Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkt des Entwurfes:

Abschaffung der Amtsverschwiegenheit und Schaffung einer Informationsverpflichtung sowie eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Zugang zu Informationen.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 1 („Bundesverfassung“).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Der Entwurf kann gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Drittel der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (Entfall des Art. 20 Abs. 3 und 4) und Z 2 (Art. 22a):

Entsprechend dem Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung 2013–2018 (vgl. S. 91) soll staatliches Handeln transparenter und offener gestaltet werden. Die Bestimmungen betreffend die Amtsverschwiegenheit und die Auskunftspflicht erscheinen daher nicht mehr zeitgemäß. An ihre Stelle sollen, unter Wahrung insbesondere des Grundrechts auf Datenschutz, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung von Informationen von allgemeinem Interesse sowie ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Zugang zu Informationen – unabhängig von einem rechtlichen Interesse – treten.

Information ist jede amtlichen bzw. unternehmerischen Zwecken dienende Aufzeichnung, ausgenommen Entwürfe oder Notizen, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Nur gesichertes Wissen im tatsächlichen Bereich stellt eine Information dar. Als Informationen gelten nur Tatsachen, die bereits bekannt sind und nicht solche, die erst – auf welche Art immer – erhoben werden müssen.

Informationen von allgemeinem Interesse, insbesondere allgemeine Weisungen (Erlässe), Statistiken, Gutachten und Studien, die von den informationspflichtigen Organen erstellt oder in Auftrag gegeben wurden, Tätigkeitsberichte, Geschäftseinteilungen, Geschäftsordnungen, Kanzleiordnungen, Leistungen gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 des Transparenzdatenbankgesetzes, BGBl. I Nr. 99/2012, sollen in einer für jedermann zugänglichen Art und Weise – und zwar bereits ohne ein konkretes Ansuchen auf Zugang zu Informationen – zu veröffentlichen sein, entsprechend dem Grundsatz des „Open Government“.

Den Zugang zu Informationen sollen gemäß Abs. 1 die Organe der Gesetzgebung, die Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organe, der Rechnungshof, ein Landesrechnungshof, die Volksanwaltschaft wie auch eine vom Land für den Bereich der Landesverwaltung geschaffene Einrichtung mit gleichwertigen Aufgaben wie die Volksanwaltschaft sowie gemäß Abs. 3 der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegende Unternehmungen zu gewähren haben. Die gesetzlichen beruflichen Vertretungen sollen nur gegenüber ihren Angehörigen verpflichtet sein, Zugang zu Informationen zu gewähren.

Die im Abs. 1 verwendeten Begriffe „Bundesverwaltung“ und „Landesverwaltung“ sind in einem funktionellen Sinn zu verstehen so sind etwa auch Selbstverwaltungskörper sowie die monokratische Justizverwaltung davon umfasst. Zum Begriff „Geschäfte“ vgl. zB Art. 104 B-VG sowie zum Begriff „Geschäfte der Bundesverwaltung“ vgl. insb. Art. 77 Abs. 1 B-VG. Da die Verwaltung nach dem Konzept des B-VG nur entweder Bundesverwaltung oder Landesverwaltung sein kann, erscheint eine gesonderte Nennung der Gemeindeverwaltung, wie sie im geltenden Art. 20 Abs. 3 und 4 B-VG enthalten ist, entbehrlich. Der Begriff der mit der Besorgung der Geschäfte der Verwaltung betrauten „Organe“ ist im Sinne des Art. 23 B-VG in einem weiten Sinn zu verstehen und umfasst insbesondere auch so genannte „Beliehene“. Die Organe der Gerichtsbarkeit sollen nur so weit zur Veröffentlichung verpflichtet werden, als nicht eine Geheimhaltungspflicht gemäß Abs. 2 besteht; eine solche kann sich insbesondere aus dem Schutz eines laufenden Verfahrens oder der Rechte beteiligter Personen (zB Zeugen) ergeben.

Der Zugang zu Informationen soll gemäß Abs. 2 zu verweigern sein, wenn die Geheimhaltung aus zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründen, im Interesse der nationalen Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung oder der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, zur Vorbereitung einer Entscheidung (in einem weiten Sinn), im wirtschaftlichen oder finanziellen Interesse einer Gebietskörperschaft oder eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers oder zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen (vgl. insbesondere das Grundrecht auf Datenschutz, § 1 Abs. 1 des Datenschutzgesetzes 2000 – DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999) erforderlich im Sinn von geboten ist. Zu berechtigten Interessen eines anderen zählen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse auch juristischer Personen. Als Interessen, derentwegen der Zugang zu Informationen verwehrt werden kann, kommen zB der Schutz des behördlichen Ermittlungsverfahrens, einer unbeeinflussten Entscheidungsfindung, der Stabilität des Finanzmarktes oder der Schutz des Wettbewerbs in Betracht. Die im Abs. 2 genannten Ausnahmetatbestände können im Materiengesetz wiederholt bzw. konkretisiert werden. Die Regelung anderer als die explizit genannten, aber ebenso wichtiger öffentlicher Interessen, die eine Verweigerung des Informationszugangs rechtfertigen können, soll sich nach den allgemeinen Vorschriften dieses Bundesverfassungsgesetzes zur Kompetenzverteilung (insbesondere den Art. 10 ff B-VG) richten (arg. „durch Bundes- oder Landesgesetz“). Andere gleich wichtige Geheimhaltungsinteressen können demnach in den betreffenden Materiengesetzen festgelegt werden.

Im Fall der Unternehmungen gemäß Abs. 3 soll der Zugang zu Informationen überdies dann zu verweigern sein, wenn deren Geheimhaltung in sinngemäßer Anwendung des Abs. 2 oder zur Vermeidung einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmung erforderlich ist. Letzteres wird insbesondere dann der Fall sein, wenn es um den Schutz des Berufs-, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses geht. Unternehmungen im Sinne des Abs. 3 können auch dann gesetzlich von der Anwendung des Abs. 3 ausgenommen werden, wenn der Zugang zu Informationen in vergleichbarer Weise, insbesondere im Fall bestehender börse- bzw. wertpapierrechtlicher Verpflichtungen, gesetzlich sichergestellt ist. Die gemäß der Kompetenzbestimmung des vorgeschlagenen Abs. 4 Z 1 lit. d bzw. Z 2 lit. d zu erlassenden näheren einfachgesetzlichen Regelungen sollen als Rechtsschutzweg im Fall von privaten Unternehmungen die Geltendmachung des Informationszugangs auf dem Zivilrechtsweg vorsehen (vgl. die insoweit Vorbildbestimmung des § 5 Abs. 4 DSG 2000 in der Fassung der DSG-Novelle 2014, BGBl. I Nr. 83/2013).

Die Verteilung der Kompetenzen zur Erlassung einfachgesetzlicher Ausführungsregelungen soll gemäß Abs. 4 in Anlehnung an den geltenden Art. 20 Abs. 4 B-VG, jedoch unter Schließung gewisser Lücken (siehe näher Wieser, Art. 20/4 B-VG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht, 4. Lfg. [2001], Rz. 21 ff), erfolgen.

Zu Z 3 (Art. 67a Abs. 3):

Für die Veröffentlichung von Informationen sowie zur Gewährung des Zugangs zu Informationen soll die Präsidentschaftskanzlei zuständig sein.

Zu Z 4 (Art. 148b Abs. 1 zweiter Satz) und Z 5 (Art. 148b Abs. 2):

Im Hinblick auf die Abschaffung der Amtsverschwiegenheit erforderliche terminologische Anpassungen.

Zu Z 6 (Art. 151 Abs. xx):

Auf die bei Inkrafttreten der Novelle anhängigen Verfahren betreffend die Erteilung einer Auskunft sollen Art. 20 Abs. 3 und 4 B-VG in der derzeit geltenden Fassung und die auf Grund des Art. 20 Abs. 4 B-VG erlassenen Gesetze und die auf deren Grundlage erlassenen Verordnungen weiter anzuwenden sein.