Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung / Seite 111

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aus in die Schwarzarbeit, und das kann nicht im Interesse einer Regierung sein, die ja Interesse daran haben sollte, Steuern einzunehmen und einen Wohlfahrtsstaat zu ga­rantieren. Sie werden diesen Wohlfahrtsstaat mit solchen Maßnahmen zu Grabe tra­gen, weil Sie den Menschen eigentlich verbieten, Leistung zu erbringen, und jungen Menschen signalisieren, dass sie in dieser Republik gar nichts mehr arbeiten müssen, weil der Staat sie im Grunde genommen bis zur Pensionierung erhält. (Zwischenruf des Abg. Riepl.)

Wissen Sie, was dieser Alleinerziehende für eine Pensionserwartung hat? – Null! Er kann sagen: Ich nehme die 744 €, nebenbei mache ich Schwarzarbeit und verdiene mir 1 000 €, somit habe ich 1 744 € im Monat, davon kann ich schön leben. Nur wird er aufwachen, wenn er 50 Jahre alt ist und zum ersten Mal seine Pensionsansprüche nachrechnet. Er wird keine Versicherungszeiten zusammenbekommen, und dann schlecht dastehen. (Abg. Schönpass: Sie haben keine Ahnung!) Sie tragen die Verantwortung dafür, dass viele Menschen in diesem Land in die Irre geführt werden und in die Pen­sionsfalle tappen. Das ist unverantwortlich für eine Bundesregierung. (Beifall beim BZÖ.)

Eine Familie mit drei Kindern bekommt über die Mindestsicherung 1 798 € netto mo­natlich. Zwei Erwerbstätige – er voll erwerbstätig, sie Teilzeitkraft – bekommen 1 800 € netto. Es gehen also beide, er 40 Stunden, sie 20 Stunden pro Woche, einer Arbeit nach und bekommen dafür 1 800 €. Die Differenz zwischen den beiden Familien be­trägt 2 €. 2 €! Stellen Sie sich das vor: Eine Familie arbeitet pro Woche 60 Stunden, die andere Familie arbeitet nichts – Differenz: 2 €.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wo ist denn da die Verhältnismäßigkeit? Wo ist denn da Ihr Gefühl für Verantwortung gegenüber jenen, die in unserem Land Leis­tung erbringen wollen – Leistung, von der wir alle leben, Leistung, die wir brauchen, damit wir ein Budget zustande bekommen? Sie machen genau das Gegenteil.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundesregierung, wenn Sie so wei­termachen, dann führt das geradewegs in den Boykott. Nicht nur das, sondern Öster­reich wird, was die Leistungsfähigkeit des Staates und was die Wettbewerbsfähigkeit anlangt, zurückfallen. Das ist das noch viel schlimmere Signal. Das zu verantworten ist der schlechteste Dienst, den Sie der Republik erweisen können. (Beifall beim BZÖ.)

13.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Bundesminister Hundstorfer hat sich zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die Vereinbarung und stelle 9 Minu­ten Redezeit ein. – Bitte.

 


13.59.35

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werter Herr Präsident! Ich darf ganz kurz ein bisschen Geschichtsunterricht geben. (Abg. Strache: Danke, Herr Oberleh­rer!) Die Idee zu diesem Gesetz, nämlich zur Vereinheitlichung der Mindestsicherung, wurde vor vielen Jahren geboren. Es gab ein Bundesland, das diese Idee vor vielen Jahren umgesetzt hat, nämlich das Bundesland Kärnten. (Abg. Ing. Westenthaler: Aber ganz anders!)

Ja, Herr Westenthaler, ganz anders (Abg. Ing. Westenthaler: Ja, ganz anders!), näm­lich erstens um Etliches höher als die heutige Mindestsicherung, und zweitens zum Beispiel um Eckhäuser ausländerfreundlicher, als wir das jetzt umsetzen. Vergessen Sie Ihre Geschichte nicht! Auch wenn es Ihnen peinlich ist, vergessen Sie Ihre Ge­schichte nicht! – Das ist einmal Punkt eins. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Wes­tenthaler: Kärnten hat das immer abgelehnt! Haider hat das immer abgelehnt, was Sie ihm aufoktroyieren wollten!)

 


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