Erläuterungen

Zu § 694 ASVG:

Seit 2008 wurden Rabatte zwischen der Pharmawirtschaft und der gesetzlichen Krankenversicherung, vertreten durch den Hauptverband, durch einen Rahmen-Pharmavertrag geregelt. Dieser wurde mit 1. Juli 2011 unter Beibehaltung der bestehenden Systematik und der wesentlichen Vertragsbestimmungen verlängert und läuft nunmehr mit 31. Dezember 2015 aus. Da die Verhandlungen über eine Weiterführung dieses Systems bisher ergebnislos verlaufen sind, ist es aufgrund der stetig steigenden Ausgaben für Heilmittel dringend notwendig, eine gesetzliche Nachfolgeregelung zu schaffen.

Zur Wahrung der Finanzierbarkeit der Krankenversicherung und zur Absicherung der Stabilität des solidarisch finanzierten Gesundheitssystems soll im Bereich der Heilmittel für die Jahre 2016, 2017 und 2018 ein differenziertes Rabattsystem vorgesehen werden. Die Einhebung des jeweiligen Rabatts erfolgt im jeweils darauf folgenden Jahr, somit in den Jahren 2017, 2018 und 2019. Dieses Rabattsystem soll die unterschiedlichen Kostenentwicklungen bezogen auf das „Boxensystem“ des Erstattungskodex berücksichtigen und dazu beitragen, die jährliche Ausgabensteigerung der sozialen Krankenversicherung zu stabilisieren. Dies ist erforderlich, da die Aufwendungen der gesetzlichen Krankenversicherung für Heilmittel seit Mitte des Jahres 2014 sprunghaft angestiegen sind und nunmehr einer außerordentlichen Dynamik unterliegen. Betroffen sind insbesondere hochpreisige Heilmittel:

Dynamik hochpreisiger Heilmittel:

Alle Heilmittel

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2009-2014

Kosten in Mio. €

2.482,51

2.492,96

2.549,56

2.612,97

2.635,16

2.787,42

+12,28%

Verordungen in Mio.

120,91

120,26

122,01

122,53

122,56

123,50

2,15%

Kosten pro Verordnung

20,53

20,73

20,90

21,33

21,50

22,57

+9,92%

Heilmittel mit einem Kassenverkaufspreis
 über € 700,-

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2009-2014

Kosten in Mio. €

350,18

389,27

432,05

522,41

590,90

714,59

+104,06%

% an den Gesamtkosten

14,11%

15,61%

16,95%

19,99%

22,42%

25,64%

+11,53%p

Verordungen in Tsd.

269,49

292,73

330,40

387,56

427,34

463,67

+72,06%

% an den Gesamtverordnungen

0,22%

0,24%

0,27%

0,32%

0,35%

0,38%

+0,15%p

Kosten pro Verordnung

1.299,44

1.329,79

1.307,67

1.347,96

1.382,73

1.541,14

+18,60%

Heilmittel mit einem Kassenverkaufspreis
 von € 10,- oder niedriger

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2009-2014

Kosten in Mio. €

334,10

358,21

389,95

396,18

413,19

423,77

+26,84%

% an den Gesamtkosten

13,46%

14,37%

15,29%

15,16%

15,68%

15,20%

+1,75%p

Verordungen in Tsd.

55.394,24

58.335,38

62.722,08

64.088,91

65.749,19

67.513,17

+21,88%

% an den Gesamtverordnungen

45,82%

48,51%

51,41%

52,31%

53,65%

54,66%

+8,85%p

Kosten pro Verordnung

6,03

6,14

6,22

6,18

6,28

6,28

+4,07%


 

Zudem ist die Ausgabensteigerung im Heilmittelsektor generell von rund 2% auf über 8% im 2. Halbjahr 2014 angewachsen. Kostensteigerungen im Heilmittelbereich von bis zu 3% sind unter Berücksichtigung der nominalen Einnahmenzuwächse durch das System finanzierbar, darüber hinausgehende Steigerungen hingegen nicht mehr. Der voraussichtliche Einnahmenzuwachs aus Beitragseinnahmen beträgt im Jahr 2016 2,5% und im Jahr 2017 3,3%, wohingegen sich die Preissteigerung für Heilmittel in zumindest doppelter Höhe zu Buche schlagen wird. Die hier festgelegten Maßnahmen verfolgen das Ziel, die hohe Qualität der Heilmittelversorgung für die Patientinnen und Patienten wie auch die Orientierung der Ausgaben der sozialen Krankenversicherung an ihren Einnahmen zu erhalten.

Der Vorschlag orientiert sich am durch das 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 ‑ 2. SVÄG 2003, BGBl. I Nr. 145/2004 eingeführten (im Rahmen des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2004 ‑ SRÄG 2004, BGBl. I Nr. 105/2004, überarbeiteten) Finanzierungssicherungsbeitrag nach § 609 Abs. 19 ASVG, stellt jedoch eine spezifizierte Fortentwicklung dieser Regelung dar. Ähnliche Regelungen bestehen auch in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union: In Dänemark und Rumänien gibt es Herstellerrabatte auf Basis des Umsatzes der Unternehmen, in Deutschland, Griechenland, Irland, Italien und Spanien Rabatte bezogen auf den Preis des Arzneimittels. Deutschland ist in diesem Zusammenhang besonders hervorzuheben, da es dort bereits seit langem einen gesetzlichen Rabatt gibt, der sich jüngst sogar auf 16% für alle Arzneimittel belaufen hat.

Der Rabatt wird im Nachhinein auf den erzielten Umsatz eines Unternehmens mit Arzneispezialitäten, die auf Rechnung der Krankenversicherungsträger abgegeben werden, berechnet. Die unterschiedlichen Prozentsätze für den Finanzierungs-Sicherungs-Beitrag tragen dem Umstand Rechnung, dass Arzneispezialitäten, die dem Gelben Bereich des Erstattungskodex zugeordnet sind bzw. im Erstattungskodex nicht aufgenommen sind, im Vergleich zu den Arzneispezialitäten im Grünen Bereich wesentlich höhere Kostensteigerungen verursachen. Vor allem im Gelben Bereich ist eine Aufwandssteigerung des Gesamtaufwandes von 19% im Jahr 2006 auf 31% im Jahr 2014 zu verzeichnen, der Anteil der nicht im Erstattungskodex gelisteten Heilmittel hat sich im Vergleichszeitraum von 7% auf 13% nahezu verdoppelt. Demgegenüber ist der Anteil an den Gesamtkosten im Grünen Bereich von 73% im Jahr 2006 auf nur mehr 54% im Jahr 2014 gesunken. Darüber hinaus besteht die sachliche Rechtfertigung für die Staffelung des Rabatts auch darin, einen Anreiz für die vertriebsberechtigten Unternehmen zu schaffen, einen Antrag auf Aufnahme in den Erstattungskodex beziehungsweise einen Antrag auf Aufnahme in den „günstigeren“ Bereich des Erstattungskodex zu stellen.

Darüber hinaus soll mit der vorgeschlagenen Maßnahme eines nach Boxen differenzierenden Rabattsystems ein gezielter Lenkungseffekt erreicht werden.

Anteil „N“-Box an den Gesamtausgaben:

Die Tatsache, dass für die nicht im Erstattungskodex enthaltenen Arzneispezialitäten kein Sockelbetrag festgesetzt wurde, soll ebenfalls der Tendenz entgegenwirken, dass für innovative Arzneispezialitäten kein Antrag auf Aufnahme in den Erstattungskodex gestellt wird und somit den Versicherten diese Arzneispezialitäten nur in begründeten Ausnahmefällen und auf Antrag auf Kosten der Krankenversicherung zugänglich sind.

Durch den Umstand, dass der Hauptverband den Rabatt für die Krankenversicherungsträger nach diesem Bundesgesetz und den Parallelgesetzen einhebt und im Namen dieser Träger abrechnet, ist sichergestellt, dass die Umsatzsteuer auf Arzneispezialitäten auf den Rabatt entsprechend korrigiert wird.