wurdest.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Wenn ich mich recht erinnere, ging es um rund 12 Milliarden Landeshaftungen, denn die wären im Fall einer Insolvenz schlagend geworden. Das entspricht meiner Erinnerung, ich weiß nicht, ob es exakt stimmt, aber das muss es wohl gewesen sein.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): War das dein Wissensstand schon zu Beginn deiner Tätigkeit, oder erst nach und nach? Hat das vielleicht die Entscheidungsfähigkeit verändert, oder war dir das zu Beginn schon klar, wie hoch die Haftungen sind?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ganz zu Beginn sicher nicht, da ging es nicht um diese Frage, das Problem ist dann beim Durchspielen des Insolvenzszenarios aufgetaucht, dann ist das Problem aufgetaucht, weil alle gesagt haben: Moment, dann werden ja die Haftungen sofort schlagend, und die machen 12 Milliarden aus. Was passiert dann im Land Kärnten? Ab dem Zeitpunkt war das natürlich auch für mich ein relevantes Thema, weil es ja das Insolvenzrisiko und das, was insolvenzrechtlich passiert, betroffen hat.

Aber wir haben wirklich damals alle Varianten durchgespielt, wir haben auch ein Insolvenzvorverfahren überlegt, und alle Möglichkeiten haben wir wirklich auch mit den externen Experten, die keine besondere Interessenlage hatten, durchdiskutiert. Das war mir auch wichtig.

Ich muss ganz ehrlich sagen, ich kann mich jetzt gar nicht mehr an die Namen der Vorstandsmitglieder damals erinnern, ich weiß es einfach nicht. Ich hatte nie einen direkten Kontakt, den hätte ich auch nicht gebraucht. Die wirtschaftliche Situation der Bank war aus meiner Wahrnehmung ein wichtiger Punkt, der dazu geführt hat, dass der Herr Vizekanzler damals gesagt hat, da müssen wir etwas tun, und zwar rasch, so kann es nicht weitergehen. Und in weiterer Folge, beim Durchspielen der diversen Insolvenzszenarien oder sonstiger möglichen Varianten, die wir auch alle durchgedacht haben ...

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich lege dir ein Dokument mit der Nummer 12650 vor, der Lieferant ist die Oesterreichische Nationalbank, und zwar ist es ein Mail von Alexander Klingenbrunner vom Bundeskanzleramt an Herrn Bundespräsident Fischer, an Herrn Bundesminister Spindelegger, an dich, Herr Bundesminister, und an Herrn Gouverneur Nowotny, und in Cc steht noch Herr Bundesminister Ostermayer. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das war an diesem ominösen Abend, als dieses Gespräch oder Abendessen beim Herrn Bundespräsidenten war, das Mail ging am 13. März 2014 um 21.25 Uhr an den genannten Empfängerkreis, und da geht es um dieses Potacs-Gutachten, das im März 2014 ausgefertigt wurde. Bekannterweise ist der Ministerratsvortrag dann am 18. März 2014 gewesen. Das heißt, es war kurz vorm Fertigwerden der Entscheidung, was man jetzt tatsächlich mit der Bank macht, ob man eine Insolvenzlösung macht, oder ob man diese Brückengesellschaft macht, wie das gestern Herr Bundesminister Spindelegger ausgedrückt hat.

Kannst du dich an dieses Gutachten erinnern? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kann mich daran erinnern, dass es dieses Gutachten gab, dass es natürlich bei der Entscheidungsfindung eine Rolle gespielt hat, im Detail wurde jetzt durch die Vorlage des Gutachtens meine Erinnerung aufgefrischt. Ich habe es verschwommen so in Erinnerung gehabt, dass auch dieses Gutachten deutlich gemacht hat, dass niemand genau vorhersagen konnte, in welcher Form eine Insolvenz das Bundesland Kärnten und seine Funktionsfähigkeit tatsächlich beeinträchtigen würde.

Deshalb habe ich auch immer gesagt, das ist auch ein verfassungsrechtliches Problem, auf das man Rücksicht nehmen muss. Und es steht hier im Ergebnis im zweiten Absatz: „Jedenfalls wäre eine Exekution gegen das Land mit aufwendigen Verfahren verbunden (…)“.

Wir haben immer gesagt, das war schon auch Gegenstand der Diskussion, der Zukunftsfonds, der scheint unmittelbar einem Zugriff ausgesetzt zu sein, wo dann das Argument von Kärnten kam, auch nur zum Teil. – Das weiß ich nicht mehr näher. Aber wichtiger war für mich, dass das auch von berufener Seite festgestellt wurde. Und Professor Potacs ist wirklich ein hochrangiger Experte – den ich übrigens persönlich kenne, er ist ein Kollege an der WU –, dem ich daher voll vertraue, was seine Expertisen betrifft.

Es heißt hier: „…eine Exekution gegen das Land“ wäre „mit aufwendigen Verfahren verbunden, bei denen im Einzelnen über die Exekutierbarkeit des Vermögens entschieden werden müsste.“ Das war es ja. Das würde ja bedeuten – auch aus heutiger Sicht , wenn wir eine Insolvenzlösung verwirklicht hätten, hätten wir heute noch Prozesse über die Frage, was im Bereich des Landes Kärnten denn verwertet werden kann und was nicht. Das war ein ganz wesentliches Argument, das wäre einfach die Unabwägbarkeit der Konsequenzen, eine Insolvenzlösung für das Bundesland Kärnten wäre etwas gewesen, was man nicht hätte verantworten können. Das ist es, das war ein wesentliches Argument.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Vieles begleitet uns in dieser Aufarbeitungsarbeit, vieles kommt immer wieder in Jahresabständen und eines, was garantiert immer kommt, sind die Haftungen, nämlich auch bei der Verstaatlichung waren die Haftungen ein wesentlicher Punkt. Man hat so das Gefühl, dass die seinerzeitigen politisch Verantwortlichen auch zum Zeitpunkt der Verstaatlichung, das war bekanntlich noch Herr Landeshauptmann Dörfler, der jetzt immer noch für die FPÖ im Bundesrat sitzt, der ja überhaupt keine Reue oder keine Neigung zeigt, dass er vielleicht auch ein gewisses politisches Versagen damals gezeigt hat ...

Damals war schon klar, dass bei einer Insolvenz der Bank die Haftungen sofort schlagend werden. Immerhin war das bei einem Höchststand von irgendwann einmal 24 Milliarden € das Zwölffache, also mehr als das Zehnfache des Landesbudgets von Kärnten. Es stellt sich schon die Frage, ob die Kärntner Politik damals nicht schon damit spekuliert hat, dass irgendwann einmal der Bund für diese Haftungen einspringen wird, weil sie das niemals stemmen können.

Und genauso ist es dann im Jahr 2014, wo man zuerst Szenarien überlegt hat, ob man die Bank in die Insolvenz schicken kann, ob jetzt der richtige Zeitpunkt ist, und dann waren immer noch 12 Milliarden an Haftungen ausstehend, und auch die wären sofort schlagend geworden. Das heißt, in Wirklichkeit wird immer so ein bisschen mystifiziert, warum es dann diese Insolvenzlösung nicht gegeben hat, da wäre man sich in der Koalition nicht einig gewesen oder sonst irgendetwas, aber ich glaube, es hat überhaupt keine andere Alternative gegeben, ohne Kärnten mit in die Pleite zu reißen.

Jetzt hätte ich noch eine Frage zu dem Punkt, und zwar: Wie hat sich denn Herr Dr. Peschorn in diese Debatte rund um die Insolvenz eingebracht oder nicht eingebracht?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Eigentlich eine Reihe von Fragen. Ich möchte aber gerne alles, das mir jetzt einfällt, auch gleich wiedergeben, weil das einfach, glaube ich, der Sache dient. Ich kann jetzt nicht beurteilen, inwieweit auch im Jahr 2009 natürlich diese Haftungen eine Rolle gespielt haben, in welchem Umfang. Dass sie eine Rolle gespielt haben, ist doch völlig klar.

Wenn ich das jetzt so ganz offen sagen darf, ich habe erst relativ spät auch erfahren, dass diese Haftungen des Bundeslandes Kärnten ursprünglich den Umfang von 24 Milliarden gehabt haben, ursprünglich, das ist, wenn ich das ungefähr richtig einschätze, mehr als das Zehnfache des Landesbudgets.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das Zwölffache, exakt. 2 Milliarden war damals das Landesbudget.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Erlauben Sie mir diese saloppe Bemerkung, das ist jetzt nichts Sachliches, aber als ich das das erste Mal gehört habe, ist mir ein sehr erfolgreicher touristischer Werbespruch des Bundeslandes Kärnten eingefallen, nämlich „Kärnten ist a Wahnsinn“. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Dieses Ausmaß an Haftungen hat mich schon überrascht, als ich davon erfahren habe.

Etwas Zweites fällt mir noch ein, weil hier auch in dem Gutachten steht, es gelten nur die Verfügungsbeschränkungen der Exekutionsordnung im Falle einer Insolvenz. – Ich erinnere mich jetzt daran, dass Diskussionen geführt wurden, wo ich mir gedacht habe, das kann es doch nicht sein. Da wurde gesagt, na ja, Verfügungsbeschränkungen gibt es auf jeden Fall, man darf keine Kindergärten exekutieren, und dann ist über sonstige Landesdienste im sozialen Bereich diskutiert worden. Also ich persönlich habe mir dann schon auch gedacht, wenn das dann ein ernsthaftes Thema wird, ist das schon auch ein Faktor, den man politisch sehr wohl berücksichtigen muss. Das finde ich schon.

Ich meine, der Zukunftsfonds war außer Streit, klar, auf das kann man zugreifen, aber alles Weitere war in Diskussion. Und eigentlich hat das Gutachten Potacs für mich auch gezeigt: Wir riskieren ich sage es jetzt ein bisschen überspitzt – im Fall einer Insolvenz das Chaos in Kärnten. Und das hätten wir nicht verantworten können; dazu stehe ich.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich hätte noch eine abschließende Frage, und zwar: Es gab  ich kann das auch gerne in der nächsten Runde vorlegen, wenn es gewünscht ist, aber wir kennen das Dokument alle  eine Expertise von der Finanzprokuratur bereits vor der Verstaatlichung, wo verschiedene – nein, nicht im Zuge der Verstaatlichung, sondern im Zuge der Überlegungen beispielsweise auch, was eine Bad Bank oder eine Abbaueinheit betrifft ...

Es gab auch immer die Gefahr, wenn beispielsweise eine Geschäftsaufsicht über die Bank kommt, dass nach § 81b Bankwesengesetz bereits möglicherweise die Haftungen schlagend werden.

Hast du dich mit diesem Thema, was die Geschäftsaufsicht betrifft und ob auch bei Geschäftsaufsicht schon die Haftungen schlagend werden, auch einmal befasst? In Wirklichkeit hätte ja die Geschäftsaufsicht Auszahlungen verhindern müssen, Liquidität hätte nicht abgezogen werden können et cetera. Das heißt, hat man auch einmal in deiner Gegenwart oder mit dir darüber geredet?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ohne jetzt eine genaue Erinnerung daran zu haben, wir haben auch über Möglichkeiten eines Vorverfahrens, einer Geschäftsaufsicht diskutiert. Das Ergebnis war negativ. Zusammengefasst nach meiner Erinnerung war es so, dass man eigentlich allgemein dann gesagt hat, das geht dann in Richtung Insolvenz. Das ist daher zu vermeiden, also das wäre der Weg in die Insolvenz gewesen, nach allem, was uns damals auch die Experten gesagt haben.

Und jetzt bin ich Ihnen noch die Antwort schuldig auf die Frage betreffend den Leiter der Finanzprokuratur Dr. Peschorn. Ich habe mit ihm nie wirklich inhaltlich näher diskutiert, vielleicht auch deshalb, denn nach meiner Erinnerung kam der Entwurf für das SolKäG, also für das Gesetz, das eben die Solvenz Kärntens sicherstellen sollte ... Das war ein Vorschlag von ihm und der wurde von unserem Haus aus guten Gründen, wie ich glaube, abgelehnt. Und dann erst kam es zu den Arbeiten am HaaSanG. Vielleicht hat Dr. Peschorn jetzt auch deshalb nicht unbedingt das Gespräch mit dem BMJ gesucht, weil eben sein Gesetzentwurf von uns nicht wirklich für die Umsetzung empfohlen wurde. Dieser Gesetzentwurf wurde auch deshalb nicht empfohlen, weil das nach Meinung unserer Fachabteilung letztlich auch in die Insolvenz geführt hätte. (Abg. Tamandl: Mhm!) Und das wurde daher letztlich einvernehmlich von allen abgelehnt. Also mehr Wahrnehmungen habe ich diesbezüglich nicht.

Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie sind in der Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Habe ich das richtig verstanden? Auch die Geschäftsaufsicht wäre in Wirklichkeit die Vorstufe zu einer Insolvenz gewesen und hätte, bei Insolvenz, jedenfalls auch die Haftungen Kärntens ausgelöst?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kann jetzt seriöserweise nur aufgrund meiner Erinnerung sagen, dass auch alle Varianten in Richtung Vorverfahren, Geschäftsaufsicht im Ergebnis nach Beurteilung aller Experten, die wir dafür herangezogen haben, als nicht zielführend bewertet wurden. Im Detail kann ich es nicht mehr sagen, warum und wieso.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Danke. – Ich möchte noch an meinen Kollegen Obernosterer weitergeben.

Vorsitzende Doris Bures: Bitte, Herr Abgeordneter Obernosterer. Sie haben dreieinhalb Minuten.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Justizminister! Ich darf Ihnen eine Unterlage geben, ein Artikel aus der „Kleinen Zeitung“ vom 4. Juni 2014. Die zweite Unterlage hat die Nummer 14888, Lieferant ist das Bundesministerium für Finanzen. (Der Auskunftsperson werden Schriftstücke vorgelegt.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, und soll ich jetzt dazu etwas sagen oder kommt noch eine Frage? (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Minister! Vielleicht von mir ... So wie ich das noch in Erinnerung habe, und wie Sie es auch in Ihren Ausführungen gesagt haben, war es ja damals der Wille des Finanzministers, endlich das Thema Hypo abzuschließen und ein Gesamtpaket zu machen.

Und wie ich mir diesen Vortrag an den Ministerrat – der auch beschlossen wurde vom 18. März 2014 durchgelesen habe, steht unter den anderen Maßnahmen hinten unter Punkt 3 auf der Seite 3: „Das Land Kärnten muss seiner Verantwortung gerecht werden und einen substantiellen Beitrag zur Abwicklung der HBInt leisten (Zielgröße 500 Millionen Euro).“

So ist es damals auch im Plenum besprochen worden. Wir wissen – der eine oder andere noch, der sich mit dem in der Tiefe beschäftigt hat –, wie die Diskussion dann auch gelaufen ist. Im Artikel der „Kleinen Zeitung“ vom 4. Juni 2014 steht: Kärnten pokert um 500 Millionen. „Ob per Gesetz oder Verhandlung: Der Bund will von Kärnten 500 Millionen Euro für den Hypo-Schaden. Das Land wehrt sich mit Gegenrechnen.“ Das andere ist medial aufgezogen.

Meine Frage an Sie, Herr Minister: Was war beabsichtigt mit dem, was in diesem Gesetz drinnen steht – Kärnten zu verpflichten, zu zahlen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also es war damals schon die Erwartungshaltung da, dass Kärnten mit diesem Zukunftsfonds, den 500 Millionen, einen Beitrag zur Sanierung zur Bank leistet. Wie ich schon gesagt habe, wie genau, wann genau und an welche Bedingungen geknüpft, das kann ich nicht sagen, denn da war ich nie eingebunden. Aber das haben sich der Bund, und vor allem auch der Finanzminister, schon erwartet, dass diese 500 Millionen zur Verfügung gestellt werden. Alles Weitere kann ich nicht sagen, weil ich dazu keine Wahrnehmung habe.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Aber es hat ja damals auch geheißen, in der Wahrnehmung, da steht es ja auch drinnen: Sollte Kärnten nicht freiwillig zahlen, wird man sie per Gesetz dazu verpflichten.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also das, was im Vortrag an den Ministerrat steht, entspricht ja genau der von mir geschilderten Erwartungshaltung, nämlich dass diese 500 Millionen – hier als Zielgröße definiert, das war der Zukunftsfonds, um den es ging hier als Beitrag zur Sanierung mit drinnen sein sollten.

Vielleicht steht hier deshalb „Zielgröße“, weil damals möglicherweise auch schon vonseiten Kärntens gesagt wurde, dass dieser Betrag aufgrund irgendwelcher Bindungen nicht sofort zur Verfügung stehen kann, die ich jetzt nicht nachvollziehen kann. Ich glaube, mich zu erinnern, dass es schon ein dreistelliger Millionenbetrag war, von dem Kärnten sagte, nein, das können wir jetzt gar nicht zur Verfügung stellen, aufgrund von Umständen, die ich nicht mehr im Kopf habe. Das war auch nicht wirklich mein Thema. Aber die Erwartungshaltung des Bundes kommt ja hier im Vortrag an den Ministerrat deutlich zum Ausdruck. Und alles Weitere war eine Verhandlung zwischen Finanzministerium und dem Land Kärnten, da war ich nie eingebunden.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Eine Frage, Herr Bundesminister, dieser Punkt 3 in diesem Ministerratsvortrag, der dann beschlossen wurde, da steht, wie gesagt, drinnen: „Das Land Kärnten muss seiner Verantwortung gerecht werden“ und für die Gesamtabwicklung der Hypo Zielgröße 500 Millionen € beitragen. Wie verstehen Sie die 500 Millionen? Als Beitrag von Kärnten für das Gesamtpaket? Verstehe ich das richtig so?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe es so verstanden. Das hängt eben damit zusammen, dass für mich dieser Zukunftsfonds eine Rolle gespielt hat, als etwas, was im Zuge einer allfälligen Insolvenz – als wir darüber diskutiert haben – jedenfalls dem Zugriff unterliegen würde. Das heißt, dass wäre auf jeden Fall weg, im Falle der Insolvenz, und das geht relativ leicht. Alles Weitere war schon ein bisschen schwieriger.

Ich glaube, mich zu erinnern, dass es auch irgendeine Landesbeteiligung gab, von der man sagte, auf die könnte man auch zugreifen. Näheres weiß ich einfach nicht mehr. Der Vortrag an den Ministerrat wurde natürlich nicht von unserem Haus erstellt, sondern, wie es auch hier steht, vom Bundesministerium für Finanzen.

Ich kann nur mit allen Unsicherheiten, die man normalerweise mit Erinnerungen hat, die so lange zurückreichen, die Erwartungshaltung des Bundes wiedergeben: Den Zukunftsfonds wird Kärnten jedenfalls für die Sanierung der Bank zur Verfügung stellen. Die hat es gegeben, und das hätte ich auch als logisch empfunden. Ja, schon, so wie es hier zum Ausdruck kommt.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Darf ich es jetzt vom Laien aus einmal sagen: Wenn ich eine Sanierung von irgendeinem Anwesen mache, schnüre ich mit der Bank ein Gesamtpaket, was jeder dazu leisten und beitragen kann. Ich stelle diesen Katalog auf. Und, wie gesagt: So sind da auch die 500 Millionen wahrscheinlich zu verstehen, nicht?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kann es nicht genau sagen, weil ich da nie eingebunden war. Ich kenne auch das, was da in der „Kleinen Zeitung“ vom 4. Juni wiedergegeben wird, nicht. Das sehe ich jetzt zum ersten Mal. Also wenn Kärnten Gegenforderungen geltend gemacht hat, dann kann das ja nur im Zusammenhang mit dem Finanzministerium geschehen sein. Ich habe dazu keine Wahrnehmungen. Das war auch zu dem Zeitpunkt schon gar nicht irgendein Thema, denn im Juni war es schon klar: Es wird keine Insolvenz geben. Daher war auch für mich der Zukunftsfonds kein Thema mehr.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Eine Frage noch, die letzte Frage.

Herr Minister, wie verstehen Sie diesen Satz in der gestrigen Aussendung des Amtes der Kärntner Landesregierung, Landespressedienst: „ (…) dass das Land Kärnten 500 Millionen Euro ohne jegliche Gegenleistung in die damalige Hypo einzahlen hätte sollen“?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kann den Satz nur genauso verstehen, wie ihn jeder verstehen wird, der ihn unbefangen liest, dass eben die 500 Millionen jedenfalls hätten fließen sollen, ohne irgendwelche Bedingungen oder Gegenleistungen. Aber ich kann ihn nur so verstehen. Ob der Satz auch seine Berechtigung aufgrund der damaligen Gespräche mit dem Finanzminister hat, kann ich wirklich nicht sagen. Ich war da nie eingebunden. Für mich oder für uns, wenn ich so sagen darf, war schon klar: Na ja, den Zukunftsfonds wird Kärnten schon opfern müssen. – Eigentlich eine merkwürdige Konstellation: Der Zukunftsfonds sollte für die Vergangenheitsbewältigung der Hypo verwendet werden. – Diese Erwartung seitens des Bundes gab es sicher. Das habe ich wahrgenommen, aber im Detail kann ich da nichts dazu sagen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich möchte die Liste, die der Kollege Hable heute anzuführen begonnen hat und bei der es um die Vertretungen Ihrerseits gegangen ist, mit der Sachverhaltsdarstellung mit der Nummer 253100 komplettieren – der Lieferant ist die Staatsanwaltschaft Kärnten –, die Sie in Ihrer Funktion als Anwalt für die Hypo gegen die Spitzen der Finanzmarktaufsicht, die in der Sachverhaltsdarstellung namentlich aufgeführt sind, eingebracht haben. Ich darf Ihnen gerne das entsprechende Dokument übermitteln, die Nummer ist bereits erwähnt worden. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Die Sachverhaltsdarstellung wurde eingebracht gegen Dr. Kurt Pribil, Vorstandsdirektor (Ruf: Die Nummer noch einmal, bitte!) – 253100 –, Dr. Heinrich Traumüller, Vorstandsdirektor, Dr. Oliver Schütz, Abteilungsleiter, viertens gegen Herrn Klaus Grubelnik, Pressesprecher der Finanzmarktaufsicht, und ansonsten noch unbekannte Täter innerhalb der Finanzmarktaufsicht. Gegangen ist es um das Thema der Swapgeschäfte, wo die Finanzmarktaufsicht in dieser Form dann tätig geworden ist. Diese Sachverhaltsdarstellung ist im Mai 2006 eingebracht worden. – Das einfach für das Protokoll.

Damit möchte ich zum Thema Insolvenz kommen. Herr Bundesminister, Sie haben heute schon ausgeführt, dass Sie sehr offen in die Gespräche gegangen sind, ergebnisoffen, wie Sie betont haben, und durchaus auch am Anfang eher zu einer Insolvenz geneigt haben. Es wurden heute schon verschiedenste Experten, Expertinnen angeführt.

Ich möchte noch einmal näher auf das zeb-Gutachten eingehen, das ich Ihnen in dieser Form noch übermitteln darf, mit der Nummer 13032. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Oben auf der Seite 23 wird ein Argument seitens der Gutachter angeführt, das ich so in dieser Form auch für das Protokoll zitieren möchte:

„Zusammenfassend überzeugt das Insolvenzmodell zeb/ auf Ebene der Primäreffekte und aus Sicht der Republik Österreich mehr.“Das ist einmal eine Aussage.

Es geht dann weiter zu diesem Thema auf der nächsten Seite, wo in der Mitte festgehalten wird:

„Zusammenfassend ist es Ansicht von zeb/, dass die Anstaltslösung etwas riskanter für die Bonität des Bundes ist (…)“.

Weiter geht es dann auf der nächsten Seite, wo wiederum auf die Auswirkungen eingegangen wird, mit dem Zitat:

„Ein Spill-Over von Insolvenzgerüchten der HBInt auf andere österreichische Banken war bislang nicht zu erkennen.“

Weiters wird auch noch wörtlich ausgeführt:

„Auch sind aufgrund des geringen Marktanteils (…) keine Verwerfungen an den europäischen Pfandbriefmärkten durch eine Insolvenz der HBInt zu erwarten.“

Jetzt gibt es eine ganze Strecke von Ausführungen des zeb-Gutachtens. Ab welchem Zeitpunkt haben Sie das zeb-Gutachten und die Inhalte davon gekannt?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, das kann ich Ihnen jetzt datumsmäßig nicht sagen. Es war aber von dem zeb-Gutachten natürlich im Zuge der Diskussionen auch immer wieder die Rede. Es wurde sicher auch berücksichtigt. Wie ich schon vorher auch Bezug nehmend auf den Punkt 2 der zusammenfassenden Beurteilung dieses Gutachtens gesagt habe, findet sich auch da die Formulierung, dass es im Bereich der Sekundäreffekte Unabwägbarkeiten gibt, die auch hier festgestellt werden.

Aber es war sicher ein Gutachten, das natürlich auch Beachtung gefunden hat. Ich vermute, dass es im Auftrag des Finanzministeriums erstellt wurde (Abg. Lichtenecker: Ja, so ist es!), ohne das genau sagen zu können, aber es ist sicherlich entsprechend berücksichtigt worden. Ich kann nicht sagen, ob es dann mit den Gutachtensverfassern auch Kontakte gegeben hätte in dem Sinn, dass man Rückfragen bezüglich bestimmter Unabwägbarkeiten gestellt hätte, insbesondere was jetzt die Verwertbarkeit von Vermögenswerten des Landes betrifft, denn das ist hier relativ pauschal formuliert, dass es hier zu einem Risiko, einem politischen Risiko, käme durch einen Bank Run, insbesondere in den Staaten, wo sich die Hypo auch im Ausland engagiert hat.

Also ich kann nur sagen: Es ist sicherlich auch dieses Gutachten, was seine Argumente betrifft, entsprechend berücksichtigt worden und in die Gesamtbeurteilung eingeflossen. Ich kenne die Verfasser nicht. Also ich habe sicher nie mit zeb direkten Kontakt gehabt, aber dass es das Gutachten gab und dass damit argumentiert wurde, daran kann ich mich erinnern, ja.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber welchen Stellenwert hat dieses Gutachten gehabt, das vom Finanzministerium direkt beauftragt wurde? Haben Sie eine Erinnerung daran?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, aber wir haben gerade vorhin von dem Gutachten Potacs in Bezug auf die Insolvenzmöglichkeiten und die Auswirkungen einer Insolvenz auf die Bundesländer, auf Gebietskörperschaften gesprochen.

Sie werden in so einer schwierigen Rechtsfrage in diesem Grenzbereich, in dem wir uns bewegen und Neuland betreten mussten, immer wieder verschiedene Gutachten finden. Ich würde meinen, dieses zeb-Gutachten war ja auch eine gute Grundlage für die Diskussion. Das möchte ich schon sagen.

Aber insgesamt muss man dann einfach abwägen – alle Argumente, alle Gutachten – und dann seine Entscheidung treffen. Das, was in diesem Gutachten steht, darf man so wie bei jedem anderen Gutachten auch jetzt nicht verabsolutieren. Es war ein wichtiger Beitrag zur Problemlösung, weil das, was hier erarbeitet wurde, natürlich auch eine Grundlage für die Entscheidungsfindung gewesen ist – keine Frage. Aber es wäre natürlich ganz gegen meinen Zugang gewesen, jetzt etwa nur ein Gutachten zu haben oder sich nur auf ein Gutachten zu stützen. Das wäre völlig falsch.

Ganz im Gegenteil! Ich habe von Anfang an gesagt: Lieber Michael – damit meine ich den Vizekanzler –, das müssen wir auf eine breite Basis stellen! Du musst dann, bitte, auch zwei Experten beiziehen, die ich benenne, denn die brauchen wir einfach, weil das eine breite Basis haben muss. Man kann sich da nicht nur auf ein Gutachten verlassen, sei es noch so gut. Das wäre nicht wirklich verantwortungsbewusst.

Daher war das natürlich eines von mehreren Gutachten, das sehr wohl ernst genommen wurde und auch Beachtung gefunden hat, aber die Gesamtbeurteilung hat dann ein anderes Ergebnis erbracht, wobei ich schon sagen möchte: Aufgrund dieses Gutachtens kann man nicht sagen, dass nur eine Insolvenzlösung die richtige wäre. So ist ja auch wieder nicht, aber es war ein Argument eher in diese Richtung. Es gab Argumente in eine andere Richtung, und man hat das folglich auch – glaube ich, sagen zu können – sehr, sehr gut überlegt, und das in relativ kurzer Zeit.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Minister, in diesem Gutachten ist auch – Sie haben es ja vorhin auch ausgeführt – dieses Thema Bank Run unter Umständen in den südosteuropäischen Ländern enthalten. Jetzt betrifft das angrenzende oder weiter weg liegende Nachbarn. Sind diesbezüglich Ihnen bekannte Gespräche geführt worden?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ist mir nicht bekannt, dazu kann ich auch keine Wahrnehmungen haben. Ich wusste nur, dass es hier eine Anfrage seitens der kroatischen Nationalbank gab, die doch zu einer gewissen Beunruhigung geführt hat, in Bezug auf mögliche Konsequenzen bis hin zu Verstaatlichungen der Hypo-Töchter im Ausland. Das wurde einmal schon auch als Argument seitens der Notenbank erwähnt – wenn ich mich richtig erinnere –, aber ich habe das auch für richtig gehalten, dass man sich auch mit diesem Thema und mit diesem Argument auseinandersetzt, aber direkt eingebunden in solche Gespräche war ich natürlich nicht.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber wäre es für Sie nicht zwingend erforderlich, dass jetzt seitens des Ministeriums, seitens der Oesterreichischen Nationalbank entsprechende konkretere Gespräche mit den Banken, mit den politischen Vertretern der betroffenen Länder geführt werden?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kann nur sagen, das betrifft natürlich primär das Finanzressort, wenn überhaupt. Ich weiß nicht, ob jetzt überhaupt noch Gespräche Sinn machen. Ich kenne den aktuellen Stand nicht, was diese Verfahren betrifft. Soviel ich weiß, werden die Vermögenswerte der Auslandstöchter verwertet. Ich kann nicht sagen, wie weit das ist.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich spreche von dem Zeitpunkt 2014 und einer möglichen Option eines Bank Runs, wenn es eine Insolvenz gibt. Ich spreche von diesem Zeitpunkt und dem Erfordernis, die entsprechenden Gespräche zu führen, um eine Lösung zu finden, denn das ist ja eines der Argumente gegen eine Insolvenz gewesen: einen möglichen Bank Run zu riskieren.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Wenn es hier Gespräche gegeben hat, dann können die nur seitens der Notenbank geführt worden sein oder auch seitens des Finanzministeriums. Ich habe dazu keine Wahrnehmung, ich kann daher nichts dazu sagen. Ich weiß nur, dass die Befürchtungen in Bezug auf Bank Run ja sogar weiter gingen. Die gingen so weit, dass in so einem Fall auch andere österreichische Banken, nur weil sie österreichische Banken sind, von so etwas betroffen sein könnten. Auch diese Befürchtungen gab es – ich kann das nicht näher beurteilen, das ist Sache der dafür zuständigen Experten –, aber ein Argument im Zusammenhang mit den möglichen Konsequenzen einer Insolvenz, wie es ja auch hier in dem zeb-Gutachten heißt: dass auf Ebene der Sekundäreffekte die a priori nicht auszuschließende Möglichkeit eines Bank Runs in den SEE-Staaten vermutlich – vermutlich! – weniger zu einem wirtschaftlichen als vielmehr zu einem politischen Risiko führen würde.

Das ist genau die Unabwägbarkeit, da kommen wir nicht drum herum. Niemand konnte seriöserweise sagen, wie weit das gehen kann. Das war damals einfach wirklich mangels entsprechender verlässlicher Daten nicht möglich, und daher sehe ich eigentlich jetzt in diesem Gutachten … Also für mich ist das auch nachvollziehbar, das ist keine Frage. Aber darum ging es ja: Die Konsequenzen und die Folgen in den sekundären, vielleicht auch tertiär Effekten abzuschätzen und die auf möglichst breiter Basis mitzuberücksichtigen.

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind in der Fragezeit der zweiten Runde.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Völlig klar, Herr Minister, aber nichtsdestotrotz, genau dann müssen, um alle Faktoren in die Entscheidungen miteinbeziehen zu können, die entsprechenden Gespräche geführt werden. So wie ich Sie jetzt richtig verstehe, hat es ein Gespräch gegeben, Nationalbank/Kroatien, aber das war es dann schon.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich weiß es nicht. Wie gesagt, ich kann es nicht sagen. Wenn es hier Gespräche gegeben hat, dann müssten sie natürlich auf Ebene der Notenbanken geführt worden sein, allenfalls auf Ebene des Finanzressorts. Ich war in solche Gespräche nie eingebunden. Ich hätte auch keine Veranlassung gehabt, damals meinen kroatischen Kollegen zu kontaktieren. Dafür gab es keinen Grund und auch keinen sinnvollen Anlass.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Das war auch nicht die konkrete Geschichte. Aber letztendlich glaube ich, dass da auch noch fehlende Maßnahmen, Gespräche durchaus festzustellen und zu vermerken sind.

Etwas anderes jetzt noch in diesem Kontext. Sie waren mit in den Debatten, in den Diskussionen zu dieser Entscheidung. Die Gutachten, die heute schon angeführt wurden, haben eine entsprechende Rolle gespielt, und gleichzeitig haben dies auch – so wie Sie im Eingangsstatement gesagt haben – die Expertinnen und Experten in diesem Bereich.

Welche Experten sind genau zu dieser Entscheidung noch hinzugezogen worden?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Was die Rechtsfragen betrifft, habe ich zwei sehr erfahrende Rechtsanwälte vorgeschlagen, die man beiziehen sollte. Das war einerseits der Rechtsanwalt Dr. Karl Engelhart – für mich der Insolvenzrechtsexperte –, andererseits ein ausgewiesener Bankrechtsexperte, das war der Dr. Alexander Russ. Es gab daneben, als Vertreter der Bank, den Rechtsanwalt Dr. Markus Fellner, auch ein ganz hervorragender Fachmann und Experte.

Es gab im Zuge dieser Diskussionen und Gesprächsrunden als Vertreter der Taskforce den – mittlerweile auch Rechtsanwalt – Mag. Georg Krakow, und es gab natürlich den Leiter der Finanzprokuratur Dr. Peschorn und einen Kabinettsmitarbeiter des Finanzministers – das war im Regelfall entweder der damalige Kabinettschef Dr. Schmid oder, da müsste ich jetzt nachdenken … Irgendjemand vom Kabinett war bei den Gesprächsrunden normalerweise auch immer dabei. Das war so die übliche Konstellation. Ich erinnere mich auch daran, dass ich zumindest einmal auch bei einer Gesprächsrunde dabei war – das war aber eher schon spät – in der Nationalbank. – Das war der übliche Rahmen, in dem ich mich da bewegt habe.

Die wirkliche politische Entscheidung war dann eine, in die ich nicht wirklich eingebunden war. Sehr wohl aber hat mich Michael Spindelegger vorher – vor dieser Letztentscheidung – gefragt, wie ich das sehe, ob ich der Meinung wäre, eine Insolvenz wäre das Bessere, oder ob ich etwas anderes empfehlen würde. Ich konnte ihm natürlich – ich verkürze und vereinfache jetzt – sagen: Schau, wir haben das auch über unsere Fachabteilung alles wirklich genau überprüft. Wir haben ja auch gesagt: Entwurf SolKäG ist nicht wirklich sinnvoll, würde ich nicht empfehlen, aber das HaaSanG hält auch unsere Fachabteilung für wirklich gut vertretbar. Daher würde ich dir auch empfehlen, diese Lösung zu gehen und nicht die Insolvenz zu wählen, weil die für mich unabwägbare Risken hat, die man politisch nicht verantworten kann.

Das war am Ende des Tages und am Ende der Überlegungen meine persönliche Meinung und ist es immer noch auf der Basis der damaligen Daten und Fakten. Das habe ich ihm sicher gesagt, und das war sicherlich etwas, was er bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt hat, und letztlich ist das sicher eine Entscheidung auf politischer Ebene zwischen ihm und dem Kanzler gewesen. Das ist ja auch heute schon gesagt worden. Aber ich stehe dazu, er hat sicherlich auf meinen Rat auch entsprechend Wert gelegt, einfach weil wir einander seit unserer gemeinsamen Zeit an der Uni sehr gut kennen, seit den frühen achtziger Jahren.

Wissen Sie, es gibt Bereiche, auch in der Juristerei, da kommt es zwar auch auf Fachkenntnis an, aber irgendwo, wenn es wirklich extreme Bereiche betrifft, geht es schon auch um das persönliche Vertrauen und um die Frage: Gibt einem jemand eine Expertise wirklich völlig frei von irgendwelchen Eigeninteressen, oder müssen wir davon ausgehen, dass es irgendwelche Eigeninteressen gibt? Daher bin ich sicher, dass ihm mein Rat auch entsprechend wichtig gewesen ist, das denke ich schon. Aber wie gesagt, die politische Entscheidung fiel nicht so, dass ich da eingebunden hätte sein können, es war nicht meine Sache.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Der Herr Vizekanzler außer Dienst hat auch gestern das gute Vertrauensverhältnis zu Ihnen immer wieder betont und ausgeführt.

Weil Sie vorhin das HaaSanG angesprochen haben: Ich kann mich erinnern, dass Sie auch immer sehr überzeugt davon waren, dass das so in dieser Form – ich sage jetzt einmal – wasserdicht ist. Waren Sie dann ob des weiteren Verlaufs überrascht?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Sie meinen jetzt natürlich die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, die dann gekommen ist. (Abg. Lichtenecker: Genau!) Das habe ich mir gestern noch angeschaut, weil ich eben auch wissen wollte, aufgrund welcher Medienberichte es zu dieser Vorstellung kam, ich hätte in einer Nachtsitzung die Meinung des Herrn Vizekanzlers gedreht. Da ist mir aufgefallen, ich habe dazu immer gesagt: Aus damaliger Sicht hatten wir mit diesem Gesetz die größtmögliche Sicherheit, die man in diesen schwierigen Rechtsbereichen haben kann, vor allem gestützt auf EU-Recht.

Wir wussten damals, die neue Richtlinie kommt, und letztlich war das nicht mehr von großer Bedeutung. Ich persönlich hätte schon eher gedacht, dass dieses Gesetz, so wie wir es gemacht haben, auch beim Verfassungsgerichtshof halten wird, aber ich habe immer gesagt, das kann seriöserweise niemand garantieren. Wenn der Verfassungsgerichtshof so ein Gesetz aufhebt, dann ist das im Rahmen eines Rechtsstaates etwas ganz Normales.

Damals war es insofern ja nicht mehr so bedeutsam, als wir dann aufgrund der neuen Richtlinie – von der wir Anfang 2014 schon wussten, dass sie kommt – ohnehin schon das BaSAG gehabt haben. Daher wurde ja eigentlich durch das BaSAG das HaaSanG ohnehin weitgehend gegenstandslos. Das Gesetz über die Abbaueinheit, das GSA, war ja von der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes nicht betroffen. Wenn ich mich – und das werden Sie jetzt besser im Kopf haben – richtig erinnere, hat der Verfassungsgerichtshof ja deshalb die Verfassungswidrigkeit konstatiert, weil die Gläubiger sozusagen nicht gleich behandelt worden wären.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Genau, die Gleichheit vor dem Gesetz und die Unverletzlichkeit des Eigentums.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, wir haben nach meiner Erinnerung damals genau diesen Punkt sehr genau überlegt, mit dem Argument nämlich – das hat sich dann letztlich als nicht wirklich tragfähig erwiesen –, dass wir uns auf die Nachranggläubiger beschränken, weil die im Falle der Insolvenz als Alternative ohnehin nichts bekommen würden. An das Argument erinnere ich mich noch.

Es ist ja auch so – wie von mir eingangs auch vorgelesen – in der Wahrnehmung oder Einschätzung unserer Fachabteilung, dass dieses Gesetz in Bezug auf die Gläubiger eine vergleichsweise noch schonende Lösung vorgesehen hat.

Wenn Sie es vergleichen mit dem, was dann aufgrund des BaSAG gemacht wurde: Also der Schuldenschnitt aufgrund des BaSAG ist unvergleichlich härter gewesen. Eigentlich wurde ja das HaaSanG durch das BaSAG materiell weitgehend derogiert.

Ich sage Ihnen ganz offen: Hätte man damals seitens der Regierung oder hätte ich auch eine Veranlassung gesehen, jetzt zu verhindern, dass hier eine Verfassungsgerichtshofsentscheidung in dem Sinn kommt, dann hätte man – also ich hätte das nie getan – theoretisch daran denken können, mit dem BaSAG einfach das HaaSanG aufzuheben. Aber letztlich, materiell, ist mit dem BaSAG natürlich das HaaSanG so gut wie obsolet geworden, und daher war das eigentlich kein wirkliches Thema.

Aber noch einmal: Ich kann die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, die ich hier wirklich nicht kritisieren will, absolut nachvollziehen. So ist das halt in Grenzbereichen, da kommt es halt oft zu Entscheidungen, wo es auch verschiedene Meinungen geben kann.

Mein Gott, ich komme ja auch aus der Wissenschaft, aus der Uni. Wir sind es gewohnt, auch höchstgerichtliche Entscheidungen als Wissenschafter zu kritisieren, rechtswissenschaftlich. Als Minister steht mir das nicht zu, und ich würde es daher auch nie tun.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Würden Sie diese gesetzliche Grundlage in dieser Form und mit dem Wissen von jetzt von vorherein anders gestalten oder einen anderen Weg gehen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, ganz ehrlich, ich kenne die jetzigen Daten und Fakten aufgrund der jetzigen Situation natürlich nicht, weil ich ja da schon lange nicht mehr eingebunden bin. Ich kann nur noch einmal sagen, und dazu stehe ich: Aufgrund der damaligen Daten und Fakten, die man noch heute nachvollziehen kann – und darum ist es ja auch so wichtig, dass es eine entsprechende Dokumentation gab, auch bei uns im Haus, wo man die damalige Situation auch gut nachempfinden kann –, glaube ich auch heute, dass es richtig war, die Insolvenz nicht zu riskieren, weil sie einfach zu viele unabwägbare Risken beinhaltet hätte.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Haben Sie noch eine Erinnerung, wie da die Position des Koalitionspartners war? Welche Gläubiger werden jetzt einbezogen oder auch nicht?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Da habe ich keine Wahrnehmung, nein. Ich kann nur sagen, dass natürlich auch schon klar war – das wurde im Zuge der Diskussionen auch klar –, dass das Risiko einer Insolvenz auf Seite des Koalitionspartners als durchaus maßgeblich und relevant erachtet wurde, aber die Hauptgespräche – aus meiner Sicht –, die ich auch geführt habe, haben jetzt nicht zwischen mir und Vertretern des Koalitionspartners stattgefunden. Das war auf Ebene Spindelegger und Faymann, nicht auf meiner.

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur zweiten Fragerunde. Da gibt es jetzt noch eine Restredezeit bei der sozialdemokratischen Fraktion. – Herr Abgeordneter Mag. Unterrainer. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Ich möchte noch einmal auf die Insolvenz, auf diese Debatte zurückkommen. Im November 2013 ist diese Debatte um die Insolvenz, um die Abbaueinheit, vom Zaun gebrochen worden. Die ist dann nicht nur ministeriumintern, sondern vor allem in der Öffentlichkeit geführt worden, was schlussendlich auch dazu geführt hat, dass der damalige Aufsichtsrat Liebscher und Leiter der Taskforce aufgrund der negativen Auswirkungen dieser Diskussionen zurückgetreten ist. Wie haben Sie selbst als Minister diese Debatte wahrgenommen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Eigentlich nicht wirklich, nur von außen, was jetzt die Konsequenzen betrifft. Ich habe da keine Wahrnehmungen dazu – wirklich nicht.

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Das heißt, Sie waren weder direkt noch indirekt in diese Debatte involviert oder inkludiert.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Meinen Sie jetzt die Debatte über die …?

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Die öffentlich geführte Debatte über Insolvenz, Nicht-Insolvenz – wie störend oder wie schädlich diese Debatte war.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Wie ich gesagt habe: Das war natürlich ein wesentlicher Punkt auch für unsere Überlegungen: Welche Konsequenzen hätte eine Insolvenz, primär und sekundär, insbesondere mit den Auswirkungen auf die Gebietskörperschaft Bundesland Kärnten? Das sehr wohl, da haben wir uns voll damit beschäftigt. Aber ich habe jetzt Ihre Frage so verstanden, als wäre es um die Frage der Personen, die für die Bank, allenfalls im Vorstand oder Aufsichtsrat, tätig waren, gegangen. Da war ich nie eingebunden.

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Wie Sie jetzt die Ausführungen gemacht haben, habe ich nicht gemeint.

Zum Sondergesetz selbst ist jetzt schon einiges gesagt worden. Spindelegger selbst hat sich ja als Mastermind dieses Sondergesetzes verstanden und es auch so zu Protokoll gegeben. Sie waren ja ebenso maßgeblich daran beteiligt. Wie war denn da Ihre Rolle in der Erarbeitung dieses Sondergesetzes? Ab wann waren Sie dort involviert?

Dr. Wolfgang Brandstetter: So, wie ich schon geschildert habe. Ich habe sicher persönlich am Ende meiner Überlegungen mit meiner Auffassung nicht hinter dem Berg gehalten und das auch dem Herrn Vizekanzler Spindelegger mitgeteilt. Aber wesentlich war, dass ich eben meine Funktion auch darin gesehen habe, die Entscheidungsbasis zu verbreitern, durch Einbindung meiner Fachabteilung – anders wäre es ja gar nicht gegangen – und durch Einbindung der von mir genannten und erwähnten Experten in den Rechtsbereichen Bankrecht und Insolvenzrecht. Das war meine Funktion, das war meine Rolle, und ich habe mich eigentlich – das kann ich schon sagen – wirklich seriös mit allen Argumenten, mit allen Gutachten auseinandergesetzt und dann eben letztlich diese Entscheidung mitgetragen, die auch aus heutiger Sicht, glaube ich, auf der Basis der damaligen Situation die richtige war.

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Im Juli 2015 hat ja dann der Verfassungsgerichtshof dieses Gesetz aufgehoben. Wir kennen das Urteil. Jetzt würde mich Ihre Meinung dazu, Ihre Wahrnehmung dazu interessieren. Wie interpretieren Sie dieses Urteil? Welche Konsequenzen hat es gehabt?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich sage dazu gerne etwas, dürfte ich nur um eine fünfminütige Pause bitten, Frau Vorsitzende? Ich sage dann gerne noch etwas Ergänzendes zu dem, was ich schon gesagt habe.

Vorsitzende Doris Bures: Ja, selbstverständlich. Ich unterbreche die Sitzung bis 12 Uhr.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 11.48 Uhr unterbrochen und um 12.03 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

12.03

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Der Redenreihenfolge folgend, gelangt Herr Abgeordneter Mag. Unterrainer wieder zu Wort – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Noch einmal zurückkommend auf vor der Pause: Mir geht es darum, wie Sie das Urteil des Verfassungsgerichtshofes gesehen haben und welche Auswirkungen es wirklich gehabt hat.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Wie ich schon gesagt habe: VfGH locuta, causa finita. Das ist zu respektieren in jeder Beziehung, sowohl was den Spruch als auch was die Begründung betrifft.

Ich kann nur sagen, dass ich die Begründung insofern nachvollziehen kann, als wir ja tatsächlich die Gläubiger nicht alle gleich behandelt haben. Wir wollten ja eben nur die Nachranggläubiger schneiden. Wir dachten, dass das … Wir wollten nur die Nachranggläubiger schneiden und natürlich die Ansprüche, die theoretischen Ansprüche der Bayern, denn die fielen ja für uns aus damaliger Sicht jedenfalls unter Eigenkapitalersatz.

Der Verfassungsgerichtshof hat gemeint, man hätte alle Gläubiger gleich behandeln müssen. Wir dachten, es wäre eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung, die wir getroffen haben. An dem Ausdruck hängt es ja immer: die Frage der Verfassungswidrigkeit. Man kann darüber natürlich auch immer verschiedener Meinung sein, aber der VfGH hat entschieden, und so ist es.

Und wie gesagt, von der praktischen Auswirkung her war das Ganze ja dadurch stark relativiert, dass wir das BaSAG schon hatten, auf der Grundlage genau dieser neuen EU-Richtlinie, von der wir wussten, dass sie kommt, und die ja genau das vorsieht, nämlich dass man die Gläubiger bei der Sanierung von Banken beteiligen muss, durch eine entsprechende Reduzierung ihrer Ansprüche. So gesehen waren die Auswirkungen nicht wirklich besonders bedeutsam für das weitere Vorgehen in Sachen Hypo.

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Gut, danke schön. In dem Fall sage ich an dieser Stelle – wie schon in der Zeitung mitgeteilt wurde –, wie normalerweise mein Kollege Krainer sagt: Danke fürs Kommen.

Vorsitzende Doris Bures: Damit hat in dieser Runde noch Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker knapp über eine Minute. Wollen Sie die jetzt?

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ja, ja.

Vorsitzende Doris Bures: Gut, bitte. Dann sind Sie am Wort.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Minister, in den Akten der Vertraulichkeitsstufe 2 finden sich Spuren, dass Sie durchaus dafür gewesen wären, dass man auch die Senior-Anleihegläubiger in den Schuldenschnitt miteinbezieht. Haben Sie da noch eine Erinnerung daran?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Offen gesagt: nein. Es ist sicher über die Frage diskutiert worden, welche Gläubiger man in welchem Umfang heranziehen kann. Letztlich habe ich das Ergebnis, nämlich eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung zu treffen zwischen Nachranggläubigern und den anderen Gläubigern verstanden und auch mitgetragen.

Warum? – Weil unsere Auffassung damals war: Die Nachranggläubiger sind nicht wirklich beschwert, weil sie in der Alternative Insolvenz gar nichts kriegen würden. Bei den anderen Gläubigern hätte dieses Argument eben nicht gegolten. Dann hätte man an irgendwelche Quoten denken müssen. Und daher war das für mich eine Differenzierung, die Sinn macht, die auch nachvollziehbar ist. Und dass im Zuge der Debatten insgesamt auch eine Variante diskutiert worden sein kann – genereller Gläubigerschnitt –, das ist schon denkbar. Da wären wir natürlich schon relativ nahe an der Insolvenz gewesen.

Aber wie ich gesagt habe: Wir haben es uns damals nicht leicht gemacht und alle Varianten in jede Richtung durchdiskutiert.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber Sie haben jetzt keine Erinnerung daran, dass das etwas ist, was direkt von Ihnen auch angeregt wurde?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Konkrete Erinnerung daran – das kann ja nur ein Zwischenergebnis oder eine Diskussion gewesen sein im Zuge dieser Debatten insgesamt – habe ich jetzt nicht, nein.

Ich bin wirklich ohne vorgefasste Meinung in diese Diskussion hineingegangen, abgesehen davon, dass ich grundsätzlich am Anfang eher in Richtung Insolvenz tendiert habe, weil es die einfachste, schlichteste und juristisch naheliegendste Lösung war. Aber es gab sicher viele Zwischenschritte in der Diskussion, und es ist sicher vieles auch erörtert worden. Aber ich habe jetzt keine konkrete Wahrnehmung zu dieser Äußerung oder zu diesem Diskussionspunkt.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Wenn ich Ihren Ausführungen zuhöre, dann ist es ja ein Prozess gewesen, wo Sie sozusagen von der Vorgangsweise, die dann gewählt wurde, überzeugt worden sind.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, es war wirklich von Anfang an eine ergebnisoffene Diskussion. Überzeugen muss ich ja nur jemanden, der schon irgendeine vorgefasste Meinung hat. Die hatten wir wirklich nicht. Und insofern war es ein gemeinsames Entwickeln einer Lösung in einer wirklich schwierigen Rechtsfrage, die letztlich natürlich auch eine verantwortungsvolle politische Entscheidung erfordert hat. Das war’s! Und es war wirklich nicht so, dass man jetzt in irgendeiner Form jemandem zu einer anderen Meinung hätte verhelfen wollen. Das wäre ja völlig unsachlich. Und das würde ja niemand verstehen. So war es wirklich nicht.

Es war eine ergebnisoffene Diskussion. Es war ein gemeinsames Ringen um die bestmögliche Lösung.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Was heißt jetzt „gemeinsames Ringen“? Wer aller hat gerungen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Genau diejenigen, die ich vorhin schon alle erwähnt habe. Es waren immer wieder Diskussionen in diesem Personenkreis. Es gab Entwürfe, die wechselseitig diskutiert wurden. Und das war also von Beginn an eine sehr, sehr offene Diskussion.

Ich habe ja erwähnt, dass es am Anfang auch einen Entwurf, einen Vorschlag der Finanzprokuratur gab mit dem sogenannten SolKäG. Das wurde in jede Richtung diskutiert. Da hat unsere Fachabteilung gesagt: Der erscheint nicht sehr sinnvoll. Dem habe mich dann angeschlossen.

Aber das ist ja wirklich ein ganz normaler Vorgang. Wie bildet man sich seine Meinung? – Indem man sich einfach mit Argumenten und Gegenargumenten auseinandersetzt. Und das darf man nicht abschneiden, indem man irgendwelche vorgefassten Meinungen pflegt oder es darauf anlegt, irgendjemanden von einer anderen Meinung zu überzeugen. Das wäre nicht wissenschaftlich. Sachlich wäre das einfach nicht gerechtfertigt gewesen. Und daran hätte ich mich auch nicht beteiligt.

Ich bin beigezogen worden, weil Dr. Michael Spindelegger haben wollte, dass auch ich mich mit der Expertise meines Hauses einbringe. Das haben wir getan. Alles andere war das Ergebnis von Diskussionen, die von Anfang an nicht in eine bestimmte Richtung angelegt waren, wirklich nicht!

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sie haben jetzt auf den Personenkreis Bezug genommen, den Sie vorhin schon erwähnt haben. Meines Wissens waren da keine Vertreter der Sozialdemokratie oder des Koalitionspartners anwesend. Das war dann sozusagen in dieser Fachkonstruktion Finanzministerium, Justizministerium, FIMBAG und so weiter.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Was die auf meinen Vorschlag beigezogenen Experten betrifft, war für mich klar: Insolvenzrecht, da gibt es einen für mich führenden Experten, der wurde dann auch beigezogen. Im Bereich Bankrecht habe ich jemanden beiziehen wollen, und es gab dann ohnehin noch den Rechtsanwalt der Bank selber.

Das war ein Umfeld, in dem sehr, sehr viel an Gedanken entwickelt werden konnte. Ich war in die politischen Entscheidungen wirklich nicht eingebunden, ich habe mich letztlich auch nur zu Rechtsfragen geäußert. Es gibt natürlich hier schon eine Schnittstelle, das kommt auch bei dem zeb-Gutachten heraus: Die Frage der politischen Verantwortung ist nämlich eine, die natürlich juristische Fragen entsprechend berücksichtigen muss, aber das ist nicht nur eine juristische Frage. Deshalb war ich in diese Letztentscheidungen nicht entscheidend eingebunden.

Es ist kein Zufall, dass ich bei der Entscheidungsfindung in dieser Nacht nicht dabei war, warum hätte ich dabei sein sollen? Das war ja nicht meine Aufgabe, dazu beizutragen. Ich sage aber schon dazu, dass ich durchaus erleichtert war, als ich erfahren habe, dass die Entscheidung in diese Richtung gefallen ist, weil ich sie damals für die richtige gehalten habe.

Abgeordneter Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Anno dazumal: Hat es für Sie oder hätte es für Sie Argumente gegeben, wo Sie gesagt hätten: Okay, es ist wichtig und gut, die Senior-Anleihegläubiger in den gesetzlichen Schuldenschnitt miteinzubeziehen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Kann ich aus meiner Erinnerung nicht mehr sagen, indirekt hat diese Frage sicher eine Rolle gespielt. Bei der letztlich für die Verfassungskonformität entscheidenden Frage kann man zwischen den Gläubigern sachlich gerechtfertigt differenzieren.

Auf jeden Fall habe ich die Meinung vertreten, dass man differenzieren kann in Bezug auf die Spekulanten, die erst später eingestiegen sind, als die Anleihen wertmäßig nachgegeben haben. Dass man hier sagen kann: Die sind nicht schutzwürdig, und das ist eine sachgerechte Differenzierung. Die jedenfalls separat zu behandeln – dieser Meinung war ich sicher und bin ich auch heute noch, das ist kein Thema.

Die sachliche Differenzierung zwischen Nachranggläubigern und Primärgläubigern ist sicher die diffizilere Frage, aber letztlich sind gerade die Fragen der sachlich gerechtfertigten Differenzierung im Bereich der verfassungsrechtlichen Beurteilung Fragen, wo man letztlich nur sagen kann: Dazu ist auch der Verfassungsgerichtshof aufgerufen, dass er diese Entscheidung trifft, und die ist dann zu respektieren, ohne Wenn und Aber.

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur nächsten Runde. Das Team Stronach hat keine Fragen. Herr Abgeordneter Dr. Hable, damit sind Sie jetzt dran.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Bundesminister, Sie haben erwähnt, dass Sie auch von Anwälten beraten worden sind, von einer Anwaltskanzlei, haben Sie gesagt, und von einem Juristen der Bank der Hypo selbst. Richtig?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe ja die Namen genannt. Jeder, der sich fachlich auskennt, wird das bestätigen: Rechtsanwalt Dr. Karl Engelhart ist ein ausgewiesener Insolvenzrechtsexperte, höchst erfahren, daher war es naheliegend für mich, auch ihn hier beizuziehen. Und Dr. Alexander Russ ist jemand, der mir als Bankrechtsexperte schon auch in meiner früheren freiberuflichen Tätigkeit aufgefallen ist, daher war es für mich auch naheliegend, ihn beizuziehen.

Ich habe dann ohnehin gewusst, dass Rechtsanwalt Dr. Markus Fellner auch im Boot ist, als Vertreter der Hypo-Bank. Er hat auch wesentliche Anteile an der Arbeit um diese Lösung gehabt. Und Mag. Krakow war eben auch als Vertreter der Taskforce dabei, damals war er, glaube ich, auch schon für eine Rechtsanwaltskanzlei tätig, für die er jetzt jedenfalls auch tätig ist. So war das damals.

Meine Auswahl hat sich ausschließlich auf die fachliche Expertise bezogen. Die beiden, die ich dabei haben wollte, sind eben ausgewiesene Experten in genau den Rechtsbereichen, um die es mir ging. Da habe ich die eigene Expertise ja nicht, ich bin kein Insolvenzrechtsexperte, ich bin kein Bankrechtsexperte, daher war mir wichtig, dass das Finanzministerium dann auch diese beiden Anwälte beigezogen hat.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Fellner war der Anwalt von der Hypo?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Soweit ich weiß, ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): War Herr David Bauer auch mit an Bord? (Auskunftsperson Brandstetter: Wer?) – Herr David Bauer, Rechtsanwalt, war der auch mit an Bord?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Der Name ist mir bekannt, der Kollege ist mir auch bekannt, aber nach meiner Erinnerung war er nicht dabei. Ich habe jedenfalls mit ihm, soweit ich mich jetzt erinnere, keinen Kontakt gehabt, nein.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gehen wir weiter zum Endpunkt dieser Phase, zum Frühjahr 2014, wo die Insolvenz-Option eine Zeit lang am Tisch gelegen ist, aber dann wieder verworfen wurde. Der Endpunkt war die Pressekonferenz am 14. März 2014 mit Spindelegger und Nowotny. Das war auch ganz interessant, Nowotny hat damals bei der Pressekonferenz eher einen euphorischen Eindruck gemacht, Spindelegger eher betrübt, enttäuscht.

Am Vortag soll ja dieses Abendessen beim Bundespräsidenten stattgefunden haben, wo Sie schon gesagt haben, dass Sie nicht anwesend waren. Das halte ich auch für plausibel, weil Sie an diesem Tag – das müsste dann der 13. März 2014 gewesen sein – woanders gesehen worden sein sollen, nämlich in Kroatien auf der Insel Brač. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Trifft das zu?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich danke für diese Frage. (Abg. Hable: Ich weiß nicht, was so lustig ist, aber …!) Jetzt darf ich ganz salopp einen Gemeinplatz zum Besten geben: Man darf nicht alles glauben, was in den Medien steht. Ich schwöre Ihnen – und das weiß ich genau –: Ich war in meinem Leben noch nie in Brač. Das ist ein wunderschöner Ort, ich habe das damals auch in den Medien wahrgenommen und mich darüber gewundert, wo ich überall gewesen sein soll. Aber ich war sicher nicht dort, ich vermute, dass es hier eine Namensverwechslung gibt, weil es andere Persönlichkeiten desselben Namens gibt, die offenbar auch dort öfter gesehen werden.

Ich habe, als ich das gelesen habe, für mich beschlossen: Dort ist es offenbar sehr schön, da muss ich auch einmal hin. Ich habe es mir fest vorgenommen: Ich will auch einmal auf die Insel Brač, aber ich selbst war leider wirklich noch nie dort, und das ist eine Namensverwechslung. Das ist halt immer so, man darf nicht alles für bare Münze nehmen, was die Medien wiedergeben, und wenn man nur auf solchen Informationen aufbaut, dann darf man sich nicht wundern, wenn man Schiffbruch erleidet.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, dann können wir es ja klarstellen, wenn es nicht so war! Also das trifft nicht zu … (Auskunftsperson Brandstetter: Nein, ich war noch nie dort!) – Lassen Sie mich die Frage fertig stellen: Also es trifft nicht zu, dass Sie damals von Herrn Christian Konrad, dem langjährigen Generalanwalt des Raiffeisen-Verbandes, der offensichtlich dort ein Haus hat, empfangen worden sind?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, ich kann Sie auch diesbezüglich beruhigen, Ihre Information ist auch hier wirklich völlig falsch: Ich war noch nie in meinem Leben in Brač, ich habe daher auch niemanden dort treffen können, weder Herrn Dr. Konrad noch sonst irgendjemanden. Glauben Sie mir, so ist das, ich war noch nie dort. Ich habe dort keinen Stützpunkt, ich habe dort leider auch noch nie Urlaub gemacht, aber ich habe das damals auch in den Medien irgendwo gelesen, hab mich gewundert und mir gedacht: Da schau her, wie komme ich dazu, dass ich da genannt werde als jemand, der sich dort in Brač mit wem auch immer getroffen hätte. Es ist definitiv nicht so, darauf können Sie sich verlassen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also kein Treffen mit Herrn Konrad? (Auskunftsperson Brandstetter: Nein, auch sonst …!) Es gibt ja viele kroatische Inseln, es könnte auch eine Namensverwechslung mit Brač sein, vielleicht war es eine andere Insel. (Auskunftsperson Brandstetter: Herr Abgeordneter, ich hab mich …!) Nur, damit wir das ein für alle Mal klargestellt haben.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein. Frau Präsidentin! Wenn ich das nur ein bisschen ausführlicher beantworten darf, um vielleicht weiteren Fragen zuvorzukommen: Ich habe mich zu dieser Thematik sicher nie mit Herrn Dr. Konrad, dem früheren Generalanwalt der Raiffeisen-Organisation getroffen. Ich kannte ihn nur von diversen Veranstaltungen. Näher kenne ich ihn erst, seit er Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung ist.

Wir haben gemeinsam am 1. Mai – das weiß ich genau wegen des markanten Datums –gemeinsam Flüchtlinge besucht, unbegleitete Minderjährige in meinem Heimatort, und das war eine sehr wichtige und interessante Begegnung, die wir gemeinsam gemacht haben, und wir haben insofern in dieser Thematik miteinander zu tun, aber das ist mein Bezug zu Herrn Dr. Konrad, den ich auch in seiner jetzigen Funktion sehr, sehr schätze.

Aber ich habe mit ihm nie irgendwelche Gespräche gehabt, die die Hypo betreffen. Und ich habe mich auch nie mit ihm in Brač getroffen, sicher nicht, auch sonst mit niemandem. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Noch einmal: Ich war wirklich nie dort.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut, gehen wir weiter.

Frau Vorsitzende, eine Zwischenfrage: Wie viel Zeit habe ich noch?

Vorsitzende Doris Bures: 50 Sekunden, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): 50 Sekunden, na ja, gut, dann geht sich zumindest noch die erste Frage aus.

Ich gehe weiter zu unserer parlamentarischen Anfrage, die wir gestellt haben, die sollte Ihnen ohnehin vertraut sein, wahrscheinlich … (Zwischenruf der Abg. Tamandl.) – Bitte? (Abg. Tamandl: Die Nummer?) – Wir teilen es eh aus. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vielleicht haben wir ohnehin noch Gelegenheit, an anderer Stelle weiter zu diskutieren, aber ein paar Punkte möchte ich schon herausgreifen, weil es auch da wiederum um das Funktionieren des Rechtsstaates, das Funktionieren der Strafverfolgung geht.

Ich möchte mit Ihrer Antwort zu den Fragen 10, 11 und 13 auf Seite 3 beginnen. (Der Redner liest aus einem Schriftstück vor). Da ist festgehalten, dass alle Schritte im Verfahren zur Hypo Alpe-Adria vorhabensberichtspflichtig an das Justizministerium waren.

Könnten Sie das näher erläutern? Ist das üblich, ist das ein Normalfall? Warum ist es dazu gekommen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Einmal nur als Vorwegbemerkung: Wir haben, ich weiß nicht, ich glaube, im Jahr jetzt mittlerweile sicher 200,300 parlamentarische Anfragen zu beantworten. Das läuft üblicherweise so ab, dass die zuständige Fachabteilung mir einen entsprechenden Antwortentwurf vorlegt und ich mir dann halt – meistens in großer Zeitnot – die Dinge anschaue, aber schon auch Wert darauf lege, dass wir wirklich ausführlich und korrekt Antwort geben. Und ich glaube, sagen zu dürfen, Sie können das besser beurteilen. Unser Haus ist bekannt dafür, dass wir parlamentarische Anfragen sehr umfangreich und korrekt beantworten.

Was diese Antwort zu 10, 11 und 13 betrifft: Ja, da gibt es eine Regelung im § 8a Abs. 2 StAG, wo es eben darum geht, dass Causen von überregionaler Bedeutung vorhabensberichtspflichtig sind, und das ist im Bereich der Causa Hypo Alpe-Adria jedenfalls gegeben. Daher ist das, was da steht, völlig richtig. (Die Auskunftsperson verweist auf das ihr vorgelegte Schriftstück.)

Es kommt offenbar auch vor, und das ist da gemeint mit Verfahrensteilen, „denen in Relation zum Gesamtkomplex ein geringeres Gewicht zukommt“. Ich kann mir vorstellen, dass es immer wieder auch Verfahren gibt – Großverfahren –, wo Einzelfakten ausgeschieden werden, weil irgendeiner der Mitbeschuldigten nicht zur Verfügung steht oder was auch immer. Das kann verschiedenste, rein technische Gründe haben.

Aber grundsätzlich sind die Verfahren im Bereich der Causa Hypo Alpe-Adria berichtspflichtig und, wie ich gesagt habe, auch dem Weisungsrat vorzulegen, weil das ja auch die große Erneuerung beim neuen Weisungsrecht ist: Egal, ob es eine Weisung gab, auf welcher Ebene auch immer, die ja auch nur durch die Fachaufsicht begründbar wäre, ist das dem Weisungsrat vorzulegen. Und der hat – das habe ich vorhin vergessen, zu erwähnen – ja auch – und das ist auch eine große Neuerung – die Möglichkeit, in solchen Causen eigene Erklärungen gegenüber den Medien abzugeben. Das ist auch sinnvoll und auch von mir gewünscht und wird sicherlich auch in der nächsten Zeit ein paar Mal der Fall sein. Das läuft völlig unabhängig vom Justizministerium. Das ist wichtig und richtig so, weil es mehr Transparenz bringt.

Aber das, was da als Antwort steht (die Auskunftsperson verweist auf das ihr vorgelegte Schriftstück), ist aus meiner Sicht völlig in Ordnung. Hätte ich es nicht als in Ordnung empfunden, dann hätte ich es wohl zurückgeschickt.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, nur eine kurze Nachfrage.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): In der nächsten Runde dann, Frau Vorsitzende.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Justizminister, ich muss noch einmal auf die Rolle des Justizministeriums zurückkommen, die Sie in der Frage Verhandlungen mit Kärnten so herunterspielen. Aus meiner Sicht – und es geht auch aus den Dokumenten hervor – war die Rolle des Justizministeriums doch eine sehr entscheidende, wenn nicht die entscheidende, was die Frage betrifft, ob Frau Schaunig jetzt mit ihrer Aussage richtig liegt oder ob Herr Spindelegger mit seiner Aussage richtig liegt.

Ich nehme noch einmal das Ihnen bereits vorliegende E-Mail zur Hand (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe und liest daraus vor), das E-Mail vom 24. Juli 2014 von Ihrem Sektionschef Herrn Kathrein.

Da steht im Betreff:

„Bericht (…) zur Frage der rechtlichen Umsetzung einer Kärntner Beteiligung an den Kosten der Hypo-Sanierung; Stellungnahme“.

Dann spricht sich Herr Kathrein eben gegen diesen Vorschlag Kärntens aus, der dann auch in einem Protokoll, das ich Ihnen jetzt noch vorlegen möchte, seinen Niederschlag findet. Es hat also offensichtlich dezidiert vom Justizministerium große Bedenken gegen das Ansinnen der Kärntner gegeben … (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, die Dokumentennummer bitte!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das, wofür Frau Schaunig in ihrer Presseaussendung von gestern das Finanzministerium verantwortlich macht, wurde vom Finanzministerium nicht gewollt, offensichtlich war es aber das Justizministerium, das das nicht gewollt hat.

Vorsitzende Doris Bures: Die Dokumentennummer bitte! (Abg. Angerer: Bitte?) – Die Dokumentennummer bitte!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Entschuldigung! Die Dokumentennummer ist dieselbe wie beim E-Mail vorher: 36771.

Und das ist die bereits vorliegende Presseaussendung von Frau Schaunig. (Der Redner verweist auf ein Schriftstück.)

Also mich würde doch noch einmal interessieren, wie die Rolle des Justizministeriums war, bevor ich zu einem zweiten Thema komme. (Die Auskunftsperson liest in einem Schriftstück.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, Herr Abgeordneter, dieser Unterlage, die Sie mir jetzt vorgelegt haben, entnehme ich mehr, und damit ist für mich völlig klar, warum es da wirklich geht: Es ging um die Diskussion über eine mögliche Rechtsgrundlage für eine Beteiligung Kärntens an der Sanierung der Bank. Ich brauche eine Rechtsgrundlage dafür – wir haben ein Legalitätsprinzip. (Die Auskunftsperson blättert in einem Schriftstück.)

Alles, was im Bereich der Republik passiert, darf nur auf rechtlicher Grundlage passieren. Das kann auch nicht Kärnten ohne Weiteres sagen: So lieber Bund, wir schenken dir den Zukunftsfonds. – Das geht ja auch nicht. Es muss eine entsprechende Rechtsgrundlage geben. Und um diese Frage ist es da gegangen.

Daher ist es für mich völlig nachvollziehbar, dass unser Sektionschef als Chef der zuständigen Fachabteilung – die ja auch auf meinen Wunsch eingebunden wurde – bei der Frage mitdiskutiert hat, welche Rechtsgrundlage es geben könnte. Das betraf letztlich dann auch Fragen des EU-Beihilferechts.

Daher ist das für mich jetzt völlig klar, warum es da gegangen ist. Ich meine, ich brauche ja auch als Bundesland eine Rechtsgrundlage dafür, wenn ich auf 500 Millionen €, die ich besitze, in irgendeiner Form verzichte. Das muss ja Hand und Fuß haben. Da brauche ich eine Rechtsgrundlage dafür.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber es ist um die Einigung zwischen Kärnten und Bund gegangen: welcher Beitrag. (Auskunftsperson Brandstetter: Ja, aber …!) Da sind wir uns einig.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, aber letztlich sind das ja zwei Paar Schuh: die juristische Frage, auf welcher Rechtsgrundlage sich Kärnten mit 500 Millionen an der Sanierung beteiligen kann, und die andere Frage, ob das politisch gewollt, paktiert, umsetzbar ist, wenn ja, geknüpft an welche Bedingungen. Dazu kann ich überhaupt nichts sagen. Aber dass wir da eingebunden waren, beweist ja nur, dass man uns eben auch hinsichtlich der rein juristischen Fragen zu Rate gezogen hat, die halt zu klären waren.

Und ich finde, das zeigt ja nur … Wissen Sie, je mehr ich diese Dokumente aus dieser Zeit sehe, desto mehr wird mir auch klar, wie sorgfältig da gearbeitet wurde, nicht nur von meiner Fachabteilung – von der bin ich das gewohnt –, sondern eigentlich von allen Seiten. Man hat sich wirklich größte Mühe gegeben, eine in jede Richtung wasserdichte Lösung zu finden. Das zeigt auch letztlich dieses Dokument. (Die Auskunftsperson verweist auf ein Schriftstück.) Aber ein politischer Wille in irgendeine Richtung ist von Seiten des BMJ sicher nicht entwickelt worden. Das erschiene mir auch völlig absurd. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dann kommen wir zu einem zweiten Punkt, der mich in diesem Protokoll, das ich Ihnen jetzt vorgelegt habe, interessiert, nämlich zu diesem Gespräch am 18.7.2014 im Finanzministerium. Das ist in diesem Fall auf Seite 84, weil es ein sehr umfangreiches Dokument ist. Wenn Sie diese Seite aufschlagen: Es geht da um das Beihilferecht. (Die Auskunftsperson blättert in einem Schriftstück.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, ich finde es schon.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Da wird ein Gutachten von Herrn (Auskunftsperson Brandstetter: Griller!) Univ.-Prof. Griller genannt. Kennen Sie das Gutachten?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Dieses Gutachten kenne ich nicht direkt, ich kenne es nur indirekt. Ich sage Ihnen auch gleich, warum ich es indirekt kenne: Weil das nämlich auch im Gutachten Potacs berücksichtigt wurde. (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.)

Im Gutachten vom Kollegen Potacs hat er sich – das ich auch eingangs bereits erwähnt habe, ich habe es gleich wieder gefunden – Kollege Potacs nimmt da nämlich auch auf dieses Gutachten Griller Bezug. Und er schreibt in seiner Beurteilung – die ja auch publik wurde, wie ich im Journal für Rechtspolitik erwähnt habe –, dass dieses Gutachten seiner Meinung nach nicht überzeugend wäre.

Aber ich bin Ihnen jetzt die Begründung schuldig, ich muss nur die Unterlage finden, Gutachten Potacs … (Die Auskunftsperson blättert neuerlich in ihren Unterlagen.)

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das ist nicht so wichtig, das brauchen Sie jetzt nicht unbedingt zu finden. (Auskunftsperson Brandstetter: Ja, schon …!)

Worauf ich hinaus möchte: Für mich ist es schon insofern interessant, und ich komme auf das, weil Frau Kollegin Tamandl auf dem letzten Strohhalm, mit dem sie immer versucht, das Versagen der Finanzminister von Pröll bis Schelling zu rechtfertigen, auf den Landeshaftungen, festhält und die immer wieder ins Treffen führt …

Eine interessante Fußnote: Herr Griller geht in seinem Gutachten davon aus – das steht ganz unten in der Fußnote –:

„dass nur solche neuen Verbindlichkeiten geschützt sind, die in einem rechtlichen Zusammenhang zu älteren Verbindlichkeiten stehen, sodass insofern die Ausfallshaftung ‚aufrechterhalten‘ wird. Gänzlich neue Verbindlichkeiten, die in der Übergangsfrist eingegangen sind, könnten nicht in den Genuss der Ausfallshaftung nach dem K-LHG kommen, da eine solche Ausfallshaftung wie eine unzulässige neue Beihilfe zu behandeln wäre.“

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schluss kommen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das heißt, dass – ich komme zum Schluss – laut dem Gutachten Griller Haftungen, die im Zeitraum zwischen 2003 und 2007 neu eingegangen wurden, nicht durch das Kärntner Landesholdinggesetz gedeckt sind. Da geht es nämlich um 13 Milliarden €, die in dieser Zeit an Haftungen angefallen sind. Das ist also nicht gerade eine kleine Summe, sondern mehr als das Doppelte.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt die Frage formulieren.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Die Frage lautet: Hat man geprüft, welche Haftungen in diesen Zeitraum und in diese Sichtweise fallen? Weiß man das heute?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen das jetzt exakter beantworten. Es ist auch die Auffassung. Das Gutachten von Professor Griller, der mir auch persönlich bekannt ist – er war ja früher auch an der WU –, ist sehr wohl berücksichtigt worden. Ich verweise auf das Gutachten vom Kollegen Potacs, publiziert im Journal für Rechtspolitik, wo er extra noch diesen Punkt aufgreift und sagt – es geht ganz kurz –:

„Nicht zuzustimmen ist allerdings der Auffassung Grillers, wonach die Haftungen zu einem substantiellen Teil wegen Verstoß gegen EU-Beihilferecht ohnehin nicht wirksam geltend gemacht werden können. Vielmehr geht aus der auf Grund von Art. 108 Abs 2 AEUV gegenüber Österreich erlassenen Entscheidung der Europäischen Kommission klar hervor, dass Ausfallshaftungen während der darin festgelegten Übergangsfrist von 2.4.2003 bis 1.4.2007 für sämtliche neue Verbindlichkeiten übernommen werden dürfen (sofern die Laufzeit nicht über den 30.9.2017 hinausreicht).“

Wurde berücksichtigt. Wie natürlich in solchen Bereichen nicht wirklich unüblich, gibt es auch verschiedene Meinungen unter den Gutachtern. Da hat sich die Meinung vom Kollegen Potacs durchgesetzt. Ich kann sie auch nachvollziehen. Und insofern kann ich Ihnen bestätigen, dass man sich natürlich auch mit den Argumenten im Gutachten Griller auseinandergesetzt hat. Aber letztlich war offenbar die Argumentation aufgrund dieser Entscheidung der Kommission die stärkere, die hat sich durchgesetzt. Aber es zeigt nur wieder, dass man sich wirklich sehr sorgfältig mit allem auseinandergesetzt hat, was es da gegeben hat.

Vorsitzende Doris Bures: Ich gehe in der Reihenfolge weiter: Die ÖVP hat momentan keine Fragen in dieser Runde, dann kommt die Grüne Fraktion. – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Minister, Sie haben über verschiedene Konstellationen das Thema Hypo über viele Jahre hinweg begleitet – oder Hypo und Mandanten, die mit der Hypo zu tun gehabt haben, und so weiter und so fort –, seit 2014 in dieser Form als Minister. Sie kennen diese ganze Causa, diesen Kriminalfall, auch aus Medien und so weiter. Das ist sehr umfangreich.

Wo würden Sie ansetzen beziehungsweise was wären Ihre Maßnahmen oder Vorschläge, damit so etwas wie diese große Causa Hypo nicht mehr passieren kann?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe den Eindruck, dass diese Maßnahmen im richtigen Zuständigkeitsbereich, nämlich seitens des Finanzministeriums, schon gesetzt worden sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine derartige Haftungsübernahme in diesem Ausmaß in Relation zur eigenen Leistungsfähigkeit im Bereich des Landes Kärnten jemals wieder passieren kann. Das glaube ich nicht. Nach allem, was ich weiß, wurden auch die Kontrollmechanismen im Bereich der Banken wirklich verschärft.

Aber, wie gesagt, das betrifft nicht meinen unmittelbaren Zuständigkeitsbereich. Daher kann ich dazu nicht näher Auskunft geben. Aber das ist wirklich mein Eindruck. Das ist ein Fall gewesen, der sich in dieser Form meiner Einschätzung nach aufgrund der jetzigen Rechtslage nicht wiederholen kann. Das kann ich mir nicht vorstellen. Insofern sehe ich auch jetzt aufgrund der Causa Hypo in meinem Kompetenzbereich keinen unmittelbaren Handlungsbedarf.

Es ist sicher auch ein großer Fall für die Aufarbeitung im strafrechtlichen Bereich gewesen und ist es immer noch. Und natürlich, wenn es da Kenntnisse gibt, die Verbesserungen im System für Strafverfolgung nahelegen, werden wir das gerne tun, werden wir das aufgreifen. Derzeit sehe ich die unmittelbare Notwendigkeit nicht, weil es meiner Meinung nach, nach allem, was ich weiß, wie ich schon gesagt habe, gut läuft und die Aufarbeitung gut funktioniert – nach allem, was ich weiß.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sehen Sie in einem Insolvenzrecht für Bundesländer einen möglichen Handlungsstrang?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das ist eine Frage, die man nicht mit Ja oder Nein beantworten kann. Aber die Frage ist sehr gut. Natürlich wäre es für die Entscheidungsfindung damals auch leichter gewesen, wenn es ein entsprechendes Regelwerk für die Insolvenz von Gebietskörperschaften gegeben hätte.

Ich denke, dass man sich sehr gut überlegen muss, ob man an so etwas denkt, vor allem, zu welchem Zeitpunkt man an so etwas denkt. Ich habe ja nicht zuletzt aufgrund meiner Mitwirkung am BaSAG und den juristischen Fragen, die damit zusammenhängen, gelernt, dass man schon Rücksicht darauf nehmen muss, dass Fragen, die den Finanzmarkt und die Banken betreffen, höchst sensibel sind. Man muss da sehr vorsichtig sein, weil dann oft psychologische Faktoren ausgelöst werden, die man nicht mehr so leicht kontrollieren kann.

Daher würde ich meinen – sage ich Ihnen ganz ehrlich – …, zum jetzigen Zeitpunkt hielte ich es für falsch, an ein Insolvenzrecht für Bundesländer zu denken, weil ich die Sorge hätte, dass das seitens der Finanzmärkte als Signal in eine Richtung verstanden werden könnte, als hätten wir vielleicht auch noch ähnliche Probleme im Land – die sehe ich nicht.

Aber unabhängig von diesem Fall und mit einem adäquaten zeitlichen Abstand kann ich mir schon vorstellen, dass man sich im Zuge einer Gesamtreform des Insolvenzrechts, die nach meiner Einschätzung ohnehin irgendwann einmal ansteht, auch dieses Problem näher anschaut. Das kann ich mir vorstellen. Aber derzeit glaube ich – nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen mit diesem Fall –, dass wir ein wirtschaftlich falsches Signal aussenden würden. Das, glaube ich, wäre auch nicht sinnvoll.

Das heißt im Ergebnis: Wenn eine Gesamtreform des Insolvenzrechts einmal ansteht, dann würde es Sinn machen, sich auch mit dieser Frage zu beschäftigen. Das geht sicher auch nur mit Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Fragen und ist daher sicher nicht so einfach zu lösen. Aber derzeit würde ich das nicht andiskutieren wollen, weil es das falsche Signal zur falschen Zeit wäre.

Vorsitzende Doris Bures: Team Stronach hat momentan keine Wortmeldung mehr, dann NEOS. – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Hable.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Machen wir weiter bei der Antwort zu den Fragen 10, 11 und 13. Wir haben besprochen: vorhabensberichtspflichtig. Herr Bundesminister, können Sie uns erläutern, wie das in der Praxis ausschaut? Was wird in welcher Regelmäßigkeit an Informationen vorgelegt und was passiert dann mit dem im Justizministerium? (Die Auskunftsperson blättert in einem Schriftstück.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, es wird bei diesen Anfragen so vorgegangen, dass die zuständige Fachabteilung diese Anfrage einmal bekommt und dann alles erhebt, was es an Daten und Fakten dazu gibt. Dann wird mir dieser Antwortentwurf vorgelegt, und ich muss ihn mir anschauen. Genauso …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, Entschuldigung! Ich rede nicht von der parlamentarischen Anfrage.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Entschuldigung! Das habe ich jetzt missverstanden. Was haben Sie gemeint?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich rede von der Praxis, wie diese Vorhabensberichtspflicht im Justizministerium ausgeübt wird. Wie oft wird zum Beispiel in so einer Causa wie jener der Hypo Alpe-Adria etwas vorgelegt, mit welchem Inhalt, mit welcher Regelmäßigkeit, wer wird damit befasst? Wie schaut das im Justizministerium aus?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das sieht so aus, dass man zwischen den Fällen unterscheiden muss, in denen es Weisungen gab oder Weisungen beabsichtigt sind. Dann ist das natürlich eine Schiene, die dazu führt, dass das Vorhaben dem Ministerium zur Genehmigung vorgelegt wird. Das kann zum Beispiel das Vorhaben der Oberstaatsanwaltschaft sein, etwa eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft in der Instanz darunter zu korrigieren. Das wäre ein typischer Fall.

Wenn es dann zu einer Weisung gekommen ist und wenn es zu einer Weisung kommen soll, dann muss das auch seitens des Ministeriums entsprechend dokumentiert werden, und dann geht das im Regelfall zum Weisungsrat.

Unabhängig davon gibt es die Fälle, wo es nie eine Weisung gab und auch keine geben soll. Das ist die zweite Schiene, von der ich vorhin gesprochen habe. Da werden diese Fälle jetzt nach dem neuen Weisungsrecht dem Weisungsrat vorgelegt; und auch wenn überhaupt nichts zu ändern ist an der Entscheidung, die von der unteren Instanz vorgeschlagen wird, warten wir auf die Stellungnahme des Weisungsrats, und dann wird es einfach wieder zurückgeschickt, nämlich mit dem Vermerk: Alles in Ordnung, macht das nur so, wie ihr glaubt.

Das sind die Varianten, die es gibt. Ich werde regelmäßig auch informiert, im Regelfall im Nachhinein; denn ich muss erst im Nachhinein wissen, dass es hier einen Fall gibt, wo letztlich alle von unten bis ganz oben derselben Meinung waren; da muss ich nicht vorher eingebunden sein. Aber grundsätzlich funktioniert das über die jeweilige Fachabteilung, und die bekommt ja auch diese Akten.

Wenn ich das bemerken darf, vielleicht gibt es da ein falsches Vorverständnis: Wir haben im Kabinett und in meinem Umfeld keinen einzigen Akt. Das war vielleicht früher einmal anders, aber wir haben keine Akten, die wir uns selber anschauen. Das wäre auch gar nicht sinnvoll. Das muss die Fachabteilung machen, dazu ist sie da.

Wenn es irgendwann einmal Streitfragen gibt bei der rechtlichen Auslegung von dem oder jenen, dann kann es schon sein, wenn es um die Vorlagepflicht an den Weisungsrat geht, dass ich eingebunden werde. Im Zweifel sage ich immer: Vorlegen! Aber grundsätzlich ist das ein Vorgang von den Staatsanwaltschaften hinauf, über die Oberstaatsanwaltschaften, die immer eingebunden sind, bis in die Fachabteilung des Bundesministeriums für Justiz. Das ist der normale Vorgang.

Daher ist es auch so, dass mir diese Dinge von den Fachabteilungen aufbereitet werden müssen. Ich kann es ja nicht beantworten, ich kenne ja die Akten nicht. Ich habe noch nie, seit ich im Amt bin, einen Strafakt gelesen oder auch nur vorgelegt bekommen. Das ist nicht sinnvoll und das mache ich auch nicht. Ich bekomme Informationen, ich kann allenfalls auch Informationen abfragen, das muss ich ja auch immer wieder, aber das ist nicht unmittelbar in meinem Bereich. 

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Den Weisungsrat gibt es jetzt seit Jänner dieses Jahres. (Auskunftsperson Brandstetter: Ja!) – Das heißt, die Variante eins, die Sie beschrieben haben, ist sozusagen der Normalfall gewesen für die Vergangenheit. (Auskunftsperson Brandstetter: Das ist ...!)

Jetzt möchte ich noch einmal konkret nachfragen: An wen sind im Justizministerium dann welche Akten gekommen? Was ist Ihnen an Information vorgelegt worden als Minister? Beziehungsweise welcher Beamte im Justizministerium hat etwas bekommen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kann die Information nur bekommen, wenn die Fachabteilung mir die Information gibt. Wir haben, wie gesagt, keine Akten im Kabinett, das wollte ich auch nie haben.

Es gibt einen Unterschied in der Situation vor dem 1. Jänner 2016 und jetzt; weil der frühere Weisenrat nur im Fall von Weisungen eingeschaltet wurde, nicht aber in Fällen, in denen es nie Weisungen gegeben hat, aber es trotzdem ein entsprechendes Interesse der Öffentlichkeit daran gab, zu wissen, warum so entschieden wurde und nicht anders.

Das war ja gerade die Neuerung, von der ich heute gesprochen habe, die ein bisschen zu wenig bekannt wurde. Deshalb bin ich dankbar für die Gelegenheit, das hier noch einmal sagen zu können.

Auch wenn es nie eine Weisung gab, muss in besonders öffentlichkeitswirksamen Fällen der Weisungsrat eingebunden und um eine Stellungnahme ersucht werden, die dann zu uns kommt, die der Weisungsrat aber auch von sich aus publik machen kann. Das waren aus meiner Sicht die zwei wesentliche Fortschritte im Bereich der Transparenz.

Wenn Sie mich jetzt konkret fragen, so habe ich es jetzt verstanden, in wie vielen Fällen und welche Fragen hier genau vorgelegt wurden, könnte ich das in Wahrheit nur genauso beantworten wie diese schriftliche Anfrage. Ich habe ja diese Informationen nur dann, wenn ich sie von der Fachabteilung bekomme oder abrufe. Daher kann ich jetzt nicht damit aufwarten, Ihnen irgendeine Zahl zu nennen. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie viele Vorhabensberichte es in der Causa Hypo insgesamt gab. Wenn Sie ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich habe nicht nach einer Zahl gefragt. Ich habe gefragt: Wer im Justizministerium hat bei diesem Prozess welche Akten, welche Informationen bekommen? Wenn es jetzt einen Verfahrensschritt der Staatsanwaltschaft gegeben hat, der vorhabensberichtspflichtig ist, zum Beispiel etwas einzustellen oder etwas zu verfolgen, dann wandert es ins Justizministerium.

Und meine Frage war: Wie schaut der Prozess im Justizministerium aus? Wer bekommt da welchen Akt, welche Informationen auf den Tisch? Wie viel davon Sie als Minister und wie viel ein zuständiger … ? Und es muss ja einen zuständigen Beamten in Sachen Hypo Alpe-Adria gegeben haben. Wer war das?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Einen Akt bekomme ich nie auf den Tisch, aus den Gründen, die ich bereits erwähnt habe. Es gibt für alle Strafverfahren die zuständige Fachabteilung mit dem zuständigen Sektionschef. Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, welche Sachbearbeiter jeweils mit welchen Akten befasst werden. Das ist seine Entscheidung. Es wäre absurd, wenn ich mich da einmischen würde, habe ich auch nie getan. Letztlich ist das ... (Abg. Hable: Welcher Sektionschef ist damit befasst?)

Das ist in diesem Fall der Sektionschef Dr. Christian Pilnacek, er ist für diese Sektion verantwortlich. Und unter ihm arbeiten einige höchstqualifizierte Kolleginnen und Kollegen, die natürlich dann auch bestimmte Akten als quasi Sachbearbeiter übernehmen müssen und die das entsprechend aufbereiten. Es ist, glaube ich, nicht so, dass er jetzt mit allen Akten befasst wäre, aber er hat in seinem Bereich für die Fachabteilung die Verantwortung, und ich habe sie eben insgesamt für das ganze Ressort.

Aber man darf sich das nicht so vorstellen, als würden wir im Kabinett in meinem Umfeld Akten studieren. Das ist definitiv nicht so und soll auch nicht so sein.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich habe ja gefragt, was tatsächlich ist. Jetzt haben wir schon gehört: Da gibt es eine zuständige Fachabteilung, die sich damit beschäftigt, nämlich unter der Führung des Sektionschefs Pilnacek. Jetzt würde mich noch interessieren: Wie werden Sie dann als Minister bei solchen Fragen eingebunden?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Im Regelfall, bei völlig normalen Erledigungen bekomme ich in einer eigenen Mappe diese Fälle mit einer Kurzdarstellung als Information, im Regelfall im Nachhinein. Und wenn es die Sektion und der Sektionschef für notwendig erachten, reden wir auch vorher drüber, wenn ich vorher eine entsprechende Information bekomme. Aber das läuft eigentlich ganz unspektakulär und ganz normal.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wir sitzen ja nicht im Justizministerium, also wir wissen nicht, was dort normal ist. Das heißt, Sie werden von der zuständigen Sektion, vom Herrn Pilnacek informiert. Und falls es Entscheidungen zu treffen gibt, wer trifft die dann?

Dr. Wolfgang Brandstetter: In diesen Fällen kann es sich nur um solche handeln, die auch dem Weisungsrat vorzulegen sind. Daher ist die nächste Entscheidung Vorlage an den Weisungsrat, dann gibt es von dem eine entsprechende Empfehlung, und an die halte ich mich; ganz einfach, so ist es.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wer entscheidet über die Weitergabe an den Weisungsrat?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das entscheidet aufgrund der gesetzlichen Regelung, die wir ja haben, grundsätzlich auch der Leiter der entsprechenden Sektion. Da gibt es keine Probleme oder Schwierigkeiten, die mir bekannt wären, wirklich nicht.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage haben Sie noch, so 20 Sekunden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): In der nächsten Runde, bitte.

Vorsitzende Doris Bures: Dann fahre ich in der Rednerreihenfolge fort. Die Sozialdemokraten haben jetzt keine Fragen? – Herr Abgeordneter Angerer? – Bitte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Bundesminister, ich bleibe bei meinem Thema: Haftungen; und wie so oft, wenn es um gegenseitige Gutachten und rechtliche Einschätzungen geht, lese ich noch einmal die letzte Zeile dieser Fußnote von Herrn Griller vor:

„Für gänzlich neue Verbindlichkeiten könne demnach die Ausfallshaftung auch nicht wirksam gegen das Land Kärnten geltend gemacht werden.“

Jetzt geht es um 13 Milliarden €. Sie sagen, man hat nicht gewusst – oder Sie wissen es nicht –, welche Haftungen in diesem Zeitraum bei dieser Betrachtung darunter gefallen wären. Hat man das geprüft?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Geprüft hat man sicher, aber nicht durch mich, denn ich bin nicht der zuständige Mann dafür. Daher kann ich Ihnen jetzt im Detail dazu nichts sagen. Das war nicht meine Aufgabe.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Der Herr Dr. Peschorn als Chef der Finanzprokuratur hat hier im Ausschuss gesagt, dass auch im Zuge der Verstaatlichung die Anleihenverträge nicht vorgelegen sind und deshalb abschließend nicht geprüft werden konnte, wann und ob überhaupt die Haftungen schlagend werden. Können Sie das heute sagen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das kann ich Ihnen deshalb nicht sagen, weil ich mich nie damit befasst habe. Ich würde mich jetzt auch, wenn ich mi<t der Frage konfrontiert wäre und ich sie zu beantworten hätte, mit den Fachleuten auseinandersetzen, die das beurteilen können müssten. Ihre Frage bezieht sich auf 2009, auf die Notverstaatlichung. Ich habe dazu keine Wahrnehmungen und auch keine ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Meine Frage bezieht sich auf heute. Es kommen ja alle hier herein, vor allem von der ÖVP, und sagen immer, ja, ganz klar, die Haftungen wären schlagend geworden oder werden schlagend. Auch Sie haben das heute ganz klar, so habe ich es zumindest verstanden, gesagt: Natürlich wären die Haftungen schlagend geworden. Wenn Sie jetzt sagen, Sie haben das nicht einmal geprüft – wie können Sie das sagen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, da haben Sie mich jetzt nicht richtig verstanden ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich gehe davon aus, dass ich Sie richtig verstanden habe.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, schon, da habe ich mich verkürzt ausgedrückt. Noch einmal: Geprüft haben wir das Argument aus dem Gutachten Griller sehr wohl – dazu habe ich auch eine Wahrnehmung –, weil letztlich klar war: Es gibt das Gutachten Griller mit dem Argument: Sorgt euch nicht um die Haftungen des Landes Kärnten, die sind sowieso alle von vornherein null und nichtig, weil dem EU-Recht widersprechend.

Und das andere Argument, nämlich das Potacs-Gutachten, aus dem hervorging: Nein, so leicht kann man sich’s nicht machen!, so war ungefähr die Argumentation, das stimmt so nicht. Wir haben sehr wohl damit zu rechnen – das war die Information, die es damals gab –, dass diese Haftungen im Fall der Insolvenz sofort schlagend werden.

Ich habe diese Auffassung für richtig gehalten und habe mich daher hier auch angeschlossen. Ich kann jetzt im Detail nicht sagen, wer sich sonst noch damals hier geäußert hätte, aber es war jedenfalls abgesehen vom Griller-Gutachten eigentlich eine generelle Meinung, dass diese Garantien sehr wohl schlagend geworden wären.

Ich schlage jetzt einen weiten Bogen, aber aus heutiger Sicht: Wenn das nicht so gewesen wäre, dann hätte diese Frage wahrscheinlich auch bei der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes indirekt eine Rolle gespielt. Wenn es wirklich so gewesen wäre, oder wenn man hätte sagen können, diese Haftungen sind sowieso von Anfang an nicht wirklich valide gewesen aufgrund EU-rechtlicher Regelungen, dann hätte das ja auch Auswirkungen auf die Verfassungskonformität oder allenfalls Verfassungswidrigkeit des HaaSanG gehabt.

Aber ich habe nachher nie wieder Argumente in diese Richtung gehört und kann daher nur bei dem bleiben, was ich gesagt habe: Mich hat damals die Argumentation des Kollegen Potacs überzeugt. Sie war die vorsichtigere, aber das war nicht das Entscheidende. Ich war damals wirklich überzeugt davon, dass das die richtige Auffassung ist, daher habe ich mich dem angeschlossen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben uns heute auch schon erklärt, wie die Anleihen einmal 70 Prozent wert sein können. Sie sind davon ausgegangen oder Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen Kassegger war, dass die Anleihengeber eben auch nicht davon ausgegangen sind, dass sie wirklich zu 100 Prozent ihr Geld bekommen und ob die Haftungen wirklich so werthaltig sind. Sonst gibt es ja keinen Grund dafür, dass die Haftungen am Markt auf einmal für nur mehr 70 Prozent gehandelt werden, wenn das ohnehin alles so klar ist. Das widerspricht ja wieder Ihrer Aussage!

Also es hat niemand wirklich geprüft, Sie haben es sich nie angeschaut, aber erklären uns, die Haftungen seien ein Grund und wären sofort schlagend gewesen – und dann doch wieder nicht. Also ich habe bis heute nicht herausgefunden, wer sich die Anleihenverträge angeschaut hat und wer uns sagen kann, wann welche Haftungen in welcher Höhe schlagend werden.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, noch einmal, exakt auf Ihre Frage eingehend: Ihre Frage ist: Hätten diese Haftungen überhaupt schlagend werden können? Haben Sie – die Frage war an mich gerichtet – diese Frage geprüft?

Ich sage Ihnen dazu: Das ist eine Rechtsfrage, die öffentliches Recht und EU-Recht betrifft. Daher war es aus meiner Sicht sinnvoll, sich diesbezüglich mit Experten aus diesen Fachbereichen auseinanderzusetzen. Das ist nicht mein Fachbereich, aber ich kann sehr wohl beurteilen, ob eine Begutachtung durch einen Experten aus diesem Bereich für mich nachvollziehbar ist oder nicht. Man hat sich mit dem Thema auseinandergesetzt – wenn auch nicht ich persönlich.

Für mich war wichtig zu wissen: Gut, da gibt es eine Auffassung, nämlich das Griller-Gutachten, mit der muss man sich auseinandersetzen. Das ist passiert durch das Gutachten Potacs – war für mich nachvollziehbar und damit abgehakt. Damit war für mich die Sache erledigt.

Die zweite Frage: Herr Abgeordneter, wir reden da jetzt bei den Schwankungen in der Bewertung der Anleihen von Marktmechanismen. Der Markt hat reagiert, nicht die Politik. Das wäre ja gar nicht möglich, um Gottes Willen. Wenn der Markt einfach Anleihen mit einer Besicherung des Landes Kärnten unter 100 bewertet, und es Leute gibt, die dann eben unter 100 diese Anleihen kaufen, dann ist das etwas, das sich durch Marktmechanismen ergibt. Das ist einfach so und das muss man als Faktum hinnehmen.

Sehr wohl haben Sie recht, dass man sich dann die Frage stellen soll: Wie ist denn das möglich? Ich sage Ihnen, warum es möglich ist: Weil der Markt natürlich auch in der Lage ist, letztlich nach seinen Mechanismen zu bewerten, was eine Besicherung durch eine Gebietskörperschaft wie Kärnten tatsächlich wert ist.

Und jetzt kommen wir genau zu dem Punkt. Das Gutachten Griller ist ein juristisches Gutachten. Es beschäftigt sich mit der Frage, ob aus Gründen des EU-Rechts diese Garantien vielleicht von vornherein nicht wirklich wirksam gewesen sein könnten. Das ist eine Rechtsfrage des EU-Rechts, hat nichts mit den Marktmechanismen zu tun.

Daher kann ich Ihnen nur sagen: Die Rechtsfrage wurde für mich überzeugend von den dafür zuständigen ausgewiesenen Fachexperten, insbesondere von Professor Potacs so bewertet, dass es für mich nachvollziehbar war, dass man nicht sagen kann, diese Haftungen wären von vornherein nicht verbindlich gewesen und die Gläubiger hätten sich darauf auch nicht berufen können.

Ich meine, aus heutiger Sicht – jetzt muss ich einen Schnitt machen – wäre da vieles an Gerichtsentscheidungen gar nicht möglich gewesen. Ich meine, es gibt ja auch jetzt jede Menge Prozesse in diesem Zusammenhang, aber es gab nach diesem Gutachten meines Wissens keine Entscheidung eines Gerichts, dass etwa davon ausgegangen wäre, die Haftungen wären von Anfang an nicht valide und man hätte sich darauf nicht stützen können. Also das habe ich jedenfalls nicht wahrgenommen.

Insofern, glaube ich, ist es wichtig, dass man da schon die Ebenen der Argumentation unterscheidet: Rein juristisch gibt es die theoretische Argumentation von Professor Griller, EU-rechtlich waren die Haftungen von vornherein nicht wirklich valide. Dem wurde widersprochen von anderen Gutachtern. Man hat sich für eine Auffassung entschieden, die einem als nachvollziehbarer erschien.

Für mich war nur wichtig, dass man sich mit allen Argumenten auseinandersetzt, und das ist wirklich geschehen. Ich persönlich bin kein EU-Rechtsexperte, ich kann jetzt nicht sagen, ob der eine oder der andere recht hat. Für mich war wichtig: Entscheidung aufgrund nachvollziehbarer Expertise, mit der man sich auseinandersetzen musste. Das war mein Beitrag und das war mir wichtig.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nur zur Klarstellung, was ich gesagt habe und was ich gemeint habe: Ich habe nie behauptet, die Haftungen wären nie in vollem Umfang schlagend geworden. Ich habe die Frage auf Basis dessen, was ich hier dem Gutachten entnehme, gestellt. Meine Frage war, ob man diese Haftungen, die der Herr Griller meint, die zwischen 2003 und 2007 entstanden sind, geprüft hat.

Ich halte auch fest, dass die Rechtsmeinungen der Juristen, die hier herinnen gesessen sind, nicht eindeutig sind, dass man sich nicht eindeutig für eine der beiden Varianten endgültig festlegen konnte; weil es eben unterschiedliche Rechtsauffassungen dazu gibt, ob die Haftungen schlagend werden, wann sie schlagend werden und ob sie nicht schlagend werden.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, wenn ich das noch sagen darf: Ich verstehe das schon, da haben Sie schon recht. Aber wissen Sie, aus unserer Sicht, damals: Wenn wir uns darauf verlassen hätten können, dass Haftungen jedenfalls ab 2003 dem Land Kärnten gegenüber nicht schlagend werden können, dann wäre das großartig gewesen, dann wäre uns geholfen. Aber wir konnten davon nicht ausgehen; das war nicht die Auffassung, der wir wirklich folgen konnten. Das wäre wirklich schön gewesen, da hätten wir uns gefreut, aber es war nicht möglich. (Abg. Angerer: Meine Frage war, ob es geprüft worden ist!)

Wie ich gesagt habe, nicht von mir persönlich, war nicht mein Fachbereich; aber geprüft wurde es, und das kann ich definitiv bestätigen, weil ich diese Wahrnehmung ja bekommen habe.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben vorhin in Ihrer Stellungnahme die Haftungen auch als „Kärnten is a Wahnsinn“ bezeichnet. Sie haben also offensichtlich bei den 20 Milliarden dann doch gesehen, dass sie sofort schlagend werden.

Ich sage, Wien ist auch ein Wahnsinn, denn Wien hat im Jahr 2000 110 Milliarden €, also 1,4 Billionen Schilling, an Haftungen gehabt. Und ich sage noch einmal, wenn wir nicht einen Finanzminister Pröll gehabt hätten, der diese Bank zurückgenommen hat, ohne Not, hätten wir das Problem in Österreich nie gehabt. Aber es ist leider passiert!

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, das kann ich letztlich nicht beurteilen, das werden Sie verstehen.

Vorsitzende Doris Bures: ÖVP? – Derzeit keine Wortmeldung. Grüne? Team Stronach? – Keine Wortmeldung.

Herr Abgeordneter Dr. Hable, da mir jetzt, wenn ich das richtig gesehen habe, keine Wortmeldung vorliegt, erteile ich Ihnen das Wort. Ich werde Sie nicht nach 3 Minuten unterbrechen, sondern erst dann, wenn es weitere Wortmeldungen gibt. Ich weise darauf hin, dass die Soll-Befragungsdauer von drei Stunden in wenigen Minuten erreicht ist. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Bundesminister, gehen wir weiter zur Ihrer Beantwortung der Fragen 16 und 17. Da geht es um die ressourcenmäßige Ausstattung der Staatsanwaltschaft Klagenfurt. Da schreiben Sie, dass aktuell 2,8 Vollzeitkräfte mit der Causa Hypo Alpe-Adria beschäftigt sind; 2,8 deswegen, weil zwei Staatsanwälte regulär und außerdem jemand noch zu 80 Prozent zugeteilt ist. 2,8 – halten Sie diese personelle Ausstattung für einen Komplex wie die Hypo Alpe-Adria für ausreichend? 

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, man darf, glaube ich, nicht vergessen, dass natürlich die primäre Aufsichtsbehörde und Ansprechstelle in all diesen Bereichen die Oberstaatsanwaltschaft Graz ist. Insofern wollte ich nur noch ergänzen, auch zu Ihrer vorigen Frage: Es gibt natürlich auch Entscheidungen, die derart logisch und klar sind, dass sie schon im Bereich zwischen Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft geklärt werden, wenn sie eben keine Bedeutung haben, die es rechtfertigen würde, sie dem Ministerium vorzulegen. Unter anderen betrifft das diese Entscheidungen rein technischer Art – Ausscheidungen, Zusammenführung von Verfahren, was auch immer –, das wollte ich nur gesagt haben.

Das heißt, Sie müssen davon ausgehen, dass sich hier – zwischen Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft – natürlich relativ viel, im positiven Sinn, abspielt. Wenn diese Ausstattung zu gering wäre, dann läge es an der Oberstaatsanwaltschaft – als unmittelbarer Aufsichtsbehörde –, ans Ministerium heranzutreten, und zu sagen, das ist zu wenig, wir brauchen hier mehr. Mir ist Derartiges nicht bekannt, aber ich glaube nicht, dass es am Personaleinsatz scheitern würde. Das, was hier in der Anfragebeantwortung steht, ist genau das, was mir natürlich meine Fachreferenten vorlegen und mir meine Fachabteilung vorlegt.

Ich gehe davon aus, dass das so richtig ist, natürlich. Die abstrakte Frage, ob das für dieses Verfahren ausreicht oder nicht – wissen Sie, das wäre nicht seriös, wenn ich das beantworten wollte –, das muss die Oberstaatsanwaltschaft beantworten, zuerst einmal der Leiter der Staatsanwaltschaft Klagenfurt. Der normale Weg ist der: Wenn der sagt, wir haben Personalprobleme, wir brauchen mehr Kapazitäten, dann wendet er sich an die Oberstaatsanwaltschaft, und dann ist es in vielen Fällen so, dass das dann direkt auf der Ebene sofort geregelt wird.

Es muss ja, um Gottes Willen, nicht überall das Ministerium eingebunden werden, aber wenn es hier wirklich Probleme gäbe, die letztlich bei uns aufschlagen, würde ich es verstehen, wenn hier der Wunsch nach mehr Personal geäußert wird – dann würden wir uns sicher bemühen, dafür zu sorgen, dass es das auch gibt –, aber ich habe jetzt aktuell keine Information in der Richtung.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das sind Informationen, die dem Untersuchungsausschuss sehr wohl vorliegen. Ich erinnere an die Aussage von Herrn Zink, Rechtsanwalt – einer der Rechtsanwälte, die im Rahmen der CSI Hypo tätig waren –, der berichtet hat, dass alleine bei ihm in der Kanzlei 28 Juristen über sechs Jahre tätig waren. Das war eine Kanzlei davon, also nicht alle, die für die CSI Hypo tätig waren. Er hat gesagt, dass sie rund ein Fünftel der Fälle bearbeitet haben, die der CSI Hypo übertragen worden sind, und für dieses Fünftel der Fälle haben die 28 Juristen, bis zu 28 Juristen beschäftigt. Bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt sind es 2,8, das trifft sich passend, das ist genau ein Zehntel. Halten Sie das wirklich für ausreichend?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, ich kann das jetzt ad hoc in der Sache selbst nicht beurteilen, weil es nicht seriös wäre. Es ist Sache der Aufsichtsbehörde, der Staatsanwaltschaft und ihrer Leitung, und auch der Oberstaatsanwaltschaft, das zu beurteilen. Wenn die Beurteilung zu dem Ergebnis führt, das ist zu wenig, dann werden wir alles tun, damit wir die Ressourcen verstärken. Ich glaube nur nicht, dass man jetzt die Ausstattung mit Juristen vielleicht auch international tätiger Anwaltskanzleien mit der Ausstattung des Bundes im Bereich der Staatsanwaltschaften vergleichen kann.

Natürlich haben wir hier auch gewisse Grenzen der Ressourcen, wir müssen auch gewisse Schwerpunkte setzen und versuchen, dass wir mit unserem Personal auskommen, aber eines kann ich Ihnen versichern: Wir haben ja nicht zuletzt auch im Bereich der WKStA in der letzten Zeit einiges an Ressourcensteigerungen erreicht, dass wir natürlich darauf reagieren würden, wenn es hier entsprechende Informationen oder Klagen gäbe. Nur, ich habe sie wirklich nicht.

Wenn dieser Untersuchungsausschuss dazu führt, dass man zu der Auffassung gelangt, hier ist die Staatsanwaltschaft personell zu schlecht besetzt – wir müssen hier aufrüsten –, dann bin ich darüber alles andere als unglücklich, weil das für mich ein starkes Argument ist, mehr Personal beim Bundeskanzleramt und letztlich im Finanzressort zu fordern, keine Frage. Ich kann es ja nicht herzaubern, ich muss ja neue Planstellen vom Bundeskanzleramt genehmigt bekommen, und das Finanzministerium muss mir die Finanzierung zusagen. Das ist in unserem System so.

Was wir selber machen können, sind Umschichtungen innerhalb der Staatsanwaltschaften. Da kann ich mir schon vorstellen, dass man so etwas, um kurzfristige Bedarfsspitzen abzudecken, auch macht. Das kann durchaus immer wieder passieren, weil wir das bei Staatsanwälten tun können, die es ja schon gibt, die wir allenfalls versuchen können, in bestimmten Bereichen einzusetzen, wo es Engpässe gibt. Aber grundsätzlich bin ich dafür natürlich offen, wenn ich entsprechende Informationen bekomme. Ich muss sie natürlich schon von den zuständigen Dienststellen bekommen, denn nur die können das beurteilen. Ich kann es ja nicht wissen, ich kann es wirklich nicht wissen. Das müssen mir die sagen, die vor Ort beurteilen können, wie viel Arbeit jetzt in welchem Zeitraum noch zu machen ist. – Schaffen wir das oder schaffen wir das nicht?

Noch einmal: Insgesamt war die Tätigkeit der Behörden in Klagenfurt aus meiner Sicht wirklich zufriedenstellend, vor allem auch, was die Zeitachse betrifft, jedenfalls bis jetzt, glaube ich, sagen zu können, rasch genug – Sie wissen, das ist immer ein wichtiger Punkt, die Verfahrensdauer –, so gesehen sehe ich hier jetzt keinen unmittelbaren Handlungsbedarf, außer es sagt mir jemand von den zuständigen Dienststellen, wir brauchen da mehr und es geht nicht anders.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie würden sich erwarten, dass jetzt die Staatsanwaltschaft in Klagenfurt den Telefonhörer in die Hand nimmt, im Justizministerium anruft und sagt: Liebe Leute, ich habe zu viel Arbeit. – Ist das realistisch?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, Sie können davon ausgehen, dass es hier entsprechende Informationskanäle gibt, die dafür sorgen, dass auch im Zuge der Bewertungen der jeweiligen Auslastung, die sehr genau erfolgt, natürlich auch bekannt wird, wenn es irgendwo Engpässe gibt. Selbstverständlich, das kann ich Ihnen schon sagen, selbst, wenn es so laufen würde – was nicht der normale Weg wäre –, dass ein Staatsanwalt zum Telefonhörer greift und mich anruft, dann wird er mich erreichen und ich habe die Information, aber normalerweise läuft das über die ganze normalen Dienstwege.

Es wäre ja nicht das erste Mal, dass irgendwo festgestellt wird, wir haben zu wenig Personal. Dann wird man halt versuchen, diese Lücken zu füllen oder diese Bedarfsspitzen abzudecken. Das haben wir immer wieder – wir haben das im Bereich der Justizwache auch immer wieder –, das ist nichts Ungewöhnliches. Es ist auch nicht in irgendeiner Form jetzt von Nachteil für den Leiter einer Staatsanwaltschaft, wenn er sich an das Ministerium wendet – das geschieht immer wieder –, mit der Forderung nach mehr Planstellen. Das ist erst kürzlich wieder bei einer anderen Staatsanwaltschaft der Fall gewesen. Dann muss man das anschauen und dann muss man entscheiden, selbstverständlich, aber ich muss es irgendwoher wissen, das ist das Entscheidende.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut, das haben wir schon festgestellt, dass es nicht der Normalfall wäre, dass ein Staatsanwalt den Justizminister anruft und ihm schildert, dass er angesichts der vorhandenen Ressourcen zu viel Arbeit hat. Also so funktioniert das nicht. Die Verantwortung funktioniert genau umgekehrt: Die Ressourcenausstattung ist eine Führungsaufgabe. Es ist nicht Aufgabe der einzelnen Staatsanwälte vor Ort, festzustellen, dass eine Organisation, eine große Organisation wie ein Bundesministerium und die gesamten Strafverfolgungsbehörden mit ausreichend Ressourcen ausgestattet sind. Das ist eine Führungsaufgabe, so, wie in jeder großen Organisation. Das wäre in Ihrer Verantwortung als Minister, festzustellen: Wo funktionieren die Dinge im Strafvollzug, in der Strafverfolgung? Wo funktionieren sie nicht? Wo haben wir genügend Ressourcen und wo haben wir sie nicht?

Dass im Fall der Hypo Alpe-Adria völlig klar ist, dass die mit zwei bis drei Staatsanwälten angesichts der Größe und der Komplexität des Falles nie und nimmer auskommen – wo Rechtsanwälte die zehnfache Personaltruppe für einen Bruchteil der Fälle hineinschicken –, liegt doch völlig auf der Hand. Sehen Sie hier nicht Ihre Verantwortung als Minister?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, ich sehe meine Verantwortung sehr wohl und ich nehme sie auch wahr. Ich kann nur Ihre Einschätzung überhaupt nicht teilen. In einem Punkt treffen wir uns: Es ist eine Frage der Führungsverantwortung, natürlich. Aber wo beginnt die Führungsverantwortung? – Die beginnt natürlich dort, wo man genau beurteilen kann, was braucht man, was ist notwendig, und das ist natürlich die Leitung der Staatsanwaltschaften. Die Leiter der Staatsanwaltschaften haben eine entsprechende Führungsverantwortung.

Ich muss jetzt ein bisschen ausholen und Ihnen erklären, wie die Staatsanwaltschaften strukturiert sind: Über den Leitern der Staatsanwaltschaften gibt es die jeweilige Oberstaatsanwaltschaft, die hat auch Führungsfunktionen, selbstverständlich, und über den Oberstaatsanwaltschaften hat dann das Ministerium die Führungsverantwortung, die wir natürlich auch wahrnehmen. Sie werden wohl nicht ernsthaft glauben, dass es realistisch ist, daran zu denken, dass sich jetzt das Bundesministerium für Justiz ständig damit beschäftigt, ob die Staatsanwaltschaft dort oder da ausreichend Ressourcen oder nicht hat. Dafür sind ja die Leiterposten da, dass hier entsprechende Führungsverantwortung vor Ort auch wahrgenommen wird. Das ist genau der Punkt, und das ist auch letztlich das einzig Mögliche.

Sich jetzt nur auf irgendwelche Vergleiche zu beziehen – wie die Ausstattung von Anwaltskanzleien ausschaut oder auch nicht ausschaut –, das überzeugt mich überhaupt nicht, weil das völlig an der sinnvollen Struktur unserer Staatsanwaltschaften vorbeigeht, die natürlich darauf aufbaut, dass eben vor Ort, durchaus jetzt subsidiär, von unten nach oben Führungsverantwortung wahrgenommen und gelebt wird. Nur so kann es funktionieren. Ich kann ja auch jetzt nicht vom Ministerium aus einfach über die Strukturen der Oberstaatsanwaltschaft oder über die Leiter der Staatsanwaltschaften drüberregieren quasi, das wäre absolut nicht sinnvoll.

Ich kann Ihnen nur sagen: Ich habe keine konkrete Information darüber, dass dort dringender Personalbedarf besteht. Hätte ich das, aber jetzt bitte nicht von Ihnen oder von irgendeiner Anwaltskanzlei, sondern von den Leitern der Einheiten und der Staatsanwaltschaften, die diese Führungsverantwortung auch haben, dann werde ich reagieren, selbstverständlich.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das heißt, diese Informationen wollen Sie nicht aufgreifen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich werde diese Information zum Anlass nehmen, mich jetzt auch intern zu erkundigen, wie das aussieht. Ich werde auch sicher das Gespräch mit der Oberstaatsanwaltschaft und der Leitung der Staatsanwaltschaft suchen, weil mich das, was Sie sagen, natürlich jetzt nicht unbeeindruckt lässt. Wenn Sie den Eindruck haben, da gibt es zu wenig Personal, dann werden wir das natürlich überprüfen, selbstverständlich checke ich das, keine Frage. Das ist für mich kein Thema, ist ja auch keine Schwierigkeit.

Aber das möchte ich schon auch noch sagen: Auch wenn es ungewöhnlich wäre, wenn ... Ich meine, es passiert ja laufend auch ein Informationsaustausch: Wir haben, glaube ich, demnächst wieder die Tagung der Staatsanwälte in Walchsee, wo ich natürlich auch dabei bin. Es gibt einen regelmäßigen Informationsaustausch mit den Führungskräften im Bereich der Staatsanwaltschaft, eigentlich permanent – das möchte ich Ihnen schon sagen –, und daher ist es wirklich so, dass hier dieser Informationsaustausch auch unsererseits wirklich gepflegt wird. Wir haben ihn, aber wenn es akut ein Problem gibt, dann ist letztlich schon der zuständige Leiter, die zuständige Leiterin dazu aufgerufen, das halt wirklich auch weiterzugeben

Glauben Sie mir, ich bin auch für einfache, sogenannte einfache Staatsanwälte, die in der Staatsanwaltschaft erster Instanz Dienst machen, relativ leicht erreichbar, es ist wirklich so.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ein Problem gibt es jedenfalls, akut würde ich es nicht nennen, weil wir es mindestens schon seit Anfang 2010 haben, als – wir erinnern uns alle – der damalige Finanzminister Pröll gesagt hat: Jetzt werden alle Belege umgedreht.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Darf ich es noch einmal hören? Was hat er gesagt? Ich habe es nicht verstanden. Was hat er gesagt?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Alle Belege werden umgedreht. (Auskunftsperson Brandstetter: Alle Belege, okay!) – Das war sozusagen der Startschuss für die CSI Hypo, die, wie wir auch aus dem Untersuchungsausschuss wissen, in ihrer Arbeit massiv behindert worden ist. Das ist ja auch schon bekannt.

Ich möchte natürlich, wenn ich den Justizminister hier habe, noch einen Moment bei den Strafverfolgungsbehörden bleiben. Gehen wir weiter zu Ihren Antworten 26 bis 35! Da haben wir gefragt, welche Delikte denn in der Causa Hypo Alpe-Adria verfolgt und allenfalls angeklagt werden. Und ja, also Statistik gibt es offenbar keine, aber zumindest kann ich Ihrer Antwort entnehmen, und das ist dann der vierte Absatz, der ganz unten auf Seite 5 beginnt, dass ... Ich zitiere:

Zuletzt wurden nach den mir vorliegenden Informationen der Staatsanwaltschaft Klagenfurt auch zwei Faktenkomplexe teils auch wegen §§ 146 ff StGB geführt.“ – Also das ist Betrug, schwerer Betrug et cetera.

Das heißt, aus Ihrer Antwort ist doch auch klar ersichtlich – auch eine Bestätigung unserer Kenntnis im Untersuchungsausschuss –, dass wirklich im ganz, ganz überwiegenden Ausmaß ausschließlich das Delikt der Untreue verfolgt wird, und alles andere entweder überhaupt nicht oder nur marginal, also wie hier gesagt ist, „zwei Faktenkomplexe teils auch wegen“ Betrug ... Das ist natürlich schon bemerkenswert, wenn man den Tatort Hypo Alpe-Adria kennt. Denn eines ist völlig klar: Nur um Untreue geht es hier nicht, ganz und gar nicht. Es geht massiv um Betrug, um schweren Betrug.

Herr Zink hat auch gesagt, dass er im Jahr 2010 wegen Bildung einer kriminellen Organisation Anzeige eingebracht hat. Das kann man angesichts dessen, was wir hier auch im Untersuchungsausschuss schon geschildert bekommen haben, sachlich vollkommen nachvollziehen.

Ich erinnere nur an die Aussagen von Herrn Picker gestern, wie in Slowenien verfahren werden musste, weil das dortige Management sozusagen Bankgeschäfte mit sich selbst gemacht hat. Die haben die Kredite für Gesellschaften genehmigt, hinter denen sie selbst gestanden sind. Er hat auch aus Bosnien geschildert, wie das abgelaufen ist, wie unter völlig nicht nachvollziehbaren Umständen einfach Kredite vergeben wurden.

Das ist ja, wenn man sich mit der Causa Hypo, mit dem Tatort Hypo Alpe-Adria beschäftigt, alles nichts Neues. Und dann ist natürlich erstaunlich, dass die Reaktion des Rechtsstaates auf diese höchst kriminellen Vorgänge ist, dass im überwiegenden Fall nur wegen Untreue angeklagt wird, also der Frage nachgegangen wird, ob der Bank ein Schaden entstanden ist, und ob Bankmanager dafür zur Verantwortung gezogen werden können. – Was in Ordnung ist, aber natürlich bei Weitem nicht ausreichend.

Die entscheidende Frage ist ja nicht nur, ob die Bank einen Schaden davongetragen hat – das ist ja völlig klar bei all diesen Geschäften mit kriminellem Hintergrund –, sondern natürlich auch, wer die Begünstigten waren, wer die Profiteure waren. Es sind all diejenigen gewesen, die über diese Scheingeschäfte, über diese Immobilienprojekte, verschleiert dann über Briefkastenfirmen und Stiftungen in Liechtenstein, wohin dieses Geld geflossen ist, wer das alles bekommen hat ...

Die sind ja strafrechtlich genauso, wenn nicht viel schlimmer zur Rechenschaft zu ziehen. Also warum? Warum nur wegen Untreue? Warum lässt man die Profiteure laufen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, jetzt sozusagen alles der Reihe nach: Zum einen haben Sie im Vorfeld Ihrer Frage, die jetzt ganz am Schluss kam, auch gemeint, es hätte hier Behinderungen der Ermittlungstätigkeit gegeben. Ich kann nur ganz klar sagen, von unserer Seite sicher nicht, das würde ich zurückweisen.

Das Zweite ist, weil Sie gesagt haben, wie denn üblicherweise dieser Informationsfluss ist. Da möchte ich jetzt nur an ein Beispiel anknüpfen, wo man das sehr schön sieht. Einer der letzten Fälle, bei dem ich mit den Sorgen und Nöten der Ermittlungsbehörden in Klagenfurt persönlich konfrontiert wurde, war genau die Frage der Ladung des Leiters der SOKO und einer Sachverständigen, wo mir die Staatsanwaltschaft mitgeteilt hat, das könnte dazu führen, dass Ermittlungen, die ja noch laufen, unter anderem auch wegen Betrugs, wie hier in der Anfragebeantwortung völlig korrekt steht, daher muss man da was tun ...

Was habe ich gemacht? – Ich habe mich – und das würde ich in jedem anderen Fall auch so tun – sofort wirklich für die Staatsanwaltschaft Klagenfurt und ihre Interessen eingesetzt, habe den Konsultationsmechanismus ausgelöst, und habe versucht, hier eine Lösung zu finden, die für die Staatsanwaltschaft und ihre Interessen gangbar ist. Genauso würde ich das in jedem anderen Fall tun. Wenn die Staatsanwaltschaft Klagenfurt irgendwelche berechtigte Anliegen hätte, würde ich mich voll dafür einsetzen, überhaupt kein Thema.

Was Ihre Frage betrifft, so hat die in Wahrheit ja zwei Ebenen. Zum einen ist es natürlich nicht wirklich seriöserweise möglich, einfach nur jetzt zu sagen: Da wird hauptsächlich nur wegen Untreue ermittelt, und das ist für mich nicht befriedigend. Ich glaube schon, an dieser Stelle sagen zu müssen, dass man diese Beurteilung, nach welchem Tatbestand ermittelt wird, denen überlassen muss, die auch die Faktenkenntnis haben. Das sind natürlich die Staatsanwaltschaften unmittelbar. Ich würde da nie, um Gottes Willen, in irgendeiner Form nur eingreifen wollen, das wäre völlig verrückt. Die haben die Akten, die haben unmittelbar auch die Beweisaufnahme und ihre Ergebnisse. Die müssen beurteilen, ob die Vorgänge, um die es geht, rechtlich als Untreue oder Betrug oder sonst etwas zu qualifizieren sind oder nicht.

In weiterer Folge, wenn es um entsprechende Erledigungen bestimmter Bedeutung geht, muss das ohnehin vorhabensberichtsmäßig erledigt werden, nämlich so, dass wir das auch erfahren. Und es ist nicht zuletzt auch das einer von vielen Gründen – nicht jetzt in diesem Verfahren, da wüsste ich es jetzt nicht, aber generell weiß ich es –, dass unsere Fachabteilung des Öfteren auch die Staatsanwaltschaften anweist: Bitte, eure Einschätzung, was die rechtliche Qualifikation betrifft, ist unserer Meinung nach nicht richtig, wir sehen das anders, das ist nicht der Tatbestand X, sondern Tatbestand Y. – Mag sein, so etwas kommt immer wieder vor.

Daher ist das, glaube ich, ein System, das durchaus Sinn macht. Aber ich glaube, es wäre zu einfach, zu plakativ und zu schlicht, jetzt einfach zu sagen: Wir hätten gerne im Ergebnis mehr Verfahren wegen Betrugs oder was auch immer. Man darf auch nicht vergessen, dass natürlich auch die Staatsanwaltschaften die Möglichkeiten wahrnehmen, die unser Gesetz bietet in Bezug auf die Beschlagnahme von Vermögenswerten und die Abschöpfung der Bereicherung, Verfall und all die Dinge. Das haben wir ja alles.

Das heißt, das kommt hier auch nicht entsprechend zum Ausdruck, weil es auch nicht erfragt wurde. Aber glauben Sie mir, es wäre zu billig und zu plakativ, sich jetzt nur an der Frage zu orientieren: Wird da nur wegen Untreue ermittelt – das ist ja auch ein gravierendes Delikt mit entsprechend hoher Strafdrohung –, oder gibt es auch Betrugsfakten? – Nebenbei bemerkt: Die Strafdrohung bei Untreue ist ja bei der Qualifikation vor allem auf jeden Fall so hoch wie beim Betrug.

Also mag es schon sein, dass immer wieder jemand, der vielleicht nicht unmittelbar vom Fach ist, andere Meinungen vertritt und meint, das sollte man so oder anders qualifizieren. Ich glaube, es ist wichtig, dass man einfach die dafür zuständigen Organe entsprechend unbehindert und auch ohne Einfluss von außen arbeiten lässt. Wenn sie ein Ergebnis in einer Causa wie dieser haben, muss es dann ohnehin nach oben berichtet werden, dann kann allenfalls in rechtlicher Hinsicht noch etwas korrigiert werden. Aber ich halte das für das richtige System, und ein besseres ist im rechtsstaatlichen Bereich auch noch nicht erfunden worden.

Ich sage ja nicht, dass immer die Einordnung eines Staatsanwalts richtig sein muss, aber dafür gibt es auch die entsprechenden Kontrollmechanismen. Aber ich sage Ihnen eines: Es ist wichtig für das Vertrauen auch in die Justiz, dass man die Leute einfach arbeiten lässt und sich dann das Endergebnis anschaut. Ich habe keine negativen Erfahrungen mit den Ergebnissen der bisherigen Tätigkeit der Staatsanwaltschaft in Klagenfurt.

Sollte es notwendig sein, hier mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen, dann würde ich das in meiner Macht Stehende mit Sicherheit tun und die Staatsanwaltschaft Klagenfurt mit Sicherheit mit allem unterstützen, was mir zu Gebote steht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, Untreue ist auch ein Delikt mit einer Strafdrohung, aber halt doch eines, das in dieser Causa nicht den Kern der Sache trifft. Wenn nur wegen Untreue angeklagt wird, dann ist ja vollkommen klar, was nicht passiert: Man geht den verschwundenen Geldern nicht nach! Das muss man auch nicht, denn für Untreue muss man nur nachweisen, dass der Bank ein Schaden entstanden ist. Man muss sich nicht der Frage stellen: Wo sind die Gelder hingeflossen? Und wer hat sie bekommen, wer sind die Profiteure?

Das ist genau das Tragische, das rechtsstaatlich Tragische, dass hier die Profiteure einfach davonkommen! Die lässt man laufen. Das ist aber nicht nur rechtsstaatlich tragisch, sondern auch finanziell tragisch, weil bekanntermaßen viele Milliarden, rund 15 Milliarden, weg sind und vieles davon in kriminelle Kanäle geflossen ist. Jetzt soll der Steuerzahler dafür aufkommen, und der fragt sich zu Recht: Wieso werden zumindest nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, dass man diesen Geldern nachgeht, dass man die Profiteure ausforscht und vielleicht auch einen Teil der Gelder wieder zurückholt?

Sie verweisen jetzt wieder auf die Staatsanwaltschaft Klagenfurt. Ja, aber die Staatsanwaltschaft Klagenfurt, das sind diejenigen, die mit – wie schreiben Sie in der Anfragebeantwortung? – 2,8 Vollzeitkräften arbeiten. 2,8 – das kann sich nicht ausgehen! Es ist vielleicht schon die Tatsache, dass sie nur Untreue anklagen, eine Folge davon, dass sie ressourcenmäßig völlig unzureichend ausgestattet sind. Natürlich hat das Konsequenzen!

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, sofern ich jetzt eine Frage herausfiltern konnte, würde ich schon gerne darauf antworten. Sie können sicher sein, dass nach allem, was meinem Kenntnisstand entspricht, allem nachgegangen wird, insbesondere auch Vermögenswerten, die man sichern kann, die man sicherstellen kann und die natürlich in weiterer Folge auch im Rahmen des Strafverfahrens in Beschlag genommen und verwertet werden können, nicht zuletzt zugunsten der Geschädigten. Das ist bei jedem Delikt so, da ist kein großer Unterschied.

Was Sie meinen, ist, dass eben beim Betrug die persönliche Bereicherung auch noch da sein muss. Ja, das ist schon richtig. Aber ich kann – ehrlich gesagt, weil es nicht seriös wäre – jetzt auf diese Frage nicht antworten, weil es wirklich Sache der zuständigen Behörden ist, das zu beurteilen. Ich halte alles andere einfach nicht für seriös.

Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie mit der strafrechtlichen Beurteilung der Faktenlage durch sämtliche Staatsanwaltschaften bisher nicht wirklich einverstanden sind. Gut, das muss ich zur Kenntnis nehmen. Auf diese Art und Weise werden Sie auch die zuständigen Staatsanwaltschaften zur Kenntnis nehmen. Ich habe keine Information und keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass die Staatsanwaltschaften in diesem Bereich gute Arbeit leisten, mag sie auch in der rechtlichen Einordnung der Fakten, die man beurteilen muss, nicht mit Ihrer persönlichen Meinung übereinstimmen. Da ist halt so – na, damit muss ich leben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, so habe ich das nicht gesagt. Meine Stellungnahmen waren nicht als Kritik an der Staatsanwaltschaft Klagenfurt zu verstehen. Ganz im Gegenteil, ich erkenne an, dass diese sich mit einer gewaltig komplexen Causa, mit einer riesigen Causa, wahrscheinlich mit dem größten Kriminalfall, den dieses Land je gesehen hat, abstrampeln muss – mit völlig unzureichenden Ressourcen!

Sie werden dort im Stich gelassen, das ist der Punkt! Und da sind wir bei der politischen Verantwortung, ich komme darauf zurück: Das ist politische Verantwortung, das ist Führungsverantwortung, zu schauen, wo Engpässe sind, wo Ressourcen nachgeschossen werden müssen.

In der Causa Hypo Alpe-Adria, wo es um Milliarden Euro geht, um Milliarden Euro aus Sicht der Steuerzahler, dort müsste natürlich nachjustiert werden. Dort wäre es notwendig, noch viel, viel mehr Ressourcen hineinzugeben, aber nicht die zwei bis drei Staatsanwälte sich dumm und dämlich arbeiten zu lassen und sie dann vielleicht auch noch die Kritik anhören zu lassen.

Nein, so will ich das nicht stehen lassen! Das ist keine Kritik an den Staatsanwälten, die dort alleingelassen werden. Das ist eine Kritik, dass das System so aufgestellt ist, dass sie nie und nimmer den ganzen Fall aufklären können, dass sie mit dieser Ressourcenausstattung nie und nimmer in der Lage sind, den Profiteuren nachzugehen.

Ich stelle die Frage nicht an die Staatsanwälte in Klagenfurt, ich stelle sie an Sie, Herr Bundesminister, als zuständigen Minister und füge noch hinzu, in Erinnerung an die Aussage von Herrn Picker gestern, dass es offenbar in Slowenien möglich ist, auch wegen dieser Delikte zu verfolgen. Auch dort laufen die Verfahren noch, genauso wie in Österreich, da muss man schauen, was herauskommt.

Aber allein Untreue wird dort nicht verhandelt! Herr Picker hat uns genannt: Betrug, schwerer Betrug, Korruption, Geldwäsche – ja, ohnehin alles richtig, alles genau diese Punkte, die in der Causa Hypo Alpe-Adria vorgekommen sind. Die Frage ist nur: Warum werden in Österreich all diese strafrechtlich relevanten Sachen nicht verfolgt?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, in diesem Punkt sind wir ja nicht wirklich unterschiedlicher Meinung. Ich habe Ihnen schon gesagt: Wenn sich herausstellen sollte, dass es hier Engpässe gibt, dann muss man das bereinigen. Ich habe diese Information auf dem normalen Weg nie bekommen. Ich habe vorhin aber auch gesagt, dass ich jetzt aus Anlass Ihrer Behauptungen natürlich überprüfen werde, wie das dort wirklich aussieht mit den Ressourcen, ob die Dienststellen dort dringend mehr Ressourcen brauchen und wie viele.

Ich werde mich sicher nicht in die rechtliche Qualifikation der Fakten einmischen, wie sie von der Staatsanwaltschaft vorgenommen wird. Das mache ich sicher nicht. Aber die Ressourcensituation schaue ich mir jetzt aktiv sehr, sehr gerne an und werde Ihre Argumente, soweit sie die Ressourcenausstattung betreffen, sicherlich auch von mir aus überprüfen, kein Thema. Ich kann jetzt nicht sagen, was letztlich übrigbleibt von Ihrer Kritik, aber ich werde dem natürlich nachgehen, weil es für mich auch wichtig ist. Deshalb war mir auch wichtig, klarzustellen: Eine Behinderung in irgendeiner Form hat es nicht gegeben.

Jetzt sagen Sie, es ist vielleicht mangelnde Ausstattung, die sich natürlich auch für die Qualität der Ermittlungsverfahren negativ auswirkt. Das ist, abstrakt gesehen, durchaus richtig; konkret muss man sich anschauen, gemeinsam mit den zuständigen Behörden, die ja vor Ort die tatsächliche Übersicht und auch die Leitungsverantwortung haben: Wie sieht das wirklich aus? – Das werde ich selbstverständlich tun! Ich werde sicherlich auch gerne anlässlich einer zu erwartenden neuen parlamentarischen Anfrage Ihrerseits Ihnen dann berichten, was dabei herausgekommen ist.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, das wäre schon einmal ein positiver Schritt! Da schauen wir uns dann an, was herauskommt.

Ich würde gerne weitergehen zu den Fragen 43 und 44 beziehungsweise Ihren Antworten darauf. Der Hintergrund ist der sogenannte Berlin-Deal. Wir erinnern uns – auch hier abgehandelt im Untersuchungsausschuss –: jener Zwischeneinstieg von Tilo Berlin und seinen akquirierten Investoren, die kurz, bevor die Bayern eingestiegen sind, noch einmal eine Sperrminorität an der Hypo Alpe-Adria erworben haben. Das war Anfang 2007.

In weiser Voraussicht, wie Tilo Berlin und seine Investoren behaupten? – Nein, umgekehrt: Nicht in weiser Voraussicht, wie sie behaupten, sondern höchst spekulativ war das Investment. Ja, man könnte es auch anders sehen: Sie haben ganz genau gewusst, wie das ausgeht, und haben innerhalb weniger Monate rund 200 Millionen € in der Causa verdient.

Das Einzige, was es strafrechtlich in dieser Angelegenheit gegeben hat, sind Ermittlungsverfahren in steuerrechtlichen Angelegenheiten. Also die Finanzstrafbehörden haben sich eingeschaltet.

Da finde ich Ihre Antwort zu den Fragen 43 und 44 ganz spannend. Ich zitiere: „Gegen die von den Finanzstrafbehörden angezeigten Investoren wurde von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt ein Ermittlungsverfahren wegen § 33 Abs. 1 FinStrG geführt, Rechtshilfeersuchen an ‚Off-Shore-Jurisdiktionen‘ wurden in diesem Zusammenhang nicht gestellt.“

Das ist ja eine unglaubliche Signalwirkung, die von so einer Praxis ausgeht! Was sagt diese Antwort oder diese Praxis, die dahintersteht? – Die sagt nichts anderes als: Liebe Leute, bedient auch einer Off-Shore-Firma! Liechtenstein, Panama Papers kennen wir mittlerweile alle. Bedient euch einer Off-Shore-Konstruktion, dann könnt ihr euch sicher sein: Es wird nicht ermittelt!

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, diese Antwort, so wie sie dasteht, ist völlig richtig und wurde mir auch so übermittelt. Die Frage ist jetzt: Was versteht man unter Off-Shore-Jurisdiktionen? – Ich habe eingangs gesagt, dass nach allen meinen Informationen die Rechtshilfe mit Liechtenstein wirklich gut funktioniert. Das kann hier also nicht gemeint sein.

Die Entscheidung darüber, welche Rechtshilfe mit welchen Staaten hier angestrebt wird und welche nicht, muss ich grundsätzlich auch den ermittelnden Staatsanwaltschaften überlassen. Wenn es dann konkrete Probleme gibt, bei denen wir helfen könnten – wie ich heute schon einmal gesagt habe –, dann sind wir gerne dazu bereit.

Aber ich könnte sicher zu diesem Punkt mehr an Informationen bekommen. Ich erwarte Ihre nächste Anfrage, dann werden wir uns das genauer anschauen können. Aber ich kann heute seriöserweise nicht mehr dazu sagen, außer dem, was dasteht. Mit der einen Zusatzbemerkung, dass, was Liechtenstein betrifft, nach allem, was ich weiß, die Rechtshilfe wirklich gut funktioniert. Das kann hier damit also nicht gemeint sein.

Der Kern dieser Aussage ist ja, es werden hier Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung geführt. Aber ob jetzt Rechtshilfeersuchen in bestimmten Staaten notwendig sind für die Ermittlung oder nicht, das muss die zuständige Behörde entscheiden. Da kann man nicht einfach generell sagen, dass das nicht in Ordnung ist, wenn das im Einzelfall nicht passiert. Das ist eine Einzelfallbeurteilung durch die zuständige Staatsanwaltschaft, und das hat sie unbeeinflusst von außen selbst einmal zu entscheiden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, es ist kein Einzelfall, sondern es ist in dieser Causa ganz grundsätzlich gegen alle jene Investoren, die sich der Off-Shore-Konstruktionen bedient haben, nicht ermittelt worden. Natürlich hätte man Rechtshilfeersuchen stellen müssen an diejenigen Länder, in denen diese Off-Shore-Konstruktionen angesiedelt waren, derer sich diese Investoren bedient haben.

Aber das hier ist ein Blankoscheck! Das ist ein Blankoscheck, der sagt: Kein Problem, bedient euch der Off-Shore-Konstruktionen, ihr könnt euch sicher sein, die österreichische Justiz wird kein Rechtshilfeersuchen stellen! – Damit ist jeder Erfolg einer Ermittlung auch von Anfang an ausgeschlossen. Das ist eine Kapitulation des Rechtsstaates!

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, das ist Ihre plakative Interpretation von Daten und Fakten, die – und das habe ich gesagt – in jedem Einzelfall von der zuständigen Behörde entschieden werden müssen. Das ist der Punkt. Die wissen am besten, wo sie Rechtshilfe konkret ansprechen und wo nicht.

Alles anderes, was Sie jetzt gesagt haben, ist reine Interpretation, gegen die ich mich insofern verwahre, weil das schon eine Kritik an der Staatsanwaltschaft inkludiert, die ich nicht für gerechtfertigt halte. Vor allem ist es – nicht böse sein! – nicht wirklich seriös, ohne jede Aktenkenntnis und ohne entsprechende Fachkompetenz einfach so zu tun, als wüsste man immer alles besser. Den Eindruck habe ich aber.

Da ich dem jetzt keine Frage entnehmen konnte, kann ich nicht mehr dazu sagen. Außer, dass ich natürlich erwarte, Sie werden weitere Anfragen stellen, und wir werden weitere Antworten geben nach bestem Wissen und Gewissen, gestützt auf die Information der zuständigen Behörden. Na selbstverständlich, ganz normal!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, der übliche Verweis auf die Staatsanwaltschaft! Aber mit dem gebe ich mich naturgemäß nicht zufrieden, weil auch hier wiederum politische Verantwortung mit im Spiel ist.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Die hat übrigens auch ein Abgeordneter, wenn er Fragen stellt, die in irgendeiner Form eine negative Beurteilung von Behörden beinhalten, die sich dagegen nicht wehren können. – Ich wollte das nur so nebenbei erwähnt haben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, ich weiß schon, Sie probieren jetzt immer, meine faktenbasierte kritische Darstellung der politischen Entscheidungsträger auf Kritik an den Staatsanwaltschaften umzulenken. Nur führt das ins Leere. Das ist keine Kritik an den Staatsanwaltschaften, sondern das ist eine Kritik an der politisch verantwortlichen Führungsspitze.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Sage ich ja: Das ist Ihre Aufgabe. Das verstehe ich auch.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wissen Sie, wie diese Steuerhinterziehungsgeschichten in der Schweiz aufgekommen sind, die amerikanische Staatsbürger betroffen haben? – Die zuständigen amerikanischen Minister haben nicht gesagt: Na ja, da sind irgendwelche Staatsanwälte zuständig, darum brauchen wir uns nicht zu kümmern!, sondern sie haben sich sehr wohl darum gekümmert, auch auf politischer Ebene, dass dieser systematischen Steuerhinterziehung ein Riegel vorgeschoben wird!

Dasselbe gilt natürlich auch für Österreich, dasselbe gilt auch für die österreichischen Minister. Gut, wir sind nicht die USA, aber Liechtenstein ist auch nicht die Schweiz. Wenn es durch die Fakten vollkommen klar auf der Hand liegt, dass hier Millionen, viele Millionen in Verschleierungskonstruktionen unter anderem in Liechtenstein verschwunden sind, dann ist es aus meiner Sicht völlig klar, dass man nicht nur auf die Staatsanwälte zeigen kann, sondern dass es hier eine politische Verantwortung gibt, dass diese Probleme auch auf politischer Ebene anzugehen sind. Denn das Ergebnis dessen, was passiert, wenn das nicht gemacht wird, sieht man ja.

Damit komme ich zu den Fragen 58 und 59. Das waren die Fragen danach, wie viel denn bisher an Geldern zurückgeholt worden ist. Da ist zu lesen: „Auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Klagenfurt wurden im Fürstentum Liechtenstein rund 17 Millionen Euro beschlagnahmt.“

Na ja, „beschlagnahmt“ nicht ganz: Das hat Herr Zagorec freiwillig zurückgezahlt. Aber das ist das Ergebnis! Das ist das Ergebnis, wenn man nur wegen Untreue anklagt, wenn man den Profiteuren nicht nachgeht, wenn man die Off-Shore-Konstruktionen unangetastet lässt und wenn man auf politischer Ebene meint, man wäre dafür nicht zuständig. Das waren ohnehin nur die Staatsanwälte! Die mögen sich doch damit abstrampeln, und die Politik hätte hier keine Verantwortung.

Ganz im Gegenteil: Aus meiner Sicht hat die Politik hier eine zentrale Verantwortung! Und das Ergebnis dessen, dass sie nicht wahrgenommen wird, sieht man hier auch ganz eindeutig. – Danke schön einstweilen.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Gehe ich recht in der Annahme, dass das jetzt keine Frage war? – Ich hätte auch keine herausgehört, abgesehen von den Deklamationen, die natürlich fürs Protokoll gedacht waren.

Aber ich verstehe und nehme zur Kenntnis, Herr Abgeordneter, dass Sie nicht zufrieden sind mit den vorläufigen Ergebnissen des Verfahrens, dass Sie glauben, alles besser zu wissen und dass alles besser hätte gemacht werden können. Gut, das nehme ich zur Kenntnis.

Ich werde aber auch von mir aus hier Schritte setzen, um eine genaue Information über mögliche Ressourcenprobleme zu bekommen. Ja, insofern reagiere ich natürlich darauf.

Aber die politische Verantwortung besteht auch darin, dass man die zuständigen Behörden arbeiten lässt und nicht immer von außen glaubt, alles besser zu wissen und alles besser machen zu können – ohne Faktenkenntnis, ohne Aktenkenntnis! Das kann ich mir als zuständiger und verantwortlicher Minister nicht leisten. Daher kann ich nicht mehr als das dazu sagen – auch fürs Protokoll.

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es jetzt noch Wortmeldungen? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

Auch Sie werde ich nicht unterbrechen, außer, die vier Stunden der Befragungsdauer sind abgelaufen, oder erst, wenn sich jemand zu Wort meldet. – Sie sind jetzt am Wort.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, es geht nur darum, weil das immer wieder eine Rolle spielt – es war ja heute, glaube ich, schon das zehnte oder zwanzigste Mal, deshalb habe ich noch nicht einmal eine Frage –: Was sozusagen die Bedrohungslage dieser Kärntner Landeshaftungen betrifft, ist diese sicher mit vielen Unwägbarkeiten ausgestattet. Aber was hier für diesen Ausschuss völlig untergeht und worüber gar keine Unterlagen da sind, weil sie erst im Frühjahr 2016, im Winter 2015/2016 kreiert wurden, ist ja die rechtliche Positionierung des Landes Kärnten, und zwar auch anwaltlich vertreten, zum Beispiel durch den Herrn Ketzer, durch den Herrn Abel.

Diese finden ja viele Gründe – das kann man an sich aus den Medien holen, vielleicht machen wir ja noch einen ergänzenden Beweismittelbeschluss –, diese argumentieren ja genau so, dass sie, beginnend, was die Haftungen betrifft, in Frage stellen, ob überhaupt die Rechtsgültigkeit vorhanden ist. Das kann man so oder so sehen, nicht nur aus europarechtlichen, sondern auch aus anderen Gründen. Sie stellen den Umfang der Haftungen in Frage – ich will auf die Details nicht eingehen – und auch, was hier immer wieder eine Rolle spielt, die Frage des Zeitpunkts eines möglichen Schlagendwerdens von Haftungen; das ist ja sehr relevant. Und sie argumentieren ja zum Beispiel – nur so viel –, dass das erst nach der vollständigen Abwicklung der Restbank der Fall sei, und das mag natürlich ein anderes Drohpotenzial haben – nicht, dass sie dann weg wären, aber sie wissen genau, wie dann Verhandlungen laufen können.

Ich behaupte gar nicht, links oder rechts ist richtig, ich sage ja nur, es gibt ausreichend viele andere Meinungen auch, mehr als hier in der Regel genannt werden. Und immerhin, da das ja manchmal aus der parteipolitischen Sphäre nicht ganz wegzukriegen ist – das wird kaum jemanden wundern, Sie gleich gar nicht –, ist es doch so, dass meines Wissens die Kärntner Landesregierung seit 2013 – und immer noch – von den Parteien der Sozialdemokraten, der Österreichischen Volkspartei und der Grünen gebildet wird. Die haben sich diese Rechtsmeinung sozusagen wahrscheinlich auch guten Gewissens organisiert und hätten das so argumentiert und versucht.

Wir werden uns überlegen, ob wir diese ganzen Unterlagen nicht auch noch beibringen, nicht, weil es darum geht, dass irgendwie einer nur recht haben kann, sondern weil die Dinge eben auch nicht umgekehrt so eindeutig sind, wie sie dargestellt werden, dass diese Haftungen über Nacht sozusagen das ganze Land ausradiert hätten. Das müssen wir uns da ja dauernd anhören. Dieses halte ich auch mit dieser Unterlegung für relativierenswert. – Das war dieses.

Dann ist ein bisschen untergegangen – ich will da gar nicht in die Sache einsteigen –mit der ersten Befragung durch Abgeordneten Hable, was Ihre früheren Tätigkeiten als Anwalt betroffen hat, dass Sie unseren Unterlagen nach – und da wollte ich Sie einfach ersuchen, das überhaupt zu bestätigen – mit der Kanzlei BKQ auch dabei waren, die Sachverhaltsdarstellung einerseits für die Hypo Alpe-Adria-Bank und gleichzeitig auch für die Kärntner Landesholding gegen die Spitzenvertreter der Finanzmarktaufsicht und weitere unbekannte Täter in der Finanzmarktaufsicht wegen des Geschäftsleiterenthebungsverfahrens quasi nach dem Bankwesengesetz, das gegen Kulterer und andere angestrengt wurde, vorzubereiten.

Waren Sie da involviert beziehungsweise, wenn Sie jetzt meinen, nichts sagen zu wollen oder müssen, hätten Sie sich bei der Kärntner Landesholding um eine allfällige Entbindung bemüht, denn die sind grundsätzlich zu so etwas bereit, genauso wie die Hypo Alpe-Adria-Bank beziehungsweise die HETA?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter Kogler, Sie wissen, ich schätze Ihre Fachkompetenz, und gerade was den ersten Themenkomplex betrifft, kommt die auch zum Ausdruck. Sie haben schon recht, es hätte viele ungelöste Fragen in Bezug auf die unmittelbaren und mittelbaren Konsequenzen gegeben, wenn diese Haftungen schlagend geworden wären, aber eine unmittelbare Folge der Insolvenz – und da werden Sie mir recht geben – ist natürlich die Fälligkeit der Verbindlichkeiten. Und die Frage, wie man dann allenfalls das Schlagendwerden der Haftungen hätte lösen können, das war ja die große Unbekannte. Man hätte selbstverständlich einen Rattenschwanz von Verfahren, von Prozessen erwarten müssen, die – da bin ich mir ziemlich sicher – bis heute noch nicht erledigt gewesen wären. Insofern war das für uns ein Faktor.

Zum Zweiten, das kann ich kurz machen, weil das ja vorgelegt wurde: Ich habe das natürlich nicht mehr in Erinnerung gehabt, diesen Schriftsatz aus dem Jahr 2006. Es ist bekannt, ich war als Rechtsberater für die BKQ, für diese Anwaltskanzlei tätig. In diesen Schriftsatz war ich eingebunden. Die Faktenlage habe ich sicher von BKQ bekommen, und wir haben diesen Schriftsatz gemacht, und da war ich sicher auch als Rechtsberater der Kanzlei miteingebunden.

Mehr kann und darf ich inhaltlich auch gar nicht dazu sagen. Wäre keine große Sache natürlich, ist eine normale Geschichte im Jahr 2006, aber, wie gesagt, ich nehme meine berufsrechtliche Verpflichtung, auch wenn es schon so lange her ist, auch wirklich ernst, und die gilt ja unabhängig davon, ob es Entbindungen gibt oder nicht. Für mich war das immer eine ganz klare Sache. So ist das bei uns rechtsstaatlich vorgesehen. Das ist etwas, das auch, bin ich überzeugt, Ihrerseits durchaus akzeptiert und auch geschätzt wird, dass man gewisse Verantwortungsbereiche hat, die auch rechtlich so abgesichert sein sollen, dass man entsprechende Verpflichtungen zur Verschwiegenheit hat und die auch wahrnimmt. Das tue ich daher auch, und daher kann ich nicht mehr dazu sagen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Die eigentliche Frage war ja, ob Sie sich um eine mögliche Entbindung bemüht haben, denn das werden da immer alle gefragt, das ist nichts Ungewöhnliches.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, selbstverständlich nicht, da sich ja dieses Recht auf die Verschwiegenheitspflicht zu berufen hat. Die ist nach der gängigen Judikatur auch unabhängig von allfälliger Entbindung, selbstverständlich. (Abg. Kogler: Ja, ja, das ist dann Teil 2!) Daher gab es für mich auch keine Veranlassung, mich um eine Entbindung zu bemühen, würde ich auch nicht tun.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wir haben ja auch andere Vertreter Ihres Berufsstands da gehabt, wo das ja genau noch unterschieden worden ist. Das ist dem Ausschuss mittlerweile bekannt. Natürlich bleibt Ihnen aus dieser Berufsstellung heraus immer noch die eigene Einschätzung in der Folge, aber es gibt einmal die grundsätzliche Vorfrage, ohne die ja überhaupt kein Spielraum bestehen würde.

Gut, ist nicht geschehen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass das, was uns vorliegt, seitens der Landesholding und im Übrigen noch im Entwurf … Das ist ja insofern lustig, als offensichtlich die Bank selber, die HBInt und die Holding, diese Schriftsätze als Einschreiterin jeweils vorbereiten haben lassen. Da steht aber eben: Vertreten durch einerseits BKQ, Name, Adresse und so weiter, und Universitätsprofessor Dr. Brandstetter. Also nicht … Ist da erkennbar, dass Sie sozusagen der kleine Zuarbeiter des Quendler gewesen wären, aber das …?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das kann ich leicht erklären, ohne irgendeine Verschwiegenheitspflicht zu verletzen. Wie ich immer gesagt habe, ich war der strafrechtliche Rechtsberater der Kanzlei BKQ. Das heißt, die Schriftsätze wurden inhaltlich dort aufbereitet, und ich habe sie mir strafrechtlich angeschaut, ob da irgendein Punkt auch aus strafrechtlicher Sicht noch zu beachten wäre. Das erklärt es, und das war nicht mehr.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Gut, dann lassen wir diesen Aspekt.

Ein Letztes: Sie haben sich darauf berufen, was das vorgehaltene Expertengutachten der zeb betrifft, dass da mehrere Aspekte eine Rolle gespielt haben. In den ökonomischen und betriebswirtschaftlichen Primäreffekten war ja dort wortwörtlich haushoch die Insolvenz zu bevorzugen. Die haben das eben so dahergegutachtet, dann hat es dort eine kleine Einschränkung gegeben – da gebe ich Ihnen ja recht – wegen eines sogenannten möglichen Bank Runs. Allerdings war der schon sehr, sehr klein gehalten und nachgelagert.

Gestern hat Ihr ehemaliger Regierungskollege Spindelegger hier gesagt: Bank Run ja, und er hat vor allem immer auch argumentiert, gar nicht so sehr wegen der Hypo Alpe-Adria am Balkan, sondern wegen der anderen österreichischen Banken.

Können Sie sich an diesen Vorgang – die Erste Bank, die Raiffeisen, die auch exponiert sind, speziell am Balkan oder sonst in Osteuropa –, können Sie sich an diese Argumentationen erinnern? Denn darüber schreibt das ja zeb-Gutachten überhaupt nichts.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe eine Erinnerung daran, dass dieses Argument gebraucht wurde. Ich kann jetzt nicht mehr genau zuordnen von wem, aber ich kann nur sagen, dass das zeb-Gutachten entsprechend berücksichtigt wurde (Abg. Kogler: Ja, das haben Sie gesagt!), eben auch neben vielen anderen Expertisen, die wir auch hatten. Natürlich ist es immer auch eine Frage der Bewertung der jeweiligen Gutachten.

Herr Abgeordneter, Sie haben das jetzt ein bisschen, wenn ich mir das erlauben darf, sehr salopp formuliert, zeb hat da irgendetwas „dahergegutachtet“. Wirklich, ich sehe das als ein Gutachten, das man ernst nehmen muss und auch ernst genommen hat, aber es gab eben auch andere Auffassungen, andere Meinungen.

Ich weiß schon, dass Sie eher dazu neigen oder dazu tendieren zu meinen, na ja, diese Bank-Run-Gefahr, die war nicht so groß und die wurde überbewertet. Ich kann nur sagen, aus damaliger Sicht haben wir das schon ernst genommen, die Gefahren, die daraus resultieren. Und da gab es auch entsprechende Warnungen, auch von durchaus berufener Seite. Das ist natürlich ein Bereich, bei dem man sich schon sehr schwer tut, das verlässlich einzuschätzen: Was kann ein Bank Run an Primär-, Sekundär- und Tertiäreffekten bewirken? – Das ist wirklich sehr, sehr schwer, aber wir haben uns das damals nicht leicht gemacht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das war sicher sehr schwierig, aber deshalb frage ich auch nur – Sie werden auch dafür nicht verantwortlich gemacht –, ob Sie noch von diesen Debatten Wahrnehmungen haben, was die Hypo selber betrifft. Das ist heute noch nicht gefallen.

Da ist der Bank Run insofern von der Drohkulisse her nicht wirklich das Giftigste, da, gemessen an allen anderen österreichischen Banken, die Spareinlagen bei der Hypo bald schon vernachlässigbares Ausmaß erreichen. Die haben sich ganz anders finanziert, das wissen wir ja, und haben sowohl ihre Liquidität als auch ihre sonstige zusätzliche Ausstattung vor allem eben über diese leidigen Anleihen gehabt.

Können Sie sagen, wer sich jetzt genau erinnert hat, dass sich gerade die Hypo Alpe-Adria vor dem Bank Run so fürchten müsste? – Da war nicht so viel zum Rennen. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Dazu habe ich jetzt im Detail natürlich keine Wahrnehmung (Abg. Kogler: Okay!) und auch keine Erinnerung mehr. Das Problem Bank Run wurde nicht nur in Bezug auf die Hypo gesehen, aber auch damit in Verbindung die Frage: Wie reagieren die Regierungen der jeweiligen Staaten, riskieren wir dort allenfalls Verstaatlichungen? – Dieses Argument hat es auch gegeben, und das habe ich auch ernst genommen.

Es war dann im Ergebnis eine wirklich schwierige Abwägung vieler Argumente, aber ich glaube immer noch, wir haben damals nach bestem Wissen und Gewissen eine vernünftige Lösung, glaube ich, gefunden. Und die hat ja letztlich auch dazu geführt, dass es auch die Möglichkeit gab, gestützt auf das BaSAG, das damals so ja noch nicht möglich gewesen wäre, eine Lösung mit den Gläubigern zu suchen und offenbar auch zu finden.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber da wollte ich nicht hin, das haben Sie ja alles ausgeführt, da haben wir wahrscheinlich gar nicht so viele Widersprüche. (Auskunftsperson Brandstetter: Nein, überhaupt nicht! Ich glaube, da haben wir überhaupt keine Widersprüche!) – Aber was beim Bank Run bei der Aussage Ihres Regierungskollegen Spindelegger übriggeblieben ist, ist ja – das ist mir haftengeblieben, und er hat es ja auch so ausgesprochen, und wenn man die Bilanzdaten der Banken kennt, ist das auch viel plausibler –, dass, wenn schon Bank Run mit Gefährdungspotenzial zu befürchten gewesen wäre, das vor allem andere österreichische Banken hätte betreffen können.

Ich sage das nur deshalb – das Motiv muss man bewerten; warum man dann so handelt, das werden die einzelnen Fraktionen ohnehin machen –, da einzelne Fraktionen hier ja immer wieder – ich ja weniger im Übrigen – den Vorhalt – durchaus da oder dort begründet – herbringen, dass man auch wegen der anderen österreichischen Banken – schon im Dezember 2009, selbst beim Partizipationskapital und so weiter – so gehandelt hätte, was die Rahmenentscheidung sowohl von Aufsicht als auch Politik zur Hypo betrifft.

Da hätten wir ein explizites Argument, indem gesagt wird: Eigentlich hätte es ja dann die anderen Banken getroffen, deshalb haben wir so entschieden, wie wir entschieden haben. – Dann ist das zumindest einmal ausgesprochen.

Dieses Resümee wollte ich hier anbringen, bewerten müssen wir es ohnehin extra. Sie haben gesagt, Sie haben dazu wenig Wahrnehmungen.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das ist richtig, aber Sie haben auch völlig recht, es war eben aufgrund vieler Imponderabilien eine schwierige Einschätzung, die damals zu treffen war. Insofern war man vielleicht auch tendenziell dann eher vorsichtig, was diese Befürchtungen betrifft. Man hat sie jedenfalls wirklich ernst genommen, einfach weil es Unabwägbarkeiten waren.

Im Übrigen, Herr Abgeordneter, nur als Reaktion auf Ihre vorige Bemerkung: Sie verstehen etwas vom Fach, warum sollten wir zwei Widersprüche haben? – Das glaube ich nicht. (Abg. Kogler: Na ja! – Heiterkeit der Auskunftsperson.) – Na, lassen Sie sich einmal loben!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Sollte dies eine Kritik an anderen Kollegen hier herinnen sein, muss ich das zurückweisen, aber wir sind ja nicht dazu da, dass Abgeordnete Aussagen von Auskunftspersonen kommentieren, wenn sie dann auch schon außerhalb der Sache sind. Einigen wir uns darauf! – Danke schön.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Gut.

Vorsitzende Doris Bures: Ich frage, ob es jetzt noch Wortmeldungen gibt. – Das ist nicht der Fall.

Herr Dr. Pilgermair, haben Sie abschließend ergänzende Fragen an den Herrn Bundesminister? (Verfahrensrichter Pilgermair verneint dies.) – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Herr Bundesminister Dr. Brandstetter, ich bedanke mich bei Ihnen, dass Sie dem Ausschuss als Auskunftsperson zur Verfügung gestanden sind.