Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Die 2011 eingeführten Regelungen für die kriteriengeleitete Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten basieren auf gemeinsamen Vorschlägen der Sozialpartner, wobei auch Regelungen anderer traditioneller Zuwanderungsländer (insbes. Kanada) berücksichtigt wurden.

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen hat sich das Rot-Weiß-Rot-Karten-Zuwanderungsmodell grundsätzlich bewährt. Es ermöglicht eine genauere Prüfung arbeitsmarktpolitischer Zulassungskriterien als das frühere über Quoten gesteuerte Zulassungssystem. Wichtige arbeitsmarktpolitische Kriterien, wie Qualifikation, Berufserfahrung, Sprachkenntnisse und Alter, können nach einem klar vorgegebenen Punktesystem bewertet werden. Durch gesetzlich vorgegebene Mindestentlohnungen kann auch sichergestellt werden, dass die zugelassenen Fach- und Schlüsselkräfte zu ordnungsgemäßen Lohn- und Arbeitsbedingungen beschäftigt werden und damit Lohndumping im qualifizierten Beschäftigungsbereich vermieden wird.

Auch wenn die bisherigen Zulassungen quantitativ unter den Erwartungen der Wirtschaft liegen, ist es gelungen, am Arbeitsmarkt benötigte, gut qualifizierte Arbeitskräfte mit der Rot-Weiß-Rot-Karte (RWR-Karte) nach Österreich zu holen.

Österreich ist aber nicht das einzige Land, das sich gezielt um die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes bemüht. Österreich steht hier in Konkurrenz mit anderen attraktiven Einwanderungsländern, die ähnliche Zuwanderungsmodelle haben.

Die AntragstellerInnen sind durchwegs qualifizierte Arbeitskräfte in verschiedenen Branchen, vor allem in der technischen Forschung und Entwicklung bzw. bei wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen, im Bereich Information und Kommunikation, aber auch Fachkräfte in Mangelberufen. TopmanagerInnen sowie SpitzenwissenschaftlerInnen und -forscherInnen samt ihrem Supportpersonal sind von vornherein von der Bewilligungspflicht des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) ausgenommen und können außerhalb des RWR-Karten-Systems zuwandern.

Seit der vollen Arbeitsmarktöffnung (seit 1.1.2014 auch für Bulgarien und Rumänien) haben vermehrt – und überwiegend qualifizierte – Arbeitskräfte aus den neuen EU-Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Arbeitnehmerfreizügigkeit eine Beschäftigung in Österreich aufgenommen, sodass der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften auch sehr gut aus diesem Arbeitskräftepotential abgedeckt werden kann und keine Notwendigkeit besteht, die Zuwanderung aus Drittstaaten generell auszuweiten. Vor allem das Kriterium „Qualifikation“ soll auf dem bestehenden Niveau bleiben, zumal angesichts der angespannten Arbeitsmarktlage kein Bedarf an der Zuwanderung gering qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittstaaten besteht. Auch die gesetzlichen Mindestentlohnungen sind beizubehalten, um Lohndumping sowie prekäre Beschäftigungsverhältnisse im qualifizierten Beschäftigungsbereich zu vermeiden.

Wie im Regierungsprogramm vorgesehen, sollen aber im bestehenden Zulassungsmodell festgestellte Vollzugsdefizite abgebaut und die Willkommenskultur weiter verbessert werden. Eine wichtige administrative Vereinfachung wurde bereits in einer vorangegangenen Novelle zum AuslBG realisiert: Seit April 2013 können auch die potenziellen ArbeitgeberInnen der RWR-Karten-WerberInnen den Antrag bei den inländischen Aufenthaltsbehörden einbringen.

Darüber hinaus sollen nun durch eine Änderung des Punkteschemas für Fachkräfte in Mangelberufen die Kriterien „Sprachkompetenz“ und „Berufserfahrung“ aufgewertet werden. Weiters soll für StudienabsolventInnen die Frist für die Arbeitssuche von einem halben auf ein Jahr ausgeweitet und auch AbsolventInnen von Bachelor- und (PhD-)Doktoratsstudien in das RWR-Kartensystem einbezogen werden. Die Geltungsdauer der RWR-Karte soll von zwölf auf 24 Monate verlängert werden, um für einen längeren Zeitraum überprüfen zu können, ob die zugelassenen Arbeitskräfte auch tatsächlich unter den qualifizierten Zulassungsvoraussetzungen beschäftigt werden. Auch für die RWR-KarteninhaberInnen ist es von Vorteil, erst nach knapp zwei Jahren den Folgetitel beantragen zu müssen. Wie bisher erhalten die InhaberInnen einer RWR-Karte in der Folge eine RWR-Karte plus mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang. Für Bachelorstudierende wird das maximale Beschäftigungsausmaß von zehn auf 20 Wochenstunden ausgedehnt.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützen sich die Änderungen auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 und 11 B-VG („Ein- und Auswanderungswesen“ und „Arbeitsrecht und Sozialversicherungswesen“).

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 Z 1 und Z 2 (§ 4 Abs. 3 Z 6 und Abs. 7 Z 2 AuslBG):

Mit dieser Regelung soll StudienabsolventInnen schon während der Arbeitssuchefrist, in der sie InhaberInnen einer Aufenthaltsbewilligung nach § 64 Abs. 4 NAG sind, eine Beschäftigung mit einer Beschäftigungsbewilligung ermöglicht werden, wobei die Arbeitsmarktprüfung wie bei Schülern/Schülerinnen oder Studierenden entfällt. Zugleich wird für SchülerInnen und Bachelorstudierende das Beschäftigungsausmaß auf 20 Wochenstunden ausgedehnt. Das zulässige Beschäftigungsausmaß für SchülerInnen, Diplomstudium-, Bachelor-, Master- und (PhD-) Doktoratsstudierende beträgt somit 20 Wochenstunden.

Zu Artikel 1 Z 3 (§ 12b Z 2 AuslBG):

Mit dieser Bestimmung werden auch AbsolventInnen von Bachelor- und (PhD-)Doktorratsstudien explizit in das RWR-Karten-System einbezogen.

Zu Artikel 1 Z 4 (§ 20e Abs. 1 Z 2 AuslBG):

Mit dieser Regelung werden die Voraussetzungen, unter denen das AMS der Aufenthaltsbehörde die Zulässigkeit der Erteilung einer RWR-Karte plus zu bestätigen hat, an die korrespondierenden Änderungen im NAG angepasst (siehe dazu Erläuterungen zu Artikel 2 Z 3, 4 und 5 unten).

Zu Artikel 1 Z 6 (Anlage B):

Mit der vorgeschlagenen Änderung des Punkteschemas für Fachkräfte in Mangelberufen werden die Kriterien „Sprachkompetenz“ und „Berufserfahrung“ aufgewertet, während das Kriterium „Alter“ entsprechend geringer gewichtet wird, um auch älteren Fachkräften mit qualifizierter Berufserfahrung eine Zulassung und Beschäftigung über die RWR-Karte zu ermöglichen.

Zu Artikel 2 Z 1 (§ 10 Abs. 3 Z 8 NAG):

Nach erfolgreichem Abschluss eines Studiums in Österreich ist künftig für den weiteren Verbleib von StudienabsolventInnen zum Zwecke der Arbeitssuche anstelle einer Bestätigung nach § 64 Abs. 4 NAG die einmalige Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung „Studierende“ vorgesehen. § 10 Abs. 3 Z 8 NAG hat vor dem Hintergrund des § 10 Abs. 3 Z 1 daher gänzlich zu entfallen.

Zu Artikel 2 Z 2 und Z 9 (§ 21 Abs. 2 Z 8 und 81 Abs. 36 NAG)

Da für den weiteren Verbleib von Drittstaatsangehörigen, die in Österreich erfolgreich ein Studium abgeschlossen haben, nunmehr die einmalige Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung „Studierende“ vorgesehen ist, handelt es sich im Falle der Beantragung eines Aufenthaltstitels nach § 64 Abs. 4 NAG um einen Verlängerungsantrag, der ohnehin im Inland einzubringen ist (vgl. § 24 Abs. 1 NAG). Die Bestimmung zur möglichen Inlandsantragstellung wird daher obsolet und hat gänzlich zu entfallen. Um InhaberInnen einer vor Inkrafttreten dieser Novelle ausgestellten Bestätigung gemäß § 64 Abs. 4 NAG den Umstieg auf eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“ weiterhin zu ermöglichen, tritt diese Bestimmung sechs Monate später als die übrigen Bestimmungen außer Kraft.

Zu Artikel 2 Z 3, 4 und 5 (§ 41 Abs. 5, § 41a Abs. 1 Z 1, § 43 Abs. 1 Z 2 und Abs. 4 Z 3 NAG):

Die „Rot-Weiß-Rot – Karte“ für unselbständige Schlüsselkräfte soll künftig für zwei Jahre und erst danach die „Rot-Weiß-Rot – Karte“ plus mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang ausgestellt werden. Dadurch soll ein Anreiz für qualifizierte Drittstaatsangehörige sowie eine Angleichung an die Rechtslage für die „Blaue Karte EU“ geschaffen werden. Weiters bietet die längere Gültigkeitsdauer eine Möglichkeit zur besseren Evaluierung der Beschäftigungsbedingungen neu zugelassener qualifizierter Arbeitskräfte, die sich dauerhaft in Österreich niederlassen wollen. Weist jedoch der Arbeitsvertrag eine kürzere Dauer auf, ist der Aufenthaltstitel für die Dauer des Arbeitsvertrags zuzüglich einer Dauer von drei Monaten, längstens jedoch für zwei Jahre auszustellen. Dies entspricht der diesbezüglichen Regelung für die „Blaue Karte EU“ (vgl. § 42 Abs. 4 NAG).

Auch die „Rot-Weiß-Rot – Karte“ für selbständige Schlüsselkräfte soll künftig für zwei Jahre ausgestellt werden. Wie bisher können InhaberInnen danach als Folgetitel die Niederlassungsbewilligung gem. § 43 NAG beantragen oder, sollten sie in das System der unselbständig Beschäftigten wechseln wollen, eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“ nach § 41 Abs. 1 oder Abs. 2 Z 1 bis 3, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen.

Zu Artikel 2 Z 6, 7 und 8 (§ 64 Abs. 4 bis 6 NAG):

StudienabsolventInnen sollen künftig länger Zeit haben, nach Abschluss ihres Studiums in Österreich eine ihrer Qualifikation und Ausbildung entsprechende Beschäftigung zu finden, für die sie eine Rot-Weiß-Rot-Karte beantragen können. Dementsprechend soll ihr weiteres Aufenthaltsrecht nach erfolgreichem Abschluss des Studiums von sechs auf zwölf Monate verlängert werden. Statt der bisherigen Ausstellung einer Bestätigung wird bei Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen die Aufenthaltsbewilligung „Studierende“ einmalig um zwölf Monate verlängert. Durch den Verweis auf die allgemeine Bestimmung des § 20 Abs. 1 NAG ist klargestellt, dass die Ausstellung für 12 Monate eine entsprechend äquivalente Gültigkeitsdauer des Reisepasses voraussetzt. Im Falle der Beantragung eines Aufenthaltstitels nach § 64 Abs. 4 NAG handelt es sich daher nunmehr um einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung „Studierende“, welcher gem. § 24 Abs. 1 NAG während der Gültigkeitsdauer des bisher innegehabten Aufenthaltstitels zu stellen ist. Wie bisher soll ein Umstieg für StudienabsolventInnen, die sich zum Zwecke der Arbeitssuche weiterhin in Österreich aufhalten, nur auf einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ oder „Familienangehöriger“ möglich sein. Während der Arbeitssuche sollen StudienabsolventInnen zur Mitfinanzierung des Lebensunterhalts Beschäftigungbewilligungen für Beschäftigungen bis zu 20 Wochenstunden ohne Arbeitsmarktprüfung erhalten können. Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht wird aber darauf zu achten sein, dass sich StudienabsolventInnen, die in dieser Zeit keine ihrem Qualifikationsniveau entsprechende Beschäftigung finden, nicht mit unqualifizierten Teilzeitbeschäftigungen und ohne Aussicht auf eine ausbildungsadäquate Anstellung am Arbeitsmarkt verfestigen. Insofern soll ihr weiterer Aufenthalt mit einem auf Dauer ausgerichteten Arbeitsmarktzugang nur mit einer Rot-Weiß-Rot-Karte möglich sein.