welcher später dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt worden sei, berichtete Aitamurto. Auch in Deutschland habe man sich im Zuge der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ einer Plattform bedient, um die Stimme der Bürgerinnen und Bürger zu implementieren, berichtete Bieber. Ehs betonte, dass es für den Dialog aber auch die persönliche Begegnung brauche. Sie erläuterte, wie man in Island 2012 eine neue Verfassung erarbeitete. Über 1000 Isländerinnen und Isländer hätten zunächst in Bürgerräten landesweit die Gelegenheit gehabt zu überlegen, was in der Verfassung stehen könnte. Dann sei auf Grundlage dieses Dokuments ein Verfassungskonvent gewählt worden, zu dem 25 Verfassungsrätinnen und -räte gewählt werden konnten. In den USA gebe es zudem verschiedene Bundesbehörden, darunter auch die Behörde für Umweltschutz, die ebenfalls Crowdsourcing einsetzen, so Aitamurto.
Bürgerbeteiligung führt zu besseren Entscheidungen
Da der Gesetzesentwurf nach wie vor von den Beamten erstellt werde und die Entscheidung beim Parlament liege, sei Crowdsourcing kein Entscheidungsinstrument für die Bürger und nicht direkte Demokratie, stellte Aitamurto klar. Die Berichtslegerinnen und Berichtsleger betonen diesen Unterschied und sehen in Crowdsourcing keinen Ersatz für den Ausbau der direkten Demokratie. Im Zuge der Enquete-Kommission wurde mehrmals hervorgehoben, dass repräsentative, partizipative und direkte Demokratie einander ergänzen, jeweils gestärkt werden müssen und nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Bürgerbeteiligung ermögliche, wie Aitamurto feststellte, effizient das Wissen, die Erfahrung und die Argumente von sehr vielen Leuten zu erheben und so zu besseren Lösungen zu kommen, als wenn nur eine kleine Gruppe von Expertinnen und Experten in die Lösung des Problems einbezogen werde.
Bürgerbeteiligung nicht versanden lassen
Bieber warnte, dass der Erfolg von Bürgerbeteiligung neben der Ausgestaltung des Prozesses insbesondere davon abhängig sei, dass die Themen auch tatsächlich von den Parlamenten oder Regierungsbehörden weiterverarbeitet werden. In Deutschland hätten sich Bürgerinnen und Bürger beteiligt, es habe eine Diskussion stattgefunden, in die parlamentarische Arbeit habe dies alles aber letztlich keinen Eingang gefunden. Um Frustrationen und Enttäuschungen zu verhindern, halten die Berichtslegerinnen und Berichtslegerinnen daher jedenfalls die Festlegung eines verbindlichen Prozesses für notwendig, wie die Beiträge der Öffentlichkeit letztlich in die Entscheidung einfließen.
Gesetzgebungsprozesse öffnen und transparenter gestalten
Die Berichtslegerinnen und Berichtsleger sind weiters der Ansicht, dass der Gesetzgebungsprozess geöffnet und transparenter gestaltet werden muss. Die Begutachtung muss in allen Gesetzesvorhaben jeder Bürgerin und jedem Bürger eröffnet und erleichtert werden. Im Zuge der Enquete-Kommission wurde auch mehrmals gefordert, dass der Wissenschaft und der organisierten Zivilgesellschaft im Entscheidungsprozess ein höherer Stellenwert als bisher eingeräumt werden muss. Leo stellte das Grünbuch #besserentscheiden vor, das rund 100 Personen aus unterschiedlichsten Bereichen erarbeitet haben. Einer der wichtigsten Vorschläge des Grünbuchs sei, Gesetzgebungsprozesse transparenter zu machen, indem etwa die Regierung und der Nationalrat zukünftig Vorhabensberichte veröffentlichen. Das parlamentarische Geschehen muss für die Bürgerinnen und Bürger auch leichter zugänglich werden, indem sowohl die Plenarsitzungen, als auch die Ausschüsse öffentlich zugänglich sind, live übertragen werden und in Rücksicht auf Berufstätige auch Videos der Sitzungen abrufbar sind. Auch die Einrichtung eines Demokratiebüros, als dauerhafte Institution im Parlament, wurde im Rahmen der Enquete-Kommission gefordert. Im Rahmen eines eigenen Ausschusses soll sich das Parlament auch mit zukunftsorientierten Themen auseinandersetzen. Dies ist im finnischen Parlament bereits seit den neunziger Jahren üblich, berichtete Ehs.
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