415KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses über das

Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“

(3/US XXV. GP)

 

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Wolfgang Schüssel in der 9. Sitzung vom 20. Juni 2017

 

Der Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ hat in seiner 14. Sitzung am 6. Juli 2017 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Wolfgang Schüssel zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2017 07 06

                 Rouven Ertlschweiger, MSc                                               Karlheinz Kopf

                                    Schriftführer                                                                        Vorsitzender

 


 

logo

 


 

 

 

Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“

 

titelbild

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

9. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Dienstag, 20. Juni 2017

Gesamtdauer der 9. Sitzung

10.02 Uhr – 16.46 Uhr

Lokal VI


 


10.13

Befragung der Auskunftsperson Dr. Wolfgang Schüssel

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Somit darf ich auch schon an den Herrn Verfahrensrichter übergeben. Ich gratuliere Ihnen, Herr Dr. Rohrer, übrigens noch zu Ihrem gestrigen Geburtstag! (Verfahrensrichter Rohrer: Danke vielmals!) Ich bitte um die Belehrung der Auskunftsperson und die Durchführung der Erstbefragung. – Bitte, Herr Dr. Rohrer.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Herr Dr. Schüssel, auch ich begrüße Sie. Mein Name ist, wie Sie gerade gehört haben, Dr. Rohrer, ich bin der Verfahrensrichter.

Meine erste Frage: Die Personaldaten, die Sie ausgefüllt haben, sind richtig? (Die Auskunftsperson bejaht dies.) – Danke.

Ich habe Sie jetzt im Auftrag des Herrn Vorsitzenden über Ihre Rechte und Pflichten zu belehren: Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ als Auskunftsperson zu den Themen I und II des Untersuchungsgegenstandes angehört.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich auf diese schriftliche Belehrung hin und betone insbesondere, dass Sie verpflichtet sind, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Ich hebe daraus hervor: Sie können auf einzelne Fragen, die Ihre Privatsphäre oder die Privatsphäre Ihrer Angehörigen betreffen oder die für Sie oder Ihre Angehörigen die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung nach sich ziehen würden, die Aussage verweigern. Sie können weiters die Aussage verweigern, wenn die Beantwortung der Frage für Sie oder Ihre Angehörigen einen unmittelbaren bedeutenden vermögensrechtlichen Nachteil nach sich ziehen würde, wenn die Beantwortung der Frage eine gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit verletzen würde oder wenn ein Kunst- oder Geschäftsgeheimnis offenbart würde, sofern Sie nicht von der Pflicht zur Geheimhaltung gültig entbunden wurden. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.

Sie haben das Recht, sich während Ihrer Befragung mit dem Verfahrensanwalt – zu Ihrer Linken – zu beraten. Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit, Ihrer Person oder Dritter dies gebieten, wenn der Ausschluss der Öffentlichkeit zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen oder zur Erlangung einer wahrheitsgemäßen Aussage erforderlich ist.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Ich weise Sie auf die Ihnen bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hin. Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch nach Beendigung der Befragung. Kopien, Notizen, Auszüge und Übersetzungen dürfen nicht angefertigt werden.

Herr Dr. Schüssel, Sie sind berechtigt, eine einleitende Stellungnahme, die 20 Minuten nicht überschreiten sollte, abzugeben. Wollen Sie eine solche Stellungnahme abgeben? (Auskunftsperson Schüssel: Ich verzichte!)

Dann darf ich im Auftrag des Herrn Vorsitzenden mit der Erstbefragung beginnen.

Sie haben nach der Nationalratswahl 2006 die Koalitionsverhandlungen für die ÖVP geführt. Waren die Eurofighter ein Problempunkt?

Dr. Wolfgang Schüssel: Unter anderem.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Was war Ihre Position dazu?

Dr. Wolfgang Schüssel: Bei einem Koalitionsabkommen wird klarerweise über alle Themen geredet, über Außenpolitik, Europapolitik, Sicherheitsfragen, Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik und natürlich auch über die Frage der Luftraumüberwachung. Und dafür ist ja dann auch im gemeinsamen Regierungsübereinkommen folgende Formulierung gefunden worden, ich zitiere:

„IV. Luftraumüberwachung

14. Österreich wird – wie bisher – die sich aus der Neutralität und der völkerrechtlichen Souveränität ergebende Verpflichtung zur Wahrung der Lufthoheit in Form der aktiven und passiven Luftraumüberwachung, wie dies auch im Rahmen der Bundesheer-Reformkommission als Aufgabe des Österreichischen Bundesheeres definiert wurde, sicherstellen.“ (Abg. Steinbichler: Das Mikro, bitte! – Verfahrensanwalt Joklik rückt das Mikrofon näher an die Auskunftsperson heran.) – Noch einmal? (Abg. Steinbichler: Nein!)

Das ist dort besprochen worden. Damit war natürlich auch die Frage der schon bestellten Eurofighter ein Thema. Sie dürfen nicht vergessen, wir haben im Dezember 06 die Verhandlungen geführt, die Schlussverhandlung war dann am 8. Jänner 2007; aber die Schlussverhandlungen sind praktisch im Dezember und, wie gesagt, dann am 8. Jänner geführt worden. Und am 10. Jänner ist ja schon die erste Halbjahresrate fällig geworden, und sechs oder sieben Flieger – das weiß ich jetzt nicht mehr genau – sind ja bereits in Produktion gewesen. Also daher war es klar, dass das ein Thema wird.

Die SPÖ wollte, dass man eine gemeinsame Stellungnahme, einen gemeinsamen Auftrag für eine – wie würde ich das jetzt beschreiben? – Veränderung des ursprünglichen Vertrags vorsieht. Das haben wir abgelehnt. Ich habe aber immer gesagt, ich habe nichts dagegen, wenn im Regierungsübereinkommen gar nichts drinnen steht außer ein allgemeines Bekenntnis zur Luftraumüberwachung. Also das waren die Themen.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: In der Präambel steht ja, glaube ich, auch etwas von der „Vertragstreue der Republik Österreich“. Hat sich das auf diesen Fall Eurofighter bezogen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, aber wir können ja dann auch noch im Detail reden. Wenn Sie sich erinnern, wir haben am 1. Oktober die Nationalratswahl gehabt. Ich habe bei den ersten Verhandlungen, bereits am 13. Oktober, dem damaligen Parteichef Alfred Gusenbauer, später Bundeskanzler, als vertrauensbildende Maßnahme den Vertrag der Republik mit EADS zum Eurofighter-Beschaffungsvorgang übergeben, damit dem potenziellen Koalitionspartner sozusagen wirklich alle Informationen – als vertrauensbildende Maßnahme – zur Verfügung gestellt werden. Dann kam für uns eigentlich ziemlich überraschend – und das hat auch eine massive Eintrübung des Vertrauensverhältnisses gebracht – am 30. Oktober die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, gegen unsere Stimmen. Daraufhin sind die Verhandlungen abgebrochen worden und sind dann erst am 17. November mit einer gemeinsamen Pressekonferenz von Alfred Gusenbauer und mir wieder aufgenommen worden.

Dabei sind eben einige Dinge schon klargestellt worden.

Erstens: Es gelten die abgeschlossenen Verträge. Es gilt Treu und Glauben. Man kann nicht als Republik einen Vertrag plötzlich null und nichtig erklären. Das würde einen dramatischen Einbruch im Image und in der Position unseres Landes bedeuten.

Ich war damals Parteichef der Volkspartei, und die Volkspartei hat sich in diesen staatspolitischen Fragen wie etwa Luftraumüberwachung – ganz gleich, ob das jetzt populistisch, populär oder was immer war – immer auf die Seite der Landesverteidigung gestellt.

Ich erinnere nur an die Draken-Beschaffung, die ja eine rot-blaue Koalition gemacht hat. Damals hat es in Österreich heftige Diskussionen gegeben. Die Steiermark hat massiv dagegen Stellung genommen. Es hat einen Misstrauensantrag gegen unseren eigenen Verteidigungsminister, Lichal, der dann später in einer rot-schwarzen Koalition ins Amt gekommen ist, gegeben. Wir sind aber trotzdem zu dieser gemeinsamen Entscheidung gestanden, dass Flugzeuge zur Überwachung des Luftraums notwendig sind, und das haben wir eigentlich auch vom Koalitionspartner SPÖ erwartet.

Daher das Prinzip: Die Verträge sind einzuhalten. In diesen sind ja auch Ausstiegsklauseln unter bestimmten Auflagen und unter bestimmten Konditionen enthalten, aber: Pacta sunt servanda war das entscheidende Kriterium.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Sie waren dann Klubobmann im Parlament. Haben Sie die Aktivitäten des Verteidigungsministers Mag. Darabos verfolgt, die dann am Schluss zum Vergleich geführt haben? Wie weit waren Sie da informiert?

Dr. Wolfgang Schüssel: Also „verfolgt“ ist vielleicht ein etwas harter Ausdruck, ich bin kein Verfolger. Aber das, was in den Medien zu lesen war, haben wir natürlich mitbekommen. Ansonsten hat es ja keine Informationen gegeben. Es war ja wirklich ganz erstaunlich, unter welcher Geheimhaltung und Missachtung sämtlichen haushaltsrechtlichen Einvernehmens und sonstiger kompetenzrechtlicher Vorschriften der Landesverteidigungsminister hier vorgegangen ist. Er hat weder die Finanzprokuratur eingebunden noch das Finanzministerium informiert. Er hat sich offensichtlich mit einem Privatgutachter allein einer nicht – wie ich einmal sagen würde – unbeträchtlich professionellen Verhandlungstruppe gegenüber gesetzt und hat einen Handschlagvertrag ausgemacht, der, bevor er abgeschlossen wurde, mit niemandem von uns koordiniert war.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Haben Sie versucht, mit Bundeskanzler Gusenbauer über dieses Thema in irgendeiner Form Einvernehmen herzustellen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Es ist ja nicht meine Aufgabe als Fraktionsvorsitzender, mit dem Regierungschef ein Einvernehmen herzustellen. Was in der Regierung geschieht, musste klarerweise vom damaligen Vizekanzler und auch Parteiobmann Wilhelm Molterer, der ja, glaube ich, mittlerweile schon als Auskunftsperson zur Verfügung gestanden ist, angesprochen und ausverhandelt werden. Was im Parlament zu besprechen war, habe ich natürlich mit Josef Cap, dem Klubobmann der SPÖ, besprochen.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Gut.

Gehen wir jetzt also in das Jahr 2002 zurück: Wann haben Ihre Kontakte mit EADS beziehungsweise Eurofighter begonnen? Wie hat diese Geschichte angefangen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ich hatte als Bundeskanzler überhaupt keine direkten Kontakte, weil es ausschließlich Sache des Verteidigungsministers ist, im Einvernehmen mit anderen Ressorts – Wirtschaft, Finanzen et cetera – vorzugehen. Daher habe ich natürlich alle Kontakte beziehungsweise Kontaktversuche, die es gegeben hat, sofort an die jeweiligen Ressortzuständigen weitergeschickt.

Der Bundeskanzler als solcher hat ja ausschließlich die Funktion, als Vorsitzender des Ministerrats zu fungieren. Er hat ja keine eigenständige Kompetenz in diesem Bereich.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Ich komme deshalb zu der Frage, weil ich im Protokoll Ihrer ersten Vernehmung im ehemaligen Untersuchungsausschuss gelesen habe, dass Sie besonders den günstigen Preis der Flugzeuge hervorgehoben haben, weil EADS ein Interesse hatte, außerhalb der Core-Nationen Flugzeuge zu verkaufen.

Wie sind Sie dazu gekommen? Waren Ihnen die Preiskalkulation oder Vergleichspreise bekannt?

Dr. Wolfgang Schüssel: Aber entschuldigen Sie, das ist ja eine Ausschreibung gewesen!

Am 11. September 2001 waren die Terroranschläge in New York. Drei Tage später kam die Ausschreibung vom Verteidigungsministerium, auch in Absprache mit den anderen Ressorts, und wir haben gewusst: Wir müssen das machen. Die Laufzeit der Draken ist zu Ende, da wurde eh schon künstlich verlängert, und in der früheren Regierung war ja auch mit der SPÖ eigentlich schon fixiert worden, die Nachfolgebeschaffung zu machen.

Ich habe damals einen Fehler gemacht. Ich gebe das offen zu. Ich habe das auch im ersten Untersuchungsausschuss schon gesagt: Ich habe damals auf Ersuchen von Viktor Klima, mit dem ich eigentlich immer recht geredet und mich gut verstanden habe, zugestimmt, dass wir die Beschaffung erst nach der Wahl 1999 machen, weil er eh schon genug innerparteiliche Schwierigkeiten gehabt hat.

Dann war es so weit. Dann haben wir das gemacht, und klarerweise sind natürlich all diese Informationen, die relevant waren, sprich Preis und Qualität, diskutiert worden, und zwar innerhalb der Regierung und auch öffentlich, und der Verteidigungsminister hat uns auch bei der entscheidenden Sitzung am 2. Juli – und auch im Vorgespräch natürlich – genau auf den Tisch gelegt, wie die Dinge sind.

Die F-16 waren sehr attraktiv vom Preis her, waren aber natürlich in bestimmten Kategorien, sogar Musskategorien, nicht konkurrenzfähig und sind vom Verteidigungsministerium auch voll ausgeschlossen worden, und zwar schon vor der Entscheidung am 2. Juli.

Dann blieben eigentlich nur zwei Bewerber übrig, das waren Gripen und Eurofighter, und Eurofighter war um Lichtjahre besser als der Gripen. Bei den Musskriterien war der Eurofighter vorne, und bei den Sollkriterien war er um Längen vorn. Es ist also völlig falsch, zu glauben, dass das zwei Flugzeugtypen sind, die auf einigermaßen gleicher Augenhöhe operieren können. Der Eurofighter war wesentlich besser, und man hat sich dort auch wirklich angestrengt.

Mein Eindruck war – aber das ist laienhaft, und ich habe keine Beweise dafür, aber diese Fama ist damals sozusagen herumgegangen –, dass sich die Gripen-Leute eigentlich relativ sicher gefühlt und gedacht haben, dass sie nicht wirklich mit dem Preis herunterzugehen brauchen. Nachher haben sie ja dann den Tschechen und anderen Ländern deutliche Preisreduktionen angeboten. Es ist also evident, dass sie überteuert angeboten haben, während EADS für dieses Topflugzeug einen recht guten Preis angeboten hat. Das ist natürlich in die Bewertung eingeflossen.

Es gab zusätzlich auch noch politische Argumente, wie etwa, dass das ein europäisches Modell ist, bei dem die großen Länder Deutschland, Frankreich, Spanien und so weiter mit dabei sind, und dass das sozusagen ein erstes Modell einer europäischen großen Beschaffung sein könnte, während die Schweden-Gripen sicher brauchbare Flugzeuge sind, die sich aber am Ende des Produktzyklus befinden und noch dazu eine ziemliche Insellösung sein dürften. – Das war interessant, ist aber eigentlich nicht entscheidend für die letztliche Beschlussfassung gewesen.

Das gilt auch für die Gegengeschäfte. Die Gegengeschäfte waren natürlich hoch interessant, aber sie waren nicht entscheidend für die Beschlussfassung, die ausschließlich auf die militärische Qualität des Flugzeuges und natürlich auch auf den vernünftigen Preis abgestellt hat.

Das war, glaube ich, die damalige Entscheidung, und das wurde ja auch vom Rechnungshof und von vielen anderen Gremien, etwa auch im Untersuchungsausschuss 1, eigentlich ziemlich klar herausgearbeitet.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Zu den Gegengeschäften meine Frage: Diese hatten ursprünglich ein Volumen von 4 Milliarden, dieses wurde dann nach dem Vergleich reduziert. Kann man in Österreich für dieses Volumen so viele Neugeschäfte abschließen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ich habe natürlich auch die jetzige Diskussion mitbekommen, und wenn Sie erlauben, darf ich nur ein persönliches Wort zu der sich jetzt offensichtlich verdichtenden Idee sagen, dass man überhaupt keine Gegengeschäfte mehr bei solchen Beschaffungen macht: Davor kann ich nur warnen, denn wir haben das in der Vergangenheit eigentlich sehr erfolgreich durchgeführt! Ich bin jetzt wirklich weit davon entfernt, zu sagen, dass das irgendetwas mit meiner persönlichen Meinung beziehungsweise mit meiner politischen Arbeit zu tun hat! Es hat aber beispielsweise die Beschaffung der Draken und der Mistral-Raketen dazu geführt, dass wir den Autocluster in Österreich haben, der ja bis heute wirkt und der für uns wirklich einen Schuhlöffeleffekt in diesen hochinteressanten Hochtechnologiebereich bewirkt hat. Das hat bis heute nachgewirkt.

Es war natürlich die Idee, und diese hat sich auch absolut erhärtet, dass wir zum ersten Mal in die Hightechbereiche der Luftfahrtindustrie hineinkommen. Was da aber – das würde ich auch komisch finden – auch noch alles an Micky-Maus-Themen hineingerechnet wurde, ist lächerlich.

Das sage ich jetzt auch selbstkritisch: Vielleicht war es auch zu ambitioniert, dass wir von 240 Prozent Gegengeschäften ausgegangen sind. Da haben wir intern, oder dann die, die das gemacht haben, wahrscheinlich auch noch lizitieren wollen.

Wahrscheinlich ist das zu viel gewesen, das ist wie Essiggurkerl und Schlagobers, aber an sich ist die Idee richtig gewesen, und sie wirkt auch. Man sieht es ja: FACC, MAN Steyr, AT&S, Isovolta und Plankel, das sind ja wirkliche Topbetriebe, die durch diese Geschichte erstmals nicht nur bei Airbus, sondern dann interessanterweise auch bei Boeing zum Zug gekommen sind, weil sie konkurrenzfähig waren.

Also ehrlich gesagt, meine Damen und Herren: Überlegen Sie sich wirklich, ob es gescheit ist, generell auf alle Gegengeschäfte zu verzichten! Dass man diese kontrollieren muss, dass der Rechnungshof eingeschaltet werden muss, dass die Sozialpartner und die anderen Ressorts in der Bewertungskommission und das WIFO im Hinblick auf solche Gegengeschäfte scharf durchschauen sollen, was da gemacht wird, und dass jede Art von Lobbying pönalisiert werden muss: Geschenkt, ja, keine Frage! Prinzipiell ist das aber eine vernünftige Geschichte. – Jetzt habe ich zu lange geredet, ich entschuldige mich.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Ich habe noch eine Frage an Sie und darf mich dabei auf das Dokument 58276 berufen.

Dr. Wolfgang Schüssel: Dieses kenne ich nicht.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Nein, ich gebe es Ihnen sofort. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Es gibt von Angehörigen von EADS ein Mail, und da wird sozusagen nicht ein Masterplan, sondern ein Maßnahmenplan entworfen.

Wenn Sie auf die letzte Seite gehen, dann sehen Sie, dass dort Herr Dipl.-Ing. Dr. Schmidt vorkommt, der als Mann der guten Kontakte zur ÖVP bezeichnet wird.

Dr. Wolfgang Schüssel: Nachfrage: Schmidt gibt es wie Sand am Meer. Wie heißt der Mann noch?

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Dipl.-Ing. Dr. Georg Schmidt, seines Zeichens damals Inhaber eines Unternehmens, der IT Solution.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ehrlich gesagt: nie gehört und erinnerlich auch nie gesehen.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Wie kommen die dann dazu, den sozusagen als ÖVP-affin zu bezeichnen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Nun ja, die ÖVP ist immer noch eine große Volkspartei. Es kann schon sein, dass er irgendjemanden kennt, aber das würde ich noch nicht als - -

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Sie kennen ihn also nicht?

Dr. Wolfgang Schüssel: Also ich kenne ihn nicht, ja. Ich kann nur über meine Wahrnehmungen reden, und mir ist er unbekannt.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Gut. Danke vielmals, ich bin am Ende der Befragung.

*****

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Vielen Dank, Herr Dr. Rohrer.

Damit kommen wir zur Befragung durch die Damen und Herren Abgeordneten. Die Redezeitvereinbarung ist bekannt: Erste Runde: 6 Minuten pro Fraktion netto Fragezeit.

Erster am Wort ist Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Dr. Schüssel, ich knüpfe gleich bei einer Frage des Verfahrensrichters an: Sie haben gesagt, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dass Sie zu keinen Vertretern von EADS beziehungsweise Eurofighter persönlich Kontakt hatten. Ist das richtig?

Dr. Wolfgang Schüssel: Nein, so habe ich es nicht gesagt, sondern - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Deswegen frage ich ja nach!

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja. So habe ich es nicht gesagt. Ich habe gesagt: Wann immer der Versuch gemacht wurde, einen Kontakt herzustellen – und man kennt, ehrlich gesagt, natürlich bestimmte Manager, Mangold, Rauen und so weiter –, dann wurde jeder Versuch einer Kontaktaufnahme für dieses Geschäft von mir sofort an das Verteidigungsministerium oder die anderen Ressorts verwiesen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ja. Ich möchte Ihnen nur ein Dokument vom Kriminalfachdezernat 7 München vom 12. Dezember 2013 vorlegen. Dieses wird Ihnen gleich vorgelegt und es wird auch an die Fraktionen verteilt. Das ist nicht in der Lieferung, das ist Teil des deutschen Strafakts. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Wolfgang Schüssel: Ich lese das jetzt, ja?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Sie haben das Dokument jetzt vor sich, Herr Dr. Schüssel? (Auskunftsperson Schüssel: Ja, ich lese es!) Wollen Sie sich es kurz durchlesen? (Auskunftsperson Schüssel: Mache ich!)

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Herr Verfahrensrichter, bedarf das Dokument einer besonderen Behandlung?

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Einen Moment. (Der Verfahrensrichter liest in dem vorgelegten Schriftstück.) – Ich glaube eigentlich nicht, nein.

Dr. Wolfgang Schüssel: Was ist Ihre Frage?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Schauen wir uns gemeinsam die zweite Seite an: Es handelt sich hierbei um einen Bericht der Münchner Kriminalpolizei, Kriminalfachdezernat 7 München vom 12.12.2013 an die Staatsanwaltschaft München 1, die zu diesem Zeitpunkt das Eurofighter-EADS-Verfahren wegen Verdachts der Untreue und so weiter führt, das heute noch anhängig ist.

Da steht unter 1.1.1.6: „‚Notiz‘ von Klaus-Dieter Bergner zum Ergebnis bereits geführter Gespräche auf politischer und wirtschaftlicher Ebene vom 25.04.2002.“

Das war deutlich mehr als zwei Monate vor der Typenentscheidung. Kennen Sie Herrn Klaus-Dieter Bergner?

Dr. Wolfgang Schüssel: Nicht persönlich, es ist mir nicht erinnerlich, wer das ist, aber wahrscheinlich war er da, wie Tausende oder Zehntausende anderer Leute, die ich in meinem Leben je getroffen habe.

Meine Antwort ist genau die gleiche wie vorher: Ich weiß nicht, wann er da war – das steht auch nicht da –, ob er überhaupt wirklich einen Termin gehabt hat oder in welchem Kontext er sozusagen ein sogenanntes Gespräch hätte führen können. Aber wenn es überhaupt einen Termin gab und er ein Gespräch geführt hat, dann ist er sofort an die relevanten Ministerien weitergeleitet worden.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ja.

Ich sage einmal kurz, wer Klaus-Dieter Bergner war: Er war ein EADS-Vertreter, der in Wien für EADS die Euro Business Development GmbH zur Abwicklung der Gegengeschäfte gegründet hat. Von dort aus ist es zur Gründung von Vector Aerospace gekommen und, wie ich vermute – und nicht nur ich, sondern auch Staatsanwälte, Kriminalpolizisten und so weiter in drei Staaten –, zur systematischen Fälschung von Gegengeschäften. Wir werden das bei anderen Auskunftspersonen noch genauer besprechen, wie über die Zahlung von Provisionen systematisch Gegenschäfte gefälscht worden sein dürften. Das ist für mich noch kein endgültiger Beweis.

Da steht: „Dem Schreiben zufolge habe Bergner in den Tagen zuvor“ – also vor dem 25.4.2002 – „mit folgenden Politikern Gespräche geführt: [...] Schausberger [...] Haider [...] Klasnic [...] Reichhold [...] Grasser [...] Westenthaler [...] Leitl [...] Schüssel [...] Riess-Passer“.

Dann stellte Bergner in Bezug auf die von ihm geführten Gespräche „zusammenfassend fest, dass das von Eurofighter/EADS angebotene Produkt zwar beeindrucke, jedoch zu teuer sei. Der Angebotspreis solle deshalb unter Einbeziehung neuer Konzeptionen (z.B. Logistik, Ersatzteilversorgung) als ‚Systempreis‘ dargestellt werden“.

Auch hier kurz zu Ihrer Information: Damals haben einige bemerkt, dass das Ganze, wenn man Eurofighter inklusive Betriebskosten anbietet, zu teuer wird, und wir können sehr gut dokumentieren, wie man die Betriebskosten in einem sogenannten Systempreis verschwinden ließ, um Eurofighter wirtschaftlich halbwegs konkurrenzfähig zu machen.

Ganz unten auf dieser Seite schrieb Bergner in einem Anhang zu seiner Notiz zudem – ich zitiere jetzt wörtlich –: „Ich bitte dringend, die oben genannten Verpflichtungen nach Sinn und Inhalt in die, bis Ende des Monats, geforderten Antworten auf die neuen Fragenkataloge einzubauen.“ – Das ist ja dann auch geschehen. – „Damit verbessern wir unsere Chancen nachhaltig. Ich habe dazu das Commitment der relevanten Politiker. Beste Grüße Klaus-Dieter Bergner“.

Sagen Sie, hat Herr Dr. Bergner mit Ihnen Fragen dieser Art, die hier erörtert werden, besprochen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Wie immer haben Sie, Herr Abgeordneter, in Ihre Ausführungen eine Reihe von Verdächtigungen und Wertungen eingebaut, denen ich nicht zustimmen kann. Aber das ist ja nicht die Frage.

Zu der Frage, die Sie an mich stellen, sage ich: Er hat jedenfalls mein Commitment nicht gehabt. Weiters steht nicht drinnen, wann er wen getroffen hat. Wenn der wirklich zehn Kaliber dieser Art in den Tagen zuvor getroffen hatte, dann muss der ein Genie gewesen sein!

Ich vermute, dass es genauso gut so sein könnte, dass der einfach aufgelistet hat, mit wem er alles geredet hat, auch wenn er gar nicht mit ihnen geredet hat, und dann intern aus seiner Einschätzung seinen Leuten gesagt hat: Passt auf, wir sollten dieses oder jenes noch machen! – Das ist kein Beweis, das ist für nichts ein Beweis!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ich habe Sie etwas anderes gefragt, ob Sie - -

Dr. Wolfgang Schüssel: Oh ja, Sie haben mich gefragt, ob es ein Commitment von mir darüber gibt. – Nein!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ich habe Sie etwas Zweites gefragt: Haben Sie mit Klaus-Dieter Bergner – und ich erweitere das – oder mit einem anderen Vertreter von EADS oder Eurofighter Fragen etwa des Eurofighter-Systempreises besprochen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Sicherlich nicht, weil das natürlich Sache des Ressorts ist! Ich habe doch keine Ahnung von einem Systempreis, von den Betriebskosten oder solchen Logistikfragen! Das ist ausschließlich Sache der Militärs. Der Bundeskanzler hat damit jedenfalls gar nichts zu tun. Der Bundeskanzler ist Vorsitzender des Ministerrats, er schaut – das war mein Job, und den habe ich erledigt –, dass die Luftraumüberwachung nach bestem Wissen und Gewissen gemacht wird, dass das sauber abläuft, dass ein gutes Gerät gekauft wird und dass wir 30, 40 Jahre Ruhe haben.

Dass das leider dann mit dem Vergleich genau anders gelaufen ist, dass wir nicht 18 funkelnagelneue Flugzeuge bekommen haben, sondern drei weniger, dass sich damit die ganze Beanspruchung verdichtet hat, dass sich die Laufzeit von 40 auf 28 Jahre verringert hat, dass man insgesamt nicht die Letztfassung hat, sondern eigentlich ein wesentlich älteres Gerät, das auch schon am Ende dieses Produktzyklus ist, und ein paar gebrauchte Maschinen noch dazu, das ist, bitte, nicht von mir zu verantworten.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ja, okay. Ich lege Ihnen ein weiteres Schriftstück vor, das öffentlich schon diskutiert worden ist, und zwar von City Chambers Limited. City Chambers, das muss man dazusagen, war eine dieser Briefkastenfirmen, die mit EADS-Deutschland-Geld gespeist worden sind, Teil dieser bekannten 183,3 Millionen €. City Chambers ist ähnlich wie Vector Aerospace, hat in dem Fall 8,4 Millionen € bekommen, und das ist dann weiterverteilt worden. Das ist Gegenstand der Ermittlungen in Wien, München und anderen europäischen Städten.

Kennen Sie einen Dr. Herbert Werner?

Dr. Wolfgang Schüssel: Wer soll das sein?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Okay, dann - -

Dr. Wolfgang Schüssel: Na wer soll es sein?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Dr. Herbert Werner ist ein Vermögensverwalter, der zur damaligen Zeit – ich erkläre es Ihnen gerne – in einem Rechtsanwaltsbüro am Kärntner Ring 10/2 residiert hat. Das war die Anwaltskanzlei des damaligen FPÖ-Wehrsprechers und Rechtsanwalts Dr. Peter Fichtenbauer. Er hat Geschäfte im Auftrag von und für City Chambers – das ist eine ganz komplizierte Verschachtelung, die ich hier nicht näher erörtern möchte - -

Dr. Wolfgang Schüssel: Um Ihre Frage zu beantworten: Nein, ich kenne ihn nicht.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Sie kennen ihn nicht, gut.

Jetzt lege ich Ihnen dieses Dokument vor, von City Chambers vom 24. Juni 2005. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist ja schon öffentlich zitiert worden, das ist ja bekannt, das Ganze mit „Lüssel“, „Laider“, „Lasser“ und so weiter. Wollen Sie sich das kurz anschauen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ich habe das schon gelesen. Das ist ja auch nicht neu, das ist ja aus dem Jahr 2005 und war auch schon erheiternder Gegenstand im ersten Untersuchungsausschuss (Abg. Pilz: Ja, ja!), und, ehrlich gesagt, ich finde das eine ausgesprochen putzige und kabarettreife Verballhornung von irgendwelchen Namen, aber, ehrlich gesagt, außer dass man darüber lachen kann, habe ich dazu nichts zu sagen. Ich kenne den Herrn nicht. Das Ganze ist läppisch.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Also „Meeting with Dr. W. Lüssel“  Sie kennen „Dr. W. Lüssel“ nicht? Okay, gut.

Dr. Wolfgang Schüssel: Genauso wenig wie Sie.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Das sehe ich ein bisserl anders.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ach so? Sie kennen ihn?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ich glaube, ich sehe ihn.

Dr. Wolfgang Schüssel: Gratuliere!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ich lege Ihnen von der Staatsanwaltschaft München einen weiteren Bericht des Kriminalfachdezernats 7 München vom 18. November 2013 vor, Ermittlungsverfahren gegen Wolff, Bergner und so weiter wegen Bestechung. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da sind Unterlagen von EADS Deutschland und Cassidian – das ist der damalige Militärbereich – ausgewertet worden. Da haben Sie auf Seite 2295 eine Auswertung der Münchner Kriminalpolizei. Wollen Sie die lesen? (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Wolfgang Schüssel: Ich lese gerade. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Auf der dritten Seite.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja und? Was ist Ihre Frage?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Hier stellt die Kriminalpolizei München fest, wer  „Dr. Reibner“, „Dr. W. Luessel“, „Dr. J. Laider“ und „Dr. K.H. Lasser“ sind. Und die sagen nicht, das ist eine Vermutung, sondern das ist eine Feststellung.

„Dr. Reibner“ ist „Dr. Scheibner“, „Dr. J. Laider“ ist „Dr. J. Haider“, „Dr. K.H. Lasser“ ist „Dr. K.-H. Grasser“ und „Dr. W. Luessel“ ist „Dr. W. Schüssel“. – Ist Ihnen bekannt, dass die Münchner Kriminalpolizei das in ihren Ermittlungen festgestellt und so auch der Staatsanwaltschaft in München berichtet hat? (Vorsitzender Kopf gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Dr. Wolfgang Schüssel: Natürlich nicht. Warum soll ich das kennen?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Na ja, dann kennen Sie es jetzt. (Auskunftsperson Schüssel: Aber auch hier gilt - -!) – Die restlichen Fragen stelle ich dann gerne in der nächsten Runde.

Dr. Wolfgang Schüssel: Entschuldigung, ich bin noch nicht fertig mit der Antwort! Auch hier gilt: Das beweist überhaupt nichts. Da steht – das ist wie bei einem Boxkampf –: „Schüssel: hält sich in der neutralen Ecke“.

Gut, ich war der Moderator, ich war der Vorsitzende im Ministerrat und habe geschaut, dass eine vernünftige sicherheitspolitische Entscheidung für das Land zustande kommt – erster Punkt.

Zweiter Punkt: Es ist im Bericht festgehalten, dass Herr Bergner – oder wie der heißt – im Rahmen eines Staatsbesuchs in China mit dabei war.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Zu dem kommen wir noch, mit einem Dokument!

Dr. Wolfgang Schüssel: Entschuldigung, ich darf das ja erzählen. (Abg. Pilz: Gerne!) Das kann schon sein. Da sind ungefähr 80, 90 Leute bei einer solchen Reise mit dabei, eine Wirtschaftsdelegation – nicht bitte in meiner Begleitung, sondern das ist immer - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Da gibt es noch ein weiteres Dokument.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Bitte!

Dr. Wolfgang Schüssel: Das ist eine Wirtschaftsdelegation, keine Ahnung, ob er dort war, aber da hat er ganz sicher nicht mit mir über EADS geredet, und abgesehen davon wäre es ja völlig absurd: Im Mai 2005, was soll da der Bundeskanzler mit irgendjemandem über EADS reden? Das ist bestellt, die Flieger sind in Produktion – aus, Ende! Die Gegengeschäfte laufen beim Wirtschaftsministerium bereits an. Also da habe ich überhaupt nichts damit zu tun gehabt. Hätte mich da jemand angesprochen, hätte ich ihn freundlich gegrüßt und wäre weitergegangen.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Dr. Schüssel, ein verspätetes Guten Morgen von meiner Seite! Wir haben Sie hier heute zu den Beweisthemen I und II des Untersuchungsausschusses eingeladen.

Ich möchte am Beginn beginnen, nämlich mit dem ursprünglichen Vertrag. Aus verschiedenen Unterlagen geht hervor, dass Ihre Minister vor dem Ministerrat am 25. Juni 2002 ein ganz unterschiedliches Bild hatten, welcher Auftragnehmer zum Zug kommen soll. Minister Scheibner war damals pro Gripen, hat das auch so vorgetragen, Karl-Heinz Grasser und Bartenstein wollten noch keine Entscheidung treffen, weil noch nicht ausreichend Zahlen vorgelegen sind.

Es gab auch das Finanzministerium, das zumindest in der Diskussion gesagt hat, dass Lockheed Martin zum Zug kommen soll, obwohl das Verteidigungsministerium diesen schon aus dem Vergabeprozess ausgeschlossen hat, und es wird dann immer wieder – in diesen Dokumenten nicht, aber in den Berichten, auch hier im Ausschuss, beziehungsweise von Abgeordneten – gesagt, dass sich diese Meinung aufgrund eines Meetings vor diesem Ministerrat mit den entsprechenden Ministern innerhalb weniger Minuten anscheinend geändert hat und man zu einem einheitlichen Bild Eurofighter gekommen ist. Können Sie sich an dieses Meeting erinnern und wissen Sie, was der Inhalt dieser Gespräche dort war?

Dr. Wolfgang Schüssel: Also da möchte ich korrigieren: Scheibner war nicht pro Gripen – das ist ein Irrtum! –, das ist auch schon mehrfach im ersten Untersuchungsausschuss besprochen worden. Scheibner hatte von der Bewertungskommission eine ganz klare Eurofighter-Präferenz. Ich kann das gerne noch einmal wiederholen: Die Bewertungskommission – das waren 33 Experten – hat ganz eindeutig den Eurofighter ganz vorne gereiht, und zwar sowohl bei den Musskriterien – aber das ist eh klar, die muss ja jeder im Wesentlichen erfüllen, sonst ist man ja gleich draußen; das war auch einer der Gründe, warum die F-16 dann letztlich mehr oder weniger ausgeschieden wurde – als auch bei den Sollkriterien, da waren die Eurofighter um Lichtjahre vorne – klar, weil die natürlich zwei Triebwerke haben, ganz andere militärische Möglichkeiten haben et cetera. Dass man die dann gekappt hat, ist ein zweites Thema, das brauchen wir jetzt – nur jetzt in dieser Frage – nicht zu beantworten.

Also Scheibner hatte eigentlich eine ganz eindeutige Linie, das hat er aber auch offen gesagt. Die Bewertungskommission war für den Eurofighter, und er hatte einige Bedenkenträger in der Generalität, die gesagt haben, das bringen wir nicht durch, es wäre politisch einfacher – da war die Hoffnung, dass unter Umständen die SPÖ leichter mitgehen würde –, was den Gripen betrifft, und vor allem auch bei den Betriebskosten wäre der Gripen etwas billiger, und wenn nicht der Finanzminister alles zusätzlich finanziert, dann könnte das ein Problem sein. Das war, glaube ich, die durchaus nachvollziehbare Argumentation im Vereidigungsministerium.

In der entscheidenden Sitzung dann  Frühstück am 2. Juli – war es so, dass, wie gesagt, die F-16, die Grasser bis zuletzt eigentlich vorgeschlagen hat, auch wenn die gar nicht mehr im Spiel waren, weil sie ja vom Verteidigungsministerium ausgeschlossen wurden - - Da war ganz eindeutig, dass in der Bewertung zwischen Gripen und Eurofighter Eurofighter ganz eindeutig die Nase vorne hat. Eines muss man nämlich schon jetzt dazusagen, auch für mich: Ich bin ja kein Militärtechniker, also für mich ist das - - Ich war auch überhaupt nicht auf irgendeinen Flugzeugtypus festgelegt, wie wahrscheinlich die meisten Politiker in so einer Situation. Ich wollte ein gutes Flugzeug haben, und wir haben uns dazu auch ein objektives Verfahren vorgenommen. Das heißt, wir haben Punkte vergeben. Übrigens hat das ganze System ja den Gripen in der Punktevergabe und in verschiedenen anderen Dingen eher leicht bevorzugt. Aber unabhängig davon: Bei diesem objektiven Verfahren ist in der militärischen Seite der Eurofighter vier zu eins vorne gewesen und bei den Gegengeschäften, die nicht entscheidend waren, aber ein Zusatzargument, war mit sieben zu drei ebenfalls der Eurofighter vorne.

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Wir waren nicht daran gebunden. Ich sage auch ganz offen: Hätte die SPÖ gesagt, wir ziehen mit bei einer solchen Geschichte, wir machen das zu einer ganz großen nationalen Geschichte, dann hätten wir aus diesen staatspolitischen Überlegungen sagen können, wir nehmen den Gripen. Nachdem das nicht der Fall war, muss ich sagen, halten wir uns doch bitte an die selbstgewählte Vorgangsweise, und die war eindeutig. Wir hätten ja eine viel größere Diskussion öffentlich gehabt – im Rechnungshof, im Hohen Haus, wo auch immer, in der Branche –, wenn wir uns an die eigens selbst gewählte Vorgangsweise objektiv nicht gehalten hätten.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Die Bewertungen, die dort vorgenommen wurden, vor allem bei den Muss-, aber auch bei den Sollkriterien - -

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Moment! Zur Geschäftsbehandlung hat sich Frau Abgeordnete Tamandl zu Wort gemeldet!

*****

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Dass Herr Dr. Schüssel natürlich ein Mensch ist, der sich an gewisse Vorgänge erinnert und der auch bereitwillig Fragen beantwortet, ist selbstredend, das merken wir, aber er ist natürlich nicht zu diesem Thema geladen. Er ist zu den Beweisthemen I und II geladen. Du fragst aber gerade zu Beweisthema III. Wie sie damit umgeht, möge die Auskunftsperson selbst entscheiden, aber ich möchte nur zu bedenken geben, dass Kollege Bernhard die ganze Zeit zu Beweisthema III fragt. Ich frage auch den Herrn Verfahrensrichter, wie er das sieht.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Ich habe den Herrn Verfahrensanwalt schon darauf aufmerksam gemacht, aber solange da keine Intervention kommt, werde auch ich nicht einschreiten. Er wird die Auskunftsperson darauf aufmerksam machen, aber ich sehe keinen Anlass, einzuschreiten, wenn von dieser Seite nichts kommt. Bitte.

*****

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Meine Fragen haben viel mit den Beweisthemen I und II zu tun. Es geht um das Umfeld und das Zustandekommen, und wir haben in dieser Legislaturperiode ja nur für die Beweisthemen I und II Zeit. Jedenfalls bin ich sehr dankbar für die Auskünfte.

Das, was wir gesehen haben, war, dass Eurofighter allerdings bei den Muss- und bei den Sollkriterien teilweise auch keine Informationen bei der Ausschreibung selbst gegeben hat. Das musste nachgeholt werden, und es wurden die Muss- und die Sollkriterien auch während der Ausschreibung verändert. Was wir jedenfalls evidenzbasiert wissen, ist, dass die Gripen auf 30 Jahre günstiger sind.

Jetzt mache ich den großen Zeitsprung, damit der Herr Präsident nicht mehr so unglücklich schaut, in das Jahr 2007: Vergleich durch Minister Darabos.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Na schau, jetzt kommt das Stichwort!

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Bei dem Vergleich, den der Minister Jahre später abgeschlossen hat, war die Argumentation, dass er im eigenen Haus nicht die Unterstützung hatte, dass ihn also sein eigenes Personal bei den Vergleichsverhandlungen nicht hat unterstützen wollen oder können und er deswegen extern Professor Koziol hinzugezogen hat.

Da lautet jetzt die große Frage: War Ihnen – ich weiß, auch schon in einer anderen Rolle – und auch der Volkspartei zum damaligen Zeitpunkt bewusst, dass Minister Darabos ohne jede wirtschaftliche Beratung in die Vergleichsverhandlungen gegangen ist?

Dr. Wolfgang Schüssel: Das ist mir als Klubobmann nicht so bewusst gewesen. Also dass das schon unter ziemlicher Geheimhaltung abläuft, das war schon bekannt, das ist auch kritisch vermerkt worden, aber andererseits muss ich auch dazusagen, wir haben hier auch dem Koalitionspartner insofern vertraut, weil ja eben in der Pressekonferenz am 17. November 2006 Gusenbauer und ich uns vor die Presse gestellt haben – übrigens hier im Parlament – und ausdrücklich gesagt haben: Pacta sunt servanda! Wenn es nicht Ausstiegskriterien gibt, die ja im Vertrag festgelegt sind - - Also ich muss das schon dazusagen: In dem Vertrag ist ganz klar von einem Verbot von Schmiergeldzahlungen die Rede. Es sind ausdrücklich Verhaltensregeln festgelegt worden, was alles erlaubt ist und was nicht erlaubt ist, und es sind auch die Konsequenzen beschrieben worden, was zu geschehen hat, wenn diese Verhaltensregeln verletzt werden.

Gusenbauer hat sich ja darauf bezogen, dass sie sozusagen schon irgendwelche Ausstiegs- oder Einstiegs- oder Veränderungsmöglichkeiten finden werden. Wir haben gesagt: Okay, das ist Teil des Vertrags, aber Pacta sunt servanda; das war mir ganz wichtig. Es müssen auch die Ratenzahlungen weiterlaufen, weil sonst die Republik sofort schadenersatzpflichtig gewesen wäre und wir in Verzug mit unseren Verpflichtungen geraten wären und riesige Probleme bekommen hätten.

Dass man eigentlich dann mit diesem Vertrag versucht - - oder eigentlich EADS das Leben sehr leicht gemacht hat, weil ja die Behauptung, die jetzt im Raum steht, ist, dass EADS gar nicht hätte liefern können: Na wenn das so gewesen wäre, na, Freunde, dann wäre das ja der Jackpot gewesen! Herr Abgeordneter Pilz hätte die Champagnerkorken knallen lassen, denn das wäre genau der Ausstiegsgrund gewesen. Dass man darauf verzichtet hat und gesagt hat, ab sofort gilt nichts mehr in diese Richtung, sondern wir kappen die Flieger, wir verzichten auf Infrarot, das bei Schlechtwetter, in der Nacht und so weiter unverzichtbar gewesen wären, wir verzichten auf Selbstschutz, wir nehmen sogar gebrauchte Flieger aus Deutschland, die zwei, drei Jahre schon in Gebrauch gewesen sind, also da, ehrlich gesagt, kann man sich wirklich nur wundern! Dass man sich dazu dann keinerlei anderer Rechtsberatung bedient als eines angesehenen Zivilrechtlers – das sage ich wirklich ganz ausdrücklich –, der aber wiederum von den militärischen Dingen ja keine Ahnung haben kann, dass man da nicht jemanden hereinholt, der auch zum Beispiel den hervorragenden EADS-Vertrag, den ersten EADS-Vertrag, verhandelt hat und daher sein Vis-à-Vis ganz genau kennt – die sind ja alle an die Seite gestellt worden –, das finde ich, ehrlich gesagt, persönlich ein derartiges Versäumnis, dass man sich wirklich im Nachhinein nur wundern kann.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Und die Argumentation von Ex-Minister Darabos, der gesagt hat, der Vergleich in der Form, der auch kritisiert wurde, war deswegen notwendig, weil – und das zitiere ich aus der damaligen Auskunft – er einen „grottenschlechten“ Grundvertrag zwischen der Republik und EADS vorgefunden hat, können Sie diese Kritik nachvollziehen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, gut, das ist ein politisches Statement, das steht ihm frei. Ich meine, ehrlich gesagt, man hat ja auch die Eurofighter als Kampfbomber, die Gripen als Neutralitätsflieger und die dann gekommenen Eurofighter als Neutralitätsflieger bezeichnet. Das ist kindisch, weil natürlich jedes Kampfflugzeug logischerweise auch kämpfen kann. Deswegen hat man es ja auch, bitte mit Verlaub gesagt. Also wir lassen ja nicht Luftballons mit einer Kamera aufsteigen, sondern das sind natürlich Flugzeuge, die bewaffnet werden können und so weiter.

Dass man das politisch unter Umständen anders kommentieren will, das ist Wahlkampf, das lasse ich jetzt weg. Was mich persönlich eigentlich ziemlich gewundert hat: Darabos hat ja am 1. Juli, also unmittelbar nach seinem Abschluss, dem „Kurier“ ein Interview gegeben, in dem er gesagt hat, es hätte Mitte Mai fast einen Abbruch der Verhandlungen mit Eurofighter gegeben, der Jethersteller habe 200 Millionen € Rabatt sozusagen aus Goodwill angeboten, ohne Stückzahlreduktion und ohne die Verschlechterungen, und er sei aufgestanden. Ehrlich gesagt, wenn er nicht aufgestanden wäre, sondern sitzen geblieben wäre, dann hätten ihm, glaube ich, das Hohe Haus und selbst wir, die wir den ersten Vertrag abgeschlossen haben, zugejubelt. Das, was jetzt rausgekommen ist, ist nämlich weit, weit schlechter – das muss man leider so aussprechen.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Wenn Sie gerade in Ihrer persönlichen Einschätzung sind: Wie ist die Einschätzung des Vergleichs aus Ihrer Sicht? Also „weit, weit schlechter“ haben Sie jetzt schon gesagt, aber welche konkreten Kritikpunkte sehen Sie?

Dr. Wolfgang Schüssel: Na ja, ich meine, die Frage ist, das müssen jetzt die Militärs - - Ich bin ja, ehrlich gesagt, jetzt aus diesen Fragen draußen, aber ich kann mich noch erinnern, dass eigentlich die 18 Flieger als das absolute Minimum bezeichnet worden sind. Wir haben ja damals nach der Hochwasserkatastrophe zwei – ich gebe das auch zu – symbolische Handlungen gesetzt. Wir haben erstens die Steuerreform um ein Jahr verschoben, was den Landeshauptmann von Kärnten dramatisch geärgert hat, und wir haben die Stückzahl der Eurofighter von 24 auf 18 reduziert, mit der Möglichkeit – das haben wir auch ausdrücklich gesagt –, später wieder auf 24 aufzustocken.

Das Argument war damals ja schon: 18 ist die absolute Untergrenze. Das heißt, ob man mit 15 überhaupt sozusagen einen vollen Betrieb gewährleisten kann, das ist eine Frage, die man militärisch klären kann und muss. Wir haben eigentlich auch schon mit einer Träne im Knopfloch darauf verzichtet: Mit der Verringerung zunächst von 24 auf 18 konnte man auch nicht mehr für internationale Einsätze einmelden, was natürlich schon sinnvoll wäre, denn wenn die Europäische Union, was wir ja alle hoffen, irgendwann einmal auch eine militärische Kapazität entwickelt, für Friedenseinsätze, aber auch friedensschaffende Einsätze, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man macht es wie die Schweden, die auch neutral sind, man meldet Flugzeuge ein, oder man geht mit Bodentruppen hinein, was natürlich weit gefährlicher und weit riskanter ist.

Das war ein bisschen die Idee hinter diesen 24. Darauf haben schon wir verzichtet, und ob man mit den 15 letztlich durchkommt? – Was ich gehört habe – aber das ist jetzt on dit –, ist, dass sie mittlerweile ohnedies schon ziemliche Probleme haben, genügend flugfähige Flugzeuge in die Luft zu bringen, weil das halt mit den Ersatzteilen nicht mehr so einfach ist, aber das hängt alles mit diesem Verzicht auf neue und auf aufgerüstete Flugzeuge zusammen.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Der Eindruck, den ich von Ex-Minister Darabos bekommen habe, war jetzt kein herausragender. Das, was mich besonders wundert, ist, dass es einem Minister möglich ist, die Finanzprokuratur mehr oder weniger wieder auszuladen, eigenmächtig zu verhandeln, das eigene Haus – da gibt es Schreiben, die ich jetzt nicht vorlege und daher nicht daraus zitiere – von der Rechtsabteilung bis zu den verantwortlichen Personen, das Know-how ignorierend, in die Verhandlungen nicht miteinzubeziehen, dort tatsächlich Gespräche zu führen, die in keinerlei Weise dokumentiert werden, und Bedingungen zuzustimmen, die nicht herleitbar sind, wo normalerweise eine Kalkulationsgrundlage bestehen muss, und als Bundesminister auch das Haushaltsrecht auszuhebeln, weil er direkt unterschreibt und damit die Republik eine Verantwortung eingeht. Was ich nicht verstehe – damals war natürlich Vizekanzler und Finanzminister Molterer für die ÖVP federführend, aber Sie waren natürlich auch noch stark involviert, weil es, der Empfindung nach, würde ich sagen, auch viel mit Ihrer Geschichte zu tun hat –: Ich meine, da müsste man doch auf den Tisch springen und schreien, wenn man so ein Erlebnis als Koalitionspartner hat. Was wir aber in den Unterlagen finden, ist nicht der laute Widerstand, den ich erwarten würde. Warum war das damals so?

Dr. Wolfgang Schüssel: Erstens haben Sie völlig recht, es gibt zwei - - Man muss immer in der österreichischen Rechtswirklichkeit und Verfassungswirklichkeit unterscheiden: Im Innenverhältnis ist es völlig klar, dass in so einer Frage ein Einvernehmen hergestellt werden muss, also das Finanzministerium hätte selbstverständlich voll mit eingebunden werden müssen.

Ob die Finanzprokuratur zwingend einzubinden ist, ist eine zweite Frage. Das muss sie nicht, das ist freiwillig. Aber das Finanzministerium hätte jedenfalls im Einvernehmensweg eingebunden werden müssen – das Wirtschaftsministerium nicht. Das ist nicht geschehen.

Im Außenverhältnis allerdings kann der Minister – das ist in unserer hierarchischen Struktur ohne Weiteres möglich – die Republik verpflichten. Das hat er gemacht, mit diesem Vertrag und mit dieser Vorgangsweise.

Das ist heftig kritisiert worden, es ist politisch kritisiert worden. Die Volkspartei hat das auch in der Sitzung im Parlament – ich weiß nicht, wann war denn die? –, ich glaube, am 5. Juli bei der Nationalratssitzung, in der über den Untersuchungsausschuss diskutiert wurde, heftig kritisiert. Auch ich als Klubobmann habe das heftig kritisiert, auch der Wehrsprecher Murauer hat da massive Skepsis und Bedenken angemeldet. Wie gesagt, das ist aber natürlich damals weggewischt worden, und der Koalitionspartner hat dafür auch die Verantwortung zu übernehmen gehabt.

Ich war der Meinung – auch das war mit Gusenbauer so abgesprochen –, wenn man sozusagen eine sinnvolle Veränderung des Vertrages macht, dann kann das natürlich selbstverständlich versucht werden, aber dass das unter derartiger Geheimhaltung und eigentlich unter Ausschaltung des Koalitionspartners passiert, damit war nicht zu rechnen; das war auch am Anfang so nicht angedacht.

Ich glaube, dass da einfach einige die Nerven verloren – ganz offen gesprochen – oder halt politisch so viel Prestige schon hineingebracht haben, dass man irgendein Ergebnis herbringen musste, und dann ist das herausgekommen. – Schade!

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Gab es, abgesehen von den Lieferterminen der Flugzeuge, andere realpolitische Gründe, warum ein Vergleichsabschluss zu dem damaligen Zeitpunkt unbedingt hat stattfinden müssen? Sie sagen, es wurde quasi als Prestigethema immer weiter nach vorne getragen, aber gab es realpolitische Gründe, dass man da nicht weitere ein, zwei, drei Monate hätte verhandeln können?

Dr. Wolfgang Schüssel: Eigentlich nicht, nein. Das Einzige war, wie gesagt, die erste Rate, die erste Halbjahresrate ist am 10. Jänner zu zahlen gewesen. Ich glaube, am 12. Juli oder so ist der erste Flieger gelandet. Da ist der Minister auch nicht hingeflogen, sondern ist extra dann rasch, glaube ich, nach Bosnien oder sonst wohin, damit er ja nicht im Land sein muss, um den Flieger entgegenzunehmen – okay.

Aber es war eigentlich keine Notwendigkeit, das unbedingt in der ersten Jahreshälfte zum Abschluss zu bringen. Da hätte man sich durchaus noch mehr Zeit lassen können.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Haben Sie innerhalb der ÖVP – damals auch als Regierungspartei, Koalitionspartei – über Konsequenzen beraten, sprich beispielsweise, ob man im Haushaltsrecht einen Verstoß in Zukunft auch mit einer Konsequenz ahnden können sollte? – Es sind mir keine daraus resultierenden maßgeblichen Veränderungen auf gesetzgebender Ebene bekannt.

Dr. Wolfgang Schüssel: Aber mir ist, ehrlich gesagt, auch kein anderer Fall bekannt, dass ein Minister sich über die bestehenden haushaltsrechtlichen Vorschriften und Einvernehmensregeln so hinweggesetzt hätte.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Dann ist die Frage aber noch dringlicher, denn wäre es, wenn man anscheinend nicht gewährleisten kann, dass sich Minister an Gesetze halten, weil sie unterschiedliche Rechtsauffassungen haben, nicht sinnvoll gewesen, entsprechende Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ich glaube, dass zum damaligen Zeitpunkt - - Also soweit ich das jetzt beurteilen kann – ich bin ja dann relativ bald weg gewesen, es hat ja auch dann relativ bald Neuwahlen gegeben – haben wir das volle Drama, wie das gelaufen ist, ja zum damaligen Zeitpunkt, über den wir jetzt gerade reden, Ende Juni, Anfang Juli 2007, noch gar nicht gekannt. Die Verträge sind ja nie vorgelegt worden. Bis heute sind ja eigentlich, oder jetzt erst sind verschiedene Dinge auf den Tisch gelegt worden, wo man als Jurist – ich bin sicher kein überragender Vertragsjurist –, aber jedenfalls schon viele Fragen aufwerfen kann.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Das heißt, es sind, wenn ich das richtig interpretiere – die Frage habe ich anderen Auskunftspersonen, die ein größeres Maß an Erfahrung haben, auch gestellt –, Ihnen im Bereich der Beschaffung keine vergleichbaren Situationen in Ihrer politischen Karriere über den Weg gelaufen? (Auskunftsperson Schüssel: Nein!)

Darf ich noch eine abschließende Frage stellen, Herr Präsident?

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Bitte, ein paar Sekunden haben Sie noch!

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ihre Einschätzung zu Minister Darabos – es ist da auch einiges in unseren Dokumenten enthalten –: Hätten Sie damals, aus Ihrer Einschätzung heraus, auch in Ihrer politischen Arbeit das Zutrauen gehabt, Herrn Minister Darabos alleine in solche Vergleichsverhandlungen zu entsenden?

Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter, entschuldigen Sie, diese Frage kann ich und will ich so nicht beantworten. Erstens einmal muss er das Vertrauen der damaligen Regierung, des Regierungschefs und des Koalitionspartners haben. Die Fraktionen haben natürlich da unterschiedliche Meinungen und unterschiedliche Bewertungen. Ich will ihm jetzt auch persönlich nicht nahetreten. Das ist, glaube ich, nicht der Punkt.

Ich glaube, dass der Mann wirklich unter einem unglaublichen Druck gestanden ist. Er war Generalsekretär im Wahlkampf, wo das alles plakatiert wurde: „Sozialfighter statt Eurofighter“. Er ist dann, glaube ich, gegen seinen Willen in ein Ressort geschickt worden – nicht gegen seinen Willen, aber es ist nicht gerade sein Wunschprogramm gewesen –, in das Ressort hineingestoßen worden. Ich glaube schon, dass da auch vielleicht von den Beamten am Anfang auch relativ große Reserven waren – er hat nie gedient, er war Zivildiener. Das ist eine schwierige Situation, also bitte, ich möchte da wirklich menschlich kein schlechtes Wort sagen.

Juristisch ist das wirklich nicht vertretbar gewesen, das ist richtig. Da hätte ich mir in einer solchen Situation wirklich die besten Köpfe geholt, damit da ja nichts passiert. Das ist leider nicht geschehen.

Aber menschlich will ich über den damaligen Minister Darabos nichts Schlechtes sagen.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Kanzler! Einleitend war die Rede davon, was das für ein toller Vergleich war. Jetzt hat es sich ein bisschen anders angehört, und was mich ganz besonders verwundert hat: diese sensationellen Nachwirkungen.

In welchen Bereichen, glaubst du persönlich, hätte es diese Wirkungen nicht gegeben? Du hast gesagt FACC, AT&S – mir würden auch einige dazu einfallen. Ich glaube, das ist einfach eine weitere Facette in diesem Bild der Schöndarstellung dieses Vergleichs, was da Sensationelles erreicht wurde. Welche Bereiche hätten keinen Vorteil gehabt oder hätten Nachteile gehabt, wenn der Vergleich nicht geschlossen worden wäre?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ehrlich gesagt, ich sehe jetzt keinen Nachteil, außer dass es klarerweise teurer gewesen wäre. Es ist schon klar, wenn du 18 Flieger mit dem vollen Programm hast, dann ist das teurer gewesen als eine Geschichte. Ich glaube nur, dass das - -

Noch einmal: Ich bin nicht Zeuge, ich kann das jetzt nicht - - Ich bin nicht Zeuge dieses Gesprächs, das Darabos im „Kurier“-Interview selber erwähnt hat, aber wenn das wahr ist, dass ihm ein Rabatt aus Goodwill-Gründen von 200 Millionen angeboten wurde, ohne Stückzahlreduktion und ohne die Verschlechterungen, dann, muss ich ehrlich sagen, hätte ich das sofort angenommen. Das wäre, glaube ich, eine hochinteressante Geschichte gewesen. Das wäre auch ein großer Erfolg gewesen, ganz offen gestanden, für den Minister, für den Koalitionspartner, und wir hätten trotzdem eine hervorragende substanzielle Luftraumüberwachung für die nächsten 40 Jahre gehabt.

Noch einmal: Bei den Gegengeschäften - - Ich will das auch hier - - Vielleicht habe ich das am Anfang ein bisschen zu schnoddrig gesagt: Auch Gripen hat natürlich gute Gegengeschäfte angeboten, nicht ganz so viel wie EADS, aber der Unterschied war schon: Bei EADS kam dazu, dass die über die Airbus-Mutter natürlich voll den Einstieg in die Luftraumindustrie gehabt haben. Und das hat ja auch gewirkt, in den ersten drei Jahren haben sich die Umsätze für die österreichischen Zulieferer verdreifacht, und das war eine Riesengeschichte.

Also noch einmal: Gripen hätte das auch, aber in einer ganz anderen und, ich glaube, langfristig für die Zukunft nicht so interessanten Form, geschafft.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Da hat sich eine Frage selbst beantwortet, weil die Gegengeschäfte hätte es natürlich auch bei Gripen gegeben.

Aber es hat jetzt in diesen Befragungen – das wird ja immer interessanter! – sehr viele Auskunftspersonen gegeben, die zuerst am Anfang alles gewusst haben und dann gar nichts mehr und für nichts mehr zuständig waren, aber überall involviert waren. Man sieht jetzt bei diesen Papieren von der deutschen Justiz, die heute Kollege Pilz vorgelegt hat: Man hat sich immer diese Meinung gefestigt, es gebe ein Platter-Erbe; es wurde eigentlich scheinverhandelt, weil in diesem Erstvertrag ja die Abnahmeverpflichtung schon fixiert war. – Ist das richtig?

Dr. Wolfgang Schüssel: Entschuldige, ich habe die Frage jetzt, ehrlich gesagt, nicht ganz verstanden.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Wir haben immer wieder die Darstellung gehabt, dass es Ausstiegsverhandlungen gegeben hat, weil wir die ja gar nicht wollen. Aber umgekehrt komme ich dann auf Bekenntnisse (Auskunftsperson Schüssel: Ja!), wo das alles widerlegt wurde. Es hat im ursprünglichen Platter-Vertrag diese als Platter-Erbe bezeichnete Abnahmeverpflichtung gegeben. (Auskunftsperson Schüssel: Ja!) Also waren die ganzen Scheinverhandlungen und Vergleichsverhandlungen Maskerade?

Dr. Wolfgang Schüssel: Na ja, gut, ich meine, du kannst - - Klarerweise gibt es im Vertrag - - Ein Vertrag wird ja nicht abgeschlossen, damit man dann irgendwann aussteigt, sondern ein Vertrag, wenn du ein Auto kaufst, ein Haus oder ein Flugzeug, wird abgeschlossen, damit man irgendwann einmal etwas für eine monetäre Gegenleistung bekommt. Das ist der Sinn des Vertrages.

Daher sind Abnahmeverpflichtungen, Lieferverpflichtungen, Zahlungsverpflichtungen festgeschrieben. Dass man das im Nachhinein einvernehmlich abändern kann, das ist ja geschenkt. Natürlich kann man das. Nur sollte halt dann das, was man nachträglich einvernehmlich mit dem Partner vereinbart, besser sein als das, was man vorher gehabt hat und nicht eine deutliche Verschlechterung.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Das ist ja das Hauptproblem, wir haben aber dann statt 18 neuen Flugzeugen 15 gebrauchte gekriegt. (Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Dr. Wolfgang Schüssel: Nein, nein, das ist nicht richtig. Wir haben nicht 15 gebrauchte, wir haben neun neue, aber aus der ersten Tranche, bekommen und sechs gebrauchte. – Bitte, korrekt!

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Eine wesentliche Verschlechterung und die massivste Verschlechterung war ja bei der Ausstattung.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, und die neun, die sozusagen schon aus der neuen Produktion, aber aus der alten Tranche waren, hätten aber kostenlos aufgerüstet werden müssen, was natürlich sehr interessant gewesen wäre. Das ist auch weggefallen.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Wir haben aber im Vertrag bei den Ausschreibungsrichtlinien 24 Stunden Verteidigungsbereitschaft drinnen gehabt. Das ist überhaupt nie erfüllt worden, weil wir maximal 12 Stunden gehabt haben, je nach Tageslänge, weil wir die Nachtsichtgeräte ja gar nicht gekriegt haben.

Dr. Wolfgang Schüssel: Das ist richtig. Durch den Verzicht auf die Infrarotüberwachung ist natürlich bei Schlechtwetter und in der Nacht eine taugliche Luftraumüberwachung nicht mehr möglich. Der Vorteil dieser Infrarotgeschichte ist wirklich interessant. Das ist nicht irgendein Gerät, sondern du kannst da auf 30 Kilometer Entfernung jedes Flugzeug auch in der Nacht nicht nur sehen, sondern auch identifizieren – das ist ja das Interessante! – während die jetzige Luftraumüberwachung darauf besteht, dass du visuell erkennen und bewerten musst, wer das genau ist. Diese Geschichte mit der Infrarotüberwachung wäre natürlich ein absoluter Hit gewesen.

Die Amerikaner haben uns das übrigens deswegen nicht angeboten, weil das ja eine Technologie ist, die sie ja nur ganz wenigen vertrauenswürdigen Ländern zur Verfügung stellen. Uns haben sie offensichtlich nicht in diese oberste Kategorie eingestuft. Das war auch einer der Gründe, warum es ziemliche Bedenken bei den Militärs über die Amerikaner gegeben hat.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Deshalb ja diese massive Schlechterstellung durch diesen Vergleich; ich komme jetzt genau zu diesem Denkansatz, den niemand widerlegen konnte, dass es durch diese überhöhten Betriebskosten und Ersatzteilkosten, die in diesem Schreiben, das Kollege Pilz mit der Nummer 3483 vorgelegt hat, als Systempreis dargestellt wird. Es wird empfohlen: „ [...] jedoch zu teuer sei. Der Angebotspreis solle deshalb unter Einbeziehung neuer Konzeptionen (z.B. Logistik, Ersatzteilversorgung) als ‚Systempreis‘ dargestellt werden.“

Ich sehe darin die Bestätigung der Vermutung, dass man diesen ausverhandelten Preisnachlass indirekt wieder zu EADS zurückgeführt hat. – War das dieser Systempreis?

Dr. Wolfgang Schüssel: Darf ich jetzt nur fragen: Ist dieses aus dem Jahr 2005? Oder von wann ist das? (Abg. Steinbichler: Okay!) – Ist das aus dem Jahr 2005? Oder wann ist dies jetzt? (Abg. Pilz: 2002!)

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Das ist das von der Staatsanwaltschaft München.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, schon, aber 2002 oder 2005? – Das sind ja zwei unterschiedliche Dinge, deswegen frage ich nach.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): 3483 aus 2013. Das ist das Erhebungsprotokoll. Hast du das Papier gehabt (in Richtung des Abg. Pilz), dann hättest du es mir gerne geben können?

Dr. Wolfgang Schüssel: Na schon, ich bin nur - - (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.)

Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik, LL.M.: Das ist jetzt für die Auskunftsperson ein bisschen schwierig zu beantworten. Ich finde mich auch nicht mehr zurecht in dem Dokument.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Das hat Kollege Pilz gerade eingebracht. (Auskunftsperson Schüssel: Ja, aber das - -!) – Seite 2, Herr Kollege Pilz hat dazu gefragt, weil dieses Papier ganz interessant ist.

Wir haben jetzt die ganze Zeit immer die Devise gehabt, es war niemand involviert, niemand hat etwas gewusst. Da werden dann aber die Landeshauptleute aufgeführt.

Dr. Wolfgang Schüssel: Also das ist das? Dieses Papier, wo die Landeshauptleute aufgeführt werden? (Abg. Steinbichler: Jawohl!) – Jetzt habe ich es. Das ist aus 2002.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): In dem Absatz darunter (Auskunftsperson Schüssel: Danke, ja, okay!), unter der Vizekanzlerin Riess-Passer steht das dann: Empfehlung, als Systempreis darzustellen.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, gut. Aber wie gesagt, da kann ich nichts dazu sagen, weil über diese Fragen mit mir nie geredet wurde.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Wer war denn der Hauptverantwortliche? War das ausschließlich immer der Verteidigungsminister? Das ist ja interessant.

Dr. Wolfgang Schüssel: Na sicher, bei allem, was die militärischen Dinge, die Betriebskosten und diese Fragen betrifft, ist klarerweise das Verteidigungsministerium das einzige anzusprechende Ressort. Nachher, alles, was finanzrelevant ist, das ist dann natürlich klarerweise mit dem Finanzministerium zu diskutieren. Aber diese Dinge sind natürlich ausschließlich mit dem Ressort Verteidigung zu besprechen.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Dem widerspricht wieder ein Interview im „Standard“ mit Willi Molterer, der darauf verweist: „ein ganz klares Bekenntnis zur Neutralität“ – wissen wir ja –, „zur Notwendigkeit“ der Luftraumverteidigung „aus eigener Kraft“, das „steht seit der Übereinkunft“ ...

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Herr Kollege! Gibt es dazu ein Dokument?

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Die Kollegin teilt es schon aus.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Vielleicht kannst du eine andere Frage vorziehen, bis das kopiert ist? (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) – Ist es das? (Abg. Steinbichler: Ja!) – Okay. (Abg. Tamandl: Kriegen wir das auch?)

Dr. Wolfgang Schüssel: Ich habe eine Kopie bekommen.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Dies steht besonders seit der Übereinkunft im Gespräch mit Schüssel und Gusenbauer. (Auskunftsperson Schüssel: Ja!) – Also es ist alles abgesprochen gewesen, alles!

Dr. Wolfgang Schüssel: Darf ich noch einmal sagen, das habe ich in einer früheren Fragerunde – ich weiß jetzt nicht, mit wem das jetzt war – schon gesagt: Ursprünglich sind die Verhandlungen gestartet, wir haben den Vertrag am 13. Oktober übergeben. Dann wurde der U-Ausschuss eingesetzt. Dann haben wir unterbrochen. Dann hat es eine Vermittlungsrunde mit dem Bundespräsidenten gegeben. Dann haben wir uns auf eine schriftliche Festlegung, auf eine schriftliche Formulierung – die habe ich nicht bei mir, aber die habt ihr sicher alle in den Archiven zu finden – vom 17. November 2006, wo Gusenbauer und ich ausdrücklich gesagt haben, Pacta sunt servanda – das heißt, Vertragstreue der Republik gegenüber internationalen Verträgen –, und auch ein klares Bekenntnis zur Luftraumüberwachung, geeinigt.

Damit war dieses Thema außer Streit gestellt. Ich habe gesagt, es genügt mir auch, ich brauche sonst in den Verhandlungen gar nichts, weil im Ministerrat gibt es sowieso Einstimmigkeit. Wenn dort irgendetwas relevant ist, diskutiert werden muss, das ist dann Sache der neuen Bundesregierung, das brauchen wir nicht im Koalitionsvertrag festzuschreiben; und so war es dann auch.

Daher ist das alles eine Legende, was Pilz in den Medien erzählt, ich hätte Gusenbauer erpresst und ähnliche Kinkerlitzchen – lächerlich, dann hätte er ja nur mit uns nicht abschließen müssen. Abgesehen davon steht weder im Regierungsübereinkommen noch in sonstigen Side Letters, die es nicht gibt, irgendetwas über Eurofighter oder sonst was drinnen.

Das ist die Antwort auf deine Frage.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Aber auf jeden Fall gab es eine wesentlich bessere Abstimmung, als immer zugegeben wird. Es war alles voll abgesprochen.

Weil es trotzdem sehr wichtig ist – Kollege Pilz hat das schon gefragt –, zu dieser Chinareise – davon ist in dieser Übersetzung von City Chambers Limited die Rede –: War dieser Dr. Herbert Werner dabei oder nicht?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ich kann es nicht sagen. Ich habe weder bei mir eine Liste der Wirtschaftsleute, die in der Wirtschaftsdelegation dabei waren - - Wie gesagt, ich kenne ihn überhaupt nicht, daher kann ich diese Frage nicht beantworten. Da müsst ihr nachschauen. Da gibt es sicher irgendwelche Dokumente, oder die Kammer kann das zur Verfügung stellen.

Aber auch wenn er dort gewesen sein sollte, habe ich mit ihm sicher nicht über EADS geredet. Das wäre auch 2005 vollkommen sinnlos gewesen. Das Flugzeug war bestellt, die Geschichten waren in Produktion – so what?

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Wieder zum Papier von Kollegen Pilz, auch auf den Vorwurf hin, dass wir es nicht kopiert haben, weil wir geglaubt haben, wir brauchen es nicht ein zweites Mal zu kopieren: In dieser Einvernahme der Staatsanwaltschaft München werden eben dies Wortabänderungen von diesem Werner aufgeführt: „Dr. Blada“ – „Rada“, „Reibner“ – „Scheibner“, „Luessel“ – „Schüssel“. Herr Kanzler, du hast gerade gesagt, es hätte keinen Sinn gehabt. 

Da steht aber wortwörtlich drin: „So ist im Bericht vom 04.05.2005 beispielsweise von einer Begleitung des damaligen Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel im Rahmen eines Staatsbesuchs in China die Rede. Hierbei habe sich während des langen Fluges eine ,exzellente Möglichkeit zur Erörterung der derzeitigen politischen Lage in Österreich und etwaiger Auswirkungen auf die mit EADS geschlossenen Verträge‘ ergeben.“ – Das widerspricht ja genau dem.

Dr. Wolfgang Schüssel: Das ist seine Darstellung. Das macht jeder Lobbyist, dass er gegenüber seinen Auftraggebern beschreibt, was er alles gemacht hat. Ich erinnere mich nur, dass irgendwo bei irgendeiner - - Wer war das? – Irgendein deutscher Waffenhändler hat irgendwo geschrieben, er hat Telefonnummern; da kommt auch meine Telefonnummer im Wirtschaftsministerium vor. Ja, das kann jeder aus dem Telefonbuch, aus dem Amtsverzeichnis herauskopieren und kann sagen, er hat mit dem und dem geredet. Das ist so, so läuft das heute in dem Geschäft.

Noch einmal: Das ist denkunmöglich, dass der mit mir irgendwo - - Wenn du je bei einem Staatsbesuch in China gewesen bist, wirst du verstehen, was ich meine. Das ist protokollarisch extrem streng eingeteilt, da kommt die Wirtschaftsdelegation nicht einmal in die Nähe der politischen Repräsentanten, außer es wird irgendetwas unterschrieben, ein Vertrag, ein Staatsvertrag oder sonst etwas, wo dann der jeweilige Generaldirektor vorn sitzt. Und im Flugzeug, mit Verlaub gesagt, wird das wohl auch nicht stattgefunden haben – eine ausführliche Besprechung der politischen Situation. Warum soll ich mit jemandem, den ich nicht einmal kenne, die politische Situation besprechen, im Jahr 2005, da alles längst auf Schiene ist?

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Ich wollte auch nicht wissen, welche Staatsverträge geschlossen worden sind, sondern was auf dem Flug besprochen worden ist. Es wird ja über die lange Flugdauer gesprochen.

Dr. Wolfgang Schüssel: Das hat der erfunden! Entschuldige, das hat der erfunden, hat damit seine Bedeutung unterstrichen! So what? – Das wird in der Regel von Lobbyisten so gemacht.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Und Dr. Werner war dann auch in spätere Provisionszahlungen nicht eingebunden?

Dr. Wolfgang Schüssel: Und der Herr Werner war nicht - - Ich habe es akustisch nicht verstanden. (Abg. Steinbichler: In spätere Provisionszahlungen ...?) – Von wem? Von uns? Wir haben doch niemanden - - Die Regierung oder wer auch immer hat doch nie Provisionszahlungen gezahlt. Ob die EADS irgendjemandem für die Anbahnung - - Denn die waren ja verpflichtet, Gegengeschäfte zu machen. Das darfst du nicht vergessen, das ist etwas anderes. Die waren verpflichtet – mit Pönaledrohung –, Gegengeschäfte anzubahnen. Dass sie sich dabei natürlich möglicherweise irgendwelcher Vermittler bedient haben, die solche Gegengeschäfte ausfindig gemacht und dann zur Verfügung gestellt haben, ist eine zweite Frage, hat aber nichts mit der Regierung zu tun. (Abg. Steinbichler: Danke!)

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Herr Dr. Schüssel, Sie waren damals Kanzler, als der Eurofighter angeschafft worden ist. Daher die Frage: Damals wurde der Grundvertrag bereits in den höchsten Tönen gelobt; da haben wir schon ganz viele unterschiedliche Einschätzungen von Auskunftspersonen, was den Grundvertrag betrifft, gehört. Würden Sie Ihr Urteil aus heutiger Sicht wieder genauso fällen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja. Ich habe es aber eh, glaube ich, begründet, sowohl militärisch war - - Das bestreitet ja niemand, nicht einmal die Kritiker der damaligen Entscheidung können bestreiten, dass der Eurofighter das bei Weitem beste militärische Gerät war, dass Eurofighter die besten Gegengeschäftsangebote gemacht hat, die nicht – noch einmal – entscheidungsrelevant waren, und bei der gewählten Finanzierungsvariante, also bei den 18 Halbjahresraten, auch vorn war, knapp vorn, aber immerhin vorn gewesen ist. Das ist unbestritten.

Man kann aus politischen Gründen selbstverständlich anderer Meinung sein, das ist klar und das akzeptiere ich selbstverständlich auch, aber sozusagen von der Qualität des Produkts und von der Qualität des Vertrags her, glaube ich, ist das absolut okay.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Also was Schwächen des Vertrags betrifft, würden Sie keinerlei solche feststellen? Oder ist das - -

Dr. Wolfgang Schüssel: Noch einmal: Wir haben zum ersten Mal eigentlich so präzise, wie es nur irgendwie geht, versucht, weil das war ja klar - - Ich war ja selber als Wirtschaftsminister - - Sie wissen es, ich war ja sechs Jahre Wirtschaftsminister und habe das ja selber alles mit den Draken, mit den Mistral und mit vielen anderen Dingen erlebt. Ich habe selber in meinem Ressort mit diversen Korruptionsvorwürfen im Rahmen der Hochbautätigkeit oder bei der Asfinag aufräumen müssen. Das ist alles weg, das haben wir alles weggebracht, und ich war daher ganz massiv darauf aus, dass hier ein sauberer Vertrag gemacht wird, dass Verhaltensregeln festgeschrieben werden, Schmiergeldzahlungen verboten werden, dass man ganz klare Konsequenzen festschreibt, wenn ein Fehlverhalten auffliegt.

Das war mir wichtig, und ich glaube, dass das auch gar nicht anders geht. Und wir haben auch darauf gedrängt und wollten sogar eine begleitende Kontrolle durch den Rechnungshof; das hat der damalige Rechnungshofpräsident abgelehnt. Ich würde übrigens sehr empfehlen, dass man – ich weiß nicht, ob das heute noch Thema ist, aber ich würde auf jeden Fall darauf drängen – bei solchen großen Entscheidungen gesetzlich dem Rechnungshof die Möglichkeit gibt, so etwas begleitend zu kontrollieren, auch zum Selbstschutz der handelnden Personen. Ich halte das für absolut sinnvoll und notwendig.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Also militärisch will ich das in keinster Weise infrage stellen, es war natürlich auch viel Spielzeug dabei, wenn man das so nennen kann.

Wie würden Sie das einschätzen, was die Ersetzungsbefugnis betroffen hat? Warum hat man diese in den Vertrag genommen? Hat das nicht eigentlich die eigene Position als Republik Österreich geschwächt?

Dr. Wolfgang Schüssel: Entschuldigung, ich habe das jetzt nicht verstanden.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Die Ersetzungsbefugnis.

Dr. Wolfgang Schüssel: Was heißt Ersetzungsbefugnis?

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Na ja, das werden Sie aus dem Vertrag natürlich kennen: Sollte die Tranche 2 Block 8 nicht geliefert werden können (Auskunftsperson Schüssel: Ach so!), kann auf Tranche 1 Block 5 gewechselt (Auskunftsperson Schüssel: Ja!) und diese nachgerüstet werden. (Auskunftsperson Schüssel: Genau!)

Darum hat mich zuerst Ihre Aussage verwundert, als Sie gesagt haben, das wäre ein Grund gewesen, um aus dem Vertrag aussteigen zu können, und man hätte die Champagnerkorken knallen lassen können. Das ist ja nicht der Fall, da muss ich ja vehement widersprechen.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, aber wir haben ja nicht darauf verzichtet, es hat ja Darabos darauf verzichtet. Entschuldige, das war ja mein ironischer Satz. Ich wollte ja immer, dass wir gute Flieger kaufen, und nicht, dass wir aussteigen aus irgendetwas, was wir noch nicht einmal gekauft haben, sondern ich war ja der Meinung, wenn - - Und wir haben auch Verpflichtungen für die EADS festgeschrieben: Die müssen liefern, und die müssen zum jeweiligen Zeitpunkt auch aufrüsten können. Und hätten sie nicht liefern können, was jetzt behauptet wird in der Sachverhaltsdarstellung oder in der Anzeige von Minister Doskozil, den ich übrigens sehr schätze - - Wenn sozusagen behauptet wird, die hätten gar nicht liefern können und die Republik sei getäuscht worden, dann muss das jetzt einmal bewiesen werden. Und zweiter Punkt: Wenn es so gewesen wäre, dann wäre das der ideale Ausstiegsgrund für die gewesen, die wirklich hätten aussteigen wollen. Deswegen verstehe ich nicht, warum man eigentlich auf diese Möglichkeit verzichtet hat.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Sie haben aber im Grundvertrag durch diese Ersetzungsbefugnis eigentlich darauf verzichtet; sollte die 2/8er-Tranche nicht geliefert werden können, kann die 1/5er-Tranche nachgeliefert werden. Warum wurde da keine Frist festgelegt?

Dr. Wolfgang Schüssel: Aber immer mit der Verpflichtung, dass aufgerüstet werden muss auf die - - (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Aber ohne Frist!) – Na ja schon, aber es muss aufgerüstet werden. Wenn nicht aufgerüstet werden kann oder wenn nicht geliefert werden kann, dann ist ein Verzug oder eine Konsequenz auf der EADS-Seite fällig. Also ehrlich gesagt, darauf im Darabos-Vergleich zu verzichten, habe ich juristisch nicht verstanden, aber bitte.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Man hat sich ja praktisch im Grundvertrag schon darauf eingelassen, dass man die 1/5er-Variante auch nehmen würde, sollte die andere nicht geliefert werden können. Warum wird diese dann in der heutigen Diskussion als so schlimm bezeichnet?

Dr. Wolfgang Schüssel: Gegen die 1/5er-Variante wäre an sich nichts zu sagen, wenn sie hätte aufgerüstet werden können. Das ist der Sinn. Wir wollten ja dann eigentlich 40 Jahre Ruhe haben mit einer Beschaffung. Jetzt diskutieren wir bitte 15 Jahre – denkt einmal nach, 15 Jahre diskutieren wir über diesen Vertrag! Jetzt frage ich mich auch langsam, ob die Republik nichts anderes zu tun hat und nicht wichtigere Fragen zu evaluieren hat, aber okay.

Mein Ziel war eigentlich, eine Entscheidung zu treffen, mit der man wirklich 40 Jahre - - Da muss man dann ohnehin vorher wieder anfangen, die Neubeschaffung zu machen, aber immerhin, man hat zumindest 30, 35 Jahre eine Ruhe. Das wäre gescheit gewesen. So ist das eine permanente Diskussion, und genau durch diesen Verzicht auf die Aufrüstung und auch den Verzicht auf die verpflichtende Lieferung der neuesten Flugzeuge hat man eigentlich die permanente Diskussion ermöglicht, was ich persönlich nicht für gut halte.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Sie haben in der vorherigen Befragung durch Kollegen Bernhard Ihre juristische Einschätzung angesprochen. Bei den Darabos-Vergleichsverhandlungen hat sich Minister Darabos Herrn Professor Koziol als – Sie haben das in der Erstbefragung so genannt – privaten Gutachter zur Seite geholt. Was ist Ihre fachliche Einschätzung von Professor Koziol?

Dr. Wolfgang Schüssel: Habe ich privater Berater gesagt? (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Privater Gutachter!) Habe ich privat gesagt? – Nein, er ist sozusagen als externer Berater für den Verteidigungsminister beauftragt worden. Das ist völlig zulässig, das kann er machen. Und Koziol – ich habe das, glaube ich, auch schon vorher gesagt – hat einen ausgezeichneten Ruf als Vertragsjurist im Zivilrecht.

Militärisch natürlich, das hat er auch selber gesagt, ist Koziol überhaupt kein Experte, und man hätte in einer solchen Situation natürlich jedenfalls denjenigen beiziehen sollen, der den ersten Vertrag gemacht hat, denn der kennt natürlich alle Tücken und Tricks und alle Fallstricke, die es bei diesen Dingen gegeben hat. Und man hätte jedenfalls auch militärische Experten beiziehen sollen – was die Reduktion auf 15 bedeutet, was der Verzicht auf die Infrarotüberwachung bedeutet, was es auch für die Piloten bedeutet, den Selbstschutz abzubestellen, et cetera.

Also das sind Dinge, die man hätte machen sollen. Noch einmal: Das ist eine politische Bewertung von mir, das weiß ich schon, aber ich glaube, ich hätte das jedenfalls gemacht. Ich hätte es auch dem Verteidigungsminister geraten.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Zu dieser militärischen Expertise: Wir haben Herrn Brigadier Jeloschek bereits hier gehabt, der versichert hat, dass er sehr wohl im Backoffice in die Beratungen – auch in die Gespräche, an denen nur vier Personen teilgenommen haben – intensiv eingebunden war. Sie haben das jetzt auf die Art und Weise angesprochen, dass es keine militärische Beratung gegeben hätte, weil Professor Koziol in dieser Sache ein reiner Zivilrechtler wäre.

Dr. Wolfgang Schüssel: Nein, nein! Nein, Frau Abgeordnete, das ist jetzt ein Missverständnis. Was intern läuft, ist eine Sache, aber bei den Verhandlungen selber - - Entschuldigung, Sie dürfen ja nicht vergessen, bei solchen Beschaffungen, da sitzen einem ja Topprofis gegenüber, die mit allen Wassern gewaschen sind, die alles wissen. Und dort fällt die Entscheidung, nicht im Backoffice. Sie müssen bei einer solchen Sache, die ja extrem heikel ist, bei der auch das ganze Politische, die Reputation auf dem Spiel steht, bei der es letztlich auch um inhaltliche Fragen geht, die viele Jahre wirksam sind, natürlich schon auch an der Front die Leute haben. Das ist selbstverständlich. Also ich würde das jedenfalls so anraten, aber das ist meine persönliche Meinung.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Das heißt, Sie würden das nicht als Front bezeichnen, wenn man die Militärexperten bei den Verhandlungen dabeihat, eben im Backoffice? Auf Verhandlungsseite des Gegenübers waren Rauen und Lukas; das heißt, Rauen kein Militärexperte, unseres Wissens nach, also ebenfalls maximal im Backoffice eingebunden?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, was die anderen gehabt haben, weiß ich nicht. Also das sind jedenfalls hoch qualifizierte Verhandler, die genau das ja ununterbrochen verhandeln. Die machen ja nichts anderes. Und dann kommen, mit Verlaub gesagt, ein sehr respektabler Zivilrechtler, der normalerweise in ganz anderen Themen drinnen ist, und ein junger Minister, dem ich wirklich keinen Vorwurf mache, der wirklich ganz neu im Amt ist und den alten Vertrag zwar bekommen hat, aber wahrscheinlich alle Fallstricke und das, was vorher war, wo es sich gespießt hat und wie das wirklich läuft, gar nicht wissen kann, mit Verlaub gesagt.

Das ist jetzt auch keine Kritik, sondern das ist eine Faktenfeststellung, nichts anderes. Ich hätte, wie gesagt, angeraten, dass man sich hier anders professionell aufstellt. Nichts anderes sage ich.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Und wie ist Ihre juristische Einschätzung zu Lukas auf der gegenüberliegenden Seite, der als juristischer Experte hinzugezogen worden ist? Wie ist es da? Ist Lukas besser oder der bessere Berater als Koziol gewesen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Moment! Koziol kenne ich selber von meiner Arbeit hier. Wie gesagt, Lukas kenne ich nicht persönlich, da kann ich nichts sagen.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Ich möchte zum zweiten Punkt kommen, der Herbert Scheibner als Landesverteidigungsminister betrifft. Wie war Ihr persönliches Verhältnis zum damaligen Landesverteidigungsminister?

Dr. Wolfgang Schüssel: Vertrauensvoll, weil Herbert Scheibner einer war, der auch als Abgeordneter - - Ich kannte ihn ja schon sehr, sehr lange. Ich war ja, wie Sie wissen, 32 Jahre im Parlament. Also mir sind die handelnden Personen doch sehr gut bekannt gewesen, und ich habe mit Herbert Scheibner immer ein sehr gutes Verhältnis gehabt. Sie dürfen nicht vergessen, es hat ja sogar das Gerücht gegeben, dass Herbert Scheibner eventuell Vizekanzler anstelle von Susanne Riess werden könnte, und ich hätte das selbstverständlich genauso akzeptiert.

Also er ist ein absolut kompetenter und seriöser Landesverteidigungspolitiker, der sich in diese Fragen auch bereits jahrelang eingearbeitet gehabt hat und der auch sehr kompetent diese Ausschreibungsgeschichte und auch die Berichterstattung im Ministerrat gemacht hat.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Das heißt, hat es da auch, was die Typenentscheidung betroffen hat, einen regen Austausch zwischen Ihnen und Herbert Scheibner gegeben?

Dr. Wolfgang Schüssel: Na ja, reger Austausch – ich meine, ich hatte mit jedem Minister klarerweise im Ministerrat jede Woche und im Parlament noch einmal Aussprache- oder Gesprächsmöglichkeiten. Also ich habe mit Scheibner nicht öfter geredet als mit dem Wirtschaftsminister, aber er war jedenfalls einer, der in dieser Phase natürlich auch jederzeit Kontakt zu mir aufnehmen konnte und auch jederzeit die Möglichkeit hatte, seine Sicht der Dinge vorzutragen.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Ich frage deshalb, weil die Typenentscheidung grundsätzlich vor der Ministerratssitzung am 2. Juli nicht klar gewesen ist, wenn ich das so sagen darf. Herbert Scheibner ist ja wochenlang vorher medial immer wieder dahin gehend zitiert worden, dass er für die Gripen einsteht, dass er sich für diese Variante entscheiden würde, und praktisch eineinhalb Stunden später hat er die Position, die er wochenlang verteidigt hat, geändert. Was ist in dieser Ministerratssitzung genau besprochen worden? Worüber hat man diskutiert, was die Meinungsänderung innerhalb von 1,5 Stunden herbeigeführt hat?

Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik, LL.M.: Darf ich nur kurz einwenden: Wir bewegen uns schon wieder in Richtung dritter Untersuchungsgegenstand.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Also die Typenentscheidung ganz konkret ist unter Punkt a, Beweisthema II, „Unzulässige Zahlungsflüsse“, aufgeführt.

Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik, LL.M.: Die Informationslage zur Entscheidung ist unter Punkt III, würde ich sagen.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Meine Frage wird vielleicht klarer, wenn ich sage, worauf ich hinauswollte. Die Typenentscheidung steht schon unter Beweisthema II; das heißt, die Frage, wie es zu dieser gekommen ist, ist eigentlich legitim.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Im Zusammenhang mit Zahlungsflüssen natürlich, mit nicht legalen Zahlungsflüssen.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Im Beweisthema II?

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Ja, aber im Zusammenhang mit diesen Zahlungsflüssen.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Ja. Ich möchte Ihnen da nämlich eine Aussage von Ihrem Parteikollegen Mitterlehner vorhalten. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dieser hat am 15. November 2012 zu den „Oberösterreichischen Nachrichten“ gesagt: „Wenn jemand, der 2002 die Entscheidung maßgeblich beeinflusst hat, sich vorher für einen anderen Typ ausgesprochen hat und dann auf der Salärliste der siegreichen Firma steht, kann ich keine optimale Optik erkennen.“

So lautet die Aussage von Reinhold Mitterlehner aus dem Jahr 2012. Können Sie dieser Aussage etwas abgewinnen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Wieso war Scheibner auf der Salärliste von Eurofighter? (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Scheibners Unternehmen war ...!) Haben Sie darüber eine Information? Mir ist das nicht bekannt.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Also die Quelle ist jetzt selbstverständlich einmal die Aussage von Mitterlehner.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, schon, aber entschuldige, das ist ja ein Vorwurf, der dahintersteht, und dem muss man ja dahin gehend nachgehen, ob das überhaupt stimmt.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Wir schauen jetzt noch, dass wir die Quelle finden.

Dr. Wolfgang Schüssel: Also mir ist das nicht bekannt. Ich kann das daher eigentlich nicht beantworten.

Ganz ehrlich gesagt: Es ist auch nicht so, dass Scheibner im Vorfeld ausdrücklich für ein Produkt Stellung genommen hat. Das stimmt einfach nicht. Er ist in die Sitzung - -Also wir haben einmal beim Frühstück vor dem Ministerrat am 25. Juni geredet; da war es überhaupt nicht klar, welche Option kommt. Das war eine offene Diskussion. Meine Bitte an die Vizekanzlerin und an die beiden Minister, die ja beide zum damaligen Zeitpunkt aus der FPÖ gekommen sind, war: Versucht einmal einen Vorschlag gemeinsam für die nächste Ministerratssitzung zu machen, und dann reden wir weiter!

Dann hat es, glaube ich, ein solches Gespräch gegeben, das hat wieder kein Ergebnis gebracht. In der Zwischenzeit ist dann aber auch ziemlich massiv herausgekommen, dass die Bewertungskommission die Amerikaner vollkommen abgelehnt hat. Und damit war am 2. Juli die Entscheidung klar: entweder Eurofighter oder Gripen. Und damit war auch bei Scheibner die Sachlage klar. Das war eine eindeutige Präferenz im Ressort, mit einigen Gegenstimmen, aber eine klare Präferenz der zuständigen Kommission für den Eurofighter. Und das ist dann letztlich auch beschlossen worden.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Also es ist sogar durch die Staatsanwaltschaft Wien beantragt worden, dass man die Immunität des Abgeordneten Herbert Scheibner aufhebt, weil es darum gegangen ist, dass Geldwäscheverdacht besteht, aufgrund der Tatsache, dass er auf der Salärliste gestanden ist. (Auskunftsperson Schüssel: Ja, schauen Sie, Frau Abgeordnete! Aber wissen Sie, ich bin immer ...!) Ich meine, das hat ja sogar Ihr Kollege gesagt.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, aber ich bin trotzdem sehr vorsichtig mit solchen Dingen. Es wird immer alles sofort geleakt, wer was untersucht, und wenn du dann nachfragst, ist nie etwas dahinter. Ich meine, Sie wollen von mir jetzt eine Stellungnahme – das ist dann im Protokoll drinnen – zu einer Sache, die überhaupt nicht bewiesen ist. Mir ist nicht bekannt, dass Herbert Scheibner je auf der Payroll von Eurofighter gestanden ist. Und daher kann ich und will ich zu dieser Frage auch nicht Stellung nehmen.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Nein, nicht er persönlich, sondern sein Unternehmen ist auf der Payroll gestanden.

Dr. Wolfgang Schüssel: Das weiß ich nicht, daher kann ich dazu nicht Stellung nehmen. Was soll das?

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Frau Abgeordnete! Ich glaube, zum Kapitel II kann die Frage ja dann wohl nur lauten, ob Herr Dr. Schüssel dazu eine Wahrnehmung hat (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Das haben wir eh schon!), nämlich in Verbindung mit merkwürdigen Zahlungen, wie es hier im Untersuchungsgegenstand heißt. Das hat er jetzt ohnehin beantwortet.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Ja, das hat Herr Dr. Schüssel in der Antwort ohnehin bereits ausgeführt.

Ich möchte trotzdem noch einmal auf etwas zurückkommen: Wie kann es sein, dass man wochenlang durch eigene Experten im Verteidigungsministerium beraten wird, sich eine Expertise aufbaut und sich für einen Typ entscheidet und dann trotz allem so rasch ein Meinungswechsel stattfindet? Das kann ja nicht nur aufgrund der militärischen Expertise sein, diese muss ja bereits vorher da gewesen sein. (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Wolfgang Schüssel: Aber, Frau Abgeordnete, noch einmal: Wir haben selber ohne Präferenz für irgendeinen Typ Flugzeug ein Verfahren festgelegt. Das Verfahren wurde von der Bewertungskommission zunächst einmal eindeutig mit 4 : 0 abgestimmt, und dann, nach einer Kopfwäsche durch den Vorsitzenden, hat es immer noch eine 4 : 1-Abstimmung für den Eurofighter gegeben.

Genau das Gleiche hat es bei den Bewertungsgesprächen bei den Gegengeschäften gegeben – 7 : 3.

Also jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wir stellen es auf den Standpunkt, wir können auch freihändig vergeben, weil sich das irgendwer einbildet, oder wir stehen zu unserem selbst gewählten Verfahren mit Punktesystem, mit Objektivierung, mit allem Drumherum – und das haben wir gemacht.

Also ehrlich gesagt, ich kann nicht nachvollziehen, wieso Sie auf einmal auf die Idee kommen, dass alle vorher für den Gripen gewesen sind und plötzlich hat sich das gedreht. Das Gegenteil ist wahr: Es waren alle relevanten Institutionen mehrheitlich für den Eurofighter, und wir haben uns letztlich - - ich habe schon gesagt, ich habe selbst gezögert.

Hätten wir staatspolitisch den ganz großen Deal unter Einbindung der Opposition machen können, hätte ich es gemacht. Dann hätte ich die freihändige Vergabe argumentieren können, aber so nicht. So haben wir uns an die selbst gewählte Vorgangsweise gehalten.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Das heißt, Ihre Wahrnehmungen waren: Rein militärische Aspekte haben den Ausschlag gegeben.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, sicher! Wir wollen ja Flieger kaufen und nicht Gegengeschäfte oder sonstige Dinge. (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Danke!)

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Bundeskanzler, wir haben schon sehr vieles von Ihnen gehört, auch Ihre Unterscheidung, zum Beispiel 1/5, Ersatzlieferung mit Aufrüsten, ohne Aufrüsten, dass das entsprechende Fragen waren, ob man das dann als gleichwertig sieht oder nicht.

Sie haben gesagt, es wäre eine andere Betrachtungsweise gewesen, wie man in so einen Vergleich von der Beratung her hineingeht. Herr Minister Darabos hat gesagt, er hat an sich den besten Juristen mitgehabt, nämlich Universitätsprofessor Koziol. Sie haben das in einer Weise relativiert, weil Sie gesagt haben, da hätte man einen militärischen Experten auch noch dazu gebraucht, und Sie haben auch gemeint – ohne ihm das in irgendeiner Form menschlich vorzuwerfen –, dass der Vergleich aus dem Jahr 2007 die Position Österreichs wesentlich geschwächt hat und wirtschaftlich nicht von Vorteil war.

Jetzt eine Frage zu den Gegengeschäften, betreffend die Sie grundsätzlich schon eingangs vehement gemeint haben, dass diese wichtig sind, auch für den Wirtschaftsstandort. Im konkreten Fall beziehe ich mich auf eine Aussage, die Herr Minister Darabos hier geliefert hat, indem er gesagt hat, bereits 2009 hätte ihm der damalige Wirtschaftsminister Mitterlehner gesagt, von den Gegengeschäften im konkreten Fall könne er überhaupt nichts nachvollziehen, erkennen und sehen. – Wie bewerten Sie das?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ich kenne diese Aussage nicht, ich kenne aber andere Aussagen von Mitterlehner, dass das sehr wohl - - Und noch einmal: Ich war ja auch selbst bei einigen dieser Firmen dabei, um mich zu erkundigen, ob das wirklich geklappt hat, und die haben das in den höchsten Tönen gelobt. Also das ist - - Diese Aussage, die Sie zitiert haben, kenne ich nicht.

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Es ist jetzt so, dass Sie auch gemeint haben, dass bei den Verhandlungen von Darabos die entsprechenden Ministerien, insbesondere das Finanzministerium, Ihrer Erfahrung nach eigentlich in nicht vergleichbarer, einmaliger Weise nicht eingebunden waren in die Entscheidung, indem an ihnen vorbei verhandelt wurde. Jetzt gibt es da die Situation, dass es beim Vertrag bereits handschriftlich die Option auf 15 gab, beziehungsweise im Juni 2007 mit Unterschrift von Darabos schon auf 15 reduziert wurde.

Danach hätte es und hat es auch einen Ministerrat gegeben mit einer Vorbereitung. In diesem Ministerrat hat Bundesminister Pröll gesagt, die ÖVP beharre auf 18 Flugzeugen, und da kann man dann über eine Einigung sprechen. In Wirklichkeit war da an sich schon alles vorbei, da waren die 15 schon unterschrieben. Warum hat die ÖVP eigentlich so derartig auf 18 Flugzeugen beharrt?

Dr. Wolfgang Schüssel: Das kann ich jetzt nicht nachvollziehen. Ich glaube nicht, dass das eine vollständige Wiedergabe der Position der damaligen Regierungsmitglieder ist. Erstens einmal war - - hat mir - - habe ich nicht in Erinnerung, dass Pröll gesagt hat, wir stimmen zu, wenn es 18 sind – das glaube ich überhaupt nicht! –, sondern wir haben damals die Meinung vertreten, wenn man auf 15 reduzieren will, dann wollen wir präzise wissen, ob militärisch die Luftraumüberwachung damit überhaupt in vollem Umfang gesichert ist – was wir bezweifeln, auch aufgrund der Informationen, die unsere Leute aus dem Verteidigungsressort oder von den zuständigen Leuten natürlich gehabt haben.

Das Zweite war, dass - - Es gab einen Ministerratsvortrag, der mir nicht vorliegt, aber das war ein Wischiwaschi-Papier, wo nichts drinnen gestanden ist, außer dass man 400 Millionen einspart, und der Vertrag wurde nicht zur Verfügung gestellt.

Na entschuldigen Sie, wenn Sie einen Ministerratsvortrag bekommen, wo drinnen steht, wir haben 400 Millionen eingespart und reduzieren auf 15 Flieger, und Sie sollen zustimmen, kriegen aber keine Einsicht in den Vertrag, keine Analyse, was es eigentlich militärisch bedeutet, von 18 auf 15 herunterzugehen, und keine Hintergründe, was eigentlich die Einsparungswertmaßstäbe sind und ob das überhaupt stimmt?! – Also da kann man nicht zustimmen, daher glaube ich nicht, dass Pröll das so gesagt hat, sondern die Position der ÖVP war damals: Wir stimmen diesem Vertrag nicht zu, das müsst ihr allein verantworten.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Moment, Herr Abgeordneter Rosenkranz! Zur Geschäftsbehandlung hat sich Frau Abgeordnete Tamandl zu Wort gemeldet. – Bitte.

*****

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Kollege Rosenkranz, wenn das das ist, was Sie gestern in die „ZiB-2“-Kamera gehalten haben, dann wäre es vielleicht gut, wenn Sie uns das auch vorlegen. (Auskunftsperson Schüssel: Ja, das wäre nicht schlecht!)

Erstens einmal könnte dann die Auskunftsperson selbst sehen, was da drinnen steht, und zweitens könnten wir es auch sehen.

*****

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Ich werde das verteilen, aber an sich sind meine Fragen schon ausreichend beantwortet. Ich stelle das aber gerne informativ zur Verfügung. Das brauchen wir auch nicht hier in dieser Sitzung so zu machen auf Kosten meiner Redezeit. – Danke, Frau Kollegin!

Eine weitere Frage – und das entsprechende Schriftstück darf ich jetzt vorlegen: Es ist ein Schreiben vom 11. Februar 2005, eingeschränkt Stufe 1. Leider Gottes lässt sich die Geschäftszahl, die Aktenzahl, nicht sagen, denn da ist gerade der schwarze Balken im Weg. Das ist keine Schwärzung, sondern das ist ein Abriss vom Kopieren. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Es ist ein Schreiben von - -

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Moment! (Abg. Walter Rosenkranz: Ja?) – Wie sollen die anwesenden Fraktionen das dann finden? Entweder kopieren Sie es den Fraktionen auch noch - -

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Ja, bitte das noch einmal für die Fraktionen zu kopieren!

Ich darf es nur vorlesen. Es ist ein Schreiben von Dr. Thomas Enders, Vorsitzender der Geschäftsführung der EADS, an den Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel, datiert mit 11. Februar 2005. 

„Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, ich möchte mich herzlich bedanken, Sie anläßlich des Opernballs in Ihrer Loge kennengelernt zu haben. Es war – wie ich fand – ein trotz der gebotenen Kürze sehr interessantes Gespräch.

Auch möchte ich Ihnen nochmals meine uneingeschränkte Unterstützung in Sachen Eurofighter zusichern.

Daher greife ich gerne Ihre Anregung für ein weiterführendes persönliches Gespräch auf, um eine enge Abstimmung zwischen der Bundesregierung und meinem Team vor Ort optimal zu unterstützen.

Mit vorzüglicher Hochachtung, [...] Enders“

Was war damit gemeint, mit dieser Unterstützung der Bundesregierung?

Dr. Wolfgang Schüssel: Na ganz allgemein, dass einfach die EADS - - Die Gegengeschäfte sind ja erst angelaufen, nicht? Wir wollten massiv bei Airbus hinein – das habe ich ja, glaube ich, jetzt ohnehin schon vier oder fünf Mal gesagt, das brauche ich jetzt nicht noch einmal zu wiederholen –, und Enders ist nicht zuständig für die Eurofighter, sondern Enders ist ja der Topman, der CEO der Airbus-Gruppe, und das war das eigentlich Interessanteste für uns: dass wir da voll hineinkommen in diese europäische Luftfahrtindustrie.

Jeder, der irgendwann einmal mit mir beim Opernball in der Kanzlerloge gewesen ist, weiß, wie sich das dort abspielt. Das ist ein unglaubliches Gedränge. Auf ungefähr 15 Quadratmetern hast du 50 Leute, die dir die Hand geben, die blitzartig irgendetwas sagen oder erwähnen wollen und sich freuen, dass sie gemeinsam in dieser Staatssauna das Vergnügen haben, nicht tanzen zu dürfen, sondern halt bestenfalls ein Gläschen in der Hand halten zu dürfen – und das war es. Aber im Prinzip - - Ich kenne Enders, sah ihn übrigens auch später noch, er ist immer wieder bei der Münchner Sicherheitskonferenz, und ich treffe ihn immer wieder. Er ist ein wirklich guter Mann, ein Freund Österreichs, und er hat sich auch wirklich bemüht, dass wir bei Airbus hineinkommen. – Das war es; das ist völlig okay.

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Es gibt nämlich dann – eine zeitliche Koinzidenz – auch etwas, und zwar ein „Business Case Spielberg“. Was wissen Sie darüber?

Dr. Wolfgang Schüssel: Was meinen Sie jetzt?

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Kennen Sie den Begriff „Business Case Spielberg“ in Zusammenhang mit Eurofighter, ein Projekt Spielberg?

Dr. Wolfgang Schüssel: Spielberg kenne ich natürlich, weil ich selbst mit Dietrich Mateschitz über den Ausbau von Spielberg verhandelt habe, aber was genau meinen Sie jetzt mit „Business Case Spielberg“? Sprechen Sie jetzt nicht in Rätseln mit mir, sondern sagen Sie, was Sie wissen, dann kann ich gerne darauf sagen, ob ich das kenne.

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Dieser Begriff tauchte auf in internen Papieren, insbesondere auch dem Clifford-Chance-Bericht, und daher meine Frage, ob Sie den Arbeitsbericht „Business Case Spielberg“ kennen. Das ist eine Frage, die man mit Ja oder Nein beantworten kann.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, ich kenne Spielberg, aber ich kenne keinen Bericht „Business Case Spielberg“.

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Wahrscheinlich kennt auch jeder Schüler, der einen Atlas von Österreich hat, Spielberg.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja! Ich habe sogar mein Ferienhaus in der Nähe. Also ich kenne das wirklich gut und ich habe selbst mit Dietrich Mateschitz stundenlang verhandelt, dass wir den damaligen A1-Ring zum Red-Bull-Ring ausbauen und dass da wirklich viel investiert wird – die ganze Automobilindustrie wäre dabei gewesen et cetera, ja –, aber was genau Sie jetzt im Zusammenhang mit Eurofighter von mir wissen wollen, ist mir nicht klar.

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Es geht so einfach: mit Eurofighter kein Zusammenhang.

Dann habe ich noch eine Frage betreffend diese Ermittlungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft München: Werner Herbert und dieses ominöse Dokument, wo auch der Name „Luessel“ vorkommt.

Jetzt ist in diesen Kalendern – ich erspare mir, dass ich es Ihnen konkret vorhalte – eines auffällig: Es sind fünf Termine, die diese ominöse Person Werner Herbert hat, der selbst - - Dieser Dr. Werner Herbert, oder Herbert Werner, sagt, das sei eine Fälschung. Da scheinen fünf Tage vom Februar bis zum Dezember im Jahr 2003 auf, wo er sich in der Milchbar des Parlaments mit einem Herrn „Luessel“ getroffen hat, den Sie nicht kennen, den ich auch noch nicht kenne, den nur Dr. Pilz kennt und allenfalls die Staatsanwaltschaft München.Sind Sie – um das verifizieren zu können – jemals von der Staatsanwaltschaft München aufgefordert worden, sich dazu zu äußern, damit man Termine, die in diesem Werner-Herbert-Kalender drinnen sind, mit Ihrem Terminkalender abgleichen kann, schlicht und ergreifend, indem man fragt: Hat der Herr „Luessel“, wenn das schon der Herr Schüssel ist, für diese Zeiten, für diese Tage, für diese Stunden ein Alibi, oder ist es möglich, dass er in der Milchbar des Parlaments gewesen ist? – Das wäre nämlich an sich für mich ein kriminalistischer Ansatz, um so einen Kalender zu überprüfen, wo lauter Namen drinnen stehen – der Herr „Blada“ und was weiß ich alles, auch in der Milchbar, wo der Herr Oberst drinnen steht und jeder Oberst immer nur als Obers geschrieben wird, was zu einer Milchbar wahrscheinlich besser passt –, damit man dem unter Umständen kriminalistisch nachgeht, ob das eine Fälschung ist.

Sind Sie jemals von einer staatsanwaltschaftlichen Behörde oder über ein Rechtshilfeersuchen aufgefordert worden, dass Sie das einmal in München aufklären oder dass Sie einvernommen werden?

Dr. Wolfgang Schüssel: Nie! Die haben genauso gelacht wie ich.

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Diese Erhebungen wurden zitiert, und wenn ich das vom Kollegen Pilz und auch vom Kollegen Steinbichler, der dann auch daraus zitiert hat, richtig gehört habe (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen), waren diese aus dem Jahr 2013. Also von 2013 bis 2017 trat niemand an Sie heran, um die Echtheit des Dokuments zu prüfen?

Dr. Wolfgang Schüssel: So ist es. (Abg. Walter Rosenkranz: Danke!)

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Bundeskanzler, in deiner Erstbefragung hast du dem Herrn Verfahrensrichter schon gesagt, dass der Eurofighter-Vertrag bereits am 13. Oktober an die SPÖ übergeben wurde. Da war ja noch nicht einmal klar, ob überhaupt eine Regierung zustande kommt. Wie hat denn die SPÖ reagiert? Oder war das eine Forderung der SPÖ, diesen Vertrag schon bei Beginn der Verhandlungen vorgelegt zu bekommen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Die SPÖ war, glaube ich, überrascht, hat das aber auch als eigentlich prinzipiell gutes Signal und vertrauensbildende Maßnahme gewertet.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Du warst der Verhandlungsleiter bei den Regierungsverhandlungen. Kannst du dich noch erinnern: War es in früheren Zeiten bei Regierungsverhandlungen üblich, dass man solche Verträge, die ein so großes Ausmaß hatten, schon während der Regierungsverhandlungen übergibt? Oder wie hast du seinerzeit, als du im Jahr 2000 Bundeskanzler geworden bist, gewisse Dinge vorgefunden?

Dr. Wolfgang Schüssel: Natürlich hat es das nie gegeben, weil es natürlich auch so ein Geschäft, muss man dazusagen, in dieser Form nicht gegeben hat. Ich meine, der Übergang 1999/2000 ist ja bekannt: Da waren die Stecker in verschiedenen Ministerien herausgerissen, die Computer sind ruiniert worden und vieles andere mehr. Die Sozialministerin ist durch das Sozialministerium gejagt worden, aber ich meine, das ist vorbei und darüber brauchen wir nicht mehr zu reden.

Aber wie gesagt, ich halte das, wie wir es gemacht haben, für eine notwendige Maßnahme, um eigentlich auch dem potenziellen Koalitionspartner Einblick in einen Vertrag zu geben und sich darauf vorzubereiten, dass darüber auch geredet werden muss, denn wie auch immer die Dinge sind - - Wir haben ja auch mit den Grünen im Jahr 2000 und im Jahr 2003 verhandelt, und da war auch klar, dass wir jedenfalls eine Luftraumüberwachung brauchen – noch dazu als neutrales Land! Es gibt halt den alten Satz: Entweder du hast eine eigene Armee - - Du hast immer eine Armee im eigenen Land: entweder die eigene oder eine fremde, und daher musst du das machen.

Das war selbstverständlich, und ich habe eigentlich auch damit gerechnet, dass man nach dem Wahlkampf, der ja relativ bitter und mit ziemlichen Untergriffen geführt wurde – das war das erste Mal, dass wirklich Dirty Campaigning professionell eingesetzt wurde –, dann eigentlich zurückkehrt zu einer vernünftigen, sachlichen Lösung, vor allem im Interesse des Landes.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wie war dein Verhältnis zum nachmaligen Bundeskanzler Gusenbauer schon während dieser Verhandlungen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ich hatte mit Alfred Gusenbauer eigentlich immer ein ganz gutes Verhältnis, auch in der Zeit, als er in Opposition und ich in der Regierung war. Ich erinnere mich nur, dass wir etwa bei wichtigen Fragen auch immer wieder versucht haben, zu informieren. Wir haben ja immerhin, was heute kaum vorstellbar ist, den Europäischen Verfassungsvertrag, die Erweiterung der Europäischen Union fast einstimmig – ich glaube, es gab eine Gegenstimme, also fast einstimmig – durch National- und Bundesrat durchgebracht, und ich habe in wichtigen Fragen eigentlich immer die Opposition informiert, und das hat sich eigentlich auch immer gelohnt.

Bei aller sachlichen Differenz und bei allen Auseinandersetzungen finde ich halt, dass man als Regierung und Opposition einigermaßen miteinander umgehen muss, und das habe ich mit Alfred Gusenbauer eigentlich immer ganz gut gekonnt. Er war natürlich ein harter Kämpfer im Parlamentsplenum, das ist klar, das gehört dazu, das muss man auch aushalten, und ich bin ihm hoffentlich auch nichts schuldig geblieben, aber auf der menschlichen Ebene hat das gut funktioniert.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Es wird immer wieder behauptet, die ÖVP hätte die Eurofighter beziehungsweise das Festhalten am Eurofighter zu einer Koalitionsbedingung gemacht und es wäre auf die SPÖ oder auf den nachmaligen Kanzler Gusenbauer Druck ausgeübt worden. Gab es da Gespräche  – jetzt abgesehen von dem, was du uns gesagt hast, dass Österreich vertragstreu bleiben soll, dass Österreich immer vertragstreu war –, gab es da harte Verhandlungen oder gab es da Druck, den man ausgeübt hat, indem man gesagt hat, ohne Eurofighter keine Koalition? Wie hast du das in Erinnerung?

Dr. Wolfgang Schüssel: Na ja, ich habe ja zuerst gesagt, wir waren - - ich war überhaupt nicht darauf aus, dass wir das Wort Eurofighter überhaupt in die Koalitionsübereinkunft hineinnehmen – und es fand sich auch nicht darin –, ich habe eigentlich nur versucht, das wieder auf eine sachliche Ebene zu heben, denn im Prinzip sollte die Luftraumüberwachung außer Streit stehen – sie stand auch außer Streit. Pacta sunt servanda war auch klar, denn, noch einmal, bei den Draken haben wir dazu stehen müssen und hier hat der Koalitionspartner SPÖ dazu stehen müssen, und hätten wir es mit den Grünen eine Periode vorher gemacht, hätten wir es mit den Grünen genauso verhandelt.

Dass man Modifikationen einvernehmlich machen kann? – Jederzeit, aber das muss eigentlich auch im Rahmen einer vernünftigen, sachlichen Lösung geschehen. Also es hat weder Druck noch Erpressung oder sonst etwas gegeben. Das sind ja die Schauermärchen des Abgeordneten Pilz, die kennen wir eh alle.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Du hast gesagt, Alfred Gusenbauer war ein harter Verhandler oder manchmal im Plenum auch ein harter Rhetoriker. Wäre das mit dem Wesen des Alfred Gusenbauer überhaupt im Einklang gewesen, dass man ihn dazu hätte zwingen können, diese Bedingung für eine mögliche Koalition einzuhalten, denn immerhin war die SPÖ sieben Jahre in der Opposition, Alfred Gusenbauer hat die Wahl gewonnen und die SPÖ erlebte einen Hype, oder? – Ich meine, ich war damals selbst im Parlament und ich weiß ganz genau, wie das war, aber vielleicht kannst du uns das sagen: Wäre es überhaupt gegangen, dass man Alfred Gusenbauer dazu gezwungen hätte?

Dr. Wolfgang Schüssel: Also physisch hätte ich Alfred Gusenbauer mit meinen 75 Kilo nicht in Schwierigkeiten bringen können, und alles andere werdet ihr am Nachmittag natürlich mit ihm diskutieren können.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Du hast vorhin gesagt, wenn es wirklich so gewesen wäre, dass Eurofighter nicht hätte liefern können oder dass Eurofighter nicht imstande gewesen wäre, auf seine Kosten auf Tranche 2 Block 8 aufzurüsten, hätte man ja auch aus dem Vertrag aussteigen können. Es gab im Oktober 2006 einen Entschließungsantrag, dass der Verteidigungsminister – da hat man noch gar nicht gewusst, wer Verteidigungsminister wird (Auskunftsperson Schüssel: Ja!) – einen eventuellen Vertragsausstieg prüfen beziehungsweise halt Verhandlungen in diesem Bereich führen solle.

Bist du der Meinung, dass es, wenn man mehrere Eventualitäten geprüft hätte – vielleicht ein zweites Gutachten eingeholt hätte, die Finanzprokuratur intensiver eingebunden hätte –, noch Möglichkeiten gegeben hätte, den Vertragsausstieg doch noch zustande zu bringen, wenn man auf K.-o.-Kriterien draufgekommen wäre?

Dr. Wolfgang Schüssel: Also erstens, der Entschließungsantrag – der übrigens gegen unsere Stimmen gefasst wurde, das muss man dazusagen (Abg. Tamandl: Ich weiß, ja!), die ÖVP hat dagegen gestimmt –, war schärfer, der war - - Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, hat er gelautet, der Verteidigungsminister soll den gesamten Beschaffungsvorgang aussetzen bis zum Endergebnis des Untersuchungsausschusses, und das hätte zur Folge gehabt, dass wir den Vertrag verletzt hätten. Wir hätten dann sozusagen die erste Halbjahresrate am 10. Jänner nicht gezahlt und damit wären wir in Verzug geraten. Wir hätten den Vertrag verletzt und wir wären pönalepflichtig gewesen, und davor haben wir gewarnt.

Das ist ein richtiger Punkt – danke für den Hinweis! Darauf habe ich hingewiesen in den Koalitionsgesprächen, und das ist aber auch von der SPÖ akzeptiert worden. Die haben vollinhaltlich gesagt: Nein, das akzeptieren wir, die erste Rate am 10. Jänner wird bezahlt. – Das ist im Dezember ausdrücklich außer Streit gestellt worden.

Das wäre ein schwerer Fehler gewesen! Da wären wir fällig gewesen und hätten damit natürlich einen - - Du kannst jederzeit aus einem Vertrag aussteigen, nur halt mit gigantischen Pönalezahlungen, das ist schon klar. Du musst ja den Vertrag nicht erfüllen! Du kannst sagen: Ich will nicht mehr, danke, ich zahle und bin frei. – Das kannst du machen. Wäre ziemlich schwachsinnig gewesen. Das hat übrigens auch Gusenbauer in dieser Pressekonferenz wörtlich gesagt – wenn ich das zitieren darf; ich gebe das auch gerne - -, das habe ich mir nämlich mitgenommen –, ausdrücklich. Das ist nämlich eine interessante Geschichte. (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.) – Oder habe ich es nicht mitgenommen?

Also sinngemäß hat er gesagt: Ich bin ja nicht verrückt, dass ich aus dem Vertrag völlig aussteige und nachher 4 Milliarden an Stornogebühr zahlen muss. – Also damit hat er auch völlig recht gehabt. Aber du könntest selbstverständlich aus jedem Vertrag jederzeit hinausgehen, nur es kostet halt eine Mörderkohle für nichts und wieder nichts. Und daher ist diese Variante, glaube ich, am 17. November außer Streit gestellt worden, und bei den Verhandlungen hat das keine Rolle mehr gespielt. Am Schluss der Verhandlungen hat uns dann Gusenbauer erklärt, er wird Darabos beauftragen, einen günstigen Deal – wörtliches Zitat – auszuverhandeln. Ob er das geschafft hat, werden Sie selber beurteilen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Es wird immer so gesagt, du hättest da im Hintergrund die Fäden gezogen immer. Man hat also um deine Person immer so den Mythos gehabt: Alles bestimmt Wolfgang Schüssel.

Das heißt, auch eine harte Linie oder Druck vom Vizekanzler Willi Molterer auf den Alfred Gusenbauer – das kannst du ausschließen? (Auskunftsperson Schüssel: Noch einmal: Das war - -!) Weil du ja auch den damaligen Vizekanzler nicht dazu bewegt hast, dass er ihn unter Druck setzt, den Bundeskanzler?! 

Dr. Wolfgang Schüssel: Aber, noch einmal, Gabi: Das Thema war eigentlich außer Streit gestellt. Es war klargestellt, wir brauchen eine Luftraumüberwachung, das ist klar. Pacta sunt servanda. Und sollte der Verteidigungsminister, dem Auftrag seines Bundeskanzlers folgend, einen günstigen Deal herauszuverhandeln, einen günstigeren Deal herauszuverhandeln mit EADS, dann muss er das politisch rechtfertigen. Er hat das nicht - - Er hätte das mit uns machen können, hat er nicht gemacht. Er hat das allein gemacht, hat dafür die politische Verantwortung zu übernehmen. Und das wird das Hohe Haus zu bewerten haben, ob das gelungen ist oder nicht.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Danke.

Ich möchte gerne ein Dokument vorlegen, und zwar ein Dokument mit der Nummer 51515. Das ist die Vergleichspunktation, die am 24. Juni abgeschlossen worden ist. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Hast du jemals – du warst ja damals dann schon Klubobmann – diese Vergleichspunktation gesehen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Nie. Also ich habe es dann einmal gesehen, abgedruckt, glaube ich, in „News“ oder im „Profil“ oder sonst wo, aber jetzt einmal. Sonst nie.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Mhm.

Vizekanzler Molterer hat ausgesagt, dass er ein, zwei Mal mündlich informiert wurde, und am 27. Juni war ja dann der Ministerrat. Da gab es ja dann auch eine Vorbesprechung zu dieser Ministerratssitzung am 27. Juni. Und es gab ja auch keinen schriftlichen Ministerratsvortrag, sondern nur eine mündliche Berichterstattung offenbar vom Verteidigungsminister. Kannst du dich erinnern – um diese Ministerratssitzung herum?

Dr. Wolfgang Schüssel: Na, das habe ich zuerst schon beant - - oder versucht, zu beantworten, dass es eine Diskussion im Ministerrat gegeben hat. Darabos hat dann eine mündliche Berichterstattung vorgelegt, eine sehr allgemeine Formulierung: 400 Millionen eingespart, Reduktion auf 15 Flieger. – Ohne Details, keine Einsicht für die anderen Regierungsmitglieder in die Vertragstexte, in die mündlichen, in die Side Letters oder in die Absprachen. Daher war das unmöglich, hier zuzustimmen. Also es war klar, dass hier die SPÖ – in dem Fall Minister Darabos – einen Alleingang gemacht hat, den er auch allein zu verantworten hatte.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Waren die Nebenpunkte ein Thema? Es gab ja auch Nebenpunkte. In diesen Nebenpunkten - -

Dr. Wolfgang Schüssel: Nein, die waren gar nicht, die waren überhaupt nicht bekannt in dieser Vorbesprechung oder in der Ministerratssitzung.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Mhm. In diesen Nebenpunkten war nämlich auch die Rede davon, unter Punkt 8. – das ist eh auch in der Unterlage, ganz oben rechts steht „Seite 10 von 122“ – steht da: 

„Es wird davon ausgegangen, dass der EF-Untersuchungsausschuss seine Arbeit Ende Juni 2007 beendet. Die Wirksamkeit dieser Vereinbarung ist davon unabhängig.“

Das heißt, das ist aber nie Thema geworden in dieser Ministerratssitzung, wo Darabos mündlich berichtet hat?

Dr. Wolfgang Schüssel: Das ist meines Wissens kein Thema gewesen. Aber es ist insofern überraschend, weil ja der Untersuchungsausschuss, der ja acht Monate getagt hat, bitte, mit Verlaub, der hat ja längst seine Arbeit - - Der hat ja unter dem Vorsitz vom Abgeordneten Pilz auch im Mai schon, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, eine Terminplanung und eine Abschlussplanung gemacht. Ich glaube - - Ich halte das eigentlich für eine eher überflüssige Fleißaufgabe vom Minister EADS gegenüber. Aber das hat überhaupt keine konstituierende Wirkung gehabt – kann er ja auch gar nicht zusagen – und war eigentlich zu dem Zeitpunkt auch längst überholt. Der Bericht ist ja, glaube ich - - Wann ist der - - Am 27. - - Weil der Bericht im Untersuchungsausschuss ist ja schon gemacht worden, glaube ich, am 24. Juni – nicht? – oder so irgendwas. Das ist ja zeitlich überholt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich hätte noch eine andere Frage, und zwar: Die Punktation ist ja am 24. Juni abgeschlossen worden. Aber es gab am 24. Mai – das wirst du vielleicht aus den Medien jetzt mitgekriegt haben, ist im Untersuchungsausschuss jetzt Thema geworden – schon eine handschriftliche Punktation, die unter den vier Verhandlern – also Darabos, Koziol, Rauen und Lukas – im Gartenhotel Altmannsdorf angefertigt worden ist. (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.) Und da gibt es auch eine Passage drinnen: vorbehaltlich der Zustimmung der Bundesregierung.

Kannst du dich erinnern, oder ist dir erinnerlich irgendwie, dass nach diesem 24. Mai irgendjemand zu unseren Regierungsmitgliedern gekommen wäre, zum Vizekanzler gekommen wäre, der ja mit dir als Klubobmann eine enge Abstimmung hatte, ob Darabos gefragt hat, ob es eine Zustimmung seitens der ÖVP gibt?

Dr. Wolfgang Schüssel: Also, wie gesagt, mir - - Ich kann ja nur über meine Wahrnehmungen reden: Mir ist nichts Derartiges bekannt. Ich habe das eigentlich auch jetzt von dieser Sitzung in der SPÖ-Akademie, in der Renner-Akademie - - Das habe ich auch jetzt erst erfahren aus den Medien.

*****

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Wir kommen zur zweiten Fragerunde. Herr Abgeordneter Dr. Pilz: 3 Minuten in dieser Runde. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ich werde mich beeilen.

Erstens nur ganz kurz zu dieser Chinareise, wo Sie ja als Chancellor Dr. Wolfgang Schüssel angesprochen werden: Können Sie ausschließen, dass Dr. Herbert Werner an dieser Reise teilgenommen hat? – Ich frage das nur der Vollständigkeit halber.

Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik, LL.M.: Ich darf hier aber schon noch einmal darauf hinweisen, dass die Auskunftsperson grundsätzlich nur zu dem befragt werden kann, was Beweisthema ist, das ist 2005. Ich sehe da jetzt nicht den Zusammenhang. Vielleicht kann man da in der Frage einen Zusammenhang herstellen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Bei City Chambers? 

Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik, LL.M.: Nein, die Reise 2005.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Das ist ein Bericht von City Chambers.

Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik, LL.M.: Ja. Sie nehmen aber immer Bezug auf diese Chinareise 2005. Ich sehe jetzt den Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand 2005 noch nicht.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Da steht hier oben drauf: City Chambers.

Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik, LL.M.: Auch wenn City Chambers oben drauf steht, ist 2005 - - Ich sehe den Zusammenhang noch nicht. Stellen Sie ihn einfach her!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Können wir das aber schon als Geschäftsordnungsdebatte werten, denn sonst sind wir gleich mit den 3 Minuten durch?

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Das ist nicht in Ihrer Redezeit.

***** 

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Hier geht es die ganze Zeit um die Gegengeschäfte. Hier geht es die ganze Zeit darum, dass City Chambers bei allen möglichen politischen Personen interveniert. Hier geht es – ich kann heute diese Dokumente nicht vorlegen – darum, dass zu diesem Zeitpunkt City Chambers und Eurofighter und EADS offensichtlich wissen, dass EADS nicht lieferfähig ist und Eurofighter nicht lieferfähig ist. Hier geht es um die versuchte Beeinflussung führender politischer Personen im Zusammenhang mit Gegengeschäften und im Zusammenhang mit möglicher Lieferunfähigkeit. Hier geht es um ständige Berichte, man habe bereits Einfluss und Übereinstimmung mit führenden Mitgliedern der Bundesregierung. Hier geht es um Berichte einer Londoner Briefkastenfirma, die in Wien verfertigt werden, möglicherweise im Büro eines freiheitlichen Nationalratsabgeordneten, wo es darum geht, vorzutäuschen, als würde aus London berichtet, dass man bereits mit der politischen Einflussnahme erfolgreich sei. Hier geht es um 8,4 Millionen € Schmiergelder. Hier geht es um die Verwendung der Mittel von 183,4 Millionen €, die eingepreist worden sind in den Vertrag, über den Herr Dr. Schüssel bereits gesprochen hat und den er für gut befindet. Hier geht es um den Verdacht, dass auf möglicherweise unrechtmäßige Art und Weise Einfluss auf Entscheidungsträger genommen worden ist.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Es ist gut, Herr Dr. Pilz. (Abg. Pilz: „Es ist gut“?) – Es ist gut.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich kann auch fortfahren, aber ich hoffe, das reicht als Begründung. Ich habe versucht, jetzt einfach sachlich zu begründen, was der Zusammenhang ist.

Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik, LL.M.: Einfache Antwort darauf: Meine Aufgabe ist es, die Verfahrensordnung im Auge zu behalten. (Abg. Pilz: Ja, selbstverständlich!) § 41 Abs. 1 der Verfahrensordnung besagt: Fragen nur zum Beweisthema. (Abg. Pilz: Ja!)

Eine Chinareise 2005, da ist für mich noch nicht ersichtlich: Wie steht die im Zusammenhang mit Untersuchungsgegenstand I oder II? Das wäre meine Frage gewesen oder mein Hinweis. Es ist nur ein Hinweis.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Okay, ich bin bereit, im Rahmen einer Geschäftsordnungssitzung zahlreiche Dokumente aus genau dieser Zeit vorzulegen, um das zu untermauern. Aber, was ja ohnehin ausreichend - - Und ich verstehe Ihre Frage, ich versuche, sie ja nur zu beantworten - -

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Frau Abgeordnete Tamandl, Sie wollten auch noch zur Geschäftsordnung etwas sagen? (Abg. Tamandl: Ach so, er ist noch nicht fertig!)

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich war in einem Satz, aber - - Ich versuche nur, diesen Zusammenhang jetzt für Sie herzustellen. Ich bin gern bereit, das ausführlich zu tun, aber dann würde ich eine ganze Reihe von Dokumenten vorlegen, die zeigen, was im Jahr 2005 los war, welche Probleme EADS und Eurofighter hatten und wie hier Briefkastenfirmen mit Geld, das letzten Endes von Steuerzahlern bezahlt worden ist, eingesetzt wurden. Um das geht es, und da sind unter anderem auch Flüge mit dem Bundeskanzler und auch mit dem Bundespräsidenten offensichtlich genutzt worden. Ich habe die Bordlisten überprüft. – Na selbstverständlich waren die an Bord, wissen wir ja, ist auch aus der Präsidentschaftskanzlei bestätigt worden. Diese ganzen Zusammenhänge haben wir, und - -

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Herr Dr. Pilz, es ist ja relativ einfach, der Untersuchungsabschnitt II des Untersuchungsgegenstandes ist beschrieben: Zahlungsflüsse, in welchem Zusammenhang, taxativ aufgezählt, von a. bis i..Es ist relativ einfach, zu einem dieser Punkte bei der Frage kurz einen Bezug herzustellen, und dann hat sich die Geschichte. Okay?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, das habe ich jetzt gerade geschäftsordnungsmäßig versucht, aber ich sage gern - -

*****

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Aber verbinden Sie das gleich mit einer Frage!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne) Ich sage das gerne zur Frage dazu: Können Sie ausschließen, dass Dr. Herbert Werner, der im Zusammenhang mit Zahlungsflüssen von möglicherweise 8,4 Millionen € von EADS Deutschland steht, an diesem Flug teilgenommen und mit Ihnen Gespräche geführt hat?

Dr. Wolfgang Schüssel: To make it easy: Ich habe Ihnen schon drei Mal gesagt, dass ich nicht weiß, wer dort dabei war, bei dieser Reise. (Abg. Pilz: Ja!) Ich habe im Unterschied zu Ihnen keine Liste von der Präsidentschaftskanzlei bekommen, wer dabei war. Ich kenne den Herrn nicht, er hat mit mir nicht geredet. Ich habe auch ganz sicher nicht über Lieferprobleme von EADS mit ihm oder mit einem anderen auf dieser Chinareise geredet. Ich habe das eigentlich schon vorher bei anderen Fragen minutiös beantwortet. Ich weiß, wie eine solche Chinareise, die relativ dicht abgelaufen ist, gewesen ist. Es hat nichts Derartiges gegeben und Ihre Verdächtigungen, Verschwörungstheorien können Sie sich in den Kamin schreiben, die haben so nicht stattgefunden.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Dr. Schüssel, ich - -

*****

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Moment! Kollegin Tamandl, zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Habe ich das richtig verstanden, Kollege Pilz, du hast zuerst gesagt, du kannst die Unterlagen nicht vorlegen? Also ich bin schon der Meinung, seriöse Aufklärung funktioniert so, indem die Unterlagen vorgelegt werden, denn wir können überhaupt nicht sagen, was da tatsächlich drinnensteht. Du redest von Unterlagen, die du hast, aber nicht vorlegen kannst.

Also für meine Fraktion kann ich sagen, ich hätte ganz gerne schon gewusst, was da drinnen ist. Ich meine, wir können auch gerne eine kleine Stehung machen, dann brauchen wir die Journalisten nicht hinauszuschicken, aber ich würde schon meinen, dass wir alle miteinander den gleichen Startvorteil haben sollten, und nicht du immer mit Unterlagen wacheln solltest, die wir nicht vorliegen haben und die nicht veraktet sind.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Freunde, können wir jetzt bitte wieder zu der entspannten Vorgangsweise zurückkehren, die wir bisher eigentlich viele Tage miteinander hatten – ohne deswegen die Aufklärung zu vernachlässigen? Wenn sich Herr Dr. Pilz ganz konkret bei einer Frage auf ein Dokument beziehen oder daraus zitieren wird, dann werde ich, wenn er es nicht von sich aus tut, ihn selbstverständlich auffordern, dieses Dokument vorzulegen, wie es auch die Verfahrensordnung vorsieht.

*****

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Dr. Schüssel, Sie haben jetzt versucht, meine Fragestellungen – es waren bis jetzt nur Fragestellungen – hier zu disqualifizieren, ich nehme das zur Kenntnis. Ich halte nur eines fest: Wir haben hier Ihre Aussage und wir haben hier Ermittlungsergebnisse der Kriminalpolizei München. Ich tendiere dazu, eher der Kriminalpolizei München Glauben zu schenken, aber das wird jeder anders tun. Basierend auf den Ermittlungsergebnissen der Kriminalpolizei München gäbe es für Sie einen ganz einfachen Weg, den Herrn „Dr. Luessel“ kennenzulernen: Sie müssen sich nur in den Spiegel schauen. – Das dazu.

So, und jetzt möchte ich Sie in diesem Zusammenhang - -

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Es gilt das vorhin von mir Gesagte, bitte!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ja, dann aber für beide.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Na, ich spreche jetzt Sie an.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Gut, ich nehme das so zur Kenntnis, danke.

Ich gehe jetzt nicht im Detail darauf ein: Gespräch „Dr. Luessel“, „Vertiefende Besprechung“ am 5.2.2003, vertiefende Gespräche am 4.4.2003, Besprechung, Info 28.11. - -

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Was ist das für ein Dokument? (Abg. Pilz: Hm?!) – Was ist das für ein Dokument?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Das ist der Kalender von Dr. Werner.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Vorlegen, bitte! (Abg. Pilz: Ja, bitte - -!) – Na, ich meine, du kennst die Verfahrensordnung. Jetzt tu uns nicht unnötig ärgern.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Du, schau, ich fasse das nur zusammen, ich befrage jetzt gar nicht mehr dazu (Abg. Tamandl: So geht das nicht!), ich fasse das nur zusammen. (Auskunftsperson Schüssel: Dann kann ich ja gehen, wenn Sie eh nicht fragen!) Mir geht es längst um einen anderen - -

Dr. Wolfgang Schüssel: Ich meine, Herr Pilz, wenn Sie nicht fragen, kann ich ja gehen, nicht? Oder? Wenn Sie keine Fragen mehr haben, sondern eine Vorlesung halten wollen, dann können wir unterbrechen und Sie reden allein weiter. Das ist auch eine Variante.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Der Herr Dr. Pilz oder ein Mitarbeiter von ihm verteilt jetzt gerade dieses Blatt und damit kann sich eine Frage auch konkret auf diese Unterlage beziehen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Ich bitte jetzt wirklich, diese - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ja, Herr Dr. Schüssel, Sie sehen, hier ist wieder ein Eintrag: Ist Ihnen bekannt, dass – und da geht es auch um die Glaubhaftigkeit der Person, die diesen Kalender geführt hat oder haben soll – die Staatsanwaltschaft Wien bei Herrn Dr. Herbert Werner vor Kurzem eine Hausdurchsuchung durchgeführt hat?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ich habe es in der Zeitung gelesen (Abg. Pilz: Ja!), aber aus eigener Wahrnehmung weiß ich gar nichts. (Abg. Pilz: Auch wir wissen es - -!) Und nachdem ich den „Dr. Luessel“ nicht kenne und auch nicht weiß, wann der in der Milchbar im Februar 2003 gesessen sein soll, gehört das für mich genauso zur Kabaretteinlage, die Sie immer wieder belieben zu zitieren.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Okay.

Ich frage Sie jetzt zu einem Dokument vom 19. Februar 2003. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)  – Ich nehme an, Sie wollen das einmal lesen.

Dr. Wolfgang Schüssel: Was ist die Frage?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ich bringe das Dokument zuerst einmal zur Kenntnis. Das ist von „Hoeveler, Wolfdietrich“, EADS, an Aldag, Wolff, Bergner,also alles EADS-Mitarbeiter. Da gibt es einen handschriftlichen Eintrag: 

„Unser Kontaktmann für“ – unter Anführungszeichen – „,Schwarz‘ hat in Absprache mit dem“ – unter Anführungszeichen – „,Kanzler‘ gebeten, unsere Beiträge vorab begutachten zu lassen, ich halte das für hilfreich. Bitte mit W. Aldag“ – also Wolfgang Aldag – „absprechen, er kennt den Weg.“

Wissen Sie, wer hier gemeint sein könnte unter „unser Kontaktmann für ,Schwarz‘“? (Auskunftsperson Schüssel: Nein!) – Nein.

Es gibt ein weiteres Dokument – das ist schon von früher, vom 27. November 2002 –, jetzt von „Aldag, Wolfgang“ an Rauen, also Eurofighter, und Kamlage, EADS. (Der Auskunftsperson wird ein weiteres Schriftstück vorgelegt.) – Wollen Sie das kurz lesen? (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Wolfgang Schüssel: Aber das ist ein ganz anderes Jahr. (Abg. Pilz: Wie?) – Das ist ein ganz anderes Jahr.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ja, ich habe es gesagt, vom 27. November 2002, also das Jahr davor.

Dr. Wolfgang Schüssel: Aber zuerst war das ja 2003.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Das andere war ein folgendes Dokument.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ach so! Also es hängt nicht zusammen? Gut.

Gut, und was ist die Frage?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Es sind eigentlich zwei Fragen. Das Erste ist, oben steht: 

„Herr Rauen,

nach meinem Gespräch heute mit unserem Mittelsmann zu Schwarz (Schmidt) zeigt sich derzeit folgendes ‚worst case szenario‘ ab: [...]“

Dazu muss ich Sie, glaube ich, nicht mehr fragen, denn Sie haben bereits beantwortet, dass Sie Herrn Georg Schmidt nicht kennen, der hier möglicherweise, ich sage wahrscheinlicherweise, gemeint ist.

Ganz unten steht: 

„,Wer Schwarz wählt, wählt Abfangjäger‘, es wurde Schwarz gewählt; Typenentscheidung und Nationalratsbeschluß liegt vor; ein schwieriges Thema ist nicht mehr Bestandteil der Koalitionsverhandlungen etc.“ – Das wird als positivstes Szenario gesehen. –

„Sie werden auf dem Laufenden gehalten.

Am Termin BK Schüssel/Dr. Bischoff wird gearbeitet.“

Da gibt es noch etliche andere Dokumente dazu.

Meine Frage lautet ganz einfach: Hat es zu diesen Themenbereichen zeitnahe von Ihnen Gespräche mit Herrn Dr. Bischoff oder anderen EADS-Vertretern gegeben?

Dr. Wolfgang Schüssel: Also nicht, dass ich wüsste. Ich meine, Bischoff kenne ich natürlich, weil der - - Aber eher in der - - Ich wusste jetzt gar nicht, dass der bei EADS ist, ich kenne ihn eher aus der Automobil-Cluster-Geschichte, weil wir da eng zusammengearbeitet haben, aber da ist mir auch nichts bekannt. Noch einmal, es ist ja auch, ehrlich gesagt, alles ziemlicher Lavendel, nicht?

Es ist ja weder eine Koalition mit Grün – das wäre der Worst Case gewesen – noch eine Koalition mit einem roten Verteidigungsminister geworden, nicht? Das könnte - - „Kröte Grasser zu schlucken“ und „Bauernopfer“ – also das ist alles ziemlich Larifari. Genauso laufen diese internen Geschichten, wo halt irgendjemand glaubt, irgendetwas berichten zu können; aber das hat nichts mit der realen Welt zu tun. Das sind halt Ideen, die intern geäußert werden.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Dazu habe ich Sie nicht gefragt.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ich kann aus der eigenen Wahrnehmung nichts dazu sagen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): So ist es.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Dr. Schüssel, ich mache bei meinen Fragen dort weiter, wo wir vorher aufgehört haben. Ich war bei Ex-Minister Darabos und Ihrer persönlichen Einschätzung.

Ich darf ein Dokument vorlegen, das von WikiLeaks am 16. April 2007 veröffentlicht worden ist. Die damalige US-Botschafterin Susan McCaw hat ein Gespräch protokolliert, das sie mit Ihnen hatte. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Wolfgang Schüssel: Entschuldigung, von wann ist das?

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Das war 2007, 16. April 2007.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, ich sehe es schon.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Sie sagt, dass sie Sie als Party Leader der Konservativen im Parlament und ehemaligen Kanzler getroffen hat. (Auskunftsperson Schüssel: Okay!)

Es geht auf Seite 2, Punkt 3 im Wesentlichen um die COMSEC-Situation, und Sie beschreiben da die Arbeit von Minister Darabos. Da wird konkret zusammengefasst: „Schuessel described Darabos as a real disappointment as Defense Minister so far.“

Ich habe Sie vorher gefragt, was Ihre persönliche Einschätzung zum Minister war. Warum frage ich das? – Ich frage nicht aus Schadenfreude, dass ein Minister möglicherweise nicht seinen Job gemacht hat, sondern wir behandeln die Frage der politischen Verantwortung und daran anschließend auch die Frage, was man besser machen kann; und es hat sich bei den bisherigen Auskünften zum Thema Vergleich Darabos gezeigt, dass es teilweise ein – das ist jetzt natürlich sehr wertend – Handeln wie im Wilden Westen gegeben hat. Sie haben in der letzten Fragerunde auch gesagt, dass Darabos gegen seinen Willen in ein Ressort gestoßen wurde, und haben das dann auch relativiert.

Es gab mit dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen einen Wechsel bei den Ministerien, nämlich wurde das Verteidigungsministerium rot und das Innenministerium schwarz. Was waren die damaligen Überlegungen betreffend diesen Wechsel der Ressorts?

Dr. Wolfgang Schüssel: Entschuldige, das habe ich jetzt nicht verstanden. Was war noch einmal das Letzte?

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Die Frage war ja, bei diesen Koalitionsverhandlungen - - Otto Pendl schaut mich kritisch an.

Dr. Wolfgang Schüssel: Das Innenministerium blieb ja schwarz. (Zwischenruf des Abg. Pendl.)

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Verzeihung! Warum ist aber das Verteidigungsministerium rot geworden?

Dr. Wolfgang Schüssel: Na ja, gut, es war klar, dass in den Koalitionsverhandlungen eine bestimmte Ausgewogenheit sichergestellt werden soll; und die Grundidee war immer, es sollen nicht beide Sicherheitsministerien in einer Hand sein. Das soll quasi eine Art Ergänzung sein. Das war die Grundidee; aber das war, ehrlich gesagt, auch nicht sehr strittig. Mit Alfred Gusenbauer haben wir uns relativ schnell auf die Ressortverteilung geeinigt. Das war nicht eine stundenlange Diskussion.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Hat sich damals, auch wenn das natürlich die Aufgabe des Koalitionspartners gewesen ist, in diesen Gesprächen abgezeichnet, dass Darabos Verteidigungsminister wird?

Dr. Wolfgang Schüssel: Nein. Es ist immer so, dass jeder Parteichef, bevor die Regierung gebildet ist, einmal frei ist, seine Leute zu nominieren, wenn nicht eine gravierende Geschichte ist. Das ist aber eigentlich die Verantwortung jedes Parteichefs, ein kompetentes Team zu nominieren. Da sollte man sich einander nicht hineinpfuschen oder hineinreden.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Die Frage war ja, ob es sich abgezeichnet hat. Ich frage deswegen so genau nach, weil wir ja von einem aktiven Politiker reden, der eben sehr viele Kontrollinstanzen und auch innerhalb der Republik geltende Gesetze nicht ausreichend beachtet und möglicherweise der Republik einen großen Schaden zugefügt hat. (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Zum letzten Eurofighter-Untersuchungsausschuss: Hat sich die Arbeit des Untersuchungsausschusses laut Ihrer Erinnerung auf die Vergleichsverhandlungen, die ja großteils geheim waren und die Ihnen deswegen auch nicht bekannt waren, aber soweit Sie sie gekannt haben, beziehungsweise auf den abgeschlossenen Vergleich in irgendeiner Form ausgewirkt? Gab es da Auswirkungen? Hat der Untersuchungsausschuss den Vergleich beeinflusst?

Dr. Wolfgang Schüssel: Das kann ich ehrlich gesagt nicht beantworten oder nicht bewerten. Also eine Freude haben die nicht gehabt, das ist ja wohl klar – genauso, wie jetzt natürlich eine international agierende Firma keine Freude hat, wenn jetzt auf einmal, 17 Jahre nach der Beschaffung, eine internationale Strafanzeige erstattet wird. Das ist so, aber damit müssen sie leben.

Also das würde ich nicht als dramatisch einschätzen, aber es ist jedenfalls unangenehm; und – wie gesagt – ob das einen Einfluss gehabt hat oder nicht, das müssen Sie die Betroffenen fragen. Von außen kann ich dazu nichts sagen.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Aber Sie waren ja damals im Parlament - -

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Letzte Frage – ganz kurz!

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja schon, aber - -

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Also dass es da einen Austausch gegeben hätte, Darabos, Parlament, Ergebnisse Untersuchungsausschuss - - Gar nichts? Keine Wahrnehmungen dazu?

Dr. Wolfgang Schüssel: Es hat ja nicht einmal eine Diskussion innerhalb der Regierung gegeben, geschweige denn im Parlament. (Abg. Bernhard: Gut, danke!)

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Kanzler, du hast gesagt, wenn Berater an dich herangetreten sind, hast du die immer jederzeit sofort an das Verteidigungsministerium weitergeleitet. Wieso sind da Berater an den Bundeskanzler herangetreten, wenn die Verträge schon unterzeichnet waren? Wer hat da noch beraten?

Dr. Wolfgang Schüssel: Na ja, erstens habe ich nicht, glaube ich, Berater gesagt, sondern: Wenn Firmenleute herangetreten sind, habe ich sie immer an die relevanten zuständigen Ressorts verwiesen, zumal ja der Bundeskanzler keine – ich wiederhole das noch einmal – Fachkompetenz oder Ministerialkompetenz hat. Der Bundeskanzler ist ein Minister wie jeder andere und hat seine Kompetenz und nichts anderes. Er hat ja nicht einmal ein übergeordnetes Recht gegenüber den anderen Regierungsmitgliedern. Er ist sozusagen ein Minister wie jeder andere. Er hat nur den Vorteil, dass er den Vorsitz im Ministerrat führt und die Tagesordnung bestimmen kann. Das ist es.

Wie gesagt: Wenn Firmenkontakte gekommen sind, das kann schon sein, dass die herantreten, dann verweist man die in einem solchen Fall an die zuständigen Ressorts.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Es war aber keinesfalls so, dass das Chefsache war und die gesagt haben, da müssen wir mit dem Chef reden.

Dr. Wolfgang Schüssel: Das hätten sich die zuständigen Ressortminister auch gar nicht gefallen lassen dürfen, weil das ja die Ministerverantwortung in einem hohen Maß tangiert, überhaupt in Ressorts, die nicht bei - - Wenn es im eigenen Parteibereich ist, kann der Parteichef noch sagen: Ober schlägt Unter!, aber das ist ja da gar nicht der Fall gewesen – also daher: keine Möglichkeit.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Diese Chinareise mit Dr. Werner geht mir nicht aus dem Kopf. Ich zitiere wieder aus diesem Papier der Staatsanwaltschaft München – beginnend auf Seite 2295 –, die Korrespondenz zwischen Rajni Mehta und Wolfgang Aldag. Aldag hat in einem anderen Papier auch eine Rolle gespielt, EADS-intern.

Dann auf Seite 2296 steht: „Wir würden uns wohler fühlen, wenn wir diese Angelegenheit im Rahmen Ihres bevorstehenden Besuchs persönlich mit Ihnen besprechen könnten, denn vieles von den erhaltenen Informationen ist sehr wichtig für Sie und nicht dazu geeignet, abgedruckt zu werden.“

Das ist ja sehr dubios. Es ist immer geschaut worden – das waren Profis, anscheinend Profilobbyisten –, dass ja nichts anhängig bleibt.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Gibt es eine Frage dazu?

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Ja, natürlich. Was hat es da zum Besprechen gegeben? Was wurde da nebenbei besprochen und war nicht der Schriftform würdig?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, aber Leo, das ist ja eine reine Diskussion innerhalb der EADS, also Aldag und Mehta diskutieren untereinander, wie das gehen soll. Was hat das jetzt mit der Bundesregierung oder mit mir zu tun? (Abg. Steinbichler: Kanzler - -!) Ich kenne weder den einen noch den anderen. Ich kenne auch die Firma nicht. Verstehst, das ist eine virtuelle Diskussion? Ich kann dazu gar nichts beitragen. Ich kenne die Herren nicht, habe sie laut meiner Erinnerung nie getroffen, nie gesehen – so what? Was soll ich dazu beitragen? Wenn die untereinander eine Korrespondenz haben – so what?

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): So virtuell ist es nicht, denn ich will ja darauf zurückkommen, dass Herr Werner eine sehr wesentliche Rolle gespielt hat.

Aldag antwortet: „Ich bin am 1. September in Wien und kann mich mit Ihnen oder Herrn Werner gegen 10:30 Uhr für maximal eine Stunde treffen.“  Dann schreiben die zurück: „Dr. [...] Werner wird sich freuen, Sie um 10:30 Uhr im Hotel Sacher in der Lobby hinter der Oper zu treffen.“

Dr. Wolfgang Schüssel: Na ja, schön, wenn das - -

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Der Werner hat schon eine wesentlich größere Rolle gespielt als zugegeben.

Dr. Wolfgang Schüssel: Na ja, das ist ja schön, wenn sich der Herr Werner in die Lobby ins Hotel Sacher setzt, aber – jetzt ehrlich gesagt – ich bin dort nicht gesessen. Wenn das die Frage ist, kann ich sie mit guten Gewissen mit Nein beantworten. Ich kenne ihn nicht. Ich weiß nicht, wann der im Sacher war, wann er mit wem in der EADS geredet hat. Das ist bitte eine interne Geschichte; aber ladet ihn ein, der wird euch das vielleicht beantworten!

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Ich komme wieder auf dieses „Standard“-Interview mit Willi Molterer zurück: Welche Übereinkünfte hast du bei diesem Gespräch mit Alfred Gusenbauer in puncto Eurofighter getroffen, das im „Standard“ erwähnt ist? Von einer derartigen Übereinkunft zwischen dir und Gusenbauer wird gesprochen; was ist da vereinbart worden?

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Haben wir das Interview?

Dr. Wolfgang Schüssel: Na, das ist diese – was ich auch erwähnt habe – Pressekonferenz. Ich habe da nur einen APA-Ausdruck, den kann ich gerne zur Verfügung stellen. Das war sogar eine „ZiB Spezial“, also nicht APA, sondern eine „ZiB Spezial“ vom 17.11.2006, um 15.30 Uhr. Da hat Gusenbauer eine entsprechende Erklärung abgegeben. Genau darauf bezieht sich das.Dazu gab es eine schriftliche Unterlage, die ich nicht habe, aber die habt ihr sicher irgendwo, ist in irgendwelchen Unterlagen zu finden, wo genau das außer Streit gestellt wird: Pacta sunt servanda, die Luftraumüberwachung ist wichtig. Das ist es, worauf sich Molterer bezieht.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Ich habe es jetzt nicht bei der Hand, es muss noch ein Dokument mit einem anderen Datum zum Interview am 4.1.2007 geben – am Abend war das. Da liegt es im Original vor, das Interview, das Protokoll; das haben wir, glaube ich, sogar kopiert vorgelegt, unter dem Titel: Molterer beharrt auf Eurofighter-Vertrag.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, und das ist aber auch am – das habe ich aber auch schon gesagt – 8. in der Schlussbesprechung - - Das habe ich eigentlich ziemlich am Anfang schon im Zeitablauf genau geschildert: Wir haben den Vertrag am 13. Oktober übergeben, wir haben die Verhandlungen hauptsächlich im Dezember geführt, haben vorher, am 17. November, diese gemeinsame Startpressekonferenz mit Gusenbauer gemacht, wo bestimmte Dinger außer Streit gestellt wurden; im Dezember sind dann die Hauptverhandlungen geführt worden, am 8. Jänner sind sie abgeschlossen worden; und dort ist klar zum Ausdruck gebracht worden, Gusenbauer steht dazu, dass die – Pacta sunt servanda – Luftraumüberwachung gilt, die erste Rate wird bezahlt am 10. Jänner; und am 11. Jänner ist er angelobt worden. Das ist aber völlig undramatisch, also da ist weder - - Niemand von uns hat verlangt, dass die Eurofighter abbestellt werden, auch Gusenbauer hat das nicht verlangt, er hat nur am 8. Jänner beauftragt, Darabos soll einen möglichst günstigen Deal verhandeln. Das war’s.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Jetzt lasse ich die andere Frage aus.

Hat Gusenbauer – weil es für den Nachmittag wichtig ist – sich da irgendwelche finanziellen Vorteile ausgehandelt, da er von den Sozialjets dann wieder zu den Eurofightern umgeschwenkt ist? (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Wolfgang Schüssel: Nein.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Er hat ja da die Partei saniert. (Zwischenrufe der Abgeordneten Pendl und Weninger.)

Dr. Wolfgang Schüssel: Nein, natürlich nicht.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sicher nicht? (Vorsitzender Kopf gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Dr. Wolfgang Schüssel: Also ich hoffe, dass der Alfred Gusenbauer – und so, wie ich ihn kenne, das sage ich auch offen dazu, würde ich annehmen, dass er erstens so klug und so anständig ist – nicht einmal in die Nähe eines solchen Deals gekommen ist.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Herr Dr. Schüssel, Sie haben vorher gesagt: die Vertragsübergabe des Urvertrags ist am 13. Oktober erfolgt. Nach der Übergabe des Grundvertrags ist dann Gusenbauer von der Strategie abgekommen, er hat von der Idee abgelassen, aus dem Vertrag auszusteigen. Habe ich Sie da richtig verstanden in Ihrer vorherigen Ausführung?

Dr. Wolfgang Schüssel: Er konnte sich – er hat ja einen Monat Zeit gehabt – nach Studium des Vertrages natürlich klarerweise wie jeder - - Ich nehme an, er wird sich auch mit klugen Juristen beraten und nicht nur einen herangezogen haben, sondern sich mit wirklichen Topprofis umgeben haben; und die werden ihm das auch gesagt haben, dass du jederzeit aussteigen kannst, aber dass du natürlich dann auch eine entsprechend massive finanzielle Benachteiligung haben wirst und dass es daher klüger ist, erstens einmal nicht selber als Republik zu einer Vertragsauflösung Anlass zu geben, daher die erste Halbjahresrate am 10. Jänner zu bezahlen und eher in Richtung einer Vertragsverbesserung zu gehen. Das war die Annahme, aber da müsst ihr ihn befragen, ich kann das ja nur von außen bewerten. Ich nehme aber an, so war es.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Ja, selbstverständlich, das werden wir am Nachmittag machen.

Das heißt, der unbegründete Ausstieg würde bedeuten, immense wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. (Auskunftsperson Schüssel: Sicher!) Das heißt, man kann einen Zusammenhang herstellen zwischen Vertragsübergabe, dann dem Durchlesen, der Einsicht, der Beratung, die man sich in diesem Zeitraum dann eingeholt hat, und der Erkenntnis, dass das immense Nachteile für die Republik im unbegründeten Falle bedeuten würde. Ist dann Gusenbauer in dem Sinn nichts anderes übrig geblieben, als nachzuverhandeln, wenn man etwas verbessern möchte?

Dr. Wolfgang Schüssel: Noch einmal: Ich bin der altmodischen Auffassung, wenn eine Regierung einen so wichtigen, über viele Jahre laufenden Beschaffungsvertrag macht – wirklich nach bestem Wissen und Gewissen, und das nehme ich wirklich für uns in Anspruch –, dann sollte auch eine nachfolgende Regierung, zumal das in dem Fall sogar eine Koalitionsregierung war, aufbauend auf diesem Vertrag – Pacta sunt servanda – weiterarbeiten. Das ist, glaube ich, die vernünftige Lösung gewesen.

Die Vertragsübergabe hatte ja auch nur den Zweck, um auch ihm die Möglichkeit zu geben, sich selber ein Bild davon zu machen, was die Konsequenzen eines Ausstiegs wären. Erstens hätten wir ja trotzdem Luftraumüberwachungsflugzeuge kaufen müssen, also andere. Also ob das billiger geworden wäre oder besser geworden wäre, stelle ich einmal anheim – ich glaube nicht. Und zweitens hättest du durch die Vertragsverletzung natürlich auch noch Pönalezahlungen, in welcher Höhe ist ja völlig unargumentierbar im Augenblick, aber jedenfalls massive wirtschaftliche Nachteile gehabt; und du hättest auch die Reputation des Landes als sicherer Vertragspartner deutlich unterminiert. Ich glaube, das zusammen hat natürlich schon auch zu dieser Entscheidung beigetragen.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Dann zu den Wahrnehmungen zum zweiten Bereich – da möchte ich anschließen an die Frage, die ich in der letzten Runde gestellt habe, was die Beschaffung an sich betrifft –: Hat es Ihrer Meinung nach in irgendeiner Weise Einflussnahmen vonseiten Eurofighter/EADS auf Regierungsmitglieder, Beamte, aber natürlich auch Mitglieder der Bewertungskommission gegeben, die damals ja diese Expertise bezüglich der Typenentscheidung geliefert hat?

Dr. Wolfgang Schüssel: Aber Frau Abgeordnete, wir sind jetzt bitte doch alle nicht naiv! Bei einer solchen Beschaffung, da geht es ja um einen Milliardenauftrag, sind alle Firmen natürlich rund um die Uhr unterwegs, um ihre Ware anzupreisen, um diejenigen, die mitentscheiden können oder noch am Rande mitentscheiden können, auch über die Vorteile ihres Produkts zu informieren. Das ist ja selbstverständlich, das ist ja nichts Neues.

Natürlich sind die aus- und eingegangen, mussten sie übrigens ja auch; wenn du eine Bewertungskommission überzeugen musst – und das sind 33 Leute –, musst du natürlich argumentieren, musst du zeigen, wie das ist. Es hat auch Messen gegeben, es hat Präsentationen der Flugzeuge gegeben – öffentlich –, es sind alle dort gewesen, haben natürlich mit den Firmenvertretern geredet. Das ist ja logisch, bitte, das ist weder ein Skandal, noch ist das problematisch; das ist notwendig.

Unterschiedlich und problematisch wäre es, wenn beispielsweise Schmiergeldzahlungen oder solche Dinge laufen. Das ist klar, dass das undenkbar wäre. Deswegen haben wir genau solche Bestimmungen in den Vertrag hineingenommen, die das ausschließen.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Da ich davon ausgehe, dass wir eben alle nicht naiv sind, war meine Frage auch nicht in die Richtung von normaler Lobbyingtätigkeit, dass ich mein Produkt anpreise, sondern genau in die Richtung gerichtet, ob es irgendwelche Wahrnehmungen einer Einflussnahme gegeben hat, die nicht rechtmäßig ist, die nicht nur dem Verkauf des Produktes dient (Auskunftsperson Schüssel: Das verstehe ich, ja!), sondern wo persönliche Profite einzelner Persönlichkeiten im Vordergrund stehen.

Dr. Wolfgang Schüssel: Also die Frage ist klar, die erste Frage war sehr allgemein, ob es quasi Kontakte gegeben hat: Die musste es geben. Die zweite Frage ist genauso klar zu beantworten: Aus meiner Wahrnehmung kann ich nichts dazu sagen, ist mir das gar nicht im Verlaufe der Typenentscheidung aufgefallen. Da wäre ich auch sehr harsch geworden, wenn das offensichtlich oder auch nur angedeutet worden wäre.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Also von Schmiergeldzahlungen in irgendeiner Art haben Sie nichts vernommen, wahrgenommen, mitbekommen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Schließe ich auch aus für unsere Partei. (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Schließen Sie auch aus!)  Für unsere Partei schließe ich das vollkommen aus. Für andere kann ich natürlich nicht die Hand ins Feuer legen, da hole ich mir vielleicht Brandwunden.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Okay. Dann vielleicht noch zum vorherigen Thema: Minister Darabos hat ja in seiner Befragung auch angegeben, dass er einen sehr engen Kontakt mit Gusenbauer gehabt hat und ihn immer über weitere Schritte informiert hat. Jetzt waren Sie Minister und Bundeskanzler, ist das etwas Seltsames oder ist das in Ihrer Zeit genauso gehandhabt worden?

Dr. Wolfgang Schüssel: Das ist völlig selbstverständlich. Es wäre auch eigentlich ganz schlecht, würde der Verteidigungsminister nicht den vollen Rückhalt des Bundeskanzlers haben, denn, um das sehr offen zu sagen, dann wäre er wirklich ein armer Teufel, denn der braucht in einer Sache, die ja sowieso nicht unbedingt auf gigantische Popularitätsraten in der Öffentlichkeit und bei der Journalistik zählen kann, einfach den Rückhalt.

Darf ich nur einen Satz noch zur vorigen Frage sagen: Ich meine, selbstverständlich hat Gripen immer wieder so auf politischer Ebene interveniert, übrigens auch bei der SPÖ. Es hat sogar eine gemeinsame Pressekonferenz im SPÖ-Klub mit dem schwedischen Verteidigungsminister gegeben. Ich sage das nur, damit auch das gesagt wird. Es haben natürlich alle, jeder hat seine Ware angepriesen, und das ist jetzt aus meiner Sicht auch gar nicht problematisch oder negativ zu beurteilen, nur wissen muss man es. Gefährlich wäre, wenn irgendetwas anderes damit verbunden wäre – was ich nicht hoffe und nicht glaube.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Und ausschließen können?

Dr. Wolfgang Schüssel: Na ausschließen kann ich es für meine Partei, denn da kenne ich die Dinge. Alles andere weiß ich nicht, kann ich auch nicht beurteilen. Das können Sie fragen.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Jetzt haben wir den Rückhalt Minister/Bundeskanzler gehabt. Wie würden Sie den Rückhalt von Darabos damals als Minister im Verteidigungsministerium einschätzen?

Dr. Wolfgang Schüssel: Wie ich gesagt habe. Ich glaube, dass er den Rückhalt bei Bundeskanzler Gusenbauer gehabt hat. Das glaube ich schon.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Im Ministerium selbst, das war die Frage.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ach so, Entschuldigung. Im Ministerium? – Das kann ich von außen nicht beurteilen. Das traue ich mich nicht zu sagen. Aber es kann sein, dass da vielleicht am Anfang jedenfalls bei jemandem, der – das habe ich eh zuerst gesagt – Zivildiener ist, ein paar Reserven waren. Das mag schon sein. (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Danke!)

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Ich darf jetzt ein Dokument vorlegen (der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt), an das ich anknüpfen möchte, und zwar einen Bericht von Clifford Chance, eingeschränkt Stufe 1, Nummer 55348, und daraus muss ich jetzt länger zitieren. Sie haben die Möglichkeit mitzulesen; ich fange im zweiten Absatz an:

„Wir haben eine E-Mail von Martin Wildegger an Jean-Francois Castex, dem Assistenten von Thomas Enders, mit Datum vom 18. April 2005 gefunden, welcher der Entwurf einer Aktennotiz mit der Bezeichnung ,Business Case Spielberg‘ von Thomas Rauschenbach an Thomas Enders und Johann Heitzmann mit Datum vom 18. April 2005 angehängt war und der wir entnehmen, dass Thomas Enders darüber informiert werden sollte, dass wir empfehlen, entgegen dem Vorschlag von BK Schüssel zu handeln.

Wir haben eine E-Mail von Thomas Enders an Johann Heitzmann (cc: Klaus-Dieter Bergner, Aloysius Rauen und Hans-Peter Ring) mit Datum vom 29. April 2005 und als ,streng vertraulich‘ gekennzeichnet gefunden, der wir entnehmen, dass Thomas Enders darüber berichtete, dass er mit Bundeskanzler Schüssel (,BK Schüssel‘) gesprochen hat und

EADS’ vorhergehende Verpflichtungen im Rahmen eines Investments in Höhe von Eur 20 Mio. bestätigte, so weit eine Gegengeschäftsanrechnung garantiert werde und

ihn darüber informierte, dass EADS nicht in der Lage sei, diese Zusicherung hinsichtlich ,Spielberg II‘ zu erhöhen.

Wir haben ein Memorandum von Dietmar Schrick an Johann Heitzmann mit Datum vom 2. Mai 2005 gefunden, dem wir insbesondere entnehmen, dass es sich auf ein Telefonat mit Hubert [...]“ – nicht lesbar durch die Kennung – „am 29. April 2005 bezieht, nach dem

für den Fall des Scheiterns von Projekt Spielberg Alternativen gesucht wurden, insbesondere vor dem Hintergrund der Wahl in der Region Steiermark [...]“

Meine Frage dazu: Geht es hier um Gegengeschäfte?

Dr. Wolfgang Schüssel: Aber deswegen habe ich ja in der ersten Fragerunde bei Ihnen nachgefragt, was das genau heißen soll. Hätten Sie mir das gleich gegeben, dann hätte ich das leichter beantworten können.

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Meine Redezeit ist halt immer so beschränkt; da schaut der Vorsitzende drauf.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, aber dann hätten Sie mir das vorher hergelegt, dann hätte ich - - Entschuldigung, aber das wäre einfacher gewesen. (Abg. Walter Rosenkranz: Jetzt sind wir dran! Jetzt sind wir am Punkt!)

Das dürfte genau das sein, was ich ja zuerst auch schon angedeutet habe. Ich habe auf Bitten der Frau Landeshauptmann Klasnic irgendwann – das muss so 2005 gewesen sein – mit dem Dietrich Mateschitz in seinem Haus in Maria Alm irgendwann einmal – am Faschingsdienstag muss das gewesen sein – einen ganzen Tag verhandelt, um ein Riesenprojekt, ein Investitionsprojekt von, ich glaube, 700 oder 750 Millionen € für Spielberg auf die Reise zu bringen. Wir haben den ganzen Tag telefoniert, wie das laufen könnte. Und da hat übrigens der Herr Mateschitz seine ganzen Verhandlungspartner oder Gesprächspartner, das war eben Mercedes, das war VW - -

Es kann sein, dass er da Airbus mit dazu genommen hat, denn die Idee war, glaube ich, da irgendetwas mit dem Flughafen zu machen. Da hätte das Verteidigungsministerium mitspielen müssen, damit man den auch für verschiedene, für zivilluftfahrtmäßige Geschichten öffnet. Man hätte dort eine Akademie für Rennfahrer beziehungsweise auch für ähnliche Dinge gemacht. Das wäre eine Riesengeschichte gewesen. Und da kann es schon sein – daran kann ich mich nicht mehr erinnern –, dass sich EADS da um 20 Millionen beteiligt.

Da ist es um viel größere Summen gegangen, also um insgesamt 700, 750 Millionen. Es kann sein, dass das in diesem Zusammenhang einmal besprochen wurde, aber das ist ein Minithema für - -, das hat mit den Eurofightern eigentlich wenig zu tun. Das ist eine Geschichte, die halt Mateschitz mit seinen Gesprächspartnern und Wirtschaftspartnern zu machen versucht hat.

Das Ganze ist leider gescheitert. Bekanntlich hat dann plötzlich die steirische Landesregierung das Projekt wegen Umweltproblemen zu Fall gebracht. Es ist dann in verkleinerter Form, viel, viel abgespeckter mit, ich glaube, 200, 250 Millionen Investitionsvolumen trotzdem verwirklicht worden, hat aber natürlich gar nichts mehr mit dieser Geschichte zu tun. Das ist obsolet.

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Ich finde es nur bemerkenswert, dass Sie sagen, das hat mit Eurofighter nichts zu tun, obwohl sich das genau auf die Gegengeschäfte zu Eurofighter bezieht.

Dr. Wolfgang Schüssel: Also die Frage, ob das jetzt Gegengeschäft oder nicht Gegengeschäft ist, das kann ich jetzt nicht beurteilen. Es ist darum gegangen, dass eine Investition in Spielberg gemacht wird. Und ob davon jetzt 20 Millionen – unter uns gesagt – auf 4 Milliarden Gegengeschäfte angerechnet werden, also das ist jetzt meiner Erinnerung nach bei dem Gespräch mit Mateschitz nie ein Thema gewesen.

Es kann schon sein, dass ich nachher dann einmal mit Enders geredet habe, auf Bitten von Mateschitz, ob die nicht erhöhen können. Das kann sein.

In Bezug auf Anrechnung der Gegengeschäfte habe ich, glaube ich, eigentlich nichts in Erinnerung.

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Warum waren die Wahlen in der Steiermark für EADS so wichtig? Hat es da seitens Ihrer Verantwortung – weniger als Kanzler – als ÖVP-Obmann irgendeinen Zusammenhang gegeben?

Dr. Wolfgang Schüssel: Nein. Das ist ja eine Bemerkung innerhalb der EADS oder - - Ich weiß nicht, wer Clifford Chance ist, kenne ich nicht. Die haben das intern offensichtlich so gesagt.

Wir wollten natürlich Spielberg deutlich ausbauen. Das war ja an sich bedroht. Ob man die Formel 1 dort halten kann oder nicht, das ist ein Riesenwirtschaftsfaktor für die Region. Und da ich gerade mit diesem Teil der Steiermark eigentlich seit meiner Kindheit und Jugend sehr eng verbunden bin, habe ich mich auch wirklich dafür eingesetzt und ich halte das nach wie vor auch für eine wirklich spannende Geschichte, die dort stattfindet.

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Letzte Frage: Sie können sich daher auch nicht erklären, worauf sich die Passage bezieht, die an Enders berichtet wurde, wo die sagen: „wir empfehlen, entgegen dem Vorschlag von BK Schüssel zu handeln“, welche Empfehlung das war?

Dr. Wolfgang Schüssel: Vielleicht habe ich ihm gesagt, er soll sich mehr beteiligen. Ich weiß es nicht mehr. (Abg. Walter Rosenkranz: Danke!)

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Den Kalender vom Februar 2003 hast du ja noch, den hat Peter Pilz, glaube ich, zuerst vorgelegt. Kannst du dich noch erinnern, im Februar 2003 gab es ja auch Koalitionsverhandlungen mit den Grünen, wir haben uns das jetzt angesehen - - Also erstens einmal: Waren die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen im Parlament? Kannst du dich daran erinnern?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja sicher, immer. Oder nein, korrekterweise: Ich glaube, sie waren manchmal auch im Bundeskanzleramt. Ich bin jetzt nicht ganz sicher, das bringe ich jetzt möglicherweise durcheinander. – Pilz, wo waren wir?

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wir haben jetzt gerade recherchiert, wir legen es auch gerne vor, wir haben ja noch eine Fragerunde.

Am 5. Februar – laut APA – haben Koalitionsverhandlungen mit den Grünen stattgefunden. (Auskunftsperson Schüssel: Hier?) – Das weiß ich nicht.

Das ist der APA zu entnehmen. Karl Öllinger beispielsweise war dabei, Van der Bellen war dabei und so weiter. Das war laut Medienberichten am 5. Februar. Das wäre zum Beispiel genau zum selben Zeitpunkt, als du hier laut diesem Kalender von 10.30 Uhr bis 11 Uhr vertiefende Besprechungen geführt hättest.

Du bist lange genug Regierungsmitglied gewesen, du bist lange genug auch Bundeskanzler gewesen: Hättest du vertrauliche Gespräche jemals in der Cafeteria geführt?

Dr. Wolfgang Schüssel: Na wenn ich will, dass sie bekannt werden, jederzeit, auch wenn sie vertraulich ausgeschildert werden, aber da ich den „Dr. Luessel“ nicht kenne, habe ich, muss ich sagen, dazu auch keine Wahrnehmung.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Außerdem wird ja, wenn, wie gesagt, Koalitionsverhandlungen mit den Grünen waren, kaum Zeit gewesen sein, auch noch andere vertrauliche Gespräche in der Cafeteria zu führen.

*****

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Nur damit ich es verstehe: Sind jetzt die Grünen das Alibi für Dr. Schüssel dafür, dass er nicht „Dr. Luessel“ ist? War das jetzt die Frage?

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das ist Ihre Diktion, Kollege Rosenkranz! Ich wollte nur noch einmal herausfinden, was am 5. Februar des Jahres 2003 war, nämlich: Koalitionsverhandlungen mit den Grünen. Das konnten wir gerade herausfinden.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Wo „Luessel“ war, haben wir noch nicht herausgefunden, aber wo Schüssel war, schon.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Genau.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Ist das richtig?

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Genau, so ist es.

*****

Eine weitere Frage zu Regierungserfahrung, zu Ministererfahrung: In dieser Zeit – du warst ja lange Jahre - -, du warst Wirtschaftsminister, du warst Außenminister –, gab es da jemals – auch was so eine starke finanzielle Auswirkung hatte – so Alleingänge eines Ministers so wie bei diesem Vergleich, wo der Verteidigungsminister Verhandlungen geführt hat, in die niemand eingebunden war, weder das Finanzministerium noch die Finanzprokuratur noch das Wirtschaftsministerium, weil es ja auch um die Gegengeschäfte ging? Gibt es Vergleichsbeispiele zu so etwas?Dr. Wolfgang Schüssel: Nein, ist mir nicht erinnerlich. Es ist auch insofern sehr verwunderlich, dass das Finanzministerium nicht eingebunden war, zumal wir ja 2002 vereinbart hatten, dass alle Kosten, auch die Betriebskosten, also die Anschaffungskosten, Finanzierungskosten und die Betriebskosten, vom Finanzministerium ausdrücklich dem ohnedies relativ schwach budgetierten Verteidigungsministerium zu ersetzen sind. Daher finde ich das auch ganz falsch, wenn man sozusagen Verteidigungsminister ist, das Ressort, das das zusätzlich finanzieren soll, nicht von Vornherein und vollinhaltlich ohne Rücksicht auf irgendwelche Vertraulichkeiten zu informieren. Das halte ich eigentlich auch für einen ganz schweren Vertrauensbruch.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Hättest du, als du Bundeskanzler warst, das zugelassen, dass ein Minister im Alleingang irgendwelche Verhandlungen führt, die die Republik und in Wahrheit den Steuerzahler eventuell noch zusätzliches Geld kosten?

Dr. Wolfgang Schüssel: Na ja, noch einmal: Fairerweise muss man darauf hinweisen, dass jeder Minister theoretisch im Außenverhältnis die Republik binden kann. Also ob das der Bundeskanzler zulässt oder nicht zulässt, das ist nicht die Frage, sondern die Frage ist erstens, ob es gescheit ist, ob es vernünftig ist und ob das sozusagen eigentlich dem Anliegen, eine staatspolitisch wichtige Entscheidung außer Streit zu stellen, dient. Also ich halte das nicht für klug; aber okay, not my business.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Du hast jetzt selbst angesprochen, dass das Verteidigungsministerium doch relativ unterbudgetiert war, und das haben schon Auskunftspersonen, auch beispielsweise Herr Ministerialrat Hofer, hier betont. Was mir schon in all den Tagen, wo wir hier diese Befragungen durchführen, irgendwie sehr komisch vorkommt, ist (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen), warum dann der Verteidigungsminister mit dem Finanzminister nicht hart verhandelt hat, damit er diese 250 Millionen, die Eurofighter zurückbezahlt hat, für sein Ressort bekommt. Ob er sich durchgesetzt hätte, wäre eine andere Geschichte gewesen, aber er hätte sich zumindest ins Zeug legen und das Geld für sein Ressort beanspruchen müssen.

Dr. Wolfgang Schüssel: Das ist jetzt aber auch keine Frage an mich, sondern an ihn – nicht? (Abg. Tamandl: Ja!)

*****

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ganz kurz, Frau Kollegin Tamandl, ein Beispiel für eine wirklich gute Terminplanung: Kalender Werner, 10.30 Uhr bis 11 Uhr „Vertiefende Besprechung Dr. Luessel“ im Parlament; ab 11 Uhr Koalitionsverhandlungen – mit den Grünen, wie ich gerade festgestellt habe. Also da ist wirklich keine Zeit vergeudet worden, das war eine sehr ordentliche Kalenderführung.

Herr Dr. Schüssel, ich möchte Sie aber etwas ganz anderes fragen; zum Ende des Untersuchungsausschusses im Jahr 2007 waren Sie Klubobmann der ÖVP. Ich habe damals in mein Tagebuch geschrieben:

„Im Nationalrat ist es üblich, dass Ausschusstermine im ,Rundlauf’‘ vereinbart werden. Nur wenn alle Fraktionen unterschreiben, gilt der Termin als fixiert. Heute in der Früh habe ich ÖVP-Fraktionsführerin Fekter gefragt, ob sie wenigstens dem 4. Juni zustimmen könnte. Ihre Antwort war: ,Nein‘.“ – Das entspricht auch meiner Erinnerung.

Der Rundlauf wird ja normalerweise zwischen den Klubobleuten vereinbart, also wann Ausschusstermine und so weiter stattfinden. (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.) Haben Sie eine Erinnerung daran, warum die ÖVP – und es war nicht die SPÖ, die den Ausschuss abgedreht hat –, durch die Weigerung, überhaupt weiteren Ausschussterminen zuzustimmen und weiteren Aktenanforderungen zuzustimmen, den Untersuchungsausschuss abgedreht hat?

Dr. Wolfgang Schüssel: Es hat überhaupt niemand den Ausschuss abgedreht. Er hat acht Monate hindurch gearbeitet. Es hat eine gemeinsame Terminplanung von den Fraktionsvorsitzenden gegeben, und das hat bei uns Maria Theresia Fekter mit den anderen Fraktionen im Einvernehmen ausverhandelt. Also das ist die Wahrheit. Es war auch ausdiskutiert, Sie haben ja auch einen Bericht gehabt.

Am 5. Juli ist alles diskutiert worden. Dass nicht das rausgekommen ist, was Sie vielleicht gerne gehabt hätten, das ist eine andere Frage. Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, hätten wir ja nie Luftraumüberwachungsflugzeuge bestellen dürfen, denn Sie waren gegen alles. Gott sei Dank ist das von diesem Hohen Haus nie erfüllt worden.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Dr. Schüssel, Sie haben in einer Antwort in Richtung Sozialdemokratie gesagt: für unsere Partei schließe ich das aus – es ging um die Zahlungsflüsse, um illegale Zahlungsflüsse –, was ja implizit auch sagt, für andere können Sie es nicht ausschließen, weil Sie dafür natürlich nicht die Hand ins Feuer legen können.

Zu welcher Partei würden Sie aus Ihrer Wahrnehmung dann Karl-Heinz Grasser zählen? – Das wäre mir ganz wichtig.

Dr. Wolfgang Schüssel: Karl-Heinz Grasser war immer parteiunabhängig, war nie (Abg. Bernhard: Das heißt, er würde in der - -!) ÖVP-Mitglied und hat ...

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Nein, nein, das war jetzt nur für mich - - Der kommt ja auch in den Unterlagen vor. (Auskunftsperson Schüssel: Ach so, na dann wissen Sie es eh!)

Haben Sie, denn es gibt, Kollege Pilz hat ja auch schon einiges angesprochen - - Hatten Sie in der späteren Phase, wieder Vergleich 2007, Wahrnehmungen, dass es in der Sozialdemokratie ähnlich wie bei dem ersten Vertragsabschluss eine zumindest veröffentlichte Meinung gab, dass die Dinge untersuchungswürdig wären? Das, was wir ja konkret an Untersuchung haben - - (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Um die Frage zu konkretisieren: Ist Ihnen bekannt, dass Herr Dr. Specht im Sinne von EADS oder/und im Sinne des damaligen Bundeskanzlers auch Gelder von EADS empfangen hat und diese an die Sozialdemokratie weitergeleitet haben könnte?

Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter, ich kann dazu gar nichts sagen. Ich kenne Herrn Dr. Specht nicht, ich habe keinerlei Informationen zu diesem Thema. (Abg. Bernhard: Gut, danke schön!)

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Kanzler, noch einmal zur Frage Knebelungsvertrag: Ich lasse das gerade verteilen, diesen Auszug, Bundeskanzler Schüssel, aus dem man nicht so ohne Weiteres heraus kann. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Ich zitiere:

Ich hatte keine Probleme, jede Information an den Untersuchungsausschuss weiterzugeben, weil ich ein reines Gewissen habe. Dieser Vertrag ist von zig Fachleuten geprüft und ist hieb- und stichfest. Wenn jemand bessere Vorschläge hat, dann soll er sie auf den Tisch legen. Der Steuerzahler darf jedenfalls nicht belastet werden. – Zitatende.

Die Knebelung: bestätigt mit diesem Schreiben, denn der Steuerzahler wurde ja letztlich belastet.

Frage: Es gibt ein Interview, wo du gesagt hast oder was bestätigt - - Ich habe die These, dass im Wirtschaftsministerium ein Maulwurf war (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen), hier wird aber bestätigt, dass auch bei dir im Kanzleramt ein Maulwurf gewesen sein muss, weil EADS vom Kanzleramt informiert wurde, dass es Regierungsprobleme gibt, Streit in der FPÖ, Riess-Passer/Haider, und die Regierung zu platzen droht. Es wäre sinnvoll, Kontakte mit der SPÖ aufzunehmen.

Dr. Wolfgang Schüssel: Entschuldige Leo, ich sitze auf der Leitung. Ich habe das jetzt nicht verstanden. Von wann ist dieses Interview, und was hat das jetzt mit dem zweiten Satz zu tun?

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Ja, ganz einfach: dass das Kanzleramt scheinbar mit EADS direkt in Verbindung war. Das Interview ist vom 30.4.2016, „Eurofighter: Maulwurf bei Schüssel“. Aber wir können es dann gerne noch kopieren.

Dr. Wolfgang Schüssel: Das ist jetzt, 2016, oder was?

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Das ist die Seite mit dem Bild, mit dem Eurofighter, mit dem Abfangjäger, und da ist die Bestätigung drinnen oder die Vermutung, dass es auch im Kanzleramt einen Maulwurf gegeben hat.

Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik, LL.M.: Wo steht das genau? (Abg. Steinbichler – in Richtung seiner Mitarbeiter –: Kopiert es und bringt es nach!)

Dr. Wolfgang Schüssel: Also ehrlich gesagt, ich kann - - Ja, ich stehe zu meinem Interview, wann immer ich das gesagt haben soll. Das ist meine ... (Abg. Steinbichler: Aber das bestätigt doch ...!) Das ist meine Meinung. Man kann andere Meinungen haben, das ist eh klar, man kann das auch kritisieren - - (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Das bestätigt ja doch, dass das Kanzleramt direkt mit EADS in Verbindung war.

Dr. Wolfgang Schüssel: Aber das ist aus dem Interview nicht herauszulesen, entschuldige!

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Das kommt eh noch. Das Original ‑ -

Dr. Wolfgang Schüssel: Okay. Und es kommt prompt, also lese ich es mir durch. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

„erfuhr EADS aus dem Kanzleramt“, dass der Haider mit der Riess gestritten habe. – Entschuldige, Leo, also ich meine, dass der Haider mit der Riess gestritten hat, da brauchst du nicht im Kanzleramt nachzufragen, das ist in jeder Zeitung gestanden. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Das haben der ORF und das Fernsehen, das Radio hundert Mal berichtet.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Ja, das war das berühmte Knittelfeld. Aber dann hat man ja ...

Dr. Wolfgang Schüssel: Na ja, aber entschuldige ...

Vorsitzender Karlheinz Kopf (neuerlich das Glockenzeichen gebend): Die Zeit ist abgelaufen!

Dr. Wolfgang Schüssel:  ..., das war in allen Zeitungen, da brauchst du wirklich keine Extrainformation aus dem Kanzleramt. Das ist, entschuldige, - - (Abg. Pendl meldet sich per Handzeichen zur Geschäftsbehandlung zu Wort.)

*****

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Vorsitzender! Es wurde heute schon vom Vorsitz und auch von mehreren Ausschussmitgliedern darauf hingewiesen – das war immer Usus, hat auch immer funktioniert –: Wenn ein Dokument vorgelegt wird, dann gebt es bitte allen Fraktionen! Wir machen das automatisch; einige andere tun es auch. Poldi, nicht böse sein, aber das ist ja nicht - - Was ist das für ein Umgang? Wir rennen nach, wissen nicht, was da vorgelegt wird? – Ich glaube, das können wir uns in Wirklichkeit alles ersparen.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Ich wollte eigentlich Zeit sparen, Otto, weil ich nicht gewusst habe, wie das ausgeht, jetzt verzögerst du wieder! Ich wollte Zeit sparen, deshalb habe ich das nicht verlangt, jetzt verzögerst du uns die Sitzung!

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH) (zur Geschäftsbehandlung): Wird kopiert und nachgereicht.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Er hat ja recht, der Otto.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH) (zur Geschäftsbehandlung): Wird nachgereicht, es ist ja auch wichtig für den Nachmittag.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Nein, Schluss jetzt!

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH) (zur Geschäftsbehandlung): Wenn das Kanzleramt empfiehlt, Kontakt mit der SPÖ aufzunehmen, ist das ja nicht unwichtig.

*****

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Ich möchte ein Zitat von Ihnen aus dem Jahr 2007 bringen. Sie haben damals gesagt, es wird eines der spektakulärsten und besten Gegengeschäftsprojekte sein, die wir je in Österreich gehabt haben. (Auskunftsperson Schüssel: Ja!) Das war im Jahr 2007 Ihre Einschätzung.

Und heute: Korruptionsverdacht des Vector-Aerospace-Netzwerks, Sachen wie diese, bei denen man auf etwas draufkommt.

Ist es für Sie überhaupt nicht nachvollziehbar, dass Gegengeschäfte der Korruption Tür und Tor öffnen können?

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja das hängt davon ab, wie sie gemacht werden. Also noch einmal: Wir haben großen Wert darauf gelegt, dass wir mit den Gegengeschäften in Bereiche hineinkommen, wo wir eigentlich früher nicht so ohne weiteres die Tür öffnen konnten. Also das war die Luftraum - - Die Luftfahrtindustrie war für uns früher immer verschlossen, da sind wir nicht reingekommen, und mithilfe der Eurofighter haben wir das geschafft. Das ist, glaube ich, nachweisbar. Und dass das das spektakulärste Gegengeschäft im Volumen geworden ist, ist logisch, weil es auch der größte Beschaffungsvorgang gewesen ist.

Und das wird auch am Ende herauskommen. Es wird am Ende - - Wenn das läuft, werden sicher die erforderlichen Summen überschritten werden, wie auch bei den Draken, wie bei den Mistral und bei allen Beschaffungsgeschäften. Deswegen warne ich auch davor, Gegengeschäfte ganz prinzipiell in Frage zu stellen.

Man kann durchaus nachschärfen, Frau Abgeordnete. Da bin ich durchaus bei Ihnen, dass man einfach vielleicht noch mehr Barrieren und Sicherheitsstufen einbaut, dass ja nicht irgendetwas kommt, auch dass solche zum Teil wirklich lächerlichen Minipositionen nicht aufgenommen werden, denn das ist dann für die Journalisten sehr lustig und bringt das Ganze eigentlich in ein negatives Schlaglicht. Denn die wirkliche ‑ - Der große Erfolg liegt in den Industrieinvestitionen, die dadurch möglich geworden sind, und die haben sich absolut bewährt.

Also ich stehe dazu, dass das am Ende mit Sicherheit das größte Gegengeschäft – im positiven Sinn – der Republik gewesen ist, und ich bin auch voll mit Ihnen einer Meinung, dass man das vielleicht noch besser machen kann, gar keine Frage!

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Damals haben Sie auch noch von einer Art Wirtschaftsplattform gesprochen, über die das Ganze abgewickelt hätte werden können. (Auskunftsperson Schüssel: Ja, ja!) Minister Bartenstein hat sich damals ja dagegen ausgesprochen.

Was ist mit dieser Wirtschaftsplattform passiert?

Dr. Wolfgang Schüssel: Na gut, die gibt es ja. Die Wirtschaftsplattform gibt es ja. Das ist eine Plattform derer, der Firmen, die diese Gegengeschäfte machen, da sind also wirklich Topbetriebe mit dabei. Das wird in der Kammer, der Wirtschaftskammer Österreichs, koordiniert, und das ist - - Und die Bewertung insgesamt, was wirklich angerechnet wird oder nicht, wird ja von einer umfangreichen Kommission bewertet, wo letztlich die Sozialpartner, das Wirtschaftsforschungsinstitut und viele andere Institutionen mit dabei sind.

Meine Idee ist ja weiter gegangen, nicht? Das ist dann manchmal so ein bisschen scherzhaft abgetan worden, dass sich ja alles selber finanziert. Das habe ich ja nicht gesagt, aber, was schon der Fall ist, wenn man - - Beim ursprünglichen Vertrag: Wenn man 4 Milliarden Gegengeschäfte hat, kann man bei einer Steuer- und Abgabenquote von – weiß ich? – über 40 Prozent – ein Teil ist natürlich nicht nur inländische Wertschöpfung, sondern die kommt auch von Zulieferbetrieben von außen –,  davon ausgehen, dass man in etwa 30, 35, vielleicht sogar etwas mehr Prozent, je nachdem wie sich das abwickelt, direkt für die Einnahmensituation des Bundes nutzbar machen kann.

Ich hätte das gerne anhand eines Conto separato ausgewiesen gehabt. Das ist aber rechtlich schwer möglich; natürlich: einen Teil dieser anrechenbaren Summen, das sind zum Beispiel Sozialversicherungsbeiträge, kann man natürlich nicht ohne weiteres jetzt durch ein Conto separato durchleiten, sondern das geht direkt in die Krankenkasse oder in die Krankenversicherungs- oder Pensionsversicherungsbeiträge. Aber tatsächlich ist es so, dass bei einem solchen Gegengeschäftsvolumen ein beachtlicher Teil wiederum an Geld zurückfließt in die Einnahmensituation der Sozialversicherungsinstitutionen oder des Bundes oder der Länder selber. Das ist die Grundidee, aber die Wirtschaftsplattform als solche gibt es.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Das heißt, in Ihren Augen ist, dass man Gegengeschäfte macht (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen), dass man in diese Richtung geht (Auskunftsperson Schüssel: Ja!), und die Wirtschaftsplattform, auch weiterhin zu empfehlen.

Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, aber man kann durchaus auch Lehren aus diesen Fällen ziehen und einfach schärfere (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Sollte man!) Kriterien, Größenordnungen oder noch eine schärfere Überprüfung machen, keine Frage. Und ich hätte auch den Rechnungshof gerne immer als begleitende Kontrolle dabei. (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Danke!)

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich möchte jetzt gar keine Frage mehr stellen, sondern möchte mir auch einmal erlauben, ein Statement abzugeben, das haben wir in diesem Untersuchungsausschuss eh noch nicht gemacht.

Gestern hat Herr Kollege Rosenkranz ein Dokument in die Kamera gehalten und hat gesagt: Der Kabinettschef des Herrn Vizekanzlers war jedenfalls eingebunden! Er hat so getan, als wäre das vor Vertragsabschluss der Vergleichsverhandlungen gewesen, dabei war es zwei Tage später bei einer Koordinierungssitzung vor der Ministerratssitzung am 27.6. – da war der Vergleich längst abgeschlossen. (Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz.)

Peter Pilz hat uns gestern erklärt, was er heute nicht alles aufdecken wird. Eine weitere Luftblase, die geplatzt ist und sich in Wirklichkeit in heiße Luft verwandelt hat.

Herr Bundeskanzler außer Dienst, ich bedanke mich, dass Sie gekommen sind, dass Sie die Fragen beantwortet haben und dass Sie selbstverständlich auch die Fragen beantwortet haben, die nicht zu den beiden Beweisthemen gehört haben, für die Sie geladen worden sind. (Abg. Steinbichler: Herr Vorsitzender! War das eine Frage?)

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Nein. (Abg. Tamandl: Ich habe ja gesagt, dass es keine ist!) Da gibt es auch keine Antwort. (Abg. Steinbichler: Machst du eine Feststellung? Abg. Tamandl: Ja!) Genau, du solltest am besten wissen, wie das geht. (Abg. Steinbichler: Gut, danke! Abg. Pilz: Das ist das gute Recht der Frau Kollegin Tamandl!)

Gut, wir sind mit der Frageliste durch.

Herr Verfahrensrichter, haben Sie noch eine ergänzende Frage? – Nein.

Damit schließe ich die Befragung, bedanke mich bei Herrn Dr. Schüssel für die Auskunftserteilung und fürs Kommen und unterbreche jetzt die Sitzung bis 14 Uhr. Wir sehen uns um 14 Uhr wieder.