Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Die Entlohnung der in einem gerichtlichen Verfahren oder einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft (§ 103 Abs. 2 StPO) bestellten Sachverständigen richtet sich nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes. Zentrale Regelung für die Bestimmung der dem Sachverständigen danach für die Aufnahme des Befundes und die Erstattung des Gutachtens zustehenden Gebühr für Mühewaltung ist § 34 GebAG. Dieser sieht in seinem Abs. 1 gleichsam als Grundregel vor, dass diese Gebühr „nach richterlichem Ermessen nach der aufgewendeten Zeit und Mühe und nach den Einkünften zu bestimmen (ist), die die oder der Sachverständige für eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit im außergerichtlichen Erwerbsleben üblicherweise bezöge, mindestens aber mit 20 Euro für jede wenn auch nur begonnene Stunde.“ Anderes gilt nach Abs. 2 aber für Verfahren, in denen eine der zur Zahlung verpflichteten Parteien Verfahrenshilfe genießt oder der Sachverständige nicht auf Zahlung der gesamten Gebühr aus Amtsgeldern verzichtet, sowie in Strafsachen, Arbeitsrechtssachen nach § 50 Abs. 2 ASGG, Sozialrechtsachen nach § 65 ASGG, Insolvenzverfahren, Außerstreitverfahren mit Ausnahme des Verfahrens über das Erbrecht und insoweit, als in anderen Vorschriften auf die Bestimmungen des GebAG verwiesen wird. In diesen Fällen hat die Bestimmung der Gebühr für Mühewaltung primär anhand der in den §§ 43 ff. GebAG geregelten Tarife zu erfolgen. Nur soweit es sich um Leistungen handelt, die nicht nach Tarif zu entlohnen sind (was insbesondere auch dann der Fall ist, wenn ein solcher Tarif für die betreffende Sachverständigengruppe nicht exisitiert), hat wiederum eine Orientierung an den außergerichtlichen Einkünften des Sachverständigen zu erfolgen, wobei diesfalls bei der Bemessung der Gebühr im Hinblick auf die öffentliche Aufgabe der Rechtspflege zum Wohl der Allgemeinheit ein Abschlag vorzunehmen ist.

Zu den in den §§ 43 ff. GebAG geregelten Tarifen zählt auch der so genannte „Ärztetarif“ (§ 43 GebAG). Er sieht als Pauschalabgeltung eine Entlohnung für Befund und Gutachten und die üblichen Vorbereitungen für diese Leistungen vor. Dieser Ärztetarif befindet sich bereits seit längerer Zeit in der Kritik. Ungeachtet der seit seiner Einführung immer wieder erfolgten Anhebung der darin geregelten Pauschal-Gebührenbeträge wird er zumindest in Teilbereichen deswegen als unzureichend erachtet, weil damit der gerade im medizinischen Bereich rasant fortschreitenden Entwicklung der Wissenschaft und den damit einhergehenden komplexeren und umfangreicheren Untersuchungsmöglichkeiten und -methoden nicht ausreichend Rechnung getragen werde. Dies gelte im Besonderen für den psychiatrischen Bereich, weil dieser nicht nur immer wieder besonders eingehende und zeitaufwändige Befundaufnahmen und Gutachtenserstellungen erfordere, sondern der Sachverständige hier – anders als bei körperlichen Untersuchungen, wo häufig auch weitere, nach § 43 Abs. 1 Z 3 ff. GebAG gesondert zu honoriende Leistungen erbracht würden – in aller Regel auf seinen Gebührenanspruch nach § 43 Abs. 1 Z 1 GebAG beschränkt sei. Diese Situation hatte nicht nur zur Folge, dass es zwischenzeitig zu einem merklichen „Sachverständigen-Engpass“ insbesondere im psychiatrischen Bereich kam; vielmehr wird die als unzureichend empfundene Gebührenlage mit dafür verantwortlich gemacht, dass die Qualität und Tauglichkeit der im Auftrag der Gerichte bzw. der Staatsanwaltschaften erstellten psychiatrischen Sachverständigengutachten in einigen Bereichen doch deutlich verbesserungswürdig erscheint. Dies ist nicht zuletzt deshalb alarmierend, weil – wie etwa im Bereich des Maßnahmenvollzugs – gerade solche Gutachten regelmäßig Lebens- und Rechtsbereiche betreffen, in der das Sachverständigengutachten im Ergebnis unmittelbare Auswirkungen auf verfassungsgesetzlich gewährte Grundrechte der Verfahrensbeteiligten hat.

Vor diesem Hintergrund schlägt der vorliegende Entwurf eine eingehende Überarbeitung des „Ärztetarifs“ nach § 43 Abs. 1 GebAG vor. Im Bereich des § 43 Abs. 1 Z 1 GebAG soll es künftig ein geteiltes Regime geben: In den Bereichen, in denen eine Pauschalierung der für die Aufnahme des Befundes und die Erstattung des Gutachtens zustehenden Gebühr für Mühewaltung auch weiterhin sachgerecht erscheint (was bei den körperlichen Untersuchungen und den „herkömmlichen“ psychiatrischen Gutachten der Fall ist), soll es zu einer Neuordnung der Gebührentatbestände und
-beträge kommen. Im Bereich der besonders zeitaufwändigen psychiatrischen Untersuchungen oder der Untersuchungen zur Beurteilung, ob eine psychisch kranke Person ohne Gefahr in anderer Weise als durch Unterbringung in einer Anstalt behandelt oder betreut werden kann, soll dagegen – im Anwendungsbereich des „Ärztetarifs“ erstmalig – die Möglichkeit geschaffen werden, die Gebühr für Mühewaltung (anhand eines im Gesetz vorgegebenen Stundentarifs) stundenweise abzurechnen.

Im Bereich des die Gebühr für Mühewaltung für die Leichenöffung regelnden § 43 Abs. 1 Z 2 GebAG soll es bei einer Pauschalierung der Gebühren bleiben. Die entsprechenden Gebührentatbestände sollen aber angehoben werden, ferner soll es im Fall der (auf einer Anordnung des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft beruhenden) Erbringung der entsprechenden Leistungen in der Nacht oder am Wochenende bzw. einem Feiertag zu einem Gebührenzuschlag kommen.

Schließlich sollen die in den § 43 Abs. 1 Z 3 ff. GebAG angeführten Gebührentatbestände für bestimmte zusätzliche ärztliche Leistungen überarbeitet und auf den aktuellen medizinischen Stand gebracht werden.

In § 34 Abs. 2 GebAG soll es zu Änderungen bei der Höhe des danach in bestimmten Verfahren im Hinblick auf die öffentliche Aufgabe der Rechtspflege zum Wohl der Allgemeinheit vorzunehmenden Abschlags kommen. Dieser soll zum einen von derzeit 20% auf 25% erhöht werden; zum anderen soll er sich um weitere 10% erhöhen, wenn die für die Aufnahme von Befund und Gutachten aufgewendete Zeit einen gewissen Umfang – konkret mehr als 20 Stunden – ausmacht.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Angelegenheiten des Zivil- und des Strafrechtswesens sowie der Justizpflege).
Besonderer Teil:

Zu Z 1 und 2 (§ 34 Abs. 2 GebAG)

In den in § 34 Abs. 2 erster Satz GebAG genannten Fällen (ua. in Strafsachen, in Verfahren außer Streitsachen sowie in Verfahren, in denen eine der zur Zahlung verpflichteten Parteien Verfahrenshilfe genießt) ist die Gebühr des Sachverständigen für Mühewaltung primär nach den Tarifen des GebAG zu bestimmen. Soweit ein solcher Tarif nicht besteht, ist bei der Bemessung der Gebühr zunächst nach § 34 Abs. 1 GebAG vorzugehen; von dem solcherart ermittelten Betrag ist sodann aber ein Abschlag im Hinblick auf die öffentliche Aufgabe der Rechtspflege zum Wohl der Allgemeinheit vorzunehmen. Die Höhe dieses Abschlags soll nach dem Vorschlag von derzeit 20% auf 25% erhöht werden. Dies steht im Einklang mit einer Vielzahl von Entscheidungen zu § 34 Abs. 2 zweiter Satz GebAG idF vor dem BRÄG 2008, BGBl. I Nr. 111/2007, in denen die „weitgehende Annäherung an die außergerichtlichen Einkünfte“ eben in Richtung eines in dieser Höhe vorzunehmenden Abschlags interpretiert wurde (vgl. Krammer-Schmidt, SDG-GebAG3, § 34 GebAG E 169).

Dieser Abschlag soll sich um weitere 10% erhöhen, wenn die vom Sachverständigen für die Aufnahme von Befund und Gutachten aufgewendete Zeit mehr als 20 Stunden ausmacht (sodass bis einschließlich der 20. Stunde weiterhin nur der “herkömmliche“ Abschlag von künftig 25% zum Tragen kommt). Dahinter steht die Überlegung, dass es auch im Rahmen der außergerichtlichen Tätigkeit des Sachverständigen ab einem gewissen Auftragsvolumen – so nicht überhaupt ein Pauschalhonorar vereinbart ist – häufig zu einem Abschlag von den „herkömmlichen“ Stundensätzen des Sachverständigen kommen wird, mit dem eben der langen Dauer der Beauftragung (und der damit insgesamt zwangsläufig höheren Entlohnung) Rechnung getragen wird. Diesem Umstand soll auch im Bereich der gerichtlichen Tätigkeit in den in § 34 Abs. 2 erster Satz GebAG genannten Verfahren entsprochen werden.

Im Zusammenhang mit dem nach § 34 Abs. 2 GebAG vorzunehmenden Abschlag soll schließlich auch klargestellt werden, dass dieser (bei Vorliegen eines in § 34 Abs. 2 erster Satz GebAG genannten Verfahrens) auch in den Fällen zur Anwendung zu kommen hat, in denen kein im GebAG geregelter Tarif vorhanden ist und es auch zu keinem Nachweis der außergerichtlichen Einkünfte des Sachverständigen für eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit im außergerichtlichen Erwerbsleben kommt, sodass die Sachverständigengebühr anhand der Gebührenrahmen des § 34 Abs. 3 GebAG bestimmt wird; Entsprechendes soll auch dann gelten, wenn in einem Fall des § 34 Abs. 2 erster Satz GebAG § 34 Abs. 4 GebAG zur Anwendung kommt.

Zu Z 3 bis 18 (§ 43 GebAG)

Die Gebühr des in einem gerichtlichen Verfahren und einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft (§ 103 Abs. 2 StPO) tätigen Sachverständigen umfasst nach § 34 GebAG unter anderem die Gebühr für Mühewaltung. Diese Gebühr steht dem Sachverständigen für die Aufnahme des Befundes und die Erstattung des Gutachtens zu. Sie deckt alle damit im Zusammenhang entstandenen Kosten, soweit dafür nicht nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes ein gesonderter Ersatz vorgesehen ist. Die Gebühr ist nach richterlichem Ermessen nach der aufgewendeten Zeit und Mühe und nach den Einkünften zu bestimmen, die der Sachverständige für eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit im außergerichtlichen Erwerbsleben üblicherweise bezöge, mindestens aber mit 20 Euro für jede wenn auch nur begonnene Stunde (§ 34 Abs. 1 GebAG).

In Verfahren, in denen eine der zur Zahlung verpflichteten Parteien Verfahrenshilfe genießt oder der Sachverständige nicht auf Zahlung der gesamten Gebühr aus Amtsgeldern verzichtet, sowie in Strafsachen, Arbeitsrechtssachen nach § 50 Abs. 2 ASGG, Sozialrechtsachen nach § 65 ASGG, Insolvenzverfahren, Außerstreitverfahren mit Ausnahme des Verfahrens über das Erbrecht und insoweit, als in anderen Vorschriften auf die Bestimmungen des GebAG verwiesen wird, ist die Gebühr für Mühewaltung nach den Tarifen des GebAG zu bestimmen (§ 34 Abs. 2 GebAG). Diese Tarife sind in den §§ 43 ff. GebAG geregelt. Dazu gehört auch der so genannte „Ärztetarif“ (§ 43 GebAG). Er sieht als Pauschalabgeltung eine Entlohnung für Befund und Gutachten samt den üblichen Vorbereitungen für diese Leistungen vor.

Die gesetzlichen Tarife wurden durch verschiedene, auf der Grundlage der Bestimmung des § 64 GebAG ergangene „Zuschlagsverordnungen“ (siehe zuletzt die Verordnung BGBl. II Nr. 134/2007) an die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst. Nur eingeschränkt berücksichtigt werden konnte dabei aber die gerade im medizinischen Bereich rasant fortschreitende Entwicklung der Wissenschaft und die damit einhergehenden komplexeren und umfangreicheren Untersuchungsmöglichkeiten und
-methoden. Angesichts dessen setzt sich die Österreichische Ärztekammer schon seit längerer Zeit für weiterreichende Änderungen im Bereich des § 43 GebAG ein. Erklärtes Ziel ist es dabei, den in Gerichtsverfahren als Sachverständigen bestellten Ärzten insbesondere auch in Strafverfahren und in Außerstreitverfahren (hier besonders bei psychiatrischen Gutachten in Pflegschaftssachen) zumindest in Teilbereichen die Verzeichnung von „Stundensätzen“ anstelle der im Tarif vorgesehenen Pauschalsätze zu ermöglichen.

Am 5. Dezember 2007 hat der Nationalrat im Zusammenhang mit dieser Forderung die Entschließung Nr. 52/E (23. GP) gefasst. Damit wurde die Bundesministerin für Justiz ersucht, die Tarife des § 43 GebAG für ärztliche Untersuchungen unter Einbeziehung der Österreichischen Ärztekammer darauf zu evaluieren, inwieweit sie sich vom System des § 34 GebAG entfernen, der die Entlohnung für die Mühewaltung der Gerichtssachverständigen an die aufgewendete Zeit und Mühe sowie die außergerichtlichen Einkünfte für vergleichbare Tätigkeiten der Sachverständigen knüpft. Eine solche Evaluierung hat das Bundesministerium für Justiz in der Folge gemeinsam mit der Österreichischen Ärztekammer und dem Hauptverband der Gerichtssachverständigen im Sommer/Herbst 2008 über einen Zeitraum von vier Monaten unter Einbindung verschiedener Sachverständiger vorgenommen.

Im Zuge dieser Bemühungen hat sich herausgestellt, dass tatsächlich ein gewisser Bedarf nach einer Überarbeitung der Honorarregeln für ärztliche Sachverständigengutachten in Gerichtsverfahren bestehen dürfte. Ein entsprechender legislativer Schritt erscheint auch insofern geboten, als andernfalls ein – in Teilbereichen schon konkret zu beobachtender – Mangel an geeigneten medizinischen Gerichtssachverständigen entstehen könnte.

Bei diesen Erhebungen ist aber auch klar geworden, dass entsprechende Maßnahmen mit erheblichen Mehrkosten verbunden sein werden. Geht man von Gesamtausgaben der Justiz für Sachverständige (exklusive der Sachverständigenkosten im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren) im Jahr 2013 von ca. 48,6 Millionen Euro (Strafsachen 33,1 Millionen Euro, Zivilsachen 15,5 Millionen Euro) und von der Annahme aus, dass der Anteil an medizinischen Sachverständigen am gesamten Gutachtensaufkommen in den fraglichen Verfahrensbereichen rund ein Drittel ausmacht, so würde eine Umstellung vom Ärztetarif des § 43 GebAG auf eine stundenweise Honorierung der Mühewaltung unter Heranziehung der Autonomen Honorarordnung der Österreichischen Ärztekammer und einer nach den Erhebungsergebnissen anzunehmenden Gebührensteigerung um 140% (wobei dabei noch der bisherige Abschlag nach § 34 Abs. 2 letzter Satz GebAG im Ausmaß von 20% zugrundegelegt wurde) einen budgetären Mehraufwand für medizinische Sachverständige in Straf- und Zivilsachen von rund 22,7 Millionen Euro zur Folge haben. Noch höher wären die zu erwartenden Mehrausgaben für medizinische Sachverständigengutachten in sozialgerichtlichen Verfahren (wo sich die Sachverständigen-Ausgaben im Jahr 2013 auf einen Betrag von rund 43,7 Millionen Euro belaufen haben).

Für diese doch exorbitanten Mehrkosten wäre in erster Linie der Betrag verantwortlich, der nach der Autonomen Honorarordnung der Österreichischen Ärztekammer für jede wenn auch nur begonnene Stunde an Gebühr für Mühewaltung zustünde (das sind 300 Euro). Selbst unter Berücksichtigung eines Abschlags im Hinblick auf die öffentliche Aufgabe der Rechtspflege zum Wohl der Allgemeinheit im Ausmaß von künftig (vgl. den vorgeschlagenen § 34 Abs. 2 letzter Satz GebAG) 25% beläuft sich dieser Ansatz immer noch auf 225 Euro. Dieser Betrag bewegt sich damit doch massiv außerhalb der Gebührenrahmen, die nach § 34 Abs. 3 GebAG – so der Sachverständige nicht anderes nachweist – für die Einkünfte gelten, die Sachverständige im außergerichtlichen Erwerbsleben für ihre Gutachtenstätigkeit üblicherweise beziehen. Konkret sieht § 34 Abs. 3 Z 3 GebAG als Gebührenrahmen für Tätigkeiten, die besonders hohe fachliche Kenntnisse erfordern, welche durch ein Universitätsstudium oder eine gleichwertige Vorbildung vermittelt werden, eine Gebühr für Mühewaltung von 80 bis 150 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde vor. Obgleich dieser Gebührenrahmen auf ärztliche Sachverständige im Hinblick auf die Bestimmung des § 34 Abs. 4 GebAG an sich keine unmittelbare Anwendung findet, kann aus diesem doch abgeleitet werden, was der Gesetzgeber in vergleichbaren Fällen als der Entlohnung im außergerichtlichen Erwerbsleben für die Gutachtenstätigkeit angenähert (und damit als angemessen) ansieht. Umgelegt auf die Forderung der Ärzteschaft würde das bedeuten, dass der sich anhand der Autonomen Honorarordnung der Österreichischen Ärztekammer errechnende „Stundensatz“ von 225 Euro exakt auf das Doppelte des Betrags beliefe, der sich – unter Berücksichtigung des auch bei den Gebührenrahmen des § 34 Abs. 3 GebAG in den Fällen des § 34 Abs. 2 erster Satz GebAG vorzunehmenden Abschlags nach § 34 Abs. 2 letzter Satz GebAG (vgl. OLG Linz 2.2.2011, 12 Rs 13/11k = SV 2011/2, 103) – als Maximalbetrag aus dem Gebührenrahmen des § 34 Abs. 3 Z 3 GebAG errechnete. Nicht zuletzt diese Divergenz macht die Probleme deutlich, die mit einem gänzlichen Entfall des Ärztetarifs verbunden wären.

Um für die nun bereits seit Jahren insgesamt unbefriedigende Situation eine angemessene und auch budgetär vertretbare Lösung herbeizuführen, schlägt der Entwurf ein abgestuftes System unter gleichzeitiger Neustrukturierung der gebührenrechtlichen Tatbestände des § 43 Abs. 1 Z 1 GebAG vor:

Zunächst soll es im Fall einer körperlichen Untersuchung (§ 43 Abs. 1 Z 1 lit. a GebAG) bei einer Mühewaltungs-Pauschalgebühr für Befund und Gutachten bleiben; der insofern gebührende Betrag soll dabei aber um rund 5% (von 30,30 Euro auf 32 Euro) angehoben werden. Eine Gebühr für Mühewaltung für die Untersuchung samt Befund und Gutachten von pauschal 62 Euro soll der Sachverständige nach dem vorgeschlagenen § 43 Abs. 1 Z 1it. b GebAG künftig dann ansprechen können, wenn es sich um eine körperliche Untersuchung mit eingehender, sich mit Ergebnissen von Vorbefunden oder Zusatzbefunden auseinandersetzender Begründung des Gutachtens oder um eine psychiatrische Untersuchung handelt. Ein „Mühewaltungs-Pauschalhonorar“ (122 Euro) für Befund und Gutachten soll es ferner nach dem vorgeschlagenen § 43 Abs. 1 Z 1 lit. c GebAG in Hinkunft im Fall einer zeitaufwändigen psychiatrischen oder körperlichen Untersuchung mit besonders eingehender, fachlich komplexer Begründung des Gutachtens geben. Die Beibehaltung einer Pauschalierung der Gebühr für Mühewaltung für solche (auch zeitlich) standardisierte „Regel-Gutachten“ erscheint inhaltlich legitim und angesichts der damit verbundenen Vereinfachungen bei der Gebührenlegung und -bestimmung sinnvoll.

Bei einer besonders zeitaufwändigen psychiatrischen Untersuchung oder einer Untersuchung zur Beurteilung, ob eine psychisch kranke Person ohne Gefahr in anderer Weise als durch Unterbringung in einer Anstalt behandelt oder betreut werden kann, soll der ärztliche Gerichtssachverständige dagegen künftig nach Stunden abrechnen können. Der dazu vorgeschlagene § 43 Abs. 1 Z 1 lit. d GebAG sieht insofern einen „Stundensatz“ von 112,50 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde vor. Dieser Betrag orientiert sich – unter Berücksichtigung des auch bei den Gebührenrahmen des § 34 Abs. 3 GebAG vorzunehmenden Abschlags von künftig 25% nach § 34 Abs. 2 letzter Satz GebAG – am Höchstbetrag des „Universitätsabsolventen-Gebührenrahmens“ nach § 34 Abs. 3 Z 3 GebAG. Darüber hinaus ist ein „Stundentarif“ in dieser Höhe im Hinblick auf die große Anzahl gerichtlich beauftragter medizinischer Gutachten in den in § 34 Abs. 2 GebAG genannten Verfahren und der solcherart für alle Beteiligten zu erreichenden Vereinfachungen generell sachlich gerechtfertigt.

Wie auch künftig in den sonstigen Bereichen einer gerichtlichen Sachverständigentätigkeit in den in § 34 Abs. 2 GebAG genannten Verfahren (vgl. die vorgeschlagene Erweiterung des § 34 Abs. 2 GebAG für besonders lang dauernde Befundaufnahmen und Gutachtenserstattungen) soll es auch im Bereich des vorgeschlagenen Stundentarifs nach § 43 Abs. 1 Z 1 lit. d GebAG in den Fällen, in denen die für die Aufnahme von Befund und Gutachten aufgewendete Zeit mehr als 20 Stunden ausmacht, eine gewisse Gebührenreduktion geben; auch hier soll die Minderung der „Abschlag-Systematik“ des vorgeschlagenen § 34 Abs. 2 letzter Satz GebAG entsprechen, weshalb – wiederum unter Orientierung am Höchstbetrag des Gebührenrahmens des § 34 Abs. 3 Z 3 GebAG – ab der 21. Stunde ein Betrag von 97,50 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde gebühren soll.

Die Möglichkeit einer stundenweisen Abrechnung von medizinischen Sachverständigenleistungen soll nach dem Vorschlag aber in zweierlei Hinsicht beschränkt sein: Zum einen soll sie nur im Fall einer besonders zeitaufwändigen psychiatrischen Untersuchung oder einer Untersuchung zur Beurteilung, ob eine psychisch kranke Person ohne Gefahr in anderer Weise als durch Unterbringung in einer Anstalt behandelt oder betreut werden kann, möglich sein; zum anderen soll es im Bereich der Arbeitsrechtssachen nach § 50 Abs. 2 ASGG und Sozialrechtssachen nach § 65 ASGG generell beim bisherigen System einer pauschalen Abgeltung der Gebühr für Mühewaltung für Befund und Gutachten bleiben (vgl. § 43 Abs. 1 Z l lit. d letzter Halbsatz GebAG).

Die erste Unterscheidung (das heißt die unterschiedliche Behandlung von körperlichen [einschließlich der neurologischen] sowie „herkömmlichen“ psychiatrischen Gutachten einerseits und den besonders zeitaufwändigen psychiatrischen Untersuchungen andererseits) hat ihren Grund (und ihre Rechtfertigung) insbesondere im Aufbau und der Tarifstruktur des § 43 Abs. 1 GebAG; dieser umschreibt neben dem „allgemeinen Gebührenansatz“ der Z 1 in den Z 3 ff. äußerst detailliert und differenziert jene konkreten Arbeiten der ärztlichen Sachverständigen, die im Rahmen der Erstellung von Befund und Gutachten zusätzlich zur „eigentlichen“ Gutachtertätigkeit anfallen (können) und die zusätzlich abzugelten sind. Dabei handelt es sich zum Beispiel um histologische, bakteriologische oder virologische Untersuchungen sowie Blut- oder Röntgenuntersuchungen. Dieser „Tarifkatalog“ des § 43 Abs. 1 Z 3 ff. GebAG hat dabei ganz typisch den Fall einer körperlichen Untersuchung vor Augen, bei der die zusätzlich anfallenden ärztlichen Leistungen nach den jeweiligen Gebührenpositionen gesondert zu honorieren sind. Dieses Pauschalierungssystem nimmt insofern auf die Struktur und die Besonderheiten der Untersuchung samt Befund und Gutachten im Fall der besonders zeitaufwändigen psychiatrischen Untersuchung nicht bzw. jedenfalls nicht hinreichend Bedacht, sodass in diesen Fällen eine Abweichung vom bisherigen Pauschalierungssystem des § 43 GebAG gerechtfertigt erscheint. Diese soll dem besonders bei schwierigen psychiatrischen Untersuchungen typischen höheren Zeitaufwand durch eine Honorierung auf Stundenbasis Rechnung tragen.

Was die zweite Unterscheidung – Nichtanwendbarkeit des Stundentarifs in Arbeitsrechtssachen nach § 50 Abs. 2 ASGG und Sozialrechtssachen nach § 65 ASGG – angeht, so liegt dieser die Überlegung zugrunde, dass die sich in solchen Verfahren ergebenden Beweisthemen, die die Beiziehung eines psychiatrischen Sachverständigen erforderlich machen, in aller Regel gleich gelagert und auch vom Umfang der erforderlichen gutachterlichen Leistungen durchaus vergleichbar sind. Gleichzeitig handelt es sich gerade bei den Sozialrechtssachen im Ergebnis um Massenverfahren, weshalb Aspekte der Verfahrensökonomie auch im Bereich der gutachterlichen Tätigkeit eine gestraffte Befundung und Begutachtung erforderlich machen; dies umso mehr, als die in diesen Verfahren bestellten Sachverständigen häufig gleichzeitig eine hohe Zahl an Gutachtensaufträgen zu bearbeiten haben, deren zeitgerechte Erfüllung eine besonders strukturierte Arbeitsweise erfordert. Folglich sieht § 43 Abs. 1 Z 1 lit. b und c GebAG pauschale Gebühren zur Abgeltung der „Standardfälle“ psychiatrischer Sachverständigengutachten vor, die in den genannten Verfahren einheitlich zur Anwendung kommen sollen. Soweit mit der damit vorgesehenen Pauschalierung im Einzelfall aufgrund der Besonderheiten des Falls nicht das Auslangen gefunden werden kann, eröffnet § 42 Abs. 1 ASGG für den Sachverständigen gleichzeitig die Möglichkeit, mit Zustimmung der Parteien eine höhere Gebühr zu verzeichnen.

Bei der in § 43 Abs. 1 Z 2 GebAG geregelten Mühewaltungsgebühr für die Leichenöffnung (Untersuchung von Leichenresten oder -teilen) soll das bisherige System einer Dreistufigkeit der Pauschalabgeltung für Befund und Gutachten dagegen generell beibehalten werden; eine zeitabhängige Gebühr soll es in diesen Fällen also weiterhin nicht geben. Der Grund für diese Differenzierung im Vergleich zu den „herkömmlichen“ medizinischen Gutachten liegt unter anderem darin, dass gerade bei den Gutachten nach § 43 Abs. 1 Z 2 GebAG die Gebühren für die weiteren Leistungen nach § 43 Abs. 1 Z 3 ff. GebAG eine besondere Rolle spielen und wesentlicher Bestandteil des gesamten Gebührenanspruchs des Sachverständigen sind. Aufgrund des damit verbundenen finanziellen Anreizes wird gleichzeitig aber auch sichergestellt, dass verschiedene Einzeluntersuchungen tatsächlich vorgenommen werden und nicht „untergehen“. Zur Sicherstellung der Qualität dieser Gutachten sollen daher die geltende Systematik und Gliederung der Z 2 beibehalten werden und darüber hinaus die Gebührensätze der Z 2 lit. a bis c um jeweils rund 30% angehoben werden.

Nach dem neu vorgeschlagenen Gebührentatbestand des § 43 Abs. 1 Z 2 lit. e GebAG (der bisherige Inhalt der lit. e findet sich künftig in lit. f) soll der Sachverständige dann einen Zuschlag zu den Gebühren nach § 43 Abs. 1 Z 2 lit. a bis d GebAG ansprechen können, wenn er auf Anordnung des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft (vgl. § 52 Abs. 1 GebAG) in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr oder an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag tätig wird. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass gerade von den Sachverständigen aus dem Bereich der gerichtlichen Medizin ein hohes Maß an (zeitlicher) Flexibilität gefordert ist, die auch eine kurzfristige Verfügbarkeit zu den genannten Zeiten umfasst (und die insofern auch eine gebührenmäßige Berücksichtigung rechtfertigt).

Erhöht werden sollen schließlich auch noch die beiden Gebührenbeträge des § 43 Abs. 1 Z 2 lit. f GebAG (bisher § 43 Abs. 1 Z lit. e GebAG) für die Kosten der Anmietung der Obduktionsinfrastruktur, dies um jeweils 50 Euro.

Die Änderungen im Bereich des § 43 Abs. 1 GebAG sollen auch zum Anlass genommen werden, die in den § 43 Abs. 1 Z 3 ff. GebAG angeführten Gebührentatbestände für bestimmte zusätzliche ärztliche Leistungen auf der Grundlage eines entsprechenden Vorschlags der Österreichischen Ärztekammer zu überarbeiten und auf den aktuellen medizinischen Stand zu bringen. Dies gilt auch in Bezug auf den neu geschaffenen Ansatz für die Erstellung eines Zahnstatus (vorgeschlagener § 43 Abs. 1 Z 5 lit. f GebAG), der sich der Höhe nach an den aktuellen Gebührenbeträgen für vergleichbare ärztliche Leistungen orientiert.

Nach dem neu gefassten § 43 Abs. 1 Z 7 GebAG (der dem bisherigen § 43 Abs. 1 Z 12 GebAG nachfolgt) soll für bildgebende Untersuchungen die danach vorgesehene Gebühr für jede untersuchte Körperregion zustehen, und zwar unabhängig davon, ob insofern nur Einzelaufnahmen oder eine Aufnahmeserie Gegenstand von Befund und Gutachten sind. Als voneinander zu unterscheidende Körperregionen sind dabei die Schädelregion, die linke Schulter, die rechte Schulter, die Wirbelsäulenregion samt Hals, der Brustkorb, der Bauchraum, die Beckenregion sowie die Extremitäten (wobei der linke Arm/das linke Bein, der rechte Arm/das rechte Bein sowie die linke Hand/der linke Fuß und die rechte Hand/der rechte Fuß jeweils eine eigene Region darstellen) anzusehen. Der Gebührenbetrag für solche Untersuchungen soll 40 Euro ausmachen.