Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 57

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11.39.34

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Grüß Gott, Herr Präsident! Grüß Gott, Herr Minister! Grüß Gott, Frau Minister! Hohes Haus! Da dies meine erste Rede ist, darf ich mich kurz vorstellen: Mein Name ist Georg Vetter. Ich bin Rechtsanwalt in Wien, also vor allem Steuerzahler und bisher „Gesetzesnehmer“; im Team Stronach bin ich Verfassungs-, Justiz- und Verteidigungssprecher.

Zunächst halte ich fest, dass nach dem bisherigen Informationsstand kein einziges ös­terreichisches Regierungsmitglied – wohlgemerkt: kein einziges österreichisches Re­gierungsmitglied! – Opfer einer NSA-Abhörattacke geworden ist, und ich werde aus dieser Tatsache öffentlich keine Schlussfolgerung ziehen.

Was ich zu Geheimdiensten prinzipiell meine, ist, dass sie sich selbst überschätzen – dass wir sie überschätzen und dass sie sich selbst überschätzen. 90 Prozent dessen, was Geheimdienste liefern, ist zunächst einmal prinzipiell vor allem Wichtigtuerei und die Bestätigung ihrer eigenen Existenzberechtigung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirkl­huber.)

Angesichts dessen, was jetzt hier passiert oder passiert sein soll, tun wir so, als wären wir noch eine Weltmacht. Wenn sich die Debatte vor hundert Jahren abspielen würde, also im Jahr 1913, als es noch die Monarchie gab, ja, dann hätte ich noch viel mehr Verständnis dafür. (Abg. Mag. Kogler: Ja, aber wenn alle Österreicher ...!)

1913, das war vier Jahre, bevor der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika dem Kaiser von Österreich den Krieg erklärt hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhu­ber.) 1913 war jenes Jahr, als in diesem Hohen Haus die Affäre Redl diskutiert worden ist, wo damals Aufmarschpläne der k.u.k.-Armee an das russische Zarenreich verraten worden sind. Damals hatte solch eine Spionageaffäre tatsächlich gefährliche Konse­quenzen.

Ich habe mir die Stenographischen Protokolle zum Beispiel der Sitzung des Abgeord­netenhauses vom 30. Mai 1913 herausgesucht, als zum ersten Mal die Affäre Redl im Hohen Haus erwähnt worden ist. Der Abgeordnete Wassilko mutmaßte damals schon, welche Konsequenzen das in einem solchen Ernstfall auf dem Schlachtfeld hat – ein Jahr später war es so weit.

Heute, meine Damen und Herren, ist die große Gefahr der Terrorismus, wie man auch im Strategiepapier im Verteidigungsministerium nachlesen kann, und heute dient solch eine Strafanzeige, wie wir schon gehört haben, wohl auch mehr dem eigenen Wich­tigkeitsgefühl, sozusagen nach dem quasi kartesianischen Motto: Ich rufe nach dem Staatsanwalt, daher bin ich ein guter Mensch. (Abg. Rädler: Genau!)

Was soll der arme Staatsanwalt tun, meine Damen und Herren? – Zunächst wird er wahrscheinlich zwei, drei Wochen lang grübeln, dann wird er irgendeinen Sachverstän­digen bestellen, das Ganze wird 10 000 €, 20 000 € kosten und dann wird es schubla­disiert werden. In Zeiten des rigorosen Sparzwangs ist das, würde ich sagen, eine ziemliche Geldverschwendung.

Aber stellen Sie sich vor, meine Damen und Herren, der Staatsanwalt kommt auf die Idee und stellt einen Haftbefehl gegen irgendeinen Mitarbeiter oder den Chef der NSA aus, und der kommt irgendwann einmal nach Österreich. Und stellen Sie sich vor, der wird verhaftet! Was passiert denn dann? – Wohl das Gleiche, wie wenn man einen russischen General, der wegen Mordes gesucht wird, bei uns verhaftet. Dann gibt es um 3 Uhr in der Früh den Anruf eines Botschafters beim Oberstaatsanwalt, und um 5 Uhr in der Früh öffnen sich bei uns die Gefängnistore. (Zwischenruf des Abg. Dr. Walter Rosenkranz.)

Jetzt müssen Sie sich vorstellen, wie schwierig es ist, einen Beamten wie den Ober­staatsanwalt in der Dienstzeit zu erreichen, aber so jemanden um 3 Uhr in der Früh zu


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