Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 232

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1.3.5 Wie können direktdemokratische Instrumente unterstützt werden?

Amtliche und freie Sammlung

Auf österreichischer Bundesebene ist für Volksbegehren ein amtliches Eintragungsver­fahren vorgesehen. Die Unterstützung von Volksbegehren kann nur durch Eintragung in eine Eintragungsliste auf dem Gemeindeamt bzw. dem Magistrat erfolgen. Mit Blick auf die Bundesländer, Gemeinden und das benachbarte Ausland stellten die Exper­tinnen und Experten weitere Möglichkeiten zur Sammlung von Unterstützungserklä­rungen vor. Bußjäger berichtete, dass, wie man das von Liechtenstein und der Schweiz kenne, in Vorarlberg seit 2014 die sogenannte „freie Sammlung“ möglich sei, indem Unterschriften auch außerhalb des Gemeindeamtes, sozusagen auf der Straße, durch Private gesammelt werden können. Um ein Volksbegehren zu unterstützen, müsse man also nicht mehr zum Gemeindeamt gehen. Auf Gemeindeebene gebe es die freie Sammlung bereits in zahlreichen Bundesländern, erzählte Giese. Schiller schilderte, dass auch die Hälfte der deutschen Bundesländer eine freie Unterschriftensammlung vorsehe. In Thüringen überlasse man der Initiative die Wahl: Wenn sie sich für die Amtseintragung entscheide, müsse sie weniger Unterschriften sammeln, als würde sie frei sammeln. Braun Binder berichtete, dass die Überprüfung der Gültigkeit der ge­sammelten Unterschriften in der Schweiz nach einem zweistufigen Verfahren von den Gemeinden und der Bundeskanzlei erfolge. Auch Schiller versicherte, dass es in Deutschland für die Überprüfung der Unterschriften routinierte Verfahren gebe.

Elektronische Unterstützung und Briefunterstützung

Mayrhofer berichtete, dass die Etablierung von E-Demokratie derzeit bekanntlich auf verfassungsrechtliche Hürden stoße, die mitunter auch die Zurückhaltung der Landes­verfassungsgesetzgeber in diesem Bereich begründe. Auch eine verfassungsrechtlich zulässige elektronische Sammlung werde derzeit in keinem Bundesland gestattet, er­läuterte Giese. Sie habe aber jüngst erstmals im Wiener Petitionsrecht Einzug ge­halten, das ja dem Volksbegehren institutionell verwand sei. Eine wesentliche Erleich­terung der direktdemokratischen Mitwirkung stelle aus Sicht der Stimmberechtigten dar, wenn ihre Stimmabgabe nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem be­stimmten Ort erfolgen müsse, führte Giese weiter aus. Das Wiener Volksbefragungs­gesetz überlasse den Abstimmungsberechtigten die Wahl. Sie können den postalisch übermittelten Stimmzettel (=Briefunterstützung) direkt in den Annahmestellen abgeben oder portofrei per Post retournieren. 93 % bzw. 97,7 % aller Teilnehmerinnen und Teil­nehmer hätten bei den letzten beiden regulären Volksbefragungen von letzterer Mög­lichkeit Gebrauch gemacht, berichtete er.

Der Verfassungsgesetzgeber muss handeln

Dass der Verfassungsgesetzgeber handeln müsse, zeige für Giese die Praxis in den Gemeinden. Da die elektronische Stimmabgabe unzulässig sei, würden die Gemein­den die gesetzlichen Schranken immer öfter umgehen, indem sie informelle Volksbe­fragungen außerhalb der Rechtsinstitute der direkten Demokratie durchführen würden. Bedarf nach Erweiterung und Vereinfachung sahen insbesondere auch Mayrhofer, Steiner, Pichler, Fürst und Oppitz. So schnell wie möglich realisiert werden solle daher auch ein Zentrales Wählerregister, erinnerte Chlestil. Braun Binder berichtete, dass man in der Schweiz bereits seit mehreren Jahren den Einsatz von E-Voting in Volks­abstimmungen und Wahlen teste.

1.3.6 Welche Elemente fördern den Dialog zwischen dem Parlament und den Initiato­rinnen und Initiatoren?

Der Dialog zwischen dem Parlament und den Initiatorinnen und Initiatoren ist ein we­sentlicher Faktor für den Erfolg direktdemokratischer Instrumente. Schiller zufolge ge­linge dieser am besten bei mehrstufigen Verfahren, weil man hier bereits sehr früh in


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