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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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21. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 29. April 2014

 

 


Stenographisches Protokoll

21. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode                    Dienstag, 29. April 2014

Dauer der Sitzung

Dienstag, 29. April 2014: 10.01 – 22.38 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zu den Regierungsvorlagen be­treffend die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 2014 und 2015 samt Anlagen

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden

3. Punkt: Bericht über den Antrag 199/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Stopp dem Familienbeihilfenexport ins Ausland

4. Punkt: Bericht über den Antrag 291/A(E) der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Echte Wahlfreiheit für unsere Mütter“

5. Punkt: Bericht über den Antrag 305/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahlfreiheit für unsere Familien durch Sicherstel­lung einer ausreichenden Förderung der familieninternen Kinderbetreuung

6. Punkt: Bundesgesetz über die Geltendmachung und Durchsetzung von Unterhalts­ansprüchen mit Auslandsbezug (Auslandsunterhaltsgesetz 2014 – AUG 2014)

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Konsu­mentenschutzgesetz und das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert wer­den und ein Bundesgesetz über Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen ge­schlossene Verträge (Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz – FAGG) erlassen wird (Ver­braucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – VRUG)

8. Punkt: Bericht über den Antrag 294/A(E) der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bericht des Bundesministers für Justiz über die Fortschritte der Reformgruppe zum Strafgesetzbuch

9. Punkt: Übereinkommen über die Zusammenarbeit im Bereich Zeugenschutz

10. Punkt: Waffenhandelsvertrag

11. Punkt: Änderung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Bezug auf das Verbrechen der Aggression

12. Punkt: Änderung des Artikels 8 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs

13. Punkt: Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regie­rungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Finanzierung der im mehr-


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jährigen Finanzrahmen für den Zeitraum 2014 bis 2020 vorgesehenen Hilfe der Euro­päischen Union im Rahmen des AKP EU Partnerschaftsabkommens und über die Be­reitstellung von finanzieller Hilfe für die überseeischen Länder und Gebiete, auf die der Vierte Teil des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Anwendung fin­det

14. Punkt: Abkommen zur zweiten Änderung des Partnerschaftsabkommens zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifi­schen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, unterzeichnet in Cotonou am 23. Juni 2000 und erstmals geändert in Lu­xemburg am 25. Juni 2005, samt Schlussakte einschließlich der dieser beigefügten Er­klärungen

15. Punkt: Rahmenabkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik der Philippi­nen andererseits

16. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Or­ganisation für Migration über den rechtlichen Status der Organisation in Österreich und dem Sitz ihrer Büros in Wien

17. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Zypern über die Verwendung von Flughäfen und anderen Einrichtungen in der Republik Zy­pern im Falle von Evakuierungen aus Drittländern

18. Punkt: Bericht über den Antrag 173/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Josef Cap, Tanja Windbüchler-Souschill, Mag. Christoph Vavrik, Dr. Jessi Lintl, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Einsatz für demokratische Entwicklung in der Ukraine

19. Punkt: Bericht über den Antrag 232/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Harmful Practices based on Tradition, Culture, Religion or Superstition

20. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2012/11

21. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2013/5

22. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2012/4

23. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2013/11

24. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2014/2

25. Punkt: Bericht über den Antrag 298/A(E) der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Ge­walt an Frauen

26. Punkt: Bericht über den Antrag 251/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erfordernis einer differenzierteren Analyse und statistischen Darstellung der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern in Österreich

27. Punkt: Bericht über den Antrag 263/A(E) der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz der Konsumenten und Konsumentinnen und der bäuerlichen Landwirtschaft durch Beibehaltung der nationalen Milchquote“

28. Punkt: Bericht über den Antrag 266/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brun­ner, Hannes Weninger, Johann Höfinger, Ulrike Weigerstorfer, Michael Pock, Kollegin­nen und Kollegen betreffend: Wale und Delfine sind eine zu schützende Spezies, so­wie über den


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Antrag 140/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Wale und Delfine sind keine Konkurrenz der Fischer, sondern eine zu schützende Spezies

29. Punkt: Bericht über den Antrag 354/A(E) der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung zu Bisphenol A

30. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (203/A)

31. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird (204/A)

32. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsge­setz geändert wird (346/A)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 22

Ordnungsruf ................................................................................................................... 64

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder und Dr. Reinhold Lopatka gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung, die Regierungsvorlagen betreffend die Bundesfinanzgesetze 2014 und 2015 samt Anlagen (50 und 51 d.B.) in erste Lesung zu nehmen – Annahme ........................  25, 25

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 819/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung .................................................................................................... 25

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         107

Redner/Rednerinnen:

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................. 107

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 110

Asdin El Habbassi, BA .............................................................................................. 111

Dr. Walter Rosenkranz ............................................................................................... 113

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek .......................................................... 114

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 117

Dr. Marcus Franz ........................................................................................................ 118

Mag. Dr. Matthias Strolz ............................................................................................ 119

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen auf Nichtkenntnisnahme der Anfragebeantwortung 819/AB – Ablehnung .........................................................  119, 119

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 25

Antrag der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (89 d.B.): Bundesge-


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setz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Konsumentenschutz­gesetz und das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen ge­schlossene Verträge (Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz – FAGG) erlassen wird (Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – VRUG) (92 d.B.), gemäß § 53 Abs. 6 Z 2 der Geschäftsordnung an den Justizausschuss rückzuverwei­sen – Ablehnung ..................................................  94, 106

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................................. 144

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 144

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter betreffend die Ab­gabe eines Stimmzettels mit falschem Namen .......................................................................................................... 146

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................  22, 234, 235, 235, 235

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zu den Regierungsvorla­gen betreffend die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 2014 und 2015 samt An­lagen – Beschluss auf erste Lesung              26, 25

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (87 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kin­derbetreuungsgeldgesetz geändert werden (116 d.B.) ............................................................................................................................... 41

3. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 199/A(E) der Abge­ordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp dem Fami­lienbeihilfenexport ins Ausland (117 d.B.)               ............................................................................................................................... 41

Redner/Rednerinnen:

Angela Lueger .............................................................................................................. 41

Dipl.-Ing. Georg Strasser ............................................................................................. 43

Elmar Podgorschek ..................................................................................................... 44

Mag. Daniela Musiol ..................................................................................................... 46

Dr. Kathrin Nachbaur ................................................................................................... 48

Mag. Dr. Matthias Strolz .............................................................................................. 50

Bundesministerin MMag. Dr. Sophie Karmasin ...................................................... 52

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................ 53

Hermann Lipitsch ......................................................................................................... 55

August Wöginger ......................................................................................................... 56

MMag. DDr. Hubert Fuchs .......................................................................................... 58

Julian Schmid, BA ....................................................................................................... 59

Leopold Steinbichler .................................................................................................... 61

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES .............................................................................. 62

Katharina Kucharowits ................................................................................................ 66

Claudia Durchschlag ................................................................................................... 68

Anneliese Kitzmüller .................................................................................................... 70

Mag. Aygül Berivan Aslan ........................................................................................... 72

Mag. Gernot Darmann ................................................................................................. 73

Dr. Franz-Joseph Huainigg ......................................................................................... 74

Rupert Doppler ............................................................................................................. 75

Angela Fichtinger ......................................................................................................... 76


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Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herauslösung bedingt beziehungsweise teil­weise familienrelevanter Leistungen aus dem Ausgleichsfonds für Familienbeihil­fen – Ablehnung ................................................  65, 77

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herstellung von Rechtssicherheit für Menschen mit Behinderung im Bereich der erhöhten Familienbeihilfe bei Schei­tern eines Arbeitsversuches – Annahme (E 16) ............  69, 77

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung der jährlichen Anpassung der Familienbeihilfe an die Inflation – Ablehnung      72, 77

Annahme des Gesetzentwurfes in 116 d.B. .................................................................. 77

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 117 d.B. ....................................................... 77

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 291/A(E) der Abge­ordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Echte Wahl­freiheit für unsere Mütter“ (118 d.B.) ............................................................................................................................... 77

5. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 305/A(E) der Abge­ordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahlfreiheit für unsere Familien durch Sicherstellung einer ausreichenden Förderung der fa­milieninternen Kinderbetreuung (119 d.B.) ................. 77

Redner/Rednerinnen:

Edith Mühlberghuber ................................................................................................... 78

Claudia Durchschlag ................................................................................................... 79

Carmen Gartelgruber .................................................................................................. 79

Cornelia Ecker .............................................................................................................. 80

Barbara Rosenkranz .................................................................................................... 81

Mag. Daniela Musiol ..................................................................................................... 82

Nikolaus Prinz ............................................................................................................... 84

Daniela Holzinger, BA .................................................................................................. 85

Mag. Michael Hammer ................................................................................................. 85

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 118 und 119 d.B. ................................ 86

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (88 d.B.): Bundesgesetz über die Geltendmachung und Durchsetzung von Unterhaltsansprü­chen mit Auslandsbezug (Auslandsunterhaltsgesetz 2014 – AUG 2014) (91 d.B.)                                                            86

Redner/Rednerinnen:

Mag. Bernd Schönegger ............................................................................................. 87

Mag. Ruth Becher ........................................................................................................ 87

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................... 88

Mag. Albert Steinhauser .............................................................................................. 89

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 90

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ............................................................. 90

Annahme des Gesetzentwurfes in 91 d.B. .................................................................... 92

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (89 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Konsumen­tenschutzgesetz und das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert wer­den und ein Bundesgesetz über Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräu-


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men geschlossene Verträge (Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz – FAGG) er­lassen wird (Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – VRUG) (92 d.B.)                                 92

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ....................................................................................................... 93

Mag. Michaela Steinacker ........................................................................................... 94

Dr. Georg Vetter ........................................................................................................... 95

Dr. Johannes Jarolim .................................................................................................. 96

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES .............................................................................. 97

Mag. Aygül Berivan Aslan ......................................................................................... 100

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ........................................................... 101

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................................................ 103

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 104

Dr. Harald Troch ......................................................................................................... 105

Annahme des Gesetzentwurfes in 92 d.B. .................................................................. 106

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 294/A(E) der Abgeord­neten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bericht des Bundesministers für Justiz über die Fortschritte der Reformgruppe zum Strafge­setzbuch (93 d.B.) ........................................................... 107

Redner/Rednerinnen:

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................... 120

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 121

Mag. Philipp Schrangl ............................................................................................... 122

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 122

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ........................................................... 123

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 93 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Bericht des Bundesministers für Justiz über die Fortschritte der Reformgruppe zum Strafgesetzbuch (E 17)   ............................................................................................................................. 124

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (32 d.B.): Übereinkommen über die Zusammenarbeit im Bereich Zeugenschutz (94 d.B.) ....... 124

Redner/Rednerinnen:

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 124

Otto Pendl ................................................................................................................... 124

Christoph Hagen ........................................................................................................ 125

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 126

Genehmigung des Staatsvertrages in 94 d.B. ............................................................. 127

10. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (26 d.B.): Waffenhandelsvertrag (102 d.B.) ................................................................................. 127

Redner/Rednerinnen:

Franz Leonhard Eßl .................................................................................................... 127

Mag. Alev Korun ......................................................................................................... 128

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 129

Hannes Weninger ....................................................................................................... 129

Genehmigung des Staatsvertrages in 102 d.B. ........................................................... 130

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (28 d.B.): Änderung des Römischen Statuts des Internationalen Strafge­richtshofs in Bezug auf das Verbrechen der Aggression (103 d.B.) ...................................................................................................................... 130


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12. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorla­ge (27 d.B.): Änderung des Artikels 8 des Statuts des Internationalen Strafgerichts­hofs (104 d.B.) ...................... 130

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas F. Karlsböck .......................................................................................... 130

Mag. Johannes Rauch ............................................................................................... 131

Petra Bayr, MA ........................................................................................................... 132

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 133

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................. 134

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 103 und 104 d.B. .................................... 134

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (5 d.B.): Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Finanzierung der im mehrjährigen Finanzrahmen für den Zeitraum 2014 bis 2020 vorgesehe­nen Hilfe der Europäischen Union im Rahmen des AKP EU Partnerschaftsab­kommens und über die Bereitstellung von finanzieller Hilfe für die überseeischen Länder und Gebiete, auf die der Vierte Teil des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Anwendung findet (107 d.B.)                         135

14. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorla­ge (71 d.B.): Abkommen zur zweiten Änderung des Partnerschaftsabkommens zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ih­ren Mitgliedstaaten andererseits, unterzeichnet in Cotonou am 23. Juni 2000 und erstmals geändert in Luxemburg am 25. Juni 2005, samt Schlussakte einschließ­lich der dieser beigefügten Erklärungen (108 d.B.)         ............................................................................................................................. 135

15. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorla­ge (29 d.B.): Rahmenabkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwi­schen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Re­publik der Philippinen andererseits (109 d.B.)                         135

16. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (13 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internatio­nalen Organisation für Migration über den rechtlichen Status der Organisation in Österreich und dem Sitz ihrer Büros in Wien (105 d.B.)                         135

17. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorla­ge (15 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Zy­pern über die Verwendung von Flughäfen und anderen Einrichtungen in der Re­publik Zypern im Falle von Evakuierungen aus Drittländern (106 d.B.)                   135

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................. 135

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 137

Anton Heinzl ............................................................................................................... 138

Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 139

Dr. Jessi Lintl .............................................................................................................. 141

Bundesminister Sebastian Kurz .............................................................................. 142

Dr. Angelika Winzig .................................................................................................... 143

Entschließungsantrag der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend: Entwicklungszusammenarbeit als staatliche Ge­samtverantwortung stärken – Regierungsprogramm umsetzen – Ablehnung (na­mentliche Abstimmung) ......  140, 144


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Genehmigung der fünf Staatsverträge in 107, 108, 109, 105 und 106 d.B. ................. 143

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 109 d.B. ......... 147

18. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 173/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Josef Cap, Tanja Windbüchler-Sou­schill, Mag. Christoph Vavrik, Dr. Jessi Lintl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatz für demokratische Entwicklung in der Ukraine (110 d.B.) ............................................................................................................................. 147

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ........................................................................................  147, 151

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 150

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 153

Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 154

Bundesminister Sebastian Kurz .............................................................................. 157

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 158

Dr. Jessi Lintl .............................................................................................................. 159

Mag. Christoph Vavrik ............................................................................................... 159

Jakob Auer .................................................................................................................. 161

Entschließungsantrag der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Einsatz für ein europäisches Waffenembargo ge­genüber der Russischen Föderation – Ablehnung ..............................................................................................................................  155, 162

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 110 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Einsatz für demokratische Entwicklungen in der Ukraine (E 18) .............................................. 162

19. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 232/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Harmful Practices based on Tradition, Culture, Religion or Superstition (111 d.B.) ............................................................................... 162

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller .................................................................... 162

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 163

Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 164

Dr. Jessi Lintl .............................................................................................................. 164

Dr. Andreas F. Karlsböck .......................................................................................... 165

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 111 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Harmful Practices based on Tradition, Culture, Religion or Superstition (E 19) ....................... 166

Gemeinsame Beratung über

20. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2012/11 (III-13/95 d.B.) ........................................................................................ 166

21. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2013/5 (III-18/96 d.B.) .......................................................................................... 166

22. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2012/4 (III-8/97 d.B.) ............................................................................................ 166

23. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2013/11 (III-29/124 d.B.) ...................................................................................... 166

Redner/Rednerinnen:

Elmar Mayer ................................................................................................................ 167

Hermann Gahr ............................................................................................................ 168


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 9

Dr. Walter Rosenkranz ............................................................................................... 168

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 169

Martina Schenk ........................................................................................................... 171

Mag. Dr. Matthias Strolz ............................................................................................ 172

Philip Kucher .............................................................................................................. 175

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................... 176

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 177

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ............................................................................ 178

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 179

Brigitte Jank ................................................................................................................ 180

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 181

Dorothea Schittenhelm ............................................................................................. 181

Johann Hell ................................................................................................................. 182

Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 183

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 184

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 184

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ............................................................... 186

Kenntnisnahme der vier Berichte III-13, III-18, III-8 und III-29 d.B. ................................ 190

24. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2014/2 (III-41/125 d.B.) ........................................................................................ 191

Redner/Rednerinnen:

Erwin Preiner .............................................................................................................. 191

Hermann Gahr ............................................................................................................ 191

Wolfgang Zanger ........................................................................................................ 192

Martina Schenk ........................................................................................................... 194

Dr. Rainer Hable ......................................................................................................... 195

Johann Singer ............................................................................................................ 196

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................... 196

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 197

Entschließungsantrag der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung von EU-Fördermitteln, die direkt an Förderungsemp­fänger ausgezahlt werden – Ablehnung         193, 199

Kenntnisnahme des Berichtes III-41 d.B. ..................................................................... 199

25. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 298/A(E) der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen (122 d.B.) .................................................................................................... 199

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 199

Dorothea Schittenhelm ............................................................................................. 200

Carmen Gartelgruber ................................................................................................ 201

Mag. Aygül Berivan Aslan ......................................................................................... 202

Martina Schenk ........................................................................................................... 203

Mag. Dr. Angelika Rosa Mlinar ................................................................................. 204

Johann Hell ................................................................................................................. 205

Martina Diesner-Wais ................................................................................................ 205

Wolfgang Knes ........................................................................................................... 206

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 122 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen (E 20) .............................................................. 207

26. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 251/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Er-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 10

fordernis einer differenzierteren Analyse und statistischen Darstellung der Ein­kommensunterschiede zwischen Frauen und Männern in Österreich (123 d.B.)                                                                                                                                                     207

Redner/Rednerinnen:

Carmen Gartelgruber ................................................................................................ 207

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 208

Martina Schenk ........................................................................................................... 209

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 210

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................... 210

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................... 211

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller .................................................................... 212

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 123 d.B. ..................................................... 213

27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 263/A(E) der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz der Konsumenten und Konsumentinnen und der bäuerlichen Landwirtschaft durch Beibehaltung der nationalen Milchquote“ (98 d.B.) ....................................................................................................................................... 213

Redner/Rednerinnen:

Rupert Doppler ........................................................................................................... 213

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 214

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 214

Fritz Grillitsch (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 215

Erwin Preiner .............................................................................................................. 216

Leopold Steinbichler .........................................................................................  217, 224

Franz Leonhard Eßl .................................................................................................... 218

Harald Jannach ........................................................................................................... 219

Bundesminister Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter ....................................................... 221

Marianne Gusenbauer-Jäger .................................................................................... 222

Cornelia Ecker ............................................................................................................ 223

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 98 d.B. ....................................................... 224

Gemeinsame Beratung über

28. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 266/A(E) der Abge­ordneten Mag. Christiane Brunner, Hannes Weninger, Johann Höfinger, Ulrike Weigerstorfer, Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Wale und Del­fine sind eine zu schützende Spezies, sowie über den

Antrag 140/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Wale und Delfine sind keine Konkurrenz der Fischer, son­dern eine zu schützende Spezies (120 d.B.)                     225

29. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 354/A(E) der Abge­ordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung zu Bisphenol A (121 d.B.)                        225

Redner/Rednerinnen:

Dr. Susanne Winter .................................................................................................... 225

Johann Höfinger ......................................................................................................... 226

Hannes Weninger ....................................................................................................... 226

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 227

Ulrike Weigerstorfer ................................................................................................... 229

Michael Pock ............................................................................................................... 230

Bundesminister Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter ....................................................... 231

Mag. Johannes Rauch ............................................................................................... 231

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 232


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 11

Harry Buchmayr ......................................................................................................... 233

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 233

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 120 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend: Wale und Delfine sind eine zu schützende Spezies (E 21)                                                                234

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 121 d.B. ..................................................... 234

Zuweisung des Antrages 354/A(E) an den Gesundheitsausschuss ........................... 234

30. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministe­riengesetz 1986 geändert wird (203/A)                234

Zurückziehung des Verlangens auf Durchführung einer ersten Lesung ....................... 25

Zuweisung des Antrages 203/A an den Verfassungsausschuss ................................ 235

31. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird (204/A) .... 234

Zurückziehung des Verlangens auf Durchführung einer ersten Lesung ....................... 25

Zuweisung des Antrages 204/A an den Verfassungsausschuss ................................ 235

32. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbe­schäftigungsgesetz geändert wird (346/A)               234

Zurückziehung des Verlangens auf Durchführung einer ersten Lesung ....................... 25

Zuweisung des Antrages 346/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales ............... 235

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 22

50: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvorschlages für das Jahr 2014 (Bundesfinanzgesetz 2014 – BFG 2014) samt Anlagen

51: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvorschlages für das Jahr 2015 (Bundesfinanzgesetz 2015 – BFG 2015) samt Anlagen

52: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017 geän­dert und das Bundesfinanzrahmengesetz 2015 bis 2018 erlassen wird

53: Budgetbegleitgesetz 2014

Berichte ......................................................................................................................... 22

Vorlage 24 BA: Monatserfolg März 2014; BM f. Finanzen

III-60: 37. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2013)

III-65: Tierschutzbericht 2011/2012; BM f. Gesundheit

III-68: Bericht, Reihe Bund 2014/7; Rechnungshof


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III-72: Bericht betreffend die Jahresvorschau 2014 auf der Grundlage des Ar­beitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des 18-Monatsprogramms der irischen, litauischen und griechischen Präsidentschaften; BM f. Bildung und Frauen

III-73: Jahresbericht 2013 der NADA Austria GmbH; BM f. Landesverteidigung und Sport

Anträge der Abgeordneten

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Anrechnung der Elternkarenz als Vordienstzeit in den Kollektivverträgen als wirksame Maßnahme zur Verringerung der Einkommensschere (390/A)(E)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Reform der „Rot-Weiß-Rot-Karte“ (391/A)(E)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsanspruch auf Pflegekarenz und Pflegeteilzeit (392/A)(E)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (393/A)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Aufhebung des Adop­tionsverbots für Homosexuelle (394/A)(E)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ratifikation des 3. Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes, kurz: UN-Kin­derrechtekonvention (395/A)(E)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Private Arbeitsvermittler bei der Arbeitslosenbetreuung“ (396/A)(E)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Fairness beim sozialen Wohnbau“ (397/A)(E)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Anstellung von Ärzten bei Ärz­ten“ (398/A)(E)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ratifizierung des Vertrages von Marrakesch“ (399/A)(E)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vertrauliche Geburt – Unter­stützung für Frauen in ungewollter Schwangerschaft“ (400/A)(E)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Stellenbesetzungsgesetz geändert wird (401/A)

Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Vorratsda­tenspeicherung (402/A)(E)

Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Vorratsda­tenspeicherung (403/A)(E)

Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bekämpfung von Energiearmut (404/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Jahresarbeitszeitmodell im Tourismus (405/A)(E)


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Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Jahresarbeitszeitmodell im Tourismus (406/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend den verpflichtenden Einbau von Thermostatventilen (407/A)(E)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht von Schweinefleisch (408/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürger­schafts­gesetz 1985 – StbG), BGBl. Nr. 311/1985, geändert wird (409/A)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konsumentenschutz­recht „NEU“ (410/A)(E)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung von EU-Fördermittel, die direkt an Förderungsempfänger ausgezahlt werden (411/A)(E)

Zurückgezogen wurde das Verlangen auf erste Lesung binnen drei Monaten über die Anträge der Abgeordneten

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (203/A) (Zu 203/A)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird (204/A) (Zu 204/A)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird (346/A) (Zu 346/A)

 

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Order für Gemeinden zum Schulwaagenkauf und Eichpflicht (1351/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend gefälschte Arzneimittel (1352/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Reduzierung des Plastiktütenverbrauchs (1353/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „radioaktive Strahlenbelastung von Lebensmitteln“ (1354/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeikontrollen in den U-Bahn-Stationen der U 1 (1355/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Polizeieinsätze nach Attacken auf Mitarbeiter der Wiener Li­nien (1356/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Visaliberalisierung und illegale Einwanderung (1357/J)


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Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend EU-Aktion gegen Migrationsdruck (1358/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Asylwerber und Kirchenvandale (1359/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Sicherheitspartnerschaft Wien 2011 (1360/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Diskrepanz zwischen Rückkehrentscheidung und tatsächlicher Ausreise (1361/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Verpflegung der Insassen der österreichischen Justizanstalten (1362/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Reduzierung des Plastiktüten­verbrauchs (1363/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Gastronomiebetriebe in Schönbrunn/Schlossareal (1364/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend „Arzneimittel und Fahrtüchtigkeit im Straßenver­kehr“ (1365/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend „Nicht behindertengerechte Bahnsteige“ (1366/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Verhinderung von Missbrauch bei Behin­dertenparkausweisen – Folgeanfrage (1367/J)

Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend „Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und Ra­tes“ (1368/J)

Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend „Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Eu­ropäischen Parlaments und Rates“ (1369/J)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Manipulationen im Kärntner Seniorenbund (2) (1250/J) (Zu 1250/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Dar­mann, Kolleginnen und Kollegen (710/AB zu 903/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Li­pitsch, Kolleginnen und Kollegen (711/AB zu 847/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (712/AB zu 744/J bis 748/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (713/AB zu 749/J bis 760/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Bela­kowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (714/AB zu 785/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 15

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (715/AB zu 764/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (716/AB zu 849/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (717/AB zu 761/J bis 763/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Spindelber­ger, Kolleginnen und Kollegen (718/AB zu 734/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Thomas Schellenbacher, Kolleginnen und Kollegen (719/AB zu 776/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (720/AB zu 830/J bis 832/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Be­cher, Kolleginnen und Kollegen (721/AB zu 848/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (722/AB zu 857/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (723/AB zu 795/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (724/AB zu 805/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (725/AB zu 784/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (726/AB zu 782/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Dar­mann, Kolleginnen und Kollegen (727/AB zu 896/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (728/AB zu 898/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen (729/AB zu 742/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (730/AB zu 765/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (731/AB zu 771/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen (732/AB zu 773/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (733/AB zu 781/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (734/AB zu 860/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 16

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (735/AB zu 774/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (736/AB zu 792/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (737/AB zu 818/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (738/AB zu 854/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (739/AB zu 908/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (740/AB zu 920/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (741/AB zu 934/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (742/AB zu 780/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Spindelber­ger, Kolleginnen und Kollegen (743/AB zu 732/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (744/AB zu 737/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen (745/AB zu 786/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (746/AB zu 796/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (747/AB zu 801/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (748/AB zu 802/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (749/AB zu 804/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (750/AB zu 813/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (751/AB zu 821/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberghu­ber, Kolleginnen und Kollegen (752/AB zu 826/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Dar­mann, Kolleginnen und Kollegen (753/AB zu 828/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (754/AB zu 829/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (755/AB zu 833/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (756/AB zu 840/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (757/AB zu 842/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Sche­rak, Kolleginnen und Kollegen (758/AB zu 858/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (759/AB zu 863/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (760/AB zu 875/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (761/AB zu 876/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (762/AB zu 887/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (763/AB zu 928/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (764/AB zu 941/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Dar­mann, Kolleginnen und Kollegen (765/AB zu 895/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (766/AB zu 897/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (767/AB zu 899/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (768/AB zu 900/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (769/AB zu 901/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (770/AB zu 902/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Dar­mann, Kolleginnen und Kollegen (771/AB zu 904/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (772/AB zu 790/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (773/AB zu 803/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolle­ginnen und Kollegen (774/AB zu 852/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 18

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (775/AB zu 869/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (776/AB zu 797/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (777/AB zu 810/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (778/AB zu 811/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (779/AB zu 817/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (780/AB zu 834/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (781/AB zu 835/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (782/AB zu 836/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (783/AB zu 837/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (784/AB zu 844/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (785/AB zu 845/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (786/AB zu 846/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (787/AB zu 859/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Christian Hafenecker, Kolleginnen und Kollegen (788/AB zu 877/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (789/AB zu 878/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (790/AB zu 879/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Christian Hafenecker, Kolleginnen und Kollegen (791/AB zu 880/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (792/AB zu 913/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (793/AB zu 937/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 19

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (794/AB zu 911/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (795/AB zu 923/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (796/AB zu 791/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Ger­hard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (797/AB zu 793/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (798/AB zu 799/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (799/AB zu 816/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (800/AB zu 935/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (801/AB zu 820/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Ger­hard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (802/AB zu 822/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wal­ter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (803/AB zu 838/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (804/AB zu 841/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (805/AB zu 843/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (806/AB zu 853/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Sche­rak, Kolleginnen und Kollegen (807/AB zu 855/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ni­kolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (808/AB zu 861/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (809/AB zu 864/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ha­rald Walser, Kolleginnen und Kollegen (810/AB zu 866/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ha­rald Walser, Kolleginnen und Kollegen (811/AB zu 867/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ha­rald Walser, Kolleginnen und Kollegen (812/AB zu 868/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Car­men Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen (813/AB zu 870/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (814/AB zu 872/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 20

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wal­ter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (815/AB zu 884/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wal­ter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (816/AB zu 885/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (817/AB zu 890/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (818/AB zu 891/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ni­kolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (819/AB zu 905/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kol­legen (820/AB zu 871/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (821/AB zu 916/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (822/AB zu 800/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (823/AB zu 806/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (824/AB zu 807/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (825/AB zu 808/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (826/AB zu 809/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (827/AB zu 815/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (828/AB zu 862/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (829/AB zu 886/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (830/AB zu 906/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (831/AB zu 917/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (832/AB zu 929/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (833/AB zu 907/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (834/AB zu 919/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (835/AB zu 931/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (836/AB zu 968/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zan­ger, Kolleginnen und Kollegen (837/AB zu 909/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zan­ger, Kolleginnen und Kollegen (838/AB zu 921/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zan­ger, Kolleginnen und Kollegen (839/AB zu 933/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (840/AB zu 932/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (841/AB zu 930/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (842/AB zu 918/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (843/AB zu 967/J)


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 22

10.00.49Beginn der Sitzung: 10.01 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie zu­nächst einmal bitten, dass Sie Ihre Plätze einnehmen und damit gewährleisten, dass ich die Sitzung eröffnen kann, denn ich eröffne die Sitzung.

Ich darf in unserer Mitte sehr herzlich Herrn Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer be­grüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Ebenso herzlich begrüße ich meinen Vorgänger, den früheren Präsidenten des Natio­nalrates Dr. Andreas Khol. (Allgemeiner Beifall.)

*****

Das Amtliche Protokoll der 20. Sitzung vom 24. April 2014 ist in der Parlamentsdirek­tion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Ing. Lugar und Steger.

10.02.17Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 1351/J bis 1366/J

Zurückziehung: 1250/J

2. Anfragebeantwortungen: 710/AB bis 843/AB

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvorschlages für das Jahr 2014 (Bun­desfinanzgesetz 2014 – BFG 2014) samt Anlagen (50 d.B.)

Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvorschlages für das Jahr 2015 (Bun­desfinanzgesetz 2015 – BFG 2015) samt Anlagen (51 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017 geändert und das Bundesfinanzrahmengesetz 2015 bis 2018 erlassen wird (52 d.B.)

Budgetbegleitgesetz 2014 (53 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Monatserfolg März 2014, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 24 BA)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 23

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 377/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend sektorale Schließung des Arbeitsmarktes im Baugewerbe (ÖNACE F)

Antrag 378/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend sektorale Schließung des Arbeitsmarktes für EU-Bürger

Antrag 383/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entbürokratisierung der Antragstellung der Rot-Weiß-Rot-Karte

Antrag 385/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz, sowie das Nie­derlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Betriebliche Mitar­beiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geändert werden (100 d.B.)

Antrag 367/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsatzsteuerrückvergütung bei der Anschaffung von Geräten durch Feuer­wehren

Gesundheitsausschuss:

Antrag 375/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung des Personenkreises der entschädigungsberechtigten Thalidomid- bzw. Contergangeschädigten

Antrag 376/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Brustkrebs-Früherkennungsprogramm

Antrag 387/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Regelung des Vertriebs von Tabakwarenersatzpro­dukten wie E-Zigaretten und E-Shishas

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (SPG-Novelle 2014) (99 d.B.)

Antrag 369/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschaffung von ballistischen Schutzwesten für die Exekutive

Antrag 382/A(E) der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung

Justizausschuss:

Antrag 373/A der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Sicherheits­polizeigesetz und das Telekommunikationsgesetz 2003 geändert werden (Bundgesetz zur Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung)

Antrag 384/A der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetz­buch und das Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft geändert wird

Ausschuss für Menschenrechte:

Antrag 386/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Unterstützung der deutschen Sprachinseln in Oberitalien durch Gewährleis-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 24

tung des Zugangs zu österreichischen Medien und die Ermöglichung eines deutsch­sprachigen Unterrichts

Antrag 389/A(E) der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Unterstützung des kulturellen Lebens der deutschsprachigen Altösterreicher durch die Bundesregierung gegenüber der Republik Slowenien

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2014/7 (III-68 d.B.)

Unterrichtsausschuss:

Antrag 370/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung weisungsfreier Ombudsstellen für Schüler und deren Eltern

Antrag 372/A der Abgeordneten Mag. Dr. Angelika Rosa Mlinar, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatschulgesetz geändert wird

Antrag 379/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Vorschläge des Rechnungshofes zur Verwaltungsreform

Antrag 380/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Schulverwaltung

Antrag 381/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ermöglichung der Durchführung der PISA-Studie 2015

Volksanwaltschaftsausschuss:

37. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2013) (III-60 d.B.)

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Antrag 368/A(E) der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen be­treffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Modernisierung der Gewerbeordnung – Beispiel Nageldesigner

Antrag 374/A(E) der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen be­treffend die Dringlichkeit der Beseitigung von in der Gewerbeordnung normierten Ent­lassungstatbeständen aus dem Jahr 1859

Antrag 388/A(E) der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen be­treffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Modernisierung der Gewerbeordnung – Beispiel Reinigungsgewerbe

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Gesundheitsausschuss:

Tierschutzbericht 2011/2012 des Bundesministers für Gesundheit (III-65 d.B.)

Ausschuss für Sportangelegenheiten:

Jahresbericht 2013 der NADA Austria GmbH, vorgelegt vom Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport (III-73 d.B.)

Unterrichtsausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend die Jahresvorschau 2014 auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des 18-Monatsprogramms der irischen, litauischen und griechischen Präsidentschaften (III-72 d.B.)

*****

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 25

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass die Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr und von ORF III in voller Länge übertragen wird.

10.02.34Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es liegt mir der Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor, die Regierungsvorlagen betreffend die Bundesfinanzgesetze 2014 und 2015 samt Anlagen (50 und 51 der Beilagen) in erste Lesung zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Zurückziehung des Verlangens auf Durchführung einer ersten Lesung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Antragsteller folgender Anträge haben das Verlangen auf Durchführung einer ersten Lesung zurückgezogen:

Antrag 203/A der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen, Ta­gesordnungspunkt 30,

Antrag 204/A der Abgeordneten Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen, Tages­ordnungspunkt 31,

Antrag 346/A der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen, Ta­gesordnungspunkt 32,

daher entfällt bei diesen Tagesordnungspunkten die Debatte, und ich werde die Zu­weisung der jeweiligen Anträge an die Fachausschüsse vornehmen.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 819/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 819/AB der Anfrage 905/J der Abgeordneten Dr. Sche­rak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Datenleck bei Schülertests durch die Frau Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 Geschäftsordnungsgesetz nach Erledi­gung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 und 3, 4 und 5, 11 und 12, 13 bis 17, 20 bis 23 sowie 28 und 29 der Tages­ordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Damit gehen wir in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonfe­renz wurde Konsens über die Dauer und Gestaltung der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 26

Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 122 Minuten, FPÖ 113, Grüne 95 sowie Stro­nach und NEOS je 50 Minuten.

Für die gemeinsame Debatte zu TOP 2 und 3 während der Fernsehdirektübertragung in ORF 2 wurde folgende Redeordnung vereinbart: eine Runde mit je 7 Minuten, ein Regierungsmitglied ÖVP 7 Minuten, ein Regierungsmitglied SPÖ 5 Minuten und dann jeweils zwei Runden mit je 5 Minuten. Die Reihenfolge bestimmt sich nach der Frak­tionsstärke.

Die vorsitzführende Präsidentin/der vorsitzführende Präsident verteilt spätestens vor Beginn der letzten Runde nach Rücksprache mit den Klubobleuten die für die letzte Runde verbleibende Redezeit zu gleichen Teilen auf die sechs Fraktionen.

Tatsächliche Berichtigungen werden erst nach Ende der Fernsehzeit aufgerufen.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.06.071. Punkt

Erklärung des Bundesministers für Finanzen zu den Regierungsvorlagen betref­fend die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 2014 und 2015 samt Anlagen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ich erteile dem Herrn Vizekanzler und Bundesminister für Finanzen zur Abgabe der Er­klärung das Wort. – Bitte.

 


10.06.24

Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger: Sehr ge­schätzter Herr Bundespräsident! Frau Präsidentin des Nationalrates! Geschätzte Re­gierungsmitglieder! Meine sehr geschätzten Damen und Herren des Hohen Hauses! Meine Damen und Herren auf den Galerien und vor den Fernsehschirmen! In unserem Land der Berge gibt es einen Berg zu viel, das ist der Schuldenberg. (Abg. Kogler: Su­per Gag!) Das ist jener Berg, der ständig wächst und wächst und höher wird. So kann es nicht weitergehen! (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.) Deshalb kennt die Budget­politik dieser Regierung und deshalb habe ich als Finanzminister ein großes Ziel für diese Periode: mit dem Schuldenmachen in dieser Periode muss Schluss sein, meine Damen und Herren! Das ist das Ziel! (Beifall bei der ÖVP.)

2014 wird dieser Schuldenberg durch die Hypo einen neuen Höchststand erreichen, daher müssen wir die Trendwende einleiten. Die Budgets 2014 und 2015, die ich heute dem Hohen Haus vorlege, bereiten den Weg dafür, dass wir ab dem Jahr 2016 ein strukturelles Nulldefizit erreichen. Mit diesen beiden Budgets werden wir den Grund­stein für ein „Schluss mit neuen Schulden!“ legen, und das ist ein wichtiges Ziel, weil es auch eine Trendwende in Österreich bedeutet. (Beifall bei der ÖVP.)

Warum ist das so wichtig? – Mit ständig steigenden Schulden wird die Last der Zinsen und der Rückzahlungen immer größer und der Spielraum im Budget immer kleiner. Mit Schulden, die heute gemacht werden, begründet man die Steuern von morgen und übermorgen, und letztlich wird auch finanzieller Wohlstand, der über Schulden heute fi­nanziert wird, de facto eine Last für die Kinder und Kindeskinder. Das wollen wir nicht, darum wird es das Ziel dieser Regierung und mein Ziel als Finanzminister sein, ab 2016 diese Trendwende in Österreich dauerhaft einzuleiten.

Ich möchte in einem ersten Teil, meine Damen und Herren, gerne auch auf allgemeine Fragen rund um das Budget eingehen und insbesondere auf die Diskussionen, die es dazu gibt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 27

Ich beginne gleich mit dem, was uns am meisten belastet, das ist die Hypo Alpe-Adria, das ist der größte Finanzskandal dieser Republik. Der Schuldenstand wird 2014 mit ei­nem Schlag um 17,8 Milliarden € steigen und das Defizit 2014 um einen Betrag von 4 Milliarden € zusätzlich erhöht.

Vielen Menschen stößt das sauer auf, mir und jedem, der heute hier auf der Regie­rungsbank Platz genommen hat, ganz besonders, aber ich bitte Sie, auch eines mitzu­bedenken: Die Schuld ist bei denen zu suchen, die das verursacht haben (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber), und nicht bei denen, die das Problem jetzt aufarbeiten und ver­suchen, es zu lösen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Ich möchte einmal mehr dieses schon zitierte Beispiel von der Feuerwehr bringen: Die Feuerwehr ist nicht schuld am Schaden, sondern der Brandstifter muss ausfindig ge­macht werden (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kickl), meine Damen und Herren! Und das gilt ganz besonders bei der Hypo, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Walter Rosenkranz: ... ist der Wasserschaden größer als ...! – Zwi­schenruf des Abg. Neubauer.)

Wir machen mit diesem Budget 2014 aber auch reinen Tisch. Das Maastricht-Defizit wird steigen, aber trotz Hypo unter der 3-Prozent-Marke bleiben. Wir werden trotz all dieser Belastungen bei 2,7 Prozent Maastricht-Defizit bleiben. Wir werden mit diesen Budgets trotz Hypo mit einem großen Belastungspaket in die Zukunft gehen, was die Staatsschulden betrifft – über 79 Prozent –, aber mit dieser einmaligen Erhöhung der Staatsschulden werden wir diese auch wieder Jahr für Jahr abbauen, meine Damen und Herren, und das ist wichtig, um wirklich eine Trendwende zu signalisieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Um diese Wende zu schaffen, müssen alle einen Beitrag leisten, das ist gar keine Fra­ge, und da müssen wir auch – und da muss ich als Finanzminister – alle Österreicher um Verständnis dafür ersuchen. Wir drehen hier an vielen Schrauben – beim Bürger, bei der Verwaltung, bei allen in diesem Land, die ihren Beitrag dazu leisten –, wir schnüren aber keinem Menschen die Luft ab, meine Damen und Herren, um das auch klar zu sagen. Das wollen wir nicht und das werden wir auch nicht tun! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Lassen Sie mich auch auf das eingehen, was in dem Zusammenhang gerne diskutiert wird: die Frage einer Steuerreform. (Abg. Kogler: Na super!) – Wenn wir eine Trend­umkehr schaffen wollen, wenn wir die Hypo-Belastungen aufarbeiten müssen, bleibt für 2014 und 2015 wenig Spielraum für eine große Entlastung der arbeitenden Menschen in diesem Land. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Aber mit diesen beiden Budgets wollen wir einen Weg einschlagen, der zu einer Steuerreform in dieser Periode führen kann, und darum ist einmal mehr zu unterstreichen, dass das die Grundvoraussetzung dafür ist. (Beifall bei der ÖVP.) Steuerreform heißt: Spielraum jetzt schaffen, heißt: nicht mit neuen Schulden finanzieren.

Aber es gibt auch unvorhergesehene Krisen, und ich spreche hier besonders all das rund um die Ukraine und Russland an, was uns heute belastet. Auch das darf nicht da­zu führen, dass wir diesen Spielraum wieder verlieren, darum – so haben wir das heute auch im Ministerrat miteinander erörtert – muss alles zur Deeskalation beigetragen wer­den.

Die Zielsetzung bleibt daher klar. Ich möchte mit diesen beiden Budgets das Schulden­machen beenden, ich möchte klug investieren und auch Reformen anstoßen. Das sind die ersten Schritte auf unserem Weg, das Wachstum wieder anzukurbeln und damit die Grundlage zu schaffen für neue Arbeitsplätze und für Wohlstand in Österreich.

Wir investieren dort, meine Damen und Herren, wo wir der Überzeugung sind, dass Österreich Impulse braucht, und wir sparen dort, wo wir es auch verantworten können.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 28

Und die Impulse können sich sehen lassen: Schwerpunkte bei der Familie – mehr Geld für die Zukunft des Landes –, bei der Forschung – wir bauen die Grundlagenforschung aus –, für mehr Sicherheit – wir werden auch mehr Polizisten in diesem Land haben, die für Recht und Ordnung sorgen –, beim Wirtschaftsstandort – es wird auch Entlas­tungen für Unternehmer geben –, und der Sozialstaat wird abgesichert. Zusätzliche Mittel für Pflege und der Kampf gegen Arbeitslosigkeit sind Grundprogramm dieser Bun­desregierung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Lassen Sie mich jetzt auch den internationalen Vergleich anstellen, den wir gerade auch in Krisenzeiten anstellen müssen: Haben wir als Österreich die Krise gut bewäl­tigt? – Ja, wir haben Staatsschulden aufgebaut – von 2007 bis 2013 ein Plus von 13 Pro­zent des Bruttoinlandsprodukts in Österreich bei den Staatsschulden –, aber dann se­hen wir uns einmal an, was die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die EU-28, im Vergleichszeitraum gemacht haben: Sie haben einen Schuldenstand von 31 Prozent aufgebaut. Also wir stehen bei weniger als der Hälfte, was die Staatsschulden betrifft, beim Steigerungsprozentsatz verglichen mit der Europäischen Union. Ein gutes Zeug­nis, dass Österreich diese Krise gut bewältigt hat. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Und auch bei der Frage der Wirtschaftskraft jedes einzelnen Bürgers gibt es einen kla­ren Vergleich. Wenn man das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf durch die Kaufkraftparität ansieht, ist Österreich bereits Nummer 2 in der Europäischen Union. Das heißt, wir sind das zweitreichste Land dieser Europäischen Union – trotz Krisenzeiten. Auch das ist ein positiver Wert, den wir einmal den Bürgern in diesen Vergleichszeiträumen gleich­falls durchaus bewusst machen müssen.

Sehen wir, dass wir jetzt wirklich erste positive Anzeichen in Richtung Optimismus bei unserem Wirtschaftsstandort feststellen können? – Es gibt erste positive Anzeichen! 2013 wurden in Österreich 36 900 neue Unternehmen gegründet. Es wurden 2013 319 000 neue Autos gekauft, das sind 25 000 mehr als vor der Krise. (Abg. Kogler: Und 3 700 Staubsauger!) Das zeigt, dass ein gewisser Optimismus da ist. Und ich sa­ge, wir als Bundesregierung und ich als Finanzminister müssen diesen Optimismus auch verstärken und den Bürgern das Gefühl geben, es geht wieder aufwärts mit Österreich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Stellen wir, meine Damen und Herren, auch einen Vergleich beim Wirtschaftswachs­tum an: 2013 0,4 Prozent – das war nicht viel –, 2014 ein Plus von 1,7 Prozent; auch 2015, das sagt uns das Wifo voraus. Wenn wir das vergleichen mit der Eurozone, gibt es dort für diese beiden Jahre einen Wert von 1,2 Prozent. Also wir liegen auch dies­bezüglich über den Durchschnittswerten der anderen Länder. Das heißt, ein vorsichti­ger Optimismus beim Wachstum ist berechtigt.

Aber, meine Damen und Herren, den einen Befreiungsschlag gibt es nicht. Schritt für Schritt müssen wir aus dieser Krise endgültig heraus, darum ist es notwendig, auch mit einem guten Budget die Grundlagen dafür zu legen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wenn wir uns den Arbeitsmarkt anschauen, gibt es dort zwiespältige Signale. Ein Aus­gangswert von 5,2 Prozent bei der Arbeitslosigkeit in Österreich ist doppelt so gut wie in der Europäischen Union – dort sind es 10,7 Prozent –, aber 319 000 Menschen, die arbeitslos sind, und 83 000 in Schulung, das ist ein negativer Rekord. Das ist eine Ten­denz, die steigt.

Auf der anderen Seite haben wir Mitte März 2014 3,47 Millionen Menschen in Beschäf­tigung, gleichfalls so viele wie nie zuvor. Das heißt, die Aussichten aufgrund dieser Grunddaten – nämlich einerseits, dass die Arbeitslosigkeit trotz allem hoch bleiben, so­gar noch steigen wird, auf der anderen Seite aber auch die Beschäftigung ansteigt; wir erwarten für die nächsten beiden Jahre ein Plus von 1 Prozent an Beschäftigung oder 81 000 Arbeitsplätze mehr – sind eben die zwiespältigen Signale, die wir in dieser Si­tuation sehen.


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Daher haben wir uns auch einen besonderen Schwerpunkt gesetzt, der auf aktiver Ar­beitsmarktpolitik beruht. 2014 werden 2,45 Milliarden € dafür eingesetzt, 2015 2,50 Mil­liarden €. Und wir steigern die Mittel besonders für die älteren Arbeitslosen. Wir werden in diesem Jahr 320 Millionen € mehr für die Integration älterer Arbeitsloser aufwenden und 2015 noch einmal 118 Millionen €. Wir geben uns als Bundesregierung nicht damit zufrieden, dass Österreich im EU-Vergleich die geringste Arbeitslosigkeit hat, wir wol­len ein Ziel verfolgen: Stück für Stück wieder an die Vollbeschäftigung heranzukom­men, denn jeder Arbeitsplatz sichert eine Familie. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Lassen Sie mich auch zum Standort Österreich einiges sagen! – Auch dort gibt es eine zwiespältige Betrachtungsweise: Einerseits haben wir Platz eins bei der Frage der Be­schäftigung und die geringste Arbeitslosenrate, bei anderen Rankings sind wir zurück­gefallen. Betrachten wir das Ranking des World Economic Forums von diesem Jahr: Wir sind bei der Wettbewerbsfähigkeit unter 148 Staaten auf Platz 16 – es wird uns be­sonders zugutegehalten, dass wir gut sind bei Innovationen, bei den Geschäftsprozes­sen und ihrem Ablauf, bei der Infrastruktur –, aber 2008 waren wir schon einmal auf Platz 14.

Wir sind einer besonderen Konkurrenzsituation ausgesetzt, das wissen wir – andere Regionen der Welt boomen viel stärker als wir, wir haben eine alternde Gesellschaft, nicht nur bei uns in Österreich, sondern Gesamteuropa hat diesbezüglich seine Pro­bleme –, aber wir haben auch Möglichkeiten, die wir selbst lösen können. Alles, was Fragen der Flexibilität anlangt, was auch die hohen Lohnnebenkosten betrifft, können wir selber regeln. Darum haben wir uns auch mit Sparkurs darauf festgelegt, dass wir mit diesen beiden Budgets entsprechende Signale für die Wirtschaft setzen wollen.

Ab 2016 wird die Gesellschaftsteuer abgeschafft, flexiblere Arbeitszeiten sind im Pro­gramm, bei den Lohnnebenkosten haben wir eine erste Senkung durchgeführt, weitere sollen folgen, und auch die Bürokratie in den Betrieben wird zurückgedrängt. Allein in diesem Jahr werden vier Beauftragte gestrichen, damit Betriebe nicht solch eine büro­kratische Belastung haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Um das Defizit zu senken, müssen wir natürlich alles tun, das Wachstum entsprechend anzukurbeln. Das wird uns dauerhaft helfen, dass wir Österreich wieder nach vorne bringen.

Auch ein Wort zum Finanzplatz: So wie andere Länder auch, haben wir unsere beson­deren Probleme mit Problembanken. Die Hypo ist in aller Munde. Andere Länder, wie Deutschland, hatten noch viel höhere Lasten zu stemmen. Eines unserer Mitgliedslän­der in der Europäischen Union, die Niederlande, hat ähnliche Probleme wie wir. Wir müssen daher auch den Finanzplatz stabilisieren. Wir werden in diesem Budget dafür 4,4 Milliarden € vorsehen  ein riesiger Betrag, der nicht zur Gänze ausgegeben wird, aber zumindest statistisch für alle Fälle vorgesehen ist. Wie hoch die Verluste bei der Hypo wirklich sein werden, werden wir am Ende in einer Gesamtrechnung festhalten.

Aber, meine Damen und Herren, auch dort gibt es ein Signal, das positiv ist: Ab 1. Jän­ner 2016 werden die europäischen Regeln für die Abwicklung von Banken in Kraft sein, dann wird zukünftig der Finanzsektor selber dafür Vorsorge treffen, dass marode Ban­ken durch diesen Eigenmittelanteil, den sie in die Abwicklungseinheit setzen müssen, für die Probleme aufkommen (Abg. Pirklhuber: Jetzt zahlt es der Steuerzahler! So schaut’s aus!) und nicht mehr der Steuerzahler  und das ist gut und richtig, das ist eine richtige Regel, eine Lesson learned aus den Finanzproblemen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. Zwischenruf des Abg. Kogler.)

Lassen Sie mich nun in einem zweiten Teil auf die finanziellen Eckdaten Österreichs eingehen, die mit diesen beiden Budgets verbunden sind!

Zunächst zu den Staatsschulden: 2013 hatten wir einen Staatsschuldenanteil, eine Quote von 74,5 Prozent. Durch die Hypo werden es dieses Jahr 79,2 Prozent sein.


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Auch dort liegt der Durchschnittswert der Europäischen Union mit 89,7 Prozent weit darüber. 2015 werden wir diesen Anteil von 79,2 schon wieder auf 77,6 herunterfallen lassen und 2016 bei 75,6 Prozent stehen bleiben. Meine Damen und Herren, das ist die Vorausschau: auch bei den Staatsschulden ein klarer Trend nach unten! Hätten wir die Hypo nicht, dann wären wir heute schon wesentlich weiter, als das eigentlich der Fall ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. Abg. Kickl: Hättet ihr nicht verstaatlicht!)

Und trotz all dieser Schwierigkeiten haben wir bei zwei von den drei international täti­gen Ratingagenturen nach wie vor das Triple-A. Gerade Moody’s hat erst am 28. Feb­ruar die Aussicht von „negativ“ auf „stabil“ gestellt. Ich darf zitieren, warum Moody’s überhaupt diese Bewertung Österreichs vorgenommen hat:

Ausschlaggebend sind die gesunden Wirtschaftsstrukturen und eine stabilitätsorientier­te makroökonomische Politik. 28. Februar 2014, Moody’s. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Österreich ist nach wie vor eine der besten Adressen für die Finanzwelt, und das ist nicht unverdientes Glück, sondern Ergebnis der konsequenten Regierungsarbeit, die wir diesbezüglich auch leisten! (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

Unsere Zinsen sind niedrig wie nie zuvor, wir haben jetzt einen Wert für eine zehnjäh­rige Bundesanleihe von 1,75 Prozent erreicht. Das kann sich tatsächlich sehen lassen, aber wir wollen zukünftig nicht nur nicht mehr Zinsen zahlen, wir wollen das Geld wie­der für die Menschen zur Verfügung haben, darum sind Anstrengungen notwendig.

Wenn wir auf die Eckdaten für Einzahlungen/Auszahlungen kommen, so gab es 2014 Einzahlungen mit einem Wert von 72,19 Milliarden, Auszahlungen mit einem Wert 75,76 Milliarden – ein Minus von 3,6 Milliarden. Im Jahr danach, im Jahr 2015, ergibt der Saldo 3,2 Milliarden. Einzahlungen von 71,5 Milliarden stehen Auszahlungen von 74,7 Milliarden gegenüber. Das Maastricht-Defizit, mit dem einmaligen Ausschlag 2014 von 2,7, wird wieder auf 1,4 im Jahr 2015 zurückgehen. Und das strukturelle Defizit, meine Damen und Herren, der Maßstab heute in der Europäischen Union, wird 2014 1 Prozent betragen, 2015 0,9 Prozent. Das sind Eckdaten, die sich auch sehen lassen können, auch im europäischen Vergleich. Darauf können wir stolz sein, dass wir das auch mit diesen beiden Budgets erbringen können! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Sie sehen aber anhand dieser Zahlen auch, dass wir bei den Ausgaben des Staates entsprechend sparen, und zwar auch in absoluten Zahlen. Die Auszahlungen 2014 von 75 Milliarden, 2015 von 74 Milliarden zeigen ja: Wir senken auch in absoluten Zahlen das, was der Staat aufwendet. (Abg. Kickl: Der Verteidigungsminister kann ein Lied davon singen!) Wir haben dazu auch eine Verpflichtung in der Europäischen Union, die wir selbstverständlich auch erfüllen.

Wie erreichen wir dieses Ziel?  Es braucht drei Schritte, um dieses Ziel auch wirklich in die Tat umsetzen zu können. In erster Linie sparen wir in der Verwaltung. Ich möch­te, dass für jeden einzelnen Österreicher auch mehr bleibt, darum muss sich eben der Staat auf seine Kernaufgaben beschränken. (Abg. Rossmann:  Steuersenkung!)

Ich bedanke mich in dem Zusammenhang bei allen Ressorts und ihren Ministern, dass sie auch beigetragen haben, dass wir im Jahr 2014 500 Millionen bei den Ermessens­ausgaben sparen können, 2015 um die 300 Millionen. Das zwingt zu Reformen, aber wir sparen das Land nicht kaputt, wir sparen den Staat schlank. Das ist das Motto, nach dem wir vorgehen! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir werden daher in allen einzelnen Ressorts entsprechende Veränderungsprozesse durchführen müssen, das bleibt niemandem erspart. Ich möchte mich bei der Gelegen­heit aber auch bei allen öffentlich Bediensteten und bei den Vertretern der Pensionis­tinnen und Pensionisten bedanken, weil sie auch durch eine maßvolle Steigerungspoli-


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tik bei den Gehältern und bei den Pensionen dazu beitragen, dass wir strukturell ein­sparen können.  Danke dafür! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das Sparen in der Verwaltung ist das eine. Das andere ist auch das Abgabenände­rungsgesetz. Ja, wir haben auch entsprechende Veränderungen bei den Steuern vor­genommen. Gekürzt wird daher bei den Ausgaben, um diese nachhaltigen Einsparun­gen auch zu erzielen. Wir wissen aber, das geht nicht von heute auf morgen, darum müssen wir, damit wir auch unsere Strukturen des Staates aufrechterhalten, bei den Bürgerinnen und Bürgern um Verständnis dafür werben, dass Steuerlücken geschlos­sen werden, dass Ausnahmen abgeschafft werden, dass wir auch mit einer Erhöhung der Versicherungssteuer und ökologischen Lenkungsmaßnahmen einen Beitrag einhe­ben müssen.

Ja, ich weiß, das ist keine angenehme Aufgabe, und wir machen auch nicht alles per­fekt, aber wir geben uns große Mühe, die notwendigen Lasten gerecht zu verteilen, und ich glaube, das ist auch mit dem Abgabenänderungsgesetz gelungen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der dritte Eckpfeiler, meine Damen und Herren, neben den Einsparungen der Res­sorts, neben den Steuern, sind Reformen. Der Reformpfad wird weitergeführt. Wir wis­sen ganz genau, dass vieles schon wieder vergessen wurde, was wir 2012 begonnen haben  mit einem Reformpfad bis 2016. Die Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen tritt aber erst jetzt Stück für Stück in Kraft, darum darf ich sie noch einmal erwähnen.

Die oft eingeforderte Pensionsreform: Was haben wir gemacht?  Mit 1. Jänner 2014 treten Veränderungen bei der Langzeitversichertenregelung ein, das heißt, die berühm­te Hacklerpension gibt es zwei Jahre später.

Ab 1. Jänner 2014 gibt es keine befristete I-Pension mehr unter 50  tritt in Kraft mit Beginn des Jahres, erste Wirkungen sehen wir bereits. Das Pensionskonto haben wir eingeführt als einen Schritt in Richtung Transparenz, dass jeder auch einen Überblick über seine erworbenen Pensionszeiten hat. Und wir haben bei der Korridorpension ei­nige Veränderungen vorgenommen.

Ich gehe daher davon aus, dass es berechtigt ist, dass das durchschnittliche Antritts­alter der Pension von 58,5 Jahren auf 60,1 Jahre bis 2018 steigen wird. Auch das ist eine Trendumkehr, denn erstmals wird das faktische Antrittsalter stärker steigen als die Lebenserwartung. Aber das ist richtig, denn wir brauchen zukünftig einen ordentlichen und gut funktionierenden Arbeitsmarkt, und wir brauchen eine Absicherung der Pensio­nen. Beides ist erforderlich, damit wir zukünftig gut wirtschaften können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich darf in Erinnerung rufen: Wir haben eine Verwaltungsreform gemacht  und nicht nur darüber geredet. Allein bei den Asylbehörden gab es 194 Stellen. Mit 1. Jänner 2014 gibt es ein Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Wir haben alles zusammen­geführt, wir haben bei den Verwaltungsgerichten eine Veränderung gemacht, die die größte Reform in der Verwaltung der Zweiten Republik ist. Aus 120 weisungsfreien Senaten und Behörden sind 11 unabhängige Verwaltungsgerichte geworden. Wir ha­ben das konzentriert, und diese Wirkung sehen wir in diesem Jahr. Wir haben bei den Bezirksgerichten Teile zusammengelegt. Wir haben in der Verwaltung sehr viele Ver­änderungen gesetzt, auch in der Polizei.

Meine Damen und Herren, in Zeiten, wo alle den Gürtel enger schnallen müssen, muss der Staat mit gutem Beispiel vorangehen und sich auf seine Kernaufgaben konzentrie­ren, für Fleißaufgaben ist nicht die Zeit. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schieder.)

Auch in der Gesundheitsreform  das möchte ich besonders erwähnen, alle haben es schon wieder vergessen  haben wir 2012 festgelegt, dass öffentliche Gesundheits-


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ausgaben auf das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes begrenzt werden. Mit diesem Deckel gibt es einen finanziellen Effekt, bis 2016 werden wir 3,4 Milliarden € einsparen, ohne dass es deswegen keine gute Gesundheitsversorgung mehr in Österreich gibt. So macht man das: Nicht sparen bei der Verwaltung (Rufe bei der FPÖ: „Nicht sparen bei der Verwaltung“?!), sondern wir müssen Trends setzen, dass wir Strukturen so ver­ändern, dass es bei den Menschen nicht negativ ankommt, aber Effekte in der Verwal­tung hat! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir werden auch für die Zukunft Reformvorhaben vorsehen; unsere Aufgabe ist da noch lange nicht beendet. Mit diesem Budget werden wir Gutes bewahren, aber man­ches verbessern. Wir wollen die Bürokratie weiter zurückdrängen, wir haben dazu ganz konkrete Pläne. Ich darf Ihnen einige Beispiele nennen.

Bei der Förderreform haben wir einen Grundsatz, das ist die Transparenzdatenbank. Die Doppelgleisigkeiten müssen aber jetzt Stück für Stück beseitigt werden. Wenn Ver­einigungen von Auslandsösterreichern derzeit Förderungen vom Innenministerium, vom Außenministerium, von den Bundesländern wie Burgenland und Steiermark erhal­ten, ist das schön, aber de facto nicht das, was wir uns in der Verwaltung vorstellen. Ei­ne Stelle soll fördern!

Zum Thema Verkehrssicherheit: Auch dort fördern das Infrastrukturministerium und alle Bundesländer. Das müssen wir überdenken, damit wir zukünftig zu klaren, transparen­ten Förderpyramiden kommen.

Unternehmensserviceportal, ein weiteres Beispiel: Ich möchte, dass wir ab dem Jahr 2018 Unternehmen ermöglichen, so gut wie alles im elektronischen Weg abzuset­zen und abzuwickeln, von der Gründung des Unternehmens über die An- und Abmel­dung von Mitarbeitern bei der Sozialversicherung bis zur Einbringung von Förderan­trägen. Wenn wir nämlich diese elektronische Abwicklung voransetzen, werden wir bei den richtigen Stellen drehen und auch in der Verwaltung einsparen.

Oder lassen Sie mich das Amt der Bundesregierung nennen: Wir haben es in unserem Regierungsprogramm mit vorgesehen, wir wollen die Verwaltung der Verwaltung ef­fizienter machen, nicht jedes Ministerium muss das alles in der eigenen Präsidialsek­tion tun.

Zum Thema Lohnverrechnung: Es gibt zu viele Ausnahmebestimmungen. Es ist nicht einzusehen, dass es 400 verschiedene Beitragsgruppen gibt, daher streben wir auch eine Harmonisierung von ASVG und Einkommensteuergesetz an, denn es ist schwer zu erklären, dass Trinkgeld von der Einkommensteuer befreit ist, aber bei der Sozial­versicherung als Lohnanteil gesehen wird. Auch das müssen wir verändern und verein­heitlichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber ich höre ja schon, all diese Maßnahmen werden wieder zu wenig sein, die Kritiker werden uns erklären, dass mit den Einsparungen der einzelnen Ressorts bei den Er­messensausgaben, beim Abgabenänderungsgesetz das alles nicht bewerkstelligt wer­den kann. Wir haben auch Vorsorge dafür getroffen, dass wir bereits zur Mitte des Jah­res mit allen Ressorts noch einmal durchgehen, wie der Budgetvollzug sich gestaltet, damit wir auch das Controlling im richtigen Augenblick aufsetzen und sicherstellen, dass der Budgetvollzug ein strenger ist und wir am Ende des Jahres auch bei dem landen, was wir uns vorgenommen haben. Ich werde auf jeden Steuereuro der Öster­reicherinnen und Österreicher strikt achten und dafür sorgen, dass sorgsam mit dem Steuergeld umgegangen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir werden aber nicht nur sparen, wir haben in diesen beiden Budgets auch ein Offensivpaket vorgesehen. Die Erreichung des Null­defizits und die Senkung der Zinsenbelastung sind die ersten Schritte, die anderen


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sind, klug zu investieren, damit wir in Richtung Wirtschaftswachstum, in Richtung An­kurbelung von Arbeit und Wohlstand vorankommen. Diese Impulse und Offensivmaß­nahmen sehen von 2014 bis 2018 einen Betrag von 3,6 Milliarden € vor. Wir betreiben daher keine reine Sparpolitik, sondern wir gehen nach dem Grundsatz vor: Sinnvoll spa­ren und richtig investieren!

Ich darf Ihnen die Maßnahmen vorstellen: 400 Millionen € bis 2018 bei der schulischen Tagesbetreuung, 350 Millionen bis 2017 für den Ausbau der Kinderbetreuungseinrich­tungen, 180 Millionen Wohnbausondermittel 2015 bis 2018. (Zwischenruf der Abg. Mo­ser.) Ich darf hinzufügen, wir haben im Abgabenänderungsgesetz vorgesehen, dass auch Unternehmer einen Beitrag leisten können, wenn sie mit dem Gewinnfreibetrag in Wohnbauanleihen investieren. Wir erwarten einen Betrag von 300 Millionen €, die in die Wohnbauanleihen und damit in den Wohnbau gehen – ein gutes Signal für die Ankurbelung des Wohnbaus. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Moser.)

Für die Familienbeihilfe werden 2014 bis 2018 828 Millionen mehr an Mitteln zur Verfü­gung stehen. Für das Pflegegeld und die 24-Stunden-Pflege gibt es in diesem Zeitraum ein Plus von 311 Millionen. Betreffend den ländlichen Raum haben wir nach den Ver­handlungen mit der Europäischen Union vorgesehen, dass es für den ländlichen Raum 470 Millionen € an Offensivmitteln gibt  auch das ist absolut notwendig, meine Damen und Herren, damit auch dort Entwicklung stattfindet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Weg von der Schwarzarbeit, 30 Millionen € Handwerkerbonus sind Forderungen, die auch von den Unternehmen gekommen ist.

Zum Thema Hochwasserschutz: Alle haben schon wieder vergessen, dass vor einem Jahr eine Hochwasserkatastrophe Österreich heimgesucht hat. Wir werden in den Hoch­wasserschutz 2014 bis 2018 462 Millionen € investieren.

In die Grundlagenforschung werden wir, weil es uns wichtig ist, noch einmal 300 Mil­lionen ab dem Jahr 2016 investieren, und auch der Zahngesundheitsfonds wird 2014 bis 2018 mit 260 Millionen gespeist, um für die Familien Zahnspangen leistbar zu ma­chen. Also, meine Damen und Herren, das ist ein großes, intensives Paket, was wir an Offensivmaßnahmen vorgesehen haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Damit lassen Sie mich zu einem dritten Teil kommen, was die einzelnen Ressorts und die Schwerpunkte, die wir dort vorsehen, betrifft!

Ich beginne ganz bewusst mit den Familien, denn Kinder sind die Zukunft unseres Landes, und da müssen wir ganz besonders investieren. Ein familienfreundliches Um­feld zu schaffen ist daher die erste Priorität, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das neue Bundesministerium für Familie und Jugend wird 2014 über 6,8 Milliarden € verfügen, 2015 über 7,02 Milliarden. Das sind damit Auszahlungen im Jahr 2014, die 235 Millionen höher sind als im Jahr davor. Das kommt Kindern und Eltern in Form ei­ner längst notwendig gewesenen Erhöhung der Familienbeihilfe zugute, mit dem 1. Juli werden wir sie um 4 Prozent erhöhen und in dieser Periode noch zweimal – das sind rund 830 Millionen mehr für die Familien in dieser Periode. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir dürfen nicht vergessen, dass der Entschluss, Kinder großzuziehen, ganz elemen­tare materielle Folgen hat. Da kann der Staat unterstützen, und da soll er es auch. Un­ser Ziel muss es sein, dass das Leben mit Kindern nicht länger  auch gedanklich  dazu führt, dass man an die Armutsgrenze kommt. Das muss für die Zukunft ausge­schlossen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Wir werden uns andererseits auch bemühen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, darum stellen wir 350 Millionen € für den Ausbau der Kinderbetreu­ungseinrichtungen bereit. Damit jedes Kind auch den optimalen Schuleintritt hat, stellen wir 70 Millionen € für ein Gratis-Kindergartenjahr zur Verfügung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Lassen Sie mich zu den Pensionen kommen: Genauso wichtig wie die Kinder sind auch ihre Großeltern. Das zu betonen ist mir deshalb ein besonderes Anliegen, weil sich immer häufiger in Diskussionen Töne einschleichen, wo die Generationen gegen­einander ausgespielt werden. Das wollen wir ganz bewusst nicht. Auch die Menschen, die in die Jahre gekommen sind, haben ein Recht darauf, ordentlich abgesichert zu sein. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die Belastung des Staatshaushaltes bei den Pensionszuschüssen ist enorm, ja. 10,2 Mil­liarden € werden wir 2014 für die Pensionen in die Hand nehmen, rund 400 Millionen mehr als im Jahr davor. 2015 sind es 10,7 Milliarden €. Dazu kommen noch die 6,69 Mil­liarden 2014 und 6,98 Milliarden 2015 für die Pensionen der Beamten als Nettofinan­zierungsbedarf. Diese Beiträge steigen, weil wir eine alternde Gesellschaft sind. Aber ich möchte noch einmal betonen, eine moderate Pensionsanpassung unter der Infla­tionsrate 2014 hat auch einen entsprechenden Beitrag geliefert. Danke noch einmal an die Pensionistinnen- und Pensionistenvertreter! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir verlangen auch den Beziehern von Luxuspensionen in den Kammern, in der Natio­nalbank, im ORF, in vielen anderen Institutionen einen deutlichen Solidaritätsbeitrag ab. Diese Pensionsmaßnahmen führen zu einer Budgetentlastung von 7,1 Millionen € jährlich. Auch das muss festgehalten werden.

Dass sich mit der Zeit vieles verändern muss, damit das gesamte Pensionssystem nicht gefährdet wird, das wissen wir. Ich darf noch einmal erwähnen, dass wir sehr viel in Richtung Veränderung des Pensionssystems bereits so gesetzt haben, dass zu­künftige Fehlentwicklungen nicht stattfinden. Und wir werden das auch in der Zukunft tun müssen, denn die Pensionsbelastungsquote wird in den nächsten Jahren unauf­haltsam steigen. 2013 haben 1 000 Pflichtversicherte 618 Pensionen getragen, 2018 werden es bereits 625 sein.

Aber, meine Damen und Herren, besonders von der Opposition, wir werden nicht, wie manche von Ihnen das fordern, mit einem unbedachten Flügelschlag das System auf den Kopf stellen. Das ist nämlich unverantwortlich, unverantwortlich gegenüber den be­troffenen Menschen, die ein Recht auf Absicherung auch im Alter haben. Und dazu stehen wir. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Lassen Sie mich zu Arbeit und Soziales übergehen: Jeder neue Arbeitsplatz heißt auch Sicherheit für eine weitere Familie. (Abg. Kickl: Das wäre schön!) Der Kampf ge­gen die Arbeitslosigkeit ist uns daher ein ganz entschiedenes Anliegen. Wir investieren 2014 2,45 Milliarden €, 2015 2,50 Milliarden € in aktive und aktivierende arbeitsmarkt­politische Maßnahmen, um die Arbeitslosigkeit zurückzudrängen. Insgesamt sind für den Arbeitsmarkt in diesem Jahr 7 Milliarden € und 2015 7,1 Milliarden € vorgesehen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren, auch die Erfahrung muss auf dem Arbeitsmarkt etwas zäh­len. Darum legen wir einen ganz besonderen Schwerpunkt auf die älteren Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer. 370 Millionen € werden gezielt dafür eingesetzt, für den zweiten Arbeitsmarkt, aber auch für die Integration jener, die es besonders schwer ha­ben.

Kontinuierliche Anstrengungen setzen wir auch bei der Pflege. Dieser Bereich wird uns vor besondere Herausforderungen stellen, finanziell und auch organisatorisch. 2014 haben wir mit 2,489 Milliarden €, 2015 mit 2,512 Milliarden € für das Pflegegeld Vorsor-


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ge getroffen. Aber ohne die richtigen, auch von Menschlichkeit getragenen politischen Entscheidungen werden wir in Zukunft mit dem Problem Pflege nicht zufriedenstellend umgehen können. Es ist uns aber trotzdem gelungen, einen Bereich neu aufzusetzen, und das ist ein guter Bereich, das ist ein Pflegekarenzgeld. Die Unterstützung kostet nicht übermäßig viel, 2014 4,5 Millionen €, 2015 5 Millionen €. Aber damit kann jeder Einzelne, der seinen Angehörigen pflegen möchte, auch mit der Gewissheit, dass er seinen Arbeitsplatz nicht verlieren wird, in diese Pflegearbeit gehen. Und das muss es uns auch wert sein, meine Damen und Herren, für die Zukunft. Auch darauf haben die Angehörigen ein Recht, die für ihre Familienmitglieder etwas tun wollen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Zur Gesundheit: Der medizinische Fortschritt wird immer teurer und besser, aber wir müssen trotzdem besonders bei den Strukturen, bei den Krankenkassen Reformen durchführen, damit wir mit den Zahlen zurande kommen. Für den Gesundheitsbereich nehmen wir 2014 rund 953 Millionen € in die Hand. Auch in schwierigen Zeiten sollen die Leistungen nicht abgebaut, sondern ausgebaut werden wie etwa bei der kostenlo­sen Begleitung und Beratung werdender Mütter durch Hebammen.

Ab 2015 kann das Bundesministerium für Gesundheit zudem einen Betrag für Kieferre­gulierungen für Kinder und Jugendliche ausgeben. Wir haben einen Zahngesundheits­fonds dafür aufgesetzt. Bis 2018 werden dafür 260 Millionen € vorgesehen. Und das ist auch gut und richtig so, denn daran soll es nicht scheitern, dass man sich eine Zahn­regulierung nicht leisten kann, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Lassen Sie mich zur Wirtschaft übergehen, besonders zu den Unternehmen: Leisten können wir uns unseren gut ausgebauten Sozialstaat nur dann, wenn wir wieder in Richtung Wachstumsimpulse für die Wirtschaft kommen. Ja, wir haben gute Struk­turen, wir haben eine Sozialpartnerschaft, die sich als bewährtes Instrument über Jahre etabliert hat. Wir haben starke, innovative Unternehmen. Wir haben auch sehr gut aus­gebildete Arbeitskräfte. Das alles wird aber flankiert von einem international ständig steigenden Wettbewerb. Wir werden diesbezüglich einige Schwerpunkte setzen.

Das Wirtschaftsministerium unterstützt Unternehmer 2014 mit 360 Millionen €, 2015 mit 364 Millionen €. Aber der Weg wird sein, wegzukommen von den Förderungen und hinzukommen zu Entlastungen. Wir haben eine Senkung von Lohnnebenkosten bereits beschlossen und damit eine Trendwende eingeleitet. Wir reduzieren Unfallversiche­rungs- und Insolvenz-Entgelt-Fonds-Beiträge um jeweils 0,1 Prozent und entlasten da­mit die Unternehmen um jährlich 200 Millionen €. Weitere Senkungen müssen das Ziel sein. Wir werden sie uns erarbeiten müssen.

Jeder zweite Arbeitsplatz hängt am Export. Wir wissen das. Daher setzen wir auch die Internationalisierungsoffensive mit rund 13 Millionen € pro Jahr fort. Durch Übernahme der zusätzlichen Haftungen für die Österreichische Hotel- und Tourismusbank fließen 100 Millionen € mehr in die Tourismuswirtschaft, und das ist gut, weil wir ein beliebtes Tourismusland sind, und das wollen wir auch in der Zukunft bleiben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Für die Mitarbeiter werden für die Lehrlingsausbildung 165 Millionen € pro Jahr aufge­wendet. Und wir brauchen natürlich auch Perspektiven für junge Menschen. Darum setzen wir die Ausbildungsgarantie bis zum 18. Lebensjahr weiter um.

Das Rückgrat unserer Wirtschaft sind die kleinen und mittleren Betriebe. Sie machen ja 90 Prozent unserer Unternehmen aus. Wir haben einen Handwerkerbonus, der genau dort ansetzen soll, dass die kleinen und mittleren Unternehmen eben nicht in die Schwarzarbeit abgleiten, sondern dass sie auch etwas davon haben. Das ist eine Steuerungsmöglichkeit, die wir mit 30 Millionen € für 2014 und 2015 vorgesehen ha­ben, um eine Belebung vor allem der regionalen Wirtschaft voranzutreiben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


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Den Wohnbau darf ich noch einmal erwähnen: 180 Millionen € mehr, die wir als Bund in dieser Periode aufwenden. Dazu kommen die mehr als 300 Millionen € aus der In­vestition in Wohnbauanleihen durch die Änderungen beim Gewinnfreibetrag. Ich bin daher überzeugt davon, dass uns damit auch für die Zukunft mehr Mittel für den geför­derten Wohnbau zur Verfügung stehen. Davon profitieren natürlich auch die Bauunter­nehmen, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich komme somit zur Infrastruktur. Wir brauchen eine funktionierende Infrastruktur, je­der Staatsbürger wie auch die Wirtschaft. Für den Bereich Verkehr, Innovation und Technologie erhöhen sich deshalb auch die Auszahlungen gegenüber 2013 um 221 Millionen € auf 3,17 Milliarden € im Jahr 2014 und 3,35 Milliarden € im Jahr 2015.

Ja, die ÖBB sind teuer. Aber sie müssen uns auch teuer sein, denn das ist das umwelt­freundliche Verkehrsmittel für Menschen und für Güter. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Deshalb fließen neben den gesetzlich fixierten Zahlungen auch Mittel für eine Infra­strukturoffensive im Schienenverkehr. Aber auch die übrige Verkehrsinfrastruktur wird weiter modernisiert. Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit sind geplant.

Besonders wichtig im Sinn einer solidarischen Gemeinschaft sind auch die zusätzlich bereitgestellten Mittel für den Ausbau des Hochwasserschutzes, etwa im Eferdinger Becken. Insgesamt sind 2014 40 Millionen €, 2015 35 Millionen € genau dafür vorgese­hen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich komme damit zur Land- und Forstwirtschaft. Die Solidarität mit den Betroffenen von Naturkatastrophen wirkt sich natürlich auch stark auf das Budget im Kapitel Land-, Forst- und Wasserwirtschaft aus. Das Aktionsprogramm „Hochwassersicheres Öster­reich“ erhält ab 2014 rund 61 Millionen €, damit wird auf 200 Millionen € pro Jahr auf­gestockt. Und wir haben auch für die Abfederung der Dürreschäden, auch ein Problem des letzten Jahres, 50 Millionen € im Katastrophenfonds vorgesehen. Wer in Not gerät, kann auch auf Solidarität des Staates pochen, meine Damen und Herren. Das haben wir in den Budgets auch so vorgesehen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die Landwirtschaft verfügt daher 2014 über 2,23 Milliarden, 2015 über 2,14 Milliar­den €. Vor allem die ländliche Entwicklung ist dabei das zentrale Anliegen, weil wir na­türlich auch alle davon leben, dass Bauern sich nach wie vor bereit erklären, diese Ar­beit zu tun, und das ist gut und richtig. Wer gute Lebensmittel haben will, der muss auch die Bauern in Österreich fördern, meine Damen und Herren! Das ist ein Grund­satz, zu dem wir auch stehen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) Wir werden daher bis 2018 auch zusätzliche Budgetmittel in Höhe von 470 Mil­lionen € für die Entwicklung des ländlichen Raums zur Verfügung stellen.

Zur Umwelt: Der Konsolidierungsdruck ist groß, aber trotzdem müssen wir Anstren­gungen für die Umwelt unternehmen. Für die Umweltagenden sind 2014 639 Millio­nen €, 2015 621,5 Millionen € vorgesehen. Reduktion der Treibhausgasemissionen, die Steigerung des Einsatzes erneuerbarer Energien, das sind die Schwerpunkte auch im Umweltressort für diese beiden Jahre. Und ich darf hinzufügen, 2014 und 2015 wird für die thermische Sanierung auch wieder ein Betrag von 100 Millionen € bereitgestellt, von Umwelt- und Wirtschaftsressort, denn es hat sich bewahrheitet, dass man damit auch kleinräumig die Wirtschaft fördern kann und damit etwas Wesentliches für unsere Umwelt tut, und das ist gut und richtig so. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Lassen Sie mich nun zum Thema Bildung kommen: Eine solide Bildung ist natürlich die Voraussetzung für jede Zukunft in Österreich, für unsere Kinder. Wir haben in den vergangenen Jahren beträchtliche Mittel in den Ausbau der Neuen Mittelschule ge­steckt, in die Senkung der Klassenschülerhöchstzahl auf 25 sowie in die Tagesbetreu­ung. Diese Anstrengungen werden selbstverständlich fortgesetzt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 37

In Summe stehen 2014 für das Budgetkapitel Unterricht 8,1 Milliarden € zur Verfügung, 2015 7,98 Milliarden im Voranschlag. Der Bereich Bildung ist so wie alle anderen nicht gänzlich von den Einsparvorgaben ausgenommen. Wir haben trotz der sinkenden Schülerzahlen stark steigende Ausgaben, wenn wir die Relation Schüler/Lehrer be­trachten, und wir haben in den Vergleichstests auch noch nicht die Ergebnisse, die wir haben wollen. Daher ist es wichtig, veraltete Strukturen aufzubrechen und dafür zu sor­gen, dass das Geld bei den Kindern ankommt. Alle Kinder müssen davon profitieren, und das erwarten wir auch von den neuen Mitteln, die wir mit diesen beiden Budgets zur Verfügung stellen.

Bis 2018 stehen dem Unterrichtsministerium 400 Millionen € zur Verfügung, um den Ausbau der schulischen Tagesbetreuung zu beschleunigen. Der Ausbau der Neuen Mittelschule ist finanziell weiter abgesichert.

Bildungsqualität hat in erster Linie nicht nur mit dem finanziellen Aufwand zu tun, son­dern vor allem auch mit den Lehrerinnen und Lehrern, die sie vermitteln. Daher ist es auch hoch an der Zeit, dieses Engagement der Lehrerinnen und Lehrer, die den größ­ten Anteil an dieser Bildungs- und Erziehungsarbeit leisten, anzuerkennen und auch wertzuschätzen, meine Damen und Herren! Ich möchte das heute auch tun. Sie leisten im Klassenzimmer jeden Tag ordentliche Arbeit, und das möchten wir mit diesen Bud­gets auch zum Ausdruck bringen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Daher sollten wir mit derselben Leidenschaft, wie über Organisationsfragen diskutiert wird, zukünftig auch darüber diskutieren, wie wir die Lehrer unterstützen können und wie wir insgesamt den jungen Menschen in der Schule ein entsprechend gutes Umfeld im Inhalt bieten können. Ich hoffe, das wird auch im Hohen Haus auf fruchtbaren Bo­den fallen.

Lassen Sie mich nun zur Wissenschaft kommen: Wir investieren auch ungebrochen in den tertiären Bildungssektor. Österreichs Universitäten erhalten in den laufenden Leis­tungsvereinbarungsperioden bis 2015 in Summe knapp 1 Milliarde € zusätzlich. Bei diesen Budgetsteigerungen sticht ein neues Finanzierungsinstrument auch hervor, die Hochschulraum-Strukturmittel. Jährlich gelangen darüber 150 Millionen an die Univer­sitäten, die großteils anhand von Leistungsindikatoren, wie zum Beispiel der Zahl der Absolventen und der eingeworbenen Drittmittel einer Universität, verteilt werden kön­nen. Also wir sehen, auch Bildungsinstitutionen haben etwas von ihrer Leistung, und das ist ein guter Anreiz für sie, in der Zukunft auf diesem Weg zu bleiben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

2014 umfasst das Budget für die Universitäten 3,76 Milliarden, 2015 sind es 3,78 Mil­liarden. Wir haben damit die bestehenden Hochschulen finanziert. Wir haben auch für die Finanzierung der Medizinischen Fakultät in Linz die hundertprozentige Absicherung erreicht. Und es ist vorgesorgt, dass für den Ausbau der erfolgreichen Fachhochschu­len mit 56 Millionen € eine planmäßige Fortschreibung erfolgen kann. Ich möchte die Zahl der Fachhochschulstudenten von derzeit 44 000 auf 50 000 steigern, meine Da­men und Herren! Durch ein gerechtes Stipendiensystem werden wir auch sicherstellen, dass kluge Köpfe in Österreich nicht an einer finanziellen Hürde scheitern. Jeder und jede soll sich und seine Talente entsprechend entfalten können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Und wir strengen uns an, dass wir trotz Krisenzeiten auch in diesen beiden Budgets die finanziellen Voraussetzungen dafür schaffen. Und wir erwarten, dass sich die Beteilig­ten ebenfalls mindestens so anstrengen, um auch entsprechende Erfolge zu erzielen.

Lassen Sie mich übergehen zur Forschung: Genau wie bei der Bildung kann man na­türlich auch bei der Forschung sagen, dass dafür nie genug Geld zur Verfügung stehen kann. Im Rahmen des Möglichen konnten wir aber bei der Forschung substanzielle Steigerungen erreichen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 38

Ein besonderer Schwerpunkt wird dabei die Grundlagenforschung sein. Von 2016 bis 2018 werden zusätzlich 300 Millionen € aufgebracht, damit wir in die Richtung Exzel­lenz, in die Richtung einer auf Wettbewerb basierenden Grundlagenforschung inner­halb des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung gehen und bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften den Ausbau sichern können. Und es wird auch den weiteren Ausbau unserer Exzellenzeinrichtung, der ISTA, Institute of Science and Technology Austria, geben. Auch da haben wir im Jahr 2014 Auszah­lungen von 47,8 Millionen € und 2015 54,5 Millionen € sichergestellt. Das sind ordent­liche Beträge, die auch in die Forschung fließen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Auch bei der angewandten Forschung konnten wir trotz aller Sparzwänge das sehr ho­he Niveau der vergangenen Jahre nicht nur halten, sondern sogar anheben. 2014 ste­hen dafür 525,5 Millionen, 2015 530,8 Millionen € zur Verfügung. Das sichert ein hohes Niveau für die Forschungs- und Innovationstätigkeit im Unternehmenssektor und trägt damit sicher zum langfristigen Wohlstand in Österreich bei.

Ich komme damit zur Sicherheit. Sicherheit ist ein ganz entscheidender Faktor für die Lebensqualität in diesem Land. Da investiert die Bundesregierung in zusätzliche Poli­zisten, in gute Ausrüstung, kurzum in die Sicherstellung von Recht und Ordnung. Wir haben für 2014 und 2015 2,5 Milliarden € für das Innenministerium eingeplant. Der Personalplan sieht trotz Konsolidierungskurs vor, dass wir die Zahl der Planstellen für Polizisten und Polizistinnen von 2015 bis 2018 um 1 000 aufstocken, denn Österreich muss ein sicheres Land bleiben, meine Damen und Herren, da müssen wir auch richtig investieren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das war’s?)

Außenpolitik: Auch in Zeiten rigider Budgetdisziplin haben wir Verpflichtungen in der Welt. Täglich erreichen uns Nachrichten über Krieg, Naturkatastrophen, Seuchen. Täg­lich müssen wir in ganz Europa mitansehen, dass wir den Ansturm an Bootsflüchtlin­gen an den Mittelmeerstränden gar nicht mehr entsprechend aufhalten beziehungswei­se damit zurechtkommen können.

Wir sind mit diesen Entwicklungen und ihren Folgen durchaus überfordert. Deshalb ha­ben wir auch die Mittel für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit 2014 im Ver­gleich zum Vorjahr nicht zurückgenommen. Für diese wichtige Aufgabe, für Beiträge an internationale Organisationen, für die Sicherstellung der internationalen Interessen Ös­terreichs in der Welt und für die Hilfestellung für im Ausland in Notlage geratene Ös­terreicherinnen und Österreicher haben wir 2014 418 Millionen € vorgesehen und 2015 399 Millionen € budgetiert.

Auch im Budget des Finanzministeriums, in meinem Ministerium, sind 2014 405 Millio­nen und 2015 360 Millionen für Entwicklungszusammenarbeit vorgesehen. Von Soft Loans über Schuldenerlässe für Entwicklungsländer bis zu Zahlungen an die österrei­chischen und internationalen Entwicklungsbanken stellen wir Solidarität über unsere Grenzen hinweg sicher. Auch das ist ein entscheidender Punkt für diese Bundesregie­rung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Zum Thema Verteidigung: Die Österreicher haben sich im Vorjahr sehr eindrucksvoll für die Beibehaltung des Bundesheeres ausgesprochen. Obwohl das Budget für militä­rische Angelegenheiten sinkt, haben wir mit diesem Budget sowohl unsere friedens­politischen Engagements in der Welt als auch die wichtige Katastrophenhilfe im Inland gesichert. Im Budget stehen im Jahr 2014 2,16 Milliarden € sowie im Jahr 2015 1,98 Mil­liarden € zur Verfügung. Dabei ist auch das Auslaufen der jährlichen Eurofighter-Raten mit zu berücksichtigen.

Die Reform des Wehrdienstes ist ebenso sichergestellt wie die Verbesserung der Trai­ningsmöglichkeiten für unsere Spitzensportler durch einen eigenen Sportstätten-Master­plan.


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Lassen Sie mich zum Justizressort übergehen: Im Justizressort stehen 1,3 Milliar­den € im Jahr 2014 und 1,31 Milliarden € im Jahr 2015 zur Verfügung. Dadurch wird ein reibungsloses Funktionieren von Rechtsprechung und Strafvollzug ebenso gewähr­leistet wie die Einführung der Familiengerichtshilfe. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Gleichzeitig stehen auch ausreichend Mittel für die Vereine für Sachwalterschaft, für die Opferhilfeeinrichtungen zur Inanspruchnahme von Prozessbegleitung und für die Be­währungshilfe zur Verfügung. Was versprochen wurde, ist hier auch eingehalten worden.

Zum Thema Finanzen: Die Finanzverwaltung stellt die Finanzierung des Gemeinwe­sens sicher; sie schafft auch die Rahmenbedingungen für den fairen Wettbewerb in der Wirtschaft. Aber natürlich ist auch die Finanzverwaltung nicht vom Sparkurs ausge­nommen. Das Budget sinkt 2014 gegenüber dem Vorjahr um rund 38 Millionen auf 1,1 Milliarden €.

Wir haben auch unsere Probleme mit der Pensionierungswelle: Bis 2024 werden etwa 40 Prozent unserer Mitarbeiter in Pension gehen. Wir sparen daher auch bei besonde­ren Projekten, bei Förderungen, und wir werden auch mit 500 weiteren Mitarbeitern in der Finanzverwaltung zukünftig sicherstellen, dass Vollziehung in der Finanz gewähr­leistet bleibt.

Ich komme zu den obersten Organen: Gesetzgebung, Kontrolle, Wahrung der Rechte der Bürger: Das sind Themen der obersten Verwaltung und der obersten Organe. 2014 sind dafür in Summe 241 Millionen, im Jahr 2015 229 Millionen € vorgesehen.

Zum Bundeskanzleramt: Das neue Bundesverwaltungsgericht sorgt dafür, dass seit dem 1. Jänner 2014 der Rechtsschutz in Verwaltungsverfahren erheblich verbessert wurde. Das Bundeskanzleramt verfügt 2014 über Mittel in der Höhe von 396 Millio­nen €, 2015 über 383,6 Millionen €.

Im Bereich Kunst und Kultur haben wir Kürzungen bei den Ermessensausgaben weit­gehend ausgenommen; es handelt sich um einen wesentlichen Teil unseres österrei­chischen Selbstverständnisses, und als Finanzminister möchte ich hinzufügen: auch um einen wichtigen Impulsgeber für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.

2014 beträgt das Kulturbudget aufgrund des unterjährigen Kompetenzänderungsgeset­zes 368,6 Millionen, 2015 sind es 441,7 Millionen €. Damit kann auch die Basisabgel­tung der qualitativ herausragenden Bundestheater angehoben werden, und wir haben bei den Bundesmuseen und auch beim Leopold Museum die budgetäre Bedeckung gesichert.

Meine Damen und Herren, damit komme ich nach diesem dritten Teil – der Betrach­tung der einzelnen Ressorts – zu meiner Schlussfolgerung.

Ihnen liegt nunmehr ein Vorschlag für die Budgets 2014 und 2015 und ein Rahmen bis 2018 vor. Damit wird eine Trendwende für einen ausgeglichenen Haushalt ab 2016 er­möglicht. Damit wird trotz Hypo Alpe-Adria ein neues Belastungspaket für die Bevölke­rung vermieden. Und es gibt Offensivmaßnahmen für Familie, Forschung und Wirt­schaftsstandort. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte mit diesem Konsolidierungskurs und den schon eingeleiteten und dazu­kommenden Reformen auch ein Fundament dafür schaffen, dass wir eine Steuerre­form samt substanzieller Entlastung der Steuerzahler aufbauen können – vorausge­setzt natürlich, dass wir nicht von neuen Krisen wie etwa jener in der Ukraine überholt werden.

Zur Steuerreform ist meine Position klar: Wer hart arbeitet, dem soll künftig mehr in der Tasche bleiben. Wer fleißig ist, muss etwas davon haben. Das gilt für alle Erwerbstä­tigen in diesem Land. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 40

Ich höre natürlich auch die Klagen: „Wir haben es so satt“, und so weiter. Meine Da­men und Herren, wer jetzt in diesem Jahr schon eine Steuerreform für das nächste Jahr plant, der muss doch auch dazusagen, dass das nur über neue Schulden geht – und das lehne ich prinzipiell ab! Wir wollen jetzt einmal den Staatshaushalt wieder sanieren und uns diesen Spielraum für die Zukunft schaffen. – Das ist das Wichtige. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Kickl: Neue Schulden ohne Steuerreform! Das ist Ihr Mo­dell!)

Was wir brauchen, ist eine Seriosität der Politik, nicht eine Politik der leeren Verspre­chen. Wir wollen uns auf eine Steuerreform vorbereiten, die leistbar ist, und wir werden auch die Strukturen unseres Steuersystems überarbeiten. Transparenz und Einfachheit sind für eine solche Steuerreform entscheidend. Nach 25 Jahren müssen wir auch eine Neukodifikation des Einkommensteuergesetzes andenken. Das ist bereits überholt, so wie es heute auf dem Tisch liegt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, ein Eingangssteuersatz von 36,5 Prozent für eine Einkom­mensgruppe von brutto jährlich 11 000 bis 25 000 ist zu hoch. Da findet sich kein An­reiz mehr zum Arbeiten. Daher müssen wir auch versuchen, diesen Eingangssteuer­satz zu senken. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und NEOS. Abg. Kickl: Wie oft haben wir das schon gehört?!)

Ich möchte auch bei einer Steuerstrukturreform sicherstellen, dass Familien zukünftig berücksichtigt werden, denn wer sich für die Familie entscheidet, der darf nicht in die Armutsfalle geraten. Das müssen wir auch im Steuerrecht noch einmal klarmachen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir werden hart daran arbeiten, dass alle Bürger von der Steuer entlastet werden kön­nen. Dass wir das aber nicht über Pump machen, habe ich schon gesagt. Ich sage aber heute schon dazu: Auch Subventionierungen durch den Staat mittels Steuerbe­freiungen müssen wir kritisch hinterfragen. Das Ziel ist ein einfaches Steuersystem, das aber zukünftig so gestaltet wird, dass Ausnahmen die Ausnahme sind und nicht die Regel, meine Damen und Herren! Das gehört zur Einfachheit einfach dazu. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir werden uns mit den besten Köpfen des Landes umgeben und konsequent für diese Reform arbeiten, so wie auch jeder österreichische Steuerzahler hart für dieses Land arbeitet, indem er seine Steuern zahlt.

Wir werden in diesem Jahr einen strikten Budgetvollzug gewährleisten, denn wir müs­sen nachprüfen, dass jeder Euro, der durch Steuern eingenommen wird, auch sorgsam verwaltet und wieder ausgegeben wird.

Wir brauchen außerdem permanent Strukturreformvorschläge, in jedem Ressort, denn das ist notwendig, um mit diesem Budgetpfad zukünftig auch auskommen zu können.

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit sehr herzlich bei allen Ressorts, aber beson­ders auch bei den Mitarbeitern meines Hauses bedanken, die jetzt seit dem 16. De­zember an der Erarbeitung dieser beiden Budgets und am Bundesfinanzrahmen inten­sivst gearbeitet haben, auch über die Osterfeiertage. Vielen Dank allen Mitarbeiterin­nen und Mitarbeitern der Finanzverwaltung! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abge­ordneten der Grünen.)

Ich komme damit zum Schluss: Meine Damen und Herren, mit diesem Budget werden wir uns Spielräume erarbeiten. Mit diesem Budget werden wir – davon bin ich fest überzeugt – das Erfolgsmodell Österreich absichern und zukünftig ausbauen. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu meinen diesbezüglichen Vorschlägen. (Anhaltender Bei­fall bei der ÖVP und Beifall bei der SPÖ.)

11.08



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 41

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Danke, Herr Vizekanzler. Für die Zuseherinnen und Zuseher will ich nur klarstellen: Die Debatte über die Budgetrede beziehungsweise über den vorliegenden Budgetentwurf findet morgen im Rahmen der ersten Lesung statt.

11.09.212. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (87 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kinderbetreu­ungsgeldgesetz geändert werden (116 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 199/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp dem Familienbeihilfen­export ins Ausland (117 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lueger. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 7 Minuten beträgt. – Bitte.

 


11.10.27

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Minister auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher auf der Besuchergalerie und vor den Fernsehschirmen! Werte Kolleginnen und Kolle­gen im Hohen Haus! Nach der Budgetrede, bei der die Aufregung immer sehr groß ist, kommen wir jetzt zum Bereich Familie, und es ist sehr schön, dass dieses Thema ein­mal einen guten Platz hat.

Wir diskutieren beziehungsweise beschließen heute eine Novelle des Familienlasten­ausgleichsgesetzes, kurz FLAG genannt. Was wird dort geregelt? – Dort werden die Familienförderungen geregelt, und da soll auch die Erhöhung der Familienbeihilfe be­schlossen werden.

In Summe stellt der Bund 828 Millionen € zur Verfügung, und die Erhöhung der Fami­lienbeihilfe erfolgt in drei Schritten. Ab 1. Juli 2014 soll eine Erhöhung um 4 Prozent erfolgen, ab 1. Jänner 2016 um 1,9 Prozent und ab 1. Jänner 2018 erneut um 1,9 Pro­zent.

In dem Wissen, dass die Erhöhung der Familienbeihilfe für die einzelnen Familien mo­natlich nur ein kleines Plus ist, denke ich mir, dass es trotzdem ein Schritt in die richtige Richtung ist. Die Familienbeihilfe ist ja nicht die einzige Maßnahme zur besse­ren Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass die erhöhte Familienbeihilfe für erheblich behin­derte Kinder ab 1. Juli 2014 um 11,70 € auf 150 € steigt. (Beifall bei der SPÖ.) Auch diese soll des Weiteren am 1. Jänner 2016 und 1. Jänner 2018 jeweils um 1,9 Prozent steigen.

Wir Sozialdemokraten wissen, dass dies nur ein Teil der Familienleistungen sein kann. Ein weiterer wichtiger Teil für die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist schlicht der Ausbau der institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen. Da soll es für


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die nächsten Jahre ebenfalls 380 Millionen € geben, um den Ausbau zu sichern, um bessere Öffnungszeiten zu gewährleisten, um eine noch bessere Qualität zu erhalten – alles im Sinne der Familien. (Beifall der Abg. Kucharowits.)

Es soll auch eine Verbesserung bei der Ausbildung der Tagesmütter geben. Aber es gibt ja nicht nur Tagesmütter, es soll ja auch Tagesväter geben. Ein für uns wesent­licher Aspekt ist auch: Wir sind absolut für die Einführung des Papa-Monats, damit die Väter in die Kindererziehung eingebunden werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Der dritte Schritt, der gesetzt werden soll, ist der Ausbau von betrieblichen Kinderbe­treuungseinrichtungen, wobei sich Firmen sehr wohl zusammentun können, um für Kin­derbetreuung zu sorgen. Das alles führt zu einer besseren Wahlfreiheit der Eltern, denn wenn die Rahmenbedingungen stimmen, dann werden die Angebote auch ange­nommen werden.

Bei der ersten außerhäuslichen Bildungseinrichtung – dem Kindergarten, wobei letzt­endlich auch die Tagesmütter und Tagesväter dazugehören – ist die Qualität auch jetzt schon auf einem sehr hohen Niveau. Das Problem in diesem Bereich ist jedoch, dass wir neun unterschiedliche Landesgesetze haben. Es kann nicht sein, dass die Rah­menbedingungen für PädagogInnen, AssistentInnen und wie auch immer sie alle land­auf, landab heißen sollen, unterschiedlich sind. Es muss – und das ist eine zentrale Forderung der Sozialdemokratie – einen bundeseinheitlichen Qualitätsrahmen geben, im Sinne der Bediensteten in den Kindergärten, in den Kinderbildungseinrichtungen, für die die Qualität und die Rahmenbedingungen schlichtweg passen sollen, und auch im Sinne der Kinder und der Eltern sowieso, wobei wir sagen: Die Schließzeiten gehören massiv reduziert, weil niemand von den Eltern so viel Urlaub hat, wie es teilweise im­mer noch Schließzeiten in Kindergärten gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin – sie ist gerade nicht da –, wir haben den bundeseinheitlichen Quali­tätsrahmen auch im Regierungsübereinkommen stehen. Sie sind jetzt gefordert, da in Vorlage zu treten, damit wir hier den nächsten Zug machen können.

Noch einmal zurück zum FLAG: Es wurde eine Modifizierung für Studierende in der Studieneingangsphase gemacht, man hat das Mindesterfordernis auf 14 ETCS-Punkte herabgesetzt.

Ein Kollege oder eine Kollegin wird noch einen Entschließungsantrag einbringen, bei dem es um Menschen mit Behinderung geht, die nicht dauerhaft selbständig erwerbs­tätig sein können. Da gab es große Schwierigkeiten, weil für diese Menschen nicht ge­sichert werden konnte, dass sie die erhöhte Familienbeihilfe weiter ohne Probleme ausbezahlt bekommen, wenn sie einen Arbeitsversuch am ersten Arbeitsmarkt machen und bei diesem scheitern.

Was mir leidtut, Frau Ministerin, und da bin ich ein bisschen enttäuscht: Das FLAG ist offen. Wir hätten heute die Chance gehabt, das mit einem Abänderungsantrag zu be­schließen. Der Kompromiss, damit wir für die Menschen mit Behinderung ein Zeichen setzen, war jetzt dieser Entschließungsantrag, damit für diese Menschen gesichert ist, dass sie die erhöhte Familienbeihilfe weiter erhalten, wenn sie am ersten Arbeitsmarkt scheitern.

Meine Damen und Herren, wir sind dazu verpflichtet, behinderte Menschen möglichst gut dabei zu unterstützen, dass sie allein erwerbstätig sein können und sich auch selbst erhalten können. Und diese Regelung ist ein wesentlicher Schritt dazu. Ich bin also insofern enttäuscht, als dieser Antrag leider nur ein Entschließungsantrag gewor­den ist, weil ich nicht weiß, wann die nächste FLAG-Novelle stattfinden wird; das ist für mich nicht klar. Es wäre schön gewesen, wenn wir das heute mit einem Abänderungs­antrag gleich in das Gesetz hätten gießen können. (Beifall bei der SPÖ.)


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Gleichzeitig werden wir noch im Sozialministerium die Waisenpension mit aufnehmen, weil das ja unmittelbar damit zusammenhängt. Das wird beim nächsten Gesetz ge­schehen, und dann ist für Menschen mit Behinderung sicherlich ein positiver Aspekt geschaffen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Auer.)

11.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Strasser gelangt nun zu Wort. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.17.41

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Bundesministerin Sophie Karmasin hat ihr Ziel diese Woche ganz deutlich definiert: Österreich soll bis 2025 das familienfreundlichste Land Europas werden. Zugegeben, das ist ein ambitioniertes Ziel, und um es zu erreichen, wird durchaus ein nationaler Schulterschluss notwendig sein. Es wird notwendig sein, über gesellschaftliche Grenzen zu gehen, und es wird notwendig sein, über politische Gren­zen zu gehen. Es wird umfassende Überlegungen und einen regen Austausch zwi­schen den Menschen, der Gesellschaft, der Politik und der Arbeitswelt brauchen, damit wir möglichst viele Damen und Herren in diesem Land von dieser Vision begeistern können.

Damit wir die Welt ein wenig verändern – und das ist ein Wunsch, den wir in der Politik in Tagen wie diesen sehr oft hören –, ist es notwendig, bei unseren Kleinsten anzuset­zen und unseren Kindern Werkzeuge in die Hand zu geben, damit sie ihr Leben le­benswert gestalten können.

Die Bundesregierung hat sich in ihrem Programm viel vorgenommen. Es ist richtungs­weisend, dass trotz knapper Ressourcen der Familienbereich mit mehr Mitteln ausge­stattet wurde.

Die Familienbeihilfe wird erhöht – ein längst fälliger Schritt. In weiterer Folge wird eine Reform des Kinderbetreuungsgeldes in Angriff genommen, und der Ausbau der Kinder­betreuungseinrichtungen wird weiter forciert werden. Auch die Tageseltern sind dieser Bundesregierung ein großes Anliegen. In diesem Bereich sind rund 350 Millionen € reserviert. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schieder.)

Letztendlich werden wir einen ausgewogenen Mix brauchen, der aus finanziellen Leis­tungen, steuerlichen Begünstigungen und Investitionen in die Kinderbetreuung besteht. Mit all diesen Maßnahmen wollen wir den Zusammenhalt in den Familien stärken. Wer das Glück hat, mit Oma und Opa, Mama und Papa in einem Familienverband aufzu­wachsen, der weiß, wovon ich spreche.

Familien, Unternehmen, Schulen, Kindergärten, Krippen und Tageseltern können es schaffen, dass die Welt unserer Kinder lebenswert wird, damit sie gut auf das Leben vorbereitet werden.

Nun zu den Daten und Fakten, weil immer wieder argumentiert wird, dass zu wenig für die Familien getan werde. Ich darf einen im „Standard“ erschienenen Artikel aus dem Dezember 2013 zitieren, wo es im Titel heißt: „Familienförderung: Ausgaben pro Kind deutlich gestiegen“, und dann im Artikel: Die Ausgaben für Familienleistungen sind seit 2006 um 19,1 Prozent gestiegen, wobei die Inflation in diesem Zeitraum 14,2 Prozent betragen hat. – Zitatende.

Es ist also in den letzten Jahren sehr viel für unsere Familien geschehen.

Nun zur Erhöhung der Familienbeihilfe. Ab 1. Juli erhöht sich die Familienbeihilfe um 4 Prozent und dann alle zwei Jahre um jeweils 1,9 Prozent. Das Schulstartgeld wurde gesichert, und der Mehrkindzuschlag bleibt erhalten. Ein großes Dankeschön an die


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Bundesregierung, an den Finanzminister und an die Familienministerin, dass sie diese Möglichkeit eröffnet haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein kurzer Kommentar zur Kollegin Lueger: Ich darf mich an dieser Stelle herzlich für die Unterstützung bedanken. Kollegin Königsberger-Ludwig, Kollegin Lueger und ich, wir haben eine sehr intensive Zeit hinter uns – die letzte Woche war sehr intensiv –, aber wir haben es leider mit einigen juristischen und technischen Details noch nicht ge­schafft, das Rückkehrrecht für behinderte Menschen in die erhöhte Familienbeihilfe so­zusagen in ein Paket zu packen. Es kommt heute ein Entschließungsantrag, der im Übrigen auch schon im Familienausschuss von den Grünen thematisiert wurde, und ich habe die fixe Zusage von unserer Frau Bundesministerin, dass sie sich persönlich für dieses Anliegen einsetzen wird, um unseren Sozialorganisationen wie Caritas oder Lebenshilfe ein Werkzeug in die Hand zu geben, damit behinderte Menschen einen leichteren Umstieg in die Arbeitswelt schaffen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zu den oppositionellen Reflexen, die es wahrscheinlich gibt, seit Politik gemacht wird: Maßnahmen kommen zu früh oder zu spät, sie sind zu viel oder zu wenig, oder man sieht verschiedene Dinge einfach ganz anders.

Geschätzte Damen und Herren! An alle, denen Familienpolitik in Österreich wichtig ist: Ich kann Ihnen versichern, dass diese Bundesregierung das Beste für das Wohl un­serer Kinder und Familien tut. Wir, geschätzte Damen und Herren, arbeiten für Sie, wir arbeiten für unsere Kinder und Familien mit ganzer Kraft – im Bund, in den Ländern und in den Gemeinden. Wir arbeiten an einem Weg in eine gute Zukunft, dem Weg, der Österreich zum familienfreundlichsten Land in Europa machen wird. Ich ersuche Sie, unterstützen Sie uns dabei! – Danke schön und alles Gute. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Podgorschek gelangt nun zu Wort. Redezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


11.23.39

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Frauen Ministe­rinnen und Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Familie ist die Basis und die Zukunft unseres Staates, und es ist die dringendste Aufgabe von uns Politikern, das Überleben der Familien zu sichern. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben in den letzten Jahren genug gefordert, dass man die Familien mehr in den Vordergrund stellt, sei es durch ein Familien-Steuersplitting, sei es durch Anhebung der Familienbeihilfen, weil viele Familien mittlerweile unterhalb der Armutsgrenze leben müssen – und dem gehört dringend Einhalt geboten. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben in der heutigen Budgetrede von Bundesminister Spindelegger durchaus po­sitive Ansätze gehört, und ich darf ihn noch einmal zitieren mit seiner Aussage: Mit Schuldenmachen muss Schluss sein! – Jawohl, Herr Vizekanzler. Recht hat er. – Er sagte, ein Grundstein seiner Politik wird sein: Schluss mit neuen Schulden! – Jawohl, Herr Vizekanzler.

Und wenn er sagt, dass die Hypo Alpe-Adria der größte Finanzskandal der Zweiten Republik sei, dann gebe ich ihm auch recht, dann frage ich aber, warum beide Regie­rungsparteien immer wieder die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ableh­nen. (Beifall bei der FPÖ.)

Österreichs Staatsfinanzen sind in eine Schieflage geraten, und die Hypo Alpe-Adria wird nur als eine Ausrede herangezogen und hergenommen. (Beifall bei der FPÖ.) Es war ja vorher schon so, dass wir mittlerweile die höchste Steuerbelastung haben, dass wir mehr Steuern zu bezahlen haben als die Schweden, und das hat nichts mit der


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Hypo Alpe-Adria zu tun, weil Sie den Menschen nur das Geld aus der Tasche ziehen! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Hauptbetroffenen sind leider die Familien. Eine Sanierung dieses Staates durch Mehreinnahmen und Senkung der Ausgaben Schritt für Schritt ist doch letzten Endes gescheitert. Die Wirtschaft – wir haben es in den letzten Tagen immer wieder gehört –, sei es die Industriellenvereinigung, sei es die Wirtschaftskammer, macht auf diese Ent­wicklung aufmerksam. Wenn man bedenkt, dass in den letzten drei Jahren die Einnah­men um 14 Prozent gestiegen sind, dann frage ich mich: Wo bleibt das Geld bei den Familien hängen? – Die haben kein Geld mehr, um ihr tagtägliches Leben bestreiten zu können! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Diskussion, die der Generaldirektor der oberösterreichischen VOEST angezogen hat, dass der Standort Österreich nicht mehr konkurrenzfähig sei, ist doch eine erste Botschaft, dass wir nachzudenken haben, wie wir die Rahmenbedingungen ändern. Im weltweiten Wettbewerbsindex der Schweizer Wirtschaftshochschule IMD sind wir in den letzten vier Jahren um sieben Plätze zurückgefallen, vom 16. auf den 23. Platz. Es herrscht Alarmstufe 1, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Auch die Weltbank und das Weltwirtschaftsforum bekritteln die übermäßige Steuerbe­lastung unserer Bevölkerung. Wo ist die angekündigte Entfesselung der Wirtschaft jetzt eingetreten? Bei diesem Budget kann ich eine solche nicht feststellen. Stattdessen wird durch die kalte Progression die Steuer für die Menschen immer höher, und sie müssen immer mehr Geld abliefern.

Was wir brauchen, damit wir für die Zukunft gut aufgestellt sind, ist eine umfangreiche Staats- und Strukturreform. Wir haben, das müssen wir uns eingestehen, einen anti­quierten, aus der Monarchie übernommenen Aufbau des Staates, diesen gilt es zu überdenken und zu sanieren. Die Verknüpfungen an den Schnittstellen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sind eine Katastrophe. Das hat Auswirkungen – wir haben unlängst darüber diskutiert – auf die gesamte Bildungsdebatte, weil wir nicht wissen, wer zuständig ist, Bund oder Länder. Und diese Debatte wird weitergeführt. Das hat Auswirkungen im Gesundheitsbereich, wo wir viele verschiedene Stellen haben, die die Förderungen ausbezahlen, wo keine einheitliche Linie zu erkennen ist. Das hat Auswir­kungen auf die Pensionen, das hat Auswirkungen vor allem bei den Subventionen, wo selbst der Vizekanzler heute zugegeben hat, dass es nicht mehr möglich ist, dass verschiedene Bundesstellen Förderungen auszahlen, aber auch Länder, Gemeinden et cetera. Wir brauchen da einen ordentlichen Überblick.

Nicht einmal bei dem einheitlichen Rechnungswesen, das der Opposition schon zuge­sagt wurde, gibt es jetzt einen Vorstoß, dass wir das einführen. Das wäre die erste Vo­raussetzung zur Kontrolle eines Budgets.

Wir müssen uns endlich einmal im Klaren sein, in welche Richtung unser Staat zu ge­hen hat. Wollen wir einen föderalistischen Staat oder einen zentralistischen Staat? Wollen wir ein Schweizer Modell, oder wollen wir mehr das schwedische Modell? Beide Modelle sind brauchbar, aber das, was wir jetzt haben, ist weder Fisch noch Fleisch, sondern nur eine gegenseitige Blockade von Bund und Ländern. Das gehört endlich einmal aus dem Weg geräumt! (Beifall bei der FPÖ.)

Derzeit ist es so, dass die Landeshauptleute die Politik bestimmen und nicht die Bun­desregierung.

Es geht um die Umsetzung der Vorschläge sowohl des Rechnungshofes als auch des Österreich-Konvents, aber davon sehe ich bei dieser Budgetrede weit und breit keinen Ansatz. Dass es geht, hat uns Schweden schon lange gezeigt. In Schweden wurde der Staat, das Budget umfangreich saniert, und heute steht Schweden wesentlich besser


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da als wir. Warum schaffen wir das in Österreich nicht? – Weil Rot und Schwarz sich nur gegenseitig blockieren und ihre eigenen Interessen vertreten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann nur eines sagen – und da gebe ich zum Schluss dem Vizekanzler wieder recht –, was künftig gelten muss, damit die Familien wieder mehr Geld in den Taschen haben: Wer hart arbeitet, muss künftig wieder mehr Geld in der Tasche haben! – Ja­wohl, Herr Vizekanzler! (Beifall bei der FPÖ.)

11.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Musiol gelangt nun zu Wort. Ebenfalls 7 Minuten. – Bitte.

 


11.30.51

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! ZuhörerInnen hier im Haus! Ich habe so wie Sie die Budgetrede des Vize­kanzlers und Finanzministers gehört und habe da einige Male das Wort „Reformen“ vernommen, und ich traute meinen Ohren nicht. Reformen sehen doch anders aus. Ich würde dieses Budget als ein Stillstandsbudget bezeichnen und nicht als ein Reform­budget. Ich möchte Ihnen das anhand der Familienpolitik vor Augen führen.

Die Regierung feiert heute eine Änderung der Familienbeihilfe ab, eine Änderung in der Familienbeihilfe, die wir schon seit Langem gefordert haben, nicht nur wir, sondern auch andere Oppositionsparteien – FPÖ, BZÖ a.D. und auch andere. Aber wenn wir uns die Fakten anschauen, was genau den Familien davon übrig bleibt, dann sind das 4 bis 6 Euro pro Monat. Und das als großartige Reform abzufeiern ist doch Hohn. Ab­gesehen davon, dass das jetzt nur eine einmalige Erhöhung ist (Abg. Wöginger: Das stimmt ja nicht! Das ist keine einmalige Erhöhung!) und überhaupt nicht gesichert ist, was über 2018 hinaus passiert. Das heißt, Sie denken über Ihre eigene Regierungs­periode nicht hinaus. (Abg. Wöginger: Warum erzählen Sie die Unwahrheit? Warum?) 2018 enden diese Erhöhungen, und danach weiß man nicht, wie es weitergeht. Wir fordern seit Jahren eine Inflationsanpassung. Wir fordern seit Jahren, dass die Fami­lien das Geld bekommen, das sie brauchen. (Beifall bei den Grünen.)

Sie brauchen nicht nur Geld in Form von Familienleistungen, sondern sie brauchen auch Leistungen in Form von Sachleistungen. Das ist Nachmittagsbetreuung, das ist Kinderbetreuung für die Kleinsten und Kleinen, aber natürlich auch für die Schulkinder.

Ihre Reformen in diesem Budget kann man daraus sehr gut ablesen, zum Beispiel im Bereich der Schulkinder. Wie schaut es denn aus mit dem angekündigten Ausbau der Ganztagsschulen? In diesem Budget liest man von einer Reduktion dieses Ausbaus der Ganztagsschulen, einem reduzierten Ausbau dieser Ganztagsschulen. Wie schaut es denn aus mit der sogenannten Familienfreundlichkeit? Der Sozialminister verhan­delt gerade eine flexible Tagesarbeitszeit von 12 Stunden für ArbeitnehmerInnen. (Abg. Wöginger: Für wen? Für wen verhandelt er das? – Da wird nur die Unwahrheit erzählt! Das ist unglaublich! – Abg. Auer: Und das bewusst!) Wie sollen das, bitte, die Familien organisieren? Schauen Sie sich doch die Kinderbetreuungslandschaft in Österreich an! Da schaue ich ganz genau auch die SPÖ an, die hier immer davon spricht, dass wir eine sozial gerechte Familienpolitik brauchen, dass wir einen Ausbau der Kinderbetreu­ungseinrichtungen brauchen.

Sie, Frau Kollegin Lueger, haben jetzt wieder den Bundesrahmenplan ins Treffen ge­führt und haben gesagt, wir brauchen eine einheitliche Regelung. Sie wissen ganz ge­nau, dass ich in der gesamten letzten Gesetzgebungsperiode in fast jeder Sitzung des Familienausschusses unseren Antrag auf eine einheitliche Regelung zur Kinderbetreu­ung eingebracht habe, und die SPÖ hat dagegen gestimmt, obwohl Sie selber so einen Antrag schon einmal gestellt hatten. Das ist doch keine Reformpolitik, das ist Still­standspolitik! Sie werden nicht an Ihren Ankündigungen oder an Ihren Versprechun-


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gen, die Sie vor Wahlen machen, gemessen, sondern Sie werden daran gemessen, was die Familien tatsächlich bekommen. Und das sind heute 4 bis 6 € pro Monat. Das ist doch wirklich ein Hohn! (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Bundesministerin Karmasin: Mehr! !)

Natürlich könnte es auch weniger sein – weil die Frau Ministerin sagt: mehr –, aber, Frau Ministerin, Sie wissen, was man für Kinder ausgibt, Sie wissen, was man für Kin­der braucht. Sie wissen hoffentlich auch, wie viel Familien an Einkommen zur Verfü­gung steht, und Sie wissen dann hoffentlich auch, in welcher Relation dazu 4 bis 6 € stehen. Davon kann man nicht einmal in einer Woche die Jause bestreiten. Also das ist doch wirklich lächerlich, das hier als tolle Reform zu verkaufen.

Die Vorgangsweise, die Sie in der Familienpolitik regelmäßig anwenden, weist schon ein gewisses Muster auf: Sie versprechen immer rund um Wahlen alles Mögliche – als Beispiel nenne ich die 13. Familienbeihilfe, die Sie sogar eingeführt haben –, und dann, ein wenig später, nehmen Sie diese Versprechungen wieder zurück. Das heißt, wir können nur darauf warten, was Sie von all den Versprechungen, die Sie jetzt in Ihrem Regierungsübereinkommen gemacht haben, oder was Sie auch von diesen Leistun­gen, die Sie hier jetzt einbringen, wieder zurücknehmen werden, immer unter dem Mantel: Wir können es uns nicht leisten. – Dann versprechen Sie es den Familien nicht! Dann machen Sie doch bitte ehrliche Familienpolitik!

Und nicht nur wir, sondern auch sämtliche Institutionen haben das in den Stellungnah­men rückgemeldet, aber vor allem auch unser Kontrollorgan, der Rechnungshof, weist Sie seit Jahren darauf hin, dass dieser Dschungel der Familienleistungen, dass diese gesamte Familienpolitik, die Sie in Österreich seit Jahren betreiben, so nicht weiter haltbar ist. Wir haben in Österreich über 200 Familienleistungen, wo kein Mensch weiß, wer die bekommt, warum man sie bekommt. Die Betroffenen wissen oft gar nicht, dass sie ihnen zustehen, und die, die es auszahlen, wissen nicht, wohin diese Leistungen ei­gentlich fließen und ob sie wirklich die Wirkung haben, die sie haben sollen. Das ist doch nicht Familienpolitik des 21. Jahrhunderts! Sie können mir doch nicht einreden, dass das moderne Familienpolitik ist! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Strolz.)

Und wenn der Abgeordnete Strasser sagt, an die ZuhörerInnen und ZuschauerInnen gerichtet, wir machen Politik für Sie, dann kann ich Ihnen sagen, ich weiß – damals wa­ren Sie noch nicht im Haus –, wen Sie von der ÖVP mit „Sie“ meinen. Ich erinnere nur an das sogenannte Familienentlastungspaket, Steuerpaket. Was hat das gebracht? – Dieses Steuerpaket hat die gut und besser verdienenden Familien unterstützt, aber keinerlei Änderungen und keinerlei Verbesserungen und Unterstützungen für jene Fa­milien gebracht, die so wenig verdienen, dass sie nicht einmal Steuern zahlen.

Und da hat die SPÖ mitgemacht! Da kann man sich jetzt nicht wieder auf den ÖVP-Partner ausreden. Sie sind zwei – hoffentlich gleichberechtigte – Partner, und Sie ha­ben das gemeinsam beschlossen. Und das haben Sie aber nicht zurückgenommen! (Abg. Strasser: Wir leisten hervorragende Arbeit!) Sie können sich selber mantraartig vorsagen, dass Sie großartige Arbeit leisten, aber wenn Sie sagen, wir wollen 2025 das familienfreundlichste Land werden, dann kann ich Ihnen nur auf gut Wienerisch sa­gen: Da müssen Sie aber noch ordentlich „anzahn“ (Abg. Strasser: Wir zeigen Ihnen, wie es geht!), denn so, wie Sie das jetzt machen, wird sich das nicht ausgehen. (Beifall bei den Grünen.)

Und bezüglich der Investition in Kinderbetreuung ist schon auch noch die Frage offen: 350 Millionen € sind angekündigt, aber die sollen in den Ausbau der Plätze vor allem für unter Dreijährige investiert werden, in Qualitätssicherung – sprich: so, dass man auch wirklich von Bildungseinrichtungen sprechen kann –, in die Ausbildung und in die Ausstattung von PädagogInnen – da haben wir einen absoluten Mangel, weil es Öster-


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reich immer noch nicht geschafft hat, hier gegenüber dem Rest von Europa nachzuzie­hen und die Ausbildung akademisch zu machen –, in die Sprachförderung. Das kann Ihnen doch jeder vorrechnen, dass die Erreichung all dieser Ziele, die Sie hier jetzt groß propagieren, sich nicht ausgehen wird.

Ich sage Ihnen, wenn Sie wirklich sozial gerechte Familienpolitik machen wollen und wenn Sie wirklich familienfreundlichstes Land 2025 werden wollen, dann wäre es ein erster Schritt, all die Anträge, die wir Grünen, aber auch die NEOS und die anderen Oppositionsparteien eingebracht haben – von der FPÖ vielleicht nicht alle (Heiterkeit des Abg. Deimek) –, auch einmal abzustimmen und nicht immer nur zur vertagen. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

11.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Klubvorsitzende Dr. Nachbaur zu Wort. 7 Minuten. – Bitte.

 


11.38.25

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (STRONACH): Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Regierungsvertreter! Hohes Haus! Sehr geehrte Steuerzahler! Das neue Bud­get ist – wenig überraschend – ein Budget der Rekordschulden, der Rekordsteuern, und wieder einmal gibt es ein Defizit. Das ist hierzulande ja schon üblich: Seit den sieb­ziger Jahren produziert die rot-schwarze Regierung verlässlich ein Defizit.

Bei allem Respekt, Sie können einfach nicht wirtschaften und Sie verhöhnen die Fami­lien: 4 € mehr pro Kind, und das nicht inflationsangepasst! Sie lassen Milliarden in der Verwaltung versickern. Die Vorschläge des Rechnungshofs bleiben zu einem Großteil unangetastet. Sie verweigern jegliche Reform und haben jetzt den Mut, sich hier herzu­stellen und stolz zu verkünden, dass die Familien um 4 € mehr bekommen?! Da kann eine Mutter ihrem Butzi einen Silikon-Schnuller kaufen. Der Latex-Schnuller kostet 5 €, der wird sich nicht ausgehen. (Abg. Wöginger: Was ist denn das für ein Schnuller? Das ist ja ein Stronach-Schnuller, wenn der 5 € kostet!)

Laut Rechnungshof bringt eine Reduktion der Verwaltung von nur 5 Prozent 7 Milliar­den € ein, und das jedes Jahr. In Ihrem Paket werden den Familien in den nächsten Jahren knapp über 800 Millionen € an Transferzahlungen übermittelt. Ich frage mich: Wie sinnvoll ist denn so eine Maßnahme, die über 800 Millionen € kostet, wobei eine Familie pro Kind 4 € bekommt? (Beifall beim Team Stronach.)

Ich kritisiere dieses sozialistische Umverteilungsmodell. Die Steuerzahler werden aus­gepresst wie eine Zitrone, damit der Staat dann in Form von Transferleistungen umver­teilen kann. Dabei verschlingt die Verwaltung einen beachtlichen Teil des Geldes; aber Umverteilung bedeutet Macht (Beifall beim Team Stronach), und um der Macht willen will die Politik jedenfalls weiterhin besteuern und umverteilen.

Offensichtlich will man keine unabhängigen Bürger. Es wäre doch viel besser, wenn die Familien mehr Geld in ihren Geldtaschen hätten und selbst bestimmen könnten, wie sie ihre Kinder betreuen möchten – eine Art Open Society. Ich traue jeder Mutter und jeder Familie zu, dass sie selbst am besten weiß, wie ihr Kind zu betreuen und was gut für ihr Kind ist. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir schlagen vor, dass Familien ab zwei Kindern in die Familienbesteuerung wechseln können, um so die Steuerlast zu senken. Kindererziehung darf nicht zu einer Armuts­falle werden, und es muss einfach für jede Frau leistbar sein, dass sie beim Kind zu Hause bleiben kann, wenn sie das möchte. (Beifall beim Team Stronach.)

Frauen, die freiwillig zu Hause bleiben, werden von der Politik wirklich krass benachtei­ligt; anscheinend traut die Politik ihnen das nicht zu, vielleicht weil sie keine pädagogi­sche Ausbildung genossen haben. Ich kann Ihnen sagen, ich bin heute noch sehr froh


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und dankbar, dass meine Mutter zu Hause geblieben ist und sich um mich gekümmert hat. Der beste Pädagoge kann ein Mutterherz nicht aufwiegen. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Absurdeste in diesem Zusammenhang ist Folgendes: Wenn eine Mutter ihr Kind zur Betreuung mit der Nachbarin tauscht, dann hat sie plötzlich eine echte Arbeit, die einen Namen hat, nämlich „Tagesmutter“, sie hat ein Einkommen, und sie genießt eine gewisse Anerkennung seitens der Politik. Wenn sie aber ihr eigenes Kind zu Hause be­treut, dann ist sie nur Mutter?!

Viele Mütter arbeiten, und auch diesen Müttern gebührt selbstverständlich der größte Respekt. Es ist nicht einfach, alles unter einen Hut zu bringen. Für ihre Unterstützung und ganz besonders für Alleinerziehende brauchen wir flexible Kinderbetreuungsein­richtungen mit einem umfassenden Lern- und Sportangebot, wo es gesundes Essen für die Kinder gibt und wo sie sich an der frischen Luft austoben können, Spaß haben können, lernen können, vielleicht ein Instrument lernen können. Es braucht solche Ein­richtungen, und da plädiere ich dafür, dass man den Unternehmern einen Steueranreiz gibt, dass sie Betriebskindergärten einrichten, damit es für die arbeitenden Frauen eine Möglichkeit gibt, ihre Kinder optimal unterzubringen. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich plädiere wiederholt dafür: runter mit den Steuern, runter mit den Verwaltungskos­ten, mehr Geld in die Taschen der arbeitenden Familien, Mütter, Menschen!

Ganz besonders absurd in diesem Zusammenhang – jetzt möchte ich den Bogen zum Budget spannen – ist das Bestreben der Regierung, möglicherweise mit einem 25 Pro­zent-Anteil an der Telekom Austria festzuhalten. Da geht es anscheinend rein um Macht­erhalt und Körberlgeld für Einzelne auf Kosten der gesamten Bevölkerung. Es gibt kein Geld für Bildung, Forschung und Wissenschaft und genau 4 € für die Familien, und trotzdem will die Regierung bis zu 400 Millionen € Steuergeld in die Hand nehmen, um ihren Einfluss bei der Telekom Austria zu sichern?! – Das ist völlig unverantwortlich! Der Staat hat kein Geld. Woher soll er es denn nehmen? Soll er also weitere Schulden machen, um den Einfluss bei der Telekom Austria zu sichern? – Diese proporzmäßi­gen Postenbesetzungen müssen endlich aufhören!

Mein Vorschlag dazu: Jedes Organ der ÖIAG soll im Verhältnis zu seinem Einkommen Aktien der ÖIAG-Firmen kaufen müssen. So würde jeder lernen, was Verantwortung ist, und mit dem Steuerzahler endlich im selben Boot sitzen. (Beifall beim Team Stro­nach.)

Nachdem der Telekom-Markt ohnehin liberalisiert worden ist, ist es vollkommen unver­ständlich, auf europäischer Ebene für Liberalisierung einzutreten und auf österreichi­scher Ebene wieder zurückzurudern – aufgrund von Machtansprüchen und Eitelkeiten. Auch das Sicherheitsargument gilt nicht. Da wir anscheinend ohnehin eng mit der NSA zusammenarbeiten, gibt es hier kein Sicherheitsargument.

Abschließend: Da in unserem System die private Vermögensbildung durch die gewal­tigen Steuern sowieso praktisch unmöglich geworden ist, sollte man dankbar sein, dass ein Investor kommt, Geld in die Hand nimmt, Arbeitsplätze sichert und im Idealfall neue schafft – noch dazu wo die ÖIAG sich aus der Telekom heraus jahrelang fette Di­videnden ausgezahlt hat und dabei das Unternehmen praktisch ausgeblutet hat. Und jetzt gibt die Regierung möglicherweise frisches Kapital, um Einzelne nicht dem Machtverlust hinzugeben, während es für Familien 4 € gibt und die Bildungsministerin ein Sparpaket verkaufen muss?! – Das ist ein eklatantes Missverhältnis und zeigt ganz klar das mangelnde Verständnis dieser Regierung, was für die Familien und für die Bürger in diesem Land wirklich wichtig ist. (Beifall beim Team Stronach.)

Wie immer möchte ich aber konstruktiv sein. Ich weiß, in Zeiten von Riesendefizit und Riesenschulden ist es nicht einfach, den Familien Steuererleichterungen zukommen zu


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lassen, aber mein Appell an die Regierung lautet: Erkennen Sie die Familie als Grund­baustein der Gesellschaft an! Zeigen Sie Verständnis für Familien und Frauen, nehmen Sie ihnen nicht Unmengen von Steuern ab, um dann almosenartig zurückzuverteilen!

Ich sage ganz klar: Die Familien und insbesondere die Frauen sind die Basis unserer Gesellschaft, die Basis für alles, trauen wir ihnen mehr zu! – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

11.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Dr. Strolz zu Wort. – Bitte.

 


11.45.56

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kol­legen des Hohen Hauses! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Liebe Hypo-Zahler und ‑Zah­lerinnen! Liebe junge Gäste hier im Hohen Haus! Das Thema ist das Budget, konkret jetzt die Familienleistungen des Staates, und ich darf berichten, dass wir NEOS beim Thema Erhöhung der Familienbeihilfe zustimmen werden. Wir finden es wichtig, dass wir in eine Verbesserung des familienfreundlichen Klimas investieren, da ist allzu lange nichts passiert, und deswegen sagen wir dazu Ja.

Grundsätzlich wollen wir da stärker in Sachleistungen investieren – Stichwort: Früh­kindpädagogik weiter ausbauen; Stichwort: sprachliche Frühförderung in der Mutter­sprache, egal, ob Deutsch oder nicht Deutsch, das erscheint uns ganz besonders wich­tig. Natürlich machen wir uns auch Sorgen über das Riesenloch, das im Reservefonds des Familienlastenausgleichsfonds klafft, nämlich 2,9 Milliarden mit Ende 2014. Beate Meinl-Reisinger wird darüber im Anschluss noch genauer berichten.

Insgesamt habe ich natürlich Verständnis für den Herrn Finanzminister. In so einer an­gespannten Lage ein Budget zu erstellen, das ist keine einfache Aufgabe, das ist ganz klar. Wie konnten wir aber in eine so angespannte Lage kommen?, das ist die große Frage.

Der Umstand ist jener: Seit 52 Jahren – da waren wahrscheinlich mehr als drei Viertel der Besucher auf der Galerie und auch ein Gutteil der Mandatare, jedenfalls des NEOS-Klubs, noch gar nicht auf der Welt – machen SPÖ und ÖVP ganz verlässlich und jedes Jahr neue Schulden – ganz verlässlich und jedes Jahr neue Schulden, seit 52 Jahren!

Wir alle, so wie wir da sitzen und stehen, wissen, wir werden das in den nächsten 52 Jahren nicht mehr tun können. Das wird nicht gehen, das geht sich nicht mehr aus! Das spielt es nicht mehr! Das geht sich nicht einmal mehr für die nächsten 20 Jahre aus, das wissen wir alle. (Abg. Schieder: Was hat das mit der Familie zu tun?  The­ma!) Die gute Nachricht ist – und das gefällt mir –: Es sickert zumindest die Einsicht ein, dass man das Budget, auch wenn man Familien weiter fördern will, nicht langfristig auf Pump finanzieren kann. Das geht sich auch nicht aus.

Es ist so, dass ÖVP und SPÖ langsam zu verstehen beginnen, wie das John Maynard Keynes damals gemeint hat, nämlich: in schlechten Zeiten zuschießen und investieren, um die Nachfrage zu beflügeln. Die zweite Hälfte haben sie aber nie verstanden oder ignoriert: in guten Zeiten auf die Seite legen. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Ich kann Ihnen sagen, Herr Krainer, in den letzten 52 Jahren waren echt fette Jahre dabei, echt saufette Jahre! Und Sie haben es nicht einmal geschafft, einen Cent auf die Seite zu legen, nicht ein Mal! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten des Teams Stro­nach.)

Die fetten Jahre sind vorbei! Sie haben in diesen fetten Jahren eine Wahlparty nach der anderen gefeiert (Zwischenruf des Abg. Schieder), und die Rechnung zahlt die


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nächste Generation. Die Jungen brennen wie die Luster, und Sie finden das nicht ein­mal daneben.

Ich hatte letzte Woche eine Schulklasse zu Besuch – man braucht nicht John Maynard Keynes, man braucht Hausverstand –; selbst Neunjährige mit ihrem Hausverstand kön­nen einwandfrei erkennen: Es ist weder nachhaltig noch fair, 52 Jahre lang jedes Jahr Schulden zu machen, das geht sich nicht aus! – Neunjährige verstehen das, Sie ver­stehen es nicht. (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) Warum verstehen Sie das nicht? – Weil Sie ein Credo haben! Ihr Credo ist: Lieber ein paar Milliarden neue Schulden auf Kosten der nächsten Generation, als das eine oder andere Privileg mei­ner Klientel beschneiden! Lieber ein paar Milliarden Schulden auf Kosten der nächsten Generation, als ein Privileg meiner Klientel beschneiden!

Sie haben über Jahre und Jahrzehnte versucht, die Wählerschaft damit anzufüttern und strukturell zu korrumpieren – und das ist nicht in Ordnung! (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) Das ist nicht in Ordnung! (Beifall bei den NEOS sowie bei Ab­geordneten des Teams Stronach.)

Die traurige Botschaft dieses Budgets und damit der Ausblick für die nächsten Jahre lautet: SPÖ und ÖVP sind nicht willens – oder nicht fähig –, enkelfitte, generationenge­rechte Budgets zu machen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Schieder und Königs­berger-Ludwig.) Sie sind nicht fähig oder nicht willens, das ist noch ungeklärt; wir un­tersuchen weiter. Beides ist natürlich eine Tragik.

Sie verhaspeln sich im Klein-Klein, und ich respektiere, dass Sie sich wirklich bemühen (Zwischenruf des Abg. Krainer), im Klein-Klein wirklich bemühen. Ich respektiere Ihre zaghaften Versuche im Klein-Klein, aber Ihr Problem ist: Sie züchten Hippos. (Der Redner zeigt ein rot-schwarz bemaltes Hippo mit einem 500-€-Schein im Maul.) Sie sind ein Zuchtverein, SPÖ und ÖVP, Sie züchten Hippos. (Zwischenruf der Abg. Kö­nigsberger-Ludwig.) Sie kultivieren Sumpflandschaften (Abg. Wöginger: Was ist denn das für eine Wortwahl?!), und in diesen Sumpflandschaften züchten Sie Hippos.

Diese Hippos haben verschiedene Namen, etwa Hypo Alpe-Adria; Namen wie Pen­sionslüge, Gesundheitsreformen, die nicht stattfinden (Zwischenrufe bei der ÖVP), nämlich Gesundheitssysteme als vergoldete Schrebergärten von Landesfürsten und Kammerapparatschiks. – Das sind Ihre Hippos, und sie fressen Geld, Geld, Geld, Ende nie! Sie fressen das Geld, das wir in der Bildung, in der Forschung, für den Ausbau des Breitbandes bräuchten. (Ruf bei der ÖVP: Völlig durchgeknallt!) Sie versenken das Geld in der Parteienförderung (Zwischenruf des Abg. Schieder), Sie versenken es in den Zuschüssen.

Ich habe heute nur 7 Minuten – das Lamperl hier leuchtet schon –, deswegen werde ich Ihnen morgen sagen, wo wir NEOS investieren würden, wenn wir in Regierungsver­antwortung wären, und wo wir das Geld herholen. (Beifall bei den NEOS. – Zwischen­rufe bei SPÖ und ÖVP.)

Eines ist klar: Mit Rot-Schwarz ist Österreich zukunftsarm. Sie haben große Verdiens­te, aber wenn Sie so weitermachen, werden wir Sie als Polit-Dinos im Museum besu­chen, denn die Jungen haben längst erkannt, dass sie von Ihnen verraten werden.

Das ist Ihr Wappentier. (Der Redner zeigt erneut das rot-schwarz bemalte Hippo.) Das gebe ich Ihnen mit, Frauen Ministerinnen, bitte geben Sie es Herrn Faymann, Herrn Spindelegger, bitte stellen Sie es auf den Schreibtisch! Es soll ein mahnendes Zeichen sein. Eine Umkehr ist möglich, Sie müssen nur wollen. Wie es gehen kann, werden wir Ihnen morgen erklären. – Hippo, das Wappentier der rot-schwarzen Regierungskoali­tion! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Strolz überreicht das Hippo den Bundesministerin­nen Heinisch-Hosek und Karmasin.)

11.52



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 52

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache nur darauf aufmerksam, dass wir heute keine Budgetdebatte haben. Herr Klubobmann Strolz ist ganz knapp daran vor­beigeschrammt, dass ich den Ruf zur Sache aussprechen musste. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Auer: Keine Ahnung von Parlamentarismus!) Wir müssen uns an un­sere eigenen Regeln, an die Geschäftsordnung halten, und es ist so vereinbart, dass die Budgetdebatte morgen im Rahmen der ersten Lesung stattfindet – und nicht jetzt. Sie haben zum Thema Familienbeihilfe praktisch gar nichts gesagt. (Ruf bei der ÖVP: Inhaltsleer! – Zwischenruf des Abg. Strolz.– Sie haben das Wort „Familie“ in den Mund genommen, aber das ist noch nicht die Familienbeihilfe.

Als nächste Rednerin gelangt Frau Bundesministerin Dr. Karmasin zu Wort. Redezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


11.53.28

Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin: Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Bürger und Bürgerin­nen! Vielen Dank für die Beiträge, vor allem jene, die die Familie betroffen haben! Sehr geehrter Herr Strolz, bitte sparen Sie sich die Ressourcen, schade um das Erdöl, das da drinsteckt! Vor allem diese comicartige Politik würde ich ein bisschen relativieren wollen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei der SPÖ.)

Zum Thema – zum eigentlichen Thema –, nämlich Familie. Ich glaube, es ist unbestrit­ten, Familie ist das Wichtigste, jedenfalls für 95 Prozent der Menschen in Österreich. Leider stehen wir vor der Situation, dass dieser Wunsch, eine Familie zu gründen, Kin­der zu haben und in einer Familie zu leben, nicht der Realität entspricht.

Wir wissen aus der letzten Studie, einer europaweiten, sehr fundierten Panelstudie, dass 43 Prozent der Menschen, die sich in den letzten drei Jahren Kinder gewünscht haben, diesen Wunsch realisieren konnten. Das heißt, der Wunsch und die Wirklichkeit stehen mittlerweile in einem eklatanten Gegensatz, und das ist doch ein Armutszeug­nis für Österreich. Darüber hinaus nimmt die Anzahl der Familien stetig ab, das heißt, wir werden immer mehr in einem Land leben, das von Singles und Alleinstehenden oh­ne Kinder geprägt ist. Das sind Werte und eine Lebenshaltung, die uns, wie ich glaube, verändern werden, dem müssen wir selbstverständlich entgegensteuern.

Das heißt also, das Familienthema ist ein Zukunftsthema, und es ist letztendlich auch ein Wirtschaftsthema. Wenn wir es nicht schaffen, in diesem Bereich zu investieren und das Thema Familie in Österreich wieder stärker zu bedenken, kommen uns die Zu­kunft, unser Wohlstand und letztendlich unsere Lebensqualität abhanden.

Daher bin ich sehr froh, dass die Bundesregierung sich verständigt hat, 1,6 Milliarden € in diesen Bereich zu investieren. Es geht da wohlgemerkt um 50 Prozent Direktzahlun­gen und 50 Prozent Sachleistungen. Das ist doch gewissermaßen ein Paradigmen­wechsel, denn bis dato haben wir 80 Prozent Direktzahlungen und 20 Prozent Sach­leistungen. Da spreche ich schon von einem Paradigmenwechsel, man kann es auch Reform nennen. Es ist jedenfalls eine neue Art, Familie, Kinder und Schulbetreuung zu denken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wie schon ausgeführt, wollen wir Österreich innerhalb der nächsten zehn Jahre zum familienfreundlichsten Land Europas machen, das ist mein erklärtes Ziel. Das ist kein leichtes Ziel, vor allem angesichts der Tatsache, dass im Moment nur 31 Prozent der Österreicher das empfinden, während es in Dänemark beispielsweise 90 Prozent sind. Dahin ist also noch ein weiter Weg. Aber, wie gesagt, das Commitment der Bundes­regierung mit den größten Investitionen in dieser Legislaturperiode in den Bereich Familie – und in keinen anderen – sehe ich schon als ganz klaren Auftrag und auch als ehrliches Ansinnen, dieses Ziel zu verfolgen und zu erreichen.


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Wenn wir jetzt über die Familienbeihilfe sprechen – die einzelnen Eckpunkte sind ja bekannt –, ist es vielleicht auch ganz interessant, zu sehen, wie man mit Zahlen hantie­ren kann. Es geht um 830 Millionen € – das ist in einer Zeit, in der Einsparungen in je­dem Ressort notwendig sind, ja wohl kein Pappenstiel –, und da wird immer von 3 € pro Familie gesprochen. – Das ist einfach falsch, wenn wir uns den Gesamtzeitraum und die Gesamterhöhungen über die Periode ansehen. Man kann ja nicht nur von ei­nem Wert sprechen. Wenn man zwei Kinder hat, wenn man den Mehrkindzuschlag be­rücksichtigt, wenn man erheblich behinderte Kinder berücksichtigt, da liegen wir zwi­schen 350 € (Ruf bei der FPÖ: Pro Monat !) und 1 500 € Erhöhung über die gesamte Periode. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Also 1 500 € Erhöhung ist ja wohl kein klei­nes Thema. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich gebe Ihnen recht: Natürlich könnten wir die Familienbeihilfe verdoppeln. Das ist aus einer Position heraus, in der man nicht verantwortungsvoll mit den Staatsfinanzen um­gehen muss und einen Budgetpfad erreichen will, immer leicht gesagt. Ich glaube, das Commitment ist ein eindeutiges. Vor allem handelt es sich nicht um eine einmalige Er­höhung, sondern – und darauf sind wir schon sehr stolz – es ist eine systematische An­passung der Familienbeihilfe (Zwischenrufe bei der FPÖ), erstmals überhaupt in der Geschichte der Familienbeihilfe, und seit 13 Jahren das erste Mal eine Erhöhung, die systematisch im Zweijahresrhythmus erfolgt, wohlgemerkt bis 2018; wir können ja nicht über die Legislaturperiode hinaus entscheiden.

Ein Punkt noch, der mir wichtig ist: die monatliche Auszahlung der Familienbeihilfe. Das ist jetzt untergegangen, aber es ist mir ein ganz wichtiges Anliegen, dass wir das auch entscheiden und durchsetzen konnten. Gerade für sozial schwächere Familien ist es ein wichtiges Thema, monatlich über die Finanzen verfügen zu können. Alle ande­ren Ausgaben und Einnahmen werden monatlich abgerechnet, dementsprechend ist es mir ein Anliegen, auch die Familienbeihilfe monatlich zu planen und ausgeben zu kön­nen, gerade für sozial schwache Familien, alleinstehende ErzieherInnen – meistens sind es Frauen – diese Möglichkeit zur Verfügung zu stellen. (Präsident Kopf über­nimmt den Vorsitz.)

Abschließend möchte ich noch sagen, dass die Familienbeihilfe natürlich ein gewalti­ges finanzielles Instrument ist. Eine durchschnittliche Familie mit zwei Kindern erhält fast 5 000 € im Jahr unter dem Titel der Familienbeihilfe. Das ist schon ein gewaltiger Betrag, der jetzt, wie gesagt, über die Legislaturperiode, zwischen 350 € und 1 500 € aufgestockt wird. Ich finde es immer ein bisschen blasphemisch, wenn gesagt wird, es seien 3 €, weil es einfach nicht stimmt. Man muss das Alter des Kindes und die Anzahl der Kinder berücksichtigen. Und letztendlich muss man auch 3 € Steuergeld wertschät­zen, für manche Familien ist das durchaus ein nennenswerter Betrag. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Abschließend möchte ich sagen: Mit dieser Erhöhung der Familienbeihilfe, die ja erst der erste Schritt auf dem Weg zu einem familienfreundlicheren Österreich ist, haben wir einen, wie ich glaube, sehr, sehr wichtigen Schritt der finanziellen Unterstützung der Familien gemacht. Die weiteren Komponenten im Bereich der Vereinbarkeit, der Betreuungseinrichtungen werden folgen. Wie gesagt, das ist der erste Schritt auf dem Weg zum familienfreundlichsten Land in Europa Österreich, und ich bitte Sie hier um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.00


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek. – Bitte.

 


12.00.38

Bundesministerin für Bildung und Frauen Gabriele Heinisch-Hosek: Herr Präsi­dent! Frau Kollegin Karmasin! Hohes Haus! Ich glaube auch, dass es gut, richtig und


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wichtig ist, dass sich das Verhältnis von Geld- zu Sachleistungen schon in den vergan­genen Jahren positiv verschoben hat. Ich darf erinnern: Seit 2008 gibt es Geld für den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen. Es sind bis heute über 50 000 neue Plät­ze damit geschaffen worden, weit über 11 000 Arbeitsplätze gehen damit einher.

Es ist schön, dass seit 1999 zum ersten Mal die Familienbeihilfe, also eine Geldleis­tung, erhöht wird und dass diese monatlich ausbezahlt wird, denn wir wissen, dass es für manche Familien vom Einteilen her schwierig war, über zwei Monate zu rechnen und zu schauen, ob sie mit dem Geld auskommen. Ich denke, die monatliche Auszah­lung ist auch eine große Hilfe, ebenso die Sicherstellung betreffend die Erhöhung der Familienbeihilfe bis zum Ende dieser Legislaturperiode.

Aber gehen wir einen Schritt weiter, denn ich bin auch der Meinung, dass heute eine gute Gelegenheit ist, über die Veränderungen in der Familienpolitik zu sprechen. Die Opposition möge auch wohlwollend zur Kenntnis nehmen, dass wir in dieser Regie­rungsperiode den Familienbegriff neu definieren wollen – auch in der vergangenen Le­gislaturperiode haben wir schon daran gearbeitet –, wir wollen einen modernen Fami­lienbegriff des 21. Jahrhunderts schaffen.

Familie ist bunter geworden, das wissen alle, die sich ein Kind wünschen, ein Kind be­kommen, mit Kindern leben. Aber für mich sind natürlich auch mein Mann und ich, die wir ohne Kinder sind, aber ein Enkelkind haben, Familie; auch das ist Familie. Das heißt, es ist nicht unbedingt so, dass nur dort, wo Kinder sind, Familien glücklich sein können.

Wir, diese Bundesregierung, haben die Buntheit der Familien anerkannt und versu­chen, Alleinerziehende mit Kindern, Regenbogenfamilien, alle nicht nur gleich zu be­handeln, sondern sukzessive auch die Gesetze anzupassen, sodass alle Familien in diesem Land von Familienpolitik etwas haben; und es ist wichtig, das zu betonen.

Das heißt, der Familienbegriff, den manche noch immer nicht sehr modern leben kön­nen, hat sich verändert. Ob wir wollen oder nicht, das Zusammenleben von Menschen mit oder ohne Kindern hat sich gravierend verändert. Es gibt Patchwork-Situationen und so weiter. Das ist das eine.

Zum anderen: Die Geldleistungen verändern wir, wie schon erwähnt, zum ersten Mal seit 1999, und zwar ganz sicher drei Mal, ganz sicher auch den Mehrkindzuschlag, ganz sicher auch den Zuschlag für erheblich behinderte Kinder. Diesbezüglich sind die nötigen Maßnahmen getroffen.

Wichtig ist aber, und das haben wir noch vor uns, das verhandelt die Bundesregierung gerade mit den Bundesländern zu Ende, dass wir auch die Sachleistungen ausbauen wollen, denn Geld allein hat noch nie die Geburtenrate erhöht, das wissen wir auch. Geld allein, Steuerleistungen allein kommen, das wissen wir auch – der Herr Finanzmi­nister hat heute eine Steuerreform angesprochen –, nicht allen Familien zugute.

Und weil der Herr Justizminister auch hier war: Auch beim Kindesunterhalt ist die Welt nicht immer so rosig, wie wir glauben. Es gibt viele, die diesen Unterhalt nicht zahlen können, aber auch viele, die ihn nicht zahlen wollen. Wir sind daher gerade dabei, eine Kinderkostenanalyse in Auftrag zu geben, um zu schauen, ob die Regelungen für den Kindesunterhalt noch zeitgemäß sind oder ob wir da auch nachschärfen müssen. Das gehen wir auch an. Wir packen alle Themen an.

Familienpolitik ist mehr als eine Geldleistung allein, das hat auch die Frau Kollegin ge­sagt. Die Sachleistungen werden wir auch gravierend verändern, und zwar in Verbin­dung mit Qualität; das ist auch sehr wichtig. Wir haben nichts von einem Ausbau der elementaren Kinderbetreuungseinrichtungen, wenn sie zu Mittag zusperren.


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Wir müssen dafür Sorge tragen, dass all jene, die für ihre Kinder von Anfang an einen guten Bildungsplatz haben wollen, diesen auch bekommen. Wenn sich jemand anders entscheidet oder die Kinder, weil die Region es hergibt, bei Tageseltern, in anderen Or­ganisationen oder in Kleinststrukturen betreut werden, dann soll uns das genauso recht sein.

Die besagten 350 Millionen, die wir noch zur Verfügung stellen werden, werden aus ei­nem guten und klugen Mix bestehen, aus Leistungen für Kleinsteinrichtungen, aus ins­titutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen, sprich: Kinderkrippen, Krabbelstuben und Kindergärten, aber auch – es wurde schon mehrmals erwähnt, wie wichtig das Erler­nen der Bildungssprache Deutsch ist – aus Leistungen für die Sprachförderung, die für den gesamten Entwicklungsstand von Kindern wichtig ist, damit alle schulfit sind, damit wir von Anfang an sicherstellen können, dass Kinder, wenn sie in eine Bildungseinrich­tung kommen, dort bestmöglich begleitet werden, um den weiteren Bildungsweg, für den wir auch 400 Millionen € zur Verfügung stellen, gehen zu können, damit kein Kind zurückgelassen werden muss. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.06


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Li­pitsch. – Bitte.

 


12.06.12

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Zuseher auf der Tribüne und vor den Fernseh­geräten! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich mich bei den beiden Mi­nisterinnen dafür bedanken, dass wir jetzt in der Familienpolitik wieder zur Sachlichkeit zurückgefunden haben, denn es ist wichtig, die Familienpolitik so darzustellen, wie sie in Österreich wirklich gelebt wird, und ich glaube, es ist der richtige Weg, den wir ge­hen.

Es hat mich doch etwas verwundert, als der Kollege von der Freiheitlichen Partei zu Beginn gesagt hat, es sei wichtig, dass die Politik entscheidet, welche Wege der Staat oder das Land gehen soll. Dass diese Aussage gerade von der Freiheitlichen Partei kommt, die in ihrer Regierungszeit im Land Kärnten Kärnten fast in den Ruin getrieben hat, ist verwunderlich.

Wir gehen einen anderen Weg. Wir wollen für die Leute in dieser Republik etwas wei­terbringen. Die Familien sind ein Zukunftsthema. Es müssen für sie entsprechende Perspektiven geschaffen werden, es kann nicht nur Verteilungspolitik stattfinden. Den Weg, der gegangen werden soll, haben die beiden Ministerinnen auch klar dargestellt.

Es gibt drei Schwerpunkte: erstens die Geldpolitik, also die finanzielle Unterstützung der Familien. Der zweite Bereich ist die Infrastruktur, die geschaffen werden muss, um den Familien zu helfen. Und drittens geht es um die Zeitpolitik, um Familien die Mög­lichkeit zu geben, Familie und Beruf zu vereinbaren. Das sind die drei wichtigen Säulen der Familienpolitik.

Mit den vorliegenden Änderungen des Familienlastenausgleichsgesetzes werden 828 Mil­lionen zusätzlich an Geldleistungen zur Erhöhung der Familienbeihilfe zur Verfügung gestellt. Ich meine, das ist ein richtiger erster Schritt in diesem Bereich, damit die Fami­lien etwas mehr Geld zur Verfügung haben. Der Zuschlag für erheblich Behinderte wird ebenfalls angehoben – auch ein richtiger Weg. Und es kommt heute noch ein Ent­schließungsantrag – ich hoffe, dass wir das so schnell wie möglich in Gesetzesform gießen können –, wonach Behinderte schneller die Rückkehrmöglichkeit vom Arbeits­markt haben. Das müssen wir so schnell wie möglich im Gesetz unterbringen.

70 Millionen € werden für das Gratiskindergartenjahr zur Verfügung gestellt, und – das ist für mich besonders wichtig – 350 Millionen werden für den Ausbau der Kinderbe-


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treuungseinrichtungen in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen. Gerade der Aus­bau der Kinderbetreuungseinrichtungen ist Garant dafür, dass Familie und Beruf ver­einbar sind.

Um Familie und Beruf vereinbaren zu können, muss man halt unter Umständen schau­en – das ist vom Team Stronach gekommen –, ob vielleicht die Nachbarin das Kind nimmt.

Ich glaube, es gibt nur einen Weg: entsprechende Kinderbetreuungseinrichtungen, die vom Land, von der Gemeinde oder vom Bund gefördert sind, und auf der anderen Seite müssen private Betriebe auch die Möglichkeit von Kinderbetreuungseinrichtun­gen schaffen, denn die Arbeitszeiten werden immer flexibler. Gerade alleinstehende Frauen haben oft das Problem, dass sie einer Arbeit nicht nachgehen können, weil Kin­derbetreuungseinrichtungen nicht im entsprechenden Ausmaß zur Verfügung stehen. Daran muss weiter gearbeitet werden. 350 Millionen stehen zur Verfügung.

Ich hoffe, dass auch viele Betriebe die Möglichkeit aufgreifen und sagen: Ich schaffe für meine Mitarbeiterin/für meinen Mitarbeiter in meinem Betrieb die Möglichkeit, wäh­rend der Arbeitszeit ihr/sein Kind unterzubringen.

Neben den Geldleistungen sind eben die Sachleistungen, die schon angesprochen wurden, so enorm wichtig, um den Menschen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen.

Das Gesetz nimmt auch Bezug – das hat auch meine Vorrednerin Kollegin Lueger ge­sagt – auf die Studierenden, um den Veränderungen, die in den letzten Jahren stattge­funden haben, Rechnung zu tragen. Es wird die Möglichkeit geschaffen, nach der Stu­dieneingangszeit die Kinderbeihilfe im entsprechenden Ausmaß zu bezahlen.

Wie gesagt, 830 Millionen € in den nächsten Jahren sind kein Pappenstiel. Ich weiß, die Opposition sagt, es könne immer mehr sein. Es ist kein Pappenstiel, und es ist der richtige Weg, den wir zum Wohle der Familien in Österreich weitergehen sollten. (Bei­fall bei der SPÖ.)

12.10


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wö­ginger. – Bitte.

 


12.10.35

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Bundesministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Familien sind die Grundlage für eine funktionierende Gesellschaft, und insbesondere Familien mit Kin­dern gilt unser Hauptaugenmerk.

Die Kinder sind einfach unsere Zukunft, und deshalb wird heute die Erhöhung der Fa­milienbeihilfe hier in diesem Hohen Haus beschlossen, mit einem Paket von insgesamt 828 Millionen € bis zum Jahr 2018.

Die erste Rednerrunde hat gezeigt, wie wenig man sich mit der Sache auseinander­setzt und wie unsachlich auch hier gesprochen wird, und das ist eigentlich schade.

Zu den Grünen: Frau Kollegin Musiol, Sie gehen hier heraus und sagen, dies sei eine einmalige Erhöhung. – Das ist falsch! Es wird mit 1. Juli um 4 Prozent angehoben (Abg. Musiol: Was ist dann 2018?), es wird mit 1. Jänner 2016 um 1,9 Prozent ange­hoben und es wird mit 1. Jänner 2018 noch einmal angehoben, und zwar wieder um 1,9 Prozent. Ich verstehe nicht, Frau Kollegin, warum Sie als gewählte Abgeordnete sich hier herausstellen und bewusst die Unwahrheit behaupten, denn Sie wissen, dass etwas anderes in der Gesetzesvorlage steht! (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 57

Zur schulischen Nachmittagsbetreuung: Warum gehen Sie hier heraus und sagen, dass Mittel gekürzt werden? – Die Unterrichtsministerin hat ausführlich erklärt, auch gegenüber den Medien, dass sie in diesem Bereich umschichten wird. Sie stellen sich hier heraus und sagen, es werde gekürzt, und zwar nur, um die Bevölkerung zu verun­sichern. Aber Sie sind nicht gewählte Abgeordnete, um hier die Unwahrheit zu verbrei­ten (Abg. Lopatka: Genau!), sondern auch Sie haben sich an die Wahrheit zu halten. Meine Damen und Herren! Wir sind hier im Parlament und nicht in einer Quatschbude! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Zum Team Stronach – Frau Kollegin Nachbaur, deren sachliche Beiträge ich sonst sehr schätze, ist jetzt leider nicht im Saal –: Anscheinend kostet der Stronach-Schnul­ler 5 €, und diesen gibt es in Kanada und nicht in Österreich. In Österreich erhält man – je nach Marke, NUK oder MAM – zwei Schnuller um knapp 5 €. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das trägt auch zur Versachlichung bei, meine Damen und Herren, denn da wird irgend­etwas in den Raum gestellt, was so nicht stimmt. Ich finde, es ist nicht in Ordnung, wenn hier ständig mit Unwahrheiten oder auch mit Falschmeldungen der Bevölke-
rung gegenübergetreten wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Lopatka: Wo ist der Schnuller?)

Das Dritte: Herr Kollege Strolz, Sie haben ja eigentlich den Vogel schon abgeschos­sen, als Sie den Pleitegeier auf die Regierungsbank geklebt haben, denn das ist dieses Hauses unwürdig.

Sie, gerade Sie, müssten wissen (Abg. Strolz – ein Hippo zeigend –: Ihr Wappentier!), dass wir Gott sei Dank in einem der besten Länder der Welt leben dürfen. Und da ist Ihnen nichts Besseres eingefallen, als den Pleitegeier auf die Regierungsbank zu kle­ben!?

Und was machen Sie heute? – Aber eines wissen wir seit dem heutigen Tag: Strolz, der Komiker. Das bleibt übrig: Strolz, der Komiker! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der SPÖ. – Abg. Strolz – neuerlich ein Hippo zeigend –: Ihr Wappentier !)

Beschäftigen Sie sich lieber mit Ihren Abgeordneten. Wenn das die Familienpolitik der NEOS ist, was Kollege Alm betreibt, nämlich dass er unterschreibt, dass er dafür ist, dass die Abtreibung bis zur Geburt straffrei gestellt werden soll, na dann: Gute Nacht! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den NEOS.)

Frau Mlinar möchte Russland in der EU haben – dagegen ist die Bevölkerung und sind auch wir hier im Hohen Haus. Oder: Doping soll im Sport freigegeben werden! – Meine Damen und Herren, das ist das wahre Gesicht der NEOS. Das hat mit einer guten und funktionierenden Gesellschafts- und Familienpolitik nichts zu tun! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei den NEOS.)

Zurück zur Sache, meine Damen und Herren. Wir heben die Familienbeihilfe in drei Schritten an, um insgesamt 828 Millionen €.

Der Herr Finanzminister hat das auch heute in seiner Rede klargestellt: Trotz Sparkurs, trotz Sparmaßnahmen – weil solche notwendig sind – setzen wir einen Schwerpunkt in der Familienpolitik, und zwar sowohl bei den Geldleistungen als auch bei den Sachleis­tungen. Wir heben die Familienbeihilfe ordentlich an.

Ich bringe Ihnen zwei Beispiele. Natürlich kann, wenn die Familienbeihilfe 105 € im Mo­nat ausmacht, die Erhöhung nicht 50 € betragen. Aber es ist gerechtfertigt, einen Jah­resbetrag zu erwähnen.

Wir vom ÖAAB haben einen Folder gemacht (der Redner zeigt diesen), der auch auf der Homepage www.oeaab.com abrufbar ist. Da sind Beispiele angeführt, die auch richtig sind.


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Bei zwei Kindern im Alter von acht und zwölf Jahren beträgt die Erhöhung pro Jahr rund 200 €. Insgesamt sind es 822 € mehr in den nächsten Jahren. Bei drei Kindern im Alter von 6, 11 und 16 Jahren – solche Familien gibt es dankenswerterweise auch noch – liegt die Erhöhung bei 1 347 €. (Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird hier Geld in die Hand genommen, weil es notwendig ist, die Familien finanziell zu entlasten und ihnen unter die Arme zu greifen. Es muss der Gesellschaft und auch der Politik etwas wert sein, wenn sich Fa­milien Gott sei Dank noch für Kinder entscheiden. (Beifall des Abg. El Habbassi.)

Wir investieren auch in die Vereinbarkeit von Beruf und Familie: 350 Millionen € für den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen für unter Dreijährige, 400 Millionen € für den Ausbau der schulischen Tagesbetreuung. (Präsident Kopf gibt das Glockenzei­chen.)

Meine Damen und Herren – Schlusssatz, Herr Präsident –, ich bedanke mich bei allen, die in den Kinderbetreuungseinrichtungen tätig sind, bei den PädagogInnen, bei den KindergartenhelferInnen und insbesondere auch bei den Tageseltern, weil das für die Struktur im ländlichen Raum ganz wesentlich ist.

Heute ist ein guter Tag für die Familien, stimmen Sie zu! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Lopatka: Genau! Super!)

12.16


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fuchs. – Bitte.

 


12.16.11

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Mit­glieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie! Heute ist leider kein guter Tag für die Familien! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Lopatka: Das ist ein Irrtum! Womit sind Sie einmal zufrieden?)

Das Doppelbudget 2014/2015 scheint ein Budget der Rekorde zu sein, aber zu Lasten der Familien. (Abg. Lopatka: Millionenbeträge zusätzlich, und Sie sind nicht zufrie­den! – Abg. Fekter: Gönnen Sie es den Familien nicht?) Die Staatsverschuldung steigt 2014 auf die Rekordhöhe von 79,2 Prozent des BIP – der sechste Negativrekord in Folge! (Abg. Lopatka: Falsche Rede! Falschen Zettel erwischt!)

Das Defizit explodiert 2014 auf 2,7 Prozent des BIP und wird vom Finanzminister in Form des strukturellen Defizits wieder schöngerechnet.

Wo bleibt denn da die steuerliche Entlastung der Familien?

Darüber hinaus feiert die Regierung auch andere Rekorde, und zwar im negativen Sinn. Österreich hat unter den Ländern der Währungsunion den höchsten Anstieg der Arbeitskosten zu verzeichnen. Laut EUROSTAT stiegen die Arbeitskosten pro Stunde in Österreich zwischen 2008 und 2013 um 18,9 Prozent auf durchschnittlich 31,4 € pro Stunde. Spitzenmanager drohen bereits mit der Abwanderung ins Ausland. Aber der Grund für diesen Anstieg der Arbeitskosten sind nicht die Reallohnsteigerungen, denn das Netto-pro-Kopf-Einkommen stagniert leider seit 24 Jahren. (Beifall bei der FPÖ.)

Bedauerlicherweise erweisen sich die höheren Lohnkosten für die Arbeitnehmer und somit auch für die Familien real als Minus. Wo bleiben da die Gerechtigkeit und der so­ziale Ausgleich?

Im Vorjahr wurde eine Studie der Schweizer Großbank UBS, die einen starken Rück­gang der Reallöhne aufgezeigt hat, in Österreich noch heftig dementiert. Die National­bank hatte damals über die letzten 14 Jahre einen kumulierten Reallohnzuwachs von


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10 Prozent errechnet, aber die Oesterreichische Nationalbank liegt ja öfters daneben, wie wir bei der Hypo gesehen haben.

Inflation, höhere Steuern und Abgaben – insbesondere die kalte Progression – fressen Jahr für Jahr die kollektivvertraglichen Gehaltsanpassungen auf. So sieht die soziale Gerechtigkeit der Regierung aus!

Die Steuerpolitik der Regierung lässt sich aber auch an der Steuer- und Abgabenquote sehr schön ablesen. Durchschnittlich 49,1 Prozent des Bruttolohns, den die Arbeitge­ber zahlen müssen, kassiert der Staat. Fast 50 Prozent!

Allein die jüngste, am 1. März beschlossene Abgabenerhöhung belastet die heimi­schen Steuerzahler und damit die Familien mit 1,2 Milliarden € jährlich. Die Erhöhung der Familienbeihilfe ist da lediglich ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Weiters haben wir auch eine Rekordarbeitslosigkeit von über 400 000 Personen.

Wir fordern hier eine Entlastung des Faktors Arbeit. Der Einstiegssteuersatz muss auf 25 Prozent gesenkt werden! Die Progressionsstufen sind laufend an die Inflation anzu­passen. Und die Lohnnebenkosten sind ebenfalls zu senken, und zwar nicht nur in ho­möopathischen Dosen von 0,2 Prozent. (Beifall bei der FPÖ.)

Ansonsten wird die Arbeitslosigkeit weiterhin auf Rekordniveau bleiben. Eine Steuerre­form kann auch wachstumsfördernd wirken, Herr Finanzminister!

Wie wir gehört haben, wird es fast keine Steuererhöhungen geben, aber auch im Wahl­kampf hat man Steuererhöhungen kategorisch ausgeschlossen und diese dann im Re­kordtempo mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014 eingeführt. – So viel zur Glaub­würdigkeit der Aussagen der Regierung.

Im Übrigen sind die Einsparungen der Bundesregierung völlig unstrukturiert und plan­los. So wie die Bundesregierung Förderungen nach dem Gießkannenprinzip verteilt, so spart sie bei den Ministerien nach dem Rasenmäherprinzip. Für eine ordentliche Steuer- und Strukturreform fehlt der Bundesregierung anscheinend der Mut, und die Familien leiden unter der massiven Steuerbelastung.

Mutig ist der Finanzminister jedoch, wenn es um das Schröpfen des Mittelstandes und der Familien geht. Durch die Nichtanpassung der Progressionsstufen hat sich der Fi­nanzminister im Vorjahr 2, 24 Milliarden € geholt, und heuer werden es 2,65 Milliar­den € sein. Ist das keine Steuererhöhung, Herr Finanzminister? – Das ist eine Steuer­erhöhung, und zwar ohne Parlamentsbeschluss! (Beifall bei der FPÖ.)

Dieses Doppelbudget ist das Spiegelbild der Bundesregierung: mutlos, dilettantisch, ohne Gestaltungs- und Reformwillen; kurz zusammengefasst: eine in Zahlen gegosse­ne Bankrotterklärung.

Ich frage mich: Wie lange wollen wir uns diese Regierung noch leisten? (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Lopatka: Das war jetzt zu hart!)

12.21


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ju­lian Schmid. – Bitte. (Abg. Jarolim: Eine sehr emotionslose ! – Abg. Lopatka – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Schmid, der ein Schild mit sich führt –: Na bravo! Der Taferklassler!)

 


12.22.10

Abgeordneter Julian Schmid, BA (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! (Abg. Lopatka:  ist gut bei den Grünen! – Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ah, sehr geehrter Herr Präsident! Entschuldigung! (Heiterkeit. – Abg. Lopatka: Wo ist die Klubobfrau Glawischnig eigentlich? Wo ist der Kogler? Ist Mittagspause bei den Grü­nen?)


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Kurz gesagt: Anders als bei der Bildung, wo wir finden, dass das Budget wirklich in die völlig falsche Richtung geht, finden wir, dass es bei der Familienbeihilfe sozusagen sanft, aber doch in die richtige Richtung geht, weil die Familienbeihilfe nicht gekürzt wird beziehungsweise diese lang andauernde Senkung der Familienbeihilfe zumindest ein bisschen ein Ende hat. Wir glauben aber auch, dass es ein bisschen mehr braucht, um den Ansprüchen der Zukunft ein bisschen mehr gerecht zu werden.

Die Familienbeihilfe ist für sehr viele Familien in Österreich eine total wichtige Unter­stützung. Gerade auch für Junge in Ausbildung ist sie eine der wichtigsten Unterstüt­zungen, die es gibt, damit man sich zum Beispiel, wenn man studiert, auf die Ausbil­dung konzentrieren kann und nicht so viel daneben machen muss.

Seit dem Freiwilligengesetz – das war eine sehr gute Reform – ist es jetzt möglich, dass zum Beispiel junge Leute, die im Freiwilligen Sozialjahr oder im Freiwilligen Um­weltschutzjahr sind, ebenfalls Familienbeihilfe beziehen. Für all diese Gruppen ist die Familienbeihilfe sehr wichtig.

Dass jetzt die Familienbeihilfe leicht erhöht wird, ist meiner Meinung nach ein guter Schritt. Das Problem ist nur, dass die Familienbeihilfe in den letzten dreizehn Jahren nie an die Inflation angepasst worden ist. Das bedeutet nämlich für jede Familie, dass die Familienbeihilfe heute um 500 € im Jahr geringer ist als noch vor dreizehn Jahren. Die jetzige Erhöhung von 48 € im Jahr, also da ist natürlich schon ein großer Gap. Das ist ein konkretes Problem für die Familien, weil es einfach das Leben schwieriger macht, aber auch für die Studierenden, die jetzt zum Beispiel schon 60 Prozent, zirka 20 Stunden in der Woche, neben dem Studium arbeiten. Es macht das Leben nicht wirklich leichter, dass die Familienbeihilfe in den letzten Jahren so gesunken ist.

Deshalb geht unser Vorschlag in die Richtung, die Familienbeihilfe anzuheben und ei­ne klarere Indexanpassung zu machen und als Staat darauf zu schauen, dass das Geld nicht in die Hypo fließt, sondern wirklich dort hin, wo es hingehört, nämlich zu den Jungen und in die Familienbeihilfe. Dazu haben Dani Musiol und ich auch einen Antrag eingebracht. (Beifall bei den Grünen.)

Ich finde, dass noch ein zweiter Punkt bei der Familienbeihilfe reformiert werden muss: Die Übergänge sind teilweise relativ schlecht, zum Beispiel gerade für Junge, die sich freiwillig engagieren. Beim Freiwilligen Sozialjahr und beim Freiwilligen Umweltschutz­jahr, das viele von Ihnen kennen werden, ist es so, dass sich zirka 700 junge Men­schen in Österreich – zirka 90 Prozent davon sind junge Frauen –, die eben nicht Bun­desheer oder Zivildienst machen, trotzdem ein Jahr lang freiwillig engagieren wollen: im Pflegebereich, im Krankenhaus, in einem Sportverein, bei der Freiwilligen Feuer­wehr und so weiter.

Das Problem ist aber momentan, dass man in der Zeit von der Matura bis zum Antritt dieses Freiwilligen Sozialjahres und nach dem Ende desselben bis zum Beispiel zum Antritt des Studiums oder einer weiteren Ausbildung keine Familienbeihilfe bekommt.

Bei den Zivildienern und bei den Leuten, die das Bundesheer machen, ist das anders. Ich finde, das ist eine Lücke, die wir schließen müssen. Wir Grüne finden, dass frei­williges Engagement von Jungen super ist und dass wir das als Republik nicht be­strafen dürfen. (Beifall bei den Grünen.)

Dafür gibt es auch schon einige Verbündete: Die Caritas, die Diakonie, der Katholische Familienverband, aber auch die Bundesjugendvertretung finden alle, dass es da unbe­dingt zu einer Reform kommen soll.

Zum Schluss will ich aber auch allgemein Folgendes zum Budget sagen: Es gibt eine einfache Rechnung, die die Bundesregierung meiner Meinung nach nicht wirklich ver­standen hat (ein Schild in Form einer Schultafel in die Höhe haltend, auf dem als Addi-


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tion zu lesen steht: „Bildung + Budget = Zukunft“): Bildung plus Budget ist gleich Zu­kunft. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Lopatka: So einfache Rechnungen verstehen wir schon!)

Diese Nachhilfetafel habe ich vorhin bekommen. Vor dem Parlament haben die Vertre­terinnen und Vertreter wirklich aller Jugendorganisationen Österreichs protestiert und haben mir diese Tafel mitgegeben, damit ich diese heute hier im Parlament zeige. (Abg. Brosz: Auch von der Jungen ÖVP! – Abg. Lopatka: Ein bisschen viel Grün!)

Und deshalb bitte ich Sie im Namen aller Jungen in Österreich: Bitte stoppen Sie die Einsparungen bei der Bildung! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.26


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


12.26.56

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frauen Ministerinnen! Sehr geehrte KollegInnen! Liebe ZuschauerInnen auf der Galerie, aber ganz besonders liebe ZuseherInnen an den Fernsehgeräten! Die „Kinder sind die Zukunft unseres Landes“, das hat der Herr Vizekanzler heute bei sei­ner Budgetrede betont.

Ich darf sagen, es wurde Wesentliches angesprochen, eine Trendwende. Er hat unter anderem auch gesagt: Wir haben einen Schuldenberg.

Ich möchte diesen Schuldenberg auf „Regierungsberg“ umtaufen. Bitte, heute so zu tun, als ob der vom Himmel gefallen wäre, ist eine billige Ausrede. Es ist schlimm ge­nug mit der Hypo Alpe-Adria. Das ist ein „Nuancerl“ gegen die versäumten Reformen, die notwendigen Reformen im Bereich Entbürokratisierung, die notwendigen Reformen im Bereich Zusammenlegung der Sozialversicherungen. – Nein, die Klientelpolitik wird weiterbetrieben und alles wird auf die Hypo Alpe-Adria geschoben, weil es tagesaktuell ist. (Beifall beim Team Stronach.)

Aber reden wir doch ganz konkret von dieser „gewaltigen“ Mittelerhöhung für die Fami­lien – es ist ja geradezu haarsträubend –: zirka 4 € im Monat. Hier habe ich gleich ein­mal etwas von der Supermarktkasse mit, das fällt ja in den Bereich Lebensmittel und wird öfter als notwendige Grundnahrungsmittel gegessen. (Der Redner zeigt ein m&m’s-
Sackerl und ein Kinder-Überraschung-Ei.)
Diese zwei Sachen kosten genau 4 €.

Das ist die Realität, von der wir reden. Und jetzt kommt das Harte: Es wurde das Bud­getbegleitgesetz angesprochen. Darin wurde eine Erhöhung der motorbezogenen Ver­sicherungssteuer von 10,5 Prozent beschlossen. Bei uns am Land braucht jede Mutter und jede Familie, damit sie sich irgendwie fortbewegen kann, einen Pkw. Bei einem Auto mit 70 PS – das ist ein Miniauto – macht die Erhöhung der motorbezogenen Ver­sicherungssteuer 4 € aus. Also wir reden von Erhöhungen, und im selben Atemzug wird den Familien das Geld schon wieder genommen.

Und jetzt kommt das ganz Tragische: Die Familien sind bereits 33 Prozent im Rück­stand. Sie haben es gesagt, Frau Minister: Seit 1999 wurde die Familienbeihilfe nicht mehr inflationsbereinigt. Deshalb können sich die Familien mehrere Kinder bezie­hungsweise die schon vorhandenen Kinder nicht mehr leisten. Da ist es scheinheilig, zu sagen, wir wollen verhindern, dass die Familien an die Armutsgrenze kommen.

Herr Kollege Strasser, Sie haben gesagt, wir wollen das familienfreundlichste Land Eu­ropas werden. Dazu fällt mir der Hubert von Goisern ein. Er hat einen Song geschrie­ben, da hat es geheißen: Weit, weit weg. (Abg. Lopatka: Na geh!)

Wir brauchen keine Studien. Die Frau Minister Karmasin hat gesagt, wir brauchen eine Analyse betreffend die Kinderkosten. – Nehmen wir die Realität! Reden wir von der


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Praxis! Wir wissen, was Kinder auf dem Land kosten. Wir wissen, wie wichtig Kinder für die Zukunft dieses Landes sind. Also geben wir den Kindern eine Chance! – Das ist das Hauptproblem: dass etwas anderes gesagt wird, als in Wirklichkeit getan wird! (Bei­fall beim Team Stronach.)

Wir haben aber Gott sei Dank! – auch Bürgermeister, die das sehr ernst nehmen, wie den Bürgermeister der Salzburger Gemeinde Berndorf Dr. Josef Guggenberger. Auch der Salzburger Landesrat Hans Mayr, mit dem ich heute telefoniert habe, ist von die­sem Modell begeistert – einem Ausgleichsmodell, bei dem Familien, die die Kinder zu Hause betreuen, einen Betrag von 113 € im Monat erhalten. Herr Bürgermeister Gug­genberger und Landesrat Mayr wären dankbar und froh, wenn das Ziel des „Berndorfer Modells“ – eine Beteiligung der Länder und des Bundes – erreicht werden könnte. Ich glaube, das wäre eine wertvolle Gleichstellung dieser Familien gegenüber jenen, die die Kinder in einen Hort geben. Hier müssen wir, im Sinne der Familien, die sich die Kindererziehung selbst gestalten wollen und die eigenständige Bürger für die Zukunft erziehen, viel gezielter agieren, viel flexibler werden.

Ich darf Folgendes sagen: Wie arg die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist, habe ich letzthin im Budgetausschuss gesagt. Die bekannte Dachplattenfirma Eternit in Vöckla­bruck könnte viel mehr Ware verkaufen, würde sie Dachdecker mitanbieten. Meine Kol­leginnen und Kollegen! Wir sind so weit, dass wir bei den Firmen keine Fachkräfte mehr haben.

Ich glaube, das ist ein Abbild dieser Politik, wie man mit der Wertschätzung von manu­eller Arbeit umgeht, wie auch mit der Wertschätzung von Familien, von erziehenden Müttern und von Eltern. Ich darf in aller Klarheit sagen: Unser Familienbild ist ein ganz klares „Vater-Mutter-Kinder“-Bild, das ist die Idealvorstellung. Darüber hinaus gibt es natürlich auch weitere Formen.

Wir laden Sie ein, ein familien- und kinderfreundliches Umfeld für eine gute Zukunft zu schaffen, für das Wichtigste in unserer Gesellschaft, für die wichtigste Zelle in unserem Staat: Kinder und Familien. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

12.32


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Meinl-Reisinger zu Wort. – Bitte. (Abg. Lopatka: Die Zuckerl!)

 


12.32.17

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Schade, jetzt habe ich mich schon auf die Zuckerl gefreut.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin Heinisch-Hosek! Ich hoffe, die Frau Familienministerin kommt auch gleich. Bevor ich zur Sache rede: Sehr geehr­ter Herr Kollege Wöginger, Sie haben hier von der Würde dieses Hohen Hauses ge­sprochen. Ich würde meinen, es gehörte auch zur Würde dieses Hohen Hauses, ein gewisses Mindestmaß an Intellektualität (Abg. Lopatka: Da ist eine andere Würde ge­meint!) und der geistigen Möglichkeit zu einer differenzierten Debatte an den Tag zu le­gen. Das muss ich Ihnen schon sagen. (Abg. Lopatka: Na geh! Nicht so gescheit re­den! Nicht so von oben herab!)

Es ist von oben herab. Ich muss Ihnen schon sagen, liebe ÖVP, dass Ihre Angriffe der­art niveaulos sind, dass man sich ja schon fast Sorgen machen muss, in welcher Si­tuation Sie eigentlich sind. Das ist scheinheilig. (Beifall bei NEOS und Team Stro­nach. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Sie wissen ganz genau (Abg. Lopatka: Nicht so arrogant!), dass die derzeitige Fristen­lösung eine scheinheilige Lösung ist, denn es ist sehr wohl aus embryopathogenen Gründen sehr lange, nämlich fast bis zur Geburt des Kindes möglich, abzutreiben. Das


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kann man ruhig einmal sachlich ansprechen, und dass Sie das auf einem derartigen Niveau verwenden, zeigt eigentlich, dass es stimmt, was die Kommentatoren auch heute wieder in der Zeitung schreiben: Es geht Ihnen ziemlich „der Reis“, offensichtlich. Gut so! (Beifall bei NEOS und Team Stronach. Abg. Lopatka: Was ist das: „der Reis“?)

Da auch gesagt wurde, wenn man hier zum Thema Budget und zur Verschuldenssitua­tion spricht (Abg. Wöginger: Sehr familienfreundlich!), dann wäre das in Bezug auf die Familienpolitik nicht zur Sache. Da muss ich schon sagen: Natürlich ist das zur Sache, denn die Situation von Familien ist nicht nur sehr stark davon abhängig, welche Trans­ferleistungen erbracht werden oder was im steuerlichen oder im Sachleistungs-Bereich gemacht wird – dazu komme ich noch –, sondern natürlich in sehr starkem Ausmaß auch davon (Abg. Wöginger: Das werden Sie erst erklären müssen!), wie viel Geld den Familien übrigbleibt und wie hoch die steuerliche Belastung ist. Insofern ist es sehr wohl zur Sache, wenn man hier und heute anspricht, dass es diese Bundesregierung nicht zustande bringen wird, dass eine substanzielle steuerliche Entlastung in den nächsten Jahren zu erwarten ist.

Die Frau Familienministerin ist da, das freut mich sehr. (Abg. Lopatka: Uns auch!) Ich möchte Ihnen noch sagen: Es ist, wenn man kritisiert, dass das zu wenig ist, nicht „blasphemisch“ – das haben Sie vorhin gesagt. Es ist die Regierung nicht Gott und wenn man sie kritisiert, ist es blasphemisch – das wollte ich Ihnen schon ausrichten. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Lopatka: Na, schon wieder so von oben herab!)

Vielleicht war es ein Lapsus, keine Ahnung. (Abg. Wöginger: Wer ist da überheblich, Frau Kollegin?) – Aber es ist doch wahr, Entschuldigung: Es ist ja nicht Blasphemie, zu sagen, dass 3 € im Monat ein bisschen wenig sind! (Abg. Wöginger: Gerade wie es euch passt!)

Ich möchte darum ersuchen, dass wir beim Thema sachlich bleiben, und dann erspa­ren wir uns auch Sonntagsreden. (Abg. Lopatka: Wo ist das „Nudelsieb“?) Wir haben heute gehört – und das freut mich natürlich sehr –, Österreich soll zum familienfreund­lichsten Land werden, Kinder sind unsere Zukunft. – Wunderbar! (Abg. Lopatka: Wo ist das „Nudelsieb“?) Wie messen wir bitte die Familienfreundlichkeit?

Wenn Sie eine Studie zitieren, dass die Bevölkerung Österreichs das Gefühl hat, Ös­terreich sei nicht familienfreundlich und Sie vielleicht das Ziel haben, dass man in zehn Jahren evaluiert und sagen kann, Österreich ist jetzt familienfreundlicher, dann kann man auch sehr viel in teure Werbekampagnen investieren und erreicht vielleicht auch dieses Ziel.

Jetzt komme ich zum springenden Punkt, der ist nämlich Wirkungsorientierung. Wir be­grüßen die Erhöhung der Familienbeihilfe, weil sie längst überfällig war. (Abg. Lopat­ka: Na endlich! Das hat lange gedauert!) – Nein, das hat Kollege Strolz vorhin schon gesagt; Sie hätten nur aufpassen müssen. (Abg. Strolz: Zuhören! Abg. Lopatka: Er hat zur Hypo geredet!)

Geldleistungen sind ein Thema, Sachleistungen sind das Zweite. Gerade im Bereich der Sachleistungen werden wir uns heute noch damit beschäftigen, dass die Wirkungs­orientierung der Sachleistungen, nämlich der schon stattgefundenen Anstoßfinanzie­rung, von der letzten Bundesregierung in keiner Weise jemals überprüft wurde. Die Frage ist also: Was ist mit dem vielen Geld passiert? Rechnungshofpräsident Josef Moser hat gesagt, dass man viel Geld ausgegeben, sich aber die Auswirkungen nicht angeschaut hat. Was ist tatsächlich in den Bundesländern passiert? Wie viele Plätze sind geschaffen worden und in welcher Qualität?

Ich komme jetzt zum nächsten Punkt, nämlich die Familienbeihilfe oder die Familienför­derung in Österreich betreffend. Föderalismus ist hier natürlich ein riesiges Thema.


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Durch Rechnungshofberichte belegt wissen wir unter anderem, dass es auch da zahl­lose Förderungen gibt – 117 Förderungen, wenn man sich den Bund und die drei Bun­desländer anschaut. Hier möchte ich appellieren, dass diese Doppelgleisigkeiten, gera­de auch im Bereich der Familienförderung, angegangen werden.

Ich komme zum letzten Punkt, zum Reservefonds des FLAFs: Sie legen in Ihrem Bud­get nicht dar, wie Sie dieses Defizit ab 2014 eigentlich reduzieren wollen – hier sind sehr hohe Verbindlichkeiten da. Ich glaube, wir müssen strukturelle Reformen ange­hen. Dazu gehört, auch zu schauen, was aus dem FLAF überhaupt finanziert wird. Denn wir wissen auch aus Studien, dass aus dem Familienlastenausgleichsfonds sehr viele familienfremde Leistungen finanziert werden.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, Kollegin und Kollegen betreffend He­rauslösung bedingt beziehungsweise teilweise familienrelevanter Leistungen aus dem Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (87 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsge­setz 1967 und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden (116 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Familien und Jugend werden aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich einen Entwurf einer Novelle des Familienlastenausgleichsgesetzes vorzulegen, der vorsieht, dass bedingt familienrele­vante Leistungen, die derzeit aus dem FLAF bestritten werden, in geeignete andere Budgetkapitel verlagert werden und bei teilweise familienrelevanten Leistungen, die aus dem FLAF finanziert werden, eine 50%ige Kostenbeteiligung des jeweils mit be­troffenen Ressorts vorgesehen wird.“

*****

Herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Nachbaur.)

12.37

12.37.20Ordnungsruf

 


Präsident Karlheinz Kopf: Frau Abgeordnete Meinl-Reisinger, es ist zwar sanktions­los möglich, eine Sachlösung, eine gesetzliche Regelung als „scheinheilig“ zu bezeich­nen (Abg. Meinl-Reisinger: Das habe ich gemacht!) – das haben Sie gemacht, das ist sanktionslos möglich –, aber eine Partei und eine Person als „scheinheilig“ zu bezeich­nen – was Sie auch gemacht haben –, dafür muss ich Ihnen einen Ordnungsruf er­teilen. (Abg. Lopatka: Das ist zu viel! – Abg. Strolz: Jetzt wissen wir, wie das ist.)

*****

Der von Ihnen eingebrachte Antrag ist ordnungsgemäß unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 65

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, Kollegin und Kollegen betreffend He­rauslösung bedingt bzw. teilweise familienrelevanter Leistungen aus dem Ausgleichs­fonds für Familienbeihilfen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (87 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsge­setz 1967 und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden (116 d.B.)

In den BFG 2014 und 2015 findet sich im Globalbudget "Transfers der Sozialversiche­rungsträger" (Teilheft UG 25, S.27) einmal mehr die Zielsetzung, den Anteil der nur be­dingt bzw. teilweise familienrelevanten Leistungen, die aus dem Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (FLAF) bestritten werden, zu verringern. Zur Erreichung dieses Wir­kungsziels wolle das Bundesministerium Verhandlungen mit den anderen Ressorts aufnehmen, heißt es im Rahmen der Erläuterung der anvisierten Umsetzungsschritte.

Dieses Ziel ist jedoch keineswegs neu, sondern wurde dem vormaligen Bundesminis­terium für Wirtschaft, Familie und Jugend von Seiten des Institut für Höhere Studien (IHS) bereits 2011 im Endbericht zur Auftragsstudie "Familienlastenausgleich in Öster­reich" empfohlen, um eine nachhaltige Gebarung des FLAF zu gewährleisten. In die­sem Bericht heißt es: "Geht man von der Prämisse aus, dass die Konstruktion des FLAF dazu dient, die Förderung von Familien durch den Bund und deren Finanzierung umfassend und transparent darzustellen, sollte das Hauptaugenmerk darauf gerichtet sein, die Ausgaben für Familienförderung möglichst lückenlos darzustellen und even­tuell nicht familienrelevante Ausgabenkategorien in geeignete andere Budgetkapitel zu verlagern. Den Ausgaben wäre dann idealerweise eine Auflistung der Quellen für die erforderliche Finanzierung gegenüberzustellen." (S. 52)

Neben FLAF-Kernleistungen (Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld) und zusätzli­chen familienrelevanten Leistungen des Familienressorts (wie Fahrtenbeihilfen, Schul­buchaktion, Familienhärteausgleich, Elternbildung und Förderungen für Familienbera­tungsstellen) umfasst der Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen heute nämlich nicht zu­letzt Beiträge zu Leistungen anderer Ressorts bzw. Leitungserbringung für andere Ressorts, die steigende Budgetanteile in Anspruch nehmen. Dabei sind folgende Leis­tungen - gemäß Studie des IHS - als nur bedingt familienrelevant zu klassifizieren:

Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen (Krankenversicherung)

uneinbringliche Unterhaltsvorschüsse (Justiz)

Beiträge zur Schülerunfallversicherung (Bildung)

Als teilweise familienrelevant bewertet die Studie darüber hinaus die folgenden Leis­tungen:

Teilersatz für Aufwendungen für das Wochengeld (teilweise: Krankenversicherung)

Kosten der Betriebshilfe/Wochengeld für Selbständige und Bäuerinnen (teilweise: Krankenversicherung)

Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten (teilweise: Pensionsversicherung)

Pensionsbeiträge für Pflegepersonen von Schwerstbehinderten (teilweise: Pensions­versicherung)

Pensionsbeiträge aufgrund eines Wahl- oder Pflegekindes (teilweise: Pensionsversi­cherung)

Da sich die Einnahmen des FLAF vorwiegend aus Dienstgeberbeiträgen (gem. § 41 (5) FLAG beträgt der Beitrag 4,5 vH der Beitragsgrundlage) und dem Aufkommen an Ein-


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kommenssteuer (gem. § 39 (2b) FLAG sind jährlich 690 392 000 € vor Abzug aller im jeweiligen Finanzausgleichsgesetz vorgesehenen Ertragsanteile dem Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zuzuweisen, wobei die Zuweisung zu 25 vH zu Lasten des Auf­kommens an veranlagter Einkommensteuer und zu 75 vH zu Lasten des Aufkommens an Lohnsteuer zu erfolgen hat) speisen, sollten alternative Finanzierungsquellen für den FLAF, zu denen auch Kostenbeiträge anderer Ressorts zählen, erwogen werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Familien und Jugend werden aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich einen Entwurf einer Novelle des Familienlastenausgleichsgesetzes vorzulegen, der vorsieht, dass bedingt familienrele­vante Leistungen, die derzeit aus dem FLAF bestritten werden, in geeignete andere Budgetkapitel verlagert werden und bei teilweise familienrelevanten Leistungen, die aus dem FLAF finanziert werden, eine 50%ige Kostenbeteiligung des jeweils mit be­troffenen Ressorts vorgesehen wird.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Abgeordnete Kucharowits zu Wort. – Bitte.

 


12.38.29

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Ministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Hohen Haus oder via TV-Gerät beziehungsweise Live Stream! Bevor ich zur Sache spreche, würde ich gerne zum Kollegen Strolz etwas sagen.

Matthias, ich stelle dir ernsthaft die Frage: Ist es dir lieber, junge Leute auf der Straße und in keiner Ausbildung zu haben? Ist es dir lieber, junge Leute zu haben, die keine Wohnung bekommen? – Du sprichst ununterbrochen von Schuldenmacherei und siehst aber nicht, worin Geld investiert wird. (Abg. Strolz – ein Hippo mit Geldschein in die Höhe haltend –: Darum geht es! 52 Jahre Schulden!) Wir stehen nicht dafür, dass junge Leute auf der Straße sind, keine Ausbildung und keinen Job haben, sondern wir wollen den jungen Leuten in Österreich wirklich eine Perspektive bieten. Und deshalb sprechen wir nicht jedes Mal von Schuldenmacherei, hier wird nämlich in junge Leute investiert, und das ist uns sehr wichtig. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Podgor­schek: Schulden machen führt zu Arbeitslosigkeit!)

Eines möchte ich noch dazu sagen: Ich war heute Vormittag auch dabei bei der Aktion, ich habe diese Tafel auch erhalten, nämlich von der BJV, von der BundesschülerInnen­vertretung und von der ÖH. Es ist ganz klar für uns: Bildung plus Budget ist gleich Zu­kunft. Und so agieren wir auch in der SPÖ! Ich möchte das nur unterstreichen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Brosz: Das war jetzt nicht ernst, oder!?)

Durch den vorliegenden Gesetzentwurf wird ein Teil der Familienleistungen in Öster­reich erweitert – ich betone: ein nicht unwichtiger Teil! –, und zwar geht es dabei um die Erhöhung der Familienbeihilfe. Das ist eine Forderung, die ich, seitdem ich selbst politisch aktiv bin, befürworte und die wir auch in den Jugendorganisationen immer wieder erhoben haben. Heute können wir sie auch realisieren. Und darüber freuen wir uns.


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Einige von Ihnen werden jetzt sagen beziehungsweise haben das in ihren Wortmeldun­gen schon getan, dass das viel zu wenig ist, dass der Betrag viel zu niedrig ist. In Sum­me handelt es sich aber um 828 Millionen €, und manchmal – und ich glaube, Sie re­den auch mit den Leuten – sind wenige Euro mehr im Monat ganz, ganz wichtig für Kinder, für junge Leute und für Familien. Denken wir zum Beispiel an Studierende, die oftmals im Monat jeden Cent umdrehen, oder an Familien, die einfach nicht die Welt verdienen. Und genau die vertreten wir von der SPÖ und genau hinter denen stehen wir! Deshalb freuen wir uns, dass wir heute die Erhöhung auch beschließen werden, denn vom Reden und vom Noch-mehr-Wünschen hätte nämlich niemand etwas, so wie das heute schon von einigen Kolleginnen und Kollegen zum Ausdruck gebracht wurde.

Apropos Studierende: Ich habe in einer meiner ersten Reden hier im Hohen Haus da­rauf hingewiesen, dass es mit der Erhöhung der Familienbeihilfe nicht zur Benachteili­gung von Studierenden, die Studienbeihilfe beziehen, kommen soll. Ich freue mich, dass das nicht eintreten wird und dass Studierende sich somit nicht davor fürchten müssen. Denn: Die Erhöhung der Familienbeihilfe bringt auch für Studierende einen weiteren wichtigen Beitrag.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch auf folgenden Punkt eingehen, geschätzte Damen und Herren und vor allem liebe Jugendliche: Wir haben vor einiger Zeit die Di­rektauszahlung der Familienbeihilfe beschlossen. Das war nur ein Teilerfolg, ganz of­fen gesagt, denn junge Leute ab dem 18. Lebensjahr benötigen dazu immer noch und trotzdem die Unterschrift der Eltern. Somit ist das leider wirklich vom Goodwill der El­tern und von der Beziehung zu den Eltern abhängig. Es sind aber Erwachsene, um die es da geht, und deshalb sind wir, Frau Familienministerin, wirklich gefordert bezie­hungsweise aufgerufen, da eine Verbesserung herbeizuführen, indem wir wirklich eine direkte Auszahlung und somit die Unabhängigkeit für junge Leute schaffen. Das ist uns ganz, ganz wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Satz ist heute schon mehrmals gesagt worden, nämlich: Familienpolitik bedeutet mehr als finanzielle Leistungen. Auch für mich! Familienpolitik bedeutet nämlich für mich auch, Investitionen in Form von Sachleistungen zu tätigen, und das heißt, Sach­leistungen bereitzustellen. Die sind ungemein wichtig für Kinder, für Jugendliche, für Familien. Zum Beispiel: der Ausbau von Kinderkrippen und Kindergärten, um eben Kind und Job wirklich leben zu können, sowie wirklich lässige Schulen anbieten zu kön­nen, wo sich Kinder einfach wohl fühlen. In diese Dinge investieren wir auch. Diese Maßnahmen möchte ich heute hier auch nicht unter den Tisch fallen lassen.

Und: der bezahlte Papa-Monat – eine Forderung, hinter der wir ganz, ganz klar stehen und wo wir hoffen, dass auch Bewegung hereinkommen wird und dass wir das bald umsetzen können, um eben mehr Väter in Karenz zu bekommen.

Sehr geehrte Kollegin vom Team Stronach! Familienpolitik ist nicht nur Frauenpolitik. Das möchte ich Ihnen an dieser Stelle sagen, weil Sie hier ausschließlich von Müttern gesprochen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Eines möchte ich noch zum Abschluss sagen, denn ich komme heute im Rahmen der Familiendebatte nicht mehr zu Wort: Wagen wir endlich den Schritt und geben wir uns alle, Sie sich alle einen Ruck, wirklich – und die Frau Ministerin Heinisch-Hosek hat es angesprochen – ein modernes Familienbild zu leben! Egal, ob hetero- oder homo­sexuell, egal, ob Mann oder Frau, ob mit Kind oder ohne Kind: Schaffen wir in Öster­reich weitere Rahmenbedingungen, wo alle die gleichen Rechte haben! Seien wir end­lich modern und halten wir nicht mit Krampf und Kurzblick an Dingen fest, die einfach nicht mehr so sind, wie manche von Ihnen es gerne hätten! Und das ist meiner Mei­nung nach im Übrigen auch sehr, sehr gut so. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.44



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 68

Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Durch­schlag. – Bitte.

 


12.44.10

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministe­rinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt einen sehr schönen Satz des deutschen Philosophen und Schriftstellers Manfred Hinrich, der einmal über die Fami­lien gesagt hat: „Familie“ ist „Kuschelnest und Widerstandsnest“. Ich denke, das zeigt sehr, sehr schön und sehr deutlich, abseits von jeglicher Romantik, welchen Span­nungsbogen Familie bietet und dass Familie die Institution ist, die wesentliche Institu­tion, die auf das Leben vorbereitet beziehungsweise vorbereiten soll. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit Familie aber dieser Aufgabe nachkommen kann, braucht es natürlich ausrei­chende Rahmenbedingungen, die der Gesetzgeber ausgestalten muss. Und die Fami­lienministerin hat sich da unter anderem zwei Dinge vorgenommen, und zwar: Familien erstens in den Bereichen Geld, Zeit und Wissen zu unterstützen, und zweitens – das ist schon angesprochen worden –, Österreich zum familienfreundlichsten Land zu ma­chen.

Mit der Anpassung der Familienbeihilfe, auch wenn sie nicht im dem Maß erfolgen kann, wie wir es uns alle wünschen würden, erfolgt ein erster Schritt in die richtige Richtung. Natürlich könnte es mehr sein, und natürlich wird dieser Betrag den Eltern nicht die finanziellen Sorgen nehmen, aber ich möchte in diesem Zusammenhang schon einmal ganz gerne wissen, wie sich all die, die heute einerseits den Schulden­berg beklagt haben, auf der anderen Seite aber in allen möglichen Zusammenhängen ständig fordern: Da muss es mehr Geld geben, und dort muss es mehr Geld geben! – und das wird wahrscheinlich morgen wieder ein Thema sein –, das rein mathematisch vorstellen. Das würde ich gerne wissen.

Im Gesamten gesehen geht es um eine Summe von 828 Millionen €, die in dieser Le­gislaturperiode zusätzlich den Familien zugute kommen. Ich denke, das ist ein sehr deutliches Zeichen dafür, dass die Familienministerin die Nöte der Familien erkannt hat. Und ich darf in diesem Zusammenhang auch noch einmal darauf hinweisen: Der FLAF, aus dem das finanziert wird, wird ab 2019 wieder positiv bilanzieren.

Sehr, sehr wichtig ist mir auch der Bereich der erhöhten Familienbeihilfe. Der wird ak­tuell von 138,30 € auf 150 € in diesem Jahr und dann noch in zwei Schritten bis zum Jahre 2018 auf 155,90 € erhöht. Das sind 17,60 € mehr, und das ist eine Erhöhung in einem mehr als zweistelligen Bereich. Ich denke, das ist besonders für Familien mit erheblich behinderten Kindern ein sehr schöner Beitrag. Die haben eh ein ordentliches „Packerl“ zu tragen. Es gibt viele Themen, die den Tagesablauf dieser Familien bestim­men, die auch ihr Leben erschweren. Finanzielle Sorgen sollten da nicht dazugehören. Daher ein großes Dankeschön an die Ministerin.

Ich darf in diesem Zusammenhang den schon bereits erwähnten Antrag einbringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Strasser, Angela Lueger, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Ulri­ke Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herstellung von Rechts­sicherheit für Menschen mit Behinderung im Bereich der erhöhten Familienbeihilfe bei Scheitern eines Arbeitsversuche


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 69

s

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Familien und Jugend wird ersucht, einen Gesetzentwurf vor­zulegen, der sicherstellt, dass im Falle der Aufnahme eines Arbeitsversuches von Per­sonen, bei denen eine dauernde Erwerbsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 lit c FLAG festge­stellt wurde, deren Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe auch bei einem Scheitern des Arbeitsversuches bestehen bleibt, bei dem das Einkommen die im § 5 Abs. 1 FLAG festgelegte Grenze überschritten hat. Im Sinne von mehr Rechtssicherheit für Menschen mit Behinderung muss Ziel der Novellierung sein, dass ein vor dem Arbeits­versuch bestehender Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe im Fall des Scheiterns be­stehen bleibt, wenn eine Erwerbsunfähigkeit als Dauerzustand festgestellt wurde.“

*****

Ich komme jetzt wieder zurück zu den Vorlagen. Zuvor habe ich erwähnt, dass die Mi­nisterin Österreich zum familienfreundlichsten Land machen möchte. Das ist ein sehr, sehr ambitioniertes Ziel. Das hat aber wenig mit verklärender Romantik zu tun, sondern das hat ganz stark damit zu tun, dass es für den Wirtschaftsstandort Österreich, wenn wir diesen gut weiterentwickeln und halten wollen, essenziell ist. Ohne Familien, ohne Kinder keine Arbeitskräfte der Zukunft, niemanden, der forscht, niemanden, der pflegt, niemanden, der produziert. Daher sind Bedingungen zu schaffen, die es den Familien, im Moment natürlich besonders noch den Frauen, leichter machen, berufstätig zu sein und trotzdem Ja zum Kind zu sagen. Das heißt, da geht es nicht nur um die schon angesprochenen und heute zu beschließenden finanziellen Leistungen, sondern auch um Sachleistungen.

Ich möchte mich bei der Frau Ministerin besonders dafür bedanken, dass sie neben dem Ausbau der institutionellen Kinderbetreuung die Familien und auch die Tagesel­tern da ganz stark miteinbezieht. Ich denke, es ist besonders im strukturschwachen ländlichen Raum sehr, sehr wichtig, den Eltern, und da besonders den Frauen, die Ver­einbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern.

Ich würde sagen: Heute ist ein guter Tag für die Familien. Es wird ihnen sowohl im Be­reich der finanziellen Leistungen als auch im Bereich der Sachleistungen weitergehol­fen. Und ich möchte mich sehr herzlich dafür bedanken. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.49


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausrei­chend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DI Georg Strasser, Angela Lueger, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Ulri­ke Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herstellung von Rechts­sicherheit für Menschen mit Behinderung im Bereich der erhöhten Familienbeihilfe bei Scheitern eines Arbeitsversuches

eingebracht in der 21. Sitzung des Nationalrates im Zuge der Debatte zum Tagesord­nungspunkt 2) betreffend Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvor­lage (87 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden (116 d.B.)

Artikel 27 (Arbeit und Beschäftigung) der UN-Konvention „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ bekräftigt das Recht von Menschen mit höchstem Unterstützungsbedarf, ihren Lebensunterhalt am Arbeitsmarkt zu verdienen.

Unternimmt dieser Personenkreis oder Menschen mit Behinderung, die als nicht selbst­erhaltungsfähig gelten, einen Arbeitsversuch am offenen Arbeitsmarkt, der sich letztlich


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trotz aller Bemühungen als nicht erfolgreich erweist, besteht derzeit bei den Betrof­fenen eine gewisse Rechtsunsicherheit im Hinblick auf den weiteren Bestand eines An­spruchs auf erhöhte Familienbeihilfe. Oftmals hindert diese Sorge um den Verlust der erhöhten Familienbeihilfe die Betroffenen, einen Arbeitsversuch am offenen Arbeits­markt zu wagen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Familien und Jugend wird ersucht, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der sicherstellt, dass im Falle der Aufnahme eines Arbeitsversuches von Personen, bei denen eine dauernde Erwerbsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 lit c FLAG festgestellt wurde, deren Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe auch bei einem Schei­tern des Arbeitsversuches bestehen bleibt, bei dem das Einkommen die im § 5 Abs. 1 FLAG festgelegte Grenze überschritten hat. Im Sinne von mehr Rechtssicherheit für Menschen mit Behinderung muss Ziel der Novellierung sein, dass ein vor dem Ar­beitsversuch bestehender Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe im Falle des Schei­terns bestehen bleibt, wenn eine Erwerbsunfähigkeit als Dauerzustand festgestellt wur­de.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kitzmüller. – Bitte.

 


12.49.26

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Frau Minister! Herr Präsident! Werte Kol­legen! Liebe Zuhörer! Liebe Zuhörer zu Hause an den Fernsehgeräten! Im Regierungs­programm stand ja noch, was sehr motivierend ist, zu lesen, dass Österreich ein be­sonders familien- und kinderfreundliches Land ist. Nach ein paar Monaten Amtszeit hat die Frau Minister leider Gottes, muss ich sagen, feststellen müssen, dass es doch nicht so ist. Während wir nämlich maximal 31 Prozent Zufriedenheit in Österreich bei den Familien haben, sind es in Norwegen 90 Prozent. Und jetzt kommen diese nur gering­fügigen Erhöhungen bei den Familienleistungen.

Natürlich begrüßen wir auch diese und werden sie mittragen und diesen zustimmen, denn besser, wie es so schön heißt, der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. In diesem Sinne ist das schon eine gewisse Verbesserung für die Familien.

Ich darf in Erinnerung rufen, dass 1995 die SPÖ/ÖVP-Koalition nicht davor zurückge­schreckt hat, die Familienbeihilfe sogar zu kürzen. Das waren damals 7 € (Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm), und diese 7 € werden jetzt durch diese Valorisierung einmal knapp ausgeglichen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.) Aber in diesem Fall kann man nicht von einer großen Entlastung der Familien sprechen.

Jetzt komme ich zur jährlichen Valorisierung. (Weiterer Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.) Sie brauchen gar nicht so hineinzukeifen, Sie können eh nachher dazu etwas sagen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.) Ich spreche jetzt zur jährlichen Valorisierung!

Wir haben zur jährlichen Valorisierung schon etliche Anträge eingebracht, und wir ha­ben dazu auch sehr deutliche Aussagen von der Frau Minister gehört, die auch bereit ist, diese jährliche Valorisierung durchzuführen, die aber an dem unsäglichen Koali­tionspakt scheitert, weshalb das offensichtlich nicht möglich ist.


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Aber es gibt auch Aussagen dazu von der Frau Abgeordneten Durchschlag, die sie bei einer ÖVP-Damenrunde oder -Frauenrunde in Oberösterreich getätigt hat, und letztere hat damals einstimmig beschlossen, dass es eine jährliche Valorisierung der Familien­beihilfe geben soll. Kurz darauf haben wir im Familienausschuss hier im Parlament, weil wir gemeint haben, wir könnten gemeinsam etwas für die Familien machen, einen Antrag zur jährlichen Valorisierung eingebracht. Und was ist da passiert? Sie werden es nicht glauben! Die Frau Abgeordnete Tamandl, die die jährliche Valorisierung im November gefordert hat, und die Abgeordnete Durchschlag, die das zwei Wochen vor­her noch gefordert hat, haben bei einer namentlichen Abstimmung dagegen ge­stimmt. – Was soll denn das?! (Abg. Höbart: Typisch ÖVP!) Sind da die zwei Wochen Zwischenzeit der Grund dafür, dass Sie das hier nicht bringen?! (Ruf bei der FPÖ: Scheinheilig!)

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, ganz deutlich, wer diese Abgeordneten wa­ren. Ich zitiere aus dem Protokoll, um es auch hier in der Nationalratssitzung allen deutlich zu machen, wie zweischneidig die Worte der ÖVP sind. Es haben dagegen ge­stimmt: Lueger, Holzinger, Kuntzl, Lipitsch, Knes, Ecker, Kucharowits, Meinl-Reisin­ger – was mir absolut unerklärlich ist, aber wurscht –, Tamandl, Hammer, Prinz, Fich­tinger, Durchschlag, Wöginger, Strasser. Und was heißt das? – Dass das, was die Frau Abgeordnete Durchschlag in Oberösterreich bei der Frauen-Enquete gesagt und auch in einer Presseerklärung gemeint hat, nicht einmal zwei Wochen gehalten hat. – So viel zu den Versprechungen der ÖVP in Sachen Familie! (Beifall bei der FPÖ.)

Aus diesem Grund bringe ich heute wieder folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller und weiterer Abgeordneten betreffend gesetzliche Veran­kerung der jährlichen Anpassung der Familienbeihilfe an die Inflation

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der künftig eine jährliche Anpassung der Familienbeihilfe an die Infla­tion sichergestellt wird.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Es stimmt, dass in diesem Bereich nichts getan wird. Es wird hier von einer besonde­ren Besserstellung der Mehrkindfamilien gesprochen beziehungsweise einer Erhöhung der Leistungen für Mehrkindfamilien das Wort geredet, aber wie schaut es da wirklich aus? – Tatsache ist: Die nächsten Jahre, einschließlich Jänner 2018, wird es für zwei Kinder 20 Cent pro Monat mehr geben und für drei Kinder 40 Cent. Ist das eine Erhö­hung, wo man sagen kann: Da haben die Familien jetzt wirklich Power bekommen, da­durch wird die Familie gestärkt und sozusagen beauftragt, mehr Kinder zu bekommen!?

Oder: Erhöhung bei der Geschwisterstaffelung. – Ein besonderer Hohn: Ab 1. Juli gibt es ganze 60 Cent für zwei Kinder, 1,98 € für drei Kinder! Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, glauben Sie, damit die 31 Prozent an Zufriedenheit, was Fa­milienpolitik betrifft, erhöhen zu können? – Bestimmt nicht! (Präsident Kopf gibt das Glo­ckenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Sie haben heute noch einmal die Chance, unserem Antrag zuzustimmen und damit endlich wirklich etwas für die Familien zu machen, denn Sie


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 72

sind bei den Familien absolut unglaubwürdig. Das gilt nicht nur für die ÖVP, sondern insbesondere auch für die SPÖ. (Beifall bei der FPÖ.)

12.54


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Abgeordneter Kitzmüller eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller und weiterer Abgeordneten betreffend gesetzli­che Verankerung der jährlichen Anpassung der Familienbeihilfe an die Inflation

eingebracht in der 21. Sitzung des Nationalrates am 29. April 2014 im Zuge der De­batte zu Tagesordnungspunkt 2: Bericht des Familienausschusses über die Regie­rungsvorlage (87 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsge-setz 1967 und das Kinderbetreuungsgeld geändert werden (116 d.B.)

Wie im Arbeitsprogramm der Bundesregierung für die Jahre 2013 bis 2018 völlig zu­recht festgeschrieben wurde, spüren viele Familien in Österreich, dass ihre monat­lichen Fixkosten stetig steigen und der Anteil des verbleibenden Haushaltseinkommens sinkt.

Die gesetzliche Verankerung einer jährlichen automatischen Anpassung der Familien­leistungen an die Inflation wäre daher zur Verhinderung eines Wertverlustes und zur Abdeckung der ständig steigenden Lebenshaltungskosten von größter Bedeutung und damit im Interesse der Kinder und Familien.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der künftig eine jährliche Anpassung der Familienbeihilfe an die Infla­tion sichergestellt wird.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aslan. – Bitte.

 


12.55.08

Abgeordnete Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuschauerinnen und Zu­schauer auf der Galerie! Bis jetzt wurde über die Erhöhung der Familienbeihilfe gespro­chen, und es hat mich gewundert, dass meine Kollegin nicht über ihren Antrag be­treffend Stopp dem Familienbeihilfenexport ins Ausland gesprochen hat, aber ich wer­de mich jetzt dazu äußern.

Dieser FPÖ-Antrag ist nicht nur EU-rechtswidrig, sondern auch diskriminierend, denn: Die in Österreich arbeitenden Eltern zahlen dieselben Beiträge in den FLAF ein wie an­dere Eltern auch und würden damit eine geringere Leistung beziehen. (Abg. Deimek: Haben Sie Jus studiert?) Wir vermuten, dass dieser Vorschlag der FPÖ nicht zu Ende gedacht wurde. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 73

Was ist mit den Ländern wie Schweden, Luxemburg oder Finnland? Wenn die Lebens­haltungskosten höher sind als in Österreich, dann müsste Österreich logischerweise mehr zahlen. Warum zeigt uns die FPÖ nicht die andere Seite der Medaille?

Die Änderung ist derzeit in Österreich ohnehin unrealistisch, aber nehmen wir an, es kommt zu einer Änderung. Das würde bedeuten, dass österreichische Staatsbürgerin­nen und Staatsbürger durch diese Änderungen massiv benachteiligt werden würden.

Haben Sie sich auch überlegt, welchen bürokratischen Aufwand diese Änderungen mit sich bringen würden? – Die Lebenshaltungskosten müssten dann jährlich in den jewei­ligen Ländern auch angepasst werden.

Der Anteil der Familienbeihilfe, die an im Ausland lebende Kinder vergeben wird, liegt bei einer Höhe von unter einem Prozent. Laut einer FPÖ-Anfrage aus dem Jahr 2011 wurden im Jahr 2009 99,29 Prozent der Familienbeihilfe an im Inland lebende Kinder überwiesen. (Abg. Pirklhuber – Beifall spendend –: Wow!) Zu den größten Gruppen im Ausland zählen Deutschland, Slowenien, Ungarn, die Tschechische Republik und die Slowakische Republik. Die Türkei ist nicht dabei – so wie es auf Ihren EU-Wahlkampf­plakaten steht: Türkei nicht dabei! (Abg. Neubauer: Ist die Türkei in der EU?) Ich sage das deswegen, weil die FPÖ immer wieder falsche Tatsachen verbreitet und behaup­tet, dass Österreich für türkische Kinder in der Türkei Familienbeihilfe bezahlt. Das ist eine falsche Behauptung. Für Kinder, die in Drittstaaten leben, gibt es keine Familien­beihilfe. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Staatsangehörige von Drittstaaten erhal­ten für ihre Kinder nur dann Familienbeihilfe, wenn sich der Mittelpunkt ihrer Lebensin­teressen in Österreich befindet und ihre Kinder auch in Österreich leben. Aber selbst­verständlich wird auch für türkische Kinder, die in Österreich leben, Familienbeihilfe be­zahlt. (Beifall bei den Grünen.)

Das Abkommen mit der Türkei wurde im Jahr 1996 gekündigt. Seien Sie mir nicht bö­se – aber eigentlich ist es mir egal, ob Sie mir böse sind, denn: Sie reden über Tat­sachen, die es seit 18 Jahren nicht mehr gibt! (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.) Ma­chen Sie bitte eine gescheite Recherche-Arbeit und kommen Sie nicht ständig mit Ihrer Hetze daher!

Meine Damen und Herren von der FPÖ, Ihr seid so sensationell, dass Ihr es immer wieder schafft, Rekordleistungen zu erbringen, und zwar Rekordleistungen leider im Bereich falscher Behauptungen. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

12.59


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Dar­mann. – Bitte.

 


12.59.10

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause! Zur Wortmeldung der werten Kollegin von den Grünen werde ich erst am Schluss meiner Rede ein, zwei Worte verlieren, denn mir ist es bei dieser Themen­stellung wichtiger, gleich auf ein Zitat einzugehen, das heute vom Herrn Vizekanzler und Finanzminister Spindelegger in seiner Budgetrede gekommen ist, wo er behauptet beziehungsweise die Forderung aufgestellt hat, erste Priorität sei es, ein familien­freundliches Umfeld in Österreich zu schaffen.

Werte Damen und Herren! Allein diese Aussage und das Eigenlob dieser Bundesre­gierung – inklusive der Regierungsfraktionen – im Zusammenhang mit der Erhöhung der Familienbeihilfe sind eine Verhöhnung der österreichischen Familien sonderglei­chen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das gehört leider in dieser Härte gesagt, denn quasi im gleichen Atemzug – das ist ge­rade einmal gut einen Monat her, am 1. März –, in dem mit mehreren Steuererhöhun-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 74

gen den österreichischen Familien die nunmehrige Familienbeihilfenerhöhung bereits aus den Taschen gezogen wurde, sich hier herauszustellen und zu sagen, man ist wei­terhin die Familienpartei und man schaut auf die Familien, das spricht für sich, aber leider gegen diese Regierung und gegen Österreich als Familienland, geschätzte Da­men und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben daher einen anderen Ansatz gewählt und stellen den entsprechenden An­trag jetzt hier zur Diskussion, nämlich den Antrag auf Stopp des Familienbeihil­fenexports ins Ausland. Dies ist ein Antrag der Freiheitlichen, der von der Idee her schon im Jahr 2010 Unterstützung erfahren hat, nämlich vom damaligen Finanzstaats­sekretär Lopatka, dem nunmehrigen Klubobmann der ÖVP, der seinerzeit selbst diese Forderung aufgestellt hat, noch dazu mit Zahlen untermauert hat, dass im Jahr 2010 für 41 000 Kinder 50 Millionen € österreichische Steuergelder als Familienbeihilfe ins Ausland überwiesen worden sind, in den EU-Raum, in den EWR-Raum, und das ohne sachliche Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten in diesen Regionen, werte Da­men und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Das heißt, die Republik Österreich erlaubt sich den Luxus, in einer Zeit, in der die eige­nen Familien beschnitten werden und nicht diese Wertschätzung erfahren, die sie ei­gentlich erfahren müssten, über die Staatsgrenzen hinaus in den EU-Raum und in den EWR-Raum für Kinder, die dort leben, nicht in Österreich leben, die Familienbeihilfe in österreichischer Höhe aufzuzahlen, die gesamte Differenz auf die volle österreichische Familienbeihilfe, wenn ein Elternteil dieser Kinder in Österreich arbeitet oder arbeitslos ist. (Abg. Walter Rosenkranz: Oder geringfügig arbeitet!)

Ich sage Ihnen, das kann ohne sachliche Argumentation und ohne Rücksichtnahme auf die dortigen – ich betone: die dortigen – Lebenshaltungskosten den österreichi­schen Familien, den österreichischen Vätern, den österreichischen Müttern, aber natür­lich auch den Kindern nicht zugemutet werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Werte Damen und Herren! Es liegt an Ihnen, die Sie allesamt im Ausschuss haar­sträubende Argumente gesucht haben, um unseren Antrag schlechtzumachen, es liegt an Ihnen, das der Bevölkerung zu verkaufen, wieso Sie weiter dafür sind, unsere Steu­ergelder in einer nicht zu rechtfertigenden Höhe als Familienbeihilfen ins Ausland zu überweisen, und den eigenen Kindern diese Wertschätzung nicht entgegenbringen.

Und für die Grünen mit auf den Heimweg: Es gibt einige Rechtsexperten von unver­dächtiger Stelle, auch durch den Kollegen Lopatka im Jahr 2010 namhaft gemacht, nämlich den Herrn Europarechtler Leidenmühler von der Uni Linz, den Herrn Arbeits­rechtler Marhold von der Uni Graz, den Herrn Sozialrechtler Mazal und auch den Herrn Verfassungsjuristen Heinz Mayer, die allesamt sagen, dass es eine rechtliche Möglich­keit gibt, dies auch europarechtskonform umzusetzen.

Es behauptet keiner, dass es leicht ist, aber wir sind nicht als Abgeordnete in dieses Parlament gewählt, um nur einfache Maßnahmen zu setzen. Es ist machbar und es liegt nur an uns, im Sinne unserer österreichischen Familien tätig zu werden. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

13.03


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Huai­nigg. – Bitte.

 


13.03.48

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Behindertenpolitik ist geprägt von den Zielsetzungen der Inklusion und der gleichberechtigten Teilhabe. Und eine wichtige Basis dafür, dass Menschen mit einer Behinderung selbstbewusst ein selbstbestimmtes Leben führen können, sind


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 75

die Eltern, die dazu die Grundlage legen. Diese großartigen Leistungen vergessen wir oft, haben sie es doch sehr schwer, in der Betreuung Ersatz zu finden oder Arbeit und Familie unter einen Hut zu bringen. Sie müssen auch für die Inklusion im Kindergarten, in der Schule und später in der Arbeitswelt kämpfen.

Deshalb begrüße ich es außerordentlich und ich bedanke mich bei Bundesministerin Karmasin dafür, dass auch die erhöhte Familienbeihilfe besonders erhöht wird, von jetzt 138 € auf 150 € und bis 2018 auf 155 €. Ich glaube, das ist eine große Anerken­nung auch dieser Leistungen. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Doppler.)

Angesprochen wurde dieses Problem heute schon: Jugendliche mit einer Behinderung bekommen ja, wenn sie nicht erwerbsfähig sind, die erhöhte Familienbeihilfe unbefris­tet. Das ist eine wichtige Leistung der Absicherung. Aber behinderte Jugendliche wol­len oft auch probieren, aus den geschützten Werkstätten hinauszukommen und selbst Einkommen zu erzielen, erwerbsfähig zu sein, und da besteht die Angst, dass sie dann die Familienbeihilfe, wenn sie am Arbeitsmarkt scheitern, nicht mehr wieder bekom­men. Auch das soll nun bis zum Sommer gesetzlich geregelt werden, und dafür möch­te ich mich auch bei der Ministerin bedanken.

Es braucht aber auch eine Änderung bei der Waisenpension. Da gibt es ein ähnliches Problem, und dort ist der Sozialminister gefordert, der aber das Problem kennt und si­cherlich auch in Angriff nehmen wird.

Meine Damen und Herren! Die Anerkennung der Leistungen von Eltern mit behinderten Kindern ist auch ein Teil der Menschenwürde, und nicht nur deshalb bin ich auch dafür, dass die unantastbare Menschenwürde in der österreichischen Bundesverfassung ver­ankert wird. Derzeit ist das nicht der Fall. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

13.08


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


13.09.05

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich darf zunächst die Delegation aus dem Salzburger Landtag ganz, ganz herzlich begrü­ßen. Es ehrt mich sehr, dass ihr heute hier bei uns auf Besuch seid. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Team Stronach.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Familienbeihilfen ins Ausland. – Kollege Darmann hat es bereits angesprochen: Diese Bundesregierung hat überall die Spen­dierhosen an, überall, nur bei der eigenen Bevölkerung nicht! Für Kinder, die im EU-Raum leben und deren Eltern in Österreich arbeiten, muss die österreichische Fami­lienbeihilfe ausbezahlt werden, ohne dass dabei die tatsächlichen Lebenshaltungskos­ten im jeweiligen Ausland berücksichtigt werden.

Es gibt namhafte Europarechtler, die zum Schluss kommen, dass eine geringere Fami­lienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder nicht rechtswidrig wäre.

Wenn es hier eine Anpassung geben würde, würde sich Österreich die stolze Summe von zirka 50 Millionen € ersparen. Das sollte man auch nicht außer Acht lassen.

Es gibt neben der normalen Familienbeihilfe die erhöhte Familienbeihilfe, die zur nor­malen Familienbeihilfe ausbezahlt wird. Voraussetzung: Der Grad der Behinderung des Kindes beträgt mindestens 50 Prozent, oder das Kind ist dauerhaft außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Ich frage Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wie ist es möglich, dass er­höhte Familienbeihilfe bezogen wird, wenn gar keine gesundheitlichen Einschränkun-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 76

gen vorliegen? Der einzige Grund, liebe Freunde, ist die Nichtkenntnis der deutschen Sprache. Auch solche Fälle gibt es, und das gehört dringendst abgeschafft! – Herzli­chen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

13.11


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fichtin­ger. – Bitte.

 


13.11.25

Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher auf der Galerie! Lie­be Fernsehzuschauer vor den Bildschirmen zu Hause! Hohes Haus! Es ist heute schon sehr oft gesagt worden, ich möchte es trotzdem noch einmal erwähnen: Familie und Kinder sind eines der höchsten Güter in unserem gesellschaftlichen Leben. So ist die schrittweise Erhöhung der Familienbeihilfe ein überaus wichtiger und ein richtiger Schritt zur Entlastung der Familien.

Wie die Erhöhung aussieht, ist heute schon mehrmals ausgeführt worden, sie lässt sich durchaus sehen. Auch für Kinder mit speziellen Bedürfnissen wird durch die Er­höhung der Familienbeihilfe gesorgt. So wird mit 1. Juli dieses Jahres in dieser Gruppe eine Erhöhung von 8,4 Prozent vollzogen. Das ist mit Sicherheit eine Verbesserung und macht Österreich wieder ein Stück familienfreundlicher.

Ich darf noch einmal betonen, insgesamt werden 828 Millionen € aufgewendet. Das ist ein Signal, meine Damen und Herren, das beweist, dass wir für unsere Familien da sind.

Zum Antrag betreffend Stopp dem Familienbeihilfenexport ins Ausland möchte ich nochmals klar festhalten, dass eine Familienbeihilfenzahlung ins Ausland nicht so pas­siert, wie es immer behauptet wird. Familienbeihilfe kann nur für Kinder gewährt wer­den, die in Österreich oder in der EU, im EWR-Raum oder in der Schweiz leben. Für Kinder außerhalb dieser Zone, also für Kinder in Drittstaaten, wird keine Familienbei­hilfe gewährt. Abkommen wie beispielsweise mit der Türkei sind bereits 1996 gekün­digt worden, darf ich nochmals anmerken.

Ganz abgesehen davon sind diese Forderungen problematisch, was die EU-Richtlinien angeht, da diese wegen des Diskriminierungsverbotes eine derartige Änderung nicht zulassen.

Eine Änderung wäre mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden: Es müssten ins­gesamt 32 Staaten – 28 EU-Staaten, 3 EWR-Staaten und die Schweiz – in Bezug auf Leistungshöhe bewertet werden. Zusätzlich wäre eine regelmäßige Valorisierung not­wendig, die Lebenshaltungskosten könnten sich ja ändern. Die Kosten dafür brauche ich Ihnen, glaube ich, nicht näher zu verdeutlichen.

Ein Beispiel vielleicht noch dafür, dass auch andere EU-Staaten Familienbeihilfe für Kinder im Ausland bezahlen: Lebt etwa eine Familie in Österreich und der Familienva­ter geht als Grenzgänger nach Deutschland, um dort zu arbeiten, so hat natürlich Deutschland in erster Linie die Familienbeihilfe zu leisten.

Abschließend möchte ich nochmals betonen, dass uns von der ÖVP jedes Kind gleich viel wert ist, und das wurde mit der Erhöhung der Familienbeihilfe auch bewiesen. Ich bin sicher, dass wir auf einem guten Weg sind, und es ist heute sicher ein guter Tag für unsere Familien, wie bereits vom Kollegen Wöginger hier festgestellt wurde.

Danke an unsere Familienministerin für ihren Einsatz für unsere Familien in Öster­reich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.15

13.15.10

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 77

Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bemerke keinen Wunsch der Berichterstatterin beziehungsweise des Berichterstat­ters nach einem Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend Bundesge­setz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kinderbetreuungs­geldgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 87 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist Einstimmigkeit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist wie­derum Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herauslösung bedingt be­ziehungsweise teilweise familienrelevanter Leistungen aus dem Ausgleichsfonds für Fa­milienbeihilfen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Strasser, Lueger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herstellung von Rechtssicherheit für Men­schen mit Behinderung im Bereich der erhöhten Familienbeihilfe bei Scheitern eines Arbeitsversuches.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist Einstimmigkeit. Der Antrag ist somit angenommen. (E 16.)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kitzmüller, Kollegin­nen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung der jährlichen Anpassung der Familienbeihilfe an die Inflation.

Wer hiefür ist, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist so­mit nicht angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Fa­milienausschusses, seinen Bericht 117 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer hiefür ist, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.18.124. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 291/A(E) der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Echte Wahlfreiheit für unsere Mütter“ (118 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 305/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahlfreiheit für unse-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 78

re Familien durch Sicherstellung einer ausreichenden Förderung der familienin­ternen Kinderbetreuung (119 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 und 5 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen somit in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte.

 


13.19.02

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Aus freiheitlicher Sicht steht im Vordergrund einer am Wohle der Kinder und Familien orientierten Familien­politik echte Wahlfreiheit, die es den Familien ermöglicht, selbst frei zu entscheiden, ob sie ihre Kinder lieber zu Hause betreuen oder in einer Kinderbetreuungseinrichtung be­treuen lassen.

Zum Kinderbetreuungsgeld: Zur Erreichung echter Wahlfreiheit für Mütter muss das System Kinderbetreuungsgeld weiterentwickelt werden, denn die klare Mehrheit der Familien wählt von den fünf Varianten die beliebteste Variante, die wirklich am besten ankommt, nämlich die Variante 5 mit den 30 plus 6 Monaten, wobei die 6 Monate vom Partner in Anspruch genommen werden müssen. In vielen Fällen kann sie aber der zweite Elternteil aus beruflichen oder aus finanziellen Gründen nicht in Anspruch neh­men. Außerdem benachteiligt dieses System auch Alleinerzieherinnen und Alleinerzie­her.

Daher fordern wir, dass die Teilregelung gestrichen und die Auszahlung des Kinderbe­treuungsgeldes dieser Variante generell auf 36 Monate ausgedehnt wird (Beifall bei der FPÖ), egal, welcher Elternteil, ob die Mutter oder der Vater, diese Variante des Be­treuungsgeldes in Anspruch nehmen möchte, denn die Eltern wissen selbst, wie sie sich das einteilen, und die Familien sollen darüber selbst entscheiden können.

Zur Karenzzeit: Der arbeitsrechtliche Kündigungs- und Entlassungsschutz endet der­zeit mit dem zweiten Geburtstag des Kindes. Das ist unlogisch, denn der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für einen Elternteil geht bis zum 30. Lebensmonat des Kindes, und damit entfällt jeglicher arbeitsrechtliche Schutz für die letzten sechs Monate. Auch hier fordern wir eine Verlängerung der Karenzzeit von zwei auf drei Jahre. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun zur Krankenversicherung: Der Versicherungsschutz für Mütter und Kinder endet ja mit der gewählten Variante, also spätestens nach 30 Monaten. Mutter und Kind sind danach schutzlos, wenn es keinen Partner gibt. Auch da fordern wir eine Ausweitung des Versicherungsschutzes für alle Kinderbetreuungsgeld-Varianten auf drei Jahre. Mit diesem Antrag wollen wir erreichen, dass Mütter zumindest die ersten drei Jahre bei ih­ren Kindern bleiben können, wenn sie das wollen, ohne dabei materielle, arbeitsrechtli­che und versicherungsrechtliche Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.

Ganz kurz möchte ich auf die Grünen im Ausschuss eingehen. Frau Musiol, Sie wollen das Wort „Wahlfreiheit“ nicht mehr hören. Da frage ich mich schon: Was wollen Sie dann? Wollen Sie alle verpflichten? (Abg. Musiol: Nicht in diesem Zusammenhang!) Wollen Sie die Kinder sobald wie möglich in Fremdbetreuung geben? Wollen Sie unse­re Kinder verstaatlichen? (Abg. Musiol: Ich erkläre es Ihnen dann noch einmal!) – Ge­nau das wollen wir nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Familien können sich selbst organisieren, sie wissen genau, was für ihr Kind gut ist. Dazu brauchen wir nicht die Grünen, und auch unsere Kinder brauchen dazu nicht die Grünen! (Beifall bei der FPÖ.)

13.22



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 79

Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Durchschlag. – Bitte.

 


13.23.02

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frei­heit des Einzelnen hört dort auf, wo die Freiheit des anderen beginnt. – Das könnte man durchaus auch als Antwort auf diesen Antrag geben, der ja mit „Echte Wahlfreiheit für unsere Mütter“ übertitelt ist. In diesem Fall würde das heißen, wo man den Müttern vermeintlich mehr Freiheit gibt, dort nimmt man sie den Vätern.

Es ist heute wissenschaftlich erwiesen, dass beide Elternteile gleich wichtig für die Ent­wicklung eines Kindes sind, auf unterschiedliche Art und Weise. Das heißt aber natür­lich auch, dass beide Elternteile auch Zeit mit dem Kind brauchen. Dem haben wir als Gesetzgeber Rechnung getragen, indem wir in den fünf Kindergeldbetreuungsvarian­ten – und weil das Thema heute Wahlfreiheit ist, betone ich die fünf ganz ausdrück­lich – auch den Vätern die Möglichkeit der Beteiligung gegeben haben. Das war be­kanntlich nicht immer so.

Meine ältere Tochter ist 1985 geboren. Ich hatte damals exakt zwei Möglichkeiten: Ich konnte sofort nach dem Mutterschutz wieder arbeiten gehen oder ein Jahr Karenz in Anspruch nehmen. Ich habe mich für die zweite Möglichkeit entschieden und ich habe dieses Jahr genossen. Ich habe es genossen, mein Kind das erste Mal lächeln zu se­hen. Ich habe es genossen, mein Kind das erste Mal „Mama“ sagen zu hören. Ich habe es genossen, mein Kind zu beobachten, wie es die Welt entdeckt. Ich habe dieses Jahr genossen, und zwar sehr bewusst, und bin nachher wieder sehr, sehr gerne in meinen Beruf eingestiegen. Der Vater kam in den gesetzlichen Rahmenbedingungen damals gar nicht vor, maximal als Ernährer.

Sie sprechen in Ihrem Antrag von Wahlfreiheit, dabei übersehen Sie – oder vielleicht ist es Ihnen auch gar nicht wichtig –, dass Sie mit dieser Wahlfreiheit für Mütter die Frei­heit der Väter einschränken. Ich bin aber überzeugt davon – ich weiß das aus vielen Gesprächen mit Freunden meiner Töchter –, dass die jungen Männer das nicht wollen, dass junge Männer sich am Leben ihrer Kinder beteiligen wollen. Und ich denke mir manchmal, wie viele der anwesenden, manchmal vielleicht auch etwas älteren Herren sich nicht schon gesagt haben: Es wäre toll gewesen, wenn das erste Lächeln im Le­ben meines Kindes mir gegolten hätte, es wäre toll gewesen, wenn ich dabei gewesen wäre, wie mein Kind das erste Mal „Papa“ gesagt hat. Ich denke, es gibt viele, die sich das sagen.

Im vorliegenden Antrag wollen Sie, dass die Teilungsregelung bei der langen Variante des Kinderbetreuungsgeldes fällt. (Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz.) Sie wol­len, dass nur mehr die Mutter die 36 Monate in Anspruch nehmen kann. Wir wollen, dass mehr Väter die gesetzlichen Möglichkeiten nützen. Das nennen wir Wahlfreiheit, daher ein klares Nein zu diesem Antrag. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.25


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gartelgruber. – Bitte.

 


13.25.57

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Frau Durchschlag, ich kann Ihrer Argumentation nicht wirklich alles abgewinnen. Das Problem, das wir hier natürlich schon sehen, ist das Familien­einkommen. Es ist leider so, dass es meistens die Väter sind, die mehr verdienen, und Alleinerzieherinnen nicht in der Lage sind, die ganzen 36 Monate wirklich auszuschöp­fen. Das ist eine Ungleichbehandlung von alleinerziehenden Frauen, und darauf zielt dieser Antrag auch ab. Sie wissen, es ist uns wichtig, dass gerade Alleinerzieherinnen da nicht benachteiligt werden, deshalb der Antrag meiner Kollegin Mühlberghuber.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 80

Aber ich möchte gerne zum Antrag des Berndorfer Modelles sprechen. Auch da wollen wir die Wahlfreiheit für die familieninterne Kinderbetreuung sicherstellen. Das ge­schieht ja nicht ohne Grund. Für uns ist es unerlässlich, dass Familien die Möglichkeit haben, ihre Kinder auch in den ersten drei Jahren selbst zu betreuen, und das auch machen sollen. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, dass jede Familie diese Zeit nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten kann, das heißt, echte Wahlfreiheit hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren verursachen laut einer Studie des Öster­reichischen Institutes für Familienforschung Kosten in der Höhe von monatlich 1 118 €. Diese Zahlen stammen aus dem Jahr 2007, daher kann man natürlich für die aktuellen Kosten für die Inflation, die Teuerung sicher noch 10 Prozent dazuschlagen. Das sind aber Kosten, die Familien, die ihre Kinder in den ersten Jahren selbst betreuen, der All­gemeinheit ersparen. Im Sinne einer Gleichbehandlung aller Familien ist daher nicht einzusehen, dass diese Mehrleistungen für die Gesellschaft nicht auch abgegolten werden. Da geht es einerseits um den monetären Ausgleich für Arbeit, der sonst von der Gesellschaft und dem Staat finanziert werden muss, und andererseits aber auch um die Wertschätzung innerfamiliärer Kinderbetreuung.

Ich kann jetzt schon die Argumente hören, die mir vonseiten einiger Kolleginnen hier dann wieder vorgeworfen werden, und zwar, dass ich die Frauen an der Erwerbstätig­keit behindern will. Aber nein, überhaupt nicht! Ich kann Ihnen sagen, dass Frauen ihre Kinder auch in die Krabbelstube geben, wenn sie nicht erwerbstätig sind. So waren zum Beispiel im Jahr 2011 in Wien 44 Prozent der Mütter nicht erwerbstätig. Daher hält dieses Argument hier sicher nicht. (Abg. Königsberger-Ludwig: Woher haben Sie die­se Zahlen?)

Außerdem gibt es auch Mütter und Väter, die gerne zu Hause bleiben, sich diesen Wunsch aber leider aus monetären Gründen nicht erfüllen können, weil es an der Fi­nanzierung scheitert. (Abg. Königsberger-Ludwig: Woher haben Sie diese Zahlen?) Somit wäre es nur recht und billig, diese Leistungen für die Gesellschaft abzugelten, zumindest in der Höhe der Mindestsicherung. Und auch wenn es Ihnen nicht gefällt: Dieses Modell gibt es schon in einer kleinen Gemeinde in Salzburg, in Berndorf, und dort funktioniert es hervorragend. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.29


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte.

 


13.29.39

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Der von der FPÖ eingebrachte Entschließungsantrag orientiert sich an dem in der Salzburger Gemeinde Berndorf praktizierten Modell. Bern­dorf ist eine Nachbargemeinde meiner Gemeinde, daher kenne ich die Reaktionen auf dieses Modell, und zwar sowohl der dortigen Bevölkerung als auch jener in den Um­landgemeinden.

Dieses sogenannte Berndorfer Modell subventioniert Eltern, wie bereits berichtet, die ihre Kinder im Alter von ein bis drei Jahren zu Hause betreuen. Auf den ersten Blick sieht dieses Modell toll aus, aber einer näheren Betrachtung hält es leider nicht stand, denn es ist schlichtweg eine Mogelpackung. Das Modell unterstützt nur die Familien, die es sich ohnehin richten können, die auf kein zweites Familieneinkommen angewie­sen sind.

Das Berndorfer Familiengeld ist sehr problematisch, weil es als Einkommen gesehen wird und somit die Mindestsicherung senkt. Der Zuschuss hilft daher finanziell schlech­ter gestellten Familien leider nicht. (Abg. Gartelgruber: Sie haben keine Ahnung!)


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Die Position der Sozialdemokratie ist klar und unmissverständlich (Abg. Kitzmüller: Sie haben keine Ahnung!): Wir sind für den flächendeckenden Zugang zu Kinderbe­treuungsplätzen, damit auch schlechter gestellte Familien ihre Kinder ohne Nachteile betreuen lassen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sehen im Berndorfer Modell einen Probeballon für all jene Gemeinden, die sich künftig davor drücken möchten, Kinderbetreuungseinrichtungen zu schaffen bezie­hungsweise zu führen. Den Familien wird, nebenbei bemerkt, die Wahlfreiheit genom­men, falls es in einer Gemeinde außer diesem Modell keine Kinderbetreuungseinrich­tungen gibt. (Abg. Kitzmüller: Sie haben keine Ahnung!)

Derzeit sieht das Bundesgesetz, wie bereits berichtet, fünf Kindergeldbezugsvarianten vor, und es ermöglicht durch höhere monatliche Bezüge ein kürzeres Zuhausebleiben. Das Berndorfer Modell passt somit weder zum Bundesgesetz noch zum Kündigungs­schutz. (Beifall bei der SPÖ.)

À la longue könnte also in den Gemeinden enormer Druck auf finanziell schlechter ge­stellte Familien beziehungsweise Alleinerzieherinnen entstehen, die auf eine Kinderbe­treuungseinrichtung angewiesen sind. (Abg. Gartelgruber: So ein Blödsinn!) Mit die­sem Druck meine ich nicht nur, einen Kinderbetreuungsplatz zu suchen, sondern die­ser Druck geht auch in die Richtung eines moralischen Drucks dahingehend, die Kin­der doch zu Hause betreuen zu lassen, um nicht als Rabenmutter oder als Rabenvater dazustehen. Wir von der SPÖ sind ganz klar gegen dieses Ausspielen, und im vor­liegenden Entschließungsantrag der FPÖ geht es in Wirklichkeit genau um dieses Ausspielen, wenn vorgerechnet wird, dass Kinderbetreuungseinrichtungen teurer kom­men als die – ich nenne es so –„Herdprämie“ für die zu Hause bleibende Frau. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kitzmüller: Das ist ein Wahnsinn, was Sie da sagen! Und schlecht gelesen!)

Wer sich auch nur ansatzweise im heutigen Berufsalltag auskennt, der weiß, wie schwer ein Wiedereinstieg nach längerer Pause ist. Arbeiterkammer und Industriellen­vereinigung haben daher vor einiger Zeit ein Modell der Familienförderung ausgear­beitet, das eine Umschichtung von einer monetären und steuerlichen Familienförde­rung zugunsten eines qualitativen Ausbaus der Kinderbetreuung vorsieht. Somit sind meiner Meinung nach die Gemeinden gefordert, die Kinderbetreuung flächendeckend auszubauen, und zwar kindgerecht und familienfreundlich, nämlich ganzjährig, wobei auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch von fünf Wochen geachtet werden muss, jedoch auch – und das ist ganz wichtig – auf das Recht der Kinder auf Ferien. Nur so kann die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert und Erwerbstätigkeit genauso wie Kar­rieremöglichkeiten ermöglicht werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kitz­müller: Frau Kollegin, haben Sie verstanden, was Sie da vorgelesen haben?!)

13.33


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. – Bitte.

 


13.33.37

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Durchschlag, wir sind felsenfest von der Mündigkeit und der Selbstverantwortung der Familien überzeugt, und das ist der Grund dafür, dass wir die Teilungsregel abschaffen wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sind der Meinung, dass es sich ein Elternpaar allein ausmachen können muss, wer wie lange zu Hause bleibt und das Kinderbetreuungsgeld in Anspruch nimmt. Wir sind nicht der Meinung, dass jenes Paar diskriminiert werden soll, wo – zugegebenerma­ßen, und das ist ja auch fein so – sehr oft die Mutter, manchmal auch – bei meinem


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letzten Kind war es so – der Vater das Kindergeld in Anspruch nimmt, und zwar gänz­lich, da soll es keinen Nachteil geben. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Zweiten, zur Wahlfreiheit im Allgemeinen: Ich erwähne immer wieder gerne und bin stolz darauf, dass dieser Begriff der „Wahlfreiheit“ das erste Mal aus freiheitlichem Mund in die Debatte über Kinderbetreuung eingeworfen worden ist. Es war in den neunziger Jahren – vielleicht erinnern sich manche –, da war die Diskussion in einer Sackgasse angelangt. Da waren jene, die gesagt haben: Wir wollen mehr Kinderbe­treuungseinrichtungen! – das waren natürlich Sie (in Richtung SPÖ und Grüne) –, und auf der anderen Seite damals noch die ÖVP – sie ist ja immer zehn Jahre hinten nach, und dann hat sie 80 Prozent von den Sozialisten übernommen – in einem sozusagen konservativen Gewande, die gesagt hat: Nein, wir wollen auch die Betreuung zu Hau­se, vor allem durch die Mutter fördern! Da gab es kein Vor und Zurück mehr, und da haben wir gesagt: Lassen wir doch jene entscheiden, die davon wirklich betroffen sind, übergeben wir die Entscheidung den Eltern!

Das war die Geburtsstunde der „Wahlfreiheit“, und darauf sind wir bis heute stolz und daran halten wir auch bis heute fest. (Beifall bei der FPÖ.)

Es steht nicht nur in der Verfassung, sondern es ist auch tatsächlich so: Die Entschei­dung über die Erziehung ihrer eigenen Kinder ist ein elementares Recht jedes Eltern­paars. Auch deswegen, weil es dann, wenn etwas schiefgeht, meistens fürchterlich ist. Wenn die Bindung zwischen Eltern und Kindern nicht gelingt, dann sind die, die daran leiden, die Eltern, und zwar in einer elementaren Weise. Und auch das sage ich hier einmal, insbesondere was die Betreuung der ganz Kleinen betrifft: Die Bindung zwi­schen Mutter und Kind ist die engste Bindung, die es geben kann. Wenn die gekappt ist, ist alles kaputt. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch deswegen legen wir großen Wert darauf, dass unter Wahlfreiheit vor allem auch die Wahlfreiheit zwischen den Betreuungseinrichtungen außer Haus und der Betreu­ung in der Familie gesehen wird. Und diese Wahlfreiheit besteht natürlich nur dann – Frau Kollegin Musiol, ich bin sicher nicht mit Ihnen einer Meinung, ich weiß schon, was Sie jetzt sagen werden –, wenn sie ohne ökonomischen Zwang erfolgen kann. Wenn ich ausschließlich Kinderbetreuungseinrichtungen schaffe und dann sage: Geht arbei­ten, liebe Leute, ihr habt ja die Möglichkeit, es gibt die Kinderbetreuungseinrichtung, und wir verschaffen euch über das AMS einen Arbeitsplatz!, ist diese Wahlfreiheit nicht gewährleistet. Denn es gibt viele junge Mütter – das sagt auch jede Umfrage – und üb­rigens auch Väter, die sagen, könnten sie es ohne ökonomischen Zwang tun, würden sie ihre Kinder lieber länger zu Hause betreuen, als dies heute möglich ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher keinen Rückbau des Kinderbetreuungsgeldes, sondern vielmehr einen Ausbau. Ich meine, dass wir uns nichts vergeben, wenn wir als Demokraten die Stimme der jun­gen Menschen ernst nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.37


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte. (Abg. Jarolim – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Musiol -: Frau Musiol, vielleicht kann man das ein bisschen korrigieren, was da jetzt im Raum steht!)

 


13.37.28

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Jaro­lim, ich finde es auch sehr erfreulich, dass schon auf mich repliziert wurde, bevor ich überhaupt noch eine Rede gehalten habe. Das zeigt, dass meine Aussagen im Aus­schuss in Erinnerung geblieben sind. Es passiert ja nicht oft, dass Ausschussdebatten ernst genommen werden. (Abg. Gartelgruber: Bei uns immer!) Natürlich würde es mich mehr freuen, wenn ich Sie damals schon überzeugt hätte, aber ich gebe es na­türlich nicht auf, denn der stete Tropfen höhlt den Stein. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 83

Lassen Sie mich das mit der „Wahlfreiheit“ noch einmal erklären. Es mag sein, Frau Abgeordnete Rosenkranz, dass die FPÖ die Erste war, die das Wort im Zusammen­hang mit Kinderbetreuung eingebracht hat. Damals war ich noch nicht in der Politik, und ich muss zugeben, wie wahrscheinlich ein Großteil der ÖsterreicherInnen habe ich die politische Debatte nicht mit dieser Akribie verfolgt, wie Sie das jetzt rückblickend getan haben. Aber das Wort „Wahlfreiheit“ hat die FPÖ nicht erfunden, genauso wie sie das Wort „Freiheit“ nicht erfunden hat, auch wenn es in ihrem Namen steht. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte hier noch einmal erklären, was ich unter „Wahlfreiheit“ im Zusammenhang mit Kinderbetreuung verstehe, und das habe ich auch im Ausschuss gesagt. (Abg. Walter Rosenkranz: Sie haben das Wort „grün“ erfunden, und zwar hinter den Ohren!) Von „Wahlfreiheit“ kann man doch erst dann sprechen, wenn alle Rahmenbedingungen geschaffen sind. Dazu gehören zum einen ausreichend viele qualitative Plätze und zum anderen natürlich – da gebe ich Ihnen ja recht – die ausreichenden Angebote auf dem Arbeitsmarkt, um ein existenzsicherndes Einkommen zu lukrieren und dann diese oder jene Variante wählen zu können.

Wir sind ja, was die Problembeschreibung betrifft, ausnahmsweise einmal gar nicht so weit auseinander. Auch wir sehen die aktuellen Kinderbetreuungsgeldvarianten als pro­blematisch an. Wir hören von sehr vielen Eltern, die in dieser Situation sind, dass es schwierig ist, sich überhaupt für eine Variante zu entscheiden, weil man gar nicht weiß, was kommt. All diese Diskussionen kennen wir. Und wir sehen natürlich auch das Pro­blem – darauf haben wir schon mehrfach hingewiesen – des Auseinanderklaffens die­ser langen Variante mit dem Kündigungsschutz.

Aber unsere Antwort ist eine andere. Wir sagen nämlich vor dem Hintergrund, dass es eben nach drei Jahren des Zuhausebleibens nicht mehr so leicht möglich ist, in den Ar­beitsmarkt zurückzukehren, geschweige denn, sozusagen in der eigenen Firma weiter voranzuschreiten, und vor dem Hintergrund, dass alle Frauen, die schon das Pensions­alter erreicht haben, jetzt meinen, es sei unbedingt notwendig, da am Beginn Maßnah­men zu setzen, weil sie jetzt vor der Armut stehen: Schaffen wir die dreijährige Varian­te ab, aber natürlich nur unter der Voraussetzung, dass ausreichend Plätze geschaffen sind.

Da Sie immer darauf hinweisen, dass die dreijährige Variante die ist, die am meisten in Anspruch genommen wird: Natürlich! Schauen wir uns nur einmal die Kinderbetreu­ungssituation in Österreich an. Es verwundert doch nicht, dass man sich, wenn man in manchen Regionen solche Plätze oder gar keine Plätze vorfindet, dann dafür entschei­den muss, die dreijährige Variante zu wählen und nicht die zweijährige.

Eines muss ich Ihnen schon sagen: Das, was Sie heute hier bezüglich der Bindung zwischen Mutter und Kind gesagt haben, mag stimmen. Es ist jedoch eine Beleidigung all jener Väter, die sich da sehr wohl einbringen. Es gibt zahlreiche Männer in meiner Umgebung, es gibt auch welche hier im Haus, Kollege Steinhauser zum Beispiel, die gemäß ihrem Selbstverständnis natürlich auch Kindergeld in Anspruch genommen ha­ben, in Karenz gegangen sind. Denen würde ich auf keinen Fall absprechen wollen, dass sie mindestens eine ebensolche Bindung zu ihren Kindern hatten wie die Mütter. Und das gehört hier auch einmal gesagt, dass wir diese beiden Gruppen nicht gegen­einander ausspielen sollten. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Thema AlleinerzieherInnen: Auch da sehen wir das Problem ähnlich, aber unsere Antwort ist eine andere; und die ist sehr realitätsnahe. Was machen Alleinerziehen­de? – In der Regel schaffen sie sich ein anderes Umfeld, nämlich die eigenen Eltern, FreundInnen, Geschwister, die die fehlenden Partner, was die Betreuung betrifft, er­setzen. Warum dehnen wir die Möglichkeit des Kindergeldbezuges nicht auch auf die­se sozialen Eltern aus, ob das jetzt Großeltern sind, neue Partner oder wer auch im-


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mer? Diskutieren wir doch darüber. Sprechen wir auch darüber, warum Väter, die nicht mehr im gemeinsamen Haushalt leben, und in der Regel sind das die Väter, vom Kindergeldbezug ausgeschlossen sind, nicht in Karenz gehen können. Auch das ge­hört geregelt. Wir leben in einer Zeit, in der eben viele Paare nicht mehr ihr Leben lang zusammen bleiben, ja sich sogar am Anfang schon trennen, wenn das Kind noch ganz klein ist. Für diese Situationen muss man Antworten finden.

Ein Letztes noch zum Berndorfer Modell: Wir lehnen es schlichtweg ab, denn das Berndorfer Modell ist eines, bei dem der Bürgermeister und der Gemeinderat versu­chen, sich aus ihrer Verpflichtung herauszukaufen, qualitativ hochwertige Kinderbe­treuungseinrichtungen zu schaffen. Kinderbetreuungseinrichtungen sind eben auch nicht nur Betreuungseinrichtungen, da ist der Begriff schon falsch, den ich gerade ver­wendet habe. Es geht auch um Bildung, und die steht allen Kindern zu. Da geht es nicht darum, dass man mit den Kindern keine Zeit mehr verbringt. Die Vorstellungen, die dazu kreiert werden, sind eigenartig – man hört nicht, wenn das Kind das erste Mal „Mama“ sagt. Das kann auch dann passieren, wenn ich zum Beispiel gerade unter der Dusche stehe oder mein Kind gerade bei meiner Mutter ist. Dann höre ich es auch nicht, wenn das Kind das erste Mal „Mama“ sagt. Hören Sie also auf, in diesem Zu­sammenhang mit solch drastischen Vorstellungen zu operieren. (Beifall bei den Grü­nen.)

13.43


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


13.43.25

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Bezug nehmend auf die Ausführun­gen meiner beiden Vorrednerinnen muss ich sagen, ich habe den Eindruck, dass die Maßnahmen der Bundesregierung und auch der ÖVP goldrichtig sind, die sich da in der Mitte positionieren zwischen den fundamentalistischen Positionen in die eine, aber auch in die andere Richtung. Man könnte sagen, da fließen noch ganz andere Überle­gungen mit ein. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Walter Rosenkranz: Also Durchschnitt!)

Initiativen zum Wohle der Kinder und Eltern zu setzen, wie das im Entschließungsan­trag der Freiheitlichen formuliert ist, bedeutet, und das sieht man da ganz eindeutig be­stätigt, nicht unbedingt das Beste für die Familien zu tun. Man spricht von Wahlfreiheit für die Eltern, aber genau das Gegenteil würde mit diesem Antrag erreicht werden. Wahlfreiheit heißt nämlich, verschiedene Möglichkeiten für die Kinderbetreuung, für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes anzubieten. Und die Familie kann je nach per­sönlichen Bedürfnissen und Notwendigkeiten entscheiden, welche Variante gewählt wird. Im Regelfall besteht eine Familie doch noch aus Mutter, Vater und Kindern.

Es gibt in Österreich viele verschiedene Modelle, vier Pauschalvarianten mit den 30 plus 6 Monaten, 20 plus 4 Monaten, 15 plus 3 Monaten und 12 plus 2 Monaten und das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld mit den 12 plus 2 Monaten. Und der Vollständigkeit halber darf man dazusagen: Mehr als zwei Fünftel, nahezu 42 Prozent, beziehen Kinderbetreuungsgeld über die Langvariante, das heißt 30 plus 6 Monate. Und es ist für uns kein Thema, diese Variante anzutasten oder abzuschaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Bemerkenswert ist auch, dass sich rund ein Fünftel in der einkommensabhängigen Va­riante findet.

Es ist also wichtig, dass man weiterarbeitet, um das weiterzuentwickeln. Vom Ministe­rium wird daran gearbeitet; das ist ganz wesentlich. Diese Weiterentwicklung ist ent­scheidend, denn wenn wir Wahlfreiheit haben wollen, dann müssen wir dieser Wahl­freiheit in der Praxis entgegenkommen und diese noch besser als bisher gestalten, und


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zwar im Sinne aller und im Sinne einer modernen Familienpolitik, die sich nicht nur auf Mütter und Väter bezieht, sondern auch auf die Bedürfnisse der Kinder eingeht.

Wir stehen für Vielfalt und Wahlfreiheit. Die Familiensituationen sind sehr vielfältig und individuell. Daher wurde der Entschließungsantrag schon im Familienausschuss zu Recht abgelehnt, und daran wird sich auch hier nichts ändern. (Beifall bei der ÖVP.)

13.46


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Holzin­ger. – Bitte.

 


13.46.22

Abgeordnete Daniela Holzinger, BA (SPÖ): Sehr geehrte BesucherInnen auf der Ga­lerie! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger zu Hause vor den Fernsehern oder die via Internet dabei sind! Sehr geehrte KollegInnen! Der Antrag, die familieninterne Kinder­betreuung stärker zu fördern, spricht ein Thema an, dem wir alle sehr viel Aufmerksam­keit widmen sollten: die Familie als sozialer Kern der Gesellschaft, die Wertschätzung, die sich Mütter und Väter für ihre wertvolle Arbeit jeden Tag zu Recht verdienen. Mütter und Väter erbringen einen extrem wertvollen Beitrag, machen einen großartigen Job, um den Kindern ein liebevolles Zuhause zu bieten, einen Ort der Sicherheit zu geben, ihnen aber auch den Start – und da bin ich genau bei dem Punkt, der mir sehr wichtig ist – in ein erfolgreiches und selbstbewusstes Leben zu ermöglichen. (Abg. Walter Ro­senkranz: Sie spricht von „Job“! So sehen die das! Job!)

Es ist daher wichtig, mit den leider begrenzten Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, einen möglichst guten Mix aus direkten Förderungen der Familien mittels Transferleis­tungen, die ja jetzt bereits durch das Karenzgeld gegeben sind, und durch Sachleis­tungen zu gewährleisten Unsere Aufgabe ist es, dabei einen richtigen Ansatz zu wäh­len und die richtigen Anreize zu geben.

Es ist unsere Aufgabe, und da spreche ich insbesondere vom ländlichen Raum, die vorhandenen finanziellen Mittel richtig einzusetzen. Insbesondere im ländlichen Raum kann es mitunter vorkommen, dass Eltern nicht die Möglichkeit haben, ihre Kinder in Betreuung zu geben, weil es eben aus beruflichen Gründen nicht möglich ist.

In diesem Zusammenhang muss ich mein Heimatbundesland Oberösterreich anspre­chen. Im aktuellen Budget wurden 350 Millionen € für den Ausbau von Kinderbetreu­ungseinrichtungen reserviert, aber gerade von meinem Heimatbundesland Oberöster­reich wird ein Großteil dieser finanziellen Mittel durch die konservative Landesregie­rung nicht abgeholt. Das heißt, das Geld kommt dort auch nicht bei den Eltern an. Wir müssen verstärkt unser Augenmerk darauf legen, dass es auch dort ankommt.

Was den Wiedereinstieg in das Berufsleben nach der Babypause betrifft, braucht es besondere Förderungen, da ein längerer Verbleib zu Hause, und da spreche ich ins­besondere die Situation von Frauen an, dann extrem negative Auswirkungen auf die Pension haben kann.

Sehr verehrte Frau Ministerin Karmasin! Ihr Ziel, Österreich zum familienfreundlichsten Land in Europa zu machen, erfordert, auch in Richtung familienfreundliche Arbeitszei­ten für Eltern zu denken und zu gehen, denn meiner Meinung nach müssen nicht die Eltern flexibler werden, sondern die Arbeitszeit familienfreundlicher. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.49


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Hammer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.49.14

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolle-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 86

ginnen und Kollegen! Ich darf abschließend noch ein paar Gedanken zu den aktuellen Tagesordnungspunkten einbringen. Es ist interessant, wie man in der Debatte versucht hat, das Thema Wahlfreiheit zu deuten. Tatsache ist: Wahlfreiheit, und das ist in man­chen Redebeiträgen auch so verstanden worden, in anderen aber nicht, weil in diesen Wahlfreiheit eher so aufgefasst wurde, dass der Staat oder die Öffentlichkeit vor­schreibt, wie man die Kinder zu betreuen hat, also echte Wahlfreiheit, so wie wir sie verstehen, verlangt einen Mix aus entsprechender finanzieller Ausstattung der Familien und dem Zurverfügungstellen eines attraktiven Kinderbetreuungsangebots.

Ohne dem Modell Berndorf das Wort reden zu wollen, will ich schon auch die Unter­schiedlichkeit zwischen städtischem und ländlichem Raum hervorheben. In vielen Ge­meinden ist die Kinderbetreuung ganz hervorragend organisiert und sind die Eltern da­mit auch zufrieden. Das sollte man jedenfalls auch sehen und nicht immer irgendwel­che Vorschriften machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Kinderbetreuungsgeld als solchem und der Diskussion darüber: Mein Vorredner Nikolaus Prinz hat schon eingebracht, dass man es nicht schlechtreden sollte. Man sollte die derzeitige Situation vielmehr zum Anlass nehmen, sich zu freuen, dass die Familien die Unterschiedlichkeit der verschiedenen Modelle auch in Anspruch nehmen. In allen möglichen Varianten werden diese Angebote von den Familien angenommen. Das spricht dafür, dass die Eltern und die Familien sich das entsprechend einteilen, und die Weiterentwicklung hin zu einem noch transparenteren und flexibleren Kinder­betreuungsgeldkonto, die das Regierungsprogramm vorsieht, ist der logisch folgende Schritt, der das noch weiter verbessert. Grundsätzlich ist dieses System jedoch absolut gut aufgestellt.

Zur Wahlfreiheit gehört auch die Möglichkeit, sich die berufliche Tätigkeit einzuteilen, und da kann ich die Meinung nicht teilen, die manch andere äußern, denn vor allem die Teilzeitarbeit ermöglicht vielen Familien, Beruf und Familie zu vereinbaren, und das sollte man fördern und nicht immer irgendwie abwertend darstellen. Teilzeitarbeit ist für die Familien Goldes wert. (Beifall bei der ÖVP.)

13.51

13.51.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatterinnen wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Familienaus­schusses, seinen Bericht 118 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 119 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Auch dieser Antrag ist angenommen.

13.52.246. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (88 d.B.): Bundesge­setz über die Geltendmachung und Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen mit Auslandsbezug (Auslandsunterhaltsgesetz 2014 – AUG 2014) (91 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 87

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Mag. Schönegger. – Bitte.

 


13.52.47

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, nach einem kontrovers debattierten Tagesordnungspunkt nun die Gelegenheit zu haben, die Behandlung des nächsten Tagesordnungspunkts mit meinem Redebeitrag zu eröffnen. Wir haben bei diesem Tagesordnungspunkt die Gelegenheit, die sich ja nicht so oft bietet, den Zuse­herinnen und Zusehern zu zeigen, dass wir hin und wieder auch gemeinsam an kons­truktiven Lösungen arbeiten und alle gemeinsam dieser Lösung dann auch zustimmen werden.

Es geht um das Auslandsunterhaltsgesetz 2014, ein Gesetz, das den Bürgerinnen und Bürgern bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen mit Auslandsbezug helfen soll, noch schneller und noch einfacher zu ihrem Recht zu kommen.

Das Auslandsunterhaltsgesetz verfolgt als wesentliche Ziele die Anpassung der ge­setzlichen Regelungen an das Haager Unterhaltsübereinkommen 2007, die Verbesse­rung der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen mit Auslandsbezug sowie die Ver­fahrensbeschleunigung durch Einsparung von Verfahrensschritten und auch klarstel­lende gesetzliche Regelungen.

Im Einzelnen sollen eben Durchführungsbestimmungen für alle unions- und völker­rechtlichen Rechtsinstrumente zur Unterhaltsdurchsetzung geschaffen werden. Gleich­zeitig sieht der Entwurf auch eine Antragslegitimation von regressberechtigten Behör­den vor. Die Zwischenschaltung der Gerichtsvorsteher in der Behördenkommunikation wird eingespart. Das hilft den Menschen, schneller zu ihrem Recht zu kommen, und wir heben hier auch ein Einsparungspotenzial in der Verwaltung.

Neu sind Regelungen über die Verwendung von vereinnahmten Geldbeträgen sowie die Bestimmungen zur Durchführung besonderer Maßnahmen im Zusammenhang mit Auslandsunterhaltsansprüchen. Schließlich enthält diese Vorlage auch die Möglichkeit, dass der Justizminister ad personam befasst wird.

Ja, ich bin der Meinung, dass wir hier zeigen, und es wird sich auch zeigen, weil es be­reits im Ausschuss so war, dass wir auch alle gemeinsam an guten gesetzlichen Re­gelungen für die Bürgerinnen und Bürger arbeiten können.

Die Hoffnung stirbt zuletzt: Möglicherweise könnten wir dieses Beispiel auch zum An­lass nehmen, das in Zukunft öfter zu tun. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP.)

13.55


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


13.55.18

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Für allein erziehende Mütter – und selten sind es auch Väter – ist natürlich ein durchsetzbares Unterhaltsrecht von sehr großer Bedeutung, denn es ist die Erfüllung eines Anspruches auf Unterhalt, und das bedeutet, dass aus­reichend beziehungsweise mehr Geld für die Lebenskosten des Kindes zur Verfügung steht.

Es ist so schon nicht immer sehr einfach, den Unterhaltsanspruch durchzusetzen. Um­so mehr verkompliziert sich die Sache, wenn durch einen Auslandsbezug unterschied­liche Rechtsordnungen – mein Kollege hat das ja dargelegt – weitere Erschwernisse für den Antragsteller, für die Antragstellerin bringen. Deshalb ist dieser heutige Be-


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schluss auch besonders wichtig, da ein einheitliches Durchführungsgesetz beschlos­sen wird und mit völkerrechtlichen und unionsrechtlichen Rechtsinstrumenten zusam­mengeführt wird. Das stellt eine enorme Verbesserung für die Betroffenen dar.

Der Anspruch auf Unterhalt kann umso eher durchgesetzt werden, je einfacher und verständlicher die gesetzlichen Bestimmungen sind. Daher ist es auch wichtig, dass im Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Antragsteller, die Antragstellerin wohnt, die An­träge auch weiterhin eingebracht werden können. Es übernimmt sozusagen die Funk­tion einer Übermittlungsstelle. Sie nehmen den Antrag, Beilagen und auch allfällige Übersetzungen entgegen und leiten das an das Justizministerium weiter.

Unabhängig davon können natürlich die Anträge weiterhin bei den zuständigen Be­hörden im Ausland gestellt werden, aber das wird selten der Fall sein. In der Praxis wird wahrscheinlich die zentrale Behörde das Bundesministerium für Justiz die entge­gennehmende Stelle sein.

Gesellschaftspolitisch ist anzumerken, dass es durch die sich immer weiter verbrei­tende größere Mobilität der Menschen künftig noch mehr Fälle geben wird, bei denen ein Unterhaltsanspruch mit Auslandsbezug durchgesetzt werden muss, und deshalb ist es wichtig, dass dieses Gesetz heute beschlossen wird. Es sind enorme Verbesse­rungen für die Berechtigten gegeben, die in der Regel Frauen sind, die das natürlich auch dringend notwendig haben.

Abschließend möchte ich Ihnen noch sagen, dass im Unterhaltsrecht in Österreich aus unserer Sicht noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Meine Kollegin Wurm wird dazu noch etwas sagen. Unser Ziel ist, es zu einem Unterhaltssicherungsgesetz weiterzuentwickeln. Für Menschen mit Ansprüchen im Ausland ist der Gesetzesantrag heute jedoch ein wichtiger Schritt, eine Verbesserung, der wir sehr gerne zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.58


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hüb­ner. – Bitte.

 


13.58.21

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! So ein wichtiger Schritt ist es natürlich nicht, wie die Vorrednerin behauptet hat. Die Unterhaltsansprüche kön­nen nicht viel besser und schneller durchgesetzt werden. Es sind nur die Vorschriften vereinfacht. Man kennt sich leichter aus, also es ist einfacher, man findet leichter zum Ziel, aber sonst geht es nicht viel schneller.

Wir stimmen dem Ganzen trotzdem zu, weil es sinnvoll ist, das übersichtlich und in ei­nem Gesetz zu regeln. Es gibt allerdings einen kleinen Wermutstropfen, der aber mit diesem Gesetz nichts zu tun hat, und der beruht auf den Gesetzen, die wir hier nur durchführen, den materiellen Gesetzen, und das sind die internationalen Gesetze über die Anerkennung von ausländischen Aufenthaltstiteln. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Das ist nicht Thema heute, aber ich merke nur an: Das ist bei gleichwertigen Rechts­systemen kein Problem. Ich habe kein Problem, wenn wir das mit der Schweiz, mit Schweden oder Deutschland, auch mit Frankreich machen, aber es gibt viele Staaten, die Signatarstaaten der Konventionen sind, die wir durchsetzen, die keine akzeptablen Standards in ihrer Rechtsordnung haben, weil man dort um 500 € Entscheidungen kau­fen kann.

Das ist ein Problem. Dem werden wir aber nicht entkommen, und da werden wir heute im Zuge dieser Debatte auch keine Lösung finden. Dieser formalen Bestimmung stim­men wir zu, aber eben nicht ohne anzumerken, dass wir uns bereits auf problemati­sches Gebiet begeben haben und weiter begeben, wenn wir Titel aus Ländern vollstre-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 89

cken, die dort keine den unseren auch nur annähernd entsprechende Standards ha­ben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte.

 


14.00.01

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, es bringt uns nicht weiter, wenn wir heute diskutieren, wie groß oder klein der Schritt ist. Er mag manchmal dem Gesetzgeber klein erscheinen und ist für die Be­troffenen trotzdem ein großer Schritt. Es gibt aber auch die umgekehrten Fälle, wo der Gesetzgeber glaubt, er setzt einen großen Schritt, und in der Praxis erweist er sich nur als kleiner. Tatsache ist, es bringt jedenfalls eine Erleichterung und Beschleunigung von Verfahren im Zusammenhang mit Unterhaltsansprüchen mit Auslandsbezug.

Aber lassen Sie mich, wenn hier das Thema Unterhalt heute auf der Tagesordnung steht – und ich nehme an, Frau Kollegin Wurm wird das auch machen –, im Größeren auf dieses Thema eingehen, denn es ist sozusagen nur ein Teilbereich, den wir heute diskutieren. Wir haben ja Problemlagen beim Unterhaltsrecht, die hier angesprochen werden müssen.

Eines der größten Probleme im Unterhaltsrecht ist, dass der Unterhalt oftmals nur ei­nen kleinen Teil dessen ausmacht, was der Unterhalt tatsächlich notwendigerweise leisten müsste. Wir haben Unterhaltsansprüche in der Höhe von 20, 30, 40, 50 € mo­natlich; jeder weiß, dass man mit diesen Unterhaltsansprüchen kein Kind großziehen kann. – Das ist das eine Problem.

Das andere Problem, das wir haben – und das wissen wir , ist, dass Scheidungen na­türlich Armutsfalle Nummer eins oder zwei in diesem Land sind und dass auch die Un­terhaltsschuldner mitunter vor schwierigen Situationen stehen. Wir haben beim Unter­haltsrecht nach wie vor die Möglichkeit, Unterhaltsansprüche unter das Existenzmini­mum der Unterhaltsschuldner zu exekutieren, was wiederum für diese Probleme schafft.

Daher stellt sich schon die Frage, ob wir nicht einen Schritt setzen – und ich glaube, das geht in die gleiche Richtung, wie möglicherweise Frau Kollegin Wurm argumentie­ren wird –, um eine moderne Sozialleistung zu schaffen, eine Art Unterhalts-Grundsi­cherung, um Armut für Kinder und Familien nachhaltig zu bekämpfen. Diese moderne Sozialleistung wäre notwendig. Herr Justizminister, ich weiß, dass Sie dafür nicht wirklich zuständig sind. Sie sind für den Unterhaltsvorschuss zuständig, aber nicht für eine Unterhalts-Grundsicherung, denn das wäre dann eine Sozialleistung. Trotzdem glaube ich, dass wir uns dieser Debatte stellen müssen.

Wir haben eigentlich schon vor den Wahlen gemeinsam angedacht, dazu eine Enquete zu machen, damit wir einmal die Länder an einen Tisch bekommen – diese brauchen wir ja, ohne sie können wir, weil sie für Sozialleistungen zuständig sind, das Thema nicht weiterentwickeln –, auf der anderen Seite die Justizpolitik an einen Tisch bekom­men und wirklich anschauen, wo es sozusagen konkret bei den Verfahren, bei der Durchsetzung scheitert und wo es daran scheitert, dass Unterhaltsansprüche so klein sind, dass wir diese Unterhalts-Grundsicherung brauchen würden, um als moderne So­zialleistung Kinderarmut zu verhindern.

Das heißt, unsere Anregung ist, dass wir diese Idee einer breiteren Enquete wieder aufgreifen und jetzt die mittlerweile sechs Parteien gemeinsam diese Enquete endlich ins Trockene bringen. Sie war weit in der Planung, aber die Wahlen sind dazwischen­gekommen.

In diesem Sinn würde ich vorschlagen: Nehmen wir das Thema ernst, und setzen wir uns wieder zusammen! Auch der Herr Bundesminister hat im Ausschuss gesagt, es


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könnte 2016/2017 mit einer Unterhaltsreform ernst werden. Nehmen wir uns die Zeit im Rahmen einer Unterhalts-Enquete, und bearbeiten wir die Probleme, damit wir das The­ma auch im ganz Großen weiterbringen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


14.03.23

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin heute schon einige Male bezüglich Unterhaltsrecht, Weiterentwicklung des Unterhaltsrechtes angesprochen worden, möchte aber ein­gangs meines Redebeitrages anerkennend sagen, dass wir heute mit dieser Gesetz­werdung hier einen Lückenschluss machen, der für sehr viele wichtig sein wird. Davon bin ich überzeugt, denn Unterhaltsansprüche durchzusetzen, schneller durchzusetzen, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Wenn nun Kollege Steinhauser angesprochen hat, dass es zu einer Weiterentwicklung kommen sollte – war haben ja dieses Thema auch schon im Ausschuss releviert –, dann bin ich sehr seiner Meinung.

Sie (in Richtung Regierungsbank) haben uns ja bei der Ausschusssitzung am 2. April sagen können, dass in Ihrem Haus, also im Justizministerium, daran gearbeitet wird, um zu einer entsprechenden Vorlage zu kommen, dass wir – und so hoffe ich auch – von einer Unterhaltsvorschusszahlung, wo sehr, sehr viele von den Kindern, die unter­haltsberechtigt wären, den Unterhalt nicht erhalten oder einen sehr geringen Unterhalt erhalten, zu einem Unterhaltssicherungsgesetz kommen; ob das nun im Sinne eines Gesetzes wird, das dann vor allem die Länder auszuführen haben, nämlich Mindest­sicherung, oder ob es eine – für mich wäre es das – bessere Lösung gibt, dass es nämlich nicht als Sozialleistung tituliert ist, wo wir dann wieder auf neun verschiedene Gliedstaatsverträge angewiesen sind, diese berühmten Artikel-15a-Verträge, die sehr, sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und auch in der Ausführung sehr kompliziert sind für jene, die dann den Unterhalt bekommen sollen.

Das sind einmal die Alleinerziehenden, hauptsächlich sind es eben die Frauen, und auch vor allen Dingen die Kinder. Es ist ja heute hier am Beginn der Tagesordnung im­mer wieder oder auch von Finanzminister Spindelegger gesagt worden: Die Kinder sind die Zukunft unseres Staates. Andererseits ist dieses Postulat, dass jedes Kind gleich viel wert ist, auch immer im Raum. Hier kann es doch keinen Unterschied ge­ben, ob der Unterhaltspflichtige, sei es nun Vater oder Mutter, finanziell in der Lage ist, den Unterhalt zu zahlen!

Beim Unterhaltsvorschussgesetz, das wir jetzt in Gültigkeit haben, ist es doch so, dass es, wenn der Unterhaltspflichtige unverschuldet in eine Notlage gerät, zum Beispiel aufgrund einer Krankheit, keine Bevorschussung gibt. Hier müssen wir ansetzen! Hier ist es unsere Pflicht, das zu tun, was wir immer wieder sagen, dass Kinder, dass Fami­lien nicht in die Armut schlittern, weil ein Elternteil nicht Unterhalt leisten kann, weil er es meinetwegen nicht leisten kann oder auch nicht will. Hier sind wir als Gesetzgeber in der Pflicht und sollten das so schnell wie möglich tun. Die Enquete wäre ein guter Anfang. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

14.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Brandstetter zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


14.06.46

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr verehrten Da-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 91

men und Herren! Ich möchte mich eingangs bei den Justizsprecherinnen und Justiz­sprechern aller im Parlament vertretenen Parteien sehr herzlich für die konstruktive Mitarbeit im Justizausschuss bedanken. Das gilt eigentlich für alle Mitglieder des Aus­schusses. Das war sehr hilfreich bei allen Vorhaben, die heute auch zur Entscheidung anstehen.

Wir wissen alle, nicht zuletzt durch spektakuläre Fälle der jüngsten Vergangenheit, dass familienrechtliche Auseinandersetzungen insbesondere in Familien mit Obsorge-Streitigkeiten bei Auslandsbezügen wirklich große Probleme schaffen können. Wir wer­den diese Probleme nur auf europäischer Ebene wirklich lösen können. Entsprechende Bestrebungen in diese Richtung sind dort im Gange.

Aber innerstaatlich können wir im Bereich des Unterhaltsrechts immer etwas verbes­sern, und genau das soll mit dem Auslandsunterhaltsgesetz 2014 jetzt auch gesche­hen. Es soll damit ein einheitliches Durchführungsgesetz für alle in Österreich gelten­den völkerrechtlichen und unionsrechtlichen Rechtsinstrumente zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen mit Auslandsbezug geschaffen werden. Das ist schon einmal et­was!

Es war notwendig, hier Änderungen vorzunehmen, weil die Haager Privatrechtskonfe­renz und die Europäische Union mit dem Haager Unterhaltsübereinkommen und mit der Europäischen Unterhaltsverordnung neue Normen zur grenzüberschreitenden Un­terhaltsdurchsetzung geschaffen haben. Diese Normen sollen nun mit dem Auslands­unterhaltsgesetz 2014 durch Durchführungsbestimmungen im österreichischen Recht mit praktischem Leben erfüllt werden.

Die Fragen, die sich bei der Durchsetzung eines Unterhaltsanspruchs aus Österreich in das Ausland ebenso wie umgekehrt stellen, sind oft vielfältig: Welche Gerichte sind ei­gentlich zuständig? Welches Recht haben sie anzuwenden? Wer hilft einem denn bei der Antragstellung? Müssen Kautionen gestellt werden? Kann Verfahrenshilfe bekom­men werden? Unter welchen Voraussetzungen kann eine ausländische Unterhaltsent­scheidung in Österreich, und umgekehrt eine österreichische im Ausland, auch wirklich vollstreckt werden?

All diese Fragen sind bisher Gegenstand von zersplitterten Normen gewesen, was sich zum Teil auch daraus erklären lässt, dass historisch ja nicht alle Sachprobleme gleich­zeitig in einem internationalen Instrument gelöst werden konnten. Die Europäische Un­terhaltsverordnung und das Haager Unterhaltsübereinkommen konnten aber jetzt erst­mals praktisch alle Fragen zusammenfassend regeln.

Die Verordnung gilt seit 18. Juni 2011; das Übereinkommen wird am 1. August 2014 für Österreich in Kraft treten. Jetzt fehlte eben noch das Auslandsunterhaltsge­setz 2014, denn das soll für alle Fälle grenzüberschreitender Unterhaltsdurchsetzung ein einheitliches, modernes und effizientes Durchführungsgesetz darstellen. Damit kön­nen wir auch zwei ältere Gesetze aufheben, die jetzt nicht mehr notwendig sind.

Lassen Sie mich nur ganz kurz auf die wesentlichen Bereiche eingehen, die mit diesem Gesetz geregelt und vor allem auch verbessert werden sollen.

Es wird nun – das wurde bereits erwähnt – eine zentrale Behörde geben, nämlich das Bundesministerium für Justiz.

Weiters wird das Verfahren zur Einbringung eines Antrags auf Schaffung oder Zwangs­vollstreckung eines Unterhaltstitels geregelt, einheitlich geregelt. Aufgrund der unions- und völkerrechtlichen Vorgaben gab es da keinen allzu großen rechtspolitischen Spiel­raum, aber wir haben ihn genutzt, um in vielen Detailaspekten eine schlankere, rasche­re und vor allem auch kostengünstigere Vorgehensweise zu ermöglichen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 92

Das beginnt bei dem Verzicht auf alle unnötigen Zwischenschritte. Es kann sich jetzt das Jugendamt direkt an die Zentralbehörde, das BMJ, wenden, ohne dass dazwi­schen irgendwelche Gerichtsorgane kontaktiert werden müssen.

Besonders wichtig erscheint mir die in diesem Gesetz vorgesehene großzügige, aber auch kostenbewusste Verfahrenshilferegelung, die die Beigabe eines Rechtsanwalts für unter 21 Jahre alte, im Ausland lebende, auf Unterhalt angewiesene Antragsteller erlaubt.

Schließlich sollen nun auch notwendige Auskünfte vorweg – natürlich entsprechend den Datenschutzgrundsätzen – erlangt und sehr eingeschränkt an die korrespondie­renden Zentralbehörden im Ausland weitergegeben werden können. Auch diese Rege­lung verfolgt den Zweck, den Parteien und den Gerichten erfolglose Antragstellungen zu ersparen und einfach die Rechtsdurchsetzung zu erleichtern.

Insgesamt ist es also im Ergebnis ein Beitrag zu einer einfacheren, rascheren und wirk­sameren Durchsetzung für Unterhaltsansprüche bei Auslandsbezügen. Damit wird aus­schließlich die Position des Unterhaltsberechtigten gestärkt, da es unterhaltspflichtigen Angehörigen in Zukunft auch schwerer fallen wird – das muss man schon sagen –, durch Übersiedlungen die Erfüllung berechtigter Ansprüche ihrer Kinder oder Ehepart­ner zu erschweren oder gar zu vereiteln. Das wird durch dieses Gesetz nicht mehr möglich sein.

Diesem Anliegen des Gesetzes zugunsten des Unterhaltsberechtigten kann man aus meiner Sicht eigentlich nur zustimmen, denn letztlich geht es hier ja um eine Regelung zugunsten der Schwächsten in unserer Gesellschaft, zugunsten der Kinder. Daher bin ich – um auf das einzugehen, was Kollege Steinhauser gesagt hat – auch immer sehr offen für Gespräche über weitere Verbesserungen im Bereich des Unterhaltsvor­schussgesetzes, für das ich zuständig bin, aber auch darüber hinaus, denn letztlich steht es uns allen gut an, für Regelungen einzutreten, die im Interesse der Kinder gele­gen sind, und Verbesserungen in diesem Bereich auch tatsächlich zu erreichen.

Dieses Gesetz ist eine Verbesserung, und so gesehen bitte ich um eine möglichst brei­te Zustimmung dazu. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.12

14.12.20

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 88 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Damit ist der Ge­setzentwurf auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

14.13.207. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (89 d.B.): Bundesge­setz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Konsumentenschutz­gesetz und das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert werden und


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ein Bundesgesetz über Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen ge­schlossene Verträge (Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz – FAGG) erlassen wird (Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – VRUG) (92 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


14.13.47

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben hier eine Re­gierungsvorlage zu besprechen, mit der das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch sowie das Konsumentenschutzgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über Fernab­satz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge erlassen wird. Im Wesentlichen geht es auch um die Umsetzung einer EU-Richtlinie.

Man muss einmal festhalten, dass Österreich ein sehr hohes Niveau hat, was den Kon­sumentenschutz betrifft. Das ist auch gut und richtig so. Jedoch müssen wir hier, bei dieser Gesetzesvorlage, feststellen, dass einige Dinge unklar und offensichtlich auch überschießend sind.

Wesentlich bei diesem Gesetz ist eine Informationspflicht. Da wird beim Fernabsatzge­setz festgehalten: „Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag oder seine Vertragser­klärung gebunden ist, muss ihn der Unternehmer in klarer und verständlicher Weise über Folgendes informieren“ – und dann kommen 19 Punkte, satte 19 Punkte, über die der Unternehmer informieren muss, bevor der Vertrag verbindlich ist.

Dann heißt es weiter: „Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sind die“ vorhin genannten 19 „Informationen dem Verbraucher auf Papier oder, sofern der Verbraucher dem zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzu­stellen“, sie „müssen lesbar, klar und verständlich sein“.

Das klingt ja alles so weit noch ganz gut, aber in der Praxis muss man sich vorstellen, was das bedeutet. Ein Beispiel: Ein Installateur-Notdienst wird am Wochenende ange­rufen. Der Kunde hat ein Problem, weiß aber natürlich nicht genau, was es ist, er hat nur irgendwo einen nassen Fleck; er ruft also diesen Installateur-Notdienst an. Was soll er dem jetzt am Telefon sagen? Was kann der Installateur wirklich vorbereitend an­bieten? – In Wirklichkeit nichts, weil er weiß, er hat gar keine Information. Er kann also nichts anbieten.

Er geht dann zu dem Kunden, hat dort seinen Bauchladen mit, bis zu 10 000 verschie­dene Teile hat er da drinnen, Dichtungen, Schrauben, Schläuche und so weiter. Er kommt zu dem Kunden mit Anfahrtszeit und allem Drum und Dran, schaut sich das an und sagt: Ja, da müssten wir dieses und jenes tauschen. Und dann kann er wieder nach Hause fahren, wenn er Pech hat, denn er hat vorher natürlich nicht schriftlich an­kündigen können, was zu passieren hat. Man konnte das nicht anbieten. Der Kunde ist an nichts gebunden, kann den also wieder nach Hause schicken. – Nur ein Beispiel von vielen.

Weitere Problematik: rechtsberatende Berufe, insbesondere Rechtsanwälte, es gilt aber auch für Notare. Auch für diese gibt es interessanterweise keine Ausnahmebe­stimmungen, obwohl sie besonderen disziplinarrechtlichen Bestimmungen unterlegen sind. Es ist daher nicht sachgerecht, dass hier etwa Finanzdienstleister ausgenommen sind, aber Rechtsanwälte oder auch Notare nicht. Gerade Rechtsberatung findet oft am Telefon statt. Es wäre also nicht ganz verständlich, dass das nicht mehr zu verrechnen wäre, wenn nicht all diese sehr aufwendigen Informationspflichten zuerst erfüllt wären.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 94

Das sind nur ein paar Beispiele; es gibt mehrere, und es gibt auch ein paar Unklarhei­ten in diesem Gesetz. Es gibt auch insofern einen sinnvollen Abänderungsantrag der Frau Kollegin Meinl-Reisinger und des Herrn Kollegen Vetter, den wir an sich auch un­terstützen. Wir sind allerdings der Meinung, dass dieser Gesetzentwurf insgesamt ei­ner Überarbeitung bedarf. Bei genauerem Durchschauen und vor allem bei Kontakt mit der Praxis stellt sich einfach heraus, dass das unpraktikabel ist.

Wir stellen daher den Antrag auf Rückverweisung dieser Regierungsvorlage, den ich hiemit verlese. Und zwar stelle ich den Antrag, den „Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage ...: Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Ge­setzbuch, das Konsumentenschutzgesetz und das Verbraucherbehörden-Koopera­tionsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge ... erlassen wird ..., an den Justizaus­schuss rückzuverweisen“.

*****

Ich bitte um Verständnis, dass wir hier zuerst noch die Praxis miteinbeziehen müssen, ein paar Unklarheiten beseitigen müssen und dann diese Regelung sinnvoll beschlie­ßen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Steinacker. – Bitte.

 


14.18.19

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Der Verbraucher ist für die Wirtschaft das, was für die Politik der Wähler ist. – Dieses Zitat eines Wirtschaftspublizisten aus den USA kann ich nur unterstreichen und für richtig befinden, denn eine funktionierende Wirtschaft braucht beides, den Verbraucher und die Unternehmer.

Der Wortlaut dieser Vorlage ist etwas sperrig: Verbraucherrechte-Richtlinie-Umset­zungsgesetz, kurz VRUG. Es werden mit diesem Gesetz, mit dieser Gesetzesvorlage die Spielregeln zwischen dem Verbraucher und den Unternehmern europaweit harmo­nisiert, und zwar in den Bereichen, in denen es um Geschäfte geht, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden. Denken Sie insbesondere an die Regelungen, die notwendig sind, um europaweit den Handel vor allem im Internet zu regeln, der in den letzten Jahren extrem stark zugenommen hat.

Der Verbraucher wird in den meisten Fällen eine Möglichkeit erhalten, innerhalb von 14 Tagen vom Vertrag zurückzutreten, und das relativ formfrei. Beim Vertragsab­schluss muss der Unternehmer, wie auch Herr Kollege Stefan vorhin ausgeführt hat, dem Verbraucher eine umfassende Information geben.

Ich weiß, das ist ein Aufwand für die Unternehmer. Allerdings regelt die EU-Richtlinie im Anhang die entsprechenden Unterlagen, nämlich die Formulare, die zu einer Stan­dardisierung und einer Vereinfachung dieser Informationspflicht, aber auch des Rück­trittsrechts führen. Überall dort, wo man standardisiert vereinfachen kann, schlägt die Richtlinie vor, wie das zu tun ist.

Ansetzen muss man natürlich auf der europäischen Ebene, wenn man eine Richtlinie zur Umsetzung bekommt. Daher bin ich unserem Othmar Karas sehr dankbar dafür, dass er sich den Abbau bürokratischer Hürden zum Schwerpunkt seiner Europapolitik gemacht hat.


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Im Verbraucherrecht gilt wie sonst auch: Die Richtschnur des Gesetzgebers muss der faire Interessenausgleich sein. Eine starke Rechtsposition für Verbraucher und die Ver­meidung von unzumutbaren Belastungen für Unternehmer sind kein Widerspruch. Im Bewusstsein dieser Ziele haben wir, denke ich, eine sehr ausgewogene Regelung ge­schaffen und dieses Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz heute entspre­chend zur Abstimmung gebracht. 28 Mitgliedstaaten der EU werden ab 13. Juni klare Regelungen zu diesem Thema des Verbraucherschutzes haben.

Ich erlaube mir, an dieser Stelle wieder darauf hinzuweisen, dass nichts wichtiger ist, als am 25. Mai zur EU-Wahl zu gehen; denn diese Richtlinie wurde nach dem neuen Gesetzgebungsverfahren der EU unter gleichberechtigter Mitwirkung des Europäi­schen Parlaments erlassen, und Sie, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, wir alle ha­ben die Möglichkeit, im Rahmen unseres Wahlganges zum Europäischen Parlament da entsprechend mitzugestalten.

Mit dieser Rechtsvereinheitlichung wird auch das grenzüberschreitende Wirtschaften im europäischen Raum klarer. Daher ersuche ich Sie, verehrte Kollegen und Kollegin­nen, die Sie im Justizausschuss dieser Regierungsvorlage bis jetzt nicht die Zustim­mung erteilt haben, noch einmal darüber nachzudenken und dieser Vereinheitlichung und Umsetzung dieser Richtlinie heute doch die Zustimmung zu geben. – Danke. (Bei­fall bei ÖVP und SPÖ.)

14.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Vetter. – Bitte.

 


14.22.05

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Grüß Gott, Herr Präsident! Grüß Gott, Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren Zuseher!

Natürlich ist eine EU-Richtlinie umzusetzen, no na. Das muss eine Regierung machen, sonst gibt es die entsprechenden Sanktionen. Das heißt aber nicht, dass man zu je­dem Punkt Ja sagen und jede EU-Richtlinie kritiklos übernehmen muss. (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz.)

Meine Vorrednerin hat gesagt, ein Parteikollege von ihr setzt sich in der EU sehr für den Bürokratieabbau ein. Das mag ja löblich sein. Aber worum es hier in Wirklichkeit geht, ist der Aufbau von Bürokratie. „Die Presse“ hat vor ein paar Tagen zu diesem Thema geschrieben: „Konsumentenschutz durch Zettelwirtschaft.“

Meine Damen und Herren, hier geht es in Wirklichkeit darum – da wir ja schauen, dass es eine Gründerwelle und eine Entfesselung gibt, dass alle möglichen Leute Unterneh­mer werden sollen –, dass man genau diese Leute mit Zetteln zuschüttet und sie ver­pflichtet, Verträge zu machen, schriftlich aufzuklären, und so weiter, und zwar in einer Zeit, wo das, was zu reparieren wäre, vielleicht schon vorbei ist.

Tacitus hat einmal gesagt: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.“

Hier haben wir einen Anlassfall, wo wir dieses Thema einmal in die Hand nehmen soll­ten. (Beifall beim Team Stronach.)

Meine, wenn ich das so sagen darf, Rechtsanwaltskammer hat ein besonders schönes Beispiel ausgesandt: Ein Bürger wird verhaftet, kommt auf das Polizeikommissariat und macht von seinem Recht, einen Anwalt beizuziehen, Gebrauch. Bisher hatte er keinen. Der Verteidiger kommt. Was muss er machen?

Erstens: Den Festgenommenen gemäß § 4 Abs. 1 in der durch § 5 Abs. 1 festgelegten Form schriftlich auf Papier informieren.

Zweitens: Sich die Ausfolgung dieser Informationserteilung gemäß § 5 Abs. 2 auf Pa­pier bestätigen lassen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 96

Drittens: Sich danach vom verhafteten Verdächtigen gemäß § 10 Abs. 1 schriftlich auf Papier ausdrücklich bestätigen lassen, dass der Rechtsanwalt bereits vor Ablauf der vierzehntägigen Rücktrittsfrist mit der Vertragserfüllung beginnen soll und der Festge­nommene in Kenntnis ist vom Verlust des Rücktrittsrechts bei vollständiger Vertragser­füllung und von der Verpflichtung zur anteiligen Honorierung.

Viertens: Dem Festgenommenen auf Papier eine Bestätigung des geschlossenen Man­datsvertrages übergeben. – Sie können sich vorstellen, wie sich die Polizisten daneben freuen werden, die gerade eine Straftat aufklären wollen, wenn diese bürokratischen Dinge bei der Auftragserteilung irgendwann um Mitternacht in der Verdachtslage bei ei­nem Kommissariat vorgenommen werden sollen. (Beifall beim Team Stronach. – Zwi­schenruf des Abg. Walter Rosenkranz.)

Meine Damen und Herren, in diesem Sinne unterstütze ich den Antrag auf Rückverwei­sung und verweise auch auf den Ergänzungsantrag, den ich gemeinsam mit der Kol­legin Meinl-Reisinger einbringe, den sie dann erklären wird. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

14.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


14.25.14

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich glaube, man kann eines na­türlich auch nicht sagen, nämlich dass die breitestmögliche Desinformation in der Be­völkerung der Turbo für unsere Wirtschaft sein soll. Das würde ungefähr dem entspre­chen, was Kollege Vetter gerade gesagt hat.

Meine Damen und Herren, man kann natürlich aus allem eine Groteske strukturieren, aber eines ist ganz sicher klar, nämlich dass wir in der Vergangenheit in Hülle und Fül­le Probleme mit Konsumentengeschäften festgestellt haben, die man letztlich angehen muss.

Das ist auch die Intention der Richtlinie: Da geht es um entsprechende Aufklärung und Bewusstseinsschaffung, sodass endlich die Möglichkeit nicht mehr besteht, einem übers Telefon irgendetwas anzudrehen. Man nennt das Cold Calling. Wir kennen das nicht von uns, aber von Verwandten. Da wird hauptsächlich Älteren oder auch Jünge­ren übers Telefon irgendetwas angedreht und anschließend unter Androhung von exe­kutiven Schritten die Zahlung durchgesetzt. Obwohl die Information jeweils völlig unzu­reichend war, gelten die Geschäfte teilweise trotzdem nicht als nichtig.

Dieses Gesetz soll eben dazu dienen, die Informationsverpflichtungen zu vereinheitli­chen. Es kann ja auch sein, dass man diese Information in Informationsblättern zusam­menfasst, in denen das relativ rasch erklärt wird. Es ist sicherlich besser, wenn beide Seiten wissen, worüber man spricht, welche Konsequenzen etwas hat, als wenn eine Seite das nicht weiß und es danach die unerfreulichen Diskussionen gibt.

Auch im Zusammenhang mit dem § 6b würde ich Sie, Herr Bundesminister, ersuchen, noch einmal darzulegen, dass in den Fällen, die hier dargestellt werden, nämlich auch in der Vorkorrespondenz im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens, das Erfordernis, dass die telefonische Kontaktaufnahme zwischen Klient und Anwalt eine unentgeltliche sein muss, schlicht und einfach nicht besteht.

Das Einrichten einer derartigen Hotline dient vielmehr in erster Linie zur Abwicklung eines bereits geschlossenen Vertrages – da geht es um Gewährleistungsansprüche, Rückfragen et cetera –, und es soll mit dieser Bestimmung sichergestellt werden, dass man damit nicht eine neue Entgeltquelle schaffen kann; es dürfen lediglich die Kosten, die durch die Telekommunikation entstehen, verrechnet werden. Das will das Gesetz hier sagen, und ich finde, das ist auch gut so.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 97

Wenn es tatsächlich in dem einen oder anderen Fall Auslegungen gibt, wo ein Gericht sagt, man könne dem Gesetzgeber eine Absicht in diesem Sinn nicht unterstellen – denn diese Textstelle könnte man auch präziser fassen, das mag ich vielleicht einräu­men –, dann wird man hier entsprechend nachbessern.

Daher ist es aus meiner Sicht wichtig, dass im Rahmen des Entstehungsprozesses dieses Gesetzes heute auch hier vonseiten des Herrn Bundesministers und auch der Abgeordneten klargelegt wird, dass diese Fälle, die auch Kollege Stefan dargestellt hat, von diesem Gesetz nicht umfasst sind, sondern dass es ausschließlich um Hot­lines geht.

In Summe muss man sagen, dass endlich einmal auch diese Button-Lösung sicherge­stellt ist, wonach Kunden nur dann Rechtsgeschäfte über Telekommunikation und EDV abschließen, wenn sie abschließend von sich aus ein Zeichen setzen, dass der Vertrag in Kraft getreten ist – anstatt dass der Vertrag per se quasi irgendwie entsteht und der Kunde oft gar nicht das Bewusstsein hatte, dass er einen Vertrag eingegangen ist. Die­ser Zustand ist unerträglich.

Ich darf noch einmal sagen: Desinformation und Unkenntnis können nicht der Turbo der Wirtschaft sein. Daher ist diese Novelle eine gute. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Meinl-Rei­singer. – Bitte.

 


14.29.04

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Meine erste Kritik an diesem VRUG richtet sich auch ge­gen die EU-Richtlinie. Frau Kollegin, ich gebe Ihnen völlig recht, das ursprüngliche Pro­blem ist diese Richtlinie, die umzusetzen ist. Im Übrigen ist Österreich da schon etwas verspätet, denn die Umsetzung hätte eigentlich schon bis 13. Dezember erfolgen sol­len, damit die Unternehmen genügend Zeit haben, sich vorzubereiten und die entspre­chenden Adaptierungen vorzunehmen.

Das Kernproblem ist die EU-Richtlinie, da gebe ich Ihnen recht. Aber auch der von Ih­nen angesprochene Abgeordnete, der sich für Bürokratieabbau einsetzt, hat dieser Richtlinie zugestimmt, möchte ich Ihnen nur sagen.

Ich wollte eigentlich EU-Wahlkampf vermeiden, aber meiner Meinung nach ist das ein Zeichen dafür, dass liberale Kräfte im Europäischen Parlament gestärkt gehören. – Verzeihen Sie mir das. (Beifall bei den NEOS.)

Worum geht es da? – Ich teile das Ziel eines informierten Verbrauchers, aber – und da widerspreche ich Ihnen, Herr Kollege Jarolim – meine tiefe Überzeugung ist, dass ein Wust an Informationen, an Formblättern, die gegeben werden, letztlich dieses Ziel ei­gentlich sogar konterkariert.

Was passiert denn da? – Der Verbraucher wird mit einem Zettelwerk konfrontiert, das er – und das wissen wir alle – mehr oder weniger ungelesen zur Kenntnis nimmt. Das heißt, dieses vorgegaukelte Mehr an Information schafft in Wahrheit unmündige Kon­sumenten, die sich dann eigentlich gar nicht informieren über ihre tatsächlichen Rech­te. Also ich glaube, einen starken Verbraucherschutz schaffen wir mit mehr Zettel­wirtschaft nicht. (Beifall der Abgeordneten Mlinar und Vetter.)

Das ist sozusagen die Kritik an dieser Richtlinie, die meiner Meinung nach nicht von einem mündigen Konsumenten ausgeht und auch nicht das Ziel hat, einen mündigen Konsumenten zu schaffen, sondern letztlich in die Unmündigkeit führt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 98

Ich kritisiere aber auch die Umsetzung, nicht nur die verspätete Umsetzung, sondern es gibt eben auch Aspekte in der österreichischen Umsetzung dieser Richtlinie, die ich schwierig finde. Zum einen, und das wurde von meinen Vorrednern schon angespro­chen, wird hier eigentlich nicht unterschieden zwischen bestimmten Berufsgruppen.

Es gibt auf der einen Seite Berufsgruppen, die standesrechtlich gebunden sind – da gibt es disziplinarrechtliche Regelungen, die sehr, sehr streng sind –, und die werden in manchen Bestimmungen in einen Topf geworfen mit – ich habe es im Ausschuss ge­sagt – Heizdeckenkeilern. Das empfinde ich als problematisch.

Aus diesem Grund bringe ich auch einen Abänderungsantrag, den ich schon im Aus­schuss eingebracht habe, nun gemeinsam mit dem Kollegen Vetter noch einmal ein. Dieser bezieht sich ganz explizit auf den § 9 Abs. 2 des neuen Fern- und Auswärts­geschäfte-Gesetzes, wo nämlich geregelt ist, dass bei einem Vertrag über eine Dienst­leistung, die ein Unternehmer mit einem Verbraucher abschließt, wenn der Unterneh­mer angerufen hat, der Unternehmer verpflichtet ist, dies auf einem dauerhaften Daten­träger festzulegen und auch bestätigen zu lassen.

Wenn man da jetzt die geregelte Berufsgruppe der Anwälte hernimmt, bringt das schon interessante Fallkonstellationen. Wenn beispielsweise eine dauerhafte Kundenbezie­hung besteht und der Mandant den Anwalt anruft, fällt er dann nicht darunter, wenn aber der Anwalt den Mandanten anruft, schon.

Das ist irgendwie komisch. Es wird einfach nicht darauf abgestimmt, was eigentlich Ziel und Zweck dieser Regelung ist, nämlich diese „Cold-Calling“-Verträge abzustellen. Da bin ich ganz bei Ihnen, aber das wird mit dieser Regelung nicht erreicht.

Daher folgender Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, Dr. Georg Vetter, Kolleginnen und Kol­legen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Die Regierungsvorlage (89 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das all-gemei­ne bürgerliche Gesetzbuch, das Konsumentenschutzgesetz und das Verbraucherbe­hörden-Kooperationsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (Fern- und Auswärtsge­schäfte-Gesetz – FAGG) erlassen wird (Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsge­setz – VRUG), wird wie folgt geändert:

I. Art. 4 § 9 Abs. 2 FAGG lautet wie folgt:

„(2) Bei einem Fernabsatzvertrag über eine Dienstleistung, der während eines Anrufes iS des § 107 TKG 2003 ausgehandelt wurde, ist der Verbraucher erst gebunden, wenn der Unternehmer dem Verbraucher eine Bestätigung seines Vertragsanbots auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellt und der Verbraucher dem Unternehmer hierauf eine schriftliche Erklärung über die Annahme diese Anbots auf einem dauer­haften Datenträger übermittelt.““

*****

Im Übrigen wäre diese Fassung ja vorgesehen gewesen. Es gab da eine Änderung zwischen Aussendung über Begutachtung und der Regierungsvorlage, die ich als nicht verständlich erachte.

Zu guter Letzt möchte ich noch sagen: Ich glaube, dass wir wirklich darauf hinwirken müssen, dass wir den Verbraucherschutz in einem einheitlichen Gesetz zusammenfas-


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sen. Jetzt hätte sich die Möglichkeit dazu geboten. Aufgrund der Verspätung war das wahrscheinlich nicht mehr möglich. Aber ich ersuche da wirklich, dass Sie darauf einwirken, dass man das in ein einheitliches Gesetz gießt, denn die Zersplitterung des Verbraucherschutzes ist auch nicht sehr zielführend.

Ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang auch an das Regierungsprogramm. Auf Seite 62 steht:

„Leitbild der Rechtssetzung im Verbraucherrecht, insbesondere auch bei der Umset­zung von Richtlinien: Anzustreben sind klare, einfache, kohärente und verständliche Regelungen, die nicht auf eine Überbürokratisierung hinauslaufen (z. B. Informations­pflichten mit Augenmaß). Im Interesse der MarktteilnehmerInnen ist eine ausreichende Zeitspanne vor dem Inkrafttreten sicherzustellen.“

Da ich das Gesetz mangelhaft finde, stimme ich dem Antrag der FPÖ zur Rückverwei­sung an den Ausschuss zu, auch wenn ich weiß, dass natürlich die Frist für die Um­setzung schon knapp wird. – Danke. (Beifall bei NEOS und Team Stronach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

14.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, Dr. Georg Vetter, Kolleginnen und Kol­legen

zum Bericht des Bericht des Justizausschusses (92 d.B.) über die Regierungsvorlage (89 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetz­buch, das Konsumentenschutzgesetz und das Verbraucherbehörden-Kooperationsge­setz geändert werden und ein Bundesgesetz über Fernabsatz- und außerhalb von Ge­schäftsräumen geschlossene Verträge (Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz – FAGG) erlassen wird (Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – VRUG)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (89 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Konsumentenschutzgesetz und das Verbraucherbehör­den-Kooperationsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (Fern- und Auswärtsge­schäfte-Gesetz – FAGG) erlassen wird (Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsge­setz – VRUG), wird wie folgt geändert:

I. Art. 4 § 9 Abs. 2 FAGG lautet wie folgt:

„(2) Bei einem Fernabsatzvertrag über eine Dienstleistung, der während eines Anrufs iS des § 107 TKG 2003 ausgehandelt wurde, ist der Verbraucher erst gebunden, wenn der Unternehmer dem Verbraucher eine Bestätigung seines Vertragsanbots auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellt und der Verbraucher dem Unternehmer hierauf eine schriftliche Erklärung über die Annahme diese Anbots auf einem dauer­haften Datenträger übermittelt.“

Begründung

Art 8 Abs 6 der Richtlinie hat offenkundig die Fälle des „Cold Calling“ im Blick. Obwohl die Umsetzung optional ist, beabsichtigt die RV eine freiwillige Umsetzung (§ 9 FAGG).


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Neben den in den Erläuterungen thematisierten KSchG-Bestimmungen enthält § 107 TKG 2003 ein Verbot von „Cold Calling“-Anrufen. Die sich hieraus ergebenden Sank­tionen (Verwaltungsstrafe, UWG-Ansprüche von Mitbewerbern) reichen aus, um der­artige Praktiken zurückzudrängen. Der – ohnehin optionalen – Umsetzung von Art 8 Abs 6 der Richtlinie bedarf es unter Schutzgesichtspunkten also nicht.

Selbst wenn man Art 8 Abs 6 der Richtlinie freiwillig umsetzen will, müsste im Geset­zestext zum Ausdruck kommen, dass „Cold Calling“ gemeint ist. Der im Entwurf ent­haltene § 9 Abs 2 FAGG ist überschießend und bezieht sich auf jeden Dienstleistungs­vertrag, der „während eines vom Unternehmer eingeleiteten Anrufs ausgehandelt“ wur­de. Dies hätte zur Folge, dass Unternehmer selbst mit ihnen bereits in einer regelmä­ßigen Geschäftsbeziehung stehenden Kunden telefonisch keine Folgeaufträge uä ver­einbaren können, ohne dass der Kunde eine schriftliche Annahmeerklärung übermittelt. Diese Regelung belastet Unternehmer sehr schwer, weshalb § 9 Abs 2 FAGG zumin­dest im Wege eines Verweises auf „Anrufe iSd § 107 Abs 1 TKG 2003“ einzuschrän­ken ist.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aslan. – Bitte.

 


14.35.14

Abgeordnete Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Mit der vorliegenden Novelle setzt Österreich nun endlich die Verbraucherrechte-Richtlinie der EU um – eigentlich deshalb, weil Österreich damit schon im Verzug war und es jetzt auf einmal schnell gehen hat müssen. Nachdem die Beamten des Justizministeriums einen Entwurf schon lange fertiggestellt hatten, verstaubte dieser in der Schublade des Kabinetts des Jus­tizministeriums. Nun hat diese Regierung alle Eile, den Entwurf bis Juni tatsächlich in Kraft treten zu lassen.

Wir haben uns schon bei der Ausarbeitung der Richtlinie dafür starkgemacht, dass in Europa das vergleichsweise hohe österreichische KonsumentInnenschutz-Niveau mög­lichst beibehalten werden muss. Die österreichische Bundesregierung hat bei den Ver­handlungen den Standpunkt einer zielgerichteten Vollharmonisierung vertreten und versucht, es bei jenen Teilbereichen des Verbraucherrechts, bei denen die österreichi­schen Regelungen tendenziell über jene der anderen europäischen Staaten hinausge­hen, bei einer Mindestharmonisierung zu belassen. Das ist zum Großteil gelungen.

Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass aufgrund der verschiedenen Anwendungs­bereiche der Schutzbestimmungen das Verbraucherrecht in Österreich damit nicht bes­ser lesbar und damit auch nicht bürgernäher geworden ist. Wir werden in Zukunft des­halb ein Augenmerk darauf haben müssen, inwieweit wir im Sinne der Einheit der Rechtsordnung bestimmte Verträge wie Gesundheitsdienstleistungen, wie Pauschalrei­sen oder bestimmte Finanzdienstleistungen in den Vollanwendungsbereich des Konsu­mentenschutzrechts in Österreich integrieren können.

Ein besonderes Darauf-Eingehen verdient der ebenfalls in der Novelle geregelte Be­reich des Cold Calling. Da wird geregelt, dass telefonisch abgeschlossene Dienstleis­tungsverträge erst mit der schriftlichen Annahme durch den Konsumenten, durch die Konsumentin gültig werden sollen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen unerwünschten Werbeanruf nach dem Telekommunikationsgesetz gehandelt hat oder nicht.

Gegen diese Regelung gab es auch viel Widerstand. Wir halten sie dennoch für wichtig. Wir finden, dass Werbeanrufe in Österreich noch immer ein großes Problem


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darstellen. Das beweisen zum Beispiel die von der Arbeiterkammer Kärnten jüngst ge­sammelten Beschwerden über einen Telekommunikationsanbieter, der über aggres­sives Telefonmarketing versucht, neue Kunden beziehungsweise Kundinnen zu akqui­rieren. Da reichen die derzeitigen Regelungen nicht aus. Wir werden uns genau an­schauen, ob die neuen Regelungen hier zu einer Verbesserung führen werden.

Alles in allem ist die Umsetzung zu begrüßen, weshalb wir dieser Vorlage auch zustim­men werden. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

14.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Brandstetter zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


14.38.24

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte zuallererst auf das eingehen, was Kollege Justizsprecher Dr. Vetter hier gesagt hat. Zum einen möchte ich, um ihn zu beruhigen, ausdrücklich und von Amts wegen festhalten, dass dieses zu beschließende Gesetz, die Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie, vom Anwendungsbereich her die Festnahme von Personen durch Sicherheitsbehörden mit Sicherheit nicht umfasst. Also da kann ich, glaube ich, beruhigen.

Aber zum Zweiten muss ich dir, lieber Justizsprecher, wirklich massiv widersprechen; ich weiß ja, wie gerne du zu Recht auch deinen Tacitus zitierst, nämlich diesen schö­nen Satz: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen“.

In diesem Fall ist das falsch. Es war wirklich schon dringend notwendig, ein Gesetz zu machen, denn – das ist richtig, keine Frage – wir sind hier schon sehr, sehr spät dran mit der Umsetzung dieser Richtlinie. Wir haben in meinem Bereich alles getan, um das zu beschleunigen, aber es ist wirklich knapp geworden. Das ist zuzugeben.

Ich stehe auch nicht an, zu sagen: Vielleicht hätte sich die eine oder andere kleine Unsicherheit in der Regelung oder im Regelungsentwurf noch vermeiden lassen, wenn man mehr Zeit gehabt hätte. Wir hatten sie nicht. Was aber nicht heißt, dass das Gan­ze insgesamt ein schlechtes Paket wäre. Das ist es mit Sicherheit nicht. Alles in allem bringt es wirklich Fortschritte und Verbesserungen im Sinne des Konsumentenrechts.

Überhaupt gehen ja die Änderungen, die hier jetzt enthalten sind, teilweise durchaus über die Richtlinie hinaus. Und es ist damit klar, dass die Richtlinie mit diesem Rege­lungsentwurf vollinhaltlich umgesetzt wurde und darüber hinaus eben auch weitere Verbesserungen im Sinne des Konsumentenschutzes erzielt werden würden.

Freilich ist mir klar, dass vieles in dieser Richtlinie zum Beispiel aus der Sicht der Wirt­schaft schon zu weit geht und dass man dort die regulativen Bürden der Richtlinie als zu groß erachtet – das weiß ich schon! Freilich wird es dann auch sehr skeptisch gese­hen, wenn Regelungen in dieser Richtlinie aus systematischen Gründen innerstaatlich da oder dort auch noch über das erforderliche Maß hinaus erstreckt werden – auch das wurde kritisiert. Ja, das ist mir klar!

Auf der anderen Seite ist mir aber auch bewusst, dass man sich aus den Reihen des Verbraucherschutzes noch mehr gewünscht hätte, in einigen Punkten noch weiter über die Richtlinien hinausgehen wollte. – Ja, was soll ich Ihnen sagen? Der jetzt vorliegen­de Entwurf ist ein, wie ich glaube, sinnvoller und tragfähiger Kompromiss zwischen diesen beiden Standpunkten, ein Kompromiss, der nach umfassenden und durchaus langwierigen, intensiven Verhandlungen und Erörterungen zustande gekommen ist, in die zuletzt auch Kollege Hundstorfer und ich selbst persönlich eingebunden waren.


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Ich denke, dass es mit diesem Gesetzesvorschlag auch gelungen ist, einen ausgewo­genen Ausgleich zwischen den naturgemäß immer unterschiedlichen Grundpositionen zu finden. Ich gebe zu, ein Kompromiss ist immer nur ein Kompromiss, aber er ist dann gelungen, wenn beide Seiten an ihre Grenzen gehen und am Ende auf beiden Seiten noch Wünsche und Kritikpunkte offen bleiben.

Die gibt es natürlich, etwa im Bereich der Wirtschaft – wie schon erwähnt – bezüglich der vielgliedrigen und umfassenden Informationspflichten, auf die Kollege Stefan ja schon hingewiesen hat, und auch in Bezug auf die aus Sicht der Wirtschaft zu weit ge­henden konsumentenfreundlichen Regelungen bezüglich der Einschränkung von Ver­tragsabschlüssen per Telefon oder via Internet. Aber damit – und das ist für mich das Wesentliche am Inhalt dieser Regelung – wird unlauteren und überrumpelnden Ge­schäftspraktiken in diesem Bereich ein Riegel vorgeschoben und für mehr Transparenz beim Vertragsabschluss gesorgt.

Auch der Ausbau des Rücktrittsrechts, für das nun einheitlich eine deutlich verlängerte Frist von 14 Tagen vorgesehen wird, ist ein Beispiel für ein ausgewogenes, faires Ver­braucherschutzrecht.

Einerseits muss der Verbraucher jetzt von Gesetzes wegen die Kosten für die Rück­sendung der Ware tragen und dann, wenn die Ware durch einen über die Funktions­prüfung hinausgehenden Gebrauch einen Wertverlust erleidet, dem Unternehmer eine Entschädigung leisten, andererseits ist er aber nicht dazu verpflichtet, dem Unterneh­mer bei Rücktritt ein Benützungsentgelt für den bloßen Warengebrauch ohne Wertver­lust zu bezahlen.

Oder ich denke auch an die Besserstellungen, die der Verbraucher jetzt hinsichtlich der Lieferfrist, hinsichtlich des Gefahrenübergangs oder bei Extrazahlungen erfährt, Bes­serstellungen, die wir im Rahmen der Umsetzung unserer Konsumentenschutzrege­lung jetzt eben auch aufgenommen haben und die, wie ich glaube – und das ist auch Gegenstand des Kompromisses gewesen –, den Unternehmen letztlich doch noch zu­mutbar sind.

All das kann man zusammenfassend als einen zeitgemäßen Ausbau des Verbraucher­schutzes bezeichnen, und das war mir ein Anliegen.

Einzuräumen ist in formaler Hinsicht, dass das österreichische Konsumentenschutz­recht durch das Hereinwirken der verschiedenen verbraucherschutzrechtlichen Unions­rechtsakte mittlerweile schon recht unübersichtlich geworden ist. Es wird daher auf lange Sicht wirklich zu prüfen sein, ob man nicht jetzt rein formal hier an eine Neure­gelung denkt, die dann auch Gelegenheit böte, die eine oder andere Klarstellung mit einzubauen. Das ist durchaus richtig, insofern verstehe ich auch die entsprechenden Anregungen, die gekommen sind.

Konkret auf das eingehend, was auch Kollege Stefan gesagt hat, was nun die Infor­mationspflichten betrifft: Ich wollte nur darauf hinweisen – ohne ins Detail gehen zu wollen –, wir haben ja jetzt im Gesetz eine vereinfachte Informationsverpflichtung für Handwerkerverträge drinnen. Ich denke, dass man damit durchaus ganz gut leben kann.

Und um auch darauf einzugehen: Was die Vertragsverhältnisse zwischen Anwälten und ihren Mandanten betrifft, glaube ich, dass durch den Bericht, den es hier gibt, durch die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage ausreichend klargestellt ist, dass die Sorge, die Kollege Jarolim hier formuliert hat, letztlich nicht wirklich zu Recht bestehen muss.

Alles in allem, so glaube ich, ist es eine wichtige Regelung im Interesse einer Verbes­serung des Verbraucherschutzes. Ich kann das nur noch einmal aufgreifen und unter-


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stützen: Es macht schon Sinn, diejenigen besser zu schützen, die vielleicht unbedarft und solchen Telefonanrufaktionen nicht wirklich gewachsen sind, mit dem Ergebnis, dass dann, weil der betreffende Konsument gar nicht bemerkt, dass er einen Vertrag abgeschlossen hat, die ersten Rechnungen ins Haus flattern, die er nicht ernst nimmt, weil er ja nicht weiß, dass er einen Vertrag abgeschlossen hat. Dann kommen die Mahnungen vom Inkassobüro, und so geht das weiter. – Das ist mit dieser Regelung ausgeschlossen. Und die Button-Lösung ermöglicht es jedenfalls auch bei Internetan­geboten, dass man da nicht so leicht in irgendeiner Form überrumpelt werden kann. – So gesehen bitte ich Sie um Zustimmung zu dieser Regelung.

Ich sage noch einmal, wir sind spät dran, das ist richtig. Wir riskieren hier ein Vertrags­verletzungsverfahren, wenn wir die Umsetzung und das Inkrafttreten nicht rechtzeitig sicherstellen können, aber trotzdem ist es nicht so – diesen Eindruck möchte ich nicht stehen lassen! –, dass man hier etwa aus Zeitdruck etwas auf die Reise geschickt hät­te, was nicht wirklich in allen wesentlichen Punkten sehr wohldurchdacht war. Die Un­klarheiten beziehen sich auf Dinge, die meines Erachtens mit den Erläuterungen ge­klärt werden können.

So gesehen bleibt eines noch offen – das gestehe ich zu –: Man wird nicht darum he­rumkommen, den Bereich des Konsumentenschutzes und das Konsumentenschutz­recht irgendwann einmal einer umfassenden Klarstellung in Form einer einheitlichen Neuregelung zuzuführen. Dafür bin ich natürlich auch gerne zu haben. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berla­kovich. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.46.37

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Bei allem Respekt vor Tacitus: Zur Zeit des Tacitus war der Kon­sumentenschutz mäßig ausgeprägt. Und es ist schon richtig, dass man nicht für alles und jedes ein Gesetz braucht, aber seit Tacitus hat sich die Welt gewaltig geändert. Der Handel im Internet boomt, und es gibt eine Notwendigkeit, hier Ordnung ins Sys­tem zu bringen, ohne dass man alles und jedes regelt. Das kann man ohnedies nicht, aber es kommen doch immer wieder Dinge wie die folgende Begebenheit vor, die ei­nem Bekannte erzählen – zuletzt hat mir das eine Frau erzählt:

Sie bucht eine Reise im Internet, denkt sich, sie bekommt ein Schnäppchen, und freut sich auf diese günstige Reise, freut sich auf ein paar erholsame Tage – und siehe da: Nach Kurzem sieht sie, dass sie nicht nur eine Reise erworben hat, sondern damit ein ganzes Versicherungspaket erstanden hat, ohne dass sie das wollte, nämlich eine Rei­seversicherung und andere Versicherungen.

Wie kommt das zustande? – Weil beim Drücken auf den Button „Weiter“ oder „OK“ nicht klar gekennzeichnet war, dass damit ein anderes Paket verbunden ist. Das soll abgestellt werden, und daher ist die Gratwanderung, die wir hier unternehmen, eben nicht, unnötige Bürokratie aufzubauschen, aber sehr wohl, den Konsumentinnen und Konsumenten Rechtssicherheit zu geben, beim anwachsenden Internethandel Rechts­sicherheit zu geben.

Der Internethandel ist etwas, was sehr stark boomt. Da gibt es eine Zahl aus dem Jahr 2006, wo es über 3 000 Online-Shops gegeben hat; jetzt ist die Zahl um 75 Pro­zent gestiegen und der Umsatz hat sich verdreifacht: In etwa liegt er bei 1,9 Milliar­den €. Das ist nur ein geringer Teil am Gesamtvolumen des Handelsumsatzes, aber immerhin mit der Tendenz, gewaltig zu steigen.


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Daher ist es wichtig, dass hier nicht nur die Richtlinie umgesetzt wird, weil es sich so gehört, sondern weil man den Konsumenten und Konsumentinnen Sicherheit geben muss: älteren Menschen, jungen Leuten, aber letztendlich jedem, der damit zu tun hat und sich dieser Sache bedient.

Daher ist es wichtig, dass derartige unerwünschte Bestellvorgänge, wie ich sie vorhin gerade geschildert habe, der Vergangenheit angehören. – Jetzt ist sichergestellt, dass hier klar ein Zusatz gemacht werden muss, damit der Konsument sieht, dass er hier et­was bestellt, wenn er auf den Knopf drückt, sonst ist die Sache ungültig und dieser Kaufvertrag ist eben schlicht und einfach nicht zustande gekommen. Das ist wichtig, um einerseits die seriösen Anbieter im Internet zu schützen, und andererseits aber auch, um den normalen Handel zu schützen vor eben einem, wie es der Herr Bundes­minister auch gesagt hat, unlauteren Wettbewerb, denn man kann sich ja damit auch einen Wettbewerbsvorteil übers Internet erschleichen, und das soll eben nicht sein. Das Gesetz soll den Missbrauch im World Wide Web unterbinden und soll auch das Shopping-Vergnügen dort erhöhen, indem eben keine unnötigen Hindernisse aufge­baut werden.

Die Cold-Calling-Verträge, also das Telefonmarketing, wurden bereits erwähnt. – Auch da ist es notwendig, dass es strenge Regelungen und Bestätigungserfordernisse gibt, damit die Konsumentinnen und Konsumenten geschützt sind.

Natürlich bedeutet das für die Wirtschaft, für die Unternehmen unter Umständen Mehrbelastungen, aber es geht darum, den Konsumenten doch ein Mindestmaß an Si­cherheit zu geben, sodass beide Seiten miteinander koexistieren können. Wie gesagt, es geht auch um den Schutz jener Unternehmen, die seriös arbeiten, aber insbeson­dere um den Schutz von rund 6,5 Millionen geschäftsfähigen Menschen, die potenziel­le Konsumentinnen und Konsumenten sind.

Man kann manches an der Europäischen Union kritisieren. Österreich ist kein Land, das hier Ja und Amen zu all diesen Regelungen sagt, sondern das klarerweise ver­sucht, aktiv mitzugestalten, aber in diesem Fall ist es angebracht, dass man diese Re­gelung übernimmt und auch ausbaut, und zwar nicht nur als Schutz für die Konsumen­ten in Österreich, sondern für alle in der gesamten Europäischen Union. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Gross­mann. – Bitte.

 


14.50.31

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Was lange währt, wird endlich gut, möchte man bei diesem vorliegenden Entwurf sagen. Die Verbraucherrechte-Richtlinie harrt ja schon seit Längerem ihrer Umsetzung. Ich habe ja schon bei Ihrer Vorgängerin die Umsetzung mehrfach urgiert und darauf gewartet, dass ein akzeptabler Entwurf vor­gelegt wird. Einige Entwürfe musste ich sozusagen zurückschicken, weil sie eben noch nicht annehmbar waren. Von Ihnen ist jetzt ein akzeptabler Entwurf gekommen.

Insbesondere war es mir wichtig, wirklich wirksam vor Telefonkeilerei und Internetabzo­cke zu schützen, nämlich wirklich wirksam. Der ursprüngliche Entwurf, den jetzt die Frau Kollegin Meinl-Reisinger vermisst hat, wäre nicht wirksam gewesen. Ein Abstellen auf diesen zitierten § 107 Telekommunikationsgesetz wäre einfach zahnlos gewesen, da hätten wir nicht jenen Effekt erzielt, den wir erreichen wollen. Also da waren doch noch einige Punkte, die ich auch noch nach dem Begutachtungsentwurf drinnen haben wollte, zusätzlich zu den erweiterten Informationspflichten für die Unternehmen und die wesentlich erweiterten Rücktrittsfristen für die Konsumentinnen und Konsumenten eben von 7 auf 14 Tage.


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Die Möglichkeiten, rechtsverbindlich Geschäfte abzuschließen, sind vielfältiger gewor­den, das ist auch gut so. Das belebt die Wirtschaft insgesamt, das schafft auch Arbeits­plätze. Das ist positiv zu werten, aber das erfordert natürlich auch das entsprechende Schutzgerüst, damit die Konsumentinnen und Konsumenten nicht das Vertrauen in die­se Geschäftsformen verlieren.

Und gerade bei gängigen Internetgeschäften, wie zum Beispiel Reisebuchungen, war es mir eben besonders wichtig, hier auch noch diese zitierte Button-Lösung hineinzu­nehmen und dabei aber keinesfalls hinter das deutsche Schutzniveau zurückzufallen, dass also nicht die österreichische Umsetzung hinter dem Schutzniveau Deutschlands liegt, weil wir sozusagen da auch in einem Markt sind und konkurrieren. Das hätte dann nämlich den Eindruck erweckt, dass man künftig in Deutschland sozusagen si­cherer bestellt als in Österreich, was natürlich den österreichischen Anbietern und An­bieterinnen auch sehr, sehr geschadet hätte.

Ich möchte aber auch die Schattenseiten des Gesetzentwurfes nicht verschweigen. Da ist zum einen sicherlich die Kurzfristigkeit: Also hier wird den Unternehmen doch eini­ges abverlangt, ihre Internetportale und Formulare jetzt so kurzfristig umstellen zu müssen; das ist sicherlich eine große Herausforderung. Und was es gleichfalls noch nicht ist, das ist ein Konsumenten-/Konsumentinnenschutzrecht aus einem Guss, das einheitlich und leicht verständlich ist. Dieses Ziel sollten wir nicht aus den Augen verlie­ren, und ich habe Ihre Botschaft, Herr Minister, hier auch sehr wohlwollend wahrge­nommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Troch. – Bitte.

 


14.54.00

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Geschätzte Damen und Herren! Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Zur schönen neuen Welt der wach­senden Umsätze zählen Internetversand, Telefongeschäfte, die Werbefahrten, die Haustürgeschäfte. In diesem wachsenden Wirtschaftszweig gibt es seriöse Unterneh­mer, aber es gibt auch schwarze Schafe.

Den Konsumentenschutz in diesen Bereichen eindeutig zu stärken, war und ist der SPÖ immer eine Herzenssache gewesen. Und es ist höchste Zeit: Die Anzahl der Be­schwerden bei der Arbeiterkammer und im Verein für Konsumenteninformation beliefen sich bereits 2013 auf 18 200 Hilferufe, inklusive der Fälle der sogenannten Internetab­zockerei. Der Überrumpelung von Konsumenten durch aggressive Telefongeschäfte und Werbung an der Wohnungstür sollte nun mit diesem Gesetz wirklich der Kampf an­gesagt werden.

Ich glaube allerdings, es ist ein bisschen liberales Wunschdenken, wenn man hier aus­schließlich von mündigen Konsumenten spricht. Die gesellschaftliche Wahrheit ist ganz einfach eine andere. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Der Konsumenten­schutz dient genau dazu, auch Menschen, die mitunter mit aggressiven und überaus modernen Werbemethoden und Rekrutierungsmethoden einfach nicht zurechtkommen, zu unterstützen. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber der Handel ...!) Ich glaube, da liegen Sie nicht ganz richtig. Da schätze ich die ÖVP als unseren Koalitionspartner, die eine Par­tei der Marktwirtschaft ist, aber der sozialen Marktwirtschaft (Rufe bei der ÖVP: Öko­soziale Marktwirtschaft!), und die auch Verständnis hat für diesen sozialen Ansatz, ganz einfach auch beim Konsumentenschutz. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Konsumenten gewinnen damit an Rechten, eindeutig und ganz klar, insbesondere auch mit der verpflichtenden Einverständniserklärung von Verbrauchern bei Geschäfts­abschlüssen im Internet und am Telefon. Konkret geht es um die Button-Lösung, die ja heute hier schon mehrfach erwähnt wurde. Im Internet gibt es eben Voreinstellungen


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bei Zusatzleistungen. Dies kann dem Verbraucher sehr, sehr teuer zu stehen kommen, und die Kosten dafür werden ja oft unklar gehalten. Unser neues Gesetz will die Ver­braucher vor verführerischen, ja unklaren, ja teuren Bestellfunktionen schützen.

Ein weiterer Kernpunkt ist der wirksame Schutz vor dem Cold-Calling, ebenfalls hier schon genannt, dem aggressiven Telefonmarketing. Reine telefonische Zusagen ge­genüber derartigen Anrufern genügen in Zukunft nicht mehr, eine Antwort, eine Zusage per SMS wird nicht mehr genügen. Damit macht man es den unseriösen Anbietern schwerer.

Ja, diese Regierungsvorlage ist ein Kompromiss: Einerseits werden Konsumentenrech­te gestärkt, andererseits aber ist das Gesetz praxisorientiert und von der Wirtschaft durchaus vollziehbar.

Was mich stört, das ist, wenn Tacitus unterschätzt wird, und zwar gewaltig unterschätzt wird. Tacitus war zu seiner Zeit immer auf der Höhe seiner gesellschaftlichen Frage­stellungen, und Tacitus hätte dieses Gesetz nicht nur gewollt, er hätte es selbst ge­schrieben.

Im Übrigen wird damit vom Wahlprogramm der SPÖ das Projekt 62 umgesetzt. Ich danke auch dem Herrn Minister für sein persönliches Engagement. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.57

14.57.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Zunächst ist über den vorliegenden Rückverweisungsantrag abzustimmen.

Ich lasse sogleich darüber abstimmen – ich bitte um Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren! –, den Gesetzentwurf in 89 der Beilagen nochmals an den Justizausschuss zu verweisen.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist abge­lehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 89 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Meinl-Reisinger, Dr. Vetter, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Meinl-Reisinger, Dr. Vetter, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 4 eingebracht.

Wer sich für diesen Antrag ausspricht, den ersuche um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem Ihre Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür Ihre Zustimmung erteilen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist auch in drit­ter Lesung mehrheitlich angenommen.

14.59.358. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 294/A(E) der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bericht des Bundes­ministers für Justiz über die Fortschritte der Reformgruppe zum Strafgesetzbuch (93 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über diesen Punkt der Tagesordnung.

15.00.05Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 819/AB

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen jetzt zu der kurzen Debatte über die An­fragebeantwortung der Bundesministerin für Bildung und Frauen mit der Ordnungs-
zahl 819/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung ei­ne Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesre­gierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche Herrn Abgeordneten Dr. Scherak als den Antragsteller des Verlangens, die Debatte zu eröffnen. – Bitte.

 


15.00.47

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Sehr geehrte Frau Minister! Der Herr Finanzminister hat heute schon angespro­chen, wie wichtig internationale Bildungstests sind und wie wir da im Vergleich teilwei­se dastehen. Das Problem, das wir jetzt haben, ist: Wir setzen Bildungstests aus. Wir setzen insbesondere den PISA-Test aus. Ich weiß, die Debatte haben wir oft geführt, es gab eine Dringliche dazu, und vielleicht haben Sie das Gefühl, dass dazu jetzt alles gesagt wurde, auch mit Ihrer Anfragebeantwortung.

Aber gerade durch diese Anfragebeantwortung, die sehr ausführlich ist, was ich begrü­ße, kommen ganz neue Fragen auf. Ich würde ganz gerne das Ganze einmal Revue passieren lassen und darüber nachdenken, was da passiert ist, und dann auf den kon­kreten Kern zurückkommen.

Die Historie, die ich jetzt erzähle, ist genauso auch in der Anfragebeantwortung drin­nen, das heißt, ich gebe hier nur wieder, was aus dem Ministerium kam. Es wurden am 18. Dezember 2013 sowohl das BIFIE als auch das Ministerium darauf aufmerksam


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gemacht, dass es offenbar ein Datenleck gab beziehungsweise am Anfang war da von einem Verstoß gegen die Datenschutzbestimmungen die Rede. Nach kurzem Nachfor­schen, wo dann auch keine Rückmeldung von dieser Firma, der Zoe Solutions, kam, wurde dann zum ersten Mal am 4. Februar seitens des BIFIE dort nachgefragt. Das Ministerium hat dann auch diverse mündliche und schriftliche Kontakte gehabt und um Stellungnahme ersucht.

Nach einem Schreiben, das es erst sechs Tage später gab und in dem das BIFIE dann nicht näher spezifiziert beteuert hat, es wäre an der Sache dran, wurde offensichtlich auch nicht weiter nachgefragt. Erst am Tag der Veröffentlichung durch die „Presse“ gab es dann schließlich diesen Screenshot des Datenlecks, da haben wir es dann alle gesehen. Dann erst wurde Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet.

Jetzt steht in der Anfragebeantwortung drinnen, Sie seien wiederholt und sorgfältig die­sen Problemen nachgegangen. Ich tue mich da ein bisschen schwer, wenn das Ganze so lange gedauert hat, da auch wirklich von richtiger Sorgfalt zu reden, und frage mich, wieso das erst dann an die Öffentlichkeit gekommen ist, als es durch die „Presse“ an die Öffentlichkeit gebracht wurde. Entgegen dem Tenor, dass da auch immer diese Sorgfältigkeit da war, hat man vonseiten des BIFIE zumindest gemerkt, dass da am Anfang gar nicht wirklich darüber nachgedacht wurde, was diese Warnungen seitens dieser Firma sind, sondern es wurde einfach nur von einer Drohgebärde gesprochen.

Das ist jetzt alles so, das ist passiert, und daran können wir, glaube ich, nicht viel än­dern, nämlich an diesem Datenleck. Die Frage ist nur: Was passiert jetzt, Frau Minis­terin? – Sie kommunizieren, wir brauchen einen Teststopp bei PISA, weil die Überprü­fung der Datensicherheit solange dauert, dass sich das nicht ausgeht, dass keine Vor­testungen möglich sind. Deswegen müssen wir jetzt pausieren, und der nächste Ter­min, wo wir das durchführen können, ist dann erst 2018. Da ist die Frage, ob wir Re­ferenzwerte haben, dass die PISA-Studie 2018 dann Sinn macht, denn wir können uns nicht im Nachhinein vergleichen, wenn wir jetzt nichts machen.

Das finde ich insofern zynisch, als wir lange Zeit hatten, dieses Datenleck in den Griff zu bekommen. Für die Diskussion, um zu schauen, wo das Datenleck ist und wie wir dieser Sache habhaft werden, war genügend Zeit, die auch meiner Meinung nach un­nütz verlorengegangen ist. Ich möchte aber betonen: Es geht meinerseits hier nicht um Schuldzuweisungen und darum, dass ich dieses Datenleck noch stundenlang diskutie­re und versuche, jemandem einen Schwarzen Peter zuzuschieben. Das Leck ist pas­siert und kann nicht rückgängig gemacht werden. Das ist jetzt einmal so.

Ich glaube, wir sollten uns hier nicht auf die Vergangenheit konzentrieren, sondern wir sollten schauen, wie wir aus so einer Situation, wie sie jetzt passiert ist, das Beste ma­chen können. Und genau das ist das, was ich Ihnen ankreide, weil ich nicht das Gefühl habe, dass hier das Beste passiert ist und dass Schadensbegrenzung gemacht wird. Es wurde zuerst alles unter den Teppich gekehrt, damit es ja keine Wellen schlägt, und als es dann doch hochgekommen ist, hat man gesagt: Nein, jetzt ist es zu spät, jetzt können wir leider nichts mehr machen, wir müssen diese Testungen stoppen! – Das heißt, wir stoppen jetzt den PISA-Test, und Länder, die mit Datensicherheit sicher grö­ßere Probleme haben als wir, wie Kirgistan, Kasachstan, Moldawien und so weiter, füh­ren das alle durch. Nur wir, wir stoppen es!

Frau Bundesministerin, was ich immer noch nicht verstehe, ist Folgendes: Können Sie diese Testung nicht durchführen oder wollen Sie es nicht? Es sind alle Beteiligten ernsthaft interessiert gewesen, da etwas zu machen, die OECD hat uns die Frist ver­längert, Sie haben Angebote bekommen von der Uni Salzburg, Sie haben Angebote aus einzelnen Bundesländern bekommen, die gesagt haben, sie führen das durch, sie machen das selbst. Ich glaube, die wesentliche Frage, die wir auch in Bezug auf das


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Datenleck gestellt haben, ist, wie das zustande gekommen ist, wie diese Daten an die ausländischen Server gelangt sind.

Im Endeffekt ist es jetzt ohnehin schon egal, wie es dorthin gekommen ist. Das ist nicht mehr das, was relevant ist und was im Mittelpunkt steht. Die Daten sind draußen, di­verse Leute sprechen von einem Kriminalfall. Den kann man, wie gesagt, nicht mehr rückgängig machen. Aber was Sie in Ihrer Beantwortung machen, das ist wirklich das Spannende, und das ist der Grund, wieso wir das hier heute debattieren sollten.

Es ist so, dass Sie schreiben, dass die Daten in Bezug auf PISA gar nicht von diesem Datenleck betroffen waren. Sie schreiben in der Anfragebeantwortung zur Frage 8 am Schluss: „Sonstige Daten oder Datenbanken, mit denen das BIFIE arbeitet, sind von diesem Vorfall nicht betroffen.“– Also sind die PISA-Daten offensichtlich nicht betroffen.

Sie schreiben auch zu den Fragen 1 bis 3: „PISA-Daten: die Erfassung von Schülerda­ten erfolgt indirekt personenbezogen und die Datenschutzkommission hat die Korrekt­heit der Vorgehensweise bei der Testung bestätigt:

BIFIE-Intern – PISA wird grundsätzlich nur auf der internen IT-Infrastruktur des BIFIE gespeichert und gesichert; die elektronische Testung erfolgt über USB-Sticks ohne In­ternetverbindung; es ist keine weitere Partnerfirmen involviert; Daten werden mittels ei­ner eigenen Applikation der OECD an die OECD weitergegeben.“

Da frage ich mich: Wo ist das Problem? Es sind keine Partnerfirmen involviert, was ja das Problem bei diesem Datenleck war, dass da irgendwo in einer Partnerfirma etwas schiefgegangen ist. Die PISA-Testungen gehen überhaupt nicht über eine Internetver­bindung, sondern ich habe einen USB-Stick, wo ich diesen Test mache, die sammle ich nachher und übermittle sie der OECD über eine Applikation. Sie sagen, Sie können nicht mit Daten hantieren, wenn Sie nicht sicher sind, dass die Daten irgendwo sicher gelagert werden können. Das verstehe ich, das finde ich auch richtig, aber, Frau Bun­desministerin, noch einmal: Diese Daten sind auf einem USB-Stick, den muss ich mit­nehmen, irgendwo aufbewahren, in einen Tresor geben. Sie können sie auch gerne mir mitgeben, ich kann diese sammeln, da passiert nichts. Und dann nehme ich diese eine Applikation und sende die Daten an die OECD. Da kann überhaupt nichts passieren, da haben wir kein Datenleck, über das wir jetzt gar nicht mehr diskutieren müssen. Das ist alles möglich – und Sie wollen es trotzdem nicht machen!

Das heißt, es geht hier nicht darum, ob Datensicherheit gewährleistet ist, sondern man wird einfach das Gefühl nicht los, dass es andere Gründe gibt, wieso Sie das nicht ma­chen wollen.

Ich glaube, es ist schon in den Medien gewesen, dass Sie im Zuge dieses Testungs­stopps überlegen, vielleicht auch langfristig aus diversen Testungen auszusteigen. Vielleicht ist das der wahre Grund, dass Sie jetzt einfach kein Interesse daran haben, diese PISA-Studie durchzuführen, weil Sie einfach Sorge haben, dass da keine groß­artigen Ergebnisse herauskommen. Die letzten Ergebnisse waren leider alles andere als gut, aber ich glaube trotzdem, es wäre eine katastrophale Ansage, wenn wir jetzt dauerhaft aussteigen würden. Ich glaube, es ist jetzt eine katastrophale Ansage, wenn wir einen Stopp machen, und es ist dauerhaft sowieso eine katastrophale Ansage, denn diese PISA-Studien sollen uns helfen, zu sehen, wo wir Stärken haben, wo wir Schwächen haben, wo Dinge sind, die wir verändern müssen, wo wir Potentiale entde­cken können und wo wir konkret an unserem Bildungssystem – und das ist ja unser al­ler Anliegen – auch Veränderungen vornehmen können, damit diese Ergebnisse eben nicht mehr so schlecht sind.

Jetzt kann man auch vor dem Hintergrund des Budgets sagen, wir müssen Einsparun­gen machen. Sie können da kurzfristige Einsparungen von 3,6 Millionen machen. Das Problem ist: Wir haben da schon 900 000 ausgegeben. Soweit ich informiert bin, sind


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das die ganzen Druckkosten für die Bögen. Die 900 000 sind weg. Die Frage ist, wenn die 3,6 Millionen der wirkliche Grund sind, dann sind das jetzt kurzfristige Einsparun­gen, aber langfristig ist das problematisch, denn wenn wir diese Testungen nicht ha­ben, wissen wir auch nicht, wo wir im Bildungssystem etwas ändern können. Dann blei­ben die Fehler im Bildungssystem, und dann haben wir weiterhin das Problem, dass ein Viertel der 15-Jährigen nicht sinnerfassend lesen kann – und das sind viel schlim­mere Folgekosten!

Ich frage mich, wo wirklich der Grund für diesen Stopp liegt, und er kann nicht dort sein, dass die Datensicherheit nicht gegeben ist, denn die Daten bei PISA werden über ganz normale USB-Sticks übermittelt. Das ist ganz einfach, die stecken Sie ein, da sind die Daten drauf, die nehme ich, die übermittle ich über diese Applikation. All das, was da passiert ist, hat nichts mit den PISA-Daten zu tun, und das wiederholen, das schrei­ben Sie selbst in Ihrer Anfragebeantwortung.

Ich glaube, wir können uns nicht einfach zurücklehnen und sagen: Na ja, stoppen wir diese Tests!, denn das ist ein Monitoring des Ist-Zustandes, den brauchen wir ganz dringend, um zu wissen, wo die Fehler in unserem Bildungssystems sind.

Es gibt, wie gesagt, einfach keine Gründe. Sie haben, Frau Ministerin, beim Budget Fehler eingestanden, haben mit diversen Inputs, die Sie bekommen haben, neue Über­legungen angestellt. Ich glaube, Sie sollten das auch in Bezug auf PISA machen, weil Sie selbst schreiben, dass die Daten bei PISA nicht von irgendeinem Datenleck, auch nicht von einem zukünftigen, betroffen sind, weil die damit nichts zu tun haben, weil es ganz anders funktioniert als genau diese Daten, die uns da abhanden gekommen sind, wo das Datenschutzleck problematisch war.

Frau Ministerin, ich verstehe es nicht. Ich glaube die Antwort ist, Sie wollen PISA nicht durchführen. Anders kann ich es mir nicht erklären. Ich verstehe auch nicht, wenn es so ist, wieso Sie PISA nicht durchführen wollen. Das können wohl nur Sie beantworten. Das, was Sie in der Anfragebeantwortung gemacht haben, ist, dass Sie uns ganz klar sagen, in Bezug auf PISA gibt es kein Problem mit der Datensicherheit. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Kogler.)

15.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abge­ordneten beträgt gemäß Geschäftsordnung 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


15.10.25

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, die Nachricht über die Datenmisere hat uns natürlich alle tief getroffen; und die Ministerin hat auch unverzüglich richtig reagiert und auch umfassend informiert. Und Sie hat vor allem eines zum Ausdruck gebracht, nämlich dass Datensicherheit ein Grundrecht ist. Ganz besonders, wenn eben die Da­ten von Kindern und Jugendlichen betroffen sind, dann ist höchste Sensibilität geboten. Dem ist die Ministerin auch mit ihrer Maßnahme gerecht geworden, denn es geht dabei um das Vertrauen der Eltern und der Kinder in die Sicherheit der Daten, der Testergeb­nisse.

Was glauben Sie, mit welchem Gefühl sich künftig Schülerinnen und Schüler einem Testverfahren unterziehen, wenn sie nicht wirklich hundertprozentige – sofern man das überhaupt annehmen kann, aber jedenfalls größte – Datensicherheit haben und größte Datensicherheit garantiert werden kann; im Wissen, dass es vielleicht eine hundertpro­zentige Datensicherheit nie geben kann auf Erden, diese niemand garantieren kann. Aber jedenfalls ist wirklich das Risiko bestmöglich auszuschließen, dass irgendetwas mit den Daten passieren kann.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 111

Nachdem ein offensichtlicher Angriff auf die Daten vorgelegen hat oder nicht auszu­schließen ist, dass sogar ein Kriminalfall vorliegt – es wurde ja auch das Bundeskrimi­nalamt eingeschaltet –, war natürlich auch die Tragweite des Vorfalls nicht wirklich kal­kulierbar. Da reagiert die Ministerin eben der Situation entsprechend sehr, sehr verant­wortungsbewusst und umsichtig, wenn sie die besagten Testungen zumindest einmalig aussetzt. Ich bin mir ganz, ganz sicher, so wie ich jetzt doch viele in diesem Hause schon kennengelernt habe, hätte die Ministerin nicht so gehandelt, hätte sie sich leicht­fertig hinweggesetzt über all diese Vorfälle, so als wäre nichts geschehen, hätte es hier weit mehr Kritik gehagelt, gerade auch von Ihrer Seite. Dafür hätten Sie wahrscheinlich schon gesorgt.

Also da wurden alle Schritte gesetzt, die zu setzen sind. Das BIFIE wurde und wird ge­prüft. Solange dieser Prozess läuft, werden aber eben aus diesem Grund die Testun­gen befristet ausgesetzt, schließlich gelten gerade für das BIFIE besonders strenge Datenschutzbestimmungen. Und es wurde eben, wie gesagt, eine umfassende genaue Prüfung, also auch über diese Vorfälle hinaus, veranlasst. Das hat die Ministerin in der Anfragebeantwortung auch ausführlich dargelegt, was eben schon an Prüfungsergeb­nissen da ist.

Es konnte zwar – Sie haben das so aufgefasst – beruhigt werden, dass vom konkreten Vorfall keine weiteren Daten betroffen sind, aber das kann noch nicht als vollständige Entwarnung angesehen werden im Sinne eines Freibriefs für das BIFIE, so weiter zu tun wie bisher. Also vielleicht kann man noch reden, was Sie hier herausgelesen ha­ben, aber da haben Sie das vielleicht auch überinterpretiert.

Festhalten möchte ich, dass das BIFIE über die Testungen hinaus ja noch weitere wichtige Aufgaben erfüllt und auch gut erfüllt, wie zum Beispiel das Bildungsmonitoring, die neue Reife- und Diplomprüfung, die angewandte Bildungsforschung, den nationa­len Bildungsbericht, um jetzt nur einige zu nennen. Es ist da ja noch viel mehr zu tun, wichtige Aufgaben, auch unverzichtbare Aufgaben.

Aber eine Unterstellung möchte ich hier vehement zurückweisen, nämlich dass aus po­litischen Gründen diese Testverfahren jetzt ausgesetzt werden – denn was gäbe es da für einen Grund? Gerade diese Bildungstests wie PISA haben immer wieder insbeson­dere sozialdemokratisch vertretene Bildungskonzepte untermauert und in der Argu­mentation unterstützt, wie eben die Gemeinsame Schule. Überall, wo eben diese Schulformen bestehen, schneiden die Schülerinnen und Schüler besser ab, bei ganztä­gigen Schulformen. Also da kann es logischerweise gar keinen politischen Grund ge­ben, diese Testverfahren auszusetzen. Da geht Ihre Behauptung wirklich absolut ins Leere. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. Zwischenrufe bei der FPÖ.)

15.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Asdin El Hab­bassi. – Bitte.

 


15.15.27

Abgeordneter Asdin El Habbassi, BA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Heute ist ein guter Tag für die Kinder in Österreich, ein guter Tag für die Familien und ein guter Tag für zukünftige Generatio­nen, was den Budgetpfad angeht. (Abg. Kogler: Ein guter Tag für das schlechte Wet­ter!)

Ich würde mir wünschen, wir könnten heute auch von einem guten Tag für fakten­basierte Politik sprechen, und so weit sind wir leider noch nicht. Die Hoffnung lebt, Frau Ministerin, dass wir da noch hinkommen, aber noch sind wir nicht dort.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 112

Warum sage ich „faktenbasierte Bildungspolitik“? – Vielleicht gehen wir einen Schritt zurück – der Herr Kollege Scherak hat es vorhin angesprochen. Wir waren in einer Si­tuation, wo es Bedenken aus Sicherheitsgründen gegeben hat beziehungsweise sol­che in den Raum gestellt wurden, und es wurde zu Recht damals die gute Entschei­dung, wie ich finde, getroffen, vorerst einmal die Testungen nicht stattfinden zu lassen. Man hat Sicherheitsvorkehrungen getroffen, hat es geprüft. Und das ist auch gut so, weil es tatsächlich darum geht, mit personenbezogenen Daten in Österreich ordentlich umzugehen und jeglichen Missbrauch oder die Weitergabe von personenbezogenen Daten und Testungen zu unterbinden.

Wir hatten auch die Situation, dass die Zentralmatura in Frage gestellt worden ist, aus genau denselben Gründen. Mittlerweile sind wir bei dem Punkt, dass die Zentralmatura Gott sei Dank durch ein klares Signal durchgeführt werden kann und somit all jene Schülerinnen und Schüler, die sich auf ihre Matura vorbereitet haben, jetzt diese auch machen können.

Jetzt sind wir aber auch in der Situation, dass mittlerweile die Fragebögen für die Tes­tungen vernichtet worden sind, 1 Million € wurde in etwa in den Sand gesetzt. Aber noch ist die Zeit nicht abgelaufen für mögliche Testungen. Da geht es nicht nur um PISA. Diese Testungen kann man natürlich kritisch sehen, man muss sie sogar kritisch sehen, vor allem muss man die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Aber es geht nicht nur um PISA, sondern es geht auch um alle anderen Bildungstests, die jetzt nicht durchgeführt werden.

Da sollten wir, glaube ich, schon überlegen, ob wir das wirklich wollen. Wenn wir uns PISA anschauen: Wir sind von Anfang an dabei, und wir sind jetzt eines der wenigen Länder der OECD, die den PISA-Test nicht mehr durchführen, ja eigentlich das einzige Land, das die PISA-Tests von Anfang an durchgeführt hat und jetzt nicht mehr durch­führt. Was ich noch viel schlimmer finde, ist allerdings Folgendes: Durch die Ausset­zung der Tests werden wir für unsere Entscheidungen – für die der Experten und für all jene, die Entscheidungen im Bildungsbereich aufgrund von Fakten, von Zahlen, von Erhebungen und aufgrund der Auswertungen von Ergebnissen treffen wollen – diese Zahlen dann nicht zur Verfügung haben. Da geht es um Datenreihen, da geht es um Vergleichswerte, die dann nicht mehr bestehen, auch wenn man nur ein Jahr aussetzt. (Zwischenruf des Abg. Cap.) Da sollten wir schon überlegen, ob das wirklich das ist, was wir uns vorstellen.

Was mich vor allem stutzig macht, ist nicht nur, dass in der Anfragebeantwortung steht, PISA wird grundsätzlich nur auf interner IT-Infrastruktur des BIFIE gespeichert und ge­sichert, wie das der Kollege ausgeführt hat, wofür USB-Sticks und eine gesicherte Ver­bindung über eine OECD-Applikation verwendet werden, sondern auch, dass wir einen Erlass vom 4. April haben, bei welchem es um die Probeschularbeiten der 7. Klasse Mathematik geht.

Da geht es darum, dass Daten übermittelt werden, nicht nur an das BIFIE, sondern mittlerweile direkt an das Ministerium. Diese Daten werden codiert und verschlüsselt, aber über eine ganz simple E-Mailadresse an das Bundesministerium übermittelt. Da frage ich mich schon: Wenn es uns wirklich um die Sicherheit geht, dann müssen wir auch diese Dinge klären, ob solche Übermittlungen, in diesem Fall von Vor-Schular­beitsergebnissen, auch zielführend sind.

Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben und möchte das auch hier noch einmal kundtun. Ich habe jetzt sehr faktenbasiert argumentiert.

Max Weber hat einmal gesagt, Politik wird nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem Herzen gemacht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 113

Ich hoffe, dass nicht nur die kopflastigen Argumente zählen, sondern dass Sie, Frau Ministerin, vielleicht auch Ihrem Herzen einen Ruck geben und vielleicht doch diese wichtige Erhebung, auf der wir dann unsere Bildungspolitik aufbauen sollten, durchfüh­ren. – In diesem Sinne Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


15.20.39

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Die Höflichkeiten hinsichtlich der Qualität der Vorrede wurden zwischen den Koalitions­parteien über Zwischenrufe bereits ausgetauscht.

Ich darf vielleicht zunächst mein Befremden darüber ausdrücken, dass – entgegen dem Usus – die Frau Bundesminister nicht gleich nach der Kritik des Fragestellers, des Kol­legen Scherak, hier geantwortet hat, wodurch man die Möglichkeit gehabt hätte, auf ih­re Sicht der Dinge im Zuge der Redebeiträge zu replizieren.

Das ist keine Verpflichtung. Bis jetzt war es allerdings Übung. Gut, wir werden uns auch darauf einstellen, weil in der Zwischenzeit  (Zwischenruf der Abg. Königsber­ger-Ludwig.) – Ja, Frau Vizebürgermeisterin und Nationalratskollegin, ich nehme das alles gerne zur Kenntnis, was hier gemacht wird. Die Frau Bundesminister hat ja be­reits in mehreren Interviews gesagt, dass sie Schwierigkeiten hat, richtig zu kommuni­zieren. Vielleicht ist es auch diesmal so.

Wir sind nämlich ganz konkret bei einer Anfragebeantwortung. Frau Kollegin Gross­mann hat gemeint, da gehe es um die Daten der Schüler, was ganz sensibel sei.

Haben Sie eigentlich die Anfragebeantwortung gelesen? Haben Sie gelesen, was dort drinnen steht?

„Zu Fragen 1 bis 3:

  Daten der Informellen Kompetenzmessung (IKM): es werden keine personenbezo­genen Schülerdaten erfasst “.

Der nächste Bereich: „Daten zur Standardisierten Kompetenzorientierten Reife- und Di­plomprüfung (SRDP): es werden keine Schülerdaten erfasst “.

„PISA-Daten: die Erfassung von Schülerdaten erfolgt indirekt personenbezogen “. Es wurde hier bereits laufend erwähnt, dass es um die Frage geht, dass die PISA-Testung keinesfalls aus, wie Sie jetzt sagen, politischen Gründen gestoppt wurde, weil die PISA-Testungen ja immer und überall den Positionen der SPÖ recht gegeben haben. – Dazu vielleicht ein bisschen später.

„BIFIE-Intern – PISA wird grundsätzlich nur auf der internen IT-Infrastruktur des BIFIE gespeichert und gesichert “ – das ist bereits vorgelesen worden. Das liegt also nicht auf irgendwelchen Servern im Ausland oder sonst irgendwo. Alles, was PISA betrifft, ist in Österreich geblieben. Das ist nicht nur die Antwort auf die Anfrage, die Kollege Scherak gestellt hat. Auch Kollege Walser hat eine ähnliche Anfrage zu dieser Proble­matik gestellt. Das ist alles bei uns im Land.

Es gibt in Wirklichkeit, was die Prüfung betrifft, kein entsprechendes Datenleck, was PISA in irgendeiner Form in Frage stellen würde. Daher die Frage: Warum?

Wenn Sie sagen, ja, ein Kriminalfall, denn das BKA sei damit befasst, dann muss ich dem entgegenhalten: Natürlich, jede Polizeidienststelle muss sich mit einer Anzeige befassen. Damit bringen wir allerdings so ziemlich alles um. Also machen wir anonyme Anzeigenfluten, die Polizeidienststellen sind befasst, und ab dem Zeitpunkt steht in Ös-


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terreich jedes „Werkel“? – Na so kann es ja doch nicht sein! Das nur deswegen, weil jemand eine Anzeige macht.

Wir sind ja bis jetzt von der Frau Bundesminister hinsichtlich der, wie man so schön sagt, forensischen Aufklärung oder sonst etwas im Unklaren gelassen worden. Wir wis­sen gar nicht, ob das ein virtueller oder ein echter Kriminalfall ist. Bis auf eine Anzeige und das, was ermittelt wird, weil man das logischerweise tun muss, ist ja noch gar nichts da. Wer ist denn der Täter?

Man sieht auch aus der Anfragebeantwortung, dass es sich hier offensichtlich um Brief­wechsel mit einer IT-Firma mit mehreren Sitzen auf der ganzen Welt gehandelt hat, unter anderem später einem in Klagenfurt, wo es dann irgendwann zu einer Beendi­gung der Geschäftsbeziehung gekommen ist. Und da hat es halt so Briefwechsel gege­ben, da liegt irgendwo auf einem Server etwas drauf, über Nachfrage des BIFIE. Was ist das für ein konkreter Vorwurf? Was ist passiert? – Keine Antwort oder Ähnliches. Das ist ganz schwammig, was hier passiert.

Nur die Aussagen, die Antworten der Frau Minister – und deswegen gibt es hier diese Besprechung – sind klar. „PISA wird grundsätzlich nur auf der internen IT-Infrastruktur des BIFIE gespeichert und gesichert; die elektronische Testung erfolgt über USB-Sticks ohne Internetverbindung “.

Meine Frage: Wo sehen Sie jetzt die Frage der Datenunsicherheit?

Jetzt zur politischen Sache. Es ist eben nicht so, dass die PISA-Testungen ergeben, die sozialistischen und sozialdemokratischen Forderungen wären das Gelbe vom Ei. Nein, gerade diese Testungen haben gezeigt, dass gerade das sozialdemokratische Prestigeobjekt Neue Mittelschule eines ist, das am Scheitern ist. Und Sie wissen ganz genau, dass die nächste PISA-Testung wieder dasselbe Ergebnis bringen würde: Die Neue Mittelschule ist zum Scheitern verurteilt.

Aber die sozialdemokratische Devise ist die, die Nietzsche äußert: Was der Bauch nicht will, lässt der Kopf nicht rein. (Beifall bei der FPÖ.)

15.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesminister Heinisch-Hosek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.25.19

Bundesministerin für Bildung und Frauen Gabriele Heinisch-Hosek: Herr Präsi­dent! Hohes Haus! Abgesehen davon, dass ich mich laut Geschäftsordnung gar nicht hätte melden müssen, habe ich gedacht, dass es auch adäquat sein kann, wenn ich mir die Meinungen anhöre und mich am Schluss melde. Da das auch nicht genehm ist, melde ich mitten drin. Es ist für mich überhaupt kein Problem, zur BIFIE-Causa Stel­lung zu beziehen (Beifall bei der SPÖ.)

Ob Hoffnung oder Herz, das ist in dieser Sache gar nicht wichtig. Ich glaube, „Verant­wortung“ ist das wichtigste Wort und die Verantwortung zu übernehmen für etwas, das am 24. Februar von einer Tageszeitung aufgegriffen wurde, das sich im ersten Moment ziemlich spektakulär angehört hat, sich aber beim zweiten, dritten Hinschauen als et­was erwiesen hat, wo man nichts nachvollziehen kann. Außer Internetadressen, E-Mail-
Adressen von Lehrerinnen und Lehrern, die man sich auch so irgendwo holen könnte, nämlich auf den Schul-Homepages, waren das verschlüsselte Daten von Schülerinnen und Schülern, die eine Vorkompetenzprüfung, -testung gemacht haben, was mit richti­gen Testungsergebnissen gar nichts zu tun hatte.

Aber was war damals? – Der Aufschrei war groß. Es wurde gefordert, dass man gefäl­ligst und schnell und überhaupt Verantwortung übernehmen möge. Das, was sich da­raus ergeben hat, war, dass unmittelbar, nämlich am 17. März, Feldtestungen für nächst-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 115

jährige internationale Vergleichstestungen bevorgestanden wären. Da mit heutigem Datum die kriminaltechnischen Untersuchungen noch immer nicht abgeschlossen sind – so weit kann ich Ihnen das sagen –, hätten wir niemals mit den Vor- und Feld­testungen für die internationalen Testungen beginnen können. Jetzt im Mai wären die Feld- und Vortestungen für PISA für nächstes Jahr gewesen.

Erstens stecken wir noch mitten drinnen in dieser kriminaltechnischen Untersuchung. Zweitens wird der Masterplan von TÜV Austria in diesen Tagen für die Gesamtprüfung dieses Bildungsforschungsinstitutes vorliegen. Die neue Matura kann an den Schulstand­orten, die diese Matura bereits im Schulversuch gemacht haben, durchgeführt werden. Das konnte geklärt werden.

Sie müssen verstehen, dass ich in einer ersten Reaktion die Verantwortung dahin ge­hend übernommen habe, dass ich gesagt habe, bevor wir nicht wissen, was da los ist, können wir, kann ich weiteren Testungen nicht zustimmen. Nicht mehr und nicht weni­ger habe ich gemacht.

Es wird da von einem USB-Stick gesprochen, der ohnehin nirgends ausgewertet wird. Die Hälfte dieser Vortestungen würde auf Papier erfolgen, und all diese Papiertestun­gen haben Kontextfragebögen dabei, die die Eltern ausfüllen würden. Das heißt, das sind sehr wohl personenbezogene Daten.

Die Staatsanwaltschaft, das Bundeskriminalamt stecken in den Untersuchungen noch mitten drin. Die Feldtestungstermine verstreichen gerade, sind zum Teil schon verstri­chen. Wenn ich gesagt hätte, das mache ich jetzt aber locker, wir schauen uns das an und es wird schon nichts passieren, dann hätte ich Sie, sehr geehrte Damen und Her­ren, sehen wollen. Bis heute wissen wir nämlich nicht, wie diese Daten auf den rumä­nischen Server gelangt sind und ob nicht auch menschliches Fehlverhalten damit in Verbindung steht. Genau das wird nämlich gerade untersucht.

Auch wenn die PISA-Daten angeblich nur auf Servern in Salzburg liegen, wenn diese PISA-Testungen gemacht wurden, muss man schauen, wie sicher diese sind und ob die Menschen, die dort arbeiten, gut miteinander umgehen. Die haben alle etwas im Hinblick auf Datensicherheit unterschrieben, keine Frage. Aber wenn sich jetzt heraus­stellen sollte, dass auch menschliches Fehlverhalten im Spiel ist, dann muss ich die nächsten Monate schon dazu nutzen, nicht nur intern eine Aufgabenkritik zu machen. Ich darf Sie auch daran erinnern, dass alle drei Jahre die Zuwendungen für das Bil­dungsforschungsinstitut per Gesetz novelliert werden müssen. Das heißt, nächstes Jahr müssen wir für die nächsten drei Jahre wieder beschließen, ob wir gemeinsam wollen, dass diese Basisförderung an das BIFIE, weil wir ja faktenbasierte Daten für unsere Bildungsentwicklung, für die Bildungsforschung brauchen, weiter gegeben wird.

Bis dorthin kann die Zeit doch wohl sehr gut genutzt werden, um zu schauen, wie das Haus aufgestellt ist, wie es mit zwei Standorten ausschaut, einem in Salzburg, einem in Wien, ob man nicht aufgrund der Situation und der Aufgabenkritik eine Redimensionie­rung andenken kann.

Dieser Masterplan von TÜV wird die Prozesse untersuchen. Am Ende der Kette steht dann das Untersuchen der Datensicherheit. Da wurde mir mehrfach versichert, dass das einige Monate in Anspruch nehmen wird, weil wir nicht nur den Server überprüfen, sondern weil wir uns auch die Prozesse und Strukturen in diesem Haus anschauen.

Es war kein Datenleck, sondern höchstwahrscheinlich menschliches Fehlverhalten in Verbindung mit dieser Offenlegung, wo wir übrigens bis heute nicht – und das ist ja längst schon stillgelegt, aber in der Zeit, in der ich angeblich den Brief gesehen hätte, der Cc an mich gegangen ist, der ist über meinen Schreibtisch gegangen, keine Fra­ge –, bis zur Offenlegung in dieser Tageszeitung Einblick hatten. Es wurde ja sofort, noch vor Weihnachten, reagiert und versucht, in Rumänien Zugriff zu bekommen. Wir


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haben aber keine Zugriffsmöglichkeit bekommen. Mitte Jänner wurde mir gesagt – und da muss ich denen, die mir das sagen, auch vertrauen, und das will ich auch und das mache ich auch –: Da gibt es nichts. Wir finden nichts. Da ist kein Zugriff auf irgend­etwas.

Im Übrigen wissen wir heute, dass auch diese Tageszeitung schon mehrere Wochen vorher über diesen Zugang verfügt hat, wahrscheinlich auch sehr recherchieren muss­te, bis sie da überhaupt etwas gesehen hat, und dann diese Geschichte hochgegangen ist.

Das heißt, ich lasse erstens nichts über dieses Bildungsforschungsinstitut kommen, weil wir alle der Ansicht sind, dass wir faktenbasierte Bildungsdaten zur Weiterentwick­lung brauchen. Zweitens möchte ich festhalten, dass ich internationale Vergleiche nicht scheue, nicht nur weil wir uns bei den letzten dieser Testungen schon ein bisschen verbessern konnten, sondern weil wir, wenn es diesmal nicht der Fall wäre, durchaus auch unsere Schlüsse zu ziehen hätten. Das heißt, sich internationalen Vergleichen zu entziehen ist mein Ding sicher nicht, weil ich auch möchte, dass wir uns mit anderen Staaten vergleichen und dass wir uns vor allem auch innerhalb Österreichs weiterent­wickeln.

Zu den Bildungsstandards: Die nächste Geschichte, die wir jetzt nicht machen können, habe ich schon angedeutet. Wenn alles in Ordnung ist, werden wir nächstes Jahr Deutsch 4, vielleicht übernächstes Jahr Deutsch 8 machen, denn nächstes Jahr ma­chen alle die neue Matura. Wenn da das eine oder andere an Überschneidungen und Belastung da ist, dann könnte man das in zwei Jahren machen.

Und glauben Sie mir, ich bin natürlich im Gespräch mit der OECD. Ich schlafe auch nicht, ich sage nicht, wo. Ich schaue ja ohnehin, dass wir in Verbindung bleiben, damit wir genau diese Dinge nicht außer Acht lassen. Nur, ich konnte keine Feldtestungen machen lassen, die ja Voraussetzung sind – ohne Feldtestungen gibt es keine Teilnah­me an PISA und an anderen internationalen Vergleichen –, wenn diese jetzt gerade wären, wo die Untersuchungen gerade laufen. Und da bitte ich um Verständnis, viel­leicht ergibt sich etwas, das habe ich auch in einer Radiosendung unlängst gesagt. Ich bin ohnehin in Kontakt mit der OECD, und wir haben großes Interesse daran, dass es eventuell zu Lösungen kommt. Es ist jetzt allerdings verfrüht.

Jetzt muss man schauen, dass das Bildungsforschungsinstitut und alles, was dort an Umgang miteinander, an Zugängen zu Daten vorherrscht, untersucht wird, dass das nachvollziehbar ist. Wenn die kriminaltechnischen Untersuchungen abgeschlossen sind, werden sie auch das Ihre ergeben haben, und dann werden wir die nächsten Schritte setzen können.

Aber wenn Sie mir vorwerfen, dass ich alles absage und internationalen Vergleichen verantwortungslos gegenüberstehe, dann muss ich dem entgegenhalten, dass das nicht so ist. Ich bin sehr verantwortungsvoll und habe immer gesagt, mit personenbe­zogenen Daten soll man und muss man sehr sorgsam umgehen. Und da kann ich nicht flapsig sagen: Es wird schon nichts passieren, ist ohnehin nur ein USB-Stick, machen wir.

Da gibt es, um das noch einmal zu sagen, Kontextfragebögen mit heiklen Daten, wo auch der sozioökonomische Hintergrund von Familien abgefragt wird, den wir auch so dringend brauchen, denn ich glaube, die Ressourcenverteilung der Zukunft wird sich unter anderem auch daran messen lassen müssen, wie wir unsere Geldmittel im Bil­dungsbereich einsetzen. Und da ist es gerade wichtig, dass man genau auf diese Da­ten zurückgreifen kann.

Zu den Daten die Bildungsstandards betreffend: Auch da wird in meinem Haus längst vorbereitet, dass sie anonymisiert zum Forschen zur Verfügung gestellt werden kön-


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nen. Auch das ist etwas, wo ich mir nicht vorwerfen lassen möchte: Die sperrt die Da­ten irgendwo ein, und niemand kann etwas damit tun und forschen.

Wir wollen uns weiterentwickeln, wir wollen uns aber sicher weiterentwickeln. Auf Un­sicherheit kann ich in Zeiten wie diesen hier nicht setzen, sondern das, was jetzt ge­macht wird, muss zu Ende gebracht werden. Es wäre viel zu früh, heute zu dem, was sich daraus ergeben wird, etwas zu sagen, da verzeihen Sie mir bitte. Aber ich bin sehr bemüht, dass sich in Gesprächen mit der OECD vielleicht etwas ergibt. (Beifall bei der SPÖ.)

15.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


15.34.41

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minis­ter Brandstetter, es freut mich, dass auch Sie unserer Diskussion folgen.

Sie machen es uns schwer, Frau Ministerin, bei allem Verständnis für schwierige Situa­tionen, bei allem Verständnis dafür, dass man zuerst einen Überblick haben muss, wenn man Entscheidungen trifft. Das verstehen wir alle. Aber das, was wir jetzt wissen, ist sonnenklar: Es gibt kein Datenleck beim BIFIE. Ich habe Ihnen das übrigens vor zwei Monaten schon gesagt, wenn Sie sich erinnern. (Zwischenruf des Abg. Jaro­lim.) – Nicht aufregen, Herr Kollege Jarolim!

Sämtliche Fachleute haben das so gesehen, und zwar auch, wenn ich Ihnen das zitie­ren darf, Hans Zeger. Das ist ja nun wirklich erste Adresse, was Datensicherheit an­langt. (Zwischenruf des Abg. Cap.) – Okay, Ihnen passt er nicht. Hans Zeger hat ge­sagt: Es ist lächerlich, sich auf die Datensicherheit zu berufen, wenn es um den Tes­tungsstopp geht. Hans Zeger, bitte, sagt wörtlich: Das ist ein schäbiges Argument. – Das sind die Worte von Hans Zeger, dem obersten Datenschützer!

Andreas Krisch, Mitglied des Datenschutzrates, Datensicherheitsexperte, alle haben das­selbe gesagt. – Aber lassen wir das jetzt einmal beiseite.

Kern der Auseinandersetzung ist, es gibt kein Datenleck, Frau Ministerin. Kern ist wei­terhin, Sie bleiben hartnäckig beim Testungsstopp und sagen jetzt, eventuell gibt es dann irgendwo eine Möglichkeit.

Auch ich habe mit Andreas Schleicher von der OECD in Paris Kontakt aufgenommen, und er sagt: Bitte, 74 Staaten sind in der Lage, diese Testung durchzuführen. Warum soll das ausgerechnet bei euch in Österreich nicht möglich sein?

Frau Ministerin, wir geben uns auf internationalem Gebiet der Lächerlichkeit preis, wenn wir diese Testung nicht durchführen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der FPÖ.)

Sie sagen auch, beim ersten Hinsehen war es dramatisch und die Feldtestungen kön­nen nicht durchgeführt werden. Frau Ministerin, Andreas Schleicher sagt uns, die Feld­testungen können jetzt durchgeführt werden. Andreas Schleicher sagt uns: Wenn ihr die Feldtestungen nicht vor dem Sommer durchführt, dann bekommt Österreich von der OECD eine Ausnahmegenehmigung. Die OECD wartet bis Oktober. Bitte, es gibt keinen Grund, diese Testungen nicht durchzuführen, außer dem, was ich von vorn­herein vermutet habe, Frau Ministerin: Sie wollen schlicht ein paar hunderttausend Eu­ro sparen. Sie sparen hier wirklich auch auf Kosten der Zukunft, denn diese Daten brauchen wir dringend. Ein großer Teil ist bereits durchgeführt. Das, was Geld kostet, ist bereits durchgeführt. Die Kopien sind da. Wir müssten diese Testung, bitte, nur noch durchführen, um verlässliche Daten zu haben.

Sie sprechen von menschlichem Fehlverhalten. So wie Sie das jetzt dargestellt haben, stellen Sie eigentlich das gesamte BIFIE unter Generalverdacht, und zwar in einer Si-


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tuation, in der wir wissen, dieses Fehlverhalten ist gar nicht im BIFIE erfolgt, sondern in der Firma Kapsch. Das wissen wir doch! Durch welchen Mitarbeiter dies erfolgt ist, da ist die Kriminalpolizei jetzt dran. Aber das war ein krimineller Akt eines Mitarbeiters. Das ist alles klar!

Und von daher gibt es keine Begründung dafür, dass Sie diese Testungen nicht durch­führen, außer – und das ist der für mich als Bildungspolitiker zentrale Punkt – die Tat­sache, dass sich diese Regierung und die Vorgängerregierungen seit dem Jahr 2000 hartnäckig weigern, die Ergebnisse der PISA-Testungen in konkrete Reformmaßnah­men umzusetzen. Das ist der springende Punkt.

Ich verweise auf das, was andere Länder gemacht haben. Die Polen, die im Jahr 2000 überall deutlich hinter uns waren, die Polen, die überall im letzten Drittel waren, haben das gemacht, was wir in Österreich seit Jahren machen müssten: eine grundlegende Schulreform. Und heute sind die Polen nicht nur überall deutlich vor Österreich, son­dern die Polen befinden sich überall im ersten Drittel und teilweise in der Spitzengruppe.

Das steht an, Frau Ministerin. Wir brauchen diese Daten, damit wir nicht weiter zurück­fallen, damit wir auch in Hinkunft wissen, wo wir den Hebel ansetzen müssen, was die Schülerinnen und Schüler konkret nicht können in Mathematik, in den Naturwissen­schaften, in Deutsch. Dass wir das konkret wissen, das brauchen wir, und dazu muss dieser PISA-Test durchgeführt werden. Dafür braucht es vorher die Feldtestungen. Ich fordere Sie dringend auf, jetzt endlich zu handeln und das zur Kenntnis zu nehmen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


15.40.23

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (STRONACH): Wertes Präsidium! Hohes Haus! Werte Minister! Grüß Gott! Ich sage zuerst einmal: Danke, Frau Minister, dass Sie das gestoppt haben. Ich sage nicht aus Gründen der Datensicherheit danke, sondern ich sage: Danke, das gibt uns eine Verschnaufpause und wir können darüber nachdenken, was das überhaupt bedeutet, dieser ganze PISA-Wahn, dieser ganze Ranking-Wahn, dieser Standardisierungswahn und dieser Wahn der Gleichmacherei im Bildungs- und Universitätssektor, der Europa erfasst hat. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.) – Danke.

Das konterkariert den Grundgedanken von Bildung und Universität. Das konterkariert den Grundgedanken jeder individuellen Lernbereitschaft, jeder individuellen Lehre. Wir sollten diese Pausierung, die ich voll und ganz unterstütze, zum Anlass nehmen, ein­mal wirklich darüber nachzudenken, was uns PISA bringt. Wer profitiert von PISA? Kann man PISA wirklich über ganz Europa drüberziehen und jeden Schüler und jede Schülerin mit jedem oder jeder anderen Schüler/Schülerin vergleichen? Oder ist das nur ein reiner Selbstzweck geworden und es wird mit Instrumenten, die von einer In­teressenvereinigung aufgestellt worden sind, gemessen und alle müssen dann für PISA lernen?

Das Einzige, was wir vergleichen können, sind die PISA-Ergebnisse. Wir wissen nichts oder nur ganz wenig über die Schulen. Wir lernen wenig oder nichts daraus, wir ziehen keine Konsequenzen aus den PISA-Ergebnissen. Wir führen eine Bildungsdebatte – wir haben erst letzte Woche die große Sondersitzung zur Bildungsreform gehabt –, aber wir profitieren nicht davon.

Wir sollten uns jetzt alle miteinander hinsetzen und diese Pause zum Anlass nehmen, über folgende Fragen nachdenken: Gibt es nicht vielleicht gescheitere Varianten, Tests zu machen, um nachzuschauen, was die Schüler lernen, was die Studenten lernen?


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 119

Gibt es nicht gescheitere Varianten, sich international vergleichbar zu machen? Muss das immer der Einheitsbrei sein, die völlige Rasenmähermethode, die Standardisierung und die Ranking-Flut, die alles durchdringt?

In der Medizin zum Beispiel ist es so, dass wir europaweit nur mehr nach Standards und nach Leitlinien agieren sollen. Damit pressen wir Patienten in Schemata hinein. Genauso werden hier die Schüler in Schemata hineingepresst, die Lehrer in Schemata hineingepresst. Wir reden vom freien Individuum. Wir reden vom Bürger. Wir reden von der Mündigkeit. Und was tun wir? – Ununterbrochen stülpen wir den Bürgern, den Schülern, den Patienten, einfach jedem Glocken und Vergleichbarkeitsraster über, aus denen wir dann irgendwelche Daten herausziehen, die dann groß publiziert werden.

Ich halte das für eine ganz schlechte und bedenkliche Entwicklung. Frau Minister, ich sage noch einmal danke! Ich denke, wir sollten das zum Anlass nehmen, darüber nachzudenken, ob es nicht gescheitere Methoden, bessere Methoden, individuellere Methoden, bürgernähere Methoden gibt, um Bildung zu erfassen und den Sinn oder auch den Unsinn von Bildungsinstituten wirklich vergleichbar zu machen. – Danke. (Bei­fall beim Team Stronach.)

15.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Strolz. – Bitte.

 


15.43.10

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, man kann natürlich über den Sinn und Unsinn von Bildungstestungen sprechen. Ich bin auch dafür, dass wir ein wa­ches Auge auf das Thema „Teaching to the test“ und auch „Learning to the test“ haben müssen. Das ist eine wichtige Frage. Wir wollen einen ganzheitlichen Lernbegriff.

Aber eines ist auch klar: Es wären in diesem Land wesentliche Bildungsdebatten nicht geführt worden, wenn wir dieses Instrument des Bildungsmonitorings nicht hätten. PISA hat vieles problematisiert, was zu guten Diskussionen geführt hat.

Frau Ministerin, das ist nicht plausibel, wie Sie das hier erläutern, und wesentliche Fra­gen sind nicht beantwortet, was nichts mit einer Frage von Datenleck oder nicht zu tun hat.

Deswegen stelle ich den Antrag gemäß § 92 Abs. 3 GOG:

Der Nationalrat möge die Anfragebeantwortung der Frau Bundesministerin nicht zur Kenntnis nehmen.

*****

Wir müssen das noch einmal besprechen. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Ab­geordneten von FPÖ und Team Stronach.)

15.44

15.44.20

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine Damen und Herren, der unterfertigte Antrag liegt vor.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen, die Anfragebeantwortung nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für die Nichtkenntnisnahme aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Jetzt müssen wir durchzählen. (Zwischenrufe bei NEOS, Grünen und FPÖ in Richtung einiger den Saal während der Auszählung betre­tender Abgeordneter der Regierungsfraktionen.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 120

Meine Damen und Herren, ich mache darauf aufmerksam, dass während des Abstim­mungsvorgangs ... (Abg. Kopf: Nein, das kann nicht verhindert werden! Der Zutritt ist jederzeit möglich!) Der Zutritt wird natürlich nicht verhindert. (Abg. Kopf: Die haben wir schon gehabt, die Debatte! Der Zutritt ist jederzeit möglich! He-Rufe bei SPÖ und ÖVP in Richtung einiger den Saal betretender Abgeordneter von Grünen und FPÖ. Ruf bei der ÖVP: Die rufen alle herein! Das geht nicht!)

Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe! Wir zählen jetzt noch einmal durch. (Abg. Krainer: Das Problem ist, das Verhältnis ändert sich ständig! – Unruhe im Saal.) Meine Damen und Herren, die Aufregung ist umsonst. (Abg. Neubauer auf Abg. Fekter deutend, die in den Reihen der SPÖ sitzt : Die Kollegin Fekter sitzt am falschen Platz! Das gilt nicht!) Der Antrag wurde abgelehnt (Oh-Rufe bei der ÖVP Abg. Glawisch­nig-Piesczek: Wie viel zu wie viel?), und zwar mit 45 zu 72, haben wir nachgezählt.

15.46.55Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die Verhandlungen über den Punkt 8 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ofenauer. – Bitte. (Unruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe! Herr Abgeordneter Ofenauer ist am Wort und erwartet Ihre Aufmerksamkeit!

 


15.47.49

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es geht jetzt um das Strafgesetzbuch beziehungsweise um die Reformgruppe zur Erlassung eines neuen Strafgesetzbuches.

Das bestehende Strafgesetzbuch, das StGB 1974, wird am 1. Jänner 2015 40 Jahre in Kraft sein. Nach vier Jahrzehnten hat sich nicht nur die Gesellschaft verändert, son­dern auch die technischen Möglichkeiten haben sich weiterentwickelt, weshalb es not­wendig ist, dieses Gesetz zu überarbeiten.

Diese Veränderungen, die sich ergeben haben, müssen berücksichtigt werden, und die Schwerpunkte in einem Strafgesetzbuch müssen 2015 andere sein als beim Inkrafttre­ten des derzeit gültigen StGB im Jahre 1975.

Meine Damen und Herren, Strafrecht ist kein Wohlfühlthema, denn mit dem Strafrecht geben wir vor, welches Verhalten mit Strafe belegt werden soll und welches nicht. Das Strafrecht ist ein wesentlicher Teil unserer Rechtsordnung, denn es bringt die Werte­haltung einer Gesellschaft zum Ausdruck. Deshalb haben Änderungen im Strafgesetz­buch immer besondere Relevanz.

Am 27. Februar 2013 wurde im Justizministerium eine Reformgruppe zum Strafgesetz­buch eingerichtet. Herr Justizminister Brandstetter hat dankenswerterweise gleich von Beginn an den Fokus auf eine umfangreiche und rasche Novellierung des Strafgesetz­buches gelegt. Ursprünglich sollte die Reformgruppe aufgefordert werden, einen vier­teljährlichen Bericht zu ihrer Arbeit abzugeben. Meiner Meinung nach ist aber die Ar­beit an der Novellierung des Strafgesetzbuches wichtiger, als Berichte zu schreiben. Die Berichte, die gefordert wurden, sind außerdem ohnehin nicht mehr notwendig, weil die Reformgruppe ihre Arbeit im Sommer beendet haben wird. Es wurde deshalb auch ein entsprechender Abänderungsantrag eingebracht, der den Bundesminister für Justiz auffordert, dem Nationalrat bis Ende Oktober 2014 den Schlussbericht der Reform­gruppe zu übermitteln. (Unruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren, die Änderung des Strafgesetzbuches

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 121

Präsident Ing. Norbert Hofer: Entschuldigen Sie, Herr Kollege! Meine Damen und Her­ren, es ist für den Redner sehr unangenehm, weil es wirklich sehr laut im Saal ist. Ich bitte Sie darum, etwas ruhiger zu sein! – Danke schön.

 


Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (fortsetzend): Es ist eine große rechtspoliti­sche Aufgabe, ein Strafgesetzbuch zu ändern, und wir werden daher mit entsprechen­dem Augenmaß vorgehen. Die Verhältnismäßigkeit von Strafen oder das Cyber-Straf­recht sind dabei nur zwei Beispiele, die einer Änderung bedürfen.

Die Reformgruppe wird uns Möglichkeiten aufzeigen und die Grundlage für die Novel­lierung des Strafgesetzbuches liefern. Die Gewichtung der Maßnahmen ist aber Aufga­be der Politik, und hier sind wir gefordert, mit Bedacht und nach breiter Diskussion im Parlament einen Konsens zu erzielen.

Ich hoffe darauf, dass wir diesen Konsens erzielen werden, und bin mir sicher, dass wir auch einen gemeinsamen Beschluss schaffen werden. Das wäre ein Zeichen für eine gute Zusammenarbeit. (Beifall bei der ÖVP.)

15.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim zu Wort. – Bitte.

 


15.51.12

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte bei der Gelegenheit dem Herrn Bundesminister noch einmal herzlich für seinen beherzten Redebeitrag zum letzten Tagesordnungs­punkt danken, weil das auch der Klarstellung gedient hat. Es ist sehr wichtig, dass wir bei der Verabschiedung auch die entsprechenden Interpretationsspielräume ausfüllen.

Meine Damen und Herren, es geht hier um eine Arbeitsgruppe, die derzeit tätig ist und bis Oktober novellierungsbedürftige, änderungsbedürftige Bestimmungen des materiel­len Strafrechts und teilweise auch des prozessualen Strafrechts festlegt. Es gibt in der Tat eine Reihe von Bestimmungen, die derzeit heftig diskutiert werden. Es ist auch so, dass es immer wieder Diskrepanzen in der Auslegung von Bestimmungen vor allem durch die Staatsanwaltschaft gibt.

Wir erkennen in letzter Zeit zum Beispiel eine sehr starke Zunahme von Anklagen des Deliktes Landfriedensbruch, was sicherlich in der Form, wie die Staatsanwaltschaft die­ses Delikt teilweise auslegt, nicht intendiert war.

Auch bei der Schlepperei besteht Diskussionsbedarf, und das Gutheißen einer strafba­ren Handlung sowie die gesamten Organisationsdelikte – § 278a und Folgende – gilt es auch entsprechend zu durchforsten. Insgesamt stellt sich natürlich auch die Frage, ob die Verhältnismäßigkeit zwischen Gewalt- und Vermögensdelikten bestmöglich ge­geben ist. – Man kann schon vorwegnehmen: Nein, das ist sicherlich nicht der Fall und daher zu klären.

Herr Bundesminister, meine Bitte wäre, dass in dieser Arbeitsgruppe alle gesellschaft­lich und rechtlich relevanten Aspekte und Vertreter entsprechend repräsentiert sind. Es gibt ja, glaube ich, auch noch die eine oder andere Nachbesserung. Je mehr diese Ar­beitsgruppe an Aspekten berücksichtigen kann – und daher ist es auch wichtig, dass die RepräsentantInnen der unterschiedlichen Bereiche dort präsent sind –, umso bes­ser ist das Ergebnis, umso mehr können wir damit anfangen, umso weniger Diskussion gibt es hier im Nationalrat. Diese Bitte darf ich Ihnen noch mit auf den Weg geben: zu schauen, dass es eine entsprechend ausgeglichene Darstellung gibt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Auer.)

15.53



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 122

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schrangl. – Bitte.

 


15.53.33

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Am 1. Jän­ner 2015 feiert die große Strafrechtsreform von 1975 mit kompletter Neukodifizierung, beschlossen unter dem damaligen Justizminister Broda, ihren 40. Geburtstag. In den 120 Jahren davor kam es lediglich immer wieder zu kleineren Modifikationen, letztlich aber doch jedes Mal zu einer neuerlichen Verlautbarung des Strafgesetzes von 1852. Dieses 120-jährige Dahinvegetieren und anlassbezogene Ändern des Strafgesetzbu­ches wollen wir der Broda’schen Strafrechtsreform ersparen und nutzen daher das Jahr des 40-jährigen Bestehens zu einer umfangreichen Neukodifikation.

Zweifellos erfuhr zwar auch das StGB 1975 in den vergangenen Jahrzehnten eine Rei­he von teilweise tiefer gehenden Reformen und Änderungen, eines blieb aber bis zum heutigen Tage gleich: die oft kritisierte Unverhältnismäßigkeit zwischen Strafen bei Vermögensdelikten auf der einen Seite und Delikten gegen Leib und Leben auf der an­deren Seite.

Am 27. Februar 2013 wurde daher im Justizministerium eine Reformgruppe zum Straf­gesetzbuch, bestehend aus Universitätsprofessoren und Vertretern der Rechtsanwälte, Richter und Staatsanwälte, eingesetzt, um das Strafgesetzbuch auf seinen Modernisie­rungsbedarf hin abzuklopfen. Als Zeitrahmen wurden damals zwölf Monate veran­schlagt, nach deren Ablauf ein breiter politischer Diskussionsprozess eingeleitet wer­den sollte.

Den Ablauf dieser Zwölfmonatsfrist nahmen wir Freiheitlichen daher zum Anlass, einen Entschließungsantrag einzubringen, der die Bundesregierung aufforderte, dem Parla­ment vierteljährliche Fortschrittsberichte vorzulegen und im Sinne größtmöglicher Trans­parenz – das wollen wir doch alle! – einen möglichst breit angelegten Diskurs zur StGB-Novelle zu starten, um dem StGB 1975 eine ebenfalls 120-jährige Existenz zu ersparen und den Strafenkatalog dem gesunden Menschenverstand und dem strafwür­digen Empfinden einer modernen Gesellschaft, in der wir heute leben, anzupassen.

Umso erfreulicher ist es, dass auch die Regierungsparteien diesen freiheitlichen Vor­stoß annahmen und mit dem Abänderungsantrag den Bundesminister für Justiz er­suchten, dem Nationalrat bis Ende 2014 den Schlussbericht vorzulegen.

Meine Damen und Herren, Gesetze leben davon, von einer größtmöglichen Akzeptanz getragen zu werden. Machen wir daher keine Hinterzimmer-Politik, sondern holen wir die Ergebnisse dieser Reformgruppe hinter dem Vorhang hervor, damit nicht nur wir hier im Parlament uns darüber austauschen können, sondern eine breite Öffentlichkeit darüber debattieren und sich eine Meinung bilden kann. Stimmt diese Meinung dann mit der in diesem Haus gefassten überein, haben wir alle gemeinsam gute Arbeit ge­leistet. Daher bitte ich Sie um Ihre Zustimmung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

15.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte.

 


15.56.55

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Novellierung des Strafgesetzbuches 1975 könnte tatsächlich ein justizpolitischer Meilenstein werden, so wie es sich das Justizministerium vorgenommen hat. Die Frage ist jedoch, was am Ende des Diskussionsprozesses steht, denn große Ideen hat es schon oft gegeben, die Frage ist aber, ob sie auch umgesetzt werden können.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 123

Insofern finden wir gut, dass im Herbst das Ergebnis der Arbeitsgruppe vorgelegt wird. Ich finde es auch deshalb gut, weil ich es spannend finde, was die Experten empfehlen und was dann umgesetzt werden soll, weil es da mitunter auch Diskrepanzen gibt.

Wenn es aber das ehrgeizige Ziel ist, diese Novelle bereits zum Jubiläumsjahr fertig zu haben, dann weise ich darauf hin, Herr Minister, dass dafür die Zeit äußerst knapp wird, zumal, wie oft angesprochen, einer Ihrer Vorgänger, Justizminister Broda, immer wieder das Kunststück zustande gebracht hat, dass die schwierigen und heiß disku­tierten Justizthemen wie das Strafrecht in diesem Haus einstimmig beschlossen wur­den. Ich nehme an, es ist auch Ihr Ziel, eine Novelle des Strafgesetzbuches mit allen ihren unterschiedlichen Fragestellungen auf einer breiten konsensualen Basis zu be­schließen. Dafür wird die Zeit relativ knapp.

Ich finde es wichtig, dass der Bericht vorgelegt wird. Ich finde aber, dieser Konsens und diese breite Diskussion sind noch wichtiger als ehrgeizige Jahresziele, aber das soll kein Plädoyer dafür sein, dass man sich nicht ehrgeizige zeitliche Ziele setzt. Ich warne aber davor, sich möglicherweise wichtige Debatten hier im Parlament oder in der Zivilgesellschaft zu ersparen, nur um die Novelle rechtzeitig zum runden Jubiläum durchzubringen.

Ja, legen Sie den Bericht im Herbst vor, diskutieren wir ihn ausführlich, und dann wer­den wir sehen, ob wir wirklich ein großes Reformwerk zusammenbringen – wünschens­wert wäre es jedenfalls! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Brandstetter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.58.59

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Strafgesetzbuch ist in die Jahre gekommen. Es stammt ja noch aus der Zeit von Christian Broda, wie wir gehört haben. Dasselbe gilt übrigens auch für das Ministerbüro im BMJ. Das ist auch noch aus dieser Zeit und unverändert. Bei der Gelegenheit darf ich gleich sagen: Daran wird schon aus Kostengründen mit Sicherheit nichts geändert. Mittlerweile ist diese Büroausstattung eigentlich fast schon historisch. (Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Im Strafgesetzbuch muss man jedoch etwas ändern. Das Verdienst, das erkannt zu haben und eine wirklich hochkarätige Expertengruppe eingesetzt zu haben, die sich mit diesen Fragen der StGB-Reform beschäftigt, kommt meiner Vorgängerin, Kollegin Karl, zu. Sie hat das im Vorjahr gemacht und hat auch am 6. Mai 2013 eine große Enquete dazu veranstaltet. (Präsidentin Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich kann Ihnen versichern, dass wir die Ergebnisse dieser Kommission, dieser Exper­tengruppe jedenfalls bis Ende Oktober dem Parlament vorlegen werden, und dann soll die breite Diskussion darüber beginnen. Natürlich hoffen wir alle, dass wir es schaffen, diese Reform noch im Laufe des Jahres 2015 in Kraft treten zu lassen, damit das Jubi­läumsjahr auch genutzt werden kann.

Die Expertengruppe selber hat sich von vornherein vorbehalten, ohne Einflüsse von außen in Ruhe daran arbeiten zu dürfen. Das respektiere ich auch. Daher kann ich auch über die Zwischenergebnisse oder über die bisherigen Diskussionen in dieser Gruppe nicht wirklich inhaltlich etwas sagen. Das möchte ich auch nicht. Aber ich kann Ihnen versichern, spätestens Ende Oktober haben Sie den Schlussbericht dieser Ex­pertengruppe, und dann werden wir ausführlich und breit und natürlich mit dem Be-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 124

streben, einen möglichst großen Konsens über eine Neuregelung zu finden, darüber diskutieren. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.00

16.00.59

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstattung keines gewünscht.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 93 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Bericht des Bundesministers für Justiz über die Fortschritte der Reformgruppe zum Strafgesetzbuch.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen. (E 17.)

16.01.309. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvor­lage (32 d.B.): Übereinkommen über die Zusammenarbeit im Bereich Zeugen­schutz (94 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Obernosterer zu Wort. – Bitte.

 


16.01.54

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Bundesminister auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht hier um das Übereinkommen über die Zusammenarbeit im Bereich des Zeugen­schutzes. Wir wissen, dass das notwendig ist, um gefährdeten Zeugen noch höhere Si­cherheit zu gewähren. Es haben neun Staaten dieses Übereinkommen unterschrieben. Es ist jetzt gewährleistet, dass unsere Sicherheitsbeamten auch im Ausland ihre Dienstwaffe mitführen dürfen und, wenn es notwendig ist, sie dort auch einsetzen kön­nen. Es wird damit wesentlich mehr Schutz für die Zeugen gewährleistet, weil sich be­sonders gefährdete Zeugen ja, wie wir wissen, nicht immer in Österreich aufhalten, sondern zum Teil auch ins Ausland gebracht werden, damit optimaler Schutz für sie gewährleistet werden kann. Dafür sind diese Ergänzungen notwendig gewesen.

Mit Kosten hat das eigentlich nichts zu tun, die Kosten bleiben gleich. Der Schutz der Zeugen wird damit verbessert, und auch das gegenseitige Vertrauen in der Zusam­menarbeit im Bereich der Sicherheit innerhalb der EU wird damit noch erhöht.

Der Abschluss dieses Übereinkommens ist, glaube ich, eine notwendige, wichtige Maßnahme gewesen, die heute hier zur Beschlussfassung ansteht, um die Zusam­menarbeit über die Grenzen hinweg im Bereich der Sicherheit in Zukunft noch intensi­ver zu betreiben. – Danke vielmals. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

16.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


16.03.37

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Dame und meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Lieber Vorredner, ich möchte sogar sagen, es wird billiger. Es wird vor allem effizienter und schneller, weil wir bis jetzt in diesem Be-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 125

reich zahlreiche Behörden einschalten mussten und um Sondergenehmigung ansu­chen mussten – was natürlich Kosten verursacht, das ist keine Frage, aber vor allem ist es langwierig. Es ist ein langwieriger Prozess, muss man sagen, wenn man sich das angesehen hat.

Ich glaube, es ist aufgrund der Entwicklung ganz einfach notwendig, dass wir auch hier europäisch gemeinsam Antworten geben. Es ist für die Strafvollzugsbehörden genauso wie für die Sicherheitsbehörden von enormer Bedeutung, dass wir den internationalen Entwicklungen in diesem Bereich Rechnung tragen. Ich verspreche mir von dieser Maßnahme sehr, sehr viel, geht es doch konkret auch um den Schutz von Menschen, von Personen, um den Schutz von Zeugen.

Ich glaube daher, dass dies ein längst überfälliger Schritt in die notwendige Richtung ist, wodurch sowohl die Justiz als auch die Sicherheitsbehörden schnellere, effizientere und – ich gehe so weit und sage – billigere Abläufe für ihre Arbeit sicherstellen, um die notwendigen Antworten auch auf die internationale Kriminalität – das kann man ruhig so zum Ausdruck bringen – zu geben.

Man könnte hier durchaus auch – und das sollte man nicht verschweigen – einen ver­waltungsreformatorischen Ansatz aufzeigen, denn es macht einen Unterschied, ob wir das europaweit für alle per Gesetz determinieren oder mittels zahlreicher Einzelgeneh­migungen, so wie es in der Geschichte war, vorgehen müssen.

Das heißt, man hat hier mehrere positive Ansätze, und ich glaube, dass das der rich­tige Weg ist, was Europa betrifft, aber vor allem – und davon bin ich zutiefst über­zeugt – der richtige Weg auch für Österreich und vor allem für die Menschen, die da­mit, wenn sie sich für die Gerichte, für die Behörden zur Verfügung stellen, rasch und auch zuverlässig den notwendigen Schutz erreichen.

In diesem Sinne lade ich Sie ein, diesem zeitgemäßen Gesetz Ihre Zustimmung zu ge­ben. (Beifall bei der SPÖ.)

16.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


16.06.11

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Mei­ne Dame und Herr Minister! Hohes Haus! Auch wir werden diesem Übereinkommen zustimmen, da es ein sehr vernünftiger Ansatz ist. Es regelt, dass die Vertragspartner Österreich, Bulgarien, Kroatien, Tschechische Republik, Ungarn, Rumänien, Slowaki­sche Republik und Slowenien im Zeugenschutz zusammenarbeiten. Das heißt, es schafft europaweit die Richtlinien und die Rechtsgrundlagen, um im Zeugenschutz bes­ser arbeiten zu können. Das wird dadurch mit den genannten Staaten vereinfacht. Lei­der ist nicht ganz Europa dabei – das wäre natürlich von Vorteil –, aber das kann ja noch kommen.

Im Übereinkommen wird den Organen der Sicherheitsbehörden der Vertragsparteien zur Intensivierung der polizeilichen Kooperation das Recht zum Einschreiten im jeweili­gen Hoheitsgebiet zugesagt, das Recht, Ausrüstungsgegenstände – die Bewaffnung und so weiter – dabei zu haben. Wir kennen das Ganze von der polizeilichen Nacheile, die es ja im Bereich Deutschland, Schweiz jetzt schon gibt, wo wir Kooperationsver­träge haben, aufgrund deren Polizeibeamte in dem jeweils anderen Hoheitsgebiet tätig werden können und dort die Erstmaßnahmen setzen können. Das stellt eine große Er­leichterung für die Polizei dar, und im vorliegenden Übereinkommen wird das jetzt auch für die Beamten im Zeugenschutzbereich geregelt, was eine vernünftige Sache ist, die wir nur unterstützen können. Mehr Sicherheit für diese Zeugen und auch für die Poli-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 126

zeibeamten, die diese dann bewachen müssen – alles in allem eine gute Sache. – Dan­ke schön. (Beifall beim Team Stronach. – Bravoruf des Abg. Pendl.)

16.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Plessl zu Wort. – Bitte.

 


16.08.07

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrte Präsidentin! Geschätzte Innenmi­nisterin! Herr Justizminister! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das heute zur parlamentari­schen Behandlung vorliegende Übereinkommen zur Zusammenarbeit im Bereich Zeu­genschutz wurde im letzten Innenausschuss einstimmig zur Annahme empfohlen. Das freut mich als Polizisten natürlich.

Ziel dieses Übereinkommens ist es, die vertiefte Zusammenarbeit im Bereich Zeugen­schutz zu ermöglichen und die bestehende Situation zu verbessern. Seit unserem Bei­tritt zur Europäischen Union 1995 ist Österreich durch die Erweiterungsprozesse 2004, 2007 und 2013 vom Rand der Europäischen Union in ihr Herz, ins Zentrum der Euro­päischen Union gerückt. In dieser Rolle sucht Österreich natürlich auch Kontakt zu sei­nen östlichen Nachbarn. Wir führen Gespräche, vertiefen die Kontakte und wollen zu­sammenarbeiten. Unsere Wirtschaft benötigt den Export, denn Stabilität und Sicherheit sind uns Österreichern sehr wichtig. Wir suchen daher nicht das Trennende, sondern das verbindende Gespräch mit unseren Nachbarn.

Am heute zur Beschlussfassung vorliegenden Übereinkommen nehmen – das ist schon gesagt worden – Österreich, Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien, die Slowa­kei, Slowenien, Tschechien und Ungarn teil, und es basiert – und das freut mich als Österreicher – auf der Initiative des „Forum Salzburg“, an dem vor allem osteuropäi­sche Staaten teilnehmen. Interessant ist – das möchte ich noch anmerken –, dass mitt­lerweile auch Estland diesem Abkommen beigetreten ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Vereinbarung ist sehr wichtig für den Zeugenschutzbereich. Auf der einen Seite wird eine Flexibilisierung der Schutzmaß­nahmen, eine Waffentrage- und Einschreiteerlaubnis auf Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartner geregelt und andererseits, dass es – was schon von meinem Kollegen Pendl angesprochen wurde – eine zentrale Anlaufstelle im Bundesministerium für Inne­res gibt.

Zum Schluss noch eines – denn die organisierte und schwere Kriminalität betrifft ja nicht ausschließlich die Teilnehmerstaaten –: Es besteht auch für alle anderen Mit­gliedstaaten die Möglichkeit, an diesem Übereinkommen teilzunehmen. Und es ist auch sehr wichtig, der in unterschiedlichen Ausprägungen und in unterschiedlicher In­tensität auftretenden organisierten Kriminalität auch in Österreich entschieden entge­genzutreten.

Ich möchte mich zum Schluss noch bei allen Mitwirkenden dafür bedanken, dass die­ses Übereinkommen zustande gekommen ist. Es ist ja auch ein Vorzeigeprojekt, bei Europol wird es als Best Practice vorgestellt, daher ersuche ich die Kollegen um ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.11

16.11.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstattung keines gewünscht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 127

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere An­gelegenheiten, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 32 der Beila­gen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Ziffer 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

16.11.3910. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (26 d.B.): Waffenhandelsvertrag (102 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


16.12.00

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute den Waffenhandelsvertrag, den ersten, den es global gibt und der weltweit geschlossen worden ist. Mit dem heute hier anstehenden Beschluss setzen wir einen bedeutenden Schritt zur Kontrolle des illegalen Waffenhandels, und wir for­dern auch Verantwortungsbewusstsein beim Waffenhandel ein. Der Vertrag ist nicht ganz perfekt, Österreich und die Europäische Union hätten sich in einigen Bereichen stärkere Regelungen gewünscht, dennoch ist das ein erster wichtiger und bedeutender Schritt zur Lösung der gravierenden humanitären Probleme, die der bisher kaum regu­lierte internationale Handel mit Waffen verursacht.

Gerade die dramatische Situation in den verschiedensten Krisenherden auf unserer Welt unterstreicht, wie wichtig es ist, den durch den verantwortungslosen Waffenhan­del entstehenden Problemen hohe rechtliche Standards entgegenzusetzen.

Jetzt geht es darum, dass dieses wichtige Vertragswerk so bald wie möglich völker­rechtlich in Kraft tritt, und dazu ist die Ratifikation durch mindestens 50 Staaten not­wendig. Die Generalversammlung der UNO in New York hat bereits im vergangenen Jahr das erste globale Waffenhandelsabkommen angenommen. 154 Staaten haben für diesen Waffenhandelsvertrag gestimmt. Nur Syrien, Nordkorea und der Iran haben da­gegen gestimmt, und 23 Länder, darunter allerdings auch China und Russland, enthiel­ten sich.

Laut Vertrag ist etwa zu prüfen, ob bei grenzüberschreitenden Waffengeschäften mit den gelieferten Systemen schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden können. Es soll auch verhindert werden, dass Waffen in die Hände von Terroristen und des organisierten Verbrechens gelangen. Verboten sind Waffenexporte, wenn damit Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder andere Kriegsverbrechen be­gangen werden können. Umfasst werden schwere Waffensysteme wie Panzer, Kampf­hubschrauber, Feldhaubitzen und Kriegsschiffe, aber auch – doch hier mit Einschrän­kungen – leichte Waffen wie Sturmgewehre, Granatwerfer und Panzerfäuste.

Ziel dieses Vertrages ist es, die höchstmöglichen gemeinsamen internationalen Nor­men für die Regelung oder die Verbesserung der Regelung des internationalen Han­dels mit konventionellen Waffen zu schaffen, den unerlaubten Handel mit konventionel­len Waffen zu verhüten und zu beseitigen und deren Umlenkung zu verhüten. Dies soll zu dem Zweck geschehen, dass Weltfrieden herrscht, menschliches Leid gelindert wird


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 128

und Zusammenarbeit, Transparenz und Vertrauen zwischen den unterzeichnenden Mit­gliedstaaten geschaffen wird.

Es ist dies ein guter Schritt in die richtige Richtung. Stimmen wir dem Vertrag also zu! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weninger.)

16.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Korun gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.15.22

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste auf der Galerie! Dass ein internationaler Waffenhandelsver­trag überhaupt zustande kommen konnte, daran waren und sind Tausende Menschen beteiligt. Ich möchte mich bei diesen Tausenden Menschen in vielen, vielen Ländern unserer Welt, die seit Jahren und Jahrzehnten tätig waren, auch bei den Vereinten Na­tionen natürlich, ganz, ganz herzlich dafür bedanken, dass dieser Vertragsabschluss letztendlich möglich wurde. Stellvertretend für die vielen – kleineren und größeren – zi­vilgesellschaftlichen Organisationen möchte ich mich auch sehr herzlich bei Amnesty International bedanken, aber last but not least auch bei unserem Außenministerium und beim diplomatischen Korps. (Beifall bei den Grünen.)

Diejenigen Kollegen und Kolleginnen, die in der letzten Legislaturperiode dabei waren, werden sich erinnern, dass wir am 29. März 2012 einstimmig einen grünen Antrag be­schlossen haben, der darauf abzielte, dass unser Außenministerium und unser diplo­matisches Korps sich international, bilateral, aber auch im Rahmen der UNO für die strengsten Waffenhandelsstandards, die möglich sind, einsetzen, weil wir alle wissen, wie sehr illegaler Waffenhandel, wie sehr Waffenhandel insgesamt, würde ich sagen, demokratische Strukturen untergräbt, für Menschenrechtsverletzungen, für Kriege, für kriegerische Auseinandersetzungen, für Mord und Vertreibung verantwortlich ist.

Es freut mich, dass wir dieses Übereinkommen heute beschließen können, und – da schließe ich mich dem Kollegen Eßl an – wissend, dass es nicht ein perfekter Vertrag ist, halte ich es trotzdem für notwendig und wichtig zu betonen, dass es ein ganz, ganz wichtiger Schritt ist, weil wir bis heute beziehungsweise bis vor einem Jahr, als dieser Arms Trade Treaty von der UNO unterzeichnet wurde, keine internationalen Verträge gehabt haben, die den Waffenhandel auf internationaler Ebene geregelt und einge­schränkt haben. Deshalb ist dieser Vertrag eine ganz, ganz wichtige Grundlage, auch wenn er nach unseren Vorschlägen, nach unseren Vorstellungen strenger hätte aus­fallen müssen. Trotz aller Bemühungen ist es nämlich leider nicht gelungen, den Ver­trag auch auf Munition und andere Teile von Waffen auszudehnen, sodass die Bestim­mungen des Arms Trade Treaty auch auf diese Waffenteile und Waffen angewendet werden.

Trotzdem ist es ein sehr, sehr wichtiges Zeichen, dass wir als Republik relativ rasch ra­tifizieren. Das sollte auch Vorbildwirkung haben. Auch da möchte ich mich bei der Bun­desregierung bedanken für den relativ raschen Vorschlag, sodass die Ratifikation be­reits möglich ist. Und jetzt sollten wir uns auf internationaler Ebene dafür einsetzen, dass die noch fehlenden Ratifikationen möglichst rasch folgen, damit der internationale Waffenhandelsvertrag auch so bald wie möglich wirklich in Kraft tritt.

Danke noch einmal allen Beteiligten! Da ist Herzblut von vielen, vielen Tausenden Men­schen dabei. Und ich hoffe, dass dieser Vertrag helfen wird, die internationale Men­schenrechtssituation auch ein Stück zu verbessern. Danke allen Beteiligten! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.19



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 129

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.19.08

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Letzte Woche haben Sie sicher alle die furchtbaren Berichte über Bentiu gelesen. In Bentiu – das ist die kleine, ölreiche südsudanesische Haupt­stadt – wurden von Rebellen mehr als 200 Kinder, Frauen und Männer getötet. 400 Men­schen wurden bei Angriffen verletzt. Die Menschen haben sich in Moscheen zurückge­zogen, sie haben sich im Krankenhaus versteckt, in einer verlassenen UN-Einrichtung. Dort haben sie Schutz gesucht, aber sie sind erschossen worden, weil sie die Rebellen nicht unterstützt haben, weil sie zu einer anderen Ethnie gehören – und sie sind er­schossen worden mit kleinen konventionellen Handfeuerwaffen.

Bentiu ist kein Einzelfall, das haben wir heute schon gehört. Schauen Sie nach Syrien, schauen Sie nach Nigeria – oder schauen Sie aktuell auch in die Ukraine! Amnesty International geht davon aus, dass jedes Jahr mindestens eine halbe Million Menschen in bewaffneten Konflikten getötet werden. Konventionelle Waffen sind also auch Mas­senvernichtungswaffen, sehr geehrte Damen und Herren!

Glaubt man Amnesty International, dann gibt es mehr internationale Gesetze, die den Handel mit Bananen regulieren, als internationale Regeln für den Waffenhandel. Des­halb ist dieser Waffenhandelsvertrag ganz besonders wichtig, und Österreich hat sich dafür auch immer sehr starkgemacht und eingesetzt.

Lassen Sie mich von den konventionellen noch kurz zu den nichtkonventionellen Mas­senvernichtungswaffen kommen! Auch diesbezüglich ist Österreich auf internationaler Ebene sehr aktiv und drängt auf die Abrüstung und auf die Abschaffung von Nuklear­waffen. Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass im Dezember eine internationale Kon­ferenz zu den humanitären Folgen von Atomwaffen hier in Wien stattfinden soll. Öster­reich ist in dieser Diskussion mit Norwegen und Mexiko eine treibende Kraft, und das zeigt, dass wir bei wichtigen internationalen Themen durchaus auch Akzente setzen können. Das Außenministerium und das Parlament sollten daher gut zusammenarbei­ten, damit wir eine erfolgreiche Konferenz im Herbst abhalten können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Schwentner und Korun.)

16.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter We­ninger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.21.50

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Mit dem in­ternationalen Waffenhandelsvertrag sollen künftig weltweit Mindeststandards gelten, die die Teilnehmerstaaten dieses Abkommens verpflichten, nationale Kontrollen sehr rigoros umzusetzen. Vor dem Export muss tatsächlich geprüft werden, ob Waffen in die Hände von Terroristen, verbrecherischen Organisationen et cetera fallen können. Das ist insbesondere deshalb von großer Bedeutung, weil der Waffenhandel in der Ge­schäftswelt nicht nur eines der gefährlichsten und der korruptesten Betätigungsfelder ist, sondern weil vor allem terroristische Gruppen, Regime, Warlords immer mehr über den illegalen Waffenhandel ausgerüstet werden und immer mehr Waffen auch in die Zivilbevölkerung eindringen.

Das SIPRI, das Stockholm International Peace Research Institute, schätzt, dass rund 45 bis 50 Milliarden US-Dollar jährlich für den Waffenhandel ausgegeben werden. Da geht es um die genannten Gruppierungen, die uns allen bewusst sind, aber es geht lei­der immer mehr auch um den Bereich des privaten Waffenhandels, um skurrile Waf­fenfanatiker.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 130

In den privaten Haushalten, vor allem in den USA, werden jährlich rund 30 000 Men­schen durch Schusswaffengebrauch getötet. In Ländern wie Brasilien, Südafrika oder den USA zählen Schussverletzungen mittlerweile zu den häufigsten Todesursachen bei jungen Männern. Es ist daher von großer Bedeutung, dass sich Österreich ge­meinsam mit den internationalen Organisationen zu diesem Waffenhandelsvertrag ent­schlossen hat. Mittlerweile haben sich 118 Staaten bereit erklärt, diesen Vertrag zu ra­tifizieren, und Österreich reiht sich da heute ein.

Abschließend möchte ich noch auf den Ausschuss eingehen und vor allem an die NEOS appellieren, diesem Vertrag hier im Parlament die Zustimmung zu geben. Es war bisher üblich und Gepflogenheit im Parlament, dass derartig wichtige internationale Verträge einstimmig beschlossen und von allen politischen Fraktionen mitgetragen wer­den. Deshalb war es etwas eigenartig, dass sich die NEOS im Außenpolitischen Aus­schuss zu einer Zustimmung nicht durchringen konnten. Ich appelliere wirklich an euch: Bewegts ein bissel die Flügerl, schauts über den eigenen Tellerrand hinaus, und stimmt diesem Vertrag zu! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.25

16.25.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 26 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

16.25.4011. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (28 d.B.): Änderung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Bezug auf das Verbrechen der Aggression (103 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (27 d.B.): Änderung des Artikels 8 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (104 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 11 und 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


16.26.13

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Damen und Herren im Haus und zu Hause vor den Fernsehgeräten! Es sind zwei Themenpunkte in einem Konglomerat zusammenge­fasst. Bei dem einen handelt es sich um die Änderung des Römischen Statuts des In­ternationalen Strafgerichtshofs in Bezug auf das Verbrechen der Aggression. Das heißt, es soll schlicht und einfach eine Veränderung in diesem Gesetzeskonvolut erfol­gen.

Wir halten diese Sache für noch nicht ganz ausgereift und sehen das auch ein wenig kritisch, zumal die Gefahr einer politischen Instrumentalisierung in die eine oder andere


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 131

Richtung nicht ganz ausgeschlossen werden kann. Nehmen wir nur ein Beispiel aus der jüngsten Zeit: den Kosovo. Dort möchte ein Teil der Bevölkerung Selbständigkeit erwirken. Die Vorbereitungen dazu würden nach den neuen Statuten bereits als kriege­rische, verbrecherische Handlung angesehen werden. Das würde weltweit den Status quo zementieren. Bei Ereignissen, wie sie sich jetzt gerade etwas weiter östlich abspie­len, auf der Krim und dergleichen, verhält es sich ähnlich.

Im Moment wäre es opportun, dem zuzustimmen, aber auf lange Sicht gesehen bleibt es immer eine Auslegungssache, was unter einer Angriffshandlung zu verstehen ist, die gegen die Souveränität und die territoriale Unversehrtheit gerichtet ist. Wir glauben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker diesem Punkt diametral entgegenwirkt. Da sollte eine größere Diskussion, auch hier im Hohen Haus, stattfinden, nicht einfach ein Drüberfahren und eine Ratifizierung von etwas, das von außen kommt.

Der zweite Punkt ist der Handel mit Waffen. Wir haben beim vorhergegangenen Ta­gesordnungspunkt gerade gehört, dass das ein heikles Thema ist, geht es doch um Macht, Einfluss und das große Geld. Alle sind natürlich bestrebt, große Einflusssphä­ren auszuweiten, aber die besonders heimtückischen und verabscheuungswürdigen Verbrechen werden heutzutage immer noch durch den Einsatz von Giftgas und vergif­teten Waffen begangen. Da müssen wir natürlich Zeichen setzen, und deswegen wer­den wir dieser Änderung des Statuts zustimmen.

Die Folgen solcher Angriffe, insbesondere für die Zivilbevölkerung und unschuldige Kinder, sind unabschätzbar. Wir sehen das auch am Beispiel Syrien. Die Angegriffenen sind, wenn sie das überhaupt überstehen, ein Leben lang von gesundheitlichen Schä­den gezeichnet. Der Bürgerkrieg in Syrien hat das, wie gesagt, auf eindrucksvolle Wei­se bestätigt.

Die Änderung des Artikels 8 schließt jetzt insofern eine Lücke, als der Einsatz be­stimmter Waffen – wie zum Beispiel von Giftgas oder Geschossen, die sich im Körper des Menschen leicht ausdehnen – als Kriegsverbrechen gilt. Jäger kennen das, diese Munition ist im Gebrauch des Jägers sogar vorgeschrieben; da kommt es beim Orga­nismus zu katastrophalen Schäden, die in 99 Prozent der Fälle den Tod herbeiführen. Das ist international geächtet, und das wird noch einmal verstärkt. In internationalen bewaffneten Konflikten stellte das bereits bisher ein Kriegsverbrechen dar, nicht aber dann, wenn es in nicht-internationalen bewaffneten Konflikten, also in Bürgerkriegen, erfolgte.

Aus freiheitlicher Sicht spricht nichts dagegen, diese Lücke zu schließen, und deswe­gen werden wir diesen beiden Anträgen auch zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Rauch gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.30.03

Abgeordneter Mag. Johannes Rauch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Politik ist natürlich nicht nur die heutige Budgetrede, sondern es geht auch darum, über den Tellerrand hinauszuschauen und auch außenpolitische Aktivitä­ten entsprechend in den Vordergrund zu stellen. Ich glaube, gerade in diesem Bereich, was den Internationalen Strafgerichtshof betrifft, sind es wirklich zwei Meilensteine, die wir heute hier präsentieren und hoffentlich dann auch so beschließen werden.

Ein Punkt betrifft den Tatbestand der Aggression, der wieder eingeführt werden soll. Beim Internationalen Strafgerichtshof hat es diesen Tatbestand noch nicht gegeben, aber bei früheren großen Tribunalen – ich erinnere vor allem an die Nürnberger Pro­zesse nach dem Zweiten Weltkrieg, aber auch an die Prozesse in Tokio nach dem


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 132

Zweiten Weltkrieg – hat es einen solch ähnlichen Tatbestand gegeben. Wir führen jetzt den Tatbestand der Aggression neben drei bereits bestehenden Tatbeständen, näm­lich dem Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen, ein, und ich denke, es ist wirklich ein Meilenstein, dass das jetzt eingeführt werden soll.

Selbstverständlich war es schwierig, den Begriff „Aggression“ zu definieren, das waren mühsame Verhandlungen. Natürlich hätte man den Begriff auf der einen oder anderen Seite vielleicht noch genauer definieren können, aber wir sind froh, dass wir diesen Be­griff haben, dass dieser Begriff jetzt ein Tatbestand, ein Delikt ist.

Es wird aber auch eine Gesetzeslücke geschlossen, wie mein Vorredner schon betont hat. Es geht darum, dass vor allem der Einsatz heimtückischer Waffen – wie Giftgas, wie Dum-Dum-Geschosse, die ja brutale, verheerende Verletzungen verursachen kön­nen – nicht nur wie bisher bei internationalen Konflikten, sondern auch bei nationalen Konflikten für strafbar erklärt werden kann.

Aus unserer Sicht sind beide Änderungen wirklich zu bejahen, denn wenn es darum geht, im Ringen um mehr Gerechtigkeit schwerste Verbrechen zu ahnden, muss das die gesamte internationale Gemeinschaft berühren. Wir werden beide Punkte unter­stützen und bejahen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


16.32.16

Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die sogenannten Kampala-Amendments zu den Römischen Statu­ten, die den ICC regeln, schließen in der Tat eine wichtige Lücke. Sobald 30 Staaten ratifiziert haben, dass das Verbrechen der Aggression ein Verbrechen ist, das unter dem Dach des ICC zu ahnden ist, wird der ICC, der Internationale Strafgerichtshof, auf vier sehr stabilen Beinen stehen, eben der Aggression zusätzlich zum Völkermord, zu Kriegsverbrechen und zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das heißt, dass in Zu­kunft zum Beispiel auch Anführer und Anführerinnen – derer gibt es aber eher weni­ger – von Angriffshandlungen, die eindeutig gegen die UN-Charta wirken, vor den ICC gestellt werden können und ihre Verbrechen entsprechend geahndet werden können. Ich halte das für sehr wichtig und für einen sehr großen Fortschritt.

Das zweite Zusatzprotokoll, auch eines der Kampala-Amendments, schließt eine ganz wichtige Lücke im Kriegsvölkerrecht. Bislang ist es so, dass zwar der Einsatz von Gift und auch biologischen Waffen laut den Genfer Protokollen von 1925, wenn mich nicht alles täuscht, verboten war und dass die Haager Landkriegskonvention bereits 1899 verboten hat, Waffen einzusetzen, die überproportional hohen Schaden an Menschen, schlimme Verwundungen an Menschen verursachen. Entsprechend der Zeit – 1899 und 1925 – haben sich all diese Konventionen aber nur auf internationale bewaffnete Konflikte erstreckt.

Heutzutage sind leider die Mehrheit der Konflikte – „leider“ ist keine Wertung; interna­tionale Konflikte sind nicht besser als nationale – nationale Konflikte, also Bürgerkrie­ge, und es ist gut, dass sich diese beiden Verbote, nämlich des Verwendens von Gift und des Verwendens von Dum-Dum-Geschossen und anderen sehr verletzenden Waf­fen, künftig auch auf interne Konflikte ausweiten lassen. Ich halte das für wichtig. Das ist ein wichtiger Lückenschluss im humanitären Völkerrecht.

Ich denke, wenn man darüber nachdenkt, wohin der ICC möglicherweise als nächstes ge­hen könnte und nächste Schritte auch auf politischer Ebene unternehmen könnte, dann


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 133

ist durchaus einer Kampagne näherzutreten und zu überlegen, inwieweit man sich da vielleicht auch aus Österreich engagieren will, nämlich wenn es darum geht, auch Eco­cide, also Ökozid, Verbrechen gegen die Umwelt strafbar zu machen und das quasi als fünftes Verbrechen im Statut des ICC zu definieren. Ich glaube, dass es sich durchaus lohnt, auch darüber nachzudenken. Es gibt da einige sehr erfolgversprechende Ansät­ze und Überlegungen, und vielleicht können wir da als österreichisches Parlament, im Rahmen der österreichischen Außenpolitik in diese Diskussion einsteigen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Windbüchler-Souschill.)

16.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser gelangt als nächster Redner zu Wort. – Bitte.

 


16.35.21

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Was die Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofes betrifft, kann ich mich meiner Vorrednerin von der SPÖ und meinem Vorredner von der ÖVP anschließen, da ist alles gesagt. Ich möchte das aber zum Anlass nehmen, darauf hinzuweisen, dass beim Internationalen Strafgerichtshof schon noch eine teilweise unbefriedigende Situation bei der Verfolgung von Kriegsverbrechern herrscht. Der Internationale Strafgerichtshof ist tatsächlich nur so mächtig, wie jenes Land zugesteht, dem ein Betroffener, der ver­folgt werden soll, angehört.

Der Internationale Strafgerichtshof hat keine eigenen Ermittler. Das heißt, wenn ein Land die Kooperation verweigert, ist es ihm nicht möglich, beispielsweise Befehlsketten nach­zuvollziehen, Einvernahmen vorzunehmen, zu schauen, auf welcher Ebene Befehle gegeben wurden und Strafbarkeit greift. Die gesamte Beweiserhebung und Beweisfüh­rung liegt in der Regel bei jenen Ländern, denen die Betroffenen angehören, und diese Länder müssten kooperieren.

Übersetzt heißt das: In der Regel ist der Internationale Strafgerichtshof dann erfolg­reich, wenn es zu einem Regimewechsel kommt, denn aufgrund des Regimewechsels gibt es dann ein Interesse der neuen Regierung – im besten Fall einer demokratischen Regierung –, zu kooperieren. Solange aber ein Regime fest im Sattel sitzt, hat der In­ternationale Strafgerichtshof nur sehr geringe Chancen, Ermittlungen erfolgreich zu Ende zu führen, zumal Zeugen behindert werden, zumal verhindert wird, dass Zeugen vor Ort erscheinen und aussagen.

Das größte Problem ist, dass diese Personen mitunter geschützt werden, und das ist der zweite Punkt: Der Internationale Strafgerichtshof kann nur dann ein Verfahren füh­ren, wenn der betroffene Beschuldigte physisch anwesend ist. Das ist auch immer wie­der nicht der Fall, weil der Betroffene entweder noch von seinem Herkunftsland ge­deckt wird oder in einem sicheren Fluchtland – und das muss ja dann nur eines sein – versteckt wird oder sich dort ganz offiziell aufhält und dieses Fluchtland die betroffene Person deckt.

Daher glaube ich, Herr Außenminister, dass wir unabhängig von diesen richtigen Stär­kungen des Internationalen Strafgerichtshofes, die wir heute vornehmen, insgesamt noch einmal über eine Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofes nachdenken müssen. Es darf keine sicheren Zufluchtsorte für internationale Kriegsverbrecher und Menschenrechtsverbrecher geben, und es darf nicht sein, dass der Internationale Strafgerichtshof in seinen Ermittlungsmöglichkeiten auf Gedeih und Verderb der Ko­operation der Mitgliedstaaten ausgeliefert ist.

Ich weiß, dass die Antworten schwierig sind, das ist mir klar. Wenn wir aber interna­tionale Verbrechen erfolgreich verfolgen wollen – und das wollen wir hoffentlich –, dann


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 134

werden wir auch die internationale Strafgerichtsbarkeit weiterentwickeln müssen. – Dan­ke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Sche­rak. – Bitte.

 


16.38.28

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Grundsätzlich, denke ich, ist dem, was Kollege Steinhauser gesagt hat, je­denfalls zuzustimmen. Im Wesentlichen geht es darum, dass wir den Internationalen Strafgerichtshof als Ganzes stärken, und gerade das, was wir jetzt machen, eben den Tatbestand Verbrechen der Aggression zu beschließen, ist ein ganz wichtiger Meilen­stein.

Weil Kollege Karlsböck vorhin gesagt hat, er hätte sich hier im Haus eine längere Dis­kussion gewünscht: Diese Diskussion gibt es schon seit Ewigkeiten. Das Verbrechen der Aggression stand von Anfang an im Römischen Statut drinnen, aber es war nicht ausformuliert, und das ist die große Problematik. Das heißt, wir hatten von vier Tatbe­ständen einen, der nicht anwendbar war, nämlich genau jener, der im Endeffekt am einfachsten zur Anwendung kommen kann.

Das größte Problem – das haben wir jetzt auch schon gehört – ist nämlich die Beweis­mittelkette, die bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsver­brechen viel schwieriger nachzuvollziehen ist als beim Verbrechen der Aggression. Da geht es eben genau darum, dass Staatsoberhäupter Befehle geben, um anderen Län­dern gegenüber Angriffshandlungen vorzunehmen, so wie der Tatbestand es besagt. Daher ist es explizit wichtig, dass wir das nach so langer Zeit, in der dieser Tatbestand quasi nicht anwendbar war, weil er nicht geklärt war, beschließen, und ich bin sehr froh, dass auf der Kampala-Konferenz ein sinnvoller Kompromiss gefunden wurde und das Ganze jetzt glücklicherweise hier auch zur Debatte steht. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Windbüchler-Souschill.)

16.39

16.40.01

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstattung keines gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Änderung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs in Bezug auf das Verbrechen der Aggression, in 28 der Beilagen gemäß Artikel 50 Absatz 1 Ziffer 1 B-VG die Ge­nehmigung zu erteilen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Au­ßenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Änderung des Ar­tikels 8 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs, in 27 der Beilagen gemäß Ar­tikel 50 Absatz 1 Ziffer 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig an­genommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 135

16.41.0613. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (5 d.B.): Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Finanzierung der im mehr­jährigen Finanzrahmen für den Zeitraum 2014 bis 2020 vorgesehenen Hilfe der Europäischen Union im Rahmen des AKP EU Partnerschaftsabkommens und über die Bereitstellung von finanzieller Hilfe für die überseeischen Länder und Gebiete, auf die der Vierte Teil des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäi­schen Union Anwendung findet (107 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (71 d.B.): Abkommen zur zweiten Änderung des Partnerschaftsabkommens zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazi­fischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit­gliedstaaten andererseits, unterzeichnet in Cotonou am 23. Juni 2000 und erst­mals geändert in Luxemburg am 25. Juni 2005, samt Schlussakte einschließlich der dieser beigefügten Erklärungen (108 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (29 d.B.): Rahmenabkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Euro­päischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik der Philip­pinen andererseits (109 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (13 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Organisa­tion für Migration über den rechtlichen Status der Organisation in Österreich und dem Sitz ihrer Büros in Wien (105 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (15 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Zypern über die Verwendung von Flughäfen und anderen Einrichtungen in der Republik Zypern im Falle von Evakuierungen aus Drittländern (106 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zu den Punkten 13 bis 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstattung wird keine gewünscht, daher gehen wir sogleich in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


16.41.33

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Diskussion über diese Punkte könnte man nahtlos dort fortsetzen, wo wir die Diskussion über den Internationalen Strafgerichtshof beendet haben. Auch da gibt es eine Menge guten Willens, eine Menge Papier und riesige Mengen an Änderungen, Novellen, Ergänzungen, Klarstellungen, und auch da ist die Effektivität sehr gering.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 136

Beim Internationalen Gerichtshof haben wir, das wurde in der Vordebatte viel zu wenig erwähnt, das Problem, dass dort die Kleinen gehängt werden und die Großen beschlie­ßen, wer gehängt wird, da alle wesentlichen Staaten dort nicht mitmachen, entweder gar nicht ratifiziert haben oder ihre Bürger nicht ausliefern, und sich der Internationale Gerichtshof daher im Wesentlichen mit Delinquenten aus Liberia, Serbien, dem Koso­vo, dem Kongo und so weiter beschäftigt, während die Organe großer Staaten unbe­helligt zuschauen und vielleicht noch gute Tipps geben.

Ähnlich ist das beim AKP-Abkommen und so weiter – riesig. Ich habe mir ein einziges dieser beiden Abkommen unter den Tagesordnungspunkten 13 und 14 ausgedruckt: So dick ist das! (Der Redner zeigt die ausgedruckten Seiten.) Da steht außer schönen Worten nichts drinnen!

Es müssen Tausende und Abertausende Stunden in diversen Kommissionen verbracht worden sein, um diese Definitionen und schönen Dinge zu machen. Aber das, was in den vergangenen 20 Jahren AKP-Politik herausgekommen ist, ist mehr als beschei­den, denn genau diese Länder, die hier Signatarstaaten sind und unterstützt worden sind, mit teilweise erheblichen Mitteln, haben die schlechteste Entwicklungsgeschichte weltweit gehabt. Gerade diese Regionen, nämlich das Afrika südlich der Sahara, die Ka­ribik und einige pazifische Staaten, haben die schlechteste Entwicklung.

Interessant, kann natürlich Zufall sein, und man kann sagen, die hätten sich noch schlechter entwickelt, wenn es all diese Mittel nicht gegeben hätte, aber es sollte ei­nem zu denken geben und nicht dazu führen, dass man schöne Worte macht, umdefi­niert und den Klimawandel und alle möglichen Dinge hineinbringt, sondern man sollte das System infrage stellen und grundlegend neu aufsetzen. Das wird nicht gemacht. Es geht ja um viel Geld.

Allein das AKP-Budget für die Jahre bis 2020 beträgt ungefähr 35 Milliarden, und Ös­terreich selbst verpflichtet sich, 750 Millionen in diesen Fonds, den 11. EEF, einzuzah­len. Das ist ja nicht wenig Geld. Daher sollten wir da ein bisschen „Fleisch“ bekommen und nicht nur leere Worthülsen. (Beifall bei der FPÖ.)

Lassen Sie mich noch ein zweites Thema anschneiden, die Zuerkennung des interna­tionalen diplomatischen Status an die Migrationsagentur in Wien. Diese hat in Wien ein Büro seit 1954, glaube ich, also seit 30, 40, 50 Jahren, seit Jahrzehnten jedenfalls. Und jetzt auf einmal, in einer Zeit der Entprivilegierung, der Sparsamkeit, der Gleichstellung, wird ihr diplomatischer Status zuerkannt.

Wir haben schon mehrmals hier erörtert, was das bedeutet: Befreiung von der Einkom­mensteuer, Befreiung von der Sozialversicherung, Befreiung von der NoVA und der Mehrwertsteuer für Autos. Das ist doch nicht mehr zeitgemäß! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Kurz.)

Der Herr Minister schaut so. Finden Sie das zeitgemäß? – Das sind Leute, die bei ei­ner internationalen Organisation arbeiten, und die sollen von allen rechtlichen Vor­schriften befreit werden? In einem Staat wie Österreich, wo der Rechtsstaat wirklich funktioniert? Das hätte vielleicht im Kongo noch einen Sinn, aber dort gibt es solche Organisationen nicht. (Bundesminister Kurz: Wir profitieren wirtschaftlich !)

Wir profitieren, das kann man immer sagen. Dann holen wir die Oligarchen nach dem Vorbild des Kantons Zug herein und geben ihnen 3 Prozent Pauschalsteuer, dann pro­fitieren wir viel mehr als von dieser Organisation. (Beifall bei der FPÖ.)

Das machen wir ja nicht, weil wir von Steuergerechtigkeit und Gleichheit der Menschen ausgehen. Das wird aber dann, wenn es um diese internationalen Privilegienstadeln geht, sofort ausgeblendet. Dann gibt es keine Gleichheit vor dem Gesetz, bei der Steu­er mehr, sondern da wird sofort alles zugestanden. (Zwischenbemerkung von Bundes­minister Kurz.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 137

Das Mindeste, was wir machen könnten und was ich fordere, ist, dass wir so etwas nur zubilligen, wenn die Mitgliedstaaten, die Teil der Europäischen Union sind, auf die An­wendung der Privilegien verzichten. Dass wir diese Privilegien einem Deutschen, ei­nem Franzosen, einem Holländer, einem Schweden einräumen, das ist doch völlig un­verständlich. Die Europäische Union, die sich als Wirtschaftsraum versteht, die eine Bankenunion und anderes macht ... (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesmi­nister Kurz.) – Ich rede nicht von der UNO, sondern davon, dass zumindest einmal die EU intern, die sich ja als überstaatliches Gebilde versteht, auf diese Privilegien verzich­tet. Es ist doch skandalös, dass wir alles gleichstellen und alles gleich regeln, dass die­se Privilegien jedoch, wo immer es geht, ausgebaut und verstärkt werden. Das sollte doch endlich abgestellt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir werden dagegen stimmen, aber ich fürchte, dass viele Mitglieder dieses Hauses lieber noch weghören oder sagen: Da profitieren wir irgendwie davon, da profitieren wir so wie der Kanton Zug, und sonst wollen wir davon nichts hören!, weil es der einfache­re Weg ist.

Diesen Weg sollten wir aber nicht gehen. Deshalb bitte ich alle, sich ihr Ja, ihr Aufste­hen hier ein wenig zu überlegen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.47.13

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ho­hes Haus! Österreich hat eine globale Verantwortung, die wir auch wahrnehmen, bei­spielsweise im EU-Entwicklungsfonds. In den 10. EU-Entwicklungsfonds hat Österreich 500 Millionen € eingezahlt, jetzt, in den 11. Fonds, 700 Millionen €.

Aus diesem Fonds wird beispielsweise die EU-Hilfe im Rahmen des AKP-Partnerschafts­übereinkommens unterstützt. Da geht es um Armutsbekämpfung in 79 Mitgliedstaaten, in Afrika, in der Karibik und im pazifischen Raum. Das sind wichtige Initiativen, die auch Österreich unterstützt und zu denen es seinen Teil beiträgt.

Da dies meine erste Rede als EZA-Sprecher ist, möchte ich auch ein mir wichtiges An­liegen einbringen, nämlich die inklusive Entwicklungszusammenarbeit, dass in allen Programmen der Entwicklungszusammenarbeit die Barrierefreiheit, die gleichberech­tigte Teilhabe und die Inklusion von Menschen mit Behinderung berücksichtigt werden; nicht nur in speziellen Programmen, sondern wirklich als Querschnittsmaterie, als Indi­kator.

Österreich hat ja schon eine gute Expertise in diesem Bereich. Wir haben in der letzten Legislaturperiode einen Entschließungsantrag zur Umsetzung der UN-Konvention in der Entwicklungspolitik verabschiedet. Die ADA, die Austrian Development Agency, hat einen eigenen Arbeitskreis mit Behindertenorganisationen eingerichtet, und sie hat auch einen Katalog zu Menschenrechten und Barrierefreiheit in der Entwicklungspolitik he­rausgegeben.

Ich glaube, dass wir auch in die Post-2015 Agenda, das Nachfolgeprogramm der Mil­lenniumsziele, diese Expertise einbringen und dafür sorgen sollten, dass das ein eige­ner Schwerpunkt in der Post-2015 als Anliegen Österreichs wird.

Ich möchte mich bei Außenminister Sebastian Kurz bedanken, der in diesem Bereich sehr engagiert ist und der jetzt auch ein Programm zur Bewusstseinsbildung gestartet hat, „Unsere Stimmen für Entwicklung“. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass in der Bevölkerung mehr Bewusstsein erzeugt wird dafür, wie wichtig es ist, dass Österreich auch in armen Ländern zur Armutsbekämpfung etwas beiträgt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 138

Abschließend: Entwicklungspolitik ist ein Teil der Menschenwürde. Deshalb bin ich im Übrigen dafür, dass die unantastbare Menschenwürde auch in der österreichischen Verfassung verankert wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Pock.)

16.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Heinzl. – Bitte.

 


16.51.19

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Europäische Union unterhält bereits seit dem Jahr 1975 intensive Beziehungen zu den Staaten der sogenannten AKP-Gruppe. Die insgesamt 79 Mitgliedsländer dieses internationalen Staatenbundes liegen, wie bekannt, in Afrika, in der Karibik und im Pazifik und arbeiten im Rahmen ihrer Gemeinschaft vor allem auf der wirtschaftlichen Ebene eng mit der Europäischen Union zusammen.

Wesentliche Ziele der AKP-Staaten sind neben den politischen Beziehungen unterein­ander vor allem die nachhaltige Entwicklung der Mitgliedstaaten, ihre Einbettung in die Weltwirtschaft sowie die Etablierung einer Weltordnung, von der alle, also auch die Ent­wicklungs- und Schwellenländer profitieren.

Historisch und wirtschaftlich haben viele dieser Länder starke Beziehungen zu Europa. Die Europäische Union trägt dieser historischen Verantwortung, wie ich schon gesagt habe, seit 1975 durch die Zusammenarbeit im Rahmen des sogenannten Lomé-Ab­kommens Rechnung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Im Rahmen dieses Abkommens wur­den nicht nur Gelder für klassische Entwicklungshilfe geleistet, sondern auch ein Sys­tem an Zollerleichterung half den Ländern, ihre Waren im EU-Raum zu handeln. Zu­sätzlich wurden Maßnahmen getroffen, um die Exportpreise und damit die Einnahmen für die Länder stabil zu halten.

Das Lomé-Abkommen lief im Jahr 2000 aus. Um den Beziehungen einen neuen recht­lichen Rahmen zu geben, wurde im Jahr 2000 das Cotonou-Abkommen unterzeichnet. Dieses Abkommen umfasst das zwischenstaatliche Verhältnis der Vertragspartner in den Bereichen Entwicklungshilfe, Handel, Investitionen und – das ist wichtig – Men­schenrechte und läuft 2020 aus.

Erklärtes Ziel ist dabei, auch die veränderten Ziele der Europäischen Union betreffend Entwicklungszusammenarbeit umzusetzen. Früher waren die Empfängerländer mehr Almosenempfänger als gleichberechtigte Partner. Nun geht es um eine gezielte Unter­stützung einer nachhaltigen, eigenständigen Entwicklung. Auch die Themen Demokra­tie und Menschenrechte – und das ist besonders wichtig – spielen jetzt eine wichtige Rolle.

Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich darf nicht verschwiegen werden, dass das Abkommen mit den AKP-Staaten für die Europäische Union eine wichtige außenpoliti­sche Rolle spielt, immerhin umfasst es zwei Drittel aller Entwicklungsländer.

Das Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und den AKP-Staaten ist ein moder­nes, umfassendes und vertraglich geregeltes Instrument der Nord-Süd-Zusammenar­beit, das in beiderseitigem Interesse ist.

Besonders wichtig ist, sehr geehrte Damen und Herren, Hohes Haus: Österreich wird auch in Zukunft seinen Beitrag zur Armutsbekämpfung in den ärmsten Staaten Afrikas, der Karibik und des pazifischen Raumes im Rahmen des diesbezüglichen Entwick­lungsfonds leisten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.54



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 139

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Wind­büchler-Souschill. – Bitte.

 


16.55.06

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Entwicklungspolitik ist eine große Herausforderung. Es geht darum, dass Regierungen, Parlamente gemeinsam, auf Augenhöhe mit Partnerländern, mit Partner­organisationen entwicklungspolitische Strategien nicht nur beschreiben, sondern auch tatsächlich umsetzen – nicht top-down, sondern tatsächlich auf Augenhöhe. Und das macht Entwicklungspolitik aus.

Entwicklungspolitik ist eigentlich der Politikbereich, der ganz rasch mit wenig finanziel­len Mitteln tatsächlich Leben rettet, tatsächlich Menschen unterstützt. Kaum ein ande­rer Politikbereich ist so nachhaltig, so sozial, so fair wie die Entwicklungspolitik. Des­halb ist es enorm wichtig, dass Österreich die Entwicklungspolitik tatsächlich stärkt, nachhaltig stärkt, und vor allem mit finanziellen Mitteln ausstattet. (Beifall bei den Grü­nen sowie des Abg. Pock.)

Wenn man meinen Vorrednerinnen und Vorrednern wirklich zugehört hat, glaubt man ja, dass wir in einer wunderbaren rosa Wolke leben, mit allen finanziellen Mitteln für die Entwicklungszusammenarbeit. Dem ist aber nicht so, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das heute vorgelegte Budget zeigt ganz klar, dass es anders aussieht, und zeigt ganz klar, dass die Budgetmittel für die Entwicklungszusammenarbeit tatsächlich gekürzt werden.

Nirgendwo anders ist die Diskrepanz zwischen dem gesellschaftlichen Bekenntnis zur Entwicklungszusammenarbeit und den dafür ausgegebenen Geldern so groß wie in Österreich. 0,28 Prozent des Bruttonationaleinkommens werden für die gesamte Ent­wicklungszusammenarbeit ausgegeben. Wir sind Schlusslicht im europäischen Ver­gleich. 0,7 Prozent waren immer oder sollten eigentlich immer das erklärte Ziel für die Entwicklungszusammenarbeit sein, und das schon seit Jahren.

Die Spatzen zwitscherten es ja schon vor längerer Zeit von den Dächern: Die Entwick­lungszusammenarbeit wird 2015 nicht gehalten! 2014 gibt es noch 82 Millionen, 2015 wird sie auf 65 Millionen € gekürzt. Die Mittel für die direkte Unterstützung werden ge­kürzt. Das ist nicht das, was Sie, Herr Außenminister, und die Bundesregierung vorge­geben haben, in den nächsten Jahren zu tun  ganz im Gegenteil.

Empört reagieren nicht nur wir, sondern auch die entwicklungspolitischen Organisatio­nen. „Wieder einmal bei den Ärmsten der Armen zu sparen ist eine absolute Bankrott­erklärung der Regierung“, so die AG Globale Verantwortung. Die Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz zeigt sich „erschüttert“. Der Linzer Diözesanbischof und Vorsit­zende der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz Ludwig Schwarz kritisiert, dass nun ein „historischer Tiefststand“ bestehe, da nur 52,9 Millionen € tatsächlich für kon­krete Hilfe, für direkte Projekte übrigbleiben werden.

Österreich „versucht nicht einmal, seine internationale Verpflichtung zu erfüllen“, so World Vision Österreich. „Die radikalen Kürzungen schädigen Österreichs internationa­les Ansehen“, sagt Licht für die Welt.

Inklusive Entwicklungszusammenarbeit muss ein Schwerpunkt sein, aber dafür braucht es auch Gelder. Und Licht für die Welt ist der Garant dafür, dass inklusive Bildung tatsächlich stattfindet, aber vonseiten des Außenministeriums ist das anscheinend tat­sächlich nur eine leere Worthülse.

Deshalb bringe ich den Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 140

betreffend Entwicklungszusammenarbeit als staatliche Gesamtverantwortung stärken – Regierungsprogramm umsetzen ein.

Der Nationalrat wolle beschließen, dass jene Punkte, die im Regierungsübereinkom­men festgeschrieben sind, und jene Punkte, die hier im Haus von ÖVP und SPÖ für die Entwicklungszusammenarbeit schon beschlossen wurden, auch tatsächlich umgesetzt werden.

Dabei geht es um die Entwicklung und gesetzliche Verankerung eines Stufenplans zur Erhöhung der EZA-Mittel bis zur Erreichung des 0,7-Prozent-Ziels und um dessen tat­sächliche Umsetzung.

Es geht darum, dass es eine Gesamtstrategie gibt. Es geht darum, dass es Kohärenz gibt. Es geht darum, dass ausreichende Mittel für den Auslandskatastrophenfonds zur Verfügung stehen. Wir haben bis jetzt noch immer 5 Millionen € – die große Forderung aller Organisationen und eigentlich auch des Parlaments ist, den Auslandskatastro­phenfonds auf 20 Millionen € aufzustocken, damit Menschen, die von Taifunen, von Überschwemmungen betroffen sind, rasch und unbürokratisch Hilfe bekommen.

Nehmen Sie die Kürzungen im EZA-Bereich so schnell wie möglich zurück, setzen Sie das Regierungsübereinkommen um und sagen Sie Ja zu Ihrem eigenen Antrag! (Bei­fall bei Grünen und Team Stronach.)

17.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Entschließungsantrag der Frau Abgeordne­ten Windbüchler-Souschill ist in seinen Eckpunkten erläutert worden. Daher lasse ich ihn gemäß § 53 Abs. 4 GOG aufgrund seines Umfanges verteilen. Er steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde

betreffend Entwicklungszusammenarbeit als staatliche Gesamtverantwortung stärken - Regierungsprogramm umsetzen

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (5 d.B.): Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Fi­nanzierung der im mehrjährigen Finanzrahmen für den Zeitraum 2014 bis 2020 vorge­sehenen Hilfe der Europäischen Union im Rahmen des AKP EU Partnerschaftsabkom­mens und über die Bereitstellung von finanzieller Hilfe für die überseeischen Länder und Gebiete, auf die der Vierte Teil des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäi­schen Union Anwendung findet (107 d.B.)

Begründung

Das Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung enthält in dem Kapitel „In­ternationale Solidarität stärken“ sehr wichtige Maßnahmen zur Stärkung der staatlichen Gesamtverantwortung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, zu deren ra­schen Umsetzung der Nationalrat mit dieser Entschließung aufruft.

Aus dem Arbeitsprogramm der Regierung: „Ein zentraler Auftrag der österreichischen Außenpolitik liegt in der Verpflichtung gegenüber den Menschen in den ärmsten und am meisten benachteiligten Regionen und Ländern dieser Welt. Entwicklungspolitik


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 141

stellt dabei eine solidarische Leistung innerhalb der Völkergemeinschaft dar und ist auch ein Instrument zur Förderung eines wohl verstandenen Eigeninteresses Öster­reichs“.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, das Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesre­gierung 2013-2018 in den im Folgenden zitierten Punkten umzusetzen, indem bis Jah­resende 2014 gemeinsam mit dem Nationalrat eine Strategie zur Erreichung dieser Ziele erarbeitet wird.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, entsprechend dem am 14.11. 2012 von einer breiten Mehrheit des Nationalrates bestehend aus SPÖ, ÖVP, Grüne, BZÖ und Team Stronach gefassten Beschluss (904/UEA XXIV. GP), die Mittel für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit zu erhöhen und jedenfalls, in einem ersten Schritt, von jeder Kürzung abzusehen:

1. Entwicklungszusammenarbeit (EZA) als kohärente Gesamtverantwortung wahr­nehmen:

Entwicklung und gesetzliche Verankerung eines Stufenplans zur Erhöhung der EZA-Mittel bis zur Erreichung des 0,7 %-Ziels;

Erarbeitung einer Gesamtstrategie der Bundesregierung in Kooperation mit Parlament, Ressorts, Sozialpartnern und NGOs sowie der interessierten Öffentlichkeit mit dem Ziel, die Kohärenz der österreichischen EZA zu stärken, sie an neue Herausforderun­gen anzupassen und die entwicklungspolitische Bildungsarbeit zu fördern;

die Zuständigkeit für die internationalen Finanzinstitutionen (IFI) wird von BMF und BMeiA gemeinsam wahrgenommen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Planung der Budgetmittel mit den Zielsetzungen der Gesamtstrategie übereinstimmt.

2. Ausreichende Mittel für humanitäre Hilfsmaßnahmen:

Der jährliche budgetäre Rahmen für den Auslandskatastrophenfonds wird mit 20 Mio. Eu-
ro festgelegt, um auf die wachsende Zahl humanitärer Krisen reagieren zu können.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lintl. – Bitte.

 


17.00.32

Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschließen heute ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Organisation für Migration. Mit dem Abkommen erhält die IOM offiziell einen rechtlichen Status mit Pri­vilegien und Immunitäten, den andere internationale Organisationen auch haben. Dies wurde notwendig, weil es zusätzlich zum bestehenden Länderbüro für Österreich auch ein Regionalbüro für Ost- und Südosteuropa und für Zentralasien in Wien gibt.

Eine der aktuellen Aufgaben der IOM ist die Organisation der Reisevorbereitungen
und -durchführung für die Flüchtlinge aus Syrien, die, wie die Frau Innenministerin an­gekündigt hat, jetzt nach Österreich kommen werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 142

Wir sehen an der aktuellen Situation in Syrien, wie wichtig schnelle und unbürokrati­sche humanitäre Hilfe vor Ort ist. Aktuell unterstützt die IOM syrische Flüchtlinge im eigenen Land und in den Nachbarländern. Obwohl Österreich jetzt mehr als doppelt so viele Flüchtlinge aufnimmt, ist die Zahl in Anbetracht des dort herrschenden Elends – sehr gering.

Europa muss sich dafür einsetzen, dass noch mehr Hilfe an die Nachbarländer Syriens geleistet wird, denn sonst werden vermehrt verzweifelte Menschen den Weg in die EU suchen. Wir wollen ihnen aber helfen, dass sie in ihrer eigenen Region bleiben können, nach Ende des Konfliktes in ihr Heimatland zurückkehren können und nicht in der EU eine neue Existenz aufbauen müssen.

Meine Damen und Herren, es ist interessant, dass die IOM 1951 zu dem Zweck ge­gründet wurde, dass die Kriegsflüchtlinge des Zweiten Weltkrieges in ihre Heimatlän­der zurückkehren können. Auch jetzt ist die IOM behilflich, wenn Migranten wieder in ihre Herkunftsländer zurückkehren wollen. Immerhin sind das 2 600 Fälle pro Jahr, wo­bei die IOM unterstützt und bei der Reintegration hilft.

Wien kann auf eine lange Geschichte als Sitz internationaler Organisationen zurück­blicken. 1957 siedelte sich als Erste die Internationale Atomenergiebehörde hier an, die durch ihre Kontrollaufgaben enorm zur Sicherheit im Umgang mit Atomenergie beige­tragen hat. Auch das Office on Drugs and Crime leistet einen bedeutenden Beitrag in der Bekämpfung von Drogenmissbrauch und Drogenkriminalität.

Natürlich steigt durch den Sitz zahlreicher internationaler Organisationen in Wien das internationale Ansehen Österreichs, und überdies beinhaltet es auch eine interessante wirtschaftliche Komponente. Österreich ist traditionell ein Land des Dialogs. Ich bitte den Herrn Außenminister, Österreich auch weiterhin als Gastland für internationale Or­ganisationen und Konferenzen zu promoten. – Danke schön. (Beifall bei Team Stro­nach und Grünen.)

17.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister Kurz hat sich zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 


17.03.53

Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich werde mich zu den meisten der Punkte nicht zu Wort melden, weil ohnehin alles dazu gesagt wur­de. Ich darf nur zu zwei Punkten eine kurze Anmerkung machen.

Es ist, glaube ich, auch zu Recht das EZA-Budget angesprochen worden. Zu diesem Punkt möchte ich festhalten, dass wir froh sind, im Jahr 2014 das EZA-Budget, was die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit betrifft, auf dem gleichen Niveau wie im Vor­jahr zu halten, obwohl ursprünglich etwas anderes vorgesehen worden war. Wir wer­den uns jedenfalls dafür einsetzen, dass wir für das Jahr 2015 ein anderes Ergebnis erreichen, als es derzeit im Budget vorgesehen ist.

Ich hoffe, dass der Vollzug noch Möglichkeiten bietet, das eine oder andere im EZA-Bereich zu bewegen, und ich vertraue auch auf die Gesamtverantwortung der Bundes­regierung in diesem Bereich. Es gibt ja sehr viele Ministerien, die Gott sei Dank auch im EZA-Bereich tätig sind und einen Beitrag leisten. Dieses Thema ist uns wichtig, und es liegt in unserer Verantwortung, hier möglichst starkes Engagement zu zeigen. Da­her werden wir uns weiter in diesem Bereich einsetzen.

Zum zweiten Punkt, Tagesordnungspunkt 16: Herr Abgeordneter Hübner hat gefragt, warum es denn jetzt Privilegien für die Internationale Organisation für Migration, IOM gäbe. Ich möchte Ihnen nur sagen, Herr Abgeordneter, dass wir sehr stolz darauf sind,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 143

mittlerweile 37 internationale Organisationen in Österreich zu haben, und dass das ei­gentlich eine Auszeichnung für uns ist.

Dies gibt Österreich politisch nicht nur die Möglichkeit, ein Ort des Dialogs zu sein, sondern auch politische Möglichkeiten, die wir sonst nicht hätten. Für all jene, denen das zu wenig ist, gibt es auch klare Daten und Fakten, die dafür sprechen, wie sinnvoll es ist, internationale Organisationen in Österreich zu haben. Wir haben durch diese 37 internationalen Organisationen eine Umwegrentabilität von über 500 Millionen € pro Jahr. Sie schaffen direkt und indirekt 10 000 Arbeitsplätze. Insofern sollten wir dankbar für jede internationale Organisation sein, die bereit ist, in Österreich tätig zu sein.

IOM betreffend darf ich Ihnen sagen, dass Sie zwar gesagt haben, dass die Organi­sation seit 1954 in Österreich angesiedelt ist, was Sie aber nicht erwähnt haben, hat je­doch Frau Abgeordnete Lintl erwähnt: nämlich, dass seit Kurzem das IOM-Büro in Wien eine wesentlich breitere Aufgabe wahrnimmt und von Wien aus die IOM-Missio­nen in Südosteuropa, der Türkei, Osteuropa, Zentralasien und Israel betreut werden. Ich sehe das als Erfolg und gegenteilig zu Ihnen bin ich der Meinung, dass es sinnvoll ist, hier Arbeitsplätze zu schaffen und dass es sinnvoll ist, eine wirtschaftliche Umweg­rentabilität zu erzielen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winzig zu Wort. – Bitte.

 


17.07.17

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zu diesem Amts­sitzabkommen ist schon einiges gesagt worden. Die Privilegiendiskussion erregt immer die Gemüter. Es sollte aber wichtiger sein, unsere weltoffene Position damit herauszu­streichen sowie die Umwegrentabilität, die der Herr Bundesminister schon angespro­chen hat. Durch die derzeit angesiedelten internationalen Organisationen ergibt sich für die Republik ein positiver Nettoeffekt von 500 Millionen €.

Nicht vergessen dürfen wir die mit den internationalen Organisationen verbundenen Kongresse, die uns weitere 230 Millionen € bringen. Summa summarum, inklusive der volkswirtschaftlichen Multiplikatoren, leistet dieser Bereich einen Beitrag von 1,5 Milliar­den € zum Bruttoinlandsprodukt. Herr Kollege Hübner, wir würden uns ins eigene Fleisch schneiden, wenn wir diese Privilegien nicht gewähren würden, die diese Orga­nisationen in allen Ländern vorfinden. Paris, Genf, London würden diese Organisatio­nen gerne übernehmen.

Herr Bundesminister, ich bin froh darüber, dass du so aufgeschlossen bist, dich für weitere Ansiedlungen von internationalen Organisationen und für die weitere Abhaltung von internationalen Konferenzen einzusetzen. Wir haben in den letzten Jahrzehnten in Wien, aber auch in anderen Bundesländern eine hervorragende Infrastruktur dafür ge­schaffen, und unserer Wirtschaft tut dies gut. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten der SPÖ.)

17.08

17.08.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstattung keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Au­ßenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Internes Abkommen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 144

zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Finanzierung der im mehrjährigen Finanzrahmen für den Zeitraum 2014 bis 2020 vorgesehenen Hilfe der Europäischen Union im Rahmen des AKP EU Partnerschaftsabkommens und über die Bereitstellung von finanzieller Hilfe für die überseeischen Länder und Gebiete, auf die der Vierte Teil des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Anwendung findet, in 5 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Entwicklungszusammen­arbeit als staatliche Gesamtverantwortung stärken – Regierungsprogramm umsetzen.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benutzen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordneten­pulte und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Achten Sie bitte auch darauf, jeweils nur einen Stimmzettel einzuwerfen! Letztes Mal ist es wieder passiert, dass zwei Stimmzettel ein- und desselben Abgeordneten in der Urne gelandet sind.

Ich bitte nunmehr den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Zanger, mit dem Namens­aufruf zu beginnen. Herr Abgeordneter Buchmayr wird ihn später ablösen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger beziehungsweise Buchmayr wer­fen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.15 Uhr unterbrochen und um 17.19 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 145

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 167; davon „Ja“-Stimmen: 35, „Nein“-Stimmen: 132.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Alm, Aslan;

Brosz, Brunner;

Dietrich;

Ertlschweiger;

Franz;

Hagen;

Jarmer;

Köchl, Korun;

Lichtenecker, Lintl;

Maurer, Meinl-Reisinger, Mlinar, Mückstein, Musiol;

Pirklhuber, Pock;

Rossmann;

Schatz, Schenk, Scherak, Schmid Julian, Schwentner, Steinbichler, Steinhauser;

Vavrik, Vetter;

Walser, Weigerstorfer, Willi, Windbüchler-Souschill;

Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Amon, Antoni, Aubauer, Auer;

Bacher Walter, Bayr, Becher Ruth, Belakowitsch-Jenewein, Berlakovich, Bösch, Buch­mayr;

Cap;

Darabos, Darmann, Deimek, Diesner-Wais, Doppler, Durchschlag;

Ecker, Ehmann, El Habbassi, Eßl;

Feichtinger Klaus Uwe, Fekter, Fichtinger Angela, Fuchs;

Gahr, Gartelgruber, Gerstl, Gessl-Ranftl, Greiner Karin, Grillitsch, Groiß, Grossmann, Gusenbauer-Jäger;

Hackl Heinz-Peter, Hafenecker, Hakel Elisabeth, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hauser, Hechtl, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Höbart, Hofinger Manfred, Höfin­ger Johann, Holzinger, Huainigg, Hübner;

Jank, Jannach, Jarolim;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 146

Karl, Karlsböck, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Kitzmüller, Knes, Königsberger-Ludwig, Kopf, Krainer Kai Jan, Krist, Kucharowits, Kucher, Kunasek, Kuntzl, Kuzdas;

Lettenbichler, Lipitsch, Lopatka, Lueger Angela;

Matznetter, Mayer, Mölzer, Muchitsch, Mühlberghuber, Muttonen;

Neubauer Werner;

Oberhauser, Obernosterer, Ofenauer, Ottenschläger;

Pendl, Pfurtscheller, Plessl, Podgorschek, Prammer, Preiner, Prinz;

Rädler, Rasinger, Rauch Johannes, Rauch Walter, Riemer, Rosenkranz Barbara, Ro­senkranz Walter;

Schellenbacher, Schieder, Schittenhelm, Schmid Gerhard, Schmuckenschlager, Schön­egger, Schrangl, Schultes, Sieber Norbert, Singer Johann, Spindelberger, Stefan, Stein­acker, Strache, Strasser;

Tamandl, Themessl, Töchterle, Troch;

Unterrainer;

Vogl;

Weninger, Wimmer, Winter, Winzig, Wittmann, Wöginger, Wurm Gisela, Wurm Peter;

Yilmaz;

Zakostelsky, Zanger.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung meldet sich Herr Ab­geordneter Dr. Matznetter zu Wort. – Bitte.

 


17.20.02

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Ich habe seit zwei Sitzungen einen neuen Platz. Und ich habe beim Hinun­tertragen eine rosa Karte einer anderen Abgeordneten hier eingeworfen, weil ich nicht den Namen kontrolliert habe. Eine Kollegin hat es mir zwar gesagt, aber die Karte war schon drinnen.

Jetzt habe ich meine Karte ordnungsgemäß hineingegeben. Nur: Die andere Karte wurde von der Kollegin nicht abgegeben. Das möchte ich bitte zu Protokoll geben. – Danke.

17.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Das wird somit zu Protokoll genommen und dem Abstimmungsergebnis angefügt. Mehr kann ich dazu nicht tun.

*****

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Außen­politischen Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zur zweiten Änderung des Partnerschaftsabkommens zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, unterzeichnet in Cotonou am 23. Juni 2000 und erstmals geändert in Luxemburg am 25. Juni 2005, samt Schlussakte einschließlich der dieser beigefügten Erklärungen in 71 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 147

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu die Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Au­ßenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Rahmenabkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik der Philippinen andererseits in 29 der Bei­lagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen ferner zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dass die bulgarische, dänische, englische, estnische, finnische, französische, grie­chische, italienische, lettische, litauische, maltesische, niederländische, polnische, por­tugiesische, rumänische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechi­sche und ungarische Sprachfassung dieses Staatsvertrages gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bun­desministerium für Europa, Integration und Äußeres aufliegen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen des Weiteren zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Organisation für Migration über den rechtlichen Status der Organisation in Österreich und dem Sitz ihrer Büros in Wien in 13 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Republik Zypern über die Verwendung von Flughäfen und anderen Einrichtungen in der Republik Zypern im Falle von Evakuierun­gen aus Drittländern in 15 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Geneh­migung zu erteilen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

17.23.4018. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 173/A(E) der Abge­ordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Josef Cap, Tanja Windbüchler-Souschill, Mag. Christoph Vavrik, Dr. Jessi Lintl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ein­satz für demokratische Entwicklung in der Ukraine (110 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


17.24.17

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Zuerst ein Wort zum letzten Tagesordnungspunkt: Eine Ant-


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wort steht meiner Meinung nach noch aus von Herrn Minister Kurz, und das ist die auf die Frage, warum man sich auf europäischer Ebene – bei allen Argumenten, die Sie gebracht haben – nicht dafür einsetzen kann, dass die europäischen oder zumindest die EU-Mitglieder auf die Anwendung dieser Privilegien für internationale Organisatio­nen verzichten. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Kurz.) Für Europa! Dass die europäischen Staaten wechselseitig auf die Anwendung dieser Privilegien für ihre Staatsbürger verzichten. Das verstehe ich nicht! (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminister Kurz.)

Dass die europäischen Organisationen, die europäischen Mitgliedsländer für ihre Staatsbürger bei allen internationalen Organisationen auf die Anwendung von Diploma­tenprivilegien verzichten, weil es ja einen gemeinsamen Wirtschaftsraum gibt – dass die Deutschen sagen: Wir sind sehr wohl bereit, Mehrwertsteuer für die Autos unserer Diplomaten in Wien zu zahlen und umgekehrt! (Weitere Zwischenbemerkung von Bun­desminister Kurz.) Ja.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, keine Zwiegespräche!

Herr Abgeordnete Dr. Hübner ist am Wort!

 


Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (fortsetzend): Das Gespräch wollen wir ein an­deres Mal fortsetzen. Jetzt aber zum Ukraine-Antrag.

Der Ukraine-Antrag ist völlig überholt, und deswegen können wir ihm in der Form, wie er jetzt vorliegt, nicht zustimmen. Das ist nicht die Schuld der Antragsteller, sondern schuld daran ist einfach die Dauer, bis ein Antrag ins Plenum kommt.

Zum Inhalt: Ja, was da drinnen steht, ist natürlich alles schön und gut, aber wir haben Ereignisse, die dramatisch gewesen sind. Und wenn man einen Ukraine-Antrag macht, dann muss das drinnen sein. Das ist einmal das Erste und Wesentliche, was fehlt: dass die Europäische Union, und da auch Österreich, eine wesentliche Mitverantwor­tung an der heutigen chaotischen Situation trägt, weil die Europäische Union massiv dazu beigetragen hat, einen gewaltsamen Umsturz in der Ukraine zu erzielen. Ganz klar! Die Europäische Union hat einseitige Sanktionen gegen führende Leute des Janu­kowitsch-Regimes verhängt und in wenigen Tagen damit den Zusammenbruch dieses Regimes mitbewirkt. Österreich hat das mitgetragen, hat einseitige Sanktionen ver­hängt.

Da darf ich schon einmal generell fragen, ob es im Interesse einer neutralen österrei­chischen Politik ist, sich in anderen Ländern so weit einzumischen, dass man Indivi­duen – Individuen! – mit Sanktionen belegt mit dem Ziel, eine Regierung zu stürzen, zu schwächen, zum Abdanken zu bringen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ganz wichtig! Das ist eine Antwort, die muss der Herr Minister sich selber überlegen und geben.

Das, was dann in weiterer Folge passiert ist, ist, dass sehr schnell nach dem Zusam­menbruch des Regimes und nach der Krimkrise Sanktionen auch gegen Russland ver­hängt wurden – wiederum gegen Personen! Jetzt haben wir wiederum Sanktionen ver­hängt, europäische Sanktionen, erst gestern und vorgestern, amerikanische und euro­päische – wiederum gegen Einzelpersonen, deren „Vergehen oder Verbrechen“ – un­ter Anführungszeichen – es gewesen ist, prorussisch zu sein, proautonomistisch in der Ukraine, oder nur pro Putin zu sein.

Ist das eine Außenpolitik: dass wir als neutrales Land Individuen dafür mitsanktionie­ren, dass sie pro irgendetwas sind?! – Also ich kann mir nicht vorstellen, dass das im weitesten Sinn mit unserem bisherigen politischen Verständnis vereinbar ist. Das kann ich mir nicht vorstellen.


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Ich kann mir das insbesondere deshalb nicht vorstellen, weil wir immer vom Dialog und vom Forum reden und von der österreichischen Neutralität oder von der Vermittlerrolle und von der Äquidistanz und von der Notwendigkeit, durch Verhandlungen und durch Kontakte Streitigkeiten beizulegen.

Glauben Sie wirklich, Herr Minister, dass die Sanktionierung von Einzelpersonen we­gen Regimefreundlichkeit oder -unfreundlichkeit der Weg des Dialogs, der Brücken­bauerei, der Neutralität ist? Glauben Sie wirklich, dass das österreichische Neutralitäts­expertenteam, das Sie nach Kiew entsendet haben, eine gute Visitenkarte mitbringt, wenn das Ganze von Sanktionen gegen Einzelpersonen aus politischen Gründen be­gleitet ist? – Ich nicht!

Nun zum Antrag der Grünen eine Anmerkung. – Da geht das noch ein bisschen weiter: Da wird ja sogar ein Waffenembargo gegen Russland gefordert. Nicht, dass es Russ­land besonders stören wird, wenn Europa ein Waffenembargo gegen Russland ver­hängt, weil die Waffenexporte dorthin wahrlich minimal sind, aber was soll denn die Aussage dieser Maßnahme sein? Soll sich Österreich jetzt mit aller Gewalt auf eine Seite werfen – auf die amerikanische Seite? Es geht ja längst nicht mehr um die ukrai­nische und die russische Seite, sondern das ist ein amerikanisch-russischer Krieg, ein Powerplay der Sonderklasse. Und das kann man nicht moralisch rechtfertigen.

Oder, Frage an die Grünen: Haben Sie aus dieser Ecke – aus der amerikanischen Ecke – je etwas über mögliche Sanktionen zum Beispiel gegen Ägypten gehört? Dort hat es immerhin einen Putsch gegen ein demokratisch gewähltes Regime gegeben, und zwar im vergangenen Sommer. Immerhin! Seither sind zwischen 4 000 und 4 200 Leu­te auf der Straße erschossen worden, in Gefängnissen umgekommen, verschollen und so weiter. Es hat jetzt die zwei größten Blocks an Todesurteilen gegen politische Geg­ner in der poststalinistischen Zeit gegeben. Diese Zahlen sind letztmals bei Säuberun­gen 1948/49 erreicht worden. Seither hat es das nicht gegeben.

Und wissen Sie, welche Sanktionen verhängt worden sind? – Der amerikanische Kon­gress hat jetzt beschlossen, die Hilfe an das ägyptische Militär – an das ägyptische Militär, nicht für humanitäre Sachen oder für die Entwicklung oder für Wasser- oder Krankenversorgung – in der Höhe von 1,35 Milliarden Dollar auch für das heurige Jahr zu gewähren. – So viel zur Menschenrechtssituation, zur Äquidistanz der Politik! So viel zur Frage, wo wir heute noch stehen!

Wir machen hier eine Politik nach und mit, die eine einseitige Parteinahme für eine Su­permacht unter dem Vorwand des Schutzes von Menschenrechten, des Schutzes von Staaten und so weiter darstellt, und das ist ein grundlegender Verstoß, so wie ich das sehe, gegen unser Selbstverständnis, das ist ein Anbiedern an eine Supermacht, die in keiner Weise moralisch handelt, die sich in keiner Weise an internationale Normen ge­halten hat, die das Völkerrecht mit Füßen getreten hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich brauche nicht immer wieder zu erinnern an das, was im Kosovo oder im Irak oder in Afghanistan oder in Guantanamo passiert ist, oder an das, was die NSA aufgeführt hat und so weiter. Das alles wird ausgeblendet, und die österreichische Innenpolitik folgt blind, wie von einem Blindenstock geführt, amerikanischen Vorgaben, die die Europäi­sche Union ebenfalls übernimmt.

Das Versagen der Europäischen Union zeigt sich am besten im NSA-Skandal. Nichts zeigt uns das dramatischer als der Umstand, dass Snowden in keinem einzigen euro­päischen Land Asyl angeboten bekommt – in keinem einzigen Land! –, obwohl er den europäischen Ländern einen politischen Dienst erwiesen hat wie niemand anderer, ob­wohl er ihnen Dinge vor Augen geführt hat oder, wenn man so will, sie gezwungen hat, Dinge zu sehen, die sie vielleicht schon ohnehin gewusst hat, aber die von unschätz-


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barem Wert für die Bevölkerung sind. Und dieser Snowden hat keine andere Möglich­keit gehabt, als ausgerechnet in Russland mit viel Weh und Ach Asyl zu bekommen. (Abg. Darabos: Ohne Hintergedanken!) Ohne Hintergedanken, ja.

Herr Kollege, was heißt „ohne Hintergedanken“? – Dass die Russen darüber nicht bö­se waren, das ist ja klar. Aber ist es nicht eine Schande – das frage ich jetzt Sie als ei­nen Sozialdemokraten –, dass jemand wie Edward Snowden von niemandem in Euro­pa Asyl bekommt?! Wir geben in Europa Hunderttausenden Leuten pro Jahr den Asyl­status – nicht pro Jahrzehnt, pro Jahr! –, Hunderttausenden aus Schwarzafrika, aber dem Snowden nicht. Aus formalen Gründen! Ja der müsste einmal dort ausreisen und kann dann vielleicht in Amerika um Asyl ansuchen. Die Ausreden sollten Sie sich, Herr Minister, einmal zusammensuchen, nämlich die Absurditäten der Ausreden, die euro­päische Politiker verwendet haben, um zu begründen, warum Snowden kein Asyl be­kommt.

Damit komme ich zum Schluss und darf noch sagen: Ich glaube, dass wir diesen bei­den Anträgen nicht zustimmen, ist klar. Das habe ich ausreichend begründet.

Meine Bitte an alle Kollegen, an alle Abgeordneten ist, diese Dinge noch einmal in sich gehend zu überprüfen, nicht nur der veröffentlichten Meinung und nicht nur den Äuße­rungen des österreichischen Außenministeriums oder der Europäischen Kommission oder der Frau Ashton oder des Herrn Obama zu folgen, sondern sich selbst ein Bild über die Dinge zu bilden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Dr. Lopatka gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


17.32.53

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es für sehr gut, dass wir uns in dieser Stunde mit dieser Frage hier beschäftigen. Wir wissen nicht, wie es mit der Ukraine weitergeht, und viel­leicht wird uns diese Frage noch viel stärker in Anspruch nehmen, als wir das heute abschätzen können.

Die Meinung, die der Abgeordnete Hübner hier vertreten hat, dass die Europäische Union die Situation mit verursacht hätte, würde bei einer internationalen Konferenz als „very strange“ eingestuft werden. Da könnte man Ihnen nicht folgen, denn da ist etwas ordentlich danebengegangen, Herr Abgeordneter Hübner, in der Zuweisung dessen, was hier passiert ist. (Zwischenruf des Abg. Hübner.) Ich hoffe, dass Sie es auch als völkerrechtswidrigen Akt sehen. (Abg. Deimek: Wie war es mit dem Kosovo?) Wir re­den ja nicht mehr darüber, was Russland in der Ukraine gemacht hat, denn die Krim war und ist ein Teil der Ukraine, und ich finde es schade, dass man in Wirklichkeit über­haupt nicht mehr darüber redet, welchen Schritt Russland dort gesetzt hat. (Abg. Dei­mek: Sie sollten die Realität nicht verdrehen!) Das ist mit dem Kosovo überhaupt nicht vergleichbar. Aber das ist Ihre Form von Außenpolitik! Auch das ist very strange, was Sie hier sagen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Sie begeben sich da auf die gleiche Ebene wie die selbsternannten Machthaber in der Ostukraine, wo der Bürgermeister von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, gesagt hat, über die Freilassung der Vertreter der OSZE, die von ihm festgehalten werden, ist er nur dann bereit zu reden, wenn die EU darüber nachdenkt, die Sanktionen aufzuhe­ben. (Abg. Deimek: Und in Ägypten?)

Das ist Erpressung pur, was da gemacht wird! So kann man auf internationaler Ebene nicht umgehen. Das mögen vielleicht die Methoden sein, die manchen von der FPÖ ge-


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fallen. Nur: Das sind Wildwest-Methoden, die man auf der internationalen Ebene schon längst überwunden hat. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Windbüchler-Souschill.)

Ich habe wirklich null Verständnis, wohin Sie, vom Besuch bei Kadyrow beginnend, jetzt das, was Putin da gemacht hat, bis zu Ihrer Analyse, was die Ostukraine betrifft, Österreich hinrücken wollen. (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.) Da würden wir uns völlig außerhalb der internationalen Gemeinschaft stellen. Das Einzige, was uns hier weiterbringt, ist, wenn Russland dazu gebracht wird, tatsächlich an einer Deeska­lation mitzuwirken, und nicht, wenn wir das, was von Russland gemacht wird, in irgend­einer Form rechtfertigen. Das können und dürfen wir nicht. Da können und dürfen wir nicht wirtschaftliche Interessen allen anderen voranstellen.

Da geht es um grundsätzliche Fragen: Haben wir die Phase des Kalten Krieges über­wunden, wo mit Waffen entschieden wurde, wo mit Gewalt entschieden wurde? Genau darum geht es, genau davon möchte ich jetzt reden: dass Österreich sich hier richtig positioniert hat, dass sich der Außenminister und die österreichische Bundesregierung hier richtig positioniert haben, indem wir sagen, alles zu tun, um gewaltsame und pro­vokante Aktionen hintanzustellen, alles zu tun, dass die Beschlüsse von Genf umge­setzt werden, und alles zu tun, dass Russland bereit ist, auch substanzielle Beiträge zur Deeskalation zu leisten.

Genau darum geht es! Und da muss die Europäische Union stark sein, und da muss – ich sage es bewusst – der freie Westen stark sein. (Abg. Deimek: Der freie Westen un­ter der Fuchtel von Amerika!) Und das Angebot, das wir haben, muss so stark sein, dass die Menschen vor Ort frei entscheiden, ob sie das Modell, das Putin anbietet, oder ob sie das Modell der freien westlichen Demokratien wollen. Das ist eine ganz grundsätzliche demokratiepolitische Frage. Da frage ich mich manchmal, in welchem Denken einzelne Abgeordnete der FPÖ wirklich zu Hause sind, das sage ich Ihnen schon. Der EU vorzuwerfen, dass sie die Situation in der Ukraine verursacht hätte, die­ser Meinung kann ich wirklich nicht folgen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Abschließend: Der Außenminister braucht keine Aufforderungen, wie er sich hier zu verhalten hat – das sage ich jetzt in Richtung Grüne –, wenn es darum geht, was Waf­fenexporte betrifft. Selbstverständlich gehen wir davon aus, dass wir diesen dreistufi­gen Sanktionenplan einzuhalten haben, und in der Stufe 2 und in der Stufe 3 ist natür­lich ein Waffenembargo zielführend, aber dazu bedarf es keiner Aufforderungen von­seiten der Oppositionsparteien. Der Außenminister macht hier großartige Arbeit. Wenn das schon die Freiheitlichen nicht anerkennen, so bin ich froh, dass das die internatio­nalen Medien und vor allem seine Ministerkollegen auf der europäischen Ebene, aber auch über Europa hinaus, so sehen.

Ich bitte die FPÖ, sorgsam, gerade auch in der Wortwahl, zu bleiben, damit wir als Par­lament nicht den Eindruck erwecken, dass es Teile des österreichischen Parlaments gibt, die glauben, dass das völkerrechtlich zu rechtfertigen ist, was Russland hier ge­macht hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neubauer: Von Ihnen brauchen wir uns nichts erklären zu lassen!)

17.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ein zweites Mal zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


17.38.40

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Ich habe mich noch einmal zu Wort ge­meldet, denn das kann so nicht im Raum stehen bleiben, Kollege Lopatka – Verzei­hung! –, was Sie hier gesagt haben.

Sie sprachen davon, man müsse einen neuen Einbruch der Phase des Kalten Krieges verhindern. Was machen wir denn bitte, Herr Außenminister? – Wir sind eine der Sei-


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ten, die mit aller Gewalt in die Flammen des neuen Kalten Krieges bläst. (Abg. Lopat­ka: Vollkommen falsch!) Was heißt hier „vollkommen falsch“? (Beifall bei der FPÖ.)

Was heißt hier „vollkommen falsch“? – So ein Kalter Krieg entfaltet sich vor unseren Augen, die Welt wird geteilt in Freunde und Feinde Russlands. Wer ein Freund Russ­lands oder Putins ist, der wird sanktioniert.

Sie glauben, dass durch Sanktionen gegen Personen, die einem Regime oder einem Präsidenten nahestehen, nicht Flammen angefacht werden oder in die Flammen hi­neingeblasen wird, dass das ein Weg aus dem Kalten Krieg ist, ein Weg zur demo­kratischen Ordnung, zu Deeskalation, zur Herstellung des Völkerrechts?! – Wo ist das, bitte, der Fall?

Sie sagen, die Europäische Union hat überhaupt nichts falsch gemacht, sie hat nie ei­ne Verantwortung im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine gehabt. – Ich kann mich erinnern, wie Herr Minister Kurz hier – es ist noch nicht viele Wochen her – noch den Sieg der proeuropäischen Opposition und der proeuropäischen Kräfte in der Ukraine bejubelt und sich auf den Beitrag, den da alle geleistet haben, berufen hat. – Ja, das ist richtig, da wurde ein Beitrag geleistet.

Da wurde eine massive Wühlarbeit gemacht von amerikanischen, aber auch europäi­schen Organisationen. Da wurde Druck ausgeübt von der Europäischen Union auf das Regime. Da wurden am Schluss – ich habe es schon gesagt – sogar Sanktionen ver­hängt. Da sind europäische Politiker, aktiv und in Pension, hingefahren und haben am Majdan richtig Gas gegeben. Da hat die Europäische Union überhaupt nichts dafür­können. Die hat da überhaupt nichts gemacht, sondern die hat das stabilisiert und be­ruhigt.

Die Europäische Union hat dann ein Abkommen zusammengebracht. Das stimmt. Das hat unter anderem auch dazu geführt, dass die Polizei vor den öffentlichen Gebäuden in Kiew abgezogen ist und diese dann innerhalb von 24 Stunden von den Demonstran­ten übernommen worden sind – und das Regime ist kollabiert. Ein gewaltsamer Um­sturz. Man kann über den Janukowitsch sagen, was man will, der war schon korrupt, das mag schon sein, und seine Leute waren korrupt. Aber das Regime davor war ge­nauso korrupt. Und wir verhängen hier keine Sanktionen gegen korrupte Personen, die die Länder ausplündern und das Vermögen nach Österreich, nach Europa und nach Amerika und Kuwait verschieben – das wäre ja in Ordnung, dann würden wir diese un­terstützen –, sondern wir verhängen einseitig Sanktionen gegen Leute, deren einziger Fehler es ist, auf der falschen Seite zu stehen.

Und da sagen Sie, das ist eine Politik der Deeskalation, das ist eine Politik, die völker­rechtskonform ist?! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist ein völkerrechtswidriges Vorgehen! Übrigens: Die Sanktionen verletzen auch die Prinzipien der WTO, wo wir auch Mitglied sind. Das nur nebenbei gesagt. Schauen Sie sich einmal die Statuten der WTO an! Bis jetzt hat das Russland nicht geltend ge­macht, aber das ist eine Verletzung der Fundamente des Völkerrechts.

Wenn ich diese Instrumentarien verwende, um Individuen wegen ihrer politischen Ein­stellung herauszuschießen, dann kann ich doch nicht behaupten, dass ich deeskalie­rend oder gegen Völkerrechtsbrüche vorgehe, indem ich selber das Völkerrecht breche!

Also, Herr Kollege, das ist absolut, um Ihre Worte zu verwenden, „very strange“. Ent­schuldigen Sie, Sie haben das auf Englisch gesagt, offenbar ist es in Deutsch sehr schwer auszudrücken, deswegen verwende ich es auch.

Mehr ist nicht dazu zu sagen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.42



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


17.42.12

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich bin schlicht und einfach dafür, dass wir an die Sache differenziert herangehen, und zwar deswegen, weil wir uns auch die Frage stellen müssen, wie in Zukunft die Entwicklung zu beeinflussen ist. Ich habe geortet – wir werden das ja alle aus internationalen Medien oder sonstigen Berichten registriert haben –, dass Österreich hier eine sehr ausgewogene Position einnimmt. Es gibt ande­re Länder, die da viel, viel prononcierter in eine Richtung gehen, und vielleicht sogar andere wieder in eine andere Richtung. Aber wenn der Herr Bundeskanzler vor Kur­zem sagt, wir glauben, dass unser gezielter Ruf nach Deeskalation und Verhandlungen deshalb richtig ist, weil alleine die Diskussion über Sanktionen bezüglich ein friedliches Zusammenleben nichts bringen kann, dann ist das einmal eine Grundlinie in Kombi­nation mit dem, dass der Außenminister mehrere Punkte in der Öffentlichkeit zur Dis­kussion gestellt hat, wie unter anderem ein allfälliges Modell einer Blockfreiheit für die Ukraine.

Ich habe nie einen Ruf nach diesen Wirtschaftssanktionen aus der Regierung gehört, wo ich auch meine, dass es absurd ist, in diese Richtung zu gehen, weil das vor allem auch  (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Nein, nein, Sanktionen, mit denen man die Um­gebung des Herrn Putin oder anderen trifft, mit Kontosperren oder sonst etwas, das ist für mich kein Thema, das kann man machen. Aber was für mich schon ein Thema ist: wenn man in die Richtung von Wirtschaftssanktionen geht in einer Situation wechsel­seitiger wirtschaftlicher Abhängigkeiten, sowohl energiemäßig als auch generell vom Handel, von den Investitionen, von allem. Das ist doch ein Faktum! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. )

Wer sich das heutige „Handelsblatt“ angesehen hat, liest, dass Export und Import ver­schiedenster Länder mit Russland und der Ukraine bereits zurückgehen. Das kann doch nicht das Ziel sein! Das hat ja auch Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation zum Beispiel in Österreich und anderen Ländern.

Das, was ich kritisiere, ist, dass man es außer Acht gelassen hat, dass ein Drittel der wirtschaftlichen Beziehungen der Ukraine mit Russland und ein Drittel mit der Europäi­schen Union abgewickelt werden. Genau das Faktum muss man berücksichtigen, hät­te man berücksichtigen müssen, als es um das Assoziierungsabkommen gegangen ist. Da hätten wir sagen müssen, wenn das so ist, müssen wir ein Modell finden, dass vor allem auch die Ukraine weiterleben kann. Und ich werde mir das jetzt anschauen – und das sollen sich vor allem diejenigen überlegen, die jetzt so groß reden –, wer künftig die Entwicklung der Ukraine finanzieren soll. Das muss man nämlich einmal finanzie­ren, was sich dort abspielt, wenn sich das runterentwickelt und dann wieder raufentwi­ckelt! (Beifall bei der FPÖ.)

Da würde ich ersuchen, dass ein paar von der ÖVP jetzt mitapplaudieren, weil nämlich nicht wenige aus dem Einflussbereich der ÖVP im Bankenbereich engagiert sind in der Ukraine, engagiert sind in Russland und uns das überhaupt nicht egal sein kann, wenn Deeskalation, Verhandlungen und wirtschaftliche Entwicklung nicht zum Erfolg führen und wir uns da womöglich wieder einmal treffen müssen, um ein neuerliches Banken­paket zu beschließen. Also da, finde ich, ist es wichtig, dass man in diese Richtung geht und auch Bündnispartner findet, die mit uns diesen ausgewogenen Weg Öster­reichs beschreiten. Das halte ich nämlich in dem Zusammenhang für ganz entschei­dend, weil das auch in unserem Interesse ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

OSZE-Beobachter festhalten, das kann kein Weg sein. Ich glaube, da treffen wir uns doch alle, auch wenn der jetzt sagt, das sind seine Gäste. Auf so eine Gastfreund-


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schaft lege ich keinen Wert, ehrlich gesagt, und ich glaube, niemand hier herinnen möch­te sich in so einer Gastfreundschaft wiederfinden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin auch dagegen, dass wir uns eine Liste über völkerrechtswidriges Verhalten ma­chen und das aufrechnen. Also ehrlich gesagt, das bringt jetzt nichts, wir müssen in die Zukunft schauen. Sonst erinnere ich mich gleich wieder an die Rede des Dominique de Villepin im UNO-Sicherheitsrat über die Frage des Irakkrieges. Da hat es nämlich kein UNO-Mandat gegeben, das war auch völkerrechtswidrig. Und so weiter. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Es ist aber trotzdem völkerrechtswidrig gewesen auf der Krim, muss man schon auch sagen. Es hat keinen Sinn, das jetzt gegenzurechnen und zu sagen, was die Amerika­ner dürfen, dürfen die Russen auch. Also das, glaube ich, ist auch kein Weg, das kön­nen wir auch nicht befürworten.

Das heißt, Österreich hat ein ganz massives Interesse an einer friedlichen Entwicklung, an einem gemeinsamen Europa – unter Einschluss Russlands, das ist ganz entschei­dend, weil das auch ein wirtschaftliches Element ist, das da, wie ich glaube, von größ­ter Bedeutung ist. In diese Richtung sollten die Verhandlungen gehen, und da sollte die österreichische Position diejenige sein, die diesbezüglich mit der meisten Perspektive ausgestattet ist.

Ein letzter Punkt noch: Sollte irgendeine Partei oder Fraktion heute glauben, mit einem Waffenembargo-Beschluss gegenüber Russland, einem der größten Waffenproduzen­ten, die es gibt (ironische Heiterkeit bei SPÖ und FPÖ), mehr als eine leichte Mücken­funktion beim linken Ohr hervorzurufen, dann liegt sie wirklich falsch. Ich bin zu allem bereit, aber ich glaube, das erfüllt mich etwas mit – wie soll ich sagen? – kritischer Zu­rückhaltung. (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill zu Wort. – Bitte.

 


17.47.11

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde die blau-rote Phalanx rund um den Kollegen Cap aus grüner Sicht immer äußerst besorgniserregend, ganz ehrlich gesagt, vor allem, weil es auch darum geht, dass sozialdemokratische Fraktionen in Europa ganz klar Zeichen setzen durch Rüstungsindustrieexportstopps, durch ein Waffenembargo und durch die Willensbekundung, zu sagen: Wir lehnen Gewalt ab, deshalb sind wir für ein Waffen­embargo – und nur deshalb sind wir für ein Waffenembargo.

Es ist eine besorgniserregende Entwicklung in der Ostukraine, ich bin mir sicher, da gehen Sie alle mit mir d’accord. Die gewaltvollen Auseinandersetzungen gerade in der Ostukraine zeigen ja auf, wie wichtig es ist, vonseiten der Europäischen Union noch einmal darauf zu drängen, dass es weitere Sanktionen gibt. Hier kann Deutschland durchaus auch ein gutes Vorbild sein, denn Deutschland hat nicht Individuen, also Per­sonen, mit Sanktionen belegt, sondern ganz klar den Rüstungsexportstopp gefordert. Diese Verantwortung hat Deutschland übernommen, hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, Ihr Kollege, Herr Cap, ganz klar übernommen.

Es handle sich um Geschäfte im Rüstungsgüterbereich im Ausmaß von 5,18 Millio­nen € für Deutschland. Möglicherweise ist das jetzt für Russland nur eine kleine Sum­me, für Deutschland, bin ich mir sicher, ist es keine so kleine. Die Regierung habe da­rüber hinaus eine Prüfung eingeleitet, wie mit bereits erteilten Exportgenehmigungen umgegangen werden kann. Das heißt, auch in kritischen Fällen werde darauf hinge­wirkt, dass es nicht zu einer Ausfuhr der betroffenen Güter kommt.


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Das ist ein klares Signal der deutschen Bundesregierung. Es ist ein klares Signal eines europäischen Staates, ein Waffenembargo durchzuführen.

Laut EU-Rüstungsbericht gibt es Ausfuhren im Wert von 118 Millionen € nach Russ­land, und es ist ja nicht so – und der Herr Cap macht sich da vollkommen zu Unrecht lustig über diese Situation –, dass 118 Millionen € für den europäischen Markt nichts wären; Deutschland kommt eben auf rund 40 Millionen €. Aber mir ist schon klar, wa­rum der Herr Kollege Cap so vehement dagegen ist: weil Frankreich und seine Kol­legen und Kolleginnen in Frankreich so sehr abhängig gemacht wurden von der Rüs­tungsindustrie, weil sie eine Volkswirtschaft führen müssen, die von Arbeitsplätzen in der Rüstungsindustrie lebt, die Ihnen anscheinend näher ist als die Entwicklung in der Ukraine. Man muss schon auch darüber diskutieren, wie denn Volkswirtschaften tat­sächlich noch in diesen Zeiten funktionieren können und ob die Rüstungsindustrie tat­sächlich das richtige Mittel ist, um Arbeitsplätze zu sichern.

Deshalb auch dieser Entschließungsantrag. Er ist nämlich ein klares Zeichen gegen Gewaltanwendungen, gegen Tote, gegen prorussische Separatisten, die sich sozusa­gen einkerkern, die OSZE-Beobachter als Kriegsgefangene festhalten; für sie ist Kriegs­zustand in der Ostukraine. Wir haben hier ganz klar zu reagieren.

Deshalb folgender Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde betreffend Einsatz für ein europäisches Waffenembargo gegenüber der Russischen Föderation

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres wird aufgefordert, sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln in bilateralen Gesprächen sowie im Rahmen der Europäischen Union, Vereinten Nationen, Europarat und Organisation für Sicher­heit und Zusammenarbeit für ein gesamt-europäisches Waffenembargo gegenüber Russ­land einzusetzen.“

*****

(Beifall bei den Grünen.)

17.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde

betreffend Einsatz für ein europäisches Waffenembargo gegenüber der Russischen Föderation

eingebracht im Zuge der Debatte des Berichts des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 173/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Josef Cap, Tan­ja Windbüchler-Souschill, Mag. Christoph Vavrik, Dr. Jessi Lintl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Einsatz für demokratische Entwicklung in der Ukraine (110 d.B.)


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Begründung

Die Situation in der Ukraine wird immer instabiler und die Krise spitzt sich weiter zu. Dieser besorgniserregenden Entwicklung muss entschieden entgegengewirkt werden. Jegliche Form von Gewalt und Besetzung ist abzulehnen. Das Genfer Ukraine-Frie­densabkommen vom April 2014 zwischen der Europäischen Union, Russland, der Uk­raine und den USA gilt als Festlegung auf eine schrittweise Deeskalation. Die Ent­waffnung illegal bewaffneter Gruppierungen in allen Regionen, die Räumung besetzter Gebäude und Amnestie wurden vereinbart. Die höchst prekäre Situation in der Ost­ukraine hat sich jedoch keineswegs stabilisiert.

Nach einigen gewaltvollen Auseinandersetzungen mit einigen Toten werden nun Mili­tärinspektoren der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) seit 25.April von bewaffneten pro-russischen Separatisten in der ostukrainischen Provinz­stadt Slowjansk als Gefangene festgehalten. Die bilateral arrangierte militärische Ins­pektion sollte eine Rüstungskontrolle in der kriegsähnlichen Situation im Donezker Ge­biet durchführen.

Österreich hat im bilateralen Dialog, sowie im Rahmen der Europäischen Union, der Vereinten Nationen, des Europarates und der Organisation für Sicherheit und Zusam­menarbeit (OSZE) weiterhin auf die Gewährleistung von Frieden und Sicherheit für die Menschen in der gesamten Ukraine einzuwirken. Die Sicherstellung demokratischer Standards, eines menschenrechtskonformen Umgangs sowie die Absicherung der Min­derheitenrechte stehen ganz oben auf der politisch-diplomatischen Agenda. Die Be­reitstellung von Expertise in Sachen Neutralität und Bündnisfreiheit, soll von Seiten des BMEIA, sofern von der ukrainischen gewünscht, fortgesetzt werden. Gleichzeitig gilt es auch innerhalb der europäischen Institutionen Überzeugungsarbeit dafür zu leisten, dass eine bündnisfreie Ukraine vielleicht nicht im Interesse der NATO, bestimmt aber im Sicherheitsinteresse der Europäischen Union als Ganzes ist.

Aufgrund der aktuellen politischen Lage ist es nun überdies erforderlich weitere Schrit­te durch gezielte Maßnahmen gegenüber Russland zu setzen. Europa diskutiert über die Möglichkeit von Wirtschaftssanktionen gegen Russland zur Unterstützung des uk­rainischen Partners.

Die deutsche Bundesregierung hat diese Verantwortung bilateral wahrgenommen und blockiert die Ausfuhr von in Deutschland erzeugten Rüstungsgütern, Waffen, Munition, elektronischem Zubehör und Software nach Russland. Die Süddeutsche Zeitung be­richtete am 24. April 2014 über die Anfragebeantwortung der Grünen-Bundestagsfrak­tion an den Bundeswirtschaftsminister Sigmund Gabriel, es gäbe keine Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen von Rüstungsgütern nach Russland aufgrund der Lage in der Ukraine. Es handle sich dabei um einen Gesamtwert von 5,18 Millionen Euro. Die Re­gierung habe darüber hinaus „eine Prüfung eingeleitet, wie mit bereits erteilten Export­genehmigungen umgegangen werden kann“. In „kritischen Fällen“ werde darauf hinge­wirkt, „dass es nicht zu einer Ausfuhr der betroffenen Güter kommt“.

Laut EU-Rüstungsbericht genehmigte die Französische Regierung im Jahr 2012 Aus­fuhren nach Russland im Wert von 118 Millionen Euro. Deutschland kam auf rund 40 Millionen Euro, wobei etwa die Hälfte auf Kleinwaffen entfiel. An dritter Stelle stand Großbritannien mit Ausfuhr-Genehmigungen im Wert von etwa zehn Millionen Euro. Russland steigert seit Jahren kontinuierlich die Ausgaben für Rüstung und Waffen, doch dass dies vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Situation in der Ukraine mit eu­ropäischer Unterstützung oder Bereicherung geschieht, muss verhindert werden. Die Verschärfung der Maßnahmen gegen Moskau im Bereich Rüstung, Waffen und Tech­nologien nach deutschem Vorbild, soll Österreich klar und deutlich auf bilateraler Ebe­ne, sowie im Rahmen der Europäischen Union, der Vereinten Nationen, des Europa­rates und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) einfordern.


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Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres wird aufgefordert, sich mit al­len ihm zur Verfügung stehenden Mitteln in bilateralen Gesprächen sowie im Rahmen der Europäischen Union, Vereinten Nationen, Europarat und Organisation für Sicher­heit und Zusammenarbeit für ein gesamt-europäisches Waffenembargo gegenüber Russ­land einzusetzen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Bundesminister Kurz zu Wort. – Bitte.

 


17.51.24

Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Sehr geehr­te Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf zunächst festhalten, dass ich den Antrag sehr positiv sehe, weil er uns in unserer österreichi­schen Linie, die die Bundesregierung vertritt, ganz klar bestärkt.

Österreich hat von Beginn an versucht, eine sehr ausgleichende Rolle innerhalb der Europäischen Union einzunehmen. Wir waren stets im Kreise all jener, die nicht vor­schnell auf Sanktionen gedrängt haben, sondern, ganz im Gegenteil, die sich stets da­für ausgesprochen haben, auch das Gespräch mit Russland zu suchen. Wir sind im Kreise all jener, die bewusst gesagt haben, dass Wirtschaftssanktionen nur die Ultima Ratio sein sollten, und wir drängen nicht auf diese Sanktionsstufe, sondern, ganz im Gegenteil, sind unter all jenen, die da sehr zurückhaltend sind.

Meiner Meinung nach hat der Bundeskanzler aber vollkommen zu Recht dem Dreistu­fenplan in Brüssel zugestimmt, weil neutral zu sein, militärisch neutral zu sein nicht be­deutet, keine Meinung zu haben, und es bedeutet auch nicht, Völkerrechtsverletzungen nicht zu erkennen.

Das Schicken russischer Soldaten auf die Krim war klar völkerrechtswidrig, und das Referendum, das dort durchgeführt worden ist, hat keinen internationalen Standards entsprochen, sondern, ganz im Gegenteil, die Venedig-Kommission des Europarates hat klar festgestellt, dass hier alles andere als geeignete Rahmenbedingungen vorhan­den waren. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Hübner, wenn Sie jetzt versuchen, die russischen Aktionen zu ver­harmlosen, dann habe ich dafür relativ wenig Verständnis. Ich möchte daran erinnern, dass wir auch österreichische OSZE-Beobachter vor Ort haben, und insofern, glaube ich, sollten wir den Deutschen und den anderen Ländern gegenüber sehr solidarisch sein, die gerade darunter leiden, dass ihre OSZE-Beobachter entführt worden sind und festgehalten werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grü­nen.)

Das ist ein absolut inakzeptables Verhalten von all jenen, die dafür verantwortlich sind. Und ich würde Ihnen gerne die Frage stellen, wie Sie es gesehen hätten, wenn Sie als internationaler Beobachter oder zumindest als FPÖ-Beobachter auf der Krim aktiv gewesen wären und die andere Seite hätte Sie dort entführt und festgehalten. (Abg. Hübner: Aber das waren ja wohl nicht die Russen!)

Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Idee des Waffenembargos bezie­hungsweise die Idee, ein Einfuhr- beziehungsweise Ausfuhrverbot von Waffen in Be-


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tracht zu ziehen. Wir haben uns in Brüssel durchaus positiv dazu geäußert, weil es schon, und das ist vollkommen richtig, einige europäische Länder gibt, die in diesem Bereich eine sehr intensive Geschäftsbeziehung mit Russland unterhalten. Ich glaube nicht, dass das per se angestrebt werden muss, aber wenn wir uns die drei Sank­tionsstufen anschauen, dann ist es ja nicht so, dass Wirtschaftssanktionen, falls sie kommen würden, in allen Bereichen gleichzeitig starten würden, sondern, ganz im Ge­genteil, die Europäische Union hat unterschiedliche Überlegungen, wenn es Wirtschafts­sanktionen geben würde, in welchen Bereichen die dann starten würden.

Ich hoffe nicht, dass es Wirtschaftssanktionen gibt, und wir sollten sie auch nicht her­beisehnen, aber falls es dazu käme, dann wäre meiner Meinung nach definitiv der Be­reich der Waffen einer, wo es richtig wäre anzufangen. Das widerspricht allerdings In­teressen anderer Länder, und dementsprechend kritisch ist auch meine Wortmeldung von Vertretern manch anderer europäischer Länder damals in Brüssel aufgenommen worden.

Ich darf abschließend noch die Möglichkeit nutzen, mich bei allen Beamtinnen und Beamten zu bedanken, die zuständig sind für die Organisation der Ministerkonferenz des Europarates nächste Woche. Ich darf Sie informieren, dass es zum Abschluss un­serer Europaratstätigkeit, die wir, glaube ich, sehr intensiv geführt haben, nächste Wo­che eine Ministerkonferenz in Wien geben wird, an der zahlreiche Außenminister teil­nehmen werden.

Es war eine große Leistung der verantwortlichen Diplomatinnen und Diplomaten, dass es trotz der schwierigen Situation möglich war, eine Tagesordnung zu beschließen, die sogar von russischer Seite unterstützt worden ist und von allen Kräften im Konsens ge­bildet worden ist. Das ist alles andere als selbstverständlich und, wie ich glaube, eine tolle Leistung all jener Beamtinnen und Beamten, die in Straßburg im Europarat für uns tätig sind. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

17.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosen­kranz. – Bitte.

 


17.56.11

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Minister Kurz, nein, Abgeordneter Hübner verharmlost nichts, vor allem weil das auch ein Vokabel ist, das nicht in die Sphäre des Politischen passt.

Ich bin sehr froh, freue mich und sage es – obwohl dann wieder eine Achse beschwo­ren wird –, dass Abgeordneter Cap die Debatte aus dem Bereich des Moralischen wie­der ins Politische geholt hat. Das ist beruhigend, denn Konflikte werden dann wirklich gefährlich, wenn man anfängt, in die Guten und in die Bösen und in Schwarz und Weiß zu unterteilen, wenn man die moralische Karte spielt, anstatt dass man das tut, was man in der Politik machen muss, nämlich schlicht und einfach feststellen: Staaten ha­ben Interessen, und alle müssen daran interessiert sein, dass diese Interessen im Rah­men des Völkerrechts vertreten und verteidigt werden.

Wenn wir da jetzt anfangen würden aufzurechnen, dann würden wir noch etliche Mi­nuten hier sitzen müssen, um festhalten zu können, wer aller schon seine Interessen gegen das Völkerrecht vertreten hat. Und auch diese, für die Sie hier so stark Partei er­greifen, sind massiv dabei. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist ja übrigens gar nicht so einfach, weil das Völkerrecht natürlich auch Konflikt­potenzial bietet, gerade am Beispiel der Krim: die Integrität von Staaten auf der einen Seite, Bestandteil des Völkerrechts, auf der anderen Seite das Selbstbestimmungs-


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recht von Völkern und Volksgruppen, auch wenn sie bereits Bestandteil eines Staates sind. Ein Spannungsfeld, das da massiv aufgebrochen ist, und wir als Neutrale tun gut daran, uns nicht vorbehaltslos auf eine Seite zu stellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist, Herr Klubobmann, auch nicht „very strange“, sondern vernünftig. Und gerade Sie werden es wohl auch wissen, dass in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland unheimlich gejammert wird, wer aller, zwei deutsche Altkanzler zum Beispiel, sich für eine vernünftige, deeskalierende, eine politische Haltung einsetzt, und ich meine, dass wir das auch tun sollen. Deeskalieren kann man allerdings nur, wenn man eine kühle rationale Betrachtung der Dinge in Anwendung bringt. Das ist sinnvoll, das kann eine Eskalation verhindern, das kann Frieden schaffen, das ist politisch, und das ist vor al­lem die Haltung, die für uns als Neutrale die einzig mögliche ist. (Beifall bei der FPÖ.)

17.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lintl. – Bitte.

 


17.58.54

Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben diesen gemein­samen Antrag vor genau zwei Monaten formuliert und eingebracht und nachdrücklich den Einsatz für eine demokratische Entwicklung in der Ukraine gefordert. Seit damals sind zahlreiche Initiativen entstanden, die sich für eine positive Entwicklung einsetzen. Auch eine zivile Beobachterkommission der OSZE unter österreichischer Beteiligung ist geplant. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Jetzt haben wir aber diese schrecklichen Nachrichten bekommen, dass OSZE-Beob­achter festgehalten wurden, angeblich von einer kleinen Gruppe Radikaler einer russi­schen Minderheit. Und das geht so nicht! Wenn sich schon Menschen für eine Beob­achtermission zur Verfügung stellen, hochmotiviert sind und ihr Leben aufs Spiel set­zen, um die Bildung demokratischer Standards zu unterstützen, dann muss auch de-
ren Sicherheit unbedingt gewährleistet sein. (Beifall beim Team Stronach sowie des
Abg. Amon.)

Das, was man von den Mitgliedstaaten der OSZE – und dazu gehören Russland und die Ukraine – verlangen muss, ist, dass die persönliche Sicherheit und Unversehrtheit der Beobachter gewährleistet ist. Alles andere ist kontraproduktiv und hilft der Ukraine nicht.

Ich glaube, wir alle halten es für inakzeptabel, dass Beobachter um ihr Leben fürchten müssen. Ich gehe davon aus und ersuche dich, Herr Außenminister, dass du dich an maßgeblicher Stelle wirklich dafür einsetzt, dass so etwas nicht mehr passiert. – Danke schön! (Beifall beim Team Stronach.)

18.00


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Vavrik. – Bitte.

 


18.00.46

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Hypo-Zahler und Hypo-Zahlerinnen auf den Zuschauerrängen und vor den Bildschirmen!

Zuerst eine kleine Berichtigung: Ich möchte feststellen, NEOS hat selbstverständlich im Ausschuss für den Waffenhandelsvertrag gestimmt, das war ein protokollarischer Feh­ler, der mir erst gestern aufgefallen ist und der korrigiert sein wird.

Zweitens möchte ich mich beim Herrn Bundesminister für seine klaren Worte, anläss­lich seines Iranbesuchs, in Sachen Todesstrafe bedanken. Ich weiß nicht, ob meine


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Rede, als wir uns das letzte Mal hier getroffen haben, etwas dazu beigetragen hat, durch eine etwas graphische Darstellung der Todesstrafe, aber wie dem auch sei: Vie­len Dank, dass Sie das Thema bei der Gelegenheit recht gut und schonungslos ange­packt haben.

In Wien Donaustadt, im Bereich Donau City, gibt es eine Promenade namens Isidro-Fabela-Promenade. Wer ist Isidro Fabela? Weiß das jemand unter den Kollegen, die zuhören, den wenigen? – Nein?

Isidro Fabela war der Vertreter Mexikos beim Völkerbund 1938, und er verfasste die Protestnote gegen den „Anschluß“ Österreichs an das Deutsche Reich. Damit war da­mals Mexiko das einzige Land, das offiziell gegen den sogenannten Anschluß protes­tierte. Als Dank dafür wurde die Promenade nach ihm benannt, und auch, zur Erinne­rung, der Mexikoplatz in Wien Leopoldstadt.

Ich erwähne das deswegen, weil damals wie heute die Staatengemeinschaft einem großen, diktatorisch geführten, militärisch aufrüstenden Land begegnet, das sich in die inneren Angelegenheiten eines kleineren Nachbarlandes aufs Gröbste einmischt. Da­mals in Österreich, heute in der Ukraine.

Damals wie heute stehen wir vor einem Staat, der den Verlust seiner Vormachtstellung nicht verschmerzen kann, der sich gedemütigt fühlt durch die internationale Staatenge­meinschaft, der sich unfair behandelt fühlt, der imperiale Ambitionen hat, das Rad der Geschichte zum Teil zurückdrehen möchte, der territoriale Erweiterung sucht, der eine unselige, völkische außenpolitische Doktrin verfolgt und dem kleineren Nachbarn die volle Souveränität abspricht mit den Argumenten der gleichen Sprache, der gemeinsa­men Kultur, der gemeinsamen Geschichte. Damals Österreich, heute die Ukraine.

Damals wie heute versucht ein Land, den Nachbarn wirtschaftlich zu erpressen. Da­mals wie heute versucht ein Land, die Tatsache, dass sein Nachbar in einer tiefen po­litischen und wirtschaftlichen Krise steckt, für seine eigenen, nationalistischen Zwecke zu nutzen. Damals Österreich, heute die Ukraine.

Damals wie heute nützt das größere Land die Tatsache aus, dass das kleinere Land noch auf der Suche nach einer nationalen Identität ist, schüchtert es ein, droht ihm un­verhohlen. Damals Österreich und heute die Ukraine.

Damals wie heute setzt ein Land seine imperialen Interessen durch, indem es zuerst infiltriert, dann militärisch interveniert und zuletzt annektiert. Damals in Österreich, ges­tern in Georgien und heute in der Ukraine.

Damals wie heute schaut die internationale Staatengemeinschaft mehrheitlich weg, sie handelt ratlos, hilflos, uneinig und insgesamt schwach.

Nur ein verhältnismäßig unbeteiligtes Land, nämlich Mexiko, hat damals die Stimme er­hoben, dass man eine De-facto-Annektierung eines kleineren Landes durch einen übermächtigen Nachbarn einfach nicht hinnehmen kann.

Österreich kann und soll nach diesem Vorbild verstärkt für die Ukraine das sein, was Mexiko 1938 für Österreich war. Österreich könnte zeigen, dass es die Lehren aus der Geschichte gezogen hat, dass es aufgrund der schmerzlichen eigenen Erfahrung er­kennt, dass die Einhaltung der europäischen Friedensordnung – denn darum geht es, um die europäische Friedensordnung und nicht nur um die Interessen einiger Banken in der Ukraine oder in Russland, Herr Kollege Cap –, dass die Erhaltung der Friedens­ordnung im Umgang mit einem Staat wie dem heutigen Russland, geführt von einem Diktator vom Schlag eines Putin, nicht allein durch Beschwichtigungspolitik zu errei­chen ist. Friede erfordert auch entschlossenes, mutiges Handeln.

Ja, Friede kostet etwas; aber die Kosten der Alternativen sind unverhältnismäßig hö­her. In diesem Sinne könnte Österreich – im Rahmen der EU, der Vereinten Nationen,


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des Europarates – der Initiator einer selbständigeren und auch mutigeren, entschlosse­neren Politik gegenüber Russland sein.

Und ja, das sollte in Form schärferer politischer Sanktionen geschehen. Da gibt es noch sehr, sehr viel Spielraum, bis hin, wenn notwendig, auch zu wirtschaftlichen Sanktionen. Und vielleicht wird sich auch eines Tages in Kiew ein Österreichplatz fin­den. Ja, und vielleicht, Herr Bundesminister, auch eine Kurz-Promenade. – Danke. (Bei­fall bei den NEOS sowie des Abg. Köchl.)

18.07


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Auer zu Wort. – Bitte.

 


18.07.26

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob es in diesem Haus einen zweiten Kol­legen gibt, der 1968, am 21. August, Dienst beim Militär hatte. Ich hatte Dienst an die­sem Tag. Es war dies der Tag der Okkupation der Tschechoslowakei.

Und ich werde nie vergessen, wie an diesem Tag in der Früh, um zirka 4.30 Uhr, der Befehl der Mobilmachung vom Offizier vom Tag gekommen ist, weil an der Grenze ei­ne fremde Macht aufgezogen ist. Daher bin ich seit diesem Tag sehr empfindlich ge­genüber derartigen Vorgängen, wie sie derzeit in der Ukraine stattfinden.

Ich sage auch dazu, ich weiß nicht und bin mir auch nicht sicher, ob Sanktionen das richtige Mittel sind. Das mag schon sein, das kann man durchaus hinterfragen. Viel­leicht wäre es besser, noch mehr Angebote des Dialogs zu machen, noch mehr an die Vernunft zu appellieren, um sozusagen zu einem friedlichen Miteinander zu kommen. Aber wenn OSZE-Beobachter gefangen genommen werden – und Österreicher sind gerade auch in diesem Bereich beispielgebend sehr oft unterwegs gewesen –, dann frage ich mich schon, wie denn die Reaktion wäre, wenn österreichische OSZE-Beob­achter gefangen genommen würden, ob wir auch hier sozusagen verharmlosend die Debatte führen würden. Daher darf ich schon den Appell aussprechen, anzuerkennen, dass es notwendig ist, auch Russland deutlich zu machen, dass es so nicht geht! (Bei­fall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

Der Meinung, die Europäische Union hätte diese Eskalation oder Auseinandersetzung mitverursacht, kann ich nicht folgen. Das sage ich deutlich, der kann ich nicht folgen. Wichtig wäre es, den alten Erfahrungsschatz, dass durch das Gespräch oder durch das Reden die Leute zusammenkommen, auch hier ernst zu nehmen.

Sanktionen sollten und dürfen nie Selbstzweck sein, sondern sie müssen im Zügel der Politik bleiben, sie können auch nicht Ziel und Ende der Politik sein, denn es besteht immer die Gefahr, dass die Politik die Kontrolle über die Mittel und das Maß des Kon­fliktes verliert. Sanktionen müssen an der Frage gemessen werden: Wie viel, wie weit, und wann ist es genug? Wer gibt politische Steuerungen?

Sanktionen sind, wenn sie ernst gemeint sind, immer zweischneidig. Man glaubt zu wissen, wo man beginnt, und man kann doch nicht bestimmen, wo man endet.

Nur eines, und das sage ich in Richtung der Kollegin Rosenkranz: Ja, es ist richtig, Staaten haben Interesse und haben Interessen. Aber Interessen von Staaten, denen darf die Demokratie nicht geopfert werden! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.10

18.10.20

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 162

Wir gelangen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 110 der Beilagen an­geschlossene Entschließung betreffend Einsatz für demokratische Entwicklungen in der Ukraine.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen. (E 18.)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wind­büchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatz für ein europäisches Waf­fenembargo gegenüber der Russischen Föderation.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

18.11.1619. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 232/A(E) der Abge­ordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Harm­ful Practices based on Tradition, Culture, Religion or Superstition (111 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfurtscheller. – Bitte.

 


18.11.47

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätz-
te Zuschauer! Weltweit gibt es zirka 140 Millionen Frauen, die Opfer einer Genitalver­stümmelung geworden sind. Vor allem in Teilen Afrikas und Asiens gilt diese schreckli­che Praxis als Tradition, die jedes Jahr viele Mädchen nicht überleben, weil sie verblu­ten oder an Infektionen sterben. Wenn sie doch überleben, sind diese armen Frauen oft für immer körperlich und seelisch geschädigt.

Laut Schätzungen zur Verbreitung der weiblichen Genitalverstümmelung, kurz auf Eng­lisch FGM genannt, leben in Österreich mehr als 2 000 beschnittene Frauen und sind 8 000 Frauen aktuell von Beschneidung bedroht.

In Österreich gibt es bereits eine Reihe von gesetzlichen Regelungen zur Bekämpfung von weiblicher Beschneidung. FGM oder die Zustimmung dazu ist in Österreich seit dem Jahr 2001 per Gesetz verboten. Art. 90 im Strafgesetzbuch ist seit 2012 auch ex­traterritorial anwendbar, um die im Ausland stattgefundene Beschneidung von Mäd­chen und Frauen strafrechtlich zu verfolgen.

Auch bei Asylanträgen wird eine potenzielle Bedrohung durch FGM berücksichtigt. Auf internationaler Ebene setzt sich Österreich im Rahmen der Vereinten Nationen, des Europarates und der EU seit Jahren gegen schädliche traditionelle Praktiken an Frau­en und Mädchen ein.

Vor Kurzem fand etwa die 58. Tagung der Frauenstatuskommission der Vereinten Na­tionen statt. Österreich hat dabei diesen Themenbereich stellvertretend für die gesamte EU erfolgreich verhandelt. Damit konnte ein relevanter Beitrag zur Ausarbeitung der Post-2015-Entwicklungsagenda geleistet werde


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 163

n.

Österreich setzt sich im Rahmen des laufenden Post-2015-Prozesses sowohl auf Ebe­ne der Vereinten Nationen als auch innerhalb der EU für eine nachhaltige Verankerung der Rechte beziehungsweise Ermächtigung von Frauen und Mädchen ein.

Dies beinhaltet einerseits die Forderung nach einem menschenrechtsbasierten Ansatz für alle Ziele der künftigen Agenda sowie andererseits die konkrete Forderung nach ei­nem separaten Genderziel, welches nicht nur eine Stärkung von Frauen, sondern auch die Abschaffung schädlicher Praktiken, wie beispielsweise weiblicher Genitalverstüm­melung, vorsehen soll.

Derzeit wird im Rahmen einer interministeriellen Arbeitsgruppe ein Nationaler Aktions­plan zum Schutz von Frauen vor Gewalt ausgearbeitet. VertreterInnen der Zivilgesell­schaft sind in den Prozess einbezogen. Der Nationale Aktionsplan soll noch im Jahr 2014 angenommen werden und nach derzeitigem Stand auch Maßnahmen gegen schädli­che traditionelle Praktiken enthalten, zum Beispiel Schutz von Österreicherinnen mit Migrationshintergrund vor Zwangsverheiratung, aber auch Projekte zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, einschließlich FGM und anderer schädlicher Praktiken, durch die ÖEZA.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie sehen also, die österreichische Bundesregie­rung, insbesondere auch unser Minister für Europa, Integration und Äußeres, Sebas­tian Kurz, ist bereits stark mit der Umsetzung der im Antrag der Grünen genannten For­derungen beschäftigt.

Trotzdem, oder gerade deshalb, werden wir gerne diesen Entschließungsantrag unter­stützen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der Grünen.)

18.15


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


18.15.47

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! FGM oder Genitalverstümmelung, Ehrenmorde, Zwangs­ehen, Feminizid, all das sind Verbrechen, die vor allen Dingen an Frauen, an jungen Mädchen verübt werden, also geschlechtsspezifische Verbrechen, mit denen wir es hier zu tun haben.

Hier dagegen aufzutreten, auf allen Ebenen dagegen aufzutreten, das ist mehr als un­sere Pflicht, das ist mehr als notwendig!

In Österreich haben wir schon einiges auf den Weg gebracht, sei es eine ganze Reihe von Gewaltschutzgesetzen, die wir erlassen haben, sei es die im letzten Jahr installier­te Notwohnung für zwangsverheiratete Mädchen und Frauen. Auf der anderen Seite wurde jetzt auch während unserer Präsidentschaft im Europarat die Istanbul-Konven­tion verabschiedet. Österreich war eines der ersten Länder, das unterzeichnet und dann im Parlament letztes Jahr ratifiziert hat.

Diese schrecklichen Taten, diese schrecklichen Verbrechen, ob das nun Ehrenmorde sind, ob das die Zwangsverheiratung von jungen Mädchen ist – ein elfjähriges Mäd­chen wird verheiratet mit einem eher älteren Herrn jenseits der 40 oder 50 – ... (Rufe: Hallo!) – Ja, das sind im Verhältnis dazu mehr als 30 Jahre, und das Kind ist elf Jahre. Das ist nicht zu dulden!

Dagegen aufzutreten, ist ein sehr wichtiges Ziel. Detto die Ehrenmorde, von denen man immer wieder nicht nur hört, sondern die einfach passieren und oft auch nicht wirklich aufgedeckt werden, weil der Familienverband entsprechend zusammenhält. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Wie gesagt, es ist notwendig, einerseits in Österreich alles zu tun – durch den NAP, wie die Kollegin Pfurtscheller auch schon erwähnt hat –, aber auf der anderen Seite selbstverständlich auch weiterzumachen bei dem Prozess, dass es auch international mit keiner Tradition, mit keiner Kultur, mit keiner Religion zu rechtfertigen ist, in Wirk­lichkeit Menschenrechte zu unterminieren, Menschenrechte mit Füßen zu treten. Im


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Endeffekt geht es immer wieder um Gewalt an Frauen, gegen Frauen, weil sie sehr vielen überall auf der Welt zu selbständig werden.

In diesem Sinne bin ich froh, dass dieser Antrag von Frau Kollegin Windbüchler-Sou­schill initiiert und gemeinsam angenommen wurde. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen, Team Stronach und NEOS.)

18.18


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Wind­büchler-Souschill. – Bitte.

 


18.18.46

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Wenn eine Elfjährige einen über 40-jährigen Mann heiraten muss, ist das für uns nicht vorstellbar, was mit diesem jungen Mädchen passiert, was sie erleiden und welche Gewaltanwendungen sie tatsächlich ertragen muss.

Im Englischen gibt es den schönen Ausdruck survivers, nämlich für jene Frauen, die solche Gewaltbeziehungen, solche Gewaltanwendungen tatsächlich überlebt haben.

Es ist unbeschreiblich, unfassbar, jegliche Form von Gewalt: psychische Gewalt, physi­sche Gewalt und sexuelle Gewalt.

Dazu kommt noch – und das ist ein weiteres großes Problem –, dass durch die Gewalt­anwendungen Teenagerschwangerschaften in jungen Mädchenkörpern passieren, die noch nicht dafür bereit sind, tatsächlich Kinder zur Welt zu bringen.

39 000 Mädchen unter 18 Jahren sind es täglich, die heiraten müssen. Jedes neunte Mädchen weltweit wird verheiratet, bevor es 15 Jahre alt wird. Das Problem dabei ist, dass dies gerade in den ärmsten Gebieten der Welt passiert, es gerade dort keine Ge­sundheitsvorsorge gibt, es gerade dort keine Hebammen gibt, es gerade dort auch keine Bildungseinrichtungen für Mädchen und junge Frauen gibt – was alles wichtig wäre, um diese Mädchen auch tatsächlich zu schützen. Das heißt, diese erfahren Zwangs­verheiratung, Gewaltausübung, Schwangerschaft und durchaus auch den Tod.

Es ist unsere Aufgabe, hier ganz klar tätig zu werden. Da geht es darum, Ernährungs­sicherheit, Ernährungssouveränität zu sichern, den Hunger zu bekämpfen, es geht da­rum, Bildungszugänge für Mädchen und junge Frauen zu ermöglichen, es geht darum, auch Kinderehen unter 15 Jahren tatsächlich zu verbieten. Es wird gerade diskutiert, dass der Irak ein neues Gesetz beschließen will, dass es erlaubt, Neunjährige zu ver­heiraten – dagegen muss ganz klar aufgetreten werden. Und es geht darum, dass Ar­mut tatsächlich verhindert wird.

Dafür braucht es auch finanzielle Unterstützung, keine Frage. Dafür braucht es auch die Organisationen, die multilateral arbeiten. Leider haben wir heute erfahren, dass der Betrag an das Kinderhilfswerk UNICEF im Jahr 2014 drastisch gekürzt wird, und zwar halbiert wird, von 2 Millionen € auf nur mehr 1 Millionen €. Herr Minister, ich bitte Sie, auch im Zuge dieses Antrages noch einmal darüber nachzudenken, dass auch im Be­reich Multilaterale Beziehungen keine Kürzungen passieren werden. (Beifall bei Grü­nen und NEOS.)

18.21


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lintl. – Bitte.

 


18.21.56

Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir unterstützen den Ent­schließungsantrag der Grünen, denn die Gefährdungen, denen Mädchen in vielen Län-


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dern ausgesetzt sind, sind völlig inakzeptabel. Es ist gut, dass diese kulturbedingten Missstände, die klar den Menschenrechten widersprechen, immer lauter aufgezeigt werden.

Österreich ist sich der Verantwortung bewusst und unterstützt selbstverständlich alle internationalen Initiativen, die sich im Kampf gegen Harmful Practices richten. In den Ländern, in denen sich derlei abspielt, können wir nicht viel tun, aber in unserem Kul­turkreis darf das nicht passieren. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Walser.)

In Österreich sind seit 2001 weibliche Genitalverstümmelungen per Gesetz verboten. Es besteht zwar auch eine gesetzliche Pflicht für Ärzte, entsprechende Verdachtsfälle zu melden, jedoch gibt es hierfür kaum Kontrollen. Wir fordern daher, dass hier eine in­tegrative Aufklärungsarbeit durch alle Beteiligten, also durch Gynäkologen, Kinderärz­te, Hebammen, aber auch durch Lehrer und Integrationsbeauftragte stattfindet.

Die NGOs in Österreich, die in den letzten Jahren viel für die Aufklärungsarbeit zu die­sem Thema beigetragen haben, haben viel Know-how und sind bei der Zusammenar­beit wertvolle Partner.

Wichtig ist auch, den Kontakt zwischen den Anlaufstellen für die gefährdeten Frauen und Familien unkompliziert und offen anzubieten. Wir wollen uns dafür stark machen, die potentiellen Opfer zu schützen, denn unsere Gesellschaft darf hier nicht zuschau­en. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

18.23


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


18.23.57

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ich wollte mich noch kurz zu diesem sehr wichtigen Thema zu Wort melden. Es ist eine Grundkonsensmaterie, darüber brauchen wir überhaupt nicht zu diskutieren.

Wenn ich diesen Antrag jetzt hier sehe, fallen mir drei Namen von Personen ein, die mich auch persönlich sehr beeindruckt haben. Der erste Name ist Waris Dirie. Sie hat ein Buch geschrieben, nach dem es dann einen beeindruckenden Film gegeben hat, er heißt „Wüstenblume“. Das werden die meisten kennen. Ich habe den Film unlängst wieder gesehen, durch Zufall am Abend im Spätabendprogramm – ein wirklich sehr be­rührender, beeindruckender Film, der zeigt, wie dieses Problem der Genitalbeschnei­dungen bei Mädchen eigentlich weltweit vor sich geht.

Man muss zugestehen, dass es natürlich in den letzten Jahrzehnten da auch eine Be­wusstseinsbildung gegeben hat. Aber wenn wir davon sprechen, und auch von öster­reichischer Außenpolitik, Herr Minister, dann ist es einfach wichtig, diese Dinge immer im Handgepäck zu haben und bei jeder Gelegenheit darauf hinzuweisen, ohne Rück­sicht auf diplomatische Verwicklungen.

Wir wissen natürlich, dass es weltweit ziemlich schwierig ist, in traditionelle Bereiche einzudringen, gerade wenn es um religiöse Praktiken geht. Wir haben die Diskussion über Beschneidungen ja letztes Jahr europaweit geführt und sind hier auch in der Ge­setzgebung zu Kompromissübereinkommen gelangt. Dieser Kompromiss hört sich al­lerdings irgendwo auf, und gerade bei den Beschneidungen bei Mädchen müssen wir, wie auch bei Zwangsverheirateten – betrachten wir das aus österreichischer Sicht – mit der vollen Härte des Gesetzes eingreifen. Das muss auch hier einmal betont werden, auch gerade von dieser Stelle aus, wenn es um Außenpolitik geht. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, etwas abweichend vom eigentlichen Thema hätte ich ganz gerne von Ih­nen auch noch etwas gewusst, was wir das letzte Mal im Ausschuss besprochen ha-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 166

ben. Ich habe hier zwei Namen auf meiner Liste, die symbolisch für Unterdrückung, Willkür und Religionsunfreiheit stehen. Das ist einerseits im Iran Pastor Saeed. Ich weiß nicht, ob Sie bei Ihrer letzten Reise dieses heikle Thema angesprochen haben. Ich wiederhole es nur: Ein Pastor, der sich berufen gefühlt hat, junge Männer und auch junge Frauen in Haus-Kirchen einzuladen und ihnen vom Christentum zu erzählen, ist aufgrund dessen für mehrere Jahre eingesperrt worden. Da gilt es, eine humanitäre Lösung zu erwirken. Und das kann einfach nur die Politik. Bitte sagen Sie uns, was Sie hier unternommen haben.

Die zweite Person ist ein junger Mann in Nordkorea, der Ähnliches getan hat, der nur aufgrund der religiösen Überzeugung oder des Ansatzes der Beschäftigung mit Reli­gion eingesperrt wird.

Ich glaube, da müssen wir von unseren Parlamenten aus übergreifend in einem Kon­sens wirklich Stärke und auch Kraft zeigen.

Wir haben heute auch über die Ukraine gesprochen; unser Klubobmann hat deutliche Worte gefunden. Wir haben es von unserer Seite getan. Ich glaube, auch dazu müssen wir ganz deutliche Worte finden, denn da geht es nicht um Panzer, nicht um Kriege, sondern schlicht und einfach um die Menschenrechte, um elementare Rechte.

Eine Gesellschaft ist so stark, wie die Liberalität, die sie in diesen Bereichen zeigt. Da erwarte ich mir auch von der österreichischen Außenpolitik, dass sie mit aller Härte ge­gen diplomatische Komplikationen einschreitet und auftritt. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

18.27

18.27.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 111 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Harmful Practices based on Tradition, Cul­ture, Religion or Superstition.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 19.)

18.28.1320. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes Reihe Bund 2012/11 (III-13/95 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes Reihe Bund 2013/5 (III-18/96 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes Reihe Bund 2012/4 (III-8/97 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes Reihe Bund 2013/11 (III-29/124 d.B.)

 



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Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zu den Punkten 20 bis 23 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


18.28.58

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Außenminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegen­den Berichte des Rechnungshofes behandeln zum überwiegenden Teil bildungspoliti­sche Sachbereiche, einer davon, den wir auch sehr intensiv diskutiert haben, und zwar jener über die Neue Mittelschule, wird dann später hier im Hause beraten und diskutiert werden.

Zum einen geht es um den Querschnittsbericht aus 2012. Bei diesem wurde im Be­reich der Bundesländer Niederösterreich und Steiermark die Vergabe der Mittel und die Umsetzung beim Ausbau der Kinderbetreuung der Null- bis 16-Jährigen untersucht. Hier wird sehr treffend und beispielgebend aufgezeigt, wie sehr man aufpassen muss, wenn Mittel vom Bund in Länder gegeben werden, und zwar besonders dann, wenn es darum geht, wie effizient diese eingesetzt werden. Ich glaube, dieser Bericht ist eine wahre Fundgrube für Maßnahmen bei zukünftigen Beratungen, Investitionen oder fi­nanziellen Angeboten.

Der zweite Bereich ist die Querschnittsprüfung 2012, die die Bundesländer Kärnten, Niederösterreich und Salzburg betroffen hat. Hier geht es um den Lehrereinsatz der Bundesländer, um die Richtigkeit der Abrechnung sowie die Landeslehrer-Controlling­verordnung. Dies ist ebenfalls ein Thema, das uns in den letzten Wochen sehr stark berührt hat und an den ersten Rechnungshofbericht fast nahtlos anschließt: Wie gehen die Länder mit den übertragenen oder nicht übertragenen Ressourcen um? Wie wer­den Lehrer eingesetzt? Wie wird das abgerechnet? Und gibt es die Möglichkeit, dass der, der zahlt, auch anschaffen oder zumindest mitreden oder kontrollieren kann?

Jetzt möchte ich noch kurz auf einen Bericht eingehen, den wir einmal im Verfassungs­unterausschuss hatten. Da hat eine Abgeordnetenkollegin von der ÖVP Sie, Herr Prä­sident, gefragt, wie viel Lehrer vom Bund bezahlt werden, die in keiner Klasse stehen. Und da mussten Sie antworten, das könnten Sie nicht sagen, weil die Länder darüber keine Auskunft erteilen. – Das sind so die Erfahrungswerte, die man laufend sammelt, wenn man mit diesen Kontrollberichten zu tun hat.

Dann geht es um die Personalsituation der Bundeslehrer, die ebenfalls sehr eingehend diskutiert wird, und den Bericht über die Auslagerung des BIFIE. Auf die einzelnen Be­reiche werden dann meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuss im Detail nä­her eingehen, ich möchte noch ganz kurz den Bereich des BIFIE streifen. Die Kontroll­lücken war ja tatsächlich erschreckend, und das Zeugnis, das Sie, Herr Präsident, den verantwortlichen Direktoren Dr. Haider und Dr. Lucyshyn ausgestellt haben – und so muss man das auch auf den Punkt bringen – ist und war katastrophal und führte auf der einen Seite zur Entlassung, auf der anderen Seite zur Nichtverlängerung.

Erfreulich ist, dass die Empfehlungen des Rechnungshofes größtenteils, soweit das noch möglich war, umgesetzt wurden. Das BIFIE hat wichtige Aufgaben, mit PIRLS, TIMSS und PISA und so weiter nach außen hin, aber auch nach innen mit den Bil­dungsstandards und der neuen Matura. Aber die neuen Verantwortlichen müssen ihre Chance nützen, sonst heißt es: Weg mit dieser Ausgliederung und Rückführung!

Ich weiß, meine Redezeit – und auch die für die Fraktionskollegen – ist sehr knapp be­messen, aber ich möchte noch auf etwas hinweisen, was in den nächsten Wochen und Monaten aktuell wird, nämlich auf den Bericht, den Sie zusammen mit IHS, WIFO und


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dem Kommunalwissenschaftlichen Dokumentationszentrum zur Schulverwaltung er­stellt haben, der auch im entsprechenden Ausschuss behandelt wurde und der eigent­lich klar offenlegt und darlegt, wie wir in Zukunft im Bereich der Schulverwaltung und mit Schule allgemein umzugehen haben. Er ist wirklich ein Leitfaden, der von allen, die sich mit der Materie befasst haben, unterstützt wird und der für uns auch im Hause Richtlinie für kommende Aufgaben sein sollte. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.33


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


18.33.22

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Mayer hat jetzt einen Querschnitt über die Rechnungshofberichte zum Thema Bildung geliefert. Ich glaube, dass durch­aus in allen Berichten, die hier heute behandelt werden, davon die Rede ist, dass es Verbesserungs- und Optimierungsbedarf gibt. Aber gerade der Bericht aus dem Jahr 2008 zur Ausgliederung des BIFIE hat gezeigt, dass da höchster Handlungsbe­darf bestand, und die Ergebnisse zeigen ja ganz klar, dass es tatsächlich viele Fehler und Mängel gab.

Die Kernaufgaben des BIFIE, wie die angewandte Bildungsforschung, Bildungsmonito­ring, Qualitätssicherung und die regelmäßige und nationale Berichterstattung, wurden nicht erfüllt. Es hat wesentliche Kritikpunkte gegeben, dass es steigende Ausgaben gab, gerade was die Zuwendungen betroffen hat. Das Budget ist von 2008 bis 2010 von 7,36 Millionen auf 15,12 Millionen explodiert. Durch die Einrichtung mehrerer Standorte kam es zu Doppelstrukturen und Ineffizienz in der Verwaltung. Die Aufwendungen für das Personal sind massiv gestiegen. Weiters wurde aufgezeigt, dass es ein mangel­haftes Controlling sowie Lücken im Kontrollsystem gegeben hat.

Die Frau Bundesminister hat im Ausschuss ja betont, dass dieser Rechnungshofbericht dazu geführt hat, dass in der Zwischenzeit viele Maßnahmen und Empfehlungen um­gesetzt wurden. Es hat dazu begleitend auch eine Novellierung des BIFIE-Gesetzes gegeben: Die Kontrollrechte des Aufsichtsrates wurden gestärkt. Es gibt mehr Trans­parenz und Sparsamkeit. Ein Dreijahresplan muss vorgelegt werden. Weiters wurden ein Vieraugenprinzip, der Ausbau der laufenden Kontrolle und eine verpflichtende Vor­lage vom Personal- und Liquiditätsplan eingeführt.

Grundsätzlich brauchen wir eine Einrichtung oder eine Stelle, in der unsere Bildung laufend kontrolliert, überarbeitet, optimiert und die Effizienz verbessert wird, aber wir müssen uns genau überlegen, wie wir das anstellen und mit welchen Möglichkeiten wir das Ganze ausstatten. Ich glaube, dieser Bericht zeigt, dass es durchaus möglich ist, Dinge zu verbessern. Und daran sollten wir weiterarbeiten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.36


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordneter Dr. Ro­senkranz. – Bitte.

 


18.36.13

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Es sind ja da einige Rechnungshofberichte auf dem Tisch, die sich mit der Frage des Bildungswesens in Österreich auseinandersetzen, und dazu gleich etwas Atmosphärisches.

Der Rechnungshof, vertreten durch den Herrn Präsidenten Dr. Moser, hat seine sach­liche Kritik im Ausschuss sehr klar und deutlich gemacht – wir können ja die Kritik-


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punkte alle lesen. Und wir als Abgeordnete dürfen uns froh und glücklich schätzen, dass der Nationalrat ein entsprechendes – unter Anführungszeichen – „Hilfsorgan“ hat. „Hilfsorgan“ hört sich nämlich so trocken an – wie wenn uns das halt ein bisserl hilft. Der Begriff „Hilfsorgan“ ist in diesem Fall nämlich ein wenig untertrieben, denn in Wirk­lichkeit erleichtert der Rechnungshof mit seiner minutiösen Arbeit, mit seiner genau begründbaren Arbeit die Arbeit von uns Parlamentariern im Sinne dessen, dass wir in dieser Republik Verbesserungen machen, ganz deutlich.

Es unterscheidet sich halt ein Bericht des Rechnungshofes vom Wesen her ganz klar von einer Sonntagsrede in der Politik. Daher war es für mich absolut unverständlich, dass auf die Kritik des Rechnungshofpräsidenten die Frau Bundesministerin im Aus­schuss derartig heftig reagiert hat und sogar dem Herrn Präsidenten vorgeworfen hat, er agiere im Stile eines Oppositionspolitikers. Da muss ich sagen: Das hat sich der Rechnungshof insgesamt als Hilfsorgan des Parlaments nicht verdient, dass er so ab­qualifiziert wird! (Beifall bei FPÖ, Grünen, Team Stronach und NEOS.) Ich glaube, die Frau Bundesminister hat es auch in der Sitzung selbst eingesehen, dass sie da über das Ziel hinausgeschossen hat.

Was ist jetzt passiert? – Die Vorredner, die von den Regierungsparteien gekommen sind, haben gesagt: Ja, da haben wir das aufgezeigt, und na ja, da kann man ja Ver­besserungen und Vorschläge machen, und es wird eh beim BIFIE auch nachgeschaut, ja, und bei der Neuen Mittelschule ist das halt ein bisschen teurer als bei allen ande­ren, aber die Bildung ist uns ja so wichtig! und Ähnliches.

Es sind ganz klare Fakten, die der Rechnungshof aufgezeigt hat. Und wenn man jetzt hört, man möchte im Bildungssystem Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung abbauen und meint damit die Schulverwaltung des Jahres 1962, dann kommt man drauf, dass man 2008 Doppel- und Mehrgleisigkeiten zusätzlich wieder eingeführt hat. Das ist der klare Befund des Rechnungshofes!

Zur Schulreform insgesamt erinnere ich daran, was einmal ein Abgeordneter gesagt hat: Dass wir die Schulverwaltung nicht jetzt ausreichend regeln und einen Kompro­miss finden, wird uns noch in ein Jahren beschäftigen! – Diese paar Jahre haben im Jahr 1919 bei der konstituierenden Nationalversammlung der Republik Österreich be­gonnen, als einfach das Schulsystem, das Verwaltungssystem der Monarchie eins zu eins übernommen wurde, und in Wirklichkeit nagen wir jetzt noch daran. Diese paar Jahre dauern mittlerweile also fast 100 Jahre, seit 1962 sind es über 50 Jahre Schul­verwaltung! Und was passiert?

Ich kann nur eines sagen: Das, was der Rechnungshof hier im Detail und mit Zahlen belegt aufgezeigt hat, ist ein Wildwuchs – von Reserven, die das BIFIE angehäuft hat, oder von zwei Standorten, wo man Kilometergeld geschrieben hat und wo die Ge­schäftsführer, je nachdem, zwischen Salzburg und Wien hin und her fahren konnten. Der Rechnungshof hat das alles aufgezeigt. Und letztlich lautet der Befund: In Wirk­lichkeit sind es die Jahre der sozialistischen Bildungspolitik in Österreich, die das Sys­tem inhaltlich und, wie die Diskussion der letzten Tage, bei der es um die Sparverord­nung gegangen ist, zeigt, mittlerweile auch wirtschaftlich ruiniert haben. Daran ist schleu­nigst zu arbeiten. (Beifall bei der FPÖ.)

18.39


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


18.40.03

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Ich möchte zuerst einmal mich wirklich sehr herzlich bei Ihnen bedanken für die Arbeit, für die Berichte, die wir hier vorgelegt bekommen haben, die Berichte, die eine deutliche Sprache sprechen und Handlungsbedarf aufzeigen.


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Damit bin ich schon am Ende des Dankes, denn, Kollege Mayer, entschuldigen Sie den Ausdruck, aber es ist schäbig. Es ist wirklich schäbig, hier den ehemaligen Direk­tor des BIFIE, den wirklich ausgesprochenen Fachmann, der von Ihrer Partei und von der ÖVP immer wieder in den letzten zehn Jahren als Experte herangezogen worden ist, Dr. Günter Haider, in dieser Form zu disqualifizieren. So geht’s bitte nicht!

Es kann nicht sein, dass man verdiente Mitarbeiter, die in ihrer wissenschaftlichen Re­putation unangefochten sind, die internationales Ansehen genießen, nur deshalb hier madig macht, weil es plötzlich nicht mehr ins parteipolitische Konzept passt, weil Sie plötzlich draufkommen, dass man das nicht mehr rückgängig machen kann, was Dr. Haider immer wieder aufgezeigt hat, nämlich den Reformstau. Also ich bin wirklich enttäuscht und entrüstet darüber, wie Sie hier in diesem Zusammenhang argumentiert haben.

Bleiben wir aber bei diesem BIFIE-Bericht, der schon angesprochen worden ist, in dem von Überliquidität die Rede war und in dem vor allem auf das politische Versagen hin­gewiesen worden ist – das politische, Kollege Mayer! Denn was hier ganz klar steht, ist, dass es mangelhafte Zielvorgaben waren – und die Zielvorgaben kommen bitte von der Politik –, die zu dieser Situation geführt haben; nämlich zu einer Situation, wo wir Überliquidität haben.

Wir haben über 8 Millionen € auf der hohen Kante, weil es vonseiten der Politik verab­säumt worden ist, da klar zu sagen, was gewünscht wird und was nicht. Was offen­sichtlich nicht gewünscht wurde, waren die Berichte, die vom BIFIE immer wieder ge­kommen sind, fundierte politische Analysen.

Also halten wir bitte auseinander: Kritik ist dort okay, wo sie angebracht ist – und da müssen wir nur den Rechnungshofbericht hernehmen –, aber bitte nicht an den Inhal­ten, denn die Arbeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler war hervorragend. Wenn wir auf dieser Arbeit unsere Bildungspolitik ausrichten würden, hätten wir künftig andere Ergebnisse, als das derzeit der Fall ist. (Beifall bei den Grünen.)

Lassen Sie mich noch zumindest ganz kurz auf einige andere Problemfelder hinwei­sen, etwa die Personalplanung im Bereich der Bundeslehrer. Bitte, hier sind die ständig mahnenden Zeichen an der Wand: In den nächsten 10 Jahren werden über die Hälf­te – 55 Prozent! – der Lehrerinnen und Lehrer in Pension gehen. Wir brauchen neue Lehrkräfte. Wir wissen das jetzt, allein ich sehe die entsprechenden Maßnahmen nicht.

Das wäre bitte Aufgabe der Politik. Es wäre die Aufgabe der Regierung, jetzt vorzusor­gen, dass wir diese Lehrerinnen und Lehrer dann in fünf, zehn, 15 Jahren auch wirklich haben, die wir benötigen. Das steht jetzt im Rechnungshofbericht! Da gibt es keine Ausrede – allein die Maßnahmen fehlen!

Es gibt auch einige andere interessante Daten. Lassen Sie mich nur eine Ziffer heraus­greifen. Im untersuchten Zeitraum ist die Teilzeitquote um 6 Prozent gestiegen. Ich ha­be in diesem Zusammenhang eine Anfrage gestellt, und das Ergebnis ist klar: Es ist auch ein erhöhter Stress. Wir müssen uns Gedanken darüber machen, was sich da an unseren Schulen abspielt. Ich glaube, diese Gedanken fehlen uns noch.

Insgesamt noch einmal herzlichen Dank für Ihre Arbeit. Und mein Appell an die Regie­rung: Nicht schimpfen, nicht im Nachhinein Leute diffamieren, sondern die entspre­chenden Schlüsse ziehen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Darabos: Herr Präsident, ist der Begriff „schäbig“ nicht ordnungsrufverdächtig? – Präsident Kopf: Geht gerade noch!)

18.44


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Schenk zu Wort gemel­det. – Bitte.

 



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18.44.45

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Herr Rechnungshofprä­sident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass im Bildungsbereich vieles im Argen liegt, wissen wir nicht erst seit gestern. Das wissen wir schon lange, eigent­lich schon seit Jahrzehnten. Letzte Woche hatten wir auch hier eine Sondersitzung zu diesem Thema. Der Rechnungshof hat das einmal mehr festgestellt, und ich darf an dieser Stelle auch dem Rechnungshof und seinem Team sehr herzlich für diese her­vorragenden Berichte danken.

Kurz zusammengefasst kann man die Kritik des Rechnungshofes mit folgenden Wor­ten beschreiben: Doppelgleisigkeiten, Ineffizienz, hohe Kosten, geringer Output.

Angesprochen wurde von den Vorrednern auch schon das BIFIE. Das BIFIE gibt es, wie wir wissen, seit 2008. Es ist da ein Bereich vom Unterrichtsministerium ausgelagert worden, und dem BIFIE wurden einige Aufgaben übertragen. Und die wurden nicht, schlecht oder nur mangelhaft erledigt.

Es gibt da eine Reihe von Kritikpunkten, die der Rechnungshof angesprochen hat, dass es eben zu teuer ist, zu ineffizient. Auch unsere Meinung deckt sich damit: Es hat Freun­derlwirtschaft gegeben. Der Rechnungshof bestätigt auch unsere Meinung, dass das BIFIE aufgelöst werden soll und die Aufgaben, die das BIFIE bis jetzt nur teilweise be­ziehungsweise mangelhaft erfüllt hat, wieder in das Unterrichtsministerium zurückge­führt werden sollen.

Weiters wurde auch die Neue Mittelschule überprüft. Da hat sich gezeigt, dass über­wiegend Hauptschulen in Neue Mittelschulen umgewandelt wurden und sehr wenig AHS an diesem Schulversuch teilgenommen haben. 90 Prozent der Ausgaben sind laut Rech­nungshof in das Lehrpersonal geflossen. Und ein Ungleichgewicht in der Entlohnung von Bundes- und Landeslehrern hat der Rechnungshof ebenfalls beanstandet und fest­gestellt. Zusammengefasst kann man auch hier sagen: Der Rechnungshof hat die un­koordinierte Realisierung der Neuen Mittelschule kritisiert.

Es wurde schon angesprochen, wie die Replik der Frau Ministerin im Rechnungshof­ausschuss war. Wir wissen, der Rechnungshof leistet gute und wertvolle Arbeit als Kontroll- und Hilfsorgan des Nationalrates. Es ist die Aufgabe des Rechnungshofes, die Regierung und die untergeordneten Unternehmungen zu kontrollieren, und das macht er auch. Er macht es gut, er hat diese Berichte gemacht und auch im Rech­nungshofausschuss dementsprechend präsentiert und vorgestellt. (Beifall beim Team Stronach.)

Was ist passiert? – Anstatt sich die Kritik anzuhören – konstruktive Kritik ist ja durch­aus gut, man kann ja etwas lernen, und es gilt ja, einiges im Bildungsbereich zu ver­bessern, das wissen wir alle –, hat sich die Frau Ministerin so quasi dazu hinreißen las­sen, dem Rechnungshof oder dem Herrn Präsidenten zu unterstellen, dass er pole­misch sei, dass er nicht objektiv sei und dass er hier eher subjektiv agieren würde. – Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich an dieser Stelle zurück­weisen!

Das erinnert mich an Folgendes: Vor einiger Zeit hat ja der SPÖ-Parteirat getagt, und einige von Ihnen werden ja dieses Video kennen, nämlich die Szenen, die es dort ge­geben hat, als die Frau Ministerin Heinisch-Hosek einer jungen Gastrednerin das Wort entzogen und sie von der Bühne komplimentiert hat, weil sie sich erlaubt hat, den Par­teiapparat kritisch zu hinterfragen.

So etwas ist, wie ich meine, einer Ministerin nicht würdig. Vielleicht kann man ihr das hier auch auf den Weg mitgeben. Hier im Bildungsbereich so zu agieren und generell so zu agieren, meine sehr geehrten Damen und Herren, macht meines Erachtens kein gutes Bild! (Beifall beim Team Stronach.)


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Ich möchte auch noch kurz auf das Bildungsvolksbegehren eingehen, das offensicht­lich von den Regierungsparteien schon vergessen wurde: 383 820 Österreicherinnen und Österreicher haben dieses Volksbegehren unterschrieben. Was ist passiert? – Es wurde ein eigener Unterausschuss hier im Hohen Haus eingerichtet, der hat einige Ma­le getagt, aber das Ganze ist auch wieder versandet. – Das ist aber nur ein Beispiel.

Es ist verständlich, dass die Politikverdrossenheit immer mehr zunimmt, immer größer wird, wenn Ergebnisse, die durch den Einsatz direktdemokratischer Instrumente ge­wonnen werden, hier schubladisiert werden beziehungsweise irgendwo in der Versen­kung verschwinden. Das kann es nicht sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da müssen wir wirklich die Bevölkerung miteinbinden, Ergebnisse von Volksbegehren akzeptieren und hier im Hohen Haus auch umsetzen. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

18.49


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Klubobmann Dr. Strolz zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 


18.49.29

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Herr Rechnungshof­präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Auch ich möchte danken. Ich glaube, Sie als Rechnungshof haben den Finger in drei Wunden gelegt. Wir sind nicht arm an Verwundungen im Bildungssystem, die offenen Stellen sind tatsächlich zahlreich. Es gibt ein Meer an Vorschlägen in diesen drei Berichten, die wir heute gegenständlich behandeln, die umgesetzt werden könnten. Ich möchte ein paar Gesichtspunkte herausgreifen.

Erstens: das Thema BIFIE. Ich denke, über dem BIFIE schweben im Moment mehr Fragezeichen als Antworten und dass da eindeutig die Ministerin am Zug ist. Ich glau­be, wir sollten rasch zu einer BIFIE-Novelle kommen, denn das ist auch eine Frage der Zumutbarkeit gegenüber den Menschen, die dort arbeiten.

Ich meine auch, dass einiges hart zu kritisieren ist, aber es wird auch dort Leute geben, die nach bestem Wissen und Gewissen arbeiten. Und natürlich ist auch das kein Zu­stand, wie das BIFIE derzeit aufgehängt ist: eigentlich ohne politische Führung. Wir ha­ben jetzt offensichtlich einige Aufgaben abgezogen, und es ist nicht ganz klar, wie viel Budget zur Verfügung steht. Man stelle sich vor, das ist ein mittelgroßer Betrieb und dieser soll auch irgendwie geführt werden.

Das heißt, hier brauchen wir rasch eine Klärung. Ich möchte jetzt gar nicht inhaltlich in die Kritik eintauchen, aber ich habe den dringenden Wunsch an die zwei Regierungs­parteien, mitzunehmen – Sie sind einfach im Lead und in der Verantwortung, Richtung zu geben –, rasch zu einer Novelle zu kommen, um Antworten zu geben, die dem Bil­dungssystem und auch allen dort involvierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern helfen.

Man muss also klären: Was gehört ins Ressort zurück? Was lassen wir im BIFIE? Wel­ches Vertrauen gibt es seitens des Ressorts, seitens dieses Hauses? Und wie stellen wir manche Dinge um, damit wir auch das Zutrauen haben, dass das dort effizient und effektiv geschieht?

Zweitens: Personalplanung im Bereich der Bundeslehrer. Das ist an und für sich eine fürchterliche Baustelle. Das wissen wir auch schon seit Jahren, Jahrzehnten. Wir ha­ben als Republik einfach keinen guten Zugang zum wichtigsten Beruf dieses Landes, nämlich zum Lehrer, zur Lehrerin, weil wir auch kein wirkliches Professionsverständnis haben. Wir können uns nicht vorstellen, dass es da außer Lehrern auch sonst noch et­was gibt: Ein Lehrer ist ein Lehrer, ist ein Lehrer, ist ein Lehrer.


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Das sind ja Zehntausende, Hunderttausende Menschen, da wird es natürlich Differen­zierungen geben. Das fängt beim Assistenzpersonal an und geht über Verwaltungstä­tigkeiten.

Wenn der Rechnungshof vorrechnet, dass wir allein bei den Bundeslehrern 5 200 Leh­rer aus dem Beruf des Lehrens, des Unterrichtens abziehen und für Verwaltungstätig­keiten einsetzen und dass uns das auch noch teuer zu stehen kommt – es kostet uns nämlich 13 Millionen € mehr, als wenn wir dafür Verwaltungsbedienstete einsetzen würden –, dann ist das natürlich ein Umstand, wo ich nicht verstehe, warum wir nicht handeln.

Da wünsche ich mir ein klares Bekenntnis dieses Hauses. Ich wünsche mir, dass wir sagen: Der Lehrerberuf ist so unendlich wichtig für dieses Land. Wir alle haben mit Vertretern dieses Berufes zu tun, für mindestens neun Jahre, die meisten von uns zwölf Jahre oder mehr. Wir müssen diesen Beruf differenzierter denken. Wenn wir sa­gen, in diesem Land sollen Talente blühen, dann werden wir verschiedene Ausprägun­gen brauchen: sprachliche Förderung, psychologisches Coaching, da gibt es eine Un­menge an Ausdifferenzierungen, und das müssen wir auch in der Ausbildung abbilden.

Was mir besonders am Herzen liegt, ist die autonome Schule. Wir sehen die autonome Schule als einen Hebel, um den Schulen mehr Verantwortung und auch mehr Freiheit zu geben, und dafür gibt es auch sehr viel Zustimmung. Wir wollen das ja, das habe ich schon beim letzten Mal angekündigt, und wir werden das jetzt im Rahmen der „Na­tionalen Initiative: Autonome Schule“ über ein Jahr vertiefen.

Es wird ganz, ganz wichtig sein, dass wir dabei in den nächsten Jahren einen besseren Blick auf die Funktion der Schulleitung bekommen. Wir glauben, wir können einfach je­manden aus dem Lehrkörper herausziehen und sagen: So, du bist jetzt DirektorIn! Das ist doch absurd bei diesem hochanspruchsvollen Job!

Manche machen den Zusatzkurs für Schulleitung erst on the job, während sie in der Funktion sind. Dann haben wir es tatsächlich so, dass die Curricula für diese Ausbil­dungen zum Beispiel für eine Volksschuldirektorin die gleichen sind wie für eine AHS-Direktorin, die 150 Lehrer führt. Das sind doch andere Anforderungen, das ist eine Füh­rungsfunktion!

Wir gestehen jedem Arbeitnehmer in Österreich zu, dass er eine Führungskraft hat, nur den Lehrern gestehen wir das nicht zu, die haben eigentlich keine Führungskraft. Des­wegen springt so zweifelhaft und ambivalent beherzt die Gewerkschaft als quasi Füh­rungskräfteersatz bei den Lehrern in diesem Land ein, was dem System in den letzten Jahren und Jahrzehnten auch nicht unbedingt gutgetan hat.

Mir kommt das so vor: Ich war zehn Jahre lang Mitglied bei der Harmoniemusik Wald am Arlberg. Und – wenn ich da den Bogen so spanne – natürlich braucht jede Blasmu­sikkapelle und brauchen auch die Wiener Philharmoniker einen Dirigenten, eine Diri­gentin. Es kommt doch keiner auf die Idee: Drehen wir heute eine Flasche, und irgend­einer von den musizierenden Damen und Herren wird eben der Dirigent für die nächs­ten Jahre.

Das braucht doch Zusatzqualifikationen! Es war uns völlig klar, dass selbst für die Har­moniemusik Wald am Arlberg der Dirigent/die Dirigentin Zusatzqualifikationen braucht. Und bei den Direktoren machen wir das so irgendwie: Schauen wir ein bisschen mehr auf das Parteibuch als auf die Qualifikationen! (Zwischenruf der Abg. Oberhauser.) Zum Glück nicht mehr in allen Bundesländern. Es gibt Bundesländer, wo das nicht mehr der Fall ist.

Aber eines ist auch klar: Du wirst in Wien nicht Direktor/Direktorin werden, wenn du nicht beim Bund Sozialistischer Akademiker absalutierst. (Abg. Oberhauser: Stimmt


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doch gar nicht!) Ich habe doch NachbarInnen, denen  (Abg. Oberhauser: Ich habe auch NachbarInnen!) Letztens erzählt sie mir: Heute gehe ich zu einem Treffen. Frage ich: Aha, wohin? – Sagt sie: Zum Bund Sozialistischer Akademiker. (Abg. Oberhauser: Ich kenne welche, die gehen zum CV!)

Ja, Sie schenken sich ja nichts. Das ist ja das Dumpfe, was Sie da machen. Sie schen­ken sich nichts, denn wenn ich fünf Kilometer weitergehe über die niederösterreichi­sche Grenze, dann sehe ich, dass es in Niederösterreich natürlich genau umgekehrt ist. Dort wirst du eben nichts, wenn du nicht beim ÖAAB absalutierst. Das ist Schwach­sinn! Stellen Sie das endlich ab! (Beifall bei NEOS und Team Stronach. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) – Aber es ist so!

Es gibt auch löbliche Beispiele. Zum Beispiel in Vorarlberg ist es nicht mehr so, um das auch klar zu sagen. In Vorarlberg wird nicht mehr nach Parteibuch entschieden. Ich kenne nicht jedes einzelne Bundesland so gut. (Neuerliche Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Rädler: Sie reden Schwachsinn!)

Sie haben ein schlechtes Gewissen! Natürlich hat das Parteibuch einen Platz im Schul­wesen wie sonst nirgendwo auf diesem Kontinent. Wir haben noch Landesschulräte, bei denen, wenn sie im ORF gesendet werden, in Klammern die Parteizugehörigkeit dazugeschrieben wird! Was ist denn das für ein Topfen, halleluja! Das ist eine Verwal­tungsebene, da brauchen wir doch keine Parteimitgliedschaft einzublenden! Kruzifix (der Redner schlägt mit der Faust auf das Rednerpult) noch einmal! (Beifall bei NEOS und Team Stronach. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Klubobmann, wir fluchen nicht am Rednerpult! (Ruf bei der ÖVP: Das wahre Gesicht!)

 


Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (fortsetzend): Gut. – Dritter Punkt: Finanzie­rung der Landeslehrer. Hier weist der Rechnungshof klar darauf hin, dass die Verant­wortung für Finanzierung, Ausgaben und Aufgaben auseinanderklafft. Das ist natürlich nirgendwo sinnvoll. Aber es ist immer, wo es passiert, sauteuer, und so auch hier. Hier verlieren wir 33 Millionen €.

Wir müssen Verantwortung, Zuständigkeit zusammenführen, natürlich. Und in einem ersten Schritt wünschen wir uns, dass wir alles in der Bundeskompetenz zusammen­führen. Das ist eine Frage der Hoffnung, das wird es in dieser Legislaturperiode nicht spielen; aber schauen wir, ob es geht. Da müssen einige Veränderungen bei Landes­hauptleuten stattfinden. In der Zwischenzeit wird, habe ich das Gefühl, vielleicht auch Besinnung bei einer der Regierungsparteien einkehren.

Der nächste Schritt, der uns, wie Sie wissen, besonders wichtig wäre: Geben wir es an die Schulen! Geben wir den Schulen Freiheit und Verantwortung! Weg mit dem Lehrer­dienstrecht, her mit einem Rahmenkollektivvertrag und personeller Verantwortung für die Schulen. Dann werden wir die beherzten Kräfte, die es zuhauf gibt, zu Zehntau­senden, engagierte junge, ältere, mittelalterliche Lehrerinnen, Lehrer, beherzte Direkto­rInnen, quasi entfesseln. Denen werden wir die Steine aus dem Weg räumen und die können endlich tun, was sie wollen, nämlich die Schülerinnen, die Schüler in den Mit­telpunkt stellen.

An diesem Tag beginnt das Blühen der Talente in diesem Land. An diesen Tag werden wir noch lange zurückdenken, wenn er irgendwann kommt. Ich freue mich heute schon darauf. (Beifall bei NEOS und Team Stronach.)

18.59


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Kucher zu Wort gemel­det. – Bitte.

 



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18.59.23

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Rechnungs­hofpräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Strolz, Sie haben vor Kurzem in einer Presseaussendung gemeint: „Unsere Bildungspolitik braucht auch eine gute Feedbackkultur“. – Als Sie jetzt hier heraußen geredet und mit der Hand auf das Pult gehaut haben, habe ich erfahren, was Sie darunter verstehen – zumindest nach Ihrer Rede. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich versuche, zumindest jetzt am Anfang sachlich zu bleiben. Das Positive bei der heu­tigen Debatte ist ja, dass der vorliegende Rechnungshofbericht schon eine Weile zu­rückliegt, wir können also heute im Nachhinein und positiverweise feststellen, dass Rechnungshofkontrolle wirkt, denn positiv ist, dass der Großteil aller Vorschläge des Rechnungshofes zum Themenbereich BIFIE bereits umgesetzt wurde.

Die Grundidee dieser Ausgliederung war an und für sich nichts Negatives: Wir wollten damit die Grundlagen für eine faktenbasierte Bildungspolitik schaffen. – Wir haben heute schon einige Beispiele gehört, wir alle waren selbst einmal in der Schule, Kollege Strolz zitiert gerne seine Nachbarin. Es ist ja auch positiv, dass man darauf eingeht, aber wir sollten doch die bildungspolitischen Debatten eher basierend auf Fakten füh­ren und natürlich auch internationale Entwicklungen mit einbeziehen, abseits von par­teipolitischen Scheuklappen. (Abg. Walter Rosenkranz: ... PISA-Test!) – Sie fühlen sich schon angesprochen, Herr Kollege von der FPÖ. Also vielleicht eine Spur weniger Ideologie, sondern auch internationale Vergleichbarkeit. Ich glaube, dass wir als SPÖ da auf dem richtigen Weg sind. Aber ich danke Ihnen für die Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Walter Rosenkranz: Kann ich meinen Zwischenruf vielleicht noch ein bisschen erklären? Der Kollege scheint ihn nicht verstanden zu haben!)

Kurz grundlegend zu den Kritikpunkten des Rechnungshofes: Der Großteil dieser Kri­tikpunkte wurde bereits aufgenommen und zwischenzeitlich auch umgesetzt. Transpa­renzstandards wurden eingeführt, Qualitätskennzahlen, Standorte wurden bereits re­duziert, Einführung des Vier-Augen-Prinzips (Abg. Walter Rosenkranz: Herr Kollege, was kann das Problem sein?) – wenn Sie bitte ein bisschen weniger schreien, ich dan­ke Ihnen. Es ist bereits einiges geschehen.

Weil auch Kollege Mayer als Rechnungshofsprecher bereits kritisiert wurde: Ja, wir werden uns die weitere Entwicklung des BIFIE auch in Zukunft ganz genau ansehen und weiterhin überprüfen, welche Reformen notwendig sind.

Kritik offen anzusprechen, Herr Kollege Walser, das ist nicht schäbig! Kritik unter den Teppich zu kehren ist schäbig, und aus Fehlern nicht zu lernen ist schäbig. Ich danke dem Kollegen Mayer für die offenen und kritischen Worte. Das ist, glaube ich, durchaus etwas, was Regierungsparteien gut ansteht: sich selbst auch kritisch zu hinterfragen und kritische Anregungen aufzunehmen.

Und weil auch immer wieder der Rechnungshofausschuss kritisiert wurde: Ich glaube, dass auch Herr Rechnungshofpräsident Moser die Diskussion im Ausschuss als durch­aus positiv empfunden hat. Ich glaube, dass kritische Diskussionen für Sie (in Richtung Rechnungshofpräsident Moser) auch weit spannender sind und Ihnen mehr Freude machen; ich bin überzeugt davon. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.02


Präsident Karlheinz Kopf: Meine Damen und Herren! Ich hatte in den letzten Minuten während meines Vorsitzes einige Ausdrücke in Redebeiträgen zu hören, die alle ord­nungsrufwürdig waren. Das war Kollege Walser mit dem Begriff „schäbig“, Kollege Rädler mit seinem Zwischenruf mit „Schwachsinn“, aber auch Kollege Strolz mit sei­nem Ausbruch am Rednerpult vorhin.


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Ich verzichte auf die Erteilung von Ordnungsrufen, aber ich bitte Sie alle, auch die künf­tigen Redner, sich wieder etwas zu mäßigen. Ich habe nicht vor, hier inflationär Ord­nungsrufe zu erteilen, also reißen Sie sich bitte etwas zusammen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Walter Rosenkranz: Na ja, also „zusammenreißen“ ist eines Präsidenten auch nicht würdig! „Moderat zu sein“ ist ja doch viel schöner als „zusammenreißen“!)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lettenbichler. – Bitte.

 


19.02.54

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Ich bemühe mich, den Worten des Präsidenten in größt­möglicher Gelassenheit Folge leisten zu wollen, wobei das bei dem Thema, mit dem ich mich auseinandersetzen möchte, dem Thema BIFIE, nicht immer ganz einfach ist.

Mein Vorredner hat es angesprochen: Es ist nicht grundsätzlich etwas Negatives, wenn man etwas ausgliedert, wenn man Dinge zusammenführt, wie es beim BIFIE 2008 der Fall war, wo man eine untergeordnete Dienststelle – das BIFIE alt – und das Zentrum für vergleichende Bildungsforschung an der Universität in Salzburg zusammengeführt hat, nur ist in weiterer Folge alles schiefgegangen, was schiefgehen kann. Wobei ich nicht das BIFIE per se infrage stellen möchte, denn ich erachte die Aufgaben, die das BIFIE zu erfüllen hat, als sehr bedeutsam für die Weiterentwicklung und für die Quali­tätssteigerung in unserem Bildungssystem und ich schätze auch die wissenschaftliche Arbeit, die von den Mitarbeitern geleistet wurde.

Der Rechnungshof hat in seinem Bericht viele Mängel aufgezeigt, und viele Fragen, die gestellt wurden oder sich noch immer stellen, sind nach wie vor unbeantwortet. So ist für mich völlig unverständlich, wie es sein kann, dass zum Beispiel die beiden Direkto­ren jahrelang keinen Geschäftsführervertrag hatten, warum auf Basis eines Business­plans Zuwendungen, die zugestanden wurden, innerhalb von drei Jahren mehr als ver­doppelt wurden und auch, wie der überproportional hohe Anstieg der Zahl der Mitar­beiter und Mitarbeiterinnen zu erklären ist. – Es ist umso erschreckender, wenn wir se­hen, dass die budgetären Möglichkeiten nicht mehr werden, dass es hier jahrelang zu solch frappierenden Überschreitungen und Fehlentwicklungen kommen konnte.

Ich weiß – das hat die Frau Bundesministerin ja im Ausschuss erläutert –, dass viele Dinge abgeschafft beziehungsweise umstrukturiert wurden. Ein Punkt, auf den ich schon noch eingehen möchte, der mir bisher zu wenig herausgearbeitet wurde, ist die Frage des Standortes. Ich weiß, dass eine Zusammenlegung auf einen Standort natür­lich mit Anfangsinvestitionen verbunden ist, aber ich glaube schon, dass es sinnvoll wäre, die Synergien zusammenzuführen. Es muss aber nicht unbedingt der Standort Wien sein, es kann auch eine andere schöne Stadt in Österreich sein.

Ich danke dem Rechnungshof für seinen Bericht. Er war die Grundlage für das da­malige dringend notwendige schnelle Handeln der damals in Verantwortung stehenden Bundesministerin, das jetzt auch von Frau Ministerin Heinisch-Hosek weiter umgesetzt wurde. Und ich sehe auch, dass die neue BIFIE-Führung sehr, sehr bemüht ist, denn die Aufgabe ist, wie ich gesagt habe, eine sehr wichtige und auch schätzenswerte.

Wir brauchen – in diesem Punkt gebe ich Kollegen Strolz recht; wenn er dann auch noch das eine oder andere nicht Richtige gesagt hat –, wir brauchen also das BIFIE neu aufgestellt. Es braucht eine klare Zielsetzung und eine budgetäre Rahmenplanung, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Zielvorgaben, die ebenfalls klar gesetzt werden müssen, auch umsetzen können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.06


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Hauser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



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19.06.17

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Geschätzte Präsidenten! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Ich finde es grundsätzlich sehr positiv, dass bei der Schuldebatte Emotionen im Spiel sind. Ich finde das überhaupt nicht negativ, weil die Kinder, die Ju­gendlichen unser Zukunftspotenzial sind. Und wenn es uns nicht gelingt, das viele Geld, die 8,1 Milliarden €, die im Budget 2014 für den Bereich Bildung festgehalten sind, wirklich bei den Kindern in der Schule ankommen zu lassen, sie dorthin zu füh­ren, dann fehlt uns für die Zukunft das wesentliche Potenzial, nämlich das geistige Po­tenzial und damit die Wettbewerbsfähigkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb bin ich froh – ich bin wirklich froh darüber! –, dass hier durchaus auf den Tisch geklopft wird, dass Emotionen mit im Spiel sind, denn sonst kommen wir in dieser De­batte überhaupt nicht weiter.

Die Berichte des Rechnungshofes, Herr Präsident, sind ja hervorragend, und der Be­richt zum BIFIE, den Sie abgegeben haben, war ein vernichtender Bericht. Es reicht die Zeit nicht aus, diese Punkte zu wiederholen – das brauche ich auch nicht; jeder kann ja diese Berichte nachlesen.

Nur ergänzend dazu: Allein die Aussage der Wiener Stadtschulratspräsidentin Susan­ne Brandsteidl im „profil“ vom 3. März 2014, die festgestellt hat: „fix ist jedenfalls, dass aufgrund der offensichtlichen Unprofessionalität das Bifie künftig nicht mehr unser Part­ner“ – sprich: nicht mehr Partner des Wiener Stadtschulrats – „beim Lesetest sein wird“, spricht doch Bände!

Wenn sich Präsidenten eines Landesschulrates von dieser Institution distanzieren, dann ist wirklich höchster Handlungsbedarf gegeben, und ich bitte einfach, dass man die Berichte des Rechnungshofes ernst nimmt, diskutiert und hier nicht den Rech­nungshof rügt, wie das im Ausschussbericht passiert ist (Beifall bei der FPÖ), sondern darauf aufbauend versucht, unser Schulsystem in die richtige Richtung zu bringen.

Noch ein paar Worte aus meiner Sicht zum Schulwesen an sich: Ich habe selbst 20 Jahre Wirtschaftspädagogik unterrichtet – ich bin studierter Wirtschaftspädagoge –, und wissen Sie, was meine Erfahrungen sind? – Das Problem im Schulwesen ist mitt­lerweile, dass die Lehrpläne völlig überfrachtet sind! BWL: 350 Seiten im Jahr, die un­terzubringen sind. In der Schule bleibt aufgrund dessen keine Zeit mehr zum Üben. Die Konsequenz daraus ist, das Üben wird in die Zeit außerhalb der Schule, in den Nachmittag verlagert, und dort sind dann, wenn es die Kinder nicht schaffen, die Eltern gefordert. Die Konsequenz daraus ist, die Nachhilfekosten explodieren! – Das ist das Ungerechte am Schulwesen.

Denken wir hier wirklich einmal konsequent darüber nach, wie wir das Geld zu den Kindern bringen und wie wir vor allem das, was wir unterbringen wollen, nämlich dass Kinder und Jugendliche lesen, schreiben und rechnen können – das sind Kulturkennt­nisse! –, dass man den Kindern und Jugendlichen diese Fertigkeiten beibringt, schaf­fen. Fragen wir: Was müssen wir tun, wenn wir erreichen wollen, dass sie diese Fertig­keiten haben?

Dafür braucht man mehr Zeit. Wir müssen das Üben wieder in die Schule verlagern, müssen dort mit den Kindern, mit den Jugendlichen üben und dürfen das nicht in Richtung außerschulische Erziehung verlagern, wo viele bildungspolitisch einfach nicht mehr in der Lage sind, ihre Kinder mitzuunterrichten, und aufgrund dessen die Nachhil­fekosten explodieren.

Also da ist wirklich ein unglaublich großes Potenzial vorhanden. Man muss das Thema Schule einmal in der Breite diskutieren, so nach dem Motto: Was wollen wir und wie können wir dieses Ziel erreichen? – Die derzeitige Bildungspolitik ist eine Husch-Pfusch-


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Bildungspolitik, wo man am Schulwesen herumpfuscht, um das ganz ehrlich zu sagen (Beifall bei der FPÖ), bestehende Systeme zum Teil vernichtet, das, was gut war, ein­fach nicht weiterlaufen lässt und permanent versucht, in Schulversuchen Neues zu pro­bieren, wobei man das Ganze nicht evaluiert und damit das schulpolitische Hickhack in Wirklichkeit weiterführt. – Das bringt uns nicht weiter!

Wir haben die Aufgabe, das viele Geld, das man in die Hand nimmt, gut und kon­sequent für die Schüler einzusetzen und vor allem darauf zu schauen, dass das Geld tatsächlich bei den Schülern und Jugendlichen ankommt, denn sonst werden uns das geistige Potenzial und die Ressourcen für die Zukunft abgehen, und damit sind wir dann nicht mehr wettbewerbsfähig. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Strolz.)

19.10


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Mag. Meinl-Reisinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.10.58

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Rechnungshofpräsident! Ich möchte mich auf den Rech­nungshofbericht betreffend Kinderbetreuung für 0- bis 6-Jährige beziehen. Ich finde es ja passend, dass wir diesen heute hier im Plenum besprechen, da wir erstens einmal das Budget heute zwar noch nicht diskutiert, aber zumindest vorgestellt bekommen ha­ben, und natürlich, weil wir heute die Erhöhung der Familienbeihilfe beschlossen ha­ben, das heißt einen Teilaspekt der Familienförderung in Österreich, wo es um Geld­leistungen geht.

Hier geht es jetzt um die Frage der Evaluierung oder eben Nichtevaluierung des zwei­ten meiner Meinung nach sehr, sehr wichtigen Aspekts in der Familienförderung in Ös­terreich, nämlich um die Sachleistungen. (Abg. Moser: Kindergärten!) Und ich muss sagen, dass mich die deutliche Aussagekraft dieses Rechnungshofberichtes sehr über­rascht hat. Ich finde ihn geradezu vernichtend, und eigentlich ist es an solchen Tagen, an denen es um das Budget geht und die Frage, welche Ziele man mit sehr, sehr viel Geld, das man ausgibt, verfolgt und ob man sich eigentlich die Wirkungsorientierung anschaut, doch sehr bedenklich, dass man in diesem Bereich, in dieser doch sehr wichtigen Anschlussfinanzierung ...

Ich möchte auch gleich sagen, dass wir das gutheißen; ich finde es sehr gut, dass es hier diese Anschlussfinanzierung gegeben hat. Ebenfalls finde ich es sehr gut, dass es diese Gratis-Pflichtkindergarten-Vereinbarung gegeben hat. Aber wenn man hier zum Beispiel wie bei der Gratis-Pflichtkindergarten-Vereinbarung in Summe 280 Millionen € in die Hand nimmt, 70 Millionen € im Jahr, und damit eine Steigerung erreicht – in die­sem Fall gibt es sogar klare Ziele, nämlich die Barcelona-Ziele, was ja im Budget oder im Bereich der Mittelverwendung nicht immer der Fall ist, aber hier gibt es Ziele, die vorgegeben sind –, die minimal ist, wenn man dann also eine im Grunde minimale Er­höhung der Betreuungsquote von 2,5 Prozent erreicht, dann ist das eigentlich für diese große Summe, die da in die Hand genommen wurde, nicht die ideale Wirkung.

Sie sagen weiters in diesem Bericht – ich finde es auch mehr als notwendig, immer wieder darauf hinzuweisen –, dass es natürlich ein Problem ist, dass es in den Bundes­ländern unterschiedliche Arten der Kinderbetreuung gibt, dass es unterschiedliche De­finitionen von Kinderbetreuungseinrichtungen gibt, dass es zig Stellen gibt – ich glau­be, Sie haben über Niederösterreich gesagt, dass dort fünf Stellen mit über 70 ver­schiedenen Fördervarianten beschäftigt sind –, um den Bereich der Kinderbetreuung der Null- bis Sechsjährigen in Österreich zu verwalten.

Ich glaube, dass dieser Bericht einmal mehr ein wichtiges Zeichen dafür ist, wie not­wendig es wäre, das in Bundeskompetenz zu geben, denn wenn wir viel Geld ausge-


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ben – wir werden uns morgen sehr intensiv und in den nächsten Wochen noch viel in­tensiver damit beschäftigen –, dann halte ich es für ganz besonders wichtig, sich an­zuschauen, wo die strukturellen Schwächen sind. Wie kann ich es schaffen, das ein­gesetzte Geld zur Erreichung der politisch definierten Ziele – und die muss man de­finieren; es ist auch wichtig, diese politisch zu definieren – wirklich effektvoll und ef­fektiv zu nützen? Und im Bereich der Kinderbetreuung sehe ich nur die Möglichkeit, das über eine Bundeskompetenz zu lösen.

Ich möchte noch zwei Aspekte herausgreifen, weil mir diese auch sehr wichtig er­scheinen. Zum einen geht es darum, dass keine qualitative Evaluierung stattgefunden hat betreffend diese gesamte Maßnahme, obwohl man Mittel dafür reserviert hatte. Man hat 12 Millionen € reserviert, um diese Maßnahmen qualitativ zu evaluieren, hat dann aber diese qualitative Evaluierung nicht gemacht. Da frage ich mich, warum man das eigentlich nicht macht, und komme zu dem Schluss, dass es dann doch wichtiger ist, etwas auf Plakate schreiben zu können, als sich doch wirklich ernsthaft anzuschau­en, ob man nötige und wichtige Effekte erzielt hat.

Im Übrigen trifft genau das Gleiche natürlich auch auf den Bereich der Neuen Mit­telschule zu, wo es auch wichtig wäre, sich wirklich anzuschauen, ob sie den ge­wünschten Effekt gebracht hat.

Der letzte Punkt, und dann bin ich schon fertig: Kinderbetreuung, Kleinkindpädagogik; das ist für uns die erste Bildungseinrichtung. Umso wichtiger ist es, dass der Bund da, wenn er Geld gibt, seine Macht, die er gegenüber den Ländern hat, einsetzt, um zu ei­nem einheitlichen Bildungsrahmenplan zu kommen. Deshalb ist es auch sehr bezeich­nend, wenn im Rechnungshofbericht steht, dass es eine sehr unterschiedliche Ausge­staltung und Präzisierung dieses Bildungsrahmenplans in den unterschiedlichen Bun­desländern gegeben hat, weswegen ich wieder zu der Lösung komme, dass die einzig sinnvolle Verwaltungsform von Kinderbetreuung in Bundeskompetenz ist. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.15


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Mag. Greiner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.16.02

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Werte Kolleginnen und Kollegen! Einer der vorliegenden Berichte hat sich mit den Bundeslehrern beschäftigt. Gegenstand war die Personalplanung der Bundes­lehrer zwischen den Schuljahren 2008/09 und 2011/12.

Im Schuljahr 2010/11 waren österreichweit 36 500 Bundeslehrer an zirka 1 100 Schu­len beschäftigt und unterrichteten 388 000 Schülerinnen und Schüler.

Wie schaut die personelle Situation in Zukunft aus? – Bis 2026 werden bis zu 58 Pro­zent der Bundeslehrer in die Pension übertreten, das entspricht einem Nachbeset­zungsbedarf von über 19 000 Personen. Aufgrund des damit einhergehenden Genera­tionenwechsels war ein geeigneter Zeitpunkt gekommen, um das Lehrerdienstrecht zu erneuern und die Lehrerausbildung zu adaptieren. Da geht es unter anderem darum, die hohe Drop-out-Rate beim Studium zu senken.

Welche konkreten Empfehlungen hat der Rechnungshof vorgeschlagen? – In einer Rei­he von Vorschlägen spricht der Rechnungshof ein neues LehrerInnendienstrecht an.

Welche Konsequenzen wurden gezogen? – Viele der Empfehlungen sind bereits um­gesetzt beziehungsweise befinden sich in Umsetzung. Nach langen und sehr schwie­rigen Verhandlungen ist es gelungen, das neue Lehrerdienstrecht vorzulegen.

Die Reform der Lehramtsstudien ist auf Schiene.


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Ein webbasiertes E-Recruiting-Modell wurde bereits begonnen, und damit sollen auf Sicht eine bundesweite Bewerberliste und eine einheitliche Datenbank sichergestellt sein.

Ein wesentlicher Fokus ist in Zukunft, die Lehrerinnen und Lehrer von administrativen Tätigkeiten zu entlasten, sodass sie sich wirklich entsprechend ihrer Ausbildung um die Schülerinnen und Schüler kümmern können und pädagogisch arbeiten können. Das heißt, sie stehen in der Klasse, sind bei den Schülerinnen und Schülern.

Die genannten Maßnahmen sind wesentliche Schritte für eine erfolgreiche Bildungs­politik in unserer Zukunft. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

19.18


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Jank. – Bitte.

 


19.18.26

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist immer traurig, wenn über Bildung gesprochen wird, und dann schaue ich hier so ins Plenum, und dann ist es eigentlich immer relativ leer. Offensichtlich sind Bildungsthemen, die Sorge um die Bildung und die Entwicklung unserer Bildung vielfach Lippenbekenntnisse. Ich nehme auch meine eigene Partei in dieser Frage nicht aus. (Abg. Walter Rosenkranz: Frau Kollegin, das hängt damit zusammen, weil der Rechnungshof generell in die Abend­stunden verlegt wird! Das hat nichts mit der Bildung zu tun, das ist eine Rechnungs­hofproblematik!)

Der Bericht des Rechnungshofes zeigt uns einmal mehr, dass doch einiges zu tun ist und einiges im Argen liegt. Über das BIFIE ist schon mehrfach gesprochen worden, und ich nehme mir jetzt die Zeit nicht, um über das BIFIE zu sprechen, obwohl es dort einiges zu verändern und zu reparieren gibt. Ich vertraue da auf die Aussagen der Frau Ministerin, die sagt, diese Evaluierung findet zurzeit statt und es werden dann auch Konsequenzen gezogen.

Viel wichtiger ist es mir, das Positive zu sehen, denn Emotionen sind natürlich notwen­dig und wichtig – und gerade beim Bildungsthema notwendig und wichtig –, aber sie sollten uns nicht zu Aggressionen verleiten, denn dann ist, so glaube ich, das Hirn nicht mehr richtig eingeschaltet, und das braucht es.

Ich möchte daher diese Gelegenheit nutzen, das aufzugreifen, was der Rechnungshof als Maßnahmen aufgezeigt hat, um den Lehrermangel, auf den wir zugehen, zu be­kämpfen. Ich komme gerade von einem Gespräch mit den höchsten Direktorenvertre­tern, Präsidenten der Direktoren der AHS-Schulen, die sich überhaupt vernachlässigt fühlen, weil niemand mit ihnen spricht. Die haben hohe Kompetenz. Und einige dieser Schwierigkeiten, die sie mir aufgezeigt haben, finde ich im Rechnungshofbericht wieder.

Das sind zum Beispiel die gezielten Informationskampagnen, einerseits zur Erhaltung des Lehrpersonals im Aktivstand und andererseits Informationen über Lehrpersonalbe­darf zur Rekrutierung Auszubildender. (Zwischenruf des Abg. Walser.) Die Reduzie­rung der Drop-out-Quote im Lehramtsstudium ist ganz wichtig, also dass wir dazu übergehen, dass sich junge Menschen vorweg selbst prüfen können, ob sie für den Lehrberuf geeignet sind, sodass die Drop-out-Quote geringer wird. Auch die Schaffung einheitlicher rechtlicher Rahmenbedingungen für den Lehrpersonaleinsatz in der Neu­en Mittelschule ist notwendig.

Die Neue Mittelschule weiter zu evaluieren, ist vonnöten. Es gab eine erste Evaluie­rung, die allerdings nach meinem Verständnis von der Zeit der Einführung der Neuen Mittelschule her noch zu kurz ist, um endgültige oder umfassende Schlüsse ziehen zu können. Aber das Monitoring der Neuen Mittelschule ist ein ganz wesentlicher Teil,


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dem wir uns in der nächsten Zeit  und da erwarte ich mir auch vom Rechnungshof entsprechende Aktivitäten  widmen werden müssen, um am Anfang zu sehen, wenn Dinge falsch laufen, um sie gleich am Anfang richtigstellen und reparieren zu können.  Danke. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Walter Rosenkranz: Muss der Rechnungshof das auch noch machen?! Kann der Rechnungshof den PISA-Test übernehmen? !)

19.21


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


19.21.48

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine Herren Präsidenten! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Es gibt natürlich auch eine Reihe anderer Rechnungshof­berichte, die uns vorliegen, und ich finde es besonders schade, dass ein Bericht, der mich als Bautensprecherin besonders interessiert, aufgrund von Zeitmangel nicht im Ausschuss behandelt werden konnte. Das ist der Bericht 2013/5, der das Konjunktur­belebungspaket 2008 behandelt. Ich möchte mich vor allem auf dieses volkswirtschaft­lich relevante Konjunkturpaket im Zusammenhang mit Baumaßnahmen konzentrieren. Jetzt ist natürlich der zeitliche Effekt ein relativ langer, denn das war 2008, wirksam war es 2009/2010. Der Bericht stammt aus dem Jahr 2013, und auch aufgrund der Wahl konnten wir ihn nicht vorher diskutieren; er liegt nun vor.

Die Aufgabe der BIG im Rahmen dieses Pakets war, Investitionen in Hochbau von 875 Millionen € zu tätigen. Das war vor allem ressortintern, in verschiedenen Bereichen ist das umgesetzt worden. Die Ergebnisse dieser Prüfung zeigen, dass im Gegensatz zu anderen EU-Staaten in den Jahren 2009 und 2010 in unserem Land kein Einbruch der Bauwirtschaft in der Form festgestellt werden konnte. Also diese Investitionsoffen­sive war erfolgreich. Im Bericht sind auch zwei Studien von Wirtschaftsforschungsun­ternehmen zitiert, denen zufolge ohne die gesetzten Maßnahmen im Jahr 2011 um 2 Prozent weniger Wirtschaftswachstum generiert hätte werden können.

Was nicht so gut gegriffen hat war die thermische Sanierung. Das liegt aber auch bei den Empfehlungen, dass untersucht werden soll, warum das nicht so akzeptiert wurde. Eine bessere Dokumentation wurde außerdem empfohlen.

Als politische Schlussfolgerung liegt es für mich auf der Hand, dass diese Empfeh­lungen nur deshalb umgesetzt werden konnten, weil die BIG ein Unternehmen ist, das der Republik Österreich gehört, und in einem anderen Fall wäre das wahrscheinlich nicht so möglich gewesen. Außerdem ist es wichtig, in den Bau und Wohnbau zu in­vestieren, und das bedeutet natürlich, dass eine bedarfsgerechte Wohnbauförderung aus volkswirtschaftlichen, konjunkturpolitischen, umweltpolitischen und klimarelevanten Erwägungen wieder zweckgebunden eingeführt und umgesetzt werden muss. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lettenbichler.)

19.24


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schit­tenhelm. – Bitte.

 


19.24.50

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Ge­schätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ja, fluchen am Rednerpult, das hat heute Premiere gehabt. Ich hoffe, es bleibt bei der Premiere, denn das wäre fatal für dieses Haus.

Der Querschnittüberprüfung des Rechnungshofs zufolge waren vier Ministerien, zwei Bundesländer, die Steiermark und Niederösterreich, und auch zwei Städte, Korneuburg und Leoben, von der Beurteilung der Umsetzung der drei im Bereich der Kinderbetreu-


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ung angeschlossenen Bund-Länder-Vereinbarungen betreffend den Ausbau der Kin­derbetreuungsangebote und des Gratiskindergartens umfasst und daran beteiligt.

Wir wissen natürlich sehr genau, meine Damen und Herren, dass das Kindergartenwe­sen Landessache in der Vollziehung und auch in der Gesetzgebung ist, während bei Übungskindergärten an öffentlichen Bildungseinrichtungen hingegen der Bund zustän­dig ist. Tatsache ist – und das belegt auch der Rechnungshofbericht –, dass die Kin­derbetreuungsquote für unter Dreijährige mit Beginn des Ausbaus des Kinderbetreu­ungsangebotes von 2008 bis 2011 sowohl in Niederösterreich als auch in der Steier­mark, aber auch österreichweit entsprechend gestiegen ist.

Vor allem durch die Einführung des Gratispflichtkindergartens ist die Betreuungsquote der Fünfjährigen um 2,5 Prozent gestiegen, wir haben heute eine Betreuungsquote von 96,4 Prozent. Das ist eigentlich eine Vollversorgung. Immerhin haben wir hier auch ge­meinsam beschlossen, dass wir da an die 280 Millionen € von 2009 bis 2013 investiert haben.

In Niederösterreich haben wir seit vielen Jahrzehnten den kostenfreien Vormittag im Kindergarten – das ist für uns selbstverständlich. Kostenfrei auch deshalb, weil wir den Vormittag als Bildungseinheit, als Bildungszeit sehen, so wie dies auch in der Volks­schule ist – natürlich auch mit Native Speakers, natürlich auch mit kleineren Gruppen, weniger Kindern in der Gruppe, wenn es Kinder gibt, die besondere Bedürfnisse ha­ben. Wir haben auch Kinder mit zweieinhalb Jahren, das heißt, es ist regional abge­stimmt, abgestimmt auf das Alter der Kinder, die Anzahl der Kinder in den Gruppen. Auch dazu hat der Rechnungshof detailliert und ausführlich berichtet.

Wir alle wissen, dass gerade die Kleinkindergruppen, gerade der Kindergarten eine notwendige, soziale Betreuungseinrichtung für unsere Kleinsten ist. Da beginnt bereits die Bildung, nicht erst in der Volksschule und später.

Der Rechnungshof stellt allerdings auch einen Mangel an Betreuungsplätzen fest.  Ja natürlich, so schnell können wir nicht aufholen, auch in den Bundesländern nicht, näm­lich bei den Dreijährigen. Da gibt es Handlungsbedarf. Genauso stellt der Rechnungs­hof fehlende Verwendungsnachweise fest. Das heißt, der Rechnungshof vertritt die Auffassung, da sei nicht klar definiert und nicht klar geregelt, in welcher Form das ge­schieht. Dem hat allerdings das Familienministerium schon Rechnung getragen. In Zu­kunft werden Zweckzuschüsse für klar definierte Maßnahmen vom Familienministerium überprüft .

Meine geschätzten Damen und Herren, wir wissen, Kinderbetreuungseinrichtungen müssen den Bedürfnissen der Eltern und den regionalen Bedürfnissen entsprechen. Es ist wichtig und richtig, dass die Gemeinden als Kindergartenerhalter nicht nur die Ver­antwortung haben, sondern diese auch wahrnehmen  und das tun die Gemeinden auch in ganz großartiger Art und Weise. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.28


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


19.28.23

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungsho­fes! Meine Damen und Herren! In meinem Debattenbeitrag darf ich mich noch einmal mit einem Rechnungshofbericht aus dem Jahr 2012 auseinandersetzen, bei dem es um die Finanzierung der Landeslehrer gegangen ist und dieser Bereich untersucht wurde. Ziel dieser Querschnittüberprüfung war die Darstellung und Beurteilung der Rechtsgrundlagen, der Ablauforganisation der Stellenpläne, die Richtigkeit der Abrech-


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nung und das Landeslehrer-Controlling des Bundes und der Länder Kärnten, Niederös­terreich und Salzburg.

Meine Damen und Herren, im Schuljahr 2009/2010 – das war der Untersuchungszeit­raum – betrugen österreichweit die Besoldungskosten des Bundes für die Landeslehrer an allgemein bildenden Pflichtschulen – da übernimmt der Bund 100 Prozent der Kos­ten – rund 3,2 Milliarden €, was zur damaligen Prüfung einen Anstieg von rund 10 Pro­zent ausgemacht hat. Für die berufsbildenden Pflichtschulen – da trägt der Bund 50 Pro­zent der Kosten – wurden rund 150 Millionen € aufgewendet.

Aus der Vielschichtigkeit der österreichischen Schulverwaltung resultiert, dass die Auf­gaben, die Ausgaben und die Finanzierungsverantwortung der betroffenen Gebietskör­perschaften vielfach auseinanderklaffen, insbesondere in den Bereichen Erstellung und Genehmigung der Stellenpläne, Budgetplanung und Budgetvollzug, aber auch bei der Diensteinteilung und dem Landeslehrer-Controlling selbst.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, die Finanzierung der Landeslehrer an öf­fentlichen Pflichtschulen erfordert derzeit die Einbindung einer Vielzahl an Organisa­tionseinheiten des Bundes und der Länder, wie aus diesem Untersuchungsbericht sehr eindeutig hervorgeht.

Die fehlende Übereinstimmung der Aufgaben, Ausgaben und Finanzierungsverantwor­tung verursacht laut Rechnungshof Ineffizienz, Doppelgleisigkeiten und einen erhöhten Verwaltungsaufwand.

Die derzeit laufenden Gespräche im Bildungsbereich sollten dazu genützt werden, die noch offenen Punkte und Empfehlungen des Rechnungshofes mitzubetrachten.

Wir haben in Österreich sehr engagierte Lehrerinnen und Lehrer, modern und gut aus­gebildet. Ich glaube, wir sollten sie nicht ständig schlechtreden.  Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.30


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Hanger. – Bitte.

 


19.30.55

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Prä­sident des Rechnungshofes! Werte Kolleginnen und Kollegen! In der Breite der The­men, die in den Rechnungshofberichten zum Thema Bildung abgehandelt wurden, ha­be ich mir einen Schwerpunkt für meinen Redebeitrag herausgenommen, und zwar be­trifft der das Thema Neue Mittelschule. Es gibt auch einen Rechnungshofbericht, der analysiert, dass die Kosten, umgelegt auf den einzelnen Schüler, in der Neuen Mittel­schule deutlich höher sind als in vergleichbaren Systemen, Unterstufe Gymnasium. Diese sachlich natürlich richtige Analyse hat auch dazu geführt, dass man die Neue Mittelschule sehr kritisch kommentiert hat.

Ich möchte schon dazu einladen, dieses Thema ein bisschen differenzierter zu sehen. Zum einen ist es so, dass die Unterstufe Gymnasium mit der Neuen Mittelschule mit Sicherheit nur sehr schwer vergleichbar ist, und zum anderen möchte ich schon an die Grundidee der Neuen Mittelschule erinnern, die da lautet, dass wir auch Kinder, die vormals in der zweiten, dritten Leistungsgruppe Hauptschule waren, an ein Bildungs­niveau heranführen, das ihnen auch ermöglicht, vielleicht in eine mittlere oder höhere Schule zu gehen oder eine Berufsausbildung zu machen, die auch ein bestimmtes Bil­dungsniveau erfordert. Das ist sehr wichtig.

Differenziertheit ist mir insgesamt sehr wichtig. Ich kenne sehr viele Lehrer, die sehr unter dieser Bildungsdebatte leiden, weil einfach auch ganz vergessen wird, dass es


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unheimlich viele engagierte Lehrer gibt, die mit sehr viel Engagement wirklich eine tolle Arbeit, einen tollen Job machen. Und egal, welches System wir in der Zukunft im Bil­dungssystem aufstellen, wir haben immer auch die Lehrer im Auge zu haben – natür­lich neben den Kindern, die sind das Wichtigste. Wir haben die Lehrer im Auge zu be­halten, denn sie sind ja auch die Träger dieses Systems, und sie verdienen viel mehr Wertschätzung, als sie tagtäglich bekommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.32


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


19.32.43

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsi­dent des Rechnungshofes! Hohes Haus! Ich spreche zum Prüfbericht „Kinderbetreu­ung für 0- bis 6-Jährige“, da geht es um die Ausbauvereinbarungen. Überprüft wurden die Länder Niederösterreich und Steiermark sowie die beiden Gemeinden Korneuburg und Leoben im Zeitraum Oktober 2012 bis März 2013.

Ziel der Prüfung war ein Vergleich der Bundesländer und der vorhin angesprochenen Städte in der Umsetzung der Artikel 15a-B-VG-Vereinbarung für Administration des verpflichtenden Kinderbetreuungsjahres vor Schuleintritt, Verwendung und Abrechnung der Fördermittel, Ausbaumaßnahmen und Förderungen bei Kinderkrippen, Administra­tion des Gratiskindergartens sowie Administration der gesetzlichen Grundlagen in der Kinderbetreuung.

Da ich den Bezirk Leoben hier im Hohen Haus vertrete, darf ich nun kurz auf die über­prüfte Stadt Leoben eingehen. Nach Rücksprache mit den zuständigen Verantwortli­chen kann man festhalten, dass in Leoben weder fachliche, sachliche noch rechneri­sche Mängel beanstandet werden konnten. Bei den Schlussempfehlungen gab es eine Empfehlung, die lautete, dass vor einem weiteren bedarfsgerechten Ausbau des Kin­derbetreuungsangebotes auch die damit verbundenen laufenden Ausgaben zu beden­ken und einzuplanen wären.

Hiezu wurde mir Folgendes mitgeteilt: Bereits im Jahr 2005/2006 wurden beim ersten Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen und dem weiteren Ausbau im Jahr 2009/
2010 die entsprechenden Folgekostenberechnungen durchgeführt und auch bei den weiteren Budgetplanungen eingeplant. Der Rechnungshof lobte die Stadt Leoben, dass diese über vollständige Daten verfügte, um die Besuchspflicht und deren Ausnahmen überwachen zu können. Für Leoben konnte somit ein positives Bild aufgezeigt wer­den. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.35


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Mo­ser. – Bitte.

 


19.35.16

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Werte Präsidenten! Meine Damen und Herren! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Aus der Schule könnte ich Ihnen wirklich sozusagen Brandneues berichten, gestern wieder zwei Stunden. – Ich mache es nicht, ich bleibe auf der Metaebene, aber ich betone: Wir haben die Verantwortung, hier in diesem Parlament optimale Rahmenbedingungen für optimale Unterrichtssituationen zu bieten. Und das, meine Damen und Herren, so habe ich den Eindruck, nehmen vie­le nicht ernst. Für viele ist das nicht Herzensanliegen – für uns schon.

Deswegen bin ich Ihnen, Herr Präsident Moser, sehr, sehr dankbar für diverse kritische Berichte über die verschiedenen Details und Aspekte im Unterrichtsbereich. Ich habe eines von Ihnen gelernt, und das möchte ich gleich an den Anfang stellen, nämlich


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Fakten zur Kenntnis zu nehmen und sich nicht mittels Budget über etwas hinwegzu­schmuggeln. Ich sage absichtlich nicht „Budgetlügen zu betreiben“, Herr Präsident Kopf, ich sage es absichtlich nicht! (Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren, Sie schummeln sich über die Tatsache hinweg – korrektes Deutsch soll man sprechen –, dass, unabhängig davon, was wir politisch hier be­schließen, alleine der finanzielle Aufwand für die Lehrerinnen- und Lehrergehälter auf­grund der Gehaltsprogression pro Jahr 5,54 Prozent, Herr Präsident, ausmacht und Sie diese Budgetsteigerungen – dieses simple Faktum, es ist ja fast naturgesetzlich, dieses Faktum – in keiner Weise berücksichtigen. Wir haben insofern beim Bildungs­budget an sich ständig eine Erosion statt einer Verbesserung. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist wieder so ein Knackpunkt, und das lerne ich immer in Gesprächen mit Ihnen, Herr Präsident, in Diskussionen im Rechnungshofausschuss. Sie machen uns immer wieder klar, dass eines wesentlich ist – das gilt sowohl für den Kindergartenbereich als auch für den Volksschulbereich oder für den weiterführenden schulischen Bereich –: klare Ziele und Evaluierungen. Das ist ja die Kritik, es wurde im Kindergartenbereich nicht evaluiert. Es wurde beim BIFIE teilweise die Zielsetzung nicht klar gesetzt, be­ziehungsweise gab es Doppelstrukturen. Das kostet, und es kostet umso mehr, wenn auch noch das Controlling fehlt.

Das ist sozusagen ein Dreischritt, den ich bei diversen Bildungsberichten beobachten kann, die der Rechnungshof liefert, nämlich dass das nicht erfolgt ist, dass zum Bei­spiel die Wirkungsorientierung nicht eingehalten wird, dass Vorgaben nicht eingehalten werden, dass Geld unzweckmäßig verwendet wird, gerade im Kindergartenbereich. Da hat ja sogar der Bund diese 12 Millionen € – eine Kollegin hat es ja schon erwähnt – für Evaluierungen bereitgestellt. Diese wurden nicht vorgenommen, das Geld ist versan­det.

Gegen diese Sandpolitik müssen wir ankämpfen, denn nicht nur jeder Euro ist wertvoll für die Bildung, es ist auch jeder Euro wertvoll für das Budget. Insofern gehören ein­fach die Grundsätze des Rechnungshofes, die Zweckmäßigkeit, die Wirtschaftlichkeit und die Aufgabenorientiertheit, in die Grundbibel jedes einzelnen Abgeordneten ge­schrieben, das muss ich sagen! (Beifall bei den Grünen.)

Damit bin ich jetzt bei der Pflichtlektüre jeder und jedes Abgeordneten, nämlich dem Bundesvoranschlag 2014 und 2015. Ich habe mir extra meinen Redebeitrag jetzt für den Schluss aufbehalten, weil ich das nicht morgen ansprechen werde, sondern heute in Anwesenheit des Rechnungshofpräsidenten noch einmal die Trommel rühre, dass Sie diesem Budgetvoranschlag – ich sage es jetzt gleich, Untergliederung 06, Teilheft Rechnungshof – bitte nicht zustimmen, und zwar aus drei ganz einfachen Gründen. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.)

Der Rechnungshof ist bereits im Budget 2013 zur Ader gelassen worden. Es ist bereits die Dotierung eigentlich entsprechend den Erfordernissen zurückgenommen worden, denn – ich kann es Ihnen im Detail sagen – an sich muss der Rechnungshof jetzt mehr an Sozialleistungen und Sozialversicherungskosten beitragen. Das wurde nicht refun­diert. Wir haben also praktisch endlich, wie im Schulbereich, eine indirekte Kürzung, die aber 2 Millionen € beträgt, wenn nicht sogar im Jahr 2013 schon 3 Millionen € be­tragen hat.

Statt dass wir dem 2014 und 2015 gegensteuern, wird diese Fehlsteuerung noch ver­stärkt. Das können wir nicht zur Kenntnis nehmen, vor allem nicht als Parlament und ParlamentarierInnen, die wir dringend darauf angewiesen sind, dass die Zahl der Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofes vollständig ist. Da sind wir beim Stel­lenplan. Es sind im Rechnungshof bei gleichzeitiger Aufgabenvermehrung des Rech­nungshofs mindestens 40 Stellen zu wenig besetzt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 186

Das kann auch kein Wunderwuzzi – ich meine, Herr Präsident, das ist unmöglich –, dass er mit weniger Leuten und weniger Geld mehr Kontrolltätigkeit leistet. Das geht nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir haben über dieses Dilemma und über diese sozusagen haushalterische und auch demokratiepolitische Fehlentwicklung, über dieses Debakel im Ausschuss vehement diskutiert. Es wurde uns vonseiten der Rechnungshofsprecher von SPÖ und ÖVP ver­sprochen, dass sie noch einmal ein ernstes Wort mit den Budgetverantwortlichen in ih­ren Regierungskreisen reden werden.

Das Ergebnis, meine lieben Kollegen, ist leider schlecht, und schlecht ist gleich nicht genügend in der Schule. Bitte gehen Sie noch in sich! Es ist noch nicht aller Tage Abend. Es gibt noch die Diskussion der einzelnen Budgetkapitel, der Endbeschluss er­folgt Ende Mai. Gehen Sie noch in sich! Das sollte eigentlich jeder tun, denn der Rech­nungshof ist dringend notwendig für die korrekte Abwicklung der Staatsfinanzen in Ös­terreich. Das brauchen wir angesichts des Hypo-Desasters umso dringender. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

19.41


Präsident Karlheinz Kopf: Also gut, Frau Abgeordnete Moser, wenn Sie das Wort nicht gesagt haben, dann sage ich das Wort „Ordnungsruf“ auch nicht. Dann sind wir uns hoffentlich wieder einig.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Präsident des Rechnungshofes Dr. Mo­ser. – Bitte.

 


19.42.08

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Herr Präsident! Hohes Haus! Auf der heutigen Tagesordnung stehen insgesamt fünf Berichte, 17 Prüfungsergebnisse, die in den letzten Jahren dem Parlament zugeleitet worden sind. Einige dieser Prüfbe­richte sind heute diskutiert worden.

Ich möchte darauf hinweisen, dass alle diese Berichte – auch das ist in der Debatte hervorgekommen – aufzeigen, dass Reformbedarf gegeben ist. Allein bei der Bildung besteht Reformbedarf von der Kinderbetreuung bis zur Universität.

Wir haben Handlungsbedarf, wenn es darum geht, eben die Zukunftsfähigkeit unseres Budgets und auch des Wirtschaftsstandortes sicherzustellen. Das zeigen die Berichte im Zusammenhang mit Infrastruktur und Steuern auf.

Und diese zeigen auch auf, dass Maßnahmen gesetzt werden müssen, damit wir tat­sächlich die Herausforderungen, denen sich Österreich gegenüber der EU gestellt hat und zu denen wir uns auch verpflichtet haben, auch bewältigen können.

Faktum ist, dass derzeit in vielen Bereichen das Geld beim Betroffenen nicht ankommt. Faktum ist, dass der derzeitige Budgetpfad auch nicht mit den EU-Vorgaben überein­stimmt. Faktum ist auch, dass die Staatsverschuldung auf rund 80 Prozent angestie­gen ist.

Wir brauchen Reformen. Der Rechnungshof hat deshalb schon seit Jahren darauf hin­gewiesen, ohne Strukturreformen geht es nicht. Es reicht nicht aus, darüber zu disku­tieren, wer jetzt die Lehrer in seiner Kompetenz hat, sondern die Diskussion ist tief­greifender zu führen. Dafür sollen die Berichte des Rechnungshofes eine Grundlage sein beziehungsweise gleichzeitig auch eine Hilfestellung bieten.

Deshalb gestatten Sie mir auch – da die Bildung eines der Herzensanliegen von uns allen ist –, dass ich zu den Berichten, die der Rechnungshof dem Parlament zugeleitet hat und die heute diskutiert worden sind, doch Näheres ausführe:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 187

Die Ausgaben/Auszahlungen im Globalbudget Unterricht sind im Zeitraum 2009 bis 2013 um 13,5 Prozent gestiegen, das heißt um 5,4 Prozent höher als die Auszahlun­gen beim Gesamthaushalt. Gleichzeitig ist die Schülerzahl in diesem Zeitraum um 3,4 Prozent zurückgegangen. Trotz – man kann sagen – überdurchschnittlichem Input ist aber der Output unterdurchschnittlich, wie internationale Studien zeigen, und das, obwohl das Lehrer-Schüler-Verhältnis in Österreich überdurchschnittlich gut ist.

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass in der Sekundarstufe I, das heißt in jener der 10- bis 14-Jährigen, in Österreich auf einen Lehrer 9 Schüler kommen. Im OECD-Durch­schnitt sind es 13,2.

Betrachtet man die Sekundarstufe II, das heißt jene der 14- bis 19-Jährigen, dann sieht man, dass in Österreich auf einen Lehrer 10,1 Schüler kommen, im OECD-Schnitt sind es 13,9.

Offensichtlich – das zeigen die Leistungen – kommt aber das Geld nicht an: trotz sehr guter, überdurchschnittlicher Mittelausstattung, trotz überdurchschnittlich gutem Leh­rer-Schüler-Verhältnis.

Eines der Probleme ist die Kompetenzzersplitterung, die wir im Schulwesen haben, die zu Ineffizienzen, Doppelgleisigkeiten und Interessenkonflikten führt. Nicht zuletzt hat die OECD darauf hingewiesen, dass bedingt durch das gegliederte Schulsystem, das heißt durch die Kompetenzzersplitterung, die Leistungsunterschiede der Schülerinnen und Schüler in Österreich etwa doppelt so groß sind wie im OECD-Schnitt.

Ein weiterer Grund dafür ist natürlich auch, dass die österreichischen Lehrerinnen und Lehrer im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich wenig unterrichten. Beträgt die Unterrichtszeit in der Sekundarstufe I in der OECD 709 Stunden, so liegt diese in Österreich bei 607 Stunden. Betrachtet man die Sekundarstufe II, so ist der OECD-Schnitt bei der Unterrichtszeit 664 Stunden, in Österreich liegt sie bei 569 Stunden.

Die Lehrpersonen unterrichten in Österreich rund ein Drittel ihrer Tätigkeit, ein Drittel benötigen sie für Vorbereitungen und Nachbereitungen, ein Drittel in diesem Fall für sonstige Tätigkeiten beziehungsweise administrative Tätigkeiten.

Reformen sind daher unabdingbar. Das Schulsystem aus dem Jahr 1962 ist nicht mehr zeitgemäß.

Prinzipiell sieht die Verfassung vor, dass eben gerade das Schulwesen in die Grund­satzkompetenz beziehungsweise Generalkompetenz des Bundes fällt. Beim Lehrer­dienstrecht ist die Vollziehung ausgelagert in den Bereich der Länder. Bei der Dienst­hoheit und gleichzeitig bei der Behördenzuständigkeit haben wir eine Kompetenz der Länder im Bereich der Gesetzgebung, aber auch im Bereich der Vollziehung. Dies führt zu neun Landeslehrerdiensthoheitsgesetzen, zu Bürokratie, Kontrolllücken und Ineffi­zienzen.

Wohin das führt, zeigt sehr gut die Neue Mittelschule, da einer der Kernpunkte der Neuen Mittelschule ein verschränkter Personaleinsatz zwischen Landeslehrern und Bundeslehrern ist.

Die derzeitigen kompetenzrechtlichen Unterschiede führen dazu, dass zwar ein glei­cher Lehrplan besteht, aber Bundeslehrer und Landeslehrer unterschiedliche Ausbil­dungen haben, unterschiedliche Fortbildungsverpflichtungen haben, unterschiedliche Gehälter haben, unterschiedliche Unterrichtsverpflichtungen haben, unterschiedliche Aufnahmebedingungen haben. In letzter Konsequenz führt dies auch dazu, dass sie ein unterschiedliches Pensionsantrittsalter haben, weil Bundeslehrer und Landeslehrer die Hacklerregelung in unterschiedlichem Maße in Anspruch genommen haben.


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Die derzeit bestehenden Regelungen führen dazu, dass ein Bundeslehrer, der an einer Neuen Mittelschule unterrichtet, beispielsweise Deutsch, kürzer unterrichtet, aber dafür mehr bezahlt bekommt. Der verschränkte Lehrereinsatz, eine logische Konsequenz, konnte daher nur ansatzweise bewerkstelligt werden.

Die Kosten des Modellversuches Neue Mittelschule waren 114 Millionen €. Bevor man aber die Evaluierung, die summative Evaluierung durchgeführt hat, wurde der Mittel­schulversuch bereits in das Regelschulwesen überführt. Dies hat bisher dazu geführt, dass eine Überprüfung der Bildungsstandards Englisch in der achten Schulstufe, ver­öffentlicht Anfang 2014, aufzeigt, dass das Niveau der Neuen Mittelschule ungefähr dem der Hauptschule entspricht und weit unter dem von AHS-Schülern liegt.

Dessen ungeachtet betragen die Lehrerpersonalkosten bei der Neuen Mittelschule pro Schüler 7 200 €, bei der Hauptschule 6 600 €, bei der AHS 4 700 €.

Dieses Beispiel zeigt: Wir brauchen Reformen im Kompetenzbereich. Schulorganisato­rische Maßnahmen erfordern vor deren flächendeckender Einführung eine Wirksam­keitsüberprüfung. Reformen im Bereich des Dienstrechtes sind unabdingbar, zumal die Gesamtpersonalkosten im Bildungsbereich rund 92 Prozent ausmachen, während der Einsatz der Lehrer im Unterricht aber im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich ist.

In diesem Zusammenhang brauchen wir für ein effizientes Schulsystem im Interesse der Schülerinnen und Schüler auch eine zielgerichtete Steuerung. Diese liegt derzeit leider nicht vor.

Gerade die Prüfung des BIFIE, des Bundesinstitutes für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens zeigt, dass öffentliche Kernaufga­ben ausgelagert worden sind – die Bildungsforschung, das Bildungsmonitoring, die Qualitätsentwicklung und gleichzeitig auch die Bildungsberichterstattung –, dass damit aber keine ausreichende und effiziente Steuerung und Planung verbunden wurden.

Die Zielvorgaben waren mangelhaft, das Projektcontrolling nicht ausreichend. Die Aus­gliederung führte dazu, dass bereits von 2008 bis 2010 die finanzielle Ausstattung ver­doppelt werden musste. Der Personalstand überschritt bereits im Jahr 2011 den ge­planten um ein Drittel, und es wurden Doppelstrukturen aufgebaut.

Das Ziel einer Bündelung der Projekte beim BIFIE wurde nicht erreicht, da auch zahl­reiche andere Auftragnehmer mit Kernaufgaben des BIFIE beauftragt worden sind.

Eine effiziente Bildungspolitik erfordert daher eine Evaluierung des BIFIE, insbesonde­re ob die Aufgaben des BIFIE nicht durch das Bundesministerium, durch das Bildungs­ministerium selbst durchgeführt werden sollten. Denn die Bereiche Bildungsforschung, Bildungsmonitoring, Qualitätsentwicklung stellen zweifelsohne eine zentrale öffentliche Aufgabe dar, die auf jeden Fall zentral und unmittelbar gesteuert werden müsste.

Und Steuerung umfasst auch eine nachhaltige Personalplanung. Auch das ist in der Debatte angesprochen worden. Bis 2025, 2026 sind rund 19 700 Lehrer, das heißt 55 Prozent des Aktivstandes, neu aufzunehmen.

Dessen ungeachtet gibt es keine ausreichenden koordinierenden Maßnahmen zur De­ckung des Bedarfs. Keine ausreichenden Maßnahmen wurden gesetzt, um Lehrper­sonen länger im Dienststand zu halten. Die Folge ist, dass von den im Jahr 2012 vor­zeitig in den Ruhestand versetzten Lehrern in Oberösterreich 77,7 Prozent, in Salzburg 71,3 Prozent die Hacklerregelung in Anspruch genommen haben, was zu einer mas­siven Verschärfung im Bereich der Personalsituation beigetragen hat.

Die angespannte Personalsituation wird auch dadurch sichtbar – auch das wurde heu­te angesprochen –, dass die Dauermehrdienstleistungen stark angestiegen sind. Allein


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das Beschäftigungsausmaß von 5 200 vollbeschäftigten Lehrern wird für Dauermehr­dienstleistungen aufgewendet. 70 Prozent der Lehrpersonen leisten Dauermehrdienst­leistungen, 80 Prozent mehr als sechs Werteinheiten pro Woche, einige sogar die dop­pelte Lehrverpflichtung.

Schulorganisatorische Maßnahmen, Senkung der Klassenschülerhöchstzahl, Eröffnungs- und Teilungszahlenverordnung, Tagesbetreuung sowie die Einführung der Neuen Mit­telschule wirken sich auch massiv auf die Personalsituation aus. Allein für die Ein­führung der Neuen Mittelschule sind 3 000 zusätzliche Lehrer, für die anderen Maß­nahmen mehr als 1 500 Lehrer erforderlich. Aber eine für die Feststellung der Wirk­samkeit erforderliche Evaluierung wurde vor der flächendeckenden Einführung nicht durchgeführt.

Allein für leitende, administrative, unterstützende und technische Tätigkeiten wurden 2 500 Lehrer im Schuljahr 2012/2013 vom Unterricht abgezogen, also für Tätigkeiten, die von Verwaltungspersonal wesentlich günstiger ausgeübt werden könnten.

Die angespannte Personalsituation erforderte auch, dass Sonderverträge abgeschlos­sen wurden, und zwar mit Lehramtsstudenten, die die Lehramtsprüfung noch nicht ab­gelegt haben, und dass selbst pensionierte Lehrer wiederum in den Dienststand ge­stellt werden mussten.

Die Dauermehrdienstleistungszulagen im Ausmaß von 5 200 Vollbeschäftigungsäqui­valenten machten sichtbar, dass eine Anhebung der Lehrverpflichtung vertretbar ist, und gleichzeitig auch, dass eine Anhebung im internationalen Vergleich auch geboten ist.

In letzter Konsequenz möchte ich doch noch ausführen, dass die Prüfung der Finanzie­rung der Landeslehrer zeigt, dass die Kompetenzbereinigung dringend notwendig ist. Neun Landeslehrerdiensthoheitsgesetze führen zu Ineffizienzen und Doppelgleisigkei­ten. Das zeigte sich unter anderem bei der Erstellung und Genehmigung der Stellen­pläne, bei der Budgetplanung und beim Budgetvollzug, bei der Dienstzuteilung und Mit­verwendung beim Landeslehrercontrolling. Die Vielschichtigkeit des Schulwesens zeigt sich auch in der Bandbreite der zuständigen Schulbehörden: Schulbehörden im Be­reich der Ämter der Landesregierungen, der Bezirksverwaltungsbehörden, Schulbehör­den des Bundes und gleichzeitig eigens eingerichtete Behörden.

Die Kompetenzzersplitterung führt auch dazu, dass derjenige, der sich nicht an die Vereinbarungen hält, gleichzeitig dafür belohnt wird. Wenn ein Land den Stellenplan nicht einhält und zusätzliche Lehrer anstellt, dann hat der Bund erhebliche Mehrkosten zu tragen. Denn der Bund zahlt die Gehälter und die Länder refundieren nicht die tat­sächlichen Kosten, sondern die Normkosten, die 39 000 € betragen, die tatsächlichen Kosten liegen im Schnitt bei 56 000 €. Die Differenz macht allein im Schuljahr 2009/
2010 33 Millionen € aus. Das heißt, es wäre notwendig, die Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung entsprechend zusammenzuführen. Die derzeitigen Refor­men reichen dafür sicherlich nicht aus.

Das Bundesrahmengesetz für die Einführung der neuen Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen tritt sukzessive bis 1. Oktober 2019 in Kraft, das neue Dienstrecht ver­pflichtend bis zum Schuljahr 2019/2020. Bis dahin sind 6 000 neue Lehrer anzustellen. Das heißt, der derzeitige Zustand, dass eine Ungleichbehandlung zwischen Bundes­lehrern und Landeslehrern vorliegt, wird in den nächsten 30 Jahren fortgeschrieben.

Die Anhebung der Dienstverpflichtung der Lehrer auf 22 Wochenstunden wird so be­werkstelligt, dass davon bereits zwei Stunden für Klassenvorstandstätigkeiten und Be­ratungstätigkeiten angerechnet werden. Das heißt, die Folge ist, dass eine Anhebung der Unterrichtszeit auf internationales durchschnittliches Niveau nicht durchgeführt wird. Gleichzeitig werden Aufzeichnungen für Vorbereitung und Nachbereitung, für Be-


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ratungsstunden und für sonstige Tätigkeiten nicht festgelegt. Die Nachvollziehbarkeit der Leistungserbringung ist daher erschwert. Eine Jahresarbeitsnorm fehlt.

Die Nichtdurchführung – auch das wurde angesprochen – von Evaluierungen, nämlich bei der Neuen Mittelschule, stellt ein Beispiel dafür dar, dass man sich dadurch die Möglichkeit nimmt, die Ergebnisse dafür zu nutzen, um entsprechend steuern zu kön­nen.

Aus der Sicht des Rechnungshofes brauchen wir daher dringend strukturelle Refor­men, um die Zukunft des Bildungswesens im internationalen Vergleich, wo der Mittel­einsatz überdurchschnittlich ist, in Richtung einer Wettbewerbsfähigkeit und einer Zu­kunftschance zu führen. Wir brauchen Reformen, damit die knapper werdenden Mittel auch in Zukunft besser eingesetzt werden.

Die Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass in den Jahren 2009 bis 2013 die Steigerung im Bildungsbereich jährlich im Schnitt 3,17 Prozent betragen hat. In Zukunft wird mit dem heute vorgelegten Finanzrahmengesetz für die Jahre 2014 bis 2018 die Steige­rung 0,7 Prozent betragen. Wenn wir die strukturellen Reformen nicht durchführen, dann führt das genau dazu, dass wir die Strukturen füttern und gleichzeitig auf die Kinder vergessen. Das sollte meines Erachtens nicht der Fall sein.

Genau das wäre auch im Bereich der Kinderbetreuung notwendig, wo man in der Ver­gangenheit beispielsweise 280 Millionen € aufgewendet hat, um die Gratiskindergar­tenpflicht einzuführen. In letzter Konsequenz wurden damit zusätzlich 2 350 Fünfjäh­rige in die Kinderbetreuung gebracht. Es wäre zweckmäßig, zu evaluieren, inwieweit dieses Geld tatsächlich Wirksamkeit entfaltet hat und gleichzeitig auch zielgerichtet eingesetzt wurde.

Ein wesentliches Problem ist, dass die erforderlichen, vorgesehenen Evaluierungen – die Halbzeitevaluierung, Evaluierung der Tagesmütterbetreuung, Bewertung, inwiefern die Gratiskindergartenpflicht Chancen der Kinder verbesserte – nicht durchgeführt wur­den. Wenn wir in Zukunft diese Bewertungen nicht durchführen, dann wird das Geld wie in der Vergangenheit dort versickern, wo es nicht hingehört, nämlich in den Struk­turen, und wir werden es nicht mehr haben für die Betroffenen.

Aus diesem Grund ersuche ich Sie – meine Ausführungen waren heute etwas länger –, die Tatsache, dass 17 Prüfungsergebnisse auf der Tagesordnung stehen, dafür zu nüt­zen, dass die Reformen endlich angegangen werden, um Österreich eine Zukunftschan­ce zu geben. – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

19.56

19.56.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-13 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer hierfür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Antrag des Rechnungs­hofausschusses, den vorliegenden Bericht III-18 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer hierfür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig und somit ange­nommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 191

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-8 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer hierfür ist, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig ange­nommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-29 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer hierfür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig ange­nommen.

19.57.4424. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes Reihe Bund 2014/2 (III-41/125 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


19.58.08

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Geschätzte Herren Präsidenten! Kolleginnen und Kollegen! Der Finanzbericht 2011 wurde vom EU-Rechnungshof und dem nationalen Rechnungshof gemeinsam erstellt. Diese Zusammenarbeit erachte ich grundsätzlich als positiv. 2011 bekam Österreich von der EU 1,87 Milliarden € an Fördermitteln re­fundiert. Das ist zugleich um 3 Prozent mehr als 2010. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Des Weiteren flossen 2011 1,48 Milliarden € direkt in das Bundesbudget, der Restbe­trag auf 1,87 Milliarden € ging direkt zu den Förderwerbern. 70 Prozent der Förderun­gen, die 2011 an Österreich kamen, konnten direkt der Landwirtschaft zugeteilt wer­den. Im Bereich der Agrar- und Strukturförderung flossen 2011 1,45 Milliarden € in das nationale Budget Österreichs. Davon gingen 97 Prozent direkt zu den Bundesländern. Ich erwähne hier, dass federführend Niederösterreich mit 32 Prozent, Oberösterreich und anschließend die Steiermark hauptsächlich davon profitiert haben. Das heißt, auch 2011 haben die Bundesländer, hat Österreich von seiner EU-Mitgliedschaft in hohem Maße profitiert.

2010 wurde bereits die neue EU-Strategie „Europa 2020“ ins Leben gerufen. Hier darf ich erwähnen, dass wir mit einer Beschäftigungsquote von 75,2 Prozent im Bereich der 20- bis 64-Jährigen das Ziel „Europa 2020“ bereits übererfüllt haben.

Der Rechnungshofbericht zeigt aber auch entsprechende Kritikpunkte und deutliche Mängel auf, zum Beispiel im Bereich der Almflächen, und bewertet auch das Überwa­chungs- und Kontrollsystem in der Landwirtschaft als nur bedingt wirksam.

Ich denke, dass eine Vereinfachung der Fördermodalitäten, Bürokratieabbau und effi­zientere Kontrollsysteme mehr Transparenz schaffen. Das sind auch die Herausforde­rungen für die Zukunft. Ich bedanke mich sehr herzlich bei den Expertinnen und Exper­ten des Rechnungshofes für die Erstellung dieses Finanzberichtes 2011. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


20.00.33

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Preiner hat ja schon


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 192

zusammengefasst: Dieser EU-Finanzbericht zum Jahr 2011 gibt einen Überblick über die Zahlungen in die EU und über die Rückflüsse in die – damals – 27 EU-Länder. Ös­terreich hat 2,69 Milliarden € eingezahlt, und 1,88 Milliarden € sind zurückgeflossen.

Wir sind im Bereich der Nettozahler an neunter Stelle gereiht. Angeführt werden die elf Nettozahler von Deutschland, Frankreich und Italien. Es gibt 16 Nettoempfänger, dazu gehören zum Beispiel Polen und Spanien. Es wird natürlich hauptsächlich in struktur­schwache Länder reinvestiert.

In Österreich ist zirka ein Drittel der Mittel nach Niederösterreich geflossen, nach Ober­österreich 19 Prozent, in die Steiermark 13 Prozent. Schlusslichter sind Vorarlberg mit 2 Prozent und Wien mit lediglich 1 Prozent.

Insgesamt – das hat mein Vorredner schon gesagt – sind 70 Prozent der Mittel in die Landwirtschaft geflossen, wobei es dabei darum geht, die Bewirtschaftung und die na­türlichen Ressourcen zu bewahren. Es geht natürlich auch darum, die Entwicklung und die Attraktivierung des ländlichen Raumes zu fördern. Natürlich werden wertvolle Mittel in Arbeitsplätze, aber natürlich auch in den Schutz von Umwelt und Steilflächen inves­tiert.

Jeder Euro, jedes Projekt, jede Investitionsmaßnahme ist wichtig, und es gibt, glaube ich, für die Zukunft durchaus noch zusätzliche Möglichkeiten, mehr Mittel in Brüssel ab­zuholen. Wir holen derzeit etwas zu wenig Mittel ab; wir haben in den letzten Jahren unseren Nettozuschuss gesteigert.

Insgesamt hat der Rechnungshof zwischen 2011 und 2012 gemeinsam mit dem EU-Rechnungshof sechs Prüfungen durchgeführt. Es ist dabei darum gegangen, die Maß­nahmen zwecks Überwachung und Controlling zu hinterfragen, und dabei hat der Rechnungshof gerade bei den Almflächen, über die wir ja derzeit intensiv diskutieren, schon festgestellt, dass es großen Verbesserungsbedarf gibt und dass es ein neues System braucht.

Es gibt einen klaren Auftrag aus diesem EU-Finanzbericht: Wie können wir durch zu­sätzliche Projekte und Programme unsere Nettozahlerposition senken und mehr Mittel abholen? Daher ist es wichtig, dass wir einen europäischen Überblick haben und dass wir wissen, wo wir stehen und wo wir in Zukunft unsere Initiativen setzen müssen, um die EU-Gelder abzuholen. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.

 


20.03.24

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Es ist ja schön und gut, wenn man die Zahlen aus dem EU-Fi­nanzbericht zitiert, aber ich glaube, es gibt doch ein paar Dinge, mit denen man sich ein bisschen intensiver beschäftigen muss. Schließlich geht es ja immer darum, etwas weiterzuentwickeln.

Der Rechnungshof hat festgestellt, dass von all den Zahlungen, die seitens der EU er­folgen – und es geht doch um rund 140 Milliarden €, die da an Zahlungen abgewickelt werden –, rund 5 Prozent fehlerhaft sind, sozusagen Zahlungen sind, die nicht hätten geleistet werden dürfen, weil sie gegen irgendwelche Regeln verstoßen. Und man muss sich damit beschäftigen, warum das so ist.

Diese Fehler wurden zwar festgestellt, aber man hat nicht gesagt, was wir dagegen tun. Das ist meines Erachtens viel zu wenig, und es gehören auf alle Fälle Maßnahmen gesetzt und Schritte eingeleitet, dass dieser Prozentsatz von – nehmen wir einmal an –5 Prozent gesenkt werden kann und man die Zahlungen irgendwann einmal nahezu fehlerfrei bestreitet.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 193

Des Weiteren ist es zwar sehr schön, Herr Kollege Preiner, wenn die Rückflüsse aus der EU um 3 Prozent gestiegen sind, aber wenn dann von 2010 auf 2011 der Netto­saldo Österreichs um 19 Prozent steigt, dann vergesse ich gern die 3 Prozent; die brauche ich dann nämlich auch nicht. Konkret wurden die Nettozahlungen von 676 Mil­lionen € im Jahr 2010 auf 805 Millionen € im Jahr 2011 gesteigert. Das ist doch eine erkleckliche Summe! Schauen wir einmal, wie es in den nächsten Jahren weitergeht. Der Spielraum nach oben scheint unendlich zu sein. Wir werden jedenfalls sehr kritisch darauf schauen, wie sich das weiterentwickelt.

Letzter Punkt: Wenn man diese Rückflüsse von 1,876 Milliarden € genauer anschaut, dann sieht man, dass rund ein Viertel davon Zahlungen sind, die direkt an die Förde­rungsempfänger gehen. Das ist doch Steuergeld, das – zwar über Umwege – wieder zurückkommt, und es gibt keine Möglichkeit, zu kontrollieren, ob diese Mittel zu Recht ausbezahlt werden und an wen sie gehen. Wir wissen da nichts. Wir tappen da im Dunklen. Das ist – Herr Präsident Moser, Sie haben es im Ausschuss angesprochen – ein kontrollfreier Raum.

Ich denke, dass man doch jeden Steuercent kontrollieren können muss, und habe zu diesem Punkt daher folgenden Entschließungsantrag mitgebracht:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die vorsieht, dass es dem Rechnungshof auch möglich ist, die Verwendung der EU-Mittel zu prüfen, die direkt an die Förderungsempfänger ausbezahlt werden.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

20.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Wolfgang Zanger und weiterer Abgeordneter

betreffend Prüfung von EU-Fördermitteln, die direkt an Förderungsempfänger ausge­zahlt werden

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 24. Bericht des Rech­nungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2014/2 (III-41/125 d.B.): in der 21. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 29. April 2014

Laut dem EU-Finanzbericht 2011 erhielt Österreich 1,876 Mrd. Euro an EU–Mitteln. Davon flossen 1,481 Mrd. Euro über den Bundeshaushalt nach Österreich, die übrigen Rückflüsse gingen direkt an Förderungsempfänger wie Forschungseinrichtungen und Energieunternehmen. Diese 395 Mio. Euro werden ohne konkrete Prüfung ausbezahlt.

Sinnvoll wäre es, die Prüfkompetenz des Rechnungshofes zu erweitern, damit auch diese 395 Mio. Euro, die direkt an die Förderungsempfänger ausbezahlt werden, ge­prüft werden können.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 194

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die vorsieht, dass es dem Rechnungshof auch möglich ist, die Verwendung der EU-Mittel zu prüfen, die direkt an die Förderungsempfänger ausbezahlt werden.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


20.06.49

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Herr Rechnungshofprä­sident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorredner haben betref­fend den EU-Finanzbericht schon einiges erwähnt. Ich möchte meine Rede daher zum Anlass nehmen, um auf einige Geldverschwendungsaktionen hinzuweisen, die in der EU leider stattfinden – es verschwindet und versickert ja immer irgendwo Geld auf un­nachvollziehbare Weise –, und zwei Beispiele konkret ansprechen:

Erstens: Die Generaldirektion Justiz der EU-Kommission hat im Jahr 2010 für das De­sign ihres Internetauftrittes 718 620 € ausgegeben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist eine Summe, die hier schon erwähnt werden muss und die auch exem­plarisch aufzeigt, wie mit EU-Geld, mit Steuergeld umgegangen wird.

Zweitens möchte ich an die Kosten erinnern, die durch den Hin- und Hertransport der EU-Abgeordneten zwölf Mal im Jahr vom einen Sitz des Europäischen Parlaments zum anderen entstehen, denn dadurch, dass die Abgeordneten und ihre Mitarbeiter vom einen Sitz in Brüssel zum anderen Sitz nach Straßburg reisen, fallen 200 Millionen € an. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, wäre gerade jetzt im Vorfeld der EU-Wahl, die ja Ende Mai stattfindet, zu diskutieren und zu durchleuchten und in weiterer Folge auch von den zukünftigen EU-Parlamentariern anzugehen und zu be­handeln! (Beifall beim Team Stronach.)

Es wurde schon erwähnt: Laut EU-Finanzbericht erhielt Österreich knapp 1,9 Milliar­den € an EU-Mitteln. Davon flossen 1,4 Milliarden € über den Bundeshaushalt direkt nach Österreich, und 395 Millionen € gingen ohne Prüfung an die Förderungsempfän­ger, wurden direkt an diese Förderungsempfänger ausgezahlt.

Kollege Zanger hat es schon angesprochen und es hat auch im Ausschuss Rech­nungshofpräsident Moser dargelegt, dass diese 395 Millionen € nicht geprüft sind, dass die so quasi im prüfungsfreien Raum stehen.

Wir unterstützen den Antrag, den Kollege Zanger vorhin eingebracht hat, weil ich es für sinnvoll und richtig halte, dass der Rechnungshof weitere Kompetenzen bekommt, die Prüfungskompetenz erweitert wird und er auch diese Gelder prüfen kann, denn es han­delt sich ja um Steuergelder, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es muss aber auch gewährleistet sein, dass der Rechnungshof ein entsprechendes Budget hat, sollte dem zugestimmt werden, die Prüfungskompetenz dahin gehend zu erweitern. Der Rechnungshof darf budgetär nicht ausgehungert werden, wie es bei den letzten Budgets passiert ist. Die Budgetverhandlungen stehen jetzt an, und auch ich darf hier an dieser Stelle, wie die Vorsitzende des Rechnungshofausschusses, Frau Dr. Moser, vorhin gesagt hat, an Sie appellieren, dass Sie bei der Budgeterstellung die­sen Posten überdenken, und auch darum ersuchen, dass das Schreiben des Rech­nungshofpräsidenten, das er im März dieses Jahres bezüglich der Arbeitgeberbeiträge, die er selbst zu bezahlen hat und die das Budget belasten, wieder an Sie gerichtet hat,


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ernst genommen wird und dass dem nachgegangen wird, sodass der Rechnungshof mit entsprechenden Mitteln ausgestattet werden kann, um seine Kernaufgaben weiter­hin gut erfüllen zu können.

Es muss gewährleistet sein, dass der Rechnungshof die zusätzlichen Aufgaben, die wir ihm seitens des Nationalrates zukommen lassen, erfüllen kann, und es muss auch ge­währleistet sein, dass die Verwendung des Steuergeldes kontrolliert wird. (Beifall beim Team Stronach.)

Das Wichtigste ist: mehr Kontrolle, mehr Transparenz, weniger Bürokratie – nicht nur hier im Hohen Haus, sondern auch im EU-Parlament. Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

20.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Hable!) – Hable. (Heiterkeit. Die Abgeordneten Kogler und Mlinar: Hable!) – Na, da hat mich der Kollege jetzt falsch korrigiert. Mit den Burgen­ländern kann man’s ja machen! (Heiterkeit.) – Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter Hable. – Bitte.

 


20.10.23

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Herr Rechnungshofpräsident! Vielen Dank für den EU-Finanzbericht Ihnen und Ihren Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern.

Lassen Sie mich auf einen Punkt zu sprechen kommen, den wir heute noch nicht ange­schnitten haben, der aber auch Gegenstand des EU-Finanzberichtes ist, nämlich die haushaltspolitische Koordinierung der Europäischen Union: Fiskalpakt, Six-Pack, in Zu­kunft Two-Pack.

Wir haben diskutiert, ob das für die Zukunft ausreichend ist. Wir haben auch die Frage der Kontrollarchitektur angesprochen, auch im Zusammenhang mit der Rolle des Rechnungshofes, der nationalen Rechnungshöfe insgesamt in der Europäischen Union.

Eines kann man sicherlich feststellen: Die haushaltspolitische Koordinierung durch die Europäische Union ist heilsam für die Haushalte, auch für den Haushalt Österreichs. Man muss bedenken, das Bundesvergabegesetz 2006 geht auf eine Richtlinie der EU zurück – ein Gesetz, das für Transparenz bei den Staatsausgaben gesorgt hat. Wir müssen bedenken, dass Eurostat in der letzten Zeit die Berechnung der Staatsschul­den verschärft hat und dass diese Ausgliederung, die vor allem auf Länder- und Ge­meindeebene erfolgt ist, nicht mehr möglich ist. Dadurch steigen die offiziellen Zahlen hinsichtlich der Schulden Österreichs, wobei die Schulden ja schon immer da gewesen sind.

Natürlich muss man auch sehen, dass die Fiskalrahmenrichtlinie – eine Maßnahme aus dem Six-Pack, sozusagen das sechste Packerl aus diesem Six-Pack – auch dafür sorgen soll, dass wir ein modernes, kohärentes Rechnungswesen haben. Gut, das ist auf Bundesebene zumindest im Ansatz schon vorhanden, es fehlt aber noch in den Ländern und Gemeinden. Das heißt – und das haben wir auch besprochen –, da ist Österreich säumig. Bei den Ländern und Gemeinden fehlt dieses kohärente, moderne Rechnungswesen noch.

Der Finanzminister – das haben wir auch schon hier im Nationalrat diskutiert – hätte natürlich die Möglichkeit, das aufgrund von § 16 Finanz-Verfassungsgesetz vorzu­schreiben. Das tut er nicht, das will er nicht, das schafft er nicht gegen den Widerstand der Landeshauptleute. – Gut, auf diesem Weg geht es nicht, aber auch wenn Öster­reich jetzt säumig ist, auf Dauer wird man sich nicht gegen die Umsetzung dieser Fis­kalrahmenrichtlinie stemmen können. Das wird also kommen.


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Insgesamt muss man also eine sehr heilsame Wirkung feststellen. Man kann froh sein, dass Österreich Mitglied der Europäischen Union ist. Ich mag mir nicht vorstellen, wie es um den Haushalt bestellt wäre, wenn es nicht diese fiskalpolitische, diese haus­haltspolitische Koordinierung und Disziplinierung durch die Europäische Union gäbe. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

20.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Vielen Dank, Herr Dr. Hable.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


20.13.57

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Der EU-Finanzbe­richt gibt aufgrund der jährlichen Herausgabe einen sehr guten Überblick über die Ent­wicklung der Zahlungen an die EU und über die Verwendung der Mittel aus der EU.

Sehr positiv sehe ich beim Bericht 2011 die Feststellung des Rechnungshofes, dass die EU-Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raumes bereits in einem hohen Maße genutzt wurden. Von den bis zum Jahr 2011 an Österreich zugeteilten rund 2,9 Milliar­den € sind bis Ende 2010 2,5 Milliarden € bereits zurückgeflossen. Da die nicht aus­geschöpften Mittel in den Folgejahren abgerufen werden können, hat der Rechnungs­hof festgestellt, dass Österreich diese Mittel zu hundert Prozent für den ländlichen Raum lukrieren kann – meiner Meinung nach eine sehr positive Entwicklung für den ländlichen Raum.

Sehr geehrte Damen und Herren, es wurde bereits festgestellt, dass Österreich im Jahr 2011 rund 2,69 Milliarden € an die EU bezahlt hat und rund 1,88 Milliarden zu­rückgeflossen sind. Das heißt, ein Nettobetrag von 812,9 Millionen € steht zu Buche. Österreich ist damit von den elf Nettozahlern an der neunten Stelle zu finden.

Sehr geehrte Damen und Herren, Österreich ist Nettozahler und zahlt mehr in den ge­meinsamen Topf ein, als es bei oberflächlicher Betrachtung herausbekommt.

20 Jahre nach Abschluss der Beitrittsverhandlungen ist es angebracht, sich den Nutzen der EU für Österreich, für die österreichische Bevölkerung anzuschauen. Vor­weg: Viele Expertinnen und Experten in Österreich und im Ausland sehen Österreich als großen Profiteur des EU-Beitritts.

Ein paar Fakten dazu: Zusätzlich können in Österreich jährlich rund 17 000 Arbeits­plätze geschaffen werden. In Summe sind das bereits 375 000 neue Jobs. Ein Plus des Bruttoinlandsprodukts von bisher knapp 57 Milliarden € steht zu Buche. Das Ein­kommensniveau ist um 21 Prozent höher als ohne EU-Beitritt. Uns allen ist auch be­wusst und klar: Die Arbeitslosigkeit ist im Europavergleich Gott sei Dank auf niedrigem Niveau geblieben.

Sehr geehrte Damen und Herren, der EU-Beitritt hat sich auf Österreich sehr positiv ausgewirkt. Er hat sich sehr positiv auf unsere Wirtschaftsleistung und damit auf unse­ren Lebensstandard ausgewirkt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Ab­geordneten von SPÖ und NEOS.)

20.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Lettenbich­ler. – Bitte.

 


20.17.35

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Hohes Haus! Wir haben ja jetzt schon mehrfach gehört, dass Österreich Nettozahler ist und dass wir von den elf Nettozahlern an 9. Stelle liegen. Natürlich ist die Bundesre-


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gierung ständig bemüht, dass die Transferzahlungen an die Europäische Union so niedrig wie möglich gehalten werden, aber auch die Rückflüsse. Das ist ein Anknüp­fungspunkt des Rechnungshofes, dass diese natürlich gesteigert werden sollten. Wir bekennen uns aber zu diesem Nettozahler-Dasein in Österreich, denn wir unterstützen natürlich andere strukturschwache Länder und Regionen, die diese Unterstützung bit­ter nötig haben, damit sie an einen Lebensstandard, der in etwa mit dem Durchschnitt in der Europäischen Union vergleichbar ist, herankommen.

Wir wissen auch, die Europäische Union hat ihre Schwächen. Es läuft nicht alles rund und so, wie wir es uns vorstellen. Aber ich will hier an dieser Stelle eine Lanze für die europäische Idee, für die Europäische Union brechen, und es sollte für alle sechs Par­lamentsfraktionen eigentlich außer Streit stehen, dass es sich bei der Europäischen Union um ein einzigartiges Friedensprojekt handelt. Seit nunmehr beinahe 70 Jahren leben wir in einer Region, in der es keine Kriege gibt, in der Nationalstaaten einander nicht bekriegen, und das ist eigentlich die größte Leistung dieser Europäischen Union.

Auch wirtschaftlich, auch für den Arbeitsplatzstandort wurde der Beitritt zur Europäi­schen Union zu einer Erfolgsstory. Wir haben die Anzahl der Unternehmensgründun­gen deutlich steigern können. Es gab mehr als 300 000 neue Arbeitsplätze für Österrei­cherinnen und Österreicher. Unsere Exporte sind deutlich gestiegen, vor allem in Län­der der Europäischen Union. Unsere Exportquote, also die Waren- und Dienstleistungs­exporte gemessen am BIP, beträgt mittlerweile 57 Prozent.

Unsere Volkswirtschaft ist auch stärker gewachsen als der Durchschnitt im Euroraum. Auch mit dem Märchen, dass seit Einführung des Euro alles teurer geworden ist, will ich aufräumen. In den vergangenen Jahren lag die durchschnittliche Inflation, die Teuerungsrate in Österreich bei nur 1,9 Prozent. Das ist deutlich weniger als zu Zeiten des Schilling.

Ich darf abschließend noch alle Österreicherinnen und Österreicher, die zu dieser Stunde vor dem Fernsehgerät, vor dem Laptop, vor dem PC diese Übertragung verfol­gen, dazu aufrufen, dass sie am 25. Mai zur Wahl gehen und die positiv gestimmten Kräfte in diesem Haus unterstützen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Vorerst letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Ab­geordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


20.20.33

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! – Ja, die positiv Gestimmten im Lande Österreich! Herr Rechnungs­hofpräsident, Sie haben sicher die Budgetrede heute gehört: Österreich ist das Land der Berge.

Wir hatten einmal einen Finanzminister – mit dem wir ja gemeinsam Konflikte ausgetra­gen haben –, der bei seinen Sprüchen immer auf solche aus der Werbebranche zu­rückgegriffen hat. Der Speck muss weg!, lautete einer davon. – Ja, bei den anderen!

Ich lasse Sie schon damit in Ruhe, aber: Der Karl-Heinz Grasser hat es nicht geschafft, sich an der Bundeshymne zu vergreifen. (Heiterkeit des Abg. Podgorschek.) Das ist ihm nicht gelungen.

Österreich ist aber nicht nur das Land der Berge. Österreich ist auch das Land jener Institutionen, wo auch mindestens eine zu viel ist. Diese Institutionen fangen auch mit dem Buchstaben B an. – Denken Sie inzwischen nach! Ich muss vorläufig zu den an­deren Punkten dieses Rechnungshofberichts Stellung nehmen.

Erstens sei dem Rechnungshof Dank ausgesprochen – wie öfter – für die wirklich gu­ten Berichte. Auch was die Kooperation mit den Institutionen der Union betrifft, wollen wir da auch noch mehr leisten.


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Apropos mehr leisten: Der Rechnungshof leistet immer mehr, aus seinem eigenen An­trieb heraus, aber auch weil wir als Gesetzgeber ihm immer mehr auferlegen. Und je­des Mal, wenn die Budgetdebatte kommt – wir werden das noch öfter hören –, wenn es also darauf ankommt, ist der Gesetzgeber – und der Rechnungshof ist, so wie ja auch sonst immer in so toller Art und Weise, unter anderem ein Organ des Nationalrates; das müssen Sie sich immer anhören, Herr Präsident –, ist der Nationalrat zu feig und gibt der Regierung nach, jener Regierung, die beim Rechnungshof Kürzungen vor­nimmt, von dem sie eigentlich kontrolliert werden soll.

Ich halte das für einen realpolitischen Missstand. Natürlich ist für das Budget formal der Nationalrat zuständig, aber wir wissen genau, dass wir im Wesentlichen das abnicken, was vom Ministerium kommt. Und gerade die Konflikte mit den Ministerien oder mit der Finanzministerin – zuletzt, damals –, die waren heftig, und man konnte sich des Ein­drucks nicht erwehren, dass es hier einfach geradezu um klassische machtpolitische Retorsionsmaßnahmen geht. Ich finde das jämmerlich in einer Republik, wenn die zu Kontrollierenden, also die Regierenden, am Rechnungshof herumdoktern und im We­sentlichen herumschnipseln – inkompetent wie immer.

Das wollen wir uns nicht gefallen lassen. Das wird auch in der Debatte im Ausschuss und im Plenum, wenn dann die Kapitel der Obersten Organe kommen, eine besondere Rolle spielen. Seien Sie dessen gewiss, es gibt hier eine ausreichende Zahl von Abge­ordneten – und es sind immer mehr –, die darauf ein Auge haben. Und wir werden hier zumindest versuchen, diese Negativentwicklung, die es ja dann am Schluss ist, zu stoppen und vielleicht da oder dort einmal eine Trendwende einzuleiten – so wie bei den Untersuchungsausschüssen, da lässt es sich ja auch nicht aufhalten, und bei an­deren Themen, wo sich Gott sei Dank immer öfter die Opposition durchsetzt, denn mit dieser Regierung würden wir nicht mehr weit hüpfen, jedenfalls nicht über jene Berge, die der Herr Finanzminister beschrieben hat.

Jetzt zu diesen Bergen. Österreich ist nicht nur ein Land der Berge, sondern auch ein Land der Banken. Und wir haben mindestens eine Bank zu viel. Wir haben zumindest eine Bank zu viel zurückgekauft. Und wer ist daran schuld? – Das wird aufzuklären sein. (Beifall bei Grünen und Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas im Zusammenhang mit diesem Bericht: Es ist ja wieder eine Kunst der Regierungsabgeordneten, die Haftungen des Landes Kärnten für die Hypo Alpe Adria International AG auszulassen. (Zwischenruf des Abg. Gril­litsch.) – Ja, das ist da im Rechnungshofbericht drinnen. Sie keppeln wieder dazwi­schen und wissen nicht einmal, was wir gerade verhandeln. Aber das zeichnet Sie ja schon länger aus.

Jetzt haben wir also folgenden wunderbaren Vorgang: Die Haftungen des Landes Kärnten nach diesem gloriosen Rückkauf werden ja vom Bund bezahlt, mit den Haf­tungsentgelten! Das müssen wir uns jetzt einmal vorstellen als für das Bundesbudget zuständige Abgeordnete: Wir zahlen aus dem Bundesbudget Haftungsentgelte an das Land Kärnten, das diese Haftungen aber gar nie ausüben kann! – Absurd!

Wenn wir hier schon über Zurückzahlungsmechanismen reden – und ich glaube, da ist auch Landeshauptmann Kaiser gesprächsbereit –, dann lassen wir einmal diesen so­genannten Zukunftsfonds weg, der sich aus Dingen der Vergangenheit speist, wie wir wissen. Aber da ist er, glaube ich, einsichtig – und dies zu Recht –, dass wir hier einen Rücktransfer vornehmen können, und da ist er auch verhandlungsbereit, denn das ist doch das größte „Perversum“ der österreichischen Finanzströme, dass wir den Kärnt­nern ein Haftungsentgelt zahlen für die Haftung, für die wir am Schluss – nicht nach unserer Lesart, aber nach Lesart von Schwarz leider wieder, von Rot immer schon – einspringen müssen.


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Bei dieser Gelegenheit ein Letztes, weil wir vom Budget reden: Würden wir – und die Geschichte geht bis Herbst, denn Sie bringen ja offensichtlich das Gesetz zur Bad Bank, sage ich einmal so vulgär, hier gar nicht einmal daher; ja, aber so lange ist das Match offen –, würden wir also – und dafür werden wir wieder anfangen zu kämpfen – in die Insolvenzlösung einsteigen mit einem Schuldenschnitt von nur halbe-halbe ge­genüber jenen nicht schützenswerten Gläubigern, die uns das ganze Schlamassel mit eingebrockt haben – und nicht nur der Herr Haider, sondern die haben auch eine Ma­fia-Bank finanziert und Zins und Zinseszins kassiert, für die jetzt die Steuerzahler zah­len sollen, samt 100 Prozent des Kapitals, weil diese Haftungen angeblich so zwingend sind; sind sie nicht! –, dann hieße das: 6 Milliarden für die Steuerzahler!

Diese Auseinandersetzung ist zu führen! Dann reden wir über Niederungen, nicht über Berge. Aber das ist Ihrem einknickenden Finanzminister vorbehalten geblieben: Schnell noch eine grüne Viertelstunde für die Galerie, über die Insolvenz reden, eine kleine Ra­pid-Viertelstunde, und dann, wenn es darauf ankommt, wegbiegen, hinaus, auf dem Nebenspielfeld Scheinwerfer aus und solche Reden halten, die Sie dann als Budgetre­de verkaufen.

Da werden wir morgen noch einiges zu diskutieren haben. (Beifall bei Grünen, FPÖ und NEOS.)

20.26

20.26.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-41 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung von EU-Fördermitteln, die direkt an Förderungsempfänger ausgezahlt werden.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

20.27.2325. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 298/A(E) der Abge­ordneten Mag. Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen (122 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.27.48

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir heute über den Entschlie­ßungsantrag von mir und von der Kollegin Schittenhelm diskutieren, dann war der Anlass folgender: Anlässlich des Internationalen Frauentages im März dieses Jahres wurde eine EU-Studie präsentiert, und zwar von der Grundrechteagentur, die die wei­testreichende Studie war, die die EU jemals in Auftrag gegeben hat. Es wurden


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42 000 detaillierte Befragungen durchgeführt, und das Ergebnis dieser Umfrage wurde dann veröffentlicht und auch hier in Wien präsentiert.

Das Ergebnis war mehr als erschreckend: In der EU wird jede dritte Frau Opfer von Gewalt in unterschiedlichster Form, sei es nun körperliche, sexuelle Gewalt, sei es Ge­walt in Form von Cyberkriminalität – ein neues Phänomen, das immer wieder auftritt ‑, Stalking und, und, und. Also Frauen sind immer wieder Opfer von körperlicher, sexuel­ler und anderweitiger Gewalt.

Für alle, die sich diese Studie genauer anschauen möchten: Hier gibt es eine Kurz­form, wo man die Ergebnisse sehr gut ablesen kann. Und es ist auch ein bemerkens­wertes Ergebnis in diesem Zusammenhang, dass in den nordischen Staaten zum Bei­spiel sehr viele Gewaltfälle angezeigt werden, also dass sehr viele Frauen – vor allen Dingen sind es ja Frauen – es auch als Gewalt empfinden, wenn sie Gewalt erleiden. Das sei auch angemerkt.

In diesem Zusammenhang haben wir, die Kollegin Schittenhelm und ich, im Gleichbe­handlungsausschuss diesen Entschließungsantrag eingebracht, und hier geht es eben darum, dass wir auf die Ergebnisse dieser Studie Rücksicht nehmen. Und diese Studie sagt uns, dass das Anzeigen noch nicht so erfolgt, wie wir es uns wünschen, also dass die Niederschwelligkeit, wie sie erwünscht wäre, noch nicht entsprechend gegeben ist.

Das heißt, die Frauen gehen zum Arzt/zur Ärztin und sagen, dass sie Opfer geworden sind. Aber jene Einrichtungen, von denen wir gehofft haben, dass sie schon bekannt wären, also Frauenhäuser, Gewaltschutz-Einrichtungen, werden von den Frauen noch zu wenig in Anspruch genommen. Daher ist es notwendig, dass niederschwellig aufge­klärt, dass sensibilisiert wird, damit die Frauen auch den Weg zu den Hilfseinrichtun­gen finden.

Ich bin wirklich froh darüber, dass wir diese Initiative gesetzt haben, auch wenn uns im Ausschuss – leider, muss ich dazusagen – Kolleginnen der Opposition dieses Recht mehr oder weniger abgesprochen haben, weil Entschließungsanträge an die eigene Regierung quasi nicht State of the Art sein sollen. (Zwischenruf der Abg. Mlinar.) – Sie waren die Ausnahme, Frau Kollegin Mlinar, und das haben wir ja im Ausschuss auch so besprochen.

Ich glaube, es ist notwendig, dass wir hier jetzt Maßnahmen setzen, dass wir die Bun­desregierung aufrufen, Informationskampagnen zu starten, damit dieses Phänomen, dass nach wie vor so massiv Gewalt gegen Frauen und Mädchen ausgeübt wird, so weit wie möglich hintangehalten wird. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schittenhelm. – Bitte.

 


20.32.01

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Gewalt gegen Frauen ist leider Realität, und das nicht nur in anderen Ländern, wo Frauen sehr oft traditionsbedingt Opfer wer­den und Opfer sind, sondern auch bei uns in Österreich. Quer durch alle sozialen Schichten sind Frauen mit Gewalt konfrontiert.

In Österreich ist jede fünfte Frau von körperlicher oder sexueller Gewalt betroffen, und es braucht leider Gottes verstärkt die Einrichtungen – wie Frauenhäuser – zum Schutz der Frauen. Das ist uns natürlich allen bewusst. Allein im letzten Jahr, geschätzte Da­men und Herren, hat es 4 600 Mal Betretungsverbote und Wegweisungen gegeben, al­lein in Wien 3 200 Mal.


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Meine Damen und Herren, wir wissen, Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter: se­xuelle und psychische Gewalt, aber genauso fallen darunter auch Zwangsverheiratung, Frauenhandel oder Genitalverstümmelung, die heute schon angesprochen wurde. Zu den physischen Misshandlungen gehören ebenso verbale Attacken oder gar Psycho­terror, wie das beim Stalking oder beim Mobbing praktiziert wird. Auch Mobbing, das oft unterschätzt wird, ist eine belastende Situation für Frauen und Männer auf dem Ar­beitsplatz und hat für Betroffene, wie wir wissen, verheerende Auswirkungen. Dies kann bis zu psychischer und physischer Vernichtung einer Person führen. Das habe ich leider selbst im Bekanntenkreis erleben müssen.

Daher braucht es ganz klare Zielsetzungen – Kollegin Wurm hat sie auch bereits ange­sprochen –, einen verbesserten Zugang zu Gewaltschutzzentren durch verstärktes nie­derschwelliges Informationsangebot. Aber wir brauchen auch Schulungen und Semi­nare und verstärkte Informations- und Sensibilisierungsarbeit von Medizinerinnen und Medizinern – sie sind es, wo die Frauen zuerst hingehen –, damit diese auch gleich er­kennen, in welcher Situation sich die Frau befindet.

Wir brauchen aber vor allem auch das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger. Die­ses Bewusstsein müssen wir verstärkt wecken, auch das der Medien, damit Gewalt an Frauen nicht toleriert wird. Gewalt an Frauen ist kein Kavaliersdelikt! Gewalt an Frauen muss als gesellschaftliches Problem nicht nur erkannt, sondern sichtbar gemacht und öffentlich angeprangert werden.

Daher ist der Zusammenschluss der Gewaltschutzzentren zu einem Dachverband über die Bundesländer hinweg ein Modell, das europaweit und international als Vorbild gilt, nämlich in Bezug auf Opferschutz und Opferunterstützung. Seit Einrichtung der soge­nannten Prozessbegleitung waren es im Jahr 2010 3 483 Frauen, die sich an diese Stelle gewandt haben, und 2013 waren es bereits 6 866, die diese Hilfe in Anspruch genommen haben, entsprechende psychische Betreuung zu bekommen.

Die Vernetzung von Kriminalpolizei, Gericht, Staatsanwaltschaft und Opferschutzein­richtungen und deren Zusammenkommen an einem runden Tisch sind ein weiterer Be­reich, wo auch die Frauenministerin verstärkt mit hineinwirken kann, um nicht nur Sen­sibilität und Verständnis für diese Opfer zu wecken, sondern auch eine entsprechende Unterstützung zu bekommen.

Geschätzte Damen und Herren! Wir wissen alle ganz genau, Gewalt hinterlässt deutl­iche Spuren für ein ganzes Leben, körperliche und seelische. Und die Kinder erleben das mit, leiden mit. Es ist daher alles zu tun, um Frauen ein gewaltfreies Leben zu er­möglichen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartelgruber. – Bitte.

 


20.35.50

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Wenn wir heute diesen Antrag der Kolleginnen Wurm und Schittenhelm diskutieren, dann muss ich eingangs natürlich schon meiner Verwunderung darüber Ausdruck verleihen, dass in diesem Antrag die Ansätze des Regierungsprogramms fortgeschrieben werden. Man muss sich aber auch die Frage stellen, ob es sich da nicht um eine Art Misstrauensan­trag gegenüber der eigenen Frauenministerin handelt, die anscheinend das Regie­rungsprogramm nicht umsetzt. Aber vielleicht, Frau Ministerin, haben Sie mit dem Bil­dungsbereich in der letzten Zeit so viel zu tun, dass Sie sich um die Agenden der Frau­en in Österreich nicht mehr richtig kümmern können. Diesen Eindruck kann man ange­sichts dieses Antrags sicherlich gewinnen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Auch müssen sich die Opfer von Gewalt schon sehr wundern, wenn Abgeordnete der beiden Regierungsparteien die eigene Bundesregierung auffordern, den Zugang zu Gewaltschutzeinrichtungen niederschwellig mit Informationsangeboten zu erhöhen und zu verbessern. Gleichzeitig muss man aber lesen, dass in Österreich 78 Plätze von Frauenhäusern fehlen, in Salzburg in diesem Jahr im ersten Quartal 50 Frauen abge­wiesen werden mussten und keinen Platz fanden. Neu eröffnete Häuser sind sofort voll, und bestehende Frauenhäuser müssen jedes Jahr um die Finanzierung bangen. Da sollte angesetzt werden, und sämtliche Ressourcen müssen da gebündelt werden.

Trotzdem werden wir Freiheitlichen diesem Antrag zustimmen, da jede Maßnahme ge­gen Gewalt zu unterstützen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Gewalt in jedweder Form ist abzulehnen, und es ist alles zu unternehmen, um den Op­fern zu helfen. Das Thema ist nicht zu verharmlosen – wobei ich festhalten möchte, dass nicht alle Männer gewalttätig werden. Dieser Eindruck darf bei dieser Diskussion nicht entstehen.

Frau Kollegin Wurm hat heute schon die europäische Studie angesprochen, und ich möchte auch noch einmal kurz darauf eingehen, denn diese zeichnet wirklich ein ver­heerendes Bild. 22 Prozent der Befragten gaben an, Opfer von sexueller Gewalt ge­worden zu sein, 12 Prozent davon waren unter 15 Jahre. Das heißt, Gewalt beginnt be­reits während der Kindheit und die größten Gefahren lauern in den eigenen vier Wän­den. Da gibt es eine Unzahl von Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, hier ist aber die Bundesregierung in Österreich säumig.

Besorgniserregend ist für mich auch der Anstieg von Stalking und von Belästigungen im Rahmen der sozialen Netzwerke. Hier gilt es, alle zu schützen, die sich auf diese Art bedrängt, belästigt oder gequält fühlen. Bei diesem Thema ist es auch notwendig, sich nicht nur auf Frauen zu beziehen, denn dieses Problem betrifft beide Geschlechter. (Beifall bei der FPÖ.)

20.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Aslan. – Bitte.

 


20.39.11

Abgeordnete Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Auch andere Studien zeigen, dass in der EU 20 bis 25 Prozent aller Frauen mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer Gewalt werden. In dieser Studie zählt Österreich im Ländervergleich statistisch gesehen zu den – unter Anführungszeichen – „sicheren“ Ländern, was die physische oder sexuelle Gewalt durch den Partner betrifft.

Wenn wir diese Studie genau interpretieren wollen, dann sehen wir ein Problem: Die skandinavischen Länder weisen in dieser Studie einen höheren Prozentsatz aus als Österreich. Daraus ist aber nicht zu abzuleiten, dass die Skandinavierinnen mehr von Gewalt betroffen sind, sondern dass die skandinavischen Frauen eben mehr Anzeigen erstatten als die Österreicherinnen.

Wie meine Kollegin schon erwähnt hat, ist es laut dieser Studie auch so, dass in Öster­reich nur jede fünfte Frau weiß, wo sie nach einem Gewalterlebnis Hilfe findet. Diese Zahl ist alarmierend und zeigt einfach die Notwendigkeit, Hilfseinrichtungen besser be­kannt zu machen, was bisher vernachlässigt worden ist. Wichtig ist, dass auf allen Ebenen angesetzt werden muss: im Bereich Justiz, im Bereich familiäres Umfeld, im Bereich Medizin, im Bereich Schutz des Kindes, im Bereich Männer‑ beziehungsweise Täterarbeit.

Natürlich begrüßen wir diesen Antrag, aber es muss sich auch etwas tun. Eine parla­mentarische Anfrage meiner Kollegin Judith Schwentner in der letzten Regierungspe-


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riode hat ergeben, dass das Innenministerium im Jahr 2012 keine Förderungen an Einrichtungen, die Gewaltprävention wie etwa Anti-Gewalttraining anbieten, vergeben hat.

Da Kollegin Gartelgruber auch von der Unterstützung für Frauenhäuser gesprochen hat, möchte ich noch kurz erwähnen, dass es für mich schon ein bisschen unverständ­lich ist, dass Sie in Niederösterreich der Errichtung von Frauenhäusern nicht zustim­men und dann heute von Förderungen der Frauenhäuser die Rede ist. (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber.) Das ist schon ein bisschen widersprüchlich. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Amstetten!) – In Amstetten war das, genau.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass es absurd ist, dass die Regierungsparteien sich selber einen Antrag stellen, mit Maßnahmen, die ohnehin bereits im Koalitionsab­kommen festgehalten sind. – Sorry, aber wir wollen keine Zeitverschwendung mit Anträ­gen, die nur Koalitionsverhandlungen wiederholen! (Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.)

Ich hoffe auf die Umsetzung und wünsche Ihnen dabei viel Erfolg. Und vergessen Sie nicht, dass Erfolg drei Buchstuben hat: t, u, n – tun! – Danke sehr. (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten der NEOS. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

20.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte. (Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.)

 


20.42.16

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorab: Wir werden diesem Antrag zustimmen, weil das Anliegen natürlich unterstützungswürdig ist und zu unterstützen ist. Ich möch­te aber meine Kritik hier auch nicht verbergen und sie anbringen, weil ich der Meinung bin, dass dieser Antrag der Regierungsfraktionen quasi ein Alibiantrag ist. In diesen Antrag sind Forderungen, die im Regierungsübereinkommen festgeschrieben sind, hi­neingepackt. In diesem Antrag wird die Ministerin aufgefordert, das umzusetzen, was eigentlich ausgemacht ist. Und dieser Antrag kommt von den Regierungsfraktionen, um zu zeigen, dass sie auch etwas machen, denn sonst kommt ja nicht viel.

Wenn man sich die letzte Tagesordnung des Gleichbehandlungsausschusses ansieht, so sieht man, sie bestand aus sechs Punkten: einer Aussprache, dem erwähnten An­trag der Regierungsparteien und vier Oppositionsanträgen. Wir haben ausführlich darü­ber diskutiert, und drei dieser Oppositionsanträge – zwei der Kollegin Gartelgruber, ei-ner von mir; einer wurde abgelehnt – wurden vertagt, und zwar mit dem Argument, dass das ohnehin in Behandlung sei, dass ohnehin darüber gesprochen werde, dass ohnehin Maßnahmen gesetzt werden, et cetera, et cetera.

Jetzt machen wir den Umkehrschluss: Wir haben dem Antrag der Regierungsparteien sehr wohl zugestimmt, obwohl das ein Antrag ist, der umformuliert das enthält, was oh­nehin im Regierungsprogramm steht. (Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.) Sie haben aber alle anderen Oppositionsanträge mit fadenscheinigen Argumenten abgelehnt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das muss man hier auch klar ansprechen, damit die Leute sollen wissen, wie mit Anträgen der Oppositionsparteien im Ausschuss umgegangen wird. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich möchte aber nicht nur die Gewalt im Fokus haben und wie man Maßnahmen setzt – das ist in diesem Antrag auch verankert, das ist auch im Regierungsprogramm verankert –, sondern ich möchte auch beleuchten und wir sollten uns vielleicht auch damit auseinandersetzen, Gewaltprävention zu machen. Wie kommt es zu Gewalt?

Es gibt verschiedene Arten von Gewalt. Ich möchte hier das Thema, das Problem der gemeinsamen Obsorge ansprechen. Oft sind Kinder der Spielball zwischen Mann und


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Frau, oft kommt es aus diesem Grund, auch weil die gemeinsame Obsorge nicht so funktioniert, wie sie funktionieren sollte, zu Problemen, woraus dann Gewalt entstehen kann. Da gilt es anzusetzen, um auch da präventiv zu arbeiten und Gewalt zu vermei­den.

Weiters sind wichtige Faktoren der gesellschaftliche Druck, der Arbeitsplatz, das Ein­kommen. Die Selbständigkeit und die Unabhängigkeit müssen gestärkt werden. Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, damit genügend Arbeitsplätze vorhanden sind, damit man mit dem Einkommen auskommen kann, Frauen auch selbstbestimmt leben können und ein eigenes Einkommen haben, denn je eigenständiger sie sind, je unab­hängiger sie sind, desto seltener werden sie Opfer von Gewalt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim Team Stronach. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.)

Lobenswert ist – und das möchte ich schon anmerken, wir haben im letzten Ausschuss auch darüber gesprochen –, dass von Ihnen Geld für Täterprogramme zur Verfügung gestellt wird, dass man die Täterarbeit auch in die gesamte Gewaltproblematik mit ein­bindet und einen Schritt in die richtige Richtung setzt.

Es gibt noch viel zu tun, das ist wahr, ich hoffe aber, dass wir auf einem guten Weg sind, auf einen guten Weg kommen und hier auch die besten Lösungen finden wer­den. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

20.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Dr. Mli­nar. – Bitte.

 


20.45.58

Abgeordnete Mag. Dr. Angelika Rosa Mlinar (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Spoštovane dame in gospodje! – Schatz, es tut mir leid, das wird nie wieder vorkommen, ich liebe dich doch! – Dieser Satz prägt wohl die meisten von Gewalt geprägten Paarbeziehungen. (Ruf bei der ÖVP: Woher wissen Sie das?) Viele Betroffene wollen daran glauben, dass dieser Satz tatsächlich wahr ist, und sie hoffen darauf, dass es eine einmalige Sa­che, ein allerletzter Ausrutscher war – zu selten aber wird diese Hoffnung erfüllt.

Wir wissen aus einer aktuellen Studie der europäischen Grundrechteagentur zur Ge­walt gegen Frauen, die schon zitiert worden ist, dass die Zahlen nach wie vor erschre­ckend sind. Das betrifft auch Österreich, und das ist unser Handlungsauftrag. Öster­reich ist im europäischen Vergleich, was den rechtlichen Schutz vor Partnerschaftsge­walt betrifft, vorbildlich, doch es gibt noch genug offene Baustellen. Der Antrag der Kol­leginnen Wurm, Schittenhelm und weiterer Abgeordneter ist ein begrüßenswerter Schritt. Wir halten das de facto für gelebten Parlamentarismus, denn wir halten auch die Abgeordneten der Regierungsparteien nicht für eine verlängerte Werkbank der Re­gierung. (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber.) Deshalb ist das unterstützenswert.

Der Antrag hat unseres Erachtens nur ein Manko: Er ist zu allgemein gehalten. Ich fra­ge Sie: Warum so zaghaft? Warum stehen in diesem Antrag keine konkreteren Maß­nahmen?

Es ist schon lange bekannt, was noch fehlt und wo wir ansetzen müssen, nämlich nicht nur dort, wo Gewalt bereits passiert ist. Es braucht Maßnahmen, der Gewalt vorzu­beugen, es braucht Maßnahmen für Menschen mit Migrationshintergrund, mit Sprach­barrieren oder Behinderungen und es braucht vor allem auch einen Ausbau der Ange­bote im ländlichen Bereich. Das wissen wir, und es wird Zeit, dass wir damit beginnen, dieses Wissen auch umzusetzen. Das betrifft auch den nachfolgenden Tagesord­nungspunkt, den Antrag betreffend eine neue Statistik zum Gender Pay Gap. Hören wir


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 205

endlich auf, darüber zu reden, wie groß oder klein die Ungleichbehandlung von Män­nern und Frauen in Österreich ist! Und hören wir auf, darauf zu hoffen, dass es von al­lein besser wird! Fangen wir endlich an, Maßnahmen dagegen zu setzen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wirksame Maßnahmen erhält man nicht geschenkt, vielmehr kosten sie Geld, und dieses Geld ist für uns eine Investition in die Würde und Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Und wie so viele Betroffene vergeblich auf ein Ende der Gewalt hoffen, so suchen wir in diesem Fall vergeblich Mittel im vorliegenden Entwurf des Budgets. – Hvala lepa. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Hell. – Bitte. (Abg. Pendl:  eine erfrischende Rede!)

 


20.49.11

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Geschätzter Herr Vorsitzender! Frau Bundesminis­terin! In Österreich gibt es mit dem Gewaltschutzgesetz und den Gewaltschutzeinrich­tungen ein wichtiges und dichtes Netz, damit von Gewalt betroffenen Frauen und Kin­dern rasch geholfen werden kann. Gewalt betrifft alle. Daher ist es notwendig, präven­tiv vorzugehen, um insbesondere Frauen und Kinder vor Gewalt und Gewaltandrohun­gen zu schützen.

In den letzten Jahren ist unter dem Titel Gewaltschutz und Opferschutz unter Mitwir­kung vieler Organisationen in Österreich eine Präventivpolitik betrieben worden, die eu­ropaweit Vorbildwirkung hat. Dazu gehören auch die Vernetzung aller AkteurInnen und der Erfahrungsaustausch zwischen den Behörden. Trotzdem – die heute schon ange­sprochene EU-Studie zeigt es – sind weitere Maßnahmen notwendig. Gewalt gegen Frauen, Kinder, aber auch Männer ist und bleibt eine Schande unserer Gesellschaft. Neben strengen Gesetzen sind Information und Beratungen für Betroffene wesentliche Zielsetzungen, die unserer vollen Unterstützung bedürfen.

Meine Damen und Herren, ich möchte hier kurz ein Thema ansprechen, das mir per­sönlich ganz wichtig ist: die Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Gewalt an Kindern und Jugendlichen wird öffentlich fast immer nur dann thematisiert, wenn ein schreckli­cher Vorfall von Kindesmissbrauch oder familiärer Gewalt publik wird. Das ist jedoch viel zu spät. Deshalb halte ich es für unbedingt notwendig, das Thema Gewalt in un­seren Schulen ausführlicher zu behandeln. Alle AkteurInnen – von den Schulleitern über die Lehrer und Eltern bis hin zu den Schülerinnen und Schülern – müssen wissen, so Gewalt beginnt, wie sie sich darstellt, wie man sich dagegen wehren kann und vor allem wie man Schutz und Hilfe bekommt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Ab­geordneten der ÖVP.)

20.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.

 


20.51.30

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Sehr geehrte Kolleginnen der Opposition, ich möchte schon anmerken, dass Entschließungsanträge nicht das alleini­ge Recht der Oppositionsparteien sind, wichtige Themen gehören einfach behandelt. Die Regierung ist ein eigenständiges Gremium, und auch das Parlament ist ein eigen­ständiges Gremium. Daher können wir auch eigenständig diskutieren. (Abg. Musiol:  umgesetzt! – Abg. Aslan: Umsetzen! – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Wir haben schon gehört, das Ergebnis der europäischen Studie für Grundrechte ist wirklich erschreckend; es zeigt auf, dass jede dritte Frau im europäischen Raum von


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 206

psychischer oder sexueller Gewalt betroffen ist – und das passiert, obwohl es viele Gleichstellungsmaßnahmen gibt. Ich sage, jede Form von Gewalt ist abzulehnen und jedes Opfer, das von Gewalt betroffen ist, ist ein Opfer zu viel!

Österreich schneidet eben im Vergleich der 28 EU-Länder sehr positiv ab, denn wir ha­ben im Einsatz zur Stärkung der Menschenrechte und gegen Gewalt schon lange Schwerpunkte gesetzt, national aber auch in der Zusammenarbeit mit unseren Nach­barländern.

Wir haben Gewaltschutzgesetze und Opferschutzgesetze beschlossen (Zwischenruf bei der FPÖ), bei denen es um das Recht auf psychosoziale und juristische Prozess­begleitung geht. Im Jahr 2013 haben das 6 860 Personen in Anspruch genommen. Wir haben es geschafft, dass die Aussagen in geschützter Atmosphäre gemacht werden können und dass es eine Verlängerung der Verjährungsfristen gibt. Wir haben auch er­reicht, dass die Opfer verständigt werden, wenn die Täter aus der Strafabbüßung ent­lassen werden, und dass Mitarbeitern der Sozialhilfe oder der Jugendwohlfahrt bei Straftätern Sonderauskünfte aus dem Strafregister gewährt werden. Bei uns gibt es Instrumente wie Wegweisung, das Betretungsverbot und das Stalking-Gesetz, aber nichtsdestotrotz gilt es, die Gesetze ständig neu zu überprüfen, zu evaluieren und auch zu verbessern.

In Österreich ist jede fünfte Frau von Gewalt betroffen, und 90 Prozent passieren in den eigenen Familien oder im Nahbereich, das wissen wir von den Schätzungen der Polizei. Daher ist es wichtig, dass jene Personen, die mit den Opfern unmittelbar in Kontakt stehen – ob die Polizei, das Betreuungspersonal, die PädagogInnen oder die Ärzte –, gut ausgebildet und sensibel im Umgang mit den Betroffenen sind, damit sie die Zeichen erkennen.

Ich möchte allen danken, die mit dem nötigen Fingerspitzengefühl Tag für Tag die Be­troffenen bestens betreuen. Die Interventionsstellen gegen Gewalt in der Familie, die Beratungseinrichtungen, die Opferschutzeinrichtungen mit niederschwelligem Zugang müssen einfach in ausreichender Zahl vorhanden sein und den Frauen auch verstärkt bekannt gemacht werden. Dieser Entschließungsantrag ist eben ein Antrag, damit wir dieses Thema in Diskussion halten.

Zum Abschluss möchte ich noch festhalten: Es gilt, Gewalt ernst zu nehmen, weitere Maßnahmen zu setzen und die Prävention in den Vordergrund zu stellen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Knes. – Bitte.

 


20.55.21

Abgeordneter Wolfgang Knes (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Geschätzte Damen und Herren! Frau Kollegin Gartelgruber, ich glaube nicht, dass die Regierung bei diesem Thema, einem wichtigen Thema, säumig ist. Wenn man die Zahlen genau liest, dann sieht man, da steht eindeutig drin (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber), dass die Studie erst im März 2014 veröffentlicht wurde. (Neuerli­cher Zwischenruf der Abg. Gartelgruber.) Also da von Versäumnis zu sprechen, ist sehr gewagt. (Beifall bei der SPÖ.)

Kommen wir jetzt zu den Fact Sheets! Die Fact Sheets schauen folgendermaßen aus – es wurde bereits einiges ausgeführt –: Jede dritte Frau in der EU unter 15 Jahren (Zwi­schenruf der Abg. Gartelgruber) – lassen Sie mich bitte ausreden, ich habe Sie auch ausreden lassen; und halten Sie sich an die Zahlen in den Fact Sheets, okay?! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ – Zwischenruf bei der ÖVP) – ist von psychischer und phy-


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sischer Gewalt betroffen! Auf die absolute EU-Bevölkerung gerechnet sind das immer­hin 61 Millionen Frauen. – Und Sie behaupten hier, die Regierung sei säumig.

Die psychischen Belastungen fangen aber bereits zu Hause in den Familien an. Das sind Lappalien: ob die Suppe warm ist oder kalt, ob das Fenster geputzt ist oder nicht, das sind nämlich auch psychische Belastungen sämtlicher Frauen, Familienangelegen­heiten zu Hause.

Die Fact Sheets: 20 Prozent aller Frauen haben seit dem 15. Lebensjahr körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren; 15 Prozent haben seit dem 15. Lebensjahr Stalking er­lebt; 35 Prozent aller Frauen haben seit dem 15. Lebensjahr eine Form sexueller Be­lästigung erleben müssen. 27 Prozent der betroffenen Frauen melden sich nach Über­griffen bei Ärzten. Und da ist jetzt der Punkt: Warum gehen diese Frauen oder diese Opfer nicht zur Polizei (Abg. Gartelgruber: Weil sie sich schämen! Weil sie sich schä­men!) oder zu öffentlichen Dienststellen, Beratungsstellen et cetera? – Da gehört ange­setzt!

Aus meiner Sicht gehören neben diesem Entschließungsantrag, der sehr wohlwollend aufgenommen werden muss (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Gartelgruber), auch zwei Kampagnen gestartet: eine für die Frauen, wo wirklich alle Frauen ermutigt wer­den sollen, die Scheu vor diesen Institutionen abzulegen, damit sie wirklich dort hin­kommen, wo sie Hilfe und Schutz bekommen, damit sie diese Häuser aufsuchen, in denen es Beratung gibt. (Abg. Gartelgruber: Sofern sie einen Platz bekommen!) Es soll aber auch eine Kampagne für die Burschen und Männer geben, und das ist auch ein wichtiger Punkt: präventiv arbeiten, Sensibilisierung und auf das Strafrecht auf­merksam machen, damit die Burschen und Männer auch wissen, worauf sie sich in Zu­kunft einlassen.

Gewalt an Frauen ist kein Kavaliersdelikt, und jede Frau hat das Recht auf Schutz und Sicherheit hier in Österreich! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.57

20.57.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 122 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 20.)

20.58.2526. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 251/A(E) der Abge­ordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erfordernis einer differenzierteren Analyse und statistischen Darstellung der Einkommens­unterschiede zwischen Frauen und Männern in Österreich (123 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 26. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Gartelgruber. – Bitte.

 


20.58.50

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister, bevor ich jetzt auf meinen Antrag eingehe, möchte ich meiner Verwunderung darüber Ausdruck


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 208

verleihen, dass Sie sich zu diesem sensiblen Thema hier im Plenum nicht einmal zu Wort gemeldet haben. Ich möchte schon feststellen, dass ich mir jetzt von Ihnen ge­wünscht hätte (Zwischenrufe der Abgeordneten Bayr und Muttonen), dass Sie zu diesem Thema oder zu diesem Antrag auch noch Stellung nehmen, denn das wäre jetzt natürlich auch Ihre Aufgabe gewesen.

Aber jetzt zu meinem Antrag: Zweimal jedes Jahr „feiern“ wir den sogenannten Tag der Einkommensgleichheit, auf „Neudeutsch“ Equal Pay Day. Da wird in sämtlichen Me­dien und bei Veranstaltungen von den Verantwortlichen getrommelt, dass das der Tag sei, ab dem oder bis zu dem Frauen im Vergleich zu Männern ohne Lohn arbeiten müssen. Und es handelt sich hiebei um ungefähr 25 Prozent.

Es gibt aber Experten, die diese Expertisen und die Aussagekraft der dargestellten Zahlen erheblich in Zweifel ziehen. Und es gibt auch diverse Studien und Erhebungen, die andere Ergebnisse liefern, zum Beispiel jene der Uni Linz, des WIFO oder der Uni Wien. Laut diesen Studien beträgt der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Män­nern zirka 12 Prozent. Die Faktoren, die für diese Einkommensunterschiede verant­wortlich sind, sind unterschiedliche Qualifikation, die jeweiligen Branchen, also typische Mädchen- und Männerberufe, die Berufserfahrung und die Dauer der Zugehörigkeit; und die restlichen 12 Prozent sind auch auf unterschiedliche Karrieremotivation und Engagement zurückzuführen. Wir wissen, dass Frauen mit Kindern sicher weniger Überstunden leisten als Frauen ohne Kinder oder Männer.

Um nun eine tatsächliche Vergleichbarkeit der Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen sicherzustellen, brauchen wir eine detaillierte statistische Erfas­sung der Auswertung. Es gehören die Zahlen bereinigt und die entscheidenden Fakto­ren ausgearbeitet, um daraus die richtigen politischen Schlüsse ziehen zu können.

Frau Minister! Sie haben mir in einem Gespräch, das wir mit den Frauensprecherinnen gehabt haben, zugesagt, dass Sie sich dieses Problems annehmen werden. Jetzt leh­nen Sie aber meinen Antrag hier ab. Dieser Equal Pay Day und der Gehaltsunter­schied zwischen Frauen und Männern werden meines Erachtens nur mehr als Waffe in den Geschlechterkampf geworfen. Ich glaube, dass wir ein gutes Signal setzen wür­den, wenn wir tatsächliche Zahlen auf dem Tisch hätten, damit Sie hier nicht mit fal­schen Zahlen agieren können. (Beifall bei der FPÖ.)

21.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


21.01.56

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was wir hier brauchen, ist sicher nicht noch eine Statistik! Wir haben Statistiken genug, sei es von der Ar­beiterkammer, sei es von der Statistik Austria, sei es von Eurostat, plus, plus, plus. Man muss sie sich nur anschauen. Das sind ganz differenzierte Daten, wenn man sie sich genau anschaut oder auch Statistiken lesen kann. Selbstverständlich ist das he­rauszulesen! (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber.)

Eine zusätzliche Statistik, liebe Frau Kollegin Gartelgruber, nützt keiner einzigen Frau, nützt niemandem. (Abg. Gartelgruber: Aber alle anderen Statistiken schon, oder?) Wenn wir dieses große Problem angehen wollen, nämlich dass die Einkommensunter­schiede zwischen Frauen und Männern verringert werden sollen, dann müssen wir an­dere Maßnahmen setzen.

Hier haben Sie uns selbstverständlich an Ihrer Seite, und hier sollten wir alle gemein­sam arbeiten (Abg. Gartelgruber: Ich habe genug Anträge dazu eingebracht!), nämlich


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dass in Branchen, in denen vor allen Dingen Frauen beschäftigt sind, sei es nun in der Pflege, sei es auch in anderen sogenannten Frauenberufen, eine entsprechende Neu­bewertung der Arbeit stattfindet; dass Einkommensberichte, die wir hier in der letzten Periode eingeführt haben, nicht nur gelesen, sondern auch ernst genommen werden; dass die Stelleninserate entsprechend ausgeschrieben werden, damit Frau weiß, was sie verlangen kann.

Hier sind wir auf einem wichtigen Weg, genau aus diesen Gründen. Diese Einkom­menstransparenz hat ja auch schon Erfolge gezeitigt. Selbstverständlich ist auch die Bildung ein wichtiger Aspekt. Nur, liebe Frau Kollegin Gartelgruber, eine zusätzliche Einkommensstatistik wird keiner Frau helfen (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber) und wird keine Frau nur einen Zentimeter oder Millimeter oder einen Euro mehr ins Ver­dienen bringen. Daher gehen wir auf unserem Weg weiter. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grü­nen und NEOS.)

21.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


21.04.06

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Mi­nisterin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, liebe Gisela Wurm, zu dei­ner emotionalen Rede. Ich gebe dir recht, wenn du sagst: Wir brauchen keine zusätz­liche Statistik. Da bin ich ganz bei dir, wir brauchen auch keine zusätzliche Statistik. Worum es geht und worum es in diesem Antrag geht, ist die Vergleichbarkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gisela! Wir haben keine Vergleichbarkeit, wir können nicht vergleichen. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.)

Wir haben hier Unterschiede, was die Gehaltsschere betrifft, die von 5,6 bis 38 Prozent gehen. Na wo ist sie denn jetzt, die Gehaltsschere? – Nein, das haben wir nicht! Wir haben verschiedene Statistiken. Die Statistik Austria spricht von 23,4 Prozent, das WIFO von 13,5 Prozent, die Arbeiterkammer von 12,6 Prozent, die OECD von 19,4 Pro­zent, die WKO von 5,6 Prozent, der Rechnungshof von 18 Prozent. Na was? Welche Statistik stimmt jetzt, und wie können wir vergleichen? (Abg. Neubauer: Nur die, die ich selber gefälscht habe!) – Genau. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen da eine Vereinheitlichung. Wir brauchen eine Statistik, wo wir alle von derselben Zahl ausgehen und von derselben Statistik ausgehen. Ich bin ganz bei dir, wenn du sagst, zusätzliche Statistiken bringen den Frauen keinen Cent mehr. Aber dieser Wirrwarr an Statistiken bringt den Frauen auch keinen Cent mehr!

Wir müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren – und da darf ich auch alle bit­ten, hier nicht politisches Kleingeld zu wechseln –, wirklich daran arbeiten, dass die Gehaltsschere, die ja niemand bestreitet, die ja da ist, geschlossen wird, gemeinsam mit der Frau Ministerin, mit allen Parteien im Ausschuss. Aber dazu brauchen wir eben vergleichbare Daten, um die Arbeit hier auch fortsetzen zu können. Dieser Antrag fin­det unsere Unterstützung. Er wurde im Gleichbehandlungsausschuss leider abgelehnt, aber die Periode ist ja noch lang; aufgeben tut man nur einen Brief! – Danke. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ. – Abg. Gisela Wurm: Aber das ist ...!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 210

21.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


21.06.19

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Schön, dass wir über Verbesserungen für Frauen reden, auch zu die­ser Uhrzeit – immer wichtig! Wir wissen ja alle: Frauen verdienen oft viel weniger als Männer für die gleiche Arbeit, das ist völlig unbestritten. Diese Einkommensschere ge­hört einfach weg!

Brauchen wir dazu wieder eine neue Statistik, neue Doppelgleisigkeiten? – Wir wollen das nicht. Wir wollen weniger Bürokratie und diese Doppelgleisigkeiten abbauen.

Wenn Sie kritisieren – ich habe sehr aufmerksam zugehört –, es gibt viele Statistiken mit verschiedenen Zahlen, man kann sie nicht vergleichen, hier ein konkreter Vor­schlag: Warum einigen wir uns nicht auf eine Statistik, zum Beispiel Bericht des Rech­nungshofs, und debattieren aufgrund dieser Basis? – Das wäre kostengünstig, einfach und transparent.

Worum es uns aber geht, das sind nicht die Statistiken. Uns geht es darum: Was hilft denn den Frauen wirklich konkret? – Da gibt es eine ganze Reihe von Maßnahmen, die diese Regierung setzt. Zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt: Unterstützung für Frauen, um wieder in einen Job zu finden. 50 Prozent der Fördermittel sind für Frauen reser­viert – ganz, ganz wichtig! Diese Regierung pumpt in den nächsten drei Jahren 370 Mil­lionen € zusätzlich in den Arbeitsmarkt, das wird auch sehr vielen Frauen helfen. Wir haben das Pflegekarenzgeld, das hilft auch wieder vielen Frauen. Da viele Frauen gar nicht in diese Top-Jobs kommen, um Top-Gagen zu bekommen, gibt es auch die Bil­dungskarenz; Weiterbildung: gut für Frauen!

Was uns noch ein besonderes Anliegen ist, ist auch die Einkommensschere in der Pension. Wir wissen ja, dass die Frauenpensionen sehr viel geringer sind als die Pen­sionen der Männer. Was können wir tun? – Da wird es in Kürze ein gutes Angebot ge­ben, nämlich die neue Bonus-Aufschub-Pension, jedenfalls zumindest für Frauen, die schon einen Job haben. Wer kann und wer will, kann nach dem 60. Lebensjahr auch weiterarbeiten und sich damit eine weit höhere Pension mit einem höheren Bonus er­wirtschaften.

Wir laden Sie ein: Machen Sie mit, schaffen wir weitere Verbesserungen! – Danke. (Bei­fall bei ÖVP und SPÖ.)

21.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


21.08.57

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Wer­te Kollegin Gartelgruber, Sie müssen nicht feiern am Equal Pay Day, und ich möchte auch nicht feiern am Equal Pay Day, weil wir den gar nicht feiern. Es ist ein Tag, der auf einen Zustand aufmerksam macht, und dieser Zustand heißt: Ungleichstellung zwischen Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt. Da sind wir uns vielleicht einig, dass es diesen Zustand gibt. Und es gibt unterschiedliche Methoden – ja, die gibt es –, diesen Zustand zu berechnen, genau!

Aber wir werden – und da können wir jetzt noch sehr oft darüber streiten, ob es diese eine Zahl gibt – die eine Zahl nicht finden, weil es einfach verschiedene Methoden gibt: ob wir mit Teilzeit rechnen oder teilzeitbereinigt, oder Bruttostundenlöhne, oder wie – wie heißt er jetzt? – der Gender Gap Report vom World Economic Forum; die rechnen nämlich sogar Bildung, Gesundheit und andere Teilbereiche mit hinein, die noch viel mehr aussagen über Gleichstellung oder Ungleichstellung in unserer Gesellschaft.

Und was ist? – Faktum ist, wenn Sie mich schon so anschauen und den Kopf schüt­teln: Vielleicht arbeiten wir daran, dass es einfach ein riesengroßes Faktum gibt, dass


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 211

Frauen im Arbeitsbereich benachteiligt sind. Okay, wenn wir uns darauf einigen, dann können wir von dem aus weiterarbeiten, und wir brauchen nicht jedes Jahr wieder die­sen einen Antrag von Ihnen zu diskutieren. Das wäre echt fein, denn wir könnten uns anderen Themen in diesem Zusammenhang widmen, nämlich der Ungleichstellung ... (Beifall bei Grünen und SPÖ. – Abg. Gartelgruber: Es ist unfair ...!)

Das ist nicht unfair, weil ich finde, dass Sie von einem eklatanten Problem ablenken. Dieses eklatante Problem heißt Ungleichstellung von Frauen und Männern auf dem Ar­beitsmarkt. Frauen sind benachteiligt, massivst benachteiligt! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wenn wir dann über die Maßnahmen reden: Frau Ministerin, mir tut es leid, dass Sie im Moment nicht so viel Zeit haben, sich dem Thema zu widmen, das ein mindestens so großes und wichtiges wäre wie die Bildung, nämlich die Frauen. Immerhin 51 Pro­zent unserer Gesellschaft, der Bevölkerung sind Frauen. Das bleibt ein bisschen hinten vor.

Wir wissen auch, von den vielen Maßnahmen, die der Nationale Aktionsplan in der letzten Regierungsperiode vorhatte, wurden leider nicht viele gesetzt. Es wurden mei­ner Meinung nach zu zahnlose Instrumente eingesetzt, um genau dieser Einkommens­schere entgegenzuwirken.

Wir sollten lieber darum kämpfen – und da bräuchten wir auch Ihre Unterstützung, wer­te FPÖ-Damen und ‑Herren –, an den Rädern weiterzudrehen wie: die Einkommensbe­richte zu reparieren oder viele andere Maßnahmen durchzusetzen, die dazu beitragen würden, die Gehaltsschere zu schließen und dafür zu sorgen, dass die Ungleichstel­lung von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt Geschichte ist. Aber wenn wir so weitermachen mit Ihnen, dann werden wir da nicht weiterkommen. Es tut mir echt leid um die Zeit, die wir dafür brauchen, solche Anträge noch öfter zu diskutieren. – Danke. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie der Abg. Schittenhelm.)

21.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. – Bitte.

 


21.12.05

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Abgeordnete Gartelgruber, ich möchte Sie gerne fragen, wie Sie diesen Antrag, den Sie hier stellen, mit dem FPÖ-Parteipro­gramm vereinbaren können. Ich stelle mir wirklich schon ganz ernsthaft die Frage, ob Sie sich mit diesem Antrag vielleicht von der FPÖ loslösen wollen oder gar jenen, die das FPÖ-Parteiprogramm geschrieben haben, vielleicht einen Misstrauensantrag aus­sprechen wollen. Sie haben das doch gerade im Vorfeld uns vorgeworfen bei der Mi­nisterin. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Liebe Frau Gartelgruber, kennen Sie Ihr Parteiprogramm? Kennen Sie Ihr Parteipro­gramm, was Gleichstellung betrifft? Geschrieben auch, Sie kennen es? – Da steht nämlich drin: Die Bevorzugung eines Geschlechts zur Beseitigung tatsächlicher oder vermeintlicher Benachteiligung wird von uns entschieden abgelehnt. Statistisch errech­nete Ungleichheiten – wurscht, wo sie herkommen, Klammer auf, Klammer zu, das ha­be ich hinzugefügt –, die durch eine Vielzahl an Faktoren bedingt sind, können nicht durch Unrecht an einzelnen Menschen ausgeglichen werden. (Abg. Auer: Jetzt schaut’s nicht ...! – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wofür brauchen Sie denn eine Statistik, wenn sie der ohnehin nicht glauben? – Küm­mern wir uns vielmehr um das, was Ihnen unsere Vorrednerinnen gesagt haben (Abg. Zanger: Wir machen selber eine Statistik!): Schließen wir die Einkommensschere, neh­men wir die Zahlen, die wir haben! (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber.)


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Liebe Frau Abgeordnete Gartelgruber! Ich glaube nicht, dass wir ein Jahr warten wer­den, bis wir diesen Antrag wieder auf dem Tisch haben. Ich rechne viel früher damit und freue mich, wenn wir das wieder hier diskutieren können. Im Ausschuss werden wir diesen Antrag genauso wieder ablehnen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

21.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als vorerst letzte Rednerin in dieser Debatte ist Frau Dipl.-Kffr. Pfurtscheller zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


21.13.53

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ge­schätzte Zuschauer an den Bildschirmen! Liebe Kollegen von der FPÖ und liebe Kol­leginnen von der FPÖ, was würde denn passieren, wenn Sie Ihre so heiß geliebte Stu­die oder Ihre so heiß geliebte neue Statistik bekommen würden? – Wir hätten eben noch eine siebte, achte, neunte oder zehnte Zahl, die wir wieder mit den anderen ver­gleichen müssten, und am Ende käme wieder dasselbe heraus, was wir alle schon wis­sen: Bedauerlicherweise verdienen Frauen im Schnitt weniger als Männer. Das ist die Tragik, und daran ändert auch eine zehnte Studie nichts. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Ich schließe mich Kollegin Wurm an, wenn sie sagt – das habe ich auch in meinem Konzept stehen –, das hilft keiner einzigen Frau, und keine einzige Frau wird durch ei­ne weitere Studie auch nur einen Cent mehr verdienen. Deshalb denke ich mir, wir soll­ten andere Lösungsansätze und Verbesserungsansätze andenken. (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber.) Ich möchte Ihnen jetzt gerne (Abg. Zanger: ... täte Ihnen schon helfen, aber Sie lassen es ja nicht!), lieber Kollege, näherbringen, was mich bewegt und was ich mir sehr oft denke. Das ist vielleicht in mancher Hinsicht ein anderer Denk­ansatz.

Ich bin eine ehemalige Arbeitnehmerin und war über 30 Jahre in der Privatwirtschaft tä­tig. Ich weiß ganz genau, wie wichtig es ist ... (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Gar­telgruber.) – Frau Kollegin, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir jetzt zuhören würden! Ich habe Ihnen auch zugehört und habe Sie nicht gestört!

Ich weiß ganz genau, wie wichtig es ist, dass Frauen auch in der Lage sind, in kleinen und mittleren Unternehmen bei Gehaltsverhandlungen ihre Wünsche selbstbewusst zu verhandeln und zu kommunizieren. Denn anders als im öffentlichen Dienst und anders als in großen Betrieben, in denen oft nach Kollektivvertrag entlohnt wird, entscheiden in den kleinen und mittleren Unternehmen immer noch die Chefs und die Chefinnen per­sönlich, weitgehend unabhängig und manchmal vielleicht auch nicht für alle nachvoll­ziehbar, wer wie viel verdient. Deswegen geht es eindeutig auch darum, dass Frauen lernen – noch mehr lernen! –, konsequent und geschickt zu verhandeln, und keine Scheu zeigen, ihre Forderungen zu stellen.

Ich habe in meinem Arbeitsleben immer wieder feststellen können, dass meine Kolle­ginnen manchmal zu bescheiden und zu schüchtern waren, ihre Wünsche und ihre Vorstellungen zu artikulieren, und dass diejenigen, die mutig waren, in der Regel auch das Gehalt bekommen haben, das sie sich vorgestellt haben. Daher ist es mir persön­lich ein ganz großes Anliegen, Frauen und auch speziell junge Frauen zu stärken und ihnen die entsprechende Kommunikationskompetenz zu vermitteln, die ihnen hilft, ihre Wünsche und Vorstellungen durchzusetzen. Das kann in der Schule erfolgen, während der Lehrzeit, aber auch in entsprechenden Kursen und durch Öffentlichkeitsarbeit.

Mir ist natürlich durchaus bewusst, dass das nur ein ganz kleiner Baustein ist in allen unseren vielfältigen Bestrebungen, Frauen gleiche Entlohnung zu sichern. Aber ich persönlich halte es wirklich für sehr wichtig, dass wir nicht immer nur darüber disku-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 213

tieren, das System von oben nach unten zu verbessern und zu reformieren, sondern mit allem Nachdruck auch darauf hinweisen, dass die Frauen es ein Stück weit auch selber in der Hand haben und mutig ihren Weg gehen sollen.

Bitte helfen auch Sie alle mit, die Frauen in Ihrem Umfeld in diesem Sinne zu stärken und zu ermutigen! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.17

21.17.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsausschus­ses, seinen Bericht 123 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierzu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

21.18.1127. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 263/A(E) der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz der Konsumenten und Konsumentinnen und der bäuerlichen Landwirt­schaft durch Beibehaltung der nationalen Milchquote“ (98 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 27. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


21.18.51

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Beibehaltung der nationalen Milchquote: Das Milchkontingent ist quasi ein Lieferrecht der Bauern, und das wird jetzt auf dem Altar der EU geopfert. Mit dem Jahr 2015 wird die Milchquotenregelung der EU auslau­fen, und somit auch für Österreich. Die Milchbäuerinnen und Milchbauern wünschen sich rasche Aufklärung, wie es weitergeht. Die Verarbeiter – Molkereien, Käsereien – möchten möglichst lange abwarten, weil die Marktgegebenheiten 2015 nicht vorher­sehbar sind.

Stimmt! Nur, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wer sind die Draufzahler? – Nicht die Molkereien, sondern die Bäuerinnen und Bauern!

Das Zauberwort der EU: mehr Stabilität für den Milchmarkt. – Was die Zauberwörter der EU betrifft und was sie wert sind, meine sehr verehrten Damen und Herren, wissen wir inzwischen nur allzu gut, nämlich: nichts! (Beifall bei der FPÖ.)

Das Bauernsterben wird durch diese EU massiv beschleunigt. Wir von der FPÖ wollen, dass die heimischen landwirtschaftlichen Betriebe weiterhin für die Bevölkerung gesun­de, gute Grundnahrungsmittel erzeugen (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber) und nicht der Willkür der EU bedingungslos ausgeliefert werden. – Das gilt auch für Sie, Herr Kollege Pirklhuber. (Beifall bei der FPÖ.)

21.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 214

21.20.27

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Euro­päische Union hat sich für die nächsten sieben Jahre ein klares Ziel gesetzt, das da lautet, Ernährungssouveränität den Menschen in Europa und damit auch in Österreich zu bieten.

Wir wissen, dass in Zukunft die Rohstoffe knapp werden. Daher verstehe ich den ge­genständlichen Antrag nicht ganz, nämlich dass man versucht, in Österreich national eine Quote aufrechtzuerhalten, wodurch die Bauern in ihrer Möglichkeit, zu produzie­ren, beschränkt würden.

Wir müssen uns den Gegebenheiten anpassen und den Bauern die Möglichkeit geben, das zu produzieren, was die Menschen brauchen. Und das tun sie in Österreich zur Genüge – umweltgerecht, tiergerecht und die Landschaft offen haltend. Ich glaube, dass eine Landwirtschaft mit diesem gesellschaftspolitischen Mehrwert auch die Pro­duktion in den Mittelpunkt jedes bäuerlichen Unternehmens stellen muss.

Daher sage ich auch ganz offen: Es ist uns zwar in den letzten Jahrzehnten gelungen, die Milchquote aufrechtzuhalten, aber wenn ich weiß, dass wir in 20 Jahren um 50 Pro­zent mehr Lebensmittel brauchen, dann möchte ich die österreichischen Bauern von Produktionsmöglichkeiten nicht ausschließen. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.)

Daher, lieber Kollege Pirklhuber, öffnen wir uns! Nutzen wir die Chance, die wir den ös­terreichischen Bäuerinnen und Bauern und diese den Konsumenten bieten können. Die Bauern bieten flächendeckende Genfreiheit in der Milchproduktion. Über 70 Pro­zent der Milch stammen aus den Berggebieten. Wir haben höchste Qualitätsstandards, meine Damen und Herren. Wir haben mit 15 Prozent den höchsten Biomilchanteil in Europa. Und wir haben, wie gesagt, die strengsten Umwelt- und Tierschutzbedingungen.

Reden Sie das daher nicht schlecht! Geben wir den Bauern die Möglichkeit, das zu produzieren, was sich die Konsumenten wünschen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirkl­huber. – Bitte.

 


21.22.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Auch wenn die Zeit schon fortgeschritten ist, möchte ich, weil Kollege Grillitsch gerade erwähnt hat, dass es darum geht, was die Bauern und Konsumenten wollen, auf Folgendes hinweisen: Eines ist klar: Es gibt im österreichischen Lebensmittelhandel eine einzige bäuerliche Marke, und das ist „A faire Milch“. (Der Redner zeigt eine Tetrapackung dieser Marke.)

Das ist eine Erzeugergemeinschaft von österreichischen Bäuerinnen und Bauern, die in den letzten Jahren in dem Milchkampf heftig dafür geworben haben, damit die Öffentlich­keit, Kollege Grillitsch, versteht, was das Problem ist. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Diese Milchbäuerinnen und Milchbauern waren auch jene, die von Beginn an gefordert haben, dass die Milchquote vollzogen wird, dass sie wirklich eingehalten wird, und ge­gen Überlieferung und gegen Dumping im Milchsektor eingetreten sind. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Warum denn? Warum wollten diese Bäuerinnen und Bauern das? – Weil sie einen fairen Preis für ein qualitativ hochwertiges Lebensmittel haben wollen, Kollege Gril­litsch. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Und was steht da oben? – „100 % Fair = 100 % Zukunft.“ Ja, das ist die Botschaft der Bäuerinnen und Bauern. Und ich glaube, viele KonsumentInnen haben das verstan-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 215

den, die sagen: Jawohl, wir wollen die österreichischen BergbäuerInnen, MilchbäuerIn­nen, die Grünlandbetriebe unterstützen! Wir kaufen diese Milch!

Wissen Sie, zu welchem Preis, Kollege Grillitsch? Was kostet diese Milch (der Redner zeigt neuerlich die Tetrapackung der Marke „A faire Milch“) im Supermarkt? Sagen Sie es mir! Bitte? – Er weiß es nicht! Sie kostet 1,29 €, das ist der höchste Milchpreis für ein solches Produkt (Zwischenruf des Abg. Essl), wobei die Bauern da 10 Cent mehr bekommen. Das ist das Projekt dieser Bäuerinnen und Bauern!

Der Antrag des Kollegen Steinbichler, der hier zur Diskussion steht, ist natürlich in ei­nem Punkt – und das ist die Schwierigkeit – nicht umzusetzen: Die Europäische Union hat keine Fortsetzung der Milchquote beschlossen. Aber es wäre, meine Damen und Herren, die Aufgabe des österreichischen Landwirtschaftsministers in den letzten Jah­ren gewesen, genau diese Forderung zu erheben, und es wäre auch jetzt noch sinn­voll, sie zu erheben, denn die Zuckerrübenquote wird auch verlängert, bis 2018. Herr Bundesminister, stimmt’s oder stimmt’s nicht? Warum gilt für die Rübenbauern ein Schutz der Produktion und für die Milchbauern das Gegenteil, nämlich Laissez-faire, man lässt sie gegeneinander antreten.

Die Milchproduktionsgebiete der Europäischen Union stehen im härtesten Wettbewerb zueinander. Das bedeutet ein Aus für viele Milch produzierende Betriebe in den nächs­ten fünf Jahren in Österreich. 40 Prozent dieser Milchbauern zum Beispiel in Salzburg sind Biobetriebe. Das ist die Realität, Kollege Grillitsch! Und das, was hier geschieht, ist aus unserer Sicht fahrlässig; das wissen auch alle, die sich ernsthaft und intensiv mit diesem Thema beschäftigen.

In diesem Zusammenhang verstehe ich auch nicht, dass Sie, Herr Bundesminister, in Zukunft vorhaben, den Bäuerinnen und Bauern im Grünlandbereich für Almflächen und Hutweiden 80 Prozent der Prämien zu kürzen. 80 Prozent Reduktionsfaktor für Prä­mien für Almflächen und Hutweiden! Für mich unverständlich. Dieses Gesetz, das Markt­ordnungsgesetz, ist noch in Begutachtung, ich weiß es.

Meine Damen und Herren! Worum es ginge, wäre Gerechtigkeit für die ProduzentIn­nen, gerechte Preise für faire Produktionsbedingungen. Das ist eine Chance und Zu­kunft für unsere Gesellschaft, denn wir leben in diesen Regionen auch vom Tourismus. Ohne Grünlandbewirtschaftung, ohne Rinder wäre eine Almwirtschaft, wäre ein Touris­mus in Salzburg und Tirol undenkbar. Dies ist auch ein wesentlicher Beitrag zur Le­bensmittelsicherheit.

Daher, Herr Bundesminister, geben Sie sich einen Ruck! Wenn wir schon nicht die Milchquote halten können, dann müssten Sie konsequent für die Einführung einer Um­verteilungsprämie eintreten, um die ersten 20 bis 30 Hektar der bäuerlichen Betriebe besonders gut zu fördern und im Fördersystem einen Arbeitsplatzfaktor einzuführen, damit diese Betriebe, diese Milchbetriebe auch in Zukunft eine Chance haben. 100 Pro­zent fair wäre eine faire Agrarpolitik für die Grünlandwirtschaft. Dafür werden wir in den nächsten Diskussionen kämpfen. Bereits morgen wird das beim Budget unser Thema sein. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Steinbichler.)

21.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Grillitsch zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestim­mungen der Geschäftsordnung dazu. – Bitte.

 


21.27.20

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kolle­ge Pirklhuber hat behauptet, dass die Bauern für die „faire Milch“ mehr bekommen als für andere Milchsorten und andere Milchprodukte in Österreich. (Abg. Pirklhuber: 10 Cent! Natürlich!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 216

Faktum ist, dass die Bauern für die „faire Milch“ um 3 Cent weniger bekommen, als sie sonst für die Milch bekommen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.)

21.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


21.27.44

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Kolle­ginnen und Kollegen! Ich möchte mich zunächst einmal sehr herzlich bei den fleißigen Bauern, die Milchwirtschaft betreiben, für ihre Arbeitsleistung bedanken. Das ist nicht selbstverständlich. Also ein herzliches Dankeschön an alle Milchbauern, die die Ver­sorgung Österreichs mit Milch garantieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Die derzeitige Milchquotenregelung besteht seit 2003, regelt die Menge und natürlich auch den Preis der Milch. Vor allem für die kleinbäuerlichen Familienbetriebe ist die be­stehende Milchquotenregelung wichtig. Sie sichert letzten Endes die Existenz der klei­nen bäuerlichen Betriebe.

Die UNO hat das Jahr 2014 zum Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe erklärt, und das nicht von ungefähr, um eben auf die Probleme der kleinstrukturierten Landwirt­schaft generell aufmerksam zu machen. Und ich denke, das ist auch Auftrag für uns, den Fokus auf die kleinbäuerlichen Betriebe zu richten.

Die Milchquotenregelung läuft am 1. April 2015, wie wir wissen, EU-weit aus. Es ist da­her notwendig, eine vernünftige weitere Regelung auf die Beine zu stellen, um die Bau­ern, die Milchwirtschaft betreiben, nicht im Regen stehen zu lassen.

Ich möchte noch kurz die Situation beleuchten, wie sie sich gegenwärtig zeigt: Die Zahl der Milchbetriebe ist eklatant rückläufig. Andererseits steigt aber zugleich die Produk­tion pro Kuh. Kurz nur einige Vergleichszahlen: 1960 gab eine Kuh pro Jahr knapp über 2 500 kg Milch. 2010 waren wir bereits bei 6 100 kg, 2012 bei 6 418 kg Milchleis­tung pro Kuh pro Jahr.

Zugleich hat sich die Zahl der Kühe in den letzten Jahrzehnten fast halbiert, die Pro­duktion jedoch fast verdreifacht. Wir sind, was den Konsummilchbereich betrifft, in Ös­terreich bei einem Selbstversorgungsgrad von 155 Prozent. Das bringt natürlich vor al­lem dann Probleme mit sich, wenn die Quotenregelung im kommenden Jahr fällt und man nicht gegensteuert. Hier wird es, wenn man den offenen Markt hernimmt, zu ei­nem eklatanten Preisverfall kommen. (Ruf bei der ÖVP: Wieso?) Daher ist es notwen­dig, dass man rechtzeitig reagiert, dass man im laufenden Jahr 2014, Herr Kollege, reagiert, um den Bauern Planungssicherheit, letzten Endes aber auch Rechtssicherheit zu geben.

Ich ersuche daher alle politisch Verantwortlichen, auch eine Expertengruppe Milch im laufenden Jahr 2014 zu starten, mit den produzierenden Betrieben, natürlich auch mit den verarbeitenden Betrieben, mit den Molkereien und auch mit VertreterInnen der Konsumentinnen und Konsumenten. Es wurde vorhin bereits angesprochen: 70 Pro­zent der Milchproduktion in Österreich vollzieht sich im Bergbaugebiet, auf den Almen, qualitativ 1a. Das ist hochklassige Milch.

Des Weiteren ist es notwendig, eine Informationsinitiative und -offensive für mehr Pro­duktion im Biomilchbereich dahin gehend zu starten, dass wir auch die Konsumentin­nen und Konsumenten schwerpunktmäßig auf diese Schiene fokussieren.

Wichtig ist auch – das möchte ich abschließend erwähnen –, dass unsere kleinbäuerli­chen Strukturen in den alpinen Gebieten, was die Milchproduktion betrifft, bei Weitem nicht mit den Betrieben in Deutschland, in den Niederlanden, im Flachland zu verglei-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 217

chen sind. Daher ist es auch notwendig, in Österreich im Bereich der Milchwirtschaft das Europa der Regionen zu stärken.

In diesem Sinne hoffe ich auf gutes Gelingen dieser Milchgespräche 2014, damit wir auch weiterhin eine qualitativ hochwertige Milch in Österreich genießen können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


21.32.11

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ganz besonders: Liebe Zuseherinnen und Zu­seher an den Fernsehgeräten! Jetzt können ja auch die Bauern zuschauen, die tägli­che Stallarbeit ist getan. (Heiterkeit.) 365 Tage im Jahr, das wird immer vergessen.

Wir sind oft bei den Vorschriften besser als beim Mitdenken, was sich da wirklich bei der Tierhaltung an Arbeit und Sorgfaltspflicht ergibt.

Es wurde bereits vom Kollegen Preiner und auch vom Kollegen Pirklhuber angespro­chen, aber vielleicht darf ich vorher noch etwas zum Kollegen Grillitsch sagen: Fritz, ihr verwechselt hier die Freie Milch und die faire Milch. Da gibt es zwei Marken: Die faire Milch zahlt tatsächlich diesen Fairnesszuschlag. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Grillitsch: Wo? Wie viel ist das?)

Die gentechnikfreie, wertvolle, österreichische Milch wurde lobend erwähnt. Warum? – Weil wir uns hier in Österreich zur Gentechnikfreiheit bekannt haben und heimisches Eiweiß verfüttern (Abg. Auer: Genfreies Soja!), wertvollstes Eiweiß von der Wiese, von der Dauerwiese, vom Kleegras. Diese wertvolle Milch ist mit der Quote zu schützen.

Weil es angesprochen wurde: Ich bin der Meinung, es muss eine Gleichbehandlung bei der Milchquote geben wie bei der Rübenquote, denn wir sind im europäischen Raum. Wenn es bei der Rübenquote aus rechtlicher Sicht möglich ist, muss auch für die Milchquote diese Rechtssicherheit und diese Planungssicherheit hergestellt werden.

Wir haben das Beispiel Schweiz. In der Schweiz ist drei Monate später, nachdem die Quote abgeschafft wurde, der Milchmarkt zusammengebrochen. (Abg. Pirklhuber: Wahnsinn!) Nun die jungen Bauern eventuell zu locken, indem man sagt: Jetzt könnt Ihr produzieren, so viel Ihr wollt!, ist einfach eine Verrücktheit. Ich glaube, es geht da­rum, die Sicherheit und die Planbarkeit zu gewährleisten.

Ganz wesentlich ist auch die Wertigkeit: Wir haben die Chance – das wurde bereits an­gesprochen – mit der A- und B-Quote, die nationale Quote, die auch bisher berechnet wurde, und die Überlieferungsmilch, die dann von mir aus die B-Quote ist, als Steue­rungsinstrument einzusetzen.

Das kann man dann steuern: Wenn die Milchwirtschaft mehr Rohstoff, mehr Milch braucht, soll sie einen besseren Preis für die B-Quote zahlen, den gleichen Preis wie für die A-Quote, und wenn sie Überschüsse hat, kann sie da reduzieren. Ich glaube, das Wesentlichste ist die Quote zum Schutz der kleinen bäuerlichen Milchbetriebe. (Abg. Grillitsch: Warum sollen die Bauern Strafe zahlen?) Gerade in den schwierigen Berggebieten, wo das auch zusätzlich eine touristische Wirksamkeit hat, ist diese Ar­beit ganz wesentlich für unseren österreichischen Tourismus, aber auch für die Konsu­mentinnen und Konsumenten, für unsere wichtigsten Partner. Diese Milch ist ein wert­volles Lebensmittel – die Ernährungssouveränität wurde angesprochen –, das in einer lebenswerten Kulturlandschaft hergestellt wird.

Es geht da auch besonders darum, dass in Zukunft die Ernährungssouveränität mit ausgezeichneten qualitätsvollen österreichischen heimischen Lebensmitteln gewähr-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 218

leistet ist. Es geht um heimische Arbeitsplätze, um Lebensqualität, um das Klima und um die Umwelt.

Ich bitte darum, dass diese angesprochene Arbeitsgruppe Milch wirklich konstruk-
tiv zusammenarbeitet. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Pirklhuber.)

21.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Ich habe geglaubt, der Stronach steht für den freien Markt!)

 


21.35.40

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne geschätzten Damen und Herren! Es ist für mich etwas ganz Neues, dass Stronach staatliche Regelungen für etwas will, was jeder Einzelne selber machen kann, denn das, was der Leo Steinbichler angesprochen hat, kann im Grunde jede einzelne Molke­rei, jede Käserei in der Zukunft für sich machen. Da brauchen wir keine staatliche Re­gelung. (Beifall bei der ÖVP.)

Bei der Einführung der Quote hatten wir eine starre Marktordnung, da hat die Quote sicherlich ihre Berechtigung gehabt, da hat es strenge Regelungen gegeben. Wir ha­ben allerdings in den letzten Jahren einen sehr starken Wandel gehabt: weg von der Marktordnung hin zur Marktwirtschaft. Die Quote ist momentan, europaweit gesehen, de facto unwirksam, aber teuer.

Im Milchwirtschaftsjahr 2012/13 haben nur fünf Länder in Europa die Quote ausge­schöpft, insgesamt 163 000 Tonnen überliefert – Österreich davon 103 000 Tonnen –, und das waren neben Österreich die Länder Dänemark, Deutschland, Polen und Zy­pern. Das hatte zur Folge, dass insgesamt eine Überschussabgabe von 45,45 Millio­nen € an die EU bezahlt worden ist; davon 28,45 Millionen € von den österreichischen Bäuerinnen und Bauern. 2011/2012 betrug diese sogar 33,26 Millionen €. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.)

Wenn ich das umrechne auf das, was ein durchschnittlicher bäuerlicher Betrieb ver­dient, sind das fast 1 700 bäuerliche Familien, die ihre Einkommen quasi nach Brüssel gesponsert haben. Das ist, so glaube ich, in der Zukunft nicht mehr notwendig. Wa­rum? – Die Preisbildung erfolgt nicht in der Region, nicht in Österreich, die Preisbildung erfolgt in Europa. Wir haben nicht mehr Grenzen um Österreich herum. Wir haben Grenzen um Europa herum – und dort spielt sich die Preisbildung ab. (Abg. Steinbich­ler: Herr Kollege, das stimmt nicht!)

Die Fortführung des Quotensystems ist obsolet. Es gibt weit und breit keine Mehrheit in Europa dafür – das müsste ja beschlossen werden –; die Quote in Österreich allein aufrechtzuerhalten (Abg. Pirklhuber: Haben sie Jahrzehnte gehabt!) ich wäre bald geneigt gewesen, zu sagen, das ist ein Schwachsinn, ich sage das aber nicht –, ist höchst unvernünftig, denn damit würde man unsere österreichischen Milchbauern qua­si fesseln und dem Rest der Welt sozusagen freien Lauf lassen. Das ist der falsche Weg!

Wir brauchen starke Verarbeitungsbetriebe, die beste Produkte erzeugen und die eine gute Positionierung auf dem Markt haben. Das hilft den Bauern! Wichtig ist es, dass wir einen guten Preis haben, und da möchte ich darum ersuchen, dass die Arbeiterkam­mer nicht ständig mit irgendwelchen Preisvergleichen daherkommt und sagt: Das ist zu teuer und das ist zu viel!, sondern da müssen wir alle zusammenhelfen.

Noch ein Wort an die Handelsketten: Die „Geiz-ist-geil-Methode“ ist es nicht, was die Konsumenten wollen. Die Konsumenten wollen frische Produkte aus der Region. Da­her brauchen wir Regeln, die keine schikanösen, unnötigen Vorschriften und Auflagen beinhalten. Wir wollen wertvolle Lebensmittel haben, die auch ihren Preis haben.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 219

Daher ist es notwendig, diesen Antrag hier leider abzulehnen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Pirklhuber: Eine faire Milch !)

21.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Jannach. – Bitte.

 


21.39.24

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Lieber Kollege Eßl, du brauchst bitte nicht auf die Handelsketten zu schimpfen. Der Herr Bun­desminister hat klar gesagt, dass sich die Handelsketten bei den Produkten der Bauern beteiligen werden. Und auf das Wort des Ministers zählen wir. Deswegen schimpfen wir nicht auf die Handelsketten. Das ist nicht unsere Intention.

Wir vertreten einen anderen Standpunkt als dieser Block hier, der ÖVP-Bauernbund-Block heißt. Ihr müsst dazusagen, ihr wollt das Produkt „wachsen oder weichen“ haben in der Landwirtschaft. Wenn der Kollege Grillitsch herauskommt und sagt: Wir wollen die Bauern in der Produktion nicht einschränken!, dann muss ich ihn fragen: Wie soll sich ein Betrieb im Berggebiet, der 10 Hektar hat, der von 20 Kühen gelebt hat und jetzt aufgrund der Preise nicht mehr konkurrenzfähig sein kann, ausweiten? Wie soll sich so ein Betrieb ausweiten, der einfach die Möglichkeit nicht dazu hat?

Es passiert das, was wir nicht wollen: dass sich nämlich alles in die Gunstlagen verla­gert! Ihr müsstet fair sein, hier herauskommen und den Bauern sagen: Wir wollen wachsen oder weichen, wir wollen auf dem europäischen Markt mitspielen! (Abg. Gril­litsch: Die Bauern pachten dazu!) Und das ist eure Zielsetzung!

Unsere Zielsetzung ist das nicht! (Abg. Auer: Nicht schimpfen!  Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) – Ich weiß schon, dass ihr schimpft, aber ich nenne euch noch Zahlen der Statistik Austria, die die Entwicklung im Milchbereich belegen: 2006/2007 hat es in Österreich 45 700 Milchviehbetriebe gegeben, also Betriebe, die eine Milch­quote hatten. Jetzt haben wir genau 36 000. In sieben Jahren, in dieser ganzen GAP-Periode, hat ein Fünftel der Betriebe, die Milch produzieren, aufgehört.

Um die Zahlen noch ein bisschen zu veranschaulichen  (Abg. Grillitsch: Die Pro­duktion ist nicht gesunken!) – Die Produktion ist nicht gesunken. Aber uns geht es nicht um die Produktion, uns geht es um die Erhaltung der landwirtschaftlichen Betriebe im Berggebiet. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir können ja die Zahlenspielerei machen: Ein Fünftel der Betriebe in den letzten sie­ben Jahren, das sind 9 200 Betriebe in sieben Jahren, 1 324 Betriebe pro Jahr oder 3,6 Betriebe pro Tag mit Milchviehhaltung, die in sieben Jahren erfolgreicher ÖVP-Agrarpolitik aufgehört haben.

Noch gravierender ist die Zahl der Rinder-Halter. Ich sage euch das  (Abg. Gril­litsch:  im Berggebiet?) – Lieber Fritz Grillitsch, du kannst ja hier herauskommen und dann noch einmal eine Wortmeldung abgeben. Aber mach keine tatsächliche Be­richtigung, denn die Zahlen der Statistik Austria lügen ja nicht, wie wir aus dem Schweinebereich wissen! Und wir haben auch im Rinder-Halterbereich – und das wird der österreichischen Gesellschaft, nicht nur den Bauern auf den Kopf fallen – ein Pro­blem, weil genau jene Betriebe aufhören, die wir Freiheitliche erhalten wollen, nämlich jene im benachteiligten Gebiet, jene im Berggebiet und jene im Alpengebiet.

Das wird der Gesellschaft erst später bewusst werden; vielleicht auch euch, wenn ihr einmal darüber nachdenkt und die Statistik anschaut, wie viele Betriebe tatsächlich zu­sperren. Die Bauern sind nicht nur Lebensmittelproduzenten. Es wird immer so geprie­sen, gesunde Lebensmittel zu produzieren, die Bevölkerung möchte das. (Zwischenruf des Abg. Eßl.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 220

Lieber Kollege Eßl, gerade in Salzburg sperren besonders viele Betriebe auch wegen der Almproblematik zu. Und das musstest auch du erkennen. (Abg. Sieber: Was hat es genutzt?) Wir wollen diese Betriebe einfach erhalten, ihr bekennt euch zum Wach­sen oder Weichen.

Das Verschwinden dieser bäuerlichen Betriebe ist eine Belastung für den Arbeitsmarkt, das weiß jeder. Jeder Betrieb, der zusperrt, ist einer zu viel. Dieser Bauer landet dann auf dem Arbeitsmarkt. Aber das hat auch unglaubliche gesellschaftliche Auswirkungen. Eine Nichtbewirtschaftung und Abwanderung aus den benachteiligten Gebieten hat auch gesellschaftliche Auswirkungen und Folgen für den Tourismus.

Wir sehen das in Italien. In Italien, wo die Almen und die benachteiligten Gebiete nicht mehr bewirtschaftet werden, da verbuscht und versteppt alles. Wenn die Rinder-Hal­tung und die Milchviehhaltung weg ist, dann müssen wir hier einfach zur Kenntnis neh­men, dass die Agrarpolitik, wie ihr sie betrieben habt, nicht erfolgreich war. Das ist ein­deutig und belegt. Gerade jetzt hätten wir die Chance im Zuge der GAP-Reform und im Ausverhandeln des neuen Programmes, diese Betriebe (Abg. Pirklhuber hält – im Sektor der Grünen stehend – ein Milchpackerl in die Höhe) – und da bin ich mit dem Kollegen Pirklhuber einer Meinung – zu stärken, wenn wir die flächendeckende Land­wirtschaft tatsächlich erhalten wollen. Hier höre ich nur Lippenbekenntnisse. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben einen anderen Zugang, sage ich: Wir wollen die Quote erhalten. Erkläre mir bitte einmal, warum du die Zuckerrübenquote erhältst, aber die Milchquote nicht? Da musst du einmal herauskommen und das erklären, warum der eine Bereich geschützt wird und der andere dem freien Markt überlassen wird! Komm hier heraus und erkläre das den Bauern! Erkläre das den Milchbauern! Wir sehen in der Quote eine Chance, diese Betriebe zu erhalten und sie nicht dem freien Markt auszusetzen. Sonst verlagert sich alles in die Gunstlagen. (Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Das ist unsere Ansicht. Das ist unser Zugang zum Schutz der kleinen Betriebe. Ihr seid für Wachsen oder Weichen; wir wollen die kleinen Betriebe erhalten. Die Zuckerrüben­quote wird erhalten, die Milchquote (Abg. Pirklhuber stellt Bundesminister Rupprech­ter ein Glas Milch auf die Regierungsbank) – bitte, überreich das nur dem Herrn Minis­ter – wird abgeschafft. Und das wollen wir nicht! Wir sind für die Beibehaltung der Milchquote. Ihr habt euch in Europa zu wenig dafür eingesetzt. Ihr Amtsvorgänger als Minister ist ja gar nicht hier, den interessiert das schon nicht mehr. Wir wollen das so beibehalten. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ja komm heraus und erkläre die Zuckerrübenquotenregelung! Warum wird die Zucker­rübenquote erhalten? Das muss man sagen! Komm heraus und erkläre es einfach: Milchquote weg, Zuckerrübenquote bleibt! – Wo ist da die Gerechtigkeit? Gleiches wird ungleich behandelt. (Ruf: Schwachsinn!)

Im Übrigen möchte ich noch auf eines verweisen: Die Milchquote war ein Lieferrecht für die Bauern. (Ruf bei der ÖVP: Nein!) – Das war kein Lieferrecht? Wer sagt das? Das war kein Lieferrecht? Dann werde ich dich zitieren (ein Blatt Papier in die Höhe haltend): „12 Fragen an ÖVP-Agrarsprecher Jakob Auer“ im „Blick ins Land“ vor der Nationalratswahl. Im Übrigen hat das der Moosbrugger, euer Landwirtschaftskammer­funktionär in Vorarlberg gesagt, und auch Jakob Auer im Interview vor der Nationalrats­wahl.

Da ist es um die Abschaffung der Milchquote gegangen: „  Investitionskosten in Lie­ferrechte“ für die Bauern „fallen weg.“ – Lieferrechte!

Es heißt weiter: Moosbrugger bestätigt Lieferrecht. – Und Wlodkowski hat das auch als „Lieferrecht“ bezeichnet.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 221

Die Bauern haben viel Geld in Milchquoten investiert. Das, was hier betrieben wird, ist Diebstahl an bäuerlichem Eigentum. Hunderttausende Euro sind in Milchquotenkäufe gegangen, jetzt sind sie mit einem Schlag wertlos geworden. Das ist Diebstahl! Wir ha­ben schon mehrere Anträge gestellt, da eine Entschädigung für die Bauern zu verlan­gen. Die sind jedes Mal abgelehnt worden. (Abg. Eßl: Entschädigung für Überschuss !)

Also bitte, Herr Minister, unsere diesbezügliche Position ist klar, ich glaube auch jene der Mehrheit der Opposition: Wir sind für eine Beibehaltung der Milchquote! Es gibt im Übrigen auch nicht das Sicherheitsnetz, das ihr groß angekündigt habt. Da wollen wir eine Änderung. Wir wollen diese Quote zum Schutz der heimischen Milchbauern ha­ben. Die Zahlen sind eindeutig, wie viele Milchbetriebe aufgehört haben.

Herr Minister, nur schöne Worte und zu sagen: Das wird sich schon vom Markt her re­geln, die Bauern, die innovativ und produktiv sind, werden überleben und die anderen werden nicht überleben!, ist zu wenig. Das wird die Konsequenz aus Ihrer Agrarpolitik sein, die im Milchbereich betrieben wird. Das wollen wir nicht! Daher bekennen wir uns klar und eindeutig zur Milchquote als Mengenregelung und zur Steuerung des Preises für die Milchbauern. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Pirklhuber.)

21.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Rupprechter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


21.46.54

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Zu dieser späten Stunde ist schon alles zu dieser Frage gesagt worden. Es gilt nur festzuhalten, es ist Faktum – wir wissen das jetzt seit dem Jahr 2008 mehr oder weniger –, dass klar ist, dass eine Verlängerung der Milchquotenregelung, sosehr sie auf europäischer Ebe­ne wünschenswert gewesen wäre und wofür ja Österreich auch nachdrücklich einge­treten ist (Abg. Jannach: Das ist ganz etwas anderes!), nicht mehr realisierbar war, denn weder hat es die Bereitschaft der Europäischen Kommission – Sie wissen das sehr gut – noch eine entsprechende Mehrheit im Rat und auch nicht mehr im Europäi­schen Parlament gegeben, eine Verlängerung der Milchquote vorzusehen.

Solange es eine EU-Marktorganisation gibt – Sie kennen das sehr gut, Sie wissen das –, ist eine Selbstbeschränkung der österreichischen Landwirtschaft mit einer natio­nalen Quote rein rechtlich auch nicht zulässig.

Abgesehen von dieser rechtlichen Argumentation möchte ich schon auch festhalten, dass eine Mengenbeschränkung in Österreich die österreichischen Milchbauern auch benachteiligen würde. Das hätte letztlich zur Konsequenz, dass unsere Milcherzeuger innerhalb der Europäischen Union weiterhin die Produktionsbegrenzung hätten und die Mehrkosten dieser Begrenzung und auch eine solche Regelung jederzeit von jedem österreichischen Produzenten in dem Sinne einklagbar wäre, dass sie selbstverständ­lich zu Fall gebracht werden würde.

Es ist so, wie es bereits gesagt wurde: Die österreichischen Milchbauern haben inner­halb der Europäischen Union eine herausragende Stellung als Milchproduzenten mit der gentechnikfreien Produktion, mit den Spitzensegmenten Bio-Milch und vor allem Heumilch. Das ist ein Segment, das zweistellige Wachstumsraten aufweist. Damit sind wir wirklich auch sehr gut auf diesen Wettbewerb vorbereitet. Und die österreichischen Milcherzeuger bereiten sich auf diesen Wettbewerb vor.

Im letzten Jahr des Auslaufens der Quote wäre es mir richtig erschienen, ein schritt­weises Auslaufen der Überschussabgabe – Sie kennen die Regelung sehr gut – vorzu­sehen. Ich habe mich dafür stark gemacht, noch in diesem Jahr eine Reduktion der


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Überschussabgabe vorzusehen. Mein diesbezüglicher Vorschlag auf Ebene des Rates, eine Fettkorrektur für die überlieferte Milch vorzunehmen, was letztlich zu einer schrit­tweisen Reduktion der Überschussabgabe führen würde, ist weiterhin auf dem Ver­handlungstisch.

Wir werden spätestens im Juni auf der Grundlage eines Berichtes von Agrarkommissar Cioloş über diese Frage diskutieren. Ich bin auch tätig, indem ich mich mit maßgebli­chen Verhandlungspartnern, etwa Christian Schmidt aus Deutschland und auch Sté­phane Le Foll, dem französischen Minister, auf eine gemeinsame Vorgangsweise ver­ständige. Ich werde Ihnen selbstverständlich hier darüber berichten.

Es ist aus meiner Sicht richtig, dass wir einen Milchdialog in Österreich brauchen, wie das verschiedentlich angeregt wurde. Ich werde mich da auch maßgeblich beteiligen. Und wir brauchen auch auf europäischer Ebene einen entsprechenden Milchdialog. Was wir aber vor allem brauchen – und ich wiederhole das gerne –, das ist ein Fair­nesspakt für die österreichischen Milchbauern, einen Fairnesspakt mit dem Handel, mit dem Lebensmitteleinzelhandel. Ich habe die diesbezüglichen Gespräche bereits aufge­nommen.

Die österreichischen Milchbauern liefern hervorragende Qualität. Sie werden auch die neuen Marktchancen wahrnehmen können, denn die österreichischen Milchbauern sind die tragende Säule für unser lebenswertes Österreich. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Gusenbauer-Jäger. – Bitte.

 


21.51.38

Abgeordnete Marianne Gusenbauer-Jäger (SPÖ): Werter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Milchbauern, Milchquo­tensystem, Milchproduzenten – Schlagworte, die jetzt die Emotionen haben hochgehen lassen.

Die Milchproduktion zählt zu den wichtigsten Produktionszweigen der österreichischen Landwirtschaft. Das ist unumstritten! Rund ein Viertel der Betriebe produziert Milch. Drei Viertel davon sind in Bergbauerngebieten oder produzieren unter erschwerten Be­dingungen. Auch Herr Abgeordneter Grillitsch hat schon angeführt, dass drei Viertel dieser Betriebe unter erschwerten Bedingungen Milch produzieren. Dieser wichtige Produktionszweig ist jetzt Veränderungen ausgesetzt, und zwar mit dem Auslaufen der Milchquotenregelung im Jahr 2015. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.) Auslöser dafür ist eben dieses Auslaufen.

Ich kann mich noch gut erinnern, als 1984 diese Regelung eingeführt wurde, und ich weiß zu gut, dass das sehr viel Kritik hervorgerufen hat. Es war diese Einführung nicht unumstritten. Natürlich war diese Regelung notwendig, um die Milchseen und die But­terberge abzubauen, und das hat sich anscheinend jetzt so bewährt, dass es nicht mehr wegzudenken ist.

Wir müssen aber rechtzeitig darauf schauen, dass wir die kleinstrukturierten landwirt­schaftlichen Betriebe, unsere kleinen Bauern leben lassen. Daher müssen wir dafür sorgen, dass wir die Milchwirtschaft bei ihnen aufrechterhalten können. (Abg. Pirklhu­ber: Wie denn, bitte?) Dazu gibt es einige Maßnahmen, und zwar ist es ganz wichtig, dass die Preise bei den Produzenten in entsprechender Höhe aufrechterhalten werden, damit diese Betriebe weiter bestehen können. Wichtig ist es aber auch, dass das dann nicht bei den Konsumentinnen und Konsumenten zum Tragen kommt. (Ironische Hei­terkeit sowie neuerlicher Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 223

Derzeit erfolgt die Preisgestaltung von oben nach unten: Zuerst bestimmt der Handel, dann die Molkerei, und die Bauern müssen dann das hinnehmen, was kommt. (Abg. Brosz:  eine Milchgrundsicherung!) Es ist ein Umdenken notwendig, und wenn wir uns sehr anstrengen, dann wird dies auch möglich sein.

Wir haben eine gute Milchqualität in Österreich. Wir können mit den überdimensionier­ten Milchfabriken nicht konkurrieren, das ist klar, aber wir haben eine gute Qualität, und das müssen wir auch auf dem Wege der Werbung umsetzen, dann werden wir erfolg­reich sein.

Natürlich ist diese Umstellung eine große Herausforderung, aber packen wir es an mit vernünftigen Vorsätzen! Dann wird uns das auch gelingen. – Danke schön. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte.

 


21.54.48

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie wir heute schon hörten, hat die UNO das Jahr 2014 zum Jahr der bäuerlichen, kleinstrukturierten landwirtschaftlichen Betriebe erklärt. Und ge­nau auf diese  (Ruf bei der ÖVP: Familienbetriebe!) Familienbetriebe, richtig. – Und genau auf diese kleinstrukturierten Betriebe in Österreich sollten wir großes Augen­merk legen.

In den letzten Jahren ist es uns gelungen, Österreich als Feinkostladen interessant zu machen. Das gelang beziehungsweise gelingt nicht nur durch die industrialisierte Land­wirtschaft, sondern auch durch bäuerliche Kleinbetriebe, die nicht selten auch Ab-Hof-Verkäufe anbieten. Es gibt nicht wenige Kosmopoliten, die nach Österreich kommen, weil ihnen das Land, die intakte Natur und die hier angebotenen landwirtschaftlichen Produkte sehr gut gefallen.

Der unbedingte Wille zum Erhalt der kleinbäuerlichen Strukturen ist aber auch aus ei­nem anderen Grund extrem wichtig und Gebot der Stunde. Sie bieten, da sie kleinere, über das Land verstreute Betriebe sind, in Krisenzeiten wesentlich mehr Schutz und Rückhalt als einige wenige große zentrale Landwirtschaftsbetriebe.

Ich denke, dass es von großer Bedeutung sein wird, eine nationale Lebensmittelversor­gung, vor allem der Grundnahrungsmittel, in unserem Land zu sichern. (Abg. Hübner: Wie bitte? Wie?) Da bekanntlich am 1. April 2015 die Milchquotenregelung ausläuft, gilt es vor allem im Interesse der kleinen landwirtschaftlichen Betriebe, ehestbaldig ein Szenario für die Zeit nach dem 1. April 2015 zu entwickeln. Ich appelliere hier inständig an alle Verantwortlichen, allen voran an den Herrn Bundesminister, sich aktiv und konstruktiv einzubringen, um eine neue Regelung zu finden, die auch auf europäischer Ebene Bestand hat und die Interessen der kleinen Milchbauern in Österreich wahrt.

Zentrale Fragen beim Suchen dieser Regelung müssen sein: Wollen wir in Österreich bäuerliche Familienbetriebe, die hochwertige Lebensmittel erzeugen, oder nicht? Wol­len wir in Österreich eine starke Bio-Landwirtschaft oder nicht? Wollen wir in Österreich Bergbauern samt Almwirtschaft oder nicht? – Wenn ja, müssen wir diese Betriebe stärken, denn durch den Erhalt und die Stärkung dieser Betriebe bleibt auch der länd­liche Raum mit all seinen Arbeitsplätzen auf den Höfen erhalten.

Österreich ist ein Bergland, und gerade für die Bergbauern stellt die Milchproduktion ei­nen wesentlichen Faktor dar. Diese Interessen sind nicht jene einer Lobby, die die Landwirtschaft als Industrie sieht, sondern es gilt, vor allem die kleinen Betriebe zu stärken und zu stützen. (Abg. Hübner: Wie bitte? Das ist die Frage!) Diese gilt es zu


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 224

vertreten, und zwar von uns allen. – Vielen Dank fürs Aussprechen-Lassen. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Noch einmal zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeord­neter Steinbichler. – Bitte.

 


21.57.53

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Geschätzte Kolleginnen und Kol­legen! Herr Präsident! Herr Minister! Als einer der Gründer der IG Milch bin ich natür­lich besonders stolz darauf, dass diese Milchpackung heute in diesem Haus ist. (Der Redner hält eine Milchpackung in die Höhe.) Hier kann man nachvollziehen, wie man ein nationales Produkt ordentlich und fair, mit den Konsumenten, vermarktet.

Hier wurde auch 1984 angesprochen, und da ist der Fehler passiert, Herr Kollege Eßl, und zwar: Bei der Einführung der Milchquote wurde in Österreich die Fettquote zu nied­rig berechnet. Das hat uns natürlich jahrelang viel Geld gekostet. Wir haben in Öster­reich 4,10 angegeben, während die ausländischen Mitbewerber 4,23 angegeben ha­ben. Aber der fatalste Fehler war, dass wir vorher ein freiwilliges Milchlieferverzichts­modell eingegangen sind und diese Menge nicht hineingerechnet wurde. Das war der fatalste Fehler! Ich gestehe ein, ich war mit dabei. Aber man muss zugestehen, dass Fehler gemacht worden sind.

Eines will ich hier auch noch sagen: Die Interessenvertretung, die Bezirksbauernkam­mern haben die Bauern und Bäuerinnen beraten, ich genauso. Wenn einer gekommen ist und gesagt hat: Der Nachbar gibt die Milchquote her, was soll ich machen?, dann haben wir gesagt: Kaufen! Sicher dir dein Lieferrecht! Du sicherst damit für deinen Be­trieb die Zukunft!

Klar ist: Es kann nicht sein, dass man das über Nacht als wertlos erklärt. Deshalb muss eine Möglichkeit gefunden werden, das zu verhindern, und zwar entweder in Form ei­ner Fortführungs- oder in Form einer Entschädigungslösung. (Präsident Kopf über­nimmt den Vorsitz.)

Nun ganz kurz, Herr Minister, zu dem Ansatz mit den Supermärkten: Ich glaube, das ist das Wesentlichste. Wir müssen es schaffen, dass die Supermärkte mit den Grundnah­rungsmittel-Lockangeboten – am Wochenende minus 25 Prozent auf alle Milchproduk­te, minus 25 Prozent auf alle Fleischprodukte – aufhören. Das muss eingestellt wer­den, das kann nicht sein! (Beifall bei Team Stronach und ÖVP.)

Ein letzter Punkt: Herr Minister, es muss irgendein nationales Recht geben, weil wir sonst das Bundestierschutzgesetz novellieren müssen. Wir haben es doch auch ge­schafft, dass es ausschließlich in Österreich als einzigem EU-Land das Anbindehal­tungsverbot gibt, und ich glaube nicht, dass das EU-konform ist. Also, es muss natio­nale Spielräume geben, und da würde ich appellieren, dass wir diese auch voll aus­schöpfen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

21.59

21.59.30

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 98 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme dieses Berichtes sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Bericht ist somit zustim­mend zur Kenntnis genommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 225

22.00.3128. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 266/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Hannes Weninger, Johann Höfinger, Ulrike Weigerstor­fer, Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Wale und Delfine sind eine zu schützende Spezies, sowie über den

Antrag 140/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Wale und Delfine sind keine Konkurrenz der Fischer, son­dern eine zu schützende Spezies (120 d.B.)

29. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 354/A(E) der Abgeordneten Ul­rike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung zu Bisphe­nol A (121 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zu den Punkten 28 und 29 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winter. – Bitte.

 


22.01.35

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolle­gen! Ich darf heute als Erste zu diesem Tagesordnungspunkt zu Ihnen sprechen, weil ich beziehungsweise weil die FPÖ vermutlich die einzige Kontrameinung zu diesem Fünf-Parteien-Antrag hat. Warum wir an und für sich gegen diesen Antrag sind, ist, glaube ich, leicht zu erklären, wenn man nur kurz – nur kurz – aus dem tatsächlichen Entschließungstext vorliest. Da steht drinnen – ich zitiere –:

„Die österreichische Bundesregierung wird weiters ersucht zum Schutz von Walen und Delfinen auf europäischer und internationaler Ebene“ – jetzt kommt das Wichtige! – „weiterhin eine aktive und führende Rolle einzunehmen 

Um eben den Schutz dieser Tiere zu erwirken, soll das unternommen werden. Und das ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Punkt, warum man ganz einfach nicht zustimmen kann und warum wir auch im Vorfeld bereits nicht zugestimmt haben, weil wir der Meinung sind, dass das absolut nicht zielführend ist. Und es wird vermutlich auch gar keine Beachtung finden.

Grundsätzlich ist die FPÖ für den Tierschutz, und zwar für den Tierschutz in ausge­prägtester Form. Wir sind der Meinung, dass Tiere ebenfalls Empfindungen haben, dass sie leiden und dass alles nur erdenklich Mögliche getan werden soll, um sie davor zu bewahren, und auch, dass Tiere sehr oft der beste Freund der Menschen sind. In diesem Sinne möchten wir eigentlich gelebten, angewandten Tierschutz auch in Öster­reich sehen und wohl eher Institutionen unterstützen, die sich in Österreich, in unserem Land mit dem Tierschutz befassen. Ich persönlich bin zum Beispiel eine große Freun­din der Gnadenhöfe von Michael Aufhauser, der auch immer wieder Unterstützung, so­wohl privater Natur als auch öffentlicher Natur, braucht.

Beim 29. Tagesordnungspunkt geht es um die Evaluierung zu Bisphenol A. Ich denke, dass dazu viele sehr wohl einiges sagen werden. Diesem Antrag können wir zustim­men, denn es handelt sich hierbei um eine Industriechemie, die hauptsächlich zur Her­stellung von Kunststoffen verwendet wird, das heißt, in unserem täglichen Leben leider Platz gegriffen hat. Es gibt jetzt eine Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, die sogar empfiehlt, den Grenzwert herabzusetzen. Ich denke, da es auch in anderen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 226

EU-Staaten bereits strengere Bestimmungen diesbezüglich gibt, sollte sich auch Ös­terreich damit befassen, wobei wir der Meinung sind, dass diese Materie absolut in den Gesundheitsausschuss gehört.

Wir von der FPÖ leben grundsätzlich nach dem Ideengut „Mens sana in corpore sano“. In diesem Sinne hoffen wir, dass dieser Antrag auch entsprechende Unterstützung im Gesundheitsausschuss findet. (Beifall bei der FPÖ.)

22.04


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Höfin­ger. – Bitte.

 


22.04.43

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Einen gemeinsamen Entschließungs­antrag, wo es um den Schutz von Walen und Delfinen als zu schützende Spezies geht, haben wir eingebracht. Es mag zunächst verwundern, dass wir uns hier über dieses Thema unterhalten, aber auch wenn es nicht in unsere unmittelbare Kompetenz und Aufgabe fällt, sind wir doch mittelbar auch mitverantwortlich.

Wenn die Kollegin Winter, die jetzt vor mir gesprochen hat, gemeint hat, die FPÖ wird diesem Antrag nicht zustimmen, denn man würde uns womöglich gar nicht hören, dann kann ich ihr nur sagen: Das ist eine Irrmeinung, denn es gibt eine Entscheidung des In­ternationalen Gerichtshofes von Den Haag, wo im heurigen Jahr der Walfang in Japan verboten wurde und wo Japan diesen Gerichtsentscheid auch angenommen hat. Aber es wäre nie dazu gekommen, wenn nicht Länder wie Österreich im Verbund diese An­strengungen unternommen hätten, dieses Walfangverbot eingeklagt hätten. Dann wäre es nie zu dieser Verurteilung gekommen, und dann wäre momentan der Walfang nicht ausgesetzt.

Aber es gibt verschiedene Möglichkeiten für Japan, dass es den Walfang wieder ein­führt, dass es den Walfang in anderer Form wissenschaftlich begründet, und daher ist unsere Arbeit damit nicht getan. Es soll unsere Aufgabe sein, zu einer weltweiten Er­haltung einer Spezies beizutragen, die im gesamten Ökosystem sehr wichtig ist. Daher unterstützen wir gerne diesen Antrag.

Nächster Punkt: Evaluierung zu Bisphenol A. – Das ist auch ein Thema, das wir immer wieder im Parlament haben. Ich glaube, 2011 haben wir in diesem Zusammenhang ein Verbot bei Babyartikeln beschlossen. Im Umweltausschuss haben wir uns darauf ver­ständigt, diesen Antrag dem Gesundheitsausschuss zuzuweisen, weil er auch dort be­handelt werden sollte.

Ich bin der Meinung, dass wir mit diesem Thema immer sehr sorgfältig umgehen müs­sen. Wenn auch von der Industrie immer wieder gesagt wird, dass gewisse Chemika­lien notwendig sind, um bestimmte Dinge herzustellen, erleben wir doch immer wieder, dass es auch andere Möglichkeiten gibt. Daher nehmen wir diesen Antrag sehr ernst, aber er soll explizit im Gesundheitsausschuss behandelt werden. – Vielen Dank. (Bei­fall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.07


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wenin­ger. – Bitte.

 


22.07.09

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Dieser Antrag fordert die österreichische Bundesregierung auf, sich gegenüber Japan und auf europäischer und internationaler Ebene dafür einzusetzen, den Treibjagden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 227

auf Delfine in Japan ein Ende zu setzen. Aber nachdem wir im österreichischen Par­lament relativ selten die Möglichkeit haben, über Fischereipolitik zu reden, möchte ich diese Gelegenheit auch dazu nützen, zwei Anmerkungen diesbezüglich zu machen.

Erstens möchte ich die Konsumentinnen und Konsumenten auf eine Initiative des WWF aufmerksam machen, wo sehr detailliert auf das Ausfischen der Weltmeere hingewie­sen wird und ein Konsumentenratgeber den Konsumentinnen und Konsumenten Ent­scheidungshilfe beim Einkauf von Fisch gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine zweite Anmerkung richtet sich an den Herrn Bundesminister zum EU-Fischerei-Abkommen mit Marokko. Dieses Abkommen konterkariert die politischen und diploma­tischen Bemühungen der Vereinten Nationen, den Dekolonialisierungsprozess in der Westsahara und das Selbstbestimmungsrecht des sahaurischen Volkes durchzuset­zen. Ich appelliere daher sowohl an Sie, Herr Landwirtschaftsminister, als auch an den Außenminister und an alle Mitglieder der Bundesregierung, auf europäischer Ebene derartige Abkommen in der Zukunft zu verhindern.

Das Dritte ist ein Appell an die Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ: Natürlich ist dieser Antrag sehr konzentriert auf die Frage der Delfin- und Waljagd in Japan, und Ih­re Argumentation im Ausschuss war natürlich schlüssig, dass es kein globales Tier­schutzabkommen ist und dass es nur auf dieses eine Problem abzielt. Aber wenn wir das zur Maxime unserer politischen Debatte machen würden, dann hätten wir wahr­scheinlich kaum zu irgendeinem Thema Anträge.

Herr Kollege Neubauer, der Sie wirklich ein Kämpfer gegen AKWs sind, wie oft reden wir über einzelne Atomkraftwerke, über Endlagerstätten? Ich richte einen dringenden Appell an die FPÖ: Es wäre doch wirklich ein gutes Zeichen für das Hohe Haus, wenn wir diesen Antrag gemeinsam beschließen könnten! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Ich denke, die Überlegung – auch die der FPÖ – war doch die, dass wir vom Zeitpunkt der Ausschussdiskussion bis heute mittels inhaltlicher Veränderungen aus diesem Fünf-Parteien-Antrag eine einstimmige Position des österreichischen Parlaments erarbeiten könnten.

Abschließend herzlichen Dank für die Initiative der Grünen, die diesen Antrag einge­bracht haben. Ich hätte diesem Antrag auch ungeschaut zugestimmt, aber es ist na­türlich wesentlich besser, wenn dieser Antrag jetzt ein Fünf-Parteien-Antrag ist und vielleicht in wenigen Minuten mit den Stimmen der Freiheitlichen Partei einstimmig im Nationalrat beschlossen wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

22.10


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


22.10.30

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Umweltminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Zuseherinnen und Zuseher, die uns vielleicht von zu Hause aus noch zuschauen! Wir behandeln jetzt hier zu später Stunde zwei Themen aus dem Umweltausschuss. Mir als Vorsitzender ist es aber ganz besonders wichtig, auch zu sagen, dass es natürlich nicht nur diese zwei Themen sind, die wir im Ausschuss behandeln. Es gibt auch sehr viele andere mindestens genauso wichtige Umweltthemen, und viele davon werden auch im Umweltausschuss behan­delt. Die kommen nur aufgrund der Vertagungspraxis nicht hier ins Plenum. Aber wir arbeiten trotzdem im Umweltausschuss und diskutieren diese Themen ausführlich. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 228

Heute haben wir wie gesagt zwei Themen auf der Tagesordnung. Das eine ist der An­trag der Kollegin Weigerstorfer zu Bisphenol A. Es handelt sich hier – das ist, glaube ich, vielen bekannt – um eine hormonell wirkende Chemikalie. Der Antrag beschäftigt sich mit Maßnahmen, um diese Chemikalie eben zurückzudrängen, bis zu einem Ver­bot zu gehen. Wir würden diesen Antrag unterstützen und denken, mittelfristig kann es nur das Ziel sein, überhaupt hormonell wirkende Chemikalien zu ersetzen, weil sie eben wie gesagt nicht nur eine Umweltbelastung, sondern auch eine massive Gesund­heitsgefahr darstellen. Der Antrag wird im Gesundheitsausschuss weiterbehandelt werden und wird sicher grüne Unterstützung finden. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Weigerstorfer.)

Das zweite Thema ist der bereits angesprochene Schutz der Wale und Delfine in Japan. Es war mein Antrag, dass sich die österreichische Bundesregierung hier klar gegenüber Japan positioniert, weil ich denke, dass der Erhalt der Artenvielfalt, der Er­halt von Lebewesen, von wichtigen Lebewesen ein globales Thema ist, das uns alle angeht, wo man sich auch einmischen muss und die österreichische Bundesregierung ganz klar Stellung beziehen soll. Ich freue mich, dass dieser Antrag breite Zustimmung finden wird. Es ist jetzt nicht mehr mein Antrag, sondern ein Fünf-Parteien-Antrag. Ich begrüße das. Man hätte, wenn man einen neuen Stil in der Regierung, vonseiten der Regierungsparteien pflegen will, den Oppositionsanträgen auch gleich zustimmen kön­nen. Ich denke, da fällt einem kein Stein aus der Krone. Wir stimmen, wenn wir Regie­rungsvorlagen gut finden, auch direkt zu. Damit hätten wir uns eine Zeitverzögerung ersparen können. Aber ich freue mich, dass sich die österreichische Bundesregierung jetzt gegenüber Japan – Sie, Herr Minister, haben das ja schon gemacht – klar positio­nieren wird.

Fünf-Parteien-Anträge oder Mehrparteien-Anträge kommen immer dann zustande, wenn man sich auf andere Staaten bezieht, jemandem etwas ausrichtet oder Forde­rungen erhebt, was in Richtung EU zu tun ist. So wichtig jetzt dieses Thema der Wale und Delfine ist, aber ich würde mir wünschen, dass wir im Umweltausschuss auch ein­mal breite Zustimmung haben und klare Entscheidungen treffen, wenn es um Maß­nahmen geht, die wir hier in Österreich, bei uns zu Hause setzen müssen. Die wurden im Ausschuss nämlich allesamt vertagt. (Beifall bei den Grünen.)

Da geht es zum Beispiel, was wir im Umweltausschuss sehr intensiv diskutiert haben, um eine klare Entscheidung, was die Energiewende angeht. Wenn es wirklich in Rich­tung Energiewende gehen soll, dann bedeutet das eine klare Ablehnung des Frack­ings, der Schiefergasbohrungen. Das wurde im Umweltausschuss von uns einge­bracht, auch von anderen Oppositionsparteien eingebracht – leider vertagt, keine klare Entscheidung hier in Österreich.

Genauso das Thema Energieeffizienz, wo jetzt in Österreich Entscheidungen anste­hen: im Umweltausschuss leider vertagt, deswegen nicht hier im Plenum und keine kla­re österreichische Entscheidung.

Wir könnten klare Entscheidungen treffen, um Österreich zum Klimaschutzvorreiter zu machen, klare Entscheidungen in Sachen Verpackungsvermeidung, Kunststoffvermei­dung, Plastikvermeidung – alles wichtige Themen. Die werden leider vertagt, Entschei­dungen nicht getroffen.

Ich glaube deswegen, abschließend, dass wir als Parlament und als Umweltausschuss mehr Entscheidungen hier selbstbewusst fällen müssen, die uns umweltpolitisch wei­terbringen, die Österreich wieder zum Vorreiter machen.

Ich bin nach wie vor überzeugt davon, dass Österreich dafür auch ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium braucht. – Danke. (Beifall bei den Grü­nen.)

22.14



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 229

Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Wei­gerstorfer. – Bitte.

 


22.14.51

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Zuerst kurz zum Thema Wale und Delfine. Ich finde, es ist sehr zu begrüßen, dass hier eine gewisse Wertschätzung Lebewesen gegenüber erbracht wird, auch wenn es jetzt nicht uns unmittelbar betrifft, weil wir einfach in Österreich keine Wale und Delfine haben. Aber Tierschutz und Tiere kennen halt keine Grenzen, darum ist dieser Antrag sehr zu begrüßen.

Ich möchte mich, da diese zwei Anträge jetzt zusammen abgehandelt werden, zu Bis­phenol A, kurz BPA, äußern. Das ist eine in großen Mengen produzierte Basischemika­lie. Um ein bisschen ein Bild dazu zu bekommen: Allein in der EU werden über eine Million Tonnen von diesem BPA verbraucht. Also wir reden da schon von richtigen Massen, und der Verbrauch ist stetig steigend, nämlich um 8 Prozent pro Jahr.

Wo ist BPA drinnen? – Fast schon überall: in Kunststoffen, in zahlreichen Gegen­ständen des täglichen Gebrauchs. Das Dramatische ist, dass sehr oft auch ein direkter Kontakt von BPA zu Lebensmitteln und Getränken besteht. Sie sehen, BPA ist eigent­lich überall drinnen. Um Ihnen das noch ein bisschen zu veranschaulichen, möchte ich ein paar Dinge aufzählen: in mikrowellenfestem Geschirr, in Milchpackerln, wir haben es gerade gesehen, in Lebensmittelverpackungen, in ganz, ganz vielen Dosenbe­schichtungen. (Zwischenruf bei den Grünen.) – In Milchpackerln ist es drinnen, außer es steht drauf „BPA-frei“. – Es ist drinnen in Brillengläsern, in Kassabons, da ist es schon wieder ein bisschen rückläufig, in CDs, in DVDs. Also alles, was wir eigentlich tagtäglich angreifen, hat mit BPA zu tun.

Nicht nur in allen Gegenständen, sondern mittlerweile ist es so weit, dass BPA in Ober­flächengewässern, in der Luft und im Meerwasser ebenso nachgewiesen werden konnte. Die langfristigen Auswirkungen von BPA auf das Ökosystem und auf das Trink­wasser et cetera sind leider noch nicht ausreichend erforscht beziehungsweise sind diese Ergebnisse noch sehr unterschiedlich. Ich wünsche mir, dass in diesem Bereich weiter recherchiert wird.

Jetzt kommen wir aber zum wahrlich Besorgniserregenden: Sehr bedenklich ist, dass dieses BPA besonders im menschlichen Körper nachgewiesen werden konnte, im Blut, im Urin, im Fruchtwasser, in der Muttermilch et cetera. Das heißt, wenn man es jetzt ein bisschen krass ausdrücken will, wir haben Plastik im Blut, und das ist deshalb so, weil einfach alle Gegenstände rund um uns dieses BPA enthalten. Um das auch mit Zahlen zu unterlegen: Die Menschen in den industrialisierten Staaten sind mittlerweile zu über 90 Prozent chronisch mit Bisphenol A belastet. Das sind schon Zahlen, wo ich sage, da muss man sehr, sehr vorsichtig sein.

Vor allem die Auswirkungen dieser Basischemikalie stellen eindeutig eine Gefahr für unsere Gesundheit dar, denn sie wirkt vor allem hormonell. Da müssen eigentlich alle Alarmglocken läuten, denn alles, was auf Hormone wirkt, ist natürlich für uns sehr, sehr bedenklich.

Die Experten äußern sich dazu sehr unterschiedlich, sage ich jetzt einmal. Je nach­dem, wer die Studie bezahlt, werden die Auswirkungen in die eine oder andere Rich­tung beschrieben. Manche warnen sehr extrem davor, manche sagen, in gewissen Mengen macht es nichts aus. Nur diese „gewissen Mengen“ sind für mich zu wenig greifbar, da es ja nicht um nur ein Produkt geht, in dem BPA enthalten ist. Egal, was wir angreifen, ob wir unsere Milchpackerln angreifen, ob wir eine Verpackung aufma­chen, ob wir ins Auto steigen, überall ist dieses BPA drinnen, und da gehen die Mei­nungen zu sehr auseinander, inwieweit die Summe dieser BPA-Kontakte sehr wohl auf den menschlichen Körper wirkt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 230

Aufgrund dieser zahlreichen täglichen Kontakte ist es eben kaum möglich, da wirklich brauchbare Richtlinien zu erstellen. Und deswegen ist mein Vorschlag, diese Frage auf nationaler Ebene zu evaluieren, wobei Österreich da leider kein Vorreiterland sein kann, denn Länder wie Frankreich oder Schweden planen beziehungsweise haben be­reits ein Verbot von BPA umgesetzt. Einzelne EU-Mitgliedstaaten, Kanada und mehre­re Bundesstaaten in den USA halten Maßnahmen für äußerst notwendig.

Ich denke, dass wir hier im Sinne des Vorsorgeprinzips agieren und den bestehenden EU-Richtwert hinterfragen sollten. Meines Erachtens ist er zu hoch. Ich würde mir wün­schen, dass hier wirklich genau untersucht wird, wie viel BPA die Menschen im täg­lichen Kontakt beeinträchtigt, und vor allem, welche Arten der Beeinträchtigung es mit sich bringt. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich würde mir wünschen, dass wir zum Beispiel einmal die Lebensmittelverpackungen hernehmen und sagen, da gehört das BPA raus, und grundsätzlich die tolerierbare Auf­nahmemenge ein bisschen herabsetzen. Aber wie gesagt, Evaluierungsarbeit sehe ich auf nationaler Ebene als dringenden Handlungsbedarf. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.21


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


22.21.17

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher und Zuseherin­nen auf ORF III und im Live-Stream! Geschätzte FPÖ! Vielleicht der Ordnung halber: Es ist nicht ein Tagesordnungspunkt, der für die Fisch’ ist, sondern er ist tatsächlich für die Meeressäugetiere.

Für uns war es im Umweltausschuss das Thema, dass wir sehr fokussiert ein Problem­feld behandeln. Ich möchte deswegen auch einen zweiten Punkt – das hört sich jetzt humoristisch an, soll es aber nicht sein –, einen weiteren Punkt hier anmerken, der gu­ten Ordnung halber: Es geht um die Ordnungen. Im Antrag steht die „Spezies“. Korrekt wären das die Ordnungen, die Familien, die Gattungen und die Arten, die davon betrof­fen sind, und so ist der Antrag auch zu verstehen. Die Parlamentsdirektion hat mir ver­sichert, wir müssen keinen Abänderungsantrag deswegen einbringen.

Ein weiterer Punkt, den ich hier jetzt noch einmal an die FPÖ richten möchte: Wir hof­fen wirklich auf diesen Sechs-Parteien-Antrag. Wenn Sie jetzt das Wort „Spezies“ stört, dann können wir stattdessen auch das altdeutsche Wort „Arten“ verwenden, das wäre auch eine Möglichkeit. Uns geht es tatsächlich um den Schutz der Meeressäugetiere. – So viel vorab.

Jetzt möchte ich aber noch zu einem ernsteren Punkt den Umweltausschuss betref­fend kommen, und zwar, die Kollegin Brunner hat es schon angesprochen, zur Verta­gungskultur. Wir erleben im Umweltausschuss sehr viele unterschiedliche und sehr gut ausgearbeitete Anträge von allen sechs Fraktionen. Und wir erleben gleichzeitig, dass die Regierungsparteien – häufig auch mit Zustimmung der Opposition – ihre Anträge beschließen können, während die Anträge der Opposition, jetzt unabhängig von der tatsächlichen inhaltlichen Auslegung, vertagt werden. Es wäre der neue Stil, der oft­mals angekündigt worden ist, und ich appelliere hier an die Fraktionsführer von SPÖ und ÖVP, dass wir einen inhaltlichen (Zwischenruf des Abg. Weninger.)

Ich weiß, ich weiß, aber wir haben es bis jetzt nicht erlebt. Ja, Sie haben es angekün­digt, und die Wahrmachung der Ankündigung würde dazu führen, dass tatsächlich der neue Stil Einzug hält. Wir haben nur an die Ankündigung anknüpfend keine Taten er-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 231

lebt. Das heißt, es wäre jetzt an der Zeit, inhaltlich zu diskutieren, und das gilt jetzt nicht nur für die Regierungsparteien, sondern auch für die Opposition. Es wäre wün­schenswert, dass wir inhaltlich diskutieren, die Mehrheit bestimmt dann das Resultat, und wenn die Mehrheit gegen diesen Antrag ist, wird dieser eben abgelehnt. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

Im gleichen Maße bedeutet das aber auch Disziplin auf Seiten der FPÖ, der Grünen, des Teams Stronach und der NEOS, dass wir, wenn ein Antrag einmal abgelehnt wor­den ist, dann auch eine gewisse Phase einhalten, in der wir nicht den wortgleichen An­trag erneut stellen, denn so würden wir dann natürlich wieder eine Vertagung provo­zieren.

In diesem Sinne wünsche ich mir im Umweltausschuss, wo wir eine großartig arbeiten­de Vorsitzende haben, dass wir diesen neuen Stil als Vorzeigeausschuss einführen. – Herzlichen Dank und guten Abend! (Beifall bei NEOS und Grünen.)

22.24


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesmi­nister Dipl.-Ing. Rupprechter. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


22.24.44

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist sehr bedauerlich, dass Japan Delfine fängt und diese auch noch getötet werden. Ich kann Ihnen aber versichern, dass sich mein Resort weiterhin bei jeder Gelegenheit für den größtmöglichen Schutz aller Wale und Delfine einsetzen wird.

Japan fängt und tötet die Delfine zwar in seiner ausschließlichen Wirtschaftszone, also innerhalb seiner souveränen Rechte und Hoheitsbefugnisse, ich werde aber dennoch bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegenüber Japan meine strenge Ablehnung die­ser Delfinjagd zum Ausdruck bringen.

Darüber hinaus soll es in Österreich auch weiterhin nicht erlaubt sein, Delfinarien ein­zurichten.

Ich freue mich auch über das kürzlich veröffentlichte Urteil des Internationalen Ge­richtshofes, in dem festgestellt wurde, dass Japan mit seinem wissenschaftlichen Wal­fangprogramm gegen insgesamt drei Bestimmungen der Internationalen Walfangkon­vention verstößt.

Ich kann Ihnen versichern, dass Österreich zum Schutz von Walen und Delfinen auf in­ternationaler Ebene weiterhin eine aktive und führende Rolle einnehmen wird, und die­ser Fünf-Parteien-Antrag ist eine sehr gute Basis dafür. – Vielen Dank für die Aufmerk­samkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, Grünen, NEOS und Team Stronach.)

22.26


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Rauch. – Bitte.

 


22.26.15

Abgeordneter Mag. Johannes Rauch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Mi­nister! Ich komme schon noch zu den Walen, aber vorerst möchte ich noch zu unserer Vorsitzenden im Umweltausschuss anmerken, dass sie den Vorsitz dort wirklich her­vorragend führt.

Und zu meinem Vorredner möchte ich noch sagen, wenn es um Vertagungen, neuen Stil und so weiter geht: Erstens ist eine Vertagung in der Geschäftsordnung vorgese-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 232

hen, und zweitens, wenn man einen Antrag vertagt, egal, in welchem Ausschuss, heißt das ja nicht automatisch, dass die Qualität der Diskussion im Ausschuss eine schlech­te war. Ich glaube, das jetzt mit dem neuen Stil zu verquicken, ist nicht zutreffend, weil wir gerade im Umweltausschuss ein sehr konstruktives Gesprächsverhältnis haben, und das wird auch weiterhin so sein. Das hat nichts damit zu tun, ob man vertagt, ja oder nein. Ich meine, es ist auch legitim, wenn man als Partei in einem Ausschuss eine Vertagung verlangt, weil man noch das eine oder andere einholen muss. Also das ist durchaus legitim. Das hat überhaupt nichts mit dem neuen Stil zu tun. Wir haben ein gutes Gesprächsklima, und unser Angebot steht, wir von der ÖVP und auch unser Mi­nister sind immer zu Gesprächen bereit.

Jetzt noch kurz zum Thema Wale. Ich habe zwar am Anfang auch etwas schmunzeln müssen, als ich über Wale, Delfine und Welse habe reden müssen, aber wenn man sich die Bilder im Fernsehen anschaut, wie diese Jagden stattfinden, wie die Tiere dort abgeschlachtet werden, dann vergeht einem das Lachen. Wenn diese Bilder im Fern­sehen kommen würden und ich gerade mit meinen Kindern vor dem Apparat sitzen würde, dann würde ich sofort abschalten.

Es geht – wie ein Vorredner schon gesagt hat – einfach darum, dass man als österrei­chisches Parlament auch eine internationale Verantwortung in vielen Bereichen wahr­zunehmen hat, und ein Beispiel dafür ist eben der Schutz von Delfinen und Walen. Deshalb werden wir diesen Antrag auch unterstützen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerk­samkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

22.28


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Grei­ner. – Bitte.

 


22.28.12

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolle­ginnen und Kollegen! Ich gehe kurz auf den vorliegenden Entschließungsantrag zu Bis­phenol A ein. Was ist Bisphenol A, kurz BPA genannt? – BPA ist ein hormonwirksamer krebserregender Stoff. Seine gesundheitsbeeinträchtigende Wirkung ist mittlerweile klar nachgewiesen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit verfügt über Da­ten, wonach die schädlichen Folgen klar ausgewiesen sind.

Welche Auswirkungen sind das? – Das sind Auswirkungen auf den Stoffwechsel, auf die Nerven, auf das Immunsystem, auf die Organe Herz, Nieren und vor allem auf die Fortpflanzungsorgane.

In welchen Produkten ist BPA enthalten? – Wir haben schon gehört: in Verpackungs­materialien für Lebensmittel, vor allem auch für Babynahrung, in Spielzeug, in Textilien. Es gibt Untersuchungen dazu, dass vor allem Importware aus China besonders hoch belastet ist, Bademode beispielsweise. Und es ist enthalten in Babytrinkflaschen und Babyartikeln. (Abg. Pirklhuber: In Babyflaschen nicht mehr! Das ist schon verboten!)

Welche Maßnahmen schützen uns vor diesem Stoff? Welche Verordnungen bestehen bereits? – Die Europäische Kommission hat auf Basis des Vorsorgeprinzips die Ver­wendung von Bisphenol A und das Inverkehrbringen von Babyflaschen, die BPA ent­halten, in den EU-Mitgliedstaaten untersagt. Seit März beziehungsweise seit Juni 2011 besteht dieses Verbot.

Wie schaut das in Österreich aus? – Österreich hat über dieses EU-Verbot hinausge­hend eine Verordnung erlassen, die seit 1. Februar 2012 in Kraft ist. Welche Verord­nung ist das? – Es ist eine weitergehende Maßnahme, die sich auf intensiv genutzte Babyartikel, sprich Beißring und Beruhigungssauger bezieht. Diese Verordnung wurde vom österreichischen Gesundheitsministerium als weitere Maßnahme erlassen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 233

Wie kann man die Konsumentinnen und Konsumenten vor diesem Stoff weiter schüt­zen? – Es ist wichtig, nicht nur auf nationaler Ebene, sondern vor allem EU-weit zu agieren. Was heißt das? – Das heißt, wir brauchen ganz klare Import- und Produktre­geln. Wir haben schon gehört, es ist begrüßenswert, wenn die täglich tolerierbare Auf­nahmemenge gesenkt wird. Wichtig ist aber, jegliche Aktivität, die den Einsatz eines unschädlichen Ersatzstoffes forciert, tatkräftigst zu unterstützen.

Muss es nicht unser aller Ziel sein, die Verwendung von BPA weitestgehend überhaupt zu vermeiden? – Aufgrund der Tatsache, dass BPA nachweislich negativ auf die Ge­sundheit wirkt, haben wir seitens der SPÖ-Fraktion im Umweltausschuss den Antrag gestellt, den vorliegenden Entschließungsantrag dem Gesundheitsausschuss zuzuwei­sen, und wir haben uns einstimmig darauf verständigt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.31


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Buchmayr. – Bitte.

 


22.31.25

Abgeordneter Harry Buchmayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte auch auf das Thema Bisphenol A eingehen, weil es, glaube ich, einige Dinge sehr deutlich dokumentiert.

Wir haben über die sehr verbreitete Anwendung von Bisphenol A bei der Herstellung von Kunststoffen und bei sehr vielen Produkten des täglichen Bedarfs gehört. Des Wei­teren haben wir sehr intensiv über die gesundheitlichen Auswirkungen gehört. Bisphe­nol A gehört vor allem zu den hormonellen Schadstoffen, die bereits in winzigen Men­gen sehr negativ in unseren Hormonhaushalt eingreifen können.

Es ist außerdem ein sehr treffendes Beispiel dafür, wie wenig herkömmliche Risikobe­wertung geeignet ist, negative Auswirkungen auf den menschlichen Organismus zu be­werten. Es ist aber auch ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig unabhängige Forschung ist. So weisen alle Ergebnisse unabhängig finanzierter wissenschaftlicher Forschung der letzten fünf Jahre auf massive und breit gefächerte Gesundheitsgefährdung hin, wohingegen alle von der Industrie durchgeführte Studien Entwarnung gaben.

Das scheint stark auf entsprechenden Lobbyismus hinzudeuten, und es ist zu befürch­ten, dass mit der Substanz Bisphenol A im wahrsten Sinne des Wortes ein großflächi­ger Systemfehler sichtbar wird, der dringend korrigiert gehört. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.33


Präsident Karlheinz Kopf: Als vorläufig Letzter zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 


22.33.14

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, ich danke Ihnen, dass Sie hier klare Worte gefunden haben, verstärkt auch internationale Bemühungen gegen das Fangen von Walen und Delfinen zu setzen.

Dass es wichtig ist, sieht man schon an den Mitteilungen der medialen Debatte um die japanischen Walfänger, die ja trotz des erst kürzlich erfolgten Urteils des IGH letztes Wochenende wieder mit einer Walfangflotte ausgefahren sind. Der Internationale Ge­richtshof hat in seinem Urteil im März 2014 der Klage Australiens stattgegeben, dass die Walfangflotte eher finanzielle Überlegungen als rein wissenschaftliche Kriterien he­rangezogen hat. Deswegen ist es so wichtig, mit diesem Fünf-Parteien-Antrag – und ich hoffe doch noch, dass die FPÖ diesen auch unterstützt – klare Signale nach außen zu senden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 234

Neben dem sturen Festhalten der japanischen Regierung am Walfang ist drei Jahre nach der verheerenden Katastrophe von Fukushima von der japanischen Regierung auch ein weiterer Beschluss gefasst worden. Sie setzt weiterhin auf Atomkraft, obwohl zwei Drittel der Bevölkerung strikt dagegen sind. Sie wollen weiter die Atomkraftwerke hochfahren, obwohl sie deutlich verschärfte Sicherheitsauflagen haben, nach denen rund zwei Drittel der vorhandenen Atomkraftwerke vom Netz getrennt werden müssten.

Das ist der falsche Zugang. Österreich hat eine klare Position. Wir haben einen Allpar­teienantrag beschlossen, in dem wir ganz klar die Atomkraft ablehnen. Wir sind für al­ternative Energie, wir sind für Wasserkraft und wir sind für Windkraft.

Zum Schluss ersuche ich die Damen und Herren von der FPÖ um Unterstützung. – Dan­ke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.35

22.35.20

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

Die Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 28: Abstimmung über die dem Ausschussbericht 120 der Beilagen angeschlossene Entschließung be­treffend: Wale und Delfine sind eine zu schützende Spezies.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um Zustimmung. – Das ist ein­stimmig angenommen. (E 21.)

(Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen, Team Stronach und NEOS in Richtung FPÖ.)

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 29: Antrag des Um­weltausschusses, seinen Bericht 121 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Ich weise den Antrag 354/A(E) dem Gesundheitsausschuss zu.

22.36.1030. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (203/A)

31. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird (204/A)

32. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsge­setz geändert wird (346/A)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Die Verlangen auf Durchführung von ersten Lesungen hin­sichtlich der Tagesordnungspunkte 30 bis 32 sind zurückgezogen worden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 235

Daher finden diese ersten Lesungen nicht statt.

Ich nehme sogleich die Zuweisungen vor.

Zu Tagesordnungspunkt 30: Ich weise den Antrag 203/A der Abgeordneten Dr. Niko­laus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird, dem Verfassungsausschuss zu.

Zu Tagesordnungspunkt 31: Ich weise den Antrag 204/A der Abgeordneten Mag. Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird, dem Verfassungsausschuss zu.

Zu Tagesordnungspunkt 32: Ich weise den Antrag 346/A der Abgeordneten Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Auslän­derbeschäftigungsgesetz geändert wird, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

22.37.28Einlauf

 


Präsident Karlheinz Kopf: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 390/A(E) bis 411/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1367/J bis 1369/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 22.38 Uhr ein; das ist gleich im An­schluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

22.38.14Schluss der Sitzung: 22.38 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien