430/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses über das

Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“

(3/US XXV. GP)

 

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Reinhold Mitterlehner in der 17. Sitzung vom 12. Juli 2017

 

Der Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ hat in seiner 18. Sitzung vom 19. September 2017 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Reinhold Mitterlehner zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

Wien, 2017 09 19

                            Hannes Weninger                                                          Karlheinz Kopf

                                    Schriftführer                                                                        Vorsitzender

 



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Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“

 

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Stenographisches Protokoll

 

 

17. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Mittwoch, 12. Juli 2017

Gesamtdauer der 17. Sitzung

9.02 Uhr – 16.02 Uhr

Lokal VI

 


 

Befragung der Auskunftsperson Dr. Reinhold Mitterlehner

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Ich darf an den Herrn Verfahrensrichter zur Belehrung der Auskunftsperson und zur Durchführung der Erstbefragung übergeben. – Herr Dr. Rohrer, bitte.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Herr Dr. Mitterlehner! Ich darf Sie begrüßen; mein Name ist Dr. Rohrer, ich bin der Verfahrensrichter.

Erste Frage: Sie haben dieses Personalblatt ausgefüllt; alle Angaben sind richtig, nehme ich an. (Die Auskunftsperson bestätigt dies.) – Danke.

Ich darf Sie jetzt im Auftrag des Herrn Vorsitzenden über Ihre Rechte und Pflichten belehren: Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ als Auskunftsperson zum Thema II, unzulässige Zahlungsflüsse, angehört. Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich auf diese schriftliche Belehrung hin und betone insbesondere, dass Sie verpflichtet sind, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Ich hebe daraus hervor: Sie können auf einzelne Fragen, die Ihre Privatsphäre oder die Privatsphäre Ihrer Angehörigen betreffen oder die für Sie oder Ihre Angehörigen die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung nach sich ziehen würden, die Aussage verweigern. Sie können weiters die Aussage verweigern, wenn die Beantwortung der Frage für Sie oder Ihre Angehörigen einen unmittelbaren bedeutenden vermögensrechtlichen Nachteil nach sich ziehen würde, wenn die Beantwortung der Frage eine gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit verletzen oder wenn ein Kunst- oder Geschäftsgeheimnis offenbart würde, sofern Sie nicht von der Pflicht zur Geheimhaltung gültig entbunden wurden. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.

Sie haben das Recht, sich während Ihrer Befragung mit dem Verfahrensanwalt – zu Ihrer Linken – zu beraten. Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit, Ihrer Person oder Dritter dies gebieten oder wenn der Ausschluss der Öffentlichkeit zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder zur Erlangung einer wahrheitsgemäßen Aussage erforderlich ist.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Ich weise Sie auf die Ihnen bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hin. Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch nach Beendigung der Befragung. Kopien, Notizen, Auszüge und Übersetzungen dürfen von der Auskunftsperson nicht angefertigt werden.

Herr Dr. Mitterlehner, Sie könnten, wenn Sie wollen, eine einleitende Stellungnahme abgeben, die in der Dauer 20 Minuten nicht überschreiten sollte. Wollen Sie das tun? (Die Auskunftsperson bejaht dies.) – Bitte sehr.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie auch von meiner Seite her begrüßen. Ich kann sogar sagen, ich freue mich – wenn auch der Rahmen ein anderer ist –, Sie wiederzusehen.

Ich darf gleich in den Themenbereich einsteigen und, was den Themenbereich Gegengeschäfte anbelangt, vorweg eines feststellen – das ist meines Erachtens wichtig –, nämlich dass ich weder, was das Hauptgeschäft, also den Ankauf der Eurofighter anbelangt, noch, was die Gegengeschäfte anbelangt, den Grundvertrag mitgestaltet, mitverhandelt oder abgeschlossen habe. Das heißt, hier ist aus meiner Sicht eben keinerlei Mitwirkung gegeben gewesen.

Das Zweite: Ich möchte auch, was Gegengeschäft anbelangt, mit einem aufräumen, was ich in den Medien vorher gelesen habe, nämlich damit, dass ich damit in Verbindung gebracht werde, Gegengeschäfte wären etwas Schlechtes und ich würde mich von den Gegengeschäften distanzieren. Die Aussage, die da offensichtlich ein früherer Kollege getroffen hat, ist in dieser Zuspitzung und Oberflächlichkeit aus meiner Sicht so nicht im Raum stehen zu lassen, sondern ich darf feststellen, Gegengeschäfte sind im Prinzip etwas Positives, wenn damit einhergeht, dass die Wirtschaft, dass Unternehmen im technologischen Bereich in Verbindung mit dem Partner den Standort wirklich technologisch und innovativ voranbringen.

Ich meine, das ist prinzipiell eine positive Angelegenheit. Das Zweite in dem Zusammenhang ist aber, dass meines Erachtens der Umfang der Gegengeschäfte schon eine bestimmte Problematik impliziert. Warum? – 200 Prozent Gegengeschäfte bei einem Grundgeschäft von 2 Milliarden sind selbst für ein Unternehmen wie Airbus - - – ich verkürze jetzt alle anderen Rechtstatbestände, ob EADS, Eurofighter oder sonst etwas, das dahinterstehende heutige Unternehmen heißt Airbus –, und selbst für dieses Unternehmen ist ein Ausmaß von 4 Milliarden € darzustellen, keine einfache Angelegenheit.

Ein weiterer Punkt in dem Zusammenhang ist: Als der Grundvertrag und die Gegengeschäftsvereinbarung abgeschlossen worden ist, hat Eurofighter/EADS eine Art Kooperationsbüro in Wien eingerichtet; das ist an sich auch etwas Positives, aber offensichtlich hat man die Firma de facto neutralisiert, was die Gesamtabwicklung und -verantwortung anbelangt, und mit 183,4 Millionen ausgestattet. Das ist aus meiner Sicht eine bestimmte Problematik, weil der Auftraggeber sozusagen nicht die Hand drauf gehabt hat, was sich da wirklich entwickelt und wie da konkret vorgegangen wird. Das ist ein weiterer Punkt, der aus meiner Sicht von der Grundkonstruktion her nicht unproblematisch ist – um das einmal vom Gesamtsystem zu beleuchten.

Meine persönliche Rolle in dem Zusammenhang war eine doppelte und eine unterschiedliche. Ich war bis zum Jahr 2008 – nämlich genau bis zum 2. Dezember 2008 – in der Wirtschaftskammer in der Funktion, die ich dort gehabt habe – Generalsekretär-Stellvertreter –, auch für die sogenannte Arge Offset zuständig. Die Arge Offset hat das Interesse gehabt, an den kolportierten und sonst im Raum stehenden Gegengeschäften möglichst zu profitieren; daher war meine Aufgabe, die Kontakte und anderes in Richtung Eurofighter/EADS herzustellen und die Möglichkeit für Geschäfte zu eröffnen.

Nach dem Jahr 2008, als ich dann die Rolle des Ministers gehabt habe, war diese natürlich eine andere; meine Aufgabe war eher eine formal kontrollierende im politischen Sinn. Ich darf auch feststellen, ich habe die Geschäfte nicht rechnerisch geprüft, abgehakt oder Plattformsitzungen geleitet – das haben Sie wahrscheinlich von der Struktur, wie ich gestern und in den letzten Tagen gesehen habe, schon mitvollzogen.

Noch einmal zurück zur Arge Offset: Bei der Arge Offset waren verschiedene, vor allem Mittelstandsunternehmen der Auffassung: Wenn es da jetzt so einen großartigen Vertrag gibt, dann müssen wir ja davon auch profitieren, und es ist wunderbar, wenn wir da in Geschäftsbereiche und in neue Geschäftsfelder kommen.

Das habe am Anfang – ich muss dazusagen: etwas blauäugig – auch ich so gesehen. Warum? – Weil im Endeffekt die Möglichkeit, dass man dort mit einem derartig technologieorientierten Konzern in Dauergeschäftsverbindung kommt, von der Nachhaltigkeit, von der Innovationskraft, auch von der Firmenstruktur her ‑ - Das ist ein wunderbares Anspruchsdenken, aber eine praktisch schwierige Verwirklichung.

Es hat dann konkret so stattgefunden, dass Eurofighter beziehungsweise dieses Kooperationsbüro oder EBD – oder wie auch immer die Firma dann geheißen hat – auf unser Ansinnen, wir möchten da Klein- und Mittelbetriebe in Informationsveranstaltungen einbeziehen, eingegangen ist und das aufgenommen hat.

Wir haben in ganz Österreich Informationsveranstaltungen durchgeführt. Das Ergebnis dieser Informationsveranstaltungen war bescheiden; es haben, ich weiß nicht, wie viele, aber ganz, ganz wenige Betriebe tatsächlich geschafft, in konkrete Geschäftsverbindungen zu kommen. Es war aus verschiedenen Gründen – ich habe es vorher beleuchtet, wenn auch nicht vollständig – auch logisch.

Ich war aber einigermaßen konsterniert, als ich dann als Hauptgegengeschäft einen Betrag von rund 3 Millionen € in der Gegengeschäftseinrichtung von Eurofighter gefunden habe. Das Argument war, die Wirte und wer immer die Veranstaltungen durchgeführt hat, haben ja profitiert. Das ist irgendwie nicht ganz unrichtig, aber der Sinn und Zweck dieser ganzen Geschichte war es natürlich nicht. Das war der eine Teil, also Arge Offset, Kammer.

Jetzt kommen wir zu dem Teil, der mich selbst in meiner Verantwortung der Vollziehung als Wirtschaftsminister betrifft, wo der Gegengeschäftsbereich ja abgewickelt wird. Ich bin da als Minister vorher in einer Art und Weise sehr neutral und distanziert vorgegangen, weil ich mich nicht einmischen wollte, sondern, nachdem ich gesehen habe, dass der Rechnungshof, die KPMG und andere schon intensiv prüfen, die ganze Angelegenheit de facto schon im Lichte der Öffentlichkeit vollzogen wird, das auf der Homepage entsprechend auch veröffentlicht worden ist, gedacht habe, das Ganze läuft eigentlich relativ korrekt und konkret.

Ich bin dann aber – im Jahr 2011, glaube ich, war es –, als in Italien die Verhaftung von Gianfranco Lande vorgenommen worden ist, in die Diskussionen auch in Österreich verwickelt worden – nicht ich persönlich natürlich, sondern das Ministerium –, und die Gegengeschäfte sind – dazumal genau wie auch heute – so irgendwie als Plattform, wo es Korruption, Wucher gibt, dargestellt worden.

Das hat mir dann gereicht, und ich habe zwei Dinge getan: Ich habe erstens den zuständigen Staatsanwalt angerufen und habe mit ihm Gespräche vereinbart, die dann dazu geführt haben, dass wir auch eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen haben, sprich gegenseitigen Datenaustausch und anderes mehr, weil ich ja im Ministerium keine Ermittlungsbehörde habe, die eventuelle Verdachtsfälle oder sonst etwas im Sinne einer Staatsanwaltschaft oder Polizei überprüfen könnte.

Ich habe den Staatsanwalt gebeten, er solle erstens einmal die Vorwürfe, da würden auf Provisionsbasis Gegengeschäfte angerechnet und eingereicht werden, überprüfen, dem nachgehen und Verdachtsmomente, die er selber hat, entsprechend konkretisieren. Das war der Teil eins im Zusammenhang mit dem Staatsanwalt.

Und der Teil zwei: Ich habe den Staatsanwalt auch gebeten, die Plausibilität und die Nachhaltigkeit der Gegengeschäfte zu überprüfen, mit einem oder mehreren Sachverständigen, die er auswählt und die bei uns volle Akteneinsicht haben. Auch das haben wir nicht nur vereinbart, sondern das wurde auch vorgenommen.

Ich bin jetzt, da ich nicht mehr verantwortlicher Minister bin, nicht informiert, ob das abgeschlossen ist. Er hat mir vor einigen Wochen gesagt, es ist in der Schlussphase und de facto fertig.

Das war der Teil Staatsanwaltschaft, der aber relevant für einen zweiten Teil ist, nämlich Eurofighter, EADS und Airbus: Gleichzeitig oder wenig später habe ich Tom Enders, dem Chef von EADS beziehungsweise Airbus, geschrieben und habe ihm – sinngemäß – gesagt: Herr Enders, Sie sind unser Vertragspartner als Firma, und ich möchte im Sinne von Treu und Glauben, dass Sie als Vertragspartner uns schützen und wir nicht ständig mit Fällen wie Ramonda, der Fräsmaschine und den Einreichungen der Informationsveranstaltungen, also mit Pipifax- und Micky-Maus-Geschichten, diskreditiert werden.

Daraufhin hat Herr Enders mir einen Brief geschrieben, den ich auch mitgenommen habe. Er hat gesagt, na ja, er sieht das irgendwie ein, dass das nicht optimal für uns ist, was diese Sichtweise von unserer Seite anbelangt, und wird uns ein Team schicken. Das Team wurde von Herrn Wolf-Peter Denker geleitet, ist bei uns dann angetreten und hat das relativ cool gemacht im Sinne von: Erstens: Ministerium, wenn ihr Fälle habt, wo ihr meint, das Ganze ist nicht mit den Verträgen konform oder es ist sonst etwas nachher aufgetreten, okay, sagt es uns, wir werden dem nachgehen! – Das haben wir auch getan. Das waren nicht wirklich großartige Angelegenheiten, die da aufgetaucht sind, weil sie im Prinzip schon abgerechnet worden sind. – Das war der eine Teil, den wir gemacht haben.

Der zweite Teil: Er hat gesagt: Wenn irgendwas in dem Zusammenhang auftaucht, werden wir einfach übererfüllen und das, was da inkriminiert wird oder nicht angerechnet wird, eben auf eine andere Art und Weise darstellen. Wir haben – und das ist jetzt wieder für Sie wichtig – bis zum Jahr 2018 Zeit. Klar ist, dass durch die Reduktion der Stückzahl das Vertragsvolumen eigentlich auf 3,5 Milliarden geht. Sie haben ja gestern gehört, dass es wahrscheinlich eine Übererfüllung geben wird.

Und jetzt kommt der ganz entscheidende Punkt: Wenn – ja wenn! – all die Erhebungen, die die Staatsanwaltschaft durchführt, nichts ergeben – denn der springende Punkt, der im Vertrag drinnen steht, lautet ja, wenn schwerwiegende Umstände auftreten, die irgendwas in dem Zusammenhang neu erscheinen lassen, wie etwa ungerechtfertigte Provisionszahlungen oder anderes –, dann ist natürlich die ganze Angelegenheit infrage zu stellen. Daher im Klartext: Das Ministerium wird erst dann den Bestätigungsvermerk über die Abwicklung der Gegengeschäfte machen können, wenn all diese Erhebungen entweder zu einer Anklage führen und ein Ergebnis haben oder eingestellt werden. Das ist der Stand der Dinge.

Daher war das aus meiner Sicht, was das Ministerium anbelangt, eine mehr als konkrete, auch nachvollziehbare und korrekte Vorgangsweise. Sie haben ja Minister Bartenstein erlebt, der steht auch dafür. Ich selber nehme das genauso für mich in Anspruch. Nachdem die Öffentlichkeit schon intensiv geschaut hat, haben wir das ganz, ganz korrekt vollzogen.

In dem Sinne darf ich Sie um Ihre Fragen beziehungsweise darum, was der Ablauf sonst bereithält, bitten und wollte das einmal als Vorbemerkungen für Sie darstellen. Danke schön.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Herr Dr. Mitterlehner, ich danke sehr für Ihre Worte und darf da, mit der Erstbefragung beginnend, gleich anschließen. Sie stehen also dem Volumen der Gegengeschäfte über 4 Milliarden und nunmehr 3,5 Milliarden, wenn ich das richtig verstanden habe, skeptisch gegenüber. Was wäre denn Ihrer Ansicht nach ein Maß gewesen, das für die österreichischen Marktverhältnisse angemessen ist?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich darf noch einmal vorausschicken: Dazumal haben die Politik und die Verantwortlichen das als sehr, sehr positiv gesehen, dass ein so großes Volumen dingfest gemacht werden kann. Tatsache ist, dass die EU mittlerweile eine – ich weiß nicht, welchen Rechtsstatus diese Ansage hat – Empfehlung abgegeben hat, dass Gegengeschäfte maximal 100 Prozent haben sollen – und zwar militärisch/militärisch, also nicht Privatgüter oder ein sonstiger Bereich –, da 200 Prozent wirklich ziemlich ambitioniert sind. Was war dann natürlich die Konsequenz? – Die Konsequenz war, dass das im Gegengeschäftevertrag jetzt nicht nur auf den Flugzeugbau beschränkt war , sondern auf den Autobau, auf den gesamten automotiven, auf den Zulieferbereich, auf IT, auf Life Sciences, also im Endeffekt die Spitzenfelder der heimischen Wirtschaft, ausgeweitet worden ist.

Was ist die Konsequenz? – Dass man halt sozusagen offensichtlich geneigt ist, die Zielscheibe über etwas zu machen, das vielleicht ohnedies da ist, und zum Zweiten natürlich, dass in dem Zusammenhang auch die Vereinbarung aufgenommen worden ist, dass Dritte ebenfalls einreichen können, also von Dritten angeregte Geschäfte. Und das ist aus meiner Sicht genau der Problembereich: Wo kann man in der Motivation wirklich dingfest machen, ob das ein Geschäft war, das ausschließlich die Vertrauenspersonen und die dort Verantwortlichen eingeleitet haben, oder ob das nicht ein Geschäft war, das ohnedies da war?

Sie haben es ja schon in vorherigen Ausschüssen erlebt, dass heute ältere, frühere Politiker da einfach nichts davon wissen wollten, obwohl eindeutig ist, und das ist natürlich eine zweite Konsequenz – ich habe mir dazumal notiert, wie denn die Struktur ist, wer denn von den Geschäften profitiert, und im Endeffekt, wenn Sie sich jetzt einmal Folgendes vor Augen führen, dann wird das dadurch ja unterstrichen –: Die zehn wichtigsten Unternehmen, die in den Berichtsjahren 2003 bis 2010 am Eurofighter-Gegengeschäftsprogramm teilgenommen haben, haben insgesamt eine Summe von – was glauben Sie? – 72 Prozent der Gegengeschäfte, die dazumal insgesamt 3,3 Milliarden ausgemacht haben; also nach Adam Riese waren das 2,3 Milliarden.

Also im Endeffekt: Das sind einschlägige Unternehmen, die auch schon von anderen genannt worden sind. Ich möchte sie jetzt nicht noch einmal alle namentlich zitieren, obwohl ich das könnte, weil mittlerweile ein neuerlicher Brief an den verantwortlichen Minister da ist, der mir in Kopie geschickt worden ist, in dem Airbus schon darauf aufmerksam macht, dass die ins Gebet genommenen Betriebe teilweise zum Handkuss kommen und in der Öffentlichkeit geschädigt werden, ohne dass sie irgendetwas getan haben. Daher möchte ich da in dieser Weise relativ vorsichtig sein.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Es fällt also aufgrund der Unterlagen, die dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung stehen, und auch aufgrund dessen, was wir bisher gehört haben, auf, dass von Eurofighter die Pflicht aus den Gegengeschäften an EADS weitergegeben wurde und – das ist jetzt wahrscheinlich das Ausschlaggebende – von EADS an Vector Aerospace und von Vector Aerospace wieder an zahlreiche Offshorefirmen, die Herr Abgeordneter Pilz sicher noch aufzählen wird, wodurch diese ganze Geschichte natürlich ins Unwägbare kommt, wenn man das nachprüfen will.

Meine Frage ist jetzt: Wie weit war das, vor allem auch diese Einbindung von Vector Aerospace, im Ministerium bekannt?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich kann da jetzt nicht für das gesamte Ministerium sprechen, weil ich den Wissensstand der einzelnen Personen nicht kenne, und kann es daher nicht beurteilen. Mir persönlich ist das natürlich als Zeitungsleser – und ich bin auch mit Peter Pilz und auch anderen in Kontakt gestanden – relativ bald aufgefallen. Nur ist die Fragestellung: Werden jetzt die Gegengeschäfte tatsächlich mit diesen Summen finanziert oder ist das eventuell auch eine Möglichkeit, Provisionszahlungen an andere in dem Themenfeld zu leisten? Das muss jemand anderer aufklären, nämlich der Staatsanwalt, und ich habe das dem Staatsanwalt auch ‑ -  Ich meine, seine Aufgabe sind ja Offizialdelikte, aber ich glaube, dass er das gut kann.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Wurde diese Abtretung an Vector Aerospace – jetzt abgesehen von Zeitungsartikeln – an das Ministerium, etwa von EADS, herangetragen?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das ist kolportiert, und nicht nur kolportiert, sondern auch kommuniziert worden, dass die einzelnen Firmen – es waren ja mehrere Partnerfirmen, die insgesamt bei dem Antrag da waren – sozusagen, ich glaube, dann an Eurofighter abgetreten haben, und die haben dann die Firma eingerichtet, und die Firma hat den Auftrag gehabt, wie ein Kooperationsbüro, was ja an sich positiv klingt, die entsprechende Abwicklung vor Ort durchzuführen. Also im ersten Moment scheint das auch eine unverdächtige Angelegenheit – aber das muss jeder selber beurteilen –, und so ist es auch gewesen. Ich muss aber sagen, ab dem Jahr 2012, als ich Tom Enders geschrieben habe, hat meines Erachtens Airbus die Sache wieder selber in die Hand genommen und ist wieder definitiv als Vertragspartner aufgetreten. Herr Denker ist ja auch der Entsandte, der Beauftragte von Airbus direkt und nicht mehr von der EBD oder Vector oder wie immer da die Gesellschaften geheißen haben; ich bin auch nicht informiert, ob es die überhaupt noch gibt.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Von der Abtretung an EADS ist ja das Ministerium ordnungsgemäß und schriftlich verständigt worden. Gibt es Ihres Wissens auch eine derartige schriftliche Verständigung von dieser Weiterabtretung an Vector Aerospace?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das kann ich jetzt weder bestätigen noch dementieren; möglicherweise ja. Ich habe jetzt den Schriftverkehr nicht durchgesehen, das war mir nicht möglich.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: EBD war dieses Kontaktbüro, von dem Sie uns vorher auch gesagt haben, dass sich das mehr oder minder verselbstständigt hat. Wie war denn das Verhältnis? Wenn ich mir das genauer anschaue, war der Aufgabenkreis von EBD eigentlich nicht so unterschiedlich zu dem der Arge Offset. Wie haben die beiden zusammengespielt? Oder hat es da überhaupt keine Beziehungen gegeben?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Am Anfang waren das eher sehr konstruktive Beziehungen, wo Vertreter der Firma auch an unseren Versammlungen und Besprechungen teilgenommen haben. Aufgrund der Tatsache, dass da nicht wirklich etwas weitergegangen ist – ich habe die 3 Millionen angesprochen bei den Informationsveranstaltungen –, und auch sonst ist das Verhältnis abgekühlt und distanzierter geworden, also insbesondere mit dem Herrn Bergner; den kenne ich von der Grußebene, aber ansonsten hat sich dort nicht mehr viel an Kooperation oder sonstiger Kommunikation ergeben.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Haben Sie irgendwelche Kenntnisse über konkrete Tätigkeiten, die dieses EBD-Büro in Wien entfaltet hat?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich war zum damaligen Zeitpunkt überhaupt nicht über die Rechtskonstruktion und auch nicht über die Aktivitäten informiert. Ich habe gewusst, dass dort bestimmte Personen agieren, dass die in Wien auch so zugeordnet werden, aber was konkret und wo, habe ich nicht verfolgt.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Sie haben ja, glaube ich, diese Taskforce Gegengeschäfte eingerichtet. Hat es da konkrete Ergebnisse gegeben?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Wir haben eine ganze Liste von – aus unserer Sicht jetzt – nicht korrekten Abwicklungen und Darstellungen, die zum Teil sehr ins Detail gegangen sind, wie die Fräsmaschine. Da ist es um – das war ja vom Bundesheer selbst eingebracht – Restwerte und Abbuchungsvorgänge gegangen. Zum Teil, würde ich sagen, waren das eher skurrile Geschichten. Das haben wir dann in einer Liste dem deutschen Vertragspartner, aber jetzt nicht mehr dem Büro in Wien, sondern, nachdem Herr Denker da die entsprechende Aktion übernommen hat, dorthin übermittelt, und die haben dann zum Teil eben zusätzlich neue Geschäfte eingemeldet und das selber in die Hand genommen. Wie die Summe zeigt, haben sie das relativ aktiv gemacht.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Da ist es ja offenbar um die Anrechenbarkeit von Geschäften gegangen. Sind da auch Scheingeschäfte, also solche, die es gar nicht gegeben hat, herausgekommen?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Na ja, „die es gar nicht gegeben hat“, das ist mir jetzt in dem Sinn nicht bekannt. Die Frage ist nur: Wer war der Verursacher? Wenn also da jetzt in Sattledt ein Supermarkt namens Ramonda auftaucht und die sagen, nur aufgrund der Kontakte mit EADS ist das dort entstanden, wird der Normalösterreicher sagen: Na ja, da haben sie sicher die Zielscheibe nachher hingemalt, die wären so auch gekommen! Das ist aber dazumal angerechnet worden. Wir haben denen gesagt, solche Sachen wollen wir eigentlich nicht drinnen haben, das ist angerechnet worden, dann haben sie neue eingemeldet – also an sich, finde ich, ein, ja, korrekter Vorgang von denen.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Es gibt den Problemkreis Daimler/Magna, Einreichung von Gegengeschäften in hohem Umfang, wo dann Stronach, glaube ich, behauptet hat, es hat überhaupt keine Gegengeschäfte gegeben. Haben Sie dazu Informationen?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Schauen Sie, auf der Liste von Unternehmen, die ich da habe, waren die unter den ersten dreien. Es gibt auch eine Bestätigung von Unternehmen, dass das als Gegengeschäfte eingereicht und dargestellt worden ist. Der damalige Unternehmensverantwortliche – ich weiß nicht, was er genau war, aber er war verantwortlich – hat sich immer rein auf die Qualität, auf Ausschreibung und Sonstiges bezogen, und da gehe ich davon aus, dass das natürlich in jedem Fall auch bei anderen Firmen gestimmt hätte. Faktum ist aber, dass offensichtlich auch Motive seitens der Eigentümer, der Miteigentümer, da waren, dass das in Österreich abgewickelt wird.

Ich sehe im Prinzip daran auch nichts Schlechtes. Wenn der Vertrag so lautet, dass der automotive Bereich dabei ist – logischerweise müsste man dann den Vertrag diskutieren –, war das korrekt.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: War es für die Mitarbeiter im Ministerium ersichtlich, dass da auch Provisionen, und gar nicht so wenig, geflossen sind?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Auch das weiß ich nicht, aber ich würde es ausschließen, denn wenn ich einen Mitarbeiter gehabt hätte, der sieht, dass da Provisionen fließen, wäre das eine problematische Angelegenheit gewesen. Daher nein, davon weiß ich nichts, und, ehrlich gesagt, die werden das dort wahrscheinlich auch nicht dargestellt haben. Worüber ich mich aber auf der anderen Seite wundere, ist, dass dann angeblich zu dem Unternehmen auch Provisionen fließen, wenn das ohnedies sozusagen im Vertragsgegenstand drinnen ist und locker eingereicht werden kann.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Das wundert uns ja eben auch.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das ist absolut merkwürdig, muss ich schon sagen.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Eine letzte Frage: Kennen Sie Herrn Dipl.-Ing. Dr. Georg Schmidt, einen glühenden Eurofighter-Anhänger? Haben Sie mit dem irgendetwas zu tun gehabt beziehungsweise hat er im Ministerium etwas zu tun gehabt?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ehrlich gesagt, ich kann es weder ausschließen noch bestätigen. Ich kann mich jetzt nicht erinnern, ob ich mit ihm zu tun gehabt habe. Möglicherweise legt mir dann irgendjemand ein Mail vor, dass er mir geschrieben hat. Mir sagt er momentan nichts.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Gut, ich danke Ihnen vielmals. Herr Vorsitzender, ich bin mit meinen Fragen am Ende.

*****

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Danke schön.

Damit kommen wir zur Befragung durch die Damen und Herren Abgeordneten. Erste Runde: 6 Minuten Nettofragezeit pro Fraktion. Es beginnt Herr Abgeordneter Pendl.

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Vorsitzender! Herr Minister und Vizekanzler außer Dienst, ich habe jetzt genau zugehört, als du dein Eingangsstatement gehalten hast. Eigentlich hast du viele Punkte, die wir fragen wollten, aus deiner Sicht bereits vorweg angesprochen.

Ich glaube also, dass in Wirklichkeit alle eine große Freude gehabt haben – alle, unabhängig von der Entscheidung Eurofighter oder nicht, aber das lassen wir jetzt einmal beiseite; du hast ja auch klargestellt, dass du mit den seinerzeitigen Vertragswerken nichts zu tun gehabt hast, und ich werde auch keine Frage in die Richtung stellen –, alle sind glücklich mit riesigen Gegengeschäften, weil es für unsere Wirtschaft und alle diese Bereiche wichtig ist; das hast du in Wirklichkeit alles angesprochen.

Die alles entscheidende Frage – und da muss man auch sagen, das hast du auch schon vorweg angesprochen – ist aber, ob das Prozedere in Wirklichkeit so geeignet war. Wir haben bei den letzten Befragungen schon Folgendes festgestellt, und da muss ich sagen, du hast das auch glasklar festgehalten: Ob man ein Zwischenbüro braucht oder nicht oder ob das nicht direkt vom Eigentümer mit dem Ministerium besprochen werden kann, das sind Fragen, bei denen man einmal alle diese Ungereimtheiten hätte ausschließen können, wäre es organisatorisch anders abgelaufen.

Ich war gestern auch fast ein bisschen entsetzt darüber – wir kennen uns ja schon sehr lange –, dass es in diesem Bereich nur zwei Beamte des Ministeriums gegeben hat, eine Abteilung, wo uns der Abteilungsleiter sagt: Na ja, das hat er auch machen müssen, aber in Wirklichkeit hat er eine ganz andere Arbeit gehabt.

Wir sollten ja nach Lösungen suchen, was wir für die Zukunft hier verbessern können, damit gewisse Sachen gar nicht erst einmal wieder entstehen können und ermöglicht werden. Ich glaube also, dass das Volumen – ich will ja nichts wiederholen, aber das hast du auch angesprochen – von 200 Prozent von einem Grundgeschäft, bei unserer Wirtschaftsstruktur, wo, wenn ich das richtig verstanden habe, die zehn größten Firmen oder Profiteure 72 Prozent vom damaligen Stand von 3,3 Milliarden waren - - Das sagt in Wirklichkeit alles. Ich glaube, wir – die gesamte Politik – haben gemeinsam immer geschaut, dass wir die kleine und mittelständische Wirtschaft da ebenfalls beteiligen. Es ist auch wichtig, so wie du ausgeführt hast, dass du sagst: Militärisch für militärisch – das sind jetzt die neuen Spielregeln, also auch vom Prozentsatz und von den Branchen her, was Europa betrifft.

Aber meine konkrete Frage, Herr Minister: Was könnte man für einen Beitrag leisten, damit in Zukunft solche Abläufe nicht mehr entstehen können oder das gar nicht einmal hereingeheimst werden kann? Das ist ja eine reine Organisationsfrage, das ist zumindest mein Zugang. Was würdest du meinen, was könnte man hier – ich sehe das relativ einfach – relativ einfach verbessern, damit so etwas gar nicht erst entsteht?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Abgeordneter, der einfachste Hintergrund oder die einfachste Konsequenz ist, dass Gegengeschäfte jetzt ja in dem Ausmaß nicht mehr entstehen sollen. Es wurde ja dann die Frage angesprochen oder eigentlich die Bemerkung releviert: Na ja, ist diese Einrichtung dieser Firma in Wien und so weiter nicht eigentlich der Anfang von den Problemen gewesen? – Ich glaube schon, dass das Motiv aller beteiligten Partnerfirmen, von EADS, Eurofighter war: 200 Prozent Gegengeschäfte müssen wir darstellen. Das ist ein Wahnsinn! Das soll irgendwer anderer machen, da kaufen wir uns in Richtung Firma und auch Organisation frei, und die machen das.

Ich glaube – ich möchte denen einfach kein negatives Motiv unterstellen –, das war von dort der Zugang. Wer die Idee hatte und wie sie entstanden ist, die mit 184 oder 183,4 Millionen auszustatten, das ist eine interessante Frage, denn wenn ich es im Endeffekt machen würde, dann würde ich dort ein Verrechnungskonto machen und nach tatsächlichem Aufwand abrechnen. Das Unternehmen hat dann auch die Kontrolle und braucht nicht dann Clifford und irgendwen anderen später einschalten. Es hat mich gewundert, dass man das so gemacht hat.

Das Zweite ist: Wenn ich wirklich Erfolg haben möchte, dass da wirklich neue Dinge entstehen, dann müsste das Unternehmen selber eigene Bereiche und die Bereiche der österreichischen Wirtschaft screenen und sagen: Na, dort ergäbe sich möglicherweise Potenzial, dort könnte man irgendwo kooperieren. Auch das hat man sich nicht angetan.

Dass ich auf der anderen Seite Firmen wie FACC habe, die sind ja schon öfter in den Medien gestanden, die natürlich beim Programm Airbus A380 Partner waren und tatsächlich profitiert haben – keine Frage. Die Frage ist aber auch dort: Na ja, wären die vielleicht auch dabei gewesen, wenn es das gar nicht gegeben hätte, weil sie einfach technisch so gut sind? Das weiß ich nicht, kann ich nicht beurteilen, das sind Motive oder anderes.

Zum Ministerium selber: Ich habe nicht den Eindruck, dass dort also eine Unterbesetzung stattgefunden hat und wir nicht mit der Anrechnung und Abwicklung zurande gekommen sind – ganz im Gegenteil: da sind ja auch jetzt Außenstehende wie die KPMG einbezogen worden, wenn es notwendig war, um das entsprechend zu bewerten. Von dieser Seite her – und der Staatsanwalt schaut sich ebenfalls die Plausibilität und die Nachhaltigkeit an – sehe ich nicht wirklich das Grundproblem. Das Grundproblem ist: Kann ich bei so etwas 200 Prozent so erfüllen, dass das wirklich neu und technologisch orientiert ist? Und Zweitens: Ist die Abwicklung mit einer derartigen Firma, die irgendwo mit so Leuten ausgestattet war, die nicht unproblematisch schienen, wirklich das Gelbe vom Ei? Das müssen die anderen und auch die Verantwortlichen von Airbus beurteilen.

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Wenn ich das alles richtig verstehe: Wir haben ja da bei diversen Befragungen und auch, was uns hier berichtet worden ist, immer wieder gehört – und das ordne ich jetzt den Schwierigkeiten der 200 Prozent zu –, wenn ich vor einem Zeitpunkt, nämlich drei Jahre zurück – das ist ja immer wieder aufgetaucht, da sind Zeitpunkte im Gespräch, da hat es den ganzen Vertrag noch nicht gegeben –, einen Durchschnitt ermittle, und alles, was dann über dem Durchschnitt ist, einem Gegengeschäft zuordne, dann kann das ja nur in dem Zusammenhang stehen, dass man alles probiert hat – die 200 Prozent, das haben wir jetzt eh schon wiederholt gehört, sind sehr, sehr hoch –, damit man dort ja hinkommt. Damit bin ich schon an einer sehr problematischen Stelle. Sehe ich das richtig, Herr Minister?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Es hat schon zwei Komponenten gegeben: Neue Geschäfte und über den Durchschnitt der letzten drei Jahre hinausgehende Geschäfte, wobei der Teil schon sehr seriös angeschaut worden ist und von Betriebsberatungsexperten beleuchtet worden ist. Da sehe ich jetzt also nicht unbedingt den Punkt. Die Tatsache, dass im Prinzip übererfüllt wird, sehe ich auch so, dass man das irgendwo dann in den Griff gekriegt hat und dass sich schon etwas bewegt hat. Also daraus jetzt abzuleiten, Gegengeschäfte waren für den Hugo und Nullkommanull, das ist falsch.

Es ist leider eine differenzierte Betrachtung notwendig. Wahrscheinlich wäre weniger besser gewesen, wie wir gehört haben, und auch effektiver für die Wirtschaft, weil es wirklich etwas Neues und nicht die Zielscheibe drüber gewesen wäre. Ganz sicher wäre es für Eurofighter und für den gesamten Vertragsabwicklungshintergrund besser gewesen, das Büro anders zu gestalten und mehr an die Kandare des Eigentümers, sprich des Partners, zu nehmen, denn dann hätte der einen besseren Überblick gehabt. Ich kenne kaum Firmen, die 184 Millionen – außer es zahlt das dann der Partner, der Staat – einfach so hinstellen.

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Eines der Themen ist, und da darf man sich dann nicht wundern, wenn hier wiederholt gefragt wird: Ihr kriegt im Monat 120 000 €. Wo sind die Leistungen? Und eine Spitzenmanagerin kann nicht erklären, was die Leistungen für 120 000 € im Monat sind. Da fängst du zum Nachdenken an, Herr Minister, oder?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das spricht für sich.

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Wenn dann hier Manager sitzen - - Ich freue mich, dass der Rosenbauer ein Feuerwehrauto in Kroatien verkauft, das braucht mir keiner umzudrehen. Ich sage jetzt auch gar nicht, ob die Geschichte für ein Gegengeschäft geeignet ist. Wenn dir da aber locker vom Hocker, obwohl das alles bei der Staatsanwaltschaft anhängig ist, zugegeben wird, dass Provisionen fließen, was sollst du dir dann denken?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das bleibt dem jeweiligen überlassen, sich zu denken, was er möchte. Ein Supergefühl wird es aber nicht sein, also dass das alles so optimal war, nicht? – Sehr milde ausgedrückt.

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Ich will ja nur darstellen, womit auch wir hier konfrontiert sind. Du hast eingangs auch berichtet, dass du eine gute Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft hast. Das ist immer noch nicht beendet, deswegen ist der Konsultationsmechanismus ausgerufen worden. Ich weiß nicht, wie lange sich das bei den Sachverständigen und bei der Staatsanwaltschaft noch hinzieht. Das hängst auch damit zusammen, dass wir hier nicht weiterkommen. Es ist ja dankenswert gewesen, dass du von dir aus die Staatsanwaltschaft angerufen hast, denn zur Stunde weiß keiner von uns, wie das ausgeht, außer dass wir dort oder da immer wieder eine Streiterei mit der Justiz haben, auch immer wieder drängen, dass wir von den Sachverständigen etwas kriegen. Es ist nach wie vor in Schwebe. (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.) Was könnten wir da jetzt aus deiner Sicht unter Umständen unternehmen, damit wir wenigstens die Geschichte weiterbringen?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Mein Eindruck ist, dass im Justizbereich eben sehr umgehend aber auch umfangreich gearbeitet wird. Die meisten werden es ja mitverfolgt haben: In Deutschland waren, glaube ich, bis zu 17 Staatsanwälte eingesetzt, um der ganzen Angelegenheit zu begegnen. Auch dort hat es bis jetzt noch keine Entscheidung gegeben. Und so ähnlich ist es in Österreich, mit entsprechenden Mutmaßungen und Beweisen sind das zwei Paar Schuhe, und das muss man der Staatsanwaltschaft überlassen.

Soviel ich mitgekriegt habe, hat der Justizminister ja Personalaufstockung angekündigt und angeboten. Ob das in Anspruch genommen wird, kann ich nicht beurteilen. Ich kann Ihnen nur meinen Eindruck wiedergeben. Mein Eindruck war, dass der Staatsanwalt sehr ambitioniert und bestens in der Weise agiert hat.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Minister! Darf ich Sie mit vier Dokumenten konfrontieren? Ich werde es Ihnen erläutern, sobald sie Ihnen vorliegen. (Der Auskunftsperson werden Schriftstücke vorgelegt.) Das eine ist ein vorläufiges Stenographisches Protokoll unseres Ausschusses von der 5. Sitzung, die Seiten 15 und 16. Das Zweite ist das Dokument mit der Nummer 56940, dann das Dokument mit der Nummer 55249 und das Dokument 60549.

Wenn wir das Protokoll von der 5. Sitzung hernehmen – liegt es Ihnen vor?  (Auskunftsperson Mitterlehner: Ja!) –, das war die Auskunftsperson Mag. Norbert Darabos. Er erklärt in dieser Frage, dass Sie ihm im Jahre 2009 bei einem Treffen mit ungarischen Regierungskollegen gesagt hätten, dass es viele Gegengeschäfte nicht gebe und dass gewisse Geschäfte als Gegengeschäfte vorgeschoben worden seien. Stimmt das, was Darabos hier gesagt hat? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich lese mir das gerade durch.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Bitte, ja.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Also, ich kann mir nicht vorstellen, dass ich das im Rahmen einer Sitzung mit ungarischen Kollegen eingebracht hätte, weil es aus meiner Sicht keinen Sinn ergibt. Der Kollege Darabos hat mit Gegengeschäften nichts zu tun gehabt, warum sollte ich ihm jetzt also anbieten und offerieren: Ich greife Sie wegen der Gegengeschäfte nicht an. Daher ist schon der Auftakt der ganzen Behauptung aus meiner Sicht absolut nicht logisch und so auch nicht nachvollziehbar. Was mich persönlich betrifft, würde ich das auch nicht unmotiviert wegen nichts – da war kein Thema, ich kann mich an gar nichts in dem Zusammenhang erinnern – so in den Raum werfen. Was soll das für mich für einen Sinn ergeben?

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Da hat Ihrer Ansicht nach Darabos hier nicht die Wahrheit gesagt?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich kann es nicht beurteilen, ich kann Ihnen nur sagen, dass es aus meiner Sicht keinen objektiven Sinn ergibt, eine derartige Behauptung zu machen, das bringt mir weder politisch noch sonst einen Nutzen. In der Art und Weise, weder vom Zeitpunkt her noch sonst, ist mir in Erinnerung, dass ich das getätigt haben soll.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Auch vom Inhalt her, dass Sie ihm am Rande dieser Veranstaltung gesagt haben, dass gewisse Geschäfte als Gegengeschäfte vorgeschoben worden seien? Halten Sie das auch für unmöglich?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Auch das. Wenn Sie mir zugehört haben: Vom gesamten Ablauf her waren die Gegengeschäfte ja dem Grundgeschäft nachgeordnet. Also wie sollten die jetzt vorgeschoben worden seien? Das kann ich mir ebenfalls nicht vorstellen. Auf der anderen Seite, was jetzt die Motivation anbelangt: War das jetzt wirklich sozusagen die Ursache, der ausschlaggebende Grund oder war es vielleicht im Laufen? Das ist das, was ich selber auch gesagt habe, ich kann mich aber auch nicht an den Zeitpunkt erinnern, dass ich das mit ihm jetzt erörtert habe. Aus welchem Grund auch?

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Ich danke Ihnen sehr.

Darf ich Sie zur Beilage 60549 lenken, das ist ein Interview von Ihnen in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ vom 15.11.2012. Dort werden Sie darauf aufmerksam gemacht, dass Sie schon im Jahre 2002 von Voodoo-Geschäften gesprochen hätten im Rahmen der Gegengeschäfte des Eurofighter-Kaufs. Voodoo heißt Zauber, Schwindel. Sie erwähnen hier auch, dass, wenn das mit dem so wäre, was der damalige Bundeskanzler Schüssel behauptet hat, nämlich dass die Eurofighter sich durch die Gegengeschäfte selbst praktisch privat finanzierten, dass wir dann 100 Eurofighter hätten kaufen müssen und nicht 24 oder in weiterer Folge 15. Wie erklären Sie uns den Begriff Voodoo im Zusammenhang mit Gegengeschäften?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich kann Ihnen bestätigen, der Artikel ist richtig wiedergegeben, war ein Artikel in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ und hat im Endeffekt genau auch das zum Ausdruck gebracht, was Sie gesagt haben, nämlich Voodoo ist, wenn ich etwas als Zauberkunststück darstelle, was sich objektiv nicht nachvollziehen lässt. Und glauben Sie mir, das ist auch das, was ich vorher sinngemäß gesagt habe. Wenn es wirklich so wäre, dass ich 200 Prozent vom Kaufpreis innerhalb kurzer Zeit neu und zusätzlich habe, ja dann müssten wir gar nicht über Flugzeuge und Flugzeugankauf diskutieren, das wäre ja ein Riesengeschäft. Und dass es kein Riesengeschäft ist, merken Sie ja an der ganzen Abwicklung, merken Sie daran, dass wir da im Ausschuss sitzen. Also dass meine Aussage in dem Zusammenhang nicht unrichtig war, hat der Zeitablauf bestätigt.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Ab wann sind Sie denn draufgekommen, dass es sich um Voodoo-Geschäfte handelt, Herr Minister?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Na ja, die Aussage hat dazumal den Herrn Malzacher und andere ja furchtbar aufgeregt, die alle da durchaus geglaubt haben, zu profitieren. Na ja, ganz einfach aus der Anordnung: Wenn ich den Vertrag offensichtlich so breit anlege, aber auf der anderen Seite nicht all die Mittelstandbetriebe tatsächlich da ins Geschäft bekomme, dann ist das eine schwierige Angelegenheit. Das Zweite ist natürlich das, was wir immer im politischen Bereich haben. Zahlen tut für die Eurofighter der Staat, der Steuerzahler, reinkriegen tut man das – wenn überhaupt – über Umwege, der Umfang ist diskutierbar, zeitlich versetzt, und profitieren tun natürlich auch andere als diejenigen, die zahlen.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Wie ist denn Ihrer Ansicht nach der Wert des Gegengeschäftsvertrages einzuschätzen? Wenn der Gegengeschäftsvertrag von der Gegenseite, also von Eurofighter, nicht eingehalten werden kann, fällt dann der Grundvertrag?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ja, sicher gibt es dann auch Probleme mit dem Grundvertrag, wobei die Interpretation ja die umgekehrte ist: Wenn der Grundvertrag ein Problem hat, dann gibt es bei den Gegengeschäften auch die konkreten Auswirkungen. Aber sicherlich müssen sich das dann Juristen anschauen, was damit wäre, wenn der Gegengeschäftsvertrag nicht erfüllt wird. Ich gehe aber trotzdem davon aus, da die Summe formal dargestellt werden wird – wir haben ja gerade vorhin davon gesprochen, und Sie haben die Zahlen ja gestern gehört –, können Sie jetzt trefflich darüber streiten, ob das wirklich jetzt so entstanden ist oder das Motiv ein anderes war. Die formale Darstellung wird wahrscheinlich also in der Weise auch ausreichen, nehme ich an, ich bin jetzt nicht in der Form handlungsbefugt.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Ich darf auf die Dokumente 56940, das ist ein Brief des WIFO, und auf das Dokument 55249, ein Brief der Industriellenvereinigung oder ein Ergebnisprotokoll, ein Dokument, das zum Inhalt hat, dass es um die Qualität der Beurteilungen geht, verweisen. In dem einen Dokument schreibt Professor Kramer, dass er sich „nicht in der Lage sehe, [...] die Aufgaben als Teilnehmer der Plattform“ – also Plattform Gegengeschäfte – „in angemessener Weise wahrzunehmen“ und daher nicht mitwirken werde. Als Grund gibt er an, „dass die Beurteilung konkreter Gegengeschäftsofferte in der [...]“ praktizierten „Form aus Sicht der wissenschaftlichen Wirtschaftsforschung ausgeschlossen erscheint“.

Im anderen Bereich schreibt das WIFO, dass hier bedauert wird, dass die Prüfungsmethodik, wie sie in Ihrem Bundesministerium angewandt wird, weder die Kapazität noch die Qualitätsbelange ausreichend beleuchten würde. Sind Ihnen diese Briefe bekannt? Die sind vor Ihrer Zeit als Minister geschrieben worden, aber waren Ihnen diese Einwände bekannt? Und welche Folge hatte das für Sie, als Sie 2008 Minister wurden?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Die Einwände sind mir nicht bekannt gewesen. Den Schriftverkehr kenne ich nicht, der war auch nicht an mich gerichtet. Zweitens hat meines Wissens auch, soweit ich den Medien entnommen habe, der Minister Bartenstein ausgeleuchtet, was an konkreten Verbesserungen auf Anregungen derartiger Briefe, aber auch aufgrund der Kritik des Rechnungshofes und auch der Anregungen anderer professioneller Experten entstanden ist und was eingebaut worden ist. Das ist auch mein Eindruck, dass dem weitgehend entsprochen worden ist und dass es natürlich – das haben wir ja auch am Anfang beleuchtet – Grenzfälle geben wird, wo eine wissenschaftliche Betrachtung nicht zum gewünschten Ergebnis führt.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Sie haben in Ihrer einleitenden Stellungnahme erklärt, dass alle Gegengeschäfte aufgrund Ihrer Anweisung aus dem Jahre 2012 neu beurteilt werden. Habe ich Sie richtig verstanden?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Wir haben im Jahr 2012 eine Taskforce eingesetzt, die Taskforce hat sich noch einmal alles angeschaut, und da haben wir dann unterschieden in sozusagen unverdächtige und schon abgerechnete Gegengeschäften und solche, die aus bestimmten, teilweise auch technischen Hintergründen merkwürdig erscheinen. Das ist dann der Teil gewesen, den wir Eurofighter beziehungsweise EADS/Airbus geschickt haben, vereinfacht ausgedrückt, als der Herr Denker dann aufgetreten ist, war das das Ergebnis.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Sie haben auch erklärt, dass die Endabrechnung für die Gegengeschäfte vonseiten der Republik nicht erfolgt, weil diese ungeklärten Fälle noch geklärt werden müssen. Stimmt das?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ganz richtig, nur in dem Zusammenhang – um noch einmal zu unterscheiden – geht es darum, ob die Staatsanwaltschaft beziehungsweise sonst wer, schwerwiegende Umstände findet, die die entsprechende Anrechnung de facto unmöglich macht. Das sind beispielsweise derartige Provisionszahlungen oder anderes, aber das muss in der Form ja sozusagen einmal auch offiziell bei uns jetzt dann einlangen und auch tatsächlich so sein. Ich kenne das ja derzeit nur aus den Medien. Das war aber der Hintergrund, warum wir Airbus gesagt haben: Solange das nicht geklärt ist, können wir jetzt keine Bestätigung geben, dass die Gegengeschäfte abgewickelt sind, selbst wenn die Summe mittlerweile schon übererfüllt ist.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Dass die Summe übererfüllt worden sei, konnte im Rahmen dieses Ausschusses nicht bestätigt werden, weil wir viele Ungereimtheiten in Bezug auf die Anerkennung von Gegengeschäften festgestellt haben. Wenn Sie hier erklären, dass alle Gegengeschäfte von dieser Taskforce überprüft worden seien, dann müssen wir aufgrund der Auskünfte, die wir hier bekommen haben, davon ausgehen, dass es eine Senkung dieser Gegengeschäftssumme geben wird, die zur Folge hat, dass die Gegenseite, nämlich Eurofighter die vereinbarte Summe von ursprünglich 4 Milliarden und dann auf 3,5 Milliarden zurückgehend nicht erreichen wird. Wie beurteilen Sie das?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das kann ich nicht endgültig beurteilen. Das wird jetzt der Ablauf der entsprechenden Ermittlungen und dann die gegenüberstehende Summe zeigen. Das wird die offene Frage sein. Ich gehe davon aus, dass jetzt einmal rein vom Zahlenwerk das gestern Gesagte ausschlaggebend ist, aber die Prüfung ergeben wird, ob das in der Form vollinhaltlich, teilweise oder gar nicht anzurechnen ist.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Hat diese Taskforce von Ihnen mit der Taskforce Eurofighter des Bundesministeriums für Landesverteidigung zusammengearbeitet?

Dr. Reinhold Mitterlehner: In der Anfangsphase, wenn es um Datenaustausch gegangen ist, ja, was dann die weitere Abwicklung beim sogenannten Grundgeschäft und jetzt auch die Anzeige der Staatsanwaltschaft gegenüber anbelangt, nicht. Das ist im Bericht ja auch in einem eigenen Deutsch halt als irgendwie kritisch hervorgekommen. Ich sage Ihnen aber ganz offen, das wollten wir auch nicht. Die Verantwortung für das Grundgeschäft hat ausschließlich das Bundesheer und die dort Zuständigen, die den Vertrag vorbereitet und im Wesentlichen dann auch den Abschluss in der Weise ermöglicht haben.

Wenn Sie mich fragen, liegt ja der wirkliche Punkt dort, dass ich jetzt Flugzeuge habe, die nicht einmal zehn Jahre fliegen. Jedes Gebrauchtauto hat einen längeren Benutzungsspielraum! Man ist offensichtlich, ohne nachzudenken, von 18 auf 15 zurückgegangen und hat dann eine Tranche gekauft, wo man sagen muss: Das ist eine gebrauchte Tranche, die wird nicht mehr mit Ersatzteilen beliefert. Dort liegt die wirkliche Belastung der Republik und nicht in den Gegengeschäften, bei denen ich so und so herumargumentieren kann, da haben Sie schon recht. Im Endeffekt ist das aber eine andere Komponente, die nicht wirklich die Ursache der Probleme ist.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Glauben Sie nicht, dass eine Zusammenarbeit dieser beiden Taskforces wünschenswert gewesen wäre? Ich wiederhole noch einmal, was Sie erklärt haben, dass die Erfüllung des Gegengeschäftsvertrags auch Auswirkungen auf den Grundvertrag haben kann. Jetzt ist eine Anzeige der Republik an die Gegenseite mit dem Vorwurf der Täuschung erfolgt. Da brauchen wir alle Argumente, um das zu beweisen!

Dr. Reinhold Mitterlehner: Nein. Das haben wir wirklich genau überlegt. Und wenn Sie die Anzeige lesen, die jetzt im Zusammenhang der Taskforce, die das Verteidigungsministerium abgewickelt hat, erstellt worden ist, dann sehen Sie dort ganz andere Beweggründe, Hintergründe, Fakten. Die haben mit den Gegengeschäften nichts zu tun, außer dass in der Pressekonferenz behauptet worden ist, die Gegengeschäfte wären die Plattform, um derartige Provisions- und sonstige Vorgänge abzuwickeln. Das ist es!

Und die Hauptunterstellung in dem Zusammenhang ist ja, Herr Kollege, dass Eurofighter gesagt wird, man wäre zu dem Zeitpunkt nicht lieferfähig gewesen und hätte daher den Tatbestand Betrug oder Täuschung verwirklicht. Das hat jetzt mit uns im Sinne einer Aufklärung oder Bereitstellung von Informationsmaterial null zu tun. Bei allen anderen Punkten hat es ja immer auch Austausch der Beamten gegeben. Soweit ich weiß, ist dem auch nichts entgegengestanden.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Darf ich Sie zu einem konkreten Thema führen, zur Arge Offset und zur Roadshow. Ist Ihnen in Erinnerung, was das gewesen ist, diese Werbeveranstaltung? Ich glaube, Sie haben sie in Ihrer Einleitungsstellungnahme auch erwähnt. Darf ich Sie mit einem Artikel aus dem Standard vom 14. Juni 2007 konfrontieren? Der wird Ihnen gleich vorgelegt werden. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

In diesem Artikel steht (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.): „Mit Humor hat Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl die Vorhalte zu jenen umstrittenen Informationsveranstaltungen der WKÖ genommen, die als Eurofighter-Gegengeschäft im Wert von drei Mio. Euro anerkannt worden sind. [...] Das besagte Gegengeschäft bestand aus acht Offset-Konferenzen mit Eurofighter-Vertretern,“ – Sie haben davon gesprochen – „die von der WKÖ mit 32.000 Euro finanziert wurden. Woher die restlichen 99 Prozent der drei Mio. Euro, die als Gegengeschäft anerkannt wurden, kommen, konnte Leitl nicht sagen.“

Können Sie uns erklären, wie diese Differenz zwischen 32 000 und drei Millionen zustande kommt?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Abgeordneter! Das war genau das, was ich vorhin schon geschildert habe, was mich eigentlich, ich habe das Wort nicht gesagt, empört hat. Ich war eigentlich dafür verantwortlich, dass wir das selbst auf die Beine gestellt haben, selbst finanziert haben, und dann lese ich, dass ein Gegenwert von drei Millionen für das Ganze mit einer Art Umwegrentabilitätsdarstellung eingebracht wird. Ich weiß nicht, ob die Verkehrsmittel, mit denen die Teilnehmer dorthin gefahren sind, und das, bis hin zur Konsumation, auch angerechnet worden sind. Es ist also praktisch die Umwegrentabilitäts- oder Multiplikatorwirkung erstellt worden, die halt jemand da in dem Zusammenhang so dargestellt hat. Und das hat mir eigentlich dann nicht gefallen, sage ich Ihnen ganz offen, denn das ist irgendwo etwas extensiv, sagen wir es so. (Abg. Bösch: Danke!)

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Vizekanzler! Kannst du dem Ausschuss mitteilen, ob Gegengeschäfte in Österreich bei Rüstungskäufen üblich waren, zumindest was deine Amtszeit betrifft oder aus deiner Zeit, als du noch politisch tätig warst?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Offsetgeschäfte für den Bereich waren üblich und waren auch in anderen Ländern üblich. Ich habe schon vorhin die Bemerkung gemacht, dass die verantwortliche Politik das dazumal meiner Meinung nach zur Einbeziehung und Weiterentwicklung des Standorts positiv ausgerichtet hat. Das war üblich und ist auch so gehandhabt worden. Das hat allerdings – ich möchte mich nicht wiederholen – ab dem Zeitpunkt auch eine Bedeutungsänderung erfahren, denn die Kombination: militärische Geschäfte und auf der anderen Seite private Wirtschaftsgüter – das ist nicht wirklich eine gleichgewichtige Abwicklung.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Während deiner Amtszeit, gab es da auch noch andere Gegengeschäfte, die abzuwickeln waren, außer denen, die mit dem Eurofighter-Vertrag zusammenhingen?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das kann ich jetzt nicht sagen, aber ich glaube, ja. Da hat es sicherlich zu irgendwelchen Ankäufen noch Restabwicklungen gegeben, aber große Dinge sind ja meines Wissens vom Bundesheer nimmer angekauft worden. Das kann ich jetzt nicht hundertprozentig weder bestätigen noch dementieren. Also mir ist nicht bekannt, dass irgendetwas in der Weise groß aufgeschlagen ist.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wie ist die Übergabe dieser Abwicklung der Gegengeschäfte bei der Amtsübergabe im Dezember 2008 gelaufen? Oder war das eine normale Übergabe wie halt alle anderen Themen in einem Ressort auch übergeben werden?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das war ganz eine normale Übergabe; ich habe mit meinem Vorgänger nicht einmal über das Thema gesprochen. Es war dazumal in den Medien auch nicht, meiner Erinnerung nach zumindest, irgendwie ein Topthema. Eigentlich habe ich zwei Jahre lang gedacht, dass die Verbesserungen, die auf Anregung des Rechnungshofs und anderer durchgeführt worden sind, das sozusagen störungsfrei zu einem Ende bringen lassen. Dann sind eben die ganze Angelegenheit mit Gianfranco Lande und Anderes aufgetaucht und – ich möchte mich nicht wiederholen – haben dann die zwei Konsequenzen zur Folge gehabt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Kannst du dich erinnern, wie hoch damals schon die Abwicklung dieser Gegengeschäfte war, wie hoch damals schon das Volumen war?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Im Jahr 2008?

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Da habe ich jetzt keinen Überblick. Das Jahr 2010 habe ich, glaube ich, angesprochen, und da wird es, nachdem der Großteil zu dem Zeitpunkt schon abgewickelt und eingemeldet worden ist, nicht viel anders gewesen sein.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Du warst ja, du hast es ja in deiner Einleitung selbst gesagt, auf zwei Ebenen tätig, einerseits in deiner Funktion als stellvertretender Generalsekretär, dazu kommen wir noch, und auf der anderen Seite natürlich als Wirtschaftsminister. Bist du der Meinung, dass diese Gegengeschäfte nur ein Programm für große Konzerne waren oder war das schon auch eine Chance für Klein- und Mittelbetriebe in Österreich?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Na ja, es ist die Frage, wie man Betriebsgrößen interpretiert. FACC ist ein Topindustrieunternehmen, das wird sich nicht auf die beziehen. Wenn ich beispielsweise an einen Hersteller denke, der in Tirol verstärkte Fahrzeuge für den Einsatz im militärischen Bereich erzeugt, dann ist das ein Mittelständler, dann ja, dann profitiert auch die mittelständische Wirtschaft. Also im Endeffekt: Ja, es gibt eine Reihe von Unternehmen in dem Zusammenhang, die mittelständisch ausgerichtet waren und auch von Gegengeschäften profitiert haben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Dein Vorgänger Bartenstein hat bei seiner Befragung gesagt, dass die Gegengeschäfte Arbeitsplätze gesichert und geschaffen haben. Hat es aus deinem Haus Berechnungen gegeben, konnte man das beziffern, wie viele Arbeitsplätze da geschaffen worden sind oder gesichert worden sind?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich glaube, es hat eine ganze Menge an Studien gegeben, die natürlich die positiven Auswirkungen dargestellt haben. Es ist natürlich Ansichtssache, von welcher Grundlage ich ausgehe. Hundertprozentig sicher ist, dass dadurch Arbeitsplätze geschaffen und nicht vernichtet wurden. Die anderen Dinge, die Studien habe ich jetzt nicht im Kopf. Es war natürlich wie bei jedem Geschäft jedenfalls ein belebender Aspekt für die Wirtschaft damit verbunden, auch wenn ich skeptisch bin. Wenn FACC nicht das Geschäft macht, sind dort Arbeitsplätze gefährdet, oder wenn das Autounternehmen nicht das Geschäft macht, dann sind, würde ich sagen, Tausende Arbeitsplätze gefährdet. So sind sie gesichert, teilweise neu entwickelt worden.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Gab es Berechnungen, wie sich die Luftfahrtbranche im Zusammenhang mit den Gegengeschäften entwickelt hat, denn diese Branche war ja eigentlich der Hauptpunkt?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Da gibt es jedenfalls Berechnungen und Studien, dass sich das positiv entwickelt hat. Das ist natürlich ein entsprechend belebender Faktor, wie wir uns überhaupt technologisch – das ist aber eine andere Geschichte – im Innovationsbereich und mit Hidden Champions in den letzten Jahren sehr gut entwickelt haben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Kommen wir zur Zeit, als du stellvertretender Generalsekretär und damit Verantwortlicher für die Arge Offset warst. Kannst du dich noch erinnern, wie es zur Gründung kam, welche Aufgabe die Arge Offset hatte beziehungsweise wie die Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium war?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich kann mich nicht erinnern, wie die Gründung war und ob ich da involviert war. Ich glaube nicht. Die hat es schon gegeben, und die hat ein ehemaliger Mitarbeiter, der früher in Brüssel war, dann dort sozusagen mit seinem Kollegen gemacht; das waren Herr Lohberger und Herr Görlich. Die haben das dort betreut und haben praktisch die Interessen der Betriebe gebündelt. Gegengeschäfte haben früher einen weitaus größeren Stellenwert gehabt. Haben wir nicht beispielsweise irgendwo Mistral, so eine Art Rakete oder so etwas einmal angekauft – Peter? – von den Franzosen oder so? Da hat es auch Gegengeschäfte und Hin und Her gegeben. Also im Endeffekt: Ja, das war früher, hat mehr Stellenwert gehabt und hat sich mittlerweile verflacht. Ich weiß gar nicht, ob es die Arge Offset derzeit noch gibt, ich glaube, nicht mehr.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wie war die Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium und mit der Plattform?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Die war konstruktiv, teilweise aber gespannt, weil wir sehr fordernd waren. Ich muss aber sagen, da ist dann auch der damalige Sektionschef Mayer eingeschritten und hat die Dinge immer geklärt. Den habe ich später auch von der anderen Seite her als verantwortlichen Mann für den Bereich kennengelernt. Der war mehr als korrekt und wirklich ein ausgleichender Faktor.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Warst du auch manchmal Vertreter der Wirtschaftskammer in der Plattform Gegengeschäfte?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Nein, ich war nie dort.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Du weißt aber, wer die Teilnehmer oder die Mitglieder der Plattform Gegengeschäfte waren?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Die schon Genannten meines Wissens.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Weißt du, welche Unterlagen auch in deiner Zeit als Wirtschaftsminister, aber auch grundsätzlich die Plattform Gegengeschäfte zur Prüfung dieser jeweiligen Gegengeschäfte bekommen hat?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Na ja, da hat es immer Spannungen gegeben, weil wir nicht alle Unterlagen bekommen haben. Das war eben genau der Hintergrund, vor dem teilweise von uns gesagt worden ist, also von der Wirtschaftskammer und den Unternehmen, das wäre nicht optimal. Das waren bestimmte Friktionen. Das hat sich aber dann offensichtlich eingespielt und irgendwie einen praktischen Stellenwert oder eine Abwicklungsart, die nicht mehr reibungsorientiert war, bekommen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Zwei Beamte aus deinem ehemaligen Ressort haben gestern hier ausgesagt, jedenfalls Herr Dr. Natich als Abteilungsleiter bis 2006, dass er personell relativ schlecht ausgestattet war. Er hat gesagt, er hat zwei Personen gehabt, und die haben diese Überprüfung vornehmen müssen. Bei näherer Befragung ist aber dann herausgekommen, dass die eigentlich nur formell geprüft haben – ist eine firmenmäßige Zeichnung drauf, ist eine Gegenzeichnung drauf –, eigentlich nur diese Gegengeschäftsbestätigung. Dann wurden die Unterlagen der Plattform Gegengeschäfte vorgelegt, und die haben dann erst eine Prüfung und eine Anerkennung dieser Gegengeschäfte durchgeführt. Hast du irgendwann einmal berichtet bekommen, wie die in diesem Prozess der Beurteilung, ob ein Gegengeschäft tatsächlich anerkannt werden soll oder nicht, vorgegangen sind?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich habe schon erwähnt, dass da der Rechnungshof und die KPMG erstens einmal Anmerkungen gemacht und dann zweitens auch selbst entsprechende Beurteilungen getätigt haben. Ich gehe also davon aus, dass insbesondere kritische und Grenzfälle nicht nur mit Formblatt erledigt worden sind, soweit ich weiß, sondern einer konkreten und kritischen Beurteilung unterzogen worden sind.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich möchte dir dazu noch ein Dokument vorlegen mit der Nummer 57794. Das sind für die anderen Seite 13 von 74 aus diesem Dokument, für dich ist das beginnend mit der ersten Seite. Das ist dieser Ablauf des Prüfungsprozesses, eben die Erstprüfung durch das Wirtschaftsministerium, wo es nur um die sachliche Entsprechung, um die formale Entsprechung geht, wie ich dir gerade gesagt habe: firmenmäßige Zeichnung et cetera. Wenn du dir das auf der ersten Seite ansiehst, dann erkennst du aufgrund der Berichte 2003 bis 2010, dass in Wirklichkeit die Einreichung nie mit der Anrechnung zusammengestimmt hat. Das heißt, offensichtlich wurde von der Plattform Gegengeschäfte immer wieder nicht anerkannt, weil eben die Plattform Gegengeschäfte da offenbar sehr streng geprüft hat. Kann man das so sehen?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ja, vollkommen richtig. Darum hat mich das vorhin eben irgendwie irritiert, weil so der Eindruck hätte entstehen können, als ob da zwei Beamte überfordert gewesen wären und überall den Stempel draufgehauen hätten. Ganz im Gegenteil: Es steht auch unter Punkt 4, „Beiziehung eines Wirtschaftsprüfungsunternehmens“, dass da sehr intensiv geprüft worden ist und dass da eben auch, was Einreichung und Anrechnung anbelangt, beträchtliche Differenzen entstehen. Ich kann das insofern – ich habe es vorhin schon angesprochen – auch verstehen, denn das ist ja ständig konkret beleuchtet worden. Und es hat auch in letzter Zeit einen Fall gegeben, in dem jemand dann ein Informationsbegehren gestellt hat und damit auch gewonnen hat. Das heißt, es ist überall auf Homepages und so weiter ersichtlich, wer was eingereicht hat. Ich gehe also davon aus, dass im Großen und Ganzen, man kann nicht immer für 100 Prozent sprechen, aber im Wesentlichen korrekt und gut geprüft worden ist.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wenn man sich das über den Gesamtzeitraum von 2003 bis 2010 aufgrund dieses Berichts, also den Stand der Anrechnungen bis zum 25.5.2012, anschaut, sind immerhin mehr als 700 Millionen nicht anerkannt worden.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich habe den Eindruck oder die Erinnerung, dass in etwa 20 Prozent infrage gestellt worden sind, und das spricht dafür, dass sehr intensiv geprüft wurde.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Hätte es ohne unterschriebene Gegengeschäftsbestätigungen überhaupt eine Anrechnung oder überhaupt die Bestätigung eines Gegengeschäfts durch die Plattform Gegengeschäfte gegeben? (Auskunftsperson Mitterlehner: Nein!) – Das heißt, das war einmal die Grundvoraussetzung?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Also meines Wissens, nein.  Ich weiß nicht, ob es irgendwo auch anders abgelaufen ist, aber das wäre nicht der Normalfall gewesen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Kannst du uns erläutern, was die grundsätzlichen Anrechnungskriterien waren?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich habe es gerade vorhin schon geschildert: Im Wesentlichen hat es dem Vertragsgegenstand entsprechen müssen. Der war relativ breit gefasst, denn sonst hätte man die Summe von vier Milliarden wahrscheinlich nie erreicht. Es ist also bewertet worden: Ist das in dem Feld? Zweitens musste es ein neues Geschäft sein oder über die durchschnittlichen Wertschöpfungsergebnisse über drei Jahre hinausgehen. Der nächste Punkt war: Die Wertschöpfung musste im Wesentlichen im Inland sein. Daher gibt es gerade die Diskussion; ich glaube, bei den Kroatiengeschäften von Rosenbauer und so weiter sind ja derartige Fragen auch gestellt worden. Das heißt, es gibt eine Menge und das, was ich geschildert habe, war nicht ausschließend und taxativ aufgezählt. Ich habe es auch nicht selbst gemacht, das muss ich dazusagen, sondern das ist in etwa, sehr grob gesprochen der Inhalt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Du selbst hast Rosenbauer jetzt auch genannt. Bei Rosenbauer zum Beispiel wurde ein Geschäft in Spanien gar nicht angerechnet. Das ist eingereicht worden, und das wurde überhaupt nicht anerkannt, was schon auf eine durchaus strenge Betrachtung schließen lässt. Auf der anderen Seite gab es ein Geschäft mit Kroatien, von dem auch Teile aberkannt wurden, weil man eben erkannt hat, dass nicht die gesamte Wertschöpfung in Österreich liegt. (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Abschließend noch in der ersten Runde: Hast du dich als Bundesminister immer an die Empfehlungen dieser Plattform Gegengeschäfte als Expertenkommission, wenn man das so bezeichnen darf, gehalten?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Weder noch! Ich habe da gar nicht eingegriffen. Es ist nicht so gewesen, dass die Plattform mir etwas vorgelegt hat, und ich habe dann den Sanctus darunter gegeben und das war dann erledigt und politisch getragen, sondern die Abwicklung mit dem Partner, also mit Airbus, hat die Plattform auf Basis der jeweiligen Erledigungen durchgeführt, allerdings mit der Einschränkung, die ich vorhin genannt habe. Wir haben dem Vertragspartner gesagt: Sollte jetzt in dem Zusammenhang auftreten, dass da das und das an Provisionszahlung oder sonst etwas geleistet worden ist, so ist das dann in Frage zu stellen, was aber überhaupt den gesamten Bestätigungsvermerk in Frage stellt. Das ist von mir ausgegangen. Das andere war eine rein technische Abwicklung mit den Ihnen bekannten Herren, die hier schon aufgetreten sind, die auch die Partner von EADS/Airbus waren. (Abg. Tamandl: Danke!)

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Dr. Mitterlehner! Vor meiner ersten Frage eine kurze einleitende persönliche Bemerkung ohne jede Wertung: Von den zahlreichen ÖVP-Politikern und ‑Politikerinnen, mit denen ich im Zusammenhang mit der vorliegenden Affäre zu tun gehabt habe – von Schüssel über Bartenstein bis Fekter und so weiter – sind Sie meines Wissens und zumindest meiner Meinung nach – das ist jetzt keine Frage – der einzige, der über die ganze Zeit als Abgeordneter und später auch als Minister nicht die Interessen von EADS, sondern die Interessen der Republik Österreich vertreten hat. In diesem Zusammenhang stelle ich Ihnen jetzt ein paar Fragen.

Die erste Frage lautet: Am 6. März 2017 waren bereits Gegengeschäfte von Magna in der Höhe von 384 Millionen anerkannt, es gab aber, wie Sie richtig gesagt haben, praktisch noch keine Gesamtabnahme der gesamten Gegengeschäfte. – War Ihnen oder Ihrem Ministerium bekannt, dass es im Zusammenhang mit diesen sogenannten Magna-Gegengeschäften in Höhe von 384 Millionen Provisionszahlungen an das Magna-Vorstandsmitglied Hubert Hödl in der Höhe von 6,8 Millionen € gegeben hat?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich weiß nicht, ob das den Mitarbeitern bekannt war, weil ich deren Gedankengang nicht kenne. Ich habe aber vorher schon darauf hingewiesen, dass es seltsam wäre, wenn diese nicht sofort Alarm geschlagen hätten, wenn sie das gewusst hätten.

Ich persönlich habe es zu diesem Zeitpunkt auch nicht gewusst, sondern ich habe im „profil“ gelesen – wobei ich jetzt nicht weiß, wann der Bericht erschienen ist –, dass es entsprechende Provisionszahlungen an einen bestimmten Herrn gegeben hätte. Ich habe mich insofern gewundert und gefragt, wenn das eh angerechnet wird und ohnedies dem Vertragsgegenstand entspricht, was zum Teufel dann die Provisionszahlung soll.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Das ist ja der entscheidende Punkt! Ich kann jetzt nicht alle Dokumente durchgehen, die geben wir jetzt in einer großen Sachverhaltsdarstellung der Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts des organisierten Gegengeschäftsbetrugs. Das ist aber jetzt nicht Gegenstand dieser Befragung.

Das geht über die dem Herrn Hödl zurechenbaren Gesellschaften Domerfield Company, die Calone Stiftung und die Inducon GmbH, und es sind 6,8 Millionen € an offensichtlichen Provisionszahlungen von Vector geflossen. Die Buchungen für die Gegengeschäftsbestätigungen von Magna – und das ist ein ganz entscheidender Punkt – wurden von Vector über die Firmen Columbus Trade Services Ltd., Orbital und Centro Consult abgewickelt. Centro Consult ist eine Firma des Waffenlobbyisten Walter Schön in Wien. Diese Buchungen für die Gegengeschäftsbestätigung wurden über diese Briefkastenfirmen, die alle in Verbindung mit Vector Aerospace standen, abgewickelt.

Wären Ihnen damals als Wirtschaftsminister diese Provisionszahlungen, diese Abwicklungen über Briefkästen, diese Involvierung eines Magna-Vorstandsmitglieds bekannt gewesen, wäre das ein Grund gewesen, die betroffenen Gegengeschäfte in Höhe von 384 Millionen € nicht zu bestätigen?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das wäre für mich ein Grund gewesen, den Staatsanwalt zu fragen. Mir ist aber von März bis zum jetzigen Mai der Aktionsspielraum für derartige Dinge in diesem Zusammenhang abhandengekommen oder, besser gesagt, habe ich das nicht gesehen beziehungsweise angenommen. Der Staatsanwalt schaut sich das an.

Logischerweise gibt es, wenn das tatsächlich der Fall ist, eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder sind die Gegengeschäfte sozusagen widerrechtlich gegen den Vertrag auf diese Art und Weise entstanden, oder Vector hat mit den betroffenen Personen aus anderen Motiven irgendetwas anderes abgewickelt, was mit den Gegengeschäften nur am Rande zu tun hat oder gar nichts zu tun hat – das weiß ich nicht –, denn ansonsten müssten ja die gesamten 183,4 Millionen in die Gegengeschäfte geflossen sein, was sie ja sicherlich nicht sind.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ich lege Ihnen jetzt ein Dokument von Columbus Trade Services Limited – Dokumentennummer 60979 – vor. Das ist eine Vector direkt zugeordnete Briefkastenfirma, da gibt es keine Firmen dazwischen. Es geht um eine Rechnung von Columbus an Vector Aerospace vom 11. Mai 2005.

In dieser Rechnung vom 11. Mai 2005 wird Bezug genommen auf eine Vereinbarung und auf die Vorabstimmungen vom Wirtschaftsministerium. Dann werden Provisionen in Bezug auf Magna Steyr Fahrzeugtechnik, die dieselgetriebene E-Klasse und so weiter verrechnet. Und dann findet sich immer diese Rate mit 2,5 Prozent; und der erste Posten ist eine Provision von rund 987 000 €. Weiter geht es mit dem Prototyp Smart, da sind 2,5 Prozent knapp 2,5 Millionen €. Und das setzt sich so fort bis insgesamt 11,7 Millionen an Provisionen.

Das ist ein sehr eindeutiges Dokument! – Ich gehe davon aus, dass das im Wirtschaftsministerium zum damaligen Zeitpunkt der Gegengeschäftsbestätigungen nicht bekannt war. Es gibt für mich keinen Hinweis, dass das dem Wirtschaftsministerium bekannt war. – Wäre Ihnen das im Wirtschaftsministerium bekannt gewesen, wäre das ein Grund gewesen, erstens die Gegengeschäftsbestätigung zu verweigern und zweitens sofort die Staatsanwaltschaft zu informieren?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Natürlich! Ich muss aber davon ausgehen, dass das der jeweilige Beamte selbstverständlich so macht. Zweitens hätten wir uns natürlich umgehend an den Vertragspartner gewendet und hätten die Frage gestellt: Ist das jetzt euer System, oder ist das irgendeine Ausnahme? Das wäre fraglos Gegenstand umfangreicher Aktivitäten gewesen. Ich habe aber keine Kenntnis davon gehabt, ich sehe das das erste Mal.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Jetzt gehe ich einen Schritt weiter. Wir haben dazu wirklich - -

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich möchte überhaupt nur sagen: Wir hatten natürlich derartige Schriftstücke überhaupt nie in der Abwicklung.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Mir ist das auch bekannt. Ich gehe auch davon aus, dass das Wirtschaftsministerium systematisch getäuscht worden ist, und zwar erfolgreich getäuscht worden ist, wie das auch im Fall des Verteidigungsministeriums geschehen ist. Der entscheidende Punkt für mich ist nämlich, dass wir jetzt im Nachhinein – relativ spät, aber zum Glück doch! – draufkommen, dass es offensichtlich eine systematische Täuschung speziell unter Beteiligung des Brokers Daimler in Zusammenarbeit mit Firmen wie Magna, wie Rosenbauer, wie Howaldtswerke-Deutsche Werft und, und, und gegeben hat, und zwar mit dem Ziel, Gegengeschäftsbestätigungen zu kaufen, deren Fälschung mittels Provisionen anzuregen und damit im Prinzip ein großes kriminelles Vorhaben umzusetzen.

Jetzt lautet meine nächste Frage in diesem Zusammenhang: Stück für Stück sind ja diese Sachverhalte der Staatsanwaltschaft Wien bekannt geworden, zum Teil auch über die Arbeit der Staatsanwaltschaft München und der Staatsanwaltschaft Rom. Wenn ich jetzt „Sie“ sage, dann betrifft das natürlich auch das Haus unter Ihrer Führung: Sind Sie zu irgendeinem Zeitpunkt von der Staatsanwaltschaft über das Vorliegen derart massiver Hinweise auf organisierte Fälschungen von Gegengeschäftsbestätigungen informiert worden?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Diese Darstellung ist mir in der Dichte, gerade was Magna anbelangt, neu! Das geht offensichtlich auch über das hinaus, was im „profil“ gestanden ist. Ich habe das auch nur am Rande verfolgt.

Ich bin diesbezüglich persönlich nicht konkret informiert gewesen und muss sagen: Die Gesamtbewertung ist natürlich dann eine Angelegenheit der Staatsanwaltschaft. Wenn wir bei jedem, was wir lesen oder auf sonstige Weise erfahren, so vorgehen würden, dann wäre das ja das Vorgehen einer Ermittlungsbehörde, und das ist nicht unsere Aufgabe, sondern das muss die Staatsanwaltschaft entsprechend darstellen.

Das Zweite ist eine Frage, die mir in der Beantwortung nicht wirklich klar ist: Wenn der automotive Bereich in dem Bereich vom Gegengeschäftsvertrag erfasst ist und dort auch von der Firma bestätigt wird, dass das ein Gegengeschäft war, dann sehe ich den Sinn einfach nicht wirklich klar. Das ist vielleicht ein Argument, das dann systematisch für alle gewesen ist, und dann sind wir wieder beim Staatsanwalt: Das muss der Staatsanwalt dann beweisen. Ich kann das nicht beweisen, und natürlich liegt mir oder uns oder wahrscheinlich beziehungsweise sogar ganz sicher auch dem Ministerium so etwas nicht vor, das wäre ja widersinnig.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Das ist ja der entscheidende Punkt. Uns liegen jetzt erstmals systematisch dermaßen viele Dokumente vor, dass wir erstmals sagen können: Okay, es ist beweisbar, dass es mithilfe des Brokers Daimler und Magna, Rosenbauer und der genannten Unternehmen wahrscheinlich sogar eine kriminelle Vereinigung nach Strafgesetzbuch mit dem Ziel des schweren Betrugs an der Republik Österreich gegeben hat.

Dazu frage ich dann aber noch Weiteres in der nächsten Runde. – Danke schön.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Ex-Vizekanzler! Ich möchte bei der Rechnung des Kollegen Pilz bleiben. Es scheint bei dieser Abrechnung so zu sein, dass die Geschäfte mit 2,5 Prozent verprovisioniert worden sind. Das Agreement, das uns auch vorliegt, ist aus dem Jahr 2004, die Rechnung ist aus dem Jahr 2005, also vor Ihrer Zeit als Minister, allerdings aus der aktiven Zeit, als Sie die Arge Offset geführt haben, und das Geflecht deutet darauf hin, dass eine Reihe von Unternehmungen entsprechend Gelder zur Verfügung gestellt bekommen haben, um Gegengeschäfte teilweise tatsächlich anzubahnen und teilweise auch nur zu simulieren.

Meine Frage lautet: Haben entweder die Columbus Trade Services Ltd. oder die EBD oder andere Unternehmungen mit einem ähnlichen Auftrag damals mit Ihnen und der Arge Offset Kontakt aufgenommen, um gemeinsam entsprechende Anbahnungen vorzunehmen, denn es lag ja wohl in Ihrem Interesse, Gegengeschäfte für Ihre Mitglieder an Land zu ziehen?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Nein. Ich kenne die Firma Columbus, die da genannt wurde, erst seit März, und zwar auch nur am Rande. Vorher bin ich nie damit konfrontiert worden.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Mit EBD haben Sie in der Zeit, als Sie die Arge geleitet haben, Kontakt gehabt?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich habe es schon angesprochen: Ja. Das fand aber auch im Rahmen eher formaler Abwicklungen statt. Wenn wir beispielsweise die Sitzungen unserer Arge Offset hatten, dann waren auch Vertreter der EBD, wie beispielsweise Herr Bergner, dabei. Das hat sich dann aber auch irgendwie verflacht, und das war es. Ansonsten habe ich aber die Herren und Damen, die da manchmal aufgetreten sind, in Wien gesehen, aber nicht getroffen.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Und Frau Schild hatten Sie auch zu Besuch?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Wen?

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Erika Schild. Oder ist nur Herr Bergner aufgetreten?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das sagt mir jetzt momentan nichts, aber ich hatte schon beim ersten Eurofighter-Ausschuss einmal die Situation, dass eine Dame da war, die ich befragt habe und die dann gesagt hat, dass sie mit mir schon mittagessen war, die ich aber nicht mehr wiedererkannt habe, weil sich das Aussehen verändert hat, das ist also immer mit Vorsicht zu behandeln. Ich kann mich nicht erinnern, die Frau jemals gesehen zu haben.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich darf Ihnen das Dokument 60702 vorlegen, und zwar ohne Foto, das heißt, der Wiedererkennungswert wäre da tatsächlich im Inhalt zu finden: Hier geht es um einen Quartalsbericht der EBD aus der Zeit, als Sie Wirtschaftsminister geworden sind, in dem man schreibt, dass Sie erstens natürlich mit dem Thema inhaltlich beschlagen sind und dass man zweitens sehr fruchtvolle Diskussionen zum Offsetthema mit Ihnen erwartet.

Hat sich der Kontakt mit EBD im Zuge des Wechsels, den Sie hatten – von der Rolle bei Arge Offset zur Rolle Wirtschaftsminister –, in dem Sinne verändert, dass er intensiver oder seltener wurde oder gar nicht mehr stattfand?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Der Kontakt zur EBD ist meines Wissens sogar total abgebrochen. Ich habe in dem Zusammenhang, als ich Minister wurde, bis zu dem Zeitpunkt, als ich Herrn Enders geschrieben habe, sicherlich kaum Treffen oder gar keine Treffen mehr mit den Herrschaften gehabt.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Mit der dahinter liegenden Vector Aerospace auch nicht?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Nein.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): War Ihnen diese Gesellschaft damals als Wirtschaftsminister ein Begriff?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Sie ist mir ein Begriff gewesen, ja, aber ich hatte dennoch mit dieser, obwohl mir das ein Begriff war, meines Wissens gar nichts zu tun. Ich möchte mich jetzt nicht genau festlegen, denn vielleicht waren die einmal bei mir im Ministerium, aber meines Wissens ziemlich wenig.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich darf Ihnen auch noch einmal ein Dokument vorlegen, das jetzt mehr zur Gesamteinschätzung führen soll, nämlich das Dokument 60261. Es ist dies ein Bericht aus den „Oberösterreichischen Nachrichten“, der Ihnen, schon vorgelegt wurde, und zwar, wie ich glaube, von den Freiheitlichen. Es geht allerdings um eine andere Passage dieses Interviews, nämlich um die erste Zeile im dritten Absatz: „Reinhold Mitterlehner: Ich bin überzeugt, dass beim Abfangjäger-Kauf nicht alles sauber gelaufen ist.“

Weiter führen Sie dann aus, dass „maßgebliche Personen ihre Meinung, die sie vorher monatelang mit Härte verteidigt haben, binnen einer Woche geändert haben“. 

Sie waren zur damaligen Zeit, als die Meinung geändert wurde, Abgeordneter. Können Sie die damalige Phase schildern? Welche Eindrücke hatten Sie und warum hat sich die Meinung Ihrer Meinung nach geändert?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das war ein anderer Artikel in den „Oberösterreichischen Nachrichten“. Der eine hat sich – wie ich glaube, bin mir aber nicht sicher – auf das Jahr 2003, bezogen, der andere erschien irgendwann in den Jahren 2010 oder 2012, wie ich glaube.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): 2012 ist es gegeben worden.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Okay. Man hat sich auf die Entscheidungsfindung bei der Typenentscheidung bezogen, und in kurzer Form ist es dazumal um Folgendes gegangen: Das österreichische Bundesheer war der Auffassung, dass aufgrund der Tatsache, dass man Saab geflogen ist, das Nachfolgemodell auch nur der Saab Gripen sein könnte. Man hat da eine Ausschreibung getätigt – das war Gegenstand des ersten Eurofighter-Untersuchungsausschusses –, und bei der Ausschreibung im Zuge der gesamten Angebotslegung ist unter anderem dann auch Eurofighter/EADS aufgetreten.

Der langen Rede kurzer Sinn: Irgendwie hat man den Eindruck gehabt, diese wären vielleicht gar nicht lieferfähig oder sonst etwas, man hat sie aber dann halt auch einbezogen. Dann ist es in einer anonymen Bewertungssituation im Juni des Jahres 2001 oder 2002, wie ich glaube, zu dieser Entscheidung gekommen, also dazu, dass ein Pflichtenheft abgearbeitet worden ist: Eine Gruppe von fünf Personen hat auf Basis dieses Pflichtenheftes dann einen Vorschlag gemacht, welches Flugzeug gekauft werden sollte.

Das war am Sonntag in der Nacht im Juni im Jahre – sagen wir – 2001, und im Ministerium sind die Verantwortlichen gesessen und haben auf die Entscheidung gewartet. Der Transporteur hat Katter geheißen, war dazumal Brigadier. – Soweit klar? – Dieser hat angerufen und hat dem damaligen Minister gesagt: Herr Minister, wir haben eine Entscheidung. Der Minister hat gefragt: Welche Entscheidung habt ihr? Darauf hat Katter gesagt: Vier zu eins für Eurofighter.

Die erste Bewertung hat Eurofighter ergeben. – Darauf folgte die Frage: Habt ihr das auch schriftlich? Antwort: Ja, abgestimmt haben wir auch, und wir haben das dokumentiert.

Der Minister hat es wiederum sehr kurz ausgedrückt und gesagt: Kommen Sie! Katter hat den ganzen Stapel beziehungsweise den ganzen Akt gebracht, und auf den Aktendeckel haben alle Anwesenden, ich glaube, es waren fünf, geschrieben: Aufgrund der geringeren System- und Wartungskosten wird dem Projekt Saab Gripen der Vorrang gegeben. – Okay?

Die anonyme Entscheidung war also Eurofighter; Saab Gripen war die Entscheidung der Verantwortlichen – der Ministerratsvortrag wurde am selben Tag vorbereitet. Der damalige Finanzminister hat gesagt: Mitnichten, das kommt so nicht zustande! – Eine Woche später ist dann wieder Eurofighter in die Regierung eingebracht worden.

Könne Sie sich also einen Reim darauf machen, warum es zwischen Eurofighter, Saab Gripen und Eurofighter innerhalb einer Woche drei Änderungen gab? – Wenn das mit rechten Dingen zugeht, das war dazumal noch meine Meinung, und darum war ich sehr kritisch, dann ist das eigentlich ein wirklich schönes Ding!

Was waren die Motive, dass es diese Änderung gegeben hat et cetera? Das war Gegenstand des ersten Untersuchungsausschusses Eurofighter, und das ist in diesem Zusammenhang angesprochen. Dass der verantwortliche Minister wenige Jahre später dann 5 000 € im Monat für Beratungstätigkeiten von Eurofighter bekommt, ist eine andere Geschichte. Auch das ist in dem Artikel releviert.

Im Hinblick auf die Fragestellung oder Beantwortung ist zu erwähnen, dass jeder glaubt, bei solchen Angelegenheiten wird unter Umständen direkt an eine Partei oder Person überwiesen. – Mitnichten! So blöd werden die nicht sein! Die Abwicklung ist dann halt irgendwie untadelig. Es ist ja auch untersucht worden – das möchte ich dazu sagen –, ob das etwas mit Geldwäsche zu tun hat, dabei ist aber null herausgekommen.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Eine Cooling-off-Phase nach einem Ministeramt wäre vielleicht eine Antwort darauf.

Ich möchte aber bei dem Thema der Bewertung bleiben: Die Plattform für Gegengeschäfte, wovon die Wirtschaftskammer ein Teil war, und nicht die Arge hat damals ungefragt, aber doch auch eine Typenbewertung abgegeben, nämlich welches Flugzeug die besten Gegengeschäfte mit sich bringen würde, und damals war die Antwort auch relativ eindeutig: Eurofighter.Waren Sie in diese Bewertungen involviert? Oder kennen Sie den Diskussionsstand?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Nein, ich war in diese Bewertungen nicht involviert und sage Ihnen auch, dass dies eine sportliche Wertlosigkeit war, solche Aktivitäten in solchen Dingen, denn die entscheidende Frage war ja dann im Endeffekt die Fünfergruppe beziehungsweise die Verantwortlichen im Bundesheer beziehungsweise im Ministerium. Alles andere, was vorher gelaufen ist, ist gelaufen. Das ist ohnehin bekannt.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Dann eine Seitenfrage, davon weggehend: Die Unternehmung ESG, ein Tochterunternehmen von EADS, und deren Geschäftsführerin, Marianne Janik – kennen Sie diese?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Glaube ich nicht, aber - -

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Sie hat im Jahr 2007 eine alternative Form der Anlegung der Gegengeschäfte angeboten, nämlich nicht ausschließlich bei bestehenden Unternehmungen Aufträge sozusagen zu platzieren, sondern Unternehmensansiedelungen in Österreich in die Gegengeschäftslogik mit aufzunehmen. Das ist Ihnen aber nicht untergekommen als Wirtschaftsminister?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich glaube nicht.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich darf Ihnen das Dokument 57366 vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da geht es um einen Bericht der Arge-Offset-Generalversammlung am 10.12.2004, und hier auf der Seite 2 um die Korrespondenz zwischen Wirtschaftskammer und Wirtschaftsministerium – damals noch in Ihrer Rolle in der Wirtschaftskammer. (Auskunftsperson Mitterlehner: Ja!) Hier wird kritisiert, dass - - Erstens wird die Frage, ob die Gegengeschäfte geprüft werden, vom Wirtschaftsministerium beantwortet. Dann kommt die Folgefrage: Wesentliche Teile des Gegengeschäftsvertrags mit Eurofighter sind nicht bekannt. Da haben Sie gefordert, dass das vorgelegt wird. Das wurde mit dem Geheimhaltungsgebot verwehrt.

Meine Frage: Wie beurteilen Sie nachträglich die Transparenz, die im Jahr 2004 und später geherrscht hat?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Sie bringen mich genau darauf, weil ich überlegt habe: Wie war unsere Relation dazumal zum Ministerium? – Ja, das stimmt, es war immer die Einwendung: Das ist streng geheim!

Unsere Leute haben mir dann gesagt: Wie sollen wir in der Plattform etwas bewerten, was wir gar nicht vom Grundgeschäft, vom Grundvertrag kennen? – Also diese Diskussion haben wir ziemlich lang geführt.

Die Kultur, dass ein Ministerium – welches auch immer – im Endeffekt der Meinung ist, alles, was dort an Information ist, ist geheim und schutzwürdig, diese Kultur ist heute auch noch da. Wissen Sie, was ich meine? – Ich sage Ihnen, ich habe es vorhin angesprochen. Wie hat der geheißen, der die Meinung vertreten hat? – Sekunde. (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.)

Es hat einmal einen Herrn Hametner gegeben, von der Plattform „Frag den Staat“. Er hat 2013 aufgrund des Auskunftspflichtgesetzes die Übermittlung einer Liste aller Gegengeschäfte beantragt. Das haben wir abgelehnt: Schutz der Firmen, Schutz irgendwas. – Dann ist derjenige auch zum Bundesverwaltungsgericht gegangen. Das hat ihm aber zumindest teilweise recht gegeben und die Angelegenheit wieder zur neuerlichen Entscheidung dann ans Ministerium zurückverwiesen.

Also den Kampf, sozusagen: Was ist formal richtig, und was ist schutzwürdig?, den haben Sie heute auch noch. Das wird Ihnen jeder Minister bestätigen.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ein Plädoyer für ein Informationsfreiheitsgesetz vielleicht zum Abschluss?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich glaube, bestimmte Grenzen – ich habe es vorhin angesprochen – wird es schon geben müssen. (Abg. Bernhard: Ja, ja!)

Es haben sich dazumal Firmen an mich gewandt: Wie komme ich dazu? Ich habe ein ganz normales Gegengeschäft abgewickelt, auch in bester Beziehung zu Airbus, und muss jetzt in der Öffentlichkeit (Abg. Bernhard: Ja, ja!) de facto den Verdacht sehen, dass da Korruption und anderes im Spiel war.

Also das sehe ich schon: nicht ganz unberechtigt!

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Nein, nein, die Diskussion hatten wir auch.

Sie haben im gleichen Dokument auf der Seite 6, ganz im oberen Teil, an EADS gerichtet, von der Wirtschaftskammer: „ARGE wird nicht in dem von ihr gewünschten Ausmaß eingebunden.“

Es gab anscheinend auch den Kampf, dass sie nicht so ernst genommen worden sind, wie sie gerne genommen worden wären. Können Sie beschreiben, weshalb das der Fall war?

Auf einer anderen Seite hatte EADS Millionenbeträge in die Hand genommen, um Gegengeschäfte abzuwickeln. Und sie haben sich regelrecht (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen) darum bemüht, diese zu bekommen, mehr oder minder gratis. Meine Frage: Warum hat man sie nicht so aufgenommen, wie sie das erwartet haben?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das ist jetzt schwer zu beantworten, weil ich da kein Motivforscher bin. Es geht aber in die Richtung dessen, was ich gerade vorhin gesagt habe.

Auf der anderen Seite: Was unsere Motivation anbelangt – ich spreche jetzt von der Wirtschaftskammer –, war es natürlich so, dass die Sozialpartner, die da in der Plattform gesessen sind, schon den Eindruck haben – und offensichtlich auch die Wissenschafter wie etwa Herr Kramer –, sie geben dort praktisch ihren guten Namen her für die jeweilige Entscheidung. Es heißt dann, die Plattform hat das abgesegnet und geprüft. Sie haben aber nicht alle Details des Vertrags gesehen!

Daher hat es die Auseinandersetzung gegeben, und im Endeffekt war es durchaus eine berechtigte Auseinandersetzung, würde ich sagen, jetzt aus Sicht der damaligen Konstellation. Das wird es wahrscheinlich in jetziger Form genauso geben, weil die Interessensunterschiede nach wie vor daliegen. (Abg. Bernhard: Danke!)

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Vizekanzler außer Dienst! Frage: Wann hattest du denn erstmals Wahrnehmungen hinsichtlich Unregelmäßigkeiten bei den Gegengeschäften?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Die Frage kann man in dieser Pauschalität jetzt nicht einfach mit einem Datum beantworten, sondern ich habe wahrgenommen, dass die Gegengeschäfte in den Medien diskreditiert werden und dass erstens der Verdacht da ist, sie wären nicht werthaltig und nicht plausibel, und zweitens der Verdacht da ist, sie wären auf Basis von Provisions- oder Korruptionsleistungen erkauft.

Beides habe ich zum Anlass genommen – da ich keine Ermittlungsbehörde bin, und auch das Ministerium nicht –, die schon angesprochene Abwicklung mit dem Staatsanwalt anzutreten, auf der anderen Seite aber auch Eurofighter schon die Vorwarnung zu geben: Wenn da etwas auftritt, dann wird das Ganze in Frage gestellt. Das ist der Hintergrund.

Also eine verdichtete Wahrnehmung meinerseits war halt dann im Jahr ‑ - Ich weiß nicht, wann der Gianfranco Lande da entsprechend aufgeflogen ist. Das hat mich persönlich dann auch relativ hellhörig gemacht.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Welche Aufträge hast du aus dieser Konsequenz heraus – weil du selber gesagt hast, das wurde auch madig geschrieben, zum Teil natürlich auch berechtigt – der Innenrevision des Wirtschaftsministeriums hinsichtlich der Gegengeschäfte oder deiner Bedenken dann erteilt?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich habe, wie schon angesprochen, eine Taskforce eingerichtet. Sie hat die Aufgabe gehabt, sich das alles entsprechend vorzunehmen. Das war im Jahr 2012. Der Grund, warum wir das gemacht haben, waren die Erhebungen seitens der Staatsanwaltschaft, diesbezügliche Medienberichte und damit im Zusammenhang stehende eventuelle Unregelmäßigkeiten.

Jetzt haben wir das alles ressortintern mit dem Ziel überprüft, eventuelle Vertragsverletzungen festzustellen. Ich habe es schon angesprochen: Wir sind keine Ermittlungsbehörde. Wir haben den Vorgang so gemacht: Die untersuchten Gegengeschäfte wurden in unauffällige Gegengeschäfte – also solche, wo sich dazumal überhaupt keine Hinweise ergeben haben, dass da Unstimmigkeiten vorlagen – und andere, nachforschungsbedürftige Gegengeschäfte klassifiziert.

Zum Zeitpunkt der Berichtslegung waren es in etwa – ich habe es vorhin schon gesagt – 82 Prozent, die unverdächtig waren, und zu 18 Prozent hat es Prüfaktivitäten, Einwendungen, Rückfragen und anderes gegeben. (Abg. Steinbichler: Herr Vizekanzler ...!) Es gibt eine entsprechende Liste, die dann an Eurofighter beziehungsweise an die Nachfolgefirma gegangen ist.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Zur Liste kommen wir gleich. Aber das widerspricht sich ja! Ich brauche ja keine Taskforce. Hat die das Ziel gehabt, das ein bisschen abzuschwächen? – Da ist nämlich der Chef der Taskforce ohnehin wieder der Leiter der Innenrevision, der hat ja wesentlich mehr Möglichkeiten. Warum gründe ich da eine Taskforce?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ob man das jetzt Taskforce nennt oder nicht, ist eigentlich nicht der entscheidende Punkt. Das Entscheidende war, dass wir auch die Fälle aufgerollt haben, die sozusagen schon abgesegnet waren. Wir haben dann noch einmal geschaut: Ist da irgendetwas Problematisches dabei?

Ich habe es ohnehin angesprochen: Die komischen Fälle waren zwar immer in den Medien, die haben wir dann auch EADS noch einmal vorgehalten. Die haben uns relativ cool gesagt: Das ist eigentlich schon abgesegnet, da werden wir halt mit anderem kompensieren. – Das war es.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Aber das wäre genau Aufgabe der Revision, abgeschlossene Fälle zu prüfen! Da brauche ich keine Taskforce.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ja, im Wesentlichen waren da ohnehin Verantwortliche der Revision dabei. Wir haben aus dem Ganzen auch nicht so ein öffentliches Aufsehen gemacht. Ich finde, wichtig war, dass wir beide Sachen, eigentlich drei Dinge gemacht haben: die Taskforce eingerichtet – hat sich voll bestätigt! –; zweitens Staatsanwaltschaft; drittens EADS, die Mitteilung. Also das ist im Klartext der Dreiklang, da würde ich sagen: Den würde ich heute genauso machen.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Das ist die neue Politik (Auskunftsperson Mitterlehner: Bitte?) mit den englischen Namen. Das hört sich viel besser an als „Revision“. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Frage: Kannst du anhand einzelner Geschäftsfälle einen Einblick geben, warum die Bedenken gegeben waren oder bei welchen Fällen du konkret diese Bedenken gehabt hast, Richtung Taskforce und Revision?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich bin jetzt kein Prüfer, der die einzelnen Fälle zerlegt. Das haben ja die einzelnen Mitarbeiter und die Taskforce getätigt.

Es sind ein paar große Beispiele angesprochen worden. Ich werde keine österreichische Wertschöpfung haben, wenn eine Firma ein Projekt einreicht, das im Prinzip in Spanien oder in Kroatien vollzogen worden ist und bei dem auch die Produktion dort gelaufen ist. Oder auf der anderen Seite – das ist eher etwas Größeres –, bei dem anderen ist die Fragestellung: Was ist mit einem Supermarkt? Was hat der jetzt technologisch mit dem Thema zu tun? – Das ist das, was die Öffentlichkeit begeistert.

All diese Sachen haben wir entsprechend aufgegriffen.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Du hast ja einleitend bei deinem kurzen Eröffnungsstatement gesagt, es ist bei den Gegengeschäften in erster Linie besonders aus Sicht der technologischen Vorteile, der technologischen Innovation und aus Sicht der Bildung berücksichtigt worden. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Jetzt nehme ich diese Kompensationsgeschäfte der Eurofighter her, diese Liste, die ich habe austeilen lassen. Nehmen wir die Seite 7. Bewusst lasse ich die ersten paar Seiten aus, denn da gibt es ein paar konkrete Fragen; ich glaube, die stellt jemand anderer. Wenn ich dann aber zum Beispiel diese Brennstoffzelle mit 13 Millionen drinnen habe, diese Entwicklung, ob das ein Gegengeschäft ist, ob das anrechenbar ist: Das ist weit bei den Haaren herbeigezogen.

Jetzt komme ich ganz konkret zu einem anderen Beispiel, und zwar: Anlage zur Erzeugung von Biodiesel. Angerechnet mit 4,6 Millionen. Wo ist da die Innovation? Wo ist da die Anrechenbarkeit gegeben?

Ich sage jetzt bewusst nicht Palmöl, denn sonst sind wir bei meinem Thema. Was ist da für Österreich der Vorteil? – Das ist ein internationaler Konzern. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Dr. Reinhold Mitterlehner: Offensichtlich eine entsprechende Wertschöpfung in Österreich (Abg. Steinbichler: Das Thema erregt meine Kollegen so!), und der Vertrag ist so, dass er eben sehr breit gefasst ist und mehrere Technologiebereiche umfasst sind. Die Produktion von derartigen Stoffen erfordert einen hohen Technologie- und Innovationsanteil, daher ist das wahrscheinlich oder ziemlich sicher vertraglich gedeckt.

Ich möchte nur, wenn da jetzt weitere Fälle auftreten, sagen: Ich trage die politische Verantwortung, aber ich habe nicht die Detailprüfung gemacht. Es wird wahrscheinlich der entsprechende Mitarbeiter oder wer auch immer, die KPMG detaillierter sagen können, was die entsprechenden Argumente waren, warum das so passiert ist.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Ich möchte einen kurzen Bogen spannen, lassen wir das Projekt einmal. Das nächste, Seite 12: Anrechnung von 29 Millionen, Gussteile aus Aluminium für Kfz. Wo ist da die Innovation?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Kollege, das ist jetzt genau der Punkt, den ich vorhin schon erwähnt habe oder zu erwähnen versucht habe: Wenn der Vertrag so breit gefasst ist und der automotive Teil dabei ist, dann ist das meines Wissens ein Teil eines automotiven Erzeugungsprozesses. daher vertragskonform.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Da ist es aber trotzdem in erster Linie darum gegangen, Provisionen zu lukrieren und die Gegengeschäfte zu schönen. Ich komme gleich zur Seite 14, und da tue ich mir wirklich schwer: Bleche und Bänder und Platten aus Aluminium.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ja?

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Boah, das ist ein innovatives Produkt! (Abg. Tamandl: Und wenn das so wäre? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dr. Reinhold Mitterlehner: Na, wenn ich den (Abg. Steinbichler: Ja, ich will’s, Frau Kollegin Tamandl ‑ -!) Bandstahl nehme, dann muss ich sagen, der ist für den Raketenantrieb geeignet, und das ist ein sehr innovatives Produkt.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Ich will ein Bild zeichnen (Auskunftsperson Mitterlehner: Nein!), denn das zieht sich ja durch wie ein roter Faden.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich möchte mich ausdrücklich dagegen verwahren, jetzt die ganzen Abrechnungen und Anerkennungen zu diskriminieren! Das ist nicht im Sinne der Firmen, die da ausgesprochen korrekt vorgegangen sind. Das ist vom Vertragsgegenstand erfasst, das ist ein Wertschöpfungsfaktor in Österreich.

Meinungen kann man dazu immer haben, aber die Fakten sind entsprechend da.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Wie weit das ein österreichischer Wertschöpfungsfaktor ist, soll die AMAG bewerten.

Ich komme zum nächsten Punkt. Ich habe die Firma Jodl in Timelkam: äußerst innovative Firma mit Druckfolien, mit modernster Technik, liefert bis Amerika, hat keine Gegengeschäfte eingereicht. Aber Seite 16 – und der Titel kommt ja ein paarmal! Genauso wie diese Bleche, Bänder und Platten kommen jährlich diese Druckfolien und Faserverbundstoffe: da auf Seite 16 mit 7,7 Millionen.

Da ist einfach versucht worden, Volumen darzustellen! Da ist versucht worden, alles hineinzurechnen, was irgendwo bei den Haaren herbeigezogen werden kann.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich sehe den Zusammenhang zum Beweisgegenstand konkret jetzt da nicht, aber - -

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Jetzt kommen wir zum Bildungsbereich. Die TU Graz – Seite 17 – hat da durchaus EU-Projekte eingereicht, im Ausmaß von 1,8 Millionen, eine Diplomarbeit zum Beispiel. Wo ist da der Nutzen? Wo ist da der Wert?

Was ist mit diesen Projekten dann geschehen? Ist das geprüft worden? Haben die etwas bewirkt? Oder sind die schubladisiert worden?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Da gibt es noch mehrere andere Projekte auch, vom Joanneum und Sonstigen, die ebenfalls schon in den Medien gestanden sind. Mag sein, dass das Grenzfragen sind, kann aber auch sein, dass die den Innovations- und Technologiebereich als Grundlage für entsprechende Produktumsetzungen und Innovationen entsprechend unterstützen.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Eben, Seite 20 wieder dasselbe: 1,8 Millionen, wieder für vier Projekte der TU Graz; aber es gibt weitere.

Sagt dir im Zusammenhang mit diesen Bildungsprojekten die Frau Keglevich etwas?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Die sagt mir etwas.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): War die Frau Keglevich die Drehscheibe zu diesen Projekten?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das würde ich bezweifeln. Aus meiner Sicht: Ich glaube nicht; die ist eher für den Marketing- und Kommunikationsbereich verantwortlich gewesen – mein Eindruck!

Aber auch sonst kann ich über die Abrechnungen, über die Vorlagen oder Sonstiges nichts sagen, weil ich in dem Zusammenhang nirgends involviert war. Es war nicht so, dass da ein Einreicher bei mir vorspricht, mir das gibt, dann wird das geprüft, und dann gebe ich ihm das wieder retour. Ich habe das nicht gesehen, was auch Sinn der Sache ist, denn ansonsten würde ich da persönlich in entsprechende Abrechnungen, die eben von mir nicht getätigt worden sind, und auch nicht von mir getätigte Anerkennungen involviert. Ich habe auch Zweifelsfälle nicht entschieden, sondern das hat die Plattform gemacht, und das ist die Grundlage.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Was war dann die Aufgabe von der Frau Keglevich?

Dr. Reinhold Mitterlehner: I don’t know.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Na, sehr ausführlich! Aber da hat es trotzdem - -

Dr. Reinhold Mitterlehner: Na Entschuldigung – ich bin doch nicht verantwortlich für die Mitarbeiter von irgendwelchen anderen Einrichtungen! Ich bin froh, wenn ich alles andere, was im eigenen Bereich ist, genau weiß.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Ein nächster Posten, auch mit Anrechnung, auf Seite 20 – ist ja sehr breit gefächert, wie überhaupt sehr viele Titel –: 210 Millionen für die Lieferung von Militärfahrzeugen. Ich glaube, das wäre auch ohne Gegengeschäftsliste passiert.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Kollege Steinbichler! Können wir irgendwann einmal, statt dass wir da jetzt die ganze Liste abarbeiten, vielleicht zum Beweisthema, nämlich dubiose oder unerlaubte Zahlungen und Zahlungsflüsse, kommen? (Abg. Steinbichler: Herr Vorsitzender, ich habe ...!) – Ich habe das Wort jetzt noch nie gehört, und auch nie eine Frage in die Richtung.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Schon!

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Wir können da jetzt nicht die ganze Liste abarbeiten.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Wir sind ohnehin gleich fertig. Aber das ist ja, glaube ich, auch besonders interessant.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Vielleicht sind wir auch sofort fertig, wenn Sie nicht beim Beweisthema bleiben!

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Wer diese Liste durchgearbeitet hat, sieht, dass da einfach alles angerechnet wurde oder versucht wurde, alles hineinzurechnen, um Volumen zu erzeugen. Den Bürgerinnen und Bürgern ‑ - Ich komme ganz genau auf das, was wir gestern befragt haben: Wo war denn das Ziel, dass man nach einem Jahr eine Milliarde Gegengeschäfte darstellen muss?

Ich kann gerne die Papiere von gestern noch einmal vorlegen. Das war ja alles politisch gelenkt. Ist ja klar: Man wollte den Bürgerinnen und Bürgern darstellen, das ist ein fulminantes Geschäft. Wenn wir die Eurofighter nicht gekauft hätten, wäre die Wirtschaft zusammengebrochen. Das ist mir völlig klar.

Seite 23, damit wir das zu Ende führen: 9,7 Millionen, wieder Faserverbundstoffe und Dekofolien. Das sind die Geschichten, wo man sagen muss, das ist einfach bei den Haaren herbeigezogen. Da wiederum: FACC, Flugzeugbauteile, 9,2 Millionen.

Ich belasse es dabei. Ich glaube, das ergibt das Bild, dass hier krampfhaft versucht wurde, Volumen zu erzeugen. (Abg. Tamandl: Das glaube ich aber nicht! – Ruf bei der ÖVP: Das ist weit hergeholt, sehr weit!)

Na ja, wenn man das so weit hergeholt hat, dann gehen wir auf diese Geschichte von der Sorelle Ramonda ein, die mit 31 Millionen bei der Standortentwicklung angerechnet wurde. Das ist der Artikel aus dem „profil“, den Frau Kollegin Moser gestern vorgelegt hat.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Kollege, ich möchte jetzt auf - -

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Der Herr Verfahrensanwalt möchte etwas sagen.

Verfahrensanwalt-Stellvertreter Mag. Michael Kasper, LL.M.: Also vielleicht könnten Sie ‑ - (Abg. Steinbichler: Seite 3, Frau Kollegin! Du zeigst mir immer die Liste! Seite 3!) – Herr Abgeordneter, vielleicht könnten Sie einfach kurz darstellen, welche unzulässigen Zahlungsflüsse in dieser Liste vorkommen sollen (Abg. Steinbichler: In keinster Weise! Ich will gerade ‑ -!), damit man da einen Zugang zum Beweisthema hat. Wenn Sie das vielleicht kurz erläutern könnten! – Danke.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Ich will gerade darstellen, dass der Ausdruck vom Herrn Vizekanzler ohnehin so gedeutet werden kann, dass der Vertrag anscheinend sehr weit gefächert war, einfach zu weit gefächert war; dass man versucht hat, alles in die Gegengeschäftsberechnung hineinzubekommen. Ich glaube, das bestätigt ja das.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Ich glaube, wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Interventionen da leider erfolglos sind, aber der Vorteil dabei ist: Die Uhr läuft.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Gut! Die Taskforce wurde dann Ende November auf den Weg gebracht. – Haben wir das Dokument da? (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Dokument 57452, Seite 3: Die Taskforce wurde auf den Weg gebracht. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Hattest du auch ministeriumsinterne Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten? Oder stützen sich deine Annahmen hinsichtlich Unregelmäßigkeiten allein auf die von dir erwähnten Medienberichte? Oder hast du da intern im Ministerium auch schon Druck gekriegt: Ich sage dann, da ist etwas nicht in Ordnung?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Also ich habe betreffend Ministerium keinen Druck und auch keine Informationen erhalten, es wäre etwas nicht in Ordnung – mit Ausnahme der Tatsache, dass ein Mitarbeiter, der auch im Ausschuss vorgesprochen hat, von einer Zeitung als Informant von EADS entdeckt oder offengelegt worden ist. Das hat dann natürlich auch zu entsprechenden internen Konsequenzen geführt, wobei aber, was das Strafrechtliche anbelangt, offensichtlich schon Verjährung da war und das auch entsprechend bestritten worden ist. Das ist der einzige Fall gewesen.

*****

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Wir kommen zur zweiten Fragerunde. – Herr Kollege Pendl, bitte.

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Minister, nur zwei, drei Fragen noch, wo es für das Verständnis wichtig ist. Ich glaube schon, dass wir einer Meinung darin sind, dass nicht die Staatsanwaltschaft zuständig ist. Die kann sich die strafrechtlichen Geschichten anschauen, aber die fachliche Geschichte muss schon das Haus machen. Das ist ja, glaube ich, unumstritten. Ich möchte nur, dass das jetzt nicht verkehrt aufgefasst wird. Das sehe ich schon richtig, nicht?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Wir haben schon auch, was den fachlichen Teil der Gegengeschäfte anbelangt – sind sie plausibel, was den Vertrag anbelangt, und sind sie nachhaltig? – die Staatsanwaltschaft gebeten, hier entsprechende Abklärungen vorzunehmen, und haben die ganzen Informationen bereitgestellt; genau, um dem auch zu begegnen, was da teilweise genannt wird: Es wäre zu weitläufig, und es wäre irgendwo nicht korrekt. – Genau dem haben wir auch begegnen wollen.

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Die Frage ist ja – ich habe schon in der ersten Runde versucht, darauf hinzuweisen –, außer, dass Monate vergehen – ich sage das jetzt einmal ohne Hintergedanken –, dass ein Konsultationsmechanismus ausgelöst wird, und wir treten alle miteinander am Stand. Das kann ja nicht - - Ich möchte jetzt gar niemandem die Schuld zuweisen, aber ich glaube, wir brauchen einen organisatorischen Ablauf, dass so etwas nicht passiert, denn in dieser Zeit wird ja wieder hineingeheimst – alles zu Recht oder zu Unrecht, das lassen wir jetzt einmal dahingestellt.

Wie siehst du das?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich sehe die Trennung von Staat und Verwaltung und Rechtsprechung, also Legislative, Verwaltung und Rechtsprechung. Das ist Angelegenheit der Rechtsprechung, das möchte ich nicht kommentieren.

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Ja, dann werden wir das also auch mit dem - - Jetzt ist der Kollege Pilz nicht da. Wir haben ja schon viele Diskussionen gehabt.

Die Staatsanwaltschaft ist aber nicht die Gerichtsbarkeit. Dann muss halt der Justizminister einmal zu seinen Staatsanwälten sagen: Burschen, teilt was!, denn es können nicht die Monate ‑ - Da sind wir uns einig, nicht?

Was mich jetzt auch noch interessiert: Gestern hat ein Abteilungsleiter von deinem ehemaligen Haus ‑ - Mich interessiert nur der Zugang, weil ich heute gesagt habe: zwei Leute. Kollegin Tamandl hat es dann auch noch einmal ausgeführt. Schau, der sagt uns gestern da – ich glaube, das ist im O-Ton nachzulesen –: Wenn sie ein Drittel von den Akten gesehen haben, dann war das viel. Das waren lauter Papierentscheidungen. – Also bitte, das kann mir hier zu den Beurteilungsgeschichten ja nicht ein Abteilungsleiter sagen!

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das kann ich jetzt nicht beurteilen! Wenn er das gesagt hat, dann war es sicherlich keine sehr geschickte Aussage. Ob es den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, kann ich auch nicht beurteilen. Es soll nicht so sein, und ich hoffe, dass es auch nicht so war!

Was heißt Papierentscheidung? – Das ist ja - -

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Das hat er gesagt – gestern, im Wortlaut. Ich glaube, die meisten haben es noch im Kopf. Ich habe mich auch gewundert. Wenn ich jetzt den Verfahrensrichter angeschaut habe, kann er sich noch erinnern: Papierentscheidung. (Verfahrensrichter Rohrer: Papierentscheidung ja, aber das Drittel ...!) Ich habe das jetzt wirklich, glaube ich, original zitiert, nicht?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das Drittel hat er angeblich nicht gesagt. Aber ich meine, eines ist schon klar: Dass die nicht hergegangen sind, eine Revision im jeweiligen Unternehmen gemacht haben und die einzelnen Dinge und Abläufe an den Tag gezerrt haben, sondern im Prinzip die Angaben auf Plausibilität überprüft haben, auch durch die KPMG, das ist ja logisch. Ansonsten wäre die Tatsache, dass dort ein paar Mitarbeiter agieren, natürlich wesentlich mit Unterbesetzung zusammengehängt. Das wäre technisch und praktisch ja nicht machbar.

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Ich habe es ja eingangs gesagt, ich will das nicht wiederholen. Es ist ja nicht meine Aufgabe, dass ich da jetzt sage, dass das als Auskunftsperson eh ordentlich ist. Bitte, das jetzt nicht misszuverstehen! Das wurde schon bei der Einleitung gemacht, ich kann das nicht dauernd wiederholen. Nur darf uns das ja nicht davon abhalten, dass wir sagen: Was ist denn da passiert?

Diese Plattform: Also wenn du dir das jetzt in jedem Bereich anschaust, gibt es überall einen Grund: Die haben nicht alles gewusst, die anderen haben nicht alles wollen. Das Zusammenspiel zwischen diesen notwendigen oder nicht notwendigen Einrichtungen lassen wir auch dahingestellt. Da sind wir heute, glaube ich, auch schon der Meinung gewesen, dass es gescheiter gewesen wäre, die hätte es gar nicht gegeben.

Also wir wollen ja nur wissen – neben dem: was ist da organisatorisch passiert?, und ich lasse jetzt einmal das ganze justizielle Thema beiseite –: Was brauchen wir in Zukunft (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen) auf gar keinen Fall, dass wir uns das nicht wieder einhandeln? Du kannst nämlich darauf warten, dass das nächste große Projekt irgendwann kommen wird, und dann diskutieren wir genau dieselben Punkte wieder. Es soll ja auch als Ergebnis bei dem Ausschuss herauskommen, dass das nicht mehr passiert!

Wie siehst du das wirklich?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich bin jetzt nicht in der Situation, das neu organisieren zu müssen, aber es wird und würde natürlich ein paar Konsequenzen geben müssen. Die eine ist schon angesprochen worden: dass Gegengeschäfte wahrscheinlich in einem kleineren Bereich und detaillierter, was den Technologieanteil anbelangt, festgelegt werden müssen und dass auch die Organisationsform anders ausgerichtet sein müsste, was jetzt die Partnerfirma anbelangt, nämlich unter Verantwortung der Partnerfirma und nicht irgendwo ausgelagert. Das müssen aber die entscheiden, die dann irgendwann vielleicht wieder so etwas abwickeln. Ich glaube, es wird sowieso weniger werden.

Das Zweite möchte ich auch noch einmal sagen, was meine Rolle anbelangt. Ich bin nicht der Detailsachbearbeiter, sondern habe ein System aufgrund vertraglicher Grundlagen vorgefunden und habe dann die politische Verantwortung meines Erachtens im genau richtigen Sinne wahrgenommen. Der richtige Sinn ist, die entsprechende Ermittlung der Staatsanwaltschaft durchzuführen und auf der anderen Seite Eurofighter zu veranlassen, eine besondere Korrektheit, was die Zusatzgeschäfte anbelangt, an den Tag zu legen, mit der Ankündigung, dass eine Gesamtabsolution oder Bestätigung nur erteilt werden kann, wenn die anderen Fragen geklärt sind.

Das ist es. Alle anderen Dinge haben Sie mit den einzelnen Mitarbeitern des Ministeriums und haben die Abgeordneten mit ihnen, glaube ich, schon erörtert. Ich kann dazu nicht wirklich mehr sagen und möchte auch die Organisationseinheit im Nachhinein nicht anders aufrollen, als sie dazumal eingerichtet worden ist.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Minister, darf ich Ihnen zwei Medienberichte vorlegen: den einen aus dem Jahre 2007, den anderen aus dem Jahre 2012. (Der Auskunftsperson werden Schriftstücke vorgelegt.)

In dem aus dem Jahre 2007 wird die Aussage des Frank Stronach vor dem Eurofighter-Untersuchungsausschuss Nummer eins zusammengefasst. Dort hat er erklärt, dass seine Firma Magna nicht von Gegengeschäften profitiert habe und dass die Autoindustrie mit der Flugzeugindustrie überhaupt nichts zu tun habe.

In dem anderen Medienbericht, aus dem Jahre 2012, reflektieren Sie auf diese Aussagen der Firma Magna, die ja sehr hochrangig gemacht worden sind, weil wir davon ausgehen müssen, dass Frank Stronach damals Chef dieser Firma war und dass, wenn er auch nicht direkt mit den Gegengeschäften zu tun gehabt hat, er sich erkundigt hat und dann erst diese Aussage hier im Eurofighter-Untersuchungsausschuss gemacht hat.

Sie reflektieren im Jahre 2012 darauf und sagen, dass aus den Unterlagen hervorgehe, dass der Konzern Magna 57 neue Gegengeschäfte im Wert von Millionen eingereicht habe, und dass Sie sich wundern, dass jetzt von Exponenten dieser Firma so getan werde, als ob sie keine Ahnung von dem Ganzen hätten.

Wie haben Sie das damals beurteilt? Und wie beurteilen Sie das heute?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich beurteile das heute so wie damals. Im Endeffekt ist ein sicherlich verdienter Unternehmensgründer, der ja dann in Österreich auch politisch tätig war, offensichtlich nicht willens gewesen, zu akzeptieren, dass das Unternehmen dem Vertrag entsprechend auch entsprechend eingereicht hat. Und er hat das verneint in dem Sinne – ich weiß nicht, ob das da jetzt auch zum Ausdruck kommt –, dass es Ausschreibungen gegeben hat und die Qualität und der Preis entscheidend waren.

Tatsache ist ja, dass die Aussage vom Herrn Stronach von den eigenen jetzigen Verantwortungsträgern im Unternehmen – sagen wir so – nicht bestätigt wurde. Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Sie haben erklärt, dass alle Gegengeschäfte auf ihre Plausibilität überprüft werden. Waren diese Geschäfte auch dabei, diese Geschäfte, die Magna eingereicht hat? (Auskunftsperson Mitterlehner: Ja, sicher!) – Und hatte das auch Folgen in Bezug auf die Anerkennung? Haben Sie da etwas gefunden, was nicht korrekt war?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Wir haben eben das nicht gefunden, was da offensichtlich jetzt aufgetreten ist. Von dem haben wir keine Kenntnis gehabt, dass da Provisionen geflossen sind. Und das wird, was die Anrechenbarkeit insgesamt anbelangt, meines Erachtens noch zu diskutieren sein. (Abg. Bösch: Okay!) Das war zum damaligen Zeitpunkt eben nicht bekannt und hat ja zur Anrechenbarkeit geführt, nachdem es dem Vertrag entsprochen hat.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Vizekanzler, kannst du uns mitteilen, was genau dein Auftrag an die Taskforce war, weil hier behauptet worden ist, das hätte locker auch die Innenrevision machen können? Es war aber meines Erachtens überhaupt gar kein Thema für die Innenrevision, weil es ja um die Gegengeschäftsüberprüfung ging. Kannst du dich noch erinnern, wie dieser Auftrag an die Taskforce gelautet hat?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Der Auftrag war eben, sämtliche Fälle entsprechend zu quantifizieren, also in unverdächtige und in möglicherweise mit Unregelmäßigkeiten behaftete Fälle zu strukturieren. Es hat dann diese Aufteilung salopp in etwa 80 : 20 ergeben. Und genau auf der Basis sind die Fälle dann Eurofighter beziehungsweise Airbus auch übermittelt worden – mit dem besagten Ergebnis.

Also im Endeffekt: Innenrevision ist ja im Prinzip eine auf Zahlen ausgerichtete Formalprüfung. Das war ja schon etwas mehr und anders ausgerichtet.

Zum Kollegen Bösch wollte ich aber schon noch eines sagen. Herr Kollege – oder auch Herr Pilz –, was interessant sein wird, ist, wenn die Gegengeschäfte, die da entstanden und eingemeldet worden sind, korrekt waren, dem Vertrag entsprochen haben – die Firma hat es ja auch bestätigt – und trotzdem jemand eine Provision bezogen hat, was das dann für ein Tatbestand ist. Dann ist an sich ja möglicherweise ein Ergebnis korrekt zustande gekommen. Und es wird jedem unbenommen sein, dass er für irgendwelche Dinge Aufwandsentschädigung, ich weiß nicht, was, entsprechend abwickelt. Auch das ist eine Frage, die die Staatsanwaltschaft beurteilen muss. (Abg. Pilz: Das ist dann Untreue!) – Ja, aber wenn das die Firma entsprechend so will - - (Abg. Pilz: Das ist dann untreu!) – Bin ich mir nicht sicher. Also das ist rechtlich eine ausgesprochen interessante Frage, Herr Pilz, weil ja nicht ein Geschäft sozusagen widerrechtlich und nicht dem Vertrag entsprechend auf einmal mit Zahlung eingeschleust wird, sondern offensichtlich eine möglicherweise korrekte, dem Vertrag entsprechende Abwicklung mit einer Art Entgeltzahlung verbunden wird. Interessant ist in der Frage, was die Staatsanwaltschaft dazu sagt. (Abg. Pilz: Das ist ja die Annahme!)

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das ist aber schon meine Befragungszeit? Peter Pilz, also, ich meine - - (Heiterkeit der Rednerin.) Am letzten Tag ist man sehr tolerant.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Ich korrigiere: Solange du nicht am Wort bist, läuft auch die Uhr nicht.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Kannst du dich noch erinnern, wie oft du von den Mitgliedern über Ergebnisse dieser Taskforce informiert worden bist?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ja, relativ intensiv, weil wir das ja dann auch einmal den Medien in Form eines Zwischenberichtes vorgestellt haben. Dass wir da aber bei den Unterlagen, die wir gehabt haben, die rauchende Pistole finden und dann Unterlagen der Firma Columbus – oder wie immer die heißt – da irgendwo dazwischen gelegen wären, das war natürlich nicht der Fall.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wie war denn der Stand bei deinem erst kürzlichen Ausscheiden im Mai? Weil du vorher gesagt hast, du weißt jetzt nicht, ob der Bericht vorgelegt wurde: War das deiner Meinung nach schon dem Ende zugehend?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Also ehrlich gesagt hätte ich mich gerne im Ministerium informiert, wie der Stand der Dinge ist; und mein eigenes Ministerium hat mir gesagt, ich kann keine Information kriegen. Also weil der Kollege gefragt hat, wie denn das so ist: Ich weiß es nicht.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ein sehr korrektes Ministerium, wie immer und auch zu deiner Zeit.

Du hast gesagt, du bist laufend informiert worden. Was war denn da immer das Ergebnis der Gespräche? Oder war das nur: informiert, wo man gerade mit der Aufklärung in dieser Taskforce gestanden ist?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Also ich habe da jetzt keine detaillierte Erinnerung. Es war nicht so, dass ich nicht schlafen konnte, weil da jeden Tag neue Sensationen gekommen sind, sondern das waren Routineberichte, die teilweise vom Projektgruppenleiter - - Das war der Herr Weiland, der ist zu mir ins Büro gekommen, und dann haben wir das dem Kabinett und eventuell noch mit anderen Mitarbeitern erörtert und diskutiert, immer mit dem Ziel: Was machen wir dann gegenüber dem Vertragspartner?, und auch: Wie stellen wir das, nachdem wir das auch öffentlich vorgestellt haben, in Richtung Zwischenbilanz dar? – Und so haben wir es auch dargestellt, dass wir dort die Fragen und die Bemerkungen weitergeleitet haben. Und damit war die Angelegenheit zwar nicht vom Tisch, weil es ja offen ist, aber zumindest nach einer Weichenstellung auf guten Schienen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Du hast vorher gesagt, die Taskforce in deinem Haus und die Taskforce im Verteidigungsministerium haben nicht zusammengearbeitet. Ist das richtig? Habe ich das richtig verstanden?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Wir haben da einen Austausch gehabt – ich glaube, es war der Minister Klug, der die ja selber eingerichtet hat, und nicht Doskozil, aber auf jeden Fall der verantwortliche Minister. War es Klug?

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Darabos hat sie noch eingerichtet.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Dann war es Darabos. Auf jeden Fall war der Austausch in der Weise durchaus gut, und wir haben uns gemeinsam da ausgerichtet. Nur in die zweite Sache, eben was die Vorhalte anbelangt, da waren wir nicht eingebunden und wollten auch nicht eingebunden sein – ich habe es vorher erklärt –, weil die Verantwortung letzten Endes auch für die Vorgangsweise rein ressortbezogen beim Verteidigungsministerium liegt, nämlich Grundgeschäft, das ist klar.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Aber der Austausch über die einzelnen Untersuchungsergebnisse ist seitens der jeweiligen Ressorts und Zuständigen in den Taskforces schon erfolgt?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich kann jetzt nicht den Detailstand entsprechend replizieren. Ich glaube schon, dass die sich auf Beamtenebene ausgetauscht haben. Im Sinne einer Ministerbesprechung ist das aber nie gekommen; dass man da irgendeine Art Schlussfolgerungsdarstellung oder was auf der Ebene oder auf Sektionschefebene gemacht hat, ist mir nicht bekannt, also zumindest der zweite Teil ist mir nicht bekannt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Also, es gibt in Stufe 2 einen Bericht über diesen Austausch, aber so wie du das schilderst, war das halt auf der Ministerebene nicht so.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Also, ich habe mit dem damaligen Verteidigungsminister – wer immer das war – über das Thema im Sinne einer organisierten oder informellen Besprechung meines Erachtens nicht mehr gesprochen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich möchte dir noch ein Dokument vorlegen, mit der Nummer 57453, und zwar geht es da um die Rahmenvereinbarung über die wechselseitige Gewährung von Amtshilfe und Akteneinsicht. Du hast das Thema ja vorher schon auch gestreift, wie du den zuständigen Staatsanwalt angerufen oder mit ihm geredet hast. (Der Auskunftsperson wird ein Dokument vorgelegt.)

Wie war aus deiner Sicht die Zusammenarbeit mit den Strafbehörden, beziehungsweise wie kam es dann letztendlich zu dieser wechselseitigen Amtshilfe und Akteneinsichtsgewährung, zu dieser Rahmenvereinbarung?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das war eigentlich eine sehr gute Zusammenarbeit. Und die Unterlage, die mir jetzt gar nicht in Erinnerung war, gibt genau das wieder, was ich vorher gesagt habe, dass wir da die entsprechenden Punkte, was Plausibilität, Nachhaltigkeit und anderes anbelangt, releviert haben und auf der anderen Seite zur Beschleunigung der gesamten Aktivitäten also gegenseitig Akteneinsicht und anderes vereinbart haben – was auch alles zulässig ist, damit da niemand einen falschen Eindruck hat –; und das hat dann zu diversen Treffen geführt. Und auf der Expertenebene habe ich aber auch mit dem Staatsanwalt mehrere Male persönlich Gespräche, telefonisch und im Büro, geführt und habe mich über den Stand der Ermittlungen informiert.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Hast du diesbezüglich auch Gespräche mit dem Justizminister geführt?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Eigentlich kann ich mich nicht erinnern.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Oder seinerzeit wahrscheinlich noch Justizministerin – das kann ich jetzt auch nicht einordnen.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Glaube ich eher weniger, weil vom Staatsanwalt nicht releviert worden ist, dass er zu wenig Personal hätte. Und die anderen Ermittlungen hat er teilweise, soweit ich das weiß, vor allem mit den deutschen Behörden akkordiert und dürfte da ohnedies schon relativ weit fortgeschritten sein.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ein anderes Thema noch: Kannst du dich erinnern, hast du dich in deiner Zeit als Wirtschaftsminister irgendwann einmal mit Vertretern von Airbus, EADS, EBD oder Eurofighter getroffen?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Also, die Herren von Eurofighter/EADS, wie Herrn Rauen,  Herrn Bischoff und so, habe ich nur im Ausschuss gesehen. Herrn Enders habe ich schriftlich und sonst nirgends kontaktiert, und mit Herrn Wolf-Peter Denker und seinem Team haben wir mehrmals Kontakt gehabt, weil wir mit denen verhandelt haben. Herrn Bergner und sonstige Leute habe ich maximal im Stadion oder in Alpbach oder bei anderen Veranstaltungen gesehen, aber meines Wissens - - Also ich glaube zumindest, niemals einen Termin – ich habe es vorhin schon angesprochen – in meiner Verantwortung als Minister gehabt zu haben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Und bei den Treffen mit Herrn Denker ging es um die Aufklärung?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Nein, beim Herrn Denker ging es darum, dass ich ungehalten war, dass uns EADS so im Regen stehen lässt und wir praktisch die ganzen Gegengeschäftsvorwürfe als Ministerium alleine ausbaden, und sie sollen sich bemühen, uns da Unterstützung zu geben; was sie auch getan haben.

Ich möchte überhaupt die Zusammenarbeit mit Airbus ab dem Zeitraum 2012 als sehr korrekt darstellen und habe keinen Anlass, da jetzt irgendwie Beschuldigungen oder anderes zu erheben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Da möchte ich dir in diesem Zusammenhang noch ein Dokument mit der Nummer 57459 vorlegen (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen), und zwar ist das ein Schreiben von EADS an dich. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Kannst du uns noch den Hintergrund dieses Schreibens erläutern? Das ist vom 13. Dezember 2012.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das ist das angesprochene Schreiben, das Antwortschreiben, das der Herr Tom Enders, Dr. Thomas Enders, mir geschickt hat, wo er im Prinzip das wiedergibt, was er, glaube ich, am 11. Juli noch einmal gesagt hat: Er regt sich eigentlich über uns auf, dass wir nicht verstehen wollen, wie großartig und segensreich das alles ist, bietet aber dann auf der anderen Seite schon Unterstützung an, und die Unterstützung ist dann ein paar Tage später in Form eines weiteren Briefes gekommen, und Herr Wolf-Peter Denker, der jetzt noch agiert, ist nominiert worden und dann in Begleitung von Rechtsanwälten und, glaube ich, einer Marketingfirma aufgetreten.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Heißt das, sie haben sich dann der Aufklärung durchaus anschließen wollen, oder haben sie sie blockiert? (Vorsitzender Kopf gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Dr. Reinhold Mitterlehner: Nein, da ist es weniger um die Aufklärung gegangen – auch! –, sondern vor allem um die Unterstützung von uns, weil wir gesagt haben: Nach Treu und Glauben ist das unser Partner, die sollen uns also da gefälligst auch Argumente und anderes und das, was sie auch selber tun, liefern, um die Angelegenheit aufzuklären; denn nur zu sagen: Wir haben da geliefert und – was weiß ich wie die heißen – Chance oder so (Abg. Tamandl: Clifford Chance!), die Rechtsanwaltskanzlei, beauftragt, und das war es dann!, das war, glaube ich, auch zu wenig. (Abg. Tamandl: Danke!)

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Vizekanzler, das Ziel 400 Millionen € Gegengeschäftsvolumen wurde gestern als (Auskunftsperson Mitterlehner: 4 Milliarden!) – Milliarden, ja. Entschuldigung, ich bin ja bescheiden – äußerst ambitioniert dargestellt. Haben Sie an dieser politischen Zielsetzung mitgewirkt?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Kollegin, alleine aus dem, was ich vorher gesagt habe, können Sie schließen, dass ich das nicht getan habe, aber ich möchte trotzdem nicht im Raum stehen lassen, dass die damaligen Verantwortlichen nicht die beste Motivation gehabt haben, der Wirtschaft etwas Gutes zu tun. Das Problem dabei war, dass 200 Prozent offensichtlich sehr ambitioniert – auch im internationalen Vergleich – waren.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Ich darf Ihnen ein Dokument vorlegen über diese ambitionierte Vorgangsweise. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist aus dem BKA-Bericht, eine Einvernahme des internen Revisionisten, Dr. Brauch, es hat die Nummer 58276, Seite 371 von 458, unten. Dr. Brauch wird ein Report an EADS Deutschland, der in Zusammenhang mit den Geschäften Vector Aerospace steht, vorgelegt; seine Bemerkung dazu, ich lese Ihnen vor: „Wenn die Firma VECTOR tatsächlich Gegengeschäfte im Volumen von ca. 3,4 Milliarden Euro vermittelt hätte, erscheint es mir nach meinen Erfahrungen nicht ausgeschlossen, dass die Firma VECTOR dann einen Betrag von schätzungsweise um die 150 Millionen Euro benötigt hätte. Nach meinem Wissen ist zur Erreichung von Kompensationsgeschäfte erforderlich, an die jeweiligen Vertragspartner Provisionen in Höhe von 3-5 % des Geschäftsvolumens zusätzlich neben dem Auftragsentgelt zu zahlen, damit insbesondere“ – Achtung! – „bereits abgeschlossene Geschäfte, die bereits unabhängig von dem Eurofighter-Geschäft durchgeführt werden auf das Kompensationsvolumen angerechnet werden und die Voraussetzung hierfür geschaffen werden, insbesondere die Verträge zur Verfügung gestellt werden. Diese allgemeinen Abläufe zu Kompensationsgeschäften sind mir aus einer allgemeinen Revisionsprüfung zur Effizienz bei Kompensationsgeschäften bekannt.“

Ich lasse dann einen Satz weg.

„Nachdem was ich der Presse entnehmen konnte ist allerdings der Abwicklungsmodus der Zahlungen über Firmen u.a. auf den Caymans sehr auffällig.“

Was sagen Sie dazu? Ist dieses ambitionierte politische Ziel nicht geradezu die Aufforderung, Voodoo-Geschäfte zu machen und Provisionszahlungen in fast krimineller Natur zu veranlassen?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Schauen Sie, ich kann das nicht beurteilen, was jetzt da die Branchenusancen sind und wie da offensichtlich vorgegangen worden ist. Tatsache dürfte sein, dass es offensichtlich leichter ist, eine entsprechende Gegengeschäftsbestätigung zu bekommen, wenn das Unternehmen das zuliefert oder sonst in Vertragsbeziehung ist, direkt mit dem Vertragspartner in Kontakt steht. Schwieriger dürfe das sein, wenn das ein sowieso laufendes und nicht in direktem Zusammenhang - -, sondern nur von der Motivation, dass das entstanden ist, Geschäft ist. Da kann ich aber nicht beurteilen, ob es tatsächlich so mit den Provisionen üblich ist oder nicht üblich ist, das muss sich der Staatsanwalt anschauen.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Der hat dann auch diese Unterlagen zur Verfügung. (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.) – Ganz kurz noch: Wir konnten ja gestern und heute auch durch Ihre dankenswerterweise sehr offene Auskunft festhalten, dass also insgesamt die Tatsache Gegengeschäfte einfach Provisionen implementiert oder impliziert, wenn das Volumen zu groß ist.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Darf ich Ihnen sagen: Das ist jetzt eine Unterstellung.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Ja, ich sage ja: ich; das ist meine Feststellung!

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ja, aber legen Sie es mir auch nicht in den Mund! Das habe ich nicht gesagt, sondern - -

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Das war meine Schlussfolgerung aufgrund verschiedenster Aussagen gestern und heute, politische Schlussfolgerung.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich habe nicht gesagt, dass es Provisionen in dem Zusammenhang gegeben hat und wir das akzeptiert haben – keinesfalls! Das haben wir, was den Vertrag und die Vertragsabwicklung anbelangt, so gesehen, und darauf lege ich Wert, auch im Namen meiner politischen Verantwortung. Lassen Sie mir schnell Zeit; das heißt: Ergeben sich nachträglich schwerwiegend neue Umstände – das ist eine Provisionszahlung –, dann gibt es genau die Probleme mit der Anrechenbarkeit und alle anderen Konsequenzen.

Daher: Ich habe nicht bestätigt, dass das so ist, sondern wenn das als Verdacht da ist und bestätigt wird, dann muss es Konsequenzen geben, und die Konsequenzen habe ich bei Airbus und bei den sonstigen Vertragspartnern genauso vorbereitet – kein Unterschied.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Von den Unterstellungen wieder zu den Inhalten zurück: Ich möchte Ihnen das Dokument mit der Nummer 688 vorlegen (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt), und zwar geht es da um ein Schreiben von Ex-Minister Darabos an Sie, der Ihnen von der dortigen internen Revision die Bitte weiterleitet, dass Ihre interne Revision unterstützt, weil eben die mediale Öffentlichkeit über Unregelmäßigkeiten, vor allem was den Bereich der Gegengeschäfte betrifft, diskutiert.

Was mich jetzt interessiert: Das waren ja, also theoretisch laut Vertrag zumindest, kommunizierende Gefäße, der Grundvertrag und die Gegengeschäfte. Wie intensiv war der Austausch mit Ihrem Kollegen Darabos zu den Themen Eurofighter und Gegengeschäfte im Jahr 2012, was ja schon deutlich hinter dem Vergleich liegt? War das ein regelmäßiges Thema, selten, so gut wie nie?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Soweit ich mich erinnere, haben wir eher ganz selten, wenn überhaupt, konkretere Gespräche geführt. Sie müssen mich eines Besseren belehren, aber in der Sache haben wir nie einen Termin gehabt im Sinne von einer konkreten Auseinandersetzung mit Mitarbeitern über die Thematik. Also mir ist das jetzt nicht mehr geläufig.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Das Thema Eurofighter und Gegengeschäfte war sozusagen auf der Ministerebene nicht mehr im Vordergrund. Kann man das so sagen?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das kann man ganz sicher sagen, ja, denn im Endeffekt war der Vertrag, nämlich die Verringerung der Stückzahl, die Anpassung, im Jahr 2008, meines Wissens – na, früher schon (Abg. Bernhard: 2007!) 2006, 2007 – und daher war das zu dem Zeitpunkt, als ich Minister geworden bin, erledigt. Daher war diese Problematik nicht unbedingt jetzt die relevante – mein Eindruck zu dem Ganzen.

Frau Moser, ich wollte, weil es wichtig ist, nur noch sagen: Wir haben uns auch das dazumal von der Rechtsabteilung beurteilen lassen, die schwerwiegenden neuen Umstände. Da heißt es – Zitat –: Insbesondere Handlungen, die als illegale Aktivität zu qualifizieren sind, wie beispielsweise Schmiergeldflüsse, sind unter die im Gegengeschäftsvertrag angeführten schwerwiegenden Umstände zu subsumieren. – Zitatende. Das ist, glaube ich, sehr einfach. – Entschuldigung, das war mich wichtig.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Das war wieder die grüne Fraktion, aber es wird eh nicht von meiner Zeit abgezogen, glaube ich.

Ich möchte aber weitergehen, weil ich gerade beim Verteidigungsminister war, und zum nächsten Verteidigungsminister springen. Das hat einen Konnex mit dem Verhalten wie auch mit dem Wirtschaftsministerium. Der aktuelle Verteidigungsminister hat die Gegengeschäfte in verschiedenen Medien als„Trägerrakete für Korruption, Misswirtschaft und Geldwäsche“ bezeichnet.

Das ist vielleicht ein schöner Text für ein Plakat. Sie haben ja auch mit ihm zusammengearbeitet: Können Sie herleiten, warum er den Themenbereich, der in Ihr Ressort gefallen ist, als „Trägerrakete für Korruption, Misswirtschaft und Geldwäsche“ bezeichnet?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ehrlich gesagt, ich war über die Formulierung alles andere als erfreut, denn meines Erachtens: Wenn es eine Trägerrakete gibt, dann ist die Trägerrakete die Firma Vector und EBD; und die Ungeklärtheiten, was dort genau mit den, sagen wir einmal, 183 Millionen geschehen sollte, wie das abgewickelt worden ist und wer gegenüber wem auch den Mittelfluss verantwortet, das ist die entscheidende Frage.

Die andere Frage beziehungsweise Behauptung ist eine unbewiesene Behauptung. Das, was Kollege Pilz angebracht hat, war oder ist mir auch neu. Es würde schon ein Argument in die Richtung sein, dass auch die Gegengeschäfte da teilweise diskreditiert worden sind, aber das ist jetzt noch zu beweisen und zu klären, wie das zu sehen ist und ob das  – auch im Zusammenhang mit konkret genehmigungsfähigen Fällen – mit Provisions- und Zahlungsleistungen rechtlich zu beurteilen ist.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Jetzt komme ich zu Ihrem Haus, weil das eben in dem Konnex steht. Wir haben die letzten eineinhalb Tage Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums hier gehabt, darauf kann ich dann auch gerne eingehen.

Ein Thema war, dass der Abteilungsleiter dem Sektionschef immer wieder über Personalnot geklagt hat. Wurde Ihnen das in irgendeiner Form mitgeteilt, haben Sie gewusst, dass man in diesem Themenbereich massiv unterbesetzt ist?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Also zu mir ist das in der Form nicht gekommen, und ich bin etwas überrascht, dass das angeblich so einen hohen Stellenwert hat.

Das heißt jetzt in dem Zusammenhang: Was nicht zu mir kommt, dass es dann nicht existiert, das wäre auch jetzt die falsche Schlussfolgerung; aber hätte es im Zusammenhang mit derartigen Problemen Auseinandersetzungen mit dem Personalchef und mit anderen gegeben, wäre das mir auch zu Ohren gekommen, weil das berichtspflichtig ist. Das hat es nicht gegeben, also ist das im Nachhinein jetzt eine Darstellung, die ich jetzt einmal so stehenlassen würde, aber das ist nicht der entscheidende Faktor für irgendwas.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ja, der entscheidende Faktor war, dass zum Beispiel die Mitarbeiter, die am Anfang im Wirtschaftsministerium in Sachen Gegengeschäfte betraut waren, beide, mindestens ein schlechtes Licht, wenn nicht einen deutlichen Schaden verursacht haben.

Ich lege Ihnen das Dokument 59016 vor. Sie haben es vorher schon erwähnt. Es ist der Clifford-Bericht – das liegt noch vor Ihrer Zeit; der zweite ist dann in Ihrer Zeit –, wo eben der Mitarbeiter Franz Borth Herrn Steininger und auch Frau Olbrecht, spätere van Toor, und  Stefan Moser quasi mit den Verhandlungspositionen des Wirtschaftsministeriums versorgt hat, und zwar ohne das Wissen und den Willen des Ressorts.

Der Mitarbeiter wurde später dann versetzt, seiner Aufgabe bei den Gegengeschäften enthoben. (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.) Das heißt, es gab schon deutliche Warnsignale. Ich darf darauf verweisen - - (Abg. Tamandl gibt ein Handzeichen zur Erteilung der Redeerlaubnis.) Darf ich noch eine ‑ -

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Kollegin Tamandl hat einen Einwand.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich habe einen zeitlichen Einwand, denn das, was Kollege Bernhard sagt, war alles in der Zeit von 2006. Da ist Herr Borth seit Jänner 2005 längst weg gewesen, Herr Natich ist im Jahr 2006 weggekommen, und Herr Wirtschaftsminister Mittlerlehner hat im Dezember 2008 sein Amt angenommen; da, das hat Herr Natich gestern auch gesagt, sind die Abteilungen umstrukturiert worden. Da geht es nur darum, dass das keinen falschen Eindruck hinterlässt. Herr Vizekanzler und Wirtschaftsminister Mitterlehner war zu dem Zeitpunkt, zu dem du (in Richtung des Abgeordneten Bernhard) zitierst, noch lange nicht im Amt. – Das nur der Korrektheit halber.

Vorsitzender Karlheinz Kopf (in Richtung der Abgeordneten Tamandl): Geht das jetzt auf Kosten deiner nächsten Fragerunde? (Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Meine letzter Beitrag in dieser Runde, ich komme danach, in der nächsten Runde, zu einem Telefonprotokoll. (Auskunftsperson Mitterlehner: Ja, fragen Sie mich etwas!)

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Also was war die Frage, in aller Kürze, denn die Zeit ist abgelaufen!

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Mein Punkt ist die Herleitung, dass man eine Abteilung hatte, in der das Thema Gegengeschäfte behandelt wurde, und man gewusst hat, dass es in der Vergangenheit Probleme gegeben hat. Da ist natürlich eine größere Sensibilität, nicht vom Minister, aber in darunter liegenden Ebenen zu erwarten. Die Herleitung, das Telefonprotokoll, kommt in der nächsten Runde. – Ich danke. (Abg. Weninger: Das war keine Frage!)

Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Kollege, ich darf Ihnen aber trotzdem jetzt kurz antworten. Dem möchte ich widersprechen, sondern – worauf Frau Kollegin Tamandl schon hingewiesen hat – es ist klar, dass das offensichtlich in der Dimension und in der Abwicklung Neuland war, auch für unsere Beamten, dass es da bestimmte Probleme gegeben hat, die der Rechnungshof und andere angemerkt haben, dass aber dann – das hat Herr Minister Bartenstein meines Wissens ja auch ausgeschildert – die entsprechenden Konsequenzen getroffen worden sind und – aus meiner Sicht – unter Einbeziehung von Experten und externer Hilfe auch eine durchaus zufriedenstellende Infrastruktur im Haus aufgestellt worden ist. Ich hatte, wie ich im Jahr 2008 übernommen habe, nicht den Eindruck gehabt, dass es gröbere Ablaufprobleme gibt. Die haben sich auch nicht bestätigt, sondern was sich bestätigt hat, waren außenstehende Informationen, Medienberichte – jetzt sind wir wieder bei Lande und anderen –, mit dann den entsprechenden politischen Konsequenzen, die ja eben auch dazu geführt haben, dass das Haus die entsprechenden Anrechnungen bis jetzt nicht getätigt hat.

Das ist alles in Schwebe, bis das alles aufgeklärt worden ist, und das finde ich auch komplett richtig. Also das ist nicht das organisatorische Problem, das jetzt zu irgendwelchen Vorwürfen – wenn es sie überhaupt gibt – geführt hat, sondern das sind ganz andere Sachverhalte.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Vizekanzler, Ing. Borth hat ja diese E-Mails regelmäßig an Frau Olbrecht weitergeleitet – an der Stelle haben wir vorhin aufgehört –, das hat einen gewaltigen Schaden verursacht. Wer hat im Ministerium damals gewusst, dass da eine undichte Stelle, ein Maulwurf ist, der EADS intern informiert? (Verfahrensanwalt-Stellvertreter Kasper: Herr Abgeordneter, bringen Sie es bitte in einen zeitlichen Zusammenhang mit seiner Tätigkeit, dann können wir vielleicht darüber reden!) – Wann ist denn das aufgekommen?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Nicht zu meiner Zeit! Ich habe mit dem Herrn Borth in dieser Frage keinen Kontakt gehabt und auch sonst nicht; und was ich gelesen habe, hat er das auch bestritten. Also ich möchte auch das nicht jetzt irgendwie dann bestätigen, wenn er irgendwas Unrechtmäßiges getan hat. Er war vielleicht etwas übermotiviert, weiß ich nicht, aber das muss wer anderer beurteilen und hat es auch beurteilt; und es war nicht in meiner Zeit.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Also dankenswerterweise hat er es bei der Befragung nicht mehr bestritten. Hat es aufgrund des Falles Ing. Borth Anweisungen zur Änderung der Compliance-Richtlinien hinsichtlich des Umgangs mit den externen Firmen gegeben, zum Beispiel ein Screening in Richtung Vector Aerospace, P & P Consulting, Domerfield. Sind die geprüft worden, wenn man sagt, das sind diese Drehscheiben?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Na klar, dass da die Verhaltensregeln alle noch einmal überprüft worden sind, dass es da, meines Wissens, auch keinerlei Kontakte zu denen, die über die dienstliche Abwicklung hinausgehen, gegeben hat und dass man das dann in Zukunft zehnmal überlegt hat, was da alles an Informationen weitergegeben wird, nehme ich an.

Ich habe gerade geschildert, dass ich über den Stand der Abwicklung, was jetzt die letzten Zahlen anbelangt, das ja wissen wollte, und nicht einmal ich habe sie bekommen, also spricht das eher für eine übervorsichtige oder sehr korrekte Vorgangsweise – okay.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Da hätten wir das Dokument mit der Nummer 57089, das ist die Generalversammlung und Sitzung des Lenkungsausschusses vom 6. Oktober 2006. Es geht wieder um Frau Keglevich. Sie dürfte doch eine wesentliche Rolle gespielt haben, denn da steht im Protokoll: „Dr. Mitterlehner hält fest, dass für die nächste Generalversammlung auch wieder die Vertreter der EBD, Dr. Bergner und Fr. Mag. Keglevich und des EUROJET-Konsortiums – Hr. Kumpf/MTU – zum Informationsaustausch eingeladen werden sollen.“

Dr. Reinhold Mitterlehner: Also ich habe es jetzt noch nicht gelesen, aber ich nehme an, dass das so stimmt. Ja, das steht genau mit der Intention in Zusammenhang, dass ich mich bemüht habe, für die heimischen Firmen möglichst gute Informationen und eine gute Anknüpfung, was Gegengeschäfte anbelangt, herzustellen.

Da sind die handelnden Personen zu dem Zeitpunkt Herr Bergner, Frau Keglevich und – ich weiß nicht, wer der Dritte war – gewesen, der ist mir nicht mehr in Erinnerung. Frau Keglevich ist mir eher deswegen in Erinnerung, weil sie auch bei anderen Aktivitäten aufgetreten ist, das war es.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Was war die ihr zugedachte Rolle?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Sie war Vertreterin der Firma EBD und hat, glaube ich, die Marketingaktivitäten und anderes betreut, aber darüber hinaus offensichtlich auch eine Vertretungsfunktion gehabt, sonst wäre sie da nicht eingeladen gewesen.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Ich beziehe mich auf das Dokument mit der Nummer 57630, Seite 8. Zur Prüfung von Geschäftsfällen war auch die KPMG eingesetzt. Warum traten dann plötzlich Befangenheitsüberlegungen auf?

 KPMG hätte das doch von sich aus dem Wirtschaftsministerium anzeigen müssen. Die wären doch dazu verpflichtet gewesen. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen und berät sich mit dem Verfahrensanwalt.) Seite 8 von 22. (Auskunftsperson Mitterlehner: Herr Kollege ich verstehe jetzt die Frage an mich nicht! Das ist mir nicht schlüssig, was ist die Frage jetzt?) „[...] (‚Die großen Vier machen sich bereit‘), aus dem hervorging, dass die KPMG Deutschland (gemeinsam mit Ernst & Young Deutschland) den Rechnungsabschluss von EADS geprüft hat.“

Dr. Reinhold Mitterlehner: Den Rechnungsabschluss von EADS? Was ist der implizierte Vorwurf, der aus dem hervorgeht?

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): War da nicht eine gewisse Befangenheit gegeben?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Von der KPMG, weil man dort sozusagen ‑ - Soweit ich die Organisationsstruktur der KPMG kenne, ist da kein direkter Zusammenhang, sondern ein namentlicher Zusammenhang und eine relativ große Selbständigkeit, was die einzelnen Aktivitäten in Österreich anbelangt. Aber mir ist der Konnex überhaupt nicht bewusst gewesen. Ich habe die Firma KPMG nicht beauftragt, sondern das war meines Wissens schon Bartenstein.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Es hat trotzdem Bedenken gegeben. Darauf hat Herr Mag. Weiland, der Leiter der Task Force Gegengeschäfte, aufmerksam gemacht. – Das steht im gleichen Absatz, drei Zeilen höher.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Darf ich fragen: Was ist das, woraus jetzt zitiert wird?

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Das ist das Papier mit der Nummer 57630, Seite 8. Es ist aus dem Wirtschaftsministerium, der Bericht 2011, Stichprobenprüfung.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Da steht, dass von der Finanzprokuratur eine Stellungnahme eingeholt wurde, und die haben das offensichtlich nicht gemeldet, oder es war kein Grund irgendeine Befangenheit festzustellen. Die hätten das selber sagen müssen, haben aber offensichtlich da keinen Zusammenhang gesehen.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Die haben aber auf die Befangenheit hingewiesen, also der Mag. Weiland. (Auskunftsperson Mitterlehner: Bitte?) – Mag. Weiland hat ja die Bedenken gehabt.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Es tut mir leid, ich kann jetzt einfach den Konnex nicht erkennen. Mir ist das nicht geläufig gewesen, weder, dass es diese „Handelsblatt“-Artikel gegeben hat, noch eine Art Stellungnahme der Finanzprokuratur. Wenn ich aber das jetzt ganz rasch überblicke, dann heißt das im Endeffekt: Das müsste die Firma von sich aus sagen, und offensichtlich ist das nicht notwendig gewesen, weil der direkte Zusammenhang nicht da ist.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Aufgrund einer Internetrecherche – aber was war das Ereignis? (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.) War das ein Zeitungsartikel, war das ein Zeitungsbericht oder was war der Grund?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich weiß es beim besten Willen nicht, weil das offensichtlich irgendwer gelesen hat (Abg. Steinbichler: Im „Handelsblatt“!), den Eindruck gehabt hat, und offensichtlich war der Zusammenhang aufgrund der eigenen Rechtspersönlichkeit und der Unterschiede nicht da. Ich sage aber nur das ist meine Einschätzung, weil ich war in die Angelegenheit weder involviert, noch, Herr Kollege, war es mir bekannt. Ich höre das das erste Mal.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Frau Abgeordnete Tamandl zu Wort gemeldet!

*****

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Kollege Steinbichler, wenn man aus einem Dokument zitiert, dann sollte man auch ein E-Mail, das sich ebenfalls in diesem Komplex des Dokuments befindet, von Herrn  Gernot Fina, der damals der Abteilungsleiter war, nehme ich an - -

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Was hat das mit der Geschäftsbehandlung zu tun?

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Entschuldige: weil es ein völlig unrichtiger Vorhalt ist, den Herr Steinbichler da macht, nämlich dass das Wirtschaftsministerium die Klärung zuerst einmal verordnet hat, bevor die Honorarnote an die KPMG bezahlt wird. Das ist ein völlig falscher Vorhalt, der, ohne die anderen Notwendigkeiten, die in diesem Dokument enthalten sind, ebenfalls zu erwähnen, gemacht wird. Der Akt ist völlig unvollständig als Vorhalt vorgelegt, das geht einfach nicht.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Das sehe ich nicht so. (Abg. Steinbichler: Ich schließe mich dem Vorsitzenden an!)

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Vorsitzender Karlheinz Kopf: Wir gelangen zur dritten Fragerunde. – Herr Abgeordneter Pendl, bitte.

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Minister, ich habe abschließend eine Frage, weil ich immer versuche, auch an morgen zu denken. Wir haben 33 Personen, die in fünf verschiedenen Verfahren betroffen sind. Jetzt habe ich zweimal gehört, dass man im Ressort in Fällen, die in die Justiz hineinspielen, mit den Entscheidungen darauf wartet, was die Justiz macht. Meine konkrete Frage: Wir haben 2017, bis 2018 sollen die Geschäfte erledigt sein; was macht das Ressort, was würdest du jetzt vorschlagen, wenn die Justiz bis dorthin nicht entschieden hat?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich will mich jetzt nicht herausreden, Otto, aber ich bin nicht mehr der Ressortverantwortliche und möchte einfach meinem Nachfolger keine Vorschläge machen oder Empfehlungen geben, weil das hier herinnen nicht die Angelegenheit ist. Tut mir leid. (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Minister, ich möchte Ihnen das Dokument 56931 vorhalten. Es ist die Seite 20 aus dem Gutachten des Dr. Aicher zum Gegengeschäftsvertrag.

In diesem Gutachten hält er fest, dass es ein wesentlicher Nachteil dieses Vertrages war, dass keine Missbrauchskontrolle vorgesehen war und die „Anrechenbarkeit von mit Dritten vermittelten Geschäften“ verpflichtend gewesen sei. Wie beurteilen Sie diesen Gegengeschäftsvertrag? Sehen Sie darin einen Vertrag, der von unserer Seite so verhandelt wurde, dass der Vorteil der Republik zum Ziel gesetzt worden ist oder eher der Nachteil?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Schauen Sie, ich habe vorhin schon gesagt, dass der Vertrag nicht von mir gemacht worden ist, sondern schon bestanden hat, als ich das Amt übernommen habe. Zweitens habe ich in meiner einleitenden Darstellung bemerkt, dass die Ausrichtung, 200 Prozent Gegengeschäfte erzielen zu wollen, und die Einbeziehung auch der Anrechnung von Geschäften, die Dritte angeregt haben, ein bestimmtes Problem darstellen. Das hat offensichtlich auch Herr Professor Aicher da releviert.

Ich glaube aber, das Gutachten ist ‑ - Wann ist das entstanden? Im Jahr 2008? (Abg. Bösch: Das ist aus dem Jahr 2008 ...!)  Ja, eben, aus dem Jahr 2008, daher vor meiner Tätigkeit. Ich möchte jetzt weder meinen Vorgänger kritisieren noch sonstige zusätzliche Bemerkungen machen. (Abg. Bösch: 2008 sind Sie doch Minister geworden!) – Ende des Jahres (Abg. Bösch: Ende 2008, aha!), und es hat mit mir – das Gutachten – weder die Auftragsvergabe noch sonst etwas zu tun.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Mich hat eigentlich nur Ihre Meinung zur Qualität des Gegengeschäftsvertrages interessiert.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das ist nicht Beweisthema, und ich habe es an sich schon geäußert, dass die Absicht – weil Sie gefragt haben, ist das gegen den Steuerzahler oder Standort – eine ausgesprochen positive ist.

Die Frage ist, sind es taugliche Instrumente, und bei den Instrumenten – das haben wir auch angesprochen –: Die eine Abwicklung durch die EBD unter nicht genauer Kontrolle des Vertragspartners ist offensichtlich ein Problem. Und das Zweite: Die relativ große Bandbreite des Vertrages ist zumindest diskutierbar. – Das ist es. (Abg. Bösch: Danke sehr!)

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich möchte dir noch abschließend ein Dokument mit der Nummer 57520 vorlegen (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt), und zwar möchte ich wissen, ob du dich erinnern kannst, dass es in deiner Zeit als Wirtschaftsminister Interventionen gab, von Firmen, von Politikern, ob jemand so quasi interveniert hat, dass er auch zu einem Gegengeschäft kommt. Kannst du dich daran erinnern? Das Schreiben, das ich dir vorlege, ist von einem Unternehmen an dich, wo auch um deine Hilfe gebeten wird, hier zu Geschäft zu kommen. Gab es da mehrere solche Ansuchen?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Es gab mehrere derartige Interventionen, aber – um das jetzt auch ein bisschen in einen zahlenmäßigen Rahmen zu bringen – das war keine Hunderte umfassende Darstellungsreihe, sondern ein paar vereinzelte, zu dem damaligen Zeitpunkt noch immer mit dem Interesse versehen, wir möchten auch gerne da zum Zuge kommen, was in der Praxis dann aber schwierig war. Es hat dann aber ein paar gegeben, die sich aufgeregt haben, dass sie sozusagen da in der Gegengeschäftsliste aufscheinen oder in Zeitungsberichten aufscheinen, denn sie hätten eigentlich ja gar nicht und überhaupt - - Ich weiß nicht, ob es da nicht einmal um irgendein Milchpulver oder etwas anderes gegangen ist – und ein paar ähnliche Fälle. Aber auch das war an einer Hand abzählbar.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wenn du auf die Seite 5 von 7 in dem Dokument blätterst: Da wurde dann ein Brief (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen) zurückgeschickt, wo eben du deine Mitarbeiter quasi beauftragst, dass sie sich um das kümmern sollen. War das immer so bei Interventionen?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ja, meistens haben wir halt das dann in das Liniensystem gebracht und die Kontakte mit den Verantwortlichen hergestellt, aber ich sage schon dazu – das ist auch aus dem Schreiben erkennbar –, ohne dass da jetzt von uns irgendeine Beeinflussung oder der Versuch erfolgt, Ausschreibungsvorgänge zu unterbinden – also im Endeffekt eine Systemauskunft, mehr war es nicht.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Allerletzte Frage: Bartenstein hat vorige Woche gesagt, er hat sich als neutraler Abwickler gesehen. Hast du dich auch als neutraler Abwickler in dieser ganzen Angelegenheit gesehen?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Komplett genau dasselbe eigentlich wie der Minister Bartenstein. Im Endeffekt schreibt der dann halt noch einmal, der sagt eben auch, er ist enttäuscht, dass er da keine Gegengeschäfte bekommen hat und so weiter. Also es ist die - - Auch ich selbst, obwohl ich etwas breiteres Wissen gehabt habe, habe am Anfang die Meinung gehabt, da werden wir jetzt Hunderte Mittelbetriebe irgendwo ins Geschäft bringen. Und das war halt dann, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, da es dann ja auch Regelmäßigkeit der Erbringung der Leistung geben muss, und auch vom technischen Inhalt her ziemlich schwierig.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Nur noch ganz kurz: Wenn ein Wirtschaftsminister draufkommt, dass Provisionen im Zusammenhang mit einem Gegengeschäft geflossen sind – Sie haben gesagt, klar, sofort an die Staatsanwaltschaft; das hatten wir bereits –, was hat er dann in seinem Ressort in Bezug auf die betroffenen Gegengeschäfte zu tun?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Dem Vertragspartner mitzuteilen, dass schwerwiegende Umstände eingetreten sind, die die Anrechnung dieser Geschäfte unmöglich machen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ja, das ist für mich der entscheidende Punkt, und ich bin froh über diese Klarheit. Der Wirtschaftsminister hat jetzt diese Beweise am Tisch liegen, also Ihr Nachfolger, und hat – und ich bin da vollkommen Ihrer Meinung – zweierlei zu tun: erstens, Firmen verständigen, diese Geschäfte können nicht mehr anerkannt werden – in dem Fall handelt es sich um die Zurücknahmen konkreter Gegengeschäftsanerkennungen –, und zweitens natürlich die Weitergabe dieser Unterlagen und der Sachverhalt an die Staatsanwaltschaft, so sie nicht schon dort sind.

Was hat der Wirtschaftsminister gegenüber Beamten zu tun, bei denen, wie in den Fällen von Amtsdirektor Machinek, aus Telefonüberwachungen (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen) ganz konkret Hinweise auf 80, 100 Millionen verschwundene Gelder und so weiter existieren – ich spare mir jetzt die Details –, und zweitens in Hinblick auf andere Personen in diesem Zusammenhang? Was hat der Wirtschaftsminister gegenüber Beamten zu tun, die durch diese Untersuchungen ganz konkret belastet werden? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt-Stellvertreter.)

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich möchte da jetzt keine endgültige Interpretation geben, da es bis jetzt Verdachtsmomente sind, die jetzt teilweise ja auch im Ministerium noch nicht als Beweise oder sonst etwas aufliegen. Und dann, wenn das entsprechend klar ist, dass es so ist, und das auch gesehen und betrachtet werden kann, werden die entsprechenden Konsequenzen auf allen Ebenen zu ziehen sein. Das ist dann aber immer Angelegenheit des jeweiligen Verantwortlichen und gilt natürlich dann auch für den Personalbereich. Gibt es genaue Vorgänge dienstrechtlicher und sonstiger Art?, das wird zu prüfen sein. Bis jetzt sind es Verdachtsmomente.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich mache genau dort weiter, wo ich vorher aufgehört habe, bei dem Telefonprotokoll, das ich angekündigt habe, einerseits von Frau Drumbl, andererseits von Amtsdirektor Machinek, im Jahr 2011, also in der Zeit, die jetzt auch Kollege Pilz schon anvisiert hat. Das Gespräch beginnt damit, dass Frau Drumbl den Herrn Amtsdirektor Machinek spricht und er verweist schon darauf, dass er keinen Kontakt mit der Firma Schoen haben darf, entsprechend einer Anweisung. Das Gespräch geht weiter, die Begründung ist dann von Machinek – gegenüber unserem Auftragnehmer, am Ende des Tages, in dem Fall eine Lobbyistenvertretung –: „ja der Staatsanwalt ermittelt und so weiter und fina will damit also bis dahin keinen Kontakt“.

Ich springe ein bisschen, da die Zeit ja relativ knapp ist. Es geht dann weiter um Unterlagen und er nimmt dann Bezug (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen) und sagt: „Ja schaun sie, für uns das ja auch eine verrückte Sache. Der Staatsanwalt prüft seit 2004. [...] Das da nicht alles in Ordnung war davon bin ich überzeugt“.

Und dann geht er weiter zum Thema Untersuchungsausschuss und sagt hier (Vorsitzender Kopf gibt neuerlich das Glockenzeichen) – ich mache nur den Satz fertig und stelle dann meine abschließende Frage, Herr Präsident –: „Es ist wahrscheinlich für alle Beteiligten das nicht lustig, nicht. Aber wenn die da 80 bis 100 Millionen suchen, die nicht da sind, ja natürlich und da wird gesucht und die werden das nie finden natürlich nicht. aber natürlich würde man es finden, wenn man es finden will das ist ja auch klar, aber man will es nicht, nicht“.

Das war ein Mitarbeiter in Ihrer Zeit; und das ist ein Sittenbild, das wir aufgrund der Unterlagen, die uns vorliegen, haben. Meine konkrete Frage ist tatsächlich: Was geben Sie uns und der Politik mit, was wir an Spielregeln ändern müssen, damit wir solche Fälle von 2003 bis 2011 nicht für die Zukunft fortschreiben (Vorsitzender Kopf gibt neuerlich das Glockenzeichen), denn zufriedenstellend kann es nicht sein?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Wir können einmal ein Privatissimum darüber führen, wenn Sie wollen, aber das hat jetzt mit dem Verhandlungs- und Befragungsgegenstand nichts zu tun. Es geht um die Aufgabe - - (Abg. Bernhard: 80 bis 100 Millionen?) – Nein, es ist die konkrete Frage in dem Zusammenhang an mich, nicht an den Beamten, der in irgendeiner Form da Aussagen trifft, die ich einfach nicht bewerten kann – die kommen mir relativ auf dem Zusammenhang gerissen vor, aber bitte. Ich sehe jetzt den Konnex zu mir nicht. Mit mir hat er diese Gespräche nie geführt, wenn Sie auf das hinauswollen.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Meine Frage war, was Sie uns mitgeben, das wir in Zukunft tatsächlich besser machen können, denn der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ist schon gegeben, wenn man von fehlenden 80 bis 100 Millionen spricht und die Person, die das sagt, ein Mitarbeiter Ihres Ressorts war. Also der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ist gegeben. Wenn Sie das - -

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Kollege Bernhard, Sie haben recht, das Thema Zahlungsflüsse kommt vor, nur was äußert der Mitarbeiter da: eine Vermutung in den leeren Raum hinein. Woraus wollen Sie da von einem Minister eine Ableitung für konkretes Handeln, wenn ein Mitarbeiter seines Hauses eine Vermutung äußert? Da steht ja nicht drinnen, der Mitarbeiter hat etwas genommen oder der Mitarbeiter hat das und jenes getan. Ich weiß nicht, was Sie da vom Minister hören wollen?

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Na, das Privatissimum war schon ein gutes Angebot.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Na gut.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Wenn zwei der drei Mitarbeiter, die in Summe mit dem Thema beschäftigt waren, irgendwann abgezogen oder verdächtigt werden, ist es halt einfach hinterfragenswert. Ich denke, das darf man ja wohl auch als Erkenntnis mitnehmen.

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Okay, Privatissimum.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Zur Wertschätzung der Frau Kollegin Tamandl bleibe ich beim Dokument 57630. Herr Vizekanzler: „Mag. Weiland äußerte in weiterer Folge Bedenken dahingehend, dass möglicherweise ein Interessenskonflikt auf Seiten der KPMG besteht. Es wurde eine Stellungnahme“ – das bestätigt er – „bei der FinProk eingeholt“.

Und dann steht da: „Grundsätzlich wäre es daher Aufgabe des Wirtschaftsprüfungsunternehmens, von sich aus eine etwaige Unvereinbarkeit aufzuzeigen und den Prüfungsauftrag zurückzulegen“. – Ist das im Ministerium diskutiert worden?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ist mit mir nicht diskutiert worden. Ich habe es vorher schon angesprochen, ich habe das nicht gekannt, und ich habe die Unterlage ja schnell überflogen und ja genau das festgestellt: Offensichtlich hat das Unternehmen den Konflikt nicht gesehen. Die haben relativ scharfe Governance-Regeln und daher sehe ich auch den Vorhalt oder die Befürchtung als unbegründet.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Aber Mag. Weiland hat ja sogar am 19.9.2013 empfohlen, „eine Auftragsvergabe an die KPMG [...] zu überdenken.“

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich kann Ihnen nur sagen, Herr Mag. Weiland ist in der Angelegenheit nicht zu mir gekommen und hat sich bei mir nicht dahin gehend geäußert; und weil das nicht der Fall war, kann ich es auch nicht beurteilen, welche Gespräche und Abwicklungen in dem Zusammenhang geführt wurden.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Vizekanzler, ich habe eine letzte Frage zu dem Bild, das ich zu zeichnen versucht habe, dass man diese Aufträge, die Gegengeschäfte zu breit gehalten hat – wie du auch selbst gesagt hast –: Kann man das abschließend so festhalten, dass da einfach zu viel oder zu einfach als Gegengeschäft hineingerechnet wurde?

Dr. Reinhold Mitterlehner: Das möchte ich nicht bestätigen, dass zu viel eingerechnet wurde, sondern dass das ambitionierte Vorgehen alle relativ gefordert hat, und daher hat man bei einem breit ausgelegten Vertrag alles unternommen, um dem auch zu entsprechen. Wenn ich recht informiert bin, sind das hauptsächlich deutsche Eigentümer, die erledigen einen Vertrag schon auf Punkt und Beistrich und haben alles daran gesetzt. Ob das die tauglichen Mittel waren, muss der Staatsanwalt im Detailfall EBD überlegen, und ob Provisionen geflossen sind, wird sich dann herausstellen, und dann muss unser Ministerium die konkreten Schritte überlegen. Das ist es in einem Satz zusammengefasst.

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Kurz gesagt, von politischer Seite, um dem Bürger zu vermitteln: Bombengeschäft (Vorsitzender Kopf gibt das Glockenzeichen); von Lobbyistenseite: interessante Provisionsträger.

Dr. Reinhold Mitterlehner: Ich sage noch einmal: Dass die Wirtschaft insgesamt profitiert hat von den ganzen Gegengeschäften, ist unbestritten.

*****

Vorsitzender Karlheinz Kopf: Gut, damit sind wir am Ende der Befragungen durch die Damen und Herren Abgeordneten angelangt. Herr Verfahrensrichter? – Er hat auch keine Fragen mehr.

Damit beende ich diese Befragung. Ich bedanke mich bei dir, Herr Dr. Mitterlehner, fürs Erscheinen und für die Beantwortung der Fragen.

Bevor ich die Sitzung bis um 14 Uhr unterbreche, bis die nächste und letzte Auskunftsperson, Herr Mag. Schantl, kommen wird, noch eine persönliche Bemerkung: Ich verabschiede mich vorerst von Ihnen von diesem Ausschuss bis zum September, da ich am Nachmittag aufgrund einer anderen terminlichen Verpflichtung durch Kollegen Hofer vertreten werde.

Ich bedanke mich für die sehr gute Zusammenarbeit bei Ihnen allen. Ich glaube, wir haben an sich bis zur jetzigen Minute, und das wird sich am Nachmittag nicht ändern, gemeinsam gute Arbeit abgeliefert. Ich bedanke mich bei allen. (Allgemeiner Beifall.)

Die Sitzung ist unterbrochen.