Erläuterungen

A. Allgemeiner Teil

1. Ausgangslage und Zielsetzung

1.1    Mit dem am 28. März 2014 publizierten Legislativpaket der Europäischen Union wird das gemeinschaftliche Vergaberecht auf eine neue rechtliche Basis gestellt. Dieses Legislativpaket besteht aus drei Richtlinien (Richtlinie 2014/23/EU, 2014/24/EU und 2014/25/EU), die das bisherige Regelungswerk ablösen. Die Umsetzungsfrist für die genannten Richtlinien ist am 18. April 2016 abgelaufen. Inhaltliche Schwerpunkte des Legislativpaketes sind die Modernisierung und Adaptierung des rechtlichen Rahmens für die Vergabe von Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber. Dazu zählen unter anderem die Einführung neuer Vergabeverfahren, die Berücksichtigung neuer Formen der Beschaffung in den Mitgliedstaaten, insbesondere in Form der grenzüberschreitenden gemeinsamen Auftragsvergaben, die Möglichkeit der verstärkten Berücksichtigung ökologischer, sozialer und innovativer Aspekte bei der Durchführung von Vergabeverfahren, die Verpflichtung zur elektronischen Durchführung von Vergabeverfahren und die Berücksichtigung bestimmter Ausnahmen gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH).

1.2.   Aufgrund der Vielzahl der erforderlichen Adaptionen wurde einer Totalrevision der Vorzug vor einer Einzelnovellierung gegeben. Ziel der Revision des Gesetzes ist die Anpassung an das neu gestaltete Sekundärrecht auf Unionsebene und die Modernisierung des Vergabewesens in Österreich, unter gleichzeitiger Ausnutzung des größtmöglichen Regelungsfreiraumes zur Reduktion der Transaktionskosten bei Wahrung des Niveaus an Rechtssicherheit.

2. Abstimmung mit den Ländern

2.1.   Aufgrund des Art. 14b Abs. 4 B-VG hat der Bund den Ländern Gelegenheit zu geben, an der Vorbereitung von Gesetzesvorhaben in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens mitzuwirken (vgl. dazu auch die Erläuterungen in AB 1118 BlgNR XXI.GP). Dies erfolgt in Form der bereits seit dem Jahr 2002 eingerichteten Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Es fanden daher auch bei der Erstellung des vorliegenden Entwurfes über Einladung des Bundeskanzleramtes mehrfach Gespräche zwischen Vertretern des Bundes und der Länder statt.

2.2.   Das Ergebnis dieser Bemühungen stellt der vorliegende Entwurf dar.

3. Regelungstechnik und Inhalt

3.1.   Der vorliegende Entwurf setzt die Regelungen der EU-Vergaberichtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU unter Wahrung eigenständiger Wesenszüge des österreichischen Rechtssystems in das innerstaatliche Recht um. Entsprechend dem geltenden Bundesvergabegesetz 2006 ist weiterhin im Oberschwellenbereich eine grundsätzliche Beschränkung der bundesgesetzlichen Regelung auf die Umsetzung von Unionsrecht vorgesehen (vgl. dazu auch das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst GZ 600.824/011-V/2/01 und Art. 1 § 1 Abs. 1 des Deregulierungsgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 151/2001).

3.2.   Eine derartige Vorgangsweise bringt es mit sich, dass Begriffe, die aus dem Unionsrecht übernommen wurden, nicht mehr nach dem österreichischen Rechtsverständnis, sondern vielmehr „autonom“, d.h. unter Berücksichtigung der Ziele des Gemeinsamen Marktes und unter Heranziehung der authentischen Sprachfassungen des jeweiligen Rechtsaktes, ausgelegt werden müssen (etwa EuGH Rs C-287/98, Linster, Rz 43).

Obwohl  dies zu Rechtsunsicherheiten führen kann, lehnte sich das BVergG (bereits seit dem Stammgesetz, BGBl Nr. 462/1993) stets eng an den Text der umzusetzenden Richtlinien vor allem aus folgenden Gründen an: Österreich war schon aufgrund des Art. 6 EWRA verpflichtet, EG-Rechtsakte „im Einklang mit den einschlägigen Entscheidungen“ auszulegen, „die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens erlassen hat“. Seit dem Beitritt zur Europäischen Union ist für Österreich die gesamte einschlägige Judikatur des EuGH unmittelbar von Bedeutung. Die Verwendung einer vom Wortlaut der Unions-Richtlinien abweichenden Terminologie würde jedoch gerade in wichtigen Abgrenzungsfragen dazu führen, dass Aussagen des EuGH zur Interpretation von Richtlinienbegriffen für Österreich entweder häufige Novellierungen des Umsetzungsaktes erforderlich machen würden oder den Gesetzeswortlaut europarechtlich problematisch erscheinen ließen (vgl. dazu § 10 Z 7 und § 175 Z 6 BVergG 2006 und die Judikatur des EuGH zur sog. „in-house“ – Ausnahme, insbesondere Rs C-26/03, Stadt Halle, C-231/03, CONAME, und C-458/03, Parking Brixen). Eine abweichende Terminologie könnte sogar dazu führen, dass der Umsetzungsakt nachträglich als lückenhaft anzusehen wäre, mit der Konsequenz, dass die Richtlinienbestimmungen unmittelbar anzuwenden wären (vgl. dazu VfSlg 15.311/1998). Im Übrigen hat auch der Verfassungsgerichtshof festgehalten, dass die österreichischen Begriffe im Lichte der einschlägigen Rechtsprechung auszulegen sind. Ferner hat gerade im Bereich des Vergaberechts der innerstaatliche Gesetzgeber sehr oft keinen Spielraum für die inhaltliche Gestaltung der nationalen Regelung, sodass die Übernahme der unionsrechtlichen Terminologie bzw. Systematik die einzig verbleibende Möglichkeit darstellt (vgl. VfSlg. 18.642/2008, VfGH 15.06.2016, G 25/2016, VfGH 02.12.2016, G 497/2015).

Darüber hinaus belegt die bisherige Erfahrung, dass die Europäische Kommission (Kommission) bei der Konformitätsprüfung aus naheliegenden Gründen am Wortlaut des Unionsaktes anknüpft. Für eine an der unionsrechtlichen Terminologie orientierte Umsetzung sprachen und sprechen daher auch Praktikabilitätserwägungen.

3.3.   Der Verfassungsgerichtshof hält in ständiger Rechtsprechung (vgl. bereits VfSlg 16.027/2000) fest, dass es dem Gleichheitssatz widerspricht, das bei der Vergabe öffentlicher Aufträge einzuhaltende Verfahren nur im Oberschwellenbereich in umfassender Weise zu regeln. Das Fehlen von außenwirksamen gesetzlichen Regelungen, durch die unmittelbare subjektive Rechtspositionen auf Einhaltung vergabegesetzlicher Vorschriften eingeräumt würden, könne nicht dadurch substituiert werden, dass die zivilgerichtliche Judikatur ohnehin auch bei Fehlen gesetzlicher Regelungen unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche von Bewerbern und Bietern anerkannt habe. Es liegt daher nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes nicht im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, festzusetzen, in welchen Bereichen er die Garantien eines durchnormierten Vergabeverfahrens gewähren möchte. Das schließt jedoch nach Auffassung des VfGH nicht aus, dass der Gesetzgeber im Unterschwellenbereich vereinfachte Vorschriften vorsehen und so auf ein aufwendiges Vergabeverfahren verzichten kann. Bietern im Unterschwellenbereich aber nicht einmal ein Minimum an gesetzlichen Verfahrensgarantien zu gewährleisten, ist nach Ansicht des VfGH sachlich nicht zu rechtfertigen. Darüber hinaus ist es nach Auffassung des VfGH aber auch verfassungswidrig, einen vergabespezifischen Rechtsschutz nur oberhalb gewisser Schwellenwerte zur Verfügung zu stellen und sich bei wertmäßig kleineren Vergaben mit einem gerichtsförmigen, jedoch vergaberechtlich nicht so effektiven Rechtsschutz zu begnügen.

Aus dieser Judikatur des VfGH folgt, dass – falls der Gesetzgeber spezifische vergaberechtliche Regelungen sowohl im materiellrechtlichen Bereich wie auch im Bereich des Rechtsschutzes einführt (im Oberschwellenbereich ist dies unionsrechtlich geboten) – es verfassungsrechtlich geboten ist, ein, wenn auch zulässiger Weise vereinfachtes, vergabespezifisches Regime für den Unterschwellenbereich zur Verfügung zu stellen.

Im    Unterschwellenbereich gelten nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (vgl. dazu Rs C-59/00, Bent Mousten Vestergaard, Rz 19 und 21; Rs C-324/98, Telaustria, Rz 57 und 60 bis 62 mit Hinweis auf die Rs C-275/98, Rs C-92/00, HI Hospital, Rz 45 bis 47) die unionsrechtlichen Grundsätze des AEUV. Der EuGH hält dazu fest, dass die Grundsätze des AEUV und insbesondere das Diskriminierungsverbot eine Verpflichtung zur Transparenz einschließen. Kraft dieser Verpflichtung zur Transparenz muss der Auftraggeber zugunsten potenzieller Bieter einen angemessenen Grad von Öffentlichkeit sicherstellen, der den betreffenden Markt (Lieferungen, Bau- oder Dienstleistungen) dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt wurden. Aus diesen unionsrechtlichen Verpflichtungen resultiert daher bereits ein gewisser Mindeststandard für Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich in Bezug auf Veröffentlichungen, Wahl von transparenten Vergabeverfahren, Setzen angemessener Fristen u.a.m. Darüber hinaus sind aber auch grundsätzliche Transparenzregelungen für Leistungsvergaben iwS erforderlich, um den unionsrechtlichen Anforderungen Genüge zu tun.

3.4.   Im Sinne der Transparenz und Übersichtlichkeit der Vorschriften, die für die Vergabe öffentlicher Aufträge einschlägig sind und aufgrund der unter Punkt 3.3. erwähnten Rechtsprechung des VfGH und des EuGH, beinhaltet das BVergG selbst – wie bereits bisher – sämtliche in diesem Zusammenhang relevanten Regelungen sowohl für den Oberschwellen- wie auch für den Unterschwellenbereich.

3.5.   Im Lichte der Ergebnisse der im Jahre 2003 erfolgten Evaluierung des BVergG 2002 (vgl. dazu die Aussendung des Bundeskanzleramtes vom 25.4.2003, GZ 600.883/029-V/A/8/2003) und der daraus folgenden Neustrukturierung im Rahmen des BVergG 2006 (vgl. dazu die Ausführungen in 1171 BlgNR XXII. GP, S. 5 ff) und angesichts der Überlegung, dass sich die diesbezüglichen Grundlagen nicht seitdem geändert haben, wird die bisherige Struktur und Regelungstechnik des Gesetzes (insbesondere die tunliche Vermeidung von Verweisketten) beibehalten.

3.6.   Die Anhänge wurden den Richtlinien entsprechend gestaltet und zT sprachlich neu gefasst. Darüber hinaus wurde in Anhang III die Liste der zentralen öffentlichen Auftraggeber (nicht: zentrale Beschaffungsstellen, um eine Verwechslung mit den neu definierten zentralen Beschaffungsstellen im Sinne der Richtlinien zu vermeiden) in ihrer derzeit aktuellen Version in das BVergG aufgenommen.

3.7.   Auf Grund der Vielzahl der neu zu fassenden Bestimmungen und zur Wahrung der Übersichtlichkeit sieht der vorliegende Entwurf eine Neuerlassung des BVergG anstatt einer Einzelnovellierung vor.

3.8.   Da verschiedene Bestimmungen betreffend die Verpflichtung zur elektronischen Durchführung von Vergabeverfahren erst im Oktober 2018 in Kraft treten, werden die entsprechenden Änderungen als Novellierung bereits jetzt als Artikel 2 des vorliegenden Vergaberechtsreformgesetzes vorgelegt. Des Weiteren ergibt sich ein legistischer Anpassungsbedarf im Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit (BVergGVS 2012), das in mehreren Bestimmungen auf das BVergG 2006 verweist. Dieser Anpassungsbedarf findet sich in Artikel 3 des vorliegenden Vergaberechtsreformgesetzes.

4. Kompetenzgrundlage

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen zivilrechtlichen Bestimmungen ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG. Die Zuständigkeit zur Erlassung der übrigen Regelungen dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 14b Abs. 1 B-VG sowie –hinsichtlich der Gebührenregelungen – aus § 7 Abs. 1 F-VG 1948.

5. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Gemäß Art. 14b Abs. 4 B‑VG bedarf die Kundmachung des Gesetzes der Zustimmung der Länder.

6. Umzusetzende bzw. zu berücksichtigende EU-Rechtsvorschriften:

6.1.   Verordnung (EWG, EURATOM) Nr. 1182/71 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine, ABl. Nr. L 124 vom 08.06.1971 S. 1.

6.2.   Richtlinie 89/665/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (Rechtsmittelrichtlinie), ABl. Nr. L 395 vom 30.12.1989 S. 33, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe, ABl. Nr. L 94 vom 28.03.2014 S. 1.

6.3.   Richtlinie 92/13/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (Sektorenrechtsmittelrichtlinie), ABl. Nr. L 76 vom 23.03.1992 S. 14, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe, ABl. Nr. L 94 vom 28.03.2014 S. 1.

6.4.   Richtlinie 94/22/EG über die Erteilung und Nutzung von Genehmigungen zur Prospektion, Exploration und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen, ABl. Nr. L 164 vom 30.06.1994 S. 3.

6.5.   Verordnung (EG) Nr. 2195/2002 über das Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge (CPV), ABl. Nr. L 340 vom 16.12.2002 S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 569/2009 zur Anpassung einiger Rechtsakte, für die das Verfahren des Artikels 251 des Vertrags gilt, an den Beschluss 1999/468/EG in Bezug auf das Regelungsverfahren mit Kontrolle; Anpassung an das Regelungsverfahren mit Kontrolle – Vierter Teil, ABl. Nr. L 188 vom 18.07.2009 S. 14.

6.6.   Richtlinie 2007/24/EG zur Aufhebung der Richtlinie 71/304/EWG zur Aufhebung der Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs auf dem Gebiet der öffentlichen Bauaufträge und bei öffentlichen Bauaufträgen, die an die Auftragnehmer über ihre Agenturen oder Zweigniederlassungen vergeben werden, ABl. Nr. L 154 vom 14.06.2007 S. 22.

6.7.   Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70, ABl. Nr. L 315 vom 03.12.2007 S. 1.

6.8.   Entscheidung 2008/585/EG zur Freistellung der Erzeugung von Strom in Österreich von der Anwendung der Richtlinie 2004/17/EG zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, ABl. Nr. L 188 vom 16.07.2008 S. 28.

6.9.   Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge, ABl. Nr. L 120 vom 15.05.2009 S. 5, zuletzt geändert durch die Berichtigung ABl. Nr. L 37 vom 11.02.2011 S. 30.

6.10. Richtlinie 2009/52/EG über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen, ABl. Nr. L 168 vom 30.06.2009 S. 24, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 208 vom 03.08.2012 S. 22.

6.11. Richtlinie 2009/81/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG, ABl. Nr. L 216 vom 20.08.2009 S. 76, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2015/2340 zur Änderung der Richtlinie 2009/81/EG im Hinblick auf die Schwellenwerte für Auftragsvergabeverfahren, ABl. Nr. L 330 vom 16.12.2015 S. 14.

6.12. Beschluss 2010/142/EU zur Ausnahme bestimmter Dienste des Postsektors in Österreich von der Anwendung der Richtlinie 2004/17/EG, ABl. Nr. L 56 vom 06.03.2010 S. 8.

6.13. Richtlinie 2011/7/EU zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, ABl. Nr. L 48 vom 23.02.2011 S. 1.

6.14. Richtlinie 2012/27/EU zur Energieeffizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG, ABl. Nr. L 315 vom 14.11.2012 S. 1, in der Fassung der Richtlinie 2013/12/EU zur Anpassung der Richtlinie 2012/27/EU zur Energieeffizienz aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABl. Nr. L 141 vom 28.05.2013 S. 28, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 113 vom 25.04.2013 S. 24.

6.15. Richtlinie 2013/16/EU zur Anpassung einiger Richtlinien im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien, ABl. Nr. L 158 vom 10.06.2013, S. 184.

6.16. Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe, ABl. Nr. L 94 vom 28.03.2014 S. 1, in der Fassung der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2172, ABl. Nr. L 307 vom 25.11.2015 S. 9, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 114 vom 05.05.2015 S. 24.

6.17. Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG, ABl. Nr. L 94 vom 28.03.2014 S. 65.

6.18. Richtlinie 2014/25/EU über Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG, ABl. Nr. L 94 vom 28.03.2014 S. 243.

6.19. Richtlinie 2014/55/EU über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen, ABl. Nr. L 133 vom 06.05.2014 S. 1.

6.20. Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Vergabebekanntmachungen für öffentliche Aufträge und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 842/2011, ABl. Nr. L 296 vom 12.11.2015 S. 1.

6.21. Durchführungsverordnung (EU) 2016/7 zur Einführung des Standardformulars für die Einheitliche Europäische Eigenerklärung, ABl. Nr. L 3 vom 06.01.2016 S. 16.

6.22. Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1804 über die Durchführungsmodalitäten für die Anwendung der Artikel 34 und 35 der Richtlinie 2014/25/EU über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, ABl. Nr. L 275 vom 12.10.2016 S. 39.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Bundesvergabegesetz 2017

Zum 1. Teil (§§ 1 bis 3, Regelungsgegenstand und Begriffsbestimmungen):

Der 1. Teil enthält – wie schon bisher – die allgemeine und programmatische Umschreibung des Geltungsbereiches des BVergG und Definitionen. Darüber hinaus enthält er eine Regelung über die Behandlung „gemischter“ Vergabeverfahren, das sind Verfahren, die Leistungsteile umfassen, die ihrerseits unterschiedlichen Regelungsregimen (zB dem BVergGVS bzw. überhaupt keinen Regelungen) unterliegen.

Zu § 4 (Öffentliche Auftraggeber):

§ 4 enthält unverändert die Regelung des persönlichen Geltungsbereiches.

Zu den §§ 5 bis 8 (Auftragsarten):

Die §§ 5 bis 8 enthalten inhaltlich unverändert die Bestimmungen betreffend die dem BVergG unterliegenden Auftragsarten und die Abgrenzungsregeln bei gemischten Aufträgen.

Zu den §§ 9 bis 11 (Ausnahmen vom Geltungsbereich):

Die §§ 9 bis 11 enthalten Ausnahmen vom sachlichen Geltungsbereich des Gesetzes. Diese Ausnahmebestimmungen sind gemäß der ständigen Judikatur des EuGH (vgl. etwa Rs C-318/94, Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland, Rz 13) eng und im Einklang mit den ihnen zugrunde liegenden unionsrechtlichen Bestimmungen auszulegen. Die Beweislast dafür, dass die außergewöhnlichen Umstände, die die Inanspruchnahme der Ausnahmebestimmung rechtfertigen, tatsächlich vorliegen, obliegt demjenigen, der sich auf die Bestimmung berufen will. Ausnahmetatbestände, welche die Anwendung des Unionsrechts ausschließen, sind insbesondere vor dem Hintergrund der dadurch bewirkten Einschränkung der Grundfreiheiten eng auszulegen. Der Ausschluss unionsrechtlicher Verpflichtungen muss daher durch zwingende Erfordernisse gerechtfertigt und geeignet sein, das gewünschte Ergebnis herbeizuführen, sowie die gelindeste Maßnahme im Hinblick auf die Zielerreichung darstellen. Die angeführten Ausnahmetatbestände sind taxativ (und können daher auch – ausgenommen durch die Judikatur des EuGH – nicht ergänzt werden).

§ 9 enthält den Katalog der gemäß Art. 7 ff der RL 2014/24/EU ausgenommenen Auftragsvergaben, wobei die Ausnahme betreffend in-house-Vergaben und öffentlich-öffentliche Kooperationen (vgl. Art. 12 der RL) in § 10 gesondert umgesetzt wird. § 11 enthält eine neue Bestimmung betreffend eine gemeinsame grenzüberschreitende Auftragsvergabe mehrerer öffentlicher Auftraggeber bzw. die grenzüberschreitende Nutzung von zentralen Beschaffungsstellen. Im ersten Fall haben die beteiligten öffentlichen Auftraggeber vertraglich die internen Zuständigkeiten für die Durchführung des Vergabeverfahrens und ebenso auch das auf die Durchführung des Vergabeverfahrens anwendbare (nationale) Recht festzulegen. Sofern mehrere öffentliche Auftraggeber zur gemeinsamen Durchführung eines Vergabeverfahrens einen eigenen Rechtsträger gründen, sind analoge Festlegungen hinsichtlich des anwendbaren Rechts zu treffen.

Gesondert hingewiesen wird auf § 9 Abs. 1 Z 18; Dienstleistungen im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung (wie zB Kur- und Rehableistungen) sind im Sinne dieser Bestimmung vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen.

Zu den §§ 12 bis 19 (Schwellenwerte, Berechnung des geschätzten Leistungswertes):

In § 12 wird der für die weiteren Bestimmungen des BVergG jeweils gültige Oberschwellen- bzw. Unterschwellenbereich definiert. Die Relevanz dieser Unterscheidung liegt in einem differenzierten Regime (vgl. zB hinsichtlich der Bekanntmachungsbestimmungen). Neu ist der in § 12 Abs. 1 Z 2 enthaltene Schwellenwert von 750 000 Euro für bestimmte, in Anhang XVI taxativ aufgelistete Dienstleistungsaufträge (die sog. „besonderen Dienstleistungsaufträge“ gemäß § 151).

Die §§ 13 bis 18 enthalten die Regelungen zur Berechnung des geschätzten Auftragswertes in Umsetzung von Art. 5 der RL 2014/24/EU. § 19 enthält entsprechend der bisherigen Rechtslage eine Verordnungsermächtigung für den Bundeskanzler zur Festsetzung anderer Schwellen- oder Loswerte, soweit dies aufgrund von völkerrechtlicher Verpflichtungen Österreichs oder von unionsrechtlichen Vorschriften erforderlich bzw. zulässig bzw. im Interesse einer einheitlichen oder wirtschaftlicheren Vorgangsweise bei der Vergabe von Aufträgen zweckmäßig ist.

Zu den §§ 20 bis 30 (Grundsätze des Vergabeverfahrens und allgemeine Bestimmungen):

§ 20 regelt die im Vergleich zur bisherigen Rechtslage großteils unveränderten Grundsätze des Vergabeverfahrens; hervorzuheben ist allerdings die Neuformulierung des Abs. 1 sowie das allgemeine Umgehungsverbot des Abs. 8. Der Abschnitt enthält darüber hinaus – in Umsetzung der RL 2014/24/EU – einige gänzlich neue Bestimmungen (betreffend die Markterkundung vor Einleitung eines Vergabeverfahrens, die Vorarbeitenproblematik oder die Vermeidung von Interessenkonflikten).

Zu den §§ 31 bis 47 (Arten und Wahl der Vergabeverfahren):

Das vorliegende 2. Hauptstück des 2. Teiles beschreibt im 1. Abschnitt die grundsätzlich verfügbaren Verfahrensarten, wobei die Wettbewerbsarten gesondert aufgezählt werden. Der 2. Abschnitt zählt die Wahlmöglichkeiten hinsichtlich Verfahrensarten und Teilabschnitten derselben (elektronische Auktion) im Ober- und Unterschwellenbereich auf, während der 3. Abschnitt die nur im Unterschwellenbereich zulässigen Verfahrensarten nennt, wozu auch die formlosen Verfahren der Direktvergabe und der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung zählen. Die genaueren Regelungen zur Durchführung einzelner Vergabeverfahren sind wie bisher im BVergG 2006 gesondert geregelt: in den §§ 112ff. hinsichtlich des offenen Verfahrens, des nicht offenen Verfahrens, des Verhandlungsverfahrens, des wettbewerblichen Dialoges und der Innovationspartnerschaft, und in den §§ 151ff. in Hinblick auf besondere Aufträge und besondere Verfahren. Die Direktvergabe und die Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung sollen weiterhin zentral an einer Stelle mit einer Verweisbestimmung geregelt werden.

Die Verfahrensarten als solche sind zum weit überwiegenden Teil bereits aus dem BVergg 2006 bekannt und haben sich inhaltlich nicht in einem wesentlichen Ausmaß verändert. Neu ist insbesondere, dass beim dynamischen Beschaffungssystem ein nicht offenes Verfahren (statt wie bisher eines offenen Verfahrens mit indikativen Angeboten) vorgeschaltet ist, was zur leichteren Handhabbarkeit dieses Verfahrens führen soll. Daneben wird mit der Innovationspartnerschaft auch ein gänzlich neues Vergabeverfahren geregelt, welches nach der Durchführung eines Verhandlungsverfahrens zur Entwicklung eines Produktes mit anschließendem Erwerb desselben führen soll.

Nicht gesondert bei den Verfahrensarten definiert sind die besonderen Dienstleistungsaufträge gemäß § 151, da es sich hierbei um ein unter Beachtung der vergaberechtlichen Grundsätze (vgl. § 20) im Wesentlichen frei gestaltbares Vergabeverfahren handelt, das nicht abschließend beschrieben werden kann.

Zum Verhandlungsverfahren ist zu beachten, dass sich hier die Tatbestände im Verhältnis zum BVergG 2006 aufgrund geänderter Richtlinienbestimmungen teilweise geändert haben.

Zu den §§ 48 und 49 (Wege der Informationsübermittlung, Dokumentation):

Die verpflichtende elektronische Kommunikation zwischen Unternehmer und öffentlichem Auftraggeber stellt eine der wesentlichen Neuerungen der Richtlinie 2014/24/EU dar, die zur Effizienz und Transparenz von Vergabeverfahren beitragen soll (vgl. etwa Erwägungsgrund (EG) 52 der genannten Richtlinie). Dabei wird besonderes Augenmerk auf die allgemeine Verfügbarkeit der Kommunikationsmittel gelegt, um den Zugang zum Vergabeverfahren nicht zu erschweren; daneben ist auch die Sicherheit der Datenübermittlung ein wichtiger Teilaspekt der vorliegenden Regelung. Die elektronische Kommunikation ist nur im Oberschwellenbereich verpflichtend; darüber hinaus wurde auch die von Art. 90 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU eingeräumte Aufschiebung der Verpflichtung zur Nutzung von elektronischen Kommunikationsmitteln im Vergabeverfahren bis Oktober 2018 in Anspruch genommen (vgl. dazu Art. 2 des vorliegenden Entwurfs eines Vergaberechtsreformgesetzes 2017).

Im Kontext mit der elektronischen Durchführung von Vergabeverfahren, aber auch bei „Papierverfahren“, soll die Dokumentation der wesentlichen Entscheidungen und Vorgänge ausreichend dokumentiert werden, was zur Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen und schlussendlich zu deren Transparenz beitragen soll; auch in Hinblick auf etwaige spätere Nachprüfungs- bzw. Feststellungsverfahren ist eine Dokumentation essentiell.

Zu den §§ 50 bis 66 (Bekanntmachungen):

Der 2. Abschnitt des 3. Hauptstückes des 2. Teiles enthält Regelungen zur Umsetzung der unionsrechtlichen Bekanntmachungs- und Bekanntgabevorschriften (mit Ausnahme der Bekanntgabe der Änderung von Verträgen gemäß § 366 Abs. 4) wie auch die entsprechenden Bestimmungen für Bekanntmachungen bzw. Bekanntgaben in Österreich. Dieser Abschnitt wurde in folgender Weise systematisch gestaltet:

1.      Der 1. Unterabschnitt enthält allgemeine Regelungen, die sowohl für den Oberschwellenbereich als auch für den Unterschwellenbereich gelten.

2.      Der 2. Unterabschnitt enthält die Bekanntmachungs- und Bekanntgabebestimmungen für den Oberschwellenbereich sowohl auf Unionsebene als auch in Österreich.

3.      Der 3. Unterabschnitt regelt die Bekanntmachung und Bekanntgabe in Österreich im Unterschwellenbereich.

Die Angaben in der Bekanntmachung sollen es potenziellen Interessenten ermöglichen, zu prüfen, ob ein bestimmtes Vergabeverfahren für sie von Interesse sein kann. Das Unterbleiben jeglicher Bekanntmachung bewirkt, dass potenziell interessierten Unternehmern von vorne herein die Teilnahme am Vergabeverfahren verwehrt wird, wodurch der Wettbewerb unwiederbringlich und fundamental beeinträchtigt wird. Die durch das Unterbleiben jeglicher Form von Publizität bewirkte Beseitigung der Transparenz verursacht eine inhärente Ungleichbehandlung zwischen den potenziell interessierten Unternehmern. Erfolgt die Auftragsvergabe unter Außerachtlassung jeglicher Bekanntmachungsvorschriften ohne dass eine sachliche Rechtfertigung besteht bzw. ein entsprechender Ausnahmetatbestand erfüllt ist, stellt dies eine wesentliche Verletzung der Vergabevorschriften dar (vgl. etwa EuGH Rs C‑359/93, C-231/03).

In § 50 wird festgelegt, was bekannt zu machen ist, während die §§ 51 ff. allgemeine Regelungen wie die freiwillige Bekanntmachung auf Unionsebene, die Berichtigung, das Beschafferprofil und die technische Beschaffenheit wie auch die Verwertung der Kerndaten betreffen (dazu sogleich).

Im Oberschwellenbereich ist die Bekanntmachung auf Unionsebene über das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union (Amt für Veröffentlichungen) verpflichtend; dabei sind jene Standardformulare zu verwenden, die mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2015/1986 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Vergabebekanntmachungen für öffentliche Aufträge und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 842/2011, ABl. Nr. L 296 vom 12.11.2015 S. 1, eingeführt wurden. Die Standardformulare können auf http://simap.ted.europa.eu/web/simap/standard-forms-for-public-procurement gefunden werden.

Zur Bekanntmachung auf Unionsebene kommt die ebenso verpflichtende Bekanntmachung in Österreich. Diese ist in jenem Publikationsmedium vorzunehmen, das für den Vollziehungsbereich des jeweiligen öffentlichen Auftraggebers mit Verordnung festgelegt wurde. Ab Oktober 2018 und somit gleichzeitig mit der Einführung der verpflichtenden elektronischen Kommunikation bei Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich soll auf die Bekanntmachung über Open Government Data (OGD) umgestellt werden. Dabei werden vom Auftraggeber Metadaten zur Verfügung gestellt, die zu sogenannten Kerndaten (vgl. dazu den 1. Abschnitt des Anhanges VIII) der einzelnen Verfahren verknüpfen; aufgrund des offenen und maschinenlesbaren Formats unter freier Lizenz können diese Kerndaten von Unternehmen, aber auch von der Zivilgesellschaft aufgegriffen werden, was zur besseren Zugänglichkeit von Informationen über Vergabeverfahren führen soll. Vor Oktober 2018 kann die Bekanntmachung nach diesem System freiwillig zusätzlich zur Bekanntmachung im Wege des Publikationsmediums erfolgen. Ab Oktober 2018 (vgl. dazu § 378 Abs. 2) wird dieses Modell auf Bekanntgaben in Österreich ausgedehnt (im Unterschwellenbereich nur im Vollziehungsbereich des Bundes mit einer De‑minimis-Grenze).

Die Bekanntmachung im Unterschwellenbereich, welche vor dem Hintergrund des primärrechtlichen Transparenzgebotes zu sehen ist (vgl. dazu insbesondere EuGH Rs C‑324/98, C-231/03), soll ebenso bis Oktober 2018 in dem jeweiligen Publikationsmedium und ab diesem Zeitpunkt über Metadaten und Kerndaten erfolgen.

Neu ist die Möglichkeit für nicht in Anhang III genannte öffentliche Auftraggeber, bei nicht offenen Verfahren und bei Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung eine Bekanntmachung im Wege einer Vorinformation vorzunehmen; für die besonderen Dienstleistungsaufträge steht diese Möglichkeit allen öffentlichen Auftraggebern offen.

Zur freiwilligen Bekanntmachung bei Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Oberschwellenbereich ist auf das Urteil des EuGH in der Rs C-19/13, Fastweb SpA, zu verweisen.

Zu den §§ 67 bis 77 (Fristen):

Die Berechnung der materiellrechtlichen Fristen (z.B. Teilnahmeantragsfrist oder Angebotsfrist) hat im Anwendungsbereich des Gesetzes gemäß der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine zu erfolgen.

Demzufolge gelten folgende Grundsätze: Als Arbeitstage gelten alle Tage außer Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen.

Fristen, die in Tagen ausgedrückt sind, beginnen um 00.00 Uhr des Tages, an dem die Frist zu laufen beginnt. Ist für den Beginn einer nach Tagen bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend, in welchem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so wird bei der Berechnung dieser Frist der Tag nicht mitgerechnet, in den dieses Ereignis oder diese Handlung fällt. Eine nach Tagen bemessene Frist endet mit Ablauf der letzten Stunde des letzten Tages der Frist. Bei einer Frist von 30 Tagen und einem fristauslösenden Ereignis am 1. März 2016 würde die Frist daher am 31. März 2016 um 24:00 Uhr ablaufen.

Fristen, die in Wochen, Monaten oder Jahren ausgedrückt sind, beginnen um 00.00 Uhr des Tages, an dem die Frist zu laufen beginnt. Eine nach Wochen, Monaten oder Jahren bemessene Frist endet an dem Tag der letzten Woche, des letzten Monats oder des letzten Jahres der Frist, der dem Tag, an dem die Frist zu laufen beginnt, nach seiner Bezeichnung oder nach seiner Zahl entspricht. Wenn ein entsprechender Tag bei einer nach Monaten bemessenen Frist fehlt, endet die Frist am letzten Tag des letzten Monats. Fristen, die in Wochen, Monaten oder Jahren ausgedrückt sind, enden um 24.00 Uhr des Tages, an dem die Frist abläuft.

Fristen, die in Stunden ausgedrückt sind, beginnen am Anfang der ersten Stunde, zu der die Frist zu laufen beginnt. Ist für den Beginn einer nach Stunden bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend, in welchem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so wird bei der Berechnung dieser Frist die Stunde nicht mitgerechnet, in die dieses Ereignis oder diese Handlung fällt. Eine nach Stunden bemessene Frist endet mit Ablauf der letzten Stunde der Frist.

Fällt der letzte Tag einer Frist auf den Karfreitag, einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so endet die Frist um 24.00 Uhr des folgenden Arbeitstages.

§ 68 enthält die Grundsätze für die Fristberechnung und beinhaltet den in diesem Zusammenhang besonders relevanten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Die §§ 70 bis 77 beinhalten die aus der RL übernommenen Fristenregelungen, wobei das System insofern umgekehrt ist, als in Österreich als Grundsatz die (nach den RL) verkürzte Angebotsfrist gilt, die bei nicht elektronisch durchgeführten Vergabeverfahren um fünf Tage zu verlängern ist (die RL sieht hier als Grundsatz die längere Frist vor, die bei elektronischen Angeboten um fünf Tage verkürzt werden kann). Zu betonen ist, dass die im Gesetz festgelegten Fristen Mindestfristen sind, die allenfalls aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. dazu § 68) verlängert werden müssen.

Zu den §§ 78 bis 87 (Eignung der Unternehmer):

Zum Begriff der „Eignung“ ist anzumerken, dass Eignung in der Überschrift als Oberbegriff über das Nicht-Vorliegen eines Ausschlussgrundes sowie das Vorliegen der geforderten Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit zu verstehen ist.

Allgemein ist anzumerken, dass bei der Anwendung dieses Hauptstückes insbesondere auch die einschlägige Judikatur des Europäischen Gerichtshofes (vgl. etwa Rs 27 bis 29/86, 31/87, C‑103/88, C‑272/91, C‑76/81, C‑71/92, C‑389/92, C‑5/97, C‑176/98 und C‑94/99) zu beachten ist.

Das grundsätzliche System, wonach die Leistung nur von einem Unternehmer erbracht werden soll, der befugt, zuverlässig und leistungsfähig (somit geeignet) ist, wird in den vorliegenden Regelungen beibehalten. Auch die taxative Aufzählung der Nachweise, die vom Unternehmer verlangt werden dürfen (mit Ausnahme der Nachweise der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die demonstrativ angeführt sind), ist beibehalten. Neu ist insbesondere die Einführung der Einheitlichen Europäischen Eigenerklärung mit der Durchführungsverordnung (EU) 2016/7 zur Einführung des Standardformulars für die Einheitliche Europäische Eigenerklärung, ABl. Nr. L 3 vom 06.01.2016 S. 16, welches den grenzüberschreitenden (indikativen) Nachweis der Eignung erleichtern soll, da dieses Dokument in allen Amtssprachen der EU zur Verfügung steht. Im Unterschwellenbereich soll jedoch weiterhin auch die Vorlage der bisher bekannten Eigenerklärung möglich sein. Auch das sogenannte „Only-Once-Principle“, wonach dem öffentlichen Auftraggeber bereits vorgelegte und weiterhin aktuelle Nachweise vom Unternehmer nicht wieder vorgelegt werden müssen, sollen zu einer Entlastung von Verwaltungsaufwand beitragen.

Zu § 78 Abs. 1 Z 6 lit. b wird angemerkt, dass unter einer anderen geeigneten Art des Nachweises etwa die Einholung eines Nachweises durch den öffentlichen Auftraggeber selbst (somit nicht Abverlangen vom Unternehmer) zu verstehen ist (zB Nachweis über nicht entrichtete kommunale Gebühren). Mit dieser Bestimmung soll Art. 57 Abs. 2 zweiter UAbs. der RL 2014/24/EU umgesetzt werden.

Bezüglich § 78 Abs. 1 Z 9 wird auf EG 101 der RL 2014/24/EU verwiesen, welcher erhebliche Mängel näher beschreibt: „[…] Es sollte ihnen auch möglich sein, Bewerber oder Bieter auszuschließen, deren Leistung bei früheren öffentlichen Aufträgen im Hinblick auf wesentliche Anforderungen erhebliche Mängel aufwies, zum Beispiel Lieferungsausfall oder Leistungsausfall, erhebliche Defizite der gelieferten Waren oder Dienstleistungen, die sie für den beabsichtigten Zweck unbrauchbar machen, oder Fehlverhalten, das ernste Zweifel an der Zuverlässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers aufkommen lässt. […]“

Zu den §§ 88 bis 102 (Allgemeine Bestimmungen betreffend die Ausschreibung):

§ 88 enthält die allgemeinen Grundsätze der Ausschreibung (zum Begriff der Ausschreibung vgl § 2 Z 7). § 89 enthält den Grundsatz, dass Ausschreibungsunterlagen grundsätzlich nur elektronisch zur Verfügung gestellt werden dürfen. Der Begriff des zur Verfügung stellen bedeutet (im gesamten Anwendungsbereich des Gesetzes), dass diese Dokumente kostenlos, direkt, uneingeschränkt und vollständig auf elektronischem Weg zugänglich zu machen sind. Nur ausnahmsweise kann von diesem Grundsatz Abstand genommen werden (vgl. dazu Abs. 3 und § 90).

§ 91 regelt den Inhalt der Ausschreibung. Dabei sind insbesondere die Regelungen betreffend das Zuschlagsprinzip hervorzuheben. Das BVergG 2017 basiert, wie auch schon seine Vorgängerregelungen, auf dem Grundsatz der Präferenz des Bestangebotsprinzips (herkömmlich auch als „Bestbieterprinzip“ bezeichnet; vgl. dazu schon 1171 BlgNR XXII. GP, 68). Eine Fokussierung auf einen reinen Preiswettbewerb („Billigstbieterprinzip“, dh. Zuschlag auf den niedrigsten Preis) ist nur dann zulässig, wenn der Qualitätsstandard in der Leistungsbeschreibung so klar und eindeutig in technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht festgelegt wurde, dass die Einreichung vergleichbarer Angebote auf einem definierten (Qualitäts-)Niveau gewährleistet ist (vgl. dazu schon ausführlich 1171 BlgNR XXII. GP, 67, zum – damaligen – § 80 und die „authentische Interpretation“ des Fachnormenausschusses (FNA) 018 des Österreichischen Normungsinstitutes zu Punkt 7.6. der ÖNORM A 2050: 2000-03 vom 3.Mai 2000). Hinzuweisen ist, dass gemäß dem Ansatz der RL eine Entscheidung über den Zuschlag nicht ausschließlich aufgrund preis- oder kostenfremder Kriterien erfolgen darf.

Vor diesem Hintergrund soll, dem Ansatz des BVergG 2006 idF der Novelle BGBl. I Nr. 7/2016 folgend, für bestimmte Vergabeverfahren verpflichtend das Bestangebotsprinzip („Bestbieterprinzip“) verankert werden. Es handelt sich dabei um jene typischen Konstellationen, in denen die Qualität der angebotenen Leistung besondere Bedeutung hat. In diesen Fällen soll der Zuschlag aufgrund eines Qualitätswettbewerbes erfolgen und demgemäß der (niedrigste) Preis als das allein ausschlaggebende Kriterium ausgeschlossen sein. Die verpflichtende Verankerung des Bestangebotsprinzips bedeutet, dass in jedem Fall neben dem Preis als Zuschlagskriterium zumindest ein weiteres Zuschlagskriterium (vgl. dazu § 2 Z 22 lit. d sublit. aa) vom öffentlichen Auftraggeber festgelegt werden muss, oder – falls der Angebotspreis fix vorgegeben worden ist – dass die Auswahl des erfolgreichen Angebotes auf der Basis zumindest eines Zuschlagskriteriums neben der Anzahl der angebotenen Leistungseinheiten zu erfolgen hat. Die unionsrechtliche Zulässigkeit des Ausschlusses des „Billigstbieterprinzips“ für bestimmte Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich folgt aus Art. 67 Abs. 2 letzter Unterabsatz RL 2014/24/EU und für Aufträge im Unterschwellenbereich aus der nationalen Regelungszuständigkeit im Rahmen des primären Unionsrechtes.

Durch die Einhaltung der oben beschriebenen Grundsätze soll insbesondere auch der Gefahr entgegengetreten werden, dass bei Vergaben, bei denen die Leistungsqualität durch den Wettbewerb im Rahmen der Angebotsbewertung optimiert werden soll, durch eine Fokussierung allein auf den Preis (als Zuschlagskriterium) ein hoher Preisdruck aufgebaut wird, der in weiterer Folge in der Kette der ausführenden Unternehmen (insbesondere im Rahmen des Einsatzes von Subunternehmen) weitergereicht wird und in letzter Konsequenz zu Lohn- und Sozialdumping führen kann.

Das Gesetz subsumiert – ähnlich der RL – unter das Zuschlagsprinzip „technisch und wirtschaftlich günstigstes Angebot“ zur Ermittlung des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses nunmehr zwei Ansätze: einerseits die Nutzung eines Kostenmodells und andererseits das „klassische“ Bestangebotsprinzip zur Ermittlung des besten Angebotes anhand mehrerer Zuschlagskriterien.

Zum „klassischen Bestangebotsprinzip“: Damit die Gleichbehandlung gewährleistet ist, müssen die Zuschlagskriterien einen Vergleich und eine objektive Bewertung der Angebote ermöglichen. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, versetzen die wirtschaftlichen und qualitativen Zuschlagskriterien wie auch die Kriterien über die Erfüllung der Umwelterfordernisse den öffentlichen Auftraggeber in die Lage, auf Bedürfnisse der betroffenen Allgemeinheit, so wie es in der Leistungsbeschreibung festgelegt ist, einzugehen. Unter denselben Voraussetzungen kann ein öffentlicher Auftraggeber auch Kriterien zur Erfüllung sozialer Anforderungen anwenden, die insbesondere den – in den vertraglichen Spezifikationen festgelegten – Bedürfnissen besonders benachteiligter Bevölkerungsgruppen entsprechen, denen die Nutznießer/Nutzer der Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen angehören. Hinsichtlich der Definition der Zuschlagskriterien, deren Charakteristika (enge Verbindung mit dem Auftragsgegenstand) und deren Auswahl und Zulässigkeit wird wiederum auf § 2 Z 22 verwiesen.

Dieser Regelungsansatz führt zu folgenden Konsequenzen: Das Gesetz geht, wie schon bisher (vgl. dazu 1171 BlgNR XXII. GP, 68), von einer Präferenz zugunsten des Zuschlages auf das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot aus. Nur unter der Voraussetzung, dass der Qualitätsstandard einer Leistung in technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht klar und eindeutig auf definiertem Niveau beschrieben wird, kann der öffentliche Auftraggeber zwischen dem Zuschlagsprinzip des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes oder dem des Angebotes mit dem niedrigsten Preis wählen. Der solcherart festgelegte Qualitätsstandard ist ein Mindeststandard, dessen Überschreitung seitens des Unternehmers möglich und zulässig ist, sich im Falle der Vergabe auf den niedrigsten Preis jedoch bei der Bewertung des Angebotes nicht auswirkt, da definitionsgemäß allein der Preis relevant ist. Als Beispiel für Leistungen, hinsichtlich derer der Zuschlag auf ein Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt werden könnte, können etwa bestimmte Arten von standardisierten Leistungen im Straßenbau, Lieferungen von Waren mit einem hohen Standardisierungsgrad und hoch standardisierte Dienstleistungen angeführt werden. Der Preis als einziges Zuschlagskriterium ist daher nur dann sachlich gerechtfertigt, wenn ein Vergleichsstandard existiert (der durch die Festlegungen des öffentlichen Auftraggebers fixiert wird) und die Leistungsangebote dementsprechend vergleichbar sind. In allen anderen Fällen hat ausnahmslos das Bestangebotsprinzip als Zuschlagsprinzip zur Anwendung zu kommen; in den im Gesetz angeführten Fällen ist dieses Zuschlagsprinzip ex lege vorgesehen. In der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen ist eindeutig festzulegen, nach welchem Prinzip der Zuschlag erteilt werden soll. Die Wahl des Zuschlagsprinzips ist zusammen mit der Ausschreibung zu bekämpfen.

Sofern das Bestangebotsprinzip zur Anwendung kommt (entweder weil der Qualitätsstandard nicht klar und eindeutig definiert wird oder weil dies durch das Gesetz verpflichtend vorgesehen ist), sind Ausschreibungen, die keine Zuschlagskriterien oder nur den Preis bzw. – bei fixiertem Angebotspreis (Auftragssumme, vgl. dazu § 2 Z 26 lit. a) – allein die Leistungseinheiten als Zuschlagskriterium beinhalten, rechtswidrig und bekämpfbar. Darüber hinaus sind aber auch Ausschreibungen bekämpfbar, die formal zwar mehrere Zuschlagskriterien beinhalten, de facto aber allein der Preis bzw. – bei fixiertem Angebotspreis – allein die Leistungseinheiten ausschlaggebend sind. Damit der Zuschlag gemäß den Vorgaben des Gesetzes tatsächlich auf das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot erteilt werden kann, müssen mehrere Kriterien festgelegt worden sein, die eine vergleichende Bewertung des Leistungsniveaus jedes einzelnen Angebotes (gemessen am Auftragsgegenstand) ermöglichen; dabei darf der Preis nicht das allein ausschlaggebende Kriterium sein (siehe dazu schon 1171 BlgNR XXII. GP, 68f.).

Wie bisher gilt, dass, falls der Auftraggeber im Rahmen des „Bestbieterprinzips“ vergisst, die Gewichtung oder Reihung der Zuschlagskriterien anzugeben, ein Zuschlag nicht rechtskonform erfolgen kann; im Übrigen wäre bereits die Ausschreibung rechtswidrig und bekämpfbar.

Um bei der Zuschlagserteilung die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sicherzustellen, ist die – in der Rechtsprechung anerkannte – Verpflichtung zur Sicherstellung der erforderlichen Transparenz vorgesehen, damit sich jeder Bieter angemessen über die Kriterien und Modalitäten unterrichten kann, anhand deren das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt wird. Der öffentliche Auftraggeber hat daher die Zuschlagskriterien und deren jeweilige Gewichtung anzugeben, und zwar so rechtzeitig, dass diese Angaben den Bietern bei der Erstellung ihrer Angebote bekannt sind. Der Auftraggeber kann in begründeten Ausnahmefällen, die zu rechtfertigen er in der Lage sein muss, auf die Angabe der Gewichtung der Zuschlagskriterien verzichten, wenn diese Gewichtung insbesondere aufgrund der Komplexität des Auftrages nicht im Vorhinein vorgenommen werden kann. In diesen Fällen muss er diese Kriterien in der absteigenden Reihenfolge ihrer Bedeutung angeben (vgl. Abs. 7 Z 2).

Grundsätzlich sind die Zuschlagskriterien gewichtet anzugeben, wobei die Gewichtung auch in Form einer Marge (Bandbreite der gewichteten Kriterien, innerhalb der sich der Wert eines Kriteriums befinden muss) möglich ist, um dem Auftraggeber unter bestimmten Voraussetzungen einen gewissen Spielraum zu ermöglichen. Die Größe der Marge wird abhängig von der Art der auszuschreibenden Leistung festzusetzen, in der Regel jedoch sehr klein sein. Wenn die Gewichtung auch im Wege einer Marge aus nachvollziehbaren Gründen nicht möglich ist, kann sich der Auftraggeber auf eine bloße Reihung beschränken; beweispflichtig für das Vorliegen solcher Gründe ist der Auftraggeber.

Zum „Kostenmodell“: Dieses soll die Ermittlung des „besten“ Angebotes auf der Basis eines Lebenszykluskostenmodells ermöglichen. Dabei werden die vom öffentlichen Auftraggeber festgelegten internen Kosten (zB durchzuführende Forschung, Entwicklung, Produktion, Transport, Nutzung, Wartung und Entsorgung) oder externen Kosten (zB externe Effekte auf die Umwelt) bewertet. Die Methoden, die von den öffentlichen Auftraggebern für die Bewertung der externen Effekten auf die Umwelt zugeschriebenen Kosten verwendet werden, müssen in einer objektiven und nichtdiskriminierenden Weise im Voraus festgelegt und allen interessierten Parteien zugänglich gemacht werden. Solche Methoden können auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene festgelegt werden, um jedoch Wettbewerbsverzerrungen durch speziell zugeschnittene Methoden zu vermeiden, sollten sie allgemein in dem Sinne gehalten werden, dass sie nicht speziell für ein bestimmtes öffentliches Vergabeverfahren festgelegt werden sollten (vgl. § 92).

§ 91 Abs. 6 verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber, bei bestimmten, im Gesetz taxativ aufgezählten Fällen im Vergabeverfahren qualitätsbezogene Aspekte gemäß § 20 zu implementieren: qualitätsbezogen bedeutet im vorliegenden Kontext, dass es sich hierbei nicht um ausschließlich preisliche Kriterien handeln darf; der Verweis auf § 20 stellt klar, dass insbesondere soziale Aspekte in die Leistungsbeschreibung oder in Ausführungsbedingungen einfließen können (z.B. Beschäftigung von Auszubildenden, älteren ArbeitnehmerInnen oder Langzeitarbeitslosen im Rahmen der Auftragsausführung), die von den Unternehmen bei der Ausarbeitung der Angebote zwingend zu beachten sind.

§ 94 iVm Anhang XIII enthält unverändert die Bestimmung betreffend die Umsetzung der RL 2009/33/EG, § 95 iVm Anhang XIV ebenfalls unverändert die Umsetzung der vergaberechtlich relevanten Bestimmung des Art. 6 der RL 2012/27/EU. Gemäß der RL 2014/24/EU sind Alternativangebote nunmehr auch beim Zuschlagsprinzip des niedrigsten Preises zulässig, der öffentliche Auftraggeber kann sie zulassen bzw. kann die Einreichung von Alternativangeboten sogar vorschreiben. § 98 enthält die Regelungen über Subunternehmerleistungen, insbesondere die Verpflichtung des Bieters Subunternehmer bereits im Angebot bekannt zu geben. § 98 Abs. 4 regelt die Möglichkeiten des öffentlichen Auftraggebers, die Subvergabe einzuschränken: dies ist einerseits bei vom Auftraggeber als „kritisch“ festgelegten Leistungsteilen im Zusammenhang mit Bau- oder Dienstleistungsaufträgen möglich (vgl. dazu auch Art. 63 Abs. 2 der RL) und andererseits sofern dies durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt und angemessen ist (vgl. dazu EuGH Rs C-27/15, Pippo Pizzo, Rz 28 mwN der Rspr: „Der Gerichtshof hat allerdings festgestellt, dass es Arbeiten geben mag, deren Besonderheiten eine bestimmte Kapazität erfordern, die sich durch die Zusammenfassung der kleineren Kapazitäten mehrerer Wirtschaftsteilnehmer möglicherweise nicht erlangen lässt. So hat er eingeräumt, dass der Auftraggeber in einem solchen Fall berechtigt wäre, zu verlangen, dass ein einziger Wirtschaftsteilnehmer die Mindestanforderung hinsichtlich der betreffenden Kapazität erfüllt oder auf eine begrenzte Anzahl von Wirtschaftsteilnehmern zurückgreift, soweit dieses Erfordernis mit dem fraglichen Auftragsgegenstand zusammenhängt und ihm angemessen ist. Der Gerichtshof hat jedoch klargestellt, dass dieser Fall eine Ausnahme darstellt und das innerstaatliche Recht die fraglichen Erfordernisse nicht als allgemeine Regeln aufstellen kann.“)

§ 100 enthält unverändert die Bestimmungen betreffend den Zahlungsverzug im Kontext der Ausschreibung. § 102 enthält die Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers zur Angabe, ob elektronische Kataloge im Rahmen der Durchführung eines Vergabeverfahrens genutzt werden sollen und welche technische Spezifikationen gegebenenfalls zu beachten sind.

Zu den §§ 103 bis 111 (Leistungsbeschreibung, Bestimmungen über den Leistungsvertrag):

Die §§ 103 bis 109 beinhalten die Regelungen über die Leitungsbeschreibung. Hervorzuheben sind die dabei zu beachtenden Grundsätze (§ 102) und die Regelungen über die technischen Spezifikationen (§ 106). § 107 enthält eine gegenüber der bisherigen Rechtslage modifizierte Regelung betreffend die Barrierefreiheit: nunmehr sollen bei allen Leistungen, die dem BVergG unterliegen, Barrierefreiheitsanforderungen im Rahmen der technischen Spezifikationen verpflichtend zu beachten sein. Ausnahmen von diesem Grundsatz sieht nur § 107 Abs. 2 vor. Neu ist, dass der öffentliche Auftraggeber hinkünftig explizit eine Auszeichnung der angebotenen Leistung mit einem bestimmten Gütezeichen verlangen kann. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das verwendete Gütezeichen bestimmte Bedingungen erfüllt (siehe § 108 Abs. 1 Z 1 bis 5). Unabhängig davon muss der öffentliche Auftraggeber andere, gleichwertige Gütezeichen anerkennen.

§ 110 enthält, im Wesentlichen unverändert, die „Checkliste“ jener Vertragsbestimmungen, die der öffentliche Auftraggeber erforderlichenfalls im Leistungsvertrag festzulegen hat. § 111 enthält unverändert die Regelungen des Zahlungsverkehrs im Kontext der Vertragsbestimmungen.

Zu den §§ 112 bis 124 (Ablauf einzelner Vergabeverfahren und Teilnehmer im Vergabeverfahren):

Der 6. Abschnitt des 3. Hauptstückes des 2. Teiles gliedert sich in vier Unterabschnitte: Der 1. Unterabschnitt regelt den Ablauf des offenen Verfahrens, des nicht offenen Verfahrens und des Verhandlungsverfahrens. Der 2. Unterabschnitt regelt den Ablauf des wettbewerblichen Dialoges. Der wettbewerbliche Dialog ist somit nicht mehr als Sonderverfahren am Ende des 2. Teiles des Gesetzes geregelt, sondern – und dies entspricht auch den nunmehr gelockerten Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 34 – als ein neben dem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung stehendes Verfahren. Der 3. Unterabschnitt regelt den Ablauf der Innovationspartnerschaft, einem Spezialverfahren mit dem Ziel der Entwicklung einer innovativen Ware, Bau- oder Dienstleistung sowie dem anschließenden Erwerb der entwickelten Waren bzw. Leistungen. Die Innovationspartnerschaft beruht auf dem Verhandlungsverfahren, der Unterabschnitt enthält jedoch darüber hinaus Bestimmungen insbesondere zum Ablauf der F&E-Phase sowie den Voraussetzungen der Erwerbsphase. Der 4. Unterabschnitt enthält schließlich die Teilnehmerbestimmungen für alle vorgenannten Verfahren.

Zu den §§ 125 bis 131 (Das Angebot):

Die §§ 125 bis 131 regeln insbesondere die Anforderungen, denen Angebote (etwa bezüglich Form, Inhalt oder im Hinblick auf eine etwaige funktionale Leistungsbeschreibung) zu entsprechen haben, sowie die Zuschlagsfrist. Auf Grund der horizontalen (und damit auch für die Übermittlung von Angeboten geltenden) Regelung der elektronischen Kommunikation in § 48 können die im BVergG 2006 noch enthaltenen Spezialbestimmungen betreffend die elektronische Übermittlung von Angeboten entfallen.

Zu den §§ 132 bis 145 (Das Zuschlagsverfahren):

Die §§ 132 und 133 regeln die Entgegennahme und Öffnung der Angebote. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage ist eine formale öffentliche Angebotsöffnung in keinem Verfahren mehr vorgesehen. An ihre Stelle tritt einerseits eine freiwillige öffentliche Angebotsöffnung: in diesem Fall hat der öffentliche Auftraggeber allen Bietern die Möglichkeit zur Teilnahme (zB elektronisch via Skype) zu bieten. Andererseits hat der öffentliche Auftraggeber jedenfalls ein Angebotsöffnungsprotokoll zu verfassen, in dem die wichtigsten Angaben zu den einzelnen Angeboten zu dokumentieren sind und das allen Bietern zu übermitteln bzw. bereitzustellen ist.

Die §§ 134 bis 140 enthalten im Wesentlichen unverändert die Bestimmungen über die Prüfung der Angebote und das Ausscheiden von Angeboten. Bei ungewöhnlich niedrigen Angeboten trifft den öffentlichen Auftraggeber eine Prüfpflicht (vgl. dazu auch aus unionsrechtlicher Sicht EuGH Rs C-568/13, Data Medical Services). § 141 enthält taxativ jene Tatbestände bei deren Vorliegen der öffentliche Auftraggeber Angebote auszuscheiden hat.

§ 141 Abs. 1 Z 11 sieht vor, dass Angebote von jenen Bietern auszuscheiden sind, die nachweislich Interessen haben, die die Ausführung des Auftrages beeinträchtigen können. Damit sind jene Fälle angesprochen, bei welchen der Bieter Interessen hat, die die Ausführung des Auftrages zu beeinträchtigen geeignet sind. Als Beispiel zu nennen ist etwa die Ausschreibung der Kontrolle einer Baustelle, wenn der Bieter zugleich Bauherr der gegenständlichen Baustelle ist (Selbstkontrolle).

Die §§ 142 bis 144 regeln den Zuschlag und das dabei einzuhaltende Verfahren. Wie bisher hat der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagsentscheidung den verbliebenen Bietern mitzuteilen; von dieser Verpflichtung kann nur unter bestimmten Umständen Abstand genommen werden. Nach Mitteilung der Zuschlagsentscheidung (inklusive der Mitteilung der Gründe, warum Bieter nicht erfolgreich sind) ist die Stillhaltefrist bei sonstiger absoluter Nichtigkeit der Zuschlagserteilung zu beachten. Die Stillhaltefrist beträgt einheitlich 10 Tage bei Übermittlung bzw. Bereitstellung auf elektronischem Weg (dies bildet in der Praxis den Regelfall) bzw. 15 Tage bei einer Übermittlung auf dem Postweg. § 145 regelt Zeitpunkt und Form des Vertragsabschlusses: ausgenommen im Bereich der Direktvergabe ist im Anwendungsbereich des Gesetzes der Zuschlag in schriftlicher Form zu erteilen (vgl. in diesem Zusammenhang auch § 2 Z 31).

Zu den §§ 146 bis 150 (Beendigung des Vergabeverfahrens):

Ein Vergabeverfahren wird entweder durch Zuschlag oder durch Widerruf beendet. Über das Ergebnis des Vergabeverfahrens ist ein Vergabevermerk zu verfassen (§ 147). Der öffentliche Auftraggeber kann ein Vergabeverfahren stets aus sachlichen Gründen widerrufen. Die Mitteilung über die Widerrufsentscheidung ist, analog zum Zuschlag, den verbliebenen Bietern bekannt zu geben oder bekannt zu machen. Innerhalb einer Stillhaltefrist von 10 Tagen (bei Übermittlung bzw. Bereitstellung auf elektronischem Weg – dies bildet in der Praxis den Regelfall) bzw. 15 Tagen (bei einer Übermittlung auf dem Postweg) darf der Widerruf nicht erklärt werden. Im Unterschwellenbereich kann der öffentliche Auftraggeber den Widerruf unmittelbar und ohne Abwarten einer Stillhaltefrist erklären.

Zu den §§ 151 und 152 (Vergabe von besonderen Dienstleistungsaufträgen):

Die besonderen Dienstleistungen (vgl. dazu Art. 74 bis 77 der Richtlinie 2014/24/EU zu sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen) ersetzen die bisher im BVergG 2006 bestehende Unterscheidung zwischen prioritären und nicht prioritären Dienstleistungen. Alle Dienstleistungen, die nicht unter die in Anhang XVI genannten CPV-Codes fallen, unterliegen den sonstigen Regelungen des vorliegenden Entwurfes, während auf die Vergabe von besonderen Dienstleistungsaufträgen nur die in § 151 Abs. 1 genannten Bestimmungen und der vorliegende Abschnitt anwendbar sind. Die Richtlinie regelt in diesem Bereich kein bestimmtes Verfahren, sondern sieht nur rudimentäre Regeln vor; insbesondere die primärrechtlichen Vorgaben der Transparenz und der Gleichbehandlung sollen aber jedenfalls Beachtung finden. Um diese von der Richtlinie eingeräumte Freiheit in der Verfahrensgestaltung so weit wie möglich auch innerstaatlich zur Geltung kommen zu lassen, beschränken sich die Regelungen zu den besonderen Dienstleistungsaufträgen auf die jedenfalls notwendigen Regelungen, die insbesondere in Hinblick auf den Rechtsschutz von Bedeutung sind. Darüber hinaus wird aufgrund der in diesem Bereich höheren Schwelle von 750 000 Euro die Anwendbarkeit des Verfahrens der Direktvergabe und der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung bis zu höheren geschätzten Auftragswerten von 100 000 Euro respektive 150 000 Euro grundsätzlich (unter Beachtung der primärrechtlichen Vorgaben) zugelassen. Dazu kann auf EG 114 der Richtlinie 2014/24/EU verwiesen werden, welcher ausführt, dass bestimmte Dienstleistungskategorien aufgrund ihrer Natur nach lediglich eine begrenzte grenzüberschreitende Dimension hätten. Dies gelte insbesondere für die sogenannten personenbezogenen Dienstleistungen. Solche Dienstleistungen mit einem unter dem genannten Schwellenwert liegenden Auftragswert wären in der Regel für Dienstleister aus anderen Mitgliedstaaten nicht von Interesse, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte vorlägen, die das Gegenteil vermuten ließen, wie etwa eine Finanzierung grenzüberschreitender Projekte durch die Union.

Hingewiesen wird darauf, dass der Katalog der Dienstleistungen in Anhang XVI sehr heterogen ist; es sind verschiedenste Dienstleistungen erfasst, die etwa nicht alle ohne weiteres als „soziale“ Dienstleistungen bezeichnet werden können. Die Dienstleistungen, die partizipatorischen Organisationen vorbehalten werden können und in Anhang XVII angeführt sind, bilden eine Untergruppe der besonderen Dienstleistungen.

Eine weitere Besonderheit ergibt sich schließlich aus der Möglichkeit, bestimmte Dienstleistungen den eben genannten partizipatorischen Organisation vorbehalten zu können. Diese sind Rechtsträger, deren Ziel die Erfüllung einer Gemeinwohlaufgabe ist, die ihre Gewinne für diese Ziele reinvestieren, Gewinnausschüttungen unter partizipatorischen Überlegungen ausschütten und die partizipatorisch organisiert sind. Die Laufzeit solcher Aufträge darf drei Jahre nicht überschreiten.

Zu den §§ 153 bis 155 (Bestimmungen über Rahmenvereinbarungen):

Die Rahmenvereinbarung wurde durch das BVergG 2002 als neues Instrument der Beschaffung eingeführt. Dadurch sollte zB ermöglicht werden, dass der öffentliche Auftraggeber in der Lage ist, Leistungen von sich schnell entwickelnden bzw. verändernden Märkten zu den besten jeweils aktuellen Bedingungen zu beziehen.

Die Bestimmung der Partei bzw. der Parteien der Rahmenvereinbarung erfolgt nach Durchführung eines „regulären“, allerdings fiktiven Vergabeverfahrens gemäß den allgemeinen Bestimmungen des Gesetzes für die Durchführung eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung oder eines Verhandlungsverfahrens (mit oder ohne vorherige Bekanntmachung). Die Zulässigkeit der Wahl des jeweiligen Verfahrens zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen zur Zulässigkeit der Wahl bestimmter Verfahrensarten im Ober- bzw. Unterschwellenbereich. Das Vergabeverfahren ist insofern fiktiv, als kein Zuschlag erfolgt, sondern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen wird; eine Vergabe eines Auftrages erfolgt erst in weiterer Folge. Zu betonen ist, dass die Rahmenvereinbarung den öffentlichen Auftraggeber nicht bindet, die von der Rahmenvereinbarung erfassten Leistungen oder Leistungsgruppen jedenfalls von den Parteien der Rahmenvereinbarung für die Dauer derselben zu beziehen (arg. „ohne Abnahmeverpflichtung“ in § 31 Abs. 7).

Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen aufgrund von Rahmenvereinbarungen kann der öffentliche Auftraggeber den Auftrag ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb, nach erneutem Aufruf zum Wettbewerb und teilweise ohne und teilweise mit erneutem Aufruf zum Wettbewerb vergeben, wobei die Wahl von den Festlegungen der Bedingungen für die Vergabe des Auftrages abhängig ist. Die Vergabe kann auch unter Verwendung von elektronischen Katalogen erfolgen.

Die standardmäßige Laufzeit von Rahmenvereinbarungen darf, sofern dies ausnahmsweise nicht sachlich gerechtfertigt werden kann, vier Jahre nicht überschreiten.

Aus § 155 Abs. 2 zweiter Satz folgt, dass, sofern eine Rahmenvereinbarung für mehrere öffentliche Auftraggeber abgeschlossen werden soll, alle aus der Rahmenvereinbarung abrufberechtigten öffentlichen Auftraggeber festzulegen sind. Nach Ansicht der Kommission bildet die Rahmenvereinbarung ein sowohl auf Auftraggeber- wie auch auf Auftragnehmerseite „geschlossenes System“. Ausschließlich jene öffentlichen Auftraggeber und jene Unternehmer, die von Beginn an Parteien der Rahmenvereinbarung waren, können daraus Leistungen abrufen. Neu ist die Möglichkeit, die abrufberechtigten öffentlichen Auftraggeber generisch zu bestimmen, EG 60 der Richtlinie 2014/24/EU führt dazu aus: „Das Instrument der Rahmenvereinbarungen findet breite Anwendung und wird europaweit als eine effiziente Beschaffungsmethode angesehen. Daher sollte daran weitgehend festgehalten werden. Bestimmte Aspekte bedürfen jedoch der Präzisierung, insbesondere, dass Rahmenvereinbarungen nicht durch öffentliche Auftraggeber in Anspruch genommen werden sollten, die in diesen nicht genannt sind. Zu diesem Zweck sollten die öffentlichen Auftraggeber, die von Anfang an Partei einer bestimmten Rahmenvereinbarung sind, eindeutig angegeben werden, entweder namentlich oder durch andere Mittel, wie beispielsweise eine Bezugnahme auf eine bestimmte Kategorie von öffentlichen Auftraggebern innerhalb eines klar abgegrenzten geografischen Gebiets, so dass die betreffenden öffentlichen Auftraggeber ohne Weiteres und eindeutig identifiziert werden können. Außerdem sollten nach dem Abschluss einer Rahmenvereinbarung keine neuen Wirtschaftsteilnehmer aufgenommen werden können. Dies bedeutet beispielsweise, dass eine zentrale Beschaffungsstelle, die ein Gesamtverzeichnis öffentlicher Auftraggeber oder ihrer Kategorien — wie lokaler Gebietskörperschaften in einem bestimmten geografischen Gebiet — verwendet, die auf Rahmenvereinbarungen zurückgreifen können, die die zentrale Beschaffungsstelle geschlossen hat, dabei dafür sorgen sollte, dass nicht nur die Identität des betreffenden öffentlichen Auftraggebers nachprüfbar ist, sondern auch der Zeitpunkt, ab dem dieser öffentliche Auftraggeber die von der zentralen Beschaffungsstelle geschlossene Rahmenvereinbarung nutzen kann, da durch diesen Zeitpunkt bestimmt wird, welche konkreten Rahmenvereinbarungen dieser öffentliche Auftraggeber nutzen darf.“

Zu den §§ 156 bis 159 (Bestimmungen betreffend die Durchführung von elektronischen Auktionen):

Die Beschaffung im Wege einer elektronischen Auktion eignet sich vor allem bei atomistisch strukturierten Märkten und hat den Vorteil, dass der öffentliche Auftraggeber in kürzester Zeit ohne großen Aufwand eine Vielzahl von Unternehmern im wirtschaftlichen Wettbewerb gegeneinander antreten lassen kann.

Bei der elektronischen Auktion handelt es sich nicht um einen vollständigen Verfahrenstyp, sondern um einen Teil des Vergabeverfahrens (Ermittlung des Bestangebotes). Daher ist auch nicht zu regeln, welche Bestimmungen für eine elektronische Auktion anwendbar sind. Dies richtet sich nämlich danach, welches Verfahren vor einer elektronischen Auktion durchgeführt wurde. Die vorliegenden Bestimmungen zur elektronischen Auktion beinhalten daher nur mehr die für diese maßgeblichen Sonderbestimmungen.

Zu den §§ 160 bis 162 (Bestimmungen über dynamische Beschaffungssysteme):

Wie sich bereits der Definition des § 31 Abs. 8 entnehmen lässt, handelt es sich beim dynamischen Beschaffungssystem um ein vollelektronisches Vergabeverfahren. Es darf daher nur auf elektronischem Weg eingerichtet und betrieben werden; sämtliche Verständigungen haben auf elektronischem Weg zu erfolgen. Zulässig ist die Einrichtung eines dynamischen Beschaffungssystems nur für die Beschaffung von Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen (sog. „Off-the-shelf-Produkte“).

Der Abschluss eines dynamischen Beschaffungssystems folgt den allgemeinen Regelungen des vorliegenden Entwurfes über die Durchführung eines nicht offenen Verfahrens; während der Laufzeit des dynamischen Beschaffungssystems bleibt dieses offen, sodass alle für geeignet befundenen Unternehmer zur Teilnahme am System zugelassen sind. Ein neuer Aspekt ist die Möglichkeit der Unterteilung des dynamischen Beschaffungssystems in Kategorien von Leistungen. Art. 34 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU führt zu diesen Kategorien weiter aus: „Diese Merkmale können eine Bezugnahme auf den höchstzulässigen Umfang späterer konkreter Aufträge oder auf ein spezifisches geografisches Gebiet, in dem später konkrete Aufträge auszuführen sind, enthalten.“

Zu den §§ 163 bis 165 (Bestimmungen über Wettbewerbe):

Die Definition der verschiedenen Wettbewerbsarten findet sich in § 32, während im vorliegenden Abschnitt die Regeln zur Durchführung von Wettbewerben festgelegt werden. Dabei sollen nur die wesentlichen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten, die in § 163 festgelegt sind, und die Bestimmungen des vorliegenden Abschnittes. Die Teilnahme am Wettbewerb und die Durchführung von Wettbewerben orientieren sich an den Grundsätzen der Transparenz und der Gleichbehandlung. Wird im Anschluss an einen Realisierungswettbewerb ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages gemäß § 37 Abs. 1 Z 7 durchgeführt, dann richtet sich ein solches Verfahren nach den dafür maßgeblichen Bestimmungen und nicht nach diesem Abschnitt.

Zu den §§ 166 bis 169 (Persönlicher Geltungsbereich):

Die §§ 166 bis 169 regeln den persönlichen Anwendungsbereich im Sektorenbereich. Das Gesetz erfasst in Umsetzung der RL 2014/25/EU öffentliche Auftraggeber, öffentliche Unternehmen und private Auftraggeber sofern diese eine Sektorentätigkeit ausüben. Private Sektorenauftraggeber unterliegen überdies nur dann dem Gesetz, wenn sie die Sektorentätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausüben (letztere werden in § 169 Abs. 2 definiert; Rechte, die in einem in Anhang XVIII genannten Verfahren erteilt werden, stellen keine besonderen oder ausschließlichen Rechte dar).

Zu den §§ 170 bis 177 (Sektorentätigkeiten, Auftragsarten):

Die §§ 170 bis 175 enthalten im Wesentlichen unverändert die Definition der Sektorentätigkeiten. § 176 regelt welche Vorschriften Anwendung finden, wenn ein Vergabeverfahren der Durchführung mehrerer Sektorentätigkeiten dient. Letzteres ist insbesondere dann von Relevanz, wenn eine der dabei involvierten Sektorentätigkeiten nicht mehr dem Gesetz unterliegt (vgl. dazu § 178 bzw. § 184).

§ 177 verweist zur Definition und zur Abgrenzung der Auftragsarten auf die entsprechenden Bestimmungen des klassischen Teiles.

Zu den §§ 178 bis 184 (Ausnahmen und Freistellungen vom Geltungsbereich):

Die §§ 178 bis 181 und 183 enthalten Ausnahmen vom sachlichen Geltungsbereich des Gesetzes. Diese Ausnahmebestimmungen sind gemäß der ständigen Judikatur des EuGH (vgl. etwa Rs C-318/94, Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland) eng und im Einklang mit den ihnen zugrunde liegenden unionsrechtlichen Bestimmungen auszulegen. Die Beweislast dafür, dass die außergewöhnlichen Umstände, die die Inanspruchnahme der Ausnahmebestimmung rechtfertigen, tatsächlich vorliegen, obliegt demjenigen, der sich auf die Bestimmung berufen will. Ausnahmetatbestände, welche die Anwendung des Unionsrechts ausschließen, sind insbesondere vor dem Hintergrund der dadurch bewirkten Einschränkung der Grundfreiheiten eng auszulegen. Der Ausschluss unionsrechtlicher Verpflichtungen muss daher durch zwingende Erfordernisse gerechtfertigt und geeignet sein, das gewünschte Ergebnis herbeizuführen, sowie die gelindeste Maßnahme im Hinblick auf die Zielerreichung darstellen. Die angeführten Ausnahmetatbestände sind taxativ (und können daher auch – ausgenommen durch die Judikatur des EuGH – nicht ergänzt werden).

§ 178 enthält den Katalog der gemäß Art. 18 ff der RL 2014/25/EU ausgenommenen Auftragsvergaben, wobei die Ausnahme betreffend in-house-Vergaben und öffentlich-öffentliche Kooperationen (vgl. Art. 28 der RL) in § 179 gesondert umgesetzt wird. § 178 Abs. 1 Z 27 und 28 enthalten die Ausnahmeregelungen betreffend die derzeit für Österreich geltenden Freistellungsentscheidungen der Kommission. § 180 enthält eine neue Bestimmung betreffend eine gemeinsame grenzüberschreitende Auftragsvergabe mehrerer Sektorenauftraggeber bzw. die grenzüberschreitende Nutzung von zentralen Beschaffungsstellen. Im ersten Fall haben die beteiligten Sektorenauftraggeber vertraglich die internen Zuständigkeiten für die Durchführung des Vergabeverfahrens und ebenso auch das auf die Durchführung des Vergabeverfahrens anwendbare (nationale) Recht festzulegen. Sofern mehrere Sektorenauftraggeber zur gemeinsamen Durchführung eines Vergabeverfahrens einen eigenen Rechtsträger gründen, sind analoge Festlegungen hinsichtlich des anwendbaren Rechts zu treffen. § 181 enthält unverändert die Ausnahmebestimmung betreffend verbundene Unternehmen. § 183 setzt die Regelung des Art. 33 der RL 2014/24/EU um.

§ 184 regelt das neue Freistellungsverfahren. Ein Freistellungsantrag hat die in Anhang I des Durchführungsbeschlusses (EU) 2016/1804 genannten Angaben zu enthalten; er ist an ein zu diesem Zweck eingerichtetes elektronisches Postfach auf der Website der EK zu übermitteln („GROW-ART-34@ec.europa.eu“). Ausnahmsweise können diese Anträge gemäß Art. 1 Abs. 4 auch brieflich übermittelt werden (Adresse: Europäische Kommission, Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU, Direktion G: Binnenmarkt der öffentlichen Verwaltungen, B-1049 Brüssel). Diese (und allenfalls aktualisierte) Informationen sind auch unter der Webadresse „http://ec.europa.eu/growth/single-market/public-procurement/rules-implementation/exempt-markets_en“ verfügbar.

Zu den §§ 185 bis 192 (Schwellenwerte, Berechnung des geschätzten Leistungswertes):

Vgl. dazu die Ausführungen zum 4. Abschnitt des 1. Hauptstückes des 2. Teiles (§§ 12 bis 19). Der Schwellenwert für besondere Dienstleistungsaufträge (vgl. § 312 iVm Anhang XVI) liegt im Sektorenbereich bei 1 000 000 Euro.

Zu den §§ 193 bis 202 (Grundsätze des Vergabeverfahrens und allgemeine Bestimmungen):

Vgl. dazu die Ausführungen zum 5. Abschnitt des 1. Hauptstückes des 2. Teiles (§§ 20 bis 30).

Zu den §§ 203 bis 216 (Arten und Wahl der Vergabeverfahren):

Vgl. dazu die Ausführungen zum 2. Hauptstück des 2. Teiles (§§ 31 bis 47).

Der Unterschwellenbereich enthält abweichend vom 3. Abschnitt des 2. Hauptstückes des 2. Teiles in § 212 eine allgemeine Grundregel für die Wahl der Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich. Er normiert die freie Wahl zwischen den in § 203 vorgesehenen Vergabeverfahrenstypen für Auftragsvergaben im Unterschwellenbereich (mit Ausnahme der Direktvergabe und der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung, die nur unter den in den §§ 213 und 214 genannten Voraussetzungen gewählt werden darf). Freie Wahl des Verfahrens bedeutet, dass die Bestimmungen, die die Wahl eines Verfahrens an bestimmte Voraussetzungen knüpfen, nicht anwendbar sind. Freie Wahl zwischen den vorgesehenen Verfahrensarten bedeutet aber nicht, dass völlige Formfreiheit besteht; der Sektorenauftraggeber kann eine Auftragsvergabe daher nicht völlig losgelöst von formalen Vorgaben vergeben, er hat sich vielmehr für eines der in § 203 vorgesehenen Verfahren zu entscheiden und dieses Verfahren dann nach den dafür vorgesehenen Bestimmungen für den Sektorenbereich durchzuführen.

Eine Einschränkung der freien Wahl ergibt sich aus der Grundsatzbestimmung des zweiten Satzes, wonach ein angemessener Grad von Öffentlichkeit sicherzustellen ist, soweit dies auf Grund des Wertes und des Gegenstandes des Auftrages erforderlich erscheint. Die Formulierung des zweiten Satzes, durch den dem primärrechtlich gebotenen Transparenzgebot entsprochen werden soll, lehnt sich an das Urteil des EuGH in der Rs C‑324/98, Telaustria, Rz 62 an (vgl. dazu ferner EuGH Rs C‑231/03, CONAME). Zur Klarstellung legt der dritte Satz fest, dass insbesondere bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung im Oberschwellenbereich (vgl. dazu die Tatbestände in § 206) von einer Bekanntmachung Abstand genommen werden kann. Durch den Ausdruck „insbesondere“ wird ferner verdeutlicht, dass von einer Bekanntmachung auch in anderen Fällen abgesehen werden kann.

Zu den §§ 217 und 218 (Wege der Informationsübermittlung, Dokumentation):

Vgl. dazu die Ausführungen zum 1. Abschnitt des 3. Hauptstückes des 2. Teiles (§§ 48 und 49).

Zu den §§ 219 bis 237 (Bekanntmachungen):

Vgl. dazu die Ausführungen zum 2. Abschnitt des 3. Hauptstückes des 2. Teiles (§§ 78 bis 87).

Zusätzlich besteht für Sektorenauftraggeber weiterhin die Möglichkeit, eine Bekanntmachung im Wege einer Bekanntmachung über das Bestehen eines Prüfsystems vorzunehmen (zum Prüfsystem vgl. § 256).

Zu den §§ 238 bis 247 (Fristen):

Die Berechnung der materiellrechtlichen Fristen (z.B. Teilnahmeantragsfrist oder Angebotsfrist) hat im Anwendungsbereich des Gesetzes gemäß der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine zu erfolgen. Auf die Ausführungen zu § 67 wird verwiesen.

§ 239 enthält die Grundsätze für die Fristberechnung und beinhaltet den in diesem Zusammenhang besonders relevanten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Die §§ 241 bis 246 beinhalten die aus der RL übernommenen Fristenregelungen, wobei das System insofern umgekehrt ist, als in Österreich als Grundsatz die (nach den RL) verkürzte Angebotsfrist gilt, die bei nicht elektronisch durchgeführten Vergabeverfahren um fünf Tage zu verlängern ist (die RL sieht hier als Grundsatz die längere Frist vor, die bei elektronischen Angeboten um fünf Tage verkürzt werden kann). Zu betonen ist, dass die im Gesetz festgelegten Fristen Mindestfristen sind, die allenfalls aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. dazu § 239) verlängert werden müssen. Im Unterschwellenbereich gelten allein die allgemeinen Grundsätze im Zusammenhang mit den Fristen.

Zu den §§ 248 bis 258 (Eignung der Unternehmer):

Die Bestimmungen des 3. Teiles über die Eignung bzw. die Eignungsprüfung sehen für Sektorenauftraggeber Vereinfachungen gegenüber den für öffentliche Auftraggeber im Sinne des 2. Teiles maßgeblichen Vorschriften vor.

Gemäß § 248 Abs. 1 gilt grundsätzlich, dass Sektorenauftraggeber objektive Eignungskriterien festzulegen haben. § 248 Abs.2 legt die Verpflichtung des Sektorenauftraggebers fest, nicht geeignete Unternehmer vom Vergabeverfahren auszuschließen.

Hingewiesen wird hinsichtlich der Ausschlussgründe darauf, dass strafrechtliche Verurteilungen des Unternehmers bzw. der in § 249 Abs. 1 genannten Personen von allen Sektorenauftraggebern zu berücksichtigen sind, der Unternehmer somit auszuschließen ist. Bei den übrigen Ausschlussgründen sind nur private Sektorenauftraggeber zum Ausschluss des Unternehmers verpflichtet, sofern ein solcher Ausschlussgrund vorliegt.

Die Möglichkeit, ein Prüfsystem einzurichten und somit ein „Präqualifikationsverfahren“ vorzusehen, ist eine weitere Erleichterung für Sektorenauftraggeber gegenüber den Regelungen des für öffentliche Auftraggeber geltenden 2. Teiles. Der Vorteil der Einrichtung eines Prüfsystems liegt darin, dass der Sektorenauftraggeber das Prüfsystem für eine Bekanntmachung nützen kann. In diesem Fall ist bei nicht offenen und Verhandlungsverfahren die erste Phase, das sog. „short-listing“, insofern einfacher gestaltet, als der Sektorenauftraggeber die Auswahl der Teilnehmer an derartigen Verfahren (ohne erneute Bekanntmachung) nur unter den sich im Rahmen des Prüfsystems qualifizierten Unternehmern vornehmen kann.

Zu den §§ 259 bis 271 (Allgemeine Bestimmungen betreffend die Ausschreibung):

§ 259 enthält die allgemeinen Grundsätze der Ausschreibung (zum Begriff der Ausschreibung vgl § 2 Z 7). § 260 enthält den Grundsatz, dass Ausschreibungsunterlagen grundsätzlich nur elektronisch zur Verfügung gestellt werden dürfen. Der Begriff des zur Verfügung stellen bedeutet (im gesamten Anwendungsbereich des Gesetzes), dass diese Dokumente kostenlos, direkt, uneingeschränkt und vollständig auf elektronischem Weg zugänglich zu machen sind. Nur ausnahmsweise kann von diesem Grundsatz Abstand genommen werden (vgl. dazu Abs. 3 und § 261).

§ 262 regelt den Inhalt der Ausschreibung. Dabei sind insbesondere die Regelungen betreffend das Zuschlagsprinzip hervorzuheben. Grundsätzlich wird dazu auf die einschlägigen Ausführungen zu § 91 verwiesen. Anders als im klassischen Bereich gilt (gemäß den Vorgaben der RL) der gesetzliche Zwang zum technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot (im Wege eines Kostenmodells oder mehrerer Zuschlagskriterien) allein für die Innovationspartnerschaft und den wettbewerblichen Dialog. § 292 Abs. 5 verpflichtet den Sektorenauftraggeber jedoch, bei bestimmten, im Gesetz taxativ aufgezählten Fällen im Vergabeverfahren qualitätsbezogene Aspekte gemäß § 193 zu implementieren: qualitätsbezogen bedeutet im vorliegenden Kontext, dass es sich hierbei nicht um ausschließlich preisliche Kriterien handeln darf; der Verweis auf § 193 stellt klar, dass insbesondere soziale Aspekte in die Leistungsbeschreibung oder in Ausführungsbedingungen einfließen können (z.B. Beschäftigung von Auszubildenden, älteren ArbeitnehmerInnen oder Langzeitarbeitslosen im Rahmen der Auftragsausführung), die von den Unternehmen bei der Ausarbeitung der Angebote zwingend zu beachten sind.

§ 265 iVm Anhang XIII enthält unverändert die Bestimmung betreffend die Umsetzung der RL 2009/33/EG. Gemäß der RL 2014/25/EU sind Alternativangebote nunmehr auch beim Zuschlagsprinzip des niedrigsten Preises zulässig, der Sektorenauftraggeber kann sie zulassen bzw. kann die Einreichung von Alternativangeboten sogar vorschreiben. § 268 enthält die Regelungen über Subunternehmerleistungen, insbesondere die Verpflichtung des Bieters Subunternehmer bereits im Angebot bekannt zu geben. § 268 Abs. 4 regelt die Möglichkeiten des Sektorenauftraggebers, die Subvergabe einzuschränken: dies ist einerseits bei vom Auftraggeber als „kritisch“ festgelegten Leistungsteilen im Zusammenhang mit Bau- oder Dienstleistungsaufträgen möglich (vgl. dazu auch Art. 79 Abs. 3 der RL) und andererseits sofern dies durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt und angemessen ist (vgl. dazu EuGH Rs C-27/15, Pippo Pizzo, Rz 28 mwN der Rspr). § 269 enthält unverändert die Bestimmungen betreffend den Zahlungsverzug im Kontext der Ausschreibung. § 271 enthält die Verpflichtung des Sektorenauftraggebers zur Angabe, ob elektronische Kataloge im Rahmen der Durchführung eines Vergabeverfahrens genutzt werden sollen und welche technische Spezifikationen gegebenenfalls zu beachten sind.

Zu den §§ 272 bis 278 (Leistungsbeschreibung, Bestimmungen über den Leistungsvertrag):

Die §§ 272 bis 278 beinhalten die Regelungen über die Leitungsbeschreibung. Hervorzuheben sind die dabei zu beachtenden Grundsätze (§ 273) und die Regelungen über die technischen Spezifikationen (§ 274). § 275 enthält eine gegenüber der bisherigen Rechtslage modifizierte Regelung betreffend die Barrierefreiheit: nunmehr sollen bei allen Leistungen, die dem BVergG unterliegen, Barrierefreiheitsanforderungen im Rahmen der technischen Spezifikationen verpflichtend zu beachten sein. Ausnahmen von diesem Grundsatz sieht nur § 275 Abs. 2 vor. Neu ist, dass der Sektorenauftraggeber hinkünftig explizit eine Auszeichnung der angebotenen Leistung mit einem bestimmten Gütezeichen verlangen kann. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das verwendete Gütezeichen bestimmte Bedingungen erfüllt (siehe § 276 Abs. 1 Z 1 bis 5). Unabhängig davon muss der Sektorenauftraggeber andere, gleichwertige Gütezeichen anerkennen.

§ 278 enthält unverändert die Regelungen des Zahlungsverkehrs im Kontext der Vertragsbestimmungen.

Zu den §§ 279 bis 291 (Ablauf einzelner Vergabeverfahren und Teilnehmer in diesen Vergabeverfahren):

Vgl. dazu die Ausführungen zum 6. Abschnitt des 3. Hauptstückes des 2. Teiles (§§ 112 bis 124). Da nach dem System der RL 2014/25/EU alle im Bereich des „klassischen Vergaberechts“ zur Verfügung stehenden Vergabeverfahren nunmehr auch für Sektorenauftraggeber zur Verfügung stehen sollen, enthalten die §§ 279 bis 291 nunmehr auch Bestimmungen über den Ablauf des wettbewerblichen Dialoges sowie der Innovationspartnerschaft. Hinzuweisen ist weiters darauf, dass die Bestimmungen zum Ablauf des Verhandlungsverfahrens (vgl. § 281) weitgehend an die Regelungen des klassischen Teiles angeglichen wurden, um Unklarheiten sowie Diskrepanzen zwischen dem Verhandlungsverfahren im klassischen Bereich und dem Sektorenbereich einerseits sowie zwischen dem Verhandlungsverfahren und der Innovationspartnerschaft innerhalb des Sektorenbereiches andererseits zu vermeiden. Unionsrechtlich zulässige Abweichungen (vgl. etwa § 281 Abs. 9 betreffend Kaskadenverhandlungen) wurden beibehalten.

Zu den §§ 292 bis 297 (Das Angebot):

Vgl. dazu die Ausführungen zum 7. Abschnitt des 3. Hauptstückes des 2. Teiles (§§ 125 bis 131).

Da es sich bei den §§ 292 bis 297 weitgehend um allgemeine oder aufgrund der unionsrechtlichen Grundsätze ohnehin geltende Bestimmungen handelt, erscheint eine abweichende Regelung für den Unterschwellenbereich nicht zielführend. Der 7. Abschnitt betreffend das Angebot gilt daher für Ober- und Unterschwellenbereich; die bisherige Sonderreglung für den Unterschwellenbereich soll entfallen.

Zu den §§ 298 bis 307 (Das Zuschlagsverfahren):

§ 298 regelt die Entgegennahme und Öffnung der Angebote. Eine formale Angebotsöffnung ist nicht vorgesehen. Der Sektorenauftraggeber hat jedenfalls ein Angebotsöffnungsprotokoll zu verfassen, in dem die wichtigsten Angaben zu den einzelnen Angeboten zu dokumentieren sind und das allen Bietern zu übermitteln bzw. bereitzustellen ist.

Die §§ 299 bis 302 enthalten im Wesentlichen unverändert die Bestimmungen über die Prüfung der Angebote und das Ausscheiden von Angeboten. Bei ungewöhnlich niedrigen Angeboten trifft den Sektorenauftraggeber eine Prüfpflicht (vgl. dazu auch aus unionsrechtlicher Sicht EuGH Rs C-568/13, Data Medical Services). § 302 enthält taxativ jene Tatbestände bei deren Vorliegen der Sektorenauftraggeber Angebote auszuscheiden hat. § 303 enthält unverändert die Regelung über das verpflichtende Ausscheiden bestimmter Angebote von Drittstaaten.

Die §§ 304 bis 307 regeln den Zuschlag und das dabei einzuhaltende Verfahren. Wie bisher hat der Sektorenauftraggeber die Zuschlagsentscheidung den verbliebenen Bietern mitzuteilen; von dieser Verpflichtung kann nur unter bestimmten Umständen Abstand genommen werden. Nach Mitteilung der Zuschlagsentscheidung (inklusive der Mitteilung der Gründe, warum Bieter nicht erfolgreich sind) ist die Stillhaltefrist bei sonstiger absoluter Nichtigkeit der Zuschlagserteilung zu beachten. Die Stillhaltefrist beträgt einheitlich 10 Tage bei Übermittlung bzw. Bereitstellung auf elektronischem Weg (dies bildet in der Praxis den Regelfall) bzw. 15 Tage bei einer Übermittlung auf dem Postweg. § 307 regelt Zeitpunkt und Form des Vertragsabschlusses: ausgenommen im Bereich der Direktvergabe ist im Anwendungsbereich des Gesetzes der Zuschlag in schriftlicher Form zu erteilen (vgl. in diesem Zusammenhang auch § 2 Z 31).

Zu den §§ 308 bis 311 (Beendigung des Vergabeverfahrens):

Ein Vergabeverfahren wird entweder durch Zuschlag oder durch Widerruf beendet. Über das Ergebnis des Vergabeverfahrens ist ein Vergabevermerk zu verfassen (§ 309). Der Sektorenauftraggeber kann ein Vergabeverfahren stets aus sachlichen Gründen widerrufen. Die Mitteilung über die Widerrufsentscheidung ist, analog zum Zuschlag, den verbliebenen Bietern bekannt zu geben oder bekannt zu machen. Innerhalb einer Stillhaltefrist von 10 Tagen (bei Übermittlung bzw. Bereitstellung auf elektronischem Weg – dies bildet in der Praxis den Regelfall) bzw. 15 Tagen (bei einer Übermittlung auf dem Postweg) darf der Widerruf nicht erklärt werden. Im Unterschwellenbereich kann der Sektorenauftraggeber den Widerruf unmittelbar und ohne Abwarten einer Stillhaltefrist erklären.

Zu den §§ 312 bis 326 (Bestimmungen über besondere Aufträge und für besondere Verfahren):

Vgl. dazu die Ausführungen zum 4. Hauptstück des 2. Teiles (§§ 151 bis 165).

Abweichend von den Bestimmungen im 2. Teil ist die Regelung über den Abschluss von Rahmenvereinbarungen und die Vergabe von Aufträgen aufgrund von Rahmenvereinbarungen (vgl. die §§ 314 bis 316). Wie bisher soll die Regelung nur die notwendigen Regelungen erfassen. Auch im Sektorenbereich ist der erneute Aufruf zum Wettbewerb möglich, dieser ist jedoch nicht so detailliert geregelt wie im klassischen Teil (und dort von der Richtlinie 2014/24/EU vorgegeben, vgl. Art. 33 dieser Richtlinie).

Zum 4. Teil (Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht):

Der vierte Teil enthält die insbesondere für die Umsetzung der unionsrechtlichen Anforderungen zentralen gesetzlichen Regelungen eines Rechtsschutzverfahrens in Vergabeangelegenheiten. Die Abfolge der Gliederungsebenen entspricht der Systematik des BVergG 2006.

Der Rechtsschutzteil übernimmt im Kern das mit dem BVergG 2002 eingeführte und durch das BVergG 2006 fortgeführte System. Insbesondere wird die Unterscheidung in gesondert und bloß „verbunden“ (nicht-gesondert) anfechtbarer Entscheidungen (diese Regelung erfolgt im materiellen Teil in § 2 Z 15) aufrechterhalten sowie Fristen für die Anfechtung festgelegt und die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen von der vorherigen Erlangung einer Feststellung abhängig gemacht. Die Änderungen ergeben sich aus der Notwendigkeit der Anpassung an die Vorgaben der neuen Vergaberichtlinien (die Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG (RMRL) bzw. die Richtlinie 92/13/EWG (Sektoren-RMRL) wurden nicht geändert; Art. 46 und 47 der RL 2014/23/EU enthalten lediglich eine Erstreckung des Geltungsbereiches auf Konzessionsvergaben und Zitatanpassungen) und an verschiedene Entwicklungen in der Rechtsprechung des EuGH. Es wird sohin weitgehend mit dem bisher geltenden Rechtsschutzsystem im Vergaberecht fortgesetzt.

Neu sind Regelungen zur Verfahrenshilfe, die die erforderlichen Abweichungen vom VwGVG normieren.

Eine wesentliche Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage ergibt sich durch die Vereinheitlichung der Fristen im Nachprüfungsverfahren auf zehn Tage im Oberschwellen- wie auch im Unterschwellenbereich. Weiters kommt es aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben zu wesentlichen Änderungen der Passivlegitimation im Rechtsschutzverfahren. Wenn im 4. Teil vom „Auftraggeber“ die Rede ist, meint dies im Falle der gemeinsamen Auftragsvergabe gemäß § 22 bzw. § 195 den bzw. die in der gemeinsamen Ausschreibung angeführten Auftraggeber, da diese Parteien im Rechtsschutzverfahren sein sollen; im Feststellungsverfahren sind es alle beteiligten Auftraggeber.

Weiters werden in Folge der Entscheidung des EuGH vom 26. November 2015, Rs C-166/14, MedEval, die Fristen im Feststellungsverfahren angepasst.

Die verfassungsrechtlich gebotene Erstreckung des vergabespezifischen Rechtsschutzes auf den Unterschwellenbereich (vgl. VfSlg. 16.027/2000) hat zur Folge, dass auch im Unterschwellenbereich die Beschreitung des Zivilrechtswegs wie bisher unzulässig ist. Daher kann vor Zuschlagserteilung eine rechtswidrige Vergabeentscheidung auch im Unterschwellenbereich nur durch Antrag auf Nichtigerklärung und auf einstweilige Verfügung an das BVwG, nicht jedoch durch Klage vor dem Zivilgericht verhindert werden. Ebenso gilt im Unterschwellenbereich das vergaberechtliche Sonderschadenersatzrecht. Schadenersatzklagen bedürfen daher auch im Unterschwellenbereich der vorherigen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vergabeentscheidung durch das BVwG.

Zu § 327:

Mit dieser Bestimmung soll für den Bereich der Bundesvollziehung weiterhin von der Ermächtigung des Art. 130 Abs. 2 Z 2 B-VG Gebrauch gemacht werden, wonach durch Bundes- oder Landesgesetz sonstige Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens vorgesehen werden können. Die Zuständigkeit des BVwG besteht nur hinsichtlich jener Auftraggeber, die in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen (Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG).

Gegen die Entscheidung des BVwG kann (ordentliche oder außerordentliche) Revision beim VwGH erhoben werden. Eine solche Revision bewirkt im Allgemeinen keine Verzögerung des zugrunde liegenden Vergabeverfahrens, da ihr grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zukommt.

Zu § 328:

Das BVwG soll in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens grundsätzlich durch Senate entscheiden. Abs. 1 enthält eine Aufzählung von Angelegenheiten, in denen abweichend von diesem Grundsatz die Entscheidung durch einen Einzelrichter erfolgen kann. Auch die gemäß § 9 BVwGG dem Vorsitzenden obliegenden Entscheidungen bleiben unberührt.

Hinsichtlich der Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist darauf hinzuweisen, dass Entscheidungen über diese Anträge nicht die Rechtssache an sich erledigen und deshalb in Form eines Beschlusses erfolgen sollen. Abs. 2 regelt die Senatszusammensetzung. Wie bisher soll der Senat aus einem Berufsrichter und zwei fachkundigen Laienrichtern bestehen.

Zu § 329:

Die vorgeschlagene Bestimmung entspricht dem geltenden § 293 BVergG 2006. Aus dem systematischen Zusammenhang ergibt sich, dass diese Bestimmung nicht allgemein, sondern nur für die fachkundigen Laienrichter in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens gelten soll. Die Bestellung aller Laienrichter obliegt gemäß § 12 Abs. 3 BVwGG dem Bundeskanzler.

Zu § 330:

Die Regelung entspricht – von terminologischen Anpassungen abgesehen – dem bisherigen § 294 BVergG 2006. Grundsätzlich sind den fachkundigen Laienrichtern alle entscheidungsrelevanten Dokumente zu übermitteln. Aufgrund des Umfanges gewisser Dokumente bzw. des Umfanges der Unterlagen eines Nachprüfungsverfahrens an sich kann es jedoch in gewissen Fällen untunlich sein, alle entscheidungsrelevanten Dokumente zu übermitteln, da dies zu einem unverhältnismäßigen verwaltungstechnischen Aufwand beim BVwG führen würde (Einscannen und Übermittlung von umfangreichen Ordnern oder postalische Übermittlung von Ordnerkopien, da eine Übermittlung per E-Mail aufgrund technischer Vorkehrungen wie zB einer Postfachbeschränkung nicht möglich ist). In diesen Fällen müssen die entscheidungsrelevanten Dokumente für die fachkundigen Laienrichter lediglich bereitgehalten werden (d.h. Bereithaltung zur Einsichtnahme beim BVwG). Letzteres kommt auch dann zur Anwendung, wenn im Rahmen der Durchführung eines Verfahrens beim BVwG hochsensible (zB klassifizierte) Informationen den fachkundigen Laienrichtern zur Kenntnis gebracht werden müssen. Die Tatsache, dass alle Verfahrensunterlagen von den fachkundigen Laienrichtern grundsätzlich vertraulich zu behandeln sind (wegen Geschäfts- oder Berufsgeheimnissen, Informationen über Kalkulationen, Preise usw.) rechtfertigt für sich aber noch keine Ausnahme vom oben genannten Grundsatz.

Zu § 331:

§ 331 enthält die Unvereinbarkeitsregelungen hinsichtlich der fachkundigen Laienrichter und entspricht dem geltenden § 295 BVergG 2006. Aus dem systematischen Zusammenhang ergibt sich, dass diese Bestimmung nicht allgemein, sondern nur für die fachkundigen Laienrichter in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens gelten soll. Die Regelungen betreffend die Unvereinbarkeiten der Mitglieder des BVwG finden sich bereits in Art. 134 Abs. 5 B-VG.

Zu § 332:

Die fachkundigen Laienrichter sollen in jenen Verfahren ex lege von der Mitwirkung an einer Entscheidung ausgeschlossen sein, in welchen eine Auftragsvergabe jener Institution überprüft wird, die sie entsendet hat oder auf deren Vorschlag die Bestellung zum fachkundigen Laienrichter erfolgt ist. Auch das Ablehnungsrecht des Abs. 2 entspricht dem geltenden Recht und ergänzt insoweit die Befangenheitsregelung des § 6 VwGVG.

Zu § 333:

Gemäß § 17 VwGVG sind nur auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und andere verfahrensrechtliche Bestimmungen im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anzuwenden. Insofern ist es erforderlich, eine analoge Regelung betreffend die subsidiäre Anwendung der genannten Bestimmungen des AVG auch für das Verfahren vor dem BVwG in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens vorzusehen. Dabei ist hinsichtlich des Fristenlaufes klarzustellen, das nach den Regelungen des AVG der Tag des fristauslösenden Ereignisses nicht zur Frist zählt. Dieses Verständnis setzen die Fristen des Rechtsschutzteiles voraus. Auch nach der Verordnung (EWG, EURATOM) Nr. 1182/71 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine, ABl. L Nr. 124 vom 08.06.1971 S. 1, gilt diese Regel (vgl. § 67).

Zu § 334:

Die Zuständigkeiten des BVwG werden beibehalten. Unterschieden wird weiterhin terminologisch zwischen dem Nachprüfungsverfahren (vor der Zuschlagserteilung) und dem Feststellungsverfahren (nach Beendigung des Vergabeverfahrens). Die Aufzählung der Sonderzuständigkeiten des BVwG ist abschließend. Unberührt bleiben die aus dem VwGVG erfließenden Kompetenzen, etwa verfahrensrechtliche Entscheidungen zu treffen, zB über eine Wiederaufnahme des Verfahrens oder über einen Kostenersatz zu entscheiden. Ebenso ist das BVwG dazu zuständig, mit den im vorgeschlagenen § 335 verfügten Abweichungen nach Maßgabe der Bestimmungen des VwGVG über Verfahrenshilfeanträge betreffend Feststellungsanträge zu entscheiden. Im zweiten Satz des Abs. 1 wird ausdrücklich angeordnet, dass sämtliche Anträge unmittelbar beim BVwG einzubringen sind, da die Regelungen der §§ 12 und 20 VwGVG für Verfahren in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens nicht einschlägig sind.

Nach der Rechtsprechung des EuGH muss die Möglichkeit der Erlassung einer einstweiligen Verfügung auch schon vor (und daher unabhängig von) der Stellung eines Antrages auf Nichtigerklärung einer Auftraggeberentscheidung bestehen (vgl. EuGH vom 19. September 1996, Rs C‑236/95, Kommission/Griechenland, und vom 15. Mai 2003, Rs C‑214/00, Kommission/Spanien). Die Regelung für die Erlassung einstweiliger Verfügungen ist daher wie schon bisher von jener für das Nachprüfungsverfahren getrennt.

Die in Abs. 2 geregelte Befassung zur Nachprüfung ist nur bis zum Zeitpunkt des erfolgten Zuschlages bzw. Widerrufs zulässig und entspricht den unionsrechtlichen Vorgaben auf Grund der RMRL und Sektoren-RMRL.

Der vorliegende Entwurf hält an der durch das BVergG 2002 eingeführten und durch das BVergG 2006 fortgeführten Unterscheidung zwischen gesondert und nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen fest. Nach diesem Konzept können nur die gesondert anfechtbaren Entscheidungen mit einem eigenständigen Nachprüfungsantrag angefochten und für nichtig erklärt werden; die Rechtswidrigkeit der jeweils vorangehenden nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen ist im Wege der Anfechtung der jeweils nächstfolgenden gesondert anfechtbaren Entscheidung geltend zu machen und hat allenfalls zur Nichtigerklärung der gesondert anfechtbaren Entscheidung zu führen. Eine zusätzliche ausdrückliche Anfechtung oder Nichtigerklärung der nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen ist in diesem System nicht zulässig.

Der ehemals verwendete Begriff der „Beschwerdepunkte“ soll entfallen. Beschwerden an die Verwaltungsgerichte müssen solche Beschwerdepunkte nicht enthalten (vgl. zB VwGH vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066). Vielmehr hat sich das Verwaltungsgericht sowohl mit den Beschwerdegründen als auch mit dem Begehren auseinanderzusetzen.

Die Prüfungsbefugnis des BVwG ist auf die jeweils geltend gemachten Beschwerdegründe beschränkt (vgl. demgegenüber zum VwGVG-Regime etwa VwGH vom 27. Jänner 2016, Ra 2014/10/0003, wonach das VwG innerhalb des abgesteckten Rahmens „der Sache“ auch mit anderer Begründung als die Beschwerde zum gleichen Ergebnis gelangen kann). Der Antragsteller ist verpflichtet zu präzisieren, in welchen Rechten er sich als verletzt erachtet. Andere als die geltend gemachten Rechtswidrigkeiten kann das BVwG daher nicht aufgreifen. Dies berührt jedoch nicht die Frage der amtswegigen Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes.

Die Feststellungskompetenzen des BVwG nach Zuschlagserteilung werden in Abs. 3 abschließend angeführt und entsprechen jenen des § 312 Abs. 3 BVergG 2006. Sie setzen die Vorgaben der RMRL und Sektoren-RMRL um.

Nach der vorgeschlagenen Z 1 hat das BVwG im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdegründe festzustellen, ob wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetzes, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde.

Auf Antrag des Auftraggebers kann das BVwG weiters feststellen, ob auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen der Antragsteller keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte. Einer derartigen Feststellung kommt besondere Bedeutung für einen allfälligen Schadenersatzprozess zu. Sie dient insbesondere auch der Entlastung der ordentlichen Gerichte in Vergabeangelegenheiten.

Das Vorliegen einer „echten Chance“ wird vom BVwG danach zu beurteilen sein, ob der Antragsteller in den engeren Auswahlkreis hinsichtlich der Auftragsvergabe gekommen wäre. Auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalles wird zu entscheiden sein, ob eine echte Chance, d.h. eine konkrete Möglichkeit der Zuschlagserteilung vorgelegen ist. In der Praxis hat es sich erwiesen, dass eine negative Feststellung (zB ob jemand den Zuschlag keinesfalls erhalten hätte) einfacher zu treffen ist als eine positive Feststellung, die oft aufwendige Sachverständigengutachten erfordert. Im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes soll daher das BVwG auf Antrag zur Feststellung zuständig sein, ob der Antragsteller keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages hatte. Der Terminus „echte Chance“ entstammt der Terminologie der Sektoren-RMRL.

Aus Gründen der Einfachheit soll in § 334 Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 Z 2 lediglich von den „entsprechenden Bestimmungen“ gesprochen werden; darunter sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, der hierzu ergangenen Verordnungen oder des unmittelbar anwendbaren Unionsrechts, hinsichtlich derer ein Verstoß behauptet wird und dies Gegenstand eines Verfahrens gemäß der jeweiligen Z 1 ist.

Die Z 3 bis 5 des vorgeschlagenen § 334 Abs. 3 enthalten die gemäß Art. 2d Abs. 1 lit. a bis c der RMRL und der Sektoren-RMRL vorzusehenden Kompetenzen der Vergabekontrollbehörde. Gemäß diesen unionsrechtlichen Vorgaben müssen folgende Fälle grundsätzlich eine Unwirksamkeit des Vertrages nach sich ziehen:

1. Unzulässige Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung: Dies wird durch den vorgeschlagenen § 334 Abs. 3 Z 3 umgesetzt. Durch den Wortlaut wird u.a. auch die Fallkonstellation eines offenkundig unzulässigen Zuschlags direkt an einen Unternehmer erfasst, ohne dass andere Unternehmer an diesem Vergabeverfahren beteiligt waren. Im Rahmen der Z 3 ist festzustellen, ob „ein Vergabeverfahren“ rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurde. Wenn daher statt des gewählten Verfahrens (zB Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung) ein anderes Verfahren ohne Bekanntmachung (zB ein nicht offenes Verfahren ohne Bekanntmachung) zulässig gewesen wäre, so wurde nicht im Sinne der Z 3 ein Vergabeverfahren rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt.

2. Verstoß gegen Art. 2a Abs. 2 der RMRL und der Sektoren-RMRL: Die genannten Bestimmungen sehen vor, dass der Auftraggeber im Anschluss an die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung eine Stillhaltefrist einzuhalten hat, in der der Zuschlag nicht erteilt werden darf. Aus Gründen der Klarheit werden die materiell darin zum Ausdruck kommenden Verstöße (Unterbleiben der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung, wodurch überhaupt keine Stillhaltefrist ausgelöst wird, sowie Missachtung der Stillhaltefrist) getrennt ausgewiesen. Die Unwirksamkeit als Folge des erstgenannten Verstoßes (Unterbleiben der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung) wird durch den vorgeschlagenen § 334 Abs. 3 Z 4 umgesetzt. Zur Frage, wann von einer Zuschlagserteilung ohne Mitteilung einer Zuschlagsentscheidung auszugehen ist, ist auf die Definition des § 2 Z 49 zu verweisen, wonach es sich bei der Zuschlagsentscheidung um die an Bieter übermittelte bzw. für diese bereitgestellte nicht verbindliche Absichtserklärung handelt, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Wenn daher die im vorgeschlagenen § 143 Abs. 1 zweiter Satz enthaltenen Vorgaben in der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung nicht (oder nicht ausreichend) enthalten sind, kann dies zur Anfechtbarkeit der (rechtswidrigen) Zuschlagsentscheidung führen, begründet aber keinen Anwendungsfall des vorgeschlagenen § 334 Abs. 3 Z 4.

Die Missachtung der Stillhaltefrist hat wie bisher die absolute Nichtigkeit zur Folge (vgl. die vorgeschlagenen § 144 Abs. 1, § 151 Abs. 7, § 154 Abs. 3, § 306 Abs. 1, § 312 Abs. 7, § 315 Abs. 2); eine entsprechende Feststellungskompetenz der Vergabekontrollbehörde muss daher nicht vorgesehen werden.

3. Verstoß gegen Art. 2 Abs. 3 der RMRL und der Sektoren-RMRL: Die genannten Bestimmungen sehen vor, dass der Auftraggeber nach einem Antrag auf Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung den Vertrag so lange nicht abschließen darf, bis die Nachprüfungsstelle ihre Entscheidung (in der Hauptsache oder über eine vorläufige Maßnahme) getroffen hat. Da die Missachtung des Suspensiveffekts (eines Antrags auf einstweilige Verfügung, mit dem die Untersagung der Erteilung des Zuschlags begehrt wird) wie bisher die Nichtigkeit zur Folge hat (vgl. § 350 Abs. 5 Z 1), muss eine entsprechende Feststellungskompetenz der Vergabekontrollbehörde nicht vorgesehen werden.

4. Erfolgt der Zuschlag rechtswidrigerweise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung, ist gemäß Art. 2b der RMRL und der Sektoren-RMRL die Unwirksamkeit eines derart abgeschlossenen Vertrages vorzusehen: Dies erfolgt durch den vorgeschlagenen § 334 Abs. 3 Z 5.

Nach den Bestimmungen der RMRL und der Sektoren-RMRL muss aber nicht nur über die Unwirksamkeit selbst, sondern auch über den Zeitpunkt ihres Eintretens abgesprochen werden. Weiters besteht nach der RMRL und der Sektoren-RMRLdie Möglichkeit – trotz des Vorliegens eines (im Regelfall) die Unwirksamkeit des Vertrages nach sich ziehenden Verstoßes – von der Unwirksamkeit abzusehen und stattdessen so genannte „alternative Sanktionen“ zu verhängen. Aus diesem Grund soll das BVwG wie bisher Verträge unter bestimmten Voraussetzungen für nichtig erklären können sowie – wenn von der Nichtigerklärung abgesehen wird – Sanktionen verhängen (siehe die vorgeschlagenen Z 6 und 7 des § 334 Abs. 3).

Die vorgeschlagenen Z 6 und 7 des § 334 Abs. 3 enthalten Kompetenzen, die nicht selbständig, sondern nur in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 ausgeübt werden können. Die näheren Regelungen hinsichtlich der Ausübung dieser Kompetenzen finden sich im vorgeschlagenen § 356 Abs. 2 bis 8.

Wenn dem BVwG die Kompetenz eingeräumt wird, Verträge bei Vorliegen bestimmter Verstöße ex tunc für nichtig zu erklären, dann soll es gleichermaßen die Kompetenz haben, einen Widerruf für unwirksam zu erklären; dies dann, wenn es festgestellt hat, dass der Widerruf wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war, oder wenn es festgestellt hat, dass der Widerruf rechtswidriger Weise ohne Mitteilung oder Bekanntmachung der Widerrufsentscheidung erklärt worden ist.

Zu § 335:

Die Regelungen zur Verfahrenshilfe sind aufgrund der Einführung des § 8a VwGVG in Folge der Rechtsprechung des VfGH erforderlich. Nach der vorgeschlagenen Bestimmung soll ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe nur für die Einbringung eines Feststellungsantrages zulässig sein. Dies deshalb, da die Gewährung von Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Nachprüfungsantrages (sowie eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) denkunmöglich erscheint: Nur wirtschaftlich leistungsfähige Unternehmen sollen an einem Vergabeverfahren teilnehmen. Unternehmen, denen diese Bonität fehlt, sind nach der expliziten Anordnung des vorgeschlagenen § 78 zwingend vom Vergabeverfahren auszuschließen bzw. ist ihr Angebot auszuscheiden (§ 141 Abs. 1 Z 2). Der EuGH hat diese Sichtweise in mehreren Urteilen bestätigt (vgl. zB das Urteil vom 6. Oktober 2015, Rs C-61/14, Orizzonte Salute, Rz 64). Es wäre daher ein Widerspruch, einem mittellosen Unternehmen Verfahrenshilfe zu gewähren, obwohl dieses aufgrund des Mangels an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nicht in die Situation kommen kann, den Auftrag (auch nur theoretisch) zu bekommen. Der Antragsteller würde mit dem Nachweis seiner Mittellosigkeit geradezu belegen, dass er im Vergabeverfahren auszuscheiden ist. Anders kann sich die Situation denkmöglich nur in einem Feststellungsverfahren gestalten: Nämlich dann, wenn der Antragsteller während des Vergabeverfahrens noch leistungsfähig war, er diese Leistungsfähigkeit jedoch zu einem späteren Zeitpunkt – indem die Einleitung eines Feststellungsverfahrens noch möglich war – verloren hat. Für diese äußerst selten zu erwartenden Fälle ist es erforderlich, entsprechende Abweichungen vom sonst geltenden § 8a VwGVG, und zwar hinsichtlich dessen Abs. 1, 3, 4, 6 und 7 zu treffen.

Zu § 336:

Die Auskunftspflicht entspricht jener des geltenden § 313 BVergG 2006. Die Verpflichtung zur Auskunft gilt ungeachtet aller Verpflichtungen zur Wahrung der Vertraulichkeit oder Geheimhaltung.

Die vorgeschlagene Bestimmung erfasst auch die Auskunft bzw. Vorlage im Hinblick auf einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe, vgl. § 8a Abs. 6 erster Satz VwGVG. Hinzuweisen ist darauf, dass eine Verletzung der Auskunftspflicht eine Verwaltungsübertretung gemäß § 377 begründet.

Zu § 337:

Da die Regelung des § 21 VwGVG im Zusammenhang mit Rechtsschutzverfahren im Bereich des öffentlichen Auftragswesens unzureichend ist (so wird etwa der Situation von schutzwürdigen Interessen von beteiligten Unternehmern nicht Rechnung getragen), soll eine entsprechende Bestimmung für die Akteneinsicht geschaffen werden. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch auf den Bereich der Rechtsschutzverfahren gemäß BVergGVS hinzuweisen. Wie der EuGH in der Entscheidung vom 14. Februar 2008, Rs C-450/06, Varec, betonte, würde die praktische Wirksamkeit der Richtlinienbestimmungen betreffend den Schutz von vertraulichen Informationen ernsthaft gefährdet werden, „wenn im Rahmen der Klage gegen eine Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers über ein Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags alle dieses Vergabeverfahren betreffenden Angaben dem Kläger, ja sogar anderen Personen, wie etwa Streithelfern, uneingeschränkt zur Verfügung gestellt werden müssten. In einem solchen Fall würde schon durch die Erhebung einer Klage der Zugang zu Informationen eröffnet, die dazu verwendet werden könnten, den Wettbewerb zu verfälschen oder den legitimen geschäftlichen Interessen von Wirtschaftsteilnehmern zu schaden, die sich an der betreffenden Ausschreibung beteiligt haben. Eine solche Möglichkeit könnte Wirtschaftsteilnehmer sogar dazu verleiten, Klagen allein mit dem Ziel zu erheben, Zugang zu den Geschäftsgeheimnissen ihrer Wettbewerber zu erhalten“ (Rz 39/40). Vor diesem Hintergrund hob der Gerichtshof hervor, dass „die Nachprüfungsinstanz über sämtliche Informationen verfügen können [muss], die erforderlich sind, um in voller Kenntnis der Umstände entscheiden zu können, also auch über vertrauliche Informationen und Geschäftsgeheimnisse“ (Rz 53). Der EuGH betonte, dass „die Nachprüfungsinstanz im Rahmen einer Klage im Bereich des öffentlichen Auftragswesens entscheiden können [muss], dass die in der ein Vergabeverfahren betreffenden Akte enthaltenen Angaben nicht an die Parteien und deren Anwälte weitergegeben werden, wenn dies erforderlich ist, um den vom Gemeinschaftsrecht vorgeschriebenen Schutz des lauteren Wettbewerbs und der legitimen Interessen der Wirtschaftsteilnehmer sicherzustellen“ (Rz 43).

Das BVwG muss im Ergebnis abwägen, ob es die Unterlagen tatsächlich von der Akteneinsicht ausnimmt, vgl. VfSlg. 19.996/2015.

Die vorgeschlagene Bestimmung wurde an den geltenden § 314 BVergG 2006 angelehnt, jedoch geringfügig neu formuliert, und verdeutlicht, welche der Parteien bzw. Beteiligten welche Interessenslagen geltend machen können. So soll sich nur der Auftraggeber auf zwingende Gründe des Allgemeininteresses berufen können, nicht jedoch sonstige Parteien und Beteiligte.

Zu § 338:

Gegenüber dem geltenden § 315 BVergG 2006 entfällt die Zustellung per Faxgerät. Unter elektronischer Adresse ist auch die Übermittlung mittels elektronischen Rechtsverkehrs zu verstehen.

Der vorgeschlagene § 338 enthält folgende Abweichungen vom Zustellgesetz (ZustG) BGBl. Nr. 200/1982: Zum einen wird ein Vorrang der elektronischen Zustellung unmittelbar von der Behörde an die Partei vorgesehen, wenn das BVwG Kenntnis von einer elektronischen Zustelladresse der Partei hat oder sie dem BVwG von einer Partei zu diesem Zweck (Zustellung im Rechtsschutzverfahren) bekannt gegeben wurden. Dieser Vorrang ist erforderlich, da im Bereich des öffentlichen Auftragswesens zum einen sehr kurze Entscheidungsfristen für die Behörde bestehen und daher eine rasche Zustellung geboten ist. Zum anderen knüpft § 350 Abs. 5 an die Übermittlung eines Antrages an den Auftraggeber bestimmte Rechtsfolgen (zB Verbot der Zuschlagserteilung), was ebenfalls eine rasche Übermittlung erforderlich macht. Abweichend von der Definition der elektronischen Zustelladresse in § 2 Z 5 ZustG kommt es dabei nicht darauf an, dass diese Adresse der Behörde vom Empfänger im anhängigen Verfahren bekannt gegeben worden ist, sondern geht es um die Bekanntgabe an das BVwG. Allerdings muss es sich dabei um die im Zuge des konkreten Vergabeverfahrens bekannt gegebene elektronische Adresse handeln.

Die abweichende Festlegung hinsichtlich der Bekanntgabe der elektronischen Zustelladresse ändert nichts daran, dass es sich um eine Zustellung nach § 37 ZustG handelt. Wann ein Dokument als zugestellt gilt, richtet sich somit nach § 37 Abs. 1 zweiter und dritter Satz ZustG. Hat das BVwG keine Kenntnis von einer elektronischen Adresse einer Partei oder kann an die bekannt gegebene elektronische Adresse faktisch nicht zugestellt werden (zB Störung des Servers), ist mangels einer diesbezüglich abweichenden Regelung nach dem 2. Abschnitt des Zustellgesetzes (physische Zustellung) zuzustellen.

Zu § 339:

Die Regelung über die Pflicht zur Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entspricht jener des § 316 BVergG 2006.

Die gegenüber dem § 24 VwGVG vorgeschlagene kürzere Frist von einer Woche rechtfertigt sich aus dem Erfordernis einer möglichst raschen Entscheidung in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens. Im Übrigen ist auf die Bestimmungen des § 24 Abs. 4 und 5 VwGVG hinzuweisen, die weitere Regelungen betreffend die mündliche Verhandlung enthalten.

Das BVwG ist auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 oder bei Fehlen eines Parteiantrages nicht gehindert, eine Verhandlung durchzuführen; bei Ausübung des dem BVwG damit eingeräumten Ermessens ist aber auf die Anforderungen des Art. 6 EMRK Bedacht zu nehmen. Darüber hinaus sind bei der Ausübung dieses Ermessens selbstverständlich auch die unionsrechtlichen Anforderungen zu berücksichtigen, insbesondere Art. 47 der Grundrechtecharta.

Eine Verhandlung ist nicht nur in Nachprüfungs-, sondern auch in Feststellungsverfahren durchzuführen. In Abs. 1 Z 3 wird der Entfall der Verhandlung auch dann vorgesehen, wenn auf Grund der Aktenlage ersichtlich ist, dass der Nachprüfungs- oder Feststellungsantrag abzuweisen ist. Dies ist auf die Rechtsprechung des EGMR zurückzuführen, wonach Art. 6 EMRK eine öffentliche Verhandlung vor dem Tribunal erster und letzter Instanz dann nicht zwingend fordert, wenn keine Ermittlungen durchgeführt werden müssen und es sich nur um Rechtsfragen geringer Schwierigkeit handelt (EGMR vom 1. Juni 2004, Valova, Slezak und Slezak, Appl. 44.925/98).

Durch den Einleitungssatz des Abs. 1 ist klargestellt, dass auch im Falle der Zurückweisung eines Antrags die Verhandlung nur entfallen darf, wenn dem Art. 6 EMRK nicht entgegensteht.

Das Recht, eine Verhandlung zu beantragen, kommt den jeweiligen Parteien des Verfahrens zu; „Antragsteller“ ist derjenige, der den verfahrenseinleitenden Nachprüfungs- oder Feststellungsantrag gestellt hat. „Antragsgegner“ sind der Auftraggeber und jene Unternehmer (Bewerber oder Bieter), die durch die beantragte Entscheidung in ihren rechtlichen Interessen negativ betroffen wären. Den Parteien – einschließlich des Antragstellers – steht es frei, eine Verhandlung zu beantragen oder einen solchen Antrag zu unterlassen. Der erste Satz des Abs. 2 ist daher nicht dahin zu verstehen, dass der Antragsteller jedenfalls eine Verhandlung beantragen muss, sondern bedeutet nur, dass – wenn ein solcher Antrag gestellt – er schon im Nachprüfungs- oder Feststellungsantrag enthalten sein muss und daher später nicht mehr gestellt werden kann.

Zu § 340:

Die Regelung entspricht dem bisherigen § 318 BVergG 2006.

Bei der Gebühr nach § 340 handelt es sich um eine besondere Eingabegebühr ähnlich den Eingabegebühren in Verfahren vor dem VwGH und VfGH; es ist eine ausschließliche Bundesabgabe nach § 8 Z 2 FAG 2017.

Die Gebühr nach § 340 ist auch dann zu entrichten, wenn sich der – auf eine der genannten Bestimmungen gestützte – Antrag in weiterer Folge als unzulässig erweist oder wenn er in weiterer Folge zurückgezogen wird; es handelt sich um eine Pauschalgebühr, die den durchschnittlichen Aufwand der Geschäftsbehandlung abdecken soll, sodass es sachlich gerechtfertigt ist, auch in diesen Fällen – in denen der Aufwand vielleicht etwas geringer ist – eine Gebührenpflicht vorzusehen.

Nach dem Wortlaut der Z 1 sollen die Gebühren nicht die beim BVwG entstehenden Kosten zur Gänze abdecken, sondern die Gebühren sind so festzusetzen, dass ein ausgewogenes Verhältnis des durch den Antrag bewirkten Verfahrensaufwandes mit dem für den Antragsteller zu erzielenden Nutzen erzielt wird.

Die durch Verordnung der Bundesregierung festzusetzenden Gebührensätze können nach objektiven Merkmalen gestaffelt werden. Einzelne mögliche Merkmale, die für eine Abstufung herangezogen werden können, werden im Gesetz demonstrativ genannt: Auftragsgegenstand, Verfahrensart, Art der gesondert anfechtbaren Entscheidung, Verfahren im Oberschwellenbereich oder im Unterschwellenbereich. Zu diesen Merkmalen ist anzumerken, dass Anträge im Zusammenhang mit Bauaufträgen zumindest im Regelfall einen komplexeren Verfahrensgegenstand nach sich ziehen als dies bei Lieferungen oder Dienstleistungen der Fall ist, wobei geistige Dienstleistungen wiederum als komplexer anzusehen sind als „sonstige“ Dienstleistungen. Weiters kann man bei einer Durchschnittsbetrachtung davon ausgehen, dass sogenannte beschränkte Verfahren mit weniger Teilnehmern und daher weniger umfangreichen Unterlagen einen geringeren Verfahrensaufwand mit sich bringen als offene Verfahren. Schließlich ist zu beachten, dass der Nutzen eines Rechtsschutzverfahrens bei einem Verfahren im Oberschwellenbereich (auf Grund der regelmäßig höheren Gewinne bzw. Deckungsbeiträge) für den Antragsteller größer ist als bei einem Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich. Die Ermächtigung zur Festsetzung der Gebührensätze beinhaltet auch eine Ermächtigung zur Abänderung der Gebührensätze, wenn eine Änderung objektiver Merkmale dies geboten erscheinen lässt (vgl. etwa VfSlg. 19.914/2014 mwN, wonach eine Differenzierung zulässt).

Neben einer Änderung der Gebührensätze auf Grund einer Änderung der zugrunde liegenden Parameter ist eine jährliche Änderung der Gebührensätze aufgrund der Änderung der Indexzahl des Verbraucherpreisindex 2015 vorgesehen, die vom Bundeskanzler im BGBl. zu verlautbaren ist (Z 2).

Die vorgeschlagene Z 3 enthält die zulässigen Zahlungsformen.

Sonderregelungen finden sich zur Gebührenhöhe für einen Antrag auf einstweilige Verfügung (Z 4), für eine wiederholte Antragstellung (Z 5), für die Vergabe eines Loses im Unterschwellenbereich (Z 6) und für die Antragszurückziehung vor Durchführung einer mündlichen Verhandlung (Z 7).

§ 340 Abs. 1 Z 7 sieht eine Reduktion der Gebührenschuld bei Antragsrückziehung in Bezug auf die „festgesetzte Gebühr“ oder die „gemäß Z 5 reduzierte Gebühr“ vor. Durch die Einbeziehung der Z 5 wird die Reduktion bei Antragszurückziehung auch auf die Fälle der wiederholten Antragstellung (und der dadurch gemäß Z 5 reduzierten Gebührensätze) erstreckt. Die Zurückziehung eines Antrages erfolgt „vor Durchführung einer mündlichen Verhandlung“, wenn die Zurückziehung vor dem tatsächlichen Beginn der mündlichen Verhandlung beim BVwG eingelangt ist.

Zu § 341:

Die Regelung über den Gebührenersatz übernimmt grundsätzlich die Inhalte des § 319 BVergG 2006 und wird um eine Klarstellung ergänzt. § 341 überträgt wie bisher dem BVwG die Kompetenz, über den Ersatz der Gebühren zu entscheiden. Es wird ausdrücklich geregelt, dass ein Gebührenersatz auch dann zu erfolgen hat, wenn der Antragsteller während eines anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Auftraggeber die bekämpfte Entscheidung beseitigt.

Im Falle der erfolgreichen Gegenantragstellung des Auftraggebers im Rahmen eines Feststellungsverfahrens iSd § 334 Abs. 3 Z 2 ist der Antragsteller nicht als obsiegend im Sinne des Abs. 1 anzusehen. In diesen Fällen hat das BVwG den Feststellungsantrag abzuweisen. Ein Gebührenersatz des Antragstellers kommt daher in dieser Konstellation nicht in Betracht.

Unbeschadet der bestehenden Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung eigenständig (unabhängig von der Stellung eines Nachprüfungsantrages) zu beantragen, ist in Abs. 2 geregelt, dass ein Ersatz der Gebühr nur dann zu erfolgen hat, wenn dem Hauptantrag stattgegeben oder wenn der Antragsteller während des Verfahrens klaglos gestellt wird (vgl. VwGH vom 17. September 2014, 2013/04/0082) und die einstweilige Verfügung entweder gewährt wurde bzw. im Falle der Klaglosstellung vor Entscheidung über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu gewähren gewesen wäre oder bloß aufgrund einer Interessenabwägung abgewiesen wurde bzw. im Falle der Klaglosstellung vor Entscheidung über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abzuweisen gewesen wäre. Der Antragsgegner soll nicht gezwungen sein, die Kosten zu tragen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der behauptete Sicherungsanspruch des Antragstellers nicht berechtigt war. Mit dieser Klarstellung in Abs. 2 wird der Rechtsprechung des VwGH Rechnung getragen (vgl. VwGH vom 21. Dezember 2016, Ra 2016/04/0045).

Zu § 342:

Die Antragsvoraussetzungen entsprechen der bisherigen Rechtslage. Das Nachprüfungsverfahren dient – wie bisher – der Durchsetzung subjektiver Rechte der Bewerber und Bieter im Vergabeverfahren, nicht der Kontrolle der objektiven Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens. Dies wird daraus deutlich, dass das Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag eines Unternehmers eingeleitet werden kann und die Prüfungsbefugnis sich darauf beschränkt, ob die in den Beschwerdegründen geltend gemachte Verletzung von Rechten des Unternehmers vorliegt.

Das – in Übereinstimmung mit der RMRL und der Sektoren-RMRL – als Voraussetzung der Antragslegitimation geforderte Interesse am Vertragsabschluss setzt in der Regel die Beteiligung am Vergabeverfahren durch Abgabe eines Angebotes voraus. Dies gilt aber nicht ausnahmslos: so setzt nach Auffassung des EuGH die Anfechtung diskriminierender Bedingungen in einer Ausschreibung durch einen Unternehmer, der diese Bedingungen nicht erfüllt, nicht voraus, dass dieser Unternehmer vorher ein (aussichtsloses) Angebot gelegt hat (EuGH vom 12. Februar 2004, Rs C‑230/02, Grossmann Air Service). Gleiches muss auch gelten, wenn ein Unternehmer, der dem Verfahren nicht beigezogen wurde, die Wahl eines nicht offenen Verfahrens oder eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung anfechten will. Die Antragslegitimation ist daher nicht auf „Bieter“ oder „Bewerber“ im technischen Sinn beschränkt. Wie sich außerdem aus § 21 Abs. 2 ergibt, sind Arbeitsgemeinschaften und Bietergemeinschaften als solche parteifähig zur Geltendmachung der ihnen durch dieses Bundesgesetz eingeräumten Rechte und daher auch antragslegitimiert im Nachprüfungsverfahren.

Nach der Judikaturlinie des EuGH in den Rs C-100/12, Fastweb und C-689/13, PFE, kommt auch einem auszuscheidenden (aber noch nicht ausgeschiedenen) Bieter Antragslegitimation zu, wenn er das Ausscheiden eines Mitkonkurrenten im selben Vergabeverfahren geltend macht. Dieser Grundsatz ist nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rs C-355/15, Caverion) aber nicht auf Fälle anzuwenden, in denen der Antragsteller bereits rechtskräftig vom Auftraggeber ausgeschieden worden ist und in einem weiteren Rechtszug auch das Ausscheiden der verbliebenen Konkurrenten durchsetzen möchte.

Der im Gesetz (und somit auch im 4. Teil) verwendete Begriff „Vergabeverfahren“ ist in einem weiten Sinn zu verstehen und umfasst auch alle nach dem vorliegenden Gesetz durchgeführten Verfahren, die vor einem auf eine konkrete Auftragsvergabe gerichteten Verfahren liegen; dazu gehören insb.: Wettbewerbe; Prüfsysteme; regelmäßige Bekanntmachungen, die als Aufforderung zum Wettbewerb dienen; Rahmenvereinbarungen. Im Falle der Anfechtung von Entscheidungen in diesen Verfahren kann naturgemäß noch kein Angebot vorliegen; für die Antragslegitimation reicht es in diesen Fällen aus, dass der betreffende Unternehmer sein Interesse durch Beteiligung am betreffenden Verfahren kundgetan hat oder – soweit das nicht möglich ist – in anderer Weise plausibel macht.

Die Bestimmung schließt es nicht aus, dass mehrere Unternehmer dieselbe gesondert anfechtbare Entscheidung des Auftraggebers anfechten (auch wenn es sich um die Zuschlagsentscheidung handelt), allerdings ist das BVwG zumindest grundsätzlich verpflichtet, in diesem Fall die Verfahren zu verbinden (Abs. 4). Diese Regelung lehnt sich an § 39 Abs. 2a AVG an. Damit wird eine einfache verfahrensökonomische Lösung getroffen.

Zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken räumt Abs. 2 auch einem ausgeschiedenen Bieter die Möglichkeit ein, die Zuschlagsentscheidung bzw. die Widerrufsentscheidung anzufechten, wenn die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung bzw. der Widerrufsentscheidung vor Ablauf der für die Anfechtung des Ausscheidens vorgesehenen Frist erfolgt. Der ausgeschiedene Bieter kann diesfalls das Ausscheiden seines Angebotes in einem – auch nur einmal zu vergebührenden – Antrag mit der Zuschlagsentscheidung bzw. der Widerrufsentscheidung anfechten. Der Fristenlauf beginnt erst mit Kenntnis von der Zuschlags- bzw. Widerrufsentscheidung.

Hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung von Anträgen im Bereich der Nachprüfung ist § 22 VwGVG nicht einschlägig. § 342 Abs. 3 normiert ausdrücklich, dass Nachprüfungsanträgen keine aufschiebende Wirkung zukommt. Hingegen kommt einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in bestimmten Fällen eine aufschiebende Wirkung zu (vgl. dazu § 350 Abs. 5).

Zu § 343:

Der Entwurf behält das System der Präklusionsfristen bei. Die bisherigen – zwischen dem Unter- und Oberschwellenbereich differenzierenden – Fristen werden aufgegeben und stattdessen einheitliche Anfechtungsfristen normiert. Bei den Antragsfristen handelt es sich um verfahrensrechtliche Fristen, deren Berechnung nach den §§ 32 f AVG (iVm § 17 VwGVG) zu erfolgen hat.

Die Notwendigkeit der Vereinheitlichung der Fristen im Ober- und Unterschwellenbereich wurde insbesondere vor dem Hintergrund einer Entscheidung des UVS Tirol vom 14. März 2013 (UVS-2012/K4/2499-12) notwendig: Die Entscheidung betraf einen Fall, in dem unzulässiger Weise ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich durchgeführt wurde (Direktvergabe), obwohl offensichtlich ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich durchzuführen gewesen wäre. Dennoch galten nach Auffassung der Nachprüfungsinstanz die (verkürzten) Fristen für ein Verfahren im Unterschwellenbereich, da sich die Fristen alleine danach richten würden, welches Verfahren tatsächlich gewählt wurde. Da dies nach Auffassung der Kommission jedoch einen Verstoß gegen die RMRL bedeutet (Verstoß gegen Art. 2c der RMRL, der eine Mindestfrist von 10 Tagen vorsieht), wurden die Fristen für die Einbringung eines Nachprüfungsantrages vereinheitlicht (und folglich auch die Stillhaltefristen im materiellen Teil angepasst).

Um den unionsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen effektiven Rechtsschutz ausreichend Rechnung zu tragen, wird im Regelfall eine Frist von zehn Tagen vorgesehen. Nur wenn die angefochtene Entscheidung weder auf elektronischem Weg übermittelt bzw. bereitgestellt noch bekanntgemacht worden ist, verlängert sich die Frist auf 15 Tage.

Die Nachprüfungsfrist bei Durchführung einer Direktvergabe (ohne vorherige Bekanntmachung) beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller von der gesondert anfechtbaren Entscheidung (das ist die Wahl des Verfahrens) Kenntnis erlangt hat oder erlangen hätte können. Die Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung fällt unter das Regime gemäß Abs. 1.

Eine Sonderregelung enthält Abs. 3 für Nachprüfungsanträge betreffend die Ausschreibung (zur Definition der Ausschreibung vgl. § 2 Z 7), da hier ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Bekanntmachung bzw. Übermittlung/Bereitstellung in der Praxis häufig dazu führen würde, dass bei der (üblicherweise erst gegen Ende der Angebotsfrist stattfindenden) Angebotserstellung entdeckte Probleme im Zusammenhang mit den Ausschreibungs- und Wettbewerbsunterlagen von den Unternehmern wegen der zwischenzeitig eingetretenen Präklusion nicht mehr releviert werden könnten. Daher wird in § 343 Abs. 3 keine Frist, die ab einem bestimmten Zeitpunkt zu laufen beginnt, normiert, sondern ein Endzeitpunkt, bis zu dem eine bestimmte Handlung spätestens gesetzt werden muss. Vorgesehen wird daher, dass ein Antrag auf Nachprüfung der Ausschreibung bis spätestens sieben Tage vor Ablauf der Angebotsfrist eingebracht werden kann. Da die Mindestfrist von zehn Tagen nicht unterschritten werden darf, kommt diese Ausweitung erst dann in Betracht, sofern „diese Frist“ – gemeint sind damit die im ersten Halbsatz angeführten Fristen, nämlich die Angebotsfrist, die Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten bzw. die Teilnahmefrist – zumindest 18 Tage beträgt. Beträgt die Regelantragsfrist auf Grund einer Übermittlung auf brieflichem Weg 15 Tage, kommt eine Ausweitung erst bei einer Angebotsfrist bzw. einer Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten bzw. einer Teilnahmefrist von zumindest 23 Tagen in Betracht. Wenn die im vorgeschlagenen Abs. 3 normierten Bedingungen nicht erfüllt werden (also etwa die Angebotsfrist nur 17 Tage oder weniger beträgt) dann kommt es zu keiner Fristverlängerung, maßgeblich sind dann allein die Antragsfristen gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 1.

Bei einer Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung ist nur die Bekanntmachung gesondert anfechtbar. Die genauere Kenntnis der in Abs. 3 genannten Ausschreibungs- bzw. Wettbewerbsunterlagen ist dafür nicht notwendig (bzw. sind solche nicht vorhanden), sodass die Anwendbarkeit des Abs. 3 für die Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung ausgeschlossen wird.

Die Regelung des vorgeschlagenen § 343 Abs. 3 (anders als dessen Abs. 1) normiert keine Frist im Sinne des AVG sondern legt lediglich einen Endzeitpunkt fest, bis zu dem eine bestimmte Verfahrenshandlung spätestens gesetzt werden muss (vgl. die diesbezügliche Diskussion in der Lehre bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 32 Rz 1). Damit sind insbesondere die Regelungen des § 33 AVG auf diese Bestimmung nicht anzuwenden. Grundsätzlich gilt daher, dass das BVwG gemäß § 13 Abs. 5 AVG nur während der Amtsstunden verpflichtet ist, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten. Für elektronische Anbringen gelten jedoch Sonderregelungen: Elektronische Anbringen außerhalb der Amtsstunden gelten nach der Judikatur des VwGH nur dann erst als am nächsten Tag eingebracht, wenn diese Wirkung im Internet bekanntgemacht wurde (vgl. § 13 Abs. 2 AVG; zB auf der Homepage des VwG). Stehen hingegen empfangsbereite Geräte zur Verfügung und erfolgte keine entsprechende Bekanntmachung, gelten elektronische Anbringen als am Tag der tatsächlichen Übermittlung als eingebracht (vgl. zB VwGH vom 14. Oktober 2015, Ra 2015/17/0039).

Die Versäumung der Frist führt zur endgültigen Präklusion, die betreffende gesondert anfechtbare Entscheidung (und die ihr vorangehenden nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen) können in weiterer Folge nicht mehr angefochten werden; sie werden gewissermaßen „bestandskräftig“. Es ist dem BVwG auch verwehrt, die Rechtswidrigkeit derart bestandskräftiger Entscheidungen im Zuge der Anfechtung späterer Entscheidungen inzident in Prüfung zu ziehen.

Solche Präklusionsfristen sind auch aus unionsrechtlicher Sicht zulässig (vgl. insb. EuGH vom 12. Dezember 2002, Rs C-470/99, Universale Bau). Im Falle einer allfälligen Versäumung einer Frist – zB wegen irreführenden Verhaltens eines Auftraggebers gegenüber dem potenziellen Antragsteller (vgl. den der Entscheidung des EuGH vom 27. Februar 2009, Rs C‑327/00, Santex, zu Grunde liegenden Sachverhalt) – besteht die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Die Antragsfrist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von der gesondert anfechtbaren Entscheidung tatsächlich Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis erlangen hätte können; dabei ist davon auszugehen, dass in jenen Fällen, in denen die Entscheidung öffentlich bekannt zu machen ist, der Unternehmer jedenfalls die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat und die Antragsfrist daher mit der Bekanntmachung zu laufen beginnt. Solange die Möglichkeit einer Kenntnisnahme nicht besteht – insbesondere weil eine Entscheidung nicht bekannt gegeben wird – beginnt die Frist nicht zu laufen.

In diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung des EuGH vom 28. Jänner 2010, Rs C-406/08, Uniplex, hinzuweisen, wonach es für die Auslösung des Fristenlaufs nicht genügt, dass ein Bewerber oder Bieter erfährt, dass seine Bewerbung oder sein Angebot zurückgewiesen worden ist. Solche Informationen genügen für einen Bewerber oder Bieter nicht, um gegebenenfalls einen anfechtbaren Rechtsverstoß erkennen zu können. Ein betroffener Bewerber oder Bieter kann sich erst dann darüber klar werden, ob etwa ein Verstoß gegen die anwendbaren Vorschriften vorliegt und die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens angebracht ist, nachdem er von den Gründen in Kenntnis gesetzt worden ist, aus denen seine Bewerbung oder sein Angebot in dem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags abgelehnt wurde (Rz 30 f des Urteils).

Hingegen muss es etwa bei der Anfechtung der Wahl des Vergabeverfahrens genügen, wenn der Antragsteller von der Wahl der entsprechenden Verfahrensart Kenntnis erlangt hat. Es bedarf hier nicht der Kenntnis genauerer „Gründe“, wie dies bei einer Ausscheidensentscheidung der Fall ist. Für die Bekämpfung des Ausscheidens eines Angebots ist eine Begründung nämlich Voraussetzung dafür, dass das Gegenteil (etwa die Erfüllung aller Eignungskriterien) bewiesen werden kann. Eine Verfahrensart wählt der Auftraggeber hingegen deshalb, weil er der Meinung ist, dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen; dies braucht er nicht (näher) zu begründen. Der Maßstab, der an das „Kennenkönnen“ gesetzt wird, ist also je nach Art der gesondert anfechtbaren Entscheidung ein anderer.

Zu § 344:

Die Regelung entspricht im Wesentlichen – mit Ausnahme des vorgeschlagenen Abs. 3 – dem bisherigen § 322 BVergG 2006.

Abs. 1:

Z 1: Wie bisher ist das betreffende Vergabeverfahren so genau wie möglich zu bezeichnen und die gesondert anfechtbare Entscheidung zu nennen. Bei der Bezeichnung der gesondert anfechtbaren Entscheidung ist die Rechtsprechung des BVwG eher streng (vgl. etwa BVwG vom 29. Juli 2015, W134 2109092-2), wohingegen nach der Rechtsprechung des VwGH bei der Interpretation des Begehrens durch die Nachprüfungsinstanz kein übertriebener Formalismus angewendet werden darf (VwGH 30. Juni 2004, 2004/04/0028). Letztere Auffassung soll durch die Formulierung der Z 1 zum Ausdruck gebracht werden.

Z 2: Die Bezeichnung des Auftraggebers und des Antragstellers soll um die Bezeichnung der vergebenden Stelle ergänzt werden, soweit eine solche tätig wurde und diese dem Antragsteller bekannt ist.

Der 4. Teil spricht vom „Auftraggeber“. Dies meint im Falle der gemeinsamen Vergabe gemäß § 22 bzw. § 195 immer den bzw. die in der gemeinsamen Ausschreibung angeführten Auftraggeber, da diese Parteien im Rechtsschutzverfahren sind. Der Nachprüfungsantrag hat daher den Angaben in der Ausschreibung entsprechend den bzw. die Auftraggeber anzuführen, mangels Angaben in der Ausschreibung jedoch alle an der gemeinsamen Beschaffung beteiligten Auftraggeber. Falls bei einer gemeinsamen Beschaffung aufgrund der dem Antragsteller zur Verfügung stehenden Informationen nicht alle Auftraggeber im Antrag angeführt worden sind, soll der Antrag nicht zurückgewiesen werden, sondern es wäre ein Verbesserungsauftrag zu erteilen.

Z 3: Die Pflicht, bei Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung den für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieter zu bezeichnen, resultiert daraus, dass dieser Bieter jedenfalls persönlich von der Verfahrenseinleitung zu verständigen ist (§ 345 Abs. 4); damit soll vermieden werden, dass das BVwG schon zur Verständigung dieses Bieters Ermittlungen anstellen muss. Da dieser Bieter in der Zuschlagsentscheidung zu bezeichnen ist, ist es für den Antragsteller kein Aufwand, ihn im Nachprüfungsantrag zu benennen.

Z 5: Anstelle der Bezeichnung des Rechts, in dem sich der Antragsteller als verletzt erachtet, sind nunmehr (nur noch) die Gründe anzugeben, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Erfordernis der Nennung von Beschwerdepunkten entfallen ist (vgl. die Erläuterungen zu § 334).

Durch das Wort „jedenfalls“ im einleitenden Satz des Abs. 2 wird klargestellt, dass die folgende Aufzählung der Gründe für die Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages nicht abschließend ist. Unzulässig ist ein Nachprüfungsantrag insbesondere auch bei Fehlen der in § 342 Abs. 1 umschriebenen Antragsvoraussetzungen oder wenn einem Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG nicht nachgekommen wurde.

Ein zulässiger Nachprüfungsantrag kann sich ausschließlich gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richten und nur deren Nichtigerklärung beantragt werden; die Nichtigerklärung nicht gesondert anfechtbarer Entscheidungen kann nicht beantragt werden, und zwar auch nicht gemeinsam mit einem Antrag auf Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung. Dies galt schon auf Grund der bisherigen Rechtslage; dies wird dadurch verdeutlicht, dass Abs. 1 Z 1 und Z 6 ausdrücklich so formuliert werden, dass im Nachprüfungsantrag (nur) die angefochtene gesondert anfechtbare Entscheidung zu bezeichnen ist. Soll im Wege der Anfechtung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung die Rechtswidrigkeit einer vorangehenden nicht gesondert anfechtbaren Entscheidung geltend gemacht werden, hat dies im Rahmen der Beschwerdegründe zu erfolgen.

Der vorgeschlagene Abs. 3 enthält eine neue Regelung: Wird ein Nachprüfungsantrag nach Zuschlagserteilung oder nach dem Widerruf des Vergabeverfahrens gestellt, dann ist dieser in einen Feststellungsantrag umzudeuten, wenn der Antragsteller von der Zuschlagserteilung bzw. vom Widerruf nicht wusste oder wissen konnte und der Antrag innerhalb der Frist für die Stellung eines Feststellungsantrages (§ 354 Abs. 2) eingebracht wurde. Damit soll es etwa in Fällen, in denen ein Antragsteller zwar von (der Wahl) einer Direktvergabe erfahren hat, diesem jedoch nicht bekannt ist, dass der Zuschlag bereits erteilt wurde, nicht notwendig sein, einen erneuten Antrag beim BVwG zu stellen. Die notwendigen Angaben werden schon aus dem Nachprüfungsantrag klar ersichtlich sein; das gesonderte Feststellungsbegehren (§ 352 Abs. 1 Z 7) kann entfallen, da ohnehin schon aus dem Nachprüfungsantrag klar hervorgehen wird, was der Antragsteller begehrt. Allenfalls erforderliche Angaben (die möglicherweise schon im Nachprüfungsantrag gefehlt haben) hat das BVwG mittels Verbesserungsauftrag einzuholen.

§ 91 Abs. 1 und § 262 Abs. 1 sehen vor, dass in der Ausschreibung anzugeben ist, welche Vergabekontrollbehörde für die Kontrolle des Vergabeverfahrens zuständig ist. Eine unrichtige Angabe ist allerdings nicht zuständigkeitsbegründend (wird seitens eines Auftraggebers aus dem Vollziehungsbereich des Bundes etwa ein LVwG als zuständige Vergabekontrollbehörde angegeben, so ändert das nichts daran, dass das BVwG zuständige Vergabekontrollbehörde ist). Allerdings kann eine unrichtige Angabe dazu führen, dass ein Antrag bei einer unzuständigen Vergabekontrollbehörde eingebracht wird und erst – auf Gefahr des Antragstellers – an das zuständige Verwaltungsgericht weitergeleitet werden muss, was wiederum zu einer Fristversäumung führen kann. Für den Fall, dass (rechtswidriger Weise) keine Angabe über die zuständige Vergabekontrollbehörde in der Ausschreibung enthalten ist, soll die zulässige Einbringung des Antrages bei einer offenkundig nicht unzuständigen Vergabekontrollbehörde die Gefahr der Fristversäumung hintanhalten. „Offenkundig nicht unzuständig“ ist eine Vergabekontrollbehörde etwa dann, wenn aufgrund der Unterlagen oder des Verlaufes des Vergabeverfahrens die Zuständigkeit einer bestimmten Vergabekontrollbehörde plausibel scheint. Aus diesem Grund sehen die §§ 344 Abs. 4 und 354 Abs. 3 vor, dass die Fristen für Nachprüfungs- bzw. Feststellungsanträge auch dann gewahrt sind, wenn ein Antrag bei einer – allerdings unzuständigen – Behörde eingebracht wird. Die vorgeschlagene Regelung lehnt sich an § 61 Abs. 4 AVG an.

Zu § 345:

Um allfälligen anderen Unternehmern, denen Parteistellung im Nachprüfungsverfahren zukommen könnte, die Erhebung von Einwendungen – und damit die Beibehaltung ihrer Parteistellung – zu ermöglichen, wird das BVwG zu bestimmten Verständigungen verpflichtet: Im Falle der Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung muss jedenfalls der für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter Parteistellung haben. Dieser ist dem BVwG auch schon aus den Angaben im Nachprüfungsantrag bekannt. Dieser Bieter ist daher jedenfalls persönlich von der Einleitung des Verfahrens zu verständigen (Abs. 4). Ebenso ist auch der im Nachprüfungsantrag bezeichnete Auftraggeber (bei einer Auftraggebergemeinschaft sind das alle in der Ausschreibung genannten Auftraggeber) und gegebenenfalls die vergebende Stelle vom Nachprüfungsantrag persönlich zu verständigen (Abs. 3).

Daneben kommen – insbesondere wenn andere Entscheidungen als die Zuschlagsentscheidung angefochten werden – allerdings auch andere Unternehmer als Parteien in Betracht. Da diese dem BVwG nicht bekannt sein müssen und deren Ermittlung zeitlich nicht vertretbare Nachforschungen erfordern würden, enthält § 345 Abs. 1 wie bisher schon § 323 BVergG 2006 eine Verpflichtung zur unverzüglichen Bekanntmachung des Einganges eines Nachprüfungsantrages im Internet. Zweckmäßigerweise sollte diese Bekanntmachung auf der Homepage des BVwG erfolgen. Die Bekanntmachung hat „unverzüglich“ zu erfolgen, d.h. das BVwG hat dafür Vorsorge zu treffen, etwa durch Einrichtung eines entsprechenden elektronischen Publikationssystems.

Um zeitaufwändige Erhebungen vor Einleitung weiterer Verfahrensschritte zu vermeiden, reicht es aus, in der Bekanntmachung die Bezeichnung des Vergabeverfahrens, des Auftraggebers, gegebenenfalls der vergebenden Stelle und der angefochtenen Entscheidung aus dem Nachprüfungsantrag zu übernehmen; wenn infolge mangelhafter Bezeichnung ein anderer Unternehmer nicht in der Lage ist, rechtzeitig Einwendungen zu erheben, um seine Parteistellung zu wahren, kann er unter Umständen einen Antrag auf „Quasi-Wiedereinsetzung“ stellen (vgl. die Erläuterungen zu § 346 am Ende).

Die Bekanntmachung löst die Frist für die Erhebung von Einwendungen durch andere Verfahrensparteien nach § 346 Abs. 3 aus. Aus rechtsstaatlicher Sicht ist festzuhalten, dass diese Regelungen nur für Unternehmer gelten, die sich an einem Vergabeverfahren in Österreich beteiligen (wollen). Solchen Unternehmern ist es zumutbar, sich regelmäßig über solche Bekanntmachungen zu informieren. Für den in Aussicht genommenen Zuschlagsempfänger beginnt die Einwendungsfrist hingegen mit der Zustellung der persönlichen Verständigung von der Verfahrenseinleitung.

§ 345 Abs. 5 sieht außerdem für Nachprüfungsverfahren auch die Bekanntmachung der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung im Internet vor. Diese Bekanntmachung sollte zweckmäßiger Weise auf der Homepage des BVwG erfolgen. Die Kundmachung im Internet hat insbesondere den Sinn, ausländischen Unternehmern, die Parteistellung im Nachprüfungsverfahren haben, Kenntnis von der Verhandlung zu verschaffen, soweit sie nicht persönlich zu verständigen sind. Die in § 41 Abs. 1 AVG vorgesehenen Formen der Bekanntmachung (mit Ausnahme der Bekanntmachung im elektronischen Amtsblatt) sind ausländischen Unternehmern nur schwer zugänglich.

Im Falle der Bekämpfung einer Zuschlagsentscheidung ist der für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter jedenfalls auch von der Verhandlung persönlich zu verständigen (Abs. 6). Dies ist unproblematisch, weil er durch die Bezeichnung im Nachprüfungsantrag dem BVwG bekannt ist. Abweichend von § 41 AVG ist eine persönliche Verständigung weiterer „bekannter Beteiligter“ von der Verhandlung nicht vorgesehen, um Verzögerungen des Nachprüfungsverfahrens infolge sonst erforderlicher Nachforschungen zu vermeiden.

Zu § 346:

Die Parteistellung in Nachprüfungsverfahren soll teilweise neu geregelt werden.

Die Parteistellung des Antragstellers bleibt unverändert. Neu im System ist hingegen die Regelung der Parteistellung des Auftraggebers, einerseits in den Fällen einer gemeinsamen Auftragsvergabe gemäß § 22 oder § 195, andererseits in den Fällen, in denen eine zentrale Beschaffungsstelle ein Vergabeverfahren als vergebende Stelle (also nicht im eigenen Namen) durchführt.

Wenn eine zentrale Beschaffungsstelle als vergebende Stelle tätig wird, so handelt sie im Namen und auf Rechnung des (dahinterstehenden) Auftraggebers. Art. 37 Abs. 2 2. UAbs. der RL 2014/24/EU wie auch Art. 55 Abs. 2 2. UAbs. der RL 2014/25/EU verlangen von den Mitgliedstaaten vorzusehen, dass der Auftraggeber seinen Verpflichtungen nach dieser Richtlinie nachkommt, wenn er – vereinfacht ausgedrückt – mittels einer solchen zentralen Beschaffungsstelle als vergebende Stelle beschafft. Art. 37 Abs. 2 3. UAbs. der RL 2014/24/EU sowie Art. 55 Abs. 2 3. UAbs. der RL 2014/25/EU nehmen davon nur jene Fälle aus, in denen der Auftraggeber Teile des Vergabeverfahrens selbst durchführt. Für diese Teile des Verfahrens soll der Auftraggeber selbst verantwortlich sein.

Die Umsetzung dieser Bestimmungen erfolgt im Rechtsschutzteil wie folgt: In den Fällen des Art. 37 Abs. 2 2. UAbs. der RL 2014/24/EU (bzw. Art. 55 Abs. 2 2. UAbs. der RL 2014/25/EU), in denen also eine zentrale Beschaffungsstelle in fremdem Namen und auf fremde Rechnung tätig wird (somit nicht beim „Großhändlermodell“ – denn dort tritt die zentrale Beschaffungsstelle selbst als Auftraggeber auf), ist diese – soweit sie das Vergabeverfahren durchführt – Partei des Nachprüfungsverfahrens anstelle des Auftraggebers. Die Parteistellung erlangt die zentrale Beschaffungsstelle anstelle des Auftraggebers also nur insoweit, als sie tatsächlich (faktisch) Teile des Vergabeverfahrens durchgeführt hat. In diesem Fall kann der Auftraggeber dem Verfahren als Nebenintervenient beitreten. Für jene Teile, die der Auftraggeber selbst durchgeführt hat (Art. 37 Abs. 2 3. UAbs. der RL 2014/24/EU, Art. 55 Abs. 2 3. UAbs. der RL 2014/25/EU) behält er die Parteistellung. Ausschlaggebend für die Parteistellung ist daher immer die jeweils gesondert anfechtbare Entscheidung: Derjenige, der die bekämpfte gesondert anfechtbare Entscheidung gesetzt hat, muss die davor gesetzten unanfechtbaren Entscheidungen mitverantworten. Für die Nebenintervention gelten §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 und 19 Abs. 1 ZPO sinngemäß. Der Auftraggeber kann dem Verfahren daher bis zur rechtskräftigen Entscheidung als Nebenintervenient beitreten, indem er die zentrale Beschaffungsstelle und den Antragsgegner entsprechend verständigt. Die sonstigen Parteien müssen vom Auftraggeber nicht gesondert verständigt werden, da ihm diese möglicherweise nicht bekannt sind.

Wird ein Vergabeverfahren von mehreren Auftraggebern gemeinsam durchgeführt, so sind immer jene Auftraggeber Parteien des Nachprüfungsverfahrens, die in der Ausschreibung genannt sind; sie bilden eine Streitgenossenschaft. Sind in der Ausschreibung keine Auftraggeber genannt, so sind alle Auftraggeber Parteien des Nachprüfungsverfahrens (vgl. auch die Erläuterungen zu § 22 und § 195). Gemäß §§ 14 f ZPO bilden die Auftraggeber eine einheitliche Streitpartei, das heißt jeder Auftraggeber kann auch alleine wirksam Handlungen für alle Streitgenossen setzen. Diese Regelung in § 346 ist auf Art. 38 RL 2014/24/EU bzw. Art. 56 RL 2014/25/EU zurückzuführen, die vorsehen, dass alle Auftraggeber der gemeinsamen Auftragsvergabe gemeinsam verantwortlich sind.

Sukzessive Anträge mehrerer Unternehmer gegen dieselbe gesondert anfechtbare Entscheidung des Auftraggebers sind bei allen Entscheidungen zulässig, auch bei der Zuschlagsentscheidung. Abs. 4 sieht vor, dass den Antragstellern in allen diesen Verfahren Parteistellung zukommt; dies korrespondiert mit der Verpflichtung, diese Verfahren gemeinsam durchzuführen (§ 342 Abs. 4), gilt aber auch dann, wenn diese Verfahren ausnahmsweise getrennt geführt werden. Damit werden allfällige Bindungsprobleme der in den Nachprüfungsverfahren ergehenden Entscheidungen vermieden. Ein Verlust dieser Parteistellung ist – anders als in Abs. 3 – nicht vorgesehen.

Ferner wird ausdrücklich die Parteistellung anderer durch die begehrte Entscheidung betroffener Unternehmer geregelt; zwar kam diesen Unternehmern schon auf Grund des § 8 AVG Parteistellung zu, eine ausdrückliche Regelung soll hier für mehr Klarheit sorgen. Parteistellung wird nur solchen Unternehmern eingeräumt, die durch die begehrte Entscheidung in ihren rechtlichen Interessen nachteilig betroffen sein können. Bei der Beurteilung des Vorliegens rechtlich geschützter Interessen sind sinngemäß die in § 342 Abs. 1 umschriebenen Antragsvoraussetzungen heranzuziehen, d.h. es kommt darauf an, ob der betreffende Unternehmer ein Interesse am Vertragsabschluss haben kann und durch die beantragte Entscheidung einen Schaden erleiden könnte (vgl. schon die Erläuterungen zu § 342). Damit sind jene Fälle gemeint, in denen sich ein Nachprüfungsantrag gegen die (angeblich) unrichtige Behandlung eines anderen Unternehmers richtet. Ausdrücklich klargestellt wird insbesondere die Parteistellung des für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieters, wenn ein Konkurrent die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung begehrt. Beantragt ein Unternehmer das Ausscheiden eines Konkurrenten, hat auch dieser Parteistellung; umgekehrt haben in jenen Fällen, in denen ein Bieter sein Ausscheiden anficht, auch die Mitbieter Parteistellung, weil sie durch die Nichtigerklärung des Ausscheidens einen Nachteil erleiden können. Weitere Fälle sind zB jene Unternehmer, deren Chance auf Teilnahme an Vergabeverfahren oder deren reelle Chance auf Zuschlagserteilung unmittelbar beeinträchtigt wird.

Die Parteistellung nach Abs. 2 wird ferner nur dann zu bejahen sein, wenn der betreffende Unternehmer sein Interesse am Vertragsabschluss bereits durch entsprechende Handlungen (Beteiligung am Vergabeverfahren) manifestiert hat. Solange eine solche Manifestation nicht vorliegt, sind die Beziehungen zum betreffenden Vergabeverfahren zu vage und weitläufig, um eine Parteistellung zu begründen. Wird daher zB eine angeblich diskriminierende Ausschreibung angefochten, sind dadurch begünstigte Unternehmer, die sich noch nicht am Vergabeverfahren beteiligt haben, nicht Parteien dieses Verfahrens.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie und im Hinblick auf das unionsrechtliche Gebot rascher Nachprüfungsverfahren (vgl. insb. Art. 1 Abs. 1 der Rechtsmittel RL) sieht Abs. 3 ferner eine besondere Präklusionsregelung vor: Die betroffenen Unternehmer müssen begründete Einwendungen erheben, ansonsten verlieren sie ihre Parteistellung. Die Regelung ist dem § 42 AVG nachgebildet und soll eine Straffung des Verfahrens ermöglichen.

Die Einwendungsfrist beträgt zehn Tage; für den für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieter beginnt diese Frist mit der Zustellung der persönlichen Verständigung, für alle anderen „Gegenparteien“ mit der Bekanntmachung der Verfahrenseinleitung nach § 345. Wenn die mündliche Verhandlung schon vor Ablauf dieser Frist durchgeführt wird, müssen die Einwendungen allerdings schon in der Verhandlung erhoben werden. § 345 Abs. 4 und 5 sehen deshalb auch eine gesonderte Bekanntmachung der Verhandlung im Internet bzw. eine Verständigung des potenziellen Zuschlagsempfängers vor.

Werden begründete Einwendungen nicht rechtzeitig erhoben, geht die Parteistellung verloren. Dieser Verlust setzt eine ordnungsgemäße Bekanntmachung der Verfahrenseinleitung bzw. der Verhandlung voraus, im Falle des potenziellen Zuschlagsempfängers auch eine ordnungsgemäße persönliche Verständigung. Kommt das BVwG seinen Mitteilungspflichten nicht nach, kann die Parteistellung der Unternehmer im Sinne des § 346 Abs. 2 daher nicht untergehen.

Für den Fall des Verlustes der Parteistellung durch Unterlassung von Einwendungen trotz ordnungsgemäßer Verständigung wird § 42 Abs. 3 AVG über die „Quasi-Wiedereinsetzung“ für anwendbar erklärt.

Zu § 347:

Durch die Formulierung des § 347 wird ausdrücklich klargestellt, dass nur gesondert anfechtbare Entscheidungen für nichtig erklärt werden können, nicht aber nicht gesondert anfechtbare Entscheidungen.

Die Neuformulierung des Abs. 1 Z 1 korrespondiert mit der in § 334 Abs. 2 Z 2 und § 344 Abs. 1 Z 5 getroffenen Regelung über die Beschwerdegründe und stellt klar, dass die angefochtene Entscheidung nur dann für nichtig zu erklären ist, wenn die gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdegründe rechtswidrig ist. Beibehalten wird Abs. 1 Z 2, wonach eine gesondert anfechtbare Entscheidung nur dann für nichtig zu erklären ist, wenn die festgestellte Rechtswidrigkeit wesentlichen Einfluss auf den Verfahrensausgang hat.

Festzuhalten ist ferner, dass die in § 347 vorgesehene Entscheidungsbefugnis – entgegen vereinzelter Bedenken in der Literatur – auch dem Unionsrecht ausreichend Rechnung trägt: Wird eine gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers für nichtig erklärt, und trifft dieser neue Entscheidungen, können diese weiteren gesondert anfechtbaren Entscheidungen neuerlich angefochten werden. Die Notwendigkeit weitergehender Rechtswirkungen (zB Vollstreckbarkeit) ist auch aus unionsrechtlicher Sicht nicht gegeben, weil auch die RMRL und die Sektoren-RMRL nur die Nichtigerklärung von Auftraggeberentscheidungen fordert.

In Abs. 3 wird nunmehr normiert, dass der Auftraggeber verpflichtet ist, in dem betreffenden Vergabeverfahren mit dem ihm zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des BVwG entsprechenden Rechtszustand herzustellen, wenn das BVwG eine gesondert anfechtbare Entscheidung für nichtig erklärt. Diese Regelung ist an § 28 Abs. 6 VwGG angelehnt.

Zu § 348:

Da sich die zu lösenden Sach- und Rechtsfragen im Oberschwellen- und Unterschwellenbereich kaum unterscheiden, wird die maximale Entscheidungsfrist einheitlich mit sechs Wochen festgesetzt. Diese Entscheidungsfrist gilt nur für die Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrags auf Nichtigerklärung einer Entscheidung des Auftraggebers; sie bezieht sich daher nicht auf die Erledigung verfahrensrechtlicher Anträge. Der zuständige Senat ist verpflichtet, unverzüglich über einen Nachprüfungsantrag zu entscheiden; er darf daher nicht automatisch bis zum Ablauf der Entscheidungsfrist zuwarten, sondern hat so rasch wie möglich zu entscheiden.

Zu § 349:

Die Regelung entspricht jener des § 327 BVergG 2006. Die Regeln des VStG über die Strafbemessung werden für anwendbar erklärt; damit wird verschiedentlich in der Lehre geäußerten Bedenken Rechnung getragen, wonach es im Hinblick auf Art. 18 B‑VG problematisch sei, wenn es keine Regelungen über die Bemessung der Mutwillensstrafen gäbe.

Zu den §§ 350 bis 352:

Nach der Rechtsprechung des EuGH muss die Möglichkeit der Erlassung einstweiliger Verfügungen unabhängig von der Erhebung eines Nachprüfungsantrages bestehen (vgl. insb. EuGH vom 19. September 1996, Rs C‑236/95, Kommission/Griechenland, und vom 15. Mai 2003, Rs C‑214/00, Kommission/Spanien). Die Regelungen über einstweilige Verfügungen werden daher wie bisher in einem eigenen Unterabschnitt geregelt.

§ 350 Abs. 1 entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 328 Abs. 1 BVergG 2006. Die Antragslegitimation kann nur einem Unternehmer zukommen, der auch einen Nachprüfungsantrag stellen kann: Auch wenn es zulässig ist, eine einstweilige Verfügung schon vor einem Nachprüfungsantrag zu beantragen, soll sie verhindern, dass der Zweck des Nachprüfungsverfahrens durch zwischenzeitige Handlungen des Auftraggebers unterlaufen wird. Aus systematischen Gründen können mit einer einstweiligen Verfügung nur solche Maßnahmen angeordnet werden, mit denen die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung verhindert oder beseitigt werden kann. Um im Hinblick auf die Dringlichkeit einstweiliger Verfügungen umfangreiche Erhebungen zu vermeiden, soll vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung allerdings nur eine Grobprüfung der Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 stattfinden. Stellt sich nach Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Hauptverfahren heraus, dass der betreffende Unternehmer zu einem Nachprüfungsantrag nicht legitimiert ist, tritt die einstweilige Verfügung mit der Zurückweisung des Nachprüfungsantrages nach § 351 Abs. 4 außer Kraft.

§ 350 Abs. 2 entspricht – ergänzt um die Bezeichnung der vergebenden Stelle in Z 1 – dem bisherigen § 328 Abs. 2 BVergG 2006.

§ 350 Abs. 2 Z 1 stellt ausdrücklich klar, dass sich Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ausschließlich auf gesondert anfechtbare Entscheidungen beziehen können. Nach dem System des Gesetzes kann die geltend gemachte Rechtswidrigkeit auch aus der Rechtswidrigkeit einer nicht gesondert anfechtbaren Entscheidung resultieren und vom Antragsteller daher auch geltend gemacht werden. Gleichfalls können im Zusammenhang mit der Darlegung der Schäden auch Schäden genannt werden, die aus einer zeitlich vorgelagerten nicht gesondert anfechtbaren Entscheidung resultieren. Mangels Zeitgemäßheit ist die Faxnummer nicht mehr anzugeben sondern nur mehr die elektronische Adresse.

Die Abs. 3 und 4 tragen dem Umstand Rechnung, dass die einstweilige Verfügung schon vor Einbringung des Nachprüfungsantrages beantragt werden kann. Sobald ein Nachprüfungsantrag eingebracht wurde, kann eine einstweilige Verfügung jederzeit – bis zur Entscheidung über den Nachprüfungsantrag – gestellt werden. Allerdings kann eine einstweilige Verfügung nur den Sinn haben, Schäden zu verhindern, die während eines Nachprüfungsverfahrens eintreten könnten. Vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens kann ein Antrag auf einstweilige Verfügung daher nur gestellt werden, solange ein Nachprüfungsverfahren zur Bekämpfung der betreffenden Rechtswidrigkeit noch möglich ist. Aus diesem Grund sind daher die in § 343 normierten Präklusionsfristen auch für die Stellung eines Antrags auf einstweilige Verfügung maßgeblich: Ist bereits Präklusion bezüglich einer bestimmten Rechtswidrigkeit eingetreten, kann auch eine einstweilige Verfügung nicht mehr beantragt werden. Wenn eine einstweilige Verfügung zwar rechtzeitig beantragt, in weiterer Folge aber kein Nachprüfungsantrag gestellt wird oder ein solcher wieder zurückgezogen, ist das Verfahren zur Erlassung der einstweiligen Verfügung einzustellen, oder sie tritt – wenn sie schon erlassen wurde – wieder außer Kraft. Die Verständigung über das Außerkrafttreten der einstweiligen Verfügung ist eine bloße Mitteilung und kein Beschluss oder Erkenntnis („formlos“). Es handelt sich daher um eine Abweichung von § 28 Abs. 1 iVm. § 31 Abs. 1 VwGVG.

§ 350 Abs. 5 entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 328 Abs. 5 BVergG 2006. Die Nichteinhaltung der Z 3 des Abs. 5 wird mit einer Sanktion bedroht. Bisher gab es keine Rechtsfolgen, wenn die Angebote vor Entscheidung über den Antrag geöffnet wurden. Nunmehr gilt das Vergabeverfahren ex lege als widerrufen, wenn die Angebote vor der Entscheidung über den Antrag geöffnet werden. Dies normiert auch § 351 Abs. 2.

In Abs. 7 wird – analog der Regelung bei Nachprüfungsanträgen – die Unzulässigkeit eines Antrags auf einstweilige Verfügung normiert, wenn er trotz Aufforderung nicht ordnungsgemäß vergebührt wird.

§ 351 entspricht dem bisherigen § 329 BVergG 2006; durch die Neuformulierung in Abs. 1 wird klargestellt, dass bei Fehlen der Voraussetzungen für die einstweilige Verfügung der diesbezügliche Antrag abzuweisen ist.

In der einstweiligen Verfügung ist ihre Dauer festzulegen. Unverhältnismäßige Nachteile für den Auftraggeber werden dadurch vermieden, dass die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung im „Hauptverfahren“ außer Kraft tritt und schon vorher von Amts wegen oder auf Antrag aufgehoben werden kann, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Wenn sich die Geltungsdauer als zu kurz erweist, kann sie wie bisher auf Antrag oder von Amts wegen verlängert werden. In beiden Fällen bewirkt eine Antragstellung keine Gebührenpflicht, da nur Anträge nach den §§ 342 Abs. 1, 350 Abs. 1 und 353 Abs. 1 zu vergebühren sind.

In § 352 werden die verfahrensrechtlichen Sonderbestimmungen für das Verfahren über einstweilige Verfügungen zusammengefasst. § 352 Abs. 1 bestimmt, dass keine mündliche Verhandlung durchgeführt werden muss (e contrario kann daraus geschlossen werden, dass – sofern dies ausnahmsweise doch für erforderlich erachtet werden sollte und sofern dies die unverzügliche Entscheidung über den Antrag gemäß Abs. 3 nicht verhindert – eine mündliche Verhandlung stattfinden könnte). Zu § 352 Abs. 4 vgl. die Erläuterungen zu § 349. Abgesehen von den in § 352 normierten Sonderregelungen gelten die allgemeinen Bestimmungen des VwGVG bzw. des AVG. So folgt zB aus § 13 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 350 Abs. 3, dass Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen schriftlich zu stellen sind.

Die Parteistellung wird analog zu § 346 Abs. 1 geregelt (vgl. bereits die Erläuterungen zu § 346).

Um dem unionsrechtlichen Gebot eines möglichst raschen einstweiligen Rechtsschutzes Genüge zu tun, wurde grundsätzlich an der kurzen Entscheidungsfrist festgehalten. Allerdings soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass das AVG keine „Werktage“ kennt. Es soll daher nunmehr anstelle von sieben Werktagen auf 10 Tage abgestellt werden. Da es im Falle einer Zurückstellung des Antrags zur Verbesserung (vgl. § 13 Abs. 3 und 4 AVG sowie § 350 Abs. 7) zu Verzögerungen kommen kann, die eine Einhaltung dieser sehr kurzen Frist unmöglich machen kann, wird die Frist für den Fall einer erforderlichen Zurückstellung zur Verbesserung auf 15 Tage verlängert. Der Senatsvorsitzende wird bei der Bemessung der Verbesserungsfrist darauf zu achten haben, dass er seine Entscheidung noch innerhalb dieser Frist treffen kann.

Abweichend von der allgemeinen Regelung des AVG wird zudem bestimmt, dass es zur Einhaltung der Entscheidungsfrist ausreicht, wenn die Entscheidung vor ihrem Ablauf nachweislich abgesendet wurde. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sich selbst bei zügigem Vorgehen des Senatsvorsitzenden die Zustellung der einstweiligen Verfügung aus Gründen verzögern kann, die nicht in seiner Sphäre liegen (zB bei traditioneller postalischer Zustellung an einen im Ausland ansässigen Antragsteller), sodass die Erledigung dem Adressaten erst nach Ablauf der – sehr kurz bemessenen – Entscheidungsfrist zugeht. Diese Problematik stellt sich bei den üblichen Entscheidungsfristen nicht in gleicher Weise wie der hier vorgesehenen zehntägigen bzw. fünfzehntägigen Entscheidungsfrist, sodass es gerechtfertigt und notwendig erscheint, in diesem Punkt eine Sonderregelung zu treffen.

Die Entscheidungsfrist gilt auch dann, wenn der Antrag auf einstweilige Verfügung zurückzuweisen ist. Auch Zeiten, die für die Klärung der Zulässigkeit eines solchen Antrags erforderlich sind, sind in die Frist einzurechnen. Die kurze Entscheidungsfrist gilt nur für die Entscheidung über die einstweilige Verfügung, nicht für die Erledigung verfahrensrechtlicher Anträge.

Da aufgrund des § 1 Abs. 1 Z 3 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 – VVG in der Fassung des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2013 den Bezirksverwaltungsbehörden die Vollstreckung der von den Verwaltungsgerichten mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt, bedarf es für die Vollstreckung einstweiliger Verfügungen nicht der ausdrücklichen Anordnung der Geltung des VVG.

Zu § 353:

§ 353 entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 331 BVergG 2006.

Die in Abs. 1 aufgezählten Möglichkeiten von Feststellungsanträgen entsprechen der Aufzählung der Zuständigkeiten des BVwG in § 334 Abs. 3

Durch den vorgeschlagenen zweiten Satz des § 353 Abs. 1 soll wie bisher klargestellt werden, dass im Fall einer „Antragskumulierung“ ein Antrag gestellt werden kann, in dem mehrere Feststellungen begehrt werden, für den aber – da es sich eben nur um einen Antrag handelt – auch nur eine Gebühr zu entrichten ist. Aus systematischen Erwägungen ist es zweckmäßig, auch die im vorgeschlagenen § 334 Abs. 3 Z 2 grundgelegte Möglichkeit der Antragstellung durch den Auftraggeber (Antrag auf Feststellung, dass der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätte) in diese Bestimmung aufzunehmen (vorgeschlagener dritter Satz). Diese Möglichkeit des „Gegenantrages“ soll auch in dem in Abs. 1 Z 5 vorgesehen Fall (rechtswidrige Erklärung des Widerrufes) bestehen. Da das Absehen von der Nichtigerklärung – grundsätzlich – von einem „Gegenantrag“ des Auftraggebers abhängig ist, soll auch diese Antragsmöglichkeit des Auftraggebers ausdrücklich im vorgeschlagenen § 353 Abs. 1 verankert werden.

Auch für Anträge gemäß § 353 Abs. 2 soll der (drohende) Schaden weiterhin Prozessvoraussetzung sein.

Aus verfahrensökonomischen Gründen wird vorgesehen, dass das BVwG bei Vorliegen mehrerer Feststellungsanträge wegen desselben Vergabeverfahrens diese Verfahren nach Möglichkeit gemeinsam durchzuführen hat (Abs. 3).

Gemäß Abs. 4 kann ein Antragsteller in einem Nachprüfungsverfahren, wenn der Zuschlag erteilt oder die Ausschreibung widerrufen wurde, den Antrag stellen, das Verfahren als Feststellungsverfahren weiterzuführen (vgl. zum Zuschlag oder Widerruf bereits vor Stellung des Nachprüfungsantrags § 344 Abs. 3). Dasselbe gilt im Falle der Bewilligung oder Verfügung einer Wiederaufnahme bzw. Wiedereinsetzung; ein zwischenzeitig durch Zuschlag oder Widerruf abgeschlossenes Vergabeverfahren soll nicht mehr wiedereröffnet werden, sondern das Nachprüfungsverfahren als Feststellungsverfahren fortgeführt werden. Genauso verhält es sich, wenn der VfGH oder der VwGH eine Entscheidung des BVwG über den Antrag auf Nichtigerklärung aufgehoben hat und vor der Entscheidung des VfGH oder VwGH der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen wurde.

Durch Abs. 4 ist jedenfalls klargestellt, dass ein Nachprüfungsverfahren nicht automatisch in ein Feststellungsverfahren umgewandelt wird, wenn während des Nachprüfungsverfahrens das Vergabeverfahren durch Zuschlag oder Widerruf beendet wird. Auch in diesem Fall muss ein förmlicher Feststellungsantrag gestellt werden. Für ihn gelten – mit Ausnahme der Fristen – dieselben Anforderungen wie für sonstige Feststellungsanträge (dies gilt insbesondere für den Inhalt solcher Anträge sowie die Wirkungen einer diesbezüglichen Entscheidung, nicht jedoch für die Gebührenpflicht – siehe dazu schon die Regelung in § 340 Abs. 1). Die Frist für die Einbringung beträgt wie bisher sechs Wochen ab Kenntnis vom Zuschlag oder Widerruf, längstens jedoch sechs Monate gerechnet ab dem Zuschlag oder dem Widerruf. Solange ein solcher Feststellungsantrag nicht gestellt wurde, ruht das – noch immer anhängige – Nachprüfungsverfahren. Wird der Feststellungsantrag bis zum Ablauf der dafür maßgeblichen Frist nicht gestellt, ist das Nachprüfungsverfahren ohne Erlassung eines Beschlusses oder Erkenntnisses formlos einzustellen (dabei handelt es sich um eine Abweichung von § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG). Damit werden die Regelungen über die Entscheidungspflicht modifiziert; während dieser Schwebezeit kann daher auch kein Fristsetzungsantrag beim VwGH gestellt werden.

Durch diese Regelung wird außerdem klargestellt, dass ein Unternehmer sein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Bekämpfung einer Entscheidung über einen Antrag auf Nachprüfung beim VwGH oder VfGH nicht dadurch verliert, dass nachträglich das Vergabeverfahren beendet wird; die vom VwGH zu einer landesrechtlichen Regelung vertretene anders lautende Auffassung (VwGH vom 24. März 2004, 2001/04/0088) kann auf die Regelung nicht übertragen werden: Wegen der Subsidiarität des Feststellungsverfahrens gegenüber dem Nachprüfungsverfahren (§ 354 Abs. 4) verliert der betroffene Unternehmer sein Rechtsschutzinteresse auf Überprüfung einer Entscheidung über einen Nachprüfungsantrag nicht dadurch, dass das Vergabeverfahren mittlerweile beendet worden ist.

Zu § 354:

Die Anforderungen an den Inhalt des Feststellungsantrages in Abs. 1 entsprechen großteils jenen des § 332 Abs. 1 BVergG 2006.

Die Z 2 wird weiter gefasst. So soll es für den Antragsteller möglich sein, die ihm bekannten Akteure zu bezeichnen, soweit sie ihm bekannt sind; eine genaue Bezeichnung wird gelegentlich nicht möglich sein, weshalb diese Voraussetzung („genau“) entfällt. Bei einer Vergabe etwa durch eine zentrale Beschaffungsstelle ist nicht zwingend der Auftraggeber und die vergebende Stelle anzuführen, wenn Informationen fehlen, ob die zentrale Beschaffungsstelle im eigenen oder fremden (und gegebenenfalls wessen) Namen beschafft hat. Im Falle einer Auftraggebergemeinschaft sind alle in der Ausschreibung genannten Auftraggeber im Antrag zu nennen (vgl. auch die Erläuterungen zu § 22 und § 195); mangels einer Ausschreibung die bekannten Auftraggeber. Die Angabe der Faxnummer ist nicht mehr erforderlich.

Der Antrag hat insbesondere soweit zumutbar auch den Zuschlagsempfänger zu bezeichnen (Z 3). Nicht zumutbar ist diese Bezeichnung insbesondere dann, wenn der Antragsteller bei Direktvergaben oder Vergaben ohne Bekanntmachung keine Kenntnis von der Zuschlagsentscheidung erlangen kann.

Für die „Gegenanträge“ des Auftraggebers werden keine besonderen Regelungen über Inhalt und Antragsfrist getroffen; der Inhalt solcher Anträge ergibt sich aus § 334 Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 Z 2 leg. cit., sie können erst nach einem Feststellungsantrag eines Unternehmers während des betreffenden Feststellungsverfahrens gestellt werden.

Neu ist die einheitliche Regelung der Frist in Abs. 2. Bisher sah § 332 Abs. 3 BVergG 2006 vor, dass gewisse Arten von Feststellungsanträgen binnen sechs Monaten ab dem auf die Zuschlagserteilung folgenden Tag einzubringen sind. Das bedeutete aber, dass nach diesen sechs Monaten ein Feststellungsantrag auch nicht mehr zum Zwecke der späteren Geltendmachung von Schadenersatz beantragt werden konnte. Im Urteil vom 26. November 2015, Rs C-166/14, MedEval, hat der EuGH ausgesprochen, dass es gegen den Grundsatz der Effektivität verstoße, wenn die Geltendmachung von Schadenersatz im Ergebnis mit einer absoluten Sechsmonatsfrist begrenzt ist, die auch dann zu laufen beginnt, wenn der Betroffene keine Kenntnis von Schaden und Schädiger haben konnte. Aufgrund des Anwendungsvorranges des Unionsrechts reduzierte der VwGH (Entscheidung vom 16. März 2016, 2015/04/0004) die Bestimmung des § 332 Abs. 3 BVergG 2006 um die absolute sechsmonatige Ausschlussfrist, sodass Feststellungsanträge ab diesem Zeitpunkt unbefristet eingebracht werden konnten. Allerdings sei § 334 BVergG 2006 dahingehend anzuwenden, dass von einer Nichtigerklärung des Vertrages nach Ablauf der Sechsmonatsfrist auf Antrag abzusehen sei, da die unionsrechtlich anerkannte Rechtssicherheit einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses im Sinne des § 334 Abs. 2 darstelle.

Nunmehr wird in § 354 Abs. 2 vorgesehen, dass Anträge binnen sechs Monaten ab dem Zeitpunkt einzubringen sind, in dem der Antragsteller vom Zuschlag Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis erlangen hätte können. Dies gilt für alle Arten von Feststellungsverfahren gemäß § 353 Abs. 1, da eine Ungleichbehandlung von Z 1 und 5 auf der einen Seite und Z 2 bis 4 auf der anderen Seite sachlich nicht zu rechtfertigen wäre.

Der vorgeschlagene § 354 Abs. 2 iVm § 356 setzt die Grundregel des Art. 2f Abs. 1 lit. b der RMRL und der Sektoren-RMRL um, wonach ein auf die Nichtigkeit des Vertrages gerichteter Antrag binnen sechs Monaten, „gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem der Vertrag geschlossen wurde“, einzubringen ist.

Durch die neue Frist des § 354 Abs. 2 wird nunmehr also eine sechsmonatige Frist ab Kenntnis bzw. Kennen-können des Zuschlags normiert. Diese Frist entspricht auch dem unionsrechtllichen Grundsatz der Äquivalenz (vgl. die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu C-166/14, MedEval Rz 49).

Diese Frist ist vor allem für die Einbringung eines Feststellungsantrages in Hinblick auf die spätere Erlangung von Schadenersatz von Bedeutung. Hinsichtlich der Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages schränkt der vorgeschlagene § 356 Abs. 7 den Zeitraum der möglichen Antragstellung für eine solche Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages entsprechend den Vorgaben der RMRL und der Sektoren-RMRL ein (vgl. die Erläuterungen zu § 356).

Die Antragsfrist wird als materiell-rechtliche Frist gestaltet, deren Versäumung zum Erlöschen des Feststellungsanspruches führt; ihre Berechnung richtet sich nach den entsprechenden Bestimmungen des materiellen Teiles. Eine Wiedereinsetzung wegen Versäumung dieser Frist ist damit nicht möglich. Die Frist läuft ab dem Zeitpunkt, in dem der Unternehmer vom Zuschlag bzw. vom Widerruf tatsächlich Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis hätte erlangen können; dabei ist davon auszugehen, dass er jedenfalls durch eine Bekanntmachung dieser Entscheidungen von ihnen Kenntnis erlangen kann.

Zu Abs. 3 vgl. die Erläuterungen zu § 344 Abs. 4.

Durch Abs. 4 wird das bisherige System beibehalten, wonach Feststellungsanträge nur zulässig sind, soweit die betreffende Rechtswidrigkeit nicht in einem Nachprüfungsverfahren geltend gemacht werden konnte. Der sekundäre Rechtsschutz durch Feststellungs- und Schadenersatzverfahren bleibt daher weiter subsidiär gegenüber dem primären Rechtsschutz durch Nachprüfungsverfahren. Ob ein Verstoß gegen Vergabevorschriften im Nachprüfungsverfahren hätte geltend gemacht werden können, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Verfahrens. Zur Zulässigkeit der Verhinderung von Missbrauch durch den Gesetzgeber vgl. auch EuGH vom 15. Oktober 2015, Rs C-137/14, Kommission/Deutschland, Rz 81.

In Abs. 5 wird ferner – wie im Nachprüfungsverfahren – ausdrücklich vorgesehen, dass Feststellungsanträge gemäß § 353 Abs. 1 und 2 unzulässig sind, wenn sie trotz Aufforderung nicht ordnungsgemäß vergebührt werden.

Zum bisherigen § 332 Abs. 7 vgl. die Erläuterungen zu § 356 Abs. 7 Z 3.

Zu § 355:

Die Regelung über die Parteistellung in Feststellungsverfahren wird neu gefasst. Parteistellung wird ausdrücklich nur dem Antragsteller, dem Auftraggeber und einem allfälligen Zuschlagsempfänger eingeräumt. Wenn aufgrund einer Feststellungsentscheidung des BVwG das Verfahren ex lege als widerrufen gilt, entfaltet diese Entscheidung Wirkungen gegenüber allen Teilnehmern an einem Verfahren; daher soll auch allen im Verfahren verbliebenen Bietern (das sind jene Bieter, die ihre Teilnahme noch nicht selbst beendet haben oder deren Teilnahme am Verfahren noch nicht rechtskräftig beendet worden ist) im Verfahren eingeräumt werden.

Wenn eine zentrale Beschaffungsstelle Teile oder das gesamte Vergabeverfahren tatsächlich durchgeführt hat, so bildet sie zusammen mit dem Auftraggeber eine Streitgenossenschaft. Die Bestimmungen der §§ 14 f ZPO sind sinngemäß anzuwenden. Das bedeutet, dass die zentrale Beschaffungsstelle und der Auftraggeber eine einheitliche Streitpartei bilden. Der Auftraggeber soll aber weiterhin alleine berechtigt bleiben, Anträge iSd § 356 Abs. 2, 5 und 6 zu stellen, da es dabei um die Vernichtung seines Vertrages geht. Auch bei der gemeinsamen Auftragsvergabe, bilden alle am Verfahren beteiligten Auftraggeber eine Streitgenossenschaft bzw. einheitliche Streitpartei. Im Unterschied zum Nachprüfungsverfahren sollen hier alle an der gemeinsamen Auftragsvergabe beteiligten Auftraggeber Parteien des Feststellungsverfahrens sein und nicht nur jene, die in der Ausschreibung genannt sind. Anträge gemäß § 356 kann hier jeder der beteiligten Auftraggeber stellen. Regelungen im Innenverhältnis (dass etwa nur ein Auftraggeber die Parteistellung wahrnimmt) sind zulässig. §§ 14 f ZPO sind sinngemäß auch auf die gemeinsame Auftragsvergabe anzuwenden. Durch den vorgeschlagenen Abs. 1 wird den Anforderungen von Art. 37 und 38 der RL 2014/24/EU und Art. 55 und 56 der RL 2014/25/EU Rechnung getragen (vgl. dazu schon die Erläuterungen zu § 346).

Da im materiell-rechtlichen Teil des BVergG an Feststellungen auf Grund von Anträgen bestimmte Wirkungen anknüpfen, ist es zweckmäßig, für derartige Entscheidungen – in Anlehnung an die Regelung des § 348 für Anträge auf Nichtigerklärung – eine Entscheidungsfrist von längstens sechs Wochen vorzusehen.

Zu § 356:

Wie bisher § 334 Abs. 1 BVergG 2006 stellt § 356 Abs. 1 klar, dass – ebenso wie im Nachprüfungsverfahren – eine Entscheidung des BVwG nur dann getroffen werden kann, wenn die geltend gemachte Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss war.

Die folgenden Absätze enthalten Regelungen betreffend die Nichtigerklärung von Verträgen bzw. den Umfang der Aufhebung des Vertrages, das Absehen von der Nichtigerklärung und die Verhängung von Geldbußen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden die Grundsatzregelungen betreffend die Nichtigkeit von Verträgen für den Oberschwellen- und den Unterschwellenbereich getrennt geregelt (Abs. 2 und 3). Abs. 7 enthält eine zeitliche Begrenzung der Nichtigerklärung bzw. Aufhebung von Verträgen; er ist auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rs C-166/14, MedEval zurückzuführen (vgl. dazu die Erläuterungen zu § 354). Die Regelungen betreffend die Geldbuße finden sich (für Oberschwellen- und Unterschwellenbereich) in den Abs. 8 und 9.

Für den Oberschwellenbereich wird folgendes Regelungsregime vorgeschlagen: Aus dem vorgeschlagenen ersten Satz des Abs. 2 ergibt sich, dass im Oberschwellenbereich eine Feststellung gemäß dem vorgeschlagenen § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 grundsätzlich zur Nichtigerklärung des Vertrages durch das BVwG führt, wobei der Vertrag für absolut nichtig – somit ex tunc nichtig – zu erklären ist. Eines besonderen Antrags auf Nichtigerklärung durch den Antragsteller im Feststellungsverfahren bedarf es hierzu nicht.

Durch den vorgeschlagenen zweiten und dritten Satz des Abs. 2 wird Art. 2d Abs. 3 der RMRL und der Sektoren-RMRL umgesetzt. Soweit zwingende Gründe eines Allgemeininteresses es rechtfertigen, den Vertrag aufrechtzuerhalten, ist von der Nichtigerklärung abzusehen. Dies soll nach dem vorgeschlagenen zweiten Satz sowohl für die ex tunc Nichtigerklärung des gesamten Vertrages gemäß Abs. 2 als auch für die nur teilweise Aufhebung des Vertrages wegen mangelnder Rückstellbarkeit gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 4 gelten. Dafür wird zusätzlich (und über die RMRL und Sektoren-RMRL hinaus) auch ein diesbezüglicher Antrag des Auftraggebers verlangt. Art. 2d Abs. 3 sowie Art. 2e Abs. 1 der RMRL und der Sektoren-RMRL sehen zwar vor, dass trotz Vorliegens eines die Unwirksamkeit nach sich ziehenden Verstoßes die vertraglichen Wirkungen bei zwingenden Gründen eines Allgemeininteresses aufrechterhalten werden können, in diesem Fall sind allerdings so genannte „alternative Sanktionen“ zu verhängen. Da ein Antragsteller in einem Verfahren nach dem vorgeschlagenen § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 kein Interesse daran haben kann, dass von der Nichtigerklärung abgesehen wird, es aber Konstellationen geben kann, in denen auch ein Auftraggeber eher die ex tunc Nichtigerklärung des Vertrages in Kauf nehmen wird als die Verhängung von Sanktionen, soll eine Verhängung von Sanktionen (im Fall des Abs. 2) bzw. eine Verhängung von Sanktionen für mehr als die nicht-rückabwickelbaren Teile des Vertrages (im Fall des Abs. 4) nur dann in Betracht kommen, wenn der Auftraggeber gemäß Abs. 2 beantragt, von einer Nichtigerklärung abzusehen. Dabei kann der Auftraggeber auch primär beantragen, von der ex tunc Nichtigerklärung bzw. von der teilweisen Vertragsaufhebung gänzlich abzusehen, und subsidiär beantragen, den Vertrag erst zu einem späteren Zeitpunkt aufzuheben (vgl. dazu Abs. 5). Das BVwG ist an diesen Antrag nicht gebunden; es hat somit auch bei Vorliegen eines entsprechenden Antrags (aber bei Fehlen der zwingenden Gründe eines Allgemeininteresses bzw. bei Überwiegen der Antragstellerinteressen) den Vertrag ex tunc für nichtig erklären bzw. den Vertrag gemäß Abs. 4 teilweise aufzuheben. Umgekehrt kann das BVwG aber – eine Feststellung gemäß dem vorgeschlagenen § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 vorausgesetzt – ohne einen entsprechenden Antrag gemäß Abs. 2 nicht von der Nichtigerklärung (gemäß Abs. 2 erster Satz) oder teilweisen Aufhebung gemäß (Abs. 4) absehen. Durch diese Antragsbedürftigkeit wird letztlich vermieden, dass das BVwG auch dann prüfen muss, ob von der Nichtigkeit abgesehen werden soll, wenn keine der Parteien dies begehrt (anders hingegen muss das BVwG von Amts wegen prüfen, ob die Voraussetzungen des § 356 Abs. 4 vorliegen und eine teilweise Aufhebung geboten ist). Es obliegt somit dem Auftraggeber, dafür zu sorgen, dass Interessen an der Aufrechterhaltung des Vertrages in die Entscheidung des BVwG einfließen können. In einem Fall des § 355 Abs. 1 dritter Satz ist nur der Auftraggeber, nicht jedoch die zentrale Beschaffungsstelle antragslegitimiert; schließlich handelt es sich um den Vertrag des Auftraggebers. Die zentrale Beschaffungsstelle soll nicht darauf hinwirken können, dass der Vertrag aufgehoben wird, damit über sie kein Bußgeld verhängt wird (vgl dazu Abs. 8). Bei der gemeinsamen Auftragsvergabe kann jeder der beteiligten Auftraggeber ein Interesse an der Aufrechterhaltung des Vertrages haben, weshalb jeder von ihnen antragsberechtigt ist.

Im dritten Satz des vorgeschlagenen § 356 Abs. 2 wird weiters ausgeführt, dass wirtschaftliche Interessen an der Wirksamkeit des Vertrages nur dann als zwingende Gründe gemäß Abs. 2 gelten dürfen, wenn die Unwirksamkeit in Ausnahmesituationen unverhältnismäßige Folgen hätte. Wirtschaftliche Interessen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag dürfen jedoch keinesfalls als zwingende Gründe eines Allgemeininteresses gelten. Als derartige wirtschaftliche Interessen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vertrag werden in der diesbezüglichen Richtlinienregelung des Art. 2d Abs. 2 dritter Unterabsatz der RMRL und der Sektoren-RMRL unter anderem die durch die Verzögerung bei der Ausführung des Vertrages verursachten Kosten genannt, die durch die Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens verursachten Kosten, die durch den Wechsel des Wirtschaftsteilnehmers, der den Vertrag ausführt, verursachten Kosten sowie die Kosten, die durch rechtliche Verpflichtungen auf Grund der Unwirksamkeit verursacht werden. Derartige Kosten können es somit unter keinen Umständen rechtfertigen, von der Unwirksamkeit des Vertrages abzusehen. Der vorgeschlagene § 356 Abs. 2 zweiter und dritter Satz regelt somit die Konsequenzen einer Feststellung, dass rechtswidriger Weise ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt oder der Zuschlag rechtswidriger Weise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erteilt worden ist oder eine Leistungsvergabe auf Grund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems mit einem materiell-rechtlichen Verstoß verbunden war, in gleicher Weise.

Für den Unterschwellenbereich wird folgendes grundsätzliches Regelungsregime vorgeschlagen: Eingangs ist festzuhalten, dass der VfGH in seiner Judikatur zum vergaberechtlichen Rechtsschutz im Unterschwellenbereich (zuletzt VfSlg. 17.867/2006) ausführt, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Regelungen bestünden, die bei Verfahren unterhalb bestimmter Wertgrenzen Verfahrensvereinfachungen und Verfahrensbeschleunigungen vorsehen oder denkbare Rechtszüge beschränken. Vor diesem Hintergrund soll das Konzept der Nichtigkeit von Verträgen als Folge bestimmter Verstöße zwischen Ober- und Unterschwellenbereich differenziert ausgestaltet werden.

Der vorgeschlagene Abs. 3 sieht daher für den Unterschwellenbereich als Grundregel vor, dass eine Feststellung gemäß dem vorgeschlagenen § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 nur dann zur ex tunc Nichtigerklärung des Vertrages durch das BVwG führt, wenn die festgestellte Vorgangsweise des Auftraggebers aufgrund des Gesetzes „offenkundig unzulässig“ war. Abs. 3 beschränkt daher das Nichtigkeitsregime des Unterschwellenbereiches auf die gravierendsten Verstöße gegen das BVergG (und die Richtlinien), wobei zusätzlich diese Verstöße als „offenkundig“ zu qualifizieren sind. War hingegen die Vorgangsweise des Auftraggebers nicht offenkundig unzulässig, so kommt das gesamte Regime der Abs. 3 bis 6 (und in weiterer Folge auch nicht die Abs. 8 und 9) im Unterschwellenbereich von vornherein nicht zur Anwendung. Das Verhalten der zentralen Beschaffungsstelle als vergebende Stelle wird als Vorgehensweise des Auftraggebers gewertet; sie handelt ja in seinem Namen.

Zum Konzept der Offenkundigkeit wird auf die einschlägige Rechtsprechung verwiesen: Der Begriff „offenkundig“ ist im Sinne der Judikatur des EuGH zur Staatshaftung (vgl. EuGH vom 30. September 2003, Rs Köbler gegen Österreich, C-224/01: „Bei der Entscheidung darüber, ob der Verstoß hinreichend qualifiziert ist, muss das zuständige nationale Gericht […] prüfen, ob dieser Verstoß offenkundig ist.“) und der Judikatur des VwGH auszulegen (vgl. VwGH vom 27. April 1993, 90/04/0265: „Offenkundig […] ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder allgemein bekannt (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch „bei der Behörde notorisch“ („amtsbekannt“) geworden ist.“; mit Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 23. Jänner 1986, 85/02/0210). Offenkundig bedeutet somit, dass der Rechtsverstoß evident (gleichsam „ins Auge springend“) ist (ebenso auch schon BVA 5.8.2008, F/0003-BVA/10/2008-42) und nicht erst auf Grund von Erhebungen, komplexen rechtlichen Abwägungen bzw. Beurteilungen, Sachverständigengutachten usw. feststeht. Als Beispiel für derartige offenkundige Rechtsverstöße ist die Direktvergabe hoch standardisierter Leistungen oberhalb der entsprechenden Schwellenwerte zu nennen. Kein „offenkundiger“ Rechtsverstoß liegt daher dann vor, wenn der Auftraggeber über das Vorliegen eines Tatbestandes, der die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit nur einem Bieter rechtfertigt, einem entschuldbaren Irrtum unterlegen ist (etwa hinsichtlich des Vorliegens von Ausschließlichkeitsrechten oder im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage der technischen Kompatibilität/Inkompatibilität).

Der vorgeschlagene Abs. 4 regelt (für den Ober- wie auch den Unterschwellenbereich) den Fall, dass der Vertrag bereits in Vollzug gesetzt wurde. Hier sind verschiedene Konstellationen denkbar: Ist die Leistung zur Gänze noch vorhanden und in natura rückstellbar (zB die gelieferten Computer befinden sich noch in der Originalverpackung in einem Lager des Auftraggebers), so hat das BVwG gemäß der Grundregel des Abs. 2 erster Satz bzw. Abs. 3 den Vertrag (bei Vorliegen einer Feststellung gemäß dem vorgeschlagenen § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5) ex tunc für nichtig zu erklären. Kann die Leistung zur Gänze oder (bei teilbaren Leistungen) ein Leistungsteil nicht mehr rückgestellt werden (etwa weil die Leistung bereits ganz oder teilweise konsumiert oder gebraucht wurde) oder kann die Leistung oder ein Leistungsteil nur mehr wertvermindert rückgestellt werden (weil die Leistung/der Leistungsteil „nicht mehr neu ist“; zB die gelieferten Computer wurden ausgepackt und Software installiert) so hat das BVwG – bei Vorliegen einer Feststellung gemäß dem vorgeschlagenen § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 – den Vertrag nur teilweise und zwar hinsichtlich des noch ausständigen oder des noch (ohne Wertminderung) rückstellbaren Leistungsteiles aufzuheben. Der Vertrag bleibt somit hinsichtlich des bereits konsumierten oder nicht rückstellbaren Leistungsteils bestehen (samt den diesbezüglichen vertraglichen Rechten). Die nur teilweise Aufhebung des Vertrags bedarf keines Antrags des Auftraggebers; das BVwG hat dies von Amts wegen zu prüfen (vgl. schon VwGH vom 18. März 2015, 2012/04/0070). Aus der Formulierung des Gesetzes („auszusprechen, dass der Vertrag nur soweit aufgehoben wird“) folgt, dass hinsichtlich des aufgehobenen Vertragsteiles ein Rückabwicklungsanspruch entsteht. Die Regelung des Abs. 4 (ex nunc Aufhebung hinsichtlich des noch ausständigen oder des noch ohne Wertminderung rückstellbaren Leistungsteiles) ist nur dann einschlägig, wenn Abs. 5 nicht zur Anwendung kommt – wenn also der Auftraggeber nicht den Antrag stellt, dass der Vertrag erst mit dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung oder einem späteren Zeitpunkt aufgehoben werden soll und das BVwG die Aufhebung nicht erst zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügt. Außerdem sieht Abs. 2 die Möglichkeit für den Auftraggeber vor, auch in einem Fall, der nur eine teilweise Aufhebung des Vertrages gemäß Abs. 4 erfordern würde, einen Antrag auf (gänzliches) Absehen von der Aufhebung zu stellen (vgl. schon die Erläuterungen zu Abs. 2), was dann aber auch eine betragsmäßig höhere Sanktion bei Stattgabe des Antrags zur Folge hätte, als dies nur für ein teilweises Bestehenbleiben des Vertrages der Fall wäre (vgl. zur Festsetzung der Höhe der Geldbuße die vorgeschlagenen Abs. 8 und 9)

Der vorgeschlagene Abs. 5 sieht (für den Ober- wie auch den Unterschwellenbereich) vor, dass – abweichend von der Grundregel des vorgeschlagenen Abs. 2 bzw. 3, demzufolge der Vertrag für absolut nichtig (somit ex tunc nichtig) zu erklären ist – das BVwG auf diesbezüglichen Antrag des Auftraggebers aussprechen kann, dass der Vertrag erst mit einem späteren Zeitpunkt aufgehoben wird (frühestens mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG). Die Determinanten für das damit eingeräumte Ermessen (Nichtigerklärung des Vertrages ex tunc trotz Antrag des Auftraggebers oder Aufhebung des Vertrages zu einem anderen Zeitpunkt) werden im vorgeschlagenen letzten Satz normiert.

Abs. 6 sieht im Sinne der zulässigen differenzierten Ausgestaltung des Rechtsschutzes zwischen Ober- und Unterschwellenbereich eine Sonderregelung allein für den Unterschwellenbereich vor. Gemäß Abs. 6 hat das BVwG bei Vorliegen einer Feststellung gemäß dem vorgeschlagenen § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 – selbst wenn die Vorgangsweise offenkundig unzulässig war – die vertraglichen Wirkungen aufrechtzuerhalten, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat und eine Interessenabwägung (zwischen den Interessen des Auftraggebers an der Aufrechterhaltung des Vertrages und den Interessen des Antragstellers an der Beendigung des Vertrages) zu seinen Gunsten ausfällt. Bei dieser Interessenabwägung sind auch allfällige von der Vertragsbeendigung betroffene öffentliche Interessen zwingend zu berücksichtigen. Abs. 6 erfasst somit jedenfalls alle Konstellationen gemäß Abs. 2 („zwingende Gründe eines Allgemeininteresses“) enthält aber eine darüber hinausgehende Berücksichtigungsregel. Als sachliche Gründe, die für eine spätere Aufhebung des Vertrages sprechen, können etwa die Unzumutbarkeit der (sofortigen) ex nunc Aufhebung von Heizungs- oder Stromlieferverträgen (zB kurz vor oder während einer Heizperiode) genannt werden, wenn die Versorgung von Amtsgebäuden, Schulen usw. nicht mehr gewährleistet wäre und der Auftraggeber eine gewisse Zeit für die Durchführung eines korrekten Vergabeverfahrens benötigt.

Da nach dem vorgeschlagenen § 354 Abs. 2 für die Einbringung eines Feststellungsantrages nur mehr eine subjektive Frist vorgesehen ist, soll die Möglichkeit der Nichtigerklärung in § 356 weiterhin grundsätzlich auf eine maximale objektive Frist von sechs Monaten ab dem Tag der Zuschlagsentscheidung begrenzt werden (vgl. die Erläuterungen zu § 354). Damit ist es auch bei einem erst nach Jahren eingebrachten Feststellungsantrag nicht möglich, den Vertrag oder Teile davon für nichtig zu erklären. Dies entspricht den Vorgaben der RMRL und der Sektoren-RMRL und dient der Rechtssicherheit. Voraussetzung für die Nichtigerklärung bzw. teilweise Aufhebung des Vertrages ist nach dem vorgeschlagenen Abs. 7 daher grundsätzlich, dass der Feststellungsantrag binnen sechs Monaten ab dem auf die Zuschlagserteilung folgenden Tag eingebracht wurde. Die Sechsmonatsfrist ist eine Ausschlussfrist (vgl. VwGH vom 16. März 2016, 2015/04/0004).

Davon abweichend enthält der vorgeschlagene zweite Satz des Abs. 7 drei Fristverkürzungen. Diese entstammen dem ehemaligen § 332 Abs. 3 bzw. 7 BVergG 2006 und mussten aufgrund der Rsp des EuGH in der Rs C-166/2014, MedEval (vgl. schon die Erläuterungen zu § 354) in den nunmehr vorgeschlagenen § 356 aufgenommen werden. Die genannten Bestimmungen enthielten nämlich einerseits (kurze) objektive Fristen, die nicht nur für die Nichtigerklärung, sondern auch für die Geltendmachung von Schadenersatz (aufgrund der Notwendigkeit eines Feststellungsantrages) galten (§ 332 Abs. 3 BVergG 2006), und andererseits einen Unzulässigkeitsgrund für die Einbringung eines Feststellungsantrages (§ 332 Abs. 7 BVergG 2006), was die Erlangung von Schadenersatz überhaupt von vorneherein ausschloss. Dies ist in Hinblick auf das genannte Urteil des EuGH nicht mehr zulässig, da der Gerichtshof darin verlangt, dass es für die Erlangung von Schadenersatz möglich sein muss, Kenntnis von Schaden und Schädiger zu haben. Es ist daher auch in den Fällen des vorgeschlagenen Abs. 7 zulässig, einen Feststellungsantrag (in Hinblick auf die Erlangung von Schadenersatz) innerhalb der Fristen des § 354 Abs. 2 zu stellen; die Nichtigerklärung bzw. Aufhebung von Teilen des Vertrages ist jedoch nur – entsprechend der Vorgaben der RMRL und Sektoren-RMRL – zulässig, wenn die Voraussetzungen des vorgeschlagenen Abs. 7 erfüllt sind.

Der vorgeschlagene Abs. 7 Z 1 enthält folgende Fristverkürzung auf 30 Tage (wie dies auf Grund des Art. 2f Abs. 1 lit. a der RMRL und der Sektoren-RMRL unionsrechtlich zulässig ist): Wenn es sich beim Antragsteller um einen im Vergabeverfahren verbliebenen Bieter handelt, dann kommt es zu einer Fristverkürzung, wenn der Auftraggeber diesem gemäß dem vorgeschlagenen § 144 Abs. 2 oder § 306 Abs. 2 mitgeteilt hat, welchem Bieter der Zuschlag erteilt wurde.

Wenn es sich um einen Antrag gemäß dem vorgeschlagenen § 353 Abs. 1 Z 2 (Rechtswidrigkeit der Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung) handelt und kein Bieter im Vergabeverfahren verblieben ist, ist für eine Fristverkürzung zwischen der Rechtslage vor und nach dem 18. Oktober 2018 zu unterscheiden (vorgeschlagene Z 2):

Da auf österreichischer Ebene erst mit dem 18. Oktober 2018 eine Bekanntgabe mittels Kerndaten erfolgen soll, soll es bis zu diesem Zeitpunkt nur – aber dies auch im Unterschwellenbereich – erforderlich sein, eine Bekanntmachung auf Unionsebene (freiwillig) zu schalten, um von der Verkürzung auf 30 Tage profitieren zu können.

Ab dem 18. Oktober 2018 muss bei Vergaben im Oberschwellenbereich sowohl eine Bekanntgabe auf Unionsebene als auch auf österreichischer Ebene erfolgen (vgl. den vorgeschlagenen Artikel 2 Z 20). Es muss daher eine Bekanntgabe gemäß den vorgeschlagenen §§ 61 Abs. 1 oder 2 und (!) 62 Abs. 1 oder 2 bzw. den §§ 231 Abs. 1 oder 2 und (!) 232 Abs. 1 oder 2 bzw. im Unterschwellenbereich gemäß § 66 Abs. 1 oder 2 bzw. § 237 Abs. 1 stattfinden, um die Fristverkürzung in Anspruch nehmen zu können.

Wenn der Auftraggeber im Fall der Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung sicher gehen will, dass es zu einer Verkürzung der grundsätzlich sechsmonatigen Frist auf 30 Tage kommt, dann muss er jedenfalls eine Bekanntgabe vornehmen und zusätzlich den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern (sofern es solche gibt) mitteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt worden ist. Eine Verpflichtung zur nachträglichen Bekanntgabe derart vergebener Aufträge wird dadurch nicht normiert. Wenn der Auftraggeber von der eingeräumten Möglichkeit keinen Gebrauch macht, kann eine Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages stattfinden, wenn der Feststellungsantrag binnen der sechsmonatigen Frist des ersten Satzes des Abs. 7 eingebracht wurde.

Eine ex-post Bekanntmachung iSd vorgeschlagenen Abs. 7 Z 2 hat jedenfalls die wesentlichsten Elemente des vergebenen Auftrages wie Auftraggeber (vergebende Stelle), erfolgreicher Bieter, Auftragsgegenstand und Auftragswert zu enthalten, die einem Unternehmer die Einschätzung ermöglichen, ob er ein Interesse am Abschluss dieses Vertrages haben hätte können bzw. ob die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung rechtmäßig gewesen sein konnte. Der Maßstab, der an die Begründung der ex-post Bekanntmachung zu legen ist, hat jenem Sorgfaltsmaßstab zu entsprechen, der vom EuGH in seinem Urteil vom 11. September 2014 in der Rs C-19/13, Fastweb SpA, niedergelegt wurde (vgl. die Erläuterungen zur vorgeschlagenen Z 3). Dies gilt auch für Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung; die entsprechenden Ausführungen sind daher in das Standardformular der Kommission aufzunehmen (vgl. dazu das entsprechende, frei befüllbare Feld in Anhang D1, Pkt. 2 iVm Pkt. 3 des Standardformulars 3, http://simap.ted.europa.eu/documents/10184/99158/DE_F03.pdf sowie Anhang VI Teil D Z 7 des vorgeschlagenen Gesetzentwurfes). Anderenfalls beginnt die 30 Tagesfrist nicht zu laufen und es gilt die Sechsmonatsfrist gemäß dem ersten Satz des Abs. 7.

Durch den vorgeschlagenen § 356 Abs. 7 Z 3 wird Art. 2d Abs. 4 der RMRL und der Sektoren-RMRL umgesetzt: Der EuGH hat in seinem Urteil vom 11. September 2014 in der Rs C-19/13, Fastweb SpA, festgehalten, dass im Zusammenhang mit der freiwilligen ex ante Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung (vgl. dazu Art. 2d Abs. 4 der RMRL bzw. Art. 2d Abs. 4 der Sektoren-RMRL und die Erläuterungen zur RV 327 BlgNR XXIV. GP 15 f) zu beachten ist, dass die im Unionsrecht vorgesehene Konsequenz (Gültigkeit des Vertrages) nur dann eintritt, wenn alle in der genannten Bestimmung der RMRL (bzw. der Sektoren-RMRL) festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind. Ein (öffentlicher) Auftraggeber muss daher bei der Entscheidung, ein Vergabeverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung durchzuführen, sorgfältig handeln und hat zu prüfen, ob er zu Recht davon ausgehen darf („der Ansicht sein kann“), dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Ausnahmeverfahrens vorliegen. In diesem Zusammenhang kommt der Begründung des (öffentlichen) Auftraggebers im Rahmen der ex ante Veröffentlichung besondere Bedeutung zu. Diese Begründung hat in klarer und eindeutiger Weise darzulegen, warum der (öffentliche) Auftraggeber rechtmäßiger Weise der Ansicht sein kann, dass die – restriktiv auszulegenden – Voraussetzungen für ein Verfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung erfüllt sind. Im Oberschwellenbereich sind daher die entsprechenden Ausführungen in das Standardformular der Kommission aufzunehmen (vgl. dazu das entsprechende, frei befüllbare Feld in den Anhängen D1 und D2 des Standardformulars 15), im Unterschwellenbereich in die jeweilige innerstaatliche Bekanntmachung. Da nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH die Beweislast für das tatsächliche Vorliegen der die Ausnahme rechtfertigenden Umstände zur Inanspruchnahme einer Ausnahmevorschrift (hier: der Anwendbarkeit eines Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung) denjenigen trifft, der diese Ausnahmevorschrift in Anspruch nehmen möchte (vgl. etwa EuGH vom 15. Oktober 2009, Rs C-275/08, Kommission/Deutschland, Rz 56 mwN der Judikatur), hat der (öffentliche) Auftraggeber dies sorgfältig zu prüfen und zu begründen. Die Begründung muss es allfälligen interessierten Unternehmen ermöglichen, die Überlegungen des (öffentlichen) Auftraggebers nachvollziehen und die Rechtskonformität der Vorgangsweise beurteilen zu können. So genügt etwa eine bloß formelhafte Begründung (zB durch Wiedergabe der verba legalia) diesem Maßstab nicht. (Öffentliche) Auftraggeber müssen daher (die ihnen zumutbaren) Erhebungen in sorgfältiger Weise für die Beurteilung der Zulässigkeit der Inanspruchnahme des Ausnahmetatbestandes durchführen, auf dieser Bewertungsgrundlage den nachvollziehbaren Schluss ziehen können, ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchführen zu dürfen und diese Überlegungen in der Bekanntmachung offen legen. Hat der (öffentliche) Auftraggeber diesen subjektiven, jedoch besonderen Sorgfalts- und Begründungsmaßstab eingehalten, unterlag er dabei jedoch einem entschuldbaren Rechtsirrtum, so schadet dies im Kontext der freiwilligen ex ante Bekanntmachung nicht: sofern auch die weitere Voraussetzung (Beachtung der Zehn-Tages-Frist ab Veröffentlichung der Bekanntmachung) eingehalten wird, kann der Vertrag nicht für „unwirksam“ im Sinne der RMRL (bzw. der Sektoren-RMRL) erklärt werden (hingegen ist die Erlangung von Schadenersatz denkbar). Hat hingegen der (öffentliche) Auftraggeber diese Vorgaben nicht beachtet oder ist er auffallend sorglos, grob fahrlässig oder gar willkürlich vorgegangen, so wäre trotz Veröffentlichung einer Bekanntmachung und Einhaltung der Stillhaltefrist der Vertrag für „unwirksam“ zu erklären, wenn der Antrag entsprechend der Frist des ersten Satzes des vorgeschlagenen Abs. 7 eingebracht wurde.

Durch die Formulierung „sofern ein öffentlicher Auftraggeber [bzw. Sektorenauftraggeber] der Ansicht ist, dass …. zulässig ist“ in den Bestimmungen auf die § 356 Abs. 7 Z 3 verweist, soll im Sinne des zitierten Judikates und in Übereinstimmung mit dem Wortlaut der Richtlinien einerseits zum Ausdruck gebracht werden, dass kein objektiver, sondern ein subjektiver Maßstab heranzuziehen ist (arg. „der Ansicht ist“), und dass andererseits nur bei Einhaltung des oben beschriebenen Sorgfaltsmaßstabes bei der Prüfung der Zulässigkeit der Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung (bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb) eine ex ante Bekanntmachung überhaupt zulässig ist. Flankierend dazu sieht § 356 Abs. 7 Z 3 vor, dass nur derartige – zulässige – Bekanntmachungen auch dazu führen, dass – bei einem Zuschlag nach Ablauf einer Frist von zehn Tagen – der Vertrag nicht für „unwirksam“ iSd RMRL und der Sektoren-RMRL erklärt werden kann. Darüber hinaus stellt § 356 Abs. 7 Z 3 als weitere Voraussetzung für die Unzulässigkeit der Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages darauf ab, dass die publizierte Entscheidung „entsprechend begründet“ war. Diese Wortfolge greift die im Urteil des EuGH hervorgehobene Voraussetzung auf, wonach nur klare, eindeutige und nachvollziehbare Begründungen des (öffentlichen) Auftraggebers in der ex ante Bekanntmachung die Voraussetzung der RMRL (bzw. der Sektoren-RMRL) erfüllen, dass eine Bekanntmachung vorliegt, „wie sie in Art. 3a der vorliegenden Richtlinie beschrieben ist“ (vgl. dazu jeweils Art. 3a lit. c der zitierten Richtlinien und Rz 48 des Urteils: „Was diesen letzten Punkt betrifft, muss diese Begründung klar und unmissverständlich die Gründe erkennen lassen, die den öffentlichen Auftraggeber zu der Auffassung veranlasst haben, den Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung vergeben zu können, damit die Beteiligten in voller Sachkenntnis entscheiden können, ob sie es für nützlich erachten, die für das Nachprüfungsverfahren zuständige Stelle anzurufen, und damit diese eine wirksame Kontrolle vornehmen kann.“ Nur soweit beide (kumulativen) Voraussetzungen erfüllt werden, zieht die Einhaltung der zehntägigen Stillhaltefrist gemäß § 356 Abs. 7 Z 3 auch die Unzulässigkeit der Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages nach sich.

Zur Bekanntmachung an sich wird auf die entsprechenden Vorschriften des materiellen Teils verwiesen. Die Inhalte der Bekanntmachung müssen bei einer österreichischen Bekanntmachung für mindestens 10 Tage verfügbar sein, da der Auftraggeber in dieser Zeit auch mit der Zuschlagserteilung zuwarten muss. Die Verfügbarkeit der Bekanntmachung im ABl. der Europäischen Union kann durch das nationale Recht nicht geregelt werden.

Dass eine freiwillige ex-ante-Bekanntmachung nach den Vorgaben des materiellen Teils stattgefunden hat, muss vom Auftraggeber entsprechend seiner Verpflichtung gemäß § 49 bzw. § 218 dokumentiert und nachgewiesen werden. Dieser hat mit entsprechenden Mitteln (Speicherung über Server, Screenshots, etc.) nachzuweisen, dass, wann und wie lange eine entsprechende Bekanntmachung auf österreichischer Ebene stattgefunden hat, damit das BVwG dies ggf nachprüfen kann.

Ab 18. Oktober 2018, erhalten die verwiesenen Bestimmungen im vorgeschlagenen Abs. 7 Z 3 aufgrund des Außerkrafttretens anderer Bestimmungen eine andere Bezeichnung (vgl. Artikel 2 Z 20). Inhaltlich bleibt der vorgeschlagene Abs. 7 Z 3 jedoch unverändert.

Gemäß Art. 2d Abs. 2 der RMRL und der Sektoren-RMRL richten sich die Folgen der Unwirksamkeit des Vertrages nach einzelstaatlichem Recht. Es kann somit vorgesehen werden, dass alle vertraglichen Verpflichtungen rückwirkend aufgehoben werden oder dass die Wirkung der Aufhebung auf die Verpflichtungen beschränkt ist, die noch zu erfüllen sind. Wenn die Nichtigkeit aber nicht rückwirkend (ex tunc) eintritt, dann haben sogenannte „alternative Sanktionen“ im Sinne des Art. 2e Abs. 2 der RMRL und der Sektoren-RMRL Anwendung zu finden.

Art. 2e Abs. 2 der RMRL und der Sektoren-RMRL nennt die Verkürzung der Laufzeit des Vertrages als eine mögliche alternative Sanktion. Dies ist jedoch, wie auch die Kommission bestätigte, insofern verfehlt, als die Verkürzung der Laufzeit ohnehin nur in Betracht kommt, wenn der Vertrag nicht ex tunc vernichtet wird. Als alleinige „Sanktion“ kommt somit – auch im Einklang mit der Auffassung der Kommission – die Laufzeitverkürzung nicht in Betracht.

Vor diesem Hintergrund sieht der vorgeschlagene Abs. 8 Geldbußen (als „Sanktionen“) für alle Fälle vor, in denen abweichend von den Grundregeln der vorgeschlagenen Abs. 2 erster Satz und 3 das BVwG gemäß den zitierten Bestimmungen den Vertrag nicht für absolut nichtig erklärt und nunmehr auch ausdrücklich für jene Fälle, in denen der Vertrag nur teilweise bestehen bleibt. Während in Bezug auf den Oberschwellenbereich sich die Regelung des Abs. 8 vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Rechtslage als notwendig erweist, ergibt sich ein, durch die Anwendungsvoraussetzungen des Abs. 3 ohnehin auf die gravierendsten Verstöße eingeschränktes, Regelungsbedürfnis im Unterschwellenbereich durch das Sachlichkeitsgebot. So ist es sachlich nicht zu rechtfertigen, dass in den Fällen, in denen Vergabeverfahren offenkundig rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurden, der Zuschlag offenkundig rechtswidriger Weise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erteilt wurde oder die Vergabe einer Leistung auf Grund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems offenkundig rechtswidrig war und in denen darüber hinaus die Leistung nicht mehr vollständig oder ohne Wertverminderung rückgestellt werden kann, ein Auftraggeber lediglich damit „sanktioniert“ wird, dass der Vertrag nur teilweise weiterbesteht.

In der Entscheidung des VwGH vom 18. März 2015, 2012/04/0070 (Pkt 4.5.1.) hat der VwGH eine Lücke in § 334 Abs. 7 BVergG 2006 erkannt. Dieser sei um den Verweis auf Abs. 4 zu ergänzen. Die teilweise Aufhebung eines Vertrags dürfe nicht anders behandelt werden als eine gänzliche Nichtigerklärung, da die Richtlinie auch für jene Teile des Vertrages, die nicht aufgehoben werden, eine alternative Sanktion verlange. Da dies aber nicht nur auf Abs. 4, sondern auch auf Abs. 5 und 6 zutrifft, sind auch diese Bestimmungen im vorgeschlagenen Abs. 8 (ehemals § 334 Abs. 7 BVergG 2006) aufzuzählen. Eine spätere Vertragsaufhebung ist nicht anders zu werten als ein nicht rückabwickelbarer Teil des Vertrages gemäß Abs. 4; auch gemäß Abs. 5 wird nämlich ein Teil des Vertrages (der erst in der Zukunft liegt) nicht aufgehoben. Dieser Teil des Vertrags ist aber trotzdem zu missbilligen und daher nach der RMRL auf andere Weise zu sanktionieren. Sinngemäßes gilt für Abs. 6: Auch hier wäre es sachlich nicht zu rechtfertigen keine alternative Sanktion vorzusehen.

Im Falle einer gemeinsamen Auftragsvergabe ist die Geldbuße über alle beteiligten Auftraggeber zu verhängen. Die interne Aufteilung der Geldbuße bzw. der Regress ist zwischen den beteiligten Auftraggebern zu regeln. Hat eine zentrale Beschaffungsstelle ein Vergabeverfahren oder Teile eines Vergabeverfahrens als vergebende Stelle durchgeführt, ist die Geldbuße abweichend vom ersten Satz über sie zu verhängen, wenn die von ihr gesetzten Handlungen für die Feststellung der Rechtsverstöße von wesentlichem Einfluss waren. Dies setzt erneut die Vorgaben des Art. 37 und 38 der RL 2014/24/EU und Art. 55 und 56 der RL 2014/25/EU im Feststellungsverfahren um. Die zentrale Beschaffungsstelle muss demnach für die von ihr faktisch durchgeführten Handlungen zur Verantwortung gezogen werden („Der Auftraggeber kommt seinen Verpflichtungen nach[…]“).

Bei der Verhängung einer Geldbuße („alternative Sanktion“) handelt es sich gemäß dem vorgeschlagenen § 356 Abs. 8 nicht um eine Verwaltungsstrafe und stellt das diesbezügliche Verfahren somit kein Verfahren wegen einer Verwaltungsübertretung dar (vgl. die Erläuterungen zur BVergG-Novelle 2010 RV 327 BlgNR XXIV. GP sowie VfGH vom 8. Oktober 2015, G 154/2015 ua).

In bestimmten Fällen ist die Verhängung der Geldbuße antragsbedürftig; das BVwG kann gemäß Abs. 2 zweiter Satz, 5 und 6 überhaupt nur dann eine solche Sanktion verhängen, wenn der Auftraggeber beantragt, von der Nichtigerklärung des Vertrages zur Gänze (oder zumindest teilweise) abzusehen. Die Regelung weist somit Züge einer Wahlmöglichkeit desjenigen auf, über den die Sanktion verhängt werden soll.

Allgemein wird festgehalten, dass der grundsätzliche Maßstab für die Höhe der Geldbuße die in Abs. 8 genannten Kriterien (wirksam, verhältnismäßig und abschreckend) sind. Diese Vorgaben sind insbesondere bei der Bemessung der Höhe einer Geldbuße zu beachten. Hinsichtlich der Begrenzung der Höchstsumme der Geldbuße in Abs. 9 ist folgendes festzuhalten: Da das System der Geldbuße der Wiederherstellung des – durch einen Verstoß gegen Unionsrecht gestörten – Wettbewerbs dient, ist es sachgerecht die Höhe der Geldbuße an der Auftragssumme zu orientieren. Aus unionsrechtlicher Sicht ist eine Begrenzung der Höchstsumme (orientiert an der Auftragssumme) (auch nach Auffassung der Kommission) zulässig, wobei im Anwendungsbereich der RMRL und der Sektoren-RMRL seitens der Kommission eine Höchstgrenze von weniger als 20% der Auftragssumme nicht mehr als abschreckend angesehen würde. Im Unterschwellenbereich soll – im Sinne der oben erwähnten zulässigen verfassungsrechtlichen Differenzierung zwischen Ober- und Unterschwellenbereich – die Höchstgrenze reduziert und mit 10% der Auftragssumme gedeckelt werden. Zum Begriff der Auftragssumme wird auf die Definition des § 2 Z 26 lit. a verwiesen, wonach der Angebotspreis (Auftragssumme) die Summe aus Gesamtpreis und Umsatzsteuer ist.

Da es nicht sachgerecht wäre, bei einer nur teilweisen oder in der Zukunft liegenden Aufhebung des Vertrages die Geldbuße jedenfalls von der gesamten Auftragssumme zu berechnen, sieht Abs. 9 vor, dass die Geldbuße nach dem Umfang jenes Teiles der Auftragssumme des Vertrages zu bemessen ist, der trotz festgestellter Rechtswidrigkeit nicht aufgehoben wird. Ist also etwa ein Auftrag in der Höhe von 400.000 Euro nur mehr zur Hälfte rückabwickelbar, so beträgt die Höchstgrenze für die Geldbuße 40.000 Euro (20% von 200.000 Euro). Gemäß dem vorgeschlagenen § 356 Abs. 9 hat das BVwG weiters für die Verhängung einer Sanktion die Schwere des Verstoßes bzw. die Vorgangsweise des Auftraggebers zu berücksichtigen. Die verhängte Sanktion muss daher entsprechend schärfer ausfallen, wenn ein qualifizierter Verstoß des Auftraggebers vorliegt bzw. seine Vorgangsweise offenkundig unzulässig war. Der ebenfalls bezogene § 5 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes – VbVG, BGBl. I Nr. 151/2005, nennt in seinem Abs. 2 als Erschwerungsgründe das Ausmaß der Schädigung bzw. der Gefährdung, das Ausmaß des erlangten Vorteils sowie das Ausmaß, in dem gesetzwidriges Verhalten der Mitarbeiter geduldet wurde. In Betracht zu ziehende Milderungsgründe gemäß § 5 Abs. 3 VbVG sind zB bereits vor der Tat gesetzte Vorkehrungen zur Verhinderung solcher Taten (Z 1) oder Schritte zur zukünftigen Verhinderung ähnlicher Taten (Z 5).

Gemäß der RL 2007/66/EG dürfen Geldbußen nicht an den sanktionierten Auftraggeber selbst entrichtet werden. Aus diesem Grund wird der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung als Empfänger der Geldbußen festgelegt (vgl. § 2 FTFG, BGBl. Nr. 434/1982). Das BVwG hat bei der Verhängung von Geldbußen in der diesbezüglichen Entscheidung gleichzeitig eine Frist zur Zahlung der Geldbuße festzulegen. Die Geldbußen sind in einem ersten Schritt an das BVwG zu zahlen und von diesem an den Fonds weiterzuleiten.

Zu § 357 (Unwirksamerklärung des Widerrufes):

Der vorgeschlagene § 357 enthält die Kompetenz des BVwG, den Widerruf bei Vorliegen eines bestimmten Verstoßes für unwirksam zu erklären. Voraussetzung dafür ist, dass der Antragsteller dies beantragt hat und dass im Rahmen einer Interessenabwägung das BVwG zum Schluss kommt, dass das Interesse der Bieter an der Fortführung des Verfahrens das Interesse des Auftraggebers an der Beendigung des Verfahrens überwiegt.

Zu den §§ 358 bis 362 (Außerstaatliche Kontrolle, grenzüberschreitende Zusammenarbeit, statistische Verpflichtungen):

§ 358 dient zur Umsetzung des in der RMRL (Art. 3) und der Sektoren-RMRL (Art. 8) vorgesehenen Korrekturmechanismus und stellt eine spezifische Ausformulierung des Grundsatzes des Art. 4 Abs. 3 EUV (Loyalitätsgebot) dar. Abs. 2 enthält die bei Beschwerde- und Auskunftsersuchen sowie bei Vertragsverletzungsverfahren einzuhaltende Vorgangsweise. Abs. 3 beinhaltet die Verpflichtung der Auftraggeber und allfällig betroffener Unternehmer, entsprechende Unterlagen für die Erstellung der Stellungnahme der Republik zur Verfügung zu stellen.

Mit § 359 wird Art. 86 der Richtlinie 2014/24/EU bzw. Art. 102 der Richtlinie 2014/25/EU Rechnung getragen, der die Pflicht zur Verwaltungszusammenarbeit in bestimmten Bereichen (insbesondere in Zusammenhang mit Nachweisen) vorsieht. Zu diesem Zweck soll nach Möglichkeit das Internal Market Information System (IMI) genutzt werden.

Die §§ 360 bis 362 sehen die Übermittlung statistischer Aufstellungen vor, womit im Wesentlichen den Berichtspflichten gegenüber der Kommission entsprochen werden soll (vgl. Art. 83 und 85 der Richtlinie 2014/24/EU und Art. 99 und 101 der Richtlinie 2014/25/EU).

Zu den §§ 363 bis 376 (Verpflichtungen nach Zuschlagserteilung und zivilrechtliche Bestimmungen):

§ 363 enthält die Bestimmungen über die Bekanntgabe neuer Subunternehmer nach Zuschlagserteilung. Ziel dieser Bestimmung ist die Erhöhung der Transparenz im Rahmen der Auftragsausführung. Die Zustimmung zu einem neuen Subunternehmer oder dessen allfällige Ablehnung ist „unverzüglich“ mitzuteilen; „unverzüglich“ bedeutet ohne schuldhafte Verzögerung. Teilt der Auftraggeber nicht in diesem Sinn „unverzüglich“ die Zustimmung oder Ablehnung mit, wird dies im Rahmen des zivilrechtlichen Auftragsverhältnisses entsprechende Berücksichtigung finden (zB bei Pönalen).

§ 365 bestimmt, dass Verträge zumindest für die Dauer ihrer Laufzeit aufzubewahren sind. Hinzuweisen ist darauf, dass andere gesetzlich festgelegte Aufbewahrungspflichten durch § 365 nicht berührt werden.

§ 366 setzt die einschlägigen Bestimmungen der RL und die Rechtsprechung des EuGH (vgl. dazu etwa Rs C‑337/98, Kommission gegen Frankreich, C-454/06, pressetext, C-160/08, Kommission gegen Deutschland, C‑91/08, Wall AG, und C-549/14, Finn Frogne A/S) um. Danach führen „wesentliche Vertragsänderungen“ (vgl. dazu die demonstrative Aufzählung in Abs. 2) jedenfalls zur Verpflichtung zur Neuausschreibung. Abs. 3 enthält jene Konstellationen, die nicht als „wesentliche Vertragsänderungen“ zu qualifizieren sind. § 367 enthält parallel dazu eine Verpflichtung, unter bestimmten Umständen (vgl. dazu Z 1 und 2) Verträge „unverzüglich“ zu kündigen.

§ 368 beinhaltet eine neue Meldepflicht im Zusammenhang mit vergebenen Bauaufträgen. Sofern die Auftragssumme (vgl. dazu § 2 Z 26 lit. a, das ist die Summe aus Gesamtpreis und Umsatzsteuer) eines Bauauftrages bzw. eines Loses eines Bauauftrages 100 000 Euro übersteigt, sind bestimmte Daten an die Baustellendatenbank zu melden. Dies bedeutet im Kontext des BVergG, dass nach Abschluss von Einzelverträgen, nach Abruf aus einer Rahmenvereinbarung oder aus einem Dynamischen Beschaffungssystem (der Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. die Einrichtung eines Dynamischen Beschaffungssystems ist nicht als Vergabe eines Bauauftrages zu qualifizieren) und nach Abschluss eines Rahmenvertrages die neue Meldepflicht schlagend wird. Im Kontext von Rahmenverträgen ist überdies festzuhalten, dass die Abrufe aus derartigen Verträgen nicht als „Zuschlagserteilungen“ anzusehen sind. Die für Auftraggeber vorgeschlagene Übermittlungspflicht ist in Zusammenhang mit § 31a Abs. 1a des Bauarbeiter Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes, BUAG, BGBl. Nr. 414/1972 idF BGBl. I Nr. 113/2015, zu sehen. Nach dieser Bestimmung ist die BUAK (Urlaubs- und Abfertigungskasse) ermächtigt, alle nach dem BVergG 2006 (nunmehr BVergG 2017) zu erfassenden Daten zu verarbeiten. Die Übermittlungspflicht des Auftraggebers erschöpft sich in der Übermittlung (§ 4 Z 12 des Datenschutzgesetzes 2000 – DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999) der in Abs. 1 und 2 genannten Daten an die Baustellendatenbank, weshalb es zusätzlicher gesetzlicher Regelungen über die Zulässigkeit der Verwendung der Daten bedarf. Die datenschutzrechtliche Auftraggebereigenschaft (§ 4 Z 4 DSG 2000) an den in die Baustellendatenbank übermittelten Daten richtet sich in der Folge nach den Bestimmungen des BUAG.

Klarstellend wird festgehalten, dass zuerst eine Meldung nach Abs. 1 zu erfolgen hat, die die in Z 1 bis 3 genannten Daten enthält. Zu Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 Z 1 und 2 „Kurzbeschreibung des Auftragsgegenstandes“ ist klarstellend hinzuzufügen, dass eine aussagekräftige schlagwortartige Beschreibung der auszuführenden Leistung ausreichend ist. In weiterer Folge sind Meldungen nach Abs. 2 einzubringen, sofern im Angebot mehrere Subunternehmer für einen Leistungsteil genannt wurden (Z 1), ein Subunternehmer gewechselt wird oder ein neuer Subunternehmer herangezogen werden soll (Z 2) bzw. Berichtigungen oder Ergänzungen notwendig werden (Z 3). In allen Fällen des Abs. 2 sind die Daten nach Abs. 1 (insbesondere daher die Daten gemäß Z 1 und 2) nicht mehr zu melden; die Verknüpfung zum gegenständlichen Auftrag ergibt sich über die Kennzahl des Auftrages, die dem Auftraggeber nach einer Meldung gemäß Abs. 1 von der BUAK bekannt gegeben wird (und somit naturgemäß bei der Meldung nach Abs. 1 noch nicht gemeldet werden kann, da sie dem Auftraggeber zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Verfügung steht).

Die Daten, die gemäß Abs. 1 Z 3 sowie Abs. 2 Z 1 und 2 zu melden sind, sind solche, die sich auf den jeweiligen Auftragsteil des betreffenden Subunternehmers beziehen; der Zusammenhang dieser Daten mit den Daten des Abs. 1 Z 1 und 2 ergibt sich einerseits aus der Kennzahl des Auftrages bzw. im Falle des Abs. 1 Z 3 aus der gleichzeitigen Einmeldung. Das bedeutet konkret, dass die Auftragssumme, die Kurzbeschreibung des Auftragsgegenstandes, der Ausführungsort, der voraussichtliche Ausführungsbeginn und die voraussichtliche Ausführungsdauer jeweils des vom Subunternehmer zu erbringenden Leistungsteiles anzugeben sind, und nicht die Beschreibung des vergebenen Auftrages an sich.

Zu Abs. 2 Z 3 wird angemerkt, dass damit allgemein Berichtigungen bzw. Ergänzungen erfasst sind. Darunter fällt die Löschung von Daten über Subunternehmer, die vom Auftragnehmer in weiterer Folge nicht für die Ausführung des jeweiligen Leistungsteiles herangezogen werden (weil etwa der Auftragnehmer diesen Leistungsteil selbst ausführt). Ebenso erfasst sind z.B. etwaige Adressänderungen der Subunternehmer, aber auch des Auftragnehmers selbst (somit Änderungsmeldungen zu Abs. 1 Z 1).

§ 369 setzt die Regelung des Art. 7 der RL 2014/55/EU um (vgl. dazu auch die Inkrafttretensbestimmung des § 378 Abs. 3). In diesem Zusammenhang ist für den Bund auch auf die Bestimmung des § 5 IKT-Konsolidierungsgesetzes – IKTKonG, BGBl. I Nr. 35/2012, und die e-Rechnungsverordnung, BGBl. II Nr. 505/2012, hinzuweisen. Für den Vollziehungsbereich des Bundes hat dies zur Konsequenz, dass e-Rechnungen verpflichtend von den Vertragspartnern des Bundes zu verwenden und gemäß § 5 e-Rechnungsverordnung über USP/PEPPOL Transport-Infrastruktur einzubringen sind. § 369 ist insofern „entwicklungsoffen“, als auch zukünftige Änderungen der Europäischen Norm bzw. der Syntaxlisten automatisch zu beachten sind. Das Unternehmensserviceportal (USP, www.usp.gv.at) ist das zentrale Internetportal für in Österreich ansässige Unternehmen bzw. sonstige Vertragspartner von öffentlichen Stellen bzw. Auftraggebern. Es bietet eine Authentifizierung und einen direkten Zugang zu zahlreichen E-Government- Anwendungen sowie unternehmensrelevanten Informationen. Von der Internetseite des USP erfolgt eine Weiterleitung zur „e-Rechnung“-Internetseite der jeweiligen Auftraggeber. Eine von der Europäischen Union bereitgestellte Einrichtung zur Abwicklung elektronischer Beschaffungsvorgänge innerhalb der EU ist zB die Pan-European Public Procurement OnLine (PEPPOL)-Transport-Infrastruktur. Hinzuweisen ist auch darauf, dass Auftragnehmer die Möglichkeit haben, ihre Rechnungen durch Nutzung der Dienste eines Dritten RL-konform gestalten zu lassen (vgl. dazu auch EG 35 der RL 2014/55/EG).

Die §§ 370 bis 376 enthalten – im Wesentlichen unverändert – die Bestimmungen über Schadenersatzansprüche, Rückgriffs- und Rücktrittsrechte sowie die diesbezüglichen Zuständigkeiten und Verfahren.

Zu den §§ 377 bis 384 (Straf-, Schluss und Übergangsbestimmungen):

Der 6. Teil enthält u.a. die Strafbestimmungen, die Inkrafttretens-, Außerkrafttretens- und Übergangsbestimmungen, die Vollziehungsklausel sowie die Bezugnahme auf die durch das Bundesvergabegesetz umgesetzten bzw. berücksichtigten Rechtsakte der Europäischen Union.

Zu Artikel 2

Änderung des Bundesvergabegesetzes 2017

Artikel 2 enthält die Adaption jener Bestimmungen betreffend die verpflichtende elektronische Durchführung von Vergabeverfahren, die gemäß den Vorgaben der RL 2014/24/EU und 2014/25/EU mit 18. Oktober 2018 in Kraft treten. Dies betrifft insbesondere die Bekanntmachungsvorschriften und die Bestimmungen betreffend die elektronische Kommunikation.

Zu Artikel 3

Änderung des Bundesvergabegesetzes Verteidigung und Sicherheit 2012

Zu den Z 2 bis 13 und 15:

Aufgrund der Neufassung des BVergG sind die entsprechenden Verweise im BVergGVS auf die neuen Paragraphenbezeichnungen anzupassen bzw. sind Definitionen des BVergGVS an die aktuelle Rechtslage anzupassen.

Zu Z 1, 14 und 16:

Durch die Regelung des § 138a wird die Regelung des Art. 7 der RL 2014/55/EU umgesetzt (vgl. dazu auch die Inkrafttretensbestimmung des § 145 Abs. 7). In diesem Zusammenhang ist für den Bund auch auf die Bestimmung des § 5 IKT-Konsolidierungsgesetzes – IKTKonG, BGBl. I Nr. 35/2012, und die e-Rechnungsverordnung, BGBl. II Nr. 505/2012, hinzuweisen. Für den Vollziehungsbereich des Bundes hat dies zur Konsequenz, dass e-Rechnungen verpflichtend von den Vertragspartnern des Bundes zu verwenden und gemäß § 5 e-Rechnungsverordnung über USP/PEPPOL Transport-Infrastruktur einzubringen sind. § 138a ist insofern „entwicklungsoffen“, als auch zukünftige Änderungen der Europäischen Norm bzw. der Syntaxlisten automatisch zu beachten sind. Das Unternehmensserviceportal (USP, www.usp.gv.at) ist das zentrale Internetportal für in Österreich ansässige Unternehmen bzw. sonstige Vertragspartner von öffentlichen Stellen bzw. Auftraggebern. Es bietet eine Authentifizierung und einen direkten Zugang zu zahlreichen E-Government- Anwendungen sowie unternehmensrelevanten Informationen. Von der Internetseite des USP erfolgt eine Weiterleitung zur „e-Rechnung“-Internetseite der jeweiligen Auftraggeber. Eine von der Europäischen Union bereitgestellte Einrichtung zur Abwicklung elektronischer Beschaffungsvorgänge innerhalb der EU ist zB die Pan-European Public Procurement OnLine (PEPPOL)-Transport-Infrastruktur. Hinzuweisen ist auch darauf, dass Auftragnehmer die Möglichkeit haben, ihre Rechnungen durch Nutzung der Dienste eines Dritten RL-konform gestalten zu lassen (vgl. dazu auch Erwägungsgrund 35 der RL 2014/55/EG).

Zu Z 18 und 19:

Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport soll hinkünftig ermächtigt sein, im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler bestimmte Verwaltungsübereinkommen (insbesondere Memoranda of Understanding – MoUs) mit obersten Behörden im Verteidigungsbereich von anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder von Drittstaaten abschließen zu können. Diese Ermächtigung bezieht sich einerseits auf die Festlegung besonderer Verfahrensregelungen über die Durchführung von bestimmten Vergabeverfahren – somit von bestimmten gemeinsamen Projekten der Vertragsparteien – und andererseits auf allgemeine Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz bei und des Zuganges zu Vergabeverfahren der entsprechenden Vertragsparteien. Damit soll einerseits die Ausnahmebestimmung des § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 breiter nutzbar gemacht werden und andererseits der Abschluss von Kooperationsabkommen im Verteidigungsbereich zur Gewährleistung des besseren Zuganges von Unternehmen der Vertragsparteien zu den Rüstungsmärkten der Vertragsparteien (vgl. dazu etwa die Reciprocal Defense Procurement and Acquisition Policy Memoranda of Understanding, die die USA mit Drittstaaten abschließen) ermöglicht werden.