andersetzung mit dem politischen Gegenüber und den Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen. Nun wäre es an der Zeit gewesen, diese entsprechend umzusetzen.
Prinzip der Volkssouveränität
Direkte Demokratie wurde von keiner Expertin und keinem Experten als Alternative zur repräsentativen Demokratie gesehen, sondern als Ergänzung und Erweiterung des Prinzips der Volkssouveränität. Direkte, repräsentative und partizipative Demokratie dürfen daher keinesfalls gegeneinander ausgespielt werden, sie ergänzen einander vielmehr. Die derzeit in Österreich bestehenden direktdemokratischen Instrumente sind jedoch nicht mehr zeitgemäß. Viele Menschen wollen sich zunehmend in die staatliche Willensbildung einbringen und nicht nur alle paar Jahre zu den Wahlen gehen. Die Bevölkerung kann dem Nationalrat derzeit zwar Anliegen in Form von Volksbegehren oder parlamentarischen Petitionen unterbreiten, die Instrumente sind aber völlig unverbindlich. Die Bürgerinnen und Bürger können keine Entscheidung selbst herbeiführen. Es muss daher endlich die Möglichkeit geschaffen werden, dass Gesetze auch aus der Bevölkerung heraus entstehen können.
Für eine Kultur des Miteinanders
Es geht dabei auch darum, sich von einer Kultur der Bevormundung zu verabschieden und eine Kultur des Miteinanders und der Zusammenarbeit zu etablieren. Studien bekräftigen den vorteilhaften Effekt direktdemokratischer Instrumente auf das zivilgesellschaftliche Engagement, die politische Informiertheit, das politische Vertrauen und sogar auf die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger. Es ist an der Zeit, den Dialog zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und dem Parlament auch in Österreich auszubauen. Direkte Demokratie kann das Parlament stärken, wieder zu größerer Akzeptanz in der Öffentlichkeit führen und die Kluft zwischen Repräsentantinnen und Repräsentanten und den Repräsentierten verringern. Im Rahmen der dreistufigen Volksgesetzgebung haben das Parlament und die Initiative die Möglichkeit, mehrmals in Dialog zueinander zu treten, Kompromisse zu erarbeiten und ihr Anliegen so gut auszuarbeiten, dass der Gesetzentwurf nachher auch wirklich reif ist und das Parlament auch einen guten Alternativvorschlag mit zur Abstimmung stellen kann.
Direkte Demokratie weltweit
Im Rahmen der dritten Sitzung der Enquete-Kommission berichteten internationale Expertinnen und Experten über die direkte Demokratie in anderen Staaten. Rasch wurde deutlich, dass direkte Demokratie zu einem Grundbestandteil der politischen Systeme in Europa geworden ist. In Mittel- und Osteuropa hat man nach dem Fall des Eisernen Vorhangs direktdemokratische Instrumente gleichsam flächendeckend eingeführt. In der Schweiz gibt es auf allen Ebenen verbindliche direktdemokratische Instrumente, die von unten ausgehen. Sowohl auf Bundesebene, als auch auf kantonaler und kommunaler Ebene gibt es obligatorische und fakultative Referenden (Vetoreferenden). Die Volksgesetzgebung gibt es auf Bundesebene als Verfassungsinitiative, auf kantonaler oder kommunaler Ebene auch als Gesetzesinitiative. In Deutschland ist die Volksgesetzgebung in allen 16 Bundesländern in den Verfassungen verankert. Diesbezüglich sei darauf hingewiesen, dass die Kompetenz der Länder dort weiter geht als in Österreich. Auf Bundesebene gibt es in Deutschland zwar noch keine Volksgesetzgebung, aber Entwürfe dafür. Ein von der SPD 2013 mit Parteitagsbeschluss verabschiedeter Gesetzesentwurf sieht etwa ein Modell der dreistufigen Volksgesetzgebung vor. Auch in den USA gibt es in 27 von 50 Bundesstaaten direkte Demokratie. Etwa zehn Staaten sind besonders bemerkenswert, am meisten direkte Demokratie herrscht in Oregon und Kalifornien. Dass man den Bürgerinnen und Bürgern auch einiges zutrauen darf, wurde in den USA bereits vor über hundert Jahren bewiesen. Schon Ende des 19. Jahrhunderts wurde in Colorado dank der direkten Demokratie das Frauenstimmrecht erkämpft, 1914 folgte Oregon. Auch die Todesstrafe ist in Oregon mit der
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