Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 34

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Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nunmehr zur 10. Anfrage, das ist die des Herrn Abgeordneten Mag. Rossmann. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Eine Studie der Europäischen Zentralbank zeigt, dass die Vermögenskonzentration nur in den USA höher ist als in Österreich. In Österreich besitzt das reichste Prozent rund 37 Prozent des gesamten Nettovermögens, das sind rund 1,5 Prozent der gesam­ten Wirtschaftsleistung Österreichs. Die reichsten 10 Prozent besitzen etwa zwei Drittel des gesamten Vermögens, und die untersten 50 Prozent nur 2,2 Prozent.

Schaut man sich die Besteuerung von Arbeit im Vergleich zu Vermögen an, so stellt man international fest: Arbeit und Erwerbseinkommen sind sehr hoch besteuert, Ver­mögen extrem niedrig besteuert. Wer wie Sie und Ihre Partei von Leistungsgerech­tigkeit spricht, muss dafür Sorge tragen, dass auch die Vermögenden einen fairen Bei­trag zur Finanzierung der Leistungen im Lande leisten, das heißt, wir brauchen eine Steuerstrukturreform.

Meine Frage daher an Sie, Herr Finanzminister:

81/M

„Warum wollen Sie trotz der Empfehlungen des WIFO, der Europäischen Kommission, der OECD und des IWF keine vermögensbezogenen Abgaben zur Gegenfinanzierung der angekündigten Entlastung der Arbeits- und Erwerbseinkommen heranziehen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Abgeordneter, dan­ke für das Koreferat! Ich stimme Ihnen zu, es macht keinen Sinn, einzelne Positionen aus dem Steuersystem herauszunehmen, bevor man eine Steuerstrukturreform an­geht. Ich halte es nicht für empfehlenswert, dass unterschiedliche Vergleichsbasen da sind, die uns immer wieder treffen. Übrigens liegt auch unser Eingangssteuersatz nicht bei 36,5 Prozent, sondern bei etwas über 32 Prozent, weil die anderen Länder die Be­günstigung des 13. und 14. Monatsgehalts nicht haben, das ist einfach so.

Daher meine ich: eine Gesamtreform, dann können wir über viele Dinge reden, aber nicht immer nur über das, was Sie auch verlangen, nämlich eine Add-on-Finanzierung. Ich glaube, dass neue Steuern für den Wirtschaftsstandort und für das Wirtschafts­wachstum ganz grundsätzlich schädlich sind. Ich glaube, eine Steuererhöhung bei gleichzeitiger Steuersenkung ist keine ehrliche Steuerentlastung, und ich bin auch davon überzeugt, dass es eine Gegenfinanzierung gibt, die ohne neue Steuern aus­kommt.

Wir sind jetzt in einem Kurzfristprozess drinnen, und ich bin gerne bereit, eine Grund­satzdiskussion über ein Steuersystem zu führen, das aus völlig anderen Komponenten besteht. Ich bin aber nicht dafür, dass jeweils ein Rosinenpicken passiert und jeder sagt: Das hätte ich gern, das hätte ich gern, das hätte ich gern!, und das Steuersystem dann so ausschaut, wie es jetzt ausschaut.

Wir haben die Alternative Vermögenszuwachssteuer gewählt, und ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen: Österreich ist jetzt schon ein Hochsteuerland, und ich habe noch keine Vorschläge gesehen, die das ändern.

Zur OECD möchte ich sagen: Sie können mit derselben Begründung den OECD-Be­richt vorlegen, der uns vorwirft, dass wir zu viele Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer haben und das keinen Lenkungseffekt hätte. Auch darüber will man nicht diskutieren, weil wir immer nur über das diskutieren, was gerade im Einzelfall opportun ist.

 


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