Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 113

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Ich denke, dass es auch wichtig ist, über die Aufgabenorientierung im Finanzaus­gleichsgesetz zu diskutieren, zum Beispiel über eine klare Definition der Zuständigkei­ten und Aufgaben. Aufgabenorientierung heißt aber auch, über Kriterien nachzuden­ken, zum Beispiel Einwohnerentwicklung, Bevölkerungszahl, man könnte die örtliche und geographische Lage diskutieren, bis hin zur Demografie, zum Beispiel wie alt oder jung die Durchschnittsbevölkerung ist.

Langfristig sollte jeder Bürger gleich viel wert sein. Wer gerne mit überörtlichen Aufga­ben argumentiert, sollte bedenken, dass es auch überörtliche Standortvorteile gibt. Die Zahlen belegen das klar. Es ist nicht einzusehen, dass ein Mensch in Wien fast viermal so viel wert ist als ein Mensch im ländlichen Bereich. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, es gibt viele Themenfelder im Finanzausgleichsgesetz, deren Diskussion auch die entsprechende Zeit braucht. Daher ist die Verlängerung des Finanzausgleichs sinnvoll, und ich hoffe auf konstruktive Verhandlungen für einen Finanzausgleich im Jahr 2017. (Beifall bei der ÖVP.)

13.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. – Bitte.

 


13.54.52

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Bereits vor sieben Jahren, am 10. Oktober 2007, wurde im Paktum zum Finanzaus­gleich, der jetzt gilt, festgehalten, dass es bis Ende 2010 zu einer grundsätzlichen Re­form des Finanzausgleiches kommen soll. Mittlerweile schreiben wir Ende 2014. Was ist geschehen? – Nichts.

Die Begründung für die Verlängerung des Finanzausgleiches bis 2016 ist ziemlich ähn­lich wie jene im Paktum vom 10. Oktober 2007. In der Regierungsvorlage heißt es, „der nötige zeitliche Rahmen für die Beratungen über eine grundsätzliche Reform“ des Fi­nanzausgleichs soll geschaffen werden.

Schön und gut, das soll mir recht sein, aber dann erwarte ich mir nach neun Jahren Stillstand in Fragen Finanzausgleich und Föderalismusreform auch, dass es da wirklich zu substanziellen Reformen kommt, und nicht zu einer Reform, bei der davon ausge­gangen wird, dass im Hinblick auf die Verteilung der Mittel jeder Mensch gleich viel wert ist. Das würde nämlich bedeuten, dass man sozusagen ignorieren würde, dass die Voraussetzungen in den Regionen und in den Städten nicht grundlegend gleich sind. (Abg. Rädler: Das entspricht der Demokratie!) – Worum es im Finanzausgleich und auch in der gesamten Literatur zum Finanzausgleich geht, ist die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Sie werden mir doch nicht erzählen wollen, dass man jetzt in jedem kleinen Ort in Österreich eine Staatsoper errichten wird. Das kann es doch nicht sein! (Zwischenrufe der Abgeordneten Steinbichler und Rädler.)

Neun Jahre ohne Strukturreformen bei großem Reformbedarf im Finanzausgleich: Da haben wir eigentlich nichts erreicht. Es ist viel die Rede von Verwaltungsreform – das steht ja meistens für Föderalismusreform –, aber es tut sich halt nichts. Es zeigt sich ganz offensichtlich, dass die Beteiligten nicht in der Lage sind, strategisch zu denken. Es zeigt sich aber auch, dass wir im föderalen System in Wirklichkeit einen Kompro­miss aus 1920 verwalten, den wir von Zeit zu Zeit mit Artikel-15 a-Vereinbarungen retten.

Internationale Erfahrungen zeigen, dass Reformen von föderalen Strukturen immer dann erfolgreich sind, wenn es Gesprächsbereitschaft gibt. Und diese Gesprächsbe­reitschaft zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ist in unzureichendem Ausmaß ge­geben. Es herrscht zwischen den Finanzausgleichspartnern Misstrauen. Zweite Vo­raussetzung: Es muss darum gehen, den Föderalismus mit dem Finanzausgleich zu verknüpfen. Es muss aber drittens darum gehen, nicht nur die Verteilung der Einnah-


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