Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

1.      Durch Änderung des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 – EGVG, BGBl. I Nr. 87/2008, soll die Verbreitung rassistischer und/oder fremdenfeindlicher Diskriminierungspropaganda verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert werden.

2.      Durch Änderungen des EGVG und des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, soll klarer als bisher geregelt werden, in welchen Fällen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Strafverfahren mitzuwirken haben und welche Befugnisse ihnen dabei zukommen. Ferner sollen sie generell dazu ermächtigt werden, Amtshandlungen auch außerhalb des Sprengels der örtlich zuständigen Behörde vorzunehmen.

3.      Durch Änderung des VStG soll die Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle des Vollzugs einer Ersatzfreiheitsstrafe auf das Verwaltungsstrafverfahren ausgedehnt werden.

4.      Durch einige weitere Änderungen des VStG (wie zB die Einführung der Möglichkeit der Zurückziehung des Einspruches gegen die Strafverfügung, die Schaffung einheitlicher Deliktskataloge für Strafverfügungen, Anonymverfügungen und Organstrafverfügungen oder die Möglichkeit des Absehens von der Durchführung des Strafverfahrens, wenn ein höherer Strafbetrag eingezahlt wurde als der durch die Anonymverfügung vorgeschriebene) sollen das Strafverfahren und der Strafvollzug effizienter, transparenter und bürgerfreundlicher gestaltet werden.

5.      Durch den Entfall der Ausstellung von Ermächtigungsurkunden für die Organe der öffentlichen Aufsicht soll der Verwaltungsaufwand der Behörden verringert werden.

6.      Schließlich soll der Entwurf zum Anlass genommen werden, im EGVG und im VStG eine Reihe von legistischen Anpassungen vorzunehmen. Diese Änderungen sind teils terminologischer Natur, teils dienen sie der Bereinigung von Redaktionsversehen früherer Novellen.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich überwiegend aus Art. 11 Abs. 2 B-VG („Verwaltungsverfahren …“), ferner insb. aus Art. 10 Abs. 1 Z 1 B-VG („Bundesverfassung ...“), Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG („Zivilrechtswesen ...“, „Strafrechtswesen“) und Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG („Verkehrswesen ...“).

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008):

Zu Z 1 (Entfall des Art. III Abs. 1 Z 1), Z 4 (Art. III Abs. 1 erster Satz), Z 5 (Entfall des Art. III Abs. 3) und Z 7 (Art. V Abs. 8):

Die Strafbestimmung des Art. III Abs. 1 Z 1 hat den Charakter eines subsidiären Auffangtatbestandes gegenüber den „besonderen Vorschriften gegen die unbefugte Parteienvertretung“ (vgl. Art. III Abs. 3). Da die Strafbarkeit der unbefugten Parteienvertretung in diesen Vorschriften mittlerweile umfassend geregelt ist (vgl. § 57 der Rechtsanwaltsordnung – RAO, RGBl. Nr. 96/1868, § 78 des Patentgesetzes 1970, BGBl. Nr. 259/1970, § 186 der Notariatsordnung (NO), RGBl. Nr. 75/1871, § 39 des Ziviltechnikergesetzes 1993 – ZTG, BGBl. Nr. 156/1994, § 116 des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes – WTBG, BGBl. Nr. 58/1999 und § 71 des Markenschutzgesetzes 1979, BGBl. Nr. 260/1970), kann die Strafbestimmung des Art. III Abs. 1 Z 1 als überflüssig entfallen. Dies bedingt eine Anpassung des Art. III Abs. 1 erster Satz und einen Entfall des Art. III Abs. 3. Unter einem soll die sog. „Winkelschreibereiverordnung“ (Verordnung des Justizministeriums vom 8. Juni 1857, wirksam für den ganzen Umfang des Reiches, mit Ausnahme der Militärgränze, betreffend die Behandlung der Winkelschreiber, RGBl. Nr. 114/1857) außer Kraft gesetzt werden.

Zu Z 2 (Art. III Abs. 1 Z 2) und Z 5 (Entfall des Art. III Abs. 4):

Die Verwaltungsübertretung des „Schwarzfahrens“ begeht, wer sich die Beförderung durch eine dem öffentlichen Verkehr dienende Einrichtung verschafft, ohne das nach den Tarifbestimmungen und Beförderungsbedingungen dieser Einrichtung festgesetzte Entgelt ordnungsgemäß zu entrichten (Art. III Abs. 1 Z 2). Wird bei der Betretung der Fahrpreis samt Zuschlag bezahlt oder weist sich der Täter bei der Zahlungsaufforderung im Beförderungsmittel durch eine mit Lichtbild versehene öffentliche Urkunde aus und bezahlt den Fahrpreis samt Zuschlag innerhalb von drei Tagen, hebt dies die bereits eingetretene Strafbarkeit wieder auf (Art. III Abs. 4); das Verfahren ist einzustellen (vgl. § 45 Abs. 1 Z 2 VStG).

Diese Strafaufhebungsgründe sollen künftig Tatbestandsvoraussetzungen des Art. III Abs. 1 Z 2 sein, sodass eine Verwaltungsübertretung erst dann vorliegt, wenn der „Schwarzfahrer“ den Fahrpreis samt Zuschlag auf Aufforderung nicht unverzüglich oder, nach Feststellung seiner Identität, nicht binnen der gesetzlichen Frist entrichtet. Dadurch soll die Mitwirkung der Organe der Bundespolizei auf jene Fälle eingeschränkt werden, in denen der „Schwarzfahrer“ den Fahrpreis samt Zuschlag nicht an Ort und Stelle bezahlt und seine Identität nicht festgestellt werden kann. Die bisherige Zahlungsfrist von drei Tagen soll auf zwei Wochen erstreckt werden.

Zu Z 3 (Art. III Abs. 1 Z 5) und Z 4 (Art. III Abs. 1 erster Satz):

Um Art. 3 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdenfeindlicher Art, CETS Nr. 189 sowie Pkt. 18(f) der Allgemeinen Politischen Empfehlung Nr. 7 von ECRI vom 13. Dezember 2002, CRI(2003)8, zu entsprechen, wurde durch Art. 1 Z 179 des Strafrechtsänderungsgesetzes 2015, BGBl. I Nr. 112/2015, ein neuer Straftatbestand geschaffen (§ 283 Abs. 4 des Strafgesetzbuches, BGBl. Nr. 60/1974). Die Verbreitung rassistischer und/oder fremdenfeindlicher Hass- und Gewaltpropaganda ist damit gerichtlich strafbar. Die Verbreitung rassistischer und/oder fremdenfeindlicher Diskriminierungspropaganda soll hingegen verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert werden: Art. III Abs. 1 soll daher um einen entsprechenden Straftatbestand ergänzt werden, der § 283 Abs. 4 StGB nachgebildet ist (vgl. zu diesem die Erläuterungen zur RV 689 d.B. XXV. GP, 42).

Zu Z 6 (Art. V Abs. 5):

Bereinigung eines Redaktionsversehens im Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33/2013. Durch die Neufassung der Bestimmung soll rückwirkend klargestellt werden, dass Art. I Abs. 2 Z 30 in der Fassung des Art. 8 Z 1 des Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 87/2012, nicht in Kraft getreten ist.

Zu Artikel 2 (Änderung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991):

Zu Z 1 (§ 12 Abs. 1 erster Satz):

Gemäß § 58 Abs. 2 darf über Jugendliche, die zur Tatzeit das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine Freiheitsstrafe nicht verhängt werden. Über andere Jugendliche darf eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen verhängt werden, wenn dies aus besonderen Gründen geboten ist. Nach § 12 Abs. 1 beträgt die Mindestdauer der Freiheitsstrafe zwölf Stunden; diese Mindestdauer darf nach geltender Rechtslage auch im Rahmen der außerordentlichen Strafmilderung des § 20 nicht unterschritten werden. Da dies strafrechtspolitisch nicht zweckmäßig erscheint, soll die gesetzliche Mindestdauer der Freiheitsstrafe, entsprechend einer Anregung der Volksanwaltschaft, künftig für Jugendliche nicht mehr gelten (vgl. § 5 Z 4 des Jugendgerichtsgesetzes 1988, BGBl. Nr. 599/1988).

Zu Z 2 (§ 14 Abs. 1):

Terminologische Vereinheitlichung (vgl. § 3 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 – VVG, BGBl. Nr. 53/1991).

Zu Z 3 (§ 24 zweiter Satz), Z 5 (§ 27 Abs. 2a Z 1), Z 9 (§ 31 Abs. 3 Z 3), Z 10 (Überschrift vor § 34), Z 36 (Entfall des § 53b Abs. 2 dritter Satz) und Z 37 (§ 53b Abs. 3):

Bereinigung von Redaktionsversehen im Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 oder in früheren Novellen.

Zu Z 4 (§ 26 Abs. 3):

Durch den vorgeschlagenen § 26 Abs. 3 soll klargestellt werden, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch Ausübung der in diesem Bundesgesetz geregelten Befugnisse am Strafverfahren nur mitzuwirken haben, wenn und insoweit die Verwaltungsvorschriften diese bestimmen.

Zu Z 6 (§ 27 Abs. 3) und Z 7 (Entfall des § 27 Abs. 4):

Der vorgeschlagene § 27 Abs. 3 trägt dem Umstand Rechnung, dass in der Praxis immer häufiger die Notwendigkeit eines sprengelüberschreitenden Einschreitens der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes besteht. Die Möglichkeit, außerhalb des Sprengels der Behörde, der die Organe funktionell zugeordnet sind, tätig zu werden, soll daher nicht mehr auf jene Fälle beschränkt sein, in denen Gefahr in Verzug vorliegt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Einsatz der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes flexibler und wirksamer erfolgen kann als bisher.

§ 27 Abs. 3 ordnet im Hinblick auf Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG iVm §§ 9 Abs. 2 und 18 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, bzw. § 1 des Amtshaftungsgesetzes – AHG, BGBl. Nr. 20/1949, ausdrücklich an, dass Amtshandlungen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, unabhängig davon, wo sie vorgenommen werden, (immer) als Amtshandlungen der örtlich zuständigen Behörde gelten. Dies gilt sowohl für den Fall der Sprengelüberschreitung als auch für den Fall der Vornahme einer Amtshandlung außerhalb des Sprengels dieser Behörde. § 27 Abs. 4 kann damit entfallen.

Zu Z 8 (§ 30 Abs. 3 erster Satz) und Z 11 (Überschrift zum 2. Abschnitt des II. Teiles):

Terminologische Präzisierung. Unter dem „(Straf-)Vollzug“ wird in den neueren Bestimmungen nur noch der Vollzug von Freiheitsstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verstanden (vgl. die Bestimmungen des III. Teiles); in diesem Sinne ist auch § 29a zu verstehen. Die „Strafvollstreckung“ umfasst dagegen sowohl den Strafvollzug als auch die Vollstreckung von Geldstrafen (vgl. die Überschrift zum III. Teil).

Zu Z 12 (§ 34a samt Überschrift):

Nach geltender Rechtslage ist eine Identitätsfeststellung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nur zulässig, wenn die betreffende Person „auf frischer Tat“ betreten wird (vgl. § 35 Z 1). Dass diese Ermächtigung in der Praxis zu eng sein kann, zeigt etwa folgender Fall (vgl. auch den dem Erkenntnis VfSlg. 8044/1977 zugrunde gelegenen Fall sowie dazu Funk, Geminderter Rechtsschutz gegenüber polizeilichem Fehlverhalten? Bemerkungen zu einer verfassungsgerichtlichen Entscheidung über eine straßenpolizeiliche Festnahme, ÖJZ 1979, 432): Eine Person wird von Kontrolleuren in der Straßenbahn ohne gültigen Fahrausweis angetroffen und weigert sich, sich auszuweisen. Die Kontrolleure rufen die Polizei und steigen mit dem „Schwarzfahrer“ aus. Bei Eintreffen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ist die Straßenbahn bereits weitergefahren, der „Schwarzfahrer“ wird von ihnen also nicht mehr „auf frischer Tat“ betreten. Auch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind daher darauf angewiesen, dass ihnen der „Schwarzfahrer“ seine Identitätsdaten freiwillig bekanntgibt.

Den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes soll daher die Befugnis eingeräumt werden, die Identität von Personen festzustellen, wenn diese auf frischer Tat betreten oder unmittelbar danach entweder glaubwürdig der Tatbegehung beschuldigt oder mit Gegenständen betreten werden, die auf ihre Beteiligung an der Tat hinweisen. Im Übrigen soll § 35 Abs. 2 und 3 SPG sinngemäß anzuwenden sein.

Zu Z 13 (Entfall des § 36 Abs. 2 erster Satz), Z 15 (Entfall des § 37a Abs. 3 letzter Satz) und Z 18 (§ 39a samt Überschrift):

Nach geltender Rechtslage sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, Personen festzunehmen (§ 35) und Sachen vorläufig sicherzustellen (§ 37a Abs. 3); künftig sollen sie auch ermächtigt sein, Identitätsfeststellungen vorzunehmen (vgl. den vorgeschlagenen § 34a). Eine ausdrückliche Ermächtigung, diese Befugnisse mit (verhältnismäßigem) Zwang durchzusetzen, fehlt. Der Entwurf sieht daher eine entsprechende Regelung vor (vgl. auch § 50 SPG und § 93 der Strafprozeßordnung 1975 – StPO, BGBl. Nr. 631/1975).

Gemäß dem vorgeschlagenen § 39a sollen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt werden, in Ausübung der ihnen durch dieses Bundesgesetz eingeräumten Befugnisse verhältnismäßigen und angemessenen Zwang anzuwenden. Sie dürfen also in Rechte von Personen nur insoweit eingreifen, als dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist: Jede Rechtsgutbeeinträchtigung muss in einem angemessenen Verhältnis zwischen der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat einerseits und dem angestrebten Erfolg andererseits stehen. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind dabei verpflichtet, die Menschenwürde zu achten und unter größtmöglicher Schonung der Person vorzugehen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988, sowie sonstige grundrechtliche Garantien (insbesondere Art. 2, 3 und 8 EMRK und Art. 6 GRC) sind zu beachten. Unter mehreren zielführenden Zwangsmaßnahmen haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes jene zu ergreifen, die die Rechte der Betroffenen am geringsten beeinträchtigen.

Die Anwendung von Zwang unterliegt den speziellen Vorschriften des Waffengebrauchsgesetzes 1969, BGBl. Nr. 149/1969), das ebenfalls ein ausdrückliches Gebot der Verhältnismäßigkeit enthält (vgl. die §§ 4 bis 6 des Waffengebrauchsgesetzes 1969).

In Hinblick auf den vorgeschlagenen § 39a können § 36 Abs. 2 erster Satz und § 37a Abs. 3 letzter Satz entfallen.

Zu Z 14 (§ 37a Abs. 1) und Z 30 (§ 50 Abs. 1 erster Satz):

Das Erfordernis der besonderen Schulung in § 37a Abs. 1 und § 50 Abs. 1 erster Satz VStG soll entfallen, da davon auszugehen ist, dass die Angehörigen des Wachkörpers Bundespolizei aufgrund ihrer Ausbildung hinreichend geschult sind, um vorläufige Sicherheiten einzuheben und mit Organstrafverfügungen Geldstrafen einzuheben. In den übrigen Fällen können die Verwaltungsvorschriften entsprechende Ausbildungserfordernisse vorsehen.

Zu Z 14 (§ 37a Abs. 1), Z 30 (§ 50 Abs. 1), Z 31 (§ 50 Abs. 2 erster Satz), Z 32 (§ 50 Abs. 3) und Z 34 (§ 50 Abs. 8 erster Satz):

Da die Ausstellung und die permanente Aktualisierung tausender Ermächtigungsurkunden einen hohen Verwaltungsaufwand verursachen, soll künftig auf individuelle Ermächtigungen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Einhebung vorläufiger Sicherheiten und der Organe der öffentlichen Aufsicht zur Einhebung von Geldstrafen mit Organstrafverfügung verzichtet werden. An die Stelle einer individuellen Ermächtigung soll eine generelle gesetzliche Ermächtigung treten, die allerdings von der Behörde im Einzelfall entzogen werden kann (vgl. § 50 Abs. 3). § 50 Abs. 1 letzter Satz kann damit entfallen; § 37a Abs. 1 letzter Satz ist entsprechend anzupassen.

Zu Z 15 (§ 37a Abs. 3 erster Satz), Z 16 (§ 37a Abs. 4) und Z 17 (§ 39 Abs. 2 erster Satz):

Sprachliche Angleichung an § 109 StPO, da eine Beschlagnahme durch Organe der öffentlichen Aufsicht lediglich vorläufigen Charakter hat. Unter der „vorläufigen Sicherheit“ im Sinne des § 37a Abs. 4 und 5 sind auch nach § 37a Abs. 3 erster Satz vorläufig sichergestellte Sachen zu verstehen.

Zu Z 19 (§ 41 Abs. 2) und Z 20 (§ 44 Abs. 3 Z 1):

Die vorgeschlagene Änderung des § 41 Abs. 2 soll klarstellen, dass das Strafverfahren nur dann ohne Anhörung des Beschuldigten durchgeführt werden kann, wenn er ohne Vorliegen eines Entschuldigungsgrundes nach § 19 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, nicht erscheint (vgl. VwSlgNF 15677 A/2001 mwN; Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG [2013] § 41 Rz. 6; Thienel/Zeleny, Verwaltungsverfahrensgesetze20 [2017] § 41 VStG Anm. 3).

§ 44 Abs. 3 Z 1 ist diesfalls entsprechend anzupassen; die weitere Änderung dieser Bestimmung dient der sprachlichen Vereinheitlichung (vgl. § 41 Abs. 2 und § 42 Abs. 1 Z 2).

Zu Z 21 (§ 45 Abs. 1 Z 6 und 7), Z 29 (§ 49a Abs. 10) und Z 33 (§ 50 Abs. 7a):

Gemäß § 49a Abs. 6 bzw. § 50 Abs. 6 wird die Anonymverfügung bzw. die Organstrafverfügung gegenstandslos, wenn der vorgeschriebene Strafbetrag nicht fristgerecht mittels Beleges eingezahlt (oder entsprechend dem letzten Satz dieser Bestimmungen überwiesen) wird. Wird eine Anonymverfügung gegenstandslos, hat die Behörde gemäß § 49a Abs. 6 den Sachverhalt möglichst zu klären und Nachforschungen nach dem unbekannten Täter einzuleiten. Bei Gegenstandslosigkeit der Organstrafverfügung ist gemäß § 50 Abs. 6 Anzeige an die Behörde zu erstatten.

Auch die (irrtümliche) Zahlung eines höheren Betrages als des durch Anonymverfügung vorgeschriebenen Strafbetrages gilt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 18.12.2015, Zl. 2013/02/0219) als nicht fristgerechte Einzahlung und führt zur Einleitung des Strafverfahrens. Die Volksanwaltschaft kritisierte diese Entscheidung als „nicht nachvollziehbar“ und leitete ein amtswegiges Prüfverfahren ein.

Um dem rechtspolitischen Anliegen der Volksanwaltschaft Rechnung zu tragen, sieht der Entwurf vor, dass die Behörde von der Einleitung oder Fortführung des Strafverfahrens absehen und die Einstellung verfügen kann, wenn ein höherer Betrag als der durch die Anonymverfügung vorgeschriebene bzw. der durch die Organstrafverfügung eingehobene Strafbetrag (fristgerecht mittels Beleges) eingezahlt worden ist. Der Differenzbetrag soll nach Einstellung des Strafverfahrens zurückzuzahlen sein.

Zu Z 22 (Überschrift vor den §§ 47 bis 49):

Sprachliche Vereinheitlichung der Überschriften vor den §§ 47 bis 49, 49a und 50.

Zu Z 23 (§ 47 Abs. 2), Z 27 (§ 49a Abs. 1), Z 28 (§ 49a Abs. 2) und Z 30 (§ 50 Abs. 1 zweiter Satz):

Im Interesse einer standardisierten und möglichst einheitlichen Strafpraxis, der Rechtssicherheit und Transparenz sowie nicht zuletzt im Interesse der Gleichbehandlung der Adressaten von Strafverfügungen, Anonymverfügungen und Organstrafverfügungen soll vorgesehen werden, dass künftig nicht mehr die einzelne (Straf-)Behörde, sondern die sachlich in Betracht kommende oberste Behörde des jeweiligen Vollziehungsbereiches durch Verordnung einheitliche Deliktskataloge für die verschiedenen Formen des abgekürzten Verfahrens festsetzen kann.

Die Behörde wird sich bei der Ausgestaltung des Tarifsystems des jeweiligen Deliktskatalogs an den abstrakten Strafdrohungen der in den Verwaltungsvorschriften enthaltenen Strafbestimmungen zu orientieren haben. Dabei wird in einer Durchschnittsbetrachtung auf die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat (§ 19 Abs. 1) Bedacht zu nehmen sein; subjektive Faktoren (wie zB Verschulden oder Leistungsfähigkeit) haben hingegen außer Betracht zu bleiben.

Um den Anwendungsbereich der Erlassung von Organstrafverfügungen auszudehnen, soll aus diesem Anlass die Betragsgrenze des § 50 Abs. 1 von 90 Euro auf 100 Euro erhöht werden.

Zu Z 24 (§ 49 Abs. 2 erster Satz), Z 25 (§ 49 Abs. 2 vierter Satz) und Z 26 (§ 49 Abs. 3):

Sofern sich ein rechtzeitiger und zulässiger Einspruch gegen eine Strafverfügung nicht auf das Ausmaß der Strafe oder die Entscheidung über die Kosten beschränkt, tritt die Strafverfügung mit der Einbringung des Einspruches ex lege außer Kraft. Ein vom Beschuldigten erhobener Einspruch kann somit nachträglich weder eingeschränkt, noch zurückgezogen werden.

Um dem Beschuldigten die Möglichkeit einzuräumen, den Einspruch nachträglich wieder zurückzuziehen oder ihn auf das Ausmaß der Strafe oder die Entscheidung über die Kosten zu beschränken, sieht der Entwurf vor, dass die Strafverfügung nicht sofort mit der (rechtzeitigen) Erhebung des Einspruches, sondern erst nach Ablauf von zwei Wochen nach Zustellung der Strafverfügung außer Kraft tritt.

Zu Z 35 (§ 52a Abs. 2 letzter Satz):

§ 1 des Strafrechtlichen Entschädigungsgesetzes 2005 – StEG 2005, BGBl. I Nr. 125/2004, sieht lediglich eine Haftung des Bundes vor; in § 52a Abs. 2 soll daher ausdrücklich angeordnet werden, dass die Ersatzpflicht jenen Rechtsträger trifft, in dessen Namen die Bestrafung erfolgt (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 [2000], § 52a Anm. 13; Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG [2013] § 52a Rz. 8; Thienel/Zeleny, Verwaltungsverfahrensgesetze20 [2017] § 52a VStG Anm. 9).

Zu Z 38 (§ 53c Abs. 6) und Z 39 (§ 53d Abs. 2 und § 54d Abs. 2):

Entsprechend den Zitierregeln der Legistischen Richtlinien 1990 soll das Strafvollzugsgesetz – StVG, BGBl. Nr. 144/1969, in der ersten Bestimmung des Gesetzes mit Kurztitel, Abkürzung und Fundstelle und in der Folge nur noch mit seiner Abkürzung zitiert werden.

Zu Z 40 (§ 53e Abs. 2) und Z 41 (§ 54 Abs. 3):

Anpassung zweier Fundstellenangaben.

Zu Z 42 (§ 54a Abs. 3 und 4):

Im Zuge des Besuchs einer Kommission der Volksanwaltschaft in einem Polizeianhaltezentrum brachten einige der dort angehaltenen Personen vor, sie hätten unmittelbar nach der Haftentlassung neuerlich eine Aufforderung zum Antritt einer oder mehrerer (Ersatz-)Freiheitsstrafe(n) erhalten und seien so nicht in den Genuss einer sechsmonatigen Vollzugsunterbrechung gekommen.

Um dies zu vermeiden, sieht der vorgeschlagene § 54a Abs. 3 vor, dass der Strafvollzug von Amts wegen für mindestens sechs Monate unterbrochen werden soll, wenn der Bestrafte schon während der letzten sechs Monate ununterbrochen sechs Wochen wegen einer von einer Verwaltungsbehörde verhängten Strafe in Haft war und der Bestrafte der Fortsetzung des Strafvollzuges vor Ablauf der Sechsmonatsfrist nicht ausdrücklich zugestimmt hat. Dadurch soll gewährleistet werden, dass es – vom Fall der Vereitelung des Strafvollzuges abgesehen – nicht ohne den Willen des Bestraften zu einer Verwaltungsstrafhaft mit einer unangemessenen Gesamtdauer kommt (vgl. VwGH 16.9.2010, Zl. 2010/09/0094).

Zu Z 43 (§ 54b Abs. 1b) und Z 49 (§ 64 Abs. 5):

Um die Anzahl der Vollstreckungsverfahren zu verringern, können seit dem 1. Juli 2013 Geldstrafen oder sonst in Geld bemessene Unrechtsfolgen vor der Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens eingemahnt werden, wobei im Fall einer Mahnung ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von fünf Euro zu entrichten ist (vgl. § 54 Abs. 1 und Abs. 1a VStG in der Fassung des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2013). Um die Exekution dieser gesetzlich vorgesehenen Mahngebühr sicherzustellen, soll die Behörde künftig einen vollstreckbaren Rückstandsausweis erlassen, der einen gültigen Vollstreckungstitel darstellt.

§ 64 Abs. 5 ist entsprechend anzupassen.

Zu Z 44 (§ 54b Abs. 2):

Die Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle des Vollzugs einer Ersatzfreiheitsstrafe besteht seit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2008, BGBl. I Nr. 109/2007, im gerichtlichen Strafvollzug und seit der Finanzstrafgesetz-Novelle 2013 – FinStrG-Novelle 2013, BGBl. I Nr. 155/2013, auch für den Vollzug von im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren verhängten Ersatzfreiheitsstrafen. Die Ausdehnung dieser Möglichkeit auf das Verwaltungsstrafverfahren wird von der Volksanwaltschaft schon seit Längerem angeregt. Dadurch sollen kurze Freiheitsstrafen, die als besonders schädlich anzusehen sind, vermieden werden. Davon abgesehen, erscheint die Notwendigkeit der Verbüßung einer Freiheitsstrafe wegen eines Delikts, dessen Begehung (nur) mit einer Geldstrafe bedroht ist, als solche nicht unproblematisch. Bedenklich ist schließlich auch, dass die Ersatzfreiheitsstrafe in der Regel nur finanziell schlechter gestellte Menschen trifft. Durch die Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle des Vollzugs einer Ersatzfreiheitsstrafe kann all das vermieden werden.

Im Jahr 2015 haben insgesamt 7 452 Personen eine Ersatzfreiheitsstrafe im Sinne des § 16 VStG verbüßt (479 davon in einer Justizanstalt und 6 973 in einem Polizeianhaltezentrum). Die durchschnittliche Haftdauer betrug im Jahr 2015 15 Tage. Die Kosten für einen Tag Haft in einem Polizeianhaltezentrum betragen laut Auskunft des Bundesministeriums für Inneres schätzungsweise zwischen 200 und 300 Euro. Da die Kosten für die Vermittlung gemeinnütziger Leistungen vom Verein Neustart mit ca. 350 Euro pro Fall kalkuliert werden, kann davon ausgegangen werden, dass die Einführung der Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle des Vollzugs einer Ersatzfreiheitsstrafe – auch wenn nur ein Bruchteil der Bestraften von dieser Möglichkeit Gebrauch macht – zu einer Reduktion der jährlich anfallenden Verwaltungs- und Vollzugskosten führen wird.

Für den Verfahrensablauf sollen die §§ 3a Abs. 1 bis 4 StVG und 29b des Bewährungshilfegesetzes, BGBl. Nr. 146/1969, sinngemäß gelten. An die Stelle der in § 3a Abs. 2 StVG genannten Frist des § 3 Abs. 2 StVG tritt die in der Aufforderung zum Strafantritt genannte Frist (§ 53b Abs. 1 VStG).

Ist eine Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen, so ist der Bestrafte in der Aufforderung zum Strafantritt über die Möglichkeit zu informieren, anstelle des Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe unentgeltlich Leistungen bei einer gemeinnützigen Einrichtung zu erbringen, wobei ihm auch das Ausmaß der zu erbringenden gemeinnützigen Leistungen (vier Stunden gemeinnütziger Leistungen entsprechen einem Tag der Freiheitsstrafe) mitzuteilen ist. Teilt der Bestrafte der Behörde binnen der in § 53b Abs. 1 VStG genannten Frist mit, dass er sich bereit erklärt, gemeinnützige Leistungen zu erbringen, so erfolgt die Kontaktaufnahme mit dem Verein Neustart oder einer vergleichbaren Einrichtung, die ihn an eine passende Einrichtung vermitteln und während der Dauer der Erbringung gemeinnütziger Leistungen betreuen. Der Verein Neustart bzw. die vergleichbare Einrichtung hat der Behörde zu berichten, ob der Bestrafte die gemeinnützigen Leistungen vollständig, nicht vollständig oder nicht erbracht hat. Zeiten des gemäß § 3a Abs. 2 StVG gesetzlich gewährten Strafaufschubs sind als unter § 31 Abs. 3 Z 2 VStG fallend nicht in die Vollstreckungsverjährung einzurechnen (vgl. Pieber in Höpfel/Ratz, WK2 StVG § 3a Rz. 28). Damit ist sichergestellt, dass im Zuge der Erbringung der gemeinnützigen Leistungen Vollstreckungsverjährung nicht eintreten kann.

Zu Z 45 (§ 54b Abs. 3 erster Satz):

Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hemmt nur die Bewilligung eines Zahlungsaufschubes (Stundung) die Vollstreckungsverjährung, nicht jedoch die Bewilligung der Ratenzahlung (vgl. Mannlicher/Quell, Verwaltungsverfahren II8, Anm. 2 zu § 54b VStG, 250; VwGH 24.10.2012, Zl. 2010/17/0021, mwN).

Diese Rechtsansicht vermag nicht zu überzeugen. So wird in den Erläuterungen zu § 31 Abs. 3 VStG in der Fassung der Verwaltungsstrafgesetz-Novelle 1987, BGBl. Nr. 516/1987 – diese Fassung floss in die Wiederverlautbarung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 ein – ausgeführt, dass dem Bestraften durch Maßnahmen zur Erleichterung des Strafvollzuges keine ungerechtfertigten Vorteile erwachsen sollen (RV 133 d.B. XVII. GP, 9). Maßnahmen zur Erleichterung des Strafvollzuges (worunter wohl auch die Bewilligung der Ratenzahlung zu verstehen ist) sollen also nicht dazu führen, dass dem Bestraften durch den Eintritt der Vollstreckungsverjährung Vorteile erwachsen. Es gibt jedoch keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass zwar die Bewilligung eines Zahlungsaufschubes, nicht jedoch die Bewilligung einer Teilzahlung die Vollstreckungsverjährung hemmt. Vielmehr würde in diesem Fall ein Bestrafter, der im Fall eines Aufschubes zeitweilig überhaupt nicht leistet, durch Ermöglichung eines Aufschubs über den Zeitraum der Vollstreckungsverjährung hinaus besser gestellt als ein Bestrafter, der zumindest Teilzahlungen leistet.

Der vorgeschlagene Abs. 3 sieht daher nunmehr ausdrücklich vor, dass die Strafvollstreckung auch durch die Bewilligung eines Antrags auf Aufschub oder Teilzahlung aufgeschoben wird.

Zu Z 46 (§ 54e samt Überschrift):

An der Vermittlung von gemeinnützigen Leistungen sowie an der Beratung des Bestraften während der Erbringung der gemeinnützigen Leistungen wirken auf Ersuchen der Verwaltungsstrafbehörde in der Sozialarbeit erfahrene Personen mit. Entsprechend dem Grundsatz der eigenen Kostentragung des § 2 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45/1948, sollen die dadurch entstehenden Kosten jenen Rechtsträger treffen, in dessen Namen die Behörde in der Angelegenheit gehandelt hat.

Zu Z 47 (§ 55 Abs. 2):

Die Bezugnahme auf amtliche Leumundszeugnisse ist längst überholt (vgl. § 10 Abs. 4 des Strafregistergesetzes 1968, BGBl. Nr. 277/1968).

Zu Z 49 (§ 66b Abs. 20):

Die Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle des Vollzugs einer Ersatzfreiheitsstrafe soll in Bezug auf Geldstrafen bestehen, die nach Inkrafttreten des § 54b Abs. 2 rechtskräftig verhängt worden sind.