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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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104. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 24., Mittwoch, 25., und Donnerstag, 26. November 2015

BAND 1 – Dienstag, 24. November 2015

 


Stenographisches Protokoll

104. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode

Dienstag, 24., Mittwoch, 25., und Donnerstag, 26. November 2015

Dauer der Sitzung

                                               Dienstag, 24. November 2015: 9.06 – 21.06 Uhr

                                               Mittwoch, 25. November 2015: 9.05 – 19.41 Uhr

                                          Donnerstag, 26. November 2015: 9.05 – 20.10 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz 2013, das Bundeshaf­tungsobergrenzengesetz, das Unternehmensserviceportalgesetz, das Wettbewerbsge­setz, das Freiwilligengesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Arbeitslo­senversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsge­setz, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Gesundheits- und Ernährungssicherheits­gesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Katastrophen­fondsgesetz 1996 und das Suchtmittelgesetz geändert werden sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Salzburg aus Anlass der 200-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich erlassen wird (Budgetbegleitgesetz 2016)

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bun­desminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt wird

4. Punkt: Bericht über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2014 sowie über den

Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2014 (Voranschlagsvergleichsrechnung Stand 31. März 2015)

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Bundesfinanzrahmengesetze 2015 bis 2018 und 2016 bis 2019 sowie das Bundesfinanzgesetz 2015 geändert werden

6. Punkt: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen

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Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 2

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................  32, 246, 437

Ordnungsrufe ................................................................................  80, 234, 311, 337, 442

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .........................................................................................  33, 246, 437

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung 100, 638, 641, 644, 646, 649

Unterbrechung der Sitzung ...............................  100, 245, 436, 638, 641, 645, 647, 649

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Pilz betreffend „flexible“ Handha­bung der Blockredezeit   ............................................................................................................................. 227

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..........................................................................................  246, 437

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 32

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Achter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses ......................................................... 33

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (821 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz 2013, das Bundeshaftungs­obergrenzengesetz, das Unternehmensserviceportalgesetz, das Wettbewerbsge­setz, das Freiwilligengesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Ar­beitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsge­setz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kran­ken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Ge­sundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Suchtmit­telgesetz geändert werden sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Salzburg aus Anlass der 200-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich erlassen wird (Budgetbegleitgesetz 2016) (882 d.B.)                                                                                               35

2. Punkt: Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird (883 d.B.)                                                                    35

3. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (846 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundes­minister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt wird (884 d.B.) .............................................................................................. 35

4. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2014 (III-199 d.B.) sowie über den

Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2014 (Voranschlagsvergleichsrechnung Stand 31. März 2015) (III-162 d.B.) (885 d.B.) ........................................................................................................ 35


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 3

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 35

Mag. Andreas Schieder ............................................................................................... 39

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 40

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 42

Mag. Dr. Matthias Strolz .............................................................................................. 44

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 46

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 48

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................... 50

Gabriele Tamandl ..................................................................................................  53, 89

Herbert Kickl ................................................................................................................. 54

Wolfgang Katzian ......................................................................................................... 58

Mag. Bruno Rossmann ................................................................................................ 59

August Wöginger ......................................................................................................... 65

Dr. Rainer Hable ........................................................................................................... 67

Franz Kirchgatterer ...................................................................................................... 68

Ing. Waltraud Dietrich .................................................................................................. 69

Bundesminister Dr. Johann Georg Schelling ........................................................... 71

Andreas Ottenschläger ............................................................................................... 73

Mag. Roman Haider ...................................................................................................... 74

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 76

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 77

Franz Leonhard Eßl ..................................................................................................... 80

Josef Schellhorn .......................................................................................................... 81

Ing. Mag. Werner Groiß ............................................................................................... 82

Martina Schenk ............................................................................................................. 83

Johann Singer .............................................................................................................. 85

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ................................................................. 86

MMag. DDr. Hubert Fuchs ........................................................................................... 88

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 92

Leopold Steinbichler .................................................................................................... 95

Rupert Doppler ............................................................................................................. 97

Dr. Jessi Lintl ................................................................................................................ 98

Annahme der vier Gesetzentwürfe in 882, 883, 884 und 885 d.B. (namentliche Abstimmung)                   99

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (819 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Bundesfinanzrahmengesetze 2015 bis 2018 und 2016 bis 2019 sowie das Bundesfinanzgesetz 2015 geändert werden (890 d.B.)                                                                                                                                     103

6. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) ........................................................................................................ 103

UG 01: Präsidentschaftskanzlei; UG 02: Bundesgesetzgebung; UG 03: Verfas­sungsgerichtshof; UG 04: Verwaltungsgerichtshof; UG 05: Volksanwaltschaft; UG 06: Rechnungshof; UG 10: Bundeskanzleramt           ............................................................................................................................. 103

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 103

Dr. Peter Wittmann ..................................................................................................... 105

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 106

Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 108

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................. 109

Otto Pendl ................................................................................................................... 111


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 4

Martina Schenk ........................................................................................................... 112

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................. 113

Wolfgang Zanger ........................................................................................................ 114

Angela Lueger ............................................................................................................ 116

Dieter Brosz, MSc ...................................................................................................... 116

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................................................ 119

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) .......................................................................... 120

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................. 122

Carmen Schimanek .................................................................................................... 123

Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................ 126

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 126

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl .......................................................................................... 127

Petra Bayr, MA ............................................................................................................ 128

Volksanwalt Dr. Günther Kräuter ............................................................................. 129

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 130

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 132

Elmar Mayer ................................................................................................................ 132

Hermann Gahr ............................................................................................................ 133

Johann Hechtl ............................................................................................................. 134

Johann Singer ............................................................................................................ 135

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ............................................................... 136

Norbert Sieber ............................................................................................................ 138

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek .......................................................................... 138

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 139

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend zusätzliche finanzielle Mittelausstattung des Verfassungs­gerichtshofs – Ablehnung  110, 636

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dieter Brosz, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Mittel für Qualitätsförderung bei der JournalistInnen­ausbildung – Ablehnung ....  118, 636

Entschließungsantrag der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend adäquate finanzielle Mittelausstattung des Rechnungshofs – Ablehnung  121, 636

Entschließungsantrag der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der notwendigen budgetären und personellen Ausstattung des Rechnungshofs – Ablehnung       125, 636

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dieter Brosz, MSc, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Streichung der Presseförderung für „Zur Zeit“ – Ablehnung                                        141, 636

UG 24: Gesundheit ...................................................................................................... 142

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ........................................................................ 142

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 144

Dr. Eva Mückstein ...................................................................................................... 145

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 146

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 147

Dietmar Keck .............................................................................................................. 148

Ulrike Weigerstorfer ................................................................................................... 149

Bundesministerin Dr. Sabine Oberhauser, MAS ...........................................  150, 167

Dorothea Schittenhelm .............................................................................................. 152

Dr. Andreas F. Karlsböck .......................................................................................... 153

Michael Ehmann ......................................................................................................... 154

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 155


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 5

Dr. Marcus Franz ........................................................................................................ 157

Erwin Angerer ............................................................................................................ 158

Ing. Markus Vogl ......................................................................................................... 161

Rupert Doppler ........................................................................................................... 161

Martina Diesner-Wais ................................................................................................. 162

Walter Schopf ............................................................................................................. 163

Johann Höfinger ......................................................................................................... 164

Wolfgang Knes ........................................................................................................... 164

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 165

Nurten Yilmaz ............................................................................................................. 166

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jene­wein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenlegung der Sozialversiche­rungen – Ablehnung ...............  159, 636

UG 13: Justiz ................................................................................................................ 168

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 168

Mag. Michaela Steinacker .......................................................................................... 170

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 171

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................. 173

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................. 174

Mag. Dr. Beatrix Karl .................................................................................................. 175

Christoph Hagen ........................................................................................................ 176

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 177

Christian Lausch ........................................................................................................ 177

Mag. Bernd Schönegger ............................................................................................ 179

Hermann Brückl ......................................................................................................... 180

Mag. Elisabeth Grossmann ....................................................................................... 183

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ........................................................... 183

Gerhard Schmid ......................................................................................................... 186

Dr. Georg Vetter ......................................................................................................... 187

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ............................................................................... 187

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 188

Petra Bayr, MA ............................................................................................................ 188

Dr. Harald Troch ......................................................................................................... 189

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auflösung der Justizbetreuungsagentur – Ablehnung ..........................................................  181, 636

UG 12: Äußeres ........................................................................................................... 190

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................. 190

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 193

Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 193

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 197

Mag. Christoph Vavrik ............................................................................................... 197

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 201

Bundesminister Sebastian Kurz .............................................................................. 202

Wendelin Mölzer ......................................................................................................... 204

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 206

Mag. Alev Korun ......................................................................................................... 206

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................................................ 207

Dr. Reinhard Eugen Bösch ....................................................................................... 208

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 209

Dr. Andreas F. Karlsböck .......................................................................................... 210

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................... 211


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 6

Dr. Jessi Lintl .............................................................................................................. 212

Mag. Alev Korun (tatsächliche Berichtigung) ............................................................. 213

Petra Bayr, MA ............................................................................................................ 213

Christoph Hagen ........................................................................................................ 214

Hermann Krist ............................................................................................................ 215

Anton Heinzl ............................................................................................................... 216

Hannes Weninger ....................................................................................................... 216

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine EZA-Leistungen für bei der Rücknahme ihrer Staatsbürger unkooperative Entwicklungsländer – Ablehnung     192, 636

Entschließungsantrag der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Aufstockung der multilateralen und bilateralen Entwicklungszusammenarbeit – Ablehnung  195, 636

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christoph Vavrik, Tanja Wind­büchler-Souschill, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ent­wicklung und gesetzliche Verankerung eines Stufenplans zur Erhöhung der EZA-Mittel bis zur Erreichung des 0,7%-Ziels – Ablehnung            200, 637

Entschließungsantrag der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erwirkung einer intensiveren Förderung der deutschen Min­derheiten in den Nachfolgestaaten der österreichisch-ungarischen Monarchie – Ab­lehnung ..................................................................  205, 637

UG 11: Inneres ............................................................................................................. 217

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gernot Darmann ......................................................................................  217, 242

Werner Amon, MBA ..........................................................................................  220, 244

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 221

Otto Pendl ................................................................................................................... 223

Mag. Nikolaus Alm ..................................................................................................... 224

Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 225

Christoph Hagen ........................................................................................................ 226

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner ........................................................ 227

Angela Lueger ............................................................................................................ 230

Mag. Günther Kumpitsch .......................................................................................... 230

Mag. Johannes Rauch ............................................................................................... 232

Mag. Alev Korun ......................................................................................................... 233

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 235

Christian Lausch ........................................................................................................ 235

Mag. Michael Hammer ................................................................................................ 236

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ........................................................................ 237

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 238

Rupert Doppler ........................................................................................................... 239

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 240

Hannes Fazekas ......................................................................................................... 240

Mag. Friedrich Ofenauer ............................................................................................ 241

Jürgen Schabhüttl ...................................................................................................... 241

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausschluss von NGOs an der Mitwirkung im Asylwesen – Ablehnung .............  219, 637

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Günther Kumpitsch, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Belastungszulage und Mannesausrüstung für Exe­kutivbeamte – Ablehnung ....  232, 637


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 7

UG 20: Arbeit; UG 21: Soziales und Konsumentenschutz; UG 22: Pensionsversi­cherung                          246

Redner/Rednerinnen:

Herbert Kickl ............................................................................................................... 246

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 251

Mag. Judith Schwentner ............................................................................................ 252

August Wöginger ....................................................................................................... 254

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 256

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 257

Ing. Waltraud Dietrich ................................................................................................ 258

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ..............................................................  260, 300

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 265

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ........................................................................ 266

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 268

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 269

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 271

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................. 272

Angela Lueger ............................................................................................................ 273

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 274

Angela Fichtinger ....................................................................................................... 276

Werner Neubauer ....................................................................................................... 277

Rainer Wimmer ........................................................................................................... 279

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................... 280

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 281

Josef Schellhorn ........................................................................................................ 282

Dietmar Keck .............................................................................................................. 285

Peter Wurm ................................................................................................................. 286

Mag. Michael Hammer ................................................................................................ 291

Leopold Steinbichler (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 292

Mag. Aygül Berivan Aslan ......................................................................................... 292

Ing. Markus Vogl ......................................................................................................... 293

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) .......................................................................... 294

Ing. Manfred Hofinger ................................................................................................ 297

Rupert Doppler ........................................................................................................... 298

Johann Hell ................................................................................................................. 299

Gerhard Schmid ......................................................................................................... 299

Mag. Friedrich Ofenauer ............................................................................................ 301

Konrad Antoni ............................................................................................................ 301

Mag. Andreas Zakostelsky ........................................................................................ 302

Peter Wurm (tatsächliche Berichtigung) ..................................................................... 304

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Arbeitsmarktzugang für Asylwerber_innen – Ablehnung                                               283, 637

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kol­legen betreffend: Faires Vergaberecht und Bestbieterprinzip umsetzen – Ableh­nung ..............................  288, 637

Entschließungsantrag der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionsautomatismus – Ablehnung ................................................  296, 637

UG 32: Kunst und Kultur .............................................................................................. 304

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz .............................................................................................. 304

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 305

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl .......................................................................................... 306


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 8

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller .................................................................... 308

Mag. Nikolaus Alm ..................................................................................................... 309

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 310

Ulrike Weigerstorfer ................................................................................................... 311

Bundesminister Dr. Josef Ostermayer .................................................................... 312

Dr. Kathrin Nachbaur ................................................................................................. 314

Wendelin Mölzer ......................................................................................................... 315

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 316

Werner Neubauer ....................................................................................................... 318

Dr. Harald Troch ......................................................................................................... 318

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 319

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 320

UG 42: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft; UG 43: Umwelt ..................................... 321

Redner/Rednerinnen:

Walter Rauch .............................................................................................................. 321

Jakob Auer .................................................................................................................. 322

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 323

Erwin Preiner .............................................................................................................. 326

Josef Schellhorn ........................................................................................................ 327

Johann Höfinger ......................................................................................................... 328

Ulrike Weigerstorfer ................................................................................................... 330

Hannes Weninger ....................................................................................................... 331

Josef A. Riemer .......................................................................................................... 332

Norbert Sieber ............................................................................................................ 333

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 334

Mag. Maximilian Unterrainer ..................................................................................... 337

Bundesminister Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter ....................................................... 338

Mag. Christiane Brunner (tatsächliche Berichtigung) ............................................... 341

Michael Pock ............................................................................................................... 342

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................... 343

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 344

Cornelia Ecker ............................................................................................................ 348

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 349

Hermann Gahr ............................................................................................................ 350

Georg Willi .................................................................................................................. 351

Michael Ehmann ......................................................................................................... 352

Werner Neubauer ....................................................................................................... 353

Johann Rädler ............................................................................................................ 354

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (tatsächliche Berichtigung) ............................... 355

Rupert Doppler ........................................................................................................... 355

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ............................................................................... 356

Dr. Susanne Winter .................................................................................................... 357

Dipl.-Ing. Georg Strasser .......................................................................................... 358

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 359

Martina Diesner-Wais ................................................................................................. 360

Walter Bacher ............................................................................................................. 360

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 361

Harald Jannach ..................................................................................................  362, 365

Nikolaus Prinz ...................................................................................................  364, 366

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringend benötigte Hilfe für Syrien durch das WFP – Ablehnung ....  336, 637

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bericht über Importe von Ölen und Fetten“ – Ablehnung                                             347, 637


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 9

UG 25: Familien und Jugend ....................................................................................... 366

Redner/Rednerinnen:

Anneliese Kitzmüller .................................................................................................. 366

Dipl.-Ing. Georg Strasser .......................................................................................... 369

Mag. Judith Schwentner ............................................................................................ 371

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 372

Michael Pock ......................................................................................................  373, 395

Claudia Durchschlag ................................................................................................. 375

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 376

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA ....................................................................... 378

Petra Steger ................................................................................................................ 379

Nikolaus Prinz ............................................................................................................ 380

Julian Schmid, BA ...................................................................................................... 381

Bundesministerin MMag. Dr. Sophie Karmasin ..................................................... 383

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 385

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 386

Dr. Marcus Franz ........................................................................................................ 387

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 388

Hermann Lipitsch ....................................................................................................... 389

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 390

Angela Fichtinger ....................................................................................................... 393

Gerhard Schmid ......................................................................................................... 394

Rupert Doppler ........................................................................................................... 394

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 398

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend: sofortige Beendigung der Zweckentfremdung der Mittel des Familienlastenausgleichsfonds! – Ablehnung          368, 637

Entschließungsantrag der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland an die jeweiligen Lebenshaltungskosten – Ablehnung (namentliche Abstimmung)                                                                                                        391, 638

Entschließungsantrag der Abgeordneten Michael Pock, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Strukturreform des FLAF statt Gefährdung des Entschuldungs­pfades – Ablehnung  396, 640

UG 30: Bildung und Frauen ......................................................................................... 400

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz .............................................................................................. 400

Mag. Elisabeth Grossmann ....................................................................................... 401

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 402

Brigitte Jank ................................................................................................................ 404

Mag. Dr. Matthias Strolz ............................................................................................ 406

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 410

Martina Schenk ........................................................................................................... 411

Dorothea Schittenhelm .............................................................................................. 414

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 416

Elmar Mayer ................................................................................................................ 417

Mag. Aygül Berivan Aslan ......................................................................................... 418

Asdin El Habbassi, BA .............................................................................................. 419

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................... 420

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) .......................................................................... 423

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 425

Carmen Schimanek .................................................................................................... 426

Ing. Manfred Hofinger ................................................................................................ 427


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 10

Sigrid Maurer .............................................................................................................. 430

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA ....................................................................... 431

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 432

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 433

Marianne Gusenbauer-Jäger .................................................................................... 433

Wolfgang Knes ........................................................................................................... 434

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 434

Erwin Preiner .............................................................................................................. 435

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Dr. Harald Walser Kolleginnen und Kollegen betreffend Bekenntnis zum Rückzug der Par­teipolitik aus der Schulverwaltung – Ablehnung  408, 640

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Ermöglichung von schulautonomen Pilotprojekten – Ablehnung .......................  409, 640

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Privatschule für alle mit Bildungsscheck“ – Ablehnung                                                 413, 640

Entschließungsantrag der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ermöglichung umfassender pädagogi­scher Autonomie – Ablehnung  424, 640

Entschließungsantrag der Abgeordneten Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erstellung einer Studie über die aktuelle Situation musli­mischer Frauen und Mädchen in Österreich – Ablehnung ............................................................................................................  428, 640

UG 31: Wissenschaft und Forschung .......................................................................... 437

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas F. Karlsböck .......................................................................................... 437

Dr. Karlheinz Töchterle ............................................................................................. 439

Sigrid Maurer .............................................................................................................. 440

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 442

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) .......................................................................... 443

Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................  446, 461

Elmar Mayer ................................................................................................................ 449

Ulrike Weigerstorfer ................................................................................................... 450

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................... 451

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 452

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 453

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 454

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................... 455

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 456

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 457

Brigitte Jank ................................................................................................................ 458

Katharina Kucharowits (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 459

Harry Buchmayr ......................................................................................................... 459

Rouven Ertlschweiger, MSc ...................................................................................... 460

Mag. Dr. Beatrix Karl .................................................................................................. 460

Entschließungsantrag der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen betreffend nachhaltige Budgetierung des FWF – Ableh­nung .............................  445, 640

UG 33: Wirtschaft (Forschung); UG 40: Wirtschaft .................................................... 463

Redner/Rednerinnen:

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 463


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 11

Peter Haubner ............................................................................................................. 466

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 467

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 469

Josef Schellhorn ...............................................................................................  470, 508

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................... 471

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 472

Cornelia Ecker ............................................................................................................ 477

Bernhard Themessl .................................................................................................... 478

Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................  479, 509

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 484

Matthias Köchl ............................................................................................................ 485

Mag. Maximilian Unterrainer ..................................................................................... 486

Mag. Nikolaus Alm ..................................................................................................... 487

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 490

Ing. Christian Höbart ................................................................................................. 491

Rainer Wimmer ........................................................................................................... 494

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 495

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................... 497

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 498

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 502

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 503

Dr. Kathrin Nachbaur ................................................................................................. 504

Rupert Doppler ........................................................................................................... 505

Walter Schopf ............................................................................................................. 506

Gerhard Schmid ......................................................................................................... 507

Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 507

Philip Kucher .............................................................................................................. 508

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kol­leginnen und Kollegen betreffend die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen ge­gen die Russische Föderation – Ablehnung       464, 641

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wirtschaftsstandort Österreich: Entlastungsoffensive für Un­ternehmer“ – Ablehnung  475, 641

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stopp der Kriminalisierung von Wirten und Gewerbetreiben­den – Einsparungen im öffentlichen Bereich zur Gegenfinanzierung der Steuerre­form“ – Ablehnung ...........................................  476, 641

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Realwirtschaftsinvestitionsfreibetrag – Ablehnung .............................................  489, 641

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorleistung der Bundesregierung zur Auszahlung der aus­stehenden Gehälter für Zielpunkt-Mitarbeiter – Ablehnung (namentliche Abstim­mung) ...............................................................  493, 641

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücknahme der Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Be­herbergung – Ablehnung  500, 643

UG 34: Verkehr, Innovation und Technologie (Forschung); UG 41: Verkehr, Inno­vation und Technologie          ............................................................................................................................. 510

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 510

Anton Heinzl ............................................................................................................... 512


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 12

Georg Willi .................................................................................................................. 514

Andreas Ottenschläger ............................................................................................. 515

Michael Pock ............................................................................................................... 516

Philip Kucher .............................................................................................................. 518

Christoph Hagen ........................................................................................................ 520

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................... 522

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 524

Johann Hell ................................................................................................................. 525

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 526

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ..........................................................  527, 554

Dr. Karlheinz Töchterle ............................................................................................. 531

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) .......................................................................... 532

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 532

Christian Hafenecker, MA ......................................................................................... 533

Anton Heinzl (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 536

Johann Singer ............................................................................................................ 537

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 537

Hermann Lipitsch ....................................................................................................... 538

Erwin Angerer ............................................................................................................ 539

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ 542

Sigrid Maurer .............................................................................................................. 543

Mag. Maximilian Unterrainer ..................................................................................... 544

Ing. Thomas Schellenbacher .................................................................................... 545

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................... 546

Rupert Doppler ........................................................................................................... 546

Dietmar Keck .............................................................................................................. 547

Johann Rädler ............................................................................................................ 547

Nurten Yilmaz ............................................................................................................. 548

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 548

Konrad Antoni ............................................................................................................ 549

Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 550

Ing. Markus Vogl ......................................................................................................... 551

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller .................................................................... 551

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 552

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Streichung der Flugabgabe – Ablehnung ............................................................  511, 643

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Dorothea Schitten­helm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Genderatlas als Ressource für Gen­der Budgeting“ – Annahme (E 115)      519, 643

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Finanzierungslücke zur Erreichung der Ziele der FTI-Strategie bis 2020 – Ablehnung  530, 643

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Rückkauf der ehemaligen Bahnstrecke Hainfeld–Weissenbach an der Triesting durch die ÖBB – Ablehnung  535, 643

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Cargo Combi Terminals in Fürnitz – Ablehnung ............................................................  540, 643

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zeitwert als Grundlage der Prämienberechnung von Kas­koversicherungen“ – Ablehnung           553, 644

UG 14: Militärische Angelegenheiten und Sport .......................................................... 555


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 13

Redner/Rednerinnen:

Dr. Reinhard Eugen Bösch ....................................................................................... 555

Otto Pendl ................................................................................................................... 558

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 560

Mag. Bernd Schönegger ............................................................................................ 562

Dr. Rainer Hable ......................................................................................................... 563

Hermann Krist ............................................................................................................ 566

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 567

Mag. Johannes Rauch ............................................................................................... 572

Petra Steger ................................................................................................................ 573

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 574

Dieter Brosz, MSc ...................................................................................................... 575

Peter Haubner ............................................................................................................. 577

Ulrike Weigerstorfer ................................................................................................... 578

Bundesminister Mag. Gerald Klug ........................................................................... 579

Wolfgang Knes ........................................................................................................... 583

MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................... 584

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ 585

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 586

Dr. Harald Troch ......................................................................................................... 588

Hermann Brückl ......................................................................................................... 588

Claudia Durchschlag ................................................................................................. 591

Gerhard Schmid ......................................................................................................... 592

Marianne Gusenbauer-Jäger .................................................................................... 592

Rupert Doppler ........................................................................................................... 593

Asdin El Habbassi, BA .............................................................................................. 593

Dr. Jessi Lintl .............................................................................................................. 594

Konrad Antoni ............................................................................................................ 595

Mag. Michaela Steinacker .......................................................................................... 595

Nurten Yilmaz ............................................................................................................. 596

Rouven Ertlschweiger, MSc ...................................................................................... 597

Dr. Georg Vetter ......................................................................................................... 598

Entschließungsantrag der Abgeordneten Otto Pendl, Mag. Bernd Schöneg­ger, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Christoph Hagen, Mag. Nikolaus Alm, Dr. Pe­ter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ÖBH 2018 – Annahme (E 116)                                                                                                           559, 644

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sonderkulturbudget für den Erhalt der Militärmusik“ – Ableh­nung ....................  569, 644

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Etappenweise Erhöhung des Verteidigungsbudgets“ – Ab­lehnung ...................  570, 644

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend sofortige Aussetzung des Strukturpakets 2018 – Ablehnung .............................  587, 644

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Einsatz von Grundwehrdienern im Assistenzein­satz – Ablehnung .....................  590, 644

UG 15: Finanzverwaltung; UG 16: Öffentliche Abgaben; UG 23: Pensionen – Beamtinnen und Beamte; UG 44: Finanzausgleich; UG 45: Bundesvermögen; UG 46: Finanzmarktstabilität; UG 51: Kassenverwaltung; UG 58: Finanzierun­gen, Währungstauschverträge ..................................................... 598


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 14

Text des Bundesfinanzgesetzes und restliche Teile der Anlage I einschließlich An­lagen II bis IV               ............................................................................................................................. 598

Redner/Rednerinnen:

MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................... 599

Mag. Andreas Zakostelsky ........................................................................................ 602

Mag. Bruno Rossmann .............................................................................................. 603

Franz Kirchgatterer .................................................................................................... 607

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) .......................................................................... 608

Jakob Auer .................................................................................................................. 610

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 611

Bundesminister Dr. Johann Georg Schelling ......................................................... 612

Petra Bayr, MA ............................................................................................................ 614

Mag. Werner Kogler ..........................................................................................  615, 633

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 618

Dr. Rainer Hable ......................................................................................................... 618

Hannes Fazekas ......................................................................................................... 620

Mag. Roman Haider .................................................................................................... 620

Ing. Mag. Werner Groiß ............................................................................................. 623

Josef A. Riemer .......................................................................................................... 624

Hermann Lipitsch ....................................................................................................... 625

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 626

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 627

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 628

Dr. Walter Rosenkranz .....................................................................................  629, 634

Johann Rädler (tatsächliche Berichtigung) ................................................................ 630

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 630

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der „Kalten Progression“ – Ableh­nung (namentliche Abstimmung)  600, 644

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Negativsteuer für Ausgleichszulagenbezieher – Ab­lehnung (namentliche Abstimmung)  601, 646

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ökologisch Umsteuern – Abgaben auf den Faktor Arbeit senken – Ablehnung  606, 648

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Luxuspensionskürzungen unabhängig von der Entwick­lung der Höchstbeitragsgrundlage – Ablehnung                609, 648

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend: dringend internationale Klimafinanzierung vor Klimakon­ferenz aufstocken – Ablehnung  616, 648

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschärfung der Registrierkassenpflicht – Ablehnung (nament­liche Abstimmung)  622, 648

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend volle steuerliche Absetzbarkeit von Spenden für Tierschutz – Ablehnung .................  624, 651

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Harald Jan­nach, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiedereinführung der Mineralölsteu­erbefreiung bei Agrardiesel" – Ablehnung         631, 651


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 15

Annahme des Gesetzentwurfes in 890 d.B................................................................... 634

Annahme des Bundesfinanzgesetzes für das Jahr 2016 samt Anlagen in 891 d.B.     634

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen .................................................................................................... 32

881: 1. EU-Berufsanerkennungsgesetz Gesundheitsberufe 2016 – 1. EU-BAG-GB 2016

887: Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinsti­tutionen (IFI-Beitragsgesetz 2015)

Bericht ........................................................................................................................... 33

III-219: Bericht Reihe Bund 2015/16; Rechnungshof

Anträge der Abgeordneten

Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung des Zuschusses der Krankenkassen zur Psychotherapie (1436/A)(E)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend 70 Jahre Vereinte Nationen – verstärktes Engagement für den Frieden (1437/A)(E)

Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidenten­wahlgesetz 1971, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevidenzge­setz geändert werden (Wahlrechtsänderungsgesetz 2015) (1438/A)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Faires Vergaberecht und Best­bieterprinzip umsetzen (1439/A)(E)

Dieter Brosz, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenz bei der Förde­rung von Sportgroßveranstaltungen (1440/A)(E)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenlegung der Sozialver­sicherungen (1441/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Gen-Lachs in Österreich und der EU (1442/A)(E)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Gen-Lachs in Ös­terreich und der EU (1443/A)(E)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ermöglichung von schulautonomen Pilotprojekten (1444/A)(E)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bekenntnis zum Rückzug der Parteipolitik aus der Schulverwaltung (1445/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kompetenzverteilung Touris­mus (1446/A)(E)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen betreffend die Er­möglichung umfassender pädagogischer Autonomie (1447/A)(E)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausschluss von NGOs an der Mitwirkung im Asylwesen (1448/A)(E)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 16

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anordnung von Klimaanlagen im Rahmen des Arbeitnehmerschutzes (1449/A)(E)

Matthias Köchl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduktion von Teilgewerben (1450/A)(E)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „IG-Luft Geschwindigkeits­beschränkungen auf Bundesstraßen – Verlagerung in Bundeskompetenz“ (1451/A)(E)

Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Berücksichtigung des Sports im Rahmen des Gemeinnützigkeitsgesetzes 2015“ (1452/A)(E)

Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Berücksichtigung des Tier­schutzes im Rahmen des Gemeinnützigkeitsgesetzes 2015“ (1453/A)(E)

Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Berücksichtigung des Sports im Rahmen des geplanten Gemeinnützigkeitsgesetzes 2015“ (1454/A)(E)

Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung und gesetz­liche Verankerung eines Stufenplans zur Erhöhung der EZA-Mittel bis zur Erreichung des 0,7%-Ziels (1455/A)(E)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „keine neuen Belastungen der Autofahrer durch eine Vignettenpreiserhöhung“ (1456/A)(E)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung von Einsatzge­bühren nach Schweizer Modell“ (1457/A)(E)

Mag. Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm, Carmen Schimanek, Mag. Aygül Beri­van Aslan, Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Ausbau von Programmen zum Thema Frauengesundheit (1458/A)(E)

Dr. Josef Cap, Dr. Reinhold Lopatka, Tanja Windbüchler-Souschill, Mag. Chris­toph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen betreffend Österreichs Unterstützung für eine rasche, zukunftsfähige und friedliche Regelung des Syrien-Konflikts (1459/A)(E)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen gemäß Art. 49b B-VG iVm § 26 GOG-NR auf Durchführung einer Volksbefragung über die Anwendung und Vollziehung der gesetzlichen Grenzschutz- und Asylbestimmungen entgegen der bisherigen Praxis in der Flüchtlingskrise durch die österreichische Bundesregierung (1460/A)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verbot des IS analog zum Verbotsgesetz 1945“ (1461/A)(E)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aberkennung der österreichi­schen Staatsbürgerschaft“ (1462/A)(E)

Mag. Aygül Berivan Aslan, Mag. Andreas Schieder, Dr. Reinhold Lopatka, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ausreichende humanitäre Versorgung und Wiederher­stellung der Sicherheit in Shingal und Kobanê (1463/A)(E)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuerrichtung der „Straße der Sie­ger“ (1464/A)(E)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Alpine Ski WM 2013 in Schlad­ming: umfassende Aufklärung und Maßnahmen zur zukünftigen Verhinderung von Missständen (1465/A)(E)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 17

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend: „Gratis-Zahnspange“ entpuppt sich als „Wahlkampf-Schmäh“ oder kieferorthopädischer Kahlschlag im Bereich der Burgenländischen Gebietskrankenkas­se (6962/J)

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend: „Gratis-Zahnspange“ entpuppt sich als „Wahlkampf-Schmäh“ oder kieferorthopädischer Kahlschlag im Bereich der Kärntner Gebietskrankenkasse (6963/J)

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend: „Gratis-Zahnspange“ entpuppt sich als „Wahlkampf-Schmäh“ oder kieferorthopädischer Kahlschlag im Bereich der Niederösterreichischen Gebietskran­kenkasse (6964/J)

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend: „Gratis-Zahnspange“ entpuppt sich als „Wahlkampf-Schmäh“ oder kieferorthopädischer Kahlschlag im Bereich der Oberösterreichischen Gebietskranken­kasse (6965/J)

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend: „Gratis-Zahnspange“ entpuppt sich als „Wahlkampf-Schmäh“ oder kieferorthopädischer Kahlschlag im Bereich der Salzburger Gebietskrankenkasse (6966/J)

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend: „Gratis-Zahnspange“ entpuppt sich als „Wahlkampf-Schmäh“ oder kieferorthopädischer Kahlschlag im Bereich der Steiermärkischen Gebietskrankenkas­se (6967/J)

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend: „Gratis-Zahnspange“ entpuppt sich als „Wahlkampf-Schmäh“ oder kieferorthopädischer Kahlschlag im Bereich der Tiroler Gebietskrankenkasse (6968/J)

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend: „Gratis-Zahnspange“ entpuppt sich als „Wahlkampf-Schmäh“ oder kieferorthopädischer Kahlschlag im Bereich der Vorarlberger Gebietskrankenkasse (6969/J)

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend: „Gratis-Zahnspange“ entpuppt sich als „Wahlkampf-Schmäh“ oder kieferorthopädischer Kahlschlag im Bereich der Wiener Gebietskrankenkasse (6970/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Abteilung IP/1 im BMBF (EU-Koordination und mul­tilaterale Angelegenheiten)“ (6971/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Abteilung Präs. 2 im BMBF (Personal- und Organi­sationsentwicklung)“ (6972/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 18

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Abteilung Präs. 7 im BMBF (Bildungsentwicklung und -reform)“ (6973/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Abteilung I/4 im BMBF (Diversitäts- und Sprachen­politik, Minderheitenschulwesen, Schulpartnerschaft)“ (6974/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Abteilung I/2 im BMBF (Allgemein bildende höhere Schulen)“ (6975/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Abteilung I/1 im BMBF (Allgemein bildende Pflicht­schulen, Sonderpädagogik und Inklusion)“ (6976/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Gruppe I/B im BMBF (Qualitätsentwicklung und Unterrichtsprinzipien; Abteilungen I/5 bis I/10)“ (6977/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Gruppe I/A im BMBF (Allgemein bildende höhere Schulen; Abteilungen I/1 bis I/4)“ (6978/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Abteilung Kommunikation/Bürgerservice im BMBF“ (6979/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Abteilung IT/3 im BMBF (Bildungsmedien)“ (6980/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Abteilung II/8 im BMBF (IT-Didaktik und digitale Medien)“ (6981/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Abteilung I/7 im BMBF (Auszeichnungsangelegen­heiten, Schulen in freier Trägerschaft, Bildungsmessen, Schulärztlicher Dienst)“ (6982/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Sektion III im BMBF (,Pädagogische Hochschulen, Personalvollzug und Schulerhaltung‘)“ (6983/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Gruppe Präs. A im BMBF (Zentralstelle; Abteilun­gen Präs. 1 bis Präs. 3)“ (6984/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 19

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Gruppe II/B im BMBF (Qualitätsmanagement, stan­dardisierte Reifeprüfung und digitale Medien; Abteilungen II/6 bis II/8)“ (6985/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend vermuteten Postenschacher in einem SPÖ-geführten Ressort bei der Ausschreibung „Leitung der Gruppe II/A im BMBF (Berufsbildende Schulen, Er­wachsenenbildung; Abteilungen II/1 bis II/5)“ (6986/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Migrationsrecht, Tumortherapie und Meereskunde für illegale Zuwanderer – MORE-Programm an der Paris-Lodron-Univer­sität Salzburg (6987/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend jahrelange Vakanz des Lehrstuhls für Politische Theorie am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien (6988/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend monatelange Trinkwasserbelastung am Juridicum der Universität Wien (6989/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend hochrangige Ministerkonferenz in Brüssel (6990/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Rückführungsabkommen (6991/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Schließung von Geburtenstationen in Niederösterreich (6992/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für In­neres betreffend Schlägerei in der Asylunterkunft Steinhaus am Semmering (6993/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend seine Teilnahme am „rau­schenden Österreich-Abend“ in New York (6994/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend: mangelnde Konsumentennachfrage stellt größte Sor­ge für heimische Klein- und Mittelbetriebe dar (6995/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend VW Skandal und mögliche Auswirkungen auf österrei­chische Verbraucher (6996/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Pensionsprivilegien für TIWAG-Betriebsratschef Anton Pertl (6997/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Atommüll-Endlager für Öster­reich (6998/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit betreffend Bakterienbelastung in der Wasserversorgung des Juri­dicums Wien (6999/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Asylchaos in Spielfeld (7000/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend die Datensicherheit der sogenannten „Smart-Meter“ (7001/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 20

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend 209 000 Versuchstiere im Jahr 2014 (7002/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Kosten der Zentralmatura in Altgriechisch (7003/J)

Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Kabotagefahrten in Österreich (7004/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend Lamakadaver auf Kärntner Bergwiese (7005/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Asylchaos in Spielfeld (7006/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend: Polizei-Regeldienst kaum zu bewältigen (7007/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Schutzmasken für Einsatzkräfte (7008/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit betreffend Extra-Gesundheitskosten für illegale Zu- und Durch­wanderer (7009/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit betreffend Anmeldung bei den Gebietskrankenkassen als Mitver­sicherte (7010/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Nachhilfeleistungen durch Lehrer (7011/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Lebensmittelkrisenplan“ (7012/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Entwicklung der Vermögensbestände der Sozialversicherungsträger (7013/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Unfälle mit Dienstwägen (7014/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Unfälle mit Dienstwägen (7015/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Vorgehensweise des Bundesministeriums betreffend die tierquälerischen Jagdpraktiken des Herrn Alfons Mensdorff-Pouilly (7016/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend offene Fragen zur Roma-Strategie (7017/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Personalrochaden im Finanzministerium (7018/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Platzverbot für Gatterjagd (7019/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fa­milien und Jugend betreffend Familienlastenausgleichsfonds (7020/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 21

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend „Anspruchsberechtigung für Zuschussleistungen zu Fernsprechentgelten“ (7021/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Unterbringung von Asylwerbern in leerste­henden Immobilien der BIG (7022/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Unterbringung von Asylwerbern in leerstehenden Ka­sernen (7023/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Familiennachzug in Zahlen (7024/J)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Bedarfsorientierte Mindestsicherung (7025/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Uhudler-Rettung (7026/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend: Jugendliche brauchen Eisen (7027/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend Spätfolgen von Asbest (7028/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend die Kürzung der Förderung an den Verein „pro mente kärnten“ (7029/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Zugriff auf Daten von Steuerungsgeräten in Autos (7030/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fa­milien und Jugend betreffend Förderungen der Bundesjugendvertretung (7031/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend die Einteilung von Notärzten für ländliche Regionen (7032/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Novelle der Zivilluftfahrt-Personalverord­nung 2006 (7033/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Werbung für das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (7034/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend EU-weite Lösung der Flüchtlingskrise (7035/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend die Dschihadistengefahr im österreichischen Bun­desheer (7036/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Rechnungshofempfehlungen bzgl. der Standortentwicklung der Zentralleitung des Bundesministeriums für Finanzen und Generalsanierung des Standorts Himmel­pfortgasse 6-8; Follow-up-Überprüfung (7037/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 22

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die geplanten Mehreinnahmen aus der sogenannten Registrierkassenpflicht ab 2016 (7038/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend die Follow-up-Überprüfung bzgl. Nachhaltiger Güter­verkehr – Intermodale Vernetzung (7039/J)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Kriminalitätsentwicklung im Flüchtlings-„Hot Spot“ Salzburg (7040/J)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Kriminalitätsentwicklung im Flüchtlings-„Hot Spot“ Burgenland (7041/J)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Kriminalitätsentwicklung im Flüchtlings-„Hot Spot“ Oberösterreich (7042/J)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Kriminalitätsentwicklung im Flüchtlings-„Hot Spot“ Steiermark (7043/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Sozia­les und Konsumentenschutz betreffend geplante Wohnbauoffensive (7044/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Gewalt auf Sportplätzen (7045/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die geplanten Mehreinnahmen aus der Erhöhung des Umsatzsteuersatzes auf 13% ab 2016 (7046/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die geplanten Mehreinnahmen aus der Umsatzsteuer ab 2016 (7047/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Förderungen für den Verein „100% Sport“ (7048/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend sexuelle Übergriffe im Sport (7049/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frau­en betreffend Förderungen für den Verein „100% Sport“ (7050/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend sexuelle Übergriffe im Sport (7051/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend sexuelle Übergriffe im Sport (7052/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Übergriffe auf Polizisten, Militärpersonen, Justizwachebeamte, Sachverständige und auch Zeugen unter besonderer Berücksichtigung der vorherrschenden Asylproble­matik (7053/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die bisherigen Kosten der Transparenzdatenbank (7054/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Telefonzellen in Österreich (7055/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Anordnung von Klimaanlagen im Rahmen des Arbeitnehmerschutzes (7056/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 23

Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend Pionierboote (7057/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Anzeichen von Herzerkrankungen bei adipösen Kindern (7058/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend Militärgeneralvikariat und Reduzierung der Gene­ralsränge (7059/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend die Fortführung von Therapien im Maßnahmenvollzug (7060/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Geschützte geografische Angaben“ (7061/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend „Geschützte geografische Angaben“ (7062/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend „Geschützte geografische Angaben“ (7063/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Geschützte geografische An­gaben“ (7064/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen der Ressorts“ (7065/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend „Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen von Frau­en der Ressorts“ (7066/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Maß­nahmen zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen der Ressorts“ (7067/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen der Ressorts“ (7068/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend „Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen der Ressorts“ (7069/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend „Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen der Ressorts“ (7070/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend „Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen der Ressorts“ (7071/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend „Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen der Res­sorts“ (7072/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend „Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen der Ressorts“ (7073/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 24

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend „Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen der Ressorts“ (7074/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kul­tur, Verfassung und Medien betreffend „Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligun­gen von Frauen der Ressorts“ (7075/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Maßnahmen zum Abbau von Be­nachteiligungen von Frauen der Ressorts“ (7076/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend „Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen der Ressorts“ (7077/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend „Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen der Ressorts“ (7078/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Gewalt auf Sportplätzen (7079/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Gewalt auf Sportplätzen (7080/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die geplanten Einsparungen bei Förderungen (7081/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend offene Fragen zum Durchgriffsrecht (7082/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend offene Fragen zum Durchgriffsrecht (7083/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Breitband Austria 2020 Leerverrohrungs­programm (7084/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend die Follow-up-Überprüfung bzgl. der Finanzierung von Landesleh­rern (7085/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Einsatz von Mitteln der Breitbandmilliarde in Oberösterreich (7086/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend die Errichtung von „vorübergehenden technischen Hin­dernissen“ in den EU-Mitgliedsländern (7087/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend den Vandalismus gegen Wahlplakate (7088/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Genusstauglichkeit von Lebensmitteln (7089/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 25

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Förderasymmetrie bei internationalen Schulen (7090/J)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Lycée Français de Vienne (7091/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Kosten des Hauptverbandes der Österrei­chischen Sozialversicherungsträger und weiterer Selbstverwaltungskörper im Jahr 2014“ (7092/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend unbe­kanntes Vergabevolumen in Österreich (7093/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Islamischer Staat (IS) in Österreich“ (7094/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Querfinanzierung zwischen Unfall- und Krankenversicherung (7095/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Zahlungen der HGAA Bankengruppe an BayernLB (7096/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bankensteuer (7097/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auswanderung aufgrund von Korruption (7098/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auswirkungen der Flüchtlingskosten auf das Budget (7099/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend „Verkehrsdiensteverträge Schienenpersonenver­kehr (SPV)“ (7100/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend „Frauenanteil beim Bundesheer“ (7101/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten
Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen (6269/AB zu 6475/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten
Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen (6270/AB zu 6474/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen (6271/AB zu 6477/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (6272/AB zu 6489/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kol­leginnen und Kollegen (6273/AB zu 6483/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (6274/AB zu 6485/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kol­leginnen und Kollegen (6275/AB zu 6494/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen (6276/AB zu 6476/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 26

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (6277/AB zu 6497/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (6278/AB zu 6499/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (6279/AB zu 6479/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (6280/AB zu 6486/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (6281/AB zu 6495/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Wal­ser, Kolleginnen und Kollegen (6282/AB zu 6490/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitz­müller, Kolleginnen und Kollegen (6283/AB zu 6482/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (6284/AB zu 6478/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (6285/AB zu 6484/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kol­leginnen und Kollegen (6286/AB zu 6498/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen (6287/AB zu 6491/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen (6288/AB zu 6492/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (6289/AB zu 6480/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (6290/AB zu 6487/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (6291/AB zu 6488/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (6292/AB zu 6549/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (6293/AB zu 6481/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (6294/AB zu 6496/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (6295/AB zu 6493/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 27

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6296/AB zu 6511/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6297/AB zu 6508/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6298/AB zu 6516/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6299/AB zu 6513/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (6300/AB zu 6504/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6301/AB zu 6502/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6302/AB zu 6507/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6303/AB zu 6515/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Dar­mann, Kolleginnen und Kollegen (6304/AB zu 6500/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Dar­mann, Kolleginnen und Kollegen (6305/AB zu 6501/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Dar­mann, Kolleginnen und Kollegen (6306/AB zu 6517/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (6307/AB zu 6519/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen (6308/AB zu 6533/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6309/AB zu 6547/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6310/AB zu 6546/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6311/AB zu 6553/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 28

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6312/AB zu 6567/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6313/AB zu 6548/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (6314/AB zu 6503/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen (6315/AB zu 6543/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolle­ginnen und Kollegen (6316/AB zu 6521/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kol­leginnen und Kollegen (6317/AB zu 6558/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen (6318/AB zu 6568/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (6319/AB zu 6569/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Dar­mann, Kolleginnen und Kollegen (6320/AB zu 6579/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6321/AB zu 6573/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (6322/AB zu 6520/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (6323/AB zu 6522/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6324/AB zu 6514/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6325/AB zu 6505/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6326/AB zu 6510/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6327/AB zu 6518/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6328/AB zu 6509/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6329/AB zu 6506/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6330/AB zu 6512/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen (6331/AB zu 6540/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen (6332/AB zu 6529/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 29

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6333/AB zu 6595/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6334/AB zu 6623/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen (6335/AB zu 6618/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mar­tina Schenk, Kolleginnen und Kollegen (6336/AB zu 6534/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen (6337/AB zu 6539/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schell­horn, Kolleginnen und Kollegen (6338/AB zu 6524/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mar­tina Schenk, Kolleginnen und Kollegen (6339/AB zu 6541/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Rie­mer, Kolleginnen und Kollegen (6340/AB zu 6544/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6341/AB zu 6571/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Rie­mer, Kolleginnen und Kollegen (6342/AB zu 6555/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Rie­mer, Kolleginnen und Kollegen (6343/AB zu 6556/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Rie­mer, Kolleginnen und Kollegen (6344/AB zu 6557/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen (6345/AB zu 6532/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Rie­mer, Kolleginnen und Kollegen (6346/AB zu 6550/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühl­berghuber, Kolleginnen und Kollegen (6347/AB zu 6545/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6348/AB zu 6565/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Rie­mer, Kolleginnen und Kollegen (6349/AB zu 6575/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Bela­kowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6350/AB zu 6588/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (6351/AB zu 6601/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (6351/AB zu 6601/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (6351/AB zu 6601/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 30

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6352/AB zu 6605/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (6353/AB zu 6606/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Robert Lu­gar, Kolleginnen und Kollegen (6354/AB zu 6610/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen (6355/AB zu 6527/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Ste­fan, Kolleginnen und Kollegen (6356/AB zu 6614/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Christian Hö­bart, Kolleginnen und Kollegen (6357/AB zu 6625/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (6358/AB zu 6626/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (6359/AB zu 6627/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen (6360/AB zu 6526/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen (6361/AB zu 6580/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, MA, Kolleginnen und Kollegen (6362/AB zu 6825/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6363/AB zu 6551/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen (6364/AB zu 6536/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen (6365/AB zu 6538/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (6366/AB zu 6554/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (6367/AB zu 6528/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen (6368/AB zu 6530/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (6369/AB zu 6561/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 31

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (6370/AB zu 6562/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (6371/AB zu 6563/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (6372/AB zu 6564/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen (6373/AB zu 6535/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (6374/AB zu 6574/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6375/AB zu 6566/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen (6376/AB zu 6531/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (6377/AB zu 6572/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen (6378/AB zu 6525/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen (6379/AB zu 6542/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (6380/AB zu 6570/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (6381/AB zu 6577/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (6382/AB zu 6592/J)


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 32

09.06.08Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Doris Bures, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Prä­sident Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr ge­ehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich wünsche Ihnen allen einen schönen guten Morgen und eröffne die 104. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 100. Sitzung vom 11. und 12. November 2015 sowie der 101., 102. und 103. Sitzung vom 12. November 2015 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Wimmer, Ing. Heinz-Peter Hackl, Mag. Jarmer und Mag. Musiol.

*****

Ich gebe bekannt, dass die Sitzung heute von ORF 2 bis 13 Uhr und von ORF III in vol­ler Länge live übertragen wird.

09.07.04Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 6962/J bis 7101/J

2. Anfragebeantwortungen: 6269/AB bis 6382/AB

3. Regierungsvorlagen:

1. EU-Berufsanerkennungsgesetz Gesundheitsberufe 2016 – 1. EU-BAG-GB 2016 (881 d.B.)

Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2015) (887 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Zuweisungen auf Ersuchen des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiati­ven an andere Ausschüsse:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bürgerinitiative Nr. 72 betreffend „Keine Kürzung der AMS-Mittel für den (Erwachse­nen) AusBildungsbereich“

Familienausschuss:

Petition Nr. 46 betreffend „Ausweitung des Top-Jugendtickets auf alle unter 26 Jahre“, überreicht vom Abgeordneten Erwin Preiner


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 33

Landesverteidigungsausschuss:

Bürgerinitiative Nr. 71 betreffend den Erhalt der Militärmusiken in allen Bundesländern in voller Spielstärke

Unterrichtsausschuss:

Petition Nr. 39 betreffend „Zukunft trotz-t Herkunft – Mehr Geld für Schulen mit hohem Anteil an sozial benachteiligten Kindern“, überreicht von der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner

Bürgerinitiative Nr. 74 betreffend „Lebenskompetenz Ernährung im Schulsystem“

Verfassungsausschuss:

Petition Nr. 43 betreffend „Anpassung des Pensionssicherungsbeitrages für ÖBB Pen­sionistInnen sowie BezieherInnen von Witwen/Witwer und Waisenpensionen an das Sonderpensionsbegrenzungsgesetz“, überreicht von den Abgeordneten Walter Bacher, Johann Hell und Konrad Antoni

Bürgerinitiative Nr. 61 betreffend „die Abschaffung des Pensionssicherungsbeitrages für PensionistInnen sowie BezieherInnen von Witwen/Witwer- und Waisenpensionen“

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Menschenrechte:

Antrag 1435/A(E) der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm, Car­men Schimanek, Mag. Aygül Berivan Aslan, Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Marti­na Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauen und Kinder auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2015/16 (III-219 d.B.)

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Weiters teile ich mit, dass der Achte Bericht des Unverein­barkeitsausschusses an die Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 4 inklusive Generaldebatte sowie 5 und 6 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde so­wohl für den heutigen Tag als auch für die Budgetberatungen am Mittwoch, den 25. No­vember, jeweils eine Tagesblockredezeit von 9 Wiener Stunden vereinbart, sodass sich für jeden Sitzungstag folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 122,
FPÖ 113, Grüne 95 sowie NEOS und Stronach je 50 Minuten.

Für Donnerstag, den 26. November, wurde eine Tagesblockredezeit von 8 Wiener Stun­den vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 108,
FPÖ 100, Grüne 84 sowie NEOS und Stronach je 44 Minuten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 34

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit von jenen Abgeordne­ten, die keinem Klub angehören, im Rahmen dieses Beschlusses am heutigen Tag und am Mittwoch jeweils je 25 Minuten sowie am Donnerstag je 22 Minuten. Darüber hi­naus wird die Redezeit von Abgeordneten, die keinem Klub angehören, auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

Im Sinne der in der Präsidialkonferenz einvernehmlich abgesprochenen Vorgangswei­se werden die Budgetberatungen zu 890 und 891 der Beilagen folgendermaßen geglie­dert:

Heute:

Untergliederungen 01 bis 06 und 10,

anschließend: Untergliederung 24,

anschließend: Untergliederung 13,

anschließend: Untergliederung 12,

anschließend: Untergliederung 11.

Am Mittwoch, 25. November:

Untergliederungen 20 bis 22,

anschließend: Untergliederung 32,

anschließend: Untergliederungen 42 und 43,

anschließend: Untergliederung 25,

anschließend: Untergliederung 30.

Am Donnerstag, 26. November:

Untergliederung 31,

anschließend: Untergliederungen 33 und 40,

anschließend: Untergliederungen 34 und 41,

anschließend: Untergliederung 14,

anschließend: Untergliederungen 15, 16, 23, 44, 45, 46, 51 und 58

sowie

Text des Bundesfinanzgesetzes und restliche Teile der Anlage I einschließlich Anla­gen II bis IV.

Anschließend finden die Schlussabstimmungen statt.

Diese Gliederung ist den Abgeordneten auch schriftlich zugegangen.

Die vorgesehenen Untergliederungen werden am selben Tag jedenfalls zu Ende bera­ten, die Sitzung wird danach unterbrochen werden.

Entschließungsanträge werden bei den jeweiligen Untergliederungen eingebracht. Die Abstimmung über allfällige eingebrachte Entschließungsanträge erfolgt jeweils nach der dritten Lesung zu Tagesordnungspunkt 5 beziehungsweise Tagesordnungspunkt 6 in der Reihenfolge ihrer Einbringung.

Die Redezeitregelung für Regierungsmitglieder gemäß § 57 Abs. 8 der Geschäftsord­nung wird nicht in Anspruch genommen, sondern bei Überschreitung der 20 Minuten für jedes für die jeweiligen Beratungsgruppen ressortzuständige Regierungsmitglied be­ziehungsweise bei Überschreitung der 10 Minuten für jeden für die jeweiligen Bera­tungsgruppen ressortzuständigen Staatssekretär wird die überzogene Redezeit jeweils auf die Redezeit der entsprechenden Regierungsfraktion an


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 35

gerechnet.

Die Redezeit untergliederungsfremder Regierungsmitglieder beziehungsweise Staats­sekretäre wird jedenfalls auf die Redezeit der entsprechenden Regierungsfraktion an­gerechnet. Ausgenommen davon ist die Redezeit des Bundeskanzlers sowie des Vi­zekanzlers bei der Generaldebatte, sofern diese jeweils die Dauer von 20 Minuten nicht überschreitet.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen. Dann werden wir auch so vorgehen.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

09.13.211. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (821 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz 2013, das Bundeshaftungsober­grenzengesetz, das Unternehmensserviceportalgesetz, das Wettbewerbsgesetz, das Freiwilligengesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Arbeitslo­senversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutzgesetz, das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Suchtmittelgesetz ge­ändert werden sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszu­schusses an das Bundesland Salzburg aus Anlass der 200-jährigen Zugehörig­keit zu Österreich erlassen wird (Budgetbegleitgesetz 2016) (882 d.B.)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird (883 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (846 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt wird (884 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2014 (III-199 d.B.) sowie über den

Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2014 (Voranschlagsvergleichsrech­nung Stand 31. März 2015) (III-162 d.B.) (885 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 4 umfasst auch die Generaldebatte.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Strache. – Bitte.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 36

 


9.13.52

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Da­men und Herren im Plenum und vor den Fernsehschirmen! Es ist ja immer wieder ein ähnliches oder gleiches Prozedere: Man erwartet mit Spannung die Budgetrede des Finanzministers und erhofft, dass es dort auch ein entsprechendes Umdenken gibt und grundlegende Reformen endlich angedacht und umgesetzt werden. Dann gibt es im­mer wieder ein bitteres Erwachen, wenn man die nackten Zahlen, auch dieses Bud­gets, bewertet.

So wird der Schuldenweg wieder einmal konsequent fortgesetzt, und das auf Kosten letztlich auch der Gesellschaft, auf Kosten unserer Kinder und Kindeskinder. Und das ist schade, denn wieder einmal ist das Budget letztlich ambitionslos. Wir haben einen Ergebnishaushalt, wo am Ende 9,8 Milliarden € neue Schulden gemacht werden, und das ist eben nicht verantwortungsvoll. (Beifall bei der FPÖ.)

Und ich sage, wenn es um echte Zukunftsperspektiven geht und letztlich auch darum, dass man wirklich ein Umdenken sicherstellen sollte, dann ist man bei diesem Budget wieder fehl am Platz. Und das ist ein Versagen der Bundesregierung. Dies stellt leider Gottes wieder keinen Schritt in Richtung einer nachhaltigen Budgetsanierung dar, son­dern ist eben die Fortsetzung des bisherigen Weges, eines Reformstaus, auch einer regelrechten Reformverweigerung, die sich eben hier auch in diesem Budget vonseiten der Regierung wieder fortsetzt. Und das ist traurig, aber nicht wirklich überraschend. „Verwalten statt gestalten“ ist ja schon seit längerer Zeit das Motto auch dieser Regie­rung. Und das Problem ist, dass Sie nicht einmal wirklich gut verwalten können.

Wie sehr diese Regierung dahindilettiert, sieht man anhand der Steuerreform. Die oh­nehin minimalen Entlastungen, die auf der einen oder anderen Seite sozusagen vorge­nommen worden sind, werden von der kalten Progression und den unverschämten Gebühren- und Steuererhöhungen auf der anderen Seite wieder aufgefressen. Das ist keine nachhaltige Steuerersparnis oder Steuersenkung für die Bürger, wie wir sie bräuchten. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch die Gegenfinanzierung ist äußerst dubios, wie zum Beispiel aus der Betrugsbe­kämpfung. Da sollen 1,9 Milliarden € lukriert werden. Das weiß wahrscheinlich nicht einmal der Finanzminister, wie das gelingen soll. Man kann durchaus festhalten, dass die Österreicher im internationalen Vergleich sehr steuerehrlich sind.

Die Registrierkassenpflicht wiederum bringt realistisch gesehen vielleicht eine halbe Milliarde Euro, wenn überhaupt, und damit auch nur einen sehr kleinen Teil der Gegen­finanzierung. Gerade für kleinere Unternehmen sind diese Anschaffung und diese Ver­pflichtung der Registrierkasse etwas sehr Unangenehmes, nämlich eine große Belas­tung. Und viele Unternehmen klagen natürlich auch über diese Belastung. In unseren Augen ist sie nicht zweckdienlich. (Beifall bei der FPÖ.)

Und welche konkreten ausgabenseitigen Maßnahmen es außerdem geben soll, um die geplanten 1,1 Milliarden € bei der Verwaltungs- und Förderungseinsparung zu erzielen, das sei dahingestellt. Wir warten mit großer Spannung darauf.

Man könnte viele Beispiele bringen. Ich sage, ein wesentlicher Teil, der ohnehin jede sinnvolle Budgetplanung zum Scheitern verurteilt, ist auch der fahrlässige, ja geradezu gefährliche Umgang der Regierung mit der aktuellen Entwicklung der modernen Völ­kerwanderung, die immer so salopp in einer Gesamtüberschrift als Flüchtlingswelle ti­tuliert wird.

Wir haben es mit einer modernen Völkerwanderung zu tun, wo auf der einen Seite die Europäische Union seit Monaten ihr völliges Scheitern und Versagen belegt und be­weist, und auf der anderen Seite der österreichische Staat und diese Regierung nicht bereit sind, dieses Scheitern zu kompensieren, indem man wenigstens die eigenen staatlichen Grenzen sichert und schützt, und zwar mit entsprechenden Kontrollen, auch mit entsprechenden Registrierungen und den entsprechenden gesetzlichen Vorgaben des Fremdenpolizeigesetzes. Nichts dergleichen geschieht!


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Über 500 000 Menschen sind, wenn man so will, gesetzeswidrig oder illegal nach Ös­terreich eingewandert, weil es keine Kontrollen gegeben hat, auch keine Registrie­rungen gibt. Wir wissen auch nicht, wie viele Menschen weitergereist und wie viele hier geblieben sind, weil ja die Zahl der hier Bleibenden immer nur daran gemessen wird, wer einen Asylantrag gestellt hat. Dass aber viele hier leben, die noch keinen Antrag gestellt haben, wird geflissentlich verschwiegen. Dass viele wahrscheinlich auch in die Illegalität abgetaucht sind, wird auch verschwiegen. Wir haben es mit einem sicher­heitspolitischen Problem zu tun, das seit Monaten immer wieder evident ist, wo von un­serer Seite auch darauf hingewiesen wurde, aber es bis heute keine Änderung gibt, die in die Richtung geht, diese ungeheuerliche Situation an den Grenzen Österreichs end­lich abzustellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage, wir haben eine Bundesregierung, die in völlig unverantwortlicher Weise die Grenzen vollständig geöffnet und damit auch einen Teil der hoheitlichen Befugnisse der Republik aufgegeben hat. Und es ist völlig unklar, und ich betone es noch einmal, wie viele Personen hereingelassen worden sind, und ob die Personen, die man herein­gelassen hat, auch wirklich Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention sind oder nicht. Denn ohne Kontrollen und Registrierung kann man diesen Unterschied nicht erkennen und diese Differenzierung gar nicht treffen. Es ist daher unredlich, zu sagen, es handelt sich ausschließlich um Schutzbedürftige, wenn man so vorgeht, wie Sie vorgegangen sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist daher unverantwortlich, vor allen Dingen gegenüber der eigenen Bevölkerung – da es darum geht, dass Sie dieser natürlich verantwortlich sind. Wenn man sich die Ge­samtentwicklung ansieht, kommen natürlich auch massive weitere Probleme auf uns zu – nicht nur sicherheitspolitische Probleme, sondern natürlich auch Kostenprobleme, Integrationsprobleme, die nicht einmal ansatzweise durchgedacht sind.

Wir erleben ja in den letzten Jahrzehnten massive Integrationsprobleme. Wie man an­gesichts dieser modernen Völkerwanderung, der illegalen Massenimmigration, die jetzt dank Ihrer Verantwortung zuhauf stattfindet, eine Integration sicherstellen will, das sei dahingestellt. Aber all das bedeutet eklatante Mehrkosten im Bereich der Grundversor­gung, der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, der Arbeitsmarktförderungsmaßnah­men – bei einer Rekordarbeitslosigkeit, die wir haben, und wo wir gar nicht wissen, wo­hin mit den Menschen in Zukunft, wenn es darum geht, sie in einen Arbeitsprozess zu integrieren –, bei der Abwicklung der Asylverfahren, dem Assistenzeinsatz des Bun­desheeres, der Betreuung der Transitflüchtlinge, ja, auch beim Unterricht an den Schulen.

Das sind viele, viele Faktoren, und es haben sogar interne Berechnungen des Finanz­ministeriums das Licht der Öffentlichkeit erblickt, dass man in den kommenden vier Jahren mit ungefähr 12,4 Milliarden € an zusätzlichen Kosten zu rechnen hat. Man hat das dann im Zuge des Wiener Wahlkampfes dementiert und natürlich abgestritten, aber natürlich ist auch mit einer sehr, sehr hohen Belastung zu rechnen. Wenn nicht endlich in all den Bereichen gegengesteuert wird, steht Österreich im wahrsten Sinne des Wor­tes vor einem Desaster – anders kann man das nicht ausdrücken.

Ich sage und wir sagen das jedes Jahr (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mitter­lehner): keine Reformen in Sicht, kein Umdenken in Sicht, der Schuldenberg wird wei­ter angehäuft – um über 66 Milliarden € seit dem Jahr 2006 auf derzeit 285,8 Milliar­den € oder 87 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung pro Jahr. Anders ausgedrückt: Jeder Österreicher, vom Baby bis zum Greis, ist mit stolzen 30 820 € verschuldet. Auf die Erwerbstätigen umgerechnet liegt die Verschuldung pro Kopf bei unglaublichen 68 525 €, und allein 8,3 Milliarden € mühsam erarbeitetes Steuergeld muss jährlich nur an Zinsen bezahlt werden und fällt natürlich für den Bau von Schulen, Spitälern und die Unterstützung von Mindestrentnern weg – und nicht zuletzt für eine wirksame Steuer­reform, die diesen Namen auch wirklich verdient, die notwendig wäre, damit endlich


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nachhaltige Entlastung auch bei den Leistungsträgern ankommt und sich die Wirtschaft entsprechend entwickeln kann, auch die Unternehmen wieder wettbewerbsfähig wer­den.

Was Österreich braucht, ist ein über den Konjunkturzyklus ausgeglichenes Budget, ein Ziel, das unter Rot-Schwarz leider Gottes nie in Angriff genommen wurde und auch in weite Ferne gerückt ist. Wir wollen für die nachfolgenden Generationen eben auch si­cherstellen, dass sie nicht mit weiteren Schulden belastet werden, denn Sie werden ir­gendwann einmal in Pension sein, aber andere Generationen werden das, was Sie hin­terlassen haben, auszubaden haben. Das ist nicht die Verantwortung, die wir uns wün­schen und vorstellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage, Sinn und Zweck des Staates ist es und sollte es sein, den Bürgern unter der Perspektive der Nachhaltigkeit optimale Lebensbedingungen zu ermöglichen. (Ruf bei der ÖVP: … Rede!) Auch die kalte Progression hat entschieden bekämpft zu werden –auch das ist nicht der Fall –, denn sie sorgt dafür, dass viele Arbeitnehmer und Pen­sionisten automatisch in höhere Steuerklassen rutschen und dadurch immer höhere Steuern zahlen, ohne real mehr zu verdienen. (Zwischenruf des Abg. Kirchgatterer.) Die Enteignung durch die kalte Progression muss eben durch eine umfassende, an die Inflation gekoppelte Tarifreform beendet werden. All das fordern wir seit Jahren, und das sind Sie auch jetzt wieder schuldig geblieben. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Staat muss endlich mit weniger Geld auskommen, die Steuer- und Abgabenquote muss von der Höchstabgabenquote von 45,2 Prozent auf unter 39 Prozent sinken!

Wir sind heute Einnahmenkaiser, aber gleichzeitig auch Ausgabenkaiser. Das heißt, der Staat versagt hier. Da ist das Umdenken einfach notwendig! Wir haben eben kein Einnahmenproblem, sondern das Ausgabenproblem, das seit Jahren evident ist und auf das wir immer wieder hinweisen. Allein 2014 wurden 20,8 Milliarden € an Förder­geldern ausgeschüttet. Auch das sind 12 Prozent der Staatsausgaben, wo man sagen muss: Da sind wir Europameister! Da ist ein Riesenpotenzial da, mit dem man verant­wortungsvoller umgehen müsste.

Was es auch unbedingt braucht, ist eine Schlankheitskur für das Steuersystem, das heißt: einfachere Gesetze und Streichung von Bagatellsteuern und Abgaben, Neukodi­fizierung des Steuerrechts, und das Steuerrecht muss einfacher und gerechter werden. In all den Bereichen ist Handlungsbedarf gegeben, es ist nur immer wieder so, dass wir seit Jahren erleben müssen, dass wir auf diese Fehlentwicklungen aufmerksam ma­chen, dass auch immer wieder da oder dort, wenn es um Verwaltungsreformen geht, selbstverständlich auch der Herr Rechnungshofpräsident Dr. Moser – der heute anwe­send ist – darauf hinweist, dass dort nachhaltige Reformen notwendig wären, die kom­men aber dann leider Gottes nicht und man wurschtelt weiter wie bisher.

Es ist schade und traurig, dass dem so ist, und es ist leider Gottes auch traurig, sich hier immer wiederholen zu müssen – aber ich habe die Hoffnung auch aufgegeben. (Vizekanzler Mitterlehner: Ja …!) Wir haben es mit einer Regierung zu tun, die weder lernfähig ist noch Selbstreflektion lebt, sondern einfach immer wieder dem gleichen Fa­den folgt.

Es ist schade, ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass Sie selbst Ihrem Weg noch irgendein Vertrauen oder einen Glauben schenken. Die Bevölkerung ist jedenfalls zu Recht enttäuscht, wenn man merkt, dass eine Regierung in der Art und Weise weitertut und eben nicht lernfähig ist. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

9.26


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Klubobmann Mag. Schieder. – Bitte.

 



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9.26.50

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Die Ple­nartage bis übermorgen stehen im Zeichen des Budgets 2016, und der Budgetbe­schluss, genauso wie auch die Budgetdiskussionen sind natürlich welche, die in beson­ders schwierigen Zeiten hier passieren.

Es ist nicht nur die internationale Sicherheitslage, es bilden auch die Folgen der Fi­nanz- und Wirtschaftskrise – die ja noch immer nicht, weder in Europa noch in der OECD-Welt, verdaut worden sind – die Rahmenbedingungen, die die Herausforderun­gen keine kleinen machen. Trotzdem ist es gelungen, einiges an notwendigen Refor­men in diesem Land weiterzubringen, sehr oft auch, obwohl viele Kommentatoren ge­funden haben, es würde nichts werden. Ich möchte nur die Steuerreform erwähnen, die – auch anerkannt von Österreichs Wirtschaftsforschern – auch einen wichtigen Kon­junkturimpuls liefert, einen Wachstumsimpuls liefert und auch Wachstumsimpulse, die zusätzlich noch durch Investitionen verstärkt werden.

Gleichzeitig ist es aber im Entwurf auch gelungen, wiederum die Verschuldung des Staatshaushaltes zu reduzieren, das heißt den Konsolidierungskurs, den Kurs eines sta­bilen Budgets und Staatshaushaltes fortzusetzen.

Wenn wir uns nur die Steuerreform anschauen, die ja auch für die Konsolidierung ei­nen wichtigen Punkt darstellt, da nur durch Wachstum letztlich Budgetsanierung gelin­gen kann, dann ist eine Entlastung von 5 Milliarden € im Verhältnis zu einem BIP von über 300 Milliarden € eine sehr große und spürbare Entlastung. Sie kommt 6,4 Millio­nen Menschen zugute und wird ab 1. Jänner 2016 direkt in den Geldbörsen der Öster­reicherinnen und Österreicher positiv zu spüren sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Auch der Verteilungseffekt ist ein richtiger, denn 91 Prozent des Entlastungsvolumens fließen in jene Einkommensgruppen, die unter 4 500 € verdienen, das heißt in die Kleinst-, Klein- und Mittelverdiener dieses Landes. Es ist sogar erstmalig gelungen, dass jene kleinen Pensionistinnen und Pensionisten mit einer so geringen Pension, dass sie unter 11 000 € pro Jahr liegen, auch in den Genuss der sogenannten Nega­tivsteuer in Zukunft kommen, diese beziehen können.

Die Gegenfinanzierung ist meiner Meinung nach nicht nur eine gelungene und seriöse, sondern auch eine wichtige: Betrugsbekämpfung, Erhöhung der Kaufkraft, Konjunktur­effekte, vermögensbezogene Einnahmen und sinnvolle Verwaltungseinsparungen ma­chen aus diesem Steuerreformkonzept ein gutes Paket.

Dank der Steuerreform, aber auch der generellen Konjunkturimpulse, die im Budget drinnen sind, wird auch das Wachstum wieder ansteigen. Das Wirtschaftsforschungs­institut sagt für heuer 0,7 Prozent Wachstum, für nächstes Jahr das Doppelte, nämlich 1,4 Prozent BIP-Wachstum, voraus – was noch immer ein zartes Pflänzchen ist, aber es zeigt sich, dass der Kurs stimmt, denn die Wachstumskurve zeigt nach oben.

Dafür sind auch die Wachstumsimpulse verantwortlich, die durch Investitionen gesetzt werden: 300 Millionen € für den Breitbandausbau, 200 Millionen € für Wirtschaftsförde­rung im Bereich Forschungsprämie, KMU-Unterstützung, 50 Millionen € für den geför­derten Wohnbau und auch ein großes Arbeitsmarktpaket, denn der Arbeitsmarkt ist das Sorgenkind dieser wirtschaftlichen Entwicklung. Daher ist es vonseiten einer ver­antwortungsvollen Politik auch notwendig, zu versuchen, am Arbeitsmarkt mit finanziel­len Mitteln gegenzusteuern. In Summe sind es 300 Millionen € für 2016, die für aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen. Das sind 50 Millionen mehr als noch im Vor­jahr, also im heurigen Jahr, und ab 2017 werden es sogar dauerhaft 350 Millionen € sein.


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Das sind Zahlen und Mittel, die am Schluss 12 000 bis 16 000 Beschäftigte zusätzlich bedeuten. Auch die Senkung der Lohnnebenkosten für die Unternehmer, die stufen­weise Senkung um 1 Milliarde € bis 2018 wird natürlich einen Konjunktur- und Beschäf­tigungsimpuls geben.

Vielleicht schauen wir uns noch die im Budget vorhandenen Investitionen in Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt an: fast 4 Milliarden € für den Ausbau von Eisenbahn und Straßeninfrastruktur, 1 Milliarde € bis 2020 für die Breitbandinfrastruktur, davon die 300 schon erwähnten 2016, der Hochwasserschutz, der von 19 auf 32 Millionen € erhöht wird. Das sind alles ganz wichtige Wachstumsimpulse.

Es ist aber auch so, dass das Budget der geänderten internationalen und nationalen Sicherheitslage Rechnung trägt. Es sind die Mittel auch für das erhöhte Aufkommen in der Grundversorgung für Asylwerber vorgesehen, und es ist auch vorgesehen, dass der Auslandskatastrophenfonds aufgestockt wird, also es werden auch die Kürzungen, die wir in den letzten Jahren im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit hatten, wie­der zurückgenommen. Österreich leistet auch mit Geld seinen internationalen Beitrag für Sicherheit und Stabilität. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das heißt, in Summe, sehr geehrte Damen und Herren, glaube ich, ist es ein Budget, das unter den strengen und schwierigen Rahmenbedingungen trotzdem das macht, was notwendig ist, nämlich in Beschäftigung, in Infrastruktur und in Wachstum zu inves­tieren. Daher, glaube ich, zeigt sich auch, dass Österreichs Budgetkurs, der auf soziale Gerechtigkeit und gerechte Konsolidierung achtet, ein guter ist. (Beifall bei der SPÖ so­wie bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.33


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet: Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


9.33.09

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Einen schö­nen guten Morgen, meine geschätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Abgeordnete, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt, denke ich, einige Wochen in den Ausschüssen als grüner Klub unser Bestes gegeben. Die Abgeordneten des grü­nen Klubs haben Vorschläge gemacht, bedauerlicherweise sind die zentralen Kritik­punkte, die wir vorgebracht haben, und auch die Vorschläge, die wir in einigen Berei­chen gemacht haben, aber nicht übernommen worden. Ich möchte das heute noch ein­mal zusammenfassen und Sie noch einmal ernsthaft bitten, darüber nachzudenken, in diesen Bereichen noch Nachbesserungen vorzunehmen.

Zur großen und wichtigen Frage der Bildungspolitik, der Bildungsreform haben wir jetzt am 17. zwar ein Konzept von der Bundesregierung vorgelegt bekommen, aber budge­tär ist die wahnsinnige Lücke von 340 Millionen € nach wie vor offen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie tatsächlich in ein Budgetjahr gehen wollen, wo die Sicherheit der Finanzierung des Bildungsbereiches in einem dermaßen großen Ausmaß unsicher ist. Ich appelliere an Sie noch einmal eindringlichst, jetzt in den nächsten Tagen dieses Loch nicht einfach so stehen zu lassen! Das bedeutet nicht nur für die Lehrerinnen und Lehrer eine massive Verunsicherung, sondern vor allem auch für die Schülerinnen und Schüler, die nicht sicher sein können, ob die Qualität, die ohnehin jetzt im Moment noch nicht ausreichend ist, auch gehalten werden kann. In diesem Sinne: Die Lücke im Bildungsbudget muss bis zur Beschlussfassung am Donnerstag geschlossen werden! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Strolz.)

Der zweite Bereich, der, glaube ich, auch nicht nachvollziehbar sein kann und auch so nicht bleiben darf, ist folgender: Wir stehen jetzt vor dem Beginn einer sehr großen UN-Konferenz in Paris, die Vereinten Nationen bemühen sich mittlerweile seit sehr vielen


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Jahren um einen Prozess, um einen Weltklimavertrag zustande zu bringen. Mittlerweile können wir etwas positiver gestimmt sein, die Zeichen sind gut. Von den 196 teilneh­menden Staaten haben bereits vier Fünftel der Staaten Klimaschutzziele eingemeldet; das heißt, die Chancen stehen sehr, sehr gut.

Allerdings, was passiert gleichzeitig im österreichischen Budget, was haben Sie hier vor­gelegt? – Sie haben die wichtigsten Klimaschutzinstrumente der österreichischen Kli­maschutzpolitik de facto drastisch zusammengekürzt – und das ist nicht nur klimapoli­tisch eine Schande (Abg. Kogler: Schande!), sondern es ist auch arbeitsmarktpolitisch sehr verheerend. Sie kürzen mit diesen Instrumenten in den nächsten Jahren eine hal­be Milliarde Euro Investitionen, das bedeutet 8 000 Arbeitsplätze. Das kann nicht Ihr Ernst sein, angesichts dieser Arbeitsmarktsituation tatsächlich österreichische Investi­tionen zu behindern.

Da geht es vorwiegend um Instrumente, wo eine Kofinanzierung durch Unternehmen, durch Private, durch Firmen, durch Häuslbauer passiert, und diese werden de facto durch die Kürzungen verunmöglicht. Der Sanierungsscheck für thermische Sanierung – auf den waren Sie sehr stolz, den haben Sie auch als Wachstumsinstrument geprie­sen – wird de facto halbiert. Die Umweltförderung für Betriebe wird ausgeräumt, und der Klima- und Energiefonds, wo Tausende Gemeinden, Bürgermeisterinnen und Bür­germeister, tatsächlich Klimaschutz vor Ort machen, der wird auch ausgeräumt.

Ich frage mich: Wie unvernünftig kann man sein? – das in diesen Zeiten, nicht nur wachs­tumspolitisch, arbeitsmarktpolitisch, sondern auch eine Woche vor der entscheidenden Klimakonferenz. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Ich glaube, auch Sie, Herr Finanzmi­nister, haben Interesse daran, dass man in diesem sehr schwierigen Prozess, wo es um Vertrauen gegenüber Industrieländern geht, ein Zeichen von Österreich setzt, dass man zu einem Abschluss kommt. Ich bitte auch da um ernsthaftes Nachdenken und Nachbesserungen! (Beifall bei den Grünen.)

Der dritte Bereich – ich weiß nicht, wie oft wir es noch sagen müssen –, alle reden von folgender Frage: Wie geht man jetzt mit den Flüchtlingen um? Wie schafft man das? Was ist eine menschenwürdige Versorgungen an der Grenze? Was ist eine menschen­würdige Unterbringung? Wie geht man mit der Herausforderung europäisch um? (Ruf bei der ÖVP: Seehofer …!) Und alle reden auch davon, dass man internationale Orga­nisationen, die sich vor Ort um die Aufnahme, die Versorgung, um die Ernährung von Flüchtlingen kümmern, unterstützen muss.

Was passiert gleichzeitig im österreichischen Budget? – Es ist wirklich absurd, dass genau die Beiträge für das UNHCR, also für das Flüchtlingshilfswerk der UNO, aber auch für das Kinderhilfswerk gekürzt werden – die nachweislich schon im letzten Jahr Hilferufe an die Staatengemeinschaft geschickt habe, wir können keine Hilfspakete mehr ausliefern, wir können an Hunderttausende Kinder keine Hilfspakete mehr ausliefern. Und was passiert im österreichischen Budget? – Genau in dem Bereich wird weiter ge­kürzt. Das kann es ja wohl nicht sein, Herr Finanzminister! Ich meine, so viel Verant­wortung können wir uns hier geben, und ich bitte, da noch nachzubessern! Wir werden dazu auch noch Anträge einbringen und das noch eindringlich und ausführlich begrün­den.

Ebenso das Welternährungsprogramm der UNO: Ich wiederhole mich, aber es kann nicht sein, dass tatsächlich in Kauf genommen wird, dass 1,7 Millionen Syrerinnen und Syrer in den Flüchtlingslagern rund um die Krisenherde de facto keine Zuschüsse für Ernährung mehr erhalten können und Österreich sich an dieser Frage nicht beteiligt. Das kann nicht sein!

Wir haben hier in den Ausschüssen auch vom Außenminister keine Antwort bekom­men, was mit diesem World Food Programme tatsächlich passiert und wo die österrei-


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chischen Beiträge versteckt sind. Unser Eindruck ist, es gibt keine Beiträge – und das kann nicht sein, und ich bitte auch hier noch einmal um Nachbesserung! (Beifall bei den Grünen.)

In einem Bereich hat es eine Veränderung gegeben, und auf die möchte ich noch ein­gehen. Es geht um die Frage der Entlastung des Faktors Arbeit, und das ist an und für sich ein gutes Ansinnen, das unterstützen wir auch. Es geht um die Senkung der Dienst­geberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds. Das kann man durchaus diskutie­ren. Es geht um eine Größenordnung – da wollen Sie die Wirtschaft offensichtlich ent­lasten – bis zu 1 Milliarde € bis ins Jahr 2018.

Das ist an und für sich gut, was nicht gut ist, ist, dass es vermutlich zulasten der Fami­lien gehen wird. Es gibt keine Gegenfinanzierung. Sie kennen den Zustand des Fami­lienlastenausgleichsfonds, er ist chronisch überschuldet, schon seit Längerem. Die Fa­milienministerin konnte uns keine finanzielle Entwicklung über die nächsten Jahre dar­stellen. Ich frage Sie: Können Sie wirklich Leistungssicherheit für die österreichischen Familien hier und heute garantieren, wenn bis 2018 tatsächlich 1 Milliarde zusätzlich aus dem FLAF herausgenommen wird? (Abg. Rädler: Das stimmt ja nicht! – Vizekanz­ler Mitterlehner: Die Leistungen stehen im Gesetz! – Rufe bei der ÖVP: Wird weniger pro Jahr!)

Geld vermehrt sich einfach nicht von selbst. Das ist ein Naturgesetz. Der FLAF ist kein Bankomat, der FLAF ist ein Fonds. Da gibt es bestimmte Mittel, die drinnen sind, aber hier sukzessive runterzugehen mit den Beiträgen, mit der Speisung hinunterzugehen und auf der anderen Seite keine Gegenfinanzierung bereitzustellen, sich überhaupt nicht zu überlegen (Zwischenruf des Abg. Rädler), wie man das für die Zukunft absi­chert, das ist extrem verantwortungslos gegenüber den österreichischen Familien. (Bei­fall bei den Grünen. – Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mitterlehner.)

Sie haben das jetzt als Abänderungsantrag auch sehr überfallsartig eingebracht. Die Änderungen sollen erst ab 2017 greifen. Ich frage mich, warum wir das nicht auf se­riösere Art und Weise diskutieren. Überlegen wir uns wirklich eine Neuaufstellung des Familienlastenausgleichfonds, überlegen wir uns, ob man das nicht gleich im Rahmen einer Steuerstrukturreform machen könnte! Es gibt nämlich auf der anderen Seite auch noch die Möglichkeit, ob das der vermögensbezogene Bereich ist oder der umweltbe­zogene Bereich, das im Rahmen einer Gesamtreform neu aufzustellen.

Was da dagegen spricht, weiß ich nicht. Warum muss man das jetzt überfallsartig über Abänderungsantrag im Ausschuss ohne Begutachtung …? (Vizekanzler Mitterlehner: Das war 30 Jahre lang vorbereitet!) – Sie haben das 30 Jahre lang vorbereitet? (Vize­kanzler Mitterlehner: Ja, gefordert, ja!) Sie haben es 30 Jahre lang gefordert, das stimmt schon, aber gute Vorbereitung schaut anders aus, als einfach 1 Milliarde € mehr auf Pump sozusagen … (Abg. Fekter: Sie können nur alles schlechtreden! Haben Sie schon etwas Positives gesagt?) – Nein, nein, nein! Ich habe gesagt, das Ansinnen ist absolut gut, ich bin sehr dafür, im Rahmen einer vernünftigen, intelligenten Steuerre­form auch die Beiträge für die Dienstgeber zu senken. Im Gegenteil, wir haben das schon seit 99 im Konzept „Anders steuern: die ökosoziale Steuerreform der Grünen“ (Beifall bei den Grünen), haben das ausgerechnet und seither Dutzende Male mit Ihnen disku­tiert. Aber einfach 1 Milliarde € auszuräumen auf Kosten der Familien ist wirklich ver­antwortungslos! (Beifall bei den Grünen.)

9.41


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Lopatka. – Bitte.

 


9.41.21

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Präsident des


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Rechnungshofes! Die heurige dreitägige Budgetdebatte wird natürlich überschattet von der Flüchtlingswelle und den Terroranschlägen. Spätestens seit dem 13. November wis­sen wir, dass diese vermeintlich heile Welt, in der sich die Europäische Union gewähnt hat, in Wirklichkeit nicht existiert. Ja, wir brauchen mehr Geld für Sicherheit und wir werden mehr Geld für Sicherheit im nächsten Jahr ausgeben! Und wir brauchen auch mehr Geld für Flüchtlinge hier im Inland und vor allem, Kollegin Glawischnig, auch für Flüchtlinge in den Krisenregionen. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch eines darf ich Ihnen sehr deutlich sagen, weil wir nicht unnötig verunsichern soll­ten: Im Jahr 2016 werden die Familienleistungen erhöht. Es wird die Familienbeihilfe nicht gekürzt, sie wird um 1,9 Prozent erhöht und 2018 nochmals um 1,9 Prozent er­höht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Und weiterexportiert!) Österreich ist bei den Familienleistungen mit mehr als 8 Milliarden europaweit an der Spitze! Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis, Kollegin Glawischnig: Wir sind europaweit an der Spitze, wenn es um Leistungen für unsere Familien geht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kitzmüller: Das ist ja nicht wahr! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen.)

Mit diesem Budget, das Finanzminister Schelling vorgelegt hat, gehen wir insgesamt in eine richtige Richtung – einem Budget, das unter besonderen Umständen erstellt wor­den ist. Einerseits – Kollege Schieder hat es angesprochen – wird zwar die Konjunktur anspringen, es ist aber trotzdem eine schleppende Konjunktur. Andererseits gibt es zu­sätzliche Ausgaben, die im Budget berücksichtigt sind; es sind mehr als 700 Millionen allein im Bereich der Flüchtlinge. Und auf der Einnahmenseite gibt es – natürlich be­wusst – ein großes Minus. Warum ein großes Minus? – Weil diese Steuerreform, diese Entlastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler direkt auf das Budget durchschlägt. Und diese Steuerreform hat ein großes Volumen: ein Volumen von 5 Milliarden €.

Unter diesen Voraussetzungen die gesteckten Ziele, die wir auch nach Brüssel gemel­det haben, 2016 zu erreichen, das ist eine Leistung, die auch Sie anerkennen sollten!

Meine Damen und Herren, es ist aber keine Zeit, dass wir uns ausruhen könnten. Wir müssen natürlich, um das, was wir budgetiert haben, zu erreichen, auch die Bereitschaft zu Reformen haben! Wir müssen diese Reformen angehen, denn wir haben nach wie vor einen Stand bei der Staatsverschuldung, den wir herunterbringen müssen: 85 Pro­zent sind zu hoch! Aber es ist uns immerhin gelungen, erstmals seit 2013 diese Staats­schuldenquote abzusenken. Und wir schaffen es mit diesem Budget auch, zum dritten Mal ein strukturelles Nulldefizit zu erreichen, wir sind europaweit nach wie vor, wenn ich mir die EU-28 ansehe, im Spitzenfeld mit dabei.

Wir haben kein Einnahmenproblem. Wir haben auch im Jahr 2015 das, was wir an Ein­nahmen budgetiert haben, erreicht. Ja, wir werden am Ende des Jahres sogar etwas besser sein. Und es wird auch 2016 so sein. 72 Milliarden €, 72 000 Millionen € kom­men in die Staatskasse. (Abg. Strache: Und 82 000 gehen wieder raus!) Allerdings ha­ben wir auf der Ausgabenseite mit 77 Milliarden ein Loch, und da müssen wir alles tun, um bei den großen Kostentreibern anzusetzen.

Zu den großen Kostentreibern gehören natürlich die Pensionsausgaben. Im Jahre 2000 hatten wir hier insgesamt Ausgaben aus dem Budget von 10 Milliarden €, jetzt haben wir hier Ausgaben von mehr als 20 Milliarden €, also eine Verdoppelung. Tun wir hier nichts, haben wir bis 2019 nochmals eine Steigerung um 4,5 Milliarden €. Da sind wir gefordert, etwas zu tun. – Kein Eingriff in bestehende Pensionen, überhaupt nicht! Aber wir haben alles zu tun, dass die Pensionen auch für nächste Generationen gesichert sind. Je früher wir damit beginnen, umso erfolgreicher werden wir hier auch unterwegs sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, diese Steuerreform – das möchte ich schon sagen, weil die Oppositionsredner das jetzt kleingeredet haben –, die bringt jedem Einzelnen etwas. (Abg. Kassegger: Den Unternehmern nicht wirklich!) Ich nenne Ihnen nur drei Bei-


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spiele: Ein berufstätiges Ehepaar, der Mann verdient 3 500 €, die Frau 1 700 €, be­kommt 2016, nur durch die Steuerreform, 2 331 € zusätzlich. Eine Unternehmerin, die es schafft, 50 000 € an Jahreseinkommen zu erwirtschaften, hat durch die Steuerre­form 1 633 € zusätzlich zur Verfügung. Auch ein Pensionist, der eine schöne Pension von 1 800 € hat, bekommt 842 € zusätzlich.

Meine Damen und Herren, das ist etwas! Das sollten auch die Oppositionsparteien so sehen! (Beifall bei der ÖVP.)

Und dass diese Steuerreform auch einen Impuls bringt für Wachstum – das Wifo hat errechnet: 20 000 zusätzliche Arbeitsplätze (Abg. Kogler: Geh, bitte!) –, hilft uns auch in dem Bereich, der von Klubobmann Strache angesprochen worden ist, der auch für uns Thema Nummer eins ist: bei der Schaffung von Arbeitsplätzen, und das gelingt uns nur durch Wirtschaftswachstum. Auch dazu leistet diese Steuerreform einen großen Beitrag.

Letzter Punkt, den ich ansprechen möchte: Zuletzt hat Vizekanzler und Wirtschaftsmi­nister Reinhold Mitterlehner diese Lohnnebenkostensenkung für die Unternehmer durch­gesetzt, die bis zu 1 Milliarde € im Jahr ausmacht. Auch das ist etwas, was man in die­ser Situation sehen muss. Es war nicht einfach, aber es ist durchgesetzt worden. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Daher, meine Damen und Herren: Diese Bundesregierung mit Finanzminister Schelling ist auf einem guten Weg, das Budget 2016 leistet dazu einen guten Beitrag. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

9.48


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Klubobmann Dr. Strolz. – Bitte. (Abg. Kogler: Das Gute an der Rede war, dass sie so kurz war! – Abg. Rädler: Das war die beste Rede!)

 


9.48.29

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Re­gierungsmitglieder! Herr Rechnungshofpräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lie­be Bürgerinnen und Bürger! Wir verhandeln das Budget 2016, und hier gilt es, einige Fragen zu stellen: Glaubt wirklich jemand ernsthaft von den 183 Abgeordneten hier he­rinnen, von den Mitgliedern der Bundesregierung, dass dieses Budget enkelfit ist? Glaubt wirklich jemand, dass dieses Budget generationengerecht ist? Glaubt wirklich jemand, dass dieses Budget nachhaltig ist? – Dann möge er sich melden. (Rufe bei SPÖ und ÖVP: Ja! Ja! – Einige Abgeordnete der ÖVP zeigen auf.) – Dann fehlt es Ihnen an Durch­blick oder Ernsthaftigkeit.

Faktum ist, seit 54 Jahren machen Sie jedes Jahr verlässlich neue Schulden. Das nächs­te Jahr legen Sie im Ergebnishaushalt 9,8 Milliarden € weitere Schulden drauf! Das ist nicht okay! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) 9,8 Milliarden € weitere Schulden – das ist nicht okay, das ist nicht enkelfit, das ist nicht zukunftsfit.

Sie fressen den Kindern und Enkeln im wahrsten Sinne des Wortes die Haare vom Kopf! So schaut’s aus! Sie fressen den Kindern und Enkeln die Haare vom Kopf. Und das sollte man nicht machen. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

9,8 Milliarden € neue Schulden bekommen die jungen Menschen, die heute zuschau­en, in ihre Rucksäcke hinein! 9,8 Milliarden € neue Schulden bekommt ihr in eure Ruck­säcke hinein! – Nur um diese Dimension sichtbar zu machen. (Vizekanzler Mitterleh­ner: Es sind keine Kinder da!)

Herr Mitterlehner, für 1,1 Millionen Schülerinnen und Schüler in Österreich geben wir pro Jahr ungefähr 8 Milliarden € aus. Das heißt, Sie machen im nächsten Jahr mehr


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 45

zusätzliche Schulden, auf den Rekordschuldenberg dieser Republik seit Kriegsende draufgelegt, als Sie für 1,1 Millionen Schülerinnen und Schüler ausgeben. Das sind im­mense Summen! Das sind immense Summen! Seit 54 Jahren machen Sie Schulden, und nächstes Jahr setzen Sie diesen Kurs fort. (Abg. Krainer: Das ist total falsch, was Sie da sagen!) Das ist, Herr Krainer, kein Naturgesetz, dass man neue Schulden drauf­legt! (Abg. Kickl: Bei den Sozialisten schon! – Abg. Strache: Ist ja nicht das Geld der Sozialisten!) Die Schweiz hat ausgeglichene Haushalte. Oder Schweden: Dort haben sich die Sozialdemokraten verdient gemacht. Die sollten Sie sich als Vorbild nehmen! Die Schweden haben über Jahre ausgeglichene Budgets geliefert. Die Deutschen ha­ben Budgetüberschüsse. Das sind keine Naturgesetze, diese Schuldenpolitik, die Sie machen! (Zwischenruf des Abg. Schieder.)

Zweite Frage, Herr Schieder: Glaubt wirklich irgendjemand hier herinnen, dass mit die­sem Budget im nächsten Jahr Arbeitsplätze geschaffen werden? (Ja-Rufe bei SPÖ und ÖVP.) – Wer das glaubt, dem fehlt ebenso die Ernsthaftigkeit. Sie wissen es haarge­nau, Herr Schieder, wir werden Anfang des nächsten Jahres zum ersten Mal die Schall­mauer von 500 000 Arbeitslosen in dieser Republik durchbrechen – eine halbe Million Menschen ohne Arbeit. Und diese Regierung steht neben der Spur, ohne Konzepte, oh­ne Antworten; Sie kommen mit einer Steuerreform, mit der Sie die Arbeitslosigkeit wei­ter befördern werden.

Wir werden im nächsten Jahr, Herr Mitterlehner, zirka 40 000 neue, zusätzliche Ar­beitslose dazubekommen, und jedes einzelne dieser Schicksale ist ein tragisches Schick­sal, für die Familien, für das Umfeld. Das ist ein Faktum!

Glaubt wirklich jemand hier herinnen, dass diese Bundesregierung im Auge hat, wo wir wirklich investieren sollten, in Forschung, in Bildung, in Innovation? (Abg. Schieder: Ja!) – Ja, wo machen Sie es denn, Herr Schieder? Sie machen es nicht! Sie machen es nicht! (Abg. Schieder: Wir machen es ja! Breitband, ÖBB, Straßenbau, Hochwasser, Bildungs­reform!)

Herr Schieder, Sie präsentieren hier ein Budget, in dem Sie im Bildungsbereich einmal mehr, so wie heuer, ein Loch von 350 Millionen ausweisen, wo Sie von vornherein wis­sen … (Abg. Fekter: Sie brauchen nicht so schreien, wir verstehen Sie eh!) – Frau Fek­ter, Sie sollten es besser wissen, Sie haben das Finanzministerium betreut!

Sie präsentieren ein Budget, wo Sie von vornherein wissen, dass im Bildungsbereich Hunderte Millionen fehlen. Das ist verantwortungslos! So kann man das nicht machen! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Strache.)

So können Sie auch mit dem Parlament nicht umgehen; ich habe das heuer schon re­klamiert. Sie können nicht mit einem Budget hierherkommen, wo Sie schon von vorn­herein wissen, das geht sich nicht aus, das ist ein Schwindel. – Und den sollte man meines Erachtens so nicht durchziehen. (Vizekanzler Mitterlehner: Beruhig dich ein­mal ein bissel!) – Es fällt mir schwer, Herr Mitterlehner, mich zu beruhigen, wenn Sie sol­che Dinge vorlegen.

Eine weitere Sache, die zum Himmel schreit, Herr Mitterlehner: 2009 hat Ihr Vorgänger als Parteichef, damals als Finanzminister, die Transparenzdatenbank präsentiert. Gute Idee, doch was ist seither passiert? – Seit 2009 sind Sie nicht in die Gänge gekommen, weil Ihre Landesfürsten hier einfach jede Zusammenarbeit verweigern. Wir haben im Jahr 2013 aufgeschlüsselt: 18 Milliarden € Förderungen in Österreich. Förderungen, das ist der Nährboden für strukturelle Korruption in Österreich. (Abg. Rädler: Hallo!) Wa­rum? – Weil sie in Österreich grundsätzlich im Dunkeln durchgeführt wird: Doppelförde­rung hier, Dreifachförderung dort, Anfütterung Ihrer Klientel in großem Stil. (Abg. Wö­ginger: Na hallo, wo sind wir denn?!)

Jetzt ist die Frage: Sind Sie bereit, den Fürsten der Finsternis die Stirn zu bieten und den Landesfürsten zu sagen: Jetzt Licht ins Dunkel! (Abg. Strache: Nein!) Nein, Sie


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sind nicht bereit. Sie haben, Herr Finanzminister, sogar das Wirkungsziel „effizientes Förderwesen im Bundesstaat“ aus diesem Budget herausgestrichen. Herr Minister, Sie haben im Budgetausschuss versprochen, Sie werden Umwege suchen, aber Faktum ist doch, dass Sie hier kapitulieren müssen, Herr Finanzminister! Ich anerkenne den guten Willen von Hans Jörg Schelling. Das Problem ist, dass er hier gefesselt ist von einem Machtkartell der mutlosen Regierungsparteien, der egozentrischen Landesfürs­ten und der ignoranten Sozialpartner. (Beifall bei den NEOS. – Vizekanzler Mitterleh­ner: Wieso bist du so aufgeregt?)

Ich bin aufgeregt, Herr Mitterlehner, ja! Ich bin aufgeregt über diese Schattenregierung der hemmungslosen Besitzstandswahrer, die Österreich im Würgegriff halten. Damit müssen wir abfahren, aber, liebe BürgerInnen, da sind Sie am Zug, das kann man nur durch Wahlen ändern. Das müssen die BürgerInnen in die Hand nehmen. (Beifall bei den NEOS.)

9.55


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Krai­ner. – Bitte.

 


9.55.11

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Strolz, Sie sollten sich vielleicht ein Beispiel nehmen am Kollegen Loacker von Ihrer Fraktion, der einen guten Vorschlag beim Bonus-Malus-System ge­macht hat, den die Regierungsparteien aufgenommen haben, den wir heute gemein­sam beschließen. Sie sollten vielleicht ein bisschen Sachpolitik machen und auch ein bisschen sachlich hier vom Rednerpult aus sein, anstatt derartig unsachlich und emo­tionell zu sein. Emotionell sein ist eh gut, aber es sollte auch ein bisschen etwas mit der Sache zu tun haben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dieses Budget ist natürlich enkelfit. Es ist aber nicht nur enkelfit, es ist auch omafit. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es geht ja darum, dass wir hier ein Budget machen für alle Teile der Gesellschaft, nicht nur für einen Teil. Und wenn Sie sagen, es werden für die Schülerinnen und Schüler „nur“ 8 Milliarden € ausgegeben, dann vergessen Sie, dass wir zum Beispiel auch 3 Milliarden € für Familienbeihilfe ausgeben. Geld für die Familienpolitik kommt natürlich auch den Schülerinnen und Schülern zugute, nicht nur das Geld für die Bildungspolitik. Das heißt, wenn Sie sich das ernsthaft und sachlich ansehen, dann kommen Sie einfach zu ganz anderen Ergebnissen.

Es läuft diese Debatte überhaupt ein bisschen faktenbefreit ab, vor allem wenn Oppo­sitionsredner hier am Pult sind; der Kollege Strache ist ja eines der besten Beispiele dafür. Wenn man sich die Fakten bei diesem Budget ansieht, ist es relativ klar: Ers­tens, die Budgets halten. Das heißt, wann immer gesagt wird, die Budgets halten nicht, es läuft aus dem Ruder, ist das vollkommen falsch. Ein einziges Budget hat „nicht“ – unter Anführungszeichen – gehalten, das war 2009, am Höhepunkt der Krise. 2010: besser als budgetiert, 2011: besser als budgetiert, 2012, 2013, 2014, 2015 ebenso. Insofern kann man davon ausgehen, wenn hier ein Budget vorgelegt wird, dass dieses Budget auch hält. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler. Das ist ein Faktum, das kann man sagen: Ja, die Budgets, die vorgelegt werden, halten, auch wenn das Wirtschafts­wachstum deutlich geringer ist als von den Wirtschaftsforschungsinstituten prognosti­ziert.

Das Zweite: Diese Steuerreform ist nicht eine kleine Sache, sondern sie ist die größte Entlastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler seit den siebziger Jahren. Wir erin­nern uns, als die Freiheitlichen in der Regierung waren und den Finanzminister gestellt haben, war die durchschnittliche Entlastung eines Arbeitnehmers 7,83 €, glaube ich.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 47

Jetzt ist es mehr als das Zehnfache! Das ist einfach ein Faktum! Wenn die Freiheitli­chen damals die „größte Steuerreform aller Zeiten“ gemacht haben, wie die Freiheitli­chen damals behauptet haben – der Kollege Bösch erinnert sich noch daran, er ist ja hier gesessen, auch die Kollegin Rosenkranz ist hier gesessen –, so war diese nur ein Zehntel so groß wie die jetzige.

Das heißt also, wenn man sich die Fakten anschaut, kommt man drauf, das ist nicht eine kleine, sondern das ist eine sehr, sehr große Entlastung, und die Österreicherin­nen und Österreicher werden das in wenigen Wochen auch merken. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dann wird hier behauptet, die Steuer- und Abgabenquote wäre die höchste aller Zei­ten. – Das ist auch falsch! Die höchste Steuer- und Abgabenquote hatten wir 2001 un­ter einem blauen Finanzminister. (Abg. Strache: Ist falsch! Nachweislich falsch!) Diese damalige Steuer- und Abgabenquote ist noch unerreicht, da kommen wir nicht einmal in die Nähe. (Abg. Strache: Sie sind ein bissel drüber heute!) Die Wahrheit ist, die Steuer- und Abgabenquote sinkt nächstes Jahr, sie steigt gar nicht, sie sinkt! (Abg. Kassegger: Was ist dann passiert bis 2007? Das müssen Sie auch dazusagen!) Wenn man sich mit den Fakten auseinandersetzt, dann kommt man halt auch zu dem richti­gen Ergebnis. Wenn man natürlich faktenbefreit und sinnbefreit hier spricht, dann kann man halt behaupten, was man behaupten will. (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, durch diese Krise sind die Schulden der Republik massiv angestiegen. Sie sind von der Mitte der neunziger Jahre bis zum Ausbruch der Krise gesunken, von fast 70 Pro­zent auf unter 60, und seit dem Ausbruch der Krise gestiegen, und das ist auch be­wusst so in Kauf genommen worden. Das gilt übrigens für fast alle Länder der Europäi­schen Union. Dort gab es aber einen im Schnitt deutlich stärkeren Anstieg, als das bei uns der Fall war.

Im Jahre 2016 sinken die Schulden erstmals wieder, das heißt, wir haben den Turn­around geschafft und der Schuldenstand der Republik sinkt. (Abg. Kassegger: Das ist falsch! Die Quote sinkt, aber der Stand sinkt nicht!) Natürlich sinkt der. Wir rechnen in Prozent zum BIP, das ist so etwas wie, wie viele Monatsgehälter man Schulden hat, und natürlich sinkt dieser Wert von zirka sieben Monatsgehältern auf sechseinhalb, und das ist ein guter Weg. Daher kommen Sie nicht heraus und reden von Rekord­schulden, wenn sie in Wahrheit nächstes Jahr sinken! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Je nachdem, wie man es dreht!)

Kollege Schieder hat nicht zu Unrecht gesagt, das Sorgenkind, das wir in Wirklichkeit haben müssten, ist der Arbeitsmarkt, das heißt die Arbeitslosigkeit. Das ist ein Thema, dem man wirklich entgegenwirken und dem man sich auch politisch widmen muss. Man muss aber auch da sagen: Ja, es gibt mehr Arbeitslose, es gibt aber auch mehr Ar­beitsplätze! Das heißt, was diese Regierung schafft, ist jedes Jahr ein Plus an Arbeits­plätzen. Nur: Es sind zu wenige, weil mehr Menschen auf den Arbeitsmarkt drängen, weil Menschen länger arbeiten, später in Pension gehen, weil mehr geburtenstarke Jahr­gänge auf den Arbeitsmarkt drängen, weil mehr Frauen arbeiten gehen – das sind ja auch alles gute Nachrichten.

Aber das, worum es sicher auch nächstes Jahr gehen wird und worauf der Fokus lie­gen muss, ist, dafür zu sorgen, dass die Arbeitslosigkeit sinkt. Das, glaube ich, muss der Kernpunkt sein, auf den diese Regierung hinarbeitet: dass wir es schaffen, dass die Arbeitslosigkeit sinkt. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 48

10.01


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Lugar zu Wort. –Bitte.

 


10.01.13

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir sprechen heute über das Budget, und da sollten wir uns einmal das anschauen, was von Rot und Schwarz immer als großer Wurf bezeichnet wird, nämlich die Steuersen­kung.

Wir haben ja eine Lohn- und Einkommensteuersenkung von 5 Milliarden € im Budget stehen. Auf der anderen Seite machen wir aber 5 Milliarden € neue Schulden. Das heißt, wir geben den Menschen eine Entlastung und belasten sie mit Zins und Zinseszins in der Zukunft, wenn sie das wieder zurückzahlen müssen. Vielen ist das nicht so richtig klar, daher würde ich jetzt gerne ein Beispiel dazu bringen.

Stellen Sie sich vor, Sie wohnen in einer Hausgemeinschaft und es gibt eine Hausver­waltung, die nicht wirtschaften kann: Sie schmeißt das Geld beim Fenster raus, stellt Un­mengen an Verwaltungsmitarbeiter an und erhöht permanent die Betriebskosten. An­statt dass ordentlich gewirtschaftet wird, werden jedes Jahr die Betriebskosten erhöht – so wie in Österreich: Die Steuern werden permanent erhöht, aber die Reformen blei­ben aus.

Diese Hausverwaltung kommt nun eines Tages, weil die Mieter angesichts der perma­nent steigenden Betriebskosten schon sehr unzufrieden sind, auf die glorreiche Idee: Wir könnten doch die Betriebskosten senken – aber nicht, weil wir besser wirtschaften, nicht weil sich das ausgeht, nicht weil sich die Mieter verdient haben, weniger zu zah­len, nein, sondern wir nehmen einfach einen Kredit auf, und mit diesem Kredit decken wir einfach den Ausfall ab, der durch die geringeren Einnahmen entsteht!

Genau das macht die Bundesregierung: Anstatt dass sie ordentlich wirtschaftet, anstatt dass sie endlich den Spielraum schafft, indem sie bei den Pensionen, bei der Gesund­heit, bei der Verwaltung und bei den Förderungen einspart, um endlich eine Steuer­senkung ohne neue Schulden durchzuführen, macht sie einfach neue Schulden, gibt diese Steuersenkung dann den Bürgern als großes Geschenk – Wählerkauf auf Wäh­lerkosten –, und die Bürger müssen es dann, und zwar in absehbarer Zeit, in Form von neuen Steuern mit Zins und Zinseszins zurückzahlen. Das ist die Strategie dahinter! Nur haben das leider erst die wenigsten begriffen. Die wenigsten verstehen, dass, wenn man ein Budget macht, das die Schulden erhöht, und man auf der anderen Seite im gleichen Umfang die Steuern senkt, das letztlich mit Zins und Zinseszins zurück­bezahlt werden muss. – Genau so wird hier gearbeitet, und das ist das Problem!

Wenn wir jetzt schon über Reformen sprechen, dann müssen wir auch festhalten, dass wir ja seit Jahrzehnten immer wieder Finanzminister haben, die sich hier herstellen – Sie sind ja nicht der erste, Herr Schelling – und uns erzählen, da muss gespart werden, dort muss gespart werden, in der Verwaltung, bei den Pensionen, bei den Förderun­gen, überall muss gespart werden. Aber es passiert nichts! Die Steuern werden erhöht, und die Sparsamkeit bleibt aus, und das ist das Problem. Das ist das Problem, das wir in dieser Republik haben.

Und wenn Sie dann ein fiskalisches Problem haben, was machen Sie dann? – Dann gehen Sie her und sagen: Okay, wo können wir noch zusätzliche Steuern einnehmen? Denn: Sie senken zwar auf der einen Seite die Steuern, bei Lohn- und Einkommen­steuer, aber auf der anderen Seite wollen Sie mehr Steuern einheben. Da spreche ich jetzt gar nicht von der Erbschaftssteuer neu, die Sie ja durch die Hintertür wieder ein­geführt haben, sondern schauen wir uns einmal die Registrierkassenpflicht an! (Bun­desminister Schelling: Da sind Sie ein Spezialist!) Dadurch soll ja angeblich 1 Milliar­de € reinkommen.

Jetzt frage ich mich, wenn durch die Registrierkasse diese Milliarde reinkommen soll, wie das funktionieren kann. Das heißt, da gibt es in Österreich ganz viele Kleinbetrie­be, auch ganz viele Gastronomen, die anscheinend jedes Jahr 1 Milliarde € am Fiskus


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vorbeiwirtschaften. Das ist doch klar, oder? Das hat doch jeder verstanden? Wenn man sagt, man will dadurch 1 Milliarde € einnehmen, dann heißt das nichts anderes, als dass von diesen Kleinbetrieben 1 Milliarde € an Abgaben hinterzogen wird.

Es mag sein, dass Sie damit recht haben, aber: Warum schauen Sie denn genau dort hin, wo diese Betriebe in einem Akt der Selbstverteidigung handeln – und nicht, um sich eine zweite Yacht zu kaufen? Das passiert nämlich auch in Österreich, aber bei den Groß­betrieben, die legale Möglichkeiten der Steuervermeidung nützen, indem sie Schlupf­löcher ausnützen, und zwar Steuerschlupflöcher. Das gibt es auch! (Abg. Schieder: Der Stronach, oder?) Die wirtschaften auch de facto am Finanzminister vorbei, aber legal, mit Möglichkeiten, die Sie ihnen geben. Aber jene Kleinbetriebe, die diese Milliarde an­scheinend am Finanzminister vorbeiwirtschaften, die kaufen sich keine zweite Yacht ir­gendwo an der Côte d’Azur (Abg. Matznetter: Die dritte!), sondern die machen das, weil sie sonst nicht überleben. Die machen das, weil sie sonst zusperren!

Jetzt bin ich natürlich auch der Meinung, alle müssen ihre Steuern zahlen – denn wenn alle ihre Steuern zahlen, zahlen alle weniger Steuern, das ist keine Frage. (Abg. Schie­der: Sagen Sie das einmal dem Stronach!) Die Frage ist nur, ob wir hergehen und Tau­sende Kleinbetriebe umbringen, weil wir ihnen nicht eine Möglichkeit des legalen Über­lebens geben. (Vizekanzler Mitterlehner: Wie schaut die aus?) Das ist ja das Problem! (Beifall beim Team Stronach.)

„Wie schaut die aus?“ – Na das ist ja überhaupt super: Der Herr Vizekanzler, der hier hinter mir sitzt, fragt mich, wie das ausschaut (Vizekanzler Mitterlehner: … keine Steu­ern, oder wie?), dass man Kleinbetrieben eine legale Möglichkeit, zu überleben, geben kann. Gehen Sie einmal raus in die kleinen Gastronomiebetriebe, dann sehen Sie es! Die leiden unter Ihrer Steuerlast (Vizekanzler Mitterlehner: Unter welcher Steuerlast?), die leiden unter Ihren bürokratischen Hemmnissen, die Sie aufgebaut haben, die leiden unter Ihren Gesetzen! Und wenn Sie denen nicht die Möglichkeit geben, zu atmen, wenn Sie denen nicht die Möglichkeit geben, auch legal zu überleben, wissen Sie, was dann passiert? – Die sperren zu!

Ich habe mit einigen da draußen gesprochen. Die sagen: Ich bin ja nicht dumm, ich gehe doch nicht für den Finanzminister arbeiten! Wenn jetzt die Registrierkasse kommt, dann arbeite ich das ganze Jahr für null Euro! – Was glauben Sie, wie lange die das machen werden? (Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Das heißt, Sie müssen die Lohnnebenkosten gerade in der Gastronomie senken. (Abg. Matznetter: Wer ist das?) Sie müssen den Betrieben ermöglichen (Abg. Tamandl: Wovon sprechen Sie?), diese Milliarde, die Sie hier rauspressen wollen, auch legal zu erwirtschaften. Darum geht es ja! (Vizekanzler Mitterlehner: Rede von der Umsatz­steuer!) Und das machen Sie nicht! (Beifall bei Team Stronach und FPÖ sowie des Abg. Strolz.)

Was Sie machen, ist: Sie pressen das Geld raus, weil Sie es im Budget brauchen, weil Sie nicht wirtschaften können, und geben diesen Betrieben keine Möglichkeit, zu über­leben.

Wissen Sie, was passieren wird? (Vizekanzler Mitterlehner: Das ist katastrophal, was Sie da …! … ahnungslos!) – Reden wir in einem Jahr noch einmal darüber! Ich sage Ihnen jetzt, was passieren wird: Es werden Tausende Betriebe zusperren, ganz viele kleine Gastronomiebetriebe, gerade solche auf dem Land, die auch Nahversorger sind. Die werden ganz viele Mitarbeiter freisetzen, die dann arbeitslos sind, und diese Unter­nehmer werden selbst arbeitslos werden; und dann können Sie sie bei der Arbeiter­kammer, bei der Gewerkschaft oder beim Wirtschaftsbund anstellen, denn woanders werden sie keine Arbeit mehr finden. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mitterleh­ner sowie Zwischenrufe der Abgeordneten Wöginger und Matznetter.) Das ist das Pro­blem!


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Deshalb: Schauen Sie, machen Sie doch Ihre Hausaufgaben! (Abg. Matznetter: Ille­gale …!) Wenn Sie schon wollen, dass alle ihre Steuern zahlen – ich bin da ganz da­für … (Abg. Tamandl: Sie sind für Steuerhinterziehung, Kollege Lugar!) – Verstehen Sie mich doch nicht falsch, Frau Tamandl! (Abg. Tamandl: Merken Sie das nicht?) Ich bin doch der Erste, der sagt, wenn alle ihre Steuern zahlen, zahlen alle weniger Steu­ern. Nur: Sie müssen ihnen auch die Möglichkeit geben, diese Steuern zu zahlen (Abg. Wöginger: Die haben sie eh!), und sie nicht umbringen. Sie bringen sie um! (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Strolz. – Vizekanzler Mitterlehner: Jetzt spricht ein Abgeordneter des österreichischen Parlaments, der für Steuerhinterziehung ein­tritt!)

Nein, hören Sie einmal zu, Herr Vizekanzler! (Abg. Tamandl: Sie sind für Steuerhinter­ziehung! – Abg. Schönegger: Was ist das für eine Art?) Ich sage Ihnen jetzt, was Sie tun sollten – hören Sie einfach zu! –: Setzen Sie diese Registrierkassenpflicht für zu­mindest zwei Jahre aus, und schaffen Sie für jene Betriebe durch massive Senkung der Lohnnebenkosten die Möglichkeit, auch legal zu überleben (Abg. Schieder: Dann reden Sie einmal mit dem Stronach, damit der auch Steuern in Österreich zahlt!) – und dann führen wir diese Registrierkassenpflicht ein. Da bin ich der Erste, der dafür ist. Aber was Sie jetzt machen, das ist: Sie produzieren Arbeitslose. Sie produzieren Be­triebe, die in Konkurs gehen. Sie produzieren Betriebe, die einfach aufhören werden. Und das kann nicht gut sein.

Auch von Ihnen, Herr Bundeskanzler, würde ich dazu gerne einmal etwas hören. Ich weiß, der Herr Vizekanzler ist engagierter in dieser Sache, aber auch von Ihnen würde ich gerne einmal etwas hören. Herr Kanzler, Sie sind ja seit Wochen, vielleicht sogar seit Monaten abgetaucht. Ich würde Sie wirklich bitten, dass Sie heute hier das Wort ergreifen und uns einmal sagen, was Sie zu tun gedenken, um endlich den Reformstau in dieser Republik aufzulösen.

Der Finanzminister ist dazu offensichtlich nicht bereit; das hat er im Ausschuss auch gesagt. Er fühlt sich nicht zuständig dafür, dass in den anderen Ministerien eben nicht gespart wird, keine Reformen gemacht werden. Aber vielleicht fühlen Sie sich zustän­dig, Herr Kanzler? Vielleicht fühlen Sie sich als österreichischer Bundeskanzler zustän­dig dafür, endlich einmal für Reformen in diesem Land zu sorgen? Deshalb fordere ich Sie heute hier auf: Stehen Sie auf und sagen Sie uns, welche Reformen Sie planen, um endlich das Budget in Ordnung zu bringen! (Beifall beim Team Stronach.)

Sie werden wahrscheinlich sagen, Sie sind nicht zuständig. Aber ich erwarte mir von Ihnen als Kanzler, dass Sie heute hier Rede und Antwort stehen und uns sagen, wann Sie endlich in die Gänge kommen und endlich das tun, was unser Budget auf lange Sicht saniert. Das erwarten wir uns von einem Bundeskanzler und von Ihnen ganz spe­ziell. Also tauchen Sie nicht ab, sondern tauchen Sie auf! (Beifall beim Team Stro­nach. – Abg. Matznetter: Der Herr Bundeskanzler soll „in die Gänge kommen“ …?)

10.10


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundeskanzler Faymann. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


10.10.33

Bundeskanzler Werner Faymann: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter, Sie sehen, wie schnell das geht. Man braucht sich nur schon zu Wort gemeldet zu haben. Waren Sie auch in Ibiza, weil Sie mich in den letzten paar Wochen nicht gesehen haben? (Abg. Lugar: Schaut meine Haut so aus …?) – Ah, Sie waren da. Einer der wenigen von Ihrer Fraktion, die da waren. (Abg. Hagen: Ich bin im­mer da gewesen! – Abg. Kickl: Für die Sozialisten geht nur Mallorca!)

Herr Abgeordneter, ich bin davon überzeugt, dass Kleinbetriebe, Mittelbetriebe, Groß­betriebe in diesem Land, die hart für diese Republik arbeiten, sich an Gesetze halten


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 51

und Steuern zahlen. Und es ist nur richtig, dafür zu sorgen, dass diejenigen, die Steu­ern zahlen, nicht das Gefühl haben, sie gehören irgendwann einer Minderheit an. Des­halb macht man Betrugsbekämpfung, um denen, die sich an Gesetze halten (Ruf bei der FPÖ: Die sind schon längst eine Minderheit!), zu beweisen, dass Gesetze etwas wert sind und dass Steuerbetrugsbekämpfung eine Frage der Anständigkeit ist, näm­lich für die, die ihre Steuern auch in der Vergangenheit ordentlich bezahlt haben. (Bei­fall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun gibt es in ganz Europa eine Diskussion, die lautet: Wie können wir das Wachstum ankurbeln? Es sind sich in der Analyse eigentlich alle einig, dass ein Faktor sein muss, die Arbeit und die Kosten der Arbeit zu entlasten.

Nun gibt es hier neben den Lohnnebenkostendiskussionen, den Investitionen und Rah­menbedingungen für die Arbeit natürlich das große Ziel, auch Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmersteuern zu reduzieren. Diese Steuerreform wird für mehr als 90 Prozent der Klein- und Mittelverdiener in diesem Land, die unter 4 500 € brutto verdienen, eine Entlastung bedeuten. Das ist konkrete Wirtschaftsankurbelung! Das ist Reform, wie wir sie meinen! Wir wollen, dass den Menschen netto mehr bleibt. Das haben wir durchge­setzt, und das werden die Menschen ab 1. Jänner spüren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bedanke mich beim Finanzminister und bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbei­tern im Finanzressort dafür, dass jedes Jahr – und das wird ja dann immer im nächsten Jahr sehr genau von der Europäischen Kommission und von der Öffentlichkeit beach­tet – das, was an Budgeterwartungen vorgelegt wird, das, was als Budget beschlossen wird, dann im Abschluss, wenn man das gegenüberstellt, eigentlich in einer Genauig­keit eingehalten wird, dass man großen Respekt zu zollen hat. Da sind Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter von hoher Seriosität am Werk, die bewiesen haben, dass das struk­turelle Nulldefizit bereits 2014 mit minus 0,5 Prozent das erste Mal erreicht wurde – zwei Jahre früher als geplant.

Das strukturelle Nulldefizit wird auch 2015 erreicht; das strukturelle Nulldefizit soll auch 2016 erreicht werden. – Das sind stabile Finanzen. Das unterscheidet sich von dem, was Sie uns immer vorzurechnen versuchen, dass wir in der Frage der stabilen Finan­zen etwas nachzuholen hätten. Nein, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Budgets durchrechnen und nach unseren politischen Vorgaben vorlegen, sind verlässliche Mit­arbeiter. Das wurde in den vergangenen Jahren belegt und hat sich bewiesen. Auch auf europäischer Ebene haben wir in den Diskussionen deshalb immer so gute Argumente, weil wir zeigen können, dass dieses strukturelle Nulldefizit in Österreich bereits seit dem Jahr 2014 erreicht wurde. Stabile Finanzen, die sich sehen lassen können! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun haben wir aufgrund dieser stabilen Finanzen und dieser Spielräume – die nicht im­mer einfach zu erarbeiten sind und die auch für das Finanzministerium immer eine He­rausforderung bedeuten – sowohl beim Beschäftigungspaket als auch in der Bildung sehr konkrete Reformschwerpunkte festgesetzt. Wachstumsimpulse durch den Breit­bandausbau, Wachstumsimpulse durch Wirtschaftsförderung, Wachstumsimpulse, wie wir sie heute in der Regierung beschlossen haben, durch den geförderten Wohnbau gehören genauso dazu wie der Ausbau der schulischen Tagesbetreuung, Kinderbe­treuungsangebote und Strukturmittel für Universitäten, aus dem Bereich Bildung/For­schung, aber auch sehr konkrete Investitionen in Straße/Schiene und in den genannten Breitbandausbau belegen, dass wir dort investieren, wo wir die Rahmenbedingungen verbessern müssen.

Über die Vergangenheit können wir genau belegen, wie das gemessen an den Progno­sen, an der Erwartungshaltung umgesetzt wurde, und das strukturelle Nulldefizit ist ein Beleg dafür, dass wir das innerhalb der budgetären Grenzen erreicht haben.


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Wenn wir nun über die Prognose, also über die Vorhersage reden, dann sehen wir, dass für 2016 in Österreich ein Wachstum von 1,4 Prozent eingestellt ist. Dieses Wachs­tum von 1,4 Prozent in der Prognose ist im Vergleich zum Durchschnitt der Eurozone in einem Land wie Österreich oder Deutschland – Deutschland ist immer ähnlich – des­halb natürlich schwieriger zu erreichen, weil der Nachholbedarf auf der einen Seite und das hohe Niveau an Wirtschaft und an wirtschaftlichen Einnahmen auf der anderen Seite natürlich unvergleichbar sind, wenn man das innerhalb der Eurozone in Vergleich setzen möchte. Trotzdem ist diese Steigerung – im Jahr 2014 0,4 Prozent, im Jahr 2015 0,7 Prozent, in der Prognose 2016 1,4 Prozent Wachstum – ein Beleg dafür, dass wir in Österreich im Rahmen unserer Möglichkeiten in dieses Wachstum investieren.

Wachstum bedeutet verstärkte Einnahmen. Wachstum bedeutet bessere Beschäfti­gung. Wachstum bedeutet Absicherung von sozialen Einrichtungen, wie wir sie benöti­gen und wie wir – von der Kinderbetreuung bis zur Altenpflege, von den Spitälern bis zu den sozialen Maßnahmen – in Österreich stolz sind, darauf verweisen zu können. Und weil wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Land sind, in dem sowohl bei der Beschäftigung, beim Wachstum, bei den Investitionen als auch jetzt beim The­ma Bildung die Regierung Einigungen erzielt hat, um da einen Pfad zu verfolgen, der auf die Stärken Österreichs aufbaut, können wir Ihnen diese Zahlen vorlegen.

Dass in der Europäischen Union eine verstärkte Wachstumsrate dann erreichbar wäre, wenn wir gemeinsam in der Eurozone mehr bewegen, wenn wir sparen auf der einen Seite, aber investieren auf der anderen, europaweit Kaufkraft stärken in den Ländern der Europäischen Union, das wissen wir. Das würde uns natürlich ebenfalls helfen. Al­so: Eine europäische Antwort ist eine Antwort, die noch über diese Zahlen und kon­kreten Ziele hinausgehen würde. Daher ist eine europäische Antwort ein richtiger An­satz dafür, Investitionen in ganz Europa zu ermöglichen und zu steigern, Kaufkraft in Europa zu steigern, denn wir sind ein Exportland und haben alles Interesse daran, dass es auch den Nachbarn gut geht.

Daher sind jene, die sich immer ein bisschen darüber freuen, wenn wir uns von Nach­barn abkoppeln, oder die sogar aus der Europäischen Union austreten wollen oder sich aus der Eurozone verabschieden wollen, dann auch jene, die diese Mauern um Öster­reich bauen würden – in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht und auch dann, wenn es um menschliche Vorgangsweisen geht.

Wir wollen kein Land der Mauern sein, auch nicht in der Wirtschaftspolitik. Wir wollen uns nicht isolieren, im Gegenteil: Wir wollen in dieser Europäischen Union daran mit­wirken, dass in ganz Europa Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es ermögli­chen, auch unsere Produkte zu verkaufen, soziale Zufriedenheit für die demokrati­schen Prozesse zu gewinnen, politische Zufriedenheit zu gewinnen für einen Kurs, der da lautet: Bereiten wir Österreich und bereiten wir Europa darauf vor, dass politisch schwierige Fragen wie diese Wirtschaftskrise, Banken- und Finanzkrise, schwierige Fragen wie jene der Flüchtlinge, wo Menschlichkeit und Ordnung zur gleichen Zeit zu schaffen sind, was ebenso schwierig wie notwendig ist, zu lösen sind! Bereiten wir das vor durch politisches Vorleben im eigenen Land, wo wir für Flüchtlinge auch im Budget einiges eingestellt haben, was in der Betreuung notwendig ist; wo wir in Bildungsfra­gen, Zukunftsfragen zeigen, dass der Ansatz sowohl ganztägige Schulen beinhaltet als auch Autonomiestärkung bei der Entscheidungsfreudigkeit vor Ort, am Standort.

Bereiten wir Österreich und Europa darauf vor, das, was wir an Zielsetzungen vorgege­ben haben, gemeinsam in die Tat umzusetzen, denn in diesem Europa beobachten viele Menschen, wie es in Österreich, in Deutschland, in Schweden und in den Niederlanden zugeht, und es zeigt sich, dass genau jene Länder natürlich in der ganzen Welt eine ho­he Attraktivität haben, weil man sieht und weil sich herumspricht, welche soziale Ver­sorgung hier vorhanden ist, welche politischen Rahmenbedingungen hier geschaffen


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werden, welche Lebensverhältnisse hier herrschen, welche hohen sozialen Standards wir haben, welche Wirtschaftskraft wir haben.

Wir sind natürlich ein Magnet für jene, die sich fragen, wer in Europa es schafft, diese Aufgabe auch in schwierigen Zeiten besonders gut zu bewältigen. Arbeiten wir aber daran, dass dieser Magnet auch in Zukunft einer ist und dass wir in Europa ein Vorbild bleiben – bei der Steuersenkung, bei den Investitionen, bei den Beschäftigungspaketen und bei Schule und Wissenschaft, denn das sind die Stärken für die Zukunft unseres Landes! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.21


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


10.21.16

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Regie­rungsmitglieder! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol­legen! Wir verhandeln heute unter anderem den Bundesvoranschlag 2016 – eine Vor­lage des Finanzministers, die natürlich von den Herausforderungen geprägt ist, die in den heutigen Zeiten auf uns zukommen: einerseits die gestiegene Arbeitslosigkeit, das ist ein Punkt, der natürlich finanziert werden muss, aber andererseits natürlich auch die großen Flüchtlingsströme, die vielen Menschen, die nach Österreich kommen, aber auch jene, die bei uns durchziehen; auch für diese müssen wir sorgen.

Ich bin froh darüber – und ich bin überzeugt davon, dass der Herr Finanzminister auch froh darüber ist –, dass die Europäische Kommission so weit geht und sagt, die zusätz­lichen Kosten für Flüchtlinge gehören aus den Budgets herausgerechnet. Ich glaube, das ist ein guter Ansatz, denn sonst würden wir alle miteinander, natürlich auch Öster­reich, die Voraussetzungen für den Schuldenabbau beziehungsweise auch für das De­fizit, das strukturelle Defizit nicht erreichen.

Wir in Österreich erreichen dieses strukturelle Nulldefizit bereits zum dritten Mal – 2014, wie im Bundesrechnungsabschluss zu sehen ist, der ja heute mit in Verhandlung steht, 2015 werden wir es erreichen und auch 2016.

Ich möchte noch auf zwei wesentliche Punkte zu sprechen kommen. Der eine ist die Steuerreform. Sie wurde heute schon angesprochen. Kollege Lugar, für meine Begriffe haben Sie dem Steuerbetrug heute das Wort geredet. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. Abg. Lugar: Geh, so ein Blödsinn! Sie wissen es doch besser, Frau Tamandl! Sie sind ja auch ein bisschen wirtschaftsnah!)

Ich finde es nicht in Ordnung, dass Sie da alle kleinen Unternehmer mit hineinziehen und sagen, die können nur überleben, wenn sie ihre Steuern nicht korrekt abführen. Das ist nicht in Ordnung, und das wird von uns auch nicht akzeptiert. Ich glaube, das kann von keinem Steuerzahler und von keiner Steuerzahlerin akzeptiert werden. (Bei­fall bei ÖVP und SPÖ.)

Die Steuerreform entlastet immerhin alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler durch­schnittlich um 1 000 €; auch diejenigen, die keine Lohn- und Einkommensteuer zahlen, bekommen künftig bis zu 400 € pro Jahr an sogenannter Negativsteuer zurück – oder Sozialversicherungsrückvergütung, wie immer man es gerne nennen möchte.

Der zweite, auch sehr wesentliche Punkt, der durch einen Abänderungsantrag einge­bracht wird, ist die Senkung der Lohnnebenkosten. Zu dieser Debatte, die heute auch schon von Frau Glawischnig, glaube ich, angesprochen worden ist, was die Lohnne­benkostensenkung über den Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds be­trifft, möchte ich sagen: Ich stehe dazu, dass wir die Lohnnebenkosten senken, aber im Gegenzug dazu stehe ich auch dazu, dass wir die Familienleistungen nicht kürzen – da­von ist nämlich überhaupt keine Rede!


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Man muss auseinanderhalten: Wie speist sich der Familienlastenausgleichsfonds?, und: Was wird vom Familienlastenausgleichsfonds wieder an die Familien weitergegeben? Wir bekennen uns dazu: Wir erhöhen die Familienbeihilfe mit 1. Jänner 2016 wieder um 80 Millionen €, das sind 1,9 Prozent. (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller. Abg. Kogler: Wie garantieren Sie die Leistungen?) Das ist ein wesentlicher Punkt. Wir liegen da in Europa an der Spitze, was die Familienleistungen betrifft, und ich möchte nicht, dass eine Debatte entsteht, die den Familien Angst macht, denn wir stehen dazu, dass wir für die Familien das Nötige tun – im Gegenteil, wir haben bei der Steuerreform den Fa­milien auch den Kinderfreibetrag von 220 € auf 440 € erhöht, und unsere Forderung, das noch auszubauen, bleibt selbstverständlich erhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

Folgendes muss man aber bei der Finanzierung des FLAF auch bedenken: Es kann nicht sein, dass der FLAF immer mehr Aufgaben bekommt wie beispielsweise Schul­buchaktion, gratis Schulbuch, Freifahrt für die Kinder oder beispielsweise auch die Pen­sionsbeiträge für Kindererziehungszeiten. (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.) Da müs­sen wir etwas tun. Wenn mir dann Eltern erzählen, dass sie für einzelne Schulbücher noch zusätzlich Geld aufwenden müssen, dann muss ich sagen, da läuft etwas schief. Da müssen wir uns noch mehr den Kopf darüber zerbrechen, was wir beispielsweise bei einer Reform des Familienlastenausgleichsfonds machen können. (Abg. Lugar: Man muss es richtig machen, Frau Kollegin! Richtig muss man es machen!)

Also schüren Sie bitte keine Angst bei den Familien! Es ist notwendig, die Lohnneben­kosten zu senken. Wir brauchen Arbeitsplätze. Und, Herr Kollege Lugar: Betrugsbe­kämpfung und Steuergerechtigkeit sichern den Standort und werden allen, die immer brav ihre Steuern zahlen, sicherlich nicht die Existenz kosten. Sie reden ja gerade so, als profitierten die kleinen Unternehmer nicht von der Steuerreform. Sie sind auch ein­kommensteuerpflichtig und werden daher davon profitieren. Wir stehen dazu. Ich dan­ke dem Herrn Finanzminister für die Vorlage. Herrn Kollegen Strolz sei ins Stammbuch geschrieben: Es ist ein nachhaltiges Budget, das wir da vorlegen. Vielleicht sollten Sie sich mehr an der sachlichen Debatte beteiligen, als sich hier ans Rednerpult zu stellen und immer alles nur madigzumachen. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Strolz bewegt die rechte Hand mit erhobenem Zeigefinger hin und her.)

10.26


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


10.26.42

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich wollte den Herrn Bundeskanzler jetzt nicht ver­treiben, aber er hat das Weite gesucht. Ich wollte nur kurz eine Replik auf seine Witze­leien über Ibiza geben; er hat sich ja bemüßigt gefühlt, dazu die eine oder andere halb­lustige Anmerkung zu machen.

Wissen Sie, ich denke mir, dass ein paar Tage Urlaub vernünftiger sind als das Modell, das er seit Jahren betreibt, denn dieses heißt Pension am Arbeitsplatz. Das ist der Tiefschlaf am Ballhausplatz im Kanzleramt. Das ist Ihre Politik! (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Abg. Kirchgatterer.) Gelegentlich wird das dann durch die eine oder andere Lustreise in Richtung Griechenland, zum Oberbankrotteur, unter­brochen, und wenn das nichts ist, dann schimpft man über Herrn Orbán in Ungarn; das ist die zweite Möglichkeit, wie man das unterbrechen kann. Das Dritte ist, dass Sie sich bei Frau Merkel irgendwie geistig angeschlossen haben und dort die Baumeister-Bob-Mentalität zur Rettung Europas ausgerufen haben: Ja, wir schaffen das!

Das sind so die Aktivitäten, durch die Sie Ihr Modell Pension am Arbeitsplatz unterbre­chen. Jetzt verstehe ich auch den rumänischen Ex-Präsidenten, der gesagt hat – ich


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zitiere! –, Sie sind der Clown Europas, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei der FPÖ. Zwi­schenrufe bei der SPÖ. Abg. Strache: Ex-Präsident! Zitat!)

Wenn heute vonseiten der Regierungsbank davon die Rede ist, dass dieses Budget ein nachhaltiges sei, dann schauen wir uns einmal an, inwiefern es nachhaltig ist. Kol­lege Lugar hat das zu Recht angesprochen, das ist wirklich eine Meisterleistung: Wis­sen Sie, wann es zum letzten Mal der Fall gewesen ist, dass es in Österreich einen re­alen Budgetüberschuss gegeben hat? Da müssen wir einige Zeit zurückblenden! (Ruf bei der ÖVP: Schüssel! Abg. Lopatka: Na komm!) Da müssen wir zurückgehen in die Präsidentschaftsära Kennedy, dort werden wir dann fündig. Das sind die Jahre, be­vor Herr Gusenbauer in die Sandkiste gestiegen ist, falls Sie sich nicht mehr erinnern können. Das waren die frühkindlichen Jahre des Herrn Gusenbauer (Vizekanzler Mit­terlehner: Wer war da Finanzminister? ÖVP-Finanzminister!), desjenigen Gusenbauer, der jetzt in der Zwischenzeit beim Klassenfeind gelandet ist und dort wie all die So­zialisten – Frau Ederer et cetera – gutes Geld macht und offenbar seine wahre Bestim­mung gefunden hat. (Vizekanzler Mitterlehner: ÖVP-Bundeskanzler, ÖVP-Finanzmi­nister!)

So lange ist das her, dass man schwarze Zahlen in diesem Land geschrieben hat! So lange ist das alles her! Das ist der Punkt – und seit damals werden in diesem Land nur rote Zahlen geschrieben. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Königsberger-Ludwig: Sagen Sie einen einzigen vernünftigen Satz! Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und Sie reden von einem einmaligen Ereignis aufgrund irgendwelcher äußerer Umstände! (Vi­zekanzler Mitterlehner: ÖVP-Bundeskanzler, ÖVP-Finanzminister!) Das hat bei Ihnen doch Methode, und dieses Budget 2016 klinkt sich nahtlos in diese Negativserie ein.

Das Interessante ist, wenn man sich dann die Erklärungen zu all diesen Dingen an­schaut, auch 2016: Sie steigen mit dem Budget und mit den Erklärungen dazu, warum das alles so ist, wie es ist, nahtlos in die Fußstapfen Ihrer Vorgänger unseligen Ange­denkens. Sie tun das! Die Erklärungen sind immer die gleichen: Dieses Defizit, diese Schuldenpolitik, dieses Belastungsmachen und gleichzeitig dieses Davongaloppieren der Ausgaben, das dient doch alles nur ganz, ganz vornehmen und hehren Zwecken! Immer die gleichen Ankündigungen, immer die gleichen Versprechen, immer die glei­chen Absichtserklärungen – seit 55 Jahren in der Zwischenzeit –: Regts euch nicht auf, es geht doch um die Investitionen in die Zukunft! Seit 55 Jahren dieselbe Leier: Regts euch doch nicht auf, es ist wegen der Sicherheit der kommenden Generationen, wegen der Enkerl!, wobei ich mich manchmal frage – und ich meine das sehr, sehr ernst! –, wenn ich mir Ihre Zuwanderungs- und Asylpolitik anschaue, von welchen kommenden Generationen auf österreichischem Boden Sie da überhaupt noch reden – von Öster­reicherinnen und Österreichern offenbar immer weniger! (Beifall bei der FPÖ.)

Aber es heißt: Regts euch doch nicht auf, es geht ja nur um den Erhalt einer Spitzen­position oder um das Wiedererlangen einer Spitzenposition! Regts euch doch nicht auf, die Schulden und alles, was wir machen, das tun wir doch nur, um zu investieren, da­mit wir wieder etwas ankurbeln, dann holen wir uns wieder etwas herein, und mit dem zahlen wir dann die Schulden zurück! Seit 55 Jahren dieselbe Leier, nur: Auf den zweiten Teil des Keynes-Modells, nämlich Schulden zurückzuzahlen, haben Sie immer vergessen – da sind Sie den Nachweis bis heute schuldig geblieben! –, und es war egal, ob es eine Wirtschaftskrise oder eine Hochkonjunktur gegeben hat: Das Modell war immer das gleiche. Und 2016 schließen Sie wieder an das Ganze an. (Beifall bei der FPÖ.)

Da brauchen Sie sich doch nicht zu wundern, dass Ihnen kein Mensch in diesem Land mehr diese budgetären Heilsversprechen, dieses Märchen vom Füllhorn in den ver­schiedenen Varianten abkauft. Ich finde das ja abenteuerlich, wenn sich die ÖVP hier herstellt und die Errungenschaften in der Familienpolitik zum Besten gibt. Wenn ich


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das mit der Inflation gegenrechne, dann bleiben in Wirklichkeit ein paar Cent pro Kind und Monat über. Das ist der Familienimpuls der Volkspartei! Und wahrscheinlich des­wegen, weil die Leute darüber so glücklich sind, findet vorm Haus gerade eine De­monstration des Katholischen Familienverbandes statt – weil die alle so zufrieden mit den Maßnahmen sind, die Sie gerade treffen, und weil das alles so nachhaltig bei den Menschen ankommt! (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Hören Sie auf mit Ihren Heilsversprechen! Das ist doch immer das Gleiche: Wir haben wieder eine Neuverschuldung, zu einer Rekordverschuldung dazu! Sie haben ja nur das Riesenglück, dass Sie zurzeit für diese Schulden so wenig Zinsen zahlen – und Ihr Glück ist das Pech der Sparer, weil das genau der Grund dafür ist, warum die Sparer für ihre Sparkonten nichts mehr bekommen und warum das Geld, wenn es auf der Bank liegt, immer weniger wert wird. Über diese Entwicklung würde ich mich nicht besonders freuen!

Oder: Sie haben zwar wieder einmal die größte Steuerreform aller Zeiten ausgerufen, aber von einer wirklichen Senkung der Steuer- und Abgabenquote kann überhaupt gar keine Rede sein, und das ist standortfeindlich. Es gibt keine Vereinfachung im Steuer­system. Und das Interessante ist, dass die Belastungen alle bleiben werden, während sich die sogenannten Entlastungen im Laufe der Jahre Schritt für Schritt in Luft auflö­sen werden. Das ist das berühmte Zuschlagen der kalten Progression. Herr Finanzmi­nister, Sie sollten vorsichtig sein, wenn Sie da jetzt irgendetwas vom FLAF und von Entlastungen zum Abstellen der kalten Progression erzählen, die Sie in Angriff nehmen wollen! Das ist der nächste ungedeckte Scheck, den Sie ausstellen – im Übrigen auf Kosten der kommenden Generationen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mitterlehner.– Ja, ja, ja!

Einzementiert wurde in diesem Land einmal mehr die Bürokratie. Mein Gott, was ist das für eine Verwaltungsreform, für eine Strukturreform?! Die gibt es in Form von Ar­beitskreisen und am Papierl, aber real existierend ist draußen die Bürokratie einzemen­tiert! Da sind die Doppelgleisigkeiten, die Mehrgleisigkeiten einzementiert. Das, was Sie als Reform bezeichnen, hat Ihnen der Rechnungshofpräsident am Beispiel der Bil­dungsreform vor ein paar Tagen auseinandergenommen und auseinandergepflückt, und dabei ist er noch gar nicht auf die Absurditäten der Inhalte eingegangen, sondern das war nur ein Blick auf die Struktur, der gezeigt hat, wie fahrlässig und unverantwortlich Sie in diesen Bereichen agieren. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Hören Sie also auf, dieses Budget 2016 als einen großen Wurf darzustellen! Ich frage mich schon – und das ist auch ein wesentlicher Punkt, der außer in der Rede von Klub­obmann Lopatka doch etwas zu kurz gekommen ist –, und das fragen sich viele Öster­reicherinnen und Österreicher aus Sorge – und ich sage Ihnen, das werden jeden Tag mehr –, wie man in Zeiten, in denen ein ganzes Land mittelbar oder unmittelbar, jeder in irgendeiner Form, von dieser neuen Völkerwanderung – und nichts anderes ist das, womit wir es zu tun haben; so sehr können Sie das Ganze in den Medien gar nicht schönfärben, auch wenn es gesteuert wird – betroffen ist, wie man in einer solchen Si­tuation, wie man in Zeiten, in denen diese zusätzliche Problematik noch dazu auf eine sowieso schon angespannte Situation in bestimmten gesellschaftlichen Bereichen trifft – ich nenne nur die Problematik des islamistischen Terrors, ich nenne nur die Problema­tik, die es am Arbeitsmarkt geben wird, 500 000 Arbeitslose, davon war heute schon die Rede; das ist nicht irgendwo ein Schreckgespenst, sondern das ist von der sozialisti­schen Politik der Vollbeschäftigung übrig geblieben –, wie man in diesen Zeiten, in de­nen die Experten der Vereinten Nationen und andere uns erklären: Nein, nein, liebe Freun­de, nicht der Wiener Bürgermeister hat recht, der Österreich als Jausenstation auf der Durchreise nach Deutschland deklariert hat, sondern es bleiben immer mehr hier und die große Masse vor allem aus Afrika wird sich überhaupt erst in Gang setzen! mir wird


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schon ganz schwarz vor Augen (Abg. Kogler: He!), wenn ich an die Millionen denke, die sich da noch in den Norden in Bewegung setzen werden –, wie man also in solchen Zeiten für sich in Anspruch nehmen kann, ein Zukunftsbudget auf den Weg zu bringen, wenn in diesem Bereich nicht einmal ein Funken von Kostenwahrheit herrscht! (Beifall bei der FPÖ. Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mitterlehner.)

Das ist doch der unglaubliche Vorgang: Nebelwerfer und Blendgranaten! Das kann doch keine Entschuldigung dafür sein, dass Sie in anderen Bereichen auch einen Blindflug machen wie in eine Nebelbank, zum Beispiel wenn es um Ihre Einnahmenbudgetie­rung aus der sogenannten Betrugsbekämpfung geht. Das ist ein Blindflug in die Nebel­bank! Und es kann auch keine Ausrede sein, dass man sagt. Na ja, ist eh egal, denn wir sind euch ja bisher auch den Nachweis der Rechnung schuldig geblieben, dass die Zuwanderung insgesamt für Österreich ein Geschäft ist! Das behaupten Sie ja immer nur dogmatisch, aber vorgerechnet haben Sie uns das noch nie. Das alles kann keine Entschuldigung sein. (Beifall bei der FPÖ. – Vizekanzler Mitterlehner: Das aber auch nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist alles ein Zickzackkurs, das ist alles eine Gleichung, die aus lauter Unbekannten besteht. Sicher ist bei Ihnen nur eines: Die Botschaft: Hereinspaziert, hollera und hopsasa!, am besten mit einer All-Inclusive-Men­talität, bleibt aufrecht! Das ist konkret, das haben wir! (Beifall bei der FPÖ.)

Konkret ist auch, dass Zäune etwas ganz, ganz Furchtbares sind. Zäune sind etwas ganz Furchtbares, das ist quasifaschistisch – auch das konkret. Das war ja sozusagen das Ergebnis dessen, was Sie Herrn Orbán über eine Zeitung haben ausrichten lassen. Fest steht natürlich auch, dass der Islam nicht nur zu Deutschland und zu Europa, son­dern natürlich auch zu Österreich gehört. Glauben Sie mir, das wird draußen in der Welt gehört! Sie brauchen sich also nicht zu wundern, wenn sich da der eine oder andere noch auf die Socken machen wird, um dort hinzukommen, wo er nach Ihrer Auskunft hin­gehört. Wundern Sie sich nicht über die Ereignisse! Mich wundert es, wie man sich von Dingen, die man selber anfeuert, dann auch noch überraschen lassen kann. – Das ist auch eine politische Kunst. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Aber wenn es um die Zahlen in diesem Zusammenhang geht, dann gibt es diese Ne­belbank, dann gibt es ein Zahlenwirrwarr, das abenteuerlich ist. Nur ein paar Stationen: Einmal redet man von 600 Millionen, die es im Jahr kostet. Dann sind es 1,2 Milliar­den – das war Professor Felderer. Dann schreit der Finanzminister: Zu viel, es ist nur 1 Milliarde! Dann kommt er drauf, möglicherweise ist die 1 Milliarde aber doch erst der Anfang, weil ja doch nicht alle so qualifiziert sind, also werden wir mehr brauchen. Dann gibt es ein Geheimpapier, das von etwa 3 Milliarden pro Jahr spricht. – Was ist denn das für eine Finanzpolitik, die in einer so wesentlichen Komponente nicht einmal weiß, mit welchen Zahlen sie operieren soll? Das ist doch wirklich abenteuerlich! (Bei­fall bei der FPÖ sowie des Abg. Steinbichler.)

Nach außen hin erwecken Sie den Eindruck, dass das alles überhaupt nichts kostet. Das ist so in etwa das, was Sie der Bevölkerung vormachen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.– Ja, Sie! Sie, Herr Finanzminister, genau! Sie stellen sich hin, klopfen sich auf die Brust und sagen: Das ist großartig, regts euch nicht auf, wir kön­nen eh bei der Europäischen Union etwas gegenrechnen, und vielleicht kriegen wir so­gar etwas zurück! (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.) Jetzt frage ich Sie: Sind wir noch Nettozahler, oder sind wir nicht mehr Nettozahler? (Beifall bei der FPÖ.)

Zahlen wir mehr ein, als wir rausbekommen, oder ist das nicht der Fall? Und wie viele andere Staaten noch? Also hören Sie doch auf mit diesen Mogelpackungen! Das ist doch ein Schmäh!


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Wenn Sie nicht mehr weiterkommen, dann rücken die Herrschaften der Oesterreichi­schen Nationalbank aus. Das ist eine besondere Institution. Das ist die Einrichtung zur Verleihung von Gütesiegeln an Institutionen mit Missständen. Das haben wir bei der Hy­po gesehen, und jetzt funktioniert das bei Ihrer ganzen Zuwanderungsgeschichte. Die sind jetzt ausgerückt und haben gesagt: Freuts euch doch, liebe Österreicherinnen und Österreicher, dass so viele Flüchtlinge kommen, das ist ein Konjunkturimpuls! – Ich war­te ja gerade noch, bis der Herr Gouverneur der Nationalbank einen Brief an den IS schreibt und sich dafür bedankt, dass er die Menschen vertreibt, so wie es uns immer er­klärt wird! – Das würde ja gerade noch fehlen. (Heiterkeit bei der FPÖ. Abg. Keck: Das ist zutiefst …!  Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, es gibt alles andere … (Zwischenbemerkung von Bundes­minister Schelling.– Sie brauchen nicht stolz zu sein auf Ihr Budget! (Ruf bei der SPÖ: Eine unglaubliche Rede! Vizekanzler Mitterlehner: Das ist viel zu viel, was Sie da Gas geben! Das sag’ ich Ihnen schon! Jeden Anstand verloren, wirklich wahr! Je­den Anstand!) – Ich würde Ihnen eines raten: Sie können sich zu Wort melden, wenn es Ihnen passt. Wissen Sie, mir geht es darum, dass auch einmal das zur Sprache kommt, was sich die Bevölkerung draußen denkt. Das ist mir wichtiger, als ob Sie sich hinter mir wohlfühlen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Lintl. Vizekanzler Mitter­lehner: Das ist voll daneben!)

Ich komme zum Schluss: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Finanzmi­nister hat ja in seiner Budgetrede gemeint, er kann sich mit einem Fußballtrainer ver­gleichen, der mit seiner Budgetstrategie dann quasi den Einzug in die Champions League zu verantworten hat. Ich habe ein Bild mitgebracht, das passender ist: Platz­wart, würde ich sagen, Herr Finanzminister, Platzwart auf der rot-schwarzen Proporz­spielwiese. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.) Das wäre die richti­ge Beschreibung. (Beifall bei der FPÖ.)

10.39


Präsidentin Doris Bures: Bevor ich Herrn Abgeordnetem Katzian das Wort erteile, möchte ich Ihnen, Herr Abgeordneter Kickl, in Erinnerung rufen, dass wir hier im Haus folgendes Prinzip haben: Zitate können natürlich verwendet werden, aber dann, wenn man ein Zitat verwenden will, um einem Ordnungsruf zu entgehen, weil man die Würde des Hohen Hauses beschädigen würde, soll davon Abstand genommen werden.

Ich wollte Ihnen dieses Prinzip, auf das wir uns geeinigt haben, nämlich auch bei Zita­ten so vorzugehen, in Erinnerung rufen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Strache: Der rumänische Ex-Präsident ist ein Böser!)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


10.40.43

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, das war wieder einmal eine typische Rede von Herrn Kickl (Rufe bei der FPÖ: Hervorragend!): Stakka­toartig vorgetragen (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ), wie wir es gehört haben, or­dentlich offensiv im Austeilen, gespickt mit sehr vielen weinerlichen Nebensächlichkei­ten. Und die üblichen xenophoben Seitenhiebe durften auch nicht fehlen. Menschlichkeit und Anstand – absolute Fehlanzeige! – Damit kann man sich nicht einmal, wenn man will, sachlich auseinandersetzen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte nun auf das Budget und auch auf die Budgetbegleitgesetze, die wir hier heu­te diskutieren, zu sprechen kommen.

Es ist in der Tat so, dass der Arbeitsmarkt vor sehr, sehr großen Herausforderungen steht: zum einen aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit, die trotz Rekordbeschäftigung weiter


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hoch ist, und zum anderen aufgrund des mäßigen Wirtschaftswachstums, das prognos­tiziert ist beziehungsweise das wir zu erwarten haben. Es braucht daher mehr Mittel für die Betreuung und Unterstützung der arbeitslosen Menschen in Österreich.

Wir sind insbesondere damit konfrontiert, dass ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer große Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben. Wir müssen in diesem Bereich die Beschäftigungsquote erhöhen, denn wenn wir das faktische Pensionsantrittsalter anheben wollen, ohne dass wir dafür sorgen, dass es Arbeit für ältere Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer gibt, dann wird das nicht funktionieren. Aber es geht natürlich auch darum, jene Menschen zu integrieren, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind und bei uns Asyl erhalten haben.

All das sind große Herausforderungen, denen wir uns zu stellen haben, und ich bin sehr froh darüber, dass im Zuge des Arbeitsmarktgipfels wichtige Maßnahmen und Ak­tivitäten beschlossen wurden, die neben den Auswirkungen der Steuerreform und von Lohnabschlüssen über der Inflationsrate positiv wirken werden.

Es wird mehr Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik geben, es wird der Einstieg in das Bo­nus-Malus-System stattfinden, und es wurden auch im Zusammenhang mit dem Ar­beitsrecht wichtige Maßnahmen auf die Reise geschickt. Ich bedanke mich dafür, dass das heute im Ministerrat beschlossen wurde. – All das sind Dinge, die wichtig sind.

Ich freue mich auch sehr, dass es endlich den All-in-Verträgen an den Kragen geht. In Zukunft muss es so sein, dass der Grundlohn beim All-in-Vertrag in diesem ausge­wiesen wird. Erstmals sehen dann die Leute, was sie sozusagen für eine 40-Stunden-Woche oder für eine 38,5-Stunden-Woche an Grundlohn beziehungsweise Grundge­halt bekommen und für wie wenig sie quasi rund um die Uhr im Standby-Betrieb zur Verfügung stehen müssen. Das wird der Anfang vom Ende der All-in-Verträge sein.

Gemeinsam mit weiteren Maßnahmen, etwa im Bereich der Konkurrenzklauseln oder dadurch, dass auch Teilzeitbeschäftigten im Unternehmen Vollzeitjobs angeboten wer­den müssen, sind das wichtige Maßnahmen, wo ich sagen möchte, dass ich sehr froh bin, dass diese auf die Reise geschickt wurden.

Weil es einige Stimmen gegeben hat, wo man meinte, das müsse man jetzt lang und breit diskutieren, bis man es umsetzen kann, möchte ich sagen: Ich erwarte mir, dass das genauso zügig umgesetzt wird wie andere Dinge, die gemeinsam vereinbart wur­den, und das bedeutet für mich, dass dies in der Dezember-Sitzung des Plenums zu ge­schehen hat. Eine Verzögerung beziehungsweise eine Hinhaltetaktik kann da nicht ak­zeptiert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

10.44


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. (Abg. Kogler: Endlich wieder etwas Gescheites! – Ruf bei der ÖVP: Der nächste Obmann der Grünen!)

Bitte, Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


10.44.52

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wer immer nur auf den Saldo schaut, wie das Frau Abgeordnete Tamandl und Herr Kollege Krainer tun, der muss na­türlich verfehlte Budgetpolitik betreiben. Dieser „Salden-Fetischismus“ kann nur zu ei­ner verfehlten Budgetpolitik führen, denn entscheidend ist doch: Wie ist die Struktur der Einnahmen und was passiert mit den Ausgaben im Budget? – Nicht der Saldo entschei­det, sondern die Zusammensetzung der Einnahmen und die Verwendung wofür: Das ist das Entscheidende! (Beifall bei den Grünen.)

Werfen wir jetzt einen Blick auf das, was in diesem Budget die entscheidende Maßnah­me ist: die Steuerentlastung!


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Die Steuerentlastung war sicherlich überfällig – das zeigt auch der Einkommensbericht des Rechnungshofes –, denn die untersten 25 Prozent der Einkommensempfänger ha­ben einen Wertverlust von 20 Prozent ihres Einkommens hinnehmen müssen und die untersten 10 Prozent einen solchen von 35 Prozent.

Schauen wir uns jetzt an, was sie auf der Gegenseite durch diese Steuerentlastung be­kommen!

Die untersten 10 Prozent kriegen gerade einmal 1,4 Prozent des Gesamtvolumens der Entlastung, die untersten 25 Prozent 10 Prozent, und die reichsten 10 Prozent in die­sem Land, gemessen am Einkommen, kriegen 22 Prozent. Und das soll eine sozial ge­rechte Steuerentlastung sein?! – Nein, das ist sie mitnichten, auch wenn SPÖ und ÖVP uns das immer wieder einzureden versuchen!

Wenn der Herr Bundeskanzler hier davon gesprochen hat, dass Mittelverdiener 4 500 € verdienen, dann muss ich sagen: Er irrt gewaltig! (Abg. Königsberger-Ludwig: Das hat er nicht gesagt!) Das mittlere Einkommen liegt bei 1 900 € und nicht bei 4 500 €, für Frauen sogar noch darunter! – Das müssen Sie wirklich einmal zur Kenntnis neh­men, und dann können Sie nicht zu solchen Befunden in Bezug auf die durch die Steu­erreform erfolgende Entlastung kommen. Ich finde das wirklich empörend! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schieder: „Bis zu“ – das ist ein Unterschied!)

Empörend ist das insbesondere deshalb, weil es sehr, sehr viele Frauen betrifft; empö­rend auch deshalb, weil sich die Einkommensschere weiter öffnet; empörend aber auch deshalb, weil extrem viel Geld ausgegeben wird, wo mit geringen Wachstums- und Be­schäftigungseffekten zu rechnen ist. Das Österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut sagt: Wenn die Gegenfinanzierung voll greift – was fraglich ist –, dann haben wir im nächs­ten Jahr einen Wachstumseffekt von 0,0 Prozent und einen Beschäftigungseffekt von 4 000 bis 6 000. (Abg. Kogler: Richtig!)

Mit 5 Milliarden € kann man wesentlich mehr für die Beschäftigung machen – wenn man nämlich die unteren Einkommen besser und stärker entlastet und einen Teil die­ser Gelder für Investitionen, etwa in die ökologische Umsteuerung der Wirtschaft, ver­wendet. (Beifall bei den Grünen.)

Aber das ist nicht passiert. Das alles wurde verpasst – ebenso wie es die Regierung verpasst hat, eine Erbschaftssteuer einzuführen. Millionen-Erben, Milliarden-Erben ge­hen nach wie vor ohne Erbschaftssteuer „spazieren“. (Neuerlicher Beifall bei den Grü­nen.)

Stellen Sie sich vor: Die zehn reichsten Österreicherinnen und Österreicher, die be­quem hier in der ersten Reihe Platz finden würden, verfügen über ein Vermögen, das höher ist als das Volumen des Jahresbudgets, das am Donnerstag beschlossen wer­den soll. – Das ist wirklich ein Skandal! (Beifall bei den Grünen.)

Werfen wir einen Blick weiter: Wie ist es denn mit der Besteuerung von großen Konzer­nen à la Google, Amazon, Starbucks und dergleichen mehr? Was passiert denn da? – Auslagenpolitik, Herr Finanzminister! Ich wiederhole: Auslagenpolitik! Die Großen rich­ten es sich, die Kleinen müssen zahlen. Dasselbe gilt im Übrigen für das Bankenpaket, die Zahlungen für den Hypo-Skandal. Die neuesten Zahlen von EUROSTAT zeigen, dass wir bereits 11,6 Milliarden € in dieses Desaster im Bankenbereich hineingebuttert haben. Und das Ende der Fahnenstange ist noch immer nicht erreicht.

Aber wofür haben wir aus diesen Gründen kein Geld? – Kein Geld haben wir für die Schulen. Da fehlen nicht nur die 350 Millionen €, da kommen ja auch noch die Kosten für die Gehaltserhöhung und für die Programme dazu. Da fehlen nächstes Jahr weit mehr als 500 Millionen €.

Wir haben auch zu wenig Geld für die Universitäten. Und wir haben zu wenig Geld für die Ärmsten dieser Welt – Stichworte: EZA, Welternährungsprogramm. Wir haben aber


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auch – und das ist ein Kardinalproblem in diesem Land – viel zu wenig Geld für die Ent­lastung der Arbeitslosen. Die Arbeitslosigkeit ist ein Problem, das dringend angegan­gen werden muss. Und da reichen nicht Beschäftigungsgipfelchen der Art, wie sie bei uns stattfinden, denn das, was Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, be­stiegen haben, war diesem Programm zufolge bestenfalls ein Maulwurfshügel. Ein Be­schäftigungsgipfel, der diesen Namen verdient, war das nicht.

Lassen Sie mich nun zu einer der Maßnahmen dieses Beschäftigungsgipfels kommen, und zwar zur Entlastung der Lohnnebenkosten. Dazu möchte ich jetzt einen Abände­rungsantrag einbringen und ihn in der Folge begründen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Judith Schwentner, Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushalts­gesetz 2013, das Bundeshaftungsobergrenzengesetz sowie weitere Gesetze geändert bzw. erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2016) in der Fassung des Berichtes des Bud­getausschusses (821 d.B.) wird wie folgt geändert:

Art 7 entfällt.“

*****

Das heißt, wir wollen diese Form der Lohnnebenkostenentlastung wieder rückgängig machen. Das heißt aber nicht, dass wir gegen eine Lohnnebenkostenentlastung sind. Ganz im Gegenteil: Wir wollen sie! Nur: Wir wollen sie anders machen. Und zwar ha­ben wir im Frühjahr ein Konzept vorgelegt, wie wir das machen können, nämlich durch eine ökosoziale Steuerreform. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn sich jetzt der Herr Lopatka hier herausstellt und sagt, es werden keine Kürzun­gen im Familienlastenausgleich infolge dieser Plünderung im Ausmaß von 920 Millio­nen € vorgenommen, so kann ich dem nur entgegenhalten: Dafür gibt es ohne Gegen­finanzierung keine Sicherheit!

Wenn Sie sagen, Herr Lopatka, die Entschuldung werde sich verlangsamen, dann heißt das, dass das Defizit des Budgets ansteigen wird. Sie nehmen also bewusst eine Erhöhung des Budgetdefizits in Kauf, obwohl wir auch in den Jahren 2017 und 2018 kei­nerlei Spielräume haben werden.

Also: Eine Sicherheit, dass es keine Kürzungen im Bereich der Familienleistungen gibt, gibt es nicht! Ganz im Gegenteil: Der Druck in Richtung Kürzungen der Leistungen im Familienbereich wird durch diese Maßnahme ansteigen!

Wie gesagt: Wir von den Grünen wollen eine Lohnnebenkostensenkung – aber nicht so, sondern anders!

Lassen Sie mich abschließend zu einem Bereich im Budgetbegleitgesetz kommen, der alle Abgeordneten betrifft, alle, die wir hier sitzen! – Mit dem Art. 2 des Budgetbegleit­gesetzes hat uns die Regierung eine Vorlage vorgelegt, wonach die Voranschlagsver­gleichsrechnung des vorläufigen Gebarungserfolges, erstellt durch den Rechnungshof, ersatzlos gestrichen werden soll. „Ersatzlos“ sage ich deshalb, weil es zwar einen Be­richt gibt, den das Finanzministerium diesem Hohen Haus vorlegen muss, dieser Be­richt aber bei Weitem nicht die Qualität hat, die die Voranschlagsvergleichsrechnung des Rechnungshofes hatte.


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Wir brauchen daher, wenn wir im Frühjahr über den Bundesfinanzrahmen entscheiden, eine in der Qualität vergleichbare Grundlage, die Transparenz schafft, die Informa­tionen liefert, auf deren Basis wir über das Bundesfinanzrahmengesetz befinden können.

Weil wir das brauchen, habe ich einen Abänderungsantrag eingebracht.

Dieser Abänderungsantrag liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, und ich werde nun kurz begründen, was in Bezug auf diesen Monatsbericht des Finanzministeriums geändert werden muss.

Es müssen Ergänzungen vorgenommen werden der Art, dass der Bericht aussage­kräftig ist, und zwar mit Begründungen und mit Quantifizierungen. Es muss auf Ände­rungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eingegangen werden. Es muss ein Ausweis der Veränderungen der Rücklagenstände erfolgen. Und es muss auch eine Darstellung der Abweichungen vom geltenden Bundesfinanzrahmengesetz erfolgen.

Wenn Sie mehr Transparenz wollen und nicht weniger, dann ersuche ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten von allen Fraktionen, diesem Abände­rungsantrag heute zuzustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

10.54


Präsidentin Doris Bures: Der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungs­antrag der Abgeordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen wurde bereits in schriftlicher Form überreicht, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhand­lung.

Auch der vorhin eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Schwent­ner, Kolleginnen und Kollegen ist genügend unterstützt und steht mit in Verhandlung. Im Übrigen wurde hinsichtlich dieses Antrages die Durchführung einer namentlichen Ab­stimmung verlangt.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Judith Schwentner und Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde zum Bericht des

Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (821 d.B.): betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz 2013, das Bundeshaftungsobergrenzen­gesetz, das Unternehmensserviceportalgesetz, das Wettbewerbsgesetz, das Freiwil­ligengesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Arbeitslosenversicherungs­gesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Allgemeinen Sozialver­sicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Gewerblichen Sozial­versicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bun­desmuseen-Gesetz 2002, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Katastrophenfondsge­setz 1996 und das Suchtmittelgesetz geändert werden sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Salzburg aus Anlass der 200-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich erlassen wird (Budgetbegleitgesetz 2016) (882. d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushalts­gesetz 2013, das Bundeshaftungsobergrenzengesetz sowie weitere Gesetze geändert


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 63

bzw. erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2016) in der Fassung des Berichtes des Budgetausschusses (821 d.B.) wird wie folgt geändert:

Art.7 entfällt.

Begründung

Wie am Arbeitsmarkt- und Konjunkturgipfel der Bundesregierung am 30.10.2015 be­reits angekündigt, sollen die Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) von derzeit 4,5% schrittweise gesenkt werden, um den Faktor Arbeit zu ent­lasten. Ab 2017 ist geplant, die DB-Beiträge um 0,4 Prozentpunkte und ab 1.1.2018 um weitere 0,2 Prozentpunkte zu denken. Eine weitere Senkung um 0,1 Prozentpunkte sollen ab 1.1.2018 jene Unternehmen erhalten, die bei der Beschäftigung Älterer über ihrem Branchenvergleich liegen (Bonus/Malus-System).

Für den FLAF würde diese Entscheidung in der Endstufe einen Einnahmenverlust von rund 1 Mrd Euro bedeuten: 520 Mio Euro ab 2017, ab 2018 bereits 790 Mio Euro (in Summe) bzw. bis zu 920 Mio Euro (in Summe) inkl. des Bonus-Malus-Systems.

Argumentiert wird die Senkung der Dienstgeberbeiträge im FLAF mit den Überschüs­sen, die in den letzten Jahren beim FLAF erzielt wurden und welche aufgrund hoher Be­schäftigungszahlen von der Regierung weiterhin erwartet werden.

Die defizitäre Situation des Reservefonds für Familienbeihilfen, d.h. die Verschuldung des FLAF beim Bund, bleibt jedoch unerwähnt. Die Verschuldung konnte aufgrund von Überschüssen in den letzten Jahren zwar reduziert werden, beträgt jedoch mit 31.12.
2014 nach wie vor knapp 3 Mrd Euro. Die kontinuierliche Schuldenreduktion war vor al­lem aufgrund des Sparpakets 2011 sowie der Mehreinnahmen aus Dienstgeberbeiträ­gen und Steuern möglich. Im aktuellen Budgetbericht 2016 geht die Bundesregierung davon aus, dass der Schuldenstand des Reservefonds per 31.12.2016 nach wie vor 2.350 Mio Euro betragen wird.

Analysen des Budgetdienstes des Parlaments zu Folge, wäre der FLAF in Folge einer Dienstgeberbeitragssenkung spätestens ab 2018 wieder defizitär. Die lang geplante und mehrmals angekündigte Entschuldung des FLAF würde nicht stattfinden, die Schulden des Reservefonds würden sogar wieder ansteigen. Der Gestaltungsspiel­raum bei den Familienleistungen verringert sich und der Druck Familienleistungen zu kür­zen, würde erheblich steigen, weil die steigenden Schulden des Reservefonds auf das Budgetdefizit voll durchschlagen.

Die Entlastung des Faktors Arbeit ist dringend geboten, darf aber nicht zu Lasten der Familien gehen. Die Dienstgeberbeiträge sollen erst ab 2017 gesenkt werden. Zeit ge­nug, um eine Gegenfinanzierung aufzustellen - etwa im Rahmen einer aufkommens­neutralen Ökosozialen Steuerreform, wie sie von den Grünen im Rahmen der Diskus­sionen über die Steuerreform 2015/16 entwickelt wurde - und damit auch eine längst notwendige Gesamtreform des FLAF zu initiieren.

*****

Abänderungsantrag (Zurückziehung siehe S. 83)

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Bud­getausschusses über die Regierungsvorlage (821 d.B.) Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz 2013, das Bundeshaftungsobergrenzengesetz, das Unterneh­mensserviceportalgesetz, das Wettbewerbsgesetz, das Freiwilligengesetz, das Fami­lienlastenausgleichsgesetz 1967, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Ar-


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beitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Suchtmittelge­setz geändert werden sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundes­zuschusses an das Bundesland Salzburg aus Anlass der 200-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich erlassen wird (Budgetbegleitgesetz 2016) (882 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsge­setz 2013, das Bundeshaftungsobergrenzengesetz, das Unternehmensserviceportal­gesetz, das Wettbewerbsgesetz, das Freiwilligengesetz, das Familienlastenausgleichs­gesetz 1967, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Fi­nanzierungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialver­sicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kran­ken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Gesund­heits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbrau­cherschutzgesetz, das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Suchtmittelgesetz ge­ändert werden sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Salzburg aus Anlass der 200-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich erlassen wird (Budgetbegleitgesetz 2016) in der Fassung des Berichtes des Budget­ausschusses (882 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Art. 2 wird folgende Ziffer 5a eingefügt:

5a. § 47 Abs. 2 lautet:

„(2) Die Bundesministerin für Finanzen oder der Bundesminister für Finanzen hat dem Nationalrat jährlich bis zum 31. März den vorläufigen Gebarungserfolg des vorange­gangenen Finanzjahres zu übermitteln; dieser hat den Ergebnis- und den Finanzie­rungsvoranschlag der Ergebnis- und Finanzierungsrechnung in der Gliederung des Bun­desvoranschlages gegenüberzustellen. Darüber hinaus hat er zu enthalten:

1. aussagekräftige Erläuterungen je Untergliederung zu Abweichungen gegenüber den Voranschlägen der Ergebnis- und Finanzierungsrechnung. Dabei sind insbesondere die Gründe für die Abweichung zu benennen und zu quantifizieren, wobei auf allfällige Än­derungen der ökonomischen und sonstigen Rahmenbedingungen Bezug zu nehmen ist.

2. einen Ausweis der Veränderungen des Rücklagenstands je Untergliederung

3. eine Darstellung der Abweichungen von Werten des jeweils geltenden Bundesfinanz­rahmengesetzes.“

2. In Art. 2 wird folgende Ziffer 5b eingefügt:

5b. Nach § 47 Abs. 2 werden folgende Abs. 2a und 2b angefügt

„(2a) Zugleich ist jeweils zum Ende des vorangegangenen Finanzjahres in aggregierter Form zu berichten über

1. die im vorangegangenen Finanzjahr vorgenommenen Stundungen, Ratenbewilli­gungen Aussetzungen und Einstellungen der Einziehung bei Forderungen des Bundes sowie

2. Stand und Veränderungen der Rücklagen der Detailbudgets (§§ 55, 56) sowie über Stand und Veränderung der Neubewertungsrücklagen (§ 91 Abs. 7).


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(2b) Die haushaltsleitenden Organe haben der Bundesministerin für Finanzen oder dem Bundesminister für Finanzen die zur Erstellung dieser Berichte erforderlichen Unterla­gen und Informationen zeitgerecht zu übermitteln; die dabei einzuhaltende Vorgangs­weise ist von der Bundesministerin für Finanzen oder dem Bundesminister für Finan­zen durch Richtlinie festzulegen.“

Begründung

Durch die in Art. 2 des Budgetbegleitgesetzes 2016 vorgesehene Streichung der Er­stellung der Voranschlagsvergleichsrechnung zum 30. April durch den Rechnungshof (§ 118 BHG 2013) gehen dem Gesetzgeber wichtige, aussagekräftige Unterlagen über den Budgetvollzug des vorangegangenen Finanzjahres verloren. Dieses „Manage­ment-Tool“ ist für die Beurteilung des Bundesfinanzrahmengesetzes, das bis spätes­tens 30. April dem Nationalrat vorzulegen ist, von großer Bedeutung. Der Bericht des Finanzministers über den vorläufigen Gebarungserfolg gemäß § 47 (2) BHG 2013 kommt nicht an die Aussagekraft und Qualität der Voranschlagsvergleichsrechnung des Rechnungshofes heran. Eine Ergänzung des § 47 (2) BHG 2013 ist daher erfor­derlich, damit der Nationalrat über die notwendigen Informationen verfügt, um budget­politische Beschlüsse mit weitreichenden Folgen im jeweiligen Bundesfinanzrahmen­gesetz fassen zu können.

Eine Verbesserung des Berichts zum vorläufigen Gebarungserfolg setzt aussagekräf­tige Erläuterungen voraus. Es sind daher je Untergliederung bedeutsame Abweichun­gen von den Voranschlägen der Finanzierungs- und Ergebnisrechnung bzw vom Bun­desfinanzrahmen quantitativ darzustellen und zu begründen. Bei den öffentlichen Ab­gaben der UG 16 hat die Darstellung jedenfalls auf Ebene der Detailbudgets zu erfol­gen. Dabei sind insbesondere Abweichungen bei den Steuern vom Einkommen und Vermögen sowie bedeutsamer Verbrauchs- und Verkehrsteuern darzustellen und zu begründen. Abweichungen, die auf Änderungen der wirtschaftlichen sowie anderer Rah­menbedingungen zurückzuführen sind, sind in der Begründung aller Untergliederungen darzustellen.

Im Sinne einer ergebnisorientierten Budgetierung hat der Bericht auch darzustellen, in welchem Ausmaß bedeutsame Maßnahmen und Programme für das Berichtsjahr um­gesetzt wurden.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


10.54.39

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Bundesminister Schelling hat in einer nicht einfachen Zeit ein gutes Budget vorgelegt – ein Budget, das nachhaltig und zukunftsfit ist! Das beantworten wir von der ÖVP mit einem eindeutigen Ja. Ich er­kläre Ihnen auch, warum.

Erstens: Die Schuldenquote sinkt um 1 Prozent.

Und zweitens: Wir haben zum dritten Mal in Folge ein strukturelles Nulldefizit.

Die Schuldenquote würde stärker sinken, hätten wir nicht die Hypo abzuarbeiten. Und bevor der Herr Kollege Kickl hier als Moralapostel auftritt, sollte er lieber darüber nach­denken, wer dieses Desaster in Kärnten zu verantworten hat (Abg. Strache: Martinz und Kaiser!), und bedenken, dass einer, der bei allen Beschlüssen mit dabei war, immer noch in der zweiten Kammer dieses Hauses sitzt, nämlich der Herr Landeshauptmann


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 66

außer Dienst Dörfler. Wenn man sich hier schon als Moralapostel aufspielt, dann sollte man wenigstens dafür sorgen, dass die politischen Mandatsträger auch zur Verantwor­tung gezogen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir investieren mit diesem Budget zusätzlich in Forschung und Bildung, in die Infra­struktur, was das Breitband anbelangt, und natürlich auch in die Sicherheit. Und die Steuerreform, meine Damen und Herren, bringt eine Entlastung von über 5 Milliarden €. Davon werden rund 6 Millionen Menschen in Österreich profitieren, sie werden dadurch mehr Geld im Börsel haben, und das wird die Kaufkraft steigern und wird das Wirt­schaftswachstum ankurbeln.

Wenn man brutto 2 500 € verdient, meine Damen und Herren, dann ist das sicherlich ein Durchschnittsverdienst in Österreich, und aufgrund dieser Steuerreform hat man rund 1 000 € Entlastung pro Jahr, beginnend mit dem 1. Jänner 2016. Das darf man nicht kleinreden, das ist eine wichtige Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger in die­sem Lande. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Der Konjunktur- und Arbeitsmarktgipfel ist bereits im Budget abgebildet: Es gibt zu­sätzliche Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik im Ausmaß von 350 Millionen € ab dem Jahr 2017, 300 Millionen sind es für das kommende Jahr, und das bedeutet 12 000 bis 16 000 Arbeitsplätze mehr. Auch das Bonus-Malus-System, eine wichtige Maßnahme insbesondere für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wird mit die­sem Paket bereits umgesetzt.

Nun ein Wort zur Senkung der Lohnnebenkosten: Meine Damen und Herren, das ist ein wichtiges Signal an die Wirtschaft in diesem Lande! Es nützt dem Standort und auch der Sicherung der Arbeitsplätze, dass die Lohnnebenkosten in mehreren Schritten ge­senkt werden.

Auch eine Anmerkung zum FLAF: Ich verstehe die Hysterie nicht, die hier verbreitet wird. Denn: Wir haben es hier mit einer Senkung von 4,5 auf 3,9 Prozent beim Dienst­geberbeitrag zu tun, und zwar in Schritten, meine Damen und Herren. Und die Fami­lienleistungen werden nicht gekürzt. (Abg. Höbart: Der Katholische Familienverband steht schon vor der Tür!) Wenn Sie wollen, dann gebe ich hier eine Garantieerklärung ab, auch für die Österreichische Volkspartei: Wir kürzen keine Familienleistungen durch die Senkung des FLAF! (Beifall bei der ÖVP.)

Im Gegenteil: Wir heben die Familienbeihilfe an, mit 1. Jänner 2016 und mit 1. Jän­ner 2018 jeweils um 1,9 Prozent! Wir haben zusätzlich über 300 Millionen € in den Aus­bau der Kinderbetreuungseinrichtungen gesteckt, und mit der Steuerreform werden durch die Verdoppelung des Kinderfreibetrages zusätzlich 100 Millionen € den Familien zufließen. Wir heben die Familienleistungen auf einem hohen Niveau an, meine Da­men und Herren, wir kürzen sie nicht. Das wird es mit der ÖVP nicht geben! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Lopatka: Sehr gut!)

Auch das Arbeitsrechtspaket hat heute den Ministerrat passiert, wo es um All-in-Ver­träge, um Konkurrenzklauseln, um Ausbildungskostenrückerstattung, um 12 Stunden bei Reisezeit geht – wichtige Signale und Impulse für den Standort und für den Arbeits­markt in Österreich!

Das sind die richtigen Antworten in schwierigen Zeiten! Wir haben ein gutes Budget hier zur Beschlussfassung vorliegen – ein Budget, das zukunftsfit ist, das für die Zu­kunft in diesem Lande und für die Menschen in Österreich ein wichtiges Signal ist! (Bei­fall bei der ÖVP.)

10.58


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Hab­le. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 67

10.59.06

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Bürger und Bürgerinnen auf der Besucherga­lerie und vor den Bildschirmen zu Hause! Wir haben es jetzt gerade wieder gehört, der Kollege Wöginger hat es auch angesprochen: Wir haben offensichtlich das dritte struk­turell ausgeglichene Budget hintereinander. Dann ist ja die Welt in Ordnung und dann könnten wir alle nach Hause gehen. Wunderbar, wenn es tatsächlich so wäre.

Die Wahrheit schaut aber anders aus. Das strukturelle Defizit war ja einmal eine gute Idee, nämlich die gute Idee, dass man bei der Budgeterstellung Konjunktureffekte he­rausrechnet und sich die Struktur eines Budgets einmal anschaut, also den Kern, näm­lich, ob der gut ist oder ob man da in den roten Zahlen ist.

Und wie kommt man heutzutage, auch beim Budget 2016, auf ein ausgeglichenes Bud­get? – Na, indem man die erste Toleranzgrenze in Anspruch nimmt, indem man die zweite Toleranzgrenze in Anspruch nimmt und indem man die Banken, nämlich allen voran die Hypo Alpe-Adria, herausrechnet, weil es eben ein unvorhergesehenes und ein­maliges Ereignis ist, wie wir hören. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Na ja, ob es unvorhergesehen ist, das ist die große Frage. – Die OeNB-Berichte zurück bis ins Jahr 2001 sagen etwas ganz anderes: Das war nicht unvorhergesehen. Und ist das tatsächlich ein einmaliges Ereignis? – Ist es ein einmaliges Ereignis, in das wir seit 2008 Milliarden hineinzahlen?

Was ist noch herausgerechnet worden? – Die Flüchtlingskosten sind herausgerechnet worden. Auch das wäre unvorhergesehen und ein einmaliges Ereignis gewesen. – Na ja, wenn man sich die Flüchtlingslager im Nahen Osten angeschaut hat, seit Jahren schon, dann war das auch nicht ganz so unvorhergesehen. Und wer sagt denn, dass das ein einmaliges Ereignis ist? Wer sagt denn, dass uns das nur heuer und nächstes Jahr betrifft? Wer sagt denn, dass uns das nicht die nächsten zehn Jahre betrifft? (Bun­desminister Schelling: … die Steigerungsrate …!)

Aber so kann man sich eben die Wahrheit schönrechnen, denn die Wahrheit ist eine andere. Die Wahrheit ist nämlich nicht ein ausgeglichenes Budget, die Wahrheit ist, dass schon alleine beim Finanzierungshaushalt, also der Kassa, wo das Geld Cash hi­nein- und hinausgeht, 5 Milliarden € fehlen. Das ist auch die Zahl, die medial kolportiert wird: Wir hätten nächstes Jahr ein Defizit von 5 Milliarden €.

Aber nicht einmal das ist die Wahrheit, denn die Wahrheit findet sich im sogenannten Ergebnishaushalt wieder, dort, wo die wirklichen Erträge und Aufwendungen drinste­hen. Das ist nämlich der Vorteil des neuen Haushaltsrechtes seit 2013: dass wir da, zu­mindest auf Bundesebene, endlich Transparenz haben. Und diese Transparenz gibt kein schönes Bild ab: Dort ist nämlich nicht von 5 Milliarden Defizit die Rede, sondern von 9,8 Milliarden. Also wir machen nächstes Jahr auch wieder knappe 10 Milliarden € Defizit.

Und dann frage ich mich, wenn ich die ganzen Austeritätsapostel höre oder diejenigen, die immer sagen, das Beste, das man jetzt noch machen könnte, ist, dass der Staat einfach seine Staatsausgaben ankurbelt und noch mehr Milliarden ausgibt und noch mehr Milliarden auf jedes Problem wirft, dann also frage ich mich, wo denn diese Aus­teritätspolitik ist. Wo ist sie denn, wenn wir auch nächstes Jahr wieder 10 Milliarden € mehr ausgeben, als wir einnehmen, und wieder 10 Milliarden € mehr in den Schulden­rucksack hineingeben? – Tatsache ist, das ist keine Austeritätspolitik. Tatsache ist, das ist eine Fortsetzung der bekannten Schuldenpolitik: eine Schuldenpolitik, die wir seit zwei Generationen sehen, eine Schuldenpolitik, bei der unsere Großeltern die Letzten waren, die ein ausgeglichenes Budget gesehen haben. Ich frage mich, wann das wie­der eintreten wird, welche Generation in der Zukunft endlich wieder einmal ein ausge­glichenes Budget sehen wird.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 68

Die große, entscheidende Frage ist: Warum ist das so? Warum ist das so, dass Jahr für Jahr der Staat, der Bund, mit den Einnahmen nicht auskommt, Jahr für Jahr mit Re­kordeinnahmen nicht auskommt? – Die Antwort ist klar: weil die Ausgaben völlig außer Rand und Band sind. Wenn wir die deutsche Ausgabenstruktur hätten, würde Öster­reich jedes Jahr 22 Milliarden € weniger ausgeben. Das sind 11 000 € weniger Ausga­ben pro Familie. Das heißt, wir haben hier kein strukturelles Nulldefizit, wir haben hier ein strukturelles Fass ohne Boden. – Das ist das Budget 2016!

Warum ist das so? – Weil es bei den Reformen einen völligen Stillstand gibt: einen völ­ligen Stillstand bei wesentlichen Reformen, die anzugehen wären. Und dabei wäre nur wichtig, dass diese Bundesregierung zumindest einmal ein Signal setzt, zumindest ei­ne Reform angeht, zumindest die Bereitschaft zeigt und erkennen lässt, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt hat (Abg. Rädler: … Steuerreform …!), dass sie die Reform­notwendigkeit erkannt hat und dass sie bereit ist, zu handeln. Nur ein Zeichen wäre einmal notwendig – aber weit und breit ist nichts zu sehen. (Abg. Rädler: Sie haben die Steuerreform verschlafen!)

Dabei wissen wir ja, was notwendig wäre. Wir müssten endlich die Wahrheit anspre­chen, nämlich dass das Pensionsantrittsalter mit der Lebenserwartung mitsteigen muss, und dies entsprechend umsetzen. Wir müssen bei den Förderungen kürzen, die manch­mal gut, aber viel öfter Klientelpolitik sind, und wir müssen endlich einen Föderalismus nach Schweizer Vorbild einführen, wo man mit viel weniger Geld viel mehr erreicht. Das wäre Verantwortung – das können Sie übrigens auch im NEOS-Steuerreformpro­gramm nachlesen –, das wäre notwendig.

Hier (ein Heftchen mit der Überschrift „weniger – einfacher – generationengerecht“ in die Höhe haltend) steckt Zukunft drin, hier steckt Verantwortung drin, und diese Ver­antwortung müssten Sie übernehmen. (Abg. Matznetter: Das ist aber sehr dünn!)

Der Herr Bundeskanzler ist gerade nicht da, aber ich lasse es trotzdem nicht zu, dass er sich immer am Finanzminister abputzt. Der Bundeskanzler ist der Chef der Bundes­regierung, der Bundeskanzler trägt die Gesamtverantwortung. Herr Bundeskanzler, ich richte es Ihnen in Abwesenheit aus: Wenn Sie diese Verantwortung nicht wahrnehmen wollen, wenn Sie diese Verantwortung nicht tragen wollen, dann geben Sie sie ab! – Dan­ke. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

11.05


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Kirchgat­terer zu Wort. – Bitte.

 


11.05.38

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Werte Minister! Meine Da­men und Herren! Hohes Haus! Werte Gäste auf der Galerie! Mein Vorredner hat Vor­würfe gegen die Bundesregierung und auch gegen die Regierungsfraktionen vorge­bracht – ich kann diese entkräften. Die Rechnungsabschlüsse der letzten Jahre sind je­weils positiv, das Ergebnis war besser als budgetiert. Das zeigt eindeutig, dass Budget­disziplin großgeschrieben wird, und diese Budgetdisziplin wird weiter fortgesetzt.

Meine Damen und Herren! Einer der ersten Redner zum Budget war Klubobmann Stra­che. Er hat darauf hingewiesen, dass es Probleme mit den Steuergruppen gibt. – Das Gegenteil ist der Fall: Die Steuerreform reduziert die Steuergruppen von fünf auf drei, das kommt vielen Österreicherinnen und Österreichern zugute. Es wäre sehr gut, wenn sich auch Herr Strache mit dieser Thematik wirklich beschäftigen würde. (Abg. Neu­bauer: Da brauchen wir nicht Sie dazu!)

Meine Damen und Herren, wir behandeln auch das Budgetbegleitgesetz, und in die­sem Budgetbegleitgesetz ist die Novelle zum Gedenkdienst enthalten. Darauf möchte ich eingehen, und zwar deshalb, weil dieser sehr, sehr wichtig ist für unsere Republik.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 69

Diese Novelle bringt wesentliche und grundlegende Verbesserungen für den Gedenk­dienst, der demokratiepolitisch von großer Bedeutung ist und dessen Wirkung große Wertschätzung erfährt, wobei die wissenschaftliche Aufarbeitung, die Bildungsarbeit und die Aufklärungsarbeit sehr geschätzt werden.

70 Jahre nach dem Ende des NS-Regimes werden die Zeitzeugen der Naziverbrechen immer weniger. Daher ist es umso wichtiger, dass junge Österreicherinnen und Öster­reicher an den Gedenkstätten und zeithistorischen Forschungseinrichtungen arbeiten und über die Ursachen und Folgen der Verfolgungs- und Vernichtungspolitik informie­ren. (Abg. Neubauer: Wer hat denn die Rede geschrieben?) Unsere Forderung, den Gedenkdienst unter den Lehrlingen bekannter zu machen, wird auch umgesetzt und – ganz wichtig – der Zugang für die Frauen wesentlich erleichtert.

Meine Damen und Herren, es werden rechtzeitig vor dem Ende des Gedenkjahres 2015 diese wesentlichen Punkte umgesetzt (Abg. Kitzmüller: Wovon reden Sie?) und – das ist gut für den Gedenkdienst, für die Gedenkdienstleistenden – damit eine wesentliche finanzielle Absicherung mit einem relativ kleinen Budgeteinsatz von 280 000 € erreicht. (Zwischenruf des Abg. Darmann.)

Meine Damen und Herren! Vielen kommt das heutige Budget 2016, insbesondere die Steuerreform, zugute. Viele Österreicherinnen und Österreicher profitieren davon: Es sind die Arbeitnehmer, es ist der Mittelstand, es sind die Selbständigen, es sind die Pensio­nisten. (Abg. Neubauer: Nehmen Sie das Wort „Pensionisten“ nicht in den Mund bei dem Budget!) Es wird investiert werden, es wird die Kaufkraft gestärkt. – Es ist ein Budget für die positive Weiterentwicklung unserer Republik. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.08


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Abgeordnete Ing. Dietrich zu Wort. – Bitte.

 


11.09.14

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Österreich ist in einer sehr schwierigen Situation, und daran gibt es nichts schönzureden. Wir haben mehr als 500 000 Arbeitslose, wir haben Schulden, die enorm sind, die jährlich steigen, und wir haben eine Völkerwanderung in einem Ausmaß, wie sie sich keiner von uns je­mals hätte vorstellen können. (Abg. Kogler: Aber ja!)

Meine geschätzten Damen und Herren! Gerade in dieser Situation hätten wir uns Füh­rungsqualitäten seitens der Bundesregierung gewünscht. (Ruf bei der FPÖ: Von wem?) Wir hätten uns gewünscht, dass uns die Bundesregierung Sicherheit und Stabilität gibt (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Da haben wir leider die falsche Regierung!), aber lei­der Gottes war alles andere als dies der Fall.

Denken wir doch daran zurück, als die ersten Flüchtlinge kamen: Damals hat man das Problem kleingeredet, obwohl man – wie wir im Nachhinein wissen – seit einem Jahr über dieses Thema Bescheid wusste und obwohl man längst Vorkehrungen hätte tref­fen können.

Und, meine geschätzten Damen und Herren, das, was Sie seitens der Regierung zum Thema Zaun, Türe mit Seitenteilen oder Sonstigem geliefert haben, das war wirk-
lich erbärmlich! (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Kickl. – Zwischenruf des Abg. Amon.)

Wenn Sie heute sagen: Na ja, die Kosten, die können wir eh so verpacken, dass sie nicht budgetwirksam sein werden!, antworte ich Ihnen, dass uns das alles nichts hilft, denn bezahlen müssen wir sie trotzdem. Und ich würde höchsten Wert darauf legen, dass diese Kosten tatsächlich so hoch veranschlagt würden, wie sie sind, denn die


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Bürger, wir alle hier im Parlament haben ein Recht darauf, dass wir transparente, ehr­liche Zahlen erhalten.

Meine geschätzten Damen und Herren, auch das Thema Obergrenze kann man nicht vom Tisch wischen. Das ist ein Thema, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen! Wenn Landeshauptmann Schützenhöfer sagt, wir haben die Grenze erreicht, dann müs­sen wir diese Aussage ernst nehmen. Wir müssen, wenn wir den Sozialstaat erhalten wol­len, eine Grenze des Machbaren definieren (Beifall beim Team Stronach – Zwischenruf des Abg. Neubauer), und ich sage Ihnen: Wir haben diese Grenze erreicht, darüber brau­chen wir nicht mehr zu diskutieren!

Auch wenn wir alle Mitgefühl haben und sagen: Die armen Menschen sind vertrieben worden beziehungsweise viele sind vertrieben worden – wir wissen ja, dass ein Teil Wirtschaftsflüchtlinge sind; auch darüber möchte ich ernsthaft diskutieren –, so müssen wir uns trotzdem bewusst sein, dass wir ein erhöhtes Sicherheitsrisiko importieren. Auch dieses Thema darf die Bundesregierung nicht kleinreden. Dieses Thema muss ernst­haft debattiert werden und diesbezüglich müssen Vorkehrungen getroffen werden.

Der IS-Terror hat Europa längst erreicht – nicht umsonst haben wir in Wien eine er­höhte Sicherheitsstufe. Meine geschätzten Damen und Herren, die Situation ist ernst, und wir fordern Leadership seitens der Regierung!

Ein Thema, das uns gleichfalls alle, jeden Einzelnen betrifft, das ist die Wirtschaftspoli­tik, denn nur das, was erwirtschaftet wird, kann der Staat wieder ausgeben, und wir ha­ben eine Wirtschaftspolitik, die ständig hinterherhinkt. Deutschland hatte 2005 eine dop­pelt so hohe Arbeitslosenzahl wie Österreich, und heute sind die Arbeitslosenzahlen niedriger, weil man eben Maßnahmen gesetzt hat, die die Wirtschaft ankurbeln. Was haben wir gemacht? – Wir haben die Bürokratie noch aufgebläht und stecken die gan­ze Energie in die Verwaltung von Arbeitslosen, anstatt zu schauen, Arbeitsplätze zu schaf­fen. (Beifall beim Team Stronach.)

Wenn Wifo-Chef Aiginger meint, diese Krise ist hausgemacht, dann hat er absolut recht. Und um es nicht nur in das Eck zu stellen, dass eine Oppositionspartei alles schlechtredet: Auch der ehemalige Vizekanzler Dr. Androsch hat ganz klar gesagt, wenn wir so weitertun, fährt Österreich mit 200 km/h an die Wand. – Ich frage die Ver­treter der Regierungsparteien: Wollen Sie das wirklich? – Ich sage Ihnen, wir wollen das nicht. Wir wollen eine Wirtschaftspolitik, die Arbeitsplätze schafft, die aber auch den Unternehmen die nötige Luft zum Atmen gibt. (Beifall beim Team Stronach.) Das heißt, wir wollen ein einfaches Steuersystem, und wir verwehren uns dagegen, dass Unternehmer ständig kriminalisiert werden. (Ruf bei der ÖVP: Wer ist „wir“?)

Zum Thema Registrierkassen: Ich habe unlängst mit einer Friseurmeisterin geredet, die gesagt hat, sie schafft jetzt eine Registrierkasse an, aber sie zahlt der Firma dop­pelt so viel, weil man ja noch nicht genau weiß, welches EDV-System kommen wird. Sie schließt jetzt gleich einen Vertrag ab, dass man das System noch im Nachhinein an die Notwendigkeiten anpassen kann. – Ich sage Ihnen, das ist eine Vorgangsweise seitens der Bundesregierung, die absolut nicht in Ordnung ist, weil sie verunsichert und weil sie vor allem erhöhte Kosten für die Unternehmer schafft. Das lehnen wir ab, das wollen wir nicht! (Beifall beim Team Stronach.)

Ein Wort zum Sozialbereich (Ruf bei der ÖVP: Zu Salzburg!): Kollege Krainer hat ge­sagt, das System ist omafit. – Ich sage Ihnen, das System ist opafit: Es ist opafit bei den Pensionen, weil nämlich jene Opas, die Privilegien haben, es sich gerichtet haben, und sie werden diese Privilegien auch in die Zukunft mitnehmen können. Nur leider ist das System nicht enkelfit, weil den jüngeren Generationen nichts bleiben wird. Sie werden eine geringe Pension haben, weil eben das Geld für die eigene Lobby, für das eigene Netzwerk, für die Privilegien ausgegeben wird. Ich sage Ihnen von dieser Stelle,


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wir vom Team Stronach werden alles daran setzen, dass Privilegien im Pensionsbe­reich abgeschafft werden, weil sie nicht zeitgerecht sind und weil sie äußerst unfair sind. (Beifall beim Team Stronach. – Ruf bei der ÖVP: … Griechenland!)

In Griechenland hat man sehr wohl in die hohen Pensionen eingreifen können, und niemand kann mir erklären, dass das in Österreich nicht auch so sein kann. – Ich sage Ihnen, wir setzen uns dafür ein und wir werden in Richtung eines fairen, nachhaltigen, finanzierbaren Systems arbeiten. (Beifall beim Team Stronach.)

11.16


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Bundesminister Dr. Schelling zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


11.16.40

Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Präsident! Ge­schätzte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Geschätzte ZuschauerInnen vor den Bild­schirmen und auf der Galerie! Es ist nicht erforderlich, dass ich die Ausführungen der Budgetrede hier nochmals wiederhole, aber zumindest einige Elemente möchte ich schon noch einmal klarstellen.

Erstens: Nach dem Budget ist vor dem Bundesfinanzrahmen, das heißt, das Haus ar­beitet bereits an der nächsten Stufe im Bundesfinanzrahmen. Und wenn hier die Frage gestellt wurde, wo denn die Lohnnebenkostenentlastungen budgetiert sind, dann kann ich Ihnen sagen: Im Bundesfinanzrahmen, den wir diesem Haus im Frühjahr vorstellen werden. – Ich kann doch nicht budgetieren, auch wenn die Kritik hier kommt, was es 2017 und 2018 an Entlastung gibt, und das im Budget 2016 darstellen – und wir disku­tieren hier das Budget 2016.

Der zweite Punkt ist: Ich habe in der Budgetrede klargestellt, und dazu bekenne ich mich auch, dass wir weitere Reformschritte brauchen, sonst wird das nicht funktionie­ren. (Beifall bei der ÖVP.) Und da bin ich völlig d’accord, da bin ich völlig einverstanden damit, dass wir hier das Reformtempo erhöhen müssen – auch das habe ich deutlich und klar gemacht.

Was nun die Transparenz und die Zahlen anbelangt, lassen Sie mich zwei Beispiele bringen: Herr Abgeordneter Lugar, wenn Sie nun behaupten, die Steuerreform würde durch die 5,1 Milliarden … (Abg. Lugar spricht mit Abg. Kogler. – Abg. Kogler: Ent­schuldigung!) – Ich beginne noch einmal: Herr Abgeordneter Lugar, wenn Sie sagen, die Steuerreform wird mit 5,1 Milliarden neuen Schulden gegenfinanziert, dann würde ich Ihnen empfehlen, dass Sie sich das, was hier im Hohen Haus beschlossen wird, ein­mal anschauen.

Im Jahr 2014 hat der Bundesfinanzrahmen für das Jahr 2016 eine Neuverschuldung von 4,8 Milliarden vorgesehen; daher ist an der Erhöhung von 4,8 Milliarden € auf 5,1 Mil­liarden € nicht die Steuerreform schuld. Das sollten Sie bitte so zur Kenntnis nehmen, denn die Steuerreform wird solide gegenfinanziert. (Zwischenruf des Abg. Lugar.) Sie stellen sich hier heraus und behaupten, das sei ein Abtauschen von Schulden und Steu­erreform. Das stimmt einfach nicht, weil die Steuerreform entsprechende Gegenfinan­zierungsmaßnahmen inkludiert, die zwischenzeitlich übrigens auch von der Kommis­sion anerkannt wurden.

Und noch ein kleines Beispiel, weil Sie vor Kurzem eine Presseaussendung gemacht haben, wir hätten Zahlen nicht budgetiert – ich darf Ihnen das kurz erläutern: Sie spre­chen in Ihrer Presseaussendung von der KA Finanz – das ist die ehemalige Kommu­nalkredit, nehme ich an –, Sie sprechen von der ÖVAG. Dann schauen Sie bitte die UG 46 an: Für Vorsorgen von Abbauaktivitäten sind für die Jahre 2016 bis 2019 für die KA Finanz je 300 Millionen € eingestellt, und darüber hinaus ist auch für die ÖVAG für das Jahr 2016 eine Asset-Garantie eingestellt.


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Sie behaupten aber in der Öffentlichkeit, wir hätten das nicht dargestellt (Zwischenruf des Abg. Lugar), und daher ersuche ich Sie um eines: Wenn Sie schon Transparenz einfordern, dann lesen Sie bitte das Budget und sagen Sie in der Öffentlichkeit, was wirklich eingestellt ist! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird bei diesem jetzt vorgelegten und ausbalancierten Budget selbstverständlich notwendig sein, dass wir einen strikten Bud­getvollzug fahren. Das ist Bedingung, und die Ministerien haben sich auch dazu be­kannt. Alle wissen, dass wir in dieser Situation keine Spielräume haben; ich werde das auch noch einmal darstellen.

Wenn man jetzt über die Steuerreform, die die Entlastung von über 5 Milliarden € reali­siert, sagt, sie sei nicht symmetrisch in den unteren Einkommen, dann vergessen dieje­nigen, wie Herr Rossmann, darauf hinzuweisen, welche gigantischen Transferleistun­gen in den unteren Einkommen passieren und dass uns daran gelegen ist, jene, die Steuern zahlen, zu entlasten – und das ist mit dieser Steuerreform jedenfalls gelungen; da sind Maßnahmen gesetzt worden, wodurch wir sehr wohl in das Wachstum inves­tieren, auch durch die Steuerreform.

Wenn hier auch noch davon gesprochen wird, es gebe keine Investitionen in den Wohn­bau, dann sollte man sich das Wohnbauprogramm der BIG anschauen und man sollte sich anschauen, dass heute die Wohnbaubank Neu beschlossen wurde, die ebenfalls große Investitionen darstellt.

Es wird immer noch darauf hingewiesen, welches Problem die HETA darstellt. – Ja, natürlich ist die HETA, früher Hypo Alpe-Adria, ein budgetäres Problem; das bestreitet auch überhaupt niemand. (Zwischenruf des Abg. Kogler.) Aber wer packt es denn an, das Problem zu lösen? – Doch eher ich und nicht die Freiheitlichen in Kärnten, die ständig dagegen stimmen, dass das HETA-Problem gelöst wird! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das ist doch die Ausgangssituation, die wir haben; und ich habe das Problem geerbt, nicht geschaffen; darüber können wir gerne diskutie­ren. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wenn Herr Hable Ausführungen zum strukturellen Defizit macht, dann bin ich tief be­eindruckt, denn das strukturelle Budgetdefizit – glaube ich, sagen zu können –versteht niemand. Ich habe gestern eine heiße Diskussion im Rahmen der Euro-Gruppe in Brüs­sel gehabt betreffend die Fragestellung: Wie errechnet man eigentlich ein strukturelles Defizit, und ist diese Kennzahl die richtige Kennzahl? – Wir setzen uns dafür ein, dass das sauber wird, und ich habe gestern klargestellt: Das Verfahren für das strukturelle Defizit ist intransparent, nicht nachvollziehbar und führt zu einer Ungleichbehandlung der Mitgliedstaaten. (Abg. Kogler: So ist es auch!)

Lassen Sie mich zwei Beispiele herausarbeiten: Wenn ein Mitgliedstaat 1,4 Prozent strukturelles Defizit macht und die Kommission feststellt, dass er trotzdem im Rahmen des Stabilitätspakts, wie es so schön heißt, fully compliant ist, also alle Voraussetzun­gen erfüllt, und wir ein deutlich niedrigeres strukturelles Defizit machen und auf risk ge­setzt werden, wenn ein Land 2,4 Prozent strukturelles Defizit macht – nicht Maastricht, strukturell – und als weitestgehend in Ordnung eingeschätzt wird, dann werden hier un­terschiedliche Maßstäbe angelegt. Ich bitte, auch das zu beachten, wenn wir diese Dis­kussion über das strukturelle Defizit führen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordne­ten Cap und Matznetter.)

Sie kennen auch dazu meine Äußerungen; ich habe gesagt, ich bin weder mit der Er­rechnung glücklich noch überhaupt mit der Benchmark, die da dahinter steht.

Ihre Frage hat mich schon einigermaßen entsetzt, Herr Lugar. Ich habe es auch so ver­standen, dass Sie es für richtig halten, dass es Geschäftsmodelle geben kann, wonach man durch Nichtabführen von Steuern und Sozialabgaben überleben kann. Ich habe es


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durchaus auch so verstanden, dass es nicht richtig ist, wenn man die Betrugsbekämp­fung jetzt angeht. Das ist, glaube ich, der Punkt, über den wir uns hier im Hohen Haus schon einig sein müssen. (Abg. Lugar: Es geht um die Möglichkeit …!)

Das ist, wie ich meine, ein Weg, den man nicht beschreiten sollte, und ich bitte Sie, auch in Zukunft zu beachten, dass ich ein Copyright auf die Aussage habe, wenn alle ihre Steuern zahlen, müssen alle weniger Steuern zahlen – daher bin ich bei Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.) Aber dann tun wir doch auch etwas dafür, dass wir das erreichen, und re­den wir nicht darüber, warum es nicht geht!

Zu den Fragen, die auch noch aufgeworfen wurden, in aller Kürze: Die Neukodifizie­rung des Einkommensteuerrechts ist beauftragt, für die kalte Progression liegt ein Mo­dell vor, das bereits in Verhandlung steht, sodass wir hier zeigen, dass wir sukzessive die nächsten Themen angehen. Die Lohnnebenkostensenkung ist schon angesprochen worden, aber wir gehen auch diese Themen an. Ich verstehe eigentlich nicht, dass es immer wieder Menschen gibt, die sagen, 2018 oder 2019 – darüber kann man disku­tieren – werde die jetzige Steuerreform die kalte Progression wieder eingeholt haben, und gleichzeitig sagen, die kalte Progression sei eine Art von Nebelbank.

Ich glaube schon, dass es richtig ist, dass wir hier diesen Weg beschreiten, und ich halte es auch für zweckmäßig, dass Dinge wie die Transparenzdatenbank selbstverständlich in Angriff genommen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem von der Opposition, Sie haben sich hier hergestellt und gesagt, der Finanzminister solle dafür sorgen, dass es zu einer Har­monisierung des Haushaltsrechts kommt. – Wir haben diese Verordnung erlassen, und ich werde hinsichtlich des Themas der Befüllung der Transparenzdatenbank dafür kämp­fen, dass das Schritt für Schritt erfolgt.

Nun zuletzt noch eine kleine Anmerkung zu den Ausführungen des abwesenden Herrn Kickl (Zwischenruf bei der SPÖ): Wenn er glaubt, dass ich anstelle des Fußballtrainers als Platzwart zu bezeichnen bin, dann möchte ich zuallererst einmal den Platzwarten dieser Republik meinen Dank aussprechen (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Ab­geordneten von Grünen und NEOS), denn sie sorgen dafür, dass es ein gutes Spielfeld gibt, auf dem gute Spiele stattfinden, dass die Schuhe und die Leiberl sauber sind, so­dass die Fußballer eine Freude damit haben (Abg. Brosz: Das ist der Zeugwart!); da­her ein herzliches Dankeschön an die Platzwarte.

Wenn aber – und davon gehe ich aus – die Prognosen des Herrn Kickl baden gehen, dann geht er in Richtung Badewaschl! (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Rufe bei der FPÖ: Wichtige Funktion! … passen auf die Leute auf! Ein Eigentor! – Zwischen­rufe der Abgeordneten Fekter und Kogler. – Abg. Stefan: … Badewaschl, das ist ja wohl eine wichtige Funktion!)

11.25


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ottenschläger zu Wort. – Bitte.

 


11.26.03

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ich darf zu Beginn – damit wir uns beruhigen und ein Vorbild sind – die 6. Klasse des Gym­nasiums Billrothstraße aus dem 19. Bezirk herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren, um Österreich an die Spitze zu bringen, brauchen wir eine strenge Haushaltsdisziplin – der Herr Finanzminister hat es gesagt –, einen sorgsamen Umgang mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, und unser Finanzmi­nister ist ein Garant dafür, dass wir hier auf einem guten Weg sind.


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Das zu beschließende Budget 2016 und die bereits beschlossene Steuerreform brin­gen einige wichtige Impulse für unsere Wirtschaft und sollen uns Schwung auf diesem Weg geben. So werden durch die vorgesehenen Entlastungen – insgesamt etwa 5 Mil­liarden € – auch Unternehmer oder Freiberufler über die neuen Einkommensteuersätze profitieren. Darüber hinaus sollen die Lohnnebenkosten in den nächsten Jahren spür­bar gesenkt werden. Diese beiden Maßnahmen zusammen können zum Beispiel für eine Unternehmerin mit etwa 20 Mitarbeitern eine Ersparnis von über 7 000 € pro Jahr bedeuten. – Das ist gut für die Unternehmer in diesem Land, für den Standort Öster­reich und wird für mehr Beschäftigung sorgen, denn, meine Damen und Herren, wir Un­ternehmer schaffen Arbeitsplätze, nicht der Staat! Wir Politiker sollen hier die entspre­chenden Rahmenbedingungen schaffen (Zwischenruf des Abg. Matznetter), und diese werden mit diesem Paket besser. (Abg. Stefan: Deswegen auch die Registrierkassa! – Abg. Moser: Warum sagt dann der Finanzminister …?)

Ich möchte mich noch zu einem Punkt hier äußern, der bis jetzt noch nicht angespro­chen wurde; Frau Kollegin Moser, das wird auch Sie sehr interessieren. Wir behandeln ja heute auch ein Bundesgesetz, das sogenannte Vorbelastungsgesetz, mit dem der Herr Verkehrsminister (Abg. Moser: Es ist ein großes Paket …!) – ja, es ist ein großes Paket – ermächtigt wird, bis 2021 über 14 Milliarden €, also mehr als 2 Milliarden € pro Jahr, in die Bahninfrastruktur zu investieren. (Zwischenruf der Abg. Moser.)

Dieser Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ist von und für Generationen, es ist ein Lang­zeitprojekt, wie Sie wissen, im Interesse unserer Gesellschaft, der Umwelt und auch der Wirtschaft, um eine attraktive Alternative zur Straße anbieten zu können. Die größten Projekte sind beispielsweise der Brenner Basistunnel, die Koralmbahn (Abg. Moser: Wie finanzieren Sie das?), der Semmering-Basistunnel oder der Ausbau der Weststrecke.

Wie wir das finanzieren, wissen Sie: mit dem Annuitätsprinzip. Man kann das durchaus auch kritisch hinterfragen, und das tue ich auch, aber, meine Damen und Herren, mir persönlich ist es lieber, wir investieren in solche Infrastrukturprojekte – und damit in die Zukunft –, als beispielsweise weitere Milliardenbeträge mit stark steigender Tendenz ins Pensionssystem zu pumpen. Ich bin der festen Überzeugung, da brauchen wir einen Turnaround, damit wir weiter an die Spitze kommen (Zwischenruf der Abg. Moser), und ich bin sehr zuversichtlich, dass der Herr Finanzminister das angeht und auch in die­sem Bereich gute Reformen zustande bringen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

11.29


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haider zu Wort. – Bitte.

 


11.29.54

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu Hause vor den Bildschir­men! Vor allem aber liebe Schülerinnen und Schüler der HTL Villach, die ich hiermit sehr herzlich begrüße! (Allgemeiner Beifall.)

Zunächst einmal zwei Anmerkungen zur Rede des Herrn Bundeskanzlers: Wir haben in Österreich noch immer eine negative Handelsbilanz. Die Exporte sind 2014 um ma­gere 1,8 Prozent gestiegen – zum Vergleich: im Jahr 2004 stiegen die Exporte um 13,9 Prozent –, und das ist auch eine Folge Ihrer Politik, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! (Beifall bei der FPÖ.)

Zweite Bemerkung: Der Wirtschaftsstandort Österreich wird entgegen allen Beschwich­tigungen und Beschwörungen der Bundesregierung immer unattraktiver. Österreich ist in den letzten elf Jahren, was die Wettbewerbsfähigkeit betrifft, um 15 Plätze – von Platz elf auf Platz 26 weltweit – zurückgefallen, und auch das ist eine Folge Ihrer Re­gierungspolitik! (Beifall bei der FPÖ.)


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Das vorgelegte Budget lässt sich ganz einfach charakterisieren: Es wird weiterge­wurschtelt wie bisher, grundlegende Reformen werden weiterhin verschoben (Zwischen­ruf des Abg. Lugar), und eine nachhaltige Budgetsanierung rückt in weite Ferne.

Es ist schon bezeichnend: Ich bin jetzt, inklusive der beiden Regierungsmitglieder, der 20. Redner, und bis auf die 9,8 Milliarden € Defizit aus dem Ergebnishaushalt, die Klubobmann Strache angesprochen hat (Zwischenruf des Abg. Kirchgatterer), und die 5 Milliarden € aus dem Finanzierungshaushalt, die Klubobmann Lugar angesprochen hat, sind hier bis jetzt noch überhaupt keine Eckzahlen aus diesem Budget genannt wor­den – darum werde ich das jetzt machen.

Wir haben Auszahlungen im Finanzierungshaushalt von 77 Milliarden €, denen stehen Einzahlungen von nicht ganz 72 Milliarden € gegenüber – macht also einen Finanzie­rungsbedarf von 5 Milliarden €.

Interessanter und vor allem aussagekräftiger wird es, wenn man sich den Ergebnis­haushalt anschaut, also – in die Sprache der Unternehmer, der doppelten Buchhaltung übersetzt – die GuV, die Gewinn- und Verlustrechnung dieser Republik, wo auch der tatsächliche Ressourcenverbrauch, Abschreibungen, Rückstellungen und dergleichen mit eingerechnet werden. Da schaut es dann so aus, dass Erträgen von 71,4 Milliar­den € Aufwendungen in Höhe von 81,2 Milliarden € gegenüberstehen – macht ein Defi­zit von 9,8 Milliarden €. Das sind die wahren Zahlen, mit denen wir uns auseinanderzu­setzen haben! (Beifall bei der FPÖ.)

Anders als die Deutschen, die Schweizer, die Schweden, die ja Überschüsse erwirt­schaften und so den Schuldenberg reduzieren können, machen wir also 10 Milliarden € Verlust. Damit das nicht so arg klingt, hat man den Begriff des strukturellen Defizits er­funden. Das mache ich gar nicht Ihnen, Herr Finanzminister, zum Vorwurf; Sie haben es ja vorhin selbst gesagt: Das ist eine EU-weite – wie soll ich sagen? – Marotte, oder man kann auch sagen, ein Schmäh, um die wahren Defizite zu verschleiern. Da schaut man sich dann nur noch die Kosten an, die man beeinflussen kann, und Unvorhergese­henes oder sogenannte Einmaleffekte werden herausgerechnet.

Einmaleffekte wie Sonderkosten für Flüchtlinge oder für völlig unnötig verstaatlichte Plei­tebanken, Kollege Wöginger, werden dann einfach herausgerechnet (Ruf bei der ÖVP: Redezeit!), und dann hat man schon ein strukturelles Defizit von 0,5 Prozent; und weil das ohnehin schon so nahe bei null ist, sagt man gleich, das ist ein Nulldefizit. – So kann man sich auch in die eigene Tasche lügen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Finanzminister, den Unternehmer, der bei Kreditverhandlungen mit seiner Bank oder bei Verhandlungen mit Ihren Finanzbeamten mit dieser Argumentation durchkommt, zeigen Sie mir bitte; der wird ganz schnell wieder vor die Türe gesetzt. Das wird nicht funktionieren, dass er sagt: Ja, mein Gott, das habe ich ja nicht wissen können, dass mein größter Kunde pleitegeht und meine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann oder dass ein Hochwasser – ich komme aus einer Hochwassergemeinde – mein Geschäft überschwemmt, und weil es da halt in Österreich keine Versicherung gibt, konnte ich die­se Kosten nicht einbeziehen, daher ist es eh gar nicht so arg, wenn ich jetzt Schulden habe – und darum kriege ich jetzt einen Kredit!

So wird es nicht funktionieren; genau so argumentiert aber diese Bundesregierung! (Bei­fall bei der FPÖ.) Auf diese Art und Weise wird eben auch aus einem strukturellen Null­defizit kein echtes Nulldefizit; das muss man sich immer wieder vor Augen halten.

Herr Bundesminister, Sie waren ja jetzt in Brüssel und haben versucht, der EU-Kom­mission diese Völkerwanderung, diese Migrationswelle als unvorhersehbares Ereignis zu verkaufen. – Lassen Sie mich hier bitte eines feststellen: Dieser Ansturm von Mi­granten, diese Völkerwanderung war nicht unvorhersehbar (Ruf bei der ÖVP: Hellse-


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her!) und wurde von der Bundesregierung durch diese völlig unverantwortliche Poli­tik der offenen Grenzen auch noch massiv befeuert! Da brauchen Sie sich wirklich nicht zu wundern, wenn Ihnen nicht alles eingerechnet wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Mitnichten handelt es sich bei den Mehrkosten, die diese Politik verursacht, um eine einmalige Belastung für das Budget. Wir müssen uns auf enorme Mehrkosten, auch für die nächsten Jahre, einstellen. Und ich wage sogar, zu behaupten, dass Sie – weil Sie gar nicht wissen, wie viele Völkerwanderer überhaupt zu uns gekommen sind – nicht wissen, welche Kosten da auf uns zukommen. Jedenfalls wird es keinesfalls bei dieser Milliarde an Mehrkosten bleiben.

Bleibt also als Fazit: Solange Reformen zwar angekündigt, aber nicht umgesetzt wer­den, solange ein echtes Nulldefizit zwar angekündigt, aber nicht erreicht wird, solange die Staatsschulden weiter steigen, anstatt zu sinken (Abg. Rädler: Redezeit!), genau so lange wird der Standort Österreich weiter an Attraktivität verlieren, so lange werden die Bürger unter der steigenden Abgabenlast stöhnen, so lange wird jedes unserer Kin­der mit 35 000 € Staatsschuldenrucksack ins Leben starten und so lange ist Österreich nicht fit für die Zukunft! (Beifall bei der FPÖ.)

11.37


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort. – Bitte.

 


11.37.11

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Damen und Herren Bundesminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Haider, von Ihnen werde ich mich nicht beraten lassen, was Aktienkauf betrifft, wenn Sie dafür plädieren, dass außerordentli­che und einmalige Ergebnisveränderungen in den Betriebsertrag reinzurechnen sind. (Zwi­schenruf des Abg. Haider. – Weiterer Ruf bei der FPÖ: GuV Neu!)

Bleiben wir aber bei der Sache: Das reiht sich ja fugenlos in die Art, wie die Budgets von­seiten der Opposition hier behandelt werden, ein. Ich meine, wenn Herr Kickl von der alten „Leier“ spricht, von 55 Jahren verfehlter Budgetpolitik, dann sollte er einmal seine eigene Großmutter fragen, wie das Land 1945 ausgeschaut hat, was in diesen 55 Jah­ren aus dem Land geworden ist. (Rufe bei der FPÖ: … 70 Jahre!) Wenn das die alte „Leier“ ist, dann kann man nur zu Recht sagen: Bitte weiterspielen, Herr Finanzminister!

Dieses Land ist eines der blühendsten Länder dieser Welt und nicht eine alte „Leier“, die zu beenden ist – auch nicht mit Grenzen um alle Bundesländer! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Stefan: … 70 Jahre her! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: 70 Jahre!)

Sie können mit den Unkenrufen weitermachen, Sie haben es heute schon vorgerech­net bekommen: Seit zehn Jahren wird behauptet, das Budget wird nicht halten – aber es hält, das Budget! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Die Frage ist nur, wie die armen Un­ken dazukommen, dass man das als Unkenruf bezeichnet, denn die Gelbbauch- und die Rotbauchunken, die bei uns heimisch sind (neuerlicher Zwischenruf bei der FPÖ), sind ja schon fast ausgestorben, auf der Roten Liste. (Abg. Zanger: Schmäh-Budget!) Mir wäre es lieber, die anderen Unkenschreie würden nicht mehr da sein und die Rot­bauch- und Gelbbauchunken würden unsere Biotope mehr bewohnen.

Aber kommen wir zum eigentlichen Punkt dieser Entlastung. Der Finanzminister hat Abgeordnetem Lugar eines schon klar gesagt: Diese Steuerreform ist zur Gänze ge­genfinanziert. Wenn sich dann natürlich Abgeordnete wie Klubobmann Lugar als An­wälte der Steuerhinterzieher hier herstellen, dann schaut die Sache schon problema­tisch aus. Er stellt sich hier als deren Anwalt dar. Wenn er Menschen kennt, die Schwarz­umsätze machen – dem Herrn Finanzminister melden! Die sollen einmal nachzahlen, und zwar deswegen nachzahlen, weil es nicht nur zulasten der anderen Steuerzahler


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geht, sondern vor allem des Mitbewerbers. Das ist doch Schmutzkonkurrenz in jeder Branche!

Wie kommt der Wirt dazu, der seine Steuern voll zahlt, und der Nachbar ein Drittel oder die Hälfte schwarz macht?! Das ist keine Marktwirtschaft, das ist unfairer Wettbewerb (Beifall bei der SPÖ), und dagegen arbeitet die Regierung, zugunsten der Unternehmer, nicht zulasten der Unternehmer!

Es können nicht alle wie Frank Stronach ihren Hauptwohnsitz in der Schweiz haben. (Abg. Hagen: Hat er ja gar nicht!) – Wieso ist er dann dort gemeldet? Ist das vielleicht beim Team Stronach der Grund? Ist das ein Geständnis? (Heiterkeit bei den NEOS.)

Der Herr Bundesminister müsste vielleicht einmal stärker nachschauen, wo er denn wirklich seinen Lebensmittelpunkt hat. Kanada und Österreich sind vielleicht mehr da­ran interessiert, mehr zu bekommen.

Daher: Solche Parteien, die von solchen Leuten, von Milliardären hierher befördert wor­den sind, sollten sich zurückhalten, jene Maßnahmen zu kritisieren, wo sechs Millionen Menschen eine nachhaltige Steuerentlastung zulasten der Steuerhinterzieher bekom­men. Das ist, glaube ich, ein guter Tag für die Mehrzahl der Menschen, vielleicht ein schlechter für manche Milliardäre. Das trifft halt manche Parteien hier. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.40


Präsident Karlheinz Kopf|: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte. (Abg. Neubauer: Profitieren Sie auch, Herr Kogler?)

 


11.40.55

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Meine Herren Präsidenten! Frau Minis­terin! Meine Herren Minister! Einige von uns – Frau Kollegin Karl, Frau Kollegin Jank, ich auch – waren gestern bei einem jährlich wiederkehrenden Ereignis, der Austria’s-Leading-Companies-Gala, einem Award für herausragende … (Zwischenruf des Abg. Rädler.) – Wer war noch? Bitte aufzeigen! (Abg. Rädler: Sie waren …!) – Mit diesen Schmähs wollen Sie immer durchkommen. Ich verstehe. Bei Kollegen Rädler ist das im­mer lustig. Da fragt man sich, wie man immer so mutig zwischenrufen kann, wenn man nachweislich so wenig von der Sache versteht. Das finde ich bewundernswert. (Heiter­keit und Beifall bei Grünen, FPÖ, NEOS und Team Stronach.)

Aber gut, er versucht es. Er ist diesbezüglich mutiger als manche andere. Wir nehmen es ihm nicht übel, denn aus dieser Reihe kommt sonst nicht viel.

Jetzt zu diesem gestrigen, an sich sehr erfreulichen Ereignis. Kollege Strolz hat diese Übung schon lange aufgegeben, immer mit etwas Positivem einzusteigen. Dieses gan­ze Ereignis ist aber eigentlich auf positiv gestellt. Ob dort immer die richtigen Kennzah­len für Firmenpreise verwendet werden, ist eine andere Frage. Erfreulich ist jedenfalls auch, dass es immer mehr Unternehmerinnen, immer mehr Preisträgerinnen gibt; alles ganz gut.

Dort kommt man auch mit der UnternehmerInnenschaft zu reden. Es ist ja witzig: Man­che sudern und jammern dort auch, viele nicht – man hat als Opposition da oder dort sogar die Regierung verteidigt –, und viele sehen schon klar: Grundsätzlich steht Ös­terreich im Vergleich mit anderen Ländern immer noch sehr gut da. Das muss man ir­gendwann einmal sagen dürfen. Das ist ja bei dieser Debatte hier manchmal schon sehr skurril. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Die Frage ist aber sozusagen, wo man mit den Möglichkeiten, die man im Rahmen der leider sehr ungestalteten Globalisierung als Europäischer Wirtschaftsraum, als noch klei­neres Österreich hat, hinschauen muss, damit man die nächsten zehn, zwanzig, drei-


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ßig Jahre auch richtig gestalten – und nicht nur verwalten, wie es heute geheißen hat – kann, also was man da tun kann.

Eines ist klar: Man braucht sich ja nur die Lage anzuschauen, nicht nur in Österreich – Europa ist insgesamt an sich schlechter dran –, nicht nur wegen der Arbeitslosenzah­len. Wenn man sich anschaut, was man alles tun oder leisten könnte, sogenannte Pro­bleme lösen könnte, auch im ökonomischen Bereich – jetzt hätte ich bald gesagt: im öko­logischen Bereich, richtigerweise im Übrigen, aber in der Reihenfolge: ökonomische und soziale Rahmenbedingungen, ja, auch ökologische Rahmenbedingungen; das wä­re eigentlich der moderne Wirtschaftsansatz –, dann könnte viel mehr gehen.

Da haben wir wirklich das Problem, dass wir auf der Verzögerungsspur und nicht auf der Überholspur sind. Da waren wir schon einmal besser. Ich muss das leider diagnos­tizieren, bei allem Reformwillen und aller Reformfreude des Finanzministers; auch die­ses Lob möchte ich aufrechterhalten. Manchmal habe ich in den persönlichen Gesprä­chen aber schon den Eindruck, dass Sie auch nicht mehr so lustig sind wie früher, wo­für wir viel Verständnis aufbringen. Wir werden auch diejenigen identifizieren, die Ihnen die Freude verderben. Also ich muss hier doch auch wieder die Pflichtrolle der Oppo­sitionspolitik einnehmen, wie es sich für das Parlament auch gehört.

Der erste große Ansatz ist: Ja, es gäbe viel zu tun, es gäbe mehr zu investieren, pri­vat – siehe gestern Abend –, aber auch öffentlich. Ich verstehe dieses Herumgesudere von anderen an dieser Stelle nicht – ich weiß nicht, was die für ein ökonomisches Ver­ständnis haben –, von RednerInnen jener Oppositionsparteien, durchaus auch von Klub­obleuten, die einfach nur hergehen und feststellen, da sind ein paar Milliarden mehr Schulden – ja, eh! –, also neues Defizit, Ausgaben höher als Einnahmen. Das allein ist ja nicht die Frage.

Die Frage ist ja umgekehrt: Was wird denn mit dem Geld gemacht? Wie ist die Einnah­menstruktur? Grasser hat hier herinnen genug Schaden angerichtet, aber ich verstehe das nicht, dass immer mehr in diese Haltung und Rolle hineinfallen, wirtschaftspoliti­sche Zusammenhänge zu thematisieren, die noch nicht einmal etwas mit dem ersten Semester Handelsakademie zu tun haben. Da müssen wir uns einmal woanders unter­halten, aber ich finde, da kann man schon ein bisschen intelligenter an die Sache heran­gehen.

Wie könnte das ausschauen? – Erstens: Einnahmenstruktur. Ja! Der Herr Finanzminis­ter hat immer gesagt – deshalb ist es, glaube ich, vielleicht doch ein bisschen ein pro­duktiver rhetorischer, aus Ihrer Sicht, Fluchtversuch –, das war ja nicht die große Steu­erreform – das sagen wir auch immer –, das war sozusagen eine Tarifreform, eine Ein­nahmenmaßnahme, dort auch zum Teil mit Entlastung. Nur: Erstens könnte man mit dem entlastenden Volumen viel mehr machen – da brauche ich Kollegen Rossmann nicht zu wiederholen –; und zweitens: Ja eh auch, aber wann machen wir dann die Strukturreform, die ja viel wichtiger wäre? Was ist denn auf der Einnahmenstrukturseite los?

Zweitens zur Ausgabenstruktur: Wenn wir das nur mit den westlichen Wirtschaftslän­dern vergleichen, vulgo OECD-Statistik, dann hängt Österreich in vielen Bereichen komplett schräg weg. Das gehört saniert. Wo ist denn das? Wir könnten viel mehr Ent­lastung bei den Einkommensteuern – ja, auch für Selbständige! –, bei den Lohnsteuer­pflichtigen machen, wenn wir uns trauen würden, bei bestimmten Vermögensbestand­teilen, die in Österreich nicht besteuert werden – irgendeine heilige Kuh wird da dau­ernd herumgetrieben und hofiert –, mehr zu machen. Wenn das so gut ist, was da pas­siert ist, warum sind denn dann 8 Milliarden € oder 10 Milliarden € Entlastung so viel schlechter als 5 Milliarden €?

Das geht natürlich nur, wenn man es gegenfinanziert. Das ist leicht möglich im ver­mögensbezogenen Bereich! Wenn man sich anschaut, in welcher Milliardenhöhe in Ös-


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terreich steuerbegünstigt Geld, Vermögen herumgeparkt wird, dann ist das nicht einzu­sehen. Das ist nicht nur Strukturschwäche, das ist auch ungerecht. Es ist aber vor al­lem beschäftigungspolitisch saublöd, weil viel mehr gehen könnte. Und das fehlt dieser sogenannten Steuerreform, die keine ist, sondern eine gewisse Entlastung; man könn­te da mehr Beschäftigungseffekte erzielen, aus mehreren Gründen, wenn man das struk­turell richtig gestaltet.

Im Übrigen: Bei der ökologischen Komponente gilt das Gleiche. Da wird auf der Aus­gabenseite gekürzt. Wenn man Wirtschaft und Umwelt unter einen Hut bringt, dann er­reicht man da viel mehr – gerade in solchen Volkswirtschaften wie Österreich. Das bleibt aus. Da wird sogar an der falschen Stelle gekürzt. In Wirklichkeit ist es so: Wenn wir schauen würden, was möglich wäre, so ist es aus arbeits- und beschäftigungspoli­tischer Sicht nicht nur eine Enttäuschung, sondern ein Schaden, der da angerichtet wird. Das muss man leider diagnostizieren – jedenfalls aus einer ein bisschen volkswirt­schaftlicheren Perspektive, für die ich ja geworben habe.

Bei der Reformfrage ist es immer das Gleiche: Die Landeshauptleute frühstücken uns jeden Erfolg weg. Das ist so. Wir bemühen uns jetzt in den Landesregierungen, aber so eine Landeshauptleutekonferenz ist wirklich ein Festtag der Reformblockierer. Das ist noch so. Da gehört einmal dagegengefahren. Wir haben es im Schulbereich, wir haben es im Gesundheitsbereich, wir haben es im Förderbereich. Ein Wahnsinn! Wir wissen immer noch nicht, wer wohin fördert, aber wir schreiben uns dauernd gegenseitig die Inserate in die Budgetreden. Da können wir ruhig mehr machen, nur damit Sie sehen, dass wir auf diesem Auge nicht nur nicht blind sind, sondern mehr wollen, aber uns auch noch nicht immer durchsetzen. So eine Landeshauptleutekonferenz ist wirklich ei­ne Festung, aber wir arbeiten daran, da einzudringen.

Ich möchte einen Punkt herausgreifen: die Steuerbetrugsbekämpfung. Wenn wir immer von Registrierkassen reden: Das finde ich unter dem Strich richtig, wird aber schlecht umgesetzt. Weil das immer Thema ist, will ich mich dazu nicht verschweigen, aber da­rüber hinaus schon einmal auf die großen Zusammenhänge schauen.

Ich finde das nach wie vor unerträglich, und es passiert viel zu wenig, aber es ist nicht nur eine österreichische Sache. Wenn wir die klingenden Namen Amazon, Starbucks, und wie sie alle heißen, hören: Wissen Sie was – das muss auch einmal benannt wer­den –, wer wird denn aller schon wegen organisierten Verbrechens verfolgt? – Viel, viel kleinere Gaunertruppen! Aber das ist groß angelegtes Steuerverbrechen mit Tat-
und Fluchthilfe von europäischen Regierungen. Da gehört einmal gegen dieses orga­nisierte Verbrechen der Steuerflucht reingefahren. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schellhorn.)

Da gehört einmal umverteilt, da brauchen wir nicht mehr von den Banken zu reden; das haben wir oft getan, das lasse ich heute aus. Sie kennen meine diesbezüglichen Hinweise.

Nur abschließend Folgendes noch, von wegen Kosten-Nutzen: Man hat ja diese per­versen Begriffe im Kontext mit Flüchtlingen, wo es um Menschenleben geht, schon ge­habt. – Das kann ich nicht durchgehen lassen. Da geht es um andere Betrachtungen. Im Übrigen ist das selbst ökonomisch ein Vorteil, denn in der Situation, in der völlige Unterauslastung herrscht, ist ja jede Mehrausgabe im Prinzip konjunkturbelebend; in­sofern hat die Notenbank einmal recht, wenn auch nur ausnahmsweise.

Außerdem muss man das ja auch einmal anders betrachten dürfen. Wenn wir uns noch einmal diese World-Food-Programme-Geschichte anschauen, wo Österreich kläglich versagt hat und das bis heute nicht saniert ist – völlig intransparent in den Befragungen in den beratenden Budgetausschüssen –, dann gehört das – Kollege Pilz arbeitet da­ran – einmal angegangen. Ich finde es unerträglich, wie Österreich sich hier verhalten hat.


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Die ganzen Aufführungen des Herrn Ministers Kurz, der da maßgeblich mitbeteiligt ist, halte ich noch für viel unerträglicher, wenn man sich dauernd hinstellt, alles Mögliche verkündet, über ungelegte Eier gackert, wie auch die Frau Innenministerin, anstatt dass sie einmal wirklich eine gescheite Sicherheitspolitik macht. – Alles völlig daneben! Das sind die Gesichter der Scheinheiligkeit in der österreichischen Bundesregierung. (Bei­fall bei Grünen und NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ja, so ist es aber.

11.50.02*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Kogler, Sie wissen, dass der Vorwurf der Scheinheiligkeit – ob gegenüber einem Minister oder einem Abgeordneten-Kolle­gen – hier nicht angebracht ist. Ich muss Ihnen einen Ordnungsruf erteilen. Ich bitte Sie, sich künftig zu mäßigen.

*****

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! Ich komme ohnehin zum Schluss.

Wenn unsere Führungseliten wirklich welche wären, dann würde auch damit anders umgegangen werden. Wie Eva Glawischnig gesagt hat, in dieser ganzen Angelegen­heit, in der es um ganz wenige Prozent, Promille von unseren Budgets geht, in der es gemessen an der Einwohnerzahl um ganz wenige Prozent und Promille an Menschen geht, die nach Europa kommen, wenn man es nicht zustande bringt, das zu lösen, dann macht man aus an sich lösbaren Herausforderungen unlösbare Probleme. Das ist das Schreckliche, das Sie hier mit anderen zusammen aufführen. Da gehört dagegen­gearbeitet. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schellhorn.)

11.51


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


11.51.35

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Da­men und Herren! Wir beschließen diese Woche das Budget für das Jahr 2016. Dabei geht es darum, wie das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler eingesetzt wird. Der Finanzminister hat die Aufgabe, sorgsam mit dem Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger umzugehen. Der Finanzminister tut dies auch und verfolgt dabei wichtige Ziele, zum Beispiel, den Wirtschaftsstandort Österreich noch attraktiver zu machen. Das be­deutet Arbeitsplätze für die Menschen in unserem Land.

Damit bin ich eigentlich bei einem der Kernthemen, die im vorliegenden Budgetentwurf beinhaltet sind. Dieser Entwurf wird sehr stark von der Steuerreform, die wir vor weni­gen Monaten beschlossen haben, geprägt. 5 Milliarden € wird diese Steuerreform dem Steuerzahler und der Steuerzahlerin bringen und diese entlasten.

Sie alle, meine geschätzten Damen und Herren, die Sie Steuern zahlen, werden diese Entlastung spüren. Familien profitieren durch eine Verdoppelung des Kinderfreibetrags auf 440 €. Selbständige profitieren von der Einkommensteuersenkung. Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer profitieren von der Lohnsteuersenkung. Zirka 600 000 Pensio­nistinnen und Pensionisten profitieren von der Steuergutschrift von bis zu 110 €. Insge­samt sechs Millionen Menschen kommen in den Genuss dieser Steuerreform. Und dann wird diese Entlastung auch die Wirtschaft ankurbeln und die Wirtschaftsleistung um zu­sätzliche 0,5 Prozent anheben.

Der ÖVP ist es auch gelungen, die Besteuerung von Eigentum zu verhindern. Eigen­tum ist wesentliche Motivation für eine leistungsorientierte Gesellschaft, und Leistung


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soll man fördern. Die ÖVP will Leistung und Eigentum fördern und stärken. (Beifall bei der ÖVP.)

Es sind aber auch weitere Offensivmaßnahmen geplant. Die Senkung der Lohnneben­kosten um 0,6 Prozent wird mit dem Budgetbegleitgesetz beschlossen, dadurch wer­den die Betriebe wettbewerbsfähiger gemacht. Dadurch werden wieder Arbeitsplätze ge­schaffen.

Noch eines: Entgegen den Behauptungen einiger wird den Familien dadurch nichts weg­genommen. Im Gegenteil: Die Familienbeihilfe wird 2016 und auch später noch einmal, 2018, um jeweils 1,9 Prozent erhöht. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich ist ein Land, in dem die Familien einen hohen Stellenwert haben. Die ÖVP wird die Familien auch in Zukunft kräftig unterstützen. (Zwischenruf der Abg. Kitzmül­ler.) Herr Finanzminister, ein ambitioniertes Budget! Ich erwarte breite Zustimmung. (Bei­fall bei der ÖVP.)

11.54


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.

 


11.54.41

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Minister und Ministerinnen! Sehr geehrter Herr Rechnungshofpräsident! Herr Minister Schelling, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann haben Sie vorhin von der In­transparenz eines strukturellen Nulldefizits gesprochen. Insofern wundere ich mich, wa­rum Sie dann immer wieder damit argumentieren (Bundesminister Schelling: … in an­deren europäischen …!), aber das scheint offensichtlich eine andere Geschichte zu sein.

Sie haben in Ihrer Budgetrede, die ich mir hier mitgenommen habe, davon gesprochen, Österreich wieder an die Spitze zu bringen. Unter diesem Titel stand offensichtlich Ihre Budgetrede. Das wissen wir alle, dass wir wieder an die Spitze wollen, dass wir wieder dorthin kommen. Wir haben wahrscheinlich unterschiedliche Auffassungen, aber das große Problem ist meiner Ansicht nach, dass Sie einfach mit erschreckender Sicherheit in die falsche Richtung fahren. Wenn man genau davon spricht, wann und wie man ins Spitzenfeld kommen will, dann müssen wir uns aber sofort von der Spitze verabschie­den, weil wir – Matthias Strolz hat es auch gesagt – mit absoluter Sicherheit einen Hin­kelstein, eine Bremse eingezogen haben; das sind zum einen die Länder, zum anderen sind es auch die Sozialpartner, die immer wieder auf der Bremse stehen.

Ich möchte hier ein Zitat bringen: Internationale und nationale Institute kritisieren un­sere „mangelnden Anstrengungen bei der Sicherung der Pensionen und bei den Refor­men auf dem Arbeitsmarkt sowie in der Verwaltung“. – Das ist aus Ihrer Budgetre­de 2015, also ein Zitat von Ihnen. (Bundesminister Schelling: Ich weiß, was …!)

Ich weiß, dass Sie es wissen. Die Frage ist nur: Warum haben Sie es dann noch nie getan? Seit 10 500 Tagen sitzt die ÖVP in der Regierung und hat es noch nicht um­gesetzt. Was haben Sie in der Zwischenzeit gemacht? – Sie haben ein Bonus-Malus-System eingeführt und die im Regierungsabkommen vereinbarte Arbeitszeitflexibilisie­rung und -jahresdurchrechnung nicht umgesetzt. In dieser Hinsicht muss ich Sie schon daran erinnern: Sie sprechen zwar von Flexibilisierung, belasten aber die Unternehmer.

In dieser Hinsicht darf ich noch ein Zitat erwähnen: „Die hohe Steuer- und Abgabenlast schadet dem Standort und behindert unsere Wettbewerbsfähigkeit.“ – Dann rufe ich in Erinnerung, was jetzt passiert ist, was vor allem meinen Bereich als Unternehmer be­trifft und was viele Touristiker betrifft. Was Sie mit diesem Steuerpaket alleine dem Tou­rismus angetan haben, das macht Ihr Zitat wirklich unglaubwürdig.

Ich erinnere an die höhere Abschreibungsdauer. Ich erinnere an den höheren Mehr­wertsteuersatz. Das kommt, wenn man das in die richtige Richtung drehen will, eigent-


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lich einer unglaubwürdigen Politik nahe. Ich denke schon, dass es einfach überfällig ist, endlich einmal zu entlasten und nicht zu belasten.

Wenn Sie noch dazu sagen, Österreich habe ein Ausgabenproblem und kein Einnah­menproblem, dann darf ich Sie trotzdem noch einmal daran erinnern: Was ist eigentlich mit dem Ausgabenproblem, wenn Sie das nicht in den Griff bekommen, wenn Sie nicht einmal die Transparenzdatenbank in den Griff bekommen? Die Transparenzdatenbank scheitert ja offensichtlich wieder an der Weigerung der Länder. Wohin geht dann die Reise, wie wollen Sie dann Ihre Ausgaben einbremsen, wenn Sie nicht einmal das in den Griff bekommen?

Das merke ich jeden Tag. Wir merken jeden Tag, in welchem Stillstand wir uns befin­den, weil wir uns im Würgegriff der Bürgermeister und der Landeshauptleute befinden, weil Sie sich im Würgegriff der Bürgermeister und Landeshauptleute befinden.

Ich möchte mit einem Zitat schließen, obwohl ich noch viel zu reden hätte. Sie haben auch gesagt, „dass jeder Tag ohne Reform ein verlorener Tag ist“.

Ich glaube, wenn wir so weitermachen, haben wir mit dieser Regierung ein Jahrzehnt verloren und nicht nur einen Tag. – Danke vielmals. (Beifall bei den NEOS.)

11.59


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Groiß. – Bitte.

 


11.59.21

Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kol­legen auf der Regierungsbank! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Kol­leginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer! In den nächsten drei Tagen werden wir Politik in Zahlen besprechen. Unsere Aufgabe ist, die Rahmenbedingungen herzustellen, sie zu verbessern, zu erhalten.

Dieses Budget ist etwas Besonderes, denn in dieses Budget werden 5 Milliarden € Steu­erentlastung eingearbeitet, die den Konsum ankurbeln, das Wachstum ankurbeln, was jedem Steuerpflichtigen durchschnittlich 1 000 € bringt. Mit dem Budgetbegleitgesetz beschließen wir erstmals seit ewiger Zeit eine spürbare Senkung der Lohnnebenkos­ten – eine langjährige Forderung der Wirtschaft, die damit umgesetzt wird. So ersparen wir uns pro Dienstnehmer rund 200 € pro Jahr. Auch das Unternehmensserviceportal­gesetz wird geändert, um das Selbständigmachen zu erleichtern.

Mit diesen Gesetzen und vielen anderen Regelungen, wie dem Wegfall der täglichen Geringfügigkeitsgrenze und so weiter, schaffen wir Vertrauen in den Rahmen und in den Standort, und das soll Investitionen ankurbeln.

Was ich sehr interessant finde, ist, dass wir hier im Hohen Haus immer ganz groß von Kontrolle sprechen. Über Kontrolle sprechen wir, indem wir den hier vorliegenden Rech­nungsabschluss jetzt mitdiskutieren, kaum ein Vorredner hat jedoch auf diesen Bezug genommen. Gerade in dem Jahr, in dem die Verordnung für ein einheitliches Rech­nungswesen von Bund, Ländern und Gemeinden umgesetzt worden ist, müssen wir aber darauf genauer eingehen.

Ich möchte hier eine Untergliederung, die UG 14, hervorheben. Im Bereich der Landes­verteidigung sieht man den Unterschied zwischen Finanzierungs- und Ertragsrech­nung. Während die Finanzierungsrechnung entsprechend dem Budget ausgestaltet wor­den ist, gibt es beim Erfolg statt plus 30 Millionen minus 229 Millionen €. Wir haben in diesem Bereich zwar etwas verkauft und etwas eingenommen, aber wesentlich mehr verkauft, als wir vorgehabt haben. Wir haben daher das Vermögen, das wir gehabt ha­ben, zu billig hergegeben.

In diesem Bericht, der äußerst gut gemacht ist, wird als Ergebnis der Prüfung festge­halten, dass Instandsetzungen nicht aktiviert worden sind, dass man nicht sieht, wel-


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che Vermögen in Zukunft vorhanden sind und wie man sie verwerten kann. Leasing­aufwendungen sind nicht aktiviert, sondern werden laufend abgesetzt. Es muss damit vorbei sein, dass wir da nur auf Geldflüsse abstellen! Kolleginnen und Kollegen! 40 Jah­re lang wurde über eine Vermögens- und Ertragsrechnung verhandelt, jetzt ist sie um­gesetzt. Wir müssen aber noch lernen, mit diesen Themen umzugehen.

Ich bedanke mich diesbezüglich für die Berichte des Finanzministeriums, für die Be­richte des Rechnungshofes, und ich hoffe, dass wir in Zukunft nicht nur wie der private Haushalt schauen, wie viel Geld wir gerade in der Tasche haben, sondern auch darauf, welches Vermögen wir haben, wie wir damit umgehen und wie wir es einsetzen. – Dan­ke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.02


Präsident Karlheinz Kopf: Bevor ich Frau Abgeordneter Schenk das Wort erteile, ge­be ich noch bekannt, dass der Abänderungsantrag der Abgeordneten Rossmann, Kol­leginnen und Kollegen zum Budgetbegleitgesetz betreffend Einfügung von Ziffern 5a und 5b zurückgezogen wurde (siehe S. 63).

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

 


12.03.18

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Herr Rechnungshofpräsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn auf die Ausführungen von zwei Vorrednern von der ÖVP eingehen, die ja die Familienpolitik und die Familienleistungen so gelobt haben – die Frau Familienministerin ist ja jetzt auch hier –, nämlich auf jene der Abgeordneten Wö­ginger und Eßl, die gemeint haben: Familienleistungen werden auf hohem Niveau an­gehoben.

Was sagen Sie denn, meine sehr geehrten Herren von der ÖVP, zu dem offenen Brief, den sieben Organisationen aus dem Familienbereich geschrieben haben, in dem sie ihre Bedenken zum Ausdruck gebracht haben, nämlich mit: Hände weg vom FLAF!? Was sagen Sie denen? (Abg. Wöginger: Das Gleiche!) Sind die mit dieser Ihrer Antwort zu­friedengestellt? – Ich glaube nicht! (Beifall des Abg. Lugar.) Vielleicht können Sie mir oder uns Ihr Schreiben dann auch übermitteln, was Sie denen geantwortet haben. (Zwi­schenruf des Abg. Rädler.)

Faktum ist, das Kinderbetreuungsgeld ist seit seiner Einführung vor 13 Jahren gleich hoch. Die Familienbeihilfe wurde im Vorjahr erstmals (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler) nach 14 Jahren mit 4 Prozent „wertangepasst“. (Demonstrativer Beifall bei Ab­geordneten der ÖVP.) Im Vergleich dazu: Die Inflationsrate betrug in diesen 14 Jahren rund 38 Prozent, meine sehr geehrten Damen und Herren! Darauf brauchen Sie sich also nichts einzubilden, denn das ist keine wirklich sinnvolle Familienpolitik, die den Fa­milien auch etwas bringt, da ja viele Familien, wie wir wissen, an der Armutsgrenze le­ben. (Beifall beim Team Stronach.) Vor allem Kinder und Jugendliche – 408 000 Kinder und Jugendliche – in Österreich sind von Armut betroffen.

Nun zum Budget, das heute hier schon ausführlich debattiert wurde. Die Eckpunkte wurden schon oft angesprochen. Man sagt, es gibt mehr Geld für Flüchtlinge in Öster­reich, es gibt mehr Geld für Flüchtlinge vor Ort. Die Vor-Ort-Finanzierung halte ich auch für sehr wichtig, was dabei vergessen wird – das habe ich auch in der heutigen Debat­te noch nicht gehört –, ist: Wie schaut es aus mit Geld, mit mehr Geld für Obdachlose?

Ich habe hier einen aktuellen Bericht, in dem geschrieben steht, dass die Stadt Wien mit Hochdruck nach Winterquartieren für Obdachlose sucht. Viele Objekte, die vergan­genen Winter dafür herangezogen werden konnten, wurden im Herbst für die Flücht­linge gebraucht.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eine Schande, dass es in einem Land wie Österreich so viele Obdachlose gibt, die nicht wissen, wo sie schlafen sollen, die nichts zu essen haben, und dass diese Regierung auf die Obdachlosen leider vergisst! (Beifall beim Team Stronach.)

Bleiben wir bei der Asylkrise und bei dem dadurch entstehenden finanziellen Mehrauf­wand. Der Herr Bundesminister rechnet mit 1 Milliarde, die dafür auch veranschlagt wird. Das ifo Institut geht 2015 für Deutschland von 21,1 Milliarden € an Kosten für Flüchtlinge aus, und zwar bei der Annahme von 1,1 Millionen Anträgen. Wenn man das jetzt analog auf Österreich umlegt – in Österreich geht man von der Annahme von 95 000 Anträgen aus –, so würde das Kosten in der Höhe von 1,82 Milliarden € bedeu­ten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist fast 1 Milliarde mehr, als der Herr Finanzminister im Budget für die entstehenden Mehraufwände der Flüchtlingskrise, der Asylkrise veranschlagt hat. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.) Und da stellt sich schon die erste Frage: Woher wird das Geld genommen? Die Höhe ist ja nicht abschätzbar. Es wurde heute oft gesagt, das Budget werde halten, aber unter die­sen Voraussetzungen, die ja sehr ungewiss sind, wird das Budget meiner Meinung nach nicht halten.

Ein weiterer Punkt ist die Gegenfinanzierung, die oft kritisch angesprochen wurde. Auch Herr Rechnungshofpräsident Moser hat das ja gemacht, er hat darauf hingewiesen, dass die Gegenfinanzierung keine „gmahde Wiesn“ ist, wie man auf gut Wienerisch sagt. Er pocht auch darauf, Ineffizienzen, Doppelgleisigkeiten, Kompetenzüberlappun­gen zu beseitigen. Aber nicht nur Herr Rechnungshofpräsident Moser hat da Bedenken angemeldet, sondern auch das WIFO und der Fiskalrat.

Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist das Budget des Innenressorts. Herr Rechnungshofpräsident Moser hat sich auch in diesem Zusammenhang kritisch ge­äußert und gesagt, dass nicht sicher ist, wie sich das Budget da entwickeln wird und ob es halten wird. Da wird ja viel hineingerechnet. Von den Planstellen, die zur Verfügung gestellt werden oder die kommen sollen, weiß man nicht, wann sie kommen, es wird ja schon lange davon gesprochen. Jetzt, wo der Hut brennt, sollen von heute auf morgen in einem Schnellsiedekurs Polizisten für den Grenzeinsatz ausgebildet werden. Wie das funktionieren soll, darauf bin ich gespannt.

Ein sehr wichtiger Punkt ist – und das möchte ich hier schon ansprechen und auch ze­lebrieren –, was die Polizistinnen und Polizisten da geleistet haben, nämlich an Über­stunden. Im Wert von 8,8 Millionen € haben Polizistinnen und Polizisten in der Flücht­lingskrise Überstunden geleistet. Im September und Oktober haben die Kosten für die Überstunden zusammen, wie gesagt, 8,8 Millionen € ausgemacht. Im September wa­ren es 191 451 Überstunden, was zusätzliche Kosten von 4,5 Millionen € bedeutet. Und im Oktober waren es 175 660 Überstunden, was Kosten in der Höhe von 4,3 Millionen ausmacht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Hier von dieser Stelle aus möchte ich mich auch ausdrücklich bei allen Polizistinnen und Polizisten für ihren tagtäglichen Einsatz bedanken, der oft unter sehr schwierigen Voraussetzungen stattfindet und unter wenig Vorgabe, wie sie ihren Dienst verrichten sollen, vor allem im Flüchtlingsbereich. (Beifall beim Team Stronach.)

Es erscheint mir schon etwas zynisch, wenn es Polizistinnen und Polizisten verwehrt wird, die Waffe auch außer Dienst zu tragen. Wir wissen, dass es nahezu unmöglich ist, auch für Polizistinnen und Polizisten, einen Waffenpass zu bekommen. Für einen unbescholtenen Bürger ist das, was auch überhaupt nicht verständlich ist, auch nicht mög­lich.

Diesbezüglich muss sich das Innenministerium wirklich etwas überlegen, denn so kann es nicht sein. Wenn Polizisten im Dienst verlässlich genug sind, die Waffe zu tragen, warum sollen sie es dann außerhalb auf einmal nicht sein?


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Unser Ansatz dazu ist ein neuer – ich habe das vor einigen Monaten schon gesagt –: Bei den Polizistinnen und Polizisten muss allein der Dienstausweis zum Führen einer Waffe auch außer Dienst berechtigen. Es muss der Dienstausweis dafür ausreichen, auf den Waffenpass soll in diesem Fall verzichtet werden. Das würde mehr Sicherheit schaffen, würde nichts kosten und die Polizistinnen und Polizisten würden auch entspre­chend wertgeschätzt werden.

Die Frau Ministerin zeigt sich diesem Vorschlag gegenüber nicht mehr ganz so ver­schlossen, wie das einmal der Fall war. Das ist erfreulich, und ich hoffe auch weiterhin, dass etwas in diese Richtung weitergeht. Wir müssen ein liberales Waffengesetz ha­ben und das auch leben. Den Vorstoß der EU-Kommission, der unlängst gemacht wur­de, wonach die Waffengesetze verschärft und halbautomatische Waffen verboten wer­den sollen, kann man ja nur als schlechten Witz bezeichnen.

Auf der einen Seite gibt es immer mehr Kriminalität, dem subjektiven Sicherheitsbe­dürfnis der Bevölkerung wird nicht entsprochen, die Menschen haben Angst, die fürch­ten sich, es gibt Überfälle, es gibt Wohnungseinbrüche, die Zahlen in den Statistiken steigen – und was wird von der EU-Kommission vorgeschlagen? – Die Waffengesetze sollen verschärft werden, der unbescholtene Bürger soll entwaffnet und entrechtet wer­den! Mit uns nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim Team Stro­nach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.11


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Singer zu Wort. – Bitte.

 


12.11.09

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Budgetbegleitgesetz setzen wir eine Reihe von Maßnahmen um, die die Regierung im Zuge des Arbeitsmarkt- und Konjunkturgipfels vereinbart hat.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf das Wohnbaupaket zu sprechen kommen, weil es aus meiner Sicht ein wichtiger Beitrag zur Belebung der heimischen Konjunktur ist. Unser Finanzminister hat in seiner Budgetrede das Wohnbauprogramm in seinen Grundzügen bereits skizziert und auf die Bedeutung des Paketes für die Wirtschaft hin­gewiesen – auch heute hat er es noch einmal angesprochen.

Worum geht es bei diesem Wohnbaupaket und was sind die Ziele des Programms? – In den kommenden fünf bis sieben Jahren werden damit rund 30 000 Miet- und Eigen­tumswohnungen für etwa 68 000 Personen errichtet. Das Gesamtinvestitionsvolumen beträgt 5,75 Milliarden €, wobei 5 Milliarden € für die Wohnraumschaffung und 750 Mil­lionen € für die siedlungsbezogene Wohninfrastruktur vorgesehen sind.

Das Kernstück dieses Wohnbaupaketes bildet ein Darlehen der Europäischen Investi­tionsbank in der Höhe von 700 Millionen €, die zu 80 Prozent bundesbehaftet sind. Die Finanzmittel können sowohl gemeinnützige als auch gewerbliche Wohnbauträger in An­spruch nehmen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Gewinner sind auf jeden Fall die Mieter, die in Form von langfristig leistbaren Mieten profitieren. Und sichergestellt ist auch, dass die Mittel zusätzlich zur Wohnbauförderung der Länder eingesetzt werden. Damit ist auch ge­währleistet, dass es zu dem gewünschten Effekt, nämlich einer Erhöhung der Wohn­bauleistung kommt und die eingangs erwähnten 30 000 zusätzlichen Wohneinheiten ge­schaffen werden.

Was bedeutet das für die Konjunktur? – Allein dieses Konjunkturpaket wird das Brut­toinlandsprodukt um 0,4 Prozent erhöhen. Und was mich besonders freut, ist, dass auch der Arbeitsmarkt profitiert, nämlich mit zusätzlichen 20 000 Vollzeitarbeitsplätzen.


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Das Wohnbaupaket ist für mich eine Win-win-Situation: Wir stärken auf der einen Seite die Konjunktur und erhöhen andererseits das Wohnungsangebot. Damit steht für mich auch außer Zweifel: Wohnen wird nur dann leistbar bleiben, wenn wir der steigenden Nachfrage nach Wohnraum mit entsprechendem Angebot begegnen können. – Herzli­chen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Yilmaz.)

12.14


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich der Präsident des Rechnungshofes Dr. Moser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.14.14

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Man kann die Zukunft nur erfolgreich ge­stalten, wenn man die Vergangenheit betrachtet und daraus auch seine Lehren zieht. Und die Vergangenheit liegt nunmehr in Form des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 2014 vor.

Betrachtet man die Zahlen und Fakten und gleichzeitig auch den Budgetvollzug des Jahres 2014, dann kann man positiv vermerken, dass der Nettofinanzierungssaldo, das heißt die Gegenüberstellung von Einzahlungen und Auszahlungen, mit minus 3,189 Mil­liarden € besser ausgefallen ist als im Jahr 2013. Wir hatten auch einen positiven Leis­tungsbilanzsaldo. Wir hatten geringere Verbraucherpreise, und es kam auch zu einem Anstieg der Zahl der unselbständig Beschäftigten.

Auch wenn das strukturelle Defizit im Jahr 2014 mit minus 0,7 Prozent nicht ausgegli­chen war, so war es doch besser, als noch in der Übersicht der Budgetplanung des Fi­nanzministeriums im Oktober 2014 vorgesehen war.

Wenn man diesen positiven Seiten Fakten gegenüberstellt, dann zeigt sich jedoch auch, dass doch einiges getan werden sollte und dass Handlungsbedarf gegeben ist. In diese Richtung weist zum einen, dass das reale Wachstum in Österreich im Jahr 2014 geringer war als in der Eurozone und auch geringer war als im Schnitt der OECD-Länder.

Es zeigt sich, dass es im Jahr 2014 zu einem Anstieg der Zahl der Arbeitslosen ge­kommen ist, und zwar im Ausmaß von 32 151 Arbeitslosen, wodurch die Arbeitslosen­quote von 7,6 Prozent auf 8,4 Prozent angestiegen ist.

Es zeigt sich, dass die staatliche Gesamtverschuldung im Jahr 2014 um 16,54 Milliar­den € angestiegen ist auf 277,4 Milliarden € oder 84,2 Prozent des BIP. Es zeigt sich, dass das öffentliche Defizit von rund 4 Milliarden € auf 8,862 Milliarden € angestiegen ist und dass sich das Nettoergebnis auf 9 Milliarden € verschlechtert hat. Das heißt, dass die Aufwendungen um 9 Milliarden € höher gewesen sind als die Erträge, das be­deutet, dass es im Jahr 2014 auch zu einem entsprechenden Ressourcenverbrauch gekommen ist. Dadurch ist auch das negative Nettovermögen des Bundes um weitere 7,7 Milliarden € schlechter geworden und hat Ende 2014 148,3 Milliarden € betragen.

Diese Zahlen und Fakten zeigen, dass Handlungsbedarf gegeben ist. Diese Zahlen und Fakten sowie die Prüfungen des Rechnungshofes zeigen, dass das Geld der Steuer­zahler in vielen Fällen die Bedürfnisse der Strukturen abdeckt, aber nicht die Bedürfnis­se der Bürgerinnen und Bürger ausreichend berücksichtigt.

In diese Richtung geht auch die Europäische Kommission in ihrer Stellungnahme zum österreichischen Stabilitätsprogramm, wo für das Jahr 2016 die Gefahr einer erhebli­chen Abweichung von mittelfristigen Haushaltszielen gesehen wird.

Auch der Europäische Rat weist in seiner Empfehlung im Rahmen des Europäischen Semesters darauf hin, dass wir Handlungsbedarf haben, Handlungsbedarf in Richtung Strukturreformen in den Bereichen Gesundheitswesen, Pflegewesen, Pensionen, Ar­beitsmarkt und Bildungswesen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 87

In diese Richtung geht auch der Bundesfinanzrahmen für die Jahre 2015 bis 2019. Wir werden, wenn es nach dem Bundesfinanzrahmen geht, im Jahr 2019 um rund 5,7 Mil­liarden € mehr ausgeben. 78 Prozent dieser Mehrausgaben werden aber für die gestie­genen Pensionen zu verwenden sein. Das zeigt auch auf, dass diesbezüglich Maßnah­men erforderlich sind.

Darüber hinaus zeigen auch der neue Budgetplan, der jetzt vorliegt, sowie der Bundes­finanzrahmen 2015 bis 2019, dass erhebliche Risken bestehen, zum einen das Risiko, dass der Nettoabgabenertrag des Bundes auch im Jahr 2016 geringer ausfallen könn­te, als das in den Jahren 2013, 2014 und voraussichtlich auch 2015 der Fall war bezie­hungsweise sein wird – ein Risiko, das auch in den Folgejahren fortbesteht, das größer wird, da die Risken der Gegenfinanzierung der Steuerreform noch dazukommen.

Wir haben dann auch das Risiko, dass die Versteigerungserlöse aus den Emissionszer­tifikaten im Jahr 2016 geringer ausfallen werden als budgetiert. Ich möchte darauf hin­weisen, dass diese Emissionserlöse im Jahr 2014 mit 211 Millionen € budgetiert wa­ren, die tatsächlichen Erlöse haben 54 Millionen € betragen.

Es besteht das Risiko, dass die budgetierten Mehrerträge aus der Betrugsbekämpfung und gleichzeitigen Registrierkassenpflicht im Jahr 2016 in der Höhe von 1,9 Milliarden € eben nicht in diesem Ausmaß eintreten werden. Es besteht auch das Risiko, dass die Gegenfinanzierung nicht budgetneutral sein wird.

Betrachtet man die Auszahlungsseite, so zeigt sich, dass in den Jahren 2015 bis 2019 die Ausgabensteigerungen oder Auszahlungssteigerungen wesentlich geringer sind als im Zeitraum 2010 bis 2014. Das zeigen einige Untergliederungen, beispielsweise Inne­res, wo in der Vergangenheit jährlich die Ausgaben um rund 3,1 Prozent gestiegen sind und in Zukunft um 0,8 Prozent steigen werden.

Arbeitsmarkt: jährlich 4 Prozent Steigerung in den Jahren zuvor, nunmehr – neu – 2,8 Pro­zent, obwohl die Arbeitslosigkeit ansteigen wird.

Sozialbereich, wo die Pflege und dergleichen abzudecken sind, Konsumentenschutz: Da hatten wir in der Vergangenheit eine durchschnittliche jährliche Steigerung von 6,3 Pro­zent, in Zukunft werden es 1,4 Prozent sein.

Bildung: durchschnittliche Steigerung in den Jahren davor 3,3 Prozent, in Zukunft 1,3 Pro­zent.

Umweltbereich – das ist auch im Rahmen der Debatte angesprochen worden –: Stei­gerung der Ausgaben in der Vergangenheit jährlich rund 1,6 Prozent, in Zukunft jähr­licher Rückgang um 4,4 Prozent.

Für den Rechnungshof ist daher bei dieser Analyse nicht nachvollziehbar, wie bei ge­ringeren Ausgabensteigerungen, bei geplanten zusätzlichen Auszahlungen, bei Bewäl­tigung der neuen Herausforderungen, zum Beispiel der Flüchtlingsproblematik, tatsäch­lich ein strukturell ausgeglichener Haushalt erreicht wird, wenn man nicht die Struktur­reformen durchführt, will man nicht bei den Bürgerinnen und Bürgern sparen.

Der Budgetpfad der Bundesregierung ist äußerst positiv, wenn man davon ausgeht, dass ab dem Jahr 2014 tatsächlich ein strukturell ausgeglichener Haushalt eintreten soll, dem vorliegenden Stabilitätsprogramm kann jedoch kein nachvollziehbares gesamt­haftes Konzept für dessen Erreichung entnommen werden.

Resümierend ist daher darauf hinzuweisen, dass die Budgetentwicklung des Jah­res 2014, das nunmehr vorliegende Bundesfinanzgesetz 2016 sowie der Bundesfinanz­rahmen 2015 bis 2019 sowie die Stellungnahmen der Europäischen Kommission, des Rates beziehungsweise auch des Fiskalrates uns vor Augen führen, dass strukturelle Reformen zur Sicherung der finanziellen Nachhaltigkeit unbedingt erforderlich sind.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 88

Ich möchte in diesem Zusammenhang nur darauf hinweisen, dass der Rechnungshof die verfassungsrechtliche Aufgabe hat, so wie heute darauf hinzuweisen, wie die wah­re finanzielle Situation ist, auch darauf hinzuweisen, wenn die Gefahr der Beeinträch­tigung der finanziellen Nachhaltigkeit besteht, und natürlich auch so wie in der Vergan­genheit als Partner mit seiner Expertise zur Verfügung steht, um die längst fälligen Re­formen endlich in Angriff nehmen zu können. – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

12.21


Präsident Karlheinz Kopf: Nun ist Herr Abgeordneter Dr. Fuchs zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.21.16

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Mit­glieder der Bundesregierung! Sehr geehrter Herr Rechnungshofpräsident! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Im Regierungsprogramm wurden als eines der Ziele die Steuerentlastung und die Steuervereinfachung genannt. – Beides ist dieser Bun­desregierung nicht gelungen! Da ein erheblicher Teil des Entlastungsvolumens der Steuerreform über einnahmenseitige Maßnahmen gegenfinanziert wird, sinkt die Steu­er- und Abgabenquote lediglich um 0,4 Prozentpunkte auf 42,9 Prozent. Das ist ein Ne­gativrekord!

Als Negativbeispiel dafür, wie der Herr Finanzminister unser Steuersystem vereinfacht, dient die wahnwitzige Regelung zur Registrierkassenpflicht, mit der unsere Unterneh­mer kriminalisiert und gepflanzt werden. (Bundesminister Schelling: Eine alte Leier! – Abg. Rädler: Geh! Wer?) – Aufpassen! (Abg. Rädler: Wer? Nicht nur in den Raum stel­len! Wer?) Ich bin noch nicht fertig mit meiner Rede, Herr Kollege!

Die Einführung der Registrierkassenpflicht erfolgte, wie bekannt, durch das Steuerre­formgesetz 2015/2016, Präzisierungen des Gesetzestextes erfolgten mittlerweile durch zwei Verordnungen, von denen eine immer noch nicht im Bundesgesetzblatt veröffent­licht wurde, und weil weder der Gesetzestext noch die beiden Verordnungen die Re­gistrierkassenpflicht so regeln, dass sich die Unternehmer auskennen, hat der Herr Finanzminister am 12. November 2015 einen 67-seitigen Erlass verfügt. (Abg. Stefan: Das ist unglaublich!) Sehr wirtschaftsfreundlich, Herr Kollege Rädler! (Abg. Stefan – in Richtung des Abg. Rädler –: Herr Rädler, was ist jetzt? Kennen Sie sich aus?) Diese Normenflut des Herrn Finanzministers zur Registrierkassenpflicht ist eine legistische Ka­tastrophe. (Beifall bei der FPÖ.)

Es geht mir heute nicht darum, die Registrierkassenpflicht an sich zu kritisieren, son­dern die Art und Weise, wie die Registrierkassenpflicht umgesetzt wird, Herr Kollege!

In der Budgetrede am 14. Oktober 2015 hat der Herr Finanzminister noch gemeint – ich zitiere –: „Wir müssen (…) Gesetze und Verordnungen verpflichtend auf ihre Auswir­kungen in der Praxis prüfen und uns ansehen, ob der Aufwand überhaupt in Relation zum Nutzen steht.“ – Und einen Monat nach dieser Budgetrede haben wir zwei Verord­nungen und einen 67-seitigen Erlass zur Registrierkassenpflicht?!

Was, Herr Finanzminister, ist der Unterschied zwischen Bareinnahmen, Bargeschäfte, Bareingänge, Barzahlungen und Barumsatz? (Bundesminister Schelling: Für einen Steuerberater …!) Bareinnahmen, Bargeschäfte, Bareingänge, Bareinzahlungen und Bar­umsätze – der Registrierkassenerlass des Finanzministers gibt Antwort darauf. Das sind fünf unterschiedliche Begriffe, die im Erlass des Finanzministers definiert werden. Da wiehert wieder einmal der Amtsschimmel des Herrn Finanzministers. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist keine Verwaltungsvereinfachung, Herr Finanzminister, sondern ein legis­tischer Murks und ein Begriffswirrwarr, wo sich keiner mehr auskennt. (Neuerlicher Bei­fall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 89

Da der Herr Finanzminister offenbar selbst eingesehen hat, dass sich bei dieser Normen­flut zur Registrierkassenpflicht keiner mehr auskennt, gibt es im Erlass unter Punkt 7.5. gleich eine strafrechtliche Amnestie für das erste halbe Jahr 2016. Ich zitiere:

„Es werden in der Übergangsphase (…) von den Abgabenbehörden und deren Organe keine finanzstrafrechtlichen Verfolgungen und Bestrafungen bei bloßer Nichterfüllung der Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht gesetzt.“

Herr Finanzminister, die Unternehmer werden für diese finanzstrafrechtliche Freistel­lung dankbar sein, aber ich darf Ihnen und Ihrer Legistik Folgendes mit auf den Weg ge­ben: Auch ein Finanzminister hat sich an den Stufenbau der Rechtsordnung zu halten und auch ein Finanzminister kann nicht durch einen Erlass Strafgesetze außer Kraft set­zen, welche wir hier beschlossen haben! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesminister Schel­ling: Was wollen Sie? Dass wir gleich strafen?) – Auch Sie haben sich an Gesetze zu halten, Herr Finanzminister! (Bundesminister Schelling: Na was wollen Sie? Dass wir gleich strafen oder was?) Dass Sie sich an die Gesetze halten und nicht durch einen Erlass ein Gesetz wieder umdrehen. (Abg. Haider: Machen Sie g’scheite Verordnun­gen, dann brauchen wir keine Gesetze …!)

Ein weiteres Negativbeispiel aus der Legistik des Finanzministers betrifft die steuerfreie Einlagenrückzahlung bei Kapitalgesellschaften, die durch das Steuerreformgesetz 2015/
2016 de facto unmöglich gemacht wurde. Dass diese Regelung wirtschaftsfeindlich und unsinnig ist, habe ich in diesem Haus schon des Öfteren festgehalten. Mittlerweile scheint auch das Finanzministerium die Wirtschaftsfeindlichkeit und die Unsinnigkeit dieser Re­gelung erkannt zu haben. Nach einem Ministerialentwurf des Abgabenänderungsge­setzes 2015, welches wir wahrscheinlich im Dezember 2015 hier diskutieren werden, soll diese unsinnige Neuregelung nur wenige Monate nach deren Inkrafttreten nahezu wieder beseitigt werden.

Diese Vorgangsweise schafft kein Vertrauen in die Legistik des Finanzministers. (Bei­fall bei der FPÖ.) Die Wirtschaft braucht Rechtssicherheit, aber keine Gesetze mit ei­ner Halbwertszeit von wenigen Monaten.

Herr Finanzminister, verabschieden Sie sich von der unsinnigen Normenflut, die von Ihrem Ministerium produziert wird! Steuerentlastung und Steuervereinfachung dürfen keine Lippenbekenntnisse sein. Ihre Aufgabe wäre es, Sorge zu tragen, dass das Steu­errecht einfacher und gerechter wird. Leider bewirken Sie genau das Gegenteil. Die Ab­schaffung der kalten Progression wäre ein guter Anfang für ein gerechteres Steuersys­tem. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

12.27


Präsident Karlheinz Kopf: Ein zweites Mal zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeord­nete Tamandl. – Bitte.

 


12.27.53

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Danke (in Bezug auf den noch nicht ver­klungenen Beifall bei der FPÖ) für den Eingangsapplaus, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das haben Sie falsch verstanden!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Frau Bundesminis­terin! Herr Rechnungshofpräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe im Fol­genden noch einen Abänderungsantrag zum Budgetbegleitgesetz 2016 ein.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Gabriele Tamandl, Jan Krainer, Mag. Ro­man Haider, Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 90

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. In Art. 2 wird folgende Ziffer 5a eingefügt:

„5a. § 47 Abs. 2 lautet:

,(2) Die Bundesministerin für Finanzen oder der Bundesminister für Finanzen hat dem Nationalrat jährlich bis zum 31. März den vorläufigen Gebarungserfolg des vorange­gangenen Finanzjahres zu übermitteln; dieser hat den Ergebnis- und den Finanzie­rungsvoranschlag der Ergebnis- und Finanzierungsrechnung in der Gliederung des Bun­desvoranschlages gegenüberzustellen. Darüber hinaus hat er zu enthalten:

1. aussagekräftige Erläuterungen je Untergliederung zu wesentlichen Abweichungen ge­genüber den Voranschlägen. Hierbei sind die Gründe zu benennen und quantifizieren

2. einen Ausweis der Veränderungen des Rücklagenstands je Untergliederung sowie

3. eine Darstellung der Abweichungen von Werten des jeweils geltenden Bundesfi­nanzrahmengesetzes‘“

2. In Art. 2 wird folgende Ziffer 5b eingefügt:

„5b. Nach § 47 Abs. 2 werden folgende Abs. 2a und 2b angefügt

,(2a) Zugleich ist jeweils zum Ende des vorangegangenen Finanzjahres in aggregierter Form zu berichten über

1. die im vorangegangenen Finanzjahr vorgenommenen Stundungen, Ratenbewilligun­gen Aussetzungen und Einstellungen der Einziehung bei Forderungen des Bundes so­wie

2. Stand und Veränderungen der Rücklagen der Detailbudgets (§§ 55, 56).

(2b) Die haushaltsleitenden Organe haben der Bundesministerin für Finanzen oder dem Bundesminister für Finanzen die zur Erstellung dieser Berichte erforderlichen Unterla­gen und Informationen zeitgerecht zu übermitteln; die dabei einzuhaltende Vorgangs­weise ist von der Bundesministerin für Finanzen oder dem Bundesminister für Finan­zen durch Richtlinie festzulegen.‘“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Abänderung ist deshalb notwendig, weil künftig – mit dem Budgetbegleitgesetz 2016 werden wir das heute beschließen – im Zusammenhang mit Streichung beziehungsweise Erstellung der Voranschlagsver­gleichsrechnung zum 30. April durch den Rechnungshof der Bericht des Finanzminis­ters über den vorläufigen Gebarungserfolg gemäß § 47 Abs. 2 des Bundeshaushaltsge­setzes um zusätzliche Informationen ergänzt werden muss.

Ich glaube, dass dieses Hohe Haus gut zusammenarbeitet, zeigt sich darin, dass so­wohl die Grünen – Herr Kollege Rossmann hat seinen Antrag vorhin zurückgezogen – als auch die FPÖ und das Team von den NEOS gemeinsam mit dem Kollegen Krainer und mir diesen Abänderungsantrag einbringen. Danke für die gute Zusammenarbeit, und ich hoffe, dass das im Budgetausschuss auch weiterhin so gut funktioniert. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Strolz.)

12.30


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Abgeordneter Tamandl eingebrachte Abän­derungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 91

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Gabriele Tamandl, Jan Krainer, Mag. Ro­man Haider, Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz 2013, das Bundes­haftungsobergrenzengesetz, das Unternehmensserviceportalgesetz, das Wettbewerbs­gesetz, das Freiwilligengesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Arbeits­losenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das All­gemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungs­gesetz, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Gesundheits- und Ernährungssicher­heitsgesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Katastro­phenfondsgesetz 1996 und das Suchtmittelgesetz geändert werden sowie ein Bundes­gesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Salzburg aus Anlass der 200-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich erlassen wird (Budgetbe­gleitgesetz 2016) 821 d.B. in der Fassung des Ausschussberichtes 882 d.B.

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. In Art. 2 wird folgende Ziffer 5a eingefügt:

„5a. § 47 Abs. 2 lautet:

„(2) Die Bundesministerin für Finanzen oder der Bundesminister für Finanzen hat dem Nationalrat jährlich bis zum 31. März den vorläufigen Gebarungserfolg des vorange­gangenen Finanzjahres zu übermitteln; dieser hat den Ergebnis- und den Finanzie­rungsvoranschlag der Ergebnis- und Finanzierungsrechnung in der Gliederung des Bun­desvoranschlages gegenüberzustellen. Darüber hinaus hat er zu enthalten:

1. aussagekräftige Erläuterungen je Untergliederung zu wesentlichen Abweichungen gegenüber den Voranschlägen. Hierbei sind die Gründe zu benennen und quantifizieren

2. einen Ausweis der Veränderungen des Rücklagenstands je Untergliederung sowie

3. eine Darstellung der Abweichungen von Werten des jeweils geltenden Bundesfi­nanzrahmengesetzes““

2. In Art. 2 wird folgende Ziffer 5b eingefügt:

„5b. Nach § 47 Abs. 2 werden folgende Abs. 2a und 2b angefügt

„(2a) Zugleich ist jeweils zum Ende des vorangegangenen Finanzjahres in aggregierter Form zu berichten über

1. die im vorangegangenen Finanzjahr vorgenommenen Stundungen, Ratenbewilli­gungen Aussetzungen und Einstellungen der Einziehung bei Forderungen des Bundes sowie

2. Stand und Veränderungen der Rücklagen der Detailbudgets (§§ 55, 56).

(2b) Die haushaltsleitenden Organe haben der Bundesministerin für Finanzen oder dem Bundesminister für Finanzen die zur Erstellung dieser Berichte erforderlichen Un­terlagen und Informationen zeitgerecht zu übermitteln; die dabei einzuhaltende Vor­gangsweise ist von der Bundesministerin für Finanzen oder dem Bundesminister für Finanzen durch Richtlinie festzulegen.““

Begründung

Durch die in Art. 2 des Budgetbegleitgesetzes 2016 vorgesehene Streichung der Er­stellung der Voranschlagsvergleichsrechnung zum 30. April durch den Rechnungshof


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 92

(§ 118 BHG 2013) gehen dem Gesetzgeber wichtige, aussagekräftige Unterlagen über den Budgetvollzug des vorangegangenen Finanzjahres verloren, die auch für die Be­urteilung des Bundesfinanzrahmengesetzes, das bis spätestens 30. April dem Natio­nalrat vorzulegen ist, von großer Bedeutung sind. Der Bericht des Finanzministers über den vorläufigen Gebarungserfolg gemäß § 47 (2) BHG 2013 ist daher um zusätzliche Informationen zu ergänzen, um budgetpolitische Beschlüsse mit weitreichenden Fol­gen – das jeweilige Bundesfinanzrahmengesetz – fassen zu können.

Eine Verbesserung des Berichts zum vorläufigen Gebarungserfolg setzt aussagekräfti­ge Erläuterungen voraus. Es sind daher je Untergliederung wesentliche Abweichungen von den Voranschlägen der Finanzierungs- und Ergebnisrechnung bzw vom Bundesfi­nanzrahmen quantitativ darzustellen und zu begründen. Bei den öffentlichen Abgaben der UG 16 hat die Darstellung jedenfalls auf Ebene der Detailbudgets zu erfolgen. Da­bei sind insbesondere Abweichungen bei den Steuern vom Einkommen und Vermögen sowie bedeutsamer Verbrauchs- und Verkehrsteuern darzustellen. Abweichungen, die auf Änderungen der wirtschaftlichen sowie anderer Rahmenbedingungen zurückzufüh­ren sind, sind, soweit möglich, in der Begründung aller Untergliederungen darzustellen.

Im Sinne einer ergebnisorientierten Budgetierung hat der Bericht nach Möglichkeit auch darzustellen, in welchem Ausmaß bedeutsame Maßnahmen und Programme für das Berichtsjahr umgesetzt wurden.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte.

 


12.31.12

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Regie­rungsmitglieder! Kollegin Tamandl, das „Team“ – das sind die, die dann immer zu Ihnen hinüberwechseln!

Dieses Budget ist Teil eines groß angelegten Generationenverrats, der hier weiter fort­geschrieben wird. Probleme werden außen vor gelassen, werden nicht angegangen. Sie werden uns in den nächsten Jahren auf den Kopf fallen, und zwar insbesondere jener Generation, die jetzt beginnt, Steuern zu zahlen, die jetzt beginnt, Pensions- und Arbeits­losenversicherungsbeiträge zu zahlen, und die jetzt vielleicht im Begriff ist, eine Familie zu gründen. Diese Gruppe lassen Sie einfach außer Acht.

Zum Arbeitsmarktbudget hat im Sozialausschuss Sozialminister Hundstorfer gesagt, der Finanzminister und er seien sich noch nicht ganz einig über die Zahlen, die angesetzt werden sollen. Die Uneinigkeit (in Richtung Bundesminister Schelling) haben Sie leicht geklärt, indem einfach die Zahlen aus dem Finanzrahmen, die wir im Frühjahr gehabt ha­ben, fortgeschrieben worden sind. Sie haben nicht berücksichtigt, dass sich die Aus­gangslage massiv verschlechtert hat und wir es mit wesentlich mehr Arbeitslosen und Notstandshilfebeziehern zu tun haben werden, als das der Zahl entspricht, von der Sie ausgehen. Das heißt, wir wissen heute schon, dass ein maßgeblicher dreistelliger Mil­lionenbetrag allein beim Arbeitslosengeld fehlen wird.

Im Pensionsbereich geht es weiter, da weiß man auch nicht, wem man glauben soll. Kurz vor Ende der Verhandlungen im Budgetausschuss zum Pensionsbereich erreichte uns das Gutachten der KOLAPS, der Kommission zur langfristigen Pensionssicherung, die, glaube ich, nicht zufällig KOLAPS heißt. Dort geht man von angeblich günstigeren Zahlen aus, denn die Zahlen kommen aus dem Sozialministerium und decken sich nicht mit jenen Zahlen, von denen das Finanzministerium ausgeht. Und so kommt man auf einen Unterschied bis 2020 von fast 1 Milliarde. Wem soll man denn da noch glauben?


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 93

Ich meine, wir wissen alle, dass im Sozialministerium gerne schöngefärbt wird, dass es manchmal auf keine Kuhhaut geht, aber an der Substanz ändert es nichts, ob ein paar Millionen mehr oder weniger in den Pensionstopf hineingeschossen werden müssen. Die Pensionen werden nämlich, anders, als es Kollege Krainer ausgeführt hat, nicht vom BIP bezahlt, sondern von dem, was erstens verumlagt wird und was zweitens an Steu­ern hereinkommt, und dort wird man bis 2060 das Dreifache dessen hineinzahlen müs­sen, was wir heute schon jedes Jahr hineinschmeißen.

Rechnungshofpräsident Moser hat richtig gesagt, dass von den Ausgabensteigerungen, die Ihr Finanzplan vorsieht, 78 Prozent in den Pensionsbereich gehen. Und wer profi­tiert von Ihren Maßnahmen? Sie loben immer die großartige „Steuerreform“ – die man unter Anführungszeichen setzen muss –, die loben Sie immer, es profitierten ja so viele Menschen davon, aber eine Gruppe, die da profitiert, erwähnen Sie nie, das sind näm­lich die Luxuspensionisten. Durch die außertourliche Anhebung der Höchstbeitrags­grundlage machen Sie nämlich wesentliche Wirkungen des Sonderpensionenbegren­zungsgesetzes zunichte. Die Kürzung der Luxuspensionen bemisst sich an der Höchst­beitragsgrundlage, und die heben Sie außertourlich an, und die Kürzungen fallen flach. Das kann man in Ihrem Budget auch nachvollziehen. Also die Wirkung der Sonderpen­sionenbegrenzung ist praktisch null. Mit Ihrer großartigen Steuerreform haben Sie den Bonzen noch ein bisschen Geld nachgeworfen.

Zum Familienlastenausgleichsfonds ist schon viel gesagt worden. Dort werden die Ein­nahmen gekürzt, aber an den Ausgaben machen wir vorerst einmal nichts, anstatt eine Strukturbereinigung zu machen und sich einmal anzuschauen, welche Ausgaben über­haupt in den Familienlastenausgleichsfonds und welche anderswohin gehören. Der Ent­schuldungspfad für den FLAF, den Sie ursprünglich vorgesehen hatten, der ist offen­sichtlich abgesagt.

Kommen wir noch zum Bonus-Malus. Diesbezüglich ist uns auch in einer legistischen Glanzleistung noch kurz vor knapp der Entwurf zugesandt worden. Als ich im Sozial­ausschuss Herrn Sozialminister Hundstorfer, der mich jetzt leider nicht hören kann, ge­sagt habe, dass der vorliegende Gesetzestext verfassungswidrig ist, hat er mich mit hoch­rotem Kopf angefaucht und gesagt: Haben Sie es wieder nicht gelesen? Haben Sie es nicht verstanden?

Ich darf jetzt – weil nämlich der Salat wirklich verfassungswidrig war, müssen wir das tun, und ich bedanke mich für die Einsicht der Vertreter der Regierungsparteien – fol­genden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Loacker, Katzian, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen zum Be­richt des Budgetausschusses (882 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Vorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

I. Im Art. 7 (Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967) Z 5 lautet § 41 Abs. 5a:

„(5a) Bei Unterschreitung eines oder mehrerer Zielwerte gemäß § 1a Abs. 3 des Ar­beitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes – AMPFG, BGBl. Nr. 315/1994, beträgt der Beitrag für Dienstgeber, die durchschnittlich mindestens 25 vollversicherte (freie) Dienst­nehmer/innen, ausgenommen Rehabilitationsgeldbezieher/innen und Lehrlinge, be-schäftigen und deren Dienstgeberquote gemäß § 31 Abs. 14 Z 3 ASVG die für das da­vor liegende Jahr festgestellte Branchenquote gemäß § 31 Abs. 14 Z 2 ASVG erreicht


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 94

oder überschreitet, in Bezug auf das der Feststellung der Dienstgeberquote nachfolgen­de Kalenderjahr 3,8 v.H. der Beitragsgrundlage.“

II. Im Art. 9 (Änderung des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes) Z 3 lautet § 1a Abs. 5:

„(5) Bei Unterschreitung eines oder mehrerer Zielwerte gemäß Abs. 3 gilt für Dienstge­ber, die durchschnittlich mindestens 25 vollversicherte (freie) DienstnehmerInnen, aus­genommen RehabilitationsgeldbezieherInnen und Lehrlinge, beschäftigen und deren Dienstgeberquote gemäß § 31 Abs. 14 Z 3 ASVG die für das davor liegende Jahr fest­gestellte Branchenquote gemäß § 31 Abs. 14 Z 2 ASVG nicht erreicht, dass sich die Auflösungsabgabe gemäß § 2b Abs. 1 im darauf folgenden Kalenderjahr jeweils auf den doppelten Betrag erhöht.“

*****

Der Bonus-Malus ist ein Schmarrn, wie man an dieser Formulierung hört! Es werden 30 Millionen Bonus kalkuliert und 18 Millionen Malus; 12 Millionen Entlastung bleiben übrig von einem bürokratischen Monster. Sie wissen noch gar nicht, wer das im Haupt­verband überhaupt administrieren wird, diese Branchenquoten festzusetzen und den Un­ternehmen mitzuteilen. – Ein riesenbürokratischer Wahnsinn, und wenn niemand von der Opposition aufpassen würde, würden Sie ihn auch noch verfassungswidrig beschlie­ßen. (Beifall bei den NEOS.)

12.38


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Loacker eingebrachte Abän­derungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Loacker, Katzian, Wöginger und Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Budgetausschusses (882 d.B.) betreffend die Regierungsvorlage 821 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz 2013, das Bundeshaftungsobergrenzengesetz, das Unternehmensserviceportalgesetz, das Wettbewerbsgesetz, das Freiwilligengesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsge­setz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsge­setz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Gesundheits- und Ernäh­rungssicherheitsgesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Suchtmittelgesetz geändert werden sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Salzburg aus Anlass der 200-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich erlassen wird (Bud­getbegleitgesetz 2016)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Vorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

I. Im Art. 7 (Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967) Z 5 lautet § 41 Abs. 5a:

„(5a) Bei Unterschreitung eines oder mehrerer Zielwerte gemäß § 1a Abs. 3 des Ar­beitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes – AMPFG, BGBl. Nr. 315/1994, beträgt der Bei­trag für Dienstgeber, die durchschnittlich mindestens 25 vollversicherte (freie) Dienstneh-


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mer/innen, ausgenommen Rehabilitationsgeldbezieher/innen und Lehrlinge, beschäfti­gen und deren Dienstgeberquote gemäß § 31 Abs. 14 Z 3 ASVG die für das davor lie­gende Jahr festgestellte Branchenquote gemäß § 31 Abs. 14 Z 2 ASVG erreicht oder überschreitet, in Bezug auf das der Feststellung der Dienstgeberquote nachfolgende Ka­lenderjahr 3,8 v.H. der Beitragsgrundlage.“

II. Im Art. 9 (Änderung des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes) Z 3 lautet § 1a Abs. 5:

„(5) Bei Unterschreitung eines oder mehrerer Zielwerte gemäß Abs. 3 gilt für Dienst­geber, die durchschnittlich mindestens 25 vollversicherte (freie) DienstnehmerInnen, ausgenommen RehabilitationsgeldbezieherInnen und Lehrlinge, beschäftigen und de­ren Dienstgeberquote gemäß § 31 Abs. 14 Z 3 ASVG die für das davor liegende Jahr festgestellte Branchenquote gemäß § 31 Abs. 14 Z 2 ASVG nicht erreicht, dass sich die Auflösungsabgabe gemäß § 2b Abs. 1 im darauf folgenden Kalenderjahr jeweils auf den doppelten Betrag erhöht.“

Begründung

Durch die vorgeschlagenen Änderungen in den Artikeln 7 und 9 soll als Referenzwert für die Dienstgeberquote jeweils die Branchenquote des Vorjahres und nicht jene des laufenden Jahres festgelegt werden, damit die Dienstgeber die Möglichkeit haben, so zu disponieren, dass sie die maßgebliche Branchenquote erreichen können.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte. (Abg. Steinbichler begibt sich zum Rednerpult und platziert dort eine Tafel, auf der die Entwicklung der mittleren Jahreseinkommen von Arbeitern – minus 14 –, Angestellten und Vertragsbediensteten – plus 1 – sowie von Beamten – plus 23 – graphisch darge­stellt ist.)

 


12.38.20

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Familienminister! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Kolleginnen und Kol­legen! Geschätzte Zuseher auf den Tribünen und vor den Fernsehgeräten zu Hause! Rechnungshofpräsident Moser hat eigentlich sehr eindrucksvoll dieses Budget, das wir hier diskutieren, und auch alle Möglichkeiten, die zwar angenommen werden, aber ein­nahmenseitig nicht unbedingt eingenommen werden müssen, dargestellt und darauf ver­wiesen, dass hier natürlich große Fragezeichen mit eingepackt sind.

An vorderster Stelle möchte ich den Dank an alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler richten, die dieses Geld erwirtschaften, und ganz besonders auch an die Unternehme­rinnen und Unternehmer, damit wir diese Budgetdebatte überhaupt führen können. (Bei­fall beim Team Stronach.)

Kanzler Faymann hat von einem strukturellen Nulldefizit gesprochen. Dem gilt es ge­genüberzustellen, dass wir eine ständige Neuverschuldung im Staate Österreich ha­ben. Das wird irgendwann dazu führen, dass die Staatsschulden nicht mehr bedienbar sind beziehungsweise wir unseren Kindern und Enkeln einen riesigen Rucksack an Alt­lasten hinterlassen. Deshalb habe ich diese Tafel aufgestellt, damit wir – das ist, wie ich glaube, sehr budgetrelevant, und weil wir immer von sozialer Ausgewogenheit beim Budget reden – diesen Kaufkraftverlust sehen. Das ist die Titelseite der „Presse“ vom Vor­jahr.

Wir haben bei den Arbeitern einen Kaufkraftverlust von 14 Prozent, bei den Angestell­ten ein Plus von 1 Prozent und bei den Beamten ein Plus von 23 Prozent. Wir sehen al-


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so auch hier ein Spiegelbild davon – ich komme später bei der Pension noch dazu –, dass da sehr wohl sehr unausgewogen berechnet beziehungsweise gehandelt wird.

Ich möchte ein aktuelles Beispiel nennen, weil immer vom Ausgleich geredet wird und darüber, was die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und Unternehmer jetzt mehr ver­dienen. Wir reden aber nicht von dem Mehr, das sie bezahlen müssen, darüber, wo das Geld herkommt. Ich nenne das Beispiel der Autofahrer als Melkkuh. Haben wir, bitte sehr, bedacht, dass für alle jene, die im ländlichen Raum leben, die das Fortbewegungsmit­tel Auto für die Erziehung, für den Weg zur Arbeit brauchen, die motorbezogene Versi­cherungssteuer in den letzten zehn Jahren um 42 Prozent erhöht wurde? – Neben den extrem hohen Treibstoffkosten wird da bei den Bürgerinnen und Bürgern zugelangt, und dann wissen wir auch, wo ein Teil dieser Einkommen – über die man sagt, da be­steht Steuergerechtigkeit – nicht so steuergerecht aufgebracht wird. (Beifall beim Team Stronach.)

Da die Frau Familienministerin anwesend ist und der FLAF bereits einige Male ange­sprochen wurde: Natürlich ist die von den Vorrednern angesprochene Bedenklichkeit Richtung verminderter Einkommen ein Thema. Dazu wird zwar gesagt: Es wird ausge­glichen. Aber, Frau Minister: Wir haben immer noch einen Kaufkraftverlust von 24 Pro­zent bei der Kinderbeihilfe, weil die Kinderbeihilfe in den letzten zehn Jahren einfach nicht inflationsbereinigt wurde, und das ist Geld, das den Familien und damit der Wirt­schaft fehlt.

Kollege Wöginger! Wenn du hier heute eine Garantie Richtung Familien abgegeben hast, dann bin ich etwas skeptisch, weil ich gerade bei den letzten drei, vier Entschei­dungen für die Familien die Familienpartei ÖVP mit ihrem klaren Standpunkt zur Fami­lie sehr vermisst habe. Da möchte ich sagen: Nicht das Erzählte reicht, sondern das Erreichte zählt. Das muss auch in der Politik gelten. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Weil die Regierung im Wahlkampf viele Versprechen gemacht hat – keine neuen Steu­ern, die Verwaltungsreform wurde angesprochen –, möchte ich ein aktuelles Beispiel als Vergleich bringen, weil Oberösterreich die Landtagswahl hinter sich hat und im Zuge des Wahlkampfs Landeshauptmann Pühringer gesagt hat, bei der Bürokratie muss der Blitz einschlagen. Das ist allerdings wieder vergangen, das Gewitter ist nicht gekommen – nur beim Wahlergebnis.

Aber zum konkreten Vergleich Bayern/Oberösterreich: Bayern hat eine Staatsfläche von 70 549 Quadratkilometern, Oberösterreich hat 11 900 Quadratkilometer. Einwohner: Bayern hat 12,46 Millionen, Oberösterreich 1,4 Millionen Einwohner. Bezirke: Bayern hat sieben Bezirke, Oberösterreich das Zwölffache im Vergleich zu den Einwohnern, näm­lich 15 Bezirke. Bei den Abgeordneten ist es nicht anders: Bayern hat 187 Landtagssit­ze und Oberösterreich 56. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Also Einsparungsmög­lichkeiten ohne Ende – Herr Kollege Wöginger, das ist gerade für deine Arbeitnehmer wichtig, die du vertreten sollst! –, und das hat Herr Rechnungshofpräsident Moser an­gesprochen. (Beifall beim Team Stronach. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Hörts einfach zu, da gibt es ja die guten Tipps! (Abg. Wöginger: Kennst du Bayern wirklich?) Er hat 560 Beispiele in der „Kronen Zeitung“ publiziert, wo die Bundesregie­rung sparen kann, und er will dem Finanzminister helfen. Man braucht ja nur die ehrlich ge­meinten Ratschläge aufzugreifen und nicht immer schlechtzureden. (Abg. Fekter: … um­gesetzt!) Die Vorschläge sind da.

Ein ganz konkretes Beispiel, Frau Abgeordnete Fekter: Der Landeshauptmann hat ge­sagt, den Bundesrat sollte man verkleinern. Ich bin gar nicht dafür. Es heißt Länder­kammer, daher sage ich: Nehmen wir dafür Landtagsabgeordnete her, dann wird diese Kammer ihrem Namen gerecht, und dann können die Landtagsabgeordneten, die über ihr Land am besten Bescheid wissen, ihr Land auch im Bundesrat vertreten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 97

Ich möchte zum Schluss kommen. Ich hätte noch jede Menge zu sagen, etwa zur McKin­sey-Studie, weil Wirtschaftsminister Mitterlehner heute oder gestern in den Nachrichten geschrieben hat: 315 000 KMUs. – Ja, ganz wichtig, natürlich! Die Klein- und Mittelun­ternehmer tragen die Wirtschaft, tragen diese Nation. Aber warum hat man ihnen dann 500 Steuerprüfer aufgehalst? – So wird der Mut zum Unternehmertum genommen, so wird die Freude am Unternehmertum genommen, und das schlägt sich letztlich auf die Beschäftigung nieder. Wir brauchen bei den Unternehmen Entbürokratisierung statt Kri­minalisierung. Das geht einfach nicht, dass man jeden Unternehmer als Steuerhinter­zieher hinstellt. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich verweise auf die McKinsey-Studie: Wir haben ein Potenzial von 35 Millionen € in den nächsten zehn Jahren, wenn wir es ausschöpfen. Österreich ist ein toller Staat mit tollen Möglichkeiten – ergreifen wir sie!

Heute wurde anfangs so kritisiert, dass hier auch die Flüchtlingsdebatte in die Budget­debatte hineingetragen wird: Ja, natürlich, weil das budgetrelevant werden wird und weil wir endlich einmal zwischen Wirtschafts- und Kriegsflüchtlingen unterscheiden müs­sen. (Ruf bei der ÖVP: Redezeit!) Mit unserem unfairen Wirtschaftssystem nehmen wir diesen Leuten vor Ort die Lebensmöglichkeit, die Lebenschance, die Lebensexistenz, und sie kommen zu uns. Das ist genau das Thema, das wir jetzt haben, wir bekommen jetzt die Rechnung für die letzten 20 Jahre Konzernwirtschaft präsentiert.

Ich möchte noch ganz kurz Dr. Tassilo Wallentin vom Sonntag zitieren, der – ganz we­sentlich – in aller Klarheit gesagt hat, es liegt ein Geheimpapier vor, in dem die Regie­rung 12 Milliarden € an Kosten einplant, und der mit berechtigter Argumentation hin­sichtlich der Tatsache, dass 10 000 neue Flüchtlinge im Monat kommen sollen, darauf verweist, dass diese natürlich volle Grundsicherung, Taschen- und Schulgeld, Ersatz für Fahrt-, Kleidungs- und Freizeitkosten und vollen Zugang zum Gesundheitssystem erhalten – ohne Selbstbehalt, bitte sehr! Ich frage Sie: Wer soll das finanzieren? – Da­rauf muss es Antworten geben, das ist verantwortungsvolle Budgetpolitik, und da brau­chen wir auch klare Antworten.

Zum Abschluss darf ich Dr. Wallentin mit einem Zitat von Nobelpreisträger Milton Fried­man zitieren: „Man kann einen Sozialstaat haben – man kann offene Grenzen haben; aber man kann nicht beides haben.“

Ich glaube, das sollten wir bedenken, und wir sollten uns dazu aufraffen, eine wirklich enkelgerechte, verantwortungsvolle Politik umzusetzen. Da sind wir alle gefordert, das ist für parteipolitisches Kleingeld zu wichtig, zu wertvoll. Wir bitten um Unterstützung. (Bei­fall beim Team Stronach.)

12.47


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


12.47.32

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Regierungsmitglieder! Sehr geschätzte Frau Volksanwältin! Zum Budget 2016: Laut Budgetentwurf sind für 2016 Einnahmen von zirka 71,9 Milliarden € veranschlagt. Die Ausgaben belaufen sich auf gut 77 Milliar­den €. Das entspricht einem Defizit des Bundes von 1,5 Prozent des BIPs. Die Schul­denquote – das haben wir heute schon gehört – beträgt zirka 86,5 Prozent des Budget­entwurfes.

Im Bundesvoranschlag 2016 steht: stabile Finanzen durch eine Strukturreform. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wo ist die Strukturreform? Und wo, bitte, ist endlich die notwendige Verwaltungsreform? – Die Bürokratie wird in jeder Hinsicht immer stär­ker aufgebläht, das ist fast nicht mehr bewältigbar.


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Mit 1. Jänner 2016 tritt die Steuerreform in Kraft. Diese umfasst ein Volumen von zirka 5 Milliarden €. Von dieser Steuerreform – das hat man heute auch gehört – erhofft man sich wirtschaftliche Impulse. Das wäre schon richtig und notwendig. Nur die Menschen, meine sehr geehrten Damen und Herren, können sich inzwischen das Leben fast nicht mehr leisten. Und vor allem: Wie schaut die Gegenfinanzierung aus? – Es stimmt: Da sind richtige Ansätze dabei, aber ganz besonders werden wieder die fleißigen anstän­digen Menschen in unserem Land bestraft. Wenn sich jemand ein Haus baut, ein Ei­gentum schafft, eine Eigentumswohnung kauft, wird er ab dem 1. Jänner voll zur Kasse gebeten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich und viele Menschen lehnen eine Vor­gangsweise in dieser Form ganz entschieden ab. Man hat das Gefühl, von dieser Bun­desregierung werden die fleißigen, engagierten Menschen bestraft, und das ist so si­cher nicht in Ordnung.

Da wir vorhin von den stabilen Finanzen gesprochen haben: Die Kosten für die Flücht­lingskrise, für die moderne Völkerwanderung dürfen aus dem Budget herausgerechnet werden. Wer bezahlt das in Zukunft, liebe Freunde? – Ich glaube, schon wieder die flei­ßigen Menschen in Österreich und sonst niemand, und das hat mit stabil überhaupt nichts zu tun. – Herzlichen Dank. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Neubauer.)

12.50


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lintl zu Wort. – Bitte.

 


12.50.06

Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Rechnungshofpräsident! Sehr geehrte Volksan­wälte! In der bisherigen Debatte zum Budget wurde bereits viel gesagt, allerdings we­nig Positives. Fakt ist: Das Budget ist falsch, realitätsverweigernd und ein Angriff auf die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder, eine Provokation für die fleißigen österreichi­schen Steuerzahler und Leistungsträger. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Herr Finanzminister! Haben Sie kein schlechtes Gewissen, wenn Sie in der Budgetrede großspurig ankündigen, die Wahrheit wäre den Menschen zumutbar, und im gleichen Atemzug den Österreichern vorgaukeln, Sie würden im Rahmen Ihrer glorreichen Steu­erreform ein Entlastungsvolumen von 5,2 Milliarden € erreichen? – Die Wahrheit ist, dass sich die Österreicher diese Entlastung selbst bezahlen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Loacker und Steinbichler.)

Das versprochene Körberlgeld für die hart arbeitende Bevölkerung in Höhe von 1 000 € wird ebenso ein Flop werden wie der „Ederer-Tausender“. Ihre Steuerreform ist quasi ein staatlich verordneter teurer Konsumkredit. Aber zum Ausgeben dieses Geldes wird keine Gelegenheit sein, da die Menschen vorausschauend in die Vorsorge für ihre Pen­sion investieren müssen, da die Regierung nicht in der Lage ist, die Pensionen wirklich zu sichern.

Haben Sie kein schlechtes Gewissen, Herr Minister, wenn Sie angesichts der bedrohli­chen Situation in Europa unser Bundesheer kaputtsparen? (Beifall bei der FPÖ.)

Warum stehen Sie in Anbetracht der Lage nicht auf und geben mehr Geld für die Lan­desverteidigung aus? – Österreich kann seine Grenzen nicht mehr verteidigen. Kaser­nen, Ausrüstung, Mannschaft: Alles wird abgebaut, dafür ist kein Geld da. Aber bei dem erwarteten Finanzbedarf für die Asylsuchenden und illegalen Migranten sind den Aus­gaben keine Grenzen gesetzt. Angesichts des in den Medien kolportierten „Geheimpa­piers Asyl“ sind in den nächsten vier Jahren Kosten von insgesamt 12,3 Milliarden € zu erwarten. Warum, Herr Minister, verhalten Sie sich in dieser Frage so ruhig? – In Deutsch­land wird ständig über die steigenden Kosten dafür diskutiert.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 99

Ihnen geht es offensichtlich nur um die Optik. Sie versuchen, die vielleicht bewusst ge­ring geschätzten zusätzlichen Kosten für die Flüchtlingskrise aus dem Budget heraus­rechnen zu lassen, um mit diesem Bilanzschmäh ein geringes strukturelles Defizit zu er­reichen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Dietrich.)

Aber diese Bilanzkosmetik hilft nichts, bezahlen müssen wir das trotzdem. Abgesehen davon wird die EU-Kommission die Flüchtlingskosten ohnehin nicht pauschal als ein­malige Kosten bewerten und anerkennen. (Bundesminister Schelling: Haben Sie ver­handelt? Ich war nämlich dort zufällig!) Und Sie, Herr Finanzminister, werden von der EU gerügt, dass Ihr Budget den Stabilitäts- und Wachstumspakt verletzt, indem Öster­reich den Schuldenkaiser gibt und keine Strukturreformen angeht.

Auch nehmen Sie es mit der Wahrheit nicht so genau, wenn Sie behaupten, die Ge­genfinanzierung für die Steuerreform würde auf soliden Beinen stehen. Gerade das Ge­genteil ist der Fall: Sie werfen den Steuerzahlern und Leistungsträgern Prügel vor die Beine, allen voran diese unsäglichen Registrierkassen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Ab­geordneten Loacker und Lugar.)

Sie stellen damit die fleißigen Unternehmer unter den Generalverdacht des Steuerbe­trugs. Diese Neuregelung ist technisch schlecht durchdacht und Ausdruck überborden­der Bürokratie, die Sie ja laut Ihrer Budgetrede abbauen wollen, da sie den Betrieben die Luft nimmt. Selbst Ihre Einschätzung, mit den Registrierkassen 900 Millionen € einnehmen zu können, ist unrealistisch. Dafür ist die Steuerehrlichkeit in unserem Land einfach zu hoch. Wie sollen Ihnen die Österreicher vertrauen, Herr Minister, wenn Sie den Österreichern nicht vertrauen? (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Lugar und Dietrich.)

Daher fordere ich Sie auf, mit Ihren Bilanztricks, Ihrer Schuldenpolitik und mit der Ver­leugnung der Kosten für den Flüchtlingsstrom aufzuhören. (Abg. Matznetter: Das ist eine spannende Vorlesung!) Denken Sie darüber nach, ob Sie und die gesamte Regie­rung wirklich noch im Dienste der Österreicher arbeiten! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Lugar und Dietrich.)

12.55

12.55.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die De­batte ist somit geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betref­fend Budgetbegleitgesetz 2016 in 882 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Loacker, Katzian, Wögin­ger, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Ross­mann, Tamandl, Krainer, Mag. Haider, Dr. Hable, Kolleginnen und Kollegen vor.

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen einen Ab­änderungsantrag eingebracht, zu dem ein Verlangen auf namentliche Abstimmung vor­liegt.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Ab­änderungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwur­fes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Rossmann, Tamandl, Krainer, Mag. Haider, Dr. Hable, Kolle­ginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung neuer Ziffern 5a und 5b in Artikel 2 bezieht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 100

Wer sich hiefür ausspricht, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Entfall von Artikel 7 eingebracht.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordneten­pulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“, das sind die grauen Stimmzettel, beziehungsweise „Nein“, das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dage­gen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Bitte achten Sie sorgfältig da­rauf, nur einen Stimmzettel einzuwerfen.

Ich bitte nunmehr die Frau Schriftführerin, Abgeordnete Lueger, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Herr Abgeordneter Gahr wird sie später dabei ablösen. – Bitte, Frau Schrift­führerin.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Lueger beziehungsweise den Schrift­führer Gahr werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 13.01 Uhr unterbrochen und um 13.07 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbro­chene Sitzung wieder auf und gebe nun das Abstimmungsergebnis bekannt:

Es wurden 167 Stimmen abgegeben; davon „Ja“-Stimmen: 68, „Nein“-Stimmen: 99.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kolle­gen ist daher abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Alm, Angerer, Aslan;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 101

Belakowitsch-Jenewein, Bösch, Brosz, Brückl, Brunner;

Darmann, Deimek, Doppler;

Fuchs;

Gamon Claudia Angela, Glawischnig-Piesczek;

Hable, Hafenecker, Haider, Hauser, Höbart, Hofer, Hübner;

Jannach;

Karlsböck, Kassegger, Kitzmüller, Köchl, Kogler, Korun, Kumpitsch;

Lausch, Lichtenecker, Lintl, Loacker;

Maurer, Mölzer, Moser, Mückstein, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Pilz, Pirklhuber, Pock;

Rauch Walter, Riemer, Rosenkranz Barbara, Rosenkranz Walter, Rossmann;

Schatz, Schellenbacher, Schellhorn, Scherak, Schimanek, Schmid Gerhard, Schmid Ju­lian, Schrangl, Schwentner, Stefan, Steinhauser, Strache, Strolz;

Themessl;

Vavrik;

Walser, Willi, Windbüchler-Souschill, Wurm Peter;

Zanger, Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Amon Werner, Antoni, Aubauer, Auer;

Bacher Walter, Bayr, Becher Ruth, Berlakovich, Buchmayr;

Cap;

Diesner-Wais, Dietrich, Durchschlag;

Ecker, Ehmann, El Habbassi, Ertlschweiger, Eßl;

Fazekas, Feichtinger Klaus Uwe, Fekter, Fichtinger Angela;

Gahr, Gerstl, Gessl-Ranftl, Greiner Karin, Groiß, Grossmann, Gusenbauer-Jäger;

Hagen, Hakel Elisabeth, Hammer Michael, Hanger, Haubner, Hechtl, Heinzl, Himmel­bauer, Hofinger Manfred, Höfinger Johann, Holzinger-Vogtenhuber, Huainigg;

Jank, Jarolim;

Karl, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Knes, Königsberger-Ludwig, Kopf, Krainer Kai Jan, Krist, Kucharowits, Kucher;

Lettenbichler, Lipitsch, Lopatka, Lueger Angela, Lugar Robert;

Matznetter, Mayer, Muttonen;

Obernosterer, Ofenauer, Ottenschläger;

Pendl, Pfurtscheller, Plessl, Preiner;

Rädler, Rauch Johannes;

Schabhüttl, Schenk, Schieder, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger, Schopf, Schultes, Sieber Norbert, Singer Johann, Spindelberger, Steinacker, Steinbichler, Stras­ser;

Tamandl, Töchterle, Troch;

Unterrainer;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 102

Vetter, Vogl;

Weigerstorfer, Weninger, Winzig, Wittmann, Wöginger, Wurm Gisela;

Yilmaz;

Zakostelsky.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich bitte nun wieder um Aufmerksamkeit.

Die Abgeordneten Mag. Loacker, Katzian, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 7 Z 5 eingebracht.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel 7 in der Fassung des Ausschuss­berichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Loa­cker, Katzian, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Loacker, Katzian, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 9 Z 3 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Auch dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 883 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundes­minister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt wird, samt Titel und Ein­gang in 846 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist mehrheitlich ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 103

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf be­treffend ein Bundesgesetz über die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 2014 samt Titel und Eingang in 885 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

13.10.435. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (819 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Bundesfinanzrahmengesetze 2015 bis 2018 und 2016 bis 2019 sowie das Bundesfinanzgesetz 2015 geändert werden (890 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundes­gesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2016 (Bun­desfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 und 6 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

13.10.45

UG 01: Präsidentschaftskanzlei

UG 02: Bundesgesetzgebung

UG 03: Verfassungsgerichtshof

UG 04: Verwaltungsgerichtshof

UG 05: Volksanwaltschaft

UG 06: Rechnungshof

UG 10: Bundeskanzleramt

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Entsprechend der beschlossenen Gliederung gelangen wir nun zu den Untergliederungen 01 bis 06 und 10. Hierüber findet eine gemeinsame Debatte statt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


13.11.47

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Hohen Haus! Bevor ich zur eigentlichen Thematik komme, noch ein Wort gerichtet an ÖVP-Abgeordneten Eßl, der hier ein Plädoyer für Eigentum als Motivation für Leistung gehalten hat. Da habe ich mir gedacht: Interessanter Ansatz, gefällt mir! Eßl hat festge­stellt, dass die Besteuerung von Eigentum von der ÖVP verhindert wurde. Ich frage mich


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nur, warum jetzt viele Notariats- und Rechtsanwaltskanzleien von Bürgern gestürmt wer­den, die Eigentum haben und sich vor einer geheimen Erbschafts- und Schenkungs­steuer, die im nächsten Jahr gerade auf Familien zukommt, fürchten und daher noch unbedingt Güter übertragen wollen. Das passt nicht ganz zusammen; also Ihr Plädoyer geht ins Leere. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Steuerreform trifft eben genau Leistungsträger und gerade auch Familien. Das werden Sie vielleicht nicht wissen, deswegen sage ich es Ihnen, Herr Kollege, sonst hät­ten Sie wahrscheinlich dieses Plädoyer nicht so locker gehalten.

Jetzt aber zu den Punkten, die ich hier jetzt behandeln werde: Präsidentschaftskanzlei, Bundeskanzleramt, Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof. Dazu gehört na­türlich immer die Verwaltungsreform. Die muss ja vom Bundeskanzleramt ausgehen. Bei der Verwaltungs- und Förderungsreform ist ein Gesamteinsparungsziel von 1,1 Mil­liarden € vorgesehen, vom Bund 700 Millionen €, davon 500 Millionen € in der Verwal­tung, 200 Millionen € bei den Förderungen. Das sind die vorgegebenen Ziele. Ich glau­be nicht daran; die Vergangenheit lehrt uns, dass das beschönigend ist.

Ich sehe dann auf der anderen Seite, dass 700 Millionen € ausgegeben werden für die Wohnbaufinanzierung. Ich frage mich also, wie sich das ausgehen soll mit diesen Ein­sparungszielen. Da lasse ich mich gerne eines Besseren belehren, aber, wie gesagt, die Vergangenheit zeigt, dass wir leider nicht erleben werden, dass es tatsächlich Ein­sparungen gibt.

Verwaltungsgerichtshof und Verfassungsgerichtshof haben in den letzten Jahren auf­grund von Reformen, die maßgeblich auch von der FPÖ mitgetragen wurden, neue Aufgaben bekommen. Wir haben eine Rechtsschutzlücke geschlossen, indem es jetzt eine Individualbeschwerde zur Normenkontrolle gibt, mit der man sich an den Verfas­sungsgerichtshof wenden kann. 275 Verfahren sind derzeit anhängig. Das zeigt, dass wir damit ins Schwarze getroffen haben. Wir haben die Verwaltungsgerichtsbarkeit um­gesetzt. Auch das ist eine echte Qualitätssteigerung der Rechtsstaatlichkeit Österreichs. Zwei Dinge, wie gesagt, die wir unterstützt und mitgetragen haben.

Das führt aber auch dazu, dass es zum Teil einen erhöhten Aufwand gibt. Beim Verfas­sungsgerichtshof kommt dann noch hinzu, dass es jetzt auch noch die Prüfung von Eingaben zu Untersuchungsausschüssen gibt, und es kommt dazu, dass aufgrund der Massenzuwanderung Asylverfahren noch mehr zunehmen und die aufgrund der Asyl­gesetznovelle jetzt auch zum Verwaltungsgerichtshof, aber auch zum Verfassungsge­richtshof kommen und es dort daher einen erhöhten Aufwand gibt.

Es ist ein großes Qualitätsmerkmal eines Rechtsstaates, wenn es qualitativ hochwerti­ge Verfahren gibt und eine kurze Verfahrensdauer. Beides, das muss man konstatie­ren, gibt es in Österreich. Wir können also durchaus auch stolz darauf sein, dass das funktioniert. Es ist allerdings auch wichtig, dass das so bleibt und eben nicht durch falsch verstandene Maßnahmen geändert oder verschlechtert wird. Daher ist es tat­sächlich notwendig, dass es Umschichtungen von der Präsidentschaftskanzlei, von den diversen Ministerien und Kabinetten hin zum Verfassungsgerichtshof, zum Verwal­tungsgerichtshof, zum Bundesverwaltungsgericht gibt, damit es dort eine ausreichende personelle Ausstattung geben kann, damit die Qualität dieser Rechtsinstitute bestehen bleibt, damit die Verfahrensdauer entsprechend kurz bleiben kann und die Qualität ge­sichert ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Das sind wesentliche Punkte, die wir nicht dadurch opfern dürfen, dass wir falsche Maß­nahmen setzen, auf der falschen Seite das Geld ausgeben und für Repräsentation und so weiter überbordende Ausgaben haben. (Beifall bei der FPÖ.)

13.16



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 105

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


13.16.23

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Frau Bundesministerin! Herr Rechnungshofpräsident! Meine Da­men und Herren Volksanwälte! Hohes Haus! Oberste Organe, Gesetzgebung: Was ist dazu zu sagen? – Fangen wir bei unserem eigenen Haus an. Ich halte es für eine wirk­liche Errungenschaft, dass man für den Umbau dieses Hauses einen eigenen Budget­posten geschaffen hat, aus dem für alle ersichtlich ist, welche Kosten dieser Umbau verursachen wird. Für 2016 sind 32 Millionen € eingestellt. Damit werden die Vorlauf­kosten für die Übersiedlung, aber auch die Vorlaufkosten für den Beginn des Umbaus hier am Gebäude abgedeckt werden. Wichtig ist, dass die Transparenz gegeben ist und für jeden Bürger nachvollziehbar ist, dass es hier einen eigenen Budgetposten gibt, aus dem er selbst herauslesen kann, wie der Umbau dieses Hauses erfolgt. Das ist, glaube ich, eine Maßnahme, die zu Transparenz und zur Akzeptanz des Umbaus und auch dieses Hauses beiträgt. Ich halte das für eine der größten Errungenschaften.

Der zweite Punkt, den ich erwähnen will, weil er auch wieder das eigene Haus betrifft: Ich finde die Zusammenarbeit zwischen der Parlamentsdirektion und den Abgeordne­ten hervorragend, weil die Umsetzung des Mehrheitsberichtes aus der Enquete-Kom­mission vorbereitet wird, indem sowohl vom Geschäftsordnungsausschuss wie auch vom Verfassungsausschuss Aufträge gegeben worden sind, wie dieser umzusetzen ist, und dafür Legislativvorschläge entwickelt werden. Ich halte das für einen hervorragen­den neuen Ansatz, und trotz des gleich bleibenden Budgets wird eine größere Effizienz bei unserer ureigenen Aufgabe erzielt.

Zum Bundeskanzleramt beziehungsweise zum Verfassungsgerichtshof: Herr Kollege, da gebe ich Ihnen recht. Wir müssen uns anschauen, wie viele Fälle aus der neuen Rechtsschutznorm der Individualbeschwerde zur Normenkontrolle entstehen werden, und dementsprechend muss man dann auch den Verfassungsgerichtshof aufrüsten.

In der Bundesverwaltung wurden 225 Posten geschaffen, um die Asylverfahren abzu­wickeln; für das Rechtsmittel wurden beim Bundesverwaltungsgericht 42 neue Plan­stellen eingestellt. Man sollte damit auskommen, und ich halte das für eine gute Maß­nahme, eine sichtbare Maßnahme, dass man sich mit dem Asylthema in den nächsten Jahren entsprechend auseinandersetzen wird und auch auseinandersetzen muss.

Das Bundeskanzleramt mit seinen Maßnahmen insbesondere im digitalen Bereich wird etwas unterschätzt. Wenn man Rechtsmittel elektronisch anmeldet oder Anträge mit elektronischer Signatur stellt, dann sind 40 Prozent Gebührenersparnis beim Strafre­gisterauszug, bei der Gewerbeanmeldung und bei anderen Maßnahmen möglich. Das ist eine wirkliche Reform und Qualitätssteigerung.

Ich möchte auch erwähnen, dass Österreich insbesondere im digitalen Bereich eine Vorreiterrolle einnimmt und trotz des geringen Mitteleinsatzes einen höchst effizienten Output hat. 2014 hat Österreich den Public Service Award der UNO gewonnen – das sollte man auch einmal erwähnen, dass wir da an der Spitze aller Länder sind.

Im Wesentlichen ist das Budget der Obersten Organe ein vernünftiges Budget, ein nicht übertriebenes Budget, ein sparsames Budget, und letztendlich ermöglicht es auch, alle Aufgaben zu erfüllen, die damit zu erfüllen sind. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Auer. – Abg. Moser: Mit Ausnahme des Rechnungshofes! – Zwischenruf des Abg. Weninger.)

13.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 106

13.20.53

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Obers­te Organe! Herr Rechnungshofpräsident! Meine Damen und Herren! Ihnen gilt vor allem nun mein Plädoyer.

Verantwortungsvoller Umgang mit Steuergeldern sollte uns ja allen ein Herzensanlie­gen sein. Heute haben wir die Budgetdebatte, da geht es um die Verteilung der Steuer­gelder. Jetzt ganz konkret geht es darum, dass endlich der Rechnungshof im Mittel­punkt dieser Debatte stehen kann, denn der Rechnungshof ist ja per Gesetz der An­walt der SteuerzahlerInnen. Er untersucht den effizienten Einsatz von Steuergeld, und er legt immer wieder den Finger in die Wunde von Ineffizienz, Verschwendung und teil­weise auch Korruption.

Herr Präsident, danke für Ihre Arbeit! Der Dank gilt vor allem auch den vielen Mitarbei­terInnen im Rechnungshof. Ihre Prüfberichte sind immer wieder Anlass für Verbesse­rungen oder sollten zumindest auch Motivation für Gesetzesänderungen sein – aber da hapert es.

Darum heute mein Appell an Sie – zum Beispiel an Sie, Herr Kollege Pendl, Sie sind ja auch maßgeblich in der SPÖ. Viele SPÖ-Abgeordnete im Rechnungshofausschuss – ich glaube, sogar alle SPÖ-Abgeordneten im Rechnungshofausschuss – leiden darun­ter, dass die Vorschläge, die der Rechnungshof bringt, die Vorschläge, die Ihre Abge­ordneten im Ausschuss argumentieren, immer wieder verpuffen – verpuffen, abprallen.

Jetzt wende ich mich auch an die KollegInnen von der ÖVP. Da gibt es ja auch sehr engagierte MitarbeiterInnen beziehungsweise Abgeordnete im Rechnungshofausschuss. Kollege Gahr sitzt bereits hier, er bemüht sich ja auch darum, dass die Staatsverwal­tung effizienter wird.

Aber sowohl Sie von der SPÖ als auch Sie von der ÖVP, die Sie zusammen die Mehr­heit in diesem Haus bilden, Sie prallen immer wieder ab. Sie laufen immer wieder ge­gen die Gummi- oder Betonwand der Ineffizienz, und diese Ineffizienz hat einen Na­men: Im Gesundheitsbereich, im Bildungsbereich, im Pflegebereich, im Mindestsiche­rungsbereich heißt diese Ineffizienz Bundesländer und Landeshauptleute. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Die Macht dieser Institutionen ist die Fessel für effizienten Staatshaushalt beziehungs­weise für effiziente Verwaltung und Umsetzung beim Einsatz der Budgetmittel. Diese Macht ist auch die Fessel von diesen Abgeordneten hier links und rechts von mir, die ja die Mehrheit im Parlament bilden.

Kollege Zanger und ich leiden ja als Oppositionsabgeordnete darunter, dass diese Inef­fizienzen stets prolongiert werden. Jetzt kommt die zusätzliche Ineffizienz: das Budget des Rechnungshofes. Das Budget des Rechnungshofes ist im leichten Ansteigen – aber wir alle, die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP genauso wie wir von der Opposi­tion, haben ja im Ausschuss von Ihnen, Herr Rechnungshofpräsident, diese Grafik prä­sentiert bekommen. (Die Rednerin zeigt eine Grafik.)

Die Grafik zeigt Folgendes: In der blauen Linie ist die Inflation eingezeichnet, in der ro­ten oder violetten Linie ist das Rechnungshofbudget eingezeichnet. Die dicke Linie zeigt das, was der Rechnungshof aus dem Budget bekommt, und die dünne, gestrichelte Linie das, was der Rechnungshof dann schließlich zur Verfügung hat, indem er nämlich seine Rücklagen auflöst. (Zwischenruf des Abg. Kogler.)

Das heißt, genau diesen Spalt zu schließen, damit wir ungefähr in die Nähe der Infla­tion kommen – ich will ja nicht von der Anpassung ans Bruttoinlandsprodukt reden –, oder in die Nähe, die gelbe Linie ist das Bundesbudget – das geht nur durch ständigen Griff ins Sparbuch.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 107

Das ist jetzt das vierte Jahr, meine Damen und Herren: Das vierte Jahr lebt der Rech­nungshof sozusagen vom Sparbuch! Das kann nicht mehr so weitergehen! Ich sage Ihnen ganz konkret, was das bedeutet: Es gibt dann im Rechnungshof keine Mittel mehr für verstärkte Fortbildung, für bessere EDV-Technik. Es gibt dann weniger Mittel beziehungsweise keine Mittel mehr für die wertvollen Querschnittsprüfungen, die kos­ten viel Personal.

Wir haben es ja umrechnen lassen: Dieser Rückgriff aufs Sparbuch, der dann nicht mehr möglich ist, weil das Sparbuch leer ist, weil es sozusagen geschlossen werden muss, bedeutet dann auch pro Jahr zehn Prüfungen weniger. Zehn Prüfungen weniger durch Rechnungshofbeamte, von denen uns ja insgesamt jeder Prüfer, jeder Prüfbe­richt etwas bringt.

Ich sage ja immer, der Rechnungshof ist ja eigentlich die versteckte Goldgrube der Re­publik. (Zwischenruf des Abg. Pendl.) Wenn wir die Vorschläge ernst nehmen würden, wenn wir darangingen, endlich die Monsterreformprojekte offensiv im Sinne der Re­cherchen des Rechnungshofes in Gang zu setzen, dann hätten wir Einsparungen – Ein­sparungen in Milliardenhöhe.

Da bin ich dann genau bei dem, Frau Kollegin Fekter, wo man eine leichte Rechnung anstellen könnte, Sie selbst wissen das ja aus Ihrer Vergangenheit im Finanzressort. Am Donnerstag beschließt Ihre Mehrheit dann 5 Milliarden Defizit – 5 Milliarden Defizit im Gesamtbudget.

Der Rechnungshof hat seit Jahr und Tag Vorschläge gemacht, wie man diese Summe sehr wohl hätte einsparen können. Wenn man es gegenrechnet, jeder Erstklässler kann das: Wären wir den Vorschlägen des Rechnungshofs gefolgt, gäbe es gar kein so gro­ßes Defizit beziehungsweise könnten wir uns sogar positiv in Richtung Nulldefizit ent­wickeln. Sie haben jedoch offensichtlich taube Ohren oder blinde Augen (Zwischenruf der Abg. Fekter), ich weiß es nicht, oder Sie wollen nicht, oder Sie können nicht oder haben keine Macht gegenüber den Landeshauptleuten – es ist, wie es ist.

Diese Schwächung der Kontrolle ist ja auch eine Schwächung des Parlaments. Wenn Sie den Rechnungshof sozusagen in Askese schicken, dem Rechnungshof das Hun­gertuch umhängen, dann ist das eine Beschneidung Ihrer eigenen Kontrollinstitutionen. Das ist eine Beschneidung Ihrer parlamentarischen Rechte, das ist ein Schnitt ins eige­ne Fleisch! Ich weiß nicht, wie dick Ihr Fleisch ist, denn Sie schneiden ja schon vier Jahre hinein – das geht ja bald nicht mehr. Wir sind sozusagen bereits am Bein ange­langt, und das möchte ich vielen von Ihnen ja durchaus ersparen.

Darum, meine Damen und Herren, mein Schlussplädoyer: Verstärken Sie das Budget des Rechnungshofes, wir brauchen es! Eine Zahl habe ich noch gar nicht erwähnt: Der Rechnungshof hat nur 86,1 Prozent der Planstellen besetzt! Wir sind ja jetzt schon beim minimalen Personalstand angelangt – Herr Kollege Pendl, Sie kennen sich ja beim Personal aus.

Planstellen werden nicht nachbesetzt, der Druck auf die Prüfer, was Zeit und Einsatz anlangt, wird immer höher. Das will ich vermeiden, und darum: bitte nicht weniger Rech­nungshof, sondern mehr Rechnungshof! Mehr Rechnungshof bedeutet weniger Staats­schulden, weniger Staatsausgaben, weniger Verschwendung und weniger Korruption. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Zanger.)

13.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß, man sagt das immer so locker und ganz schnell, aber ich möchte Sie bitten, wenn man Kritik übt, das nicht mit einer Behinderung zu verknüpfen. Man sagt sehr leicht: Sie haben ja „taube Ohren“ und „blinde Augen“!, und das hat keiner böse gemeint, aber für behin-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 108

derte Menschen kann das eine echte Kränkung sein, wenn man hier zuhört. (Abg. Mo­ser: Das ist eine reine Metapher! – Zwischenrufe der Abgeordneten Pendl und Fekter.)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


13.28.49

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Ich werde nicht weiter auf die Ausführungen der Frau Kollegin Moser eingehen, das wird mein Kollege Singer später machen; das Thema Rechnungshof ist sein Gebiet.

Ich möchte mich heute auf die Themen Parlament und Bundeskanzleramt konzentrie­ren. Wir haben im Parlament ein Wirkungsziel festgeschrieben, das lautet, 10 000 Schü­lerinnen und Schüler in die „Demokratiewerkstatt“ zu bringen. Dieses Ziel konnte leider nicht erreicht werden – zwar nur knapp nicht, aber es konnte nicht erreicht werden.

Ich halte es für ganz, ganz wichtig, dass wir allen Menschen, bevor sie wahlberechtigt sind, die Möglichkeit geben, dieses Hohe Haus zu besuchen und die Demokratie ken­nenzulernen. Es gibt nichts Wichtigeres, als dass wir die Menschen hier für die Demo­kratie ausbilden. Das sage ich gerade in einer Zeit, in der die Demokratie in vielen Län­dern der Welt gefährdet ist.

Es ist mir daher sehr, sehr wichtig, dass alle Österreicherinnen und Österreicher, bevor sie ihr 16. Lebensjahr vollenden, mindestens einmal in diesem Hohen Haus sein kön­nen und an der „Demokratiewerkstatt“ teilnehmen. Dabei können sie die Vorteile, aber auch die Nachteile der Demokratie erkennen und bei deren Abwägung gleichzeitig er­kennen, dass die Vorteile in der Demokratie stets überwiegen und jede andere Regie­rungsform und jede andere Staatsform schlechter ist.

Der zweite Punkt, den ich gerne ansprechen möchte, ist, dass wir uns in der Enquete-Kommission betreffend Stärkung der Demokratie vorgenommen haben, das Parla­ment entsprechend zu stärken. Woran denke ich da? – Wir haben unter anderem vor­geschlagen, dass sich die Menschen nicht erst am Ende eines Gesetzgebungsprozes­ses einbringen können, was dann durch Volksbegehren geschieht oder indem die Op­position hier ein Theater macht, ob dieses Gesetz passt oder nicht. (Abg. Kogler – mit ironischer Heiterkeit –: Was? Niemals!)

Die Menschen sollen sich stattdessen einbringen können, noch bevor wir ein solches Gesetz schaffen. Möglich sein soll das durch eine sogenannte Crowdsourcing-Platt­form, wo wir Menschen, die Erfahrung in einem bestimmten Rechtsgebiet, in einer be­stimmten Materie haben, schon vor einem Gesetzentwurf einladen, ihre Gedanken und ihre Vorschläge einzubringen. (Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Da würde mir vorschweben, dass das Parlament eine solche Crowdsourcing-Plattform zur Verfügung stellen könnte. Weiters würde ich mir wünschen, dass das Parlament eine Online-Plattform im Bereich der Begutachtungsverfahren zur Verfügung stellt. Die­se soll es ermöglichen, dass wir Begutachtungsverfahren wirklich unmittelbar begleiten können, dass jede Bürgerin, jeder Bürger sich zu jedem einzelnen Punkt eines Geset­zesvorhabens einbringen und Anmerkungen vorbringen kann. Wir als Gesetzgeber kön­nen dann sehen, welche Punkte den Menschen wichtiger, welche weniger wichtig sind, und daraus auch unsere Schlüsse ziehen.

Damit komme ich zum Bundeskanzleramt, da möchte ich meinen Dank besonders Frau Staatssekretärin Steßl aussprechen. (Abg. Pendl: Bravo!) Danke dafür, dass wir es in einer schwierigen Zeit rasch möglich machen konnten, dass die Polizei das nötige Per­sonal bekommt, das sie braucht – sei es einerseits für die Verfahren im Asylwesen beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, sei es auf der anderen Seite für mehr Grenzpolizisten. Dafür ein ganz, ganz herzliches Danke, Frau Staatssekretärin, für die unbürokratische Vorgangsweise und die rasche Zurverfügungstellung von mehr Perso­nal. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 109

Damit möchte ich zum Schluss kommen. Der Schluss gilt dem Herrn Finanzminister, dem ich besonders dafür danken möchte, dass er nicht müde wird, stets Reformen vo­ranzutreiben, die für dieses Land notwendig sind. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scherak. – Bitte.

 


13.32.41

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Rechnungshofprä­sident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Volksanwälte! Wir diskutieren da ja viele unterschiedliche UG. Im Zusammenhang mit der UG, die das Parlament betrifft, herzlichen Dank an den Budgetdienst. Das ist hervorragende Arbeit, die da geleistet wird, und diese ist für uns Abgeordnete im Zusammenhang mit dem Budget sehr wichtig.

Wichtig ist, in diesem Zusammenhang zu sagen, dass wir es zum ersten Mal geschafft haben, im Budgetausschuss die Präsidenten der Höchstgerichte, also von Verfas­sungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof, zu laden. Da wurden wir darauf auf­merksam gemacht, dass es dort mit den Ressourcen entsprechend knapp ist, insbe­sondere der Präsident des Verfassungsgerichtshofs hat uns das gesagt.

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Holzinger hat gesagt, dass er das beson­ders problematisch findet, weil der VfGH ja viele neue Aufgaben dazubekommen hat. Da sind ja auch wir als Gesetzgeber schuld – Kollege Stefan hat es schon angespro­chen –, der dem Verfassungsgerichtshof diese neuen Aufgaben gegeben hat, sei es die Gesetzesbeschwerde, die etwas unglaublich Wichtiges ist, sei es die Möglichkeit, dass bei Untersuchungsausschüssen der Verfassungsgerichtshof bei Fragen angeru­fen werden kann.

Das Problem ist: Wenn wir nicht in ausreichendem Maß Mittel zur Verfügung stellen, werden sich eben auch die Verfahrensdauern entsprechend verlängern. Der Präsident des Verwaltungsgerichtshofs, Rudolf Thienel, hat gemeint, dass er bei ihm am VwGH den Knackpunkt 2017 sieht und sich das bis dahin ausgehen wird.

VfGH-Präsident Holzinger hat hingegen gesagt, dass es bei ihm am Verfassungsge­richtshof eben jetzt schon weit mehr Gesetzesbeschwerden gibt, als er ursprünglich gedacht hatte. Da haben sie sich offenbar verschätzt, und zusätzlich gibt es ja auch noch, wie gesagt, beim Untersuchungsausschuss die Möglichkeit, den VfGH anzurufen.

Zusätzlich gibt es noch die Mehrbelastung, was Asylsachen angeht, ich glaube, da sind wir uns alle einig. Wir wissen, die Flüchtlingsströme werden nicht so bald abreißen, es wird mehr Verfahren geben. Da gibt es eine interessante Antwort des Verfassungsge­richtshofs in einer Budgetanfrage: Wenn man davon ausgeht, dass im Bereich des Asyl­wesens 1 500 Verfahren anhängig sind, entstehen pro Tag verlängerter Verfahrensdauer 28 000 € zusätzliche Kosten. Diese Kosten entstehen natürlich aus der Grundversor­gung.

So ist es für mich nicht nachvollziehbar, dass wir es, obwohl der Präsident des Verfas­sungsgerichtshofes sagt, er brauche entsprechend mehr finanzielle Mittel, nicht schaf­fen, dem Verfassungsgerichtshof, dem Wächter unserer Verfassung diese zur Verfü­gung zu stellen. Man muss auch dazusagen, da geht es nicht um sonderlich viel, son­dern es geht um sage und schreibe 700 000 €, die notwendig sind.

Die Wichtigkeit des Verfassungsgerichtshofes ist in jedem Land, aber besonders in ei­nem Land wie Österreich gegeben. Wir wissen, wie viele wichtige Dinge der Verfas­sungsgerichtshof entscheidet, weil wir als Parlament teilweise nicht fähig sind, verfas­sungskonforme Gesetze zu beschließen, und genau da ist er besonders wichtig.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 110

Dementsprechend verstehe ich nicht, dass wir da die finanziellen Mittel nicht zur Verfü­gung stellen, insbesondere da ja im Nachhinein, wenn sich die Asylverfahren entspre­chend verlängern, das Ganze wieder auf uns zurückfällt, weil dann dort Mehrkosten ent­stehen.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend zusätz­liche finanzielle Mittelausstattung des Verfassungsgerichtshofs

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird dazu aufge­fordert, im Rahmen der mittelfristigen Budgetplanung den Verfassungsgerichtshof mit ausreichenden Budgetressourcen auszustatten um eine Verlängerung der Verfahrens­dauern abzuwenden.“

*****

Ich halte das für ganz essenziell, dass wir das machen. Es geht da nicht um viel Geld im Vergleich zum gesamten Budget. Stimmen Sie dem zu, dann ist gewährleistet, dass die großartige Arbeit, die der Verfassungsgerichtshof in Österreich leistet, auch weiter­hin in schneller und effizienter Art und Weise gemacht werden kann. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Brosz.)

13.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Nikolaus Scherak, Kollegin und Kollegen

betreffend zusätzliche finanzielle Mittelausstattung des Verfassungsgerichtshofs

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) - TOP 6 - UG 03

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Dr. Gerhard Holzinger machte im Rahmen des Budgetausschusses eindringlich auf die knappen Finanz- und Personalressourcen des Verfassungsgerichtshofs aufmerksam. Vor allem beklagte er, dass seinem Haus trotz zweier zusätzlicher Aufgaben – die Gesetzesbeschwerde und Anrufungsmöglich­keiten im Rahmen der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse – keine zusätzli­chen Mittel dafür zugestanden wurden. Das werde sich auf die Verfahrensdauer aus­wirken, die in den letzten Jahren gesenkt werden konnte. Im Rahmen der Gesetzesbe­schwerde wird Verfahrensparteien in Zivil- und Strafverfahren die Möglichkeit einge­räumt, sich direkt an den Verfassungsgerichtshof zu wenden, wenn sie die Verfas­sungsmäßigkeit von im Verfahren anzuwendenden Gesetzen anzweifeln. Zudem kön­nen Gesetze künftig von jedem ordentlichen Gericht wegen Verfassungswidrigkeit beim VfGH angefochten werden. Der Verfassungsgerichtshof ging ursprünglich von rund 150 zusätzlichen Gesetzesprüfungen aus, es zeigte sich aber, dass bereits im ersten


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 111

Jahr 275 derartige Anträge einlangten. Es handelt sich dabei durchwegs um äußerst an­spruchsvolle Fragen, wobei der Schwerpunkt bei zivil- und strafrechtlichen Fragen liegt.

Dazu kommt die die Reform der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse, welche einen Rechtszug an den Verfassungsgerichtshof etwa bei Unstimmigkeiten in Bezug auf die Anforderung von Beweismitteln und die Ladung von Auskunftspersonen vorse­hen. Auch hinsichtlich der der Klassifizierung von Informationen (z.B. der Verpflichtung zur besonderen Geheimhaltung) ist die Möglichkeit der Befassung des Verfassungsge­richtshof gegeben. Der Gerichtshof kann bereits im Vorfeld einbezogen werden, wenn etwa die teilweise oder gänzliche Unzulässigkeit eines von einem Viertel der Abge­ordneten eingebrachten Einsetzungsverlangens vom Geschäftsordnungsausschuss fest­gestellt wird. Bis Oktober waren aus dem Hypo-Untersuchungsausschuss 10 Fälle an-hängig.

Eine weitere Mehrbelastung des Verfassungsgerichtshofes stellen die Rechtsangele­genheiten in Asylsachen dar, die wieder im Steigen begriffen sind. Derzeit liegt die Verfahrensdauer in Asylfragen bei 81 Tagen, insgesamt durchschnittlich bei weniger als 7 Monaten.

Konkret bezeichnete der Präsident des Verfassungsgerichtshofes den zusätzlichen Mit­telbedarf mit 0,7 Mio. Euro.

Laut Bundesvoranschlag-Entwurf 2016 steigen die Ausgaben für den Verfassungsge­richtshof 2016 geringfügig von 14,83 Mio. Euro (2015) auf 14,86 Mio. Euro (2016), das ist ein Plus von 0,2%.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird dazu aufge­fordert, im Rahmen der mittelfristigen Budgetplanung den Verfassungsfgerichtshof mit ausreichenden Budgetressourcen auszustatten um eine Verlängerung der Verfahrens­dauern abzuwenden.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


13.36.20

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Meine Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! (Abg. Kogler: Massen im Stadion!) Kollege Scherak, wenn man länger im Haus ist, wiederholt sich das ununterbrochen: Bei jeder Budgetdebatte ist der erste Sager: Wir machen keine Schulden – und dann wird in jedem einzelnen Kapitel mehr gefordert. Ich glaube, das wissen wir alle miteinander. (Abg. Brosz: … Regierungsin­serate!)

Ich möchte mich bei den Obersten Organen in der kurzen Zeit in erster Linie mit der Bundesgesetzgebung und dem Bundeskanzleramt beschäftigen, möchte mich aber auch generell einmal bei allen Obersten Organen sehr herzlich bedanken.

In unserem Haus möchte ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parla­mentsdirektion und der Klubs sowie bei den parlamentarischen Mitarbeitern sehr herz­lich bedanken. Für uns ist es ja egal, ob es Mitternacht oder acht Uhr in der Früh ist, al­les soll funktionieren – ich glaube, der österreichische öffentliche Dienst erbringt für die-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 112

sen Staat und seine Bürger hervorragende Dienstleistungen. Da sollte man zumindest bei der Budgetdebatte einmal Danke sagen, und ich mache das sehr gerne. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Parlament hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt. Ich weiß, dass alles schneller gehen könnte, aber wir haben uns echt zu einem Arbeitsparlament weiterentwickelt. Das muss aber für alle auch eines bedeu­ten und klar sein: Je mehr Aktivitäten wir im Hause haben – ich erspare mir die Aufzäh­lung aus Zeitgründen –, desto mehr Ressourcen brauchen wir, das ist überhaupt keine Frage.

Man sieht genau die Grenzen, von den Lokalitäten angefangen bis hin zum Personal – was man oft dem Personal zumutet, da muss man auch aufpassen. Ich meine, ein mo­dernes Arbeitsparlament braucht ganz einfach die notwendigen Ressourcen, ich glau­be, da sind wir uns alle einig. Ich bin auch froh darüber, was auch Kollege Wittmann angesprochen hat, dass wir zumindest den Umbau des Parlaments als eigenen Bud­getposten haben – dass er sichtbar ist, dass nachvollziehbar ist, dass wir versuchen, mit dem Budget auszukommen.

Frau Staatssekretärin Steßl, ich habe mich gefreut, dass sich Kollege Gerstl bei dir be­dankt hat, ich habe das nämlich auch vor und tue es. Wir haben mehrere solche Be­reiche, lieber Kollege Gerstl, wo eigentlich sehr unkompliziert von der Frau Staatsse­kretärin und von ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehandelt wurde – jetzt sind wir schon wieder bei den öffentlich Bediensteten –, und ich bitte dich, den Dank auch an deine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzugeben.

Es gibt einige sehr heikle Bereiche, bei denen wir schnell reagieren mussten, einige davon sind aufgezählt worden. Ich meine, das zeigt auch, wie wichtig es ist, dass wir gerade in solchen Zeiten eine gewisse Flexibilität innerhalb des öffentlichen Bereichs haben müssen.

Es ist ja dem öffentlichen Dienst immer nachgesagt worden, dass er eher starr, nicht beweglich, nicht flexibel ist, aber ich muss sagen: Was wir die letzten Wochen und Mo­nate miterlebt haben – Gratulation, auch das ist ein Fortschritt, das ist eine Weiterent­wicklung. Wir werden ja heuer noch das Vergnügen haben, beim Dienstrecht für die öf­fentlich Bediensteten den Gehaltsabschluss beschließen zu dürfen.

Ich meine, das vorliegende Budget ist, bei allen Wünschen, die es im einen oder ande­ren Bereich gibt, trotz Steuerreform ein ausgezeichnetes Budget, und ich bin überzeugt davon, dass mit diesem Budget alle ihre Arbeit ordentlich und korrekt im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher abwickeln können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


13.40.13

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Sehr geehr­ter Herr Rechnungshofpräsident! Ich beziehe mich auf zwei Bereiche, den Rechnungs­hof und die Volksanwaltschaft. Ich beginne mit dem Rechnungshof.

Hierzu muss ich leider feststellen, dass es im Zuge auch dieser Budgeterstellung ver­absäumt wurde, das Budget des Rechnungshofes nachhaltig zu sanieren und Pla­nungssicherheit zu gewähren. Ich betone, dass es sich beim Rechnungshof um ein Kontrollorgan des Nationalrates handelt, das mehr Einsparungspotenzial bringt, als es kostet.

Die Vorsitzende des Rechnungshofausschusses hat es schon angesprochen: Wir re­den fast jedes Jahr über das gleiche Problem, nur leider ändert sich nichts. Die Abge-


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ordneten der Regierungsparteien stimmen anders ab, als sie im Ausschuss reden, wenn sie den Herrn Rechnungshofpräsidenten und seine Berichte doch so sehr loben.

Alle Abgeordneten, meine sehr geehrten Damen und Herren, die heute diesem Budget zustimmen, nehmen bewusst weniger Einsparungspotenzial, weniger Kontrolle und we­niger Beratung in Kauf. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sollte Ihnen zu den­ken geben. Es ist ja noch etwas Zeit bis Donnerstag, bis hier abgestimmt wird. Aber es muss wirklich noch einmal darüber nachgedacht werden, was mit dem Budget des Rech­nungshofes zukünftig passiert.

Der Rechnungshof hat in den letzten Jahren sparsam gewirtschaftet. Er hat Rücklagen gebildet. Diese Rücklagen werden jetzt sukzessive aufgelöst, um den Betrieb aufrecht­erhalten zu können und um auch dem verfassungsmäßigen Auftrag nachkommen und ins Parlament Berichte liefern zu können. 2017 ist es aber aus. 2017 fehlen dem Rech­nungshof 3 Millionen €. Dann kann die Kernaufgabe nicht mehr erledigt werden, nicht mehr in dem gleichen Ausmaß wie derzeit geprüft werden, meine sehr geehrten Da­men und Herren. Das halte ich schon für bedenklich. (Beifall beim Team Stronach.)

Im Zusammenhang mit den 3 Millionen €, die dem Rechnungshof 2017 im Budget feh­len werden, möchte ich ein paar Zahlen vor Augen führen. Die Bundesregierung hat 2012 fast 31 Millionen € für Werbung ausgegeben, und 2014 sind fast 3 Millionen € an Repräsentationskosten angefallen. In diesem Zusammenhang wäre auch anzuführen, dass zehn Tage Grenzeinsatz rund 14 Millionen € kosten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, man soll das eine nicht mit dem anderen auf­rechnen, aber wo ein Wille ist, da ist ein Weg. Geht nicht, gibt’s nicht. Gerade im Be­reich des Rechnungshofes ist es wirklich notwendig, noch einmal darüber nachzuden­ken. Es ist ja das letzte Budget von Rechnungshofpräsident Moser – er verlässt nächs­tes Jahr leider, sage ich jetzt einmal, diese Funktion, aber er hat immer sehr gut ver­handelt, sparsam gewirtschaftet und hinterlässt ein gutes Haus.

Ich möchte auch kurz die Volksanwaltschaft ansprechen. Mit 74 Planstellen bleibt der Personalstand im Bereich der allgemeinen Verwaltung gleich. Die Volksanwälte kom­men mit dem Budget aus. Rücklagen werden auch hier aufgelöst. 350 000 € und 300 000 € sind notwendig, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, aber das ist gewähr­leistet.

Anmerken möchte ich, dass es nur sehr schleppend vorangeht – und das haben wir auch im Ausschuss diskutiert –, was die Vorschläge zur Beseitigung von Missständen betrifft.

Hierzu möchte ich das Stichwort Sachwalterschaftsgesetz anführen, denn ein Be­schwerdeaufkommen von plus 25 Prozent ist nicht zu vernachlässigen, das ist sehr hoch. In diesem Bereich sollte endlich etwas angegangen werden. Es tagen bereits verschiedene Gruppen, es soll in diese Richtung auch etwas gemacht werden, aber es gibt noch keine konkrete Lösung. Ich sage dies vor allem vor dem Hintergrund, dass dieses Problem ja nicht erst seit gestern besteht, sondern schon jahrelang evident ist.

Abschließend möchte ich mich auch ganz herzlich bedanken. Wir haben im Budget­ausschuss nicht alle Fragen von uns aus klären können, aber die Mitarbeiter der Volks­anwaltschaft haben die Antworten nachgeliefert. Das war bestens, herzlichen Dank da­für! (Beifall beim Team Stronach.)

13.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.

 


13.44.52

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Volksanwälte! Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich


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spreche zur Volkanwaltschaft, und zwar deshalb, weil die Volksanwaltschaft auch für den Schutz und die Kontrolle der Einhaltung der Menschenrechte in Österreich zustän­dig ist. Als ich heute in der Früh die Zeitung gelesen habe, war ich ausgesprochen be­stürzt über das Interview des Vorsitzenden der Islamischen Religionsgemeinde Linz für das Land Oberösterreich Murat Baser und seine Äußerungen zur Rolle der Frau und zur Vorherrschaft des Mannes über die Frau. (Die Rednerin hält eine Ausgabe der Ta­geszeitung „Neues Volksblatt“ in Händen und schlägt sie auf.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich diese Gelegenheit nutzen, einen Appell an Herrn Murat Baser zu richten. Ich kenne ihn persönlich aus der Mo­schee in Attnang-Puchheim. Ich habe ihn bisher immer sehr geschätzt und eigentlich als moderat betrachtet und bemüht, ein gutes Zusammenleben zu gewährleisten, aber das Interview zeigt auf, dass Herr Murat Baser unsere Rechtsordnung nicht kennt.

Daher möchte ich folgenden Appell an ihn richten: Werter Herr Murat Baser! Ihr Inter­view, das Sie dem Volksblatt gegeben haben, ist inhaltlich nicht akzeptabel. Ihre Posi­tion gegenüber Frauen ist nicht bloß verwerflich, sondern rechtswidrig.

Unsere Verfassung und unser Rechtsstaat bestimmen, dass Mann und Frau gleichbe­rechtigt sind. Es gelten die Menschenrechte für alle gleich. Das müssen auch Muslime akzeptieren. Die Würde und Rechte der Frauen und Mädchen in Österreich sind nicht verhandelbar und nicht relativierbar, auch nicht durch den Koran.

Menschenrechte gelten absolut und sind durch die Verfassung geschützt. Die Verfas­sung definiert unsere Leitkultur in Österreich, welche die hier lebenden Menschen ak­zeptieren müssen, auch die Muslime.

Herr Murat Baser, Sie tragen große Verantwortung. Sie lehren den Koran. Ich appellie­re an Sie: Lesen Sie auch unsere Verfassung und die Menschenrechte, und binden Sie dies in Ihren Unterricht ein! Vermeiden Sie, dass die Jugend durch Ihr Wirken mit ge­setzwidrigen, menschenrechtsverachtenden Positionen gegenüber Mädchen und Frau­en auch einen gänzlich falschen Weg einschlägt! Dieser Weg bringt psychischen Druck und Gewalt gegenüber Frauen, und das ist die Saat für Unrecht.

Wir Österreicherinnen und Österreicher verlangen von den Muslimen keine Assimila­tion. Sie können ihre Traditionen pflegen. Wir fordern aber von den Muslimen die Einhal­tung unserer Verfassung und unserer Gesetze sowie die Akzeptanz der Prinzipien un­serer Verfassung, insbesondere dass Frau und Mann gleichberechtigt sind, dass die Wür­de und die Rechte von Mädchen durch unsere Verfassung geschützt sind. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Nur, wenn unser „Verfassungsbogen“, unsere Leitkultur auch von den Muslimen akzep­tiert wird, ist ein friedliches Zusammenleben in Österreich möglich. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.

 


13.49.07

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Her­ren auf der Regierungsbank! Es geschehen offensichtlich noch Zeichen und Wunder, aber das wird dann Frau Kollegin Schimanek mit Ihnen besprechen, Frau Kollegin Fek­ter.

Ich gehe ein bisschen auf den Rechnungshof ein oder, wie ich es frei nach Karl May auch nenne: das Reich des Silbernen Löwen. So könnte man es ja jetzt bezeichnen, wo Präsident Moser wirklich mit voller Energie und vollem Elan darum kämpft, dass die­ses Haus seiner Aufgabe nachkommen kann. Was ist diese Aufgabe? In Wirklichkeit besteht sie darin, uns hier im Parlament zu dienen und uns Fakten darzulegen, wie


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man in dieser Republik sparsamer, wirksamer und effizienter arbeiten kann, was natür­lich auch ein großer Vorteil für den Steuerzahler wäre, würde man nur umsetzen, was der Rechnungshof da so an Vorschlägen präsentiert.

Gut, es ist schon gesagt worden: Ab dem Jahre 2017 wird es dramatisch, weil die Rück­lagen, die der Rechnungshof aufgebaut hat, bis dahin verbraucht sein werden, obwohl er – das muss gesagt werden – seine Arbeit wirklich auf sparsamstem Wege macht. Wenn ich sehe, dass ihm 323 Planstellen zustehen würden, de facto aber nur 304 be­setzt sind – weil aufgrund der sparsamen Ausstattung mit finanziellen Mitteln gar nicht mehr besetzt werden können –, dann muss man sagen, arbeiten diese Leute, denen ich höchsten Respekt zolle, ja wirklich jetzt schon am Limit.

Wir hier im Parlament haben das so entschieden und haben dem Rechnungshof we­sentlich mehr Aufgaben übertragen – sprich Parteiengesetz, sprich Medientransparenz­gesetz –, sorgen aber nicht für die notwendigen Mittel, damit er die damit verbundenen ad­ministrativen Tätigkeiten, die von einem enormen Ausmaß sind, auch bewältigen kann. Die Rechnung bekommen wir Abgeordnete dann präsentiert, denn immerhin haben die Verwaltungstätigkeiten nur für diese beiden Gesetze bisher 43 Follow-up-Prüfungen „ge­kostet“.

Heute weiß man, wie wichtig solche Beratungsleistungen sind, die nicht unbedingt im­mer nur als Kontrolle oder als Hinhacken auf irgendwen zu sehen sind. Sie sind viel­mehr Beratungs- und Dienstleistungen, die der Rechnungshof uns gegenüber, aber auch gegenüber der überprüften Stelle erbringt. Wenn ich das Ganze nicht irgendwann ein­mal evaluiere, bringt es ja nur die Hälfte von dem, was es bringen soll. Es wäre wirklich wichtig, alle Follow-up-Prüfungen zu machen, aber es geht momentan nicht.

Der noch viel größere Brocken sind die für uns ganz entscheidenden und essenziellen Prüfungen, nämlich die Querschnittsprüfungen, bei denen es darum geht, zu evaluie­ren, wie verschiedene Stellen untereinander zusammenwirken. Diesbezüglich lautete der Stand 2011 noch 21 Querschnittsprüfungen und 2015 sind es heiße vier.

Da verstehe ich eigentlich das Parlament selbst nicht mehr. In diesen Prüfungen sind Sachen enthalten, die gehen ans Eingemachte, da geht es um die Sparsamkeit und um die großen Brocken in dieser Republik. Wenn ich mir dann den Umsetzungsstand anschaue: Man spricht immer von diesen 80 Prozent, die umgesetzt werden, 20 Pro­zent werden es nicht, das ist im Wirkungsziel 3 so beschrieben. Schaue ich mir dann das Wirkungsziel 1 an, das die großen Brocken enthält, und sehe, es sind nur 43 Pro­zent umgesetzt, dann weiß ich ganz genau, wo ich ansetzen muss.

Für einen Finanzminister oder eine Regierung, für einen Budgetverantwortlichen sollte damit klar sein, was als Erstes zu tun ist, nämlich zu sagen: Okay, ich habe da ein Or­gan, das eine wirklich professionelle Unterlage anbietet – auch für ein Management, wenn ich eine Regierung so sehen will –, dann fange ich an, das auch umzusetzen. Als Regierung kann man so viel Geld einsparen, dass man dem Rechnungshof locker die­se 3 Millionen €, die er brauchen würde, zahlen kann – und wahrscheinlich noch sogar viel mehr als Bonus dazu, denn so wird das in der Wirtschaft eigentlich auch gehand­habt.

Aber was macht Republik? – Das genaue Gegenteil! Das finde ich sehr bedenklich und nicht in Ordnung! (Beifall bei der FPÖ.)

13.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, Sie wollten einen Antrag einbrin­gen, oder nicht? Das könnte der nächste Redner machen, da Sie sich jetzt nicht noch einmal zu Wort melden können.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 116

13.53.39

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Budget 2016, das wir heute diskutieren, hat drei große Eckpunkte: Die Steuerzahlerinnen und Steu­erzahler zu entlasten, massiv zu entlasten, was mit dem, was wir beschlossen haben, auch gelungen ist, Wachstum und Beschäftigung zu schaffen – das macht nicht nur die Privatwirtschaft, sondern ich werde ein Beispiel bringen, dass es sehr wohl auch der Regierung gelingt, Arbeitsplätze zu schaffen – und vor allen Dingen auch die Kaufkraft zu stärken.

Zu den Obersten Organen und zur obersten Gesetzgebung hat mein Kollege Wittmann bereits erwähnt, dass es speziell bei der Parlamentssanierung ein sehr positives Zei­chen im Sinne der Transparenz ist, dass für Parlamentssanierung und ‑absiedelung ein eigener Budgetposten geschaffen wird.

Was man bei der Parlamentsdirektion nicht vergessen darf – und das möchte ich nach wie vor und immer wieder sehr lobend erwähnen –: die „Demokratiewerkstatt“, in der Ju­gendliche Demokratie ganz einfach üben, ausprobieren und lernen können. Es ist dies ein wichtiger Aspekt, zu dem die Budgetzahlen ganz einfach fortzuschreiben sind. Auch ich würde mir wünschen, dass wir es schaffen, dass nicht nur einige ausgewählte Schu­len, sondern viele Schulen, fast alle Schulen daran teilnehmen können.

Ich komme schon zum Bundeskanzleramt: Ich habe vorhin gesagt, dass auch der Bund Dienst- und Lehrstellen schafft. Lassen Sie mich gleich zu den Lehrlingen kom­men. Mit Stand 1. September 2015 stehen 1 540 Lehrlinge in Beschäftigung beim Bund. Allein heuer haben 300 Lehrlinge die Berufsausbildung beim Bund begonnen. Worauf bei den Lehrlingen auch sehr geachtet wird, ist ein gendersensibler Zugang, sodass sich auch viele Mädchen in Berufen finden, die jetzt nicht unbedingt mädchentypisch sind.

Der Lehrlingsaustausch mit der Privatwirtschaft wird ausgeweitet und die Lehre mit Ma­tura wird weiter vorangetrieben, wobei das Positivste an der Sache ist, dass 50 Pro­zent der Lehrlinge, die beim Bund beginnen, auch die Möglichkeit haben, beim Bund weiterzuarbeiten.

Verwaltungsreform ist ein sehr „geplagtes“ Wort, das auch immer für alle möglichen Dinge herhalten muss. Es ist aber schon sehr, sehr viel im Hintergrund passiert – und die Frau Staatssekretärin ist heute hier schon gelobt worden –, sodass man da nur weitermachen kann. Ich möchte einige Punkte aufzählen, was alles passiert ist und was alles noch in Vorbereitung ist: Die Online-Antragstellung für Firmen, für Unterneh­men wird mit günstigeren Gebühren ganz einfach vorangetrieben, es gibt die automati­sche Arbeitnehmerveranlagung, die ab nächstem Jahr funktionieren sollte, die antrags­lose Familienbeihilfe haben wir ja schon umgesetzt. Bis Ende 2015 soll eine neue Form­vorschrift für Neugründungen für Unternehmen in Kraft treten, und letztendlich möchte ich den Punkt help.gv.at, also die Digitalisierung im Bundesdienst, erwähnen, wo es zum Beispiel im Bereich der Familie eine neue App gibt, nämlich HELP4BABY. Sie ist eigentlich ein digitaler Mutter-Kind-Pass, der mit Erinnerungen und Erläuterungen für junge Eltern versehen wurde und ganz einfach heruntergeladen werden kann.

4 Millionen Aufrufe bei help.gv.at zeigen, wie wichtig dieser Dienst ist, und wie gut es ist, dass er weiter ausgebaut werden soll. Dafür ein herzliches Dankeschön. Wir sind auf einem guten Weg. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


13.57.42

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit UG 10 beginnen, nämlich mit den Medien. Minister Ostermayer ist heu-


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te nicht da, seine Kapitel sind aufgeteilt, trotzdem findet die Debatte zu den Medien for­mal korrekt jetzt statt, und diesbezüglich gibt es im heurigen Budget eine Entwicklung, die unerfreulich ist.

Grundsätzlich muss man festhalten, dass die Presseförderung in Österreich eine Ent­wicklung genommen hat, bei der die direkte Presseförderung, also das, was man auch als Qualitätsförderung bezeichnet, in den letzten Jahren sukzessive geringer gewor­den ist. Ganz so schlimm ist es aber nicht, denn die indirekte Presseförderung in Ös­terreich, also der Anteil, den man mit der Vergabe von Inseraten abdeckt, mit denen man will, dass auch eine entsprechende Berichterstattung erfolgt, ist deutlich höher. Er beträgt ein Vielfaches der regulären Presseförderung.

Im Bereich Qualitätsförderung gibt es jedoch ein besonderes Problem, nämlich bei der Journalistenausbildung. Dort ist zwar der Budgetposten gleichgeblieben, es gibt al­lerdings erstmals zwei Institutionen, die mit der gleichen Summe, die vorher eine re­nommierte Institution, nämlich das Kuratorium für Journalistenausbildung, bekommen hat, gefördert werden. Das soll in Zukunft auch so fortgesetzt werden und hat die Fol­gewirkung, dass diese einzige renommierte Ausbildungsinstitution heuer schon mit 170 000 € weniger auskommen musste, Leistungen einstellen muss, nicht mehr erbrin­gen kann und das auch in den Folgejahren zu Budgetproblemen führt.

Wir sind der Meinung, dass es durchaus möglich wäre – Otto Pendl ist jetzt schon ge­gangen, sonst hätte ich gesagt, nicht alles muss mehr werden!, zum Beispiel könnte man bei Regierungsinseraten einsparen und dafür die Presseförderung erhöhen; das kostet nicht mehr, es wird wahrscheinlich sogar billiger –, generell eine faire und trans­parente Form der Presseförderung zu machen und diesbezüglich insbesondere einen Punkt abzuändern. Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dieter Brosz, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Mittel für Qualitätsförderung bei der JournalistInnenausbildung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfas­sung und Medien, wird aufgefordert durch Budgetumschichtungen sicherzustellen, dass es beim Kuratorium für Journalistenausbildung (KfJ) zu keiner Kürzung der Fördermit­tel im Jahr 2015 und in den Folgejahren kommt, auch wenn weitere JournalistInnen­ausbildungsorganisationen zusätzlich gefördert werden.“

*****

Generell wäre eine Umstellung der Presseförderung dringend angebracht.

Der zweite Punkt, zu dem ich kommen möchte, ist das Parlamentsbudget. Dazu hat Herr Kollege Gerstl einige interessante Ausführungen gemacht. Kollege Gerstl hat näm­lich richtigerweise gesagt, was alles im Parlament geschehen soll, denn es gibt einen Beschluss des Nationalrates. SPÖ und ÖVP haben nach der Enquete-Kommission be­schlossen, dass es Veränderungen geben soll, dass beispielsweise durch eine Gegen­überstellung von Veränderungen und eine transparente Homepage die Begutachtungs­verfahren besser werden sollen. Es soll ein sogenanntes Crowdsourcing bei Geset­zesverfahren geben, es sollen also die Bürgerinnen und Bürger im Vorfeld eingebun­den werden und eine Plattform haben, auf der das eingerichtet werden soll und auch stattfinden kann.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 118

Was Kollege Gerstl nicht dazugesagt hat, ist, dass das vermutlich nicht zum Nulltarif gehen wird, es aber keinerlei Verankerungen im Budget gibt. Ich würde jetzt Kollegen Gerstl – wenn er da wäre – gerne fragen, was er glaubt, wie das umgesetzt wird, wenn das Budget unverändert bleibt. Ich habe im Budgetausschuss auch die Präsidentin ge­fragt, ob sie irgendwelche Reserven gebunkert hat, die man vielleicht dafür verwenden könnte. Die Antwort war: Nein, das Gegenteil ist der Fall, wir lösen gerade Reserven auf, um den Normalbetrieb zu finanzieren!

Und jetzt kommen zusätzliche Anforderungen. Es soll übrigens auch noch die Zuarbeit der Abgeordneten gestärkt werden, es soll der Rechts- und Legislativdienst ausgebaut werden – es findet sich nur keinerlei budgetäre Verankerung. Das ist eine sehr unglaub­würdige Politik, wenn man ankündigt, was besser werden soll, was deutlich mehr Res­sourcen braucht, aber in keiner Form sicherstellt, dass das auch passieren kann.

Beim dritter Punkt wäre ich noch einmal auf den Kollegen Pendl zu sprechen gekom­men, weil nämlich der Rechnungshofpräsident heute da ist: Wenn man sich zum Bei­spiel den Rechnungshofbericht zur Ski-WM in Schladming anschaut, erkennt man, dass es leichte Möglichkeiten gibt, wie man das finanziert. Man bräuchte zum Beispiel nur nicht das zusätzlich zu finanzieren, was ohnehin schon jemand anderer finanziert! Das ist nämlich im Rechnungshofbericht herausgekommen. Bei der Ski-WM wurde prak­tisch und wunderbar doppelt gefördert! Die Teile, die von der FIS gefördert worden sind, hat das Bundesministerium gleich noch einmal gefördert, und da geht es um Millionen­beträge!

Es wäre ja nicht so, dass man immer nur mehr fordert, wir als Opposition fordern auch, dass man sorgsam mit dem Steuergeld umgeht, und allein, wenn man den Bericht an­schaut, findet man eine ganze Latte an Vorschlägen, wie es zu Einsparungen kommen könnte, es deutlich besser gehen würde. Also ist es nicht so, dass es immer nur darum geht, mehr zu fordern, sondern ein vernünftiger Umgang mit Steuergeld würde durch­aus helfen und würde andere Ressourcen freimachen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dieter Brosz, Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Mittel für Qualitätsförderung bei der JournalistInnenausbildung

eingebracht im Zuge der Debatte Bericht des Budgetausschusses über die Regie­rungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.)

Begründung

Während die ökonomischen Rahmenbedingungen für Qualitätsmedien in den letzten Jahren immer schwieriger geworden sind, wurde die Presseförderung sogar mehrfach gekürzt.

Anstatt einer transparenten Presseförderung bevorzugt die Regierung das Prinzip „Zu­ckerbrot und Peitsche“. Die indirekte Förderung in Form von Regierungsinseraten macht ein Vielfaches der für die Presseförderung budgetierten Mittel aus.

Bei der im Presseförderungsgesetz festgelegten Qualitätsförderung für JournalistIn­nenausbildung kam es im Jahr 2015 zu einer Umschichtung der Förderung, weil mit


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dem Forum für Journalismus und Medien (fjum) eine zweite Ausbildungsorganisation erstmals gefördert wurde. Das ist grundsätzlich zu befürworten, allerdings nicht zu Las­ten des Kuratoriums für Journalistenausbildung (KfJ), dessen Fördermittel um 170.000 Eu­ro gekürzt wurden. Damit diese renommierte Institution ihre Angebote im gleichen Aus­maß wie bisher aufrechterhalten kann, müssen die Mittel für die Qualitätssicherung er­höht werden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfas­sung und Medien, wird aufgefordert durch Budgetumschichtungen sicherzustellen, dass es beim Kuratorium für Journalistenausbildung (KfJ) zu keiner Kürzung der Fördermit­tel im Jahr 2015 und in den Folgejahren kommt, auch wenn weitere JournalistInnen­ausbildungsorganisationen zusätzlich gefördert werden.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berla­kovich. – Bitte.

 


14.02.36

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heuer und im vorigen Jahr gedachten wir in unserem Land einiger historischer Ereignisse: Beginn Erster Welt­krieg, Ende Zweiter Weltkrieg, EU-Beitritt.

Für die anerkannten autochthonen österreichischen Volksgruppen waren einige weite­re Ereignisse von großer Bedeutung, nämlich unter anderem die Unterzeichnung des Staatsvertrages. Die Unterzeichnung des Staatsvertrages hat nicht nur Österreich die Freiheit gebracht, sie hat auch erstmals bewirkt, dass die Volksgruppen auf allen staat­lichen Ebenen in Österreich anerkannt wurden, festgeschrieben im Artikel 7 des Staats­vertrages. Das umfasst unter anderem das Recht auf eine Amtssprache, das Recht auf eine mehrsprachige Ausbildung, das Recht auf topographische Aufschriften. Vieles ist in der Zwischenzeit erreicht worden: das Volksgruppengesetz, Volksgruppenbeiräte mit entsprechender finanzieller Unterstützung, die Amtssprachenregelung, topographische Aufschriften bis hin zur Aufstellung der zweisprachigen Ortstafeln: im Burgenland vor 15 Jahren, in Kärnten letztendlich umfassender im Jahr 2011.

Das ist alles sehr positiv, es gibt ein friedliches Zusammenleben und keine Volksgrup­penkonflikte. Das klingt danach, dass alles eitel Wonne ist, das ist es aber leider nicht – nämlich überhaupt nicht.

Heuer im Sommer hat es erstmals nach zehn Jahren wieder ein Treffen der sechs an­erkannten autochthonen Volksgruppen gegeben, nämlich der Volksgruppenbeiräte, und da ist deutlich geworden, dass die österreichischen Volksgruppen bedroht sind, nicht von politischer Assimilation, sondern einfach davon, dass identitätsstiftende Merk­male, wie zum Beispiel die Sprache, an Bedeutung verlieren.

Daher ist es wichtig – das wurde dort auch festgehalten –, dass es eine umfassende Analyse über den Istzustand der österreichischen Volksgruppen gibt: Wo stehen sie? Wie geht es ihnen wirklich? Darauf aufbauend – das ist unsere Forderung – sollte es nicht alle zehn Jahre, sondern doch in regelmäßigen Abständen, ein Zusammentreffen der Volksgruppen geben, um auch gemeinsame Strategien zu entwickeln.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 120

Die finanzielle Unterstützung ist ein wichtiger Beitrag, aber noch wichtiger ist eine me­diale Unterstützung, und dabei kommt dem ORF eine zentrale Bedeutung zu. Die Volks­gruppensprache ist Identität! Wenn sie nicht mehr verwendet oder gebraucht wird, dann beginnt die Volksgruppe zu verlieren und hört auf zu existieren.

Im Vorjahr wurden 25 Jahre Dobar dan Hrvati und 25 Jahre Dober dan, Koroška – ORF-Sendungen in den Volksgruppensprachen – gefeiert, heuer 25 Jahre Adj‘Isten magyarok, und das zeigt, dass das mediale Angebot positiv, aber einfach zu gering ist. Unser Vorschlag ist daher, dass ORF III – ein anerkannter Sender mit Kulturange­bot – um einschlägige sprachliche Sendungen im Volksgruppenbereich erweitert wird: auf Kroatisch, auf Slowenisch, Ungarisch, Tschechisch, Slowakisch und auch Roma­nes. Das wäre eine Unterstützung für die österreichischen Volksgruppen.

Wichtig ist auch die Anwendung vor Ämtern und Behörden. Derzeit ist es so: Wenn ein Volksgruppenangehöriger auf ein Amt geht, bekommt er ein deutsches Formular mit einer Übersetzungshilfe. Das ist lächerlich! Im Volksgruppengesetz ist das Recht auf volksgruppensprachliche Formulare festgeschrieben, die Verordnungen liegen bereits seit Monaten im Bundeskanzleramt, sind aber noch nicht erlassen. Unsere Forderung ist, diese Verordnungen zu erlassen, damit die Volksgruppen vor Ämtern und Behör­den auch das Recht anwenden können. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Sinn­voller sind nicht einsprachig kroatische oder ungarische Formulare, sondern mehrspra­chige Formulare, wie sie international üblich sind.

Lassen Sie mich abschließend eines festhalten: Wir haben heuer auch eines schlim­men Ereignisses gedacht: Vor 20 Jahren sind in Oberwart vier Roma durch einen heim­tückischen Anschlag umgebracht worden, ein Kroate in Stinatz ist verletzt worden. Das ist eines der dunkelsten Kapitel der österreichischen Geschichte, und wichtig ist, dass Toleranz und Menschenwürde unantastbare Werte unserer Gesellschaft sind.

Wir alle von der ÖVP sind fest entschlossen, gerade in der heutigen internationalen Si­tuation, diese Werte zu verteidigen, denn klar ist, dass Extremismus, Rassismus und Het­ze in einer Gesellschaft des 21. Jahrhunderts nichts verloren haben. – Danke schön. (Bei­fall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, Grünen und NEOS.)

14.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ga­mon. – Bitte.

 


14.06.59

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrter Herr Präsident Moser! Ich melde mich heute zu Wort, da das Rechnungshofbudget und der diesbezügliche Finanzrahmen wirklich An­lass zur Sorge um Parlamentarismus und Demokratie in diesem Land geben.

Das Rechnungshofbudget ist auch dieses Jahr wieder zu niedrig und die laufenden Kosten müssen in den nächsten Jahren wieder durch Entnahmen aus den Rücklagen finanziert werden. Das hat aber alles ein Ende: Die Rücklagen sind spätestens 2017, eventuell schon nächstes Jahr aufgebraucht. Wie so oft zeigt die Regierung auch da keinen Weitblick, weil auch im Finanzrahmen keine nennenswerte Erhöhung vorgese­hen ist.

Infolgedessen kommt eben der Rechnungshof nach dem Aufbrauchen der Rücklagen in eine solche finanzielle Notlage, dass in diesem Falle zehn Prüfungen nicht mehr durchgeführt werden könnten, da das Geld schlichtweg nicht da ist und einfach fehlt. Es ist wirklich eine finanzielle Notlage, die da entsteht, und da müssten eigentlich bei allen Kolleginnen und Kollegen hier im Raum die Alarmglocken läuten, denn das ist wirklich eine Gefahr für den Parlamentarismus. Das ist wirklich etwas, das alle hier di-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 121

rekt betrifft! Das ist Ihr Rechnungshof, das ist Ihre Institution, die für Sie auch Material liefert, um parlamentarische Arbeit leisten zu können.

Ohne dieses Werkzeug können wir unsere Kontrollfunktion, die wirklich unsere Aufga­be hier ist, gar nicht mehr wahrnehmen. Die Problematik kommt eben daher, dass dem Rechnungshof immer wieder neue auch extrem wichtige Aufgaben zukommen, aber das Budget weiterhin stagniert. Wenn es bei einem stagnierenden Budget mehr Prüf­aufgaben gibt, kommt das de facto einer Budgetkürzung gleich. Weniger Berichte heißt dann auch weniger Parlamentarismus und auch weniger politische Kultur.

Es hat einen tollen Artikel im Onlinemedium „nzz.at“ gegeben über die Sargnägel des Parlamentarismus. Dort wurde auch Folgendes gesagt:

„Österreich hat ein wachsendes Demokratiedefizit. Es wird wesentlich schwerer zu über­winden sein als institutionelles Versagen.“

Eben dieses institutionelle Versagen zeigt uns der Rechnungshof immer wieder auf. Das ist extrem wichtig, denn ohne dass die Finger in die Wunden gelegt werden, wird auch nie eine Reform zustande kommen.

Wir können es uns einfach nicht leisten, dass da eingespart wird beziehungsweise die entsprechenden Mittel nicht zur Verfügung gestellt werden. Ich bitte Sie daher wirklich alle um Unterstützung für einen gemeinsamen Antrag der Frau Kollegin Moser und mir, den ich einbringe, denn da geht es um uns alle und die Arbeit, die wir – hoffe ich doch – auch alle leisten wollen.

In diesem Zusammenhang möchte ich dem Kollegen Pendl, auch wenn er nicht mehr da ist, sagen: Ein Danke ist wichtig, unter anderem, weil die Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter des Rechnungshofes unter einem wahnsinnigen Leistungs- und Erfolgsdruck und eben auch Budgetdruck stehen, aber mit einem Danke kann man sich leider nichts kaufen und auch keine weiteren Prüfberichte ermöglichen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend adäquate finanzielle Mittelausstattung des Rechnungshofs

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des Bundesfi­nanzrahmengesetzes 2016 - 2019 vorzulegen, im Rahmen derer die finanzielle Mittel­ausstattung des Rechnungshofs in einer solchen Form gestaltet wird, dass die Prüftä­tigkeit des Rechnungshofs in keinem Fall reduziert werden muss sowie Sonderaufga­ben adäquat bewältigt werden können.“

*****

Danke. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

14.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc, Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend adäquate finanzielle Mittelausstattung des Rechnungshofs


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 122

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (890 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Bundesfinanzrahmenge­setze 2015 bis 2018 und 2016 bis 2019 sowie das Bundesfinanzgesetz 2015 geändert werden (819 d.B.) – TOP 5 – UG 06

Der Rechnungshof konnte in den vergangenen Jahren dank konsequenter Einsparun­gen 7,1 Millionen Euro an Rücklagen aufbauen. Wie schon in den vergangenen Bud­getdebatten dargelegt, werden diese Rücklagen spätestens 2017 aufgebraucht sein. Zudem bewältigt der Rechnungshof seit dem Jahr 2012 außerdem Sonderaufgaben im Zusammenhang mit dem Medientransparenzgesetz und dem Parteiengesetz, weswe­gen es unverständlich ist, dass den Forderungen nach einer Aufstockung des Rech­nungshof-Budgets seitens der Bundesregierung auch 2016 nicht nachgekommen wird. Ganz im Gegenteil: Der Rechnungshof ist mit indirekten Kürzungen konfrontiert, wäh­rend die Anzahl der zu prüfenden Stellen steigt. Als Konsequenz werden nicht nur die aufgebauten Rücklagen aufgebraucht, sondern auch eine essentielle Quelle parlamen­tarischer Kontrollarbeit einer ungewissen budgetären Zukunft ausgesetzt. Rechnungs­hofpräsident Dr. Josef Moser bestätigte im Budgetausschuss am 17.11.2015, dass nach Auflösung der Rücklagen eine Budgetlücke von drei Millionen Euro entstehen werde und somit zehn Prüfungen pro Jahr eingespart werden müssten. Gerade in Hin­blick auf die Umsetzung einheitlicher Regelungen zur Rechnungslegung aller Gebiets­körperschaften wird der Rechnungshof eine wichtige Rolle in der Dokumentation und Beurteilung der Reform der österreichischen Finanzarchitektur spielen. Somit ist es fraglich, inwieweit der Rechnungshof seinen verfassungsrechtlichen Aufgaben nachkom­men kann. In Anbetracht der unzähligen Finanzskandale der letzten Jahre ist konsequen­terweise zu fordern, dass der Rechnungshof seinen Tätigkeitsbereich ausdehnt, und in keinen Fall einschränkt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des Bundesfi­nanzrahmengesetzes 2016 - 2019 vorzulegen, im Rahmen derer die finanzielle Mittel­ausstattung des Rechnungshofs in einer solchen Form gestaltet wird, dass die Prüftä­tigkeit des Rechnungshofs in keinem Fall reduziert werden muss sowie Sonderaufga­ben adäquat bewältigt werden können."

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


14.10.39

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Herr Rechnungshofpräsident! Meine Damen und Herren von der Volks­anwaltschaft! Frau Kollegin, ich glaube, dass wir alle den Rechnungshof und seine Be­richte außerordentlich wertschätzen, das ist etwas, was uns immer wieder auch den Spiegel vorhält. Es ist halt so, dass wir die Dinge, die einen finanziellen Aufwand mit sich bringen, nur in unterschiedlicher Form umsetzen können. Wir haben heute auch das Thema, dass der Verfassungsgerichtshofpräsident anlässlich des Hearings mehr­fach mitgeteilt hat, dass er Verstärkung braucht. Ich glaube, jeder von uns versteht auch, dass er Verstärkung braucht, aber es ist aufgrund der budgetmäßigen Situation halt nicht so, dass wir ihm jetzt sofort mit der gesamten von ihm gewünschten Unter­stützung helfen können. (Zwischenruf des Abg. Scherak.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 123

Ich möchte allerdings diese Gelegenheit auch dazu nützen zu sagen, dass wir beim Verfassungsgerichtshof sicherlich entsprechend nachbessern müssen, da ja auch viele neue Instrumente eingeführt wurden. Die Gesetzesbeschwerde ist ja wirklich etwas Groß­artiges, das uns im Rechtschutz sehr viel weiterhilft. Hier muss man sicherlich Unter­stützung geben. Auch die Asylverfahren werden sicherlich nicht weniger; da gehe ich auch davon aus, dass man nachjustieren muss.

Die Volksanwaltschaft ist in unterschiedlichen Bereichen in der jüngsten Zeit – und auch davor, muss man sagen – immer wieder sehr, sehr positiv und sehr hoffnungsfroh aufgefallen. Ob das die Kollegin Brinek ist, die die Sachwalterschaftsthematik immer wieder aufgreift, ob das Kollege Fichtenbauer ist, der ja durch seine Sendungen nahe­zu schon zu einem Fernsehstar geworden ist, oder Kollege Kräuter, der besonders den Tierschutz auf seine Fahnen geheftet hat.

Ich weiß nicht, wer von Ihnen Jäger ist – es ist ja jetzt Jagdsaison gewesen –, aber ich bin keiner, mir fehlt da das Verständnis, ich würde das nicht machen. Es gibt sehr viele gute Jäger, keine Frage, aber was hier teilweise – ich sage: Mensdorff-Pouilly – pas­siert, ist einfach unerträglich. Ich freue mich daher sehr, dass es die Volksanwaltschaft ist – soweit ich weiß, auch mit Unterstützung des Herrn Rechnungshofpräsidenten –, die ein besonderes Augenmerk darauf richtet, dass nicht weitergeht, was derzeit pas­siert. Wir müssen wirklich zwischen den Jägern und denen, die mit Jagd nichts mehr zu tun haben, unterscheiden.

Wenn es darum geht, dass man kleine Küken, Hendln, Fasane zusammenfängt und in Schachteln hineinsetzt, diese dann mit einem Hund auftreibt, die zahm sind und teil­weise zu den Leuten hinlaufen, und dann schießt man mit Schrot hinein, so hat das mit Jägertum überhaupt nichts mehr zu tun. Ich glaube, es ist ein Anliegen, dass man das endlich beendet. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Einen weiteren Vorschlag, der von der Volksanwaltschaft kommt, begrüße ich gleich­falls, und ich glaube, auch da ist der Herr Rechnungshofpräsident ein Unterstützer. Wir haben in den unterschiedlichen Bereichen – ich spreche jetzt Luchse an – zahlreiche, sehr kostenintensive Programme laufen. Ich habe überhaupt kein Verständnis, dass, sobald eine Population aufgewachsen ist, die eine oder der andere kommt und das Tier einfach erschießt und wegbringt.

Ich begrüße daher den Vorschlag, dass man zukünftig im Schadenersatzrecht die Kos­ten, die wir … (Zwischenrufe der Abgeordneten Steinbichler und Rasinger. – Abg. Amon: Geh nicht auf die Jäger los!) – Das sind ja nicht die Jäger! Ich glaube, man muss einfach unterscheiden! Man muss unterscheiden zwischen denen, die Jagd und Hege und all das machen, und denen, die sagen: Es ist mir egal, dass wir eine Luchs­population aufziehen, die legen wir jetzt einfach um! – Die Dame aus Linz ist, glaube ich, achtzigjährig; da muss man vielleicht nicht mehr unbedingt jagen gehen.

Aber es ist wichtig, dass man in Zukunft die Kosten, die wir alle zahlen, nämlich für das Aufzuchtprogramm, im Rahmen des Schadenersatzes dann auch entsprechend gel­tend machen kann. Dafür danke ich herzlich den hier genannten Vertretern, und wir werden dieses Problem in Zukunft gemeinsam lösen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ so­wie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schimanek. – Bitte.

 


14.15.02

Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Herr Rechnungshofpräsident! Meine sehr geehrte Frau Volksan­wältin! Meine Herren Volksanwälte! Ich möchte zu Beginn den Antrag meines Kollegen Zanger einbringen, der den Rechnungshof betrifft:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 124

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstel­lung der notwendigen budgetären und personellen Ausstattung des Rechnungshofs

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die den finanziellen Aufwand des Rechnungshofes so ausgleicht, dass dem Rechnungshof genügend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit der Rechnungshof in seinen Kernaufgaben keine Einbußen erleidet und es dem Rech­nungshof möglich ist, alle Planstellen zu besetzen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte mich dann eigentlich mit dem Budget der Volksanwaltschaft beschäftigen, möchte aber vorab noch einen kurzen Kommentar zur Kollegin Fekter abgeben – jetzt ist sie leider nicht mehr im Plenarsaal. Frau Kollegin, ich verstehe die Empörung der ÖVP-Frauen über die Aussagen des Vorsitzenden der Islamischen Religionsgemeinschaft in Österreich, Murat Baser, wirklich voll und stehe auch inhaltlich dazu. Aber diese Aufre­gung Ihrerseits kommt um Jahre zu spät! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben vor dieser Entwicklung schon vor Jahren gewarnt. Das ist kein Einzelfall, sondern Grundtenor in einer islamisch geprägten Gesellschaft. Und jetzt zu sagen, es ist ein Wahnsinn, was da gesagt wird, kommt zu spät. Ich glaube, Sie müssten da viel mehr auch auf die jetzige Entwicklung Augenmerk legen und nicht hier mit einzelnen Aussagen jetzt versuchen, eine Hysterie zu entwickeln. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt aber zum Budget der Volksanwaltschaft – jetzt habe ich nur mehr ganz wenig Zeit. Ich möchte mich für die hervorragende Arbeit der Volksanwaltschaft und selbst­verständlich auch vom Rechnungshof bedanken. Fast 40 Jahre erledigt jetzt schon die Volksanwaltschaft für uns diese Arbeit als Instrument des Parlaments, und auch das Budget der Volksanwaltschaft wird immer schmäler. Wir haben heute schon gehört, dass der Rechnungshof sein Sparbuch leerräumt, die Volksanwaltschaft macht das na­türlich auch. Jährlich werden 300 000 € von den Rücklagen entnommen, um einen lau­fenden Betrieb aufrechtzuerhalten. Das ist wirklich nicht sehr mutig und keine weitsich­tige Budgetpolitik! Das muss ich einmal so feststellen.

Ich möchte aber noch einmal ganz kurz zwei Aspekte ansprechen, einmal die Prüfkom­petenzerweiterung der Volksanwaltschaft, die auch mir persönlich ein Anliegen ist. Wir haben im Ausschuss gehört, die Volksanwaltschaft wäre in der Lage, dieser Erweite­rung der Prüfkompetenz auch mit dem Personal, das sie jetzt hat, nachkommen zu können. Ich würde mich freuen, wenn der Antrag, der im Verfassungsausschuss liegt, jetzt auch mutig von den Regierungsparteien angenommen werden könnte; es wäre kein Problem.

Aber ich möchte an dieser Stelle noch kurz auf das Informationsfreiheitsgesetz einge­hen. Da sollte die Volksanwaltschaft eingebunden werden, wodurch ein überbürokrati­scher Aufwand auf die Volksanwaltschaft zukommt. Auch ich werde diese Woche ei­nen Antrag einbringen, dass die Volksanwaltschaft da herausgenommen wird, da es doch sehr wichtig ist, der Volksanwaltschaft nicht mehr Aufgaben zuzuschreiben, die sie dann nicht bewältigen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind es der Volksanwaltschaft schuldig, ausreichend finanzielle Mittel für ihre Arbeit zur Verfügung zu stellen, und wir müssen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 125

hier mutiger vorgehen, denn sonst sind die Budgetmittel 2017/2018 auch da erschöpft. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Wolfgang Zanger und weiterer Abgeordneter

betreffend Sicherstellung der notwendigen budgetären und personellen Ausstattung des Rechnungshofs UG 6

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.)

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (819 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Bundesfinanzrahmengesetze 2015 bis 2018 und 2016 bis 2019 sowie das Bundesfinanzgesetz 2015 geändert werden (890 d.B.): in der 104. Sitzung des Natio­nalrates

Dem Rechnungshof sind neben der Erweiterung der Prüfkompetenz auch Sondertätig­keiten übertragen worden, die die budgetäre und personelle Ausstattung so in An­spruch nehmen, dass die Kerntätigkeiten des Rechnungshofes stark eingeschränkt werden.

Um seine Kernaufgaben in vollem Umfang und mit der gewohnten Qualität aufrechtzu­erhalten, benötig der Rechnungshof die dringend notwendige finanzielle Aufstockung. Wenn diese finanzielle Aufstockung nicht stattfindet, wird der Rechnungshof gezwun­gen sein, seine Kerntätigkeiten einzuschränken und die Zahl der Prüfungen zu redu­zieren.

Auch die vorgesehenen 323 Planstellen können aufgrund der bescheidenen finanziel­len Ausstattung nicht besetzt werden.

Durch Wegfall der Querschnittsprüfungen und den weniger in die Tiefe gehenden Be­richten wird der Informationstand der Abgeordneten verschlechtert.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die den finanziellen Aufwand des Rechnungshofes so ausgleicht, dass dem Rechnungshof genügend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit der Rechnungshof in seinen Kernaufgaben keine Einbußen erleidet und es dem Rech­nungshof möglich ist, alle Planstellen zu besetzen.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Volksanwalt Dr. Fichtenbauer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 126

14.19.47

Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Na­türlich ist es eine sehr entspannende, Freuden stiftende Tatsache, dass wir ganz offen­kundig auf eine sehr positive Resonanz bezüglich unserer Tätigkeit im Hohen Haus sto­ßen dürfen.

Es ist ja schon x-mal gesagt worden – und sei nochmals wiederholt –: Wir als Volksan­waltschaft sind genauso wie der Rechnungshof ein Hilfsorgan des Parlaments und die­nen den Aufgaben des Parlaments in Bezug auf Kontrolle der Vollziehung. Wir sind das kleinste oberste Organ. Es sind nicht einmal 0,01 Prozent des Budgets, das für Zwe­cke der Volksanwaltschaft eingesetzt wird. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass wir im Unterschied zum Bundesfinanzrahmengesetz 2016 bis 2019, wo 10 259 000 € vorgesehen waren, jetzt einen Ausgabenvoranschlag von 10 559 000 € haben. Das konn­te und kann dadurch bewältigt werden, indem wir einen Betrag von 300 000 € aus den angesparten Rücklagen auflösen. Wir haben einen Personalstellenplan von 74 Planstel­len. Das heißt, wir haben eine dazubekommen. Wir sind in der Lage – und tun das nach­weislich auch –, die gestellten Aufgaben in einer sehr, sehr effizienten Weise abzuwickeln. Die durchschnittliche Dauer einer Beschwerdeerledigung ist nicht länger als sechs Wo­chen.

Ich danke auch dafür, dass wir als Verfassungsgesetzgeber – verzeihen Sie, dass ich „wir“ sage – die Aufmerksamkeit darauf lenken sollen, dass das Informationsfreiheits­gesetz auf die Volksanwaltschaft überhaupt nicht passt. Aber wenn die Volksanwalt­schaft hier nicht ausgenommen wäre, müssten wir mindestens tausend Bescheide pro Jahr erlassen, weil ja jeder Antragsteller einen Anspruch auf Bescheiderlassung hätte. Dafür ist die Volksanwaltschaft so etwas von gar nicht eingerichtet. Wir wären mit dem derzeitigen Stellenplan so etwas von überfordert und damit von einer Leistungsbilanz, die wir derzeit vorlegen können, weit entfernt, ohne dass ein Nutzen für die Republik erwachsen würde. Aber informelle Gespräche mit den Verfassungssprechern lassen mich guten Mutes sein, dass wir auf diesem Weg einen positiven Schritt vor uns ha­ben.

In Summe und abschließend darf ich noch einmal darauf verweisen, dass aus Sicht der Volksanwaltschaft eine Prüflücke besteht. Wir sollten doch gleichermaßen wie der Rechnungshof auch die Kompetenz haben, ausgegliederte Rechtsträger mit unseren Beschwerden beziehungsweise Beschwerdeerledigungen kompetent ansprechen zu dürfen. In der Tat ist es so, dass die Bundesbahnen derzeit auf mehr oder weniger in­formelle Weise auf unsere Vorhaltungen reagieren. Aber es macht einen Unterschied, ob das quasi freundschaftlich erfolgt oder ob eine Rechtspflicht dahintersteht.

In Summe erlaube ich mir als derzeitiger Vorsitzender der Volksanwaltschaft, dem Par­lament für die ausgesprochen positive Kooperationsebene zu danken. Ich bedanke mich zudem sehr, dass das Parlament auch Mitträger der positiven Akzeptanz der Tätigkeit der Volksanwaltschaft in der Bevölkerung ist. Ich darf bitten, im Zuge der Beschlussfas­sungen bezüglich des Kapitels Oberste Organe/Volksanwaltschaft, das derzeit zur De­batte steht, Ihre Zustimmung zu geben. – Danke. (Beifall bei FPÖ, ÖVP, NEOS und Team Stronach.)

14.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Amon zu Wort. – Bitte.

 


14.24.12

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsi­dent des Rechnungshofs! Geschätzte Volksanwälte! Meine Damen und Herren! Ich wollte zunächst noch kurz auf Herrn Kollegen Jarolim replizieren, der da – jedenfalls ist es mir so vorgekommen – mit einem Unterton ein wenig auf die Jäger losgegangen ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 127

Ich bin zwar kein aktiver Jäger, aber immerhin ein geprüfter Jäger. (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.) Ich habe auch sehr viele Freunde, die Waidmänner und Waidfrauen sind und die wirklich den Gedanken des Hegens in das Zentrum ihrer Tätigkeit stellen. Ich bin der Meinung, man sollte diese Tätigkeit auch als wichtige Tätigkeit anerkennen. Man muss da sehr aufpassen, denn es ist ein schmaler Grat, wenn man da ein biss­chen sehr leger in der Kritik vorgeht. Ich glaube, da würde mir sogar Frau Dr. Moser von den Grünen recht geben, die ja, wie ich weiß, auch eine Jägerin ist. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Waidmannsheil!)

Der Budgetpunkt Oberste Organe ist immer auch eine Gelegenheit, allgemein über das Budget zu reden. Ich möchte zunächst aber den beiden obersten Organen, dem Rech­nungshof und natürlich auch der Volksanwaltschaft, ein Danke sagen, denn der Rech­nungshof ist klarerweise gerade für die gesamte Verwaltung nicht immer das ange­nehmste Organ – das liegt in der Natur der Sache, dass da auch Kritik kommt. Aber ich glaube doch, dass es insbesondere auch unter Ihrer Führung, sehr geehrter Herr Prä­sident Moser, wie auch schon unter Ihren Vorgängern gelungen ist – das möchte ich ausdrücklich sagen –, den Rechnungshof als eine Institution zu positionieren, die unbe­stritten ist und die als Instrument des Parlaments sehr geschätzt wird. Das möchte ich wirklich betonen.

Selbiges gilt für die Volksanwaltschaft. Wenn die Bürgerinnen und Bürger zu uns Abge­ordneten in die Sprechstunde kommen und wir manches Mal auch mit unserem Latein am Ende sind, ist es sehr oft die Volksanwaltschaft, die uns im Hinblick auf die Pro­bleme, die es in den Verwaltungsabläufen gibt, eine Hilfestellung gibt. Dafür möchte ich mich auch bedanken.

Ich glaube, dass das Budget, das in einer sehr schwierigen Zeit erstellt und vorgelegt wird, insgesamt dennoch jenen Bereichen, die uns wichtig sind, Rechnung trägt. Einer­seits ist es diszipliniert, andererseits vergisst es aber nicht, in die entsprechenden, not­wendigen Bereiche zu investieren, in Wirtschaft, Wissenschaft, Forschung, den länd­lichen Raum und die Familien – um nur ein paar Schwerpunkte zu nennen.

Ich glaube, dass dieses Budget absolut unterstützenswert ist, und ersuche alle Kolle­ginnen und Kollegen, das auch zu tun. (Beifall bei der ÖVP.)

14.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Zinggl zu Wort. – Bitte.

 


14.27.46

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Danke, Herr Präsident! – Auch ich nehme ganz kurz Stellung zur Volksanwaltschaft. Es geht mir dabei, wie Volksanwalt Fichtenbauer auch schon gesagt hat, um die Prüffelder.

Die Volksanwaltschaft, meine Damen und Herren, prüft Missstände für die Bürgerinnen und Bürger, wenn diese von ihnen angeprangert werden. Sie tritt mit den Behörden in Kontakt, versucht, die Probleme aufzurollen, die Ursachen zu verstehen und sie auf die­se Art und Weise zu bewältigen.

Die Volksanwaltschaft ist eine Einrichtung des Parlaments, die unserer Ansicht nach – ich glaube, wir sind einstimmig dieser Ansicht – hervorragend funktioniert, allerdings mit einem Fehler: Der Fehler besteht darin, dass seit den 1990er Jahren einige Rechts­träger, einige Institutionen, die staatliche Aufgaben übernommen haben oder überneh­men, ausgegliedert sind: Bahn, Elektrizitätswerke, Straßenbau, Museen, Universitäten und so weiter. Diese können von der Volksanwaltschaft nicht geprüft werden, wiewohl sie vom Rechnungshof wirtschaftlich geprüft werden. Das sehen wir nicht ein, weil den Bürgerinnen und Bürgern da auch eine Möglichkeit genommen wird, ihre Beschwerden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 128

durchzusetzen beziehungsweise eine Transparenz und damit Verbesserungen herbei­zuführen. Wir wollen seit zehn Jahren, dass auch die Ausgegliederten geprüft werden können.

Was hat das Ganze mit dem Budget zu tun? Das Argument der Regierungsfraktionen war immer, dass das zu viel oder mehr Geld kosten würde und dass das daher nicht leistbar wäre. Nun sollten wir meinen, dass genug Budget für diese Transparenz, für eine Verbesserung und für die Rechte der Bürgerinnen und Bürger da sein sollte. Ich habe im Budgetausschuss die Frage an die Volksanwaltschaft gerichtet, was das mehr kostet. Und wieder war, wie schon im vorigen Jahr, die Auskunft, dass eine Übernah­me der Prüfaufgaben von ausgegliederten Unternehmen nicht mehr kosten würde. Nun sehe ich nicht ein, warum die Regierungsfraktionen einer Verbesserung, die nicht mehr kostet, nicht zustimmen können.

Auf welcher Seite sind eigentlich die Abgeordneten der Regierungsfraktionen, auf der Seite der Bürgerinnen und Bürger oder auf der Seite einer Regierung, die möglicher­weise Angst davor hat, dass mit zu viel Transparenz Missstände aufgedeckt werden könnten? Denken Sie einmal darüber nach! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Bayr zu Wort. – Bitte.

 


14.30.28

Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Her­ren auf der Regierungsbank, im Saal, auf der Galerie und überall sonst! Ich möchte auch zuerst einmal auf die sehr wichtige Institution der Volksanwaltschaft eingehen.

Volksanwalt Fichtenbauer hat es schon gesagt, dass es moderat, aber doch gelungen ist, das Budget um 0,8 Prozent für das kommende Jahr zu heben – wenn auch unter Auflösung von Rücklagen. Aber trotzdem denke ich mir, dass die hohe Qualität der Prüf­tätigkeit durch die Volksanwaltschaft weiterhin gewährleistet sein wird.

Lassen Sie mich auch auf zwei Inhalte eingehen. Einerseits wissen wir ja, dass seit 2012, seit der Ratifikation des Zusatzprotokolls der Antifolterkonvention der Vereinten Nationen die Volksanwaltschaft auch das Instrument beziehungsweise die zentrale An­lauf- und Monitoringstelle bei Foltervorwürfen ist. Ihr obliegt die Kontrolle aller Einrich­tungen, wo Menschen angehalten werden, seien es Asylzentren, Pflegeheime, Psychia­trien oder der Strafvollzug.

Die Kommissionen machen dort mit ihren unangemeldeten Besuchen und ihrer Kon­trolle sehr wichtige präventive Arbeit, um Gewalt, Missbrauch oder Ausbeutung der Men­schen in diesen Einrichtungen von vornherein zu verhindern. Ein Wirkungsziel geht spe­ziell darauf ein, dass diese Qualität der Prüfung weiter auszubauen ist, wobei man nicht nur der OPCAT-Konvention, sondern auch der UN-Behindertenrechtskonvention nach­kommen will. Ich halte beides für sehr wichtig.

Als Zweites möchte ich die internationalen Tätigkeiten von IOI und INTOSAI anspre­chen. Beide Dachverbände der internationalen Organisationen befinden sich ja in Wien. Wie die meisten von Ihnen wissen, wurden Ende September dieses Jahres die Sus­tainable Development Goals – die nachhaltigen Entwicklungsziele – von den Vereinten Nationen beschlossen. Diese gelten für Nord und Süd gleichermaßen und geben uns auch einiges an Aufgaben vor. Ich denke mir, dass sowohl die Volksanwaltschaft als auch der Rechnungshof eine sehr wichtige Rolle in Österreich spielen werden, weil die einen für individuelle Beschwerden bei mangelhafter Implementierung der SDGs zu­ständig sein werden und die anderen sehr wohl auch im Sinne der SDGs in der Kon­trolle der Vollziehung der ordnungsgemäßen Haushaltsführung und der effizienten Mit­telverwendung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 129

Die beiden internationalen Organisationen, die ja in Wien sind, haben quasi auch eine sehr wichtige entwicklungspolitische Rolle zu spielen, indem sie nämlich andere Institu­tionen – Volksanwaltschaften gleichermaßen wie Rechnungshöfe – anderswo einer­seits ermächtigen und andererseits mit ihrer Tätigkeit schauen, dass die Qualität, was Prüfungen und Beschwerdemechanismen betrifft, wirklich eine gute ist. So gesehen sind beide Institutionen ein ganz wichtiges Instrument, um zu gewährleisten, dass diese neu­en Entwicklungsziele, die uns bis 2030 leiten werden, auch wirklich überall gut imple­mentiert werden können.

Herr Präsident Moser, in diesem Zusammenhang auch noch herzlichen Dank für Ihren Brief an die Mitglieder des Unterausschusses Entwicklungszusammenarbeit mit der Auf­forderung, wirklich darauf zu schauen, dass wir deren Umsetzung auch parlamenta­risch richtig verfolgen und kontrollieren. Ihre beiden Institutionen sind ganz wichtige Hilfs­organe für uns als Kontrollinstitution auch der Regierung. Ich hoffe, dass wir nicht nur als Unterausschuss Entwicklungszusammenarbeit, sondern viel weiter darüber hinaus sehr viele Ausschüsse involvierend es auch in Österreich schaffen werden, bis 2030 die­se Agenda hier, aber auch anderswo umzusetzen. – Vielen lieben Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Volksanwalt Dr. Kräuter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.34.16

Volksanwalt Dr. Günther Kräuter: Sehr geehrter Herr Präsident des Nationalrates, vorerst ein Kompliment direkt an Sie für Ihre Intervention vorhin, was sprachliche Sorg­falt im Zusammenhang mit Menschen mit Beeinträchtigungen betrifft! Das ist sehr wichtig. Das Hohe Haus ist ja dann auch wirklich ein Vorbild, wenn so reagiert wird, wie Sie reagiert haben. Vielen Dank.

Meine Damen und Herren, ich möchte mich kurz internationalen Themen zuwenden. Es gibt ja auch ein Wirkungsziel, nämlich: Beim International Ombudsman Institute sollte eigentlich bis zum Jahr 2017 eine Anzahl von 172 Mitgliedern erreicht werden. Nur: Wir haben derzeit schon 175 Mitglieder, was wirklich ein schöner Beweis auch für die internationale Reputation dieser Organisation mit Sitz in Wien ist.

Was sind eigentlich die Zielsetzungen und Herausforderungen des IOI neben den Trai­nings, die wir anbieten, der Forschung und den verschiedenen Regionalsubventionen? – Das ist einmal der Schutz der Kompetenzen der Ombudseinrichtungen weltweit, die da und dort durchaus aufgrund von Ausgliederungen und Privatisierungen gefährdet sind. Das ist auch die Unterstützung von verschiedenen Einrichtungen in aller Welt, die in fi­nanzieller Hinsicht unter Druck sind, manchmal wird auch das Personal gekürzt, oder es gibt Repressalien persönlicher Art gegenüber Ombudsleuten.

Wir wollen auch eine stärkere Komponente des Menschenrechtsgedankens ganz grund­sätzlich in die ganzen Beschwerdeverfahren implementieren. In diesem Bereich haben wir auch Trainings, die wir entwickeln, und eine Konferenz im nächsten Jahr in Belfast, die uns ein Stück weiterbringt.

Meine Damen und Herren, wir haben mit enormen Fluchtbewegungen zu tun. Das be­deutet natürlich auch für die Volksanwaltschaft zusätzliche Arbeit, und zwar einerseits in unserem traditionellen Aufgabenfeld – beispielsweise die Zunahme der Asylverfah­ren oder im Zusammenhang mit der Grundversorgung –, aber andererseits auch im Be­reich des NPM-Mandats, des Menschenrechtsschutzes, denn es wird ja vermehrt Abschie­bungen geben. Da ist es sehr wichtig, dass die Volksanwaltschaft darauf achtet, dass die Abschiebungen menschenrechtlich so erfolgen, wie sie zulässig sind.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 130

Gibt es in diesem Zusammenhang auch Reflexionen für unsere internationale Arbeit? – Ja, denn wir übernehmen im Jahr 2016 den Vorsitz eines südosteuropäischen NPM-Netzwerks. Auch dort wird man sich natürlich vorwiegend mit Themen des Menschen­rechtsschutzes im Zusammenhang mit den Fluchtbewegungen beschäftigen.

Ich war gestern auf einer internationalen Konferenz in Belgrad, wo ich auch als Refe­rent tätig war, und die Ombudseinrichtungen der Balkanländer haben sich die Frage gestellt, was die Herausforderungen dieser Zeit im Zusammenhang mit Flucht und Mi­gration auf der Westbalkanroute sind. Das Ziel der Konferenz, die erst heute abge­schlossen wird, ist, dass in allen Ländern Menschenrechtsstandards hinsichtlich Unter­kunft, Verpflegung und medizinischer Betreuung eingehalten werden. Der Winter steht vor der Tür, daher ist das natürlich eine eminent wichtige Frage in diesem gesamten Bereich. Wichtig ist natürlich auch der Schutz besonders gefährdeter Gruppen wie Kin­der, unbegleitete Minderjährige oder Menschen mit Beeinträchtigungen.

Es gibt ein Commitment, dass die Ombudseinrichtungen und Volksanwaltschaften in der gesamten Region alle ihre Instrumente einsetzen, um den Menschenrechtsschutz, die Kontrolle, die nationalen Präventionsmechanismen, die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, mit den Parlamenten, mit der Öffentlichkeit und verschiedensten Netz­werken sicherzustellen.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich mich sehr dafür bedanken, dass Sie wiederum ein Budget der Volksanwaltschaft auch im internationalen Bereich si­cherstellen, weil wir mit relativ überschaubarem Aufwand doch einiges im globalen Be­reich leisten können. Es sind ja rund 100 Staaten in unserer Organisation zusammen­gefasst. Da können wir doch zur Demokratieentwicklung und Rechtsstaatlichkeit beitra­gen, und wir können auch, wenn so dringende Notlagen wie aktuell im Zusammenhang mit den Fluchtbewegungen entstehen, unseren Beitrag leisten. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

14.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser zu Wort. – Bitte.

 


14.39.02

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Unter das Budgetkapitel Bundeskanzleramt fällt auch das Budget der Datenschutz­behörde, die eine weisungsunabhängige Behörde ist. Das war heute noch gar kein Thema.

Die Datenschutzbehörde ist so etwas wie die „Baupolizei“ des Datenschutzes. Ich glau­be, jeder, der sich ein bisschen mit den Entwicklungen der Digitalisierung beschäftigt, wird mir unbestritten zustimmen, dass Datenschutz immer wichtiger wird und dass es immer mehr Datenanwendungen gibt. Die Zahl der Datenanwendungen steigt, das Budget der Datenschutzbehörde steigt aber nicht. Das führt dazu, dass es am Ende ein gravieren­des Kontrolldefizit gibt. Wenn man sich die Budgetzahlen genauer anschaut, kann man das auch erkennen.

Es gibt eine sehr wichtige Aufgabe der Datenschutzbehörde, nämlich das amtswegige Kontrollverfahren. Worum geht es dabei? – Die Behörde kann immer dann amtswegige Überprüfungen anordnen, wenn der Verdacht auf Datenlecks besteht oder wenn Daten gespeichert sind, die nicht gespeichert werden dürften.

Hat man Fragen zur Datensicherheit zu kontrollieren, dann sind das in der Regel nicht juristische, sondern technische Fragen. Dafür braucht man vor allem Techniker, IT-Spe­zialisten, aber keine Juristen.

Das Problem der Datenschutzbehörde ist aber, dass sie als „klassische“ Behörde, die einen Kernbereich darin sieht – und der Kernbereich der Aufgabe besteht auch darin –,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 131

Bescheide auszustellen, fast ausschließlich Juristen beschäftigt und keine Personen, die technisches Know-how haben.

Das ist grundsätzlich noch kein Problem, nämlich dann nicht, wenn dieses technische Know-how zugekauft werden kann, wenn man es braucht. Das ist auch genau der Punkt. Das heißt, wenn die Datenschutzbehörde für dieses Kontrollverfahren techni­sches Know-how braucht, dann soll sie sich dieses technische Know-how zukaufen. – So weit, so gut! Schaut man aber im Budget weiter, dann kommt man darauf, dass das Budget für diese externen Datentechniker praktisch nicht vorhanden ist.

Vor einem Jahr hat mir der Bundeskanzler darauf gesagt: Ja, das ist deswegen so ge­ring, weil eigentlich ja die Datenschutzbehörde auf die IKT-Abteilung des Bundeskanz­leramtes zugreifen kann. Das habe ich mit ihm im Ausschuss wieder debattiert. Ich habe gesagt, das geht gar nicht, denn aufgrund der EU-Vorgaben muss die Daten­schutzbehörde strukturell unabhängig sein. Das war ein langes Wortgefecht. Ich habe diese Frage nun schriftlich wieder gestellt, dieses Mal lautet die Antwort anders – also das mit der strukturellen Unabhängigkeit hat man jetzt endlich verstanden –: Die Da­tenschutzbehörde – so heißt es jetzt – kann sich diese Werkleistungen von Dritten, von unabhängigen Sachverständigen zukaufen.

Okay. Wenn man dann aber genauer in das Budget schaut, sieht man, wie viel Geld für diese Sachaufwendungen, nämlich für Werkleistungen Dritter, zur Verfügung steht: Es ist ein Betrag von 2 000 €. – Ich weiß nicht, wer von Ihnen schon jemals in irgendeinem Fachgebiet einen Sachverständigen beauftragt hat. Der wird wissen: Mit 2 000 € kommt man in keinem einzigen Fachgebiet zu einer nachhaltigen Leistung. Es gibt keinen Sach­verständigen, der um diesen Preis ein Gutachten erstellen kann.

Aber die Datenschutzbehörde soll damit sämtliche technische Leistungen, die im Zuge des amtswegigen Kontrollverfahrens bei Überprüfung beispielsweise von Datenlecks notwendig sind, zukaufen. Das ist ein Kontrollmissstand, den man der Datenschutzbe­hörde aufbürdet, der eigentlich untragbar ist und der zeigt, wie man mit dem Daten­schutz in diesem Land umgeht: Sonntagsreden ja, aber wenn es konkret wird, dann gibt man den Behörden nicht die nötigen Mittel, um in einem hochsensiblen Bereich ih­ren Aufgaben nachzukommen.

Ich halte das eigentlich für einen untragbaren Missstand, der so offenkundig im Budget sichtbar ist, dass man sich für diese Budgetierung für die Bundesregierung schämen muss. Wenn man einer Behörde einen gesetzlichen Auftrag gibt, aber sie finanziell nicht so ausstattet, dass sie diesem Auftrag auch nachkommen kann, ist das alleine schon ein Grund, um dieses Budget abzulehnen.

Ich hoffe, dass man nächstes Jahr daraus lernt und dafür sorgt, dass die Datenschutz­behörde in diesen hochsensiblen Punkten ihren Aufgaben wirklich nachkommen kann. Es geht dabei um Dinge, die für Bürgerinnen und Bürger wichtig sind. Ein Beispiel: Wenn man bei einem Wirtschaftsauskunftsdienst gespeichert wird – das sind die, die dann Auskunft über die Bonität geben –, dann sind genau diese Überprüfungen ge­fragt, damit man da rauskommt. Man kriegt sonst keinen Handyvertrag, mitunter keinen Mietvertrag. All das ist Gegenstand dieser Überprüfungsverfahren. 2 000 € stehen der Datenschutzbehörde dafür zur Verfügung!

Damit kann die Datenschutzbehörde ihren gesetzlichen Aufgaben nicht nachkommen! – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

14.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aubauer zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 132

14.43.51

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich darf zur wichtigen Arbeit der Volks­anwälte zurückführen. In dreierlei Hinsicht gilt ihr besondere Wertschätzung: Die Volks­anwaltschaft ist in einem Haus angesiedelt, das vorbildhaft barrierefrei umgebaut wur­de, auch um vielen älteren Hilfesuchenden leichteren Zugang zu gewähren. Zweitens: Der Frauenanteil unter den Mitarbeitern liegt bei nahezu 70 Prozent, das ist beispielhaft. (Bei­fall der Abg. Wurm.)

Und das ganz Entscheidende: Die Volksanwaltschaft und ihre Mitarbeiter kümmern sich umfassend um die Sorgen und um die Nöte älterer Menschen, und – was dabei wichtig ist – sie können den Menschen in sehr, sehr vielen Fällen auch helfen.

Worum geht es dabei? – Ältere Menschen erleben oft, dass ihre Bedürfnisse nachran­gig behandelt werden, dass beispielsweise die Kostenübernahme für Krankenbehelfe unklar ist oder notwendige Behelfe steuerlich nicht berücksichtigt werden, dass die ärzt­liche Versorgung – gerade in den Landgebieten, vor allem mit Fachärzten – mangelhaft ist. Entscheidungen zum Pflegegeld sind mitunter nicht nachvollziehbar, und für Men­schen am Lebensende fehlt die notwendige Hospiz- und Palliativversorgung.

Da geht es um Menschen, die vielfach ganz auf sich alleine gestellt und von der digi­talen Welt völlig überfordert sind. Da leistet die Volksanwaltschaft wertvolle und ganz wichtige Arbeit. Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

Überaus vorbildlich ist – das wurde heute bereits angesprochen – der präventive Schutz der Menschenrechte. Die Kommissionen der Volksanwaltschaft haben in den letzten drei Jahren rund 1 400 meist unangekündigte Besuche in Pflegeheimen, in Spitälern, in Psychiatrien absolviert. Und genau das soll ja auch jenen Menschen zugutekommen, die mitunter niemanden haben, der sich um sie kümmert, die hilflos sind, dement sind und die nicht vergessen werden dürfen.

Menschen aller Generationen sollen und dürfen sich an die Volksanwaltschaft wenden. Ein wichtiges Wirkungsziel ist ja der formlose, kostenlose und einfache Zugang für alle. Und mit diesen 9 000 persönlichen Kontakten – sehr eindrucksvoll, beeindruckend! – und vielen, vielen schriftlichen Kontakten und vielen Sprechtagen wird dieses Ziel sehr, sehr eindrucksvoll erreicht.

Was kostet das alles? – Wir sprechen da von 0,01 Prozent der Gesamtauszahlungen des Bundes. Meine Damen und Herren, 0,01 Prozent der Gesamtauszahlungen: Das ist gut angelegtes Geld, wie ich meine. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Wurm.)

14.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


14.47.11

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Volksanwälte! Ich darf aus Sicht unserer Fraktion auch ganz kurz zum Kapitel Rech­nungshof Stellung nehmen.

Es ist schon richtig, dass bei der Obergrenze der Mittel, die dem Rechnungshof zur Verfügung stehen, mit den 30,8 Millionen der tatsächliche Bedarf von 32,9 Millionen nicht gedeckt werden kann. Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, dass daher erneut 2,1 Millionen aus den Rücklagen verwendet werden müssen und damit auch der Rücklagenstand auf 4,6 Millionen sinkt. Wir werden nächstes Jahr, befürchte ich, die­selbe Diskussion haben, da die Regierung aus Sparsamkeitsgründen wieder darauf verweisen wird: Wir können nicht, wir würden eh gerne!, und so weiter. Aber ich möch-


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te auch aus Sicht einer Regierungsfraktion unterstreichen, dass das in keinster Weise mit der Qualität zu tun hat. Ich weiß, dass Sie alle Möglichkeiten, die Sie haben, aus­schöpfen, um Kosten einzusparen, zusätzlich zu den Sparmaßnahmen, die erfolgen.

Aber danke auch für das Verständnis und vor allem auch dafür, dass die Aktivitäten, das Engagement – nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene – nicht zurückgegangen sind, sondern dass sich unser Rechnungshof tatsächlich als Vor­zeigerechnungshof nicht nur im europäischen Raum darstellt und für viele, viele Län­der – auch trotz dieser angeblich knapp bemessenen Mittel, die wir haben – ein Vorbild ist. Es wird hervorragende Arbeit geleistet, und diese ist auch für uns Abgeordnete ganz, ganz wichtig.

Ich möchte daher in diesem Zusammenhang, ein bisschen auf das „Gotteslob“ des Rechnungshofes hinweisen. Ich habe mir die Mühe gemacht, auch die 599 Vorschläge zur Verwaltungsreform durchzuarbeiten. Das Problem dabei ist, dass wenig konkrete Zahlen drin sind.

Sie wissen das selbst: Allgemein formuliert, ist das auch das Problem, das wir insge­samt bei der Kommunikation haben. Es gibt so viele Dinge, die man mit Zahlen gut aus­drücken kann, wo man sagt, ja, das ist eigentlich plausibel, wenn man die nackte Zahl, die nackte Analyse betrachtet. In der gesellschaftspolitischen, in der politischen Umset­zung aber ist das nicht immer so einfach. Das kann man nicht immer eins zu eins um­setzen, das wissen Sie ja selber auch, aber trotzdem ist der Ansporn wichtig.

Ich meine, gerade einer der wichtigen Bereiche – es ist halt nicht alles gut, aber es ist ein wichtiger erster Schritt – in der Bildungsreform ist, dass es erstmals gelingt, alle Leh­rer einheitlich definieren zu können, im Bundesrechenzentrum abrechnen zu können. Ich kann mich noch gut erinnern, dass eine Kollegin von der ÖVP – als wir im Verfas­sungsunterausschuss des Rechnungshofes beraten haben – gefragt hat: Herr Rech­nungshofpräsident, wie viele Lehrer zahlt denn der Bund, die in keiner Klasse stehen? Und der Rechnungshof, IHS und alle anderen mussten sagen: Wir können das nicht sagen, da die Länder es uns nicht sagen.

Diese Dinge gehören der Vergangenheit an, wenn wir diese Reform umsetzen. Es ist tatsächlich – zumindest in diesem Schritt – einmal klar, dass der, der zahlt, auch weiß, wo seine Leute, die er zahlt, tatsächlich beschäftigt oder nicht beschäftigt sind.

Also ich meine, alle diese Maßnahmen sind sehr, sehr wichtig. Ich weiß, das ist das letzte Budget, das Sie, Herr Rechnungshofpräsident, zu verantworten haben. Umso mehr danke ich für Ihr großes Engagement, das Budget aufrechtzuerhalten, auch für Ihren Nachfolger/Ihre Nachfolgerin – egal, wer da kommt.

Ich hoffe, dass wir auch mit Ihrem Nachfolger/Ihrer Nachfolgerin ähnlich gut zusam­menarbeiten können, wie wir es bisher getan haben. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. Abg. Jarolim: Man kann sagen: Elitetruppe des Nationalrates!)

14.50


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Gahr zu Wort. – Bitte.

 


14.50.55

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Geschätzte Volksanwälte! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Bud­get 2016 werden indirekt und direkt viele Empfehlungen und Vorgaben des Rech­nungshofes umgesetzt und wird diesen entsprochen. Herr Kollege Mayer hat es ja schon gesagt, es gibt 599 konkrete Vorschläge, was die staatliche Verwaltung betrifft. Es geht ja darum, dass wir mit Steuergeld sorgsam umgehen, es geht darum, dass wir beim Staat sparen. Wir sehen, dass bis 2020 – gerade was die Verwaltung und die


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Förderungen betrifft – 3,3 Milliarden € eingespart werden, allein im Jahr 2016 sind es 700 Millionen €.

Das Budget setzt auch Impulse für die Zukunft. Es geht darum, die öffentliche Ver­schuldung nach unten zu drücken, und das strukturelle Defizit von 0,5 Prozent wurde zum dritten Mal in Folge erreicht.

Wie die Vorgänger heute schon angemerkt haben, geht es natürlich auch beim Rech­nungshof ums Budget, aber aufgrund der allgemeinen Budgetsituation ist es natürlich auch so, dass in allen Bereichen gespart werden muss. Für das Jahr 2016 stehen 32,92 Millionen € zur Verfügung. Dankenswerterweise hat der Rechnungshof über die Jahre sparsam gewirtschaftet und – das hat Kollege Mayer auch schon gesagt – der Herr Präsident über die Jahre Kontinuität und Stabilität bewiesen, was das Budget des Rechnungshofes betrifft.

Wie wir im Ausschuss in Erfahrung bringen konnten, werden 2016 die Planstellen von 304 auf 310 leicht angehoben. (Zwischenruf der Abg. Moser.) Insgesamt kann dieses Budget den Zweck und den Auftrag erfüllen und die Aufgaben der öffentlichen Finanz­kontrolle sowie die Anforderungen und Erwartungen, die an diese gestellt werden, ab­decken. (Abg. Moser: Dann haben Sie das Budget nicht gelesen!) In puncto Sparsam­keit und Effizienz ist der Rechnungshof ein Vorbild.

Ich möchte mich bei Präsident Moser bedanken, auch für seinen Einsatz betreffend die Arbeit für die internationale Organisation der Rechnungshöfe INTOSAI. Aber natürlich kann man, glaube ich, für die letzten zwölf Jahre – da Präsident Moser heute das letzte Mal in Sachen Budget hier sitzt – schon sagen, dass ordentliche, gute, umsichtige und verlässliche Arbeit geleistet wurde.

Klar ist: Es wird ein Budget, das trotzdem einen gewissen Überschuss hat, übergeben, und wir werden uns dann im Rahmen der nächsten Budgets darüber unterhalten müs­sen, wie wir die umfassenden Aufgaben abdecken und erfüllen können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hechtl zu Wort. – Bitte.

 


14.53.44

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätztes Hohes Haus! Ich möchte vielleicht vorweg ganz kurz auf das Budget eingehen, auf das Bundesfinanzrahmengesetz und das Bundesfi­nanzgesetz, in dem die Bundesregierung langfristig eine tragfähige Budget- und Wirt­schaftspolitik festgelegt hat, eine tragfähige und langfristige Budget- und Wirtschafts­politik auf vier Standbeinen, wenn man es so sagen kann: eine konsequente Fortfüh­rung der strukturellen Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, die Forcierung der Zu­kunftsinvestitionen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes, die Fortsetzung der Struk­turreformen im Bereich der öffentlichen Verwaltung, der Förderung von Arbeitsmarkt und Bildung – ein wichtiger Teil – und die Umsetzung einer großen Steuerreform und des kostendämpfenden Pfades für Förderungen und Verwaltung.

Geschätzte Damen und Herren, trotz dieser selbst gesteckten hohen Ziele wird auch 2015 und 2016 – wie auch schon 2014 – das strukturelle Nulldefizit erreicht werden und dieses Nulldefizit halten.

Betrachtet man die internationale Situation und sieht man Österreich im Vergleich mit den 28 EU-Staaten, so kann man feststellen, dass Österreich da gut liegt und einige Meilensteine, trotz dieses dämpfenden Budgets, auf die Strecke gebracht hat.


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Ein solcher Meilenstein ist zum Beispiel die Steuerreform, die im Ausmaß von 5,2 Mil­liarden € ab 1. Jänner 2016 wirksam wird und von der 6,4 Millionen Menschen betrof­fen sind, indem ihnen – diesen 6,4 Millionen Menschen – mehr Geld im Geldtascherl bleibt. Weiters gibt es mehr Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik, für Investitionen und für Forschung und Entwicklung, damit die Beschäftigung erhalten, aber auch gesteigert wer­den kann. – Das sind nur einige Beispiele.

Nun ganz kurz zur Untergliederung 5, zum Budget der Volksanwaltschaft. Wir müs­sen diese wichtige Einrichtung mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausstatten, da­mit sie die Leistungen, die sie sich im Wirkungsziel vorgegeben hat, auch erreichen kann, auch wenn, geschätzte Damen und Herren, eine Rücklage von 0,3 Millionen € da­zu verwendet werden muss, um diese finanziellen Mittel aufbringen zu können.

Die veranschlagten Auszahlungen der Volksanwaltschaft für das Jahr 2016 steigen das wurde schon angeführt  um 0,8 Prozent auf 10,6 Millionen €, das sind 0,01 Pro­zent vom Gesamtbudget des Bundes. Betrachtet man den Finanzierungshaushalt von 2013 bis 2016, so kann man dabei eine stetige Steigerung feststellen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang der Volksanwaltschaft zu ihren Leistungen recht herzlich gratulieren, zu den Leistungen im Haus, aber auch außerhalb des Hauses, und ich möchte sagen, dass wir sehr, sehr stolz sind. Ich wünsche der Volksanwaltschaft für die Zukunft alles Gute. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Singer zu Wort. – Bitte.

 


14.57.22

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich mit dem Thema Rechnungshof als Bestandteil des Kapitels Oberste Organe befassen. Es ist schon angesprochen worden: Dem Rechnungshof stehen im Jahr 2016 rund 33 Millionen € zur Verfügung.

Die Budgetkonsolidierung macht es notwendig, dass überall gespart wird, daher auch beim Rechnungshof. Die Steigerung der Gesamtausgaben um rund 491 000 € be­schränkt sich daher im hohen Maße auf die Erhöhung der Gehälter. 85 Prozent der Aufwendungen des Rechnungshofes sind Personalaufwendungen.

Bei der Gesamtbetrachtung des Budgets des Rechnungshofes darf man natürlich die Rücklagenzuführung nicht außer Acht lassen, das ist ja bereits mehrfach angespro­chen worden. Wie in den Vorjahren wurden auch dieses Mal Rücklagen in der Höhe von 2,1 Millionen € im Budget dargestellt. Falls man auch im nächsten Jahr – im Jahr 2017 – Rücklagen in gleicher Höhe aufbraucht, dann stehen sie 2018 nicht mehr zur Verfügung.

Nur, sehr geehrte Damen und Herren, der Begriff „Rücklagen“ hat beim Bund eine an­dere Bedeutung als bei den Ländern und Gemeinden. Beim Bund muss der Finanz­minister zum Zeitpunkt der Verwendung der Rücklage diese auch finanzieren, er kann nicht – wie die Länder und Gemeinden – auf vorhandene Mittel zurückgreifen. Das be­deutet, dass der Finanzminister nach vollständiger Verwendung der Rücklagen nicht mehr Mittel für den Rechnungshof finanzieren muss als im Jahr 2016. Ich gehe daher davon aus, dass der Rechnungshof ab 2018 auch ohne Rücklagenauflösungen jene Mittel zur Verfügung haben wird, die ihm 2016 zur Verfügung gestellt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, trotz der budgetären Herausforderungen kommt der Rechnungshof als föderatives Organ des Bundes, der Länder und Gemeinden seiner verfassungsgemäßen Aufgabe – Prüfen und Beraten – umfassend nach; Präsident Dr. Moser hat das im letzten Leistungsbericht auch entsprechend zum Ausdruck ge­bracht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 136

Sehr geehrte Damen und Herren, die Arbeit des Rechnungshofes wirkt: Rund 80 Pro­zent der Empfehlungen und Verbesserungsvorschläge wurden umgesetzt, beziehungs­weise deren Umsetzung wurde entsprechend zugesagt. (Abg. Moser: Die wesentlichen nicht!)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte nicht schließen, ohne Dank an die Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofes für ihre Arbeit zum Ausdruck zu bringen. Herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

15.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich der Herr Präsident des Rechnungshofes Dr. Moser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.00.17

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich einlei­tend sehr herzlich für die positiven Rückmeldungen bedanken, die ich von Ihrer Seite erhalten habe, und für die Anerkennung der Arbeit des Rechnungshofes. (Präsidentin Bures übernimmt wieder den Vorsitz.)

Der Rechnungshof bekennt sich bereits in seinem Leitbild dazu, dass das wichtigste Ziel der bestmögliche Einsatz der öffentlichen Mittel ist. Wir prüfen als Rechnungshof deshalb, ob die eingesetzten Ressourcen sparsam, wirtschaftlich, zweckmäßig und auch rechtmäßig im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung eingesetzt werden. Genau diese Maßstäbe legen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofes auch beim Budgetvollzug des Rechnungshofes an.

Wir haben in den letzten Jahren wiederholt und immer wieder darauf hingewiesen, dass ein sparsamer, zweckmäßiger Umgang mit öffentlichen Geldern unabdingbar ist, um tatsächlich die strategischen Aufgaben auch in Zukunft nachhaltig finanzieren zu können. Dies erfordert, dass die Strukturen an die aktuellen Erfordernisse angepasst werden beziehungsweise weiterentwickelt werden. Genau so ist der Rechnungshof bei seinem Budget auch umgegangen. Das hat auch Ihre Anerkennung gefunden.

Wir haben eine Struktur- und Organisationsreform im Rechnungshof durchgeführt, wir haben unsere Prüfungs- und Beratungsleistung sukzessive ausgebaut, und wir haben in den letzten Jahren immer wieder sämtliche Einsparungsziele – auch die der Bundes­regierung – mitgetragen und sogar übererfüllt. Wir haben den Output gegenüber dem Input trotz Budgetrestriktionen ausgebaut. Dafür möchte ich mich bei dieser Gelegen­heit bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf das Herzlichste bedanken! (Allge­meiner Beifall.)

Gleichzeitig möchte ich auch darauf hinweisen, dass durch die Übertragung der soge­nannten Dienstgeberbeiträge für die Pensionen der Beamten seit dem Jahr 2013 de facto eine Kürzung des operativen Budgets des Rechnungshofes stattgefunden hat. Nach dem Abzug dieser Dienstgeberbeiträge steht dem Rechnungshof auch gemäß dem Bundesfinanzrahmen für das Jahr 2016 operativ weniger Budget zur Verfügung als noch im Jahr 2012, obwohl durch die Gehaltserhöhung, durch die Strukturanpas­sungen und durch die Indexanpassungen bei den Mietzahlungen die nicht steuerbaren Fixkosten ansteigen. Diese Belastungen treffen den Rechnungshof besonders, weil er verfassungsrechtlich verpflichtet ist, Pragmatisierungen durchzuführen, und daher 7,3 Pro­zent des Budgets auf Dienstgeberbeiträge entfallen, was – Gott sei Dank – bei anderen obersten Organen nicht in diesem Ausmaß gegeben ist.

Wie sparsam der Rechnungshof war und ist, zeigt auch der Umstand, dass die Aus­zahlungen der UG 6 im Zeitraum 2012 bis zum Jahr 2014 nur um 0,9 Prozent gestie-


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gen sind, obwohl auf der gleichen Seite eben die Personalausgaben – das wurde bereits erwähnt –, die 85 Prozent des Budgets des Rechnungshofes ausmachen, um 2,4 Prozent gestiegen sind.

Dies erforderte eine restriktive Personalpolitik durch verzögerte Nachbesetzungen bei Abgängen beziehungsweise bei Pensionierungen, die Besetzung von nur rund 290 ein­gesetzten Vollbeschäftigungsäquivalenten trotz 323 Planstellen, die Verschiebung etli­cher IT-Projekte, die Rückstellung von Investitionen, die Inhouse-Maßnahmen, die Auf­lösung von Abteilungen, die Nicht-mehr-Annahme von internationalen Prüfungsmanda­ten, Einsparungen bei der Aus- und Weiterbildung und auch die Optimierung der Sup­port-Prozesse. Durch diese äußerst effiziente und auf optimalen Mitteleinsatz fokus­sierte Aufgabenwahrnehmung konnte der Rechnungshof in der Vergangenheit Auszah­lungen einsparen und sich dadurch eine Rücklage im Ausmaß von 7 Millionen € anspa­ren.

Mit 31. Dezember 2015 werden wir noch eine Rücklage von mehr als 4 Millionen € ha­ben; im Jahr 2016 werden wir davon – um unsere Aufgaben erfüllen zu können – 2,1 Mil­lionen € verwenden müssen. Das heißt, es wird auch noch im Jahr 2017 ein Rückla­genrest vorhanden sein, aber mit ihrem Agieren – und auf das möchte ich in dem Zu­sammenhang hinweisen, und das zeigen, glaube ich, diese Zahlen – haben die Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter in der Vergangenheit die Grundlage einer entsprechenden Aufgabenwahrnehmung des Rechnungshofes in den Jahren 2014, 2015, 2016 und teilweise auch noch im Jahr 2017 geschaffen.

Danach – das wurde auch angesprochen – ist jedenfalls eine entsprechende finanzielle Absicherung erforderlich, will man, so wie in der Vergangenheit, die Kontrolltätigkeit nicht einschränken und will man insbesondere sicherstellen, dass Querschnittsprüfun­gen noch durchgeführt werden können.

Heute ist ja im Rahmen dieser Debatte herausgekommen, dass auch für Sie die Quer­schnittsprüfungen eine besondere Bedeutung haben, und gleichzeitig weiß man auch, dass diese Querschnittsprüfungen die Basis für strukturelle Reformen sind und für die­se strukturellen Reformen auch unabdingbar sind. Dies zeigen auch die Debatten im Rechnungshofausschuss, dies zeigen Debatten im Plenum, aber nicht nur Debatten in diesem Haus, sondern auch die Debatten in den einzelnen Landtagen.

Das Hohe Haus hatte immer – das möchte ich in diesem Zusammenhang erwähnen – ein besonderes Naheverhältnis zum Rechnungshof, und da meine ich insbesondere die Mitglieder des Rechnungshofausschusses und auch die Fraktionssprecher der Frak­tionen im Rechnungshofausschuss. In dem Zusammenhang möchte ich mich bei Ihnen für das offene Ohr bedanken, das Sie immer wieder für die Anliegen des Rechnungs­hofes gehabt haben, und dass Sie immer auch die Positionen des Rechnungshofes ver­treten haben beziehungsweise auch vorangetrieben haben.

Es ist mir daher ein besonderes Anliegen, mich bei Ihnen für das kooperative und gleich­zeitig anerkennende Arbeitsklima auf das Herzlichste zu bedanken. Dabei möchte ich auch erwähnen, dass mich Ihr Lob, dass ich Mitte 2016 ein wohlbestelltes Haus über­geben werde, äußerst gefreut hat.

Dieser Dank ist aber auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofes weiterzugeben, die all meine Reformen und die Weiterentwicklung auch so mitgetragen haben. Dafür herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)


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15.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sie­ber. – Bitte.

 


15.06.30

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatsse­kretärin! Dame und Herren von der Volksanwaltschaft! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Hohes Haus! Nun, die gute Botschaft zuerst: Das Budget für die Volksanwalt­schaft konnte um 0,8 Prozent gesteigert werden, und mit diesem Gesamtbudget von 10,6 Millionen €, das die Auflösung eines Teils der Rücklagen beinhaltet, kann die Volksanwaltschaft ihre Tätigkeit auch im kommenden Jahr in vollem Umfang garantie­ren. An dieser Stelle möchte ich es nicht verabsäumen, beiden Institutionen für ihren be­wussten und sparsamen Umgang mit den Budgetmitteln zu danken, auch wenn wir wis­sen, dass in diesem Bereich die Fahnenstange nicht mehr allzu lang ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Tätigkeit der Volksanwaltschaft wird von der Bevölkerung sehr geschätzt. Aus ei­ner Befragung geht hervor, dass 71 Prozent der Befragten angaben, die Volksanwalt­schaft zu kennen. Dennoch bemüht man sich, die Angebote der Volksanwaltschaft ei­ner noch breiteren Bevölkerungsschicht nahezubringen. Momentan sind es deutlich mehr ältere Männer, die mit ihren Anliegen zur Volksanwaltschaft kommen. Ziel ist es, auch Frauen und jüngeren Bevölkerungsgruppen die Angebote der Volksanwaltschaft deutlich bewusster zu machen.

Die Palette der Themen, mit denen man sich an die Volksanwaltschaft wenden kann, ist unwahrscheinlich breit: Es sind grundsätzlich alle Probleme im Zusammenhang mit Behörden beziehungsweise mit der Verwaltung. Unter anderem – und diese Liste ist bei Weitem nicht umfassend – kann man sich zum Beispiel an Volksanwalt Kräuter mit Problemen in den Bereichen Soziales, Pflege und Gesundheit, Jugendwohlfahrt wen­den, auch Menschen mit Behinderungen können sich an ihn wenden. An Volksanwältin Brinek wendet man sich mit Anliegen betreffend die Justizverwaltung, den Strafvollzug, die Sachwalterschaft, die Staatsanwaltschaft, Steuern und Gebühren und einiges mehr – mit diesen Dingen wendet man sich an Volksanwältin Brinek. Und bei Volksanwalt Fich­tenbauer erhält man Rat und Vertretung bei Themen betreffend die Landesverteidi­gung, die Land- und Forstwirtschaft und den Natur- und Umweltschutz, und auch das Polizei-, Fremden- und Asylrecht ist in seinem Tätigkeitsbereich.

Meine Damen und Herren, gerade beim Thema Asyl ist es so, dass im vergangenen Jahr über 700 Beschwerden bei der Volksanwaltschaft eingegangen sind. Es ist zu er­warten, dass die Zahl an Fällen, in denen es zu einer Vorsprache bei der Volksanwalt­schaft kommt, in der momentanen Situation deutlich steigen wird. Es wird unsere Auf­gabe sein, zeitgerecht darüber zu beraten, wie diese Herausforderungen für die Volks­anwaltschaft von der Volksanwaltschaft auch bewältigt werden können.

Wir sind zu dieser Debatte gerne bereit. (Beifall bei der ÖVP.)

15.09


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Volksanwältin Dr. Brinek zu Wort. – Bitte.

 


15.09.26

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Lassen Sie mich erstens allen Rednerinnen und Rednern zu diesem Kapitel Danke sagen, zweitens noch eine kurze Erörterung zu den aufgeworfenen Themen wagen – wie gesagt: kurz – und zum Schluss eine Einladung aussprechen.

Sie haben vielfach über Wirkungsziele gesprochen, so, wie wir das auch im Ausschuss diskutieren konnten. Das ist ein erst seit drei Jahren, seit der Haushaltsreform existie­rendes Steuerungsinstrument. Als modernes Mittel richtet es die Arbeit und die Steue­rung ganz stark auf die Außenwirkung, darauf, was wir mit den vier genannten Wir­kungszielen erreicht haben und auch weiter erreichen wollen. Zur Bewertung lege ich


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Ihnen den Budgetdienst des Parlaments nahe, der sich sehr konstruktiv damit ausein­andersetzt, was den Erfolg der Wirkungsziele in der Arbeit anlangt, und das für uns be­stätigend darstellt.

Die vier Ziele sind im Wesentlichen: die Steigerung der internationalen Tätigkeit, wie schon angesprochen, aber das Halten des guten Niveaus in der Tätigkeit als Haus der Menschenrechte, was sicher in der Zukunft noch weitere Herausforderungen bedeuten wird. Ein weiteres Ziel ist es, den Zugang zur Volksanwaltschaft so unkompliziert und so direkt, so barrierefrei wie möglich zu halten. Auch da bedanke ich mich für den Hin­weis, dass das im Besonderen an die Jungen gerichtet sein soll und an die jetzt – das zeigt die Statistik – noch unterrepräsentierten Frauen. Aber nicht deshalb, weil wir in al­len Punkten eine Gleichstellung haben wollen, sondern in diesem Zusammenhang soll uns, und das ist das Maß unserer Arbeit, niemand begegnen – ob männlich, weiblich, jung oder alt – und sagen: Jö, wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mich an die Volks­anwaltschaft gewandt, ich habe nichts davon gewusst, nichts in Erfahrung bringen können! – Solch einen Satz, den wir nicht allzu oft hören, möchten wir künftig nicht mehr hören.

In diesem Zusammenhang habe ich auch eine Anregung: Die Enquete-Kommission des Parlaments betreffend Stärkung der Demokratie könnte noch stärker mit uns in Kontakt treten, damit wir auch die Besucherprogramme, Besucherinnenprogramme für alle Altersstufen, die wir anbieten, mitkommunizieren können.

Ich denke, dass Sie damit ins Schwarze getroffen haben, dass die Menschen, die zur Volksanwaltschaft kommen, auch die Möglichkeit haben sollen, auf dem Weg der mo­dernen Medien mit der Volksanwaltschaft in Kontakt zu treten. Umgekehrt soll aber der Zugang über E-Government, E-Eingaben, alle elektronischen Verfahren, nicht eine Zwei­klassengesellschaft schaffen. Jemand, der sich in diesem Medium wie ein Fisch im Wasser bewegt, soll nicht zu Vorteilen kommen und nicht derjenige sein, der die Nase gegenüber Personen vorne hat, die so etwas nicht gewohnt sind – ich denke dabei vor allem an Ältere oder aus anderen Kulturen Kommende, da darf man nicht vergessen, dass die einen Nachteil haben, der vielleicht sogar ins Ökonomische geht.

Zum Abschluss möchte ich sagen, dass wir Sie einerseits einladen – so wie im Aus­schuss andiskutiert –, an den Wirkungszielen, am Nachdenken über neue Wirkungs­ziele oder der Fortsetzung der alten mitzuwirken. Unser Postfach, unsere Adresse ist offen, wir werden uns im Zuge der Planung für das nächste Jahr damit beschäftigen.

Zum anderen gewissermaßen ein Ceterum censeo zum Thema Sachwalterschaft: Die Novelle ist auf dem Weg, unter maßgeblicher Mitwirkung von Expertinnen und Exper­ten aus der Volksanwaltschaft. Wir gehen davon aus, dass die sorgfältige Prüfung der Verbesserungen dem Parlament zu Beginn des Jahres oder Mitte 2016 vom Justizmi­nister vorgelegt werden wird. Ich bitte um Prüfung. Das Maß ist auch hier: möglichst geringer Autonomie- und Selbständigkeitsverlust. Sachwalterschaft also als gelindes­tes Mittel, weil es nur als Ersatz dienen soll und nicht exzessive Beeinflussung und Ein­flussnahme auf die Selbständigkeit des Menschen haben soll.

Ich bedanke mich und bitte um Ihre Zustimmung zum Budget. (Allgemeiner Beifall.)

15.14


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Wal­ser. – Bitte.

 


15.14.17

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ja, wir le­ben in kritischen Zeiten. Wir haben nach den Diskussionen über Flüchtlinge und so wei­ter immer wieder – gerade von der extremen Rechten – Ausfälle gegen Migrantinnen


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und Migranten, gegen die Schwächsten in der Gesellschaft, gegen Flüchtlinge insbe­sondere, gehört.

Dabei tut sich eine Zeitung hervor, die von der Freiheitlichen Partei herausgegeben wird, bei der Ihr Kollege Wendelin Mölzer Herausgeber ist und verantwortlich ist dafür, dass Rassismus, dass Antisemitismus in Österreich wieder hoffähig gemacht werden sollen. (Abg. Zanger: Sie haben ein Interpretationsgeschick!) Da gibt es eine ganze Reihe von Beanstandungen, wenn Sie sich anschauen, was beispielsweise das Doku­mentationsarchiv des österreichischen Widerstandes ständig berichtet, was da doku­mentiert wird an Grauslichkeiten, die in dieser Zeitung drinstehen, und da muss ich sa­gen, das ist für die gesamte Republik ein Riesenproblem.

Anlass für eine Initiative unsererseits ist jetzt die letzte Ausgabe von „Zur Zeit“ (Ruf bei der ÖVP – in Richtung FPÖ –: Das lasst ihr euch gefallen?), in der ein Foto abgedruckt wurde, ein Foto mit Kindern aus einem Kindergarten. Es geht um die 100-Jahr-Feier des Kindergartens in der Vorgartenstraße. Der Originalbilduntertitel lautet:

„Die Kinder feierten mit Stadtrat Christian Oxonitsch und Bezirksvorsteher Derfler das runde Geburtstagsfest ihres Kindergartens.“ (Der Redner hält den Antrag in die Höhe, auf dem eine Schwarz-Weiß-Fotografie zu sehen ist. – Ruf bei der FPÖ: Die gibt es nicht einmal in Farbe! – Abg. Peter Wurm: Eure Parallelgesellschaft ist gescheitert!)

Da sind sehr, sehr viele Kinder zu sehen. Diese Kinder drücken die Buntheit der öster­reichischen Gesellschaft aus. Und was fällt der Freiheitlichen Partei dazu ein, was fällt Ihrem Chefredakteur – ich weiß nicht, ob er selbst verantwortlich ist – dazu ein, was fällt zumindest dem entsprechenden Redakteur ein? – Ich zitiere: „Kindergarten in Wien: Die rassische Durchmischung ist unübersehbar“. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abge­ordneten von Grünen und FPÖ.)

Meine Damen und Herren, richtig, das ist erbärmlich, es ist eigentlich eine Schande für unser Haus, dass solche Leute verantwortlich hier herinnen sitzen.

Das Problem ist, diese Zeitschrift „Zur Zeit“ bekommt auch eine enorme Presseförde­rung, fast 50 000 €, und ich glaube, es steht an, dass wir uns dazu bekennen, dass wir solche Zeitungen in Österreich nicht gefördert haben wollen. Das ist, glaube ich, ein Punkt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Deimek: Ah, darum geht es! – Rufe und Gegen­rufe zwischen Abgeordneten von Grünen und FPÖ.)

Wir Grünen bringen daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dieter Brosz, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streichung der Presseförderung für „Zur Zeit“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzu­legen, mit dem sichergestellt wird, dass offenkundig rassistische Publikationen keine öf­fentlichen Förderungen für deren Vertrieb bekommen.

Darüber hinaus soll seitens der Bundesregierung überprüft werden, inwieweit die För­derungen für „Zur Zeit“ gestrichen bzw. zurück verlangt werden können.

*****

(Abg. Rädler: Linke Hetze! – Zwischenruf des Abg. Mölzer. – Abg. Peter Wurm: Walser, gehen Sie nach Nordkorea, ist gescheiter! – Gegenruf der Abg. Korun. – Abg. Lausch:


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Übers Budget hat er nicht einmal ein Wort gesagt! – Abg. Rädler: Linke Hetze wird rech­ten Sturm ernten!)

Ich ersuche, diesen Antrag zu unterstützen. (Beifall bei den Grünen.)

15.17


Präsidentin Doris Bures: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausrei­chend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dieter Brosz, Harald Walser, Freundinnen und Freunde betreffend Streichung der Presseförderung für „Zur Zeit“

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.)

Begründung

Die Zeitschrift „Zur Zeit“, als dessen Chefredakteur der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Wendelin Mölzer fungiert, veröffentlichte in ihrer letzten Ausgabe das Foto einer Kin­dergartengruppe, das im Original auf der Homepage der Gemeinde Wien im Rahmen eines Berichtes über die 100-Jahre-Feier des Kindergartens Vorgartenstraße zu finden ist. Der Original-Bilduntertitel lautete „Die Kinder feierten mit Stadtrat Christian Oxo­nitsch und Bezirksvorsteher Derfler das runde Geburtstagsfest ihres Kindergartens.“

„Zur Zeit“ untertitelte dieses Foto mit folgendem Text:

„Kindergarten in Wien: Die rassische Durchmischung ist unübersehbar.“


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Die Wortwahl „rassische Durchmischung“ als Anspielung auf den Umstand, dass auch dunkelhäutige Kinder diese Kindergartengruppe besuchen, ist nicht nur rassistisch son­dern auch menschenverachtend.

„Zur Zeit“ hat im Jahr 2015 eine Vertriebsförderung nach dem Presseförderungsgesetz in der Höhe von € 47.457,50 erhalten.

Das Presseförderungsgesetz sowie das Publizistikförderungsgesetz sehen derzeit vor, dass die Förderungswürdigkeit eines Druckwerkes lediglich bei einer rechtskräftigen ge­richtlichen Verurteilung wegen Verhetzung oder nach den Bestimmungen des Verbots­gesetzes entfällt.

Es ist aus Sicht der AntragstellerInnen undenkbar, dass der Vertrieb offensichtlich ras­sistischer Publikationen mit öffentlichen Geldern gefördert wird.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzu­legen, mit dem sichergestellt wird, dass offenkundig rassistische Publikationen keine öf­fentlichen Förderungen für deren Vertrieb bekommen.

Darüber hinaus soll seitens der Bundesregierung überprüft werden, inwieweit die För­derungen für „Zur Zeit“ gestrichen bzw. zurück verlangt werden können.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Mir liegen zu diesem Themenbereich keine Wortmeldungen mehr vor, damit ist die Debatte zu diesem Themenbereich beendet.

Ich bedanke mich bei den Mitgliedern der Bundesregierung, dem Präsidenten des Rech­nungshofes und den Volksanwälten.

15.18.21UG 24: Gesundheit

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen somit zur Verhandlung der Untergliede­rung 24: Gesundheit.

Als Erste dazu zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


15.18.42

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bun­desminister, ich begrüße Sie hier in unserer Runde! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Gesundheitsbudget, muss man zunächst einmal sagen, steigt im Jahr 2016 um 9 Prozent. Die Frau Bundesminister hat gesagt, der Großteil wird in die Krankenanstal­ten fließen. Soweit klingt das sehr gut, aber jetzt liegt, leider Gottes, wie immer der Ha­ken natürlich im Detail. Wir können hier im Hohen Haus überhaupt in keiner Weise nach­vollziehen, wie genau die Schwerpunkte gesetzt werden, und das liegt vor allem daran, dass gerade im Gesundheitsbereich eine enorme Zerklüftung besteht, dass da vor al­lem die Länder immer mitzureden haben, die Länder bestimmen.

Man hat das ja auch im Ausschuss gesehen, Frau Bundesminister, denn auf die Fra­gen, die ich Ihnen gestellt habe, waren die Antworten, dass der Hauptverband oder eben wiederum ein Land zuständig ist. Und das ist das ganz große Problem, das wir hier im


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 143

Gesundheitsbereich vor allem haben: dieses föderale System in Österreich, das prin­zipiell zwar ein gutes wäre, wo – und das Aber muss man schon auch sagen – es eben manches Mal so weit kommen kann, dass die Bundesministerin eigentlich keine Kom­petenzen mehr hat oder kaum noch Kompetenzen hat und hier auch nicht mehr wirk­lich Auskünfte erteilen kann.

Frau Bundesminister, Ihr Vorgänger, der Ihnen wirklich einen Scherbenhaufen hinter­lassen hat, hat immer groß geredet von der Gesundheitsreform, die er ja angeblich durch­geführt haben soll. Es merkt nur keiner etwas, es gab keinerlei Verwaltungsvereinfa­chungen, wir haben es damals bereits kritisiert, das war natürlich eine zusätzliche Ver­waltungsebene, und das fällt uns jetzt auf den Kopf.

Und das große Prunkstück dieser Gesundheitsreform, nämlich diese Erstversorgungs­zentren, diese PHC, das ist der englische Ausdruck dafür, sollen jetzt sozusagen das Gesundheitssystem retten. Sie selbst haben gesagt, dass Sie hoffen, dass Ende 2016 ein Prozent der österreichischen Bevölkerung in den Genuss, wie auch immer man das jetzt definiert, kommt, in einem solchen Primary Health Care Center versorgt zu werden.

Erstens sehen wir das generell kritisch, weil das sozusagen das Ende des freien Beru­fes des Arztes ist. Ich glaube auch nicht, dass es für die Menschen wirklich unbedingt angenehm ist, den Vertrauensarzt zu verlieren, aber es ist auch nicht besonders aner­kannt und es gibt auch kaum Ärzte, die das gerne machen.

Sie haben damals im Ausschuss gesagt, wir müssen jetzt viel Hirnschmalz einsetzen, damit wir das für Ärzte attraktiv machen. Heute ist über die APA gekommen, dass der Chef der Ärztekammer Alarm schlägt, wir haben einen eklatanten Mangel an Jungärz­ten, die gehen nicht mehr in den Beruf, die wandern ab.

Das sind natürlich alles Probleme, die auf uns zukommen, die man vielleicht mit gar nicht so viel Hirnschmalz lösen könnte. Da gäbe es natürlich Möglichkeiten, die jetzt wahrscheinlich wiederum an den Kompetenzstreitigkeiten scheitern werden. Aber ich glaube, wenn man den Grund dafür sucht, warum Jungärzte in das Ausland abwan­dern, dann sollte man schauen, was sie dort besser haben, was sie bei uns nicht haben.

Da gibt es zwei wesentliche Punkte, der eine ist das etwas höhere Gehalt, aber der noch viel wesentlichere ist, dass im benachbarten Ausland die Ausbildung viel struktu­rierter, viel effizienter ist. Und genau da, würde ich meinen, sollte man den Hebel an­setzen.

Eine andere Frage von mir war – und, Frau Bundesminister, jetzt kommt die Kritik auch an Ihnen –, wie es denn mit der Umsetzung der Forderungen der Enquete-Kommission zum Thema „Würde am Ende des Lebens“ ausschaut. Das wären 17 Millionen €, die von Ihrem Ressort und dem Sozialressort gemeinsam aufzuwenden gewesen wären. Und das verschieben Sie jetzt sozusagen in Richtung Länder. Also nicht einmal in die­sem Fall gibt es eine Möglichkeit, eine Kompetenz.

Und da sage ich Ihnen, das ist schon auch ein bisschen hausgemacht. Man verschiebt das so gerne an die Länder, man gibt die Kompetenzen freiwillig ab – also in dem Fall sind das Sie, die Sie Kompetenzen abgeben –, darf sich dann aber nicht wundern, wenn die Länder überall mitmischen wollen. Das ist das ganz große Problem, wie ich meine.

Daher braucht es im Gesundheitsbereich – das ist ganz, ganz wichtig – endlich eine echte Verwaltungsreform und eine Verwaltungsvereinfachung, um das auch transpa­rent abbilden zu können, damit wir in Zukunft hier auch eine wirklich ordentliche Dis­kussion über hinkünftige Budgets führen können und uns nicht immer nur damit ab­speisen lassen müssen, dass das nicht in der Kompetenz des Bundesministeriums für Gesundheit liegt. (Beifall bei der FPÖ.)

15.23



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 144

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Spin­delberger. – Bitte.

 


15.23.17

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Also ich hätte nie geglaubt, Kollegin Bela­kowitsch-Jenewein, dass ich Ihnen einmal recht geben muss, aber ich denke mir, diese Föderalismusdebatte – ich habe es das letzte Mal schon angeschnitten – sollte man wirklich einmal ernsthaft angehen.

Da wir jetzt beim Budget sind, möchte ich schon auch meiner Freude Ausdruck verlei­hen, dass es gelungen ist, das Gesundheitsbudget für 2016 um 86 Millionen € zu erhö­hen. Und das freut mich deswegen so, weil das wiederum eine Verbesserung für die Bevölkerung mit sich bringt. Wenn sich die Bundesregierung vorgenommen hat, mit diesem Budget Reformen einzuleiten, dann begrüße ich das ebenfalls, denn reformie­ren heißt für mich verbessern. Wenn ich an die Diskussion vom Vormittag denke, dann meine ich, wir sollten wirklich aufhören, alles schlechtzureden und madig zu ma­chen. Reden wir wirklich einmal über die positiven Dinge in unserem Land!

Es ist ja wirklich nichts Schlechtes, wenn wir es bereits zum dritten Mal schaffen, ein Nulldefizit zu erreichen. Und ich bin froh, dass es nicht so wie in anderen Ländern da­durch gelingt, dass wir Leistungen kürzen, sondern wir können stolz darauf sein, dass es im Rahmen des Gesundheitsbudgets, das ja nicht so üppig ist, Frau Ministerin, trotz­dem gelingt, die Leistungen, wie schon gesagt, auszubauen.

Das beginnt jetzt mit der Gratiszahnspange für die Jugendlichen, die im Budget mit 80 Millionen € dotiert ist, geht über den Ausbau des Kinderimpfprogramms bis hin zur geplanten Gesundheitsreform, die unter anderem auch im ländlichen Raum eine bes­sere Versorgung medizinischer und medikamentöser Art für alle von uns mit sich brin­gen wird. Das heißt, mit der geplanten Neuausrichtung der Primärversorgung wird ei­nerseits die Rolle der Hausärztinnen und Hausärzte gestärkt und andererseits wird auch die Versorgung der Menschen wesentlich besser werden. Wir wollen der gesamten Be­völkerung unabhängig vom Wohnort auch ein Netzwerk anbieten, welches eine allum­fassende Hilfestellung bei gesundheitlichen Anliegen gewährleisten soll, von der ärztli­chen Betreuung über die therapeutischen Angebote bis hin zu einer optimalen medika­mentösen Versorgung. Das heißt, wir wollen und wir werden die bestehenden Strukturen rund um die Hausärztinnen und Hausärzte vor allen Dingen, und das ist mir besonders wichtig, patientengerechter gestalten.

Ein wesentlicher Bestandteil dieser Reform wird auch die Einführung der Elektroni­schen Gesundheitsakte ELGA sein, die es in Zukunft ermöglichen wird, die Behand­lungssicherheit zu verbessern und damit auch die Patientensicherheit zu erhöhen. Als Steirer bin ich natürlich stolz, dass mein Bundesland dabei eine Vorreiterrolle einnimmt, weil ELGA in allen steirischen Krankenanstalten bereits am 9. Dezember des heurigen Jahres in Betrieb genommen wird.

Ein weiterer Schwerpunkt in der Gesundheitspolitik ist die Kindergesundheit, die einen neuen Stellenwert bekommt – das zeigt sich darin, dass sich Bundesministerin Ober­hauser neben der Einführung der Gratiszahnspange auch vorgenommen hat, die Kin­der-Reha-Plätze in Österreich auszubauen genauso wie das Kinderimpfprogramm und die Gesunde Schule voranzutreiben.

Aber für die Umsetzung all dieser ehrgeizigen Ziele brauchen wir eines: die volle Unter­stützung aller, die Verantwortung im Gesundheitsbereich tragen und die ich hiermit auch ganz konkret einfordere. Ich denke mir, bei den geplanten Reformen sollten in Zukunft die Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt gerückt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

15.27



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 145

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Mück­stein. – Bitte.

 


15.27.21

Abgeordnete Dr. Eva Mückstein (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Ich kann nicht umhin, ich möchte zuerst einmal auf die Bemer­kung des Herrn Kollegen Rädler von der ÖVP eingehen, der mit seinem Zwischenruf „linke Hetze“ offenbar bekunden möchte, dass er mit solch einem Artikel und mit solch einer Überschrift einverstanden ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rädler: Ja!)

Haben Sie verstanden, was da steht? – Da steht: „Die rassische Durchmischung ist un­übersehbar.“

Wissen Sie, Ihre Zwischenrufe sind manchmal ganz witzig, aber das ist unerträglich, das ist wirklich unfassbar, und das braucht eine Erklärung und eine Entschuldigung! (Beifall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Ich glaube, solch ein Thema hat absolute Priorität, auch wenn über das Budget disku­tiert wird. Dieser Zwischenruf war absolut daneben. (Beifall bei den Grünen. – Weitere Zwischenrufe des Abg. Rädler.)

Jetzt zum Gesundheitsbudget. Wir verhandeln hier ja nur ein ganz kleines Teilbudget der Gesundheitsausgaben, nämlich 1 Milliarde €. Herr Rädler, können Sie sich wenigs­tens jetzt auf die Gesundheitsdebatte konzentrieren? – Danke. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Er wollte es nicht anders, oder? (Abg. Lausch: Frau Oberlehrer!) Gut.

Wir verhandeln hier also nur 1 Milliarde €, während die Gesundheitsausgaben insge­samt 29 Milliarden € ausmachen. Stellen Sie sich eine Normtorte mit 24 Stücken vor, dann reden wir gerade nicht einmal über dieses eine Stück, aber alle anderen, die 23 Stü­cke, werden verteilt, sind aber der parlamentarischen Kontrolle und der heutigen De­batte völlig entzogen. Ich denke, das ist ein strukturelles Problem, das wir in aller Ruhe auch einmal sehr ausführlich diskutieren sollten.

Auch im Gesundheitsbereich sind schwere Zeiten angebrochen. Der Kostendämpfungs­pfad und der Konsolidierungskurs sind einerseits erfolgreich, aber sie führen auch zu massiven und schmerzlichen Einsparungen, die vor allem die Gesundheitsberufe und auch die Patienten zu spüren bekommen. In den Spitälern vor allem stöhnen jene, die Gesundheitsberufe ausüben, unter der zunehmenden Arbeitsbelastung, und die Pa­tientinnen und Patienten bekommen immer mehr die Zweiklassenmedizin zu spüren, immer mehr Privatzahlungen sind zu leisten. Denken wir an MRT oder CT, wo es lange Wartezeiten gibt und die PatientInnen deswegen auch zur privaten Untersuchung ge­hen, oder auch an die Psychotherapie, wo es schon seit langer Zeit Rationierungen gibt, die bis jetzt nicht aufgehoben wurden.

Bei den Bundesmitteln wird hingegen nicht gespart. Das finde ich einerseits sehr gut, weil Geld in die Sicherung der Gesundheitsversorgung geht. Auf der anderen Seite gibt es aber auch eine ganz unverständliche und unbedingt erklärungsbedürftige Steige­rung in Bezug auf den Verwaltungsaufwand. Die Kosten für das Personal sind, wenn wir das richtig gerechnet haben, seit 2014 um 7 Prozent, und wenn man als Basis 2015 annimmt, sogar um 10 Prozent gestiegen. Dabei sind Werkleistungen – also ich nehme einmal an, Werkverträge – in Höhe von 9 Millionen € dazugekommen. Da hätten wir auf jeden Fall sehr gerne eine genaue Erklärung. Aus meiner Sicht hat das nichts zu tun mit dem, was Herr Minister Schelling Verwaltungskostenbremse nennt.

Als positiv sehe ich auch, dass die Zahngesundheit von Kindern und Jugendlichen ge­fördert wird. Ich finde, das ist ein ganz wichtiger Beitrag, um auch sozial benachteiligte und einkommensschwache Familien und ihre Kinder zu fördern. Auch wie der Kassen­strukturfonds dotiert wurde, ist sicher eine positive Entwicklung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 146

Dass mehr Geld in die Prävention kommt – das haben wir immer wieder gefordert –, ist sicher ebenfalls als positiv zu sehen. Dass es hierbei gerade um Kinder und Jugendli­che geht, die Suchtprobleme haben, und auch um Suizidprävention bei Kindern und Ju­gendlichen, begrüßen wir sehr.

Ich möchte jetzt aber noch zu meinem wichtigsten Kritikpunkt kommen – das ist von meinen beiden VorrednerInnen ebenfalls angesprochen worden, ausnahmsweise sind wir uns da wirklich auch einmal einig –: zum Kompetenzdschungel und den verschie­denen Financiers im Gesundheitswesen. Im Wirkungsziel 1 wird auch formuliert, dass dieser Kompetenzdschungel zu Parallelstrukturen geführt hat, zu Über- und Unterver­sorgung, Barrieren an den Schnittstellen, intransparenten Finanzierungsströmen und damit verbundenem Effizienzverlust. Es bedarf koordinierter Zusammenarbeit und wech­selseitiger Abstimmung.

Ich finde, das genügt nicht. Hier ist das zentrale Problem im Gesundheitswesen formu­liert. Wir stoßen immer wieder auf hohen Verwaltungsaufwand, mangelnde Transpa­renz und zersplitterte Kompetenzen zwischen Sozialversicherung, Bund, Ländern und Gemeinden.

In diesem Kompetenzdschungel werden, davon gehe ich aus, laufend wirklich zig Mil­lionen versenkt und Ressourcen verschleudert. Die Leidtragenden sind immer die Pa­tientInnen, denn wenn kein Geld mehr da ist, wird auf dem Rücken der PatientInnen ge­spart.

Ich erwarte mir, dass es wirklich zu einer mutigen Verwaltungsreform und einer ent­schlossenen Strukturbereinigung kommt, andernfalls wird, glaube ich – und bin mittler­weile wirklich überzeugt davon –, eine effiziente Steuerung des Gesundheitswesens nicht möglich sein. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Loacker.)

15.33


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rasinger zu Wort. – Bitte.

 


15.33.50

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­te Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich möchte einmal die Rede ein bisschen anders hal­ten, nicht mit dem üblichen Satz, dass ich 33 Jahre Erfahrung als Arzt habe, beginnen (Heiterkeit), sondern ich möchte einmal das Gesundheitswesen loben, vielleicht auch ein bisschen etwas Kritisches sagen.

Ich habe mich letzten Freitag in Vorbereitung auf diese Sitzung hingesetzt und den gan­zen Abend zwei Studien durchgeackert – ich verlange nicht, dass ihr das auch durch­lest. Das eine sind die berühmten OECD-Zahlen, und das andere ist eine hochinteres­sante Studie des Gesundheitsministeriums, 220 Seiten dick. Wenn man das genau durch­liest, wird man schärfer in seiner Beurteilung des Gesundheitswesens. Und man muss eigentlich sagen, im OECD-Vergleich stehen wir hervorragend da, ganz hervorragend. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

OECD-Zahlen sind ein bisschen zweischneidig, denn laut OECD-Zahlen ist die Brust­krebsmortalität in Österreich nur etwas besser als im OECD-Schnitt; sie ist bei uns an­geblich schlechter als in der Türkei, in Griechenland, Rumänien und Kolumbien. Also ich habe dann fast aufgehört, weiterzulesen, denn das ist völliger Quatsch, weil die Da­tenstruktur falsch ist, auch beim Dickdarmkrebs. In Wirklichkeit muss man mit hochin­dustrialisierten Ländern vergleichen, die wirklich verlässliche Daten haben, und da lie­gen wir besser als Deutschland, da liegen wir teilweise besser als die Schweiz.

Und wie lange wir leben, das ist eigentlich toll: Wir haben jetzt eine Lebenserwartung von 81,2 Jahren. Wirklich toll! Wir sind besser als die Deutschen, wir schlagen sie um 0,7 Jahre. Nicht schlecht!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 147

Wenn man querliest zum Papier des Gesundheitsministeriums, dann kommt man drauf, diese Behauptung, dass wir alle so krank leben – 20 Jahre leben wir in Krankheit, höre ich immer wieder! –, ist völliger Quatsch. Eine Untersuchung von 5 000 Haus­halten hat gezeigt, wir haben seit 1990 6,6 Jahre Lebenserwartung und gleichzeitig 10 gute Jahre da­zugewonnen. Das bestätigt auch das, was ich in der Ordination erlebe: Die Leute be­kommen neue Hüften, neue Knie, es ist gewaltig, was da aufgrund des Fortschritts heute möglich ist. Das, glaube ich, sollte man schon in den Vordergrund stellen, denn ein we­sentliches Kriterium des Gesundheitswesens ist: Welche Leistungen erbringt es? Was die Leistung betrifft, muss ich sagen – ich bin ein Wiener Hausarzt in einem nicht so tol­len, reichen Gebiet –, ich bin dankbar für meine Patienten, dass wir solch ein System ha­ben, denn ich kenne Systeme, wo das nicht möglich ist.

Natürlich sehe ich Wolken am Himmel. Die Zwei-Klassen-Medizin wird es immer ge­ben, wir müssen nur schauen, dass der Anteil nicht überbordend wird, da müssen wir wirklich hinschauen. Denn Gesundheitswesen heißt meiner Meinung nach auch sei­tens des Ministeriums, dass man Mut hat, auch Unangenehmes auszusprechen, Mut hat, aber auch die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit ist, dass wir gar nicht so teuer sind, wie behauptet wird. Laut OECD-Schnitt geben wir weniger aus als die Deutschen, weniger auch als die Schweizer. Wir liegen als drittreichstes Land in der EU auf Platz acht. Ich möchte mich nicht mit der Türkei vergleichen oder mit Griechenland oder mit Rumänien, die den OECD-Schnitt auch ergeben.

Eines muss ich schon ein bisschen kritisch sagen: Wenn ich lese, dass die offiziellen OECD-Zahlen 10,1 Prozent sind, und in Österreich wird immer mit 10,8 Prozent bis 11 Prozent argumentiert, dann muss ich sagen, diese 1,9 Milliarden hätte ich gerne, denn dann hätte ich diese Schande bei der Palliativmedizin, wo 18 Millionen gebraucht werden, aber nichts weitergeht, schon längst geregelt.

Ich bleibe dabei: Ein gutes Gesundheitswesen braucht motivierte Mitarbeiter. Die wer­den wir nur motivieren, wenn wir ihnen gute Arbeitsbedingungen geben. Dass 40 Pro­zent der jungen Ärzte aus Österreich flüchten, ist eigentlich mehr als bedenklich. Und was macht einen Arzt glücklich? – Wenn er etwas kann, denn dann kann er helfen, wenn er Zeit hat, das anzuwenden, und nicht mit sinnlosen Kodierungen beschäftigt ist und wenn er drittens auch irgendwo Empathie gelernt hat.

Ich bleibe dabei, es ist ein Traumberuf. Die Gesundheitszahlen sind traumhaft gut, aber trotzdem gibt es Wolken am Himmel, und wir sollten uns bemühen, diese ein bisschen kleiner zu machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.38


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


15.38.48

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Regie­rungsmitglieder! Hohes Haus! Herr Kollege Rasinger, wenn wir so gesund so alt wer­den, dann frage ich mich: Warum gehen wir dann so früh in Pension? (Zwischenruf bei der FPÖ.) Also irgendwo tut sich da eine Schere auf.

Sie haben auch gesagt, unsere Kosten sind so günstig. Da kann sich jeder Bürger auf bruttomat.at einmal anschauen, was er von seinem Lohn und Gehalt für die Gesund­heit zahlt. Wenn Sie da 1 900 € Bruttogehalt eingeben, dann sehen Sie, dass Sie im Jahr 2 700 € in das Gesundheitswesen einzahlen, da sind aber die Selbstbehalte noch gar nicht mitgerechnet.

Die Menschen werden älter, Innovationen kommen auf den Markt, die Kosten steigen. Wir müssen uns darum kümmern, wie das nachhaltig finanzierbar bleibt. Und da ist das Budget jetzt keine kreative Glanzleistung, die auf eine nachhaltige Wirkung abzielt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 148

Zur schon erwähnten Gratis-Zahnspange: Jetzt kann man für oder gegen sie sein, aber wenn man eine eigene Finanzierungslogik aufbauen muss, um eine bestimmte Gesund­heitsleistung zu finanzieren, dann zeigt das schon auch ein bisschen, wo wir stehen.

Die Kolleginnen Belakowitsch-Jenewein und Mückstein haben es richtig gesagt: Die Gesundheitsministerin ist über weite Strecken eine „Königin ohne Land“, weil die gro­ßen Geldbeträge von den Ländern als Spitalerhalter und natürlich auch von den Kas­sen hin- und hergeschoben werden; und wenn wir hier an dieser Stelle oft über den Fö­deralismus herziehen, dann muss man schon auch sagen, im Gesundheitsbereich dür­fen wir die Kassen nicht außen vor lassen (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja eh nicht!), denn die sind da natürlich auch ein mächtiger Player. Das hören die Roten und Schwar­zen nicht so gerne, weil sich das in ihrem Einflussbereich abspielt, was da in den Kas­sen passiert, aber die machen es auch kompliziert und ineffizient.

Dort, wo die Ministerin etwas tun kann, dort, wo sie auch etwas tun möchte, bei der Gesundheitsreform, da sind noch einige Maßnahmen erforderlich, und davon haben wir bis jetzt nicht so viel gesehen, wie ich mir wünsche. Wenn wir Primärversorgung effizient aufsetzen möchten, dann müssen auch die Gestaltungsmöglichkeiten für die Ärztinnen und Ärzte flexibel und vielseitig sein, dann müssen Ärzte auch selber Ärztin­nen und Ärzte anstellen können, dann müssen die PHCs in flexibler Form betrieben werden können, dann muss es für die Ärzte-GmbHs flexiblere Regelungen geben, dann dürfen wir uns nicht darauf verlassen, dass Kassen, die eigentlich die Zahler sind, dann selbst als Leistungserbringer auftreten und hier eine Funktionsvermischung auftritt, die wieder Ineffizienzen bringt.

Also wenn wir bei der Gesundheitsreform nicht ins Tun kommen, wenn wir hoffen, dass sich die Dinge von selber erledigen, dann werden die Menschen auf ihrem Lohn- und Gehaltszettel immer höhere Abzüge sehen und dafür immer geringere Leistungen be­kommen. Das kann es nicht sein! Da ist unseres Erachtens etwas mehr Schwung ge­fragt. (Beifall bei den NEOS.)

15.41


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


15.41.55

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Als Tierschutzsprecher möchte ich mich in erster Linie auf jenen Bereich des Gesundheitsbudgets beziehen, der sich unmittelbar mit dem Tierschutz auseinandersetzt, und da kann ich feststellen, dass sich unsere Gesundheitsministerin sehr wohl für ein gutes Budget im Bereich des Tierschutzes eingesetzt hat.

Ich möchte auszugsweise ein paar konkrete Vorhaben aufzählen, speziell auch dahin gehend, was geplant ist, um die Bevölkerung weiterhin zu schulen und zu informieren oder auch für ihren Einsatz im Tierschutz auszuzeichnen. Es wird unsere erfolgreiche Aktion „Tierschutz macht Schule“ mit 278 000 € weiterhin gefördert. Der im Jahr 2006 gegründete Verein „Tierschutz macht Schule“ hat sich mit Unterstützung des Bundes­ministeriums für Gesundheit zu einem österreichweiten Tierschutzbildungskompetenz­zentrum entwickelt.

Die Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz wird in der Periode 2015 bis 2018 mit bis zu 700 000 € unterstützt werden. Weiters wird der Aufbau und Betrieb der Koordinierungsstelle für tierschutzqualifizierte Hundetrainer mit 21 000 € gefördert. Für die Bewältigung amtstierärztlicher Aufgaben wird, neben der fachwissenschaftlichen Expertise, immer wieder auch der Umgang mit ethischen Entscheidungssituationen er­forderlich sein. Daher wird für das Projekt „Professional Ethics für Amtstierärzte“ eine Förderung von 29 706 € bereitgestellt. Aber auch die Ausschreibung und Vergabe des


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 149

Tierschutzpreises an besondere Persönlichkeiten, die sich abseits der Öffentlichkeit für den Tierschutz engagieren, soll weiterhin alle zwei Jahre durchgeführt werden. Das Preis­geld beträgt dafür insgesamt 15 000 € und fließt wiederum durch die prämierten Perso­nen direkt in die Tierschutzarbeit.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, der Bereich Tierschutz genießt in der Bundesre­gierung sehr hohes Ansehen, und ich möchte mich bei der Frau Bundesminister recht herzlich dafür bedanken, dass dieses Budget nicht gekürzt wurde, sondern weiterhin zum Wohle der Tiere so fortgeführt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

15.44


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Weigers­torfer. – Bitte.

 


15.44.11

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Vergleicht man das aktuelle Gesundheitsbudget mit dem Jahr 2007, sieht man, damals war es mit 665 Millionen € an Ausgaben durch den Bund beziffert, jetzt überschreiten wir für das Jahr 2016 die Milliardengrenze, nämlich mit 1,033 Milliarden €, die hier budgetiert wurden – und das gerechnet ohne die weiteren Milliardenbeiträge, welche die Länder für Spitäler und Ambulanzen zusätzlich finanzieren.

Ich würde sagen, das leistungsintensive Gesundheitssystem steckt mit seinen Milliar­denkosten in einer durchaus kranken Phase. Aufgrund der verschiedenen Kompeten­zen zwischen Bund und Ländern und verschiedenen Finanziers haben wir inzwischen derartige Parallelstrukturen: Wir haben Überversorgung, wir haben zum Teil leider Un­terversorgung, wir haben teilweise Barrieren an den Schnittstellen, intransparente Fi­nanzierungsströme und vor allem massive Effizienzverluste, und das ist sehr, sehr scha­de. Die weiterhin zersplitterte Zuständigkeit über neun Bundesländer macht hier eine Kon­solidierung meines Erachtens fast unmöglich.

Die langfristige Finanzierbarkeit der österreichischen Gesundheitsvorsorge ist derzeit, so wie sie besteht, nachhaltig fast nicht sicherzustellen. Das Gesundheitsministerium ist leider ein Verwaltungsministerium ohne die Möglichkeit der Durchgriffsrechte in den Strukturen. Das, was hier fehlt, sind unseres Erachtens klare, griffige Reformen. Die Frage ist: Wann kommt endlich eine Gesundheitsreform, die ihren Namen auch wirklich verdient? (Beifall beim Team Stronach.)

Zum Beispiel hinken wir im Bereich der Prävention klar nach. Auch wenn Dr. Reisinger die OECD-Vergleiche nicht sehr schätzt, sagen diese doch einiges aus. Zum Beispiel gibt es betreffend den Impfsektor einen neu publizierten OECD-Bericht. Daraus geht hervor, dass gegen Diphterie, Tetanus und Keuchhusten derzeit nur 83 Prozent der Einjährigen immunisiert sind, ein Wert, der nur noch von Indien und Südafrika unter­boten wird. Ich glaube, das ist schon eine Zahl, die man sich genau anschauen sollte. Der OECD-Schnitt liegt da zum Beispiel bei 95 Prozent. Die Frage ist natürlich, warum wir da bei 83 Prozent sind.

Schauen wir auf ein anderes Thema: Österreich hat nach wie vor die höchste Kranken­hausaufnahmerate in Europa, was ich äußerst interessant finde, denn bei 266 Spitals­entlassungen pro tausend Einwohner sind wir Spitzenreiter unter den 34 Mitgliedstaa­ten. Die Zahl der Krankenhausbetten liegt übrigens auch 60 Prozent über dem OECD-Schnitt. Dafür sind wir beim ambulanten Eingriff ein bisschen hintennach, auch das fin­de ich schade.

Herr Dr. Reisinger hat es auch angesprochen, interessanterweise liegt Österreich bei medizinischen Eingriffen ebenso im Spitzenfeld, und zwar bei den Hüft- und Kniepro­thesen. Also da frage ich mich schon, woher das kommt. Sind wir so schlecht beisam-


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men in der Hüfte und den Knien? – Ich glaube nicht, dass die Österreicher im Vergleich derart schlecht aufgestellt sind.

Im Moment ist ja auch die Ärztearbeitszeit ein Thema. Ich glaube, dass durch die Schaffung zweier rechtlich voneinander getrennter Arbeitsverhältnisse das Problem nur auf dem Papier gelöst ist. Es geht dabei um Ärzte inklusive Notärzte – um eine Verbin­dung herzustellen. Ich meine, da ist auch wieder ein Wurf gelungen, der eigentlich nicht einmal einen Zentimeter weit geht. Also ich denke, dass man da auch dringend nach­justieren sollte.

Ich möchte noch zu den hoheitlichen Aufgaben kommen, die sollten nämlich durch die AGES zu vollziehen sein. Da ist interessant, dass die Ausgaben für die AGES aus dem Bundesbudget 2016 erneut sinken und die Kosten auf die Wirtschaft abgewälzt wer­den.

Sie wissen, für mich persönlich ist der Tierschutz ein ganz wichtiger Aspekt, Kollege Keck hat es im Vorfeld schon angesprochen. Der Bereich Tierschutz ist natürlich auch im Gesundheitsministerium beheimatet. Da sehe ich es nicht ganz so rosig wie der Kollege, denn im letzten Budgetvoranschlag konnte man mit „Tierschutz macht Schule“ und einer Kooperation mit der VetMed bezüglich Tierhaltesysteme im Budget noch 1 Mil­lion € ausmachen, für das Jahr 2016 sind aber lediglich 819 000 € budgetiert.

Das ist im Vergleich zum Netz des gesamten Gesundheitsbudgets eine Tendenz, die ich mir für den Tierschutz eigentlich anders gewünscht hätte. (Beifall beim Team Stro­nach.)

15.50


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste hat sich Frau Bundesministerin Dr. Oberhauser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.50.27

Bundesministerin für Gesundheit Dr. Sabine Oberhauser, MAS: Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen, werte Kollegen! Wir haben ja das Budget der Gesundheit schon sehr ausführlich im Gesundheitsausschuss in den verschiedensten Facetten diskutiert.

Bedanken möchte ich mich beim Kollegen Rasinger, so heißt er nämlich – und nicht „Reisinger“, wie Sie, Frau Abgeordnete Weigerstorfer, gesagt haben –, für den Einstieg, den Dr. Rasinger gewählt hat, weil wir alle, die wir, sage ich einmal, aufs Gesundheits­system angewiesen sind, uns in diesem bewegen oder auch mit der Frage, wie man dieses strukturiert, beschäftigt sind, wissen: Das System ist nur so gut wie die Men­schen, die darin arbeiten.

Zu dem, was Erwin Rasinger zu den OECD-Daten gesagt hat und Kollegin Weigerstor­fer am Schluss – sie glaubt, dass das Gesundheitssystem in der Art und Weise nicht mehr finanzierbar ist –: Ich bin 33 Jahre in diesem System tätig, politisch ein bisschen kürzer oder kürzer als der Erwin, aber seitdem ich darin diskutiere, heißt es immer wie­der von Kritikern des öffentlich finanzierten Systems, dass das System in der Art und Weise auf keinen Fall mehr fertig finanziert ist. Seitdem ich – und das ist, glaube ich, seit 1996 – die OECD-Zahlen und auch die Vergleichszahlen im Kopf habe, bewegen wir uns immer auf der gleichen Ausgabenseite des Bruttoinlandsprodukts. Wir sind im­mer knapp bei 9,8 Prozent bis 10 Prozent, die die öffentlichen Gesundheitsausgaben bezüglich des Bruttoinlandsprodukts ausmachen.

Noch einmal zurückkommend zu Erwin Rasinger: Es sind die Ärztinnen und Ärzte, die Krankenschwestern, die medizinisch-technischen Dienste, Hebammen, wer auch im­mer, die das ausmachen, was die Menschen betreffend dieses Gesundheitssystem empfinden – so wie du es gesagt hast, Wolken am Himmel, das teile ich, aber –: Der Großteil zeigt große Zufriedenheit mit dem, was das österreichische Gesundheitssys-


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tem für seine Menschen bietet. Deswegen noch einmal: Erwin, du hast völlig recht, Haus­ärztinnen, Hausärzte, alle Menschen, die im Sinne der Patientinnen und Patienten tätig sind, auch der Prävention, denen gebührt einmal prinzipiell ein Dank dafür, dass dieses System so ist, wie es ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zur Frage, dass wir bei der Zahl der Transplantationen oder Implantationen von Hüften und Knien sehr hoch liegen: Ich höre immer wieder die Frage und bekomme auch im­mer wieder Anfragen, warum es in Österreich möglich ist, ohne Altersbeschränkung Hüften zu bekommen. In vielen unserer Nachbarstaaten heißt es, es zahlt sich nicht mehr aus, oder mit 60 Jahren kriegt man nur mehr eine, die eine kürzere Lebensdauer hat als die für einen Jungen. All diese Restriktionen gibt es bei uns nicht. Es wird zu hinterfragen sein, ob vielleicht die eine oder andere zu viel gemacht wird, das, glaube ich, kann man in diesem System nie ausschließen. Aber eine große Zahl derer, die die Möglichkeit haben, eine Hüfte oder ein Knie zu bekommen, heißt auch, dass dieses System fähig ist, das zu bezahlen. Ich glaube, dass das etwas ist, worauf wir wirklich stolz sein können.

Kollege Loacker hat vorgerechnet, was ein Mensch mit 1 900 € Bruttoverdienst an Kran­kenversicherungskosten bezahlt. Ich habe jetzt in der Geschwindigkeit versucht, zu goo­geln und zu finden, was eine private Krankenversicherung für diesen Zeitraum kosten würde. Es ist mir nicht gelungen, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das deut­lich teurer ist, als es das öffentliche Gesundheitssystem ist. In dem Moment, wo man ernsthaft erkrankt oder länger, dauerhaft erkrankt, weiß ich, dass sich die privaten Kran­kenversicherungen sehr gerne aus der Verantwortung zurücknehmen und vielleicht das eine oder andere erhöhen oder vielleicht das eine oder andere doch nicht mehr versi­chern.

All das passiert Ihnen in der öffentlichen Krankenversicherung nicht. Das heißt, braucht man ein neues Herz, braucht man eine Diabetesbehandlung, braucht man eine neue Hüfte oder ein neues Knie ist das etwas, wofür wir alle mit unseren Beiträgen zahlen. Die 2 700 €, die Sie genannt haben, zahlt man nicht für sich selber, sondern das so­ziale Krankenversicherungssystem funktioniert so, dass jemand, der gerade gesund ist, für den zahlt, der gerade krank ist, und umgekehrt. Ich glaube, das deckt eine um­fassende Krankenversicherung ab. Es gibt Verbesserungsmöglichkeiten, keine Frage. Ein System, das sich nicht verbessern könnte, glaube ich, gibt es nicht.

Erwin Rasinger hat es genannt, die Wolken am Himmel. Für mich persönlich sehe ich eine Wolke am Himmel bei der Frage – ich weiß nicht, wer es gesagt hat, ich glaube, Sie waren das, Kollegin Mückstein – von MR- und CT-Untersuchungen. Es gibt nichts, was bei mir so oft gefragt wird wie: Warum warte ich so lange auf eine MR-Untersu­chung? Warum gibt es die Möglichkeit, wenn ich sage, ich zahle privat im selben Insti­tut, dass ich das bekomme?

Das sind Dinge – und da sind wir bei der Diskussion, wer was steuern kann –, die die Sozialversicherung im Rahmen der Verträge mit den Ärztinnen und Ärzten steuern muss, und das ist etwas, wo ich jetzt mehrfach nachgehakt habe und mir auch durch­aus überlege, was man weiter machen kann, um dieses System zu bereinigen. Das halte ich nämlich – von dem, was ich momentan mitkriege – für den am deutlichsten gefühlten Fall von Zweiklassenmedizin, den mir Patientinnen und Patienten heute be­richten. Das heißt, das ist etwas, wo ich ganz sicher den Finger in die Wunde legen werde, denn viel mehr kann ich nicht. Aber da werde ich dranbleiben, weil ich glaube, dass man ganz dringend etwas machen muss. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeord­neten Schittenhelm und Ofenauer.)

Es ist schon gesagt worden, das Gesundheitsbudget ist kein Riesenbudget. Wir sind da mit 1,043 Milliarden € ein bisschen gestiegen. Die Leistungen sind zum Teil schon genannt worden. Es sind die Zahnspangen, es ist der Kassenstrukturfonds, der wieder


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drinnen ist. Es ist das Kinderimpfprogramm, das erhöht wird. Ich habe jetzt keine Ant­wort bekommen betreffend die Frage der OECD-Zahlen und der Impfung, irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen. Wir werden weltweit gelobt für unser Kinderimpfprogramm und was die Masern- und Mumps-Eradikation betrifft. So wurden wir auch mehrfach dafür gelobt, wie gut dieses Programm funktioniert. Das heißt, das werde ich mir noch anschauen, ob wir noch draufkommen, woher dieser Unterschied kommt.

Wir haben versucht, das Budget so zu gestalten, dass wir mit den Vorgaben, das Bud­get einzuhalten, den Pfad einzuhalten, das Bestmögliche daraus machen. Es ist Tier­schutz ein Teil meines Bereichs. Es sind die Ernährung, die AGES, die GÖG und der FGÖ ein Teil meines Bereichs, der mitfinanziert wird.

Ich glaube, es ist gelungen, ein ausgewogenes Budget zu machen. Wir hoffen, dass wir für die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher mit diesem Budget auch im nächsten Jahr das Beste erreichen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

15.56


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schitten­helm. – Bitte.

 


15.56.50

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Erst­mals wird in den Budgets systematisch dargestellt, welche Ergebnisse mit den Budget­mitteln erreicht werden sollen, also Zielsetzungen vorgegeben. Da sind auch für den Gesundheitsbereich und für das Gesundheitsbudget fünf Wirkungsziele vorgegeben. Wir wissen natürlich alle, um diese Ziele zu erreichen, braucht es eine auf hohem Ni­veau qualitätsgesicherte, flächendeckende, leicht zugängliche und vor allem auch fi­nanzierbare Gesundheitsförderung, Gesundheitsvorsorge, Gesundheitsversorgung für die gesamte Bevölkerung. Das wurde heute schon angesprochen. Wir haben das Glück, dass wir das in Österreich auch leisten können.

Ich möchte nur hinzufügen, die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zahlen auch ihre Beiträge in die Krankenkassen. So ist es ja nicht, dass wir von Hüften und Knien reden, die ihnen vielleicht nicht zustehen.

Ich darf daher auf das Wirkungsziel 2 eingehen, das ist das Gleichstellungsziel. Dies sieht den gleichen Zugang von Frauen und Männern zur Gesundheitsversorgung vor, mit dem speziellen Fokus auf genderspezifische Vorsorge- und Präventionsprogram­me. Laut Daten der WHO und des Frauengesundheitsberichts ist dokumentiert, dass zur Verbesserung der Gesundheit von Frauen und Männern zweifach anzusetzen ist, das müssen wir auch verstärken: zum einen bei genderbedingten Vorurteilen gegen­über Erkrankungen, wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die ja lange als ty­pische Männerkrankheiten gesehen wurden, wo viele Frauen Leid ertragen mussten, weil es bei ihnen nicht erkannt und auch nicht behandelt wurde; zum anderen dort, wo aufgrund biologischer Faktoren das Erkrankungsrisiko besonders hoch ist. Bei den Männern ist es der Prostatakrebs und bei den Frauen sind es Brustkrebserkrankungen. Daher bin ich sehr froh und dankbar, dass in diesem Budget ein wesentlicher Schwer­punkt gesetzt worden ist, nämlich auf das nationale Brustkrebsfrüherkennungsprogramm beziehungsweise eine gendergerechte Berichterstattung.

Hohes Haus! Wirkungsziele – das muss uns schon klar sein, und das betrifft vor allem das Gleichstellungsziel – machen nur dann Sinn, wenn entsprechende Zahlen über Teil­nehmer und Teilnehmerinnen aufliegen. Wir brauchen diese auch zur Berechnung. Lei­der haben wir bis heute keine Zahlen über die Inanspruchnahme von Brustkrebsscree­nings für das Jahr 2014, die aussagekräftig vorliegen, und auch nicht über die Ver­gleichszahlen der Mammographien des Jahres 2013.


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Ich mache der Frau Bundesministerin überhaupt keinen Vorwurf, da sie zu diesem Zeit­punkt auch nicht zuständig war. Tatsache ist, wir brauchen diese Zahlen, um eine entspre­chende Qualitätssicherung, die ja vorhanden ist, auch beibehalten zu können. Aber vor allem brauchen wir eine Verbesserung im Hinblick darauf, dass die Zugangsmöglich­keiten für alle Frauen, gleich welchen Alters, ohne bürokratische Hürden möglich sind. Es braucht natürlich die stärkere Einbindung der Hausärzte.

Geschätzte Damen und Herren, Folgendes sollte nicht unerwähnt bleiben: Das Budget des Gesundheitsministeriums bildet ja nur einen sehr kleinen Teil – das wurde auch schon gesagt – der Gesundheitsausgaben in Österreich ab, wobei die Gesamtausga­ben im Bereich Gesundheit mit rund 34,5 Milliarden € dotiert sind. Das sind 45 Prozent des gesamten Budgets, immerhin 77 Milliarden €. Die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger ist uns das schon wert. Natürlich gibt es da und dort Verbesserungsmöglich­keiten. Das wissen die Ärztinnen, das wissen die Ärzte, und das weiß auch die Frau Bundesministerin, die uns im Ausschuss erklärt hat, dass sie sehr wohl daran arbeitet.

Ihnen, Frau Ministerin, ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.00


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Dr. Karls­böck. – Bitte.

 


16.00.40

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Wir gehen nach Berechnungszeit: 30 Jahre, 33 Jahre. Ich habe nachgedacht, ich bin auch schon 30 Jahre oder vielleicht sogar 36 Jahre im System, je nach Berech­nungsart. Also ich verfüge auch über eine gewisse Art der Berufserfahrung und kann diese durchaus hier auch einbringen.

Zusammen mit den Erfahrungen, die ich in letzter Zeit vor allem im Ausland gemacht habe – ich schaue mir immer wieder die Gesundheitssysteme in jenen Ländern an, in die ich komme –, kann ich mich da nur anschließen und sagen: Ja, wir haben ein sehr gutes System, vielleicht nicht das beste der Welt, aber ein sehr gutes System. Und meine Sorge liegt darin, dieses System so zu erhalten, wie es ist. Damit es so bleibt, bedarf es natürlich einer kritischen Hinterfragung, einer kritischen Selbstreflexion, eines Hinterfragens des Systems nach dem Status quo und auch der Bereitschaft, das Sys­tem den Gegebenheiten der Zeit anzupassen.

Alle, die Verantwortung tragen, wissen – und da sind wir einer Meinung –, wir sind mit unserem System und der Finanzierung desselben schon weit über die Grenzen drü­ber. Geld ist genug da, die Frage ist nur, wofür es denn ausgegeben wird. Wir wissen, enorme Herausforderungen sind zu bewältigen. Die Medikamentenkosten steigen, auch deswegen, weil wirklich tolle neue Medikamente auf den Markt kommen. Neue Thera­piemöglichkeiten werden geschaffen. Es ändert sich aber auch etwas im Verhalten der Patienten und auch der Ärzte. Die Ärzte wollen heute anders arbeiten. Der Beruf ist weib­licher geworden. Es sind andere Lebenskonzepte vorhanden. Und bei den Patienten sind auch andere Gegebenheiten bemerkbar, wie sie sich an den Arzt wenden.

Wir haben die Antworten, wir sagen das oft. Wir fordern eine Entlastung der Spitals­ambulanzen. Eine Entlastung des Systems könnte dadurch erfolgen, dass man tat­sächlich echte Gruppenpraxen, echte GesmbHs schafft, dass man endlich die Möglich­keit einräumt, wie hunderttausendmal schon erwähnt, dass Ärzte Ärzte anstellen dür­fen, und vieles mehr. Damit hätten wir zumindest das Problem der Erreichbarkeit und Verfügbarkeit der medizinischen Leistung im niedergelassenen Bereich gelöst. (Beifall bei der FPÖ.)

Im Grunde genommen ist es ja ganz einfach. Wir haben in unserem System ein Drei­eck: die Ärzte, die Spitäler, die Patienten und in der Mitte die Krankenkassen. Die Kran-


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kenkassen als zentraler Spieler in unserem System – ursprünglich zu einem ganz an­deren Zweck als heute geschaffen, weil sie sich immer neu erfinden müssen – sind meiner Meinung nach leider das größte Problem, die Krankenkassen, die immer wieder Ihre politischen Folklorerituale bedienen. Das heißt, hier werden ideologische Posi­tionen vertreten, wie zum Beispiel die Staatsmedizin auf der einen Seite – die wird mo­mentan forciert, hat man zumindest den Eindruck –, und auf der anderen Seite haben wir den Stand des freien Berufes. Es sind meiner Meinung nach die Krankenkassen, vor allem mit ihrem Anhängsel der Ambulatorien, das größte Übel in diesem Gesund­heitssystem.

Zwei Beispiele nur: Der größte Flop momentan ist leider die Gratis-Zahnspange. Wir haben zwar die 80 Millionen € budgetiert und haben jetzt für die Stufen 4 und 5 nach dieser speziellen Klassifizierung einen Zugang, der kostengünstig oder vielleicht sogar gratis für manche Patienten, Kinder und Jugendliche ist, aber auf der anderen Seite werden da leichtere Formen von Fehlstellungen sozusagen abgewürgt. Es wird limi­tiert, es wird kontingentiert. Es wird nicht so gesagt, es wird schlicht und einfach nicht mehr bewilligt. Da gibt es – wir haben es dokumentiert – Chefärzte, die sagen: Lieber Freund, du schickst mir da fünf Anträge; suche dir zwei davon aus, welche ich bewil­ligen soll! – So läuft das heute.

Ein wirklicher Skandal, wenn wir davon sprechen, dass zu wenig Geld im System ist, dass wir limitieren müssen, dass für gewisse Behandlungen zu wenig Geld vorhanden ist, besteht darin, dass die Krankenkassen ja Außenstände haben. Wir sprechen von 232 Millionen €. Und diese Außenstände werden schlicht und einfach viel zu lax be­ziehungsweise überhaupt nicht eingefordert.

In jeder Firma wird der Geschäftsführer, der Außenstände nicht einfordert und für sei­ne Firma, für seinen Auftraggeber diese Finanzlücke nicht zu schließen versucht, frist­los entlassen, begeht er doch eine schwere Verfehlung. Ich frage mich, Frau Minister – Sie haben diesbezüglich eine Aufsichtspflicht, Sie werden uns vielleicht die Antwort ge­ben, wir haben auch Anfragen gestellt –, warum das bei den sozialen Krankenversiche­rungen nicht der Fall ist.

Ich mache mir Sorgen um unser Gesundheitssystem. Es ist genug Geld im System, es wird nur falsch verwendet. (Beifall bei der FPÖ.)

16.05


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Eh­mann. – Bitte.

 


16.05.24

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Herr Bundesminister! Werte KollegInnen! Hohes Haus! Aus aktuellem An­lass möchte ich mich im Rahmen dieser Budgetdebatte heute ganz kurz mit zwei The­men auseinandersetzen, nämlich zum einen mit der Antibiotikaresistenz, die in Pro­jekten und Maßnahmen auch Budgetwirksamkeit hat.

Es hat ja vor Kurzem der weltweite Antibiotika-Tag stattgefunden, am 18. November. Da wurde ja auf die Zunahme der Antibiotikaresistenzen hingewiesen und davor ge­warnt. Ich glaube, das ist eine globale Gefahr für Mensch und Tier, und daher muss sie auch global, gemeinsam und vor allem fächerübergreifend bekämpft werden.

Im Gesundheitswesen gibt es dazu schon mehrere Projekte und Maßnahmen, wie ich zu Beginn schon angesprochen habe. Aber auch in der Tierhaltung soll die Reduzie­rung des Einsatzes von Antibiotika weiter voranschreiten. Da haben wir sogar Erfolgs­beispiele wie etwa im Geflügelsektor. Da konnte innerhalb von drei Jahren die Antibio­tikaverabreichung bei gleicher Tieranzahl um 44 Prozent reduziert werden.


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Ein weiteres Thema ist die Blauzungenkrankheit, das auch von den Medien aufgegrif­fen wurde. Durch das nationale Überwachungsprogramm der AGES sind vereinzelte Fälle in der Steiermark und im Burgenland bekannt geworden und vom Bundesminis­terium veröffentlicht worden. Die Kosten werden sich bis zum Jahresende auf etwa 70 000 € belaufen. Für das künftige Jahr, für 2016, wurden für das nationale Überwa­chungsprogramm der AGES zirka 150 000 € im Budget eingestellt. Da, geschätzte Kol­leginnen und Kollegen, sieht man, wie wichtig auch diese Budgetposten im Rahmen der Prävention und der Kontrolle sind.

Zum Schluss möchte ich aber schon klar festhalten, dass die Blauzungenkrankheit, die in diesem Fall Rinder betroffen hat, für den Menschen keine Gefahr darstellt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.07


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Dr. Pirkl­huber. – Bitte.

 


16.07.36

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! Im Rahmen der Gesundheitsdebatte haben wir immer wieder auch sehr sensible Themenbereiche durchzudenken, durchzudisku­tieren. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an den schwierigen Problembereich der Präimplantationsdiagnostik. All diese Dinge sind sehr sensibel, weil sie in einem historischen und in einem ethischen Kontext stehen. Insofern möchte ich schon noch einmal anknüpfen an meine Kollegin Mückstein und meiner persönlichen Verwunde­rung darüber Ausdruck verleihen, dass ein Abgeordneter dieses Hauses, der Herr Kol­lege Mölzer, die Gelegenheit nicht nutzt, um hier Klarheit zu schaffen und Licht ins Dun­kel zu bringen.

Herr Mölzer, distanzieren Sie sich von dieser Aussage, und zwar unmittelbar und noch heute! (Beifall bei den Grünen.) Es ist eine Notwendigkeit. Meine Damen und Herren! Das kann dieses Parlament nicht unwidersprochen stehen lassen. Kein Steuergeld für die Verbreitung rassistischen Gedankengutes! Und wenn ein Abgeordneter in irgend­einer Form involviert ist, dann hat er hier die moralische Pflicht und die Möglichkeit, das hier eindeutig klarzustellen.

Noch einmal an Sie, Herr Kollege Mölzer: Gehen Sie an dieses Rednerpult, und stellen Sie diese Sachlage klar! (Zwischenruf des Abg. Mölzer.) Darum möchte ich Sie per­sönlich unbedingt ersuchen. (Abg. Deimek: Wir haben keine grüne Diktatur in Öster­reich! Auch wenn ihr eine wollt!)

Jetzt speziell zu Ihrem Bereich, Frau Bundesministerin. Was das Gesundheitskapitel betrifft, möchte ich auch durchaus anknüpfend an Kollegen Spindelberger einmal ein paar positive Vorbemerkungen machen. Jawohl, es ist richtig, dass es in einigen Din­gen Übereinstimmung gibt. Es gibt Übereinstimmung, dass wir alle dazu stehen, dass wir ein Gesundheitssystem haben, das in vielen Bereichen die Menschen dort abholt, wo sie sind, das wirklich die beste Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger in die­sem Land sicherstellt.

Meine Damen und Herren, unbestritten ist auch, dass es eine zusätzliche Dotierung im Veterinärbereich, im Bereich Tierseuchenbekämpfung et cetera braucht. Das wissen wir. Das werden wir auch mittragen.

Allerdings, Frau Bundesministerin, gibt es Dinge, die Sie und auch manche Kollegin­nen und Kollegen angeschnitten haben, die bisher nicht in der Qualität erfolgen, die wünschenswert wäre: der ganze Bereich der Vorsorgemedizin. Wir arbeiten an die­sem Thema. Wir sehen, dass Sie auch hier Schwerpunkte setzen wollen. Ich nehme hier nur Ernährung und Bewegung. Die Vorsorge muss ganz früh ansetzen: bei den Kin-


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dern, bei den Jugendlichen, aber auch in allen Altersgruppen. Ernährung und Bewe­gung sind ein Schlüsselthema, aber auch psychische Gesundheit.

Dazu gibt es Begleitung, dazu gibt es Unterstützung in den verschiedensten Bereichen. Aber noch immer ist die Ausgewogenheit in der Versorgung aus unserer Sicht nicht ge­währleistet; da haben wir Nachholbedarf.

Auch was Kürzungen bei der AGES in der Höhe von 2,6 Millionen € betrifft, Frau Bun­desministerin, kann ich das nicht nachvollziehen. Das, was Sie uns im Ausschuss ge­sagt haben, dass es die Möglichkeit für die AGES gibt, über erhöhte Gebühren bei der Pharmazulassung wieder Mittel hereinzubekommen, das ist zwar richtig, aber meines Wissens sind diese Mittel zweckgebunden, zweckgebunden innerhalb des Pharmabe­reiches. Das ist leider das Thema, das hier schlagend wird. Vom Kaputtsparen will ich nicht gleich reden, ich will nicht übertreiben, das ist ja nicht unbedingt der Fall, aber es ist das Beschränken jener Sektoren, die wir unbedingt in Zukunft brauchen: das ist der Bereich der Risikoforschung, der Risikoanalyse.

Sie haben gesagt, 235 000 € werden wir für Gentechnik, Risikoforschung, im Bereich Sicherheit und so weiter einsetzen. 235 000 € sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Für die Personalkosten gibt es im selben Zeitraum, innerhalb von zwei Jahren um 3,2 Mil­lionen € mehr, nämlich einen Anstieg von 26,6 auf 29,8. Das sind plus 12 Prozent; die Kollegin Mückstein hat das auch schon erwähnt. Das ist nicht von Ihnen erläutert wor­den. Das ist eine Erhöhung, die in keinem Bereich in dieser Dimension ausgefallen ist, und das bei gleichen Planstellen. (Bundesministerin Oberhauser schüttelt den Kopf.)

Ich habe mir das angeschaut im Bericht: Eine Planstelle ist mehr, eine einzige! Schau­en Sie in den Bericht rein – Budgetdienst des Parlaments –: Eine Planstelle mehr und innerhalb von 2 Jahren 3,2 Millionen € mehr für den zentralen Personalbereich. Das ist für mich nicht mehr verhältnismäßig. Ich sage das ganz offen und klar, das gehört auf­geklärt, das ist auch keine Entwicklung, die uns unberührt lassen soll.

Auf allen Ebenen der staatlichen Budgets haben wir es mit sehr schwierigen Finan­zierungen zu tun, und da müssen auch einmal die Beamten und Beamtinnen auf allen Ebenen in den Verhandlungen, in den Diskussionen der Ressorts realistische Argumen­tationen wahrnehmen. Das muss auch einmal gesagt werden, dass es so aus meiner Sicht ein Problem darstellt, denn dann bleiben keine freien Budgets mehr über, um ge­nau das zu tun, was wir dringend brauchen.

Von den Rücklagen, Frau Bundesministerin, haben Sie bis jetzt nichts oder wenig ver­wendet und auch nicht viel darüber gesagt. Wir haben 63 Millionen € Rücklagen in Ih­rem Ressort, wovon etwa 50 Millionen € im freien Budget sind. Auch aus diesen Mitteln könnte man die eine oder andere zusätzliche Aktivität starten, vor allem was Risiko­forschung und was die Vorsorgepolitik im Lebensmittelbereich betrifft, denn langfristig müssen wir sicher stärker als bisher zum Verursacherprinzip übergehen. Jene, die zu Belastungen, Kontaminationen beitragen, in der Wirtschaft, am Markt, die sollten mittel- und langfristig auch aufkommen müssen für die entsprechenden Gebühren, für die zwingenden Probenziehungen und Analysemethoden. Es kann nicht so bleiben wie jetzt, dass jene, die umweltgerecht wirtschaften, die biologischen Landwirte, nachwei­sen müssen, dass ihre Produkte nicht kontaminiert sind von Dingen, die in einem ande­ren Bereich eingesetzt werden.

Frau Bundesministerin, das wäre mir ein großes Anliegen. Wenn Sie in diese Richtung gehen, werden wir Sie unterstützen, ebenso, wenn Sie ein altes Projekt der vorherigen Bundesregierung endlich wieder aufgreifen würden, nämlich ein österreichisches Quali­tätsgütesiegelgesetz als Begleitmaßnahme auf den Tisch zu legen, damit unlauterer Wettbewerb und Wettbewerbsverzerrung durch Konsumententäuschung endlich abge­stellt werden. Das ist, glaube ich, ein Gebot der Stunde, da könnten wir zusammenar­beiten, da hätten Sie auch unsere Unterstützung.


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Das würde ich mir auf jeden Fall für das nächste Jahr erwarten, dass wir hier wieder ei­nen gemeinsamen Anstoß und eine gemeinsame Initiative starten. – Danke schön. (Bei­fall bei den Grünen.)

16.14


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


16.14.34

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ÖVP): Frau Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal: Uns geht es noch immer gut in Österreich mit unserem Gesundheitssystem, und ich freue mich, dass es auch der Frau Minister wieder gut geht, und möchte ihr für die Zukunft alles Gute wünschen. Toi, toi, toi! (Allgemeiner Beifall. – Bundesministerin Oberhauser: Danke!)

Ich halte es auch für wichtig, dass ein Ministerium wie das Gesundheitsministerium, das leider wenig Kompetenzen hat, ordentlich dotiert und finanziell gut ausgestattet wird. Immerhin kann man auch dort Politik machen, Trends anstoßen und Zahlen und Stu­dien veröffentlichen.

Aber wichtiger als alle Zahlen, wichtiger als die Budgets, die von leblosen Zahlen erfüllt sind, sind natürlich die lebendigen Menschen, die das Gesundheitssystem ausmachen. Da haben wir zwei große Gruppen. Wir haben auf der einen Seite die Leistungser­bringer und auf der anderen Seite die Leistungsempfänger, die Patienten. Ich möchte von den Leistungserbringern heute die Ärzte herausgreifen, weil ich glaube, dass mit dem Ärztestand etwas im Gange ist, was für das gesamte Gesundheitssystem nicht gut ist.

Ich orte eine Erosion des gesamten Berufsstandes und eine allgemeine Entwicklung, die systematisch bedingt ist, nämlich dass man aus den Ärzten medizinische Fachkräf­te machen will, indem man den Ärzten immer mehr juristische, ökonomische und sons­tige Korsetts umbindet, um sie so fesseln und besser kontrollieren zu können. Das ist, glaube ich, ein Grundproblem des gesamten Gesundheitssystems, das nach wie vor noch immer gut ist. Es kommt beim Patienten die Leistung noch immer gut an, aber die Erosion ist da.

Wir haben das heute schon mehrfach gehört, die Abwanderung der Kollegen und Kol­leginnen nach Deutschland ist gigantisch. Wir haben an die 3 000 in Österreich ausge­bildete Ärzte bereits in Deutschland, die aufgrund der österreichischen Verhältnisse weggegangen sind. Ich glaube, da gibt es wirklich Handlungsbedarf, denn sonst pas­siert etwas, was den Kern des ärztlichen Wesens berührt und möglicherweise sogar zerstört. Es geht um die Freiheit des Arztes und es geht um das Vertrauen, das die Pa­tienten und Patientinnen den Ärzten entgegenbringen. Wenn das Gesundheitssystem das nicht mehr gewährleisten kann, dann macht man eine Berufsgruppe, nämlich die, die die größte Verantwortung trägt, sukzessive kaputt.

Was heißt das, meine Damen und Herren? – Wenn die Ärzte nicht mehr Ärzte sind im althergebrachten Sinne, dann kann es auch für die Patienten nur schlecht ausgehen, denn: Wenn das Vertrauen in die Ärzteschaft, das Standing der Ärzteschaft verschlech­tert wird, dann verschlechtert sich automatisch das Vertrauen der Patienten in die Ärzte.

Das heißt, wir müssen einen gewissen Konservatismus in die gesamte Gesundheits­politik einfließen lassen, und wir müssen die Berufsgruppe, die die größte Verantwor­tung trägt, wieder mehr wertschätzen. Das betrifft die allgemeine Einstellung in der Poli­tik, das betrifft die Gesundheitspolitik, das betrifft die Darstellung in den Medien, das be­trifft auch die Finanzpolitik, die Budgetpolitik et cetera.

Wenn Sie sich anschauen: Wer ist unser Arzt/unsere Ärztin? Wir gehen nur zu jeman­dem, zu dem wir Vertrauen haben, sonst würden wir nicht hingehen. Wir scheuen je-


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den Medizinalbeamten. Ich möchte jetzt nicht die Chefärzte der Kassen in ein schiefes Licht rücken, aber man geht natürlich wesentlich lieber zu seinem Hausarzt oder zu seinem Internisten als zu einem Chefarzt bei der Krankenkasse, der ein Medizinalbe­amter ist. Das ist ein Fakt. Deshalb glaube ich, dass es ganz wichtig ist, abseits aller Zah­len, wieder zurückzukehren zu dem, was Ärzte tun, was Medizin grundsätzlich ausmacht – das ist im Wesentlichen das Vertrauen in die Ärzteschaft.

Daher möchte ich mit einem Appell schließen an uns alle und speziell an die Frau Mi­nister, weil ich glaube, da kann man seitens des Gesundheitsministeriums etwas tun: Wir müssen und sollen den Ärztestand wieder dorthin bringen, wo er früher war. – Dan­ke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.18


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Ange­rer. – Bitte.

 


16.18.22

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Herr Minister! Ho­hes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben mittlerweile der Budgetanalyse entnommen, dass wir in Österreich zirka 35 Milliarden € für das Gesundheitswesen aus­geben, mit jährlichen Steigerungen. Trotzdem titeln die Zeitungen „Kärnten droht bald massiver Ärztemangel“ (eine Zeitung in die Höhe haltend), trotzdem wird die Versor­gung speziell im ländlichen Raum schlechter.

Ich möchte Ihnen drei Beispiele nennen, Frau Minister, die das auch belegen. Ihre Kol­legin, Landesrätin Prettner in Kärnten, macht gerade einen neuen Strukturplan, macht ein Krankenhaus in Villach zu einem zweiten Schwerpunktkrankenhaus auf Kosten der regionalen Krankenhäuser, zum Beispiel des Krankenhauses in Spittal. Hier werden Betten im Ausmaß von 12 Prozent, 39 Betten, gestrichen, was natürlich zum Nachteil der Region ist und dort auch Stationen unwirtschaftlich macht. Ich weiß nicht, ob der Herr Staatssekretär das auch so empfindet – ich sage es jetzt nicht, sonst bekomme ich richtigerweise von der Frau Präsidentin noch einen Ordnungsruf –, der ja der Mann von der Betreiberin dieses Hauses ist.

Das Zweite: Der Mangel an Fachärzten wird auch noch dahin gehend verstärkt, dass fünf Kassenstellen im Bezirk gestrichen werden. Jetzt ist das der zweitgrößte Bezirk Ös­terreichs, so groß wie Vorarlberg, und hier werden Kassenstellen gestrichen. Und wir ha­ben in diesem Bezirk nur mehr zwei Fachärzte für Kinderheilkunde.

Das Dritte: Das Landärztesterben ist gang und gäbe – die Zeitungen titeln davon –, und es wird noch verstärkt dadurch, dass man die Weiterführung von Hausapotheken er­schwert oder Einschränkungen bei den Ärztepraxen vorhanden sind.

Und dann lese ich Ihr Budget, und da gibt es Wirkungsziele. Im Wirkungsziel 1 sagen Sie, Sie wollen eine „qualitätsgesicherte, flächendeckende, leicht zugängliche und finan­zierbare Gesundheits(… -)vorsorge (…) für die gesamte Bevölkerung“. – Dazu sage ich: Perfekt.

Dann: „Warum dieses Wirkungsziel?“ – „Aufgrund verschiedener Kompetenzen und Fi­nanziers im Gesundheitssystem sind Parallelstrukturen, Über- und Unterversorgungen, Barrieren an den Schnittstellen, intransparente Finanzierungsströme und damit Effi­zienzverluste entstanden.“ – Die Frau Kollegin Weigerstorfer hat es heute schon er­wähnt. Sie haben etwas verdutzt geschaut, es steht aber in Ihrem Papier. Jetzt sage ich: Okay, Problem erkannt.

Dann steht darunter: „Wie wird dieses Wirkungsziel verfolgt?“ Und da, muss ich ehrlich sagen, verstehe ich jetzt nicht, was hier steht:


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„Weitere Sicherstellung einer ausgeglichenen Gebarung der Krankenversicherungsträ­ger insbesondere durch verbindliche Vereinbarungen von Finanzzielen; Herstellung ei­ner höheren Transparenz in der Gesundheitssystemperformance“ – und so weiter, bla­blabla – „Weiterentwicklung von Qualitätssicherungssystemen, …“.

Also ich vermisse da, dass hier steht: Beseitigung von Parallelstrukturen, Ausgleich von Über- und Unterversorgungen, Beseitigung von Barrieren an Schnittstellen, Besei­tigung von intransparenten Finanzierungsströmen; oder zum Beispiel: die Zusammen­legung der Krankenanstalten.

Jetzt werden Sie wieder sagen, das ist nicht Ihre Kompetenz oder Sie sind nicht aus­schließlich dafür kompetent. Trotzdem möchten wir Sie dabei unterstützen, und viel­leicht reden Sie mit Ihren Kollegen in der Regierung, dass Sie vielleicht diesem Schritt der Zusammenlegung der Krankenversicherungsanstalten, der Sozialversicherungsan­stalten in Österreich einmal nähertreten.

Wir stellen daher den Antrag – wahrscheinlich nicht zum ersten Mal und auch nicht das letzte Mal –:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Zusammenlegung der Sozialversicherungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend ei­nen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die vollständige Harmonisierung des Sozialversi­cherungssystems vorsieht, welche eine Zusammenführung aller Beitragsleistungen, Fi­nanzierungs- und Steuerungsfunktionen in ein einziges System umsetzt. Damit einher­gehen muss eine direkte Kontrolle durch die Pflichtversicherten mittels Ur-Wahlen der Kontroll- und Verwaltungsorgane. Diese Zusammenlegung soll insbesondere zu einer Senkung der Verwaltungskosten und damit auch zu einer mittel- und langfristigen Ent­lastung der Versicherten, der Steuerzahler und des Budgets führen.“

Wir hoffen, Sie nehmen unsere Unterstützung an. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.22


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Dr. Andreas Karlsböck, Erwin Angerer und weiterer Abgeordneter

betreffend Zusammenlegung der Sozialversicherungen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage 820 d.B): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2016(Bundesfinanzgesetz 2016-BFG 2016 samt Anlagen(891 d.B) Untergliederung 24-Gesundheit, in der 104. Sitzung des Nationalrates am 24.November 2015)

Gegenwärtig ist das System der österreichischen Sozialversicherungen mit seinen 22 selbständigen Einrichtungen teuer, ineffizient und organisatorisch nicht mehr zeitge­mäß. Es dienst primär dazu, eine Funktionärsherrschaft in Rot-Schwarz aufrecht zu er-


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halten und für Versorgungsjobs für abgehalfterte Funktionäre zu sorgen. Durch die in­direkte Bestellung aus der Kammerstruktur heraus ist auch keine tatsächliche Mitbe­stimmung der Pflichtversicherten möglich. Sie verhindert die direkte Mitbestimmung der betroffenen Sozialversicherten und schützt lediglich eine abgehobene Funktionärs­schicht.

Aus diesem Grund muss eine Zusammenführung aller Organisationeinheiten, Beitrags­leistungen, Finanzierungs- und Steuerungsfunktionen im Sozialsystem in ein einziges Sozialversicherungs-System erfolgen. Nur so ist gewährleistet, dass es eine schlanke, effiziente und zeitgemäße Verwaltungsstruktur im Sinne der Sozialversicherten gibt. In anderen Ländern ist diese Zusammenlegung und Straffung der Struktur längst erfolgt. Dies führt auch in fortgesetzter Art und Weise zu einer finanziellen Gesundung des Sys­tems durch Verwaltungseinsparungen.

Nun hat wieder einmal Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl (ÖVP-Wirtschafts­bund) das hohe Lied einer Verbesserung der Strukturen im österreichischen Sozial­versicherungswesen gesungen. Die FPÖ nimmt Leitl und seine ÖVP-Wirtschaftsbünd­ler nun beim Wort, und stellt einen Antrag, der die Basis für eine grundlegende Erneue­rung des österreichischen Sozialversicherungswesens im Sinne einer Zusammenle­gung gewährleistet.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend ei­nen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die vollständige Harmonisierung des Sozialversi­cherungssystems vorsieht, welche eine Zusammenführung aller Beitragsleistungen, Fi­nanzierungs- und Steuerungsfunktionen in ein einziges System umsetzt. Damit einher­gehen muss eine direkte Kontrolle durch die Pflichtversicherten mittels Ur-Wahlen der Kontroll- und Verwaltungsorgane. Diese Zusammenlegung soll insbesondere zu einer Senkung der Verwaltungskosten und damit auch zu einer mittel- und langfristigen Ent­lastung der Versicherten, der Steuerzahler und des Budgets führen.“

*****

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 161

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vogl. – Bitte.

 


16.23.00

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Herr Kollege Rasinger, ich habe die Rede ei­gentlich auch als sehr angenehm und positiv empfunden (Abg. Rasinger: Wie immer!) – fast wie immer.

Ich glaube, sehr gut gelungen ist, auf der einen Seite die Leistung, die in unserem Ge­sundheitssystem wirklich sehr hoch ist, anzusprechen, ohne auf der anderen Seite zu vergessen, darauf hinzuweisen, dass es im Gesundheitswesen natürlich auch Proble­me gibt. Und das stört mich sozusagen an Ihnen, oder das ist die Kritik an Ihnen, Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein: dass Sie, so wie dies typisch ist für die Doppelbödig­keit Ihrer Politik, ständig Reformen einfordern, aber in dem Moment, in dem Reformen erfolgen, diese sofort kritisieren.

In dem vorliegenden Budget sind einige Dinge enthalten, nehmen wir nur die Lehrpra­xen: Wir haben auch für nächstes Jahr wieder 1 Million € vorgesehen, um diese Lehr­praxen zu finanzieren. Natürlich wird es notwendig sein, in den folgenden Jahren mehr Mittel dafür aufzustellen. Wir haben im nächsten Jahr 4 Millionen € für das Kinderimpf­programm vorgesehen. Und wir haben im nächsten Jahr auch 10 Millionen € für die Um­setzung und Implementierung von ELGA budgetiert.

ELGA ist ein wesentlicher und massiver Schritt in unserem Gesundheitssystem. Erst­mals werden die Daten der Versicherten wieder bei den Versicherten sein. Das ist, wie Politik vielleicht auch funktionieren kann: nicht Ängste zu erzeugen, die unberechtigt sind, sondern wirklich auch einmal für Reformen einzutreten und einzustehen, auch gegen Ge­genwind und auch gegen Ängste, die Menschen haben.

Und weil hier die Primärversorgung angesprochen und gesagt wurde, dass nichts wei­tergehe: Auch für die Primärversorgung sind im Budgetpfad bis 2020 Mittel in Höhe von 10 Millionen € eingestellt.

Und ja, es ist eine Umstellung eines Systems, wir verlassen hier Dinge, die uns be­kannt sind, die uns vertraut sind, und das erzeugt natürlich bei den Patientinnen und Patienten Ängste. Aber diese sollten wir nicht schüren, sondern wir sollten die Patien­tinnen und Patienten dabei begleiten und Ihnen erklären, was der Vorteil an diesen neu­en Systemen ist – anstatt hier die vorhandenen Ängste auch noch zu schüren und da­für zu sorgen, dass Reformen schlechtgeredet werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.24


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dopp­ler. – Bitte.

 


16.24.56

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Mi­nister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, ich darf mich zuerst auch einmal herzlich dafür bedanken, dass Sie immer wieder unsere Anfragen so aus­führlich beantworten. Ein herzliches Dankeschön! Und zweitens freue ich mich, dass es Ihnen wieder gut geht. Ich glaube, das ist ein wesentlicher Aspekt und etwas ganz Notwendiges im Leben, dass es jemandem nach einer schweren Krankheit wieder ei­nigermaßen gut geht. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Gesundheit ist das höchste Gut, das es gibt. Die Ausgaben im Gesundheitsbereich steigen um 9 Prozent. Insgesamt wurden für die Gesundheit 1,043 Milliarden € veranschlagt, wie auch von der Frau Mi­nister bereits erwähnt wurde. Ein großer Teil dieser Summe ist für die Finanzierung der Krankenanstalten vorgesehen und notwendig. 2016 sind hiefür 645,6 Millionen € vorge­sehen, 2015 waren es noch 648,4 Millionen €.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 162

Um den Kostenanstieg im Gesundheitswesen zu dämpfen, wurde mit der Gesundheits­reform 2013 ein neues Steuerungssystem für das österreichische Gesundheitswesen eingeführt. Die Eckpunkte wurden in einer Artikel-15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern festgelegt.

Und eines, Frau Minister, ist uns wichtig und muss uns ein großes Anliegen sein. Ich weiß schon, dass das nicht ausschließlich in den Kompetenzbereich Ihres Ministeriums fällt, aber was den Punktewert der einzelnen Häuser pro Leistung betrifft – ich glaube, ich brauche Ihnen das nicht zu erzählen, Sie wissen das selbst bestens –, sind die Tat­sachen hier so, dass ein leistungsorientiertes Krankenhausfinanzierungssystem einge­führt wurde, in dem man pro Leistung eine gewisse Punkteanzahl bekommt, und der Punkt hat einen gewissen Wert. Und da ist es so, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass nicht nur in Österreich, sondern in den einzelnen Bundesländern dieser Punktewert nicht gleich bemessen ist. Und ich glaube, es muss unser Bestreben sein, dass dieser Punktewert angeglichen wird.

Zum Zweiten darf ich sehr positiv anmerken, Frau Minister, dass Sie einen Rahmen­vertrag mit den Pharmakonzernen vereinbart haben und einen Rabatt von 125 Millio­nen € erreicht haben. Ich glaube, das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. – Danke schön. (Beifall des Abg. Steinbichler.)

16.27


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dies­ner-Wais. – Bitte.

 


16.27.27

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Mi­nister! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Mein Kollege hat es schon angespro­chen, dass die Kosten, die wir im Voranschlag vorfinden, rund 1 Milliarde € betragen und dass der größte Teil an die Krankenanstalten geht. Das ist aber trotzdem wiede­rum nur ein kleiner Teil, denn den großen Teil haben sozusagen die Sozialversicherun­gen und die Länder zu tragen.

In Österreich hat die Medizin eine lange Tradition und wir können stolz darauf sein, dass unsere Ärzte und unser Gesundheitssystem zu den besten der Welt zählen – das sagt uns ja auch die OECD-Studie. Wir können uns auch glücklich schätzen, dass bei uns jeder, egal, über welches finanzielle Einkommen er verfügt und wie alt er ist, die beste medizinische Betreuung bekommt. Das zeigt sich auch darin, dass wir wesent­lich größere Therapieerfolge als in anderen Ländern haben, und darauf sind wir stolz. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Schittenhelm.)

Die OECD-Studie sagt uns aber auch, dass wir zu den Ländern mit den meisten Spi­talsbetten gehören.

Ich möchte aber, da ich ja aus dem ländlichen Raum komme, auch besonders darauf hinweisen, dass es wichtig ist, dass auch unsere Bevölkerung im ländlichen Raum so­wohl stationär als auch im Facharztbereich und im Hausarztbereich bestens versorgt ist. Dabei ist der praktische Hausarzt sozusagen die zentrale Stelle. Die ÖVP hat sich im Regierungsprogramm wirklich nachdrücklich für den Hausarzt als erste Anlaufstelle im Gesundheitssystem eingesetzt. Ziel muss es sein, dass wir in jeder Gemeinde min­destens einen praktischen Arzt haben, und das auch im ländlichen Raum.

Da geht es vor allem darum, dass wir die jungen Ärzte fördern und sie motivieren, dass sie auch in den ländlichen Raum gehen. Ein wichtiger Bereich in dem Zusammenhang ist eben die Ausbildung, wo wir ja schon einen Schritt in Richtung des Hausarztbe­reichs gesetzt haben, ebenso wie der Bürokratieabbau, aber auch die Schaffung der entsprechenden Infrastruktur, denn die jungen Ärzte und vor allem Ärztinnen haben na­türlich andere Bedürfnisse.


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Was mir noch sehr wichtig ist, ist ein funktionierendes System der Apotheken und Hausapotheken, dass wir dahin gelangen, auch in Zukunft den ländlichen Raum ideal aus­zustatten.

Zum Schluss möchte ich nur noch festhalten: Es ist notwendig, eine flächendeckende Gesundheitsversorgung für unsere Bürgerinnen und Bürger in Zukunft auch gewähr­leisten zu können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.29


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte.

 


16.30.19

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! In den letzten Wochen stand hier im Hohen Haus immer wieder unser Krankenversicherungssystem im Mittelpunkt von Debatten. Vor al­lem von den NEOS und vom Team Stronach wurde dieses System heftig kritisiert. Ich möchte bei dieser Debatte festhalten, dass unser System – und ich habe das in einer meiner Reden schon einmal erwähnt –, dass diese Krankenversicherung eigentlich un­schlagbar ist. Wir liegen nicht nur in Europa, sondern, so wie jemand gesagt hat, sogar weltweit ziemlich an der Spitze, und alle Studien sagen uns, wir liegen nicht nur an der Spitze, sondern wir sind spitze.

Unser Krankenversicherungssystem ist spitze! Und wenn wir nur in das Jahr 2004 zu­rückblicken, so gab es damals einen Artikel im „Standard“ – ich habe mir den heute an­gesehen –, in dem noch geschrieben worden ist, es gibt 160 000 Menschen in Öster­reich, die keinen Schutz im Bereich der Krankenversicherung haben. Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, das ist heute ebenfalls anders. Das ist anders, weil es diesbezüg­lich Initiativen gegeben hat, Initiativen unterstützt vom Kollegen Stöger als Gesund­heitsminister und jetzt von der Ministerin Sabine Oberhauser. Es ist heute so, dass all jene Menschen, die in Österreich ihren ordentlichen Wohnsitz haben, krankenversi­chert sind. Und, wie gesagt, das ist einzigartig, und darauf sollten wir stolz sein. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Alle Versicherten, ohne Risikoauslese, haben vom ersten Tag an den gleichen An­spruch auf alle medizinisch notwendigen Leistungen, und dies – das ist wichtig dabei – unabhängig vom Preis und unabhängig vom Einkommen. Das ist jedenfalls einzigartig, und das ist ein Wert, der uns Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen ganz, ganz wichtig ist.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wer sich noch erinnern kann: Vor Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gab es den sogenannten Sozialhilfekranken­schein. Der Sozialhilfekrankenschein hatte eine andere Farbe als normale Kranken­scheine. Das Problem dabei war: Wenn ein Sozialhilfeempfänger im Warteraum bei ei­nem Arzt gesessen ist, hat nicht nur die Kollegin, die beim Arzt gearbeitet hat – der Arzt soundso –, sondern haben auch all jene, die dort gewartet haben, bis hin zum Ret­tungspersonal, das den Krankentransport erledigt hat, alle anderen Patientinnen und Patienten mitbekommen: Das ist einer, der Sozialhilfe empfängt, einer, der keine finan­ziellen Mittel zur Verfügung hat.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Uns Sozialdemokraten ist es daher wichtig, dass wir diese Krankenscheine nicht mehr haben, dass wir heute in diesem Lande, das eben­falls einzigartig ist, eine e-card haben. Diese e-card ist für alle gleich. Und wenn im Budget diese e-card wieder mit einer Summe von 44,5 Millionen budgetiert ist, so ist das eine ganz tolle, eine super Leistung. Liebe Frau Ministerin, das ist eine tolle Sache! Ein herzliches Dankeschön im Namen aller Versicherten für diese e-card und dafür, dass diese auch in Zukunft existiert. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Diesner-Wais.)

16.33



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 164

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hö­finger. – Bitte.

 


16.33.38

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Große Übereinstimmung quer durch alle Fraktionen, was die Qualität des österreichischen Gesundheitswesens betrifft! Vielen Dank dafür, dass wir hier auch zeigen, über weite Strecken gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Ich denke, das ist ganz wichtig für die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems, aber es ist auch wichtig für die Sicherheit der Menschen in diesem Land, zu wissen, sie wer­den gut betreut, gut begleitet und wir machen uns auch Gedanken und Sorgen um die Zukunft, wie wir dieses gesamte Gesundheitssystem weiterentwickeln können. Und was das Budget betrifft, das ja heute schon öfter angesprochen wurde, so denke ich auch, dass wir diesem ruhigen Gewissens unsere Zustimmung geben können. Ich lade auch die Oppositionsparteien ein, da mit dabei zu sein.

Lassen Sie mich aber einen Themenbereich herausgreifen, der mir persönlich auch sehr wichtig ist und den ich hin und wieder anspreche, nämlich die Arbeit in unserer Kinder- und Jugendpsychiatrie. Hier haben wir noch ein enormes Entwicklungspotenzial. Es ist dies ein ganz heikler, wichtiger Bereich. Wir wissen von vorsichtigen Schätzungen, dass es über 250 000 Kinder und Jugendliche sind, die in Österreich beratungs- oder be­handlungsbedürftig sind. Und es ist so, dass diese Fälle meistens gut behandelbar sind – oder aber, und das wissen wir aus der Praxis, erst nach vielen Jahren wirklich einer psy­chiatrischen Betreuung und dann einer Behandlung zugeführt werden können. Ich den­ke, hier ließe sich durchaus eine Verbesserung herbeiführen und umsetzen. Es ist nicht notwendig, dass manche Krankheit, die ans Tageslicht kommt, dann auch aus Unkennt­nis, aus mangelnder Fachkenntnis teils bagatellisiert oder übersehen wird.

Ich denke, hier sollten wir wesentliche weitere Schritte setzen. Aus der Statistik wissen wir, es fehlen uns hier viele stationäre Plätze, über ganz Österreich verteilt. Es könnte auch die doppelte Anzahl an Plätzen, an Betten sein, die wir anbieten könnten.

Des Weiteren wissen wir auch, dass es in drei Bundesländern keine Möglichkeiten gibt, sich behandeln zu lassen, was die Kassenstellen betrifft – auch da, denke ich, wäre es höchste Zeit, diese Lücken zu schließen –, und dass es leider keine einzige kinderpsy­chiatrische Station gibt für Kinder unter zehn Jahren, wo es eine Mutter-Kind-Einheit gibt.

Und was die Fachärzte in diesem Bereich und deren Ausbildung betrifft, sollten wir nachziehen. Frau Bundesminister, ich weiß, dass Sie ganz intensiv auch daran arbei­ten, und dabei können wir Sie nur unterstützen. Es sind nämlich die Fachärzte auch in ihrer Zahl unterbesetzt. Hier sollte es also eine Fachärzteaufwertung geben, und auch die Verdoppelung der momentan ungefähr 160 Fachärzte wäre dringend notwendig.

In diesem Sinne bitte ich alle hier im Haus vertretenen Parteien um eine intensive Ar­beit, damit wir dieses Problem in Zukunft besser bewältigen können, und darf Sie auch um Ihre Zustimmung zu diesem Budget bitten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten der SPÖ.)

16.36


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Knes. – Bitte.

 


16.36.51

Abgeordneter Wolfgang Knes (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minis­ter! Hohes Haus! (Ruf bei der SPÖ: Den Herrn Pilz hast du vergessen! – Abg. Pilz steht an der Regierungsbank und spricht mit Bundesminister Brandstetter.) – Den Herrn


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Pilz habe ich vergessen, Entschuldigung. (Ruf bei der SPÖ: Herr Pilz, sehr unhöflich! – Abg. Pilz begibt sich zu seinem Sitzplatz.)

Das Gesundheitsbudget 2016 wurde ja, wie schon mehrmals erwähnt, um 86 Millio­nen € aufgestockt, sprich um sage und schreibe 9 Prozent. Aber es wurde auch intern im Ressort, nämlich jenem der Frau Ministerin, effizient gespart und es wurden Kür­zungen im Ausmaß von insgesamt rund 5 Millionen € vorgenommen zugunsten von Maß­nahmen, die für die Zukunft sicher von großem Wert für uns alle sind.

Dass das natürlich auch anders geht, als, wie von unserem Kollegen Loacker von den NEOS immer gefordert, alle Krankenversicherungen zu privatisieren, möchte ich an­hand eines Beispiels zeigen.

Wir haben in einem Papierkonzern, nämlich Mondi, hier in Österreich insgesamt 2 500 Be­schäftigte und neun Standorte, und wir haben gemeinsam mit dem Gesundheitsminis­terium, aber auch mit dem FGÖ, nämlich dem Fonds Gesundes Österreich, ein Pilot­projekt für 2016 eingeleitet. Wir haben da als Konzern, aber auch für unsere Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter ein klares Ziel. Wir haben das auf drei Säulen gestellt. Die ei­ne Säule ist die Evaluierung: Was haben wir in der betrieblichen Gesundheitsförderung schon alles errungen, und welche Maßnahmen wurden bereits eingeleitet?

Der zweite Teil ist ein ganz wesentlicher: Es werden auch intern in der Firma bestimm­te Personen – Lehrlinge, aber auch Angestellte – für präventive Maßnahmen ausgebil­det, und zwar mit einem Universitätsabschluss, und diese sollen dieses Gesundheits­konzept nachhaltig weiterverfolgen.

Und die dritte Säule ist dann, die Maßnahmen abzuleiten, die konkrete Art und Weise, wie wir in Zukunft mit dieser Präventivmaßnahme betriebliche Gesundheitsförderung in unseren Unternehmen umgehen.

Was will ich damit sagen? – Auch wir stehen natürlich dahinter, aber wir wollen vor al­lem auch unsere Industriezonen, aber auch alle Arbeitgeber aufrufen, sich wirklich für die betriebliche Gesundheitsförderung einzusetzen, denn es lohnt sich doppelt. Das ist nämlich insofern ein super Instrument, als sich gesunde Leute auch weniger verlet­zen – das ist auch statistisch bewiesen. Gesunde Leute leben auch länger – das ist auch ein Novum aus diesem Konzept heraus. Was aber noch dazukommt – und das ist die Win-win-Situation für alle Unternehmen in Österreich –: Sie sind motivierter und leistungs­fähiger.

Ich glaube, das ist unser Ziel, für das wir auch gemeinsam eintreten sollen. In diesem Zusammenhang ein herzliches Danke an unsere Ministerin, die immer ein offenes Ohr hat und uns auch bei dieser Präventivmaßnahme unterstützt, aber, noch einmal, ohne viel Geld einzusetzen, nämlich bei der Präventivmaßnahme betriebliche Gesundheits­förderung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.39


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


16.40.03

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut mich natürlich ganz besonders, dass dieses Budget und im Besonderen dieses Gesundheitsbudget sozial ausgewogen ist.

In Zeiten angespannter Haushalte ist es nicht selbstverständlich, dass bestimmte Ge­sundheitsleistungen weiter ausgebaut werden und punktgenau bei jenen landen, die sie brauchen.


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Es ist heute schon einmal angesprochen worden, aber ich möchte noch einmal die Gratis-Zahnspange für Kinder und Jugendliche und die 80 Millionen €, die dafür bereit­gestellt werden, erwähnen, denn das wurde auch medial besonders gewürdigt.

Aus meiner Zeit als Lehrerin weiß ich, dass Stigmatisierungen aufgrund von Äußerlich­keiten bei Jugendlichen oft sehr große Kränkungen auslösen. Die Kosten von 6 000 € bis 8 000 € sind nicht kosmetisch, sondern das ist eine soziale Frage. Mit der Einfüh­rung der Gratis-Zahnspange wird sowohl die soziale Stigmatisierung verhindert als auch nachhaltig in die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen investiert. Das ist eine neue Leistung, die zirka 20 000 bis 30 000 Jugendlichen zugutekommt. Ab dem Jahr 2016 wer­den pro Jahr 80 Millionen € dafür ausgegeben werden.

Über die Notwendigkeit entscheidet der Zahnarzt, wobei großer und sehr großer medi­zinischer Behandlungsbedarf abgedeckt ist. Es hätte mich auch sehr gefreut, wenn die Stufen 3 und 2 – grenzwertiger Behandlungsbedarf und geringerer Behandlungsbe­darf – auch abgedeckt werden könnten, aber in Anbetracht der Möglichkeiten ist auch die jetzige Lösung verhältnismäßig und eine große Verbesserung.

In diesem Sinne freut es mich aus sozial- und gesundheitspolitischen Gründen sehr, dass die Regelung betreffend die Gratis-Zahnspange gelungen ist. – Vielen Dank. (Bei­fall bei der SPÖ.)

16.42


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Yilmaz. – Bitte.

 


16.42.14

Abgeordnete Nurten Yilmaz (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auch etwas Positives aus dem Gesundheitsressort hervorheben, nämlich dass sich die Koalitionsparteien für die laufende Gesetzgebungsperiode die Erarbeitung einer nationalen Suchtpräventionsstra­tegie und Suchtstrategie unter Einbeziehung der Alkoholkrankheit und substanzun­gebun­denen Süchte vorgenommen haben.

Auf Basis der Ergebnisse einer groß angelegten Delphi-Studie mit Schwerpunkt auf Kinder und Jugendliche wurde dann von der Frau Ministerin ein ExpertInnenrat einge­setzt, um deren Umsetzung zu erarbeiten.

Während der Budgetberatungen war erfreulicherweise von der Frau Ministerin zu er­fahren, dass die Arbeiten abgeschlossen sind und dass sie gedenkt, diese noch heuer dem Ministerrat vorzulegen.

Die Suchtpräventionsstrategie, sehr geehrte Damen und Herren, ist ein Rahmenkon­zept, das die in den meisten Bundesländern bestehenden Suchtkonzepte integriert und die Perspektive für eine österreichweite, kohärente Vorgehensweise vorgibt.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte auch Folgendes nicht unerwähnt lassen: Herr Abgeordneter Mölzer, das, was Sie sich in Ihrer Zeitung geleistet haben, ist kein Kavaliersdelikt! Sie haben Tausende Kinder und Eltern beleidigt. Haben Sie den Mut, sich herzustellen und sich zu entschuldigen, und verschanzen Sie sich nicht hinter Ih­rer Immunität! Erbärmlich war das! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grü­nen. Zwischenruf des Abg. Mölzer. Abg. Jarolim: Das war schon gut, dass das ge­sagt worden ist!)

16.44


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort hat sich nun die Frau Bundesministerin gemeldet. – Bitte.

 



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16.44.14

Bundesministerin für Gesundheit Dr. Sabine Oberhauser, MAS: Frau Präsidentin! Ich werde versuchen, noch auf ein paar Fragen, die im Zuge der Debatte aufgetaucht sind, Antwort zu geben.

Kollege Pirklhuber und, ich glaube, auch Kollegin Mückstein haben Fragen betreffend die Erhöhung des Personalbudgets gestellt. Dazu gibt es zwei Zahlen: 1,6 Millionen € im Finanzierungshaushalt und 3,4 Millionen € im Ergebnishaushalt. Ich glaube, Sie be­ziehen sich auf den Ergebnishaushalt. Darin sind Abfertigungen, Urlaubsrückstellungen und all diese Dinge enthalten, und Sie wissen, dass wir aufgrund eines EuGH-Urteils natürlich auch unterschiedliche Rückstellungskosten haben, was die Abfertigungen für Beamtinnen und Beamte oder für Vertragsbedienstete betrifft; daher der Anstieg. Für die Gehaltserhöhung von 1,3 Prozent, die 2016 eingepreist ist, müssen wir sowohl der Gewerkschaft als auch Sonja Steßl, die mitverhandelt hat, dafür danken, dass für die MitarbeiterInnen der Ressorts in Zeiten wie diesen doch eine Gehaltserhöhung heraus­gekommen ist.

Es ist auch die Besetzung freier Planstellen erfolgt – wir hatten freie Planstellen –, und das wird im nächsten Budget jetzt auch finanziell wirksam. Wir haben 2016 vier zusätz­liche Planstellen. Sie wissen, wie eng der Plan ist, der uns vom Finanzminister vorge­geben wurde. Wir brauchen aber dringend Posten, was Ökonomie und Planung betrifft, und haben da nachbesetzt. Das sind die Kosten, die wirksam werden.

Gefragt wurde auch nach dem Anstieg der Finanzierung durch Drittmittel: Das sind ELGA-Kosten. Da sind im Prinzip 10 Millionen € für den ELGA-Start mithineingerech­net. Wir haben die ELGA GmbH, den Gesundheitsdiensteanbieterindex, die Widerspruch­stelle, das Zugangsportal, das Berechtigungssystem, die Ombudsstelle – alles Dinge, die wir finanzieren, wo das Geld drinnen ist. Da sind die Drittmittel gestiegen – ich schaue mir das Budget auch immer dahin gehend an, was sich zum Vorjahr verändert hat, und das ist das, was auch mir aufgefallen ist –, aber da sind ganz klar ELGA-Kosten mit drinnen.

Jetzt noch ganz kurz zum Kollegen Höfinger, der wieder die Kinder- und Jugendpsy­chiatrie angesprochen hat. Sie haben es gesagt: Wir haben versucht, im Rahmen der Ausbildung die Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie überhaupt die Psychiatrie zum Mangelfach zu erklären, um zu schauen, dass wir an genügend Fachärztinnen und Fach­ärzte kommen.

Es stimmt, die Betten sind in den verschiedenen Bundesländern erst im Aufbau. Sie haben gesagt, die Frage von Kassenvertragsstellen muss geregelt werden. Es ist aber so, dass wir kaum Ärzte für die Spitäler finden, geschweige denn Ärzte/Ärztinnen, die mit einem Kassenvertrag nach außen gehen. Das wird sich erst bessern, wenn wir es schaffen, in der Ausbildungssituation nachzuziehen. Nichtsdestotrotz ist das natürlich weiterhin ein Plan.

Zu Herrn Abgeordnetem Doppler, der hinsichtlich der Frage des Rahmen-Pharmaver­trags Lob geäußert hat: Dieses Lob gebührt nicht mir. Wir haben im Prinzip einzig und allein einen Gesetzentwurf vereinbart, sollten sich die beiden Vertragspartner – die So­zialversicherung und die Pharmaindustrie – nicht einigen. Das heißt, das Lob gebührt im Prinzip den beiden Verhandlungspartnern – der Pharmaindustrie und auch dem Hauptverband –, die diese Verhandlungen sehr effizient geführt haben.

Jetzt hoffe ich, dass alle 120 Pharmaunternehmen diesen Vertrag noch rechtzeitig un­terschreiben, dann kann das Gesetz, das wir weiterhin in der Schublade haben, auch in dieser verbleiben.

Kollege Angerer hat die Schließung des Krankenhauses Spittal und die Frage der Zen­trierung der Leistungen angesprochen. Da sieht man, wie der Standort den unterschied-


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lichen Standpunkt bestimmt. Ich weiß nicht, ob es Frau Abgeordnete Belakowitsch war, aber irgendjemand hat gesagt, wir Österreicher seien Weltmeister im Spitalliegen, wir hät­ten zu viele Spitalsbetten. Ich weiß nicht, von irgendwo kam diese Aussage. – Ja, das stimmt. Was wir versuchen, ist, die Betten qualitativ zu strukturieren. Das heißt, dass man sie zentriert, dafür gute Anreisewege mit der Rettung, eventuell auch mittels Hubschrau­bertransport, in Kauf nimmt, aber dort die Leistungen qualitätsgesichert, das heißt, auch in ausreichender Anzahl, zur Verfügung stellt.

Zur Frage, was mit dem Krankenhaus Spittal/Drau passiert: Es kann durchaus sein, dass dort, sage ich jetzt einmal, Ambulanzen erhalten bleiben, die eine Erstversorgung ermög­lichen, aber die qualitative Versorgung erfolgt dann vor Ort.

Das heißt, die Wirkungsziele, die Sie angesprochen haben, nämlich zu schauen, wie wir hinsichtlich der Zahl der Spitalsbetten herunterkommen, wie wir die Betten quali­tätsgesichert legen, das ist das, was Sie jetzt betrifft, wenn Sie sagen, das Kranken­haus in Spittal/Drau falle dieser Qualitätssicherung möglicherweise zum Opfer. (Abg. Angerer: Es wird pauschal gekürzt!)

Noch abschließend zu den Ausführungen des Kollegen Franz, der sehr darauf gedrun­gen hat, das Ansehen der Ärztinnen und Ärzte nicht zu schmälern und hochzuhalten: Lieber Kollege Franz, wenn du die Umfragewerte von uns Politikerinnen und Politikern anschaust und mit jenen der ÄrztInnen vergleichst, dann kann ich dir sagen: Es wäre uns, selbst wenn wir es gewollt hätten – was natürlich nicht der Fall ist –, nicht gelun­gen, das Ansehen von Ärztinnen und Ärzten oder sämtlicher Gesundheitsberufe zu schmälern; sie liegen weiterhin absolut on top, während wir Politikerinnen und Politiker uns ganz am unteren Ende der Skala befinden. Vielleicht sollten wir darüber einmal nachdenken. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Pirklhuber Beifall spendend : Zu Letzte­rem kann ich applaudieren!)

16.48


Präsidentin Doris Bures: Mir liegen zum Themenbereich Gesundheit keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Damit erkläre ich die diesbezüglichen Beratungen für beendet. – Danke, Frau Bundes­ministerin.

16.49.05UG 13: Justiz

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zur Verhandlung der Untergliederung 13: Justiz.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


16.49.22

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich mit meinen Ausfüh­rungen zum Justizbudget beginne, nehme ich noch kurz zum Antrag des Kollegen Wal­ser zur Streichung der Presseförderung für die Zeitschrift „Zur Zeit“ Stellung, weil das für mich geradezu ein Lehrstück grüner Gesinnung ist. (Zwischenruf des Abg. Walser.)

Unter dem Deckmantel „Anti-Rassismus“ wird die Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit, also der Grundrechte, betrieben. (Abg. Walser: Rassistische Hetze ge­hört nicht zu den Grundrechten! Zwischenruf des Abg. Steinhauser.) Es gibt nämlich ganz klare gesetzliche Regelungen im Presseförderungsgesetz und im Publizistikförde­rungsgesetz, wann derartige Förderungen abzuerkennen sind. (Abg. Walser: Entschul­digen Sie sich für das Foto und für diesen Text!)

Das reicht aber den Grünen nicht. Für die Grünen muss es um „offenkundigen“ Rassis­mus gehen, und jeder, der sich ein bisschen mit Recht und Justiz beschäftigt, weiß,


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dass „offenkundig“ ein willkürlicher Begriff ist. Und wir wissen wiederum auch alle, dass Willkür das Gegenteil von Rechtsstaatlichkeit ist. Das wollen Sie aber offensichtlich, Herr Kollege Walser. Wir wollen das aber nicht, wir lehnen das ab. (Beifall bei der FPÖ.  Abg. Walser: Das Foto …! Abg. Brosz: Lehnen Sie das von Mölzer auch ab, was er da fabriziert hat? Zwischenruf der Abg. Schwentner.)

Jetzt aber zum Justizbudget. Die Justiz ist in Österreich durch Gerichtsgebühren über­finanziert. Es ist eine Besonderheit, dass die Tätigkeit der Justiz durch sehr hohe Ge­richtsgebühren mit 110 Prozent überfinanziert ist, sofern man die Justizwacheanstalten weglässt. Ich begrüße es auch, dass das Justizministerium daran arbeitet, die Gerichts­gebühren zu durchforsten und zu beobachten, wo Gerichtsgebühren den Zugang zum Recht erschweren. Diese Tendenz, auch die vorliegende Novelle, begrüßen wir grund­sätzlich und sind der Meinung, dass man es auch noch weiter angehen sollte, die Ge­richtsgebühren zu durchforsten.

Man muss zum Beispiel bedenken, dass derzeit durch die Grundbucheintragungs­gebühr 700 Millionen € eingenommen werden – 80 Prozent des Justizbudgets! Wir wis­sen auch, dass Gebühren an sich immer eine Gegenleistung für eine Leistung des Staates sein sollen, dies aber hier offensichtlich in keinem Verhältnis steht, bei allem Respekt davor, dass das Grundbuch bei uns ganz ausgezeichnet funktioniert – wahr­scheinlich weltweit einzigartig gut funktioniert. Dennoch steht das in keinem Verhältnis.

Ich weiß schon, jetzt wird das Gegenargument kommen: Wir brauchen ja Geld, das Budget ist sowieso schon überlastet!, aber das kann meines Erachtens trotzdem nicht der richtige Ansatz sein, eine versteckte Steuer einzuführen und von Menschen abzu­kassieren, anstatt Steuerehrlichkeit einzuführen und zu sagen: Gut, das ist in Wirklich­keit eine Steuer! – Eine Gebühr ist eine Gegenleistung für eine Leistung und darf eben keine versteckte Steuer sein, was hier aber der Fall ist. Diese Diskussion sollten wir füh­ren. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn wir über Justiz sprechen, sind ein Punkt, der mich immer wieder sehr stört, die undichten Stellen in der Justiz. Wir wissen ja nicht genau, wo diese wirklich herkom­men, wenn Akten oder Aktenbestandteile in der Öffentlichkeit auftauchen – nicht nur in Medien, sondern auch sonst kommt es immer wieder dazu, dass sich zum Beispiel Ka­barettisten darüber lustig machen können oder sonst etwas. Das finde ich einen ganz furchtbaren Zustand, der die Glaubwürdigkeit der Justiz sehr angreift und der schlicht und einfach nicht sein dürfte und auch nicht sein müsste.

Ich weiß, dass es auch da Bemühungen gibt, ich kann mir nur schlicht und einfach nicht vorstellen, dass man dem nicht Herr wird und nicht ein System findet, das das ver­hindert. Das wäre ganz wichtig, um die Glaubwürdigkeit der Justiz zu verbessern.

In Summe: Der Rechtsstaat hat immer noch einen sehr hohen Standard. Wir müssen darauf achten, dass dieser Standard erhalten bleibt, teilweise vielleicht auch verbessert wird. Wir müssen dort, wo es eine Überregulierung gibt, einschreiten. Wir haben zum Beispiel in der ganzen Familiengerichtsbarkeit derzeit eine Überforderung, weil so viel an Aktivitäten hineingepackt wird. Eine Entstaatlichung würde uns da guttun, um das auf ein gewisses Maß zu reduzieren und es auch den Richtern möglich zu machen, ih­re Tätigkeit in Wirklichkeit wieder ordnungsgemäß auszuüben – ordnungsgemäß üben sie sie natürlich aus, aber so auszuüben, dass sie nicht an der Grenze der Überforde­rung sind.

Der Zugang zum Recht muss also leicht bleiben, und Gerichtsgebühren sind zu über­arbeiten, weil das wichtig für die Qualität des Rechtsstaats und damit auch für die Le­bensqualität der Österreicher ist. (Beifall bei der FPÖ.)

16.54



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 170

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Steinacker zu Wort. – Bitte.

 


16.54.17

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! „Ich setze mir immer neue Ziele und beschäftige mich nicht allzu sehr mit der Vergangenheit.“ – Das ist ein Zitat von Pierluigi Collina – Sie alle kennen ihn –, einem der weltbesten Schieds­richter.

Nicht so sehr nach hinten zu blicken und die Zukunft zu gestalten, das ist auch das Ziel dieses Budgets.

Mit der Vorlage dieses Justizbudgets haben wir fünf ganz konkrete Ziele.

Erstens: Wir wollen Rechtssicherheit und Rechtsfrieden sichern.

Zweitens: Der Zugang zu Leistungen der Gerichtsbarkeit ist sicherzustellen.

Drittens: Wir wollen eine faire und unabhängige Führung der Gerichte und Entschei­dungen von Verfahren in angemessener Dauer.

Viertens: Die geordnete Rechtsverfolgung und Rechtsdurchsetzung durch die Justiz­verwaltung ist sicherzustellen.

Fünftens: Entscheidungen des Vollzugs sind effektiv durchzusetzen. Gleichzeitig sind die Rückfallprävention und die Reintegration zu stärken.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich gleich vertiefend etwas zu dem fünften Ziel sagen: Ich denke, es ist ganz wichtig, dass die Finanzierung des Vereins NEUSTART in diesem Budget sichergestellt ist, der ja den Straffälligen bei der Reintegration und Re­sozialisierung sehr hilft.

Erhöht werden auch die Transferzahlungen für die Vereine von Sachwaltern und die Patientenanwaltschaft – auch eine ganz wichtige Maßnahme.

Vertiefend möchte ich noch zum Straf- und Maßnahmenvollzug kommen: Da werden mit diesem Budget die Weichen gestellt. Das Forensische Zentrum in Asten wurde ja schon erweitert und das sozialtherapeutische Konzept umgesetzt. Ich denke, es dient als Vorzeigemodell für den Maßnahmenvollzug. Sie wissen ja: Maßnahmenvollzug ist die Unterbringung von gefährlichen Verbrechern und Tätern, die aufgrund von man­gelnder Schuldfähigkeit nicht verurteilt werden können. Da ist man natürlich auch im­mer an der Grenze zur Gesundheitspolitik und zur Medizin.

In der Justizanstalt Linz sind nach diesem Vorzeigemodell zukünftig ebenfalls Maßnah­menunterbringungen für gesetzes- und menschenrechtskonforme Anhaltungen vorge­sehen. Wir brauchen insgesamt 600 bis 650 Plätze in diesem Bereich. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Schritt, den der Herr Bundesminister mit seiner Neuordnung in diesem Bereich geschaffen hat, um diesem Ziel, einer menschenwürdigen Unter­bringung auch dieser Straftäter, näherzukommen. Insgesamt wird aufgrund der Über­belegung der Justizanstalten eine Erweiterung notwendig sein; auch dafür ist gesetz­lich vorgesorgt.

Insbesondere in Richtung der jugendlichen Straftäter freut es mich auch, dass der Herr Bundesminister vorsieht, in Gerasdorf eine Jugendhaftanstalt zu schaffen, mit Verbes­serungsmaßnahmen insbesondere für den Ausbildungsbereich und verbesserten Ar­beitsmöglichkeiten für die Jugendlichen.

All diese Maßnahmen unterstützen dieses Ziel nachhaltig. Sehr geehrte Damen und Her­ren, ich denke, insgesamt – wir haben ja das Budget im Ausschuss ausreichend disku­tieren können – ist der Herr Bundesminister mit den Vorgaben des Finanzministers gut


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umgegangen, denn alle wichtigen Vorhaben und Budgetziele, die ich vorhin genannt ha­be, können nachhaltig und gut erreicht werden.

Es werden keine Planstellen bei RichterInnen und StaatsanwältInnen gekürzt. Es wird dadurch sichergestellt, dass es zu keinen personellen Engpässen und somit auch nicht zu verlängerten Verfahren kommt.

Insgesamt liegt ja der Deckungsgrad im Justizbereich – Kollege Stefan hat es vorhin gerade angesprochen – durch die Gerichtsgebühren bei 78,1 Prozent. Ich denke, auch in diesem Bereich ist die Justiz Vorreiterin. Natürlich sind die Gerichtsgebühren ein Thema, aber ich denke, durch den heutigen Ministerratsbeschluss zum Thema Novelle des Gerichtsgebührengesetzes mit Erleichterungen und vor allem Fairness in den Be­reichen Exekution und Insolvenzverfahren, bei Firmenbuchabfragen, bei Unterhalts- und Pflegschaftssachen wird durch die Senkung der Gebühren dem Bürger der Zugang zum Recht in der Zukunft sehr wohl um einiges erleichtert.

Die Ziele sind gesetzt, die Weichen sind gestellt – Herr Minister, es geht weiter ans Um­setzen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.58


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser zu Wort. – Bitte.

 


16.59.03

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrter Herr Justizminister! Wir haben es ja schon im Ausschuss diskutiert: Es stellt sich die Frage, wie sinnvoll diese Budgetdebatte überhaupt ist. Sie haben es ja auch zugegeben: Die Zahlen, die Sie im Budget vorlegen, haben nichts mit jenen Zahlen zu tun, die die Einzahlungen und die Auszahlungen dieses Jahres dann tatsächlich ausmachen. (Präsident Kopf über­nimmt den Vorsitz.)

Es ist auffällig, dass wir in den letzten Jahren bei den Ein- und Auszahlungen im Justiz­budget enorme Abweichungen haben, nämlich zwischen 10 und 20 Prozent. Nirgends sind diese Abweichungen so groß wie beim Justizbudget. Das heißt, da entsteht der Eindruck, dass die Auszahlungen und die Einzahlungen bewusst unter den tatsächli­chen Werten angesetzt werden. Ich habe Sie auch im Budgetausschuss darauf ange­sprochen, und Sie haben gesagt: Das stimmt, aber das gibt mir der Finanzminister vor.

Ja, es ist nicht ganz unrichtig, dass das im Bundesfinanzrahmengesetz beschlossen ist, aber das Bundesfinanzrahmengesetz dürfte eigentlich nicht dazu führen, dass der Grundsatz der Budgetwahrheit verletzt wird, denn das Bundesfinanzrahmengesetz hätte eigentlich heute geändert werden müssen, weil wir, wie Sie längst wissen, im Jahr 2016 andere Einnahmen und andere Ausgaben haben werden. Und wir haben ja eigentlich beim Tagesordnungspunkt 5 zumindest teilweise dieses Bundesfinanzrahmengesetz geändert.

Diese Vorgangsweise führt dazu, dass wir jetzt ein Budget diskutieren, das wenig mit den tatsächlichen Ausgaben und wenig mit den tatsächlichen Einnahmen zu tun hat. Und Leidtragende sind Dritte, die vom Justizministerium Finanzierungszusagen erhal­ten, aber diese Finanzierungszusagen nur bedingt erhalten, weil ja die tatsächlichen Einnahmen und die tatsächlichen Ausgaben noch nicht kalkuliert werden. Einer dieser Vereine, der diese bedingte Zusage erhält, ist NEUSTART. Der Verein NEUSTART hat einen gesetzlichen Auftrag zur Bewährungshilfe, bekommt eine bedingte Finanzierungs­zusage, dort weiß man also gar nicht, ob man mit diesem Geld dann tatsächlich die ge­setzlichen Aufgaben erfüllen kann, weil diese Budgetpraxis in Ihrem Ministerium vor­herrscht. Jetzt hat es Protest gegeben, und Sie haben gesagt, im schlimmsten Fall lö­sen wir Rücklagen auf. Aber mit Budgetwahrheit hat das alles nichts mehr zu tun.


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Was wir aber heute beschlossen haben – und das hier anzuführen, kann ich Ihnen nicht ersparen –, ist der Griff des Finanzministers ins Justizbudget. Es werden 40 Mil­lionen € aus dem Justizbudget abgezogen und ins normale Budget übergeführt oder, besser gesagt, Rücklagen aufgelöst, und das ist deswegen fragwürdig, weil diese Rück­lagen dadurch gebildet werden, dass Rechtsschutzsuchende Gebühren zahlen und die­se Gebühren dann über Einnahmen zu Rücklagen werden.

Wir haben in Österreich eine Situation, wo der Gebührenzahler, wo der Rechtsschutz­suchende mehr an Gebühren zahlt, als die Gerichte tatsächlich kosten. Sie erwirtschaf­teten mit überhöhten Gebühren einen Überschuss von 189 Millionen € im Jahr 2014. Und eine Gebühr steht einer tatsächlichen Leistung gegenüber. Diese Praxis, dass der Finanzminister über den Umweg Ihres Ministeriums mittels Gerichtsgebühren den Rechts­schutzsuchenden in die Tasche greift, um sich dann das Budget zu sanieren, ist eine Ungeheuerlichkeit, ja eigentlich eine doppelte Ungeheuerlichkeit, und zwar deswegen, weil gleichzeitig die Justiz zu wenig Geld hat, um ihren Aufgaben nachzukommen.

Ich will Ihnen in diesem Zusammenhang ein Stichwort liefern: Strafvollzug. Konkret: Es war das Anti-Folter-Komitee in der Justizanstalt Stein und stellte fest, dass dort für 800 Insassen neun Stunden an psychiatrischer Betreuung da sind. Das ist an und für sich ein unhaltbarer Zustand. Der Leiter der Justizanstalt hat Ihnen vor zwei Tagen via „Presse“ wortwörtlich gesagt, er kenne diese Probleme, für Verbesserungsmaßnahmen fehle derzeit allerdings das Geld.

Zusammenfassend: Auf der einen Seite werden die Gebührenzahler über das Justiz­budget zur Kasse gebeten und müssen mehr zahlen, als die Gerichte tatsächlich kos­ten. Auf der anderen Seite kommt der Finanzminister, holt sich die Rücklagen des Jus­tizbudgets, um sein Budget zu sanieren. Und am Ende fehlt dann der Justiz, nämlich dem Strafvollzug, das Geld, um Missstände in Strafvollzugsanstalten beheben zu kön­nen.

Zu den Missständen – die Situation ist ja klar, wir haben sie schon so oft öffentlich dis­kutiert –: Aufgrund mangelnder Ressourcen haben wir lange Einschlusszeiten, weniger Beschäftigung, und das führt zu einem höheren Aggressionspotenzial. Das wiederum erschwert die Resozialisierung. – All das steht einem qualitativ hochwertigen Strafvoll­zug entgegen!

Jetzt kann man sagen: Was interessiert die Österreicherinnen und Österreicher der Strafvollzug? – Das ist mit einem Satz leicht zusammenzufassen: Jeder Österreicher/ jede Österreicherin, unabhängig davon, dass man aus einer Situation heraus sagt, auch in einem Gefängnis soll ein Mindestmaß an Qualitätsstandard vorhanden sein, hat ein Interesse daran, dass diejenigen, die aus der Strafhaft entlassen worden sind, auch jene Instrumente zur Resozialisierung bekommen, die dann dazu führen, dass die Rückfallwahrscheinlichkeit geringer ist.

Apropos Haftentlassung und Rückfallwahrscheinlichkeit: Herr Justizminister, nach „Char­lie Hebdo“ und nach den Anschlägen von Paris wird immer wieder über Eingriffe in Grund­rechte laut nachgedacht. Es wird darüber nachgedacht, die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen. Man will präventiv Hausarrest verhängen. Und, und, und.

Dort aber, wo die Hotspots in Österreich sind, nämlich in den Gefängnissen, wo die Rück­kehrer aus Syrien sitzen, Leute, die in den Dschihad gezogen sind und bereits zurück­gekommen sind, gibt es keinen einzigen Cent mehr für Projekte. Dort, wo die größte Gefahr ist, dass Kleinkriminelle rekrutiert werden, dort, wo sich Personen, die bereits im Dschihad waren, reorganisieren können, schaut man weg.

Aber dort, wo es laut ist, und dort, wo man möglicherweise den schnellen Applaus be­kommt, können sich Innenminister und Justizminister mit Forderungen gar nicht genug im Weg stehen. Aber dort, wo man dringend etwas tun müsste, wo man in die Deradi-


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kalisierung einsteigen müsste, wo man Präventionsmaßnahmen setzen müsste, gibt es keinen einzigen Cent mehr.

Herr Bundesminister, ich habe Sie gefragt, ob das Justizbudget im Bereich des Straf­vollzugs aufgestockt wird. Ihre Antwort lautete: Nein! Ich habe schon vor Monaten ge­fragt, ob es mehr Geld für Deradikalisierungsprojekte in Haft gibt. Die Antwort war: Nein! Das muss aus dem bestehenden Justizbudget bestritten werden!

Wir wissen aber – und jetzt kommen wir wieder zu dem, was der Leiter der Strafvoll­zugsanstalt Stein gesagt hat –, dass das bestehende Justizbudget nicht einmal aus­reicht, um alle Notwendigkeiten, die dieser Vollzug bräuchte, zu erfüllen.

Herr Justizminister, ich muss Ihnen eines sagen: Sie sind jemand, der durchaus für vie­les Verständnis zeigt und Sensibilität für Probleme in der Justiz und auch im Strafvoll­zug mitbringt. Ich verstehe aber nicht, dass man am Ende dem Finanzminister 40 Mil­lionen € überlässt und gleichzeitig im eigenen Ressort die Probleme nicht lösen kann. Dafür fehlt mir jedes Verständnis. (Beifall bei den Grünen.)

Da müssen Sie härter verhandeln. Ich weiß schon, Sie haben in der ÖVP vielleicht nicht die Lobby hinter sich, die andere hinter sich haben, Sie haben aber eine Kompe­tenz. Werfen Sie sie in die Waagschale, die Argumente sind auf Ihrer Seite! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scherak.)

17.06


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


17.06.30

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kollege Steinhauser, das war jetzt doch ein klein wenig heftig destruktiv. Natürlich ha­ben wir große Probleme, und die gilt es zu lösen, aber wir dürfen auch nicht vergessen, darauf hinzuweisen, dass es in verschiedenen Bereichen sehr wohl Lösungen gibt. Und wenn gerade heute beschlossen worden ist, die von uns lange geforderte Gebüh­rensenkung im Bereich des Familienrechtes zu machen, und das jetzt durchgeführt wird, dann muss man das schon berücksichtigen. Das kommt ja nicht ohne Plan daher, sondern da steht am Ende die Umsetzung.

Natürlich gibt es Probleme, was die Strafvollzugsanstalten anlangt. Man darf aber nicht vergessen, dass wir seinerzeit unter Justizminister Böhmdorfer – das liegt schon einige Jahre zurück, aber das war nachhaltig – die Zertrümmerung des Jugendgerichtshofes erlebt haben, was unermesslichen Schaden herbeigeführt hat, und daran würgen wir jetzt noch immer. Also insofern würde ich mir wünschen, dass man die Notwendigkeit von sensiblen Handlungen hier sehr in Betracht zieht.

Dass es in den Vollzugsanstalten immer wieder zu Infektionen kommt, ist uns allen be­kannt. Natürlich muss man dort sehr stark ansetzen. Und ich glaube, es ist auch wich­tig, sich bewusst zu machen, dass die Gefahr von Radikalisierungen nicht durch Flücht­linge besteht, sondern durch Personen, die in zweiter, teilweise dritter Generation be­reits in unserem Land sind und in den Schulen und auch in den Strafvollzugsanstalten radikalisiert wurden. Und dort muss man hineingehen und ansetzen. Ich glaube, dass man sich oft auf das eine konzentriert, weil man irgendwie im Unterbewusstsein weiß, dass es anderswo größere Schwierigkeiten gibt, und dort schaut man weg.

Die Finanzierung für den Verein NEUSTART konnte gerettet werden. Dafür möchte ich herzlich danken.

Was die Auflösung von Rücklagen betrifft, so bedeutet das ja nicht – zumindest nach meinem Verständnis –, dass man dem Finanzminister Geld zurückgibt, sondern das be-


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deutet, dass man eigentlich für das eigene Ministerium die vorhandenen Beträge lukriert. Auf diese Weise ist ja auch NEUSTART finanziert worden.

Zu den Sammelklagen ist zu sagen: Es gibt eine weitere Möglichkeit der Einsparung in der Justiz. Das Thema Sammelklagen wird im Jänner angegangen. Ich hoffe, dass wir alle das so ernsthaft verfolgen, dass da wirklich bald ein gutes Ziel erreicht ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.08


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


17.08.57

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wo der Kollege Jarolim recht hat, ist, dass es sehr schade ist, dass es den Jugendge­richtshof nicht mehr gibt. Da könnte man ja Ideen voranbringen, die ich auch schon vorgebracht habe: dass man zum Beispiel ein einziges Bezirksgericht mit den Jugend­strafsachen betraut. Das wäre wahrscheinlich sogar kostenneutral und wäre ein sinn­voller Ansatz.

Wo er nicht recht hat, ist, dass Kollege Albert Steinhauser hier etwas Destruktives vor­getragen hat. Er hat nämlich völlig recht mit dem, was er gesagt hat, denn Fakt ist halt, dass wir hier ein Justizbudget diskutieren, das es eigentlich nicht wirklich möglich macht, darüber zu diskutieren, weil wir jetzt schon wissen, dass das, was drinnen steht, so am Schluss nicht stehenbleiben wird. Das ist die Erfahrung der letzten Jahre. Es sind wie­der Zahlen eingepreist, die am Schluss der Wahrheit einfach nicht entsprechen werden, und somit ist es schwierig, über ein Budget zu diskutieren, von dem wir jetzt schon wis­sen, dass es so nicht sein wird. Fakt ist, es wird etwas anderes herauskommen, und das ist sicher keine nachvollziehbare Budgetplanung und lässt auch keine sinnvolle Bud­getdiskussion in diesem Zusammenhang zu.

Herr Bundesminister, Sie haben teilweise zu Recht gesagt, Ihnen seien die Hände ge­bunden. Ich verstehe das bis zu einem gewissen Grad, und ich verstehe auch bis zu einem gewissen Grad, dass der Finanzminister sagt, er freut sich über die Mehrein­nahmen aus Ihrem Ressort. Nichtsdestotrotz ist es absurd – und das haben wir schon zweimal gehört –, dass durch übertrieben hohe Gerichtsgebühren versucht wird, das allgemeine Budget zu sanieren oder zumindest bei dessen Sanierung auszuhelfen. Es ist aber dann umso absurder, wenn der Reformbedarf in Ihrem eigenen Haus ebenso massiv da ist.

Gerade Dinge, die wir aus der Justizanstalt Stein jetzt wieder gehört haben, aber aus vielen anderen Bereichen auch, zeigen, dass wir budgetäre Mittel brauchen würden, wie zum Beispiel für einen Jugendgerichtshof, wie auch immer wir das dann gestalten mögen. Dafür wären budgetäre Mittel notwendig, und dann macht es eben überhaupt keinen Sinn, dass Sie, Herr Justizminister, die Mehreinnahmen, die Sie in Ihrem Haus haben, dem allgemeinen Budget zur Verfügung stellen müssen.

Was ich mir gewünscht hätte, ist, dass Sie da stärker in die Verhandlungen gehen und sagen: Nein, ich habe selbst einen Reformbedarf, und deswegen brauche ich diese fi­nanziellen Mittel!

Auch was den Maßnahmenvollzug betrifft, ist Reformbedarf gegeben. Sie haben da ein Konzept vorgeschlagen. Ich habe Sie im Ausschuss gefragt, wie das, was die Ausga­ben betrifft, ungefähr ausschauen wird. Sie haben gesagt, ich soll mir das Konzept an­schauen. Was mir aber in diesem Zusammenhang wichtig gewesen wäre, ist, dass wir erfahren, für genau welche Punkte Sie entsprechende finanzielle Mittel aufbringen wer­den, weil es einen wesentlichen Unterschied macht, wo ich ansetze und sage, wo ge­nau ich wie viel Geld in die Reform des Maßnahmenvollzugs stecke. Ein Konzept ist


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mir ja persönlich sehr recht, die Frage ist halt die, wo die großen finanziellen Mittel hi­neinfließen werden.

Zu guter Letzt noch zur Justizbetreuungsagentur – auch das haben wir im Aus­schuss diskutiert –: Da gibt es schon ein massives Problem. Es geht dabei schlichtweg darum, dass die Budgetwahrheit nicht gegeben ist, dass wir mit einem Sachaufwand quasi Personalkosten im Budget drinnen haben. Sie haben gesagt, Sie handeln da im Rahmen der Gesetze. Da haben Sie völlig recht, aber deswegen kann ich trotzdem weiterhin dieses Gesetz kritisieren, weil es einfach nichts mit Budgetwahrheit zu tun hat, dass man da Dinge auslagert, nur damit man dann am Schluss die Personalkosten nicht entsprechend ausweisen muss. Daher werde ich das auch weiterhin kritisieren, weil es mit Budgetwahrheit schlichtweg nichts zu tun hat.

Herr Bundesminister, auch wenn wir zwei beim Budget nicht zusammenkommen, muss ich trotzdem sagen, dass ich, was die anderen Bereiche betrifft, sehr froh bin, dass Sie da sind, weil immer dann, wenn aus der Partei, die Sie in das Justizministerium ge­bracht hat, Maßnahmen vorgeschlagen werden, die klar grundrechtswidrig sind, Sie zu­mindest sagen – abgesehen von der Vorratsdatenspeicherung, da sind wir auch ande­rer Meinung, aber bei allen anderen Maßnahmen –: Ja, vielleicht diskutieren wir einmal in Ruhe darüber!

Das haben Sie gestern wieder gemacht, anstatt einfach irgendwelche grundrechtswidri­gen Maßnahmen vorzuschlagen. Da bin ich froh, dass Sie da sind. Beim Budget werden wir zwei nicht mehr zusammenkommen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Zinggl.)

17.12


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Karl. – Bitte.

 


17.12.58

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Gewährleistung von Rechtssicher­heit und Rechtsfrieden ist eine der zentralen Aufgaben unseres Staates. Es ist daher sehr zu begrüßen, dass es sich dabei um eines der im Justizbereich angestrebten Wir­kungsziele handelt. Rechtssicherheit und Rechtsfrieden können aber nur dann sicher­gestellt werden, wenn der Rechtsbestand regelmäßig bereinigt und entsprechend den Bedürfnissen der Gesellschaft angepasst und überarbeitet wird. Daher werden als kon­krete Reformvorhaben zur Erreichung dieses Wirkungszieles die Reform des Sachwal­terrechtes, des Jugendgerichtsgesetzes, des Maßnahmenvollzugs sowie gesetzliche Maß­nahmen zur Stärkung der Opfer- und Beschuldigtenrechte genannt.

Um Rechtssicherheit und Rechtsfrieden auch tatsächlich zu gewährleisten, muss die Bevölkerung auch Vertrauen in eine funktionierende Justiz haben. Dazu dient nicht zu­letzt das Wirkungsziel 3, mit dem auf eine objektiv, faire und unabhängige Führung und Entscheidung von Verfahren durch Gerichte und Staatsanwaltschaften in angemes­sener Dauer abgezielt wird.

Um all diese Ziele auch erreichen zu können, bedarf es der Sicherstellung der organi­satorischen, personellen und sachlichen Voraussetzungen für eine geordnete Rechts­verfolgung und Rechtsdurchsetzung durch die Justizverwaltung.

Damit bin ich schon beim vierten Wirkungsziel, dass durch den Ausbau der Familien­gerichtshilfe, durch zielgerichtete und bedarfsorientierte Aus- und Fortbildungsveran­staltungen, durch Strukturoptimierung in der österreichischen Gerichtsorganisation, durch den Ausbau der Einrichtungen von Teamassistenzen im Bereich der gerichtli­chen Behörden und durch die Entwicklung einer vollelektronischen Verfahrensführung erreicht werden soll.


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All diese Maßnahmen sind zu begrüßen und entsprechen dem der Untergliederung 13 vorangestellten Leitbild, das da lautet – ich zitiere –:

„Wir stehen für die Wahrung von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit, gewährleisten ei­ne unabhängige Rechtsprechung, handeln unter Achtung der Grund- und Menschen­rechte in sozialer Verantwortung und sichern durch unsere Leistungen den Rechts- und Wirtschaftsstandort Österreich.“

Für die Verwirklichung dieses Leitbilds wünsche ich Ihnen viel Erfolg, Herr Justizminis­ter! (Beifall bei der ÖVP.)

17.15


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


17.15.33

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Minister, die Gerichtsgebühren sind, wie hier schon gesagt wurde, ein großes Problem. Auch ich habe das schon im Ausschuss gesagt. Sie sind viel zu hoch. Der Überschuss beträgt 189 Millionen €, wie es Kollege Steinhauser vorhin schon erwähnt hat, und diesen lassen Sie dann zum Teil in das Budget fließen, und zwar in ein Budget, das nichts mit der Justiz zu tun hat. Ich meine, es sollte schon so sein, dass sich wirklich jeder Bürger sein Recht leisten kann, das heißt, dass die Gebühren nicht so hoch sind, dass man sie nicht mehr zahlen kann.

Sie haben im Ausschuss gesagt, es gebe ja die Möglichkeit, dass die Justiz einspringt, so dass sich jeder Bürger einen Prozess leisten kann. Das mag schon gelten für je­manden, der mittellos ist, aber die Problematik ist die, dass es dann – und ich habe Ih­nen das am Beispiel des Ehegattenunterhaltes vor Augen geführt –, wenn man relativ wenig verdient, aber gerade noch so viel verdient, dass man nicht mehr unter diese Jus­tizhilfe-Bestimmung fällt, für einen schwierig wird, abzuwägen, ob man sich den teuren Prozess überhaupt leisten kann. Man muss ja immer noch Sicherheitsleistungen hinter­legen, man muss den Anwalt bezahlen, und, und, und. Das sind enorme Kosten, und daher verzichten viele Bürger auf die Durchsetzung ihres Rechts. Sie sagen dann: Das steht nicht mehr in Relation zu den entstehenden Kosten, wenn ich das Verfahren an­strebe, das ich vielleicht auch noch verliere!

Also es nicht immer so, dass die Leute wirklich Ihr Recht bekommen, wenn sie recht haben, weil einfach die Gebühren zu hoch sind! Ich fordere Sie, Herr Minister, daher auf, etwas zu unternehmen, dass es wirklich für jedermann leistbar ist, dass er zu sei­nem Recht kommt.

Ein nächster Punkt betrifft meinen Antrag, der demnächst im Justizausschuss behan­delt wird, wo es darum geht, dass angehende Richter und angehende Staatsanwälte bei der Exekutive eine Art Hospitationsdienst machen, und zwar über zwei, drei Mona­te. Mir geht es in diesem Antrag darum, dass diese Leute, die dann wirklich Recht spre­chen müssen, auch einen praxisorientierten Unterricht bekommen, das heißt, dass sie sehen, was wirklich draußen los ist. Ich habe das bei uns bei einer Schulung erlebt, wo Richter und Staatsanwälte des LG Feldkirch freiwillig an Handfesselungen teilgenom­men haben. Wir hatten bei uns so ein Training. Diese Richter und Staatsanwälte haben dann gesehen, dass es nicht unmöglich ist, eine Handfessel anzulegen, ohne rote Streifen zu hinterlassen. Die haben das nicht geglaubt. Die haben das dann selbst er­lebt und gesagt, es war für sie eine gute Erfahrung.

Es geht mir darum, dass nicht wieder solche Entscheidungen gefällt werden wie in dem Fall, den ich jetzt schildern werde. Das war sicher ein Einzelfall, aber ich hoffe, dass das nicht wieder vorkommt. Und zwar hat ein ehemaliger Flüchtling, der jetzt Aufenthalt in Bregenz bekommen hat, mit einem großen BMW mitten in der Stadt Bregenz ein Au-


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torennen veranstaltet und dort zwei Frauen niedergefahren, von denen eine beide Bei­ne verloren hat, und die Strafe hat dann so ausgesehen, dass er 6 000 € Schmerzens­geld bezahlen musste und für sechs Monate bedingt in Haft gekommen ist.

So etwas findet in der Bevölkerung sicherlich kein Verständnis. Es gab dann auch dem­entsprechende Leserbriefe in den Zeitungen. Ich glaube, dass es gut wäre, wenn die Richter praxisorientiert entscheiden würden. Wenn sie einen Einblick in die Polizeiar­beit haben, dann sehen sie das mit anderen Augen, als wenn sie das nur aus der Theo­rie kennen. Ich habe selber einige Semester Jus studiert und weiß, was Theorie ist, ich weiß als Polizeibeamter aber auch, was Praxis ist.

Daher: Eine solche Regelung wäre sicherlich sehr wünschenswert. – Danke schön. (Bei­fall beim Team Stronach.)

17.19


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


17.19.31

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt im Rahmen der Budgetdebatte das Ka­pitel Justiz. Wir konnten in den Ausschussberatungen feststellen, dass das Budget na­hezu gleich hoch ist, wie es beim letztjährigen Ansatz war.

Was mir aufgefallen ist, ist, dass, die Familiengerichtshilfe – das freut mich sehr; die­se wichtige Einrichtung wurde 2011 hier in Österreich eingeführt – weiterhin budgetär gut ausgestattet ist. Das heißt, wenn es noch mehr Nachfrage nach der Familienge­richtshilfe gibt – so hat es der Minister bei den Ausschussberatungen ausgeführt –, dann besteht die Möglichkeit, auf Rücklagen zurückzugreifen.

Wozu braucht man denn diese Familiengerichtshilfe? – Die Familiengerichtshilfe ist ein sehr wichtiges Instrument. Man braucht sie immer dann, wenn es darum geht, Obsorge­streitigkeiten zu schlichten, wenn es darum geht, Besuchsrechte entsprechend zu re­geln, ohne dass es zu Streitigkeiten kommt, dass diese hintangehalten werden, weil näm­lich Streitschlichtung im Vordergrund steht und dass die Verfahren nicht so lange dau­ern, wie sie oft gedauert haben. – Es ist erfreulich, Herr Bundesminister, dass diesbe­züglich erstens die Versorgung flächendeckend und zweitens die budgetäre Bedeckung gegeben ist.

Ein weiteres mir wichtiges Ziel ist natürlich das Gleichstellungsziel. Wie ist denn dieses hier ausgestaltet? – Diesbezüglich haben Sie, Herr Bundesminister, darauf hingewie­sen, dass die Insassinnen in den Gefängnissen die Möglichkeit haben, sich besser aus­zubilden. Das ist löblich, das ist wichtig. Nur: Was mir auch noch wichtig ist, ist, dass es daneben, dass es sehr viele Richterinnen gibt – die weibliche Form ist richtig, da stimmt der Genderaspekt –, eben auch darauf geschaut wird, dass sich zum Beispiel in den obersten Etagen Frauen finden – das ist der eine Aspekt – und dass die Frauen auch bei den Bediensteten in den Justizanstalten ihren Platz haben.

In diesem Sinn wünsche ich uns für die Justiz, für den Zugang zum Recht, sehr, sehr großen weiteren Erfolg und auch, dass das Gleichstellungsziel entsprechend behandelt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

17.21


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Lausch zu Wort. – Bitte.

 


17.22.07

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Kollegen! Ja, wir haben jetzt schon gehört, dass es für den Strafvollzug in diesem neuen Budget 2016 nicht mehr Geld geben wird. Da ist nicht mehr drinnen.


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Ich denke mir, auch wenn man jetzt außer Acht lässt, dass hier sehr viel vom Justiz­budget ins Finanzbudget einfließt, wäre aber trotzdem, wenn man gewisse Vorgaben, die der Rechnungshof richtigerweise aufgezeigt hat, nämlich wenn man bei gewissen Sachen den Sparstift ansetzen würde, für die Reformen, die Sie, Herr Bundesminister, geplant haben, Geld vorhanden. Allzu viel Zeit haben Sie nicht mehr – Sie müssen bis 2018 handeln, dann gibt es Neuwahlen –, sonst gehen Sie als größter Ankündigungs­minister in die Geschichte ein, aber es fehlt dann halt leider in der Umsetzung. (Abg. Schmuckenschlager: Mein Gott, ganz schwach! – Zwischenruf des Abg. Loacker.) Bis jetzt kündigen Sie zwar Reformen im Jugendstrafvollzug an, Reformen im Maßnahmen­vollzug, aber leider ist diesbezüglich noch relativ wenig passiert.

Aber ich komme darauf zurück, wo man sparen könnte. Der Rechnungshof hat Ihnen diesbezüglich auch etwas gesagt, aber was das betrifft, sind Sie sehr, sage ich einmal, resistent, und zwar wäre das die Justizbetreuungsagentur. Sie verstecken dort Perso­nalaufwand im Sachaufwand, was so natürlich nicht in Ordnung ist, denn Sie bedienen sich hier beim Sachaufwand, und natürlich geht das zulasten der Sicherheit, der An­käufe für die Sicherheit, und, und, und. Da kaufen Sie Personal zu, und das wäre aus Sicht des Rechnungshofes und auch aus unserer Sicht nicht notwendig. 2016 haben Sie da wieder 12,5 Millionen € budgetiert; 3,8 Millionen € sind alleine der Verwaltungs­aufwand. Das haben Sie mir im Budgetausschuss so beantwortet.

Ich denke mir, es ist in Zeiten wie diesen einfach nicht mehr möglich, dass man gut be­zahlte und gut geschaffene Posten für ehemalige Kabinettchefs Ihrer Vorgängerin un­terhält, so eigentlich eine Justizbetreuungsagentur unterhält und dort noch dazu Perso­nalkosten aus dem Sachaufwand bezahlt. Das halte ich nicht für richtig! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, ich muss Ihnen schon eines sagen – Sie haben ja Mitte des Jah­res die Vollzugsdirektion aufgelöst und die Generaldirektion neu gegründet; jetzt ist diese ein halbes Jahr im Amt –: Zwei Drittel der handelnden Personen der Vollzugsdirektion haben Sie ohne Wenn und Aber in die Generaldirektion übernommen. Wenn Sie mit der Leistung der Vollzugsdirektion nicht zufrieden waren, dann können Sie sich jetzt ei­gentlich außer einer Umbenennung von Vollzugs- in Generaldirektion und einer Einglie­derung ins Ministerium nichts zugutehalten. Und da Sie das nicht einmal kostenneutral geschafft haben, ist das absolut kein Ruhmesblatt.

Eines muss ich Ihnen nämlich schon sagen: Sie haben den Personalstand dort aufge­blasen und Sie haben Controllingpunkte in dieser Generaldirektion zulasten der Be­diensteten im Strafvollzug vermehrt. Hätten Sie dort eingespart, wie die Republik über­all einsparen muss, und hätten Sie die Generaldirektion personell nicht unnötigerweise aufgeblasen und Controllingpunkte dort vermehrt, dann – und das muss ich Ihnen schon sagen – hätten Sie schon lange 100 Justizwachebeamte mehr, wo Sie immer noch mit 27 bis 35 mehr sozusagen herumeiern. (Hallo-Rufe bei der ÖVP.) Das muss ich Ihnen schon sagen, Herr Bundesminister.

Und Sie müssen schon aufpassen, wenn man daran denkt, dass 2018 Nationalrats­wahlen sind, dass Sie nicht daran scheitern, dass Sie viel angekündigt haben, viel ge­wollt haben und wirklich sehr viel Herzblut in Ihrer Arbeit steckt – das will ich Ihnen gar nicht absprechen –, aber eigentlich nichts umsetzen konnten.

Und eines noch zum Kollegen Jarolim, der ja wieder von einer Zerschlagung des Ju­gendgerichtshofs durch Böhmdorfer geredet hat. – Eines muss man schon feststellen: Der Jugendgerichtshof war, als er geschlossen wurde, schwer sanierungsbedürftig, ist in die Jahre gekommen. Man hatte damals nicht das Geld, ihn zu sanieren (Abg. Jaro­lim: Völliger Blödsinn!) und hat den Jugendgerichtshof in die Justizanstalt Josefstadt eingegliedert. Sie tun ja so, als ob es in Österreich kein Jugendgerichtsgesetz und kei-


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nen Jugendstrafvollzug mehr geben würde, so dramatisieren Sie das hier am Redner­pult. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Jarolim.) Das ist ja nicht redlich, Herr Kollege Jarolim!

Ich weiß, Sie sind Vertreter eines eigenen Jugendgerichtshofes, das wollen Sie sich auf die Fahnen schreiben. Das war immer ein Anliegen der SPÖ, aber ob das leistbar ist, ob das notwendig ist, wenn man in Wien, sage ich jetzt einmal, 40 Jugendliche in Haft hat, das wage ich zu bezweifeln. Das ist Ihr Steckenpferd, das gestehe ich Ihnen zu, aber die Wahrheit ist es nicht, was Sie da gesagt haben (Beifall bei der FPÖ – Zwischenruf des Abg. Matznetter), denn man hat damals nur den sanierungsbedürftigen Jugendge­richtshof geschlossen – und nicht das Jugendgerichtsgesetz außer Kraft gesetzt.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, Herr Bundesminister, trotzdem viel Erfolg mit diesem Budget, und hoffe, dass Sie die eine oder andere Reform in Ihrer Amtszeit noch umsetzen können. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

17.27


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schönegger zu Wort. – Bitte.

 


17.27.27

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Galerie! Unsere Justiz, unser funktionierender Rechtsstaat, das sind die Garanten für die Akzeptanz der Demokratie.

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz bewusst und zu Beginn meiner Wortmeldung bei all jenen Damen und Herren bedanken, die im Bereich der österreichischen Justiz dafür Sorge tragen, dass Justitia tatsächlich im Sinne einer ausgleichenden Gerechtig­keit tätig sein kann. An dieser Stelle ein herzlicher Dank an die Tausenden Mitarbeiter in der Justiz, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die österreichischen Gerichte behandeln auf ihren vier organisatorischen Ebenen pro Jahr rund 3,2 Millionen Geschäftsfälle. Ein Großteil dieser Geschäftsfälle betrifft Exeku­tionssachen, gefolgt von Grund- und Firmenbuchsachen sowie allgemeinen Zivilsa­chen. Lediglich 3 Prozent ist die Höhe der Zahl der Geschäftsfälle im Bereich der Straf­sachen; das sollte man sich auch immer wieder bewusst machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die fünf Wirkungsziele der UG 13, Justiz, sind im Vergleich zum Vorjahr gleich geblieben – und sie sind aus gutem Grunde gleich ge­blieben. Sie sprechen die Rechtssicherheit und den Rechtsfrieden, die Sicherstellung des Zugangs zum Recht und zu Leistungen der Gerichtsbarkeit durch Ausgleich von Benachteiligungen an.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Europa ist eigentlich der Inbegriff für Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in unserer Welt, und gerade in den letzten Tagen, gerade in den letzten Wochen wurde diese Freiheit, die wir uns hier in Europa im Laufe der Jahr­hunderte – und ich glaube, ich übertreibe nicht – mit Blut, Schweiß und Tränen erkämpft haben, massiv angegriffen.

Europa wurde angegriffen durch die wahnsinnigen und – ich sage auch das – durch die verblendeten Verbrecher des „Islamischen Staates“. Sie haben der gesamten freien Welt den Krieg erklärt. Sie wollen uns in Europa in Angst und Schrecken versetzen, sie wollen unsere Gesellschaft spalten. Das darf ihnen nicht gelingen, und es ist unsere Aufgabe hier im Parlament als Politik, es ist die Aufgabe der Exekutive und es ist nicht zuletzt auch die Aufgabe der Judikative, die Bürgerinnen und Bürger in unserem schö­nen Österreich, in unserem geliebten Österreich zu schützen, wenn vielleicht auch mit Mitteln, meine sehr geehrten Damen und Herren, die uns allen nicht zu 100 Prozent


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recht sind, die uns allen nicht zu 100 Prozent gefallen. Wir werden uns aber – und das sage ich ganz bewusst an dieser Stelle – in nächster Zeit hier, in diesem Haus, auch darüber zu unterhalten haben, mit welchen Mitteln wir diesen Barbaren entgegenzutre­ten haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ja, alles das sind Dinge, die unsere Freihei­ten in der einen oder anderen Form beschneiden oder einschränken werden, aber jede Gesellschaft im freien Europa, in der freien westlichen Welt wird sich die Frage stellen müssen, wie sie die Herausforderungen des Terrorismus bekämpfen wird und wie sie die eigene Bevölkerung schützen wird. Diese Frage müssen wir uns auf Basis einer sach­lichen und inhaltlichen Auseinandersetzung ganz klar stellen.

Zum Beispiel wird gerne gesagt, Frankreich habe die strengsten Antiterrorgesetze. Ein Blick über den Tellerrand hilft manches Mal weiter, und man sieht, wie in anderen Län­dern die Diskussion geführt wird. Frankreich hat die strengsten Antiterrorgesetze. Man­che sagen: Und trotzdem ist es passiert! – Ich sage: Ja, Frankreich hat die strengsten Antiterrorgesetze, und deswegen konnte viel verhindert werden – und nicht: Trotzdem ist es passiert! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn man die deutschen Medien verfolgt, im Besonderen den deutschen gebühren­finanzierten öffentlichen Rundfunk, dann hört man dort zwischen den Zeilen durchaus auch, dass Österreich gewissermaßen auch ein Sicherheitsrisiko ist. Wir müssen uns die Frage stellen, warum das so ist. Daher freue ich mich auf die Debatte hier in die­sem Haus in den nächsten Wochen.

Ich danke dem Minister für seine umsichtige, verbindende Amtsführung und wünsche ihm und dem Ressort alles Gute. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

17.32


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Brückl zu Wort. – Bitte.

 


17.32.10

Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Sehr ge­ehrte Zuhörer! Je schwieriger die Zeiten im Bereich der Sicherheitspolitik werden, um­so mehr ist die Regierung gefordert, mehr Geld für die Sicherheit bereitzustellen.

Unserem Justizsystem wird heute alles abverlangt, in Wirklichkeit arbeitet man am Li­mit, und dennoch werden in wichtigen Bereichen innerhalb der Justiz finanzielle Kür­zungen fortgesetzt. Ich muss dem Kollegen Scherak recht geben, wenn er sagt, wir dis­kutieren hier und heute über ein Budget, das am Ende dann ganz anders aussehen wird.

Zum einen trifft es die Justizanstalten in Österreich, also genau jenen Bereich, in dem die Mitarbeiter, in dem die Bediensteten dem größten Gefahrenpotenzial ausgesetzt sind.

Wir wissen zum Beispiel betreffend das heurige Jahr, dass das Jahresbudget, das ein­zelnen Justizanstalten zugewiesen wurde, nicht ausreicht. Es war bereits im Oktober oder November aufgebraucht, und dennoch kürzt man auch dort wieder die Mittel für das Jahr 2016 – und das alles, obwohl bekannt ist, dass viele Gefängnisse bei uns in Österreich an einer chronischen Überbelegung leiden, was am Beispiel der Justizan­stalt Suben zu beweisen wäre. Diese ist ausgelegt auf 278 Haftplätze, dabei ist sie der­zeit tatsächlich mit etwa 15 Prozent überbelegt. Das wirkt sich aus im Bereich des Sprach- und Dolmetscherwesens, das wirkt sich auch im Bereich der Sozialarbeit in den Justiz­anstalten aus und eben auch im Bereich der medizinischen Versorgung.

Selbstverständlich werden dadurch auch die Sicherheitsbedenken wieder ein Stück grö­ßer, wenn dafür weniger Geld zur Verfügung steht. Die Resozialisierung und die Prä-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 181

vention werden darunter leiden und das Aggressionspotenzial aufgrund mangelnder Be­schäftigungsmöglichkeiten in den Haftanstalten wird steigen.

Zum anderen, Herr Bundesminister, trifft die Lage die Gerichte. Die Personalsituation bei den Gerichten ist angespannt, bei den Richtern genauso wie beim nichtrichterlichen Personal. Dort gibt es zwar keinen Aufnahmestopp, aber wir wissen auch, dass jeder Richter, jeder Staatsanwalt mindestens zwei bis drei Kanzleikräfte bindet. Die fehlen eben dann, wenn man zwar Richterplanstellen nachbesetzt, aber nichtrichterliches Per­sonal einspart (Beifall bei der FPÖ), und nur mit Strukturreformen im IT-Bereich, Herr Minister, wie der Einführung des Elektronischen Aktes oder dem Einsatz von Spracher­kennungsprogrammen als Ersatz für Schreibkräfte, wird diese Lücke nicht zu schließen sein.

Herr Bundesminister, ich darf – anschließend an die Rede meines Kollegen Christian Lausch – einen Antrag einbringen, der da lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auflösung der Justizbetreuungsagentur

„Der Nationalrat wolle beschließen:

,Die Bundesregierung, insbesondere der zuständige Bundesminister für Justiz wird auf­gefordert, schnellstmöglich gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Jus­tizbetreuungsagentur aufzulösen und deren Agenden im Sinne der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Transparenz wieder im Bundesministerium für Justiz einzugliedern.‘“

*****

Das wäre wirtschaftlich, da könnte man durchaus auch Geld sparen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn diese Entwicklung, Herr Bundesminister, so anhält, ist das bedenklich und stimmt das nachdenklich, denn die Kürzungen von Geldern im Bereich des Strafvollzuges füh­ren zu weniger Sicherheit, die Kürzungen von Finanzmitteln im Bereich der Rechtspre­chung werden auf Dauer gesehen auf die Qualität der Rechtsprechung Einfluss neh­men und bedeuten natürlich auch längere Verfahren und weniger Rechtssicherheit. Das wäre aus unserer Sicht der falsche Weg. (Beifall bei der FPÖ.)

17.35


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Brückl soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

§ 55 GOG-NR

der Abgeordneten Lausch und weiterer Abgeordneter betreffend Auflösung der Justiz­betreuungsagentur

Eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 6:

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzge­setz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) (UG-13)


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Während quer durch die Justiz und vor allem in den Justizanstalten der Sparstift ange­setzt wird, Wirkungsziele fortgeschrieben anstatt verbessert werden, bei den Exekutiv­bediensteten im Vergleich zum Vorjahr auch auf Ebene der Planstellen eingespart wird, hält das Justizministerium an der vielfältig kritisierten Struktur im Zusammenhang mit der Justizbetreuungsagentur fest.

Diese Struktur schafft nicht nur Intransparenz, sondern steht auch im Gegensatz zur Kostenwahrheit, da das Personal somit etwa als Sachaufwand ausgewiesen wird

Auch der Rechnungshof kritisiert die Struktur und führt etwa aus, dass mit der Justiz­betreuungsagentur zusätzliche Strukturen für Führung und Verwaltung des zugekauf­ten Personals aufgebaut und Mehraufwendungen verursacht wurden. Die vom BMJ an­gestrebte Flexibilisierung des Personaleinsatzes im Strafvollzug gelang nicht. Weitere Probleme, wie bspw. Der Abschluss eines eigenen Kollektivvertrags, die Sicherstellung der Liquidität und die geringe Eigenmittelquote, entstanden erst durch die Konstruktion Justizbetreuungsagentur.

Der Entfall der verpflichtenden Planstellenbindung für überlassene Arbeitskräfte und die intensive Nutzung dieser Bestimmung durch das BMJ – im Jahr 2014 sollen ca. 550 bis 600 Personen über die Justizbetreuungsagentur für das BMJ tätig sein – führte zu geringer Transparenz hinsichtlich des Personalaufwands.

Darüber hinaus sind die Ausgaben für das von der Justizbetreuungsagentur beschäf­tigte Personal im Rechnungsabschluss des Bundes als Sachaufwand ausgewiesen. Dies stand im Konflikt mit dem Grundsatz der Budgetwahrheit.

Der Rechnungshof führt zudem aus, dass die Planstellenbesetzung im Betreuungsbe­reich BMJ-intern seit Gründung der Justizbetreuungsagentur konstant war, es fand al­so keine Einsparung von bundesinternen Planstellen im Betreuungsbereich statt. Das BMJ wandelte entgegen den Planungen auch keine Betreuungsplanstellen in Exekutiv­dienstplanstellen um.

Faktum ist, dass während das Betreuungspersonal in Justizanstalten immer mehr zu­nimmt, bleibt die Exekutive stark unterbesetzt. Für das Jahr 2016 ist sogar eine weitere Einsparung geplant.

Während seitens des BMJ keine ausreichenden Exekutivdienstplanstellen geschaffen wurden, stieg das Basisentgelt zur Finanzierung des Verwaltungsaufwandes der Justiz­betreuungsagentur von rd. 0,5 Mio. EUR allein im Zeitraum 2009 bis 2013 um rd. 460% auf rd. 3 Mio. EUR an.

Die Justizbetreuungsagentur kann ihrem Auftrag "adäquate Verträge" mit etwa Ärzten zu schließen immer seltener nachkommen. Beispiele aus der Praxis zeigen, dass die durch die Justizbetreuungsagentur ausgehandelten Verträge teilweise sogar teurer kom­men, als die "alten Verträge". Das Beispiel St. Pölten zeigt etwa, dass nachdem man den laufenden Vertrag mit dem Arzt gekündigt hat, die JBA jedoch keinen Arzt zur Ver­fügung stellen konnte. Deshalb versah derselbe Arzt in der Justizanstalt wieder seinen Dienst. Da dieser nun jedoch über die Krankenkassen abgerechnet wird, sind für die­selbe Leistung erhebliche Mehrkosten entstanden.

Ein weiteres Problem stellt dar, dass die Mitarbeiter, die über die Justizbetreuungs­agentur beschäftigt sind, andere rechtliche Rahmenbedingungen vorfinden. Das führt in der Praxis zu erheblichen Problemen im Zusammenhang mit der Erstellung der Dienst­pläne in den einzelnen Justizanstalten.

Im Sinne eines funktionierenden Strafvollzuges aber vor allem im Sinne der Kosten­wahrheit und der Wirtschaftlichkeit ist die Fortführung dieser Struktur nicht nachzuvoll­ziehen.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 183

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der zuständige Bundesminister für Justiz wird auf­gefordert, schnellstmöglich gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Jus­tizbetreuungsagentur aufzulösen und deren Agenden im Sinne der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Transparenz wieder im Bundesministerium für Justiz einzugliedern."

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Grossmann. – Bitte.

 


17.36.12

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Der vor­liegende Budgetentwurf enthält einige erfreuliche Maßnahmen, wie zum Beispiel die Er­höhung der Transferzahlungen für Vereine für Sachwalterschaft und für die Patienten­anwaltschaft im Ausmaß von 5,9 Millionen €. Gemeinsames Ziel ist es ja, die Selbstbe­stimmung der Menschen so weit wie möglich und auch so lange wie möglich zu erhal­ten, ohne dass diese übervorteilt werden oder finanziellen Schaden nehmen, also eine sehr wichtige, begrüßenswerte Maßnahme.

Wichtig, Herr Minister, ist aber auch die Weiterentwicklung des Unterhaltsrechts in Rich­tung eines möglichst lückenlosen Unterhaltssicherungssystems, denn wir wissen, man­gelhafte, zu geringe Unterhaltszahlungen sind die Hauptursache für Kinderarmut in Ös­terreich, also nehme ich auch Ihre Ankündigung, die Sie am Rande des Justizausschus­ses gemacht haben, ernst, dass Sie diesbezüglich bald tätig werden.

Zum Budget: Gut angelegt ist das Budget bei der Weiterbildung des richterlichen, aber auch des nichtrichterlichen Personals, vor allem, wenn es um die Beurteilung eines Haftgrundes geht, denn wenn ein Haftgrund gegeben ist, muss auch eine Haft ver­hängt werden. Da darf die Wegweisung nach dem Gewaltschutzgesetz nicht als gelin­deres Mittel missverstanden werden, wie das in einigen dramatischen Fällen der Ver­gangenheit der Fall gewesen sein dürfte.

Unser Personal im Sicherheitswesen und im Justizwesen ist höchsten Anforderungen ausgesetzt und braucht deswegen auch die bestmögliche Vorbereitung und natürlich auch die bestmögliche Unterstützung. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.38


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Bundesminister Dr. Brandstetter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.38.12

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bin dankbar für die Gelegenheit, zu diesen doch auch inhaltlich wirklich sehr inter­essanten Beiträgen etwas sagen zu dürfen.

Ja, es ist richtig: Ich habe das Glück und das Privileg, einem faszinierenden Ressort vor­stehen zu dürfen, mit einer sehr, sehr breiten Palette an Aufgaben und mit vielfältigen Problemen, keine Frage.

Ich möchte damit beginnen, dass ich darauf hinweise, dass ich natürlich auf viele in­haltliche Ausführungen gerne dort eingehe, wo dafür auch wirklich der Raum ist, näm­lich im Justizausschuss, den wir demnächst haben, aber heute geht es eigentlich um unser Budget und um das, was damit unmittelbar zusammenhängt.

Nun, wenn davon die Rede war, dass das Justizressort durch die Gebühren eine Über­finanzierung hätte, so ist das formal nachvollziehbar, wenn man nur den Bereich der


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Rechtsprechung betrachtet – das ist auf Seite 6 im Bundesvoranschlagsentwurf nach­lesbar –, allerdings geht es nicht um 189, sondern genau genommen sind es 183. Man muss aber dazusagen, dass unsere Aufgaben im Bereich des Strafvollzuges entspre­chend viel kosten, sodass wir insgesamt schon sagen müssen, dass wir natürlich be­müht sind, durch möglichst hohe eigene Einnahmen auch die Finanzierung unserer Auf­gaben sicherzustellen. Man muss aber – und auch das habe ich immer wieder betont – im Bereich der Gebühren darauf achten – und da gehe ich ganz konform mit dem, was hier schon gesagt wurde –, dass der Zugang zum Recht speziell für die sozial Schwä­cheren nicht durch zu hohe Gebühren behindert wird.

Wir haben ja deshalb gerade im Bereich des Familienrechtes bereits Gebühren abge­schafft und gesenkt, und gerade jetzt erst ist eine weitere Änderung im Gerichtsgebüh­rengesetz durch den Ministerrat gegangen, die auch dazu führen wird, dass Gebühren gesenkt beziehungsweise beseitigt werden, insbesondere im Außerstreitverfahren, im Exekutions- und Insolvenzverfahren, in Unterhalts- und Pflegschaftssachen. Ich halte es für sehr, sehr wichtig, dass es gerade in Rechtsbereichen, in denen eigentlich jeder relativ leicht die Leistungen des Gerichts in Anspruch nehmen muss, zu einer Gebüh­renbeseitigung und auch ‑reduzierung kommt.

Es ist auch, finde ich, nicht unwichtig, dass die Grenze, unterhalb derer arbeitsrechtli­che Verfahren gebührenfrei sein werden, nach diesem Entwurf, der vom Ministerrat be­reits beschlossen wurde, von immerhin 1 450 € auf 2 500 € angehoben wird; auch das halte ich für wichtig. Und ich halte es auch für wichtig – und das mag jetzt nicht so gro­ße Summen bedeuten, aber mir ist es vom Symbolcharakter her wichtig –, dass es ei­ne Gebührenbefreiung geben wird für Anträge an das Firmenbuchgericht, mit denen die seit Kurzem mögliche Darstellung diakritischer Zeichen im Firmenbuch entsprechend um­gesetzt werden soll. Das ist nicht nur ein Zeichen für die Internationalisierung der Wirt­schaft, sondern auch ein wichtiges symbolisches Zeichen zugunsten unserer Volksgrup­pen, die das hauptsächlich betreffen wird.

Hinsichtlich der Gebühren muss man natürlich schon – das gebe ich zu – immer be­strebt sein, dadurch vor allem den Zugang zum Recht nicht zu behindern. Es gibt gera­de heuer tatsächlich relativ hohe Einnahmen – das wurde vom Kollegen Stefan ge­sagt – im Bereich der Grundbucheintragungsgebühr. Nur da muss man schon aufpas­sen, das wissen wir schon: Das ist ein Einmaleffekt, der dadurch bedingt ist, dass es heuer offenbar sehr viele Liegenschaftstransaktionen gibt, die vorgezogen wurden. Das hat wahrscheinlich mit der Steuerreform oder mit dem Vorfeld der Steuerreform zu tun.

Jetzt könnte ich natürlich, meine Damen und Herren Abgeordneten, salopp sagen: Na ja, das hat der Herr Finanzminister ja in gewisser Weise verursacht, er hat bewirkt, dass wir da höhere Einnahmen haben, daher ist es ja nur legitim, wenn er sich jetzt 40 Millionen € davon wieder holt! – Das wäre aber etwas zu salopp. Nein, die Wahrheit ist, dass es natürlich Rahmenbedingungen gibt, die wurden hier im Haus beschlossen, das ist das Bundeshaushaltsrecht, die sind mir vorgegeben; aber ich kann Ihnen eines versichern: Ich bin völlig in Übereinstimmung mit genau den Zielen, die der Bundesfi­nanzminister heute hier deklariert hat: mit striktem Budgetkurs und mit hohem Reform­tempo. Beides haben wir – und jetzt komme ich zum Thema Umsetzung – in meinem Haus wirklich verwirklicht; ich stehe dazu.

Ich sage Ihnen ganz offen: Steuergeld ist kostbar (Zwischenruf des Abg. Lugar), damit muss man sorgsam umgehen, und dazu stehe ich auch. Daher ist es wichtig, dass man Rücklagen, wenn man welche hat, auflöst. Wir haben – Sie können es im Entwurf nachlesen – immerhin noch rund 160 Millionen € Rücklagen. Das kann sich bis Jah­resende vielleicht noch etwas reduzieren, das mag sein, aber grundsätzlich würde ich als Finanzminister auch sagen: Wenn ein Ressort Rücklagen hat, dann soll es diese einmal auflösen, bevor es um frisches Steuergeld ansucht – völlig richtig, dazu stehe


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ich auch. Dass die Zustimmung des Finanzministers für die Auflösung von Rücklagen erforderlich ist, das betrifft nicht nur mich. Das ist eine der Vorgaben des Bundeshaus­haltsrechts, und das ist nun einmal so. Ich kann Ihnen aber versichern: Alles, was bis­her an Rücklagenauflösung notwendig war, konnten wir gemeinsam mit dem Finanzmi­nister regeln und auch beschließen. (Zwischenruf des Abg. Lausch.)

So kam es auch, Kollege Lausch, zu den Umsetzungen, die bisher schon erfolgt sind. Da ist ja doch einiges passiert. Schlag auf Schlag ging’s: Ausbau des Forensischen Zentrums Asten als eines Leitmodells für die künftige Betreuung der Insassen im Maß­nahmenvollzug, Kapazitätserweiterung um ein Drittel, von rund 100 auf 150, bei wirk­lich bestmöglicher Betreuung der Insassen dort – das ist ein Musterbeispiel für das, was wir in Zukunft diesbezüglich vorhaben –; Ausbau der Kapazitäten in der Strafan­stalt Puch bei Salzburg; Ausbau der Kapazitäten in Eisenstadt, im Frühjahr werden wir den Neubau eröffnen können.

Wir haben durch entsprechende Finanzierung des Finanzministeriums mit Rücklagen­auflösung (Zwischenruf des Abg. Lausch) die Ausbauten in der Anstalt Simmering so­wie den Ausbau in Hirtenberg sichergestellt, und wir werden auch – je nachdem, wie sich das Jugendgerichtsgesetz nach der Novelle im Jänner auswirken wird – die Kapa­zitäten im Jugendhaftkompetenzzentrum in Gerasdorf erweitern können.

Jawohl, das ist das, was ich unter Umsetzung verstehe; nur wir schauen uns halt vor­her immer sehr genau an, was man wirklich braucht, daher war ich auch in vielen Haft­anstalten. Es gibt in Österreich wahrscheinlich kaum jemanden, der in so vielen Ge­fängnissen war wie ich, aber das ist wichtig. (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ. – Zwischen­ruf des Abg. Lausch. – Abg. Lugar: Als Häftling oder als Besucher?) Man muss sich vor Ort anschauen, was wirklich notwendig ist und was gebraucht wird.

Bei dieser Gelegenheit, Herr Abgeordneter Brückl: Ich war in Suben. In Suben ist die Zufriedenheit wirklich sehr, sehr hoch. Ich war am 16. September gemeinsam mit Ab­geordnetem Wöginger dort. Ich war auch in anderen Anstalten gemeinsam mit Abge­ordneten, ich war mit Abgeordnetem Lausch gemeinsam in Sonnberg. Da heißt, ich schaue mir schon an, wo der Schuh drückt, und dort, wo er drückt, wird auch Abhilfe geschaffen – Abhilfe durch die neue Institution der Generaldirektion. Ich kann Ihnen versichern – auch die Generaldirektion hat mir das versichert –: Notwendige Maßnah­men, notwendige Betreuungen, auch im medizinischen Bereich, sind selbstverständlich sichergestellt. Wo immer das erforderlich ist, wird das auf kurzen Wegen entschieden, und das war ja in Wirklichkeit auch der wesentliche Zweck dieser Umstrukturierung: dass wir mit der Generaldirektion im Haus kurze Entscheidungswege haben und sofort reagieren können.

Wir hatten durch die fast 600 Schlepper, die insgesamt inhaftiert wurden, tatsächlich kurzfristig große Kapazitätsprobleme in Eisenstadt. Ich muss sagen: Hut ab vor den Jus­tizwachebeamtinnen und ‑beamten, die das wirklich gemanagt haben, die das gemeis­tert haben. Wir waren gemeinsam dort, der Generaldirektor und ich, es war ein Sonn­tagvormittag; wir haben uns das angesehen, und wir haben es relativ kurzfristig ge­schafft, Abhilfe zu schaffen.

Ja, wir schauen uns die Probleme vor Ort an, und wir sind in der Lage – und bis jetzt immer in der Lage gewesen –, allenfalls mit Rücklagenauflösung und Zustimmung des Finanzressorts, die nötigen Maßnahmen zu setzen. Das ist die Art der Umsetzung, wie ich mir das vorstelle.

Wir haben auch – auch dazu stehe ich – im eigenen Haus Strukturreformen durchge­führt, die doch massive Einsparungen gebracht haben. Wer kann das schon von sich behaupten? Wir haben eine Sektion eingespart. Wir haben im Zusammenhang mit der Schaffung der Generaldirektion für den Strafvollzug einige Abteilungen eingespart. Wir


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haben jetzt kurze Entscheidungswege, es geht alles viel rascher. Das war eine sinnvol­le Reform, die insgesamt sehr wohl Kosten gespart hat.

Da immer wieder das Argument mit der Justizbetreuungsagentur kommt: Meine Da­men und Herren Abgeordneten, die Justizbetreuungsagentur agiert höchst wirtschaft­lich – höchst wirtschaftlich! – und höchst erfolgreich auf der Basis eines Gesetzes, das hier im Hause beschlossen wurde, nämlich das Justizbetreuungsagentur-Gesetz. Das ist eine gesetzliche Grundlage, an diese halte ich mich (Zwischenruf des Abg. Lausch), diese Möglichkeit haben wir, und wir nützen sie, und das ist auch gut so. Das erfolgt al­les auf entsprechend sauberer gesetzlicher Grundlage und wurde auch deshalb ge­macht, weil es wirtschaftlich ist, über eine solche privatrechtlich organisierte Institution viele Leistungen zu erbringen, die im Bereich des Hoheitsrechts wahrscheinlich gar nicht mehr leistbar wären. Das ist so.

Daher möchte ich abschließend schon sagen, dass wir insgesamt mit diesem Budget durchaus gut leben können. Wesentlich ist aber, dass ich in allen Reformvorhaben, die wir ja schon begonnen haben, insbesondere auch im Bereich der großen Strafvollzugs- und Maßnahmenvollzugsreform, im Einvernehmen mit dem Finanzressort bin. Ich habe erst heute mit dem Herrn Finanzminister über einige Details dieser Pläne, dieser ge­meinsamen Pläne, die wir haben, gesprochen.

Sie können also sicher sein, da ist schon einiges im Gange, und wir werden – so wie bisher – vieles umsetzen können, was letztlich auch dazu führt, dass der Straf- und Maß­nahmenvollzug in Österreich inhaltlich entsprechend verbessert wird, dass er wieder dort hinkommt, wo er hingehört, der Strafvollzug in Österreich, nämlich an die europäi­sche Spitze. Dort wollen wir hin, und da werden wir auch hinkommen! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.49


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


17.49.16

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Ausführungen befassen sich mit einem kurzen Querschnitt aus den Untergruppen Justiz, Äußeres und Inneres.

Die Bundesregierung ist global gesehen zur Sparsamkeit angehalten. Die Budgeter­stellung erfordert von den einzelnen Ministerien unterschiedliche Einsparungsmaßnah­men – Einsparungsmaßnahmen, welche teilweise auf Kosten der Sicherheit der heimi­schen Bevölkerung gehen.

Der Sicherheitsbericht vermittelt den Eindruck einer heilen Welt, die Realität zeichnet ein anderes Bild. Es ist unverständlich, dass Übergriffe und Straftaten von Fremden, teil­weise Flüchtlingen, durch die Exekutive nicht veröffentlicht werden dürfen und der Ge­heimhaltung unterliegen. (Ruf bei der SPÖ: Was soll das?)

Seitens der Justiz sind – auch wenn es sich um Einzelfälle handelt – Entscheidungen gegen die Bevölkerung, aber zugunsten von Straftätern bekannt und durch Urteile be­weisbar.

Exekutivbeamte – auch diese wurden in großer Zahl abgebaut und Polizeiinspektionen geschlossen – sind am Rande ihrer Leistungsfähigkeit angelangt. Erkrankungen mit Langzeitfolgen bis hin zum Suizid sind nicht nur als Einzelfälle bekannt. Seitens des Ministeriums zugesagte Personalaufstockungen sind in den westlichen Bundesländern nicht merkbar. Ein Ost-West-Gefälle in der Sicherheit ist im Rahmen der Gleichwertig­keit sowohl der Bundesländer als auch deren Bevölkerung nicht vertretbar.

Bezüglich der aktuellen Flüchtlingswelle sind das Außen- und Innenministerium gleich­sam gefordert; es ist nicht möglich, das Problem innerhalb des Bundesgebiets zu lö-


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sen. Die Aufnahme von Fremden und Flüchtlingen stellt ein nachhaltiges Problem dar. Sowohl der Finanzaufwand als auch die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und in Bezug auf Sozialleistungen sind als nicht überschaubar zu bezeichnen. Die Sicherheit der heimischen Bevölkerung hat in jedem Fall höchste Priorität. – Danke.

17.51


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Dr. Vetter. – Bitte.

 


17.51.49

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wenn das öffentliche Leben in einer Stadt wie Brüssel über mehrere Tage lahmgelegt wird, so führt uns das auf dramatische Art und Weise vor Augen, wie wichtig die Kern­aufgaben innere und äußere Sicherheit des Staates sind.

Zur inneren Sicherheit gehört auch die Justiz. Wenn mein Kollege Bernd Schönegger sich bei den Bediensteten der Justiz – der Justitia – für die ausgleichende Gerechtig­keit bedankt hat, so ist in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, dass Justitia in der einen Hand die Waage und in der anderen das Schwert hält – das Schwert als Zei­chen der Rechtsdurchsetzung, was wir manchmal vergessen; auch die Rechtsdurch­setzung gehört zur Justiz.

Zur Justiz gehört natürlich auch Geld, ein Budget, was wir meistens hintanstellen. Wir suchen das hehre Recht. Schon im Lateinischen hat es geheißen, iudex non calculat, der Richter rechnet nicht, aber auch die Justiz möchte bezahlt sein.

Wenn heute davon die Rede gewesen ist, dass die Gerichtsgebühren zu einem Teil – die einen rechnen mit 78, die anderen mit 110 Prozent – die Justiz bezahlen, so ist ei­ne Unterscheidung ganz klar zu machen: Ein großer Teil dieser Gebühren sind die Ein­verleibungsgebühren und nicht die Gerichtsgebühren im engeren Sinn. Die Gerichtsge­bühren als solche bringen in Wirklichkeit nur einen relativ geringen Deckungsbeitrag. Dass es so einen Beitrag gibt, halte ich allerdings für völlig richtig, denn diejenigen, die Streit haben und gegeneinander prozessieren, sollen dies auf eigene Kosten tun und nicht auf Kosten des Steuerzahlers, das ist nicht einzusehen.

Ein Wort noch zur Budgetwahrheit: Bei der Justiz weiß man im Vorhinein nie, wie viele Prozesse es geben wird, wie viele Scheidungen es geben wird, wie viele Einverleibun­gen es geben wird, daher halte ich es für völlig richtig, dass man vorsichtig budgetiert – auch das ist ein Budgetgrundsatz, der hier eingehalten wird.

Letzter Punkt: Ich kann mir heute mein Ceterum censeo sparen, da der Rechtsanwalts­tarif angehoben worden ist. – Danke, Herr Minister! (Beifall bei der ÖVP.)

17.54


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Feichtinger. – Bitte.

 


17.54.45

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ja, die Debatte im Justizbereich kreist um zwei große Blöcke: um die Höhe der Gerichtsgebühren auf der einen Seite und um den Strafvollzug und dessen Kosten auf der anderen Seite.

Was die Höhe der Gerichtsgebühren betrifft, hat es ja schon erste begrüßenswerte Schritte in die richtige Richtung, nämlich im Hinblick auf eine Senkung, gegeben. Was den Strafvollzug betrifft, haben Sie, Herr Bundesminister, im Lichte der Vorkommnisse der letzten Jahre, glaube ich, die richtigen Schritte in die Wege geleitet, wiewohl wir an­erkennen, dass das auf der budgetären Ebene natürlich nicht immer einfach umzuset­zen ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 188

Dass 2016 im Justizbudget keinerlei Kürzungen bei Planstellen von RichterInnen und StaatsanwältInnen vorgesehen sind, sondern ausschließlich im Verwaltungsbereich ge­spart werden wird, ist bei einer angespannten Budgetlage aus unserer Sicht ebenfalls anerkennenswert.

Bei einer Gesamtbetrachtung des Justizbereichs kann man feststellen, dass das Res­sort mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln seine Aufgaben sehr gut umzusetzen vermag und daneben einige begrüßenswerte Reformschritte weiter zur Umsetzung brin­gen wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.56


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


17.56.21

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Das Kapitel Justiz ist in drei Globalbudgets unterteilt: Recht­sprechung, Strafvollzug sowie Steuerung und Services. Letzterer ist der kleinste Be­reich, er macht insgesamt nur 7 Prozent aus, ist aber insgesamt um 27 Prozent ge­stärkt worden. Dazu zählt neben Verwaltungsgeschäften auch die Förderung von Ver­einen, Sachwalter- und Patientenanwaltschaft sowie Opferhilfeeinrichtungen; meine Kol­legin Grossmann hat ja dazu schon Näheres gesagt.

Ich möchte exemplarisch nur einen Verein, den Verein NEUSTART, noch einmal he­rausnehmen. Dieser Verein hat ja sehr frühzeitig auch öffentlich eine angemessene Dotierung eingefordert und hat auf seiner Seite dafür auch kontinuierlich angemesse­ne, gute Betreuungsarbeit vorzuweisen. Er bietet Resozialisierungshilfe für Straffällige. Das ist eine sehr wichtige Arbeit, und ich möchte das hier im Hohen Haus noch einmal verdeutlichen: Im Strafrecht ist der Sühneaspekt seit der Reform Brodas in den sieb­ziger Jahren in den Hintergrund getreten; heute geht es um Verhaltensänderungen Straf­fälliger, und das kann eben nur gelingen, wenn ein Wiedereinstieg in die Gesellschaft gelingt.

NEUSTART betreut über 11 000 Klienten. Neu hinzugekommen ist auch die Betreuung der sogenannten Klienten mit Fußfessel; das sind insgesamt 312. Das ist eigentlich schon eine kleine oder mittlere Justizanstalt, und die Kosten sind vergleichsweise ei­gentlich sehr gering: Die Justizanstalt würde 10 Millionen € kosten, die Betreuung durch NEUSTART kostet nur 2 Millionen €.

Resozialisierung ist auch vorbeugender Opferschutz, und ich wünsche den Mitarbei­terInnen des Vereins NEUSTART in unser aller Interesse auch weiterhin viel Erfolg bei der Arbeit. (Beifall bei der SPÖ.)

17.58


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


17.58.33

Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Da­men und Herren! Ich möchte die gestrige Veranstaltung im Justizministerium – Combating Antisemitism through Legal Means – zum Anlass nehmen, darauf hinzuweisen, wie wichtig ein gut funktionierendes Justizsystem zur Bekämpfung von Antisemitismus ist, auch in Österreich, auch in Europa.

Die Europäische Grundrechteagentur, die ja in Wien beheimatet ist, hat beim ersten Grundrechtekolloquium der Europäischen Kommission diesen Herbst darauf hinge­wiesen, dass Antisemitismus in Österreich, in Europa ein ernst zu nehmendes Problem ist. Sie beklagt unter anderem, dass es wenige gut vergleichbare Zahlen zum Antisemi­tismus gibt, und fordert vor allem eine größere Ermutigung von sowohl Zeugen, Zeu­ginnen als auch Opfern von Antisemitismus, diese Vorfälle zu melden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 189

Die Grundrechteagentur unterstreicht auch, wie wichtig es ist, dass es zu einer guten, akkordierten Zusammenarbeit zwischen Regierung, Strafverfolgungsbehörden, Staats­anwältInnen und Nichtregierungsorganisationen kommt, und meint, dass es wichtig ist, einerseits in Schulungsmaßnahmen, was Sensibilisierung betrifft, zu investieren, ande­rerseits aber auch an einer klaren, einheitlichen, gemeinsam getragenen Definition von Antisemitismus weiterzuarbeiten.

Kurzum: Jüdische Gemeinden zu schützen ist auch ein deutliches Signal dafür, dass die Grundrechte aller Menschen ernst genommen werden – egal, wo sie in Europa le­ben, egal, ob sie einer Minderheit angehören oder nicht.

Budget, auch aus dem Justizbereich, für diese Zusammenarbeit, aber auch für Schu­lungsmaßnahmen einzusetzen ist, denke ich, ein wichtiger Schritt, der forciert werden sollte. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Korun.)

18.00


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Troch. – Bitte.

 


18.00.26

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Das Budget 2016 wird zugegebenermaßen unter schwieri­gen Bedingungen von uns gestaltet. Umso erfreulicher ist es, wenn wir in Zeiten wie diesen nicht über Stillstand diskutieren, sondern sehr wohl über Investitionen. Das gilt auch für den Strafvollzug und für die Justizanstalten.

Ja, da gibt es Handlungsbedarf. So, wie es wichtig und richtig ist, im Rahmen der Recht­sprechung Strafen zu vollziehen, ist es genauso wichtig und richtig, dass im Strafvoll­zug selbst an das Danach gedacht wird. Das heißt, es geht um die Resozialisierung von Strafgefangenen, alles Mögliche zu tun, ihren Weg zurück in die Zivilgesellschaft zu erleichtern, damit sie nicht mehr kriminell werden. Diese Investitionen in die Justiz­anstalten sind für die ganze Gesellschaft wichtig.

Eine Justizanstalt, die für ihre Programme zur Berufsausbildung besonders bekannt ist, besonders auch für die intensive Ausbildung von Facharbeitern, ist jene, die ab dem Budget 2016 über zwei Jahre hinweg knapp 14 Millionen € zugewendet bekommen wird. Das ist die Justizanstalt Simmering in der Kaiser-Ebersdorfer-Straße in Wien. Ein historischer Trakt wird dort saniert und ausgebaut, die Arbeitsbedingungen des Perso­nals, der Justizwache werden verbessert. Das erleichtert auch die Arbeit motivierter Be­diensteter beim Stufenvollzug, um eben zu resozialisieren oder dabei zu helfen.

Investitionen dieser Summe helfen natürlich auch österreichischen Unternehmen. Da geht es auch um Arbeitsplätze; auch das ist eine der Zielsetzungen des Budgets 2016.

Erlauben Sie mir noch eine Äußerung zur Rede des Abgeordneten Lausch von der FPÖ zum Thema Jugendgerichtshof! Ich halte Ihre Äußerungen für bedenklich, näm­lich das blinde Verteidigen der Abschaffung des Jugendgerichtshofes unter FPÖ-Mi­nister Böhm. (Abg. Lausch: Böhmdorfer! Sie wissen nicht einmal den Namen!) Ich kann zu Ihrer Ignoranz nur sagen: Sollte Ignoranz wehtun, dann müssten Sie vor Schmerzen schreien. (Beifall bei der SPÖ.) Dieser Jugendgerichtshof war eine unglaubliche Er­folgsgeschichte der fortschrittlichen Justiz ab den siebziger Jahren. Dessen Abschaf­fung blind zu verteidigen, das halte ich für falsch und sehr bedenklich.

Zum Thema Jugendgerichtshof kann ich nur sagen, die Position der SPÖ ist klar: Wir brauchen einen Jugendgerichtshof. Ich ersuche daher den Justizausschuss und den Herrn Bundesminister, hier weiter mit uns im Dialog zu bleiben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Lausch: Das ist Ihr Steckenpferd, oh­ne Begründung …!)

18.03



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 190

Präsident Karlheinz Kopf: Zur Untergliederung Justiz liegen mir keine weiteren Wort­meldungen vor. Dieser Themenbereich ist somit erledigt.

18.03.35UG 12: Äußeres

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zur Verhandlung der Untergliederung 12: Äußeres.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


18.03.48

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister Kurz! Sehr geehrte Damen und Herren! Da muss ich mich ein bisschen besser positionieren. (Der Redner verändert die Höhe des Rednerpults.)

Das Budget dieser Untergliederung entspricht dem, was wir aus den vergangenen Jahren kennen. Das Hauptmanko, so glaube ich, ist, dass die aktuelle Entwicklung der letzten vier Monate überhaupt nicht eingeflossen ist. Wir haben dieselben Ansätze, die­selben Probleme, dieselben Verschwendungen und im Wesentlichen dieselben Vertei­lungen.

Fangen wir einmal mit den Botschaften, also den Vertretungen im Ausland an! Da gibt es Änderungen, die angesichts der Äußerungen in den letzten Jahren erstaunen. Wir haben bis vor Kurzem noch gehört, das Wichtigste und die größte Errungenschaft sei es, dass Österreich in jedem Land der Europäischen Union eine Botschaft hat. Jetzt entnehmen wir den Mitteilungen, es werden gleich alle drei Botschaften in den balti­schen Ländern und auch jene in Malta geschlossen. Das kann man ja als vernünftig ansehen, wenn man sagt: Sparen wir in Europa ein! In einem Staat, der am Weg zum Einheitsstaat ist, ob man es mag oder nicht, der sein eigenes Netz an auswärtigen Ver­tretungen hat, da brauchen wir nicht überall diplomatische Vertretungen, da reichen vielleicht die großen Länder.

Es geht aber nicht um Einsparungen, sondern es geht darum, hin- und herzuschieben. Statt den drei baltischen Staaten, die nicht durch eine baltische Botschaft oder durch eine nordische Botschaft ersetzt werden, bekommen wir Botschaften in so „wichtigen“ Ländern wie Moldawien, Georgien und Weißrussland. Mit jedem einzelnen dieser Län­der haben wir weniger Handelsumsatz als mit jedem einzelnen der baltischen Staaten. Jedes einzelne dieser Länder hat weniger Bruttosozialprodukt als jedes einzelne der baltischen Länder. Also ganz konsistent ist das nicht.

Das Zweite sind die internationalen Organisationen. Da tritt ja eine Versteinerung ein, die wir jedes Jahr schon andiskutiert haben, beziehungsweise wir haben versucht, mit dem Minister zu diskutieren, dass Organisationen Jahre und Jahrzehnte aufrechterhal­ten werden, nachdem die Krisen schon gelöst sind. Nach wie vor fließen Millionen ös­terreichischer Beiträge … (Abg. Lopatka spricht an der Regierungsbank mit Bundesmi­nister Kurz.) – Gut, es muss ja niemand zuhören, es gibt ja keine Zuhörverpflichtung. Das ist hier Gott sei Dank freiwillig, auch für die Minister.

Es fließen Millionen österreichischer Beiträge in Missionen, die längst beendet gehö­ren, weil es diese Konflikte nicht mehr gibt. Wir leisten Millionenbeiträge für Missionen in der Elfenbeinküste, in Haiti, in Liberia, wo die Konflikte seit Jahren oder Jahrzehnten beendet sind. Wir leisten Millionenbeiträge zum Beispiel für die UNIFIL im Südlibanon. In der ganzen Region gibt es zwar Krisen, aber die einzige Krise, die nicht aktuell ist, ist jene zwischen Israel und seinen Nachbarländern. Die Länder versinken im Bürger­krieg, in Instabilität. Millionen werden für ein Heer von UNO-Soldaten ausgegeben, die dort stehen, wo es wirklich nichts zu regeln und zu schlichten gibt, nämlich an der liba-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 191

nesisch-israelischen und der syrisch-israelischen Grenze. Da ist dringender Handlungs­bedarf gegeben. (Beifall bei der FPÖ.)

Entwicklungshilfe: das gleiche – ich sage einmal – Drama oder die gleiche Verschwen­dung wie seit Jahren. Wir haben mittlerweile wieder eine zweistellige Zahl von Entwick­lungshilfe-Schwerpunktländern. Wir haben ein Budget von 70 Millionen, 80 Millionen € so­genannter bilateraler Entwicklungshilfe oder Unterstützung oder Kooperationsentgelt, das verteilt und in kleinste Brocken zerlegt wird, anstatt dass wir uns endlich ein oder zwei Länder suchen, auch nach politischen Gegebenheiten, die wir unterstützen.

Es kann auch meiner Ansicht nach nicht sein, dass wir in Georgien oder in Moldawien, im Kosovo oder in Bosnien Entwicklungshilfe leisten. Das sind im Prinzip entwickelte Länder, die nur unter der postkommunistischen Zerstörung ihrer Moral und ihrer gesell­schaftlichen Strukturen leiden. Das kann man nicht mit Burkina Faso, Somalia oder Äthiopien vergleichen, sondern das sind Länder, denen man allenfalls helfen müsste, sich selbst zu reorganisieren.

Entwicklungshilfe sollte letztlich auch im Interesse des eigenen Landes verwendet wer­den, deshalb verstehe ich nicht – auch der Herr Minister versteht das nicht ganz und teilt hier meine Bedenken –, dass wir für die Gewährung von Entwicklungszusammen­arbeitsgeldern und -projekten nicht verlangen, dass diese Länder 100 Prozent koope­rativ bei der Rückführung illegaler Einwanderer, vor allem abgewiesener Asylwerber sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Europäische Union versagt hier total und ist nicht in der Lage, nach Jahren durch­zusetzen, dass zumindest die nordafrikanischen Staaten, die Hunderte Millionen an He­ranführungshilfe und Kohäsionsgeldern und so weiter bekommen, da kooperativ sind. Wir müssten wenigstens ein Beispiel setzen und bei all diesen Ländern exakt prüfen, ob sie kooperativ sind, ob sie Abkommen abschließen und Leute zurücknehmen.

Die Abschiebung illegal aufhältiger Personen oder abgewiesener Asylwerber außer­halb Europas tendiert gegen null in den letzten Jahren. Wir haben daher einen Antrag vorbereitet, den ich nicht näher begründen will, weil er für jeden, der interessiert ist, schriftlich ausgeführt ist.

Dieser Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine EZA-Leistungen für bei der Rücknahme ihrer Staatsbürger unkooperative Entwicklungs­länder

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, keine EZA-Leistungen mehr an Entwicklungs­länder zur Verfügung zu stellen, die entweder keine Abkommen zur Rücknahme ihrer Staatsbürger nach den Wünschen Österreichs abschließen oder bei der Rücknahme nicht kooperativ sind.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

18.09


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Hübner soeben einge­brachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhand­lung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 192

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Hübner und weiterer Abgeordneter

betreffend keine EZA-Leistungen für bei der Rücknahme ihrer Staatsbürger unkoope­rativen Entwicklungsländer

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), TOP 6, in der 104. Nationalratssitzung, UG 12 – Äußeres

Aus der Anfragebeantwortung 185/AB XXV. GP der Bundesministerin für Inneres vom 5.2.2014 zur Anfrage der Abgeordneten Alev Korun vom 5. Dezember 2013 unter der Zahl 196/J, ergibt sich für das Jahr 2012 eine Anzahl abgeschobener, ehemaliger Asyl­werber von 481, für das Jahr 2013 (nur die ersten 11 Monate) von nur noch 375.

Davon waren beispielsweise für das Jahr 2013 überhaupt nur 188 Abschiebungen auf­grund rechtskräftiger asylrechtlicher Ausweisungstiteln.

Angesichts des Umstandes, dass bei durchschnittlich 25.000-30.000 Asylanträgen jähr­lich (vor 2015) rund zwei Drittel der Asylwerber keinerlei Asyl- oder sonstige Bleibe­rechtsgründe glaubhaft machen können, ist dringender Handlungsbedarf gegeben.

In die Hauptherkunftsländer des Asylwerberstroms konnten so gut wie keine Abschie­bungen durchgeführt werden (für 2013 etwa: Afghanistan 4, Irak 1, Liberia 0, Sierra Leone 1, Syrien 2, Uganda 0, Äthiopien 0, Burkina Faso 0, Somalia 0, Eritrea 0, …).

Nennenswerte Zahlen von Abschiebungen (insgesamt) hat es nur innerhalb Europas gegeben, wie nach Polen, Rumänien, Ungarn und die Slowakei.

In den meisten Fällen scheiterten außereuropäische Abschiebungen auch an der man­gelnden Kooperationsbereitschaft der Herkunftsländer, die größtenteils Empfänger (oder sogar Schwerpunktempfänger) internationaler Entwicklungshilfe sind. Auch Österreich trägt (bilateral und multilateral) zu den Entwicklungsbemühungen bei.

Entwicklungshilfe sollte angesichts dieser Zahlen dringend an die Bereitschaft der Ent­wicklungsländer (insbesondere der afrikanischen Staaten) zu koppeln sein, ihre Staats­bürger, die illegal nach Europa einzuwandern versuchen, die in Europa strafrechtlich verurteilt wurden oder denen kein Asylstatus oder subsidiärer Schutz zugestanden wur­de, unverzüglich und bedingungslos zurückzunehmen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, keine EZA-Leistungen mehr an Entwicklungs­länder zur Verfügung zu stellen, die entweder keine Abkommen zur Rücknahme ihrer Staatsbürger nach den Wünschen Österreichs abschließen oder bei der Rücknahme nicht kooperativ sind.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Lopatka. – Bitte. (Abg. Darmann: Herr Klubobmann Lopatka, stimmen Sie zu!)

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 193

18.09.32

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Außenminister! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Das Außenministerium hat kein großes Budget, wenngleich die Aufgaben immer mehr geworden sind. In Wirklichkeit ist es so, dass das Außenministerium 0,6 Prozent der 77 Milliarden € an Budget zur Verfügung hat und dabei viele Aufgaben zu erfüllen hat. In Detailbereichen ist es auch gelungen, das Budget zu erhöhen: Der Auslandskatastrophenfonds wird um 20 Millionen € erhöht, für die Entwicklungszusammenarbeit gibt es 15 Millionen € mehr, die Integrationsmittel sind natürlich auch erhöht worden.

In dieser Krisensituation sind Professionalität und großes Engagement gefragt. Das se­hen wir bei unserem Diplomatischen Corps, auch zuletzt wieder in Paris, denn leider werden ja auch Österreicher von diesem Terror nicht verschont, der uns weltweit be­schäftigt.

Was da das Außenamt und auch Wien leisten können, das haben wir in der letzten Zeit gesehen. Bei der Frage, was die Sanktionen gegen den Iran betrifft, war Wien im Blick­punkt; zuletzt auch bei den Syrien-Verhandlungen, wo wir nur alle hoffen können, dass sie einen positiven Abschluss finden werden.

Die zwei renommiertesten deutschsprachigen Zeitungen, die „Neue Zürcher Zeitung“ und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, haben das so kommentiert: Am 31. Oktober 2015 hieß es in der „Neuen Zürcher Zeitung“:

Sebastian Kurz hat sich als Außenminister international Respekt verschafft. Es ist ihm auch gelungen, das Haus so zu reorganisieren, dass es eine sinnvolle Schwerpunkt­setzung gibt. – Zitatende.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hat zu Wien gemeint: „Die Stadt, auf die die Welt schaut.“

In Österreich haben derzeit insgesamt 37 internationale Organisationen inklusive Ver­bindungsbüros und NGOs ihren Sitz. Darin bestätigt sich die wichtige Rolle, die Öster­reich in der Diplomatie einnimmt: Wien als Zentrum des Dialogs und als Brückenbauer. Genau das ist es, was Österreich auszeichnet, was weit über die Größe unseres Landes hinausgeht und was man auch wirtschaftlich sehen muss. Eine Studie von Ernst & Young im Auftrag des Außenministeriums hat errechnet, dass durch diese internationalen Or­ganisationen 10 000 Arbeitsplätze in Österreich gesichert werden. Das ist etwas – wir haben es heute am Vormittag schon angesprochen –, wenn uns allen die Sicherung von Arbeitsplätzen wichtig ist.

Diese aktive Außenpolitik, die vom Außenminister federführend geleistet wird, hat sich auch in der Ukraine-Krise gezeigt, wo wir ja von Beginn an mit dabei waren, um zu ei­ner Lösungsfindung im Rahmen unserer Möglichkeiten einerseits im Europarat, aber andererseits auch innerhalb der OSZE zu kommen.

Daher – meine Redezeit ist limitiert – sage ich, das Außenamt mit Außenminister Kurz an der Spitze ist auf einem guten Weg. Wenn wir budgetär noch etwas machen kön­nen: Dieses Ressort verdient es sich. Jetzt kommt es aber auch mit diesen wenigen Mitteln, die es hat, sehr gut aus. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Pilz: Reinhold, er hört dir nicht zu!)

18.13


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Windbüchler-Sou­schill zu Wort. – Bitte.

 


18.13.12

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Herr Minister! Weltpolitik ist tatsächlich zur Innenpolitik ge-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 194

worden. Die Auswirkungen der Kriege und Krisen, die Auswirkungen des Klimawandels, die Auswirkungen der durchaus einseitigen Handelspolitik der Industriestaaten sind spür­bar – spürbar wie nie zuvor. 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Wir können uns nicht mehr vor diesen Kriegen und vor dieser Ungerechtigkeit abschotten. Ganz im Gegenteil! Es ist unsere Verpflichtung, auch österreichische Verpflichtung, tat­sächlich Lösungen zu finden.

Herr Minister! Das Außenministerium, die Diplomatinnen, die Diplomaten, die gut aus­gebildet sind, aber auch alle NGOs sind Teil einer möglichen Lösung. Diese Lösung braucht aber auch finanzielle Mittel. Wir haben es gerade gehört: Nur 0,6 Prozent des Gesamtbudgets fließen in das Außenministerium. Diese sind von 2015 auf 2016 noch einmal um 20 Millionen € gekürzt worden, trotz der großen Herausforderungen, vor de­nen wir alle gemeinsam stehen.

Es braucht einfach mehr Friedenspolitik, mehr neutrale Außenpolitik als weniger. Ge­rade nach den furchtbaren Terroranschlägen von Paris muss es Prämisse sein, hier ganz genau hinzuschauen. Es braucht ein umfassendes Terrorpräventionsprogramm und die Diplomatie, die natürlich auch entsprechend finanziert werden müssen.

Herr Minister, Sie wissen, schon einmal wurde in diesem Jahrtausend der Krieg gegen den Terror ausgerufen – vonseiten der USA nach 9/11. Aus diesem Krieg müssen wir auch unsere Lehren ziehen, denn diesen Krieg hat niemand gewonnen. Es wurde mehr verloren als gewonnen. Wir dürfen die gleichen Fehler nicht noch einmal machen, die in den letzten Jahren geschehen sind. (Beifall bei den Grünen.)

Was sind dann die Lösungsansätze? – Die Europäische Kommission hat ein Paket an­gekündigt, um den Waffenschmuggel zu bekämpfen. Doch in puncto Waffenschmug­gel, aber auch hinsichtlich Terrorismusfinanzierung ist die derzeitige Politik der Euro­päischen Union, aber auch von Österreich sehr aktionslos. Es gibt kaum weitere Schrit­te, das zu verfolgen.

Das gilt auch für die Umsetzung der Anti-Geldwäsche-Richtlinie, die sich enorm verzö­gert. Da muss auch Österreich weiterhin aktiv sein. Die Hauptfinanciers des Terrors und des Terrorismus müssen verfolgt werden. In erster Linie ist hier Saudi-Arabien zu nennen; das gilt auch für die Kooperation mit Österreich. Da braucht es klare Schritte gegen weitere Kooperationen. Es braucht auch das Ende des sogenannten Dialogzen­trums, das am Ring steht, das ausschließlich von Saudi-Arabien finanziert wird, denn genau solche Finanzierungen und solche Kooperationen fördern das, was wir alle hier eigentlich nicht wollen, nämlich Terror und Terrorismus.

Weiters braucht es das Exportverbot für Waffen. Für Österreich gilt natürlich in der ge­genwärtigen Situation das Exportverbot, das ist keine Frage; aber Österreich kann und soll sich auch dafür einsetzen, dass auch Exportverbote für Waffen vonseiten der USA, vonseiten Russlands und anderer UN-Länder möglich sind. Diese Schritte müssen end­lich gesetzt werden.

Das gilt auch für Alt- und Gebrauchtwaffen: Sie wissen alle, dass immer wieder Fotos von in Österreich erzeugten Waffen im Netz und in den Medien kursieren. Dagegen braucht es auch ganz klare Handlungen. Entweder sie müssen vernichtet werden, oder sie müssen zumindest markiert und signiert werden, um sie nachverfolgen zu können.

Nach den Waffenembargos sind auch Wirtschaftssanktionen eine ganz klare Ausrich­tung der österreichischen Außenpolitik. Dazu gehört die Austrocknung der Finanzquel­len, aber auch die Boykottforderung ist jetzt wieder aufrecht, was Katar und die Fuß­ball-WM 2022 anbelangt. Eine Fußball-WM in einem Land zu veranstalten, das ganz offensichtlich mit den Terror kooperiert oder diesen auch finanziert, ist letztklassig und muss auf jeden Fall verhindert werden. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 195

Es ist natürlich anzuerkennen, dass Wien die Syrien-Konferenz ausrichtet, aber es ist nicht anzuerkennen, dass die Gelder für die UN-Hilfsorganisationen – sei es UNICEF, sei es UNHCR, aber vor allem das World Food Programme – so gering sind oder gar nicht ausbezahlt werden, sodass die Vor-Ort-Hilfe nicht funktioniert.

Herr Minister, Sie geben rund 1,2 Millionen € für Medienkooperationen aus, während das World Food Programme in diesem Jahr bis jetzt nur die Hälfte bekommen hat: 650 000 € wurden bis dato an das World Food Programme überwiesen. Dieses Par­lament hat Ihnen einen klaren Arbeitsauftrag gegeben, diesbezüglich in die Gänge zu kommen und tatsächlich Gelder in die Hand zu nehmen. Bis dato ist auch das nicht ge­schehen.

Es ist anzuerkennen, dass der Auslandskatastrophenfonds endlich aufgestockt wur­de – eine langjährige Forderung der Grünen –, aber es ist nicht anzuerkennen, dass die multilaterale Entwicklungspolitik am gleichen niedrigen Stand bleibt.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufstockung der multilateralen und bilateralen Entwicklungszusammenarbeit

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis Sommer 2016 eine Vorla­ge zuzuleiten, die die Erhöhung der finanziellen Mittel der gesamten Entwicklungszu­sammenarbeit vorsieht und durch eine verbindliche ressortübergreifende entwicklungs­politische Strategie und einen kohärenten, alle Ressorts betreffenden Stufenplan abge­sichert ist. Dieser Stufenplan zur Erreichung des 0,7 %-Zieles muss gesetzlich veran­kert und bis 2030 vollständig umgesetzt werden.“

*****

Mehr Außenpolitik und nicht weniger! (Beifall bei den Grünen.)

18.19


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben von Frau Abgeordneter Windbüchler-Souschill eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde

betreffend Aufstockung der multilateralen und bilateralen Entwicklungszusammenarbeit

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) – UG 12

Begründung

Die internationale Politik ist gegenwärtig von dramatischen humanitären Krisen ge­prägt: Der nahe Osten versinkt immer mehr in langanhaltende blutige Bürgerkriege, un-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 196

ter denen Millionen von Menschen leiden: Syrien, Jemen, Irak, und Libyen stecken in hu­manitäre und politischen Katastrophen. Große Flüchtlingswellen bewegen sich inner­halb der Region, und weiter nach Europa. Die aktuellen Krisen erfordern klare neue Stra­tegien auf dem Weg zu einer nachhaltigen und fairen Welt.

Entwicklungspolitik dreht sich jedoch längst nicht mehr nur um Krisenbekämpfung im globalen Süden. Sie betrifft ganz wesentlich unsere eigenen Probleme - vom Flücht­lingselend bis zum Klimawandel. Auch mit immer stärker gesicherten Grenzen und hö­heren Zäunen können wir uns nicht vor Rohstoff-Kriegen, Umweltverschmutzung und den Folgen globaler Ungerechtigkeit abschotten.

Paradoxerweise sind mittlerweile auch die Erfolge der Armutsbekämpfung in Schwel­lenländern ein Grund zur Beunruhigung, denn der steigende Ressourcenverbrauch - noch immer ein Bruchteil des westlichen Niveaus - beginnt, unseren eigenen Lebens­stil in Frage zu stellen. Entwicklungspolitik wird zur Innenpolitik. Wir müssen uns ge­meinsam unserer globalen Verantwortung stellen, Profitmaximierung und Ausbeutung stoppen, Menschen und Umwelt endlich in den Mittelpunkt rücken.

Folgende Maßnahmen würden zu einer tatsächlichen nachhaltigen österreichischen Entwicklungspolitik führen:

Fixierung eines Stufenplanes für das 0,7 %-Ziel

Eine verbindliche ressortübergreifende entwicklungspolitische Strategie als Garant ei­ner nachhaltigen globalen Entwicklung

Aufstockung der Mittel für Projekte der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit

Schaffung eines Ministeriums für globale Entwicklung und Nachhaltigkeit

Prüfung der Effektivität der Armutsreduktion bei Vergabe von EZA-Mitteln an den Pri­vatsektor

Es ist nötig, sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, eine mutigere Politik mit einer vor­wärtsgewandten Strategie zu verfolgen, um diesen Planeten für alle Menschen zu ei­nem guten Ort zum Leben zu machen. Es ist notwendig, endlich den Weg der Aus­grenzung und Überbenützung der Ressourcen zu verlassen und den Kurswechsel hin zu einer nachhaltigen Wirtschafts- und Lebensweise zu wagen. Die lang versprochene Fixierung eines Stufenplanes für das 0,7 % Ziel sowie eine ressortübergreifende ent­wicklungspolitische Strategie wäre für Österreich ein erster Schritt in die richtige Rich­tung.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis Sommer 2016 eine Vor­lage zuzuleiten, die die Erhöhung der finanziellen Mittel der gesamten Entwicklungs­zusammenarbeit vorsieht und durch eine verbindliche ressortübergreifende entwick­lungspolitische Strategie und einen kohärenten, alle Ressorts betreffenden Stufenplan abgesichert ist. Dieser Stufenplan zur Erreichung des 0,7 %-Zieles muss gesetzlich verankert und bis 2030 vollständig umgesetzt werden.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 197

18.20.03

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): In den 3 Minuten Redezeit bleibt mir nur, ganz kurz auf wenige Schwerpunkte einzugehen.

Man sollte mehr würdigen, dass Wien der Ort ist, an dem die Iran-Konferenz stattge­funden hat, und Wien der Ort ist, an dem jetzt die Syrien-Konferenz stattfindet, auch mit einem Plan, mit einem Zeitablauf, wo man versuchen möchte, eine neue Verfas­sung zu entwickeln, wo man friedenspolitische Maßnahmen setzen will, damit auch die Wurzel der Migration aus diesem Raum beseitigt wird und damit man dort wieder eine Lebensperspektive für die Menschen entwickeln kann und die Menschen dort weiter le­ben möchten.

Wir sind aber nicht nur Gastgeber. Ich nehme an, dass das Ziel ist, Herr Außenminis­ter, bei solch einer Konferenz auch mitzuwirken und sozusagen auch unsere guten Dienste und Erfahrungen einzubringen. Die Mitarbeiter des Außenressorts gehören zu den qualifiziertesten Experten und Beamten aller Ressorts, die wir haben, und ich den­ke, dass das mit Sicherheit auch eine Expertise ist, die da durchaus etwas bringen kann.

Es zeigt sich auch, wie gut und wichtig es ist, dass Wien die dritte UNO-Stadt ist, dass es hier die UNO-City gibt, dass die Experten und Beamten aus diesem Bereich hier sind und dass wir damit ein Platz des Dialogs sind, und dass man versuchen soll, na­türlich im Rahmen einer aktiven Neutralitätspolitik, einer aktiven Außen- und Europa­politik hier aktiv zu sein. Ich sage, das ist im Endeffekt die ganze Regierung. Es sind der Bundeskanzler, der Außenminister, die vielen Minister, die im Rahmen der Euro­päischen Union hier tätig sind und die Interessen Österreichs und die gemeinsamen Interessen der Europäischen Union, wenn Beschlüsse gefasst sind, dann auch umset­zen und vertreten. Ich glaube, dass wir damit ein durchaus aktives Bild in der Welt ab­geben. Ich verweise auch auf den Ukraine-Konflikt, bei dem versucht wurde, mit ganz konkreten Vorschlägen einzuwirken und einen Beitrag zur Lösung des Konflikts zu leis­ten.

Zum Budget nur Folgendes: Es war völlig klar, dass Sie, Herr Bundesminister, auch bei Vertretungen Einsparungen vornehmen müssen. Die Einsparungen bei den drei balti­schen Ländern sind für mich nachvollziehbar. Ich erinnere mich an die Aussagen der Vertreter dieser baltischen Länder damals in Rom, die mit Kriegsrhetorik ausgestattet waren, dass ich nur so den Kopf schütteln konnte. Das soll jetzt nicht in Verbindung mit den Botschaftsschließungen gesehen werden, aber ich kann nachvollziehen, dass man da durchaus konzentrierter vorgehen möchte, und ich denke, dass man da durchaus am richtigen Ort Einsparungen durchführt. Sie werden mir sicher recht geben (Bundes­minister Kurz spricht mit einem Mitarbeiter), auch Ihr Einflüsterer wird mir recht geben, vielleicht ist er sogar der Erfinder dieses Gedankens.

Herr Minister! Ich hoffe, dass Sie und dass wir diesen Weg hier fortsetzen können – im Interesse Österreichs und einer aktiven Außen- und Europapolitik von Ihnen und von der gesamten Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

18.22


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Vav­rik. – Bitte.

 


18.23.08

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte an die Ausführungen der Kollegin Windbüchler-Souschill an­schließend das Thema EZA ansprechen. Erlauben Sie mir, ein bisschen auszuholen!

Die Flüchtlingswelle, die derzeit an die Grenzen Europas brandet, stellt uns – Öster­reich und Europa – vor riesige Herausforderungen. Es ist natürlich zuerst eine humani-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 198

täre Krise in unserer Nachbarschaft, und allein aus diesem Grund sind wir zum Han­deln aufgerufen.

Darüber hinaus stellt die Migrationswelle aber unser Sozialsystem, das Zusammenle­ben in unserer Gesellschaft, unsere Budgets und auch den Zusammenhalt innerhalb Europas auf eine harte Probe. Manche sagen, dass wir die erste wirklich existenzbe­drohende Krise Europas seit den Römischen Verträgen erfahren. Diese noch nie dage­wesene Herausforderung verlangt einen ganzheitlichen Lösungsansatz, ein komplexes Paket an Maßnahmen kurzfristiger und langfristiger Natur, Maßnahmen auf der EU-Ebene, Maßnahmen auf der nationalen Ebene, beginnend mit der Unterbringung, der Versorgung und der Ausbildung der Flüchtlinge, und natürlich auch Maßnahmen in den Herkunftsländern.

Die Meinungen zur Wirksamkeit all dieser Maßnahmen sind geteilt, aber in einem herrscht doch Konsens, glaube ich: Wir alle sind der Meinung, dass Hilfe vor Ort, in den Her­kunftsländern für einen Beitrag zu einer menschenwürdigen und nachhaltigen Lösung der Flüchtlingskrise unabdingbar ist. Hilfe vor Ort – Herr Bundesminister, Sie haben das auch immer wieder betont, zuletzt vor ein paar Tagen im Ausschuss – ist einer der prio­­ritären Punkte. Leider finde ich davon aber wenig im Budget wieder.

Was finde ich im Budget? – Ich finde eine Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds von früher mickrigen 5 Millionen € auf bescheidene 20 Millionen €. Wir begrüßen das, wir haben es verlangt, aber wir alle wissen, das ist noch ein sehr bescheidener Betrag im Vergleich zu anderen vergleichbaren Ländern wie der Schweiz oder Schweden.

Ich finde weiters eine Erhöhung der bilateralen EZA um 15 Millionen €. Das ist aller­dings eine Scheinerhöhung, muss ich leider feststellen, denn das ist nur die Rücknah­me einer Kürzung. Wir sind dabei wieder auf dem Niveau von 2014 und weit unter dem Niveau, das wir vor Jahren hatten; es waren schon einmal 100 Millionen €.

Was finde ich noch? – Eine Kürzung der Beiträge Österreichs zu den internationalen Organisationen und zu den internationalen Missionen in der Höhe von 15 Millionen €. Herr Bundesminister, ich lasse mir nicht einreden, dass das auf Währungsschwankungen oder auf neue Aufteilungsschlüssel zurückzuführen ist, es ist eine Kürzung um 15 Mil­lionen €, und die kommt nach einer früheren Kürzung von 10 Millionen €. Wir hatten nämlich 2014 noch 90 Millionen €, 2015 sind es 80 Millionen € geworden, und jetzt sind 65 Millionen € budgetiert.

Es ist natürlich so, dass die UG 12 nicht die Gesamtheit der öffentlichen Entwicklungs­hilfeleistungen widerspiegelt. In Wirklichkeit kommt das Geld aus vielen Quellen, von mindestens drei Ministerien, Finanz-, Landwirtschafts- und Außenministerium, von der ADA, von der Oesterreichischen Entwicklungsbank, von den Gemeinden, von den Län­dern; also aus vielen Quellen, insgesamt 870 Millionen €. Aber auf meine schriftliche Anfrage, wie hoch die budgetierten Beiträge für das Jahr 2016 sind, die auf diese ODA, diese offizielle Entwicklungshilfe anrechenbar sind, haben Sie mir geantwortet, dass Sie das noch nicht wissen, dass Sie das nachreichen werden. Das werden wir erst wis­sen, nachdem wir das Budget beschlossen haben.

Ich finde es schon etwas enttäuschend, dass es trotz der erwähnten Dringlichkeit und trotz des Konsenses, dass hier dringend gehandelt werden muss, offensichtlich noch keine ressortübergreifende Planung und Budgetierung der EZA gibt. Obwohl die Regie­rung es sich zum Ziel gesetzt hat – ich zitiere jetzt aus dem Regierungsprogramm –, die Entwicklungszusammenarbeit als staatliche Gesamtverantwortung“ zu „stärken“ und das Regierungsübereinkommen folgende ganz konkrete Maßnahme enthält – ich zitiere noch einmal –: „Entwicklung und gesetzliche Verankerung eines Stufenplans zur Erhöhung der EZA-Mittel bis zur Erreichung des 0,7 %-Ziels“ –, und obwohl sich der Rat der EU im Mai noch einmal diesem Ziel der 0,7 Prozent des BNE verpflichtet hat


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 199

und Österreich sich diesem Ziel ausdrücklich noch einmal angeschlossen hat, geschieht in diesem Bereich nichts.

Herr Bundesminister! Wir haben – ich, aber auch Kollegen aus anderen Parteien – im Ausschuss immer wieder gefragt, wo dieser Geisterstufenplan sei, und zuletzt haben Sie ein bisschen genervt reagiert und gesagt, dass das schon seit Monaten im Finanz­ministerium liege und dass Sie es uns schicken. Sie haben es geschickt – danke viel­mals! –, und das (ein Schriftstück in die Höhe haltend) ist dieser Stufenplan.

Das ist der Stufenplan! Es sind drei Zeilen: Die erste Zeile ist eine Prognose des BNE bis 2030, die zweite Zeile ist der Prozentsatz von derzeit 0,26 bis 0,7 im Jahr 2030, und die dritte Zeile ist die Multiplikation der ersten mit der zweiten Zeile – und das ist der Plan!

Herr Bundesminister, nehmen Sie es mir nicht übel, aber das ist kein Plan! Mich wun­dert es nicht, dass der Herr Finanzminister darauf nicht reagiert. Er hat sich wahr­scheinlich gedacht: Die nehmen das eh nicht ernst! Wenn ich so etwas bekäme, würde ich auch nicht darauf reagieren.

Sie haben mir auch gesagt, Herr Bundesminister, es gebe den Dreijahresplan, an die­sen solle ich mich anlehnen. Ich muss Ihnen sagen, den Dreijahresplan gibt es noch nicht, heute um 9 Uhr in der Früh war er noch nicht auf der Webseite des Außenminis­teriums. (Bundesminister Kurz: … die SPÖ blockiert!) – Die SPÖ blockiert. Okay, re­den wir darüber, wer blockiert! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ah, die SPÖ blockiert! Na wir werden sehen, wer blockiert.

Sie, Herr Bundesminister, verlangen immer wieder einen politischen Auftrag, und daher bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christoph Vavrik, Tanja Windbüchler-Souschill, Christoph Ha­gen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung und gesetzliche Verankerung ei­nes Stufenplans zur Erhöhung der EZA-Mittel bis zur Erreichung des 0,7%-Ziels

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen ausgearbeiteten

– also nicht eine Linie –

Stufenplan zur Steigerung der EZA-Ausgaben auf 0,7 Prozent des BNE bis 2030 vor­zulegen, der neben der numerischen budgetären Aufschlüsselung

– also nicht nur eine Linie –

auch die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen berücksichtigt sowie in eine Gesamtstrategie die geografischen und inhaltlichen Schwerpunkte und beab­sichtigte strategische Partnerschaften inkludiert.

*****

Das wäre der politische Auftrag, den Sie öfters erbeten haben, Herr Bundesminister! Dieser Entschließungsantrag wird von drei Oppositionsparteien mitgetragen. Auch die Sozialdemokraten blockieren nicht, sie wären bereit gewesen, das heute mitzutragen, den Antrag zu unterstützen, aber Ihre Fraktion, die ich gebeten habe, da mitzugehen, hat gesagt: Wir müssen im Ministerium anfragen – ich möchte hier das Verständnis Ih­rer Fraktion von Parlamentarismus und Gewaltentrennung nicht kommentieren –, ob wir das dürfen! Und als Antwort kam: Nein. Ich weiß nicht, bei wem das gelandet ist, aber


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 200

wahrscheinlich bei der falschen Person. Vom Ministerium hieß es: Nein, das wird nicht unterstützt.

Jetzt ist die Frage, Sie haben noch eine letzte Chance … (Abg. Lopatka: Kollege Vav­rik, Sie haben nie mit mir darüber geredet!) – Nein, ich habe mit dem EZA-Sprecher da­rüber gesprochen, mit Kollegen Huainigg, der als Nächster reden wird. Er hat die Gele­genheit, das abzustreiten, aber mir hat er gesagt, er müsse im Ministerium anrufen, und als Antwort kam: Njet. Vielleicht kann man das noch kurzfristig korrigieren; ich glaube, das wäre eine schöne Sache.

Der Antrag ist eigentlich harmlos, keine Zahlen, nur das, was Sie brauchen, Herr Bun­desminister, damit dieser Plan ein bisschen aufgefettet wird und wir vielleicht in die Gän­ge kommen und einen ersten guten Schritt in diese Richtung machen. – Danke viel­mals. (Beifall bei den NEOS.)

18.31


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Vavrik eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christoph Vavrik, Tanja Windbüchler-Souschill, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Entwicklung und gesetzliche Verankerung eines Stufenplans zur Erhöhung der EZA-Mittel bis zur Erreichung des 0,7%-Ziels.

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (890 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Bundesfinanzrahmenge­setze 2015 bis 2018 und 2016 bis 2019 sowie das Bundesfinanzgesetz 2015 geändert werden (819 d.B.) - TOP 6 - UG12

Österreich bekennt sich zu den nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) der Vereinten Nationen, die im September 2015 durch die VN-Vollversammlung beschlossen wurden.

Der Rat der Europäischen Union hat sich am 26. Mai 2015 dem Ziel verpflichtet, eine ODA-Quote von 0,7 % des BNE zu erreichen. Österreich hat sich diesem Ziel ausdrück­lich angeschlossen.

Die Regierung hat sich im Regierungsprogramm zum Ziel gesetzt, die „Entwicklungs­zusammenarbeit als staatliche Gesamtverantwortung stärken“. Als eine konkrete Maß­nahme hat sie die „Entwicklung und gesetzliche Verankerung eines Stufenplans zur Er­höhung der EZA-Mittel bis zur Erreichung des 0,7%-Ziels“ festgelegt.

Der vorliegende Stufenplan bis 2030, der vom BMeiA im Sommer 2015 vorgelegt wur­de, definiert nur die numerische Steigerung der ODA-Ausgaben bis 2030. Für eine lang­fristige Planung ist im Zusammenhang mit den Nachhaltigkeitszielen ein erweiterter Stufenplan für die Entwicklungszusammenarbeit notwendig.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 201

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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen ausgearbeiteten Stu­fenplan zur Steigerung der EZA-Ausgaben auf 0,7 % des BNE bis 2030 vorzulegen,der neben der numerischen butgetären Aufschlüsselung auch die nachhaltigen Entwick­lungsziele der Vereinten Nationen berücksichtig sowie in eine Gesamtstrategie die geo­grafischen und inhaltlichen Schwerpunkte und beabsichtigte strategische Partnerschaf­ten inkludiert.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 


18.31.19

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Ho­hes Haus! Das Europäische Jahr für Entwicklung geht zu Ende, und ein großes Haupt­anliegen Österreichs war es, das Bewusstsein in der Bevölkerung für Entwicklungszu­sammenarbeit zu verbessern und vor allem Jugendliche zu informieren und dafür zu in­teressieren, dass sie sich ein Jahr lang in Entwicklungsländern aufhalten, mithelfen und dort die Arbeit unterstützen. Dazu gibt es großartige Projekte der Austrian Develop­ment Agency, und auch das vorliegende Budget spiegelt diese Maßnahmen wider.

Wir haben heute schon das Budgetbegleitgesetz beschlossen. In diesem Paket ist auch das Freiwillige Sozialjahr im Ausland enthalten. Es ist jetzt möglich, dass Jugendliche ins Ausland gehen, dass sie dort versichert sind, dass sie Taschengeld und auch pädago­gische Begleitung bekommen. Das ist wichtig, damit Jugendliche diese Arbeit wirklich ken­nenlernen und für Entwicklungszusammenarbeit auch zu brennen beginnen und das dann später auch in ihrem Berufsleben weitertragen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 202

Im vorliegenden Budgetentwurf gibt es auch eine Erhöhung für den Auslandskatastro­phenfonds, und zwar auf ein Vierfaches, nämlich auf 20 Millionen €. Das ist auch Mi­nister Kurz zu verdanken, der sich in diesem Bereich sehr engagiert.

Ich möchte noch darauf zu sprechen kommen, was mein Kollege Vavrik vorgeworfen hat: dass es keinen Stufenplan gibt. Wir haben den Stufenplan im Regierungsüberein­kommen fixiert. Das ist das Ziel der Bundesregierung, und es ist nicht richtig, dass Bundesminister Kurz keinen Plan vorgelegt hat. Es gibt ihn, und es liegt am Bundes­kanzler, am Regierungschef, da auch Prioritäten zu setzen und zu sagen, dieser Stu­fenplan ist prioritär gegenüber anderen Anliegen umzusetzen.

In diesem Sinne glaube ich, dass Minister Kurz im Bereich der Entwicklungszusam­menarbeit gute und engagierte Arbeit leistet. Man muss auch sehen, dass viele Men­schen zu uns kommen, zu uns flüchten und dass hier humanitäre Hilfe in sehr großem Ausmaß gewährt wird, durchgeführt wird, die sich im Bereich der ODA dann auch wi­derspiegeln wird. Wir dürfen aber das Ziel nicht aus den Augen lassen, den Menschen vor Ort zu helfen und durch Entwicklungszusammenarbeit Perspektiven und neue Ziel­setzungen zu geben, und da helfen vor allem die Wirtschaftspartnerschaften, die die Austrian Development Agency durchführt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten von SPÖ und FPÖ.)

18.36


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Bundesminister Kurz zu Wort gemel­det. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


18.36.59

Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf mit ein paar Worten zur Ausgangslage im Außenministerium beginnen.

Die Ausgangslage ist definitiv eine anspruchsvolle: Österreich ist ein exportorientiertes Land, in dem 6 € von 10 € im Ausland verdient werden; es gibt 10 Millionen von Öster­reicherinnen und Österreichern getätigte Auslandsreisen pro Jahr; 37 internationale Or­ganisationen, die von Josef Cap bereits angesprochen wurden, bringen eine Umweg­rentabilität von 500 Millionen € pro Jahr. Das Ministerium ist auch für die Integration zu­ständig, und natürlich ist auch die Integration von mittlerweile 1,5 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund eine Herausforderung.

Die Flüchtlingskrise fordert unser Ministerium doppelt, einerseits als Außen- und Euro­paministerium, andererseits aber auch als Integrationsministerium, das zuständig ist, die Integration der Menschen zu koordinieren, die langfristig in Österreich bleiben dürfen.

Das Budget unseres Hauses beträgt 428 Millionen €, also 21,7 Millionen € weniger als im Bundesfinanzrahmen ursprünglich vorgesehen. Wir versuchen, insbesondere durch Einsparungen, die wir durch die Strukturreform im laufenden Betrieb möglich machen konnten, aber auch durch Personalmaßnahmen und durch Redimensionierungen un­serer Immobilien einen Beitrag dazu zu leisten, auf diesen Sparpfad mitzukommen.

Gleichzeitig ist es aber doch gelungen, in einigen Bereichen auch Schwerpunkte zu set­zen beziehungsweise mehr Geld in die Hand zu nehmen. Ich bin froh, dass es uns gelungen ist, mehr budgetäre Mittel für die Integration zur Verfügung zu haben, die ins­besondere für die sprachliche Frühförderung im Kindergarten eingesetzt werden. Mei­ner Meinung nach ist das sehr gut investiertes Geld, da es definitiv sinnvoller ist, früh zu investieren, als später teuer zu reparieren.

Ich bin auch froh darüber, dass es uns gelungen ist, mit Unterstützung des Finanzmi­nisteriums den Auslandskatastrophenfonds von 5 Millionen auf 20 Millionen € zu erhö­hen. Es könnte natürlich immer mehr sein, aber eine Vervierfachung ist, würde ich sa­gen, doch eine sehr deutliche Steigerung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 203

Was die Entwicklungszusammenarbeit betrifft, so habe ich von Anfang an gesagt, dass es mein Ziel ist, da nicht, so wie im Bundesfinanzrahmen vorgesehen, Einsparungen durchzuführen, sondern die Entwicklungszusammenarbeit zumindest auf dem gleichen Level halten zu können. Auch das ist gelungen! Wir halten die Entwicklungszusam­menarbeit somit auf dem Level von 2014.

Ich darf im Folgenden vielleicht ein paar Punkte aufgreifen, die von Abgeordneten an­gesprochen wurden.

Herr Abgeordneter Hübner hat angesprochen, dass es notwendig ist, unsere Interes­sen zu vertreten. – Ich sehe das genauso. Außenpolitik sollte zum Ziel haben, unsere Werte, aber auch unsere Interessen in der Welt zu vertreten. Insofern – gerade wenn wir von Entwicklungszusammenarbeit sprechen – halte ich den Ansatz für sehr sinn­voll, dass die Europäische Union keine Entwicklungszusammenarbeit in Staaten leistet, die nicht bereit sind, Flüchtlinge zurückzunehmen. Ich glaube, dass es durchaus legitim ist, in diesem Bereich nicht nur Geber und Zahler zu sein, sondern gleichzeitig auch ei­nen Beitrag dieser Staaten zu verlangen. Die Rücknahme von sogenannten Wirtschafts­flüchtlingen ist in unserem Interesse und ist ein Beitrag, den die Staaten auch leisten kön­nen, um uns zu unterstützen.

Einen Punkt, den Herr Abgeordneter Vavrik angesprochen hat, kann ich auch nur voll und ganz unterstützen, nämlich: dass Hilfe vor Ort unabdinglich ist. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen: Das ist wesentlich nachhaltiger, als zu glauben, dass Europa und Österreich alle Probleme dieser Welt lösen können, indem wir die Flüchtlinge in Europa aufnehmen. Die Zahlen sind bekannt: Mit dem Mittelaufwand, den es verur­sacht, einen Flüchtling in Österreich ein Jahr lang zu versorgen, können wir in der Tür­kei 19 Menschen versorgen, in anderen Ländern der Region sogar wesentlich mehr.

Also ja, ich glaube, dass es wesentlich nachhaltiger wäre, mehr Geld für Entwicklungs­zusammenarbeit, mehr Geld für Hilfe vor Ort in die Hand zu nehmen, und ich werde weiterhin dafür eintreten, dass die österreichische Bundesregierung, aber auch die Eu­ropäische Union das tun wird. Wenn ich in andere Länder Europas sehe, wo zum Bei­spiel die Gelder für Entwicklungszusammenarbeit dafür verwendet werden, um die Flüchtlinge im Inland zu versorgen, dann glaube ich, dass das, insbesondere wenn wir uns die Kosten im Vergleich ansehen, kein sonderlich nachhaltiger Weg und die Über­legung vielleicht auch nicht die schlauste ist.

Was den Stufenplan betrifft, so habe ich kein Problem mit der kritischen Anmerkung zu der einen Seite, die hier angesprochen wurde. Es gibt natürlich wesentlich mehr, und ich teile den Inhalt gerne mit dir, Herr Abgeordneter. Es sind alle zuständigen Abgeord­neten gerne in unser Haus eingeladen, das auch mit uns zu besprechen. Es gibt so­wohl klare geografische Schwerpunktsetzungen als auch klare Ziele der Entwicklungs­zusammenarbeit. Es stimmt, dass sozusagen das eine Sheet, das die finanzielle Situa­tion darlegt, nur wenige Zahlen beinhaltet, aber das bedeutet ja nicht, dass es dahinter keinen Plan gibt und Schwerpunkte, die wir im Ministerium uns sehr genau überlegt ha­ben, die wir aber natürlich gerne auch mit den zuständigen Abgeordneten diskutieren.

Ich möchte nur schon einen Punkt klarlegen, der aus meiner Sicht ganz wesentlich ist: Solange es keine budgetäre Bedeckung für einen Stufenplan gibt, ganz gleich, wie dick das Papier ist, ganz gleich, wie viele Seiten es beinhaltet, ganz gleich, welche geogra­fischen oder thematischen Schwerpunkte es sind, solange es keine budgetäre Bede­ckung gibt, so lange ist der Stufenplan leider Gottes nur eine theoretische Übung. Ich hoffe, dass wir irgendwann dazu übergehen können, dass es keine theoretische Übung bleibt, sondern verwirklicht wird.

Letzter Punkt – weil ich auf das Dreijahresprogramm angesprochen worden bin –: Das Dreijahresprogramm ist von meinem Haus seit einigen Monaten fertig aufbereitet. Ich


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 204

gehe davon aus, dass wir das bald im Ministerrat werden beschließen können. Ich hof­fe zumindest darauf. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.43


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mölzer zu Wort. – Bitte.

 


18.43.51

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Minister, Sie haben jetzt in Ihren Ausführungen zum wiederholten Male davon ge­sprochen, dass Sie auch dafür eintreten, dass Entwicklungshilfe- oder EZA-Gelder un­ter Umständen an Rückübernahmeabkommen gekoppelt werden sollten. – Ich hoffe, dass diesen Worten auch Taten folgen werden. (Abg. Korun: Was ist mit Ihrem Ras­sismus gegenüber Kindern? Wollen Sie dazu auch etwas sagen?!) – Ich werde zur Sa­che sprechen und mich nicht von den Grünen auf die Anklagebank setzen lassen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Ich möchte gerne einen anderen Aspekt im Budget Äußeres thematisieren, nämlich den Bereich der Förderungen für deutschsprachige Minderheiten im benachbarten Aus­land. Laut Ihrer Auskunft im Budgetausschuss, Herr Minister, gibt es für diese deutsch­sprachigen Minderheiten, vor allem in Slowenien in dem Fall, keine grundsätzlichen Bud­getposten oder finanziellen Mittel, sondern nur fallweise projektbezogene Mittel in der Höhe von rund 20 000 €. Das ist unseres Erachtens deswegen bemerkenswert, weil, wie ich glaube, auch die politische Unterstützung für die deutschsprachige Minderheit, eben vor allem in Slowenien, durch die Bundesregierung sehr mangelhaft ist. Und wenn man weiß, wie hoch die Förderungen – unseres Erachtens natürlich völlig berechtigt – für die autochthonen Minderheiten in Österreich sind, dann sind natürlich diese 20 000 €, die es da fallweise gibt, sehr wenig und nahezu lächerlich.

Wir sind der Meinung, dass diese grundsätzliche Nicht-Bevoranschlagung im Budget – und das eben nicht erst im Budget 2016, sondern schon seit Jahren – darauf hindeutet, dass das Außenministerium weiterhin nicht gewillt ist und sein wird, sich aktiv für die Anliegen, für den Erhalt und den Schutz der deutschsprachigen Minderheiten, für die altösterreichischen Minderheiten in den Nachfolgestaaten der K.-u.-k.-Monarchie ein­zusetzen. Dies ist auch insofern bemerkenswert, als der Nationalrat mittels eines Ent­schließungsantrages – eines Fünfparteienentschließungsantrages aus dem Jahr 2012 – die Bundesregierung mit allen Stimmen hier im Hause dazu aufgefordert hat, sich für die Anerkennung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien einzusetzen.

Wir wollen deshalb, um dem Nachdruck zu verleihen, folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erwirkung ei­ner intensiveren Förderung der deutschen Minderheiten in den Nachfolgestaaten der ös­terreichisch-ungarischen Monarchie

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich im Sinne der Erhaltung und Stärkung der deutschen Minderheiten in den Nachfolgestaaten der Österreichisch-ungarischen Mo­narchie aktiv und in höchst möglichem Ausmaß für diese einzusetzen und die entspre­chenden Fördermittel in ausreichendem Maß zu erhöhen.“

*****

Wir hoffen auf Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.46



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 205

Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Mölzer soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mölzer, Riemer und weiterer Abgeordneter

betreffend Erwirkung einer intensiveren Förderung der deutschen Minderheiten in den Nachfolgestaaten der Österreichisch-ungarischen Monarchie

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), TOP 6, in der 104. Nationalratssitzung, UG 12 - Äußeres

Laut mündlicher Beantwortung im Zuge der Budgetausschussberatungen zur UG 12 am 18.11.2015 wurde durch den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres festgehalten, dass es hinsichtlich der Vergabe von Fördergeldern an die deutsche Min­derheiten in Slowenien und der diesbezüglichen Höhe von Fördergeldern lediglich Gel­der für „…direkt eingereichte Projekte, wie zuletzt € 20.000,- …“ jedoch „nichts Dauer­haftes“ gebe.

Neben dem Umstand, dass die deutschen Minderheiten ohnehin mangelnde politische Unterstützung durch die österreichische Bundesregierung erfahren, muss man feststel­len, dass sie auch kaum finanzielle Unterstützung erhalten.

Förderungen in der Größenordnung von lediglich € 20.000,- für die deutsche Minder­heit in Slowenien wirken verglichen mit den Förderungen, die beispielsweise die slowe­nische Minderheit in Österreich bekommt, nahezu lächerlich.

Diese „grundsätzliche Nicht-Bevoranschlagung“ besteht seit Jahren und deutet darauf hin, dass man seitens des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres auch in Zukunft nicht gewillt sein wird, sich aktiv für die deutschen Minderheiten einzu­setzen und diesen neben politischer Hilfestellung auch finanzielle Unterstützung zukom­men zu lassen.

Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auch auf die in der XXIV. GP am 19.1.2012 einstimmig angenommene Entschließung „Anerkennung der deutschsprachigen Min­derheit in Slowenien“ (1620 d.B.).

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich im Sinne der Erhaltung und Stärkung der deutschen Minderheiten in den Nachfolgestaaten der Österreichisch-ungarischen Mo­narchie aktiv und in höchst möglichem Ausmaß für diese einzusetzen und die entspre­chenden Fördermittel in ausreichendem Maß zu erhöhen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 206

18.46.46

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine Damen und Herren! Die derzeit noch gültige Europäische Sicherheitsstrategie aus dem Jahr 2003 beginnt mit den Worten: „Nie zuvor ist Europa so wohlhabend, so sicher und so frei gewesen.“

Diese durchwegs positive Zustandsbezeichnung trifft so leider nicht mehr zu. In Brüs­sel wird bereits an einer neuen Sicherheitsstrategie gearbeitet, die auf die neue Situa­tion in Europa eingehen soll. Das Europa von 2015, also von heuer, und damit auch Österreich, ist von einem Gürtel der Instabilität, der gewaltsamen Konflikte und auch der Bürgerkriege umgeben. Das beginnt in der Ukraine, wo der Anschlag auf die Strom­versorgung der Krim noch einmal sehr deutlich macht, wie brisant dieser Konflikt zwi­schen Russland und der Ukraine ist.

Der Gürtel aus Instabilität und Krisen geht weiter über Moldawien, über den Balkan, über die Türkei, wo es der Regierung nicht gelingen will, den Friedensprozess mit den Kurden fortzusetzen, nach Syrien, in den Irak, in ein Gebiet, das mittlerweile eine Aus­bildungsstätte des Terrorismus geworden ist, und diese ganze Region gefährdet auch Länder wie Jordanien oder den Libanon.

Nicht zu vergessen ist die Palästinenserfrage, auch das ist eine tickende Zeitbombe. Oder denken Sie an Ägypten mit Sinai oder an Libyen, wo der Daesch bereits 200 Kilo­meter Küstenlinie kontrolliert, bis zur Sahelzone, bis Mali!

All diese Krisen und diese Krisengebiete, meine Damen und Herren, haben eine di­rekte Auswirkung auf unsere Sicherheit und unser Leben in Europa. Daher muss klar sein, daher ist klar, dass unsere Außen- und Entwicklungspolitik einen ganz anderen Stellenwert erhalten muss und dass sich diese zunehmende Bedeutung auch finanziell zeigen muss. Die Außenpolitik muss allerdings mehr sein als der Handlanger der Wirt­schaftspolitik. Wir müssen begreifen, dass die EZA kein selbstloser Akt der Barmher­zigkeit ist, sondern dass es in unserem ureigensten Interesse liegt, wenn sich die süd­lichen Länder fair und sozial stabil entwickeln können.

Die Anhebung der Mittel für die Außenpolitik um knapp 19 Millionen €, die Aufstockung des Auslandskatastrophenfonds und der Stopp der Mittelkürzungen bei der EZA sind erste Schritte, die wichtig sind. In der EZA müssen wir weiter vorankommen, und wir verlassen uns auf Ihr Wort, Herr Außenminister, dass die Gelder dann auch tatsächlich vor Ort eingesetzt und nicht etwa umgeschichtet werden wie eben zum Beispiel in den Bereich der Integrationsmaßnahmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.49


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


18.50.01

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bun­desminister Kurz, ich möchte Sie in Ihrer Funktion als Integrationsminister ansprechen beziehungsweise würde ich Sie in dieser Funktion gerne ernst nehmen.

Wir haben ja einige lustige oder halblustige Minuten mit Ihnen im Budgetausschuss er­lebt (Zwischenruf des Abg. Rädler), wo Sie zum Beispiel auf die wiederholte Frage, wie viele Deutschkursplätze Sie mit Ihrem Budget 2016 schaffen wollen, keine Antwort geben wollten oder konnten. Sie haben sich nach mehrmaligen Fragen meinerseits dann auf die halblustige Antwort „je nach Bedarf“ festgelegt und diese „Je-nach-Bedarf“-Ant­wort auch auf mehrere Anfragen gegeben.

Nun ist es so, dass es Gott sei Dank auch ein schriftliches Anfragerecht der National­ratsabgeordneten gibt, und wenn man sich die schriftlichen Antworten anschaut, die


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 207

Sie uns, dem Parlament, übermittelt haben – danke vielmals dafür –, dann kann man sich auch vorstellen, warum die mündlichen Fragen so schwach oder nicht beantwortet wurden.

Sie haben vorhin die Erhöhung des Integrationsbudgets angegeben – das klingt auf den ersten Blick ziemlich gut. Wenn man Sie gleichzeitig fragt, und das habe ich mit konkreten schriftlichen Fragen getan, wie viele Deutschkursplätze 2016 geschaffen werden – und ich möchte nur daran erinnern, dass Sie seit Ihrem Amtsantritt Integra­tion immer sehr stark auf Deutschkenntnisse reduziert und das Deutschlernen ständig gepredigt und so getan haben, als wäre Integration damit abgeschlossen, wenn je­mand gut Deutsch kann –, und wenn man Ihre schriftlichen Antworten anschaut, wie viel zum Beispiel der Österreichische Integrationsfonds für Deutsch- und Orientierungs­kurse zur Verfügung haben wird, dann stellt man fest: Es sind 7,9 Millionen €.

Interessant finde ich, dass das 21 Prozent des Integrationsbudgets ausmacht. 21 Pro­zent des Integrationsbudgets sollen Ihren eigenen Angaben nach für Deutschkurse ver­wendet werden, und da wären nicht nur anerkannte Flüchtlinge dabei, von denen Sie im Ausschuss auch gesagt haben, Sie gehen davon aus, dass es sich dabei um eine Zahl von ungefähr 45 000 Menschen handelt, die höchstwahrscheinlich die Asylanerken­nung im nächsten Jahr bekommen werden. Da ist es doch recht erstaunlich, dass gan­ze 21 Prozent für das Deutschlernen verwendet werden sollen.

Sie haben auch von diesem Topf für Integration gesprochen, den es im Finanzminis­teriumsbudget geben soll. Diese Summe ist im Budget schwer zu finden, aber wir wer­den gemeinsam sehen, ob es dann doch dazu kommen wird, dass Sie dort Gelder für die Pflichtkurse für Demokratie, die Sie für anerkannte Flüchtlinge machen wollen, be­antragen werden. Nun ist es sehr spannend, dass dieser Topf für Integration aus 75 Millionen € bestehen soll. Die Frau Innenministerin hat im Budgetausschuss be­kannt gegeben, dass sie daraus für 30 Millionen € Anträge gestellt hat. Die Frau Unter­richtsministerin hat Anträge über 29 Millionen € gestellt, und Sie gehen gleichzeitig da­von aus, dass Sie den Großteil dieses Integrationsbudgets aus dem Finanzministerium für Integrationsmaßnahmen erhalten werden.

Womit Sie diese verpflichtenden Demokratiekurse für anerkannte Flüchtlinge finanzie­ren wollen, steht völlig in den Sternen. Darauf war Ihre Antwort auch „je nach Bedarf“ beziehungsweise „es wird gerade budgetiert“. Da das nächstjährige Budget übermor­gen beschlossen werden soll, möchte ich Sie noch einmal fragen, aus welchen Mitteln genau Sie sowohl die Deutschkurse in ausreichender Zahl als auch die verpflichtenden Kurse für anerkannte Flüchtlinge finanzieren wollen, denn das geht aus diesem Budget leider nicht hervor.

Insgesamt wünsche ich mir eine ernst gemeinte Integrationspolitik, die mehr ist als PR-Politik, Stichwort „stolzdrauf“, übrigens auch eine Kampagne, die mehr als eine halbe Million Euro Steuergeld gekostet hat, die vielleicht zu Ihren Imagewerten sehr gut bei­getragen hat – dazu möchte ich Ihnen gratulieren –, aber für echte, nachhaltige Inte­grationsarbeit leider verlorenes Geld war.

In diesem Sinne, in der Hoffnung auf eine echte, nachhaltige Politik für Zusammenle­ben und Gleichstellung – danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.55


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte.

 


18.55.46

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die menschenwürdige Be-


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wältigung des Flüchtlingsstroms ist für uns allesamt in Europa sicher ein große Heraus­forderung und vor allem auch die Integration von asylberechtigten Menschen eine ge­sellschaftliche Notwendigkeit.

Frau Abgeordnete Korun, wenn Sie dem Außenminister unterstellen, nicht ernsthaft hin­sichtlich dieses Themas tätig zu sein, dann ist das ein schlechter Scherz (Abg. Korun: Das sagen die Zahlen aus!), nicht nur deshalb, weil Sebastian Kurz einen 50-Punkte-Integrationsplan vorgelegt hat, der das Thema sehr umfassend behandelt. Man kann sich über alles lustig machen, das steht Ihnen als Opposition zu, aber alles im Vorhi­nein schlechtzureden, ist nicht fair. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Korun: Es ist sehr ernst, leider! – Zwischenrufe der Abgeordneten Lichtenecker und Walser.)

Wenn nicht nur der Außenminister sagt, sondern auch zu Beginn der Finanzminister erklärt, dass jedem in Österreich und auch in Europa klar ist, dass man Gelder für die Integration dieser Menschen und für die Bewältigung dieses Themas, für die Versor­gung der Menschen aufstellen muss (Abg. Korun: Je nach Bedarf!), dann können Sie sich nicht hier herstellen und sagen, da passiert nichts; und die genauen Zahlen stehen nicht fest, da permanent neue Menschen in unser Land kommen. (Abg. Korun: Je nach Bedarf!)

Ich ersuche Sie, gemeinsam zu schauen, dass wir da positive Lösungen erzielen. Der Flüchtlingsstrom, der Extremismus, der Terrorismus, der Dschihadismus sind enorme Herausforderungen, nicht nur für die österreichische, sondern auch für die europäische Politik. Die Schwäche des gemeinsamen Europa ist evident: dass wir keine gemeinsa­me Außenpolitik haben.

Daher ist es richtig, was unser Außenminister macht, nämlich eine Rolle für Österreich im europäischen Konzert zu suchen und diese auch klar zu positionieren, Österreich und Wien als einen Begegnungsort zu positionieren, als eine konstruktive Dialogplatt­form, wo die Weltmächte zusammenkommen: Iran-Gespräche erfolgreich, nach Jahr­zehnten ein Durchbruch gelungen; Syrienkonflikt: Friedensgespräche, die die Chance haben und einen Hoffnungsschimmer geben, dass es hoffentlich einmal zu einer fried­lichen Lösung kommt. Ich meine, das ist ein Weg, den man unterstützen muss und bei dem wir stolz darauf sein können, dass Österreich als ein derartiger Ort gewählt wird.

Abschließend ist noch zu sagen: Aus regionalpolitischer Sicht stehen die Fonds, der Europäische Regionalfonds, der Landwirtschaftsfonds und auch der Sozialfonds, zur Verfügung, um Arbeitsplätze zu schaffen, um Wirtschaftsprojekte in Gang zu setzen – für Österreicherinnen und Österreicher, aber auch für Menschen, die Asylstatus haben, die man integrieren will. Diese regionalpolitischen Programme stehen für mehr Wachs­tum und mehr Beschäftigung. Auch das ist ein Aspekt, dem man Rechnung tragen kann und den man nutzen kann, der Bund gemeinsam im Konzert mit den Bundesländern, um Menschen eine Perspektive zu geben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.58


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bösch. – Bitte.

 


18.58.36

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister Kurz, Sie werden zum Bereich In­tegration zu diesen budgetierten 37 Millionen € – Sie haben das im Ausschuss erklärt, und es ist auch so festgeschrieben – 75 Millionen € dazubekommen. Sie werden damit die Integration vor allem jener Menschen, die in den letzten Monaten zugewandert sind, fördern, nehme ich an. Das wird diese Aufstockung begründet haben. Sie werden aber auch, und davon gehen wir aus, dieses Geld dazu verwenden, dass diese Menschen an­ständig unterkommen, aber auch, dass sie darauf vorbereitet werden, dass sie wieder,


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wenn der Fluchtgrund weggefallen sein wird, in ihre Heimat zurückkehren können. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, Ihre Partei und Sie haben den Begriff „Asyl auf Zeit“ formuliert, was ich begrüße. Sie haben so getan, als hätten Sie es erfunden. Sie haben es nicht erfunden. Es ist aktueller Rechtsbestand, dass Asyl ein Recht auf Zeit ist und dass je­ne Staaten, die das Asyl gewähren, auch bestimmen, wem und wie lange dieses Recht gewährt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich begrüße es, dass Ihre Partei dieses Asyl auf Zeit nunmehr wieder zum politischen Diskussionsthema gemacht hat und dass auch der Koalitionspartner darüber nachden­ken muss.

Dieses Asyl und diese Integrationsbestrebungen, die Sie da ansetzen, Herr Bundes­minister, werden allerdings nur dann Sinn haben, wenn es uns gelingt, auch robuste Maßnahmen zu setzen, um diesen Strom zu bewältigen. – Und das sage nicht ich, das sagen namhafte Wissenschafter und namhafte Experten dazu, zu diesem Strom, der erst begonnen hat, in seiner Fülle auf Europa einzufallen, diesem Strom aus dem Na­hen Osten, aber auch aus Afrika.

Dieser Strom kann nur dann bewältigt werden, wenn es uns gelingt, die Grenzen abzu­sichern, wenn wir beginnen, die österreichische Staatsgrenze zu sichern, und derzeit ist sie nicht gesichert, Herr Bundesminister. Sie sind dafür nicht zuständig, aber ich sa­ge es Ihnen, weil Sie zu Recht auch mit Asyl auf Zeit einen Aspekt eingebracht haben, der interessant ist.

Sie sind aber, Herr Bundesminister, auf europäischer Ebene für die europäische Posi­tion im Rat der Außenminister, für die Sicherung der EU-Außengrenze zuständig, und neben der Sicherung und der Schließung der österreichischen Staatsgrenze muss es gelingen, die EU-Außengrenze zu sichern und in dieser Phase, in der wir uns derzeit befinden, vollkommen abzudichten. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben auch als ein Wirkungsziel in Ihrem Budget festgehalten, dass Ihr Ziel die Si­cherstellung der außen-, sicherheits-, europa- und wirtschaftspolitischen Interessen Österreichs in Europa ist, und das, Herr Bundesminister, ist genau dieser Punkt. Sie sollten im Europäischen Rat – dort können Sie Einfluss nehmen –, aber vor allem auch im Rat der Außenminister diese Position vertreten. Vielleicht können Sie heute im Rah­men der Debatte – es ist ja noch nicht so spät – erklären, welche Maßnahmen Sie im Namen der Republik Österreich im Rat der Außenminister setzen werden, damit es ge­lingt, die EU-Außengrenze zu sichern. – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.)

19.02


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


19.02.20

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wirkungsziele wurden gerade angesprochen, fünf Wir­kungsziele gibt es in Ihrem Budgetansatz, drei davon sind Gleichstellungsziele. Wir­kungsziel Nummer 4: Grundsatz der „Einheit in der Vielfalt“ sowie der interkulturelle und interreligiöse Dialog – hier geht es um die Kultur.

Ein weiteres Gleichstellungsziel findet sich in der österreichischen Entwicklungshilfe, und ich habe Sie im Ausschuss gefragt: Wie schaut es denn da mit der Gleichstellung zwischen den Geschlechtern aus? – Sie haben versichert, dass in den verschiedenen Projekten, die gefördert werden, ein Schwerpunkt gesetzt wird, dass auch die Interes­sen von Frauen besonders berücksichtigt werden.


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Diesbezüglich komme ich nun auf einen Entschließungsantrag zu sprechen, den die Frauensprecherinnen sämtlicher hier im Haus vertretenen Parteien in der letzten Sit­zung eingebracht haben, und darauf möchte ich Ihr Augenmerk lenken. In diesem An­trag geht es um das besondere Augenmerk, das auf Frauen und Mädchen gelegt wer­den soll, die auf der Flucht sind. Frauen und Mädchen auf der Flucht haben in diesem Zusammenhang besondere Bedürfnisse, ob es nun im eigenen Land ist, als Binnen­flüchtlinge sozusagen, oder, wie so oft, in angrenzenden Ländern – es wurde hier heu­te schon erwähnt –: 2 Millionen Flüchtlinge sind in der Türkei, davon sind sehr viele Frau­en, und da gibt es besondere Bedürfnisse, Besonderes zu beachten.

Frauen sind in diesen schwierigen Zeiten, in Zeiten von Krieg, in Zeiten von Terroris­mus, oft besonderer Gewalt ausgesetzt, zum Beispiel Massenvergewaltigungen, oder es gibt jetzt ein neues Phänomen – man glaubt es kaum –: Im Jahr 2015 werden Frau­en versklavt und verkauft wie Gegenstände. Es ist wichtig, dagegen zu arbeiten und auch dafür zu sorgen, in den verschiedenen Flüchtlingslagern, auch im Ausland, beim UNHCR darauf einzuwirken, dass auf diese besonderen Bedingungen, diese Mehr­fach-Traumatisierungen, denen Frauen ausgeliefert sind, nicht nur besondere Rück­sicht genommen wird, sondern dass Maßnahmen entsprechend gesetzt werden, seien es nun sanitäre Maßnahmen oder auch in Bezug auf Räumlichkeiten.

In diesem Sinne, Herr Minister: Setzen Sie Ihr Geld gut ein, auch im Sinne der Frauen! (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie der Abgeordneten Schittenhelm und Schimanek.)

19.05


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karls­böck. – Bitte.

 


19.05.13

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Politik an die Erfordernisse der Zeit und die veränderten Umstände anzupassen: Ständiges Nachschärfen, Analysieren, Optimieren ist gefragt und notwendig. Teilweise muss man auch fairerweise zugeben, dass dies der österreichischen Außenpolitik in Ansätzen ge­lingt – in Ansätzen! –, zum Beispiel in Asien. Ich bin durchaus einverstanden und finde es auch in Ordnung, dass Sie in Singapur eine Botschaft eröffnen, eine Art Umschich­tung, ein wichtiger Raum, um den Asien-Staaten größeres Gewicht einzuräumen.

Größtes Problem sind derzeit aber doch die Flüchtlingssituation und – immer wieder be­sprochen – die Ursachen derselbigen. Diese liegen einerseits im Nahen Osten – darauf brauche ich nicht näher einzugehen. Vielleicht noch dazu: Die aktive Konferenzpolitik in Wien ist durchaus anerkennungswürdig und auch in unseren Augen richtig.

Auf der anderen Seite gibt es aber ein völliges Außer-Acht-Lassen der Ursachen auf dem afrikanischen Kontinent. Die sogenannte Südfront ist von österreichischer Seite nicht beachtet. Österreich hat außer Überschriften und symbolischen Aktivitäten – ein paar Soldaten in Mali und einem im Kongo – kaum etwas vorzuweisen. Das ist mir in der jetzigen Situation vollkommen schleierhaft.

Die österreichische Außenpolitik und die österreichische Entwicklungszusammenarbeit und -hilfe muss völlig neu überdacht und ausgerichtet werden. Wir dürfen uns nicht län­ger mit Alibihandlungen und gießkannenprinzipartigem Verteilen der Geldflüsse zufrie­dengeben. Wir müssen bilaterale Projekte, einzelne Projekte in den entsprechenden Län­dern forcieren und fördern. Die Entwicklungshilfe ist heute viel zu langfristig und zu schwer­fällig ausgelegt und zu anonym.

Konkret fordere ich von Ihnen, dass Sie den Anstoß geben, gerade in Afrika, in Zentral- und Westafrika, wo die Ursachen des Exodus für viele Millionen Menschen in der man­gelnden Infrastruktur, in der fehlenden Gesundheits- und Sozialversorgung und vielem mehr liegen, ganz konkrete Hilfestellungen zu geben. Das bedeutet, dass Österreich


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mit den knappen Ressourcen, die wir zur Verfügung haben, ganz konkrete Projekte wie zum Beispiel den Aufbau einer elementaren Gesundheitsversorgung in einzelnen Län­dern oder den Aufbau einer funktionierenden Müllabfuhr und dergleichen fördert.

Das kann durchaus bilateral oder mit zwei, drei anderen Ländern erfolgen. Da müssen wir vollkommen neue Wege andenken und auch gehen, so meine ich. Das Problem, das diese Länder heute haben, liegt nicht darin begründet, dass diese Staaten es nicht von sich aus schaffen würden. Es mangelt ja nicht an Rohstoffen, sondern es mangelt vielmehr an elementaren Dingen wie zum Beispiel Finanzierungszusagen, Rechtssi­cherheit, Investitionen und Stabilität.

Da können wir im Rahmen einer aktiven Entwicklungspolitik helfen. Dort, wo ein Dollar ein Vielfaches an Wert besitzt, ist er auch hilfebringend einzusetzen. Wir dürfen nicht China und Asien diesen Markt – ich sage absichtlich auch Markt – überlassen. Sie ha­ben seit einigen Jahrzehnten erkannt, wie es funktioniert, und sind dort aktiv. Wenn schon nicht aus humanitären Gründen, so sollte man aus wirtschaftlichem Kalkül und auch aus sicherheitspolitischen Erwägungen dort ein Engagement eingehen, denn sämt­liche für unsere Industrieproduktion wichtigen Rohrstoffe kommen letztlich aus diesem Erd­teil. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.08


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Winzig. – Bitte.

 


19.08.44

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Herr Präsident! Herr Außenminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Wirkungsziel 2 des Außenministeriums um­fasst unter anderem die Absicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschafts- und Arbeitsstandortes. Für unsere 60-prozentige Exportquote brauchen wir eine aktive Außenpolitik für unsere Exportwirtschaft, aber auch für die Investitionstätig­keit im Ausland, um Arbeitsplätze im Inland zu sichern und zu schaffen.

Die Restrukturierungsmaßnahmen des österreichischen Botschaftsnetzes haben sich nicht nur an außenpolitischer, sondern auch an wirtschaftlicher Relevanz orientiert, und das kann ich nur begrüßen, denn unser Außenminister zeigt, dass es möglich ist, im Unternehmensservice durch Kooperation mit der Außenwirtschaftsorganisation der Wirt­schaftskammer Österreich und durch digitale Innovationen den gewohnten Standard trotz knapper oder beschränkter Mittel umzusetzen.

Neben dieser wichtigen Einrichtung des Unternehmensservice gibt es auch im Rahmen der EZA einen kleinen, aber wichtigen Bereich – nämlich die Wirtschaftspartnerschaf­ten, der Kollege hat es schon angeschnitten. Derzeit gibt es 100 solcher Partnerschaf­ten mit einem Fördervolumen von 2 Millionen €.

Die Privatwirtschaft ist wichtigster Motor für die Entwicklung von nachhaltigen Arbeits­plätzen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Derzeit gibt es 1,2 Milliarden Men­schen ohne Zugang zu Energie auf der Welt. Man kann sich die dramatische Situation im hygienischen Sektor vorstellen. Unsere Unternehmen besitzen das Know-how auf vielen Gebieten, gerade in der Wasserversorgung, in der Energieversorgung, aber auch unsere duale Ausbildung ist ein Erfolgsmodell, das in diese Länder transferiert gehört.

Herr Minister, es freut mich, dass Sie so konstruktiv mit der Wirtschaft zusammenarbei­ten – im Gegensatz zu anderen. Ich bin sehr enttäuscht von der aggressiven Selbst­inszenierung des Kollegen Pilz im Ausschuss. So zu diskutieren ist wirklich old school und oberlehrerhaft, und ich glaube, unsere Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben es sich verdient, dass eine sachliche und konstruktive Diskussion geführt wird. (Beifall bei der ÖVP.)


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Zu den Ausführungen der Kollegin Korun möchte ich noch anmerken: Sie fordern eine Politik für Zusammenleben und Gleichstellung. Ja, das fordern wir auch, aber wenn ich heute das Interview mit Ihrem türkischen Landsmann, dem Vorsitzenden der oberös­terreichischen Muslime lese, so steht da: Frauen sind psychisch und physisch schwach, und Männer haben die Entscheidungsgewalt, dann sehe ich, dass die Integration nur auf der einen Seite erfolgt, aber nicht auf der anderen Seite. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Korun: Was sagt das …?)

19.11


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lintl zu Wort. – Bitte.

 


19.11.56

Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Diesmal möchte ich mit einem Lob beginnen. Ich möchte wirklich hervorheben, dass sich unser Außenminister dafür einsetzt, dass internationale Konferenzen wieder in Wien stattfinden, die Irankon­ferenz und jetzt auch die wichtige Syrienkonferenz. Danke dafür! (Beifall bei Abgeord­neten des Teams Stronach.)

Das ist für unser neutrales Land ein ganz wichtiges Aushängeschild und eine bedeu­tende Funktion.

Außerdem hast du als einer der wenigen das Abhängigmachen Europas von der Türkei in der Flüchtlingsfrage kritisiert und willst dich für finanzielle Konsequenzen für jene Län­der einsetzen, welche die EU-Außengrenzen nur mangelhaft sichern, vor allem Griechen­land. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Der negative Beigeschmack entgegen all diesem Lob ist jedoch, dass es außer Über­zeugungskraft keine wirkungsvollen Instrumente gibt, deine Pläne in der eignen Partei oder in der Regierung oder in der EU umzusetzen.

Österreich hat sich immer um besonders freundschaftliche Beziehungen zu den Nach­barländern bemüht. Es ist Aufgabe des Außenministers, diese aufrechtzuerhalten – auch zu Ungarn, auch und gerade dann, wenn aus Österreich direkte Beschuldigungen gegen Ministerpräsidenten Orbán kommen.

Innerhalb der EU trägt Österreich wie ein Vorzugsschüler äußerst umstrittene Be­schlüsse mit. Ich erinnere in dem Zusammenhang an die Griechenlandhilfe und auch an die Sanktionen gegen Russland. Österreich hätte die für unsere Wirtschaft so schäd­lichen Sanktionen nicht mittragen müssen, sondern mutig dagegen auftreten oder sie im Alleingang nicht mittragen können. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Das wäre in Anbetracht der jahrzehntelangen guten Beziehungen zu unserer einstigen Signatarmacht ein angemessenes Verhalten gewesen.

Ich habe letzte Woche an der Berliner Sicherheitskonferenz teilgenommen. Dort haben hochrangige Vertreter der EU und der NATO bereits erwogen, die Wirtschaftssank­tionen gegenüber Russland aufzuheben aufgrund des massiven Einsatzes Russlands gegen den Terror in Syrien und der guten Kooperation mit den westlichen Staaten. Es hätte Österreich gut angestanden, als neutrales Land von vornherein dagegen aufzu­treten.

Lobenswert ist auch der 50-Punkte-Integrationsplan des Ministers. Das ist ein ambi­tionierter Vorschlag. Ich glaube allerdings nicht, dass in einem nur achtstündigen Kurs den überwiegend männlichen Asylwerbern ein aufgeklärter Umgang mit Frauen und deren Stellenwert in unserer Gesellschaft beigebracht werden kann. Falls dieser Plan überhaupt umgesetzt werden sollte, ist eher zu befürchten, dass dabei ebenso ober-


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flächlich vorgegangen wird wie bei der Umsetzung des neuen Islamgesetzes, das wei­terhin keine Offenlegung der islamischen Glaubensgrundsätze durchsetzen kann. Ob eine Finanzierung der Moscheevereine aus dem Ausland jetzt wirklich unterbunden ist, ist zweifelhaft.

Weiters muss muslimischen Asylwerbern klargemacht werden, dass hierzulande wohl Religionsfreiheit besteht, dass jedoch lediglich die Ritenpraxis gelebt werden kann, nicht aber das islamische Recht. Hier gilt die Verfassung. (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Zur Bewältigung der Flüchtlingssituation sind Hilfen vor Ort die nachhaltigsten Instru­mente, wie der Herr Minister und Kollege Vavrik schon gesagt haben. Ich fordere seit Langem eine massive Unterstützung der Flüchtlingslager in Jordanien und im Libanon. Auch UNHCR-Aufnahmezentren müssen vor Ort, in den Krisenregionen errichtet wer­den. Österreich gibt die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit nach dem Gießkan­nenprinzip aus, viel davon für Bürokratie und Verwaltung – meiner Meinung nach viel zu viel davon –, anstatt ganz gezielt Flüchtlingslager in der Umgebung von Krisenre­gionen zu unterstützen.

Auf dem Gebiet sind Verbesserungen unbedingt nötig, und Österreich könnte sich im Sinne einer aktiven Außen- und Sicherheitspolitik verstärkt dafür einsetzen. (Beifall bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

19.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Ab­geordnete Mag. Korun zu Wort gemeldet. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäfts­ordnung dazu. – Bitte.

 


19.16.33

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren! Frau Kollegin Winzig hat von einem „Lands­mann“ von mir gesprochen, den ich nicht kenne.

Wahr ist vielmehr, dass ich die österreichische Staatsbürgerschaft besitze.

Die ständigen Ethnisierungsversuche und der Rassismus der ÖVP sind schlicht uner­träglich. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

19.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, der erste Satz war ei­ne Berichtigung, der zweite war keine mehr.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


19.17.19

Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Da­men und Herren! Die SPÖ blockiert also das Dreijahresprogramm, sagt der Herr Minis­ter hinter mir in einem Zwischenruf zu einer Rede vom Herrn Abgeordneten Vavrik. Ei­gentlich haben wir bis jetzt relativ konstruktiv verhandelt. Aber wenn der Herr Minister meint, wir blockieren, dann beginnt er offensichtlich damit, eine mediale Dolchstoßlegen­de vorzubereiten. Unbefangene Beobachter meinen ja oft, dem Herrn Minister geht es mehr um seine mediale Darstellung als um Inhalte und um alles andere. Ja, dann bleibt mir nichts anderes übrig, als hier meine Sichtweise davon darzustellen, wozu genau denn die SPÖ ihre Zustimmung verweigert.

In der Tat, wir weigern uns, Etikettenschwindel zu betreiben, in der Tat, wir weigern uns, ein Dreijahresprogramm, das in einem guten, breit angelegten, sehr involvieren­den Prozess von allen Parlamentsparteien, von NGOs, von allen möglichen Stakehol­dern, die mit Entwicklungspolitik etwas zu tun haben, erarbeitet worden ist, das in vie-


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len Arbeitsgruppen gut und breit diskutiert worden ist, umzuetikettieren. Als die Arbeits­gruppen nach etwa einem halben Jahr fertig waren und die Ergebnisse zusammenge­tragen worden sind, dann ist auf einmal auf dem Papier vorne nicht nur Dreijahrespro­gramm draufgestanden – das ist das, wozu alle eingeladen waren mitzuarbeiten –, son­dern siehe an, dann hat sich da auch auf einmal das Wort Gesamtstrategie der Bun­desregierung am Titelblatt wiedergefunden, und das ist es schlicht und ergreifend nicht. In der Tat, es stehen im Regierungsprogramm – und die Entwicklungspolitik ist ein durch­aus schlankes Kapitelchen, alles übrigens im Bereich der Außenpolitik – diesbezüglich vier Vorhaben. Eines davon ist eine Gesamtstrategie der Bundesregierung, die nach wie vor fehlt.

Ich kann verstehen, dass sich das Ministerium gerne die Arbeit ersparen würde und die­se Gesamtstrategie nicht unter breiter Einbindung aller wirklich von Grund auf aufset­zen möchte, weil das natürlich viel Energie und Arbeit und Kraft kostet, okay. Das ist jedoch kein Grund für einen Etikettenschwindel und kein Grund, gleich gar keine Ge­samtstrategie zu erarbeiten.

Das zweite Ziel im Regierungsprogramm ist die Erhöhung der Mittel des Auslandskata­strophenfonds. Es ist sehr fein, dass wir das mit dem Budget 2016 auch erreichen.

Zum Dritten geht es um eine Abstimmung zwischen Finanz- und Außenministerium, was die IFIs, die Strategie zu den internationalen Finanzinstitutionen betrifft. Da ist scha­de, dass die IFIs-Strategie schon fertig war, bevor wir angefangen haben, das Dreijah­resprogramm zu diskutieren.

Und das vierte Vorhaben ist ein gesetzlich abgesicherter Stufenplan zur Erreichung der 0,7 Prozent des Bruttonationalproduktes für Entwicklungszusammenarbeit. Ein gesetz­lich abgesicherter Stufenplan umfasst nicht nur die gesetzliche Absicherung, sondern natürlich auch die Frage einer finanzpolitischen Paktierung mit dem Finanzminister.

Wenn Kollege Huainigg meint, das sei Aufgabe des Bundeskanzlers, dann akzeptiere ich diese abermalige entwicklungspolitische Kindesweglegung sehr gerne, aber dann machen wir es glatt und gliedern wir die Sektion VII, die sich im BMEIA mit Entwick­lungspolitik befasst, wieder ins Bundeskanzleramt ein. Wenn Sie offensichtlich nicht ge­willt, nicht in der Lage, nicht fähig, ich weiß nicht was, sind, sich um Entwicklungszu­sammenarbeit zu kümmern, dann tun wir sie zurück ins Bundeskanzleramt. Da war sie schon einmal über viele Jahre gut aufgehoben; das könnte die bessere Alternative sein. (Beifall bei der SPÖ.)

19.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


19.20.31

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ja, Herr Bundesminister, ich bin hocherfreut, dass Sie nach unserem letzt­wöchigen Ausschuss eine Forderung von mir übernommen haben. Ich habe dort ange­sprochen, dass Griechenland seiner Aufgabe nicht gerecht wird und die Grenzkontrol­len beziehungsweise die Registrierung der eintreffenden Flüchtlinge nicht durchführt.

Sie haben dort erklärt, dass Griechenland von der EU 7 Millionen € dafür bekommt, um dies durchzuführen, und es trotzdem nicht tut. Ich habe Ihnen gesagt, da müsste man mit finanziellen Konsequenzen agieren. Griechenland bekommt also nicht nur die Ban­kenförderung, die Europäische Union bewahrt sie vor der Pleite, sondern man gibt ex­tra noch Geld dorthin, und das wird nicht zweckgemäß verwendet.

Ich habe vom Rednerpult aus schon öfters darauf hingewiesen, dass Griechenland sehr pompös wirtschaftet. Es hat eine Riesenregierung, die wesentlich größer, mehr als doppelt so groß ist wie die österreichische. Griechenland hat in allen Ländern Bot-


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schaften und konsularische Vertretungen sehr pompös gebaut, während man in Öster­reich einspart. Ich habe das Baltikum in diesem Zusammenhang auch schon angespro­chen, das mir sehr am Herzen liegt. Sie wollen ja dort alle Botschaften schließen, was ich für einen Fehler halte.

Ich finde es wichtig, dass hier einmal mit dem Finger auf Griechenland gezeigt wird. Als in Griechenland der Fährenstreik war, haben wir erfahren, dass dann keine Flücht­linge mehr gekommen sind. Es kann mir niemand erklären, dass man, wenn man diese Leute mit einer Fähre von den Inseln aufs Festland fährt, diese dabei nicht registrieren kann, wie es eigentlich laut europäischem Recht vorgesehen wäre.

Herr Außenminister, ich fordere Sie hiermit auf, auf europäischer Ebene entsprechend Druck auszuüben, um diese Registrierungen wirklich durchzuführen, dass also Grie­chenland am Krawattl gepackt und ihnen gezeigt wird, wie europäisches Recht zu voll­ziehen ist, statt nur die europäischen Gelder zu kassieren. (Beifall beim Team Stronach.)

Dann habe ich noch ein Anliegen: die Europäische Entwicklungsbank. Wir haben von Projekten gesprochen. Warum kommen überhaupt diese Flüchtlinge? – Es sind sehr viele Wirtschaftsflüchtlinge dabei, das wissen wir; es sind nicht nur Kriegsflüchtlinge, sondern ein Großteil hat eben kein Anrecht auf Asyl. Der Punkt ist eigentlich der, dass man dort in den Regionen investieren muss, man muss schauen, dass man Arbeits­plätze schafft. Dafür ist die Europäische Entwicklungsbank da, die das dort hervorra­gend macht. Ich höre allerdings heute, dass die Förderung für diese Europäische Ent­wicklungsbank vom Finanzminister von 20 Millionen € auf 15 Millionen € gekürzt, also um 25 Prozent heruntergesetzt wurde.

In der heutigen Situation, in der wir genau wissen, dass die Menschen dort unten eine Perspektive haben müssen, damit sie nicht flüchten müssen, setzen Sie solche Schrit­te. Ich finde das falsch. Deswegen – leider ist meine Redezeit schon aufgebraucht – for­dere ich Sie auf, den richtigen Weg einzuschlagen, für Europa, für Österreich die richti­gen Schritte zu setzen und unser Land gut zu vertreten, nicht so, wie Sie das bisher ge­macht haben. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

19.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

 


19.23.59

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Außenminis­ter! Hohes Haus! Als Südtirolsprecher und Mitglied des Unterausschusses Südtirol in­teressieren mich natürlich bei der Budgetdebatte insbesondere die direkten finanziellen Beiträge des Außenministeriums für Südtirol beziehungsweise welche Formen der Zu­sammenarbeit und gemeinsamen Projekte eventuell in Vorbereitung sind.

Viel ist da nicht zu finden! Lediglich der Gesamtverband der Südtiroler in Österreich wird weiterhin eine jährliche Förderung von rund 10 000 € erhalten. Ich habe mir die Home­page angeschaut. Dieser Verband betreut rund 7 000 Mitglieder in sieben Landesver­bänden und 20 Zweigvereinen in ganz Österreich – nicht uninteressant, ein Blick auf die­se Homepage, auch auf das Leitbild und dergleichen.

Deutlich mehr als 10 000 € sind im Kultur- und Bildungsbudget eingestellt. Da finden sich immerhin deutlich mehr als 200 000 €. Da bleibt also für das Außenministerium insbesondere die Kontaktpflege, die Zusammenarbeit, wenn es um politische Themen geht, wie zum Beispiel die italienische Verfassungsreform oder den weiteren Ausbau der Autonomie oder beispielsweise auch das Thema Doppelstaatsbürgerschaft, ein The­ma, das wir eigentlich einmal zeitnah erledigen sollten.

Meine Damen und Herren, wie ich den Medien entnehmen durfte, waren der Südtiroler Landeshauptmann Kompatscher und der Obmann der Südtiroler Volkspartei Philipp


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Achammer gestern in Wien beim Vizekanzler und beim Außenminister. Interessant, dass wieder einmal die Mitglieder des Südtirolausschusses nicht über diesen Besuch und dessen Inhalt informiert wurden, obwohl das eigentlich vereinbart wäre. Ich halte diese Vorgangsweise auch vom Südtiroler Landeshauptmann, der uns, der allen Frak­tionen im April versprochen hat, uns besser, deutlicher und öfter zu informieren, was er bis heute nicht getan hat, für nicht in Ordnung, und ich werde ihm das auch noch per­sönlich sagen.

Gut, im nächsten Ausschuss werden wir nachfragen. Es gibt genügend Themen, die entweder abschließend behandelt gehören oder aktuell zur Beratung anstehen. – Vie­len Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


19.26.09

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Österreich und insbesondere die Bundeshauptstadt Wien haben sich im letzten halben Jahr sehr erfolgreich als Austragungsort hochrangig be­setzter internationaler Konferenzen und Friedensverhandlungen etablieren können.

Am 14. Juli wurde, wie Sie wissen, in Wien der historische Pakt zum iranischen Atom­programm unterzeichnet, womit die fast 30 Jahre dauernde Eiszeit zwischen dem Iran und den USA und ihren Verbündeten überwunden werden konnte. Seit Ende Oktober laufen internationale Gespräche, in deren Rahmen ein friedlicher Weg aus dem Bürger­krieg in Syrien gefunden werden soll.

Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie ernst die Gefahr ist, dass der Krieg dort zu einem großen internationalen Konflikt wird, hat sich ja, wie Sie wissen, heute Morgen gezeigt, als die Türkei einen russischen Kampfjet abgeschossen hat, der Ein­sätze in Syrien flog.

Gerade dieses Beispiel zeigt, dass eine aktive Außenpolitik, die auf diplomatische Lö­sungen von Krisen setzt, das Gebot der Stunde ist. Dafür brauchen wir die UNO, frie­denserhaltende Maßnahmen, die zu den Kernkompetenzen der UNO und ihrer Organi­sationen gehören. Sehr geehrter Herr Außenminister, ich hoffe, dass die aus dem Bud­get ersichtlichen Kürzungen der Beiträge zu internationalen Organisationen von zirka 15 Millionen € dieses Ziel nicht gefährden. Wir brauchen eine UNO-Friedenstruppe für Syrien und nicht die Muskelspiele einzelner Staaten, die in der Region ihre eigenen In­teressen verfolgen.

Ich bin somit sehr froh, dass sich unser Verteidigungsminister Klug deutlich für eine Fort­setzung der Beteiligung an der UNO-Mission in Mali ausgesprochen hat, um dort vor Ort für Stabilität und Sicherheit zu sorgen, denn nur eine Lösung vor Ort kann auf Dau­er auch die Frage der Flüchtlinge klären. Das gilt für Mali genauso wie für Syrien. (Bei­fall bei der SPÖ.)

19.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


19.28.32

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Minister! Hohes Haus! Als wahrscheinlich letzter Redner zur Untergliederung Außenpolitik möchte ich doch betonen, dass es trotz unterschiedlicher Ansätze eine sehr konstruktive Dis­kussion war und es eine der Stärken des österreichischen Parlaments ist, gemeinsame außenpolitische Positionen zu entwickeln.

Wenn es auch vor allem vonseiten der FPÖ durchwegs unterschiedliche Ansätze gibt, möchte ich doch die Ausführungen des Kollegen Karlsböck positiv erwähnen. Wir le-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 217

ben in einer Welt, in der es nicht nur Frieden, Wohlstand und Sicherheit gibt, jene Wer­te, die wir gerade jetzt versuchen ganz massiv zu verteidigen, sondern auch in einer Welt, in der zwei Milliarden Menschen unter ärgsten Armutsverhältnissen leben, in der jeder sechste Mensch an Hunger leidet, in der alle sechs Sekunden ein Kind an Unter­ernährung stirbt. Dass diese Welt eine Welt ist, die sich auf uns zubewegt, haben wir in den letzten Wochen und Monaten dramatisch verspürt.

Solange ein guter Teil unseres Wohlstandes auf Ausbeutung von Mensch und Natur in den Entwicklungsstaaten basiert, ist es kein Wunder, dass sich Menschen auf den Weg machen, um auch ein kleines Stück von diesem Kuchen zu erhaschen. Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Außenminister! Die heutige Debatte hat gezeigt, dass wir eine aktive österreichische Außen-, Friedens- und Entwicklungspolitik brauchen, dass wir nicht länger über die Höhe und Länge von Zäunen diskutieren sol­len, sondern über konkrete Maßnahmen, über einen Marshallplan für Afrika und die Un­terstützung von Entwicklungsstaaten.

Die SPÖ wird Sie daran sicher nicht hindern, ganz im Gegenteil, wir nehmen Sie gerne an der Hand. (Beifall bei der SPÖ.)

19.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Es liegen zur Untergliederung Äußeres keine Wortmel­dungen mehr vor. Damit ist dieser Themenbereich erledigt.

19.30.52UG 11: Inneres

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zur Verhandlung der Untergliederung 11: Inneres.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Darmann. – Bitte.

 


19.30.55

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Werter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Um bei den Ausführungen von Kollegen Weninger anzuschließen: Frieden, Wohlstand und Sicherheit sind in der Tat nicht selbstverständlich. Deswegen ist auch für deren Si­cherheit vorzusorgen, werte Kolleginnen und Kollegen.

Budget ist bekanntlich in Zahlen gegossene Politik. Aber wenn wir dieses geflügelte Wort hernehmen, dann, muss ich sagen, stimmt gerade ein Blick in den Bereich der in­neren Sicherheit nachdenklich, werte Kolleginnen und Kollegen. Gerade im Innenres­sort sind wir nämlich in der Gegenwart, aber auch in der nahen und fernen Zukunft mit neuen Herausforderungen und damit auch mit neuen Aufgaben für unsere Sicherheits­exekutive konfrontiert.

Diese Aufgaben sind ja bereits bekannt. Ich erinnere nur an die organisierte Krimina­lität, die zu bekämpfen ist, die Cyberkriminalität, der entgegenzutreten ist, an den Schutz kritischer Infrastruktur, der natürlich entsprechend wertzuschätzen ist. Nunmehr gibt es aber auch neue Herausforderungen aufgrund der modernen Völkerwanderung.

Es gibt Auswüchse dieser modernen Völkerwanderung, die da wären: einerseits reli­giös und ideologisch motivierter Terrorismus, auf der anderen Seite aber auch realpoli­tisch importierte soziale und ethnische Konflikte, die auf uns zukommen, werte Kolle­ginnen und Kollegen. Dafür ist im Ressort für Inneres auch budgetär Vorsorge zu tref­fen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn wir uns mit einem schnellen Blick oberflächlich dem Budget im Innenressort nä­hern, dann müssen wir zugegebenermaßen feststellen: Ja, es gibt ein Plus. Es gibt ein


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Plus, und man möchte meinen, dass diesen eben angeführten Herausforderungen Rech­nung getragen wird, Frau Innenminister.

Wenn wir uns das jedoch im Detail anschauen, dann zeichnet sich ein anderes Bild, denn im Wesentlichen ist das Plus im Innenressort darauf zurückzuführen, dass es auf­grund der Mehrausgaben in der Grundversorgung auch größere Vorsorge in diesem Bereich gibt. Das heißt, das Asylwesen ist hauptverantwortlich für das Plus im Innen­ressort, und da ist weder eine Vorsorge für die von Ihnen versprochenen 1 000 Polizis­ten im sogenannten Grenzschutz getroffen, Frau Innenminister, noch eine Vorsorge für die weiteren von Ihnen seit einer Woche versprochenen 1 000 Polizisten in der Ter­rorismusbekämpfung.

Sie wissen selbst, dass wir im Budget ganze 99 Planstellen für den Exekutivdienst vor­gesehen haben, keine von Ihnen angekündigten 2 000 Planstellen, die normalerweise im Budget ersichtlich sein müssten. Das ist etwas, geschätzte Damen und Herren, das man der österreichischen Bevölkerung sagen muss, wenn man versucht, ihr im Bereich der inneren Sicherheit ein Mehr an Sicherheit vorzugaukeln.

Dies ist nicht gegeben. Und da, Frau Innenminister und geschätzte Damen und Herren, insbesondere der Bundesregierung, sind Sie gefordert, auch endlich Maßnahmen zu setzen. Sie sind gefordert, nicht alles nur herbeizureden, sondern endlich zu handeln und auch Vorsorge dafür zu treffen, dass endlich die notwendigen zusätzlichen Plan­stellen im Bereich des Exekutivdienstes geschaffen werden. Nicht nur davon sprechen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Bei Betrachtung des Budgets und der Belastung des Steuerzahlers gerade aufgrund der durch die Völkerwanderung ins Unendliche steigenden Grundversorgungskosten, darf man aber auch nicht darauf vergessen, dass der Steuerzahler genauso für die sehr, sehr lang andauernden Asylverfahren aufzukommen hat.

In diesem Bereich sind natürlich private Vereine und NGOs tätig, die vom Steuerzahler finanziert und durch das Innenressort gefördert werden, deren grundsätzliche Aufgabe es ja zu sein scheint, die Asylverfahren möglichst lange hinauszuzögern.

Frau Innenminister, es ist eine hoheitliche Aufgabe des Staates, rasche Asylverfahren zu gewährleisten. Das Innenministerium muss dafür Sorge tragen, dass die Verfahren rechtskonform und zügig durchgeführt werden, Frau Innenminister.

Aus diesem Grund stellen wir folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aus­schluss von NGOs an der Mitwirkung im Asylwesen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass künf­tig die Abwicklung des Asylwesens wieder vollständig vom Bundesministerium für In­neres selbst als hoheitliche Aufgabe wahrgenommen wird und die Mittel aus dem Bud­get für Asyl und Migration nicht für die Mitwirkung von Privaten, Vereinen und NGOs am Asylverfahren und in der Grundversorgung aufgewendet werden.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 219

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, insbesondere jene der Regierungsfraktionen SPÖ und ÖVP, werden auch Sie Ihrer Verantwortung im Sinne der Steuerzahler ge­recht! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

19.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Darmann und weiterer Abgeordneter betreffend Ausschluss von NGOs an der Mitwirkung im Asylwesen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 6, Bericht des Bud­getausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), Untergliederung 11 – Inneres, in der 104. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 24. November 2015

Die für 2016 budgetierten Ausgaben im Bereich Inneres belaufen sich auf 3.027,6 Mil­lionen Euro. Dem Globalbudget 11.03 Recht, Asyl und Migration sind für das Jahr 2016 Ausgaben 667,234 Millionen Euro zu entnehmen. Der größte Teil dieser Erhöhung er­gibt sich aus den zusätzlichen Mitteln für die Grundversorgung von Asylwerber im Aus­maß von 420 Mio. EUR.

Dies bedeutet eine immense Belastung der Steuerzahler, die die Verfahren, Unter­bringung, Versorgung, aber auch Missbrauch und Verschleppung der Verfahren finan­zieren müssen. So werden private Vereine und NGOs gefördert, die es sich praktisch zur Aufgabe gemacht haben, Asylverfahren möglichst lange hinauszuzögern. Außer­dem kommt der Steuerzahler auch noch für die Rechtshilfe für Asylwerber auf. Aus der gesamten Asyl- und Fremdenproblematik sind regelrecht neue "Berufe" mit guten Ver­dienstmöglichkeiten entstanden. Selbst die Medien haben den Missbrauch der Asyl­industrie durchschaut, wie der ORF zum Beispiel am 06.08.2015 in der Zeit im Bild 2, Beitrag „Das Geschäft mit den Flüchtlingen“ oder auch die Frankfurter Allgemeine Zei­tung vom 20.04.2015, „Verdienen an den Flüchtlingen“

Es ist eine hoheitliche Aufgabe des Staates, rasche Asylverfahren zu gewährleisten. Das Innenministerium muss dafür Sorge tragen, dass die Verfahren rechtskonform und zügig durchgeführt werden und dieser konterkarierende Wildwuchs abgestellt wird. Asyl muss wieder staatliche Aufgabe sein, statt Wirtschaftszweig für NGOs und Private.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass künf­tig die Abwicklung des Asylwesens wieder vollständig vom Bundesministerium für In­neres selbst als hoheitliche Aufgabe wahrgenommen wird und die Mittel aus dem Bud­get für Asyl und Migration nicht für die Mitwirkung von Privaten, Vereinen und NGOs am Asylverfahren und in der Grundversorgung aufgewendet werden.“

*****

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 220

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. – Bitte. (Abg. Pendl – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Amon –: Jetzt sag was Gscheit’s, Werner!)

 


19.36.19

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Kollege Darmann, es ist natürlich die Aufgabe der Opposition zu kritisieren. (Zwischenruf der Abg. Bela­kowitsch-Jenewein.) Allerdings wäre es ganz nett, wenn man auch einmal ein biss­chen differenziert an das vorliegende Budget heranginge. Wenn man nämlich den Aus­führungen der freiheitlichen Redner im Laufe des Tages folgt, dann stellt man eigent­lich fest, dass gar nichts in diesem Budget passt. Es ist ja alles schlecht. (Demonstra­tiver Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ sowie der Abg. Tamandl.) – Dieser Applaus geht wirklich ins Leere, weil es eben nicht so ist, insbe­sondere nicht im Sicherheitsbudget. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Der Finanzvoranschlag für 2016 sieht um rund 498 Millionen € mehr vor als der Voran­schlag 2015, und das ist noch nicht alles, denn Sie, Herr Kollege Darmann, wissen ganz genau um das Paket, das wir zusätzlich vereinbart haben. Frau Bundesministerin, das ist ein ganz, ganz großer Erfolg Ihrer Verhandlungen. Ich möchte Ihnen dazu ausdrück­lich gratulieren. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Darmann.)

Dass wir in den nächsten Jahren um 2 000 Polizistinnen und Polizisten mehr bekom­men … (Abg. Darmann: … für nächstes Jahr versprochen!) – Ich weiß nicht, warum Sie das nicht anerkennen können. Seien Sie mir nicht böse, es war doch die absolut richtige Reaktion, in einer krisenhaften Situation zu sagen, wir brauchen für unsere Polizistinnen und Polizisten nicht nur eine zusätzliche … (Zwischenrufe der Abgeord­neten Belakowitsch-Jenewein und Darmann.) – Sie wissen es doch ganz genau, Herr Kollege Darmann, dass diese Vereinbarung getroffen wurde, nachdem das Bud­get vorgelegt worden war. (Abg. Darmann – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: 99 sind budgetiert!)

Das haben Sie auch im Ausschuss gehört, dass das in einem Nachtragsbudget ge­macht wird. Da braucht man doch hier im Plenum nicht so zu tun, als ob man davon keine Ahnung hätte. (Zwischenruf bei der ÖVP sowie der Abg. Belakowitsch-Jene­wein.) Sie wissen es ganz genau, und das ist und bleibt ein großer Erfolg unserer Bun­desministerin. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Dass wir jetzt schon wissen, dass wir ein falsches Budget haben?!)

Im Übrigen möchte ich Sie von der FPÖ gern einladen, denn Sie stellen sich ja ganz gern als Sicherheitspartei dar. Immer dann, wenn es um die Frage geht, ob Sie hier Maßnahmen zustimmen, die mehr Sicherheit bringen, verabschieden Sie sich aber ger­ne, denn Verantwortung übernehmen Sie eher nicht so gerne hier im Haus. Das ist ei­gentlich bedauerlich. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Bitte ein konkretes Beispiel!)

Wir diskutieren jetzt in sehr intensiver und ernsthafter Weise ein neues Staatsschutz­gesetz. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Ich bin sehr gespannt, wirklich sehr gespannt, ob Sie bereit sein werden, unserem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terroris­musbekämpfung jene Mittel in die Hand zu geben, die es in einer sehr heiklen und schwierigen Zeit braucht, damit es die Österreicherinnen und Österreicher sicher schützen kann. (Beifall des Abg. Rädler. – Abg. Kassegger: Den Bürger noch weiter ausspio­nieren! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

Da bin ich sehr gespannt, ob die FPÖ bereit ist, da mitzugehen. (Ruf bei der FPÖ: SPÖ!) – Wir reden mit der SPÖ, wir haben sehr gute Gespräche. Machen Sie sich kei­ne Sorgen darüber, ob wir innerhalb der Regierungsfraktionen da zusammenkommen. (Abg. Lausch: … Regierungsparteien! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 221

Schauen Sie, das steht schon im Regierungsübereinkommen. Sie brauchen da über­haupt keine Sorge zu haben, dass die Parlamentsparteien – die Regierung hat es ja schon beschlossen – das hier vorlegen werden.

Ich bin sehr gespannt, ob Sie von der FPÖ bereit sind, diese Verantwortung mitzutra­gen, denn es geht nicht, dass Sie ständig alles kritisieren, Sie müssen manchmal auch bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Ich lade Sie herzlich dazu ein, meine Da­men und Herren von der FPÖ. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Pendl. – Zwischen­ruf des Abg. Rädler. – Abg. Darmann: Die Opfer werden ausspioniert und die Täter hereingelassen!)

19.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


19.40.47

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nach mir wird Otto Pendl sprechen, und ich möchte mich jetzt schon dem Dank, den er den Beamtinnen und Beamten aussprechen wird, anschließen. (Beifall bei Grünen und SPÖ. – Heiterkeit bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Der Otto macht es besser!)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesministerin! Zuerst kurz etwas zum Bud­get: Ein wesentlicher Grundsatz des Budgets, der in diesem Haus zu beachten ist, ist die Budgetwahrheit. Sie haben uns im Ausschuss auf meine Frage – und ich war, ehr­lich gesagt, etwas überrascht –: Wo sind die tausend neuen Beamten, die nächstes Jahr in Dienst gestellt werden, budgetiert?, gesagt: Die finden sich nicht im Budget, nur 250 davon sind budgetiert.

Frau Bundesministerin, ich ersuche Sie, das im Plenum des Nationalrates zu wieder­holen. Sie haben uns im Budgetausschuss letzten Endes gesagt, dass Sie uns ein fal­sches Budget vorlegen. Sie haben jetzt zwei Möglichkeiten: entweder das Budget über einen Abänderungsantrag zu korrigieren und diese 750 Beamten und Beamtinnen zu budgetieren oder zu sagen: Es ist mir egal, ob das Richtige drinsteht, ich habe ohnehin eine Mehrheit.

Das wäre jedoch eine klare Verletzung der verfassungsmäßigen Grundsätze, und wir im Parlament sind dazu angehalten, genau diese einzuhalten. Ich fordere Sie deswe­gen auf: Bringen Sie Ihr Budget bis Donnerstag noch in Ordnung und sorgen Sie dafür, dass wir ein wahrheitsgemäßes Budget zum Kapitel Inneres vorgelegt bekommen! – Das ist einmal das Erste.

Die zweite Sache ist: Sie machen jeden Tag neue Vorschläge, wie wir im Kampf gegen Terrorismus und vieles andere die Gesetze verschärfen können. Ihre letzten beiden Vor­schläge überschreiten nicht nur eine gewisse, sondern bald jede Grenze. Das sind der Vorschlag Fußfessel für Heimkehrer aus Syrien und der Vorschlag Hausarrest für ver­mutete Terroristen und Terroristinnen.

Ich fange einmal bei der Fußfessel an. Die Fußfessel hat einen Sinn im Strafvollzug, damit man jederzeit feststellen kann, wo sich eine Person befindet und ob sie von den Auflagen des Strafvollzugs abweicht. Was wollen Sie mit einer Fußfessel für nicht ver­folgte, aber von Ihnen verdächtigte Personen anfangen? Die haben ja keine Einschrän­kung, sich irgendwo zu bewegen. (Abg. Rädler: … überwacht sie!) – Überwachen?

Sie stellen sich das offensichtlich so vor: Wenn sich der Terrorist den Sprengstoffgürtel umschnallt und zum Ort seines Anschlages geht, dann schaut er hinunter und sagt: Jessas, ich habe ja eine Fußfessel, dann mache ich es nicht! (Heiterkeit bei Grünen und SPÖ.) – Diese Art, Terrorismus zu bekämpfen, Frau Bundesministerin, ist tech­nisch nicht einleuchtend. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)


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Bitte überlegen Sie das noch einmal! Bitte überlegen Sie, ob das wirklich eine sinnvolle Maßnahme ist, nur boulevardorientiert zu lizitieren und immer dann, wenn die Freiheit­liche Partei einen unsinnigen Vorschlag macht, zu sagen: Mir wird ja noch etwas Un­sinnigeres einfallen, da kann ich doch mithalten! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.) Frau Bundesministerin, das ist ein politischer Wettbewerb, der eines Regie­rungsmitgliedes nicht würdig ist. (Beifall bei den Grünen.)

Für wesentlich problematischer halte ich die Forderung nach Hausarrest für Verdäch­tige. Sie haben schon jetzt sehr weitgehende und im Grunde vernünftige gesetzliche Mög­lichkeiten. Dort, wo etwa eine terroristische Vereinigung gebildet oder für sie geworben wird, kann die Strafjustiz wegen Tatbegehungsgefahr jederzeit Untersuchungshaft ver­hängen. Da gibt es alle gesetzlichen Voraussetzungen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Wenn Sie aber dort, wo kein Strafgesetz greift, wo niemand im Sinne der österreichi­schen Justiz und des Rechtsstaates als Verdächtiger gilt, Arrest verhängen wollen, dann befinden wir uns in einem ganz anderen Rechtssystem, das gerade den Namen Rechts­system nicht mehr verdient.

Sie kennen die Europäische Menschenrechtskonvention. Dieser Vorschlag, willkürlich Hausarrest zu verhängen, widerspricht eindeutig dem Artikel 5 der Europäischen Men­schenrechtskonvention. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Sie kennen das Bundesver­fassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit und Sie wissen ganz genau, dass Ihr Vorschlag jenseits des Strafverfahrens und der Strafprozessordnung auch die­sem Verfassungsgesetz widerspricht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Jetzt lese ich Ihnen etwas aus einem Gesetz vor, das Ihre politischen Vor-Vor-Vor-Vor-Vorfahren in diesem Sinne einmal verhängt haben. (Abg. Rädler: Lesen Sie etwas von Ihren Vorfahren!) Es handelt sich in diesem Fall um eine Verordnung, also eine ge­setzesartige Bestimmung. Ich zitiere:

„Der Bundeskanzler und über dessen Ermächtigung die Sicherheitsdirektoren (in Wien der Polizeipräsident) können Personen, die im begründeten Verdachte stehen, staats­feindliche oder sonstige die öffentliche Sicherheit gefährdende Handlungen vorzuberei­ten oder die Begehung oder die Vorbereitung solcher Handlungen zu begünstigen, zu fördern oder dazu ermutigen, zwecks Hintanhaltung von Störungen der öffentlichen Ru­he, Ordnung und Sicherheit zum Aufenthalte in einem bestimmten Orte oder Gebiete ver­halten.“ – Das stammt vom 25. September 1933.

Zur gleichen Zeit hat der, der das vollziehen sollte, gesagt – ich zitiere –:

„Um dies deutlich zu dokumentieren, sei gesagt, daß ich erst gestern die neue Notver­ordnung unterschrieben habe, wonach man Personen nicht erst nach vollbrachter Tat, sondern schon vorher hinter Schloss und Riegel setzen kann, wenn anzunehmen ist, dass das Wirken dieser Personen nicht einwandfrei ist. (Stürmische Zustimmung.)“ (Zwi­schenruf des Abg. Rädler.)

Damals hat man in Richtung Sozialdemokratie gesagt: Das richtet sich ausschließlich gegen die Nationalsozialisten, macht euch keine Sorgen, das ist nur gegen die Natio­nalsozialisten, und ohne das geht es nicht. (Abg. Rädler: Ewiggestriger!)

Mein Vater, damals ein junger Mann, ist dann aufgrund dieser Verordnung eingesperrt worden. Es gibt viele in dieser Republik, die sehr, sehr vorsichtig sind und zu Recht sehr vorsichtig sind, wenn plötzlich solche Vorschläge kommen. Heute heißt es Hausarrest, damals hat es Schutzhaft geheißen.

Frau Bundesministerin, ich unterstelle es Ihnen nicht, aber ich warne Sie davor, sich in einer sehr heiklen Situation, in der es um Sicherheit, aber auch um Freiheit geht, sich auf diesen Lizitationsprozess einzulassen. Wir wissen aus Frankreich: Weniger Freiheit bringt nicht mehr Sicherheit.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 223

Der Nationalrat hat vor allem eine Aufgabe: immer darauf zu achten, dass die verfas­sungsmäßigen Rechte, unsere Bürger- und Bürgerinnenrechte und unsere Menschen­rechte in jeder Situation – auch in einer sicherheitspolitisch bedrängten Situation – ge­wahrt bleiben.

Ich ersuche Sie, Frau Bundesministerin, auch bei Ihren öffentlichen Äußerungen und Gesetzesvorhaben dieses Augenmaß und diese Verfassungsmäßigkeit zu bewahren. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS. – Zwi­schenruf des Abg. Rädler.)

19.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


19.49.06

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Auch wenn du, Peter Pilz, mit dem Dank angefangen hast, meine ich, dass in einer sicherheitspolitisch sehr bedrängten Zeit der Dank nicht nur den Polizistinnen und Polizisten, sondern auch all den NGOs und all je­nen Österreicherinnen und Österreichern auszusprechen ist, die in dieser schwierigen Zeit mitgeholfen haben, die Herausforderungen zu bewältigen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen, NEOS und Team Stronach.)

Umso verwunderter bin ich eigentlich (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein) – ihr braucht euch eh nicht zu bedanken, ihr könnt ja auch über alles lachen –, umso ver­wunderter bin ich, Kollege Darmann: Wir haben ja oft schon sehr sachliche und gute Diskussionen hinter uns gebracht, aber das ist nicht in Ordnung, das ist undifferenziert, wenn man da alle NGOs ausschließen will.

Was sich die NGOs denken werden, das überlasse ich jetzt eurer Beurteilung. Aber es ist ein Bärendienst, wenn man in so einer heiklen, sehr sensiblen Diskussion ganz ein­fach einen Antrag einbringt, in dem man fordert, dass man die NGOs pauschal aus­schließt. Ich glaube, das hat man nicht notwendig, und das habt ihr auch nicht notwen­dig, würde ich einmal meinen. (Zwischenruf des Abg. Darmann.)

Wir sollten gerade im Sicherheitsbereich die Diskussion unaufgeregt führen – ich ver­suche das immer wieder zu erwähnen –, im Interesse der Menschlichkeit und ganz ein­fach der Sache verpflichtet. Ich sage auch dazu, es geht nicht ohne Normen, es geht nicht ohne Reglementierungen. Von mir aus sage ich sogar, dort oder da geht es auch ohne eine gewisse Härte nicht, aber immer mit Augenmaß und immer auf dem Boden des Rechtsstaates angesiedelt.

Wie ich heute schon bei einem anderen Punkt gesagt habe, ist es beim Budget immer so: Keiner will Schulden, aber alle fordern, in einer schwierigen Zeit trotzdem ein Plus zu haben bei einem Budget. Aber wenn man es sich anschaut – und du weißt es ge­nauso, wie ich es weiß –, wie viele Millionen auch für den klassischen Sicherheitsbereich bereitgestellt werden, wie es in den nächsten Jahren auch mit der Ausrüstung weiter­geht!

Und jetzt sage ich dazu: Tun wir nicht so! Diejenigen, die sich auskennen, wissen ge­nau, was ein Stellenplan ist, die wissen, was ein Nachtragsbudget ist, und so fort. Und wir wissen auch, wenn man einmal bei einem Budget weit fortgeschritten ist, schmeißt man es nicht mehr um. Wichtig ist, dass es die Willenserklärung der politischen Ebene gibt, das Personal aufzustocken und Ressourcen von anderen Ressorts umzuschich­ten. Das ist alles bekannt, das entspricht alles der Realität. Machen wir nicht den Feh­ler, gute, vorbereitete Maßnahmen in Grund und Boden zu reden. Das haben weder die Betroffenen – ob sie nun in ein anderes Ressort überstellt oder neu aufgenommen werden – notwendig noch wir, und der Sicherheitsbereich schon gar nicht.


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Ich lade dazu ein, jetzt dafür Sorge zu tragen, dass wir alle Maßnahmen, die wir uns gemeinsam vorgenommen haben, umsetzen. Die Österreicherinnen und Österreicher werden es brauchen. Ich lade wirklich dazu ein, dass wir diese sensiblen Bereiche mit einer breiten Mehrheit und mit großer Zustimmung auch umsetzen können. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Abg. Gerstl macht sich auf den Weg zum Rednerpult.)

19.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Alm zu Wort. – Bitte. (Abg. Gerstl begibt sich wieder zu seinem Sitzplatz.)

 


19.52.31

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Hohes Haus! Wenn Kollege Pendl von einem Plus spricht, dann meint er – neh­me ich einmal an – das Plus für das Innenressort, das mehr Geld zur Verfügung haben wird. Man muss aber auch sagen, woher es kommt. Der Grund ist natürlich auch, weil für Asyl und Flüchtende mehr aufgewendet werden muss.

Es sind damit natürlich auch noch nicht alle erwartbaren Ausgaben abgedeckt. Wir wis­sen ja, dass die Frau Bundesministerin schon beim sogenannten Integrationstopf an­geklopft hat, um hier 15 Millionen € – letztens habe ich gehört, 30 Millionen € – diesem Gebinde entnehmen zu wollen. Andere Ministerien haben sich auch schon gemeldet. In Summe sind diese 75 Millionen € offensichtlich nicht ausreichend. (Abg. Pendl: Schau vielleicht die Restzahlen auch an!) Es werden auf jeden Fall spannende Verhandlun­gen, wie Sie selbst sagen, und ich wünsche Ihnen in diesem Sinne auch viel Glück da­zu.

In der zirka halben Milliarde €, die für Flüchtende und Asyl budgetiert sind, sind die so­genannten Transitflüchtlinge nicht enthalten. Die Frau Ministerin hat auch im Ausschuss eingeräumt, sie wisse ja nicht, wie viele Menschen kommen werden.

Aber was heißt das konkret? Heißt das, Sie treffen für diesen Fall überhaupt keine Vor­kehrungen? Lassen Sie sich wieder einmal überraschen? Es müsste auch auf Grundla­ge von Erfahrungswerten möglich sein, Schätzungen anzustellen, wie viele Menschen zu erwarten sind und wie sich die Entwicklung in einem Budget unterbringen lässt. Die Situation hat sich ja nicht gebessert, und es gibt keinen Grund zur Annahme, dass eine Beruhigung stattfindet.

Insgesamt wirkt die Regierung ja beim Thema Asyl und Flüchtlinge ein wenig planlos, und diese Nichtplanung ist eben auch im Budget reflektiert, vor allem dann, wenn er­wartbare Aufwände nicht berücksichtigt sind, wie im Bereich des Verfassungsschutzes und im Bereich des kommenden Staatsschutzgesetzes, wo ja auch mit erhöhten Kos­ten zu rechnen ist.

Wir fordern mittlerweile fast wöchentlich eine Überwachungsgesamtrechnung, aber nur deswegen, weil Sie auch jede Woche mit neuen Ideen kommen. Diese Woche ist es der Hausarrest, die Fußfessel, die Woche davor waren es Bundestrojaner. Jede zweite Woche ist es die Vorratsdatenspeicherung.

Wir wollen eine Überwachungsgesamtrechnung anstellen, um zu evaluieren, welche Maßnahmen überhaupt effektiv sind, welche verhältnismäßig sind und welche über­haupt noch notwendig sind. Im Rahmen des Budgets wäre es natürlich interessant, auch so etwas wie eine Überwachungsgesamtkostenrechnung anzustellen, damit wir wissen, wie teuer dieser Spaß denn eigentlich ist, weil wir davon ausgehen, dass wir in Zukunft wieder eine Vorratsdatenspeicherung mitbudgetieren müssen. Jeden Tag outet sich ein neuer Minister, eine neue Ministerin als Fan dieser Vorratsdatenspeicherung.

Vor dem Sommer hat Minister Brandstetter gemeint – ich zitiere –: „Nein, derzeit gibt es kein konkretes Vorhaben zur Wiedereinführung der sogenannten Vorratsdatenspei­cherung oder allfälliger Alternativen.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 225

Das war mir damals schon etwas verdächtig in der Formulierung. Er ist jetzt etwas deut­licher geworden. Es ist mir jedoch noch immer nicht ganz klar, was er meint – ich zi­tiere aus einer jüngsten APA-Meldung: „Weiterhin sprach sich der Justizminister für ein ‚vernünftiges Maß‘ an Vorratsdatenspeicherung aus.“

Jetzt fragen wir uns natürlich: Was ist ein vernünftiges Maß? Das vernünftigste Maß wä­re natürlich, keine Vorratsdatenspeicherung zu haben. Aber es ist zu befürchten, dass der Minister das Gegenteil gemeint hat. Ich appelliere an dieser Stelle, wie ich es schon zuvor tat, noch einmal an die SPÖ. Herr Minister Stöger hat sich in dieser Sache eben­falls wiederholt – auch da ein Zitat –:

„Ich darf aber nochmals festhalten, dass ich keinen Bedarf für eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung sehe.“ – Zitatende. Ich hoffe, wir können ihn da beim Wort nehmen, und Sie setzen sich dementsprechend ein.

Das Sammeln von Vorratsdaten ist nichts anderes als ein Ausdruck der Bequemlich­keit, weil es natürlich einfacher ist, diese Daten zu sammeln, anstatt gezielt zu ermit­teln. Wir diskutieren auch im Zuge des Staatsschutzgesetzes immer nur über Befugnis­erweiterung, die zu einer größeren Datenhaltung führt. Wir diskutieren nicht, wie wir die­se Befugnisse wieder zurückbauen können, wenn sie unnötig geworden sind. Wir dis­kutieren auch nicht darüber, wie die Ermittlungsqualität gesteigert werden kann. Das Pro­blem lässt sich nicht mit Quantität erschlagen.

Die Massenüberwachung ist nichts anderes als Homöopathie. Sie ist teuer, sie ist er­wiesenermaßen völlig wirkungslos, und sie verhindert vor allem wirksame Maßnahmen. Die gewonnenen relevanten Daten werden so weit verdünnt, dass sie praktisch über­haupt nicht mehr wahrgenommen werden können. Es sind so viele Daten, dass sie gar nicht mehr rechtzeitig verarbeitet werden können. Diese Energie der Datensammelwut sollten Sie auf die Entwicklung moderner, fokussierter, grundrechtsschonender Ermitt­lungsmethoden lenken. Das kommt im Budget aber nicht vor.

Warum diskutieren wir nicht über Quick-Freeze? Ich bin kein großer Fan von Quick-Freeze, aber die Idee, anlassbezogen eine Record-Taste zu drücken und mitzuspei­chern, wäre ein großer Fortschritt im Diskurs um die Vorratsdaten. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.) – Ich nehme an, dass ich noch einen Satz zur Verfügung habe, da­­her zurück zum Budget.

Sicherheit kostet etwas. Berücksichtigen wir das auch in Zukunft in den Kosten moder­ner Entwicklungsmethoden: Bitte grundrechtsschonend, fokussiert – und nicht massen­haft und anlasslos. – Danke. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

19.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Jetzt gelangt der durch Ungeduld aufgefallene Abge­ordnete Mag. Gerstl zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.58.13

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Entschuldigung, Herr Ab­geordneter Alm, dass ich das übersehen habe. Aufgrund der kurzen Redezeit möchte ich sehr schnell zur Sache kommen.

Erstens, das Budget des Innenministeriums beträgt erstmals über 3 Milliarden €. Dafür ein herzliches Danke an die Innenministerin, ein herzliches Danke an den Finanzmi­nister und ein herzliches Danke vor allem an die Staatssekretärin im Bundeskanzler­amt, die die nötigen Planstellen dafür auch zur Verfügung stellt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich kann Grün und NEOS nicht verstehen, dass sie in Zeiten wie diesen noch immer nicht bereit sind, einer Innenministerin die nötige Unterstützung zu geben, wie es für


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die Sicherheit Österreichs notwendig ist. Dazu gehört selbstverständlich ein Staatsschutz­gesetz – und ich habe gerade nachgeschaut: Kollege Pilz hat sogar im Februar 2015 – das heißt, vor zehn Monaten – noch gesagt, ein Staatsschutzgesetz ist richtig und not­wendig.

Ich glaube, er sollte bei dieser Meinung bleiben, denn es ist notwendig, dass Personen nicht nur wegen eines konkreten Tatverdachtes beobachtet werden können, sondern dass auch, wenn die Wahrscheinlichkeit für eine Gefährdung Österreichs und der Ös­terreicherinnen und Österreicher besteht, der Verfassungsschutz die notwendigen Maß­nahmen treffen kann. Das wünschen sich alle Österreicherinnen und Österreicher, das erwarten sich alle Österreicherinnen und Österreicher. Und ich bitte Sie inständig: Ge­ben Sie den Widerstand von Grün und NEOS für die Sicherheit Österreichs auf!

Meine Damen und Herren, weiters glaube ich, dass die derzeitige Situation ganz klar gezeigt hat, dass wir eine Vorratsdatenspeicherung brauchen.

Bei einem mutmaßlichen Attentäter von Paris, welcher zuvor durch Österreich gefah­ren ist: Wenn er in Österreich ein Handy verwendet hätte – ein österreichisches Handy verwendet hätte – und wir hätten die Vorratsdatenspeicherung, dann hätten wir die Chance gehabt, die Netzwerke von ihm anzusehen und genau zu erkennen, mit wem eine Verbindung besteht, und auf diese Weise ein weiteres Netzwerk aufzudecken. Mei­ne Damen und Herren, das verhindern Sie, indem Sie eine sogenannte Vorratsdaten­speicherung nicht zulassen.

Meine Damen und Herren, drittens glaube ich, dass weitere gesetzliche Maßnahmen notwendig sind – ein Notfallgesetz –, damit wir in solchen Situationen wie jenen, in de­nen wir uns derzeit befinden, nicht mit der heutigen Verfassung das Auslangen finden müssen, wo eine Generalkompetenz zu den Ländern geht und nicht für Notfallmaßnah­men zum Bund. Ich glaube, dass auch da stetig und rasch nachgeschärft werden muss. (Beifall bei der ÖVP.)

20.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


20.01.03

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Hohes Haus! Grenzpolizei für die Grenzüberwachung – das ist ein Antrag, den wir vom Team Stronach seit dem Frühjahr eingebracht haben, er wurde immer wieder in den Ausschüssen vertagt oder abgelehnt. Vor einigen Wochen hat ihn dann die Frau Bundesminister inhaltlich übernommen. Das finde ich positiv.

Obergrenze für Flüchtlinge: Auch das ist Inhalt eines Antrages des Team Stronach, er wurde ebenfalls abgelehnt beziehungsweise im Ausschuss vertagt. Jetzt vor ein paar Tagen hat ihn die Frau Bundesministerin übernommen. Auch das finde ich positiv.

Ich möchte vielleicht auf die derzeitige politische Situation im Allgemeinen eingehen. Es ist von einigen Kollegen schon angesprochen worden: Die Kosten im Budget für den Aufwand mit Asylwerbern – ja, sie sind gestiegen. Das Innenministerium hat wirklich ein höheres Budget, aber es sind auch die Kosten für Asylwerber gestiegen, und das hat seinen Grund, den ich Ihnen erklären kann. Es heißt immer: Mehr Polizisten. Das ist nur bedingt der Fall, denn es ist eine Frage der Bezeichnung. Verwaltungsbeamte sind vielleicht auch Polizisten – es stimmt, sie machen auch Tätigkeiten für Polizisten –, aber sie sind keine exekutiven Außendienstbeamten, die für die Sicherheit der Bevöl­kerung draußen vor Ort da sind. Da mangelt es gewaltig. Da werden die Beamten ab­gezogen und (Präsident Hofer gibt leise das Glockenzeichen) – sind wir schon fertig? (Zwischenrufe bei Abgeordneten der ÖVP), die Lampe ist noch dunkel – in den Innen­dienst verlagert.


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Das heißt, da müsste man nachsetzen. Wir brauchen also mehr Exekutivbeamte im Au­ßendienst, weniger in der Verwaltung. Ich meine, das Problem liegt nicht nur an Ihnen, das Problem liegt daran, dass wir die Beamten mit diesen Asylaufgaben innen binden, sie aber eigentlich für die Sicherheit vor Ort draußen haben sollten, damit die Menschen wieder ruhig schlafen können. – Danke. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Pilz: Zur Ge­schäftsbehandlung!)

20.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Pilz zu Wort gemeldet. – Bitte.

*****

 


20.03.26

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich begrüße ausdrücklich, dass das freie Rederecht des Abgeordneten einer Fraktion nicht eingeschränkt wurde, weise aber darauf hin, dass das ein nicht unseren Regeln ent­sprechendes Entgegenkommen vonseiten des Präsidiums war, weil ja vor diesem Bud­getkapitel das Team Stronach bereits die gesamte Redezeit verbraucht hatte.

Aber ich halte nur fest, dass ich es durchaus für sinnvoll halte, in der nächsten Präsi­diale darüber zu reden, wie man auch bei anderen Fraktionen auf derartig flexible Art und Weise mit der täglichen Blockredezeit umgeht und hier Ausnahmen macht, falls das Bedürfnis von Abgeordneten besteht, obwohl es nicht mehr zulässig wäre, zu sprechen. (Beifall bei den Grünen.)

20.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehand­lung? – Das ist nicht der Fall.

Herr Abgeordneter Pilz, ich räume ein, dass der Fehler bei mir gelegen ist, nicht bei den Mitarbeitern. Ich habe das persönlich übersehen. Der Herr Kollege hat um etwas mehr als eine Minute überzogen. Es kommt öfter vor, dass man etwas überzieht. Aber der Fehler war ganz alleine bei mir; das räume ich gerne ein.

*****

Zu Wort gelangt nun Frau Bundesminister Mag. Mikl-Leitner. – Bitte, Frau Bundesmi­nister.

 


20.04.42

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Sehr geehrter Herr Prä­sident! Geschätzte Damen und Herren des Parlaments! Hohes Haus! Die Sicherheit in unserem Land, die Sicherheit in unserer Republik wird auch weiterhin oberste Priorität haben, sie wird auch weiterhin Vorrang haben. Ich glaube, wir alle können sagen: Wir sind stolz – stolz, dass wir in einem der sichersten Länder der Welt leben können, dass vor allem Österreich zu einem der sichersten Länder der Welt zählt.

Wir alle wissen, dass die Herausforderungen im Sicherheitsbereich nicht weniger, son­dern mehr werden. Ich denke hier an Phänomene wie Cyberkriminalität, Terrorismus und Extremismus – ein Themenfeld, über das wir in den nächsten Wochen, in den nächs­ten Monaten breit diskutieren müssen, weil es unser gemeinsames Ziel sein muss, die Risiken gefährlicher Angriffe für die Bevölkerung zu minimieren.

Da lade ich jetzt schon zu einer sehr breiten Diskussion mit offenem Ausgang ein, weil ich einfach fest davon überzeugt bin, dass es wichtig und richtig ist, die Diskussion nicht


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im Keim zu ersticken und erst dann aufzuwachen, wenn bereits etwas in dieser Repu­blik passiert ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber natürlich wird uns auch das Thema Migration in den nächsten Monaten, in den nächsten Jahren begleiten. Für all diese Herausforderungen gibt es engagierte, gut aus­gebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – mehr als 33 000 an der Zahl – im Exekutiv­bereich und in der Verwaltung, die rund um die Uhr Sicherheit garantieren und sich für die Sicherheit der Menschen in unserem Land starkmachen. Dafür braucht es auch fi­nanzielle Mittel, wobei ich ein herzliches Danke sage, weil dem Bundesministerium für Inneres erstmals über 3 Milliarden € an Budget zur Verfügung stehen.

Ein Thema, das ich besonders hervorstreichen möchte, ist die riesige Herausforderung im Bereich der Migrationsströme: Migrationsströme aus den Krisenregionen Syrien, Af­ghanistan, Irak, wo Tausende Menschen vor Gewalt, vor Terror fliehen, um in anderen Staaten und vor allem in Europa Schutz und Hilfe zu bekommen.

Österreich hat eine doppelte Verantwortung, eine doppelte Herausforderung. Öster­reich ist nämlich nicht nur Transitland, sondern vor allem auch Zielland. Wie Sie wis­sen, sind seit Anfang September mehr als 500 000 Menschen in Österreich eingereist oder durchgereist. Von diesen 500 000 Menschen haben 25 000 um Asyl angesucht. Mit Ende Oktober waren es über 67 000 Menschen, die bei uns im Land Asyl beantragt haben. Das ist eine Steigerung von mehr als 234 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Und hinter jedem Asylantrag steht ein Mensch, hinter jedem Asylantrag steht ein Flücht­ling, der natürlich auch humanitär untergebracht und verpflegt werden muss.

Daher war es in den letzten Monaten eine riesige Herausforderung, Quartiere zu schaffen. Hierbei ist es dem Bund gemeinsam mit den Ländern gelungen, mehr als 35 000 Quartiere neu zu schaffen, sprich die Kapazität zu verdoppeln. Mittlerweile sind über 70 000 Menschen in der Grundversorgung, wo sie sowohl vom Bund als auch vom Land betreut und versorgt werden.

Darüber hinaus geht es auch um Transitquartiere. An die 20 000 Transitquartiere sind mittlerweile geschaffen worden, um vor allem jene Menschen zu versorgen, die weiter nach Deutschland ziehen wollen. Das war primär eine riesige organisatorische Heraus­forderung, wobei ich allen Beteiligten ein herzliches Danke sagen möchte: der Polizei, dem Bundesheer, den NGOs, der gesamten Zivilbevölkerung, weil hier Großartiges ge­leistet worden ist und ich hier nicht anstehe, nicht nur Danke zu sagen, sondern vor al­lem auch Bitte zu sagen für die nächsten Wochen und für die nächsten Monate. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das ist das eine. Darüber hinaus braucht es auch die finanziellen Mittel für diese riesi­ge Herausforderung. Deswegen bin ich froh darüber, dass sich die gesamte Bundesre­gierung und der Finanzminister darauf verständigt haben, dass die budgetären Mittel für den gesamten Migrationsbereich für das Jahr 2016 aufgestockt werden und mehr budgetäre Mittel veranschlagt wurden.

Wir werden in diesem Bereich auch in den nächsten Monaten mehr an Flexibilität brau­chen, denn keiner von uns kann genau vorhersagen, wie sich diese Migrationsströme entwickeln werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, darüber hinaus gibt es natürlich auch riesige Herausforderungen im Sicherheitsbereich. Wir alle haben die Terroranschläge der letz­ten Monate an den verschiedensten Orten im Gedächtnis, haben vor allem die Terror­anschläge in Paris im Gedächtnis, wobei unsere Gedanken bei den Opfern, bei den Verwandten, ja bei ganz Frankreich sind.

Diese Anschläge zeigen uns, dass keiner von uns mit hundertprozentiger Sicherheit Terroranschläge ausschließen kann, ja, auch nicht in Österreich. Wir müssen uns ein-


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fach eingestehen, der Terror ist mitten in Europa, mitten im Herzen Europas angekom­men. Und da gilt es äußerst sensibel zu sein, da gilt es vor allem auch, die Gefahren ernst zu nehmen. Und gerade diese Bundesregierung nimmt diese Gefahren, die von Terroristen ausgehen, schon lange sehr ernst und hat diesbezüglich auch bereits Maß­nahmen gesetzt (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wo ist die Sensibilität? – Abg. Dar­mann: Noch immer keine Grenzkontrollen!), Maßnahmen vor allem im Bereich der Spe­zialisierung, nicht nur im operativen Bereich, sondern vor allem auch im gesetzlichen Bereich. Ich denke hier an Maßnahmen im Bereich des Staatsschutzes, im Bereich des Bundeskriminalamtes oder auch in der Spezialeinheit.

Darüber hinaus wurden unmittelbar nach den Anschlägen in Paris seitens der General­direktion einige Sofortmaßnahmen veranlasst. Ich denke hier an die Schleierfahndun­gen, an die verstärkten Observationsmaßnahmen, an die verstärkten Strukturermittlun­gen und vor allem an die Stärkung unserer Analyseabteilung im Verfassungsschutz. (Zwi­schenruf des Abg. Kumpitsch.) Das heißt, es sind viele Maßnahmen, die wir hier an­gesichts der erhöhten Gefährdungslage verstärkt haben.

Wenn wir uns diese Terroranschläge anschauen, wenn wir an den Kampf gegen den Terror denken, dann wissen wir, dass es hier sehr viel an Spezialistentum braucht. Des­wegen werden wir dieses Spezialistentum auch in Zukunft weiterhin forcieren und för­dern, vor allem qualitativ, aber auch quantitativ.

Dankbar bin ich der gesamten Bundesregierung für das gesamte Paket der Sicher­heitsoffensive, für das Terrorpaket im Ausmaß von 288 Millionen €, das heißt jährlich 72 Millionen, wobei es darum geht, vor allem Einsatzmittel, Schutzausrüstung, Obser­vationstechnik, IT-Ausstattung zu verstärken, also auch im Bereich der Spezialisierung zu investieren, vor allem auch in die personelle Ausstattung, in mehr Personal.

Neben dieser riesigen Herausforderung dürfen wir aber die anderen Felder nicht ver­gessen. Ich denke hier an den Bereich Einbruchskriminalität, an den Bereich Cybersi­cherheit oder Drogenkriminalität. Da haben wir eine Strategie entwickelt, die Strategie „INNEN.SICHER“, und mit dieser Strategie wollen wir auf jede einzelne Herausforde­rung ganz konkrete Antworten geben. Seit dieser Strategiefestlegung im Jahr 2010 ha­ben wir 113 Projekte entwickelt, vor allem um das Innenressort zukunftsfit zu machen. Bis Ende des Jahres sind 86 Projekte umgesetzt, um hier auch diese Herausforderun­gen zu bewerkstelligen und vor allem Reformen voranzutreiben.

Ja, wenn Sie so wollen: Wir als Innenministerium verstehen uns auch als Reformminis­terium, weil es einfach wichtig ist, am Puls der Zeit zu sein, um auch mit den moderns­ten Strategien und den modernsten Maßnahmen all das zu bewerkstelligen.

Für das Jahr 2016 haben wir uns vier Themenschwerpunkte vorgenommen: Zum Ers­ten den Bereich Sicherheit und Schutz. Dazu zählt der gesamte Bereich Bekämpfung der Eigentumskriminalität, Bekämpfung des Extremismus und des Terrorismus, also auch der gesamte Bereich der Gewaltkriminalität. Zweites großes Themenspektrum ist natürlich der gesamte Bereich Asyl und Migration. Dritter großer Bereich ist Mitarbeiter und Organisation. Hier richtet sich der Fokus vor allem auf professionelles Personal­management, auf dessen Grundlage wir auch eine leistungsfähige Organisationsstruk­tur garantieren können. Der vierte Schwerpunkt ist der horizontale Schwerpunkt. Damit meinen wir vor allem eine bessere internationale Vernetzung mit den anderen Behör­den, es ist vor allem auch eine bessere Kommunikation sowohl nach innen als auch nach außen gemeint, um beste Ergebnisse erzielen zu können.

Sie sehen also, dass wir uns auch im Jahr 2016 sehr hohe Ziele gesteckt haben, dass wir sehr hohe Aufgaben zu bewerkstelligen haben, wobei wir mit dem Budget 2016 gut gerüstet sind, um diese Herausforderungen auch optimal meistern zu können.


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Ich darf mich vor allem auch bei Ihnen für die Unterstützung dieses Budgets herzlich bedanken, darf mich vor allem auch für die immer angeregten Diskussionen zum The­ma Sicherheit bei den Sicherheitssprechern ebenso wie in den Ausschüssen bedan­ken. Es wurden ja auch einige Detailfragen bereits im Detail im Finanzausschuss dis­kutiert. Einige Fragen wurden angesprochen, wo wir nächstes Frühjahr nachziehen müs­sen, um das Budget für all diese Vorhaben, die wir letztendlich auch anstreben, nach­zujustieren.

In diesem Sinne darf ich auch meinem Haus und generell dem gesamten Team des BMI, sei es in der Zentrale oder draußen vor Ort, ein herzliches Danke sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Lueger zu Wort. – Bitte.

 


20.16.32

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sie haben es jetzt selbst gesagt: Es gibt im Innenressort von den Auszahlungsschwerpunkten mehrere Punkte, der eine ist der Personalbereich, der zweite Bereich ist die Ausstattung und Ausrüstung für die Exekutive, die natürlich enorm wichtig sind, die Grundversorgung, Zivildienst und Bereitstellung der erforderlichen Infrastruktur.

Ich hätte nur zur Sicherheitsoffensive schon noch eine Frage, Frau Ministerin. Sie for­dern in der Abendausgabe der morgigen Zeitung 288 Millionen € für Staatsschutz, für Panzerfahrzeuge, für Helikopter, und die Cobra stellt sich neu auf – was ja prinzipiell nicht negativ ist. Aber meine Frage ist dahin gehend:

Die Bundesregierung selbst hat ja am 20. Jänner 2015 einen entsprechenden Be­schluss gefasst. Sind das diese 290 Millionen, die es damals waren? – Dann haben Sie diese in der Zeitung von morgen noch einmal verkauft.

Und die zweite Frage betrifft diese 72 Millionen €, die auch im Budget aufgetaucht sind, zu denen Sie uns auch im Ausschuss noch nicht sagen konnten, wofür sie verwendet werden. In der Aussendung für morgen steht drinnen, dass Sie die Spezialbereiche auf­rüsten wollen. Das wäre für mich eine spannende Frage, die diesbezüglich noch zu klä­ren wäre. (Beifall bei der SPÖ.)

20.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kumpitsch. – Bitte.

 


20.18.13

Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Am 22. Oktober haben Sie, sehr geehrte Frau Bundesminister, gegenüber der „Kronen Zeitung“ gesagt: „Unsere Polizistinnen und Polizisten brauchen dauerhaft Verstärkung. Sie leisten enorme Arbeit und bewegen sich seit Wochen bereits an der Belastungsgrenze“.

Ich kann diese Aussage nur bestätigen.

Es ist richtig, dass im Budgetvoranschlagsentwurf 2016 für Asyl und Sicherheit 886 Mil­lionen € budgetiert sind, allerdings für Mehrkosten bei der Grundversorgung, bei der Integration oder Arbeitsmarktintegration. Nicht berücksichtigt darin ist aber das ange­kündigte Vorziehen von 1 000 bereits vereinbarten Planstellen für die Polizei, im Be­darfsfall sogar von 2 000 Polizisten oder 500 Mitarbeitern des Bundesamtes für Frem­denwesen und Asyl.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 231

Wie sehr man solchen Ankündigungen trauen kann, habe ich im Jahr 2010 – es waren gerade Landtagswahlen in der Steiermark – erlebt. Damals hat die ehemalige Frau Bun­desminister Fekter mit unserem jetzigen Landeshauptmann Schützenhöfer einen Si­cherheitspakt geschlossen, der uns 300 zusätzliche Planstellen versprach. Was davon übrig geblieben ist? – Ein sicherheitspolitischer Kahlschlag. Statt 300 Polizisten mehr haben wir ein neues Sicherheitskonzept erhalten, nämlich die Schließung von 23 Poli­zeidienststellen. (Abg. Plessl: Zusammenlegung, bitte! Zusammenlegung!)

Die Folgen dieses rigorosen Sparkurses sind also für die Exekutive nicht erst jetzt, son­dern waren bereits vor der Migrations- und Flüchtlingswelle vorhanden und nehmen jetzt untragbare Ausmaße an. Sollte die kolportierte Aufnahme von 1 700 Polizisten tatsäch­lich umgesetzt werden, dann sind allein schon 700 Planstellen für die Nachbesetzun­gen von Pensionierungen zu berücksichtigen.

Was bleibt, ist: Polizisten an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit werden ohne Weiteres von einem Ort zum anderen verschoben, ohne dass sie gefragt werden, ohne dass auf ihre sozialen Verhältnisse oder ihre Gesundheit eingegangen wird. Polizisten, die an der Grenze eingesetzt werden, müssen hilflos und ohne ausreichende Unterstützung zusehen, wie illegale Migranten die Grenze überschreiten. Ja ich gehe sogar so weit, zu sagen, dass sie zum Amtsmissbrauch angehalten werden, weil sie gar nicht ein­schreiten dürfen. (Beifall bei der FPÖ.)

Was bleibt, ist, dass Polizeidienststellen vorübergehend geschlossen werden und Si­cherheitsstreifen nicht durchgeführt werden können, weil das Personal fehlt. Was bleibt, ist, dass Anliegen der Bevölkerung hintangestellt werden, ebenfalls weil das Personal fehlt.

Ich fordere Sie daher auf, sehr geehrte Frau Minister, den Ernst der Lage zu erkennen und unsere Exekutive in allen Belangen zu unterstützen, damit sie nämlich ihrem Auf­trag, die Bevölkerung zu schützen, nachkommen kann, aber auch selbst nicht auf der Strecke bleibt. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Be­lastungszulage und Mannesausrüstung für Exekutivbeamte

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass eine eigene Belastungszulage für Exekutivbeamte geschaffen wird, welche in Polizeidienst­stellen mit einer hohen Mehrbelastung eingesetzt sind, und endlich genügend Mannes­ausrüstung, wie zum Beispiel persönlich zugewiesene leichte ballistische Unterzieh­schutzwesten, beschafft wird.“

*****

Ich appelliere an alle Kolleginnen und Kollegen im Haus, denen die Polizei wirklich am Herzen liegt, diesen Entschließungsantrag zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 232

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Kumpitsch, Mag. Darmann und weiterer Abgeordneter

betreffend Belastungszulage und Mannesausrüstung für Exekutivbeamte

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 6, Bericht des Bud­getausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), Untergliederung 11 – Inneres, in der 104. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 24. November 2015

Die für 2016 budgetierten Ausgaben im Bereich Inneres belaufen sich auf 3.027,6 Mil­lionen Euro. Dies bedeutet gegenüber dem Jahr 2015 eine Erhöhung um 497,7 Mil­lionen Euro, wobei dies zum größten Teil auf die zusätzlichen Mitteln für die Grundver­sorgung von Fremden zurückzuführen ist. Im Detailbudget 11.02.01 Landespolizeidi­rektionen sind 1.854,928 Millionen Euro für das Jahr 2016 im Jahr 2015 waren nur 1.831,521.000 Millionen Euro budgetiert.

Der Personalplan beinhaltet 28.762 Planstellen der Landespolizeidirektionen im Jahr 2016, wobei 25.796 für den Exekutivdienst und 2.966 für den Allgemeinen Verwaltungsdienst im Personalplan ausgewiesen sind. Die Verwaltungsdienst-Planstellen sinken im Ver­gleich zum Vorjahr um 59, dafür steigen die Exekutivdienst-Planstellen um 96 für neun Landespolizeidirektionen! Die von Bundesministerin Mikl-Leitner angekündigten 1.000 Plan­stellen mehr für den Exekutivdienst sind noch nicht im Personalplan 2016 enthalten.

Die Bundesregierung ist gefordert, die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, da­mit die Exekutive im Kampf gegen die Kriminalität wirksam agieren kann. Dazu gehö­ren neben der Entlastung von Verwaltungstätigkeiten und Überstunden, auch motiva­tionsfördernde Maßnahmen für die Polizei und die notwendige persönliche Mannes­ausrüstung für jeden Exekutivbeamten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass eine eigene Belastungszulage für Exekutivbeamte geschaffen wird, welche in Polizeidienst­stellen mit einer hohen Mehrbelastung eingesetzt sind, und endlich genügend Mannes­ausrüstung, wie zum Beispiel persönlich zugewiesene leichte ballistische Unterziehschutz­westen, beschafft wird.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rauch. – Bitte.

 


20.22.57

Abgeordneter Mag. Johannes Rauch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Das Budget des Innenministeriums beträgt also tatsäch­lich rund 3 Milliarden €, und die Ministerin hat vorgestellt, in wie vielen Bereichen die­ses Budget eingesetzt wird, da eben Sicherheit ein breites Spektrum abdecken muss.

Einer meiner Vorredner, Peter Pilz, sagt, er verstehe nicht, dass die Ministerin immer neue Vorschläge macht. – Na genau das erwarte ich mir ja von einer Innenministerin, dass Sie, wenn sich die sicherheitspolitische Lage ändert, natürlich Vorschläge ma-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 233

chen muss. Ich bin eigentlich froh darüber, dass genau diese Vorschläge kommen, und die kann man ja dann im Hohen Haus selbstverständlich diskutieren.

Ich will aufgrund der Kürze der Redezeit wirklich nur konkret auf drei Dinge eingehen. Ich glaube, erwähnenswert ist wirklich das von der Bundesregierung beschlossene An­titerrorpaket, das ab jetzt jedes Jahr 72 Millionen € zur Verfügung stellt, um im Anti­terrorbereich besser gerüstet zu sein. Wie wichtig das ist, zeigen uns ja leider auch die tragischen Ereignisse in den letzten Jahren.

Wie schnell und flexibel das Innenministerium reagiert, zeigt auch ein Beispiel aus mei­nem Heimatland Tirol. Dort wird extra ein Grundkurs eingeführt, in dem die Ausbil­dungszeit verkürzt wird, um eben die jungen Beamtinnen und Beamten schneller an die Grenze zu bringen. Die Lage in Tirol ist ja bekannt, wir stehen derzeit aufgrund der Asylwerber, die zahlreich ins Land kommen, sehr stark unter Druck. Da sieht man, wie das Budget auf eine sehr flexible Weise angepasst wird.

Wie gut das Budget eingesetzt ist, zeigt auch die Sicherheitssituation: Die Kriminalitäts­entwicklung in Tirol ist rückläufig. Also man sieht, das Budget wird zielgerichtet einge­setzt, sei es im Asylbereich, sei es im Antiterrorbereich, sei es in der klassischen Krimi­nalitätsbekämpfung. Dazu kann man der Ministerin und allen ihren Mitarbeitern und Mit­arbeiterinnen nur gratulieren. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Korun zu Wort. – Bitte.

 


20.24.57

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auf die Gefahr hin, von soge­nannten Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP an vermeintliche Landsmänner von mir erinnert zu werden, die wahrscheinlich das Frauenbild von Herrn Kollegen Franz – inzwi­schen ÖVP-Parlamentsklub – teilen, werde ich mir erlauben, auch ein ÖVP-Regierungsmit­glied meine Meinung wissen zu lassen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Ja, sehr geehrte Damen und Herren, die Unterbringung von Schutzsuchenden ist der­zeit eine Herausforderung, nicht nur für Österreich, sondern auch für andere Länder. Man darf aber nie vergessen, darauf hinzuweisen, dass es in der Geschichte dieser Re­publik durchaus herausforderndere Zeiten gegeben hat, zum Beispiel 1956, 1957, als 180 000 Ungarnflüchtlinge gekommen sind, oder ein paar Jahre später 162 000 Flücht­linge aus der Tschechoslowakei. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!)

Frau Belakowitsch-Jenewein, ich weiß, auch das mit dem Lumpenproletariat können Sie gerne hier wiederholen. Ich finde es übrigens auch interessant, dass die meisten Ihrer Wähler und Wählerinnen aus dem Proletariat kommen, nämlich Arbeiter und Ar­beiterinnen sind. Die werden wahrscheinlich sehr großes Interesse haben, zu hören, was Sie über Ihre Wählerschaft sagen. – So viel auch zu Ihren Werten. (Abg. Belako­witsch-Jenewein: Wenn Sie sich nicht auskennen, können Sie es nachlesen!) – Ja, reden Sie einfach weiter, reden Sie nur weiter! Ich weiß, die Zwischenrufe sind die Spe­zialität der FPÖ. (Abg. Darmann: Das gehört zum Parlamentarismus!)

Worauf ich hinweisen wollte, ist eine interessante Kehrtwende in unseren politischen Diskussionen im Parlament. Bevor ab September die Asylwerberzahlen auch in unse­rem Land so massiv gestiegen sind (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Die sind schon im Mai gestiegen!), hat vor allem die ÖVP, aber auch die FPÖ immer wieder gesagt, man müsse die Bereiche Asyl, also Flucht, und Migration ganz streng trennen, man darf das nicht miteinander vermengen, denn das eine ist eben das Menschenrecht auf Schutz


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vor Verfolgung, das Menschenrecht auf Asyl, und das andere ist zum Beispiel Arbeits­migration. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das hat immer noch Gültigkeit!)

Das Interessante ist, dass seit September in sämtlichen Debattenbeiträgen von ÖVP – inklusive der Frau Innenministerin –, aber auch von den Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ ständig Asyl und Migration in einem Atemzug genannt werden. Jetzt bilde ich mir natürlich nicht ein, dass dieser Hinweis irgendetwas … (Abg. Höbart: Das sagen Sie ja immer!) – Ja, schreien Sie einfach nur rein, Herr Höbart. Wie war das mit den Erd- und Höhlenmenschen? (Abg. Höbart: Das ist ein alter Hut!) – Ein alter Hut, ge­nau! Wir warten auf neue Hüte von Ihnen, denn die werden ganz sicher ziemlich bald kommen. (Ruf bei der FPÖ: Waren Sie schon in Traiskirchen? – Anhaltende Zwischen­rufe bei der FPÖ.) – Schreien Sie bitte, schreien Sie ruhig rein, damit auch alle hören, wie Sie sich im Parlament benehmen. (Abg. Rädler: Linke Hetze!)

„Linke Hetze“ schreit auch Herr Kollege Rädler! Genau: „Linke Hetze“, das war dem Kol­legen Rädler eingefallen, als Kollege Walser den Rassismus der FPÖ gegen Kinder­gartenkinder thematisiert hat. Da hat der Herr Integrationssprecher Rädler nichts ande­res zu rufen gehabt als „linke Hetze“. Bei einer der folgenden Reden hat er interessan­terweise wieder „rechte Hetze“ gerufen; das ist, wenn man keine politische Linie und keine Werte hat, von denen ja immer die Rede ist. Sehr geehrte Damen und Herren, gerade Sie von der ÖVP reden ja ständig von den Werten.

Es scheint so zu sein, dass der Ahnenpass offensichtlich zu diesen Werten gehört. Frau Kollegin Winzig ist jetzt Gott sei Dank wieder da, und wir könnten uns dann ja auch austauschen, welche Landsmänner zu wem gehören. (Abg. Rädler: Was haben Sie für Komplexe!) Und leider haben Sie die Frage von mir auch nicht beantwortet, wie das Ihr Landsmann Dr. Marcus Franz sieht, der ja von Frauenrechten auch nicht sehr viel zu halten scheint. (Abg. Höbart: Was hat das mit dem Budget zu tun?) Ich weiß, die Wahr­heit ist den Menschen zumutbar, aber die Wahrheit ist unangenehm. (Abg. Rädler: Ihre Rede ist das Unangenehme! – Abg. Höbart: Ja, genau!) – Genau, meine Rede ist sehr unangenehm, vor allem für Sie, Herr Rädler. (Abg. Höbart: Bitte zur Sache kommen! – Abg. Schultes: … Ahnenpass! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Herr Kollege, nicht alle haben Ihren Zwischenruf gehört, deshalb wiederhole ich ihn. Sie haben gesagt: Jetzt kommt die Entschuldigung für den Ahnenpass. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.) – Ich warte noch auf die Entschuldigung für den Ethnisierungsversuch aus Ihren Reihen, der nicht zum ersten Mal hier passiert. (Präsi­dent Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Zurück zum Thema: Sehr geehrte Frau Bundesministerin, ich würde vorschlagen, dass Sie, wie Sie das bis vor Kurzem immer gepredigt haben, Asyl und Migration auseinan­derhalten. Davon haben Sie die letzten Jahre sehr viel gehalten, und jetzt – nicht jetzt, sondern seit September – haben Sie einen Schwenk um 180 Grad gemacht.

Ich glaube, es macht Sinn (Abg. Darmann: Völkerwanderung …!), seriös über Flucht (Präsident Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen), aber auch über Migration zu spre­chen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

20.30

20.30.10*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Rädler, ich muss Ihnen für den Zwi­schenruf „Was haben Sie für Komplexe!“ einen Ordnungsruf erteilen.

*****

(Beifall bei den Grünen für die sich zu ihrem Platz begebende Abg. Korun.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 235

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Plessl zu Wort. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

 


20.31.14

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte In­nenministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden heute über das Budget des Innenministeriums. Ich bin seit über 30 Jahren in verschiedenen Tätigkeiten im Innenministerium tätig. Insbesondere kann ich mich erin­nern, wie vor einiger Zeit, nämlich ab 2000 – das war keine einfache Zeit –, ausgezeich­net funktionierende Strukturen, wie zum Beispiel im kriminalpolizeilichen Bereich, für im­mer zerstört wurden.

Die große Fehleinschätzung des damaligen Bundesministers war, dass man weg von Spezialisten hin zu Generalisten kommen wollte. Dies war eine der größten Fehlent­scheidungen und Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte im Innenressort. In den Jah­ren 2000 bis 2006 sind so über 3 000 Planstellen wegreduziert worden, das heißt, sie standen im Innenressort fortan nicht mehr zur Verfügung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, erst mit der Trendwende 2008, mit der Bun­desregierung Faymann I wurde nicht nur dieser Abbau wieder gestoppt, sondern wur­den auch wieder Nachbesetzungen vorgenommen. Zusätzlich wurden weitere 1 000 Plan­stellen vorgesehen. Auch unter der Bundesregierung Faymann II sind weitere 1 000 Poli­zisten zusätzlich im Regierungsübereinkommen vereinbart worden.

Aber sehr wichtig ist Folgendes: In der letzten Zeit hat es zahlreiche Entwicklungen ge­geben, auf die wir auch reagieren müssen. Wir haben für die nächsten Jahre insge­samt etwa 1 975 Neuaufnahmen vorgesehen. Herr Kollege Darmann, wir haben bereits im Budgetausschuss darüber gesprochen, ich habe diese Frage an die Innenministerin gestellt. Es werden 60 Planstellen zusätzlich für die Auszubildenden vorgesehen, damit auch das entsprechende Lehrpersonal zur Verfügung steht.

Meine sehr geehrte Damen und Herren, wir haben 2016 zusätzliche Maßnahmen im Innenressort vorgesehen. Wir haben vier Mal 72 Millionen € für zusätzliche Investi­tionen für den Ausbau im Sicherheitsbereich vorgesehen. Aktuell ist es sehr wichtig, dass man da investiert. Ich möchte aber auch festhalten – weil es immer wieder um das Staatsschutzgesetz geht –: Selbst das beste Staatsschutzgesetz kann uns vor An­schlägen, wie sie in Paris begangen worden sind, nicht schützen.

Ich habe auch schon mehrmals festgehalten: Die Beamten brauchen entsprechendes Rüstwerkzeug, aber gleichzeitig müssen wir auch die parlamentarische Kontrolle im Rechtsschutzbereich – der auch sehr kritisch ist – entsprechend stärken, damit Trans­parenz in diesem Bereich gewährleistet ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Lausch zu Wort. – Bitte.

 


20.34.04

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ja, Frau Bundesministerin, das Budget 2016: 1 000 Polizisten mehr, das haben Ihre Vorgängerin­nen beziehungsweise Ihre Vorgängerin – jetzt sitzt sie eh auch hier im Nationalrat – auch immer gesagt. Das hören wir schon lange. Eines muss man halt sagen … (Abg. Lopat­ka steht an der Regierungsbank und spricht mit Bundesministerin Mikl-Leitner.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Klubobmann, darf ich Sie bitten?! – Danke.

 


Abgeordneter Christian Lausch (fortsetzend): Das ist in Ordnung, Herr Klubobmann, wenn Sie das doch mit Ihrer Innenministerin bereden. (Abg. Lopatka: Das war ein Lausch-Angriff! – Heiterkeit bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 236

Also ich muss heute schon sagen: Das muss sehr lustig sein, das Budget, Frau Bun­desministerin, Sie wären wahrscheinlich … (Bundesministerin Mikl-Leitner: „Lausch-Angriff“!) – Der „Lausch-Angriff“, um Gottes Himmels willen, Sie sollen sich lieber mit dem Budget befassen, liebe Frau Bundesministerin, und nicht mit meinem Namen! (Hei­terkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Bei aller Liebe, schauen Sie lieber, wie es in Ihrem Ressort ausschaut und was Sie ma­chen können und nicht machen können! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wenn man sich das Budget anschaut, können Sie eigentlich sehr wenig machen. (He-Rufe bei der ÖVP.) Wenn Sie heute draufkommen,1 000 Polizisten mehr: Das hätte Ihnen 2013 einfallen müs­sen, denn Sie wissen ja ganz genau, dass die Ausbildungszeit schon zwei Jahre dau­ert. (Beifall bei der FPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn Sie 2016 draufkommen, 1 000 Polizisten mehr, dann haben Sie diese 2018. Wie Sie die ganze Sicherheitspolitik in Österreich bis 2018 gestalten werden, das sei dahin­gestellt. Aber wahrscheinlich finden Sie das auch lustig. Das ist aber leider nicht so lustig, und die Österreicherinnen und Österreicher finden das auch nicht lustig, weil die Polizisten, die jetzt ihren Dienst an der Grenze versehen, im Kernland fehlen. Da wür­de ich an Ihrer Stelle nicht lachen, denn Sie haben kein Ressort und kein Budget zum Lachen! (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen alles Gute. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Gerhard Schmid.)

20.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hammer zu Wort. – Bitte. (Abg. Matznetter: Seit wann ist Spielfeld kein Teil des Kernlands?)

 


20.35.54

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kollegin Korun, bevor Sie sich hier herstellen und permanent moralisierend und belehrend Richtung ÖVP-Fraktion sprechen, würde ich an Ihrer Stelle ein bisschen mehr Selbstreflexion betreiben. Und ich empfehle Ihnen, Ihre realitätsferne Flüchtlingsthematikspolitik zu hinterfragen und mit Ihrem Kollegen Pilz einmal das Gespräch zu suchen, denn der hat in den Medien ziemlich deutlich kund­getan, wie er diese Sache sieht. (Beifall bei der ÖVP.)

Das vorliegende Sicherheitsbudget kann zweifelsohne als gutes Budget für den Be­reich der inneren Sicherheit – für die Sicherheit der Österreicherinnen und Österrei­cher – gesehen werden. Wenn man immer wieder davon spricht, dass dieses und je­nes mehr finanziell ausgestattet werden könnte, dann muss ich sagen, dass das immer in einem Gesamtkontext – schwierige wirtschaftliche Zeiten und schwieriges budgetä­res Umfeld – zu betrachten ist. Ich glaube, gerade deswegen ist diese Budget äußerst positiv zu sehen.

Es stehen aber gerade im Bereich der inneren Sicherheit und im Innenressort beson­dere Herausforderungen bevor. Dieses Budget trägt dem entsprechend Rechnung, so­wohl was die Maßnahmen und die finanzielle Ausstattung als auch was die vereinbarte Aufstockung des Personalstandes betrifft.

Ich glaube, gerade in Zeiten wie diesen, wo die gesamte Weltpolitik von Unsicherheit gekennzeichnet ist, muss die Politik entsprechend das Sicherheitsgefühl geben. (Zwi­schenruf der Abg. Kitzmüller.) Ich bin der Frau Innenministerin wirklich außerordent­lich dankbar, dass Sie immer wieder bei den derzeit brennenden Fragen wie Asyl mit Maßnahmen wie Asyl auf Zeit, Maßnahmen beim Familiennachzug, beim Fremden­recht und vor allem auch mit Maßnahmen, was die Terrorabwehr, das Terrorpaket be­trifft, Vorschläge bringt und die Dinge immer wieder beim Namen nennt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 237

Gerade auch – das wurde heute schon diskutiert – die notwendigen Änderungen beim Staatsschutzgesetz, der richtige Umgang mit Dschihadisten und die Eindämmung des Flüchtlingsstromes sind wichtige Punkte, die wir entsprechend umsetzen müssen und wo Handlungsbedarf besteht.

Es wurde auch schon angesprochen: Zum subjektiven Sicherheitsgefühl gehört vor al­lem die Sicherheit in den eigenen vier Wänden. Im Bereich der Eigentumskriminalität wer­den mit dem Projekt INNEN.SICHER wichtige Maßnahmen zum Schutz vor Wohnungs- und Wohnungshauseinbrüchen gesetzt und damit besonders die Sicherheit in den eige­nen vier Wänden gestärkt.

Ich glaube, das ist in Summe ein Budget, mit dem man sehr zufrieden sein kann, und daher stimmen wir ihm gerne zu. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belako­witsch-Jenewein zu Wort. – Bitte.

 


20.38.25

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Gleich zu meinem Vorredner, Kollegen Hammer: Sie haben jetzt genau dasselbe gesagt, wie letzten Endes auch im Budget der Frau Bundesminister steht, nämlich dass Sie das subjektive Sicherheitsgefühl stär­ken wollen. (Abg. Rädler: Lauter!)

Wissen Sie, mir wäre es viel lieber, wenn wir einmal den Anspruch hätten, die Sicher­heit objektiv zu erhöhen, weil dann automatisch das subjektive Sicherheitsgefühl steigt, anstatt irgendwelche Scheinmaßnahmen zu setzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn wir gleich beim subjektiven Sicherheitsgefühl bleiben: Frau Bundesminister, Sie haben sich für das Jahr 2016 ein Ziel gesetzt (Zwischenruf der Abg. Lichtenecker), und zwar wollen Sie, dass 90 Prozent der Bevölkerung ein subjektives Sicherheitsge­fühl haben. – Der Ist-Zustand liegt aber bei 92 Prozent. Das heißt, Sie sind bereits mit einer Verschlechterung zufrieden. Sie setzen sich ein Wirkungsziel, das schlechter als der Ist-Zustand ist. – Das, Frau Bundesminister, ist in Wirklichkeit eine Bankrott­erklärung! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Frau Bundesminister, ich bleibe gleich bei Ihnen, weil ich Ihnen heute sehr genau zu­gehört habe. Sie haben wörtlich gesagt: Der Terror ist in Europa angekommen. – Ja, das stimmt, das ist er. – Die Bundesregierung geht äußerst sensibel damit um. – Mag sein. – Die Schleierfahndung funktioniert. – Nein, Frau Bundesminister, da muss ich Ih­nen widersprechen: Die Schleierfahndung funktioniert überhaupt nicht.

Nach den Attentaten in Paris haben wir erfahren, dass beispielsweise ein Mazedonier, der über die Balkanroute gekommen ist, in Rosenheim gestoppt wurde und dass des­sen Auto voll mit automatischen Waffen war. Der hat unbehelligt durch Österreich durch­fahren können. Die Schleierfahndung hat überhaupt nicht funktioniert. Die Grenzkon­trollen funktionieren überhaupt nicht, Frau Bundesminister! (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Wir wissen seit heute, dass drei der Paris-Attentäter über die Balkanroute Richtung Deutschland und von dort weiter nach Paris gezogen sind. Wenn sie über die Balkan­route gekommen sind, ist davon auszugehen, dass sie auch über unser Staatsgebiet marschiert sind. Genau das ist das, Frau Minister, was wir Ihnen vorwerfen! Sie haben keine Ahnung, wie viele Menschen durch unser Land durchmarschiert sind. Sie haben keine Ahnung, wer diese Menschen sind und was die im Gepäck haben. Das alles wis­sen Sie nicht!

In diesen Migrationsströmen sickern Menschen ein, die nichts Gutes im Sinn haben. Und Ihre einzige Antwort auf den Terror ist, dass Sie das Staatssicherheitsgesetz ver-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 238

schärfen möchten. Das heißt, die potenziellen Opfer des Terrors sollen stärker über­wacht werden. Wenn das Ihre Antwort ist, Frau Bundesminister, dann haben Sie ir­gendetwas nicht verstanden! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Amon.)

Nein, nicht die potenziellen Opfer, Herr Kollege Amon. Wieso muss denn die Bevölke­rung wieder verstärkt überwacht werden (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amon), wäh­rend gleichzeitig die Terroristen weiter durch unser Land durchgeschleust werden? Das ist doch der Wahnsinn! Das sind doch nicht die potenziellen Täter, wenn Sie alle über­wachen.

Im Übrigen, Kollege Amon, erinnern Sie sich: Im Frühjahr 2014 sind zwei Mädchen aus Wien in den Dschihad gezogen. Die sind jetzt tot oder nicht, das weiß man nicht ganz genau. (Abg. Amon: Eine ist wieder zurückgekehrt!) Damals gab es noch, bitte schön, die Vorratsdatenspeicherung, und die hat genau gar nichts gebracht. (Abg. Rädler: Dummes Argument!) Diese Mädchen sind trotzdem in den Heiligen Krieg gezogen. (Zwi­schenruf des Abg. Rädler.)

Daher, Frau Bundesminister, ist es der falsche Weg. Nicht die unschuldigen Opfer, nicht die Bevölkerung gehört weiter überwacht, sondern die Terroristen gehören an den Grenzen kontrolliert! (Beifall und Zwischenrufe bei der FPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

20.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig zu Wort. – Bitte.

 


20.41.58

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Man sagt, das Budget ist die in Zahlen gegossene Politik.

Ich denke mir, gerade das Innenressort trägt diesem Spruch auch wirklich Rechnung, denn wenn man sich die weltpolitische Lage, vor allem auch mit der großen Flücht­lingsbewegung, ansieht und dann sieht, dass das Innenressort tatsächlich auch das Budget in der Asylbetreuung aufstockt, dann muss ich sagen, dass es doch ein gutes Budget ist.

Wir wissen – wir haben es schon gehört –, dass 420 Millionen € in der Grundversor­gung aufgestockt werden. Es werden auch Mittel für die NGOs, die aus meiner Sicht im Bereich der Flüchtlingsbetreuung eine sehr wertvolle Arbeit leisten, mit einem guten Budget dotiert werden. Ich bin sehr froh darüber, dass das auch tatsächlich gemacht wird, weil ich der Meinung bin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass man somit seiner Verpflichtung, die Menschenrechte zu beachten, auch mit diesem Budget nach­kommt. – Das ist der eine Teil. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite Teil – das haben wir heute schon gehört –: Es wird auch im Bereich der Si­cherheit investiert, wir werden 72 Millionen € im Bereich der Sicherheit investieren, ku­muliert jedes Jahr bis 2019. Auch das ist wichtig, weil es wichtig ist, dass die Men­schen das Gefühl der Sicherheit haben und dass man merkt, dass man das Sicher­heitsbedürfnis der Menschen ernstnimmt.

1 000 zusätzliche Beamtinnen und Beamte sind ein wichtiger und richtiger Schritt in diese Richtung. Ich bin froh darüber, dass diese Maßnahme vorgezogen wird, dass wir in den nächsten Jahren – früher als geplant – diese 1 000 zusätzlichen Beamtinnen und Beamten anstellen werden, zum einen zur Entlastung der Beamtinnen und Beamten, die jetzt schon an der Grenze arbeiten, und zudem zur Reduktion der Überstunden, weil man im Moment einfach viele Beamtinnen und Beamte zur Flüchtlingsbetreuung braucht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 239

Ich möchte mich an dieser Stelle bei all diesen Menschen bedanken, weil ich wirklich weiß, dass der Dienst an der Grenze für die Beamtinnen und Beamten, Polizistinnen und Polizisten ein doch sehr fordernder und anstrengender ist. Ich denke mir, es ist wirklich auch eine Verpflichtung von uns Abgeordneten, sich einmal bei ihnen zu be­danken. Das möchte ich von dieser Stelle aus gerne tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, noch ein anderes Thema an­sprechen, nämlich das Wirkungsziel 3. Das Wirkungsziel 3 im Innenressort beschäftigt sich mit dem verbesserten Schutz vor Gewalt gegen Frauen und Minderjährige. Da hat das Innenressort einige Aufgaben zu erfüllen, zum Beispiel im Bereich der Präven­tion – man muss darauf achten, dass Menschen nicht gewalttätig werden –, im Bereich der Bildung und Schulung von Beamtinnen und Beamten, damit sie sehr sensibel mit den Gewaltopfern umgehen, und natürlich auch dann ganz besonders im Bereich des Schutzes von Gewaltopfern. Im Bereich der Interventionsstellen werden im nächsten Jahr 3,5 Millionen € investiert. Ich denke mir, das ist ein gut angelegtes Geld, weil jähr­lich zirka 17 000 Menschen, vorwiegend Frauen, in diesen Interventionsstellen betreut werden. Das ist ein ganz wichtiger Dienst im Bereich gegen Gewalt an Frauen.

Darüber hinaus möchte ich sagen, dass es neben diesen Maßnahmen natürlich auch an Bewusstseinsbildung braucht. Da möchte ich alle einladen, sich an den Aktionen zu beteiligen, die morgen beginnen, an den 16 Tagen gegen Gewalt, denn ich bin der Mei­nung, man muss Gewalt aus den Wohnzimmern herausholen und sie aufzeigen, sie in der Mitte der Gesellschaft bewusst machen, damit man darauf aufmerksam macht, damit Frauen, Mädchen und Kinder sich mehr wehren, wenn sie Opfer von Gewalt werden. (Bei­fall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

20.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Doppler zu Wort. – Bitte.

 


20.45.37

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sicherheit ist eine ganz wichtige Angelegenheit für den Staat und die Bevölkerung.

Das Budget für das Innenministerium für 2016 beträgt gut 3 Milliarden €. Wir haben heute gehört, dass das Budget um 500 Millionen € gegenüber dem Voranschlag von 2015 aufgestockt worden ist, aber davon sind 420 Millionen € für die Grundversorgung von Asylwerbern, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kollege Amon! So schaut das aus, das ist die Tatsache.

Die Frau Ministerin hat gesagt, dass sie die Grenzsicherung von Anfang September bis Ende Dezember mit zirka 100 Millionen € beziffert. Was in der anderen Zeit war, wis­sen wir nicht. Für den Bereich Sicherheit sind 2,06 Milliarden € vorgesehen. Für die Be­treuung von Flüchtlingen werden 545,68 Millionen € veranschlagt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei diesen Summen und Kosten verstehe ich, dass man diese Kosten vom Budget herausrechnet, weil die Bevölkerung dafür wenig Verständnis hat. – Herzlichen Dank. (Beifall des Abg. Gerhard Schmid. – Ruf bei der ÖVP: Gar kein Applaus?!)

20.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Obernosterer zu Wort. – Bitte. (Abg. Schönegger – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz bege­benden Abg. Doppler –: Jetzt ist gar kein Applaus?! – Abg. Doppler: Das ist nicht so schlecht! – Demonstrativer Beifall des Abg. Eßl.)

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 240

20.47.06

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Ga­lerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Ich glaube, Zahlen und Fakten wurden von den Vorrednern genug genannt. Ich möchte das nicht wiederholen.

Etwas sage ich ganz ehrlich: Ich bin seit dem Jahr 2006 hier im Haus, und es hat ei­gentlich bei jeder Debatte, in welcher es um das Innenministerium und um die Sicher­heit gegangen ist, vonseiten der Opposition größte Kritik gegeben. Aber die Fakten zei­gen – Gott sei Dank! –, dass Österreich zu den sichersten Ländern auf dieser Welt ge­hört. Das wurde so erhalten, und wir wollen auch hoffen, dass es weiterhin so bleibt.

Es wurde nicht eingespart, das Budget wurde nach Bedarf aufgestockt, natürlich mit ei­ner halben Milliarde aufgrund der Flüchtlingssituation. Aber das Problem hat Österreich nicht alleine, und da sind wir keine Insel der Seligen. Wir alle wissen, dass das nur ge­samteuropäisch in den Griff zu bekommen ist, und dort haben wir mitzuhelfen.

70 Millionen € gehen in die Sicherheitsoffensive. Dass Österreich so ein sicheres Land ist, darauf sollten wir stolz sein, das sollten wir uns bewahren. Die Innenministerin ist ein Garant dafür, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, und zwar mit einer Mehrheit und Einstimmigkeit in diesem Hause – da bin ich mir sicher –, gerade in dieser wich­tigen Frage, was eines der höchsten Güter dieser Republik bedeutet. Das heißt, in ei­nem sicheren Land leben zu können, ist wichtig.

Außerdem wissen wir als Tourismusland, wie wichtig es ist, dass wir uns auch in der Werbung als sicheres Land präsentieren können. Ich hoffe, dass es auch so bleibt, mag es hier noch so sehr von einzelnen Fraktionen kritisiert werden. (Beifall bei der ÖVP.)

20.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Fazekas zu Wort. – Bitte.

 


20.49.15

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Es ist wichtig und es besteht Konsens darüber, dass wir alle miteinander der Meinung sind, dass das Geld, das in die Sicherheitsoffensive investiert wird, gut angelegt ist, dass es notwen­dig ist, den Polizistinnen und Polizisten Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen, in die Informationstechnologie und in diverse Ausrüstungen zu investieren, die einfach be­nötigt werden, um die tägliche beschwerliche Arbeit bewältigen zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich weiß aber aus der Arbeit im Ausschuss auch, dass es notwendig ist – und darüber gibt es auch Konsens –, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden müssen und dass wir darüber diskutieren, wie und in welcher Art und Form das ge­schehen soll. Wir wissen aber auch, dass es notwendig ist – und hier auch mein Appell an alle, dass wir uns auch die nötige Zeit dafür nehmen –, ein Gesetz zu machen, dass die Sicherheit in Österreich heben wird und das uns hilft, bei der Bekämpfung des Terrors weiterzukommen. Dafür brauchen wir aber Zeit.

Wenn ich an die gestrige Gedenkveranstaltung in der Säulenhalle denke: Da ist von der Präsidentin des Nationalrates, vom Bundeskanzler, vom Vizekanzler und natürlich auch vom Herrn Bundespräsidenten davon gesprochen worden, dass wir uns durch den Terror nicht besiegen lassen. Ja, wir lassen uns durch Terrorismus nicht besiegen, aber wir lassen uns deshalb nicht besiegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil wir unsere Werte nicht aufgeben wollen und weil wir unsere persönliche Freiheit nicht auf-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 241

geben wollen. Das muss oberste Prämisse sein, wenn wir über weitere gesetzliche Rah­menbedingungen nachdenken. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ofenauer. – Bitte.

 


20.51.17

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Bundesministerin! Werte Zuse­herinnen und Zuseher! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Durch die Terrorattacken in Paris und das Flüchtlings- und Asylthema ist das Budget für Inne­res im Ausmaß von 3 Milliarden € in einen ganz besonderen Blickpunkt gerückt.

Angst und Unsicherheit bekämpft man am besten mit Orientierung und Sicherheit. Die Debatten der letzten Woche haben gezeigt, dass Extrempositionen oder extreme Inter­pretationen von Vorhaben sicherlich nicht zum Ziel führen. Mehr Sicherheit gibt es durch bessere Ausrüstung und durch mehr Personal für die Polizei. 1 000 Männer und – na­türlich Frauen werden ab sofort eingestellt und vorwiegend Zeitsoldaten zu Grenzpoli­zisten ausgebildet, sodass 750 Grenzpolizisten ab dem nächsten Jahr im Einsatz sein können.

Für die Ausrüstung sind 72 Millionen € im Budget 2016 vorgesehen, bis 2018 insge­samt 290 Millionen €, die in Technik und Sicherheit und Einsatzmittel wie Schutzschil­der, schutzsichere Westen, Helme und so weiter investiert werden.

Bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit geht es aber auch darum, die vor­handenen Möglichkeiten der Überwachung und der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit weiter zu verbessern. Ich denke, es muss auch möglich und gerade einer Innenminis­terin gestattet sein, Überlegungen anzustellen, wie dies geschehen kann, um zumin­dest Anschläge aufklären zu können, wenn sie schon nicht im Vorfeld verhindert wer­den können, vor allem, um mögliche Mitwisser ausfindig zu machen.

Ich denke da an die Vorratsdatenspeicherung oder auch an Maßnahmen, um zu kon­trollieren, wer mit wem Kontakt hat. Auf jeden Fall muss es eine Balance zwischen Ein­griffen in die Freiheit und Herstellen der Sicherheit geben, denn eines darf sicherlich passieren: dass wir uns durch derartige Anschläge in die Unfreiheit zwingen lassen. (Abg. Schieder: Sollen wir alle Kontakte melden, oder differenzieren wir auch?)

Unsere Innenministerin Frau Mikl-Leitner leistet gute Arbeit, genauso wie die Polizis­tinnen und Polizisten. Herzlichen Dank dafür. Und dieses Budget bietet Gewähr dafür, dass weiterhin gute Arbeit geleistet werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)

20.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als vorerst letzter Redner des heutigen Tages gelangt Herr Abgeordneter Schabhüttl zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.53.45

Abgeordneter Jürgen Schabhüttl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ho­hes Haus! Sicherheit hat nun und hat schon in der Vergangenheit einen sehr hohen Stellenwert in unserer Bevölkerung gehabt. (Beifall bei der SPÖ.) Nicht nur seit den Anschlägen in Paris ist das Thema bei allen Umfragen und Untersuchungen ganz oben auf der Skala zu finden. Speziell in den letzten Wochen und Monaten hat es sich ge­zeigt, dass in sehr schwierigen Verhältnissen, unter sehr schwierigen Rahmenbedin­gungen auf eine Berufsgruppe ganz großer Verlass ist, nämlich auf die Polizei.

Bei den Einsätzen an der Grenze, an den Bahnhöfen, bei den Transporten sind die Poli­zistinnen und Polizisten sehr oft an ihre Leistungsgrenzen gegangen und, wie mir viele Kollegen erzählt haben, manchmal auch darüber hinaus. Es ist heute schon ein paar-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 242

mal Dank ausgesprochen worden, auch ich möchte euch von hier aus herzlich danken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die Eckpunkte des Budgets 2016 für den Bereich Inneres sind hier schon öfters zitiert worden: 3 Milliarden €, knapp 500 Millionen € mehr für das nächste Jahr, über 400 Mil­lionen € für die Grundversorgung der Asylwerber, aber es wird auch zusätzlich in die Sicherheit investiert.

In der sogenannten Sicherheitsoffensive wurden von den Regierungspartnern 290 Mil­lionen bis zum Jahr 2018 vereinbart, für das Jahr 2016 zusätzlich 72 Millionen für die Sicherheit in Österreich. Noch nicht in das Budget 2016 eingerechnet das haben wir heute schon gehört  sind die 1 000 versprochenen Plandienststellen für die Polizei und 125 Planstellen für das BVA im nächsten Jahr.

Als Polizist würde ich mir wünschen, dass es nicht nur in Krisenzeiten von allen hier im Haus ein klares Bekenntnis zu den Themen Sicherheit und Polizei gibt. Auch bei ange­spannter Budgetlage darf es kein Sparen bei guter Ausbildung und guter Ausrüstung geben, angefangen bei zweckmäßigen und qualitativen Uniformen, Schutzausrüstun­gen, Fahrzeugen, Handys oder bei der IT.

Längst fällig, Frau Bundesminister, wäre die Umsetzung des gemeinsamen Digital­funks, den es ja bis dato noch immer nicht gibt. Ich fordere an dieser Stelle auch, dass es zukünftig keine weiteren Dienststellenschließungen oder Zusammenlegungen gibt, denn eine wohnortnahe Dienststelle schafft persönlichen Kontakt zur Bevölkerung. (Abg. Höbart: Ihr habt ja mitgestimmt!) Dieser persönliche Kontakt zur Bevölkerung schafft nicht nur zusätzliches Vertrauen in die Polizei, sondern auch in den Staat, und dieses Vertrauen würden natürlich auch Entscheidungsträger in der Politik, also wir alle hier, gut nützen können. Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Darmann. – Bitte.

 


20.57.02

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Bundesmi­nister! Hohes Haus! Zu Herrn Schabhüttl von der SPÖ muss ich schon sagen: Das ist ein starkes Stück, sich hier herzustellen, seinerzeit mit der Fraktion der SPÖ und mit der ÖVP die Dienststellenschließungen quer durch Österreich beschlossen zu haben und der Bevölkerung ein großes Stück Sicherheit weggenommen zu haben (Beifall bei der FPÖ Zwischenruf des Abg. Schieder), jetzt aber zu fordern, dass es keine weite­ren Schließungen geben darf.

Das ist ein starkes Stück, aber die Bevölkerung kann sich schon ein Bild davon ma­chen, denn sie erlebt es tagtäglich (Zwischenruf des Abg. Schabhüttl), inwieweit ihre Sicherheit in ihren Heimatgemeinden quer durchs Land, quer durch Österreich gesun­ken ist, werte Damen und Herren. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Zwei Punkte zum Schluss, um auf das Staatsschutzgesetz sprechen zu kommen: Frau Innenminister Mikl-Leitner, werte Kollegen, Sie werden mir hoffentlich zustimmen, dass es nur einen Staatsschutz und auch nur ein Staatsschutzgesetz geben kann, wo im Sinne der österreichischen Bevölkerung handelt – und nicht gegen die österreichische Bevölkerung. Das hat oberste Priorität! (Beifall bei der FPÖ.)

Deswegen ist es schlichtweg nicht der Weisheit letzter Schluss, die Freiheits- und Bür­gerrechte in Österreich immer wieder dann einzuschränken und eine Ausweitung des Überwachungsstaates zu fordern, wenn es da und dort quer durch Europa Terroran­schläge gibt. (Bundesministerin Mikl-Leitner macht eine verneinende Kopfbewegung.)


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Es ist schlimm genug, dass es das gibt. Aber Frankreich ist das beste Beispiel dafür, denn es zeigt uns, dass die Vorratsdatenspeicherung nichts, leider absolut nichts ge­bracht hat. (Abg. Rädler: So ein Blödsinn!) Und wiederum wird insbesondere vonseiten der ÖVP gefordert, eine Ausweitung des Überwachungsstaates durchzuführen. (Zwi­schenrufe bei FPÖ und SPÖ.)

Werte Kollegen, ich weiß auch nicht, was dagegen spricht – hören Sie mir zu, ein An­gebot (Unruhe im Sitzungssaal) –: Es wäre viel gescheiter, würden wir – wenn es Ih­nen tatsächlich um eine Qualität bei diesem Staatsschutzgesetz geht – einen Unter­ausschuss des Innenausschusses einrichten (Zwischenruf des Abg. Rädler), uns die Zeit nehmen, in entsprechender Qualität gemeinsam, parteiübergreifend und im Sinne der österreichischen Bevölkerung mit voller Kraft des Rechtsschutzes ein Staatsschutz­gesetz erarbeiten.

Darum geht es doch: nicht gegen die Bürger zu arbeiten, nicht gegen die potenziellen Opfer von Terrorismus in Österreich zu arbeiten, sondern gegen jene, die unsere Gren­zen bis dato aufgrund der Politik dieser Regierung ungehindert überschreiten können. (Beifall bei der FPÖ.) Und Sie wollen irgendwelche Terroristen beobachten, Sie wollen sie abhören, wissen aber nicht einmal, wer bis dato in unser Land hereingekommen ist.

Seit heute ist wieder bekannt: Drei Terroristen der Anschläge von Paris sind über die Balkanroute bis nach Paris gekommen. Das hat alles stattgefunden, unkontrolliert ist das vor sich gegangen. Und Sie wollen der Bevölkerung vorgaukeln, dass mit einem Staatsschutzgesetz mehr Sicherheit zu erzielen wäre (Ruf bei der FPÖ: Das ist der Punkt!), verzichten aber auf die wesentliche Information.

Zu wissen, wer unsere Grenzen überschreitet, wer sich unter uns befindet, wer bei uns Wohnsitz nimmt, wer bei uns untertaucht, wer kriminell gegen die österreichische Be­völkerung vorgehen will: Das wäre einmal ein Ansatz, sich endlich dazu hinreißen zu lassen  ich muss ja schon dieses Wort verwenden, Frau Innenministerin –, strikte, ef­fektive Grenzkontrollen durchzuziehen, die auch tatsächlich diesen Begriff ausfüllen und im Sinne der österreichischen Bevölkerung die Sicherheit gewährleisten. (Beifall bei der FPÖ.)

Zweiter Punkt, der zum Schluss noch angesprochen werden muss: Dankenswerter­weise hat es heute vonseiten der Innenministerin Mikl-Leitner ein Bekenntnis zu einer notwendigen Obergrenze im Flüchtlingswesen gegeben. Sie, Frau Minister, haben heute gesagt sofern es über die Medien richtig kommuniziert wurde , Sie fänden es wert, darüber nachzudenken, eine Obergrenze für Flüchtlinge, für Asylwerber in Österreich einzuziehen.

Ich sage, Frau Innenminister: Denken Sie nicht darüber nach, sondern handeln Sie! Es ist längst überfällig, in Österreich eine Obergrenze einzuziehen, denn die Kapazi­tätsgrenzen sind nicht nur für die Bevölkerung seit Langem erreicht und überschritten (Beifall bei der FPÖ), sondern auch – und das wissen Sie genau – für den Exekutiv­dienst sind sie seit Langem überschritten. Bei allen, die in diesem Asylwesen zur Be­arbeitung und zur Abarbeitung dieser Völkerwanderung abgestellt sind, sind die Kapa­zitäten längst ausgeschöpft. (Anhaltende Zwischenrufe.)

Die österreichische Bevölkerung, die Steuerzahler haben es seit Langem verdient, eine verantwortungsvolle Politik vorgelebt zu bekommen (Zwischenruf des Abg. Krainer), dass entsprechende Entscheidungen getroffen werden.

Werte Kollegen, Sie wissen es selber, mit Ihren Zwischenrufen reden Sie gegen die Meinung der österreichischen Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Wenn Sie hier weiterhin die Mauer einer Regierung machen, die alles tut, nur nicht die Sicherheit der eigenen Bevölkerung zu schützen, dann müssen Sie wissen, dass die


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Bevölkerung eine ganz andere Meinung vertritt und Sie hier mit Ihren Zwischenrufen Einzelmeinungen kommunizieren.

Frau Innenminister, Ihnen und der Bundesregierung sage ich es noch einmal: Setzen Sie endlich diese Obergrenzen um! (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen. An­haltende Zwischenrufe.)

Werden Sie aktiv, was die Zurückschiebung, die Abschiebung von jenen Menschen be­trifft, die in Österreich nichts verloren haben, dann werden Sie keine Probleme haben, Unterkünfte für tatsächlich Schutzsuchende zu finden. Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

21.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


21.02.26

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin Mikl-Leitner! Meine Damen und Herren! Lieber und geschätzter Herr Kol­lege Darmann (Abg. Lausch: Bis hierher war es gut!), mit bloßer Polemik können Sie keine Sicherheitspolitik machen. Das geht nicht! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. –Zwischen­rufe bei der FPÖ.) – Hören Sie einmal zu, ich rede zwei Minuten, Sie können sich noch einmal zu Wort melden!

Erstens zur Kritik an der Zusammenlegung von Polizeiinspektionen: Da Sie immer be­haupten, dass Sie so gute Verbindungen zur Exekutive haben (Abg. Darmann: Ich ha­be auch Verbindungen zur Bevölkerung!), sollten Sie wissen, dass die Vorschläge für die Zusammenlegung von Polizeiinspektionen direkt aus der Polizei gekommen sind, von den Polizistinnen und Polizisten, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das alles deshalb, damit wir größere Einheiten bekommen, denn das bedeutet mehr Sicherheit für die einzelne Beamtin und für den einzelnen Beamten. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Darmann: Wo ist die Sicherheit?)

Herr Kollege Darmann, wenn Sie sich den Sicherheitsbericht genau angesehen haben, dann konnten Sie auch feststellen, dass wir zum dritten Mal in Folge den niedrigsten Wert bei der Kriminalität haben. – Das ist auch ein Erfolg dieser neuen Struktur, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Herr Kollege Darmann, zum Staatsschutzgesetz: Sie sagen, es sei ein Gesetz, das sich gegen die Bevölkerung richtet. Nur: Es ist bemerkenswert, dass derzeit alle Um­fragen besagen, dass 70 Prozent der Bevölkerung für strengere Maßnahmen sind. Die Bevölkerung denkt nämlich weiter als die FPÖ. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kitz­müller und Belakowitsch-Jenewein.) Die Bevölkerung denkt weiter als die FPÖ, die Menschen wissen nämlich, dass das kein Gesetz ist, das sich gegen die Bevölkerung richtet. (Abg. Darmann: Lies dir einmal den Gesetzestext durch!) Es ist doch völlig ab­surd, eine derartige Behauptung aufzustellen! Warum soll man denn so etwas wollen?

Worum geht es beim Staatsschutzgesetz? – Es geht darum, dass man klar abgrenzt, dass sich das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung gegen radikale Strömungen wenden kann, gegen Rechtsradikale ebenso wie gegen Linksra­dikale, und gegen den Terrorismus. Darum geht es, Herr Darmann, und nicht um ein Gesetz, das sich gegen die Bevölkerung richtet! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Darmann.)

Zum Argument, die Überwachung werde ausgeweitet: Was soll ausgeweitet werden? – In Fällen, in denen es über eine terrorverdächtige Person Daten gibt, sollen diese Da­ten länger gespeichert werden können, als das bisher der Fall war. (Abg. Darmann: Das ist ein Detail! Sag einen anderen Punkt!) Warum soll sich eine solche Maßnahme


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 245

gegen die österreichische Bevölkerung richten? Das müssen Sie mir erklären! (Präsi­dent Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Mit bloßer Polemik, Herr Kollege Darmann, können Sie keine Sicherheitspolitik ma­chen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Jarolim: Jetzt schaut er alt aus, der Kollege Dar­mann!)

21.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Mir liegen zur Untergliederung Inneres keine Wortmel­dungen mehr vor. Damit ist dieser Themenbereich erledigt.

*****

Ich unterbreche nun die Sitzung bis Mittwoch, den 25. November 2015, 9 Uhr.

Die Verhandlungen werden mit den Beratungen der Untergliederungen 20: Arbeit, 21: So­ziales und Konsumentenschutz, und 22: Pensionsversicherung, fortgesetzt.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

21.08.33

(Die Sitzung wird am Dienstag, den 24. November 2015, um 21.06 Uhr unterbrochen und am Mittwoch, den 25. November 2015, um 9.05 Uhr fortgesetzt.)

*****


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 246

09.05.18Fortsetzung der Sitzung:
Mittwoch, 25. November 2015, 9.05 Uhr

 


Präsidentin Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene 104. Sitzung des Nationalra­tes wieder auf und wünsche Ihnen allen einen schönen guten Morgen.

Für den heutigen Sitzungstag sind folgende Abgeordnete als verhindert gemeldet: Mag. Greiner, Dr. Jarolim und Ing. Hackl.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Doris Bures: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz wird durch den Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter vertreten.

*****

Wir setzen mit den Budgetberatungen fort.

Ich gebe bekannt, dass die Sitzung heute von ORF 2 bis 13 Uhr und von ORF III in vol­ler Länge live übertragen wird.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Doris Bures: Für den heutigen Sitzungstag wurde eine Blockredezeit von 9 „Wiener Stunden“ beschlossen, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 122, FPÖ 113, Grüne 95 sowie Neos und Stronach je 50 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit von jenen Abgeordne­ten, die keinem Klub angehören, im Rahmen dieses Beschlusses am heutigen Sitzungs­tag je 25 Minuten. Darüber hinaus wurde die Redezeit von Abgeordneten, die keinem Klub angehören, auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

*****

Die Gliederung der heutigen Beratungen ist Ihnen ja bereits bekannt.

09.07.00UG 20: Arbeit

UG 21: Soziales und Konsumentenschutz

UG 22: Pensionsversicherung

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zunächst zur Beratung der Untergliederun-
gen 20 bis 22.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Hundstorfer in unseren Reihen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


9.07.33

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! Ich wünsche Ihnen zuerst einen schönen guten Mor-


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gen an diesem zweiten Tag der Budgetberatungen, an dem es zunächst um das The­ma Soziales geht. Da sage ich gleich dazu, dass man diese Sache mit dem schön und mit dem gut angesichts der Problematik, mit der wir es zu tun haben, schon einigerma­ßen hinterfragen muss.

Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Situation auf dem österreichi­schen Arbeitsmarkt – mit dem österreichischen Arbeitsmarkt muss man sich ja intensiv auseinandersetzen, wenn man auf die Zahlen des Sozialbudgets eingeht –, also vor diesem Hintergrund bin ich sehr skeptisch, dass so etwas wie eine gute Stimmung überhaupt angebracht ist oder dass es legitim ist, so etwas wie einen aufbrechenden Optimismus oder gar etwas von Nachhaltigkeit in diese Richtung auszurufen. Im Ge­genteil! Ich halte das für obszön und hoffe, dass niemand vonseiten der Regierungs­parteien diesen Versuch unternimmt.

Ich denke, meine Damen und Herren – das, bevor ich auf die Zahlen betreffend den Ar­beitsmarkt eingehe –, dass auch die Stimmung, was die Armutssituation in Österreich betrifft, keine ist, die zu großem Optimismus Anlass gibt.

Ich habe heute in der Früh im Radio eine Sendung gehört und habe gedacht, ich höre nicht richtig, hat man sich doch glatt einmal – die Sendung muss sich irgendwie ins Programm verirrt haben – mit der Armut in Österreich auseinandergesetzt. Sonst ist es ja so, das wissen wir, dass es Armut überall auf der Welt gibt, sie kommt von überall hierher, aber die Armut in Österreich lässt man, gelinde gesagt, lieber unter den Tisch fallen, denn Armut in Österreich wäre ja auch ein Armutszeugnis für die österreichische Regierung.

Aber es hat sich tatsächlich solch eine Sendung ins Programm verirrt, wahrscheinlich weil Weihnachten vor der Tür steht. Ich kann Ihnen nur sagen, meine Damen und Her­ren, es ist erschütternd, was es an Armut im eigenen Land gibt, wie viel Aufholbedarf und wie viel Nachholbedarf es trotz Milliardeninvestitionen in diesem Bereich immer noch gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich vermisse in diesem Zusammenhang einen innerösterreichischen Armutskoordinator oder einen Koordinator zur Bekämpfung der innerösterreichischen Armut. Dafür gibt es keinen Koordinator, für andere Bereiche haben wir einen eingerichtet. Ich vermisse die breit angelegte Medienkampagne, wenn es einmal darum geht, sich mit der Armutsbe­kämpfung in Österreich auseinanderzusetzen. Und ich habe auch noch keinen Bun­despräsidenten gesehen, der irgendwelche Selfies mit obdachlosen Österreichern ge­macht hätte, die er dann in der Weltgeschichte herumschickt.

Also diesbezüglich gibt es eine ordentliche Schieflage, und wir Freiheitlichen sind dieje­nigen, die nicht müde werden, darauf hinzuweisen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, es ist bereits gestern, und zwar nicht nur von Vertretern unserer Fraktion, sondern auch von Vertretern auf der Regierungsbank, darauf hingewiesen wor­den, dass eines der Hauptprobleme in diesem Budget die gesamte Arbeitsmarktproble­matik ist. Für mich ist das so etwas Ähnliches wie ein Eingeständnis Ihres Versagens, Ihres Ressortversagens und des kollektiven Versagens dieser Bundesregierung.

Da muss man mit Ihnen, Herr Bundesminister, auch einmal einigermaßen hart ins Ge­richt gehen. Ich weiß schon, dass diese Bundesregierung, dass Ihre Propagandisten in der SPÖ Sie ganz gerne als den Wunderwuzzi in Sachen Arbeitsmarktpolitik hinstellen, als denjenigen, der für Rekordbeschäftigung sorgt, als denjenigen, der die Explosion der Arbeitslosigkeit verhindert. Wir haben ja sogar schon einmal gehört, dass Sie eine Art Exportartikel sind, den man nach Spanien, nach Portugal, nach Griechenland expor­tiert, damit man denen erklärt, wie es dort geht im Zusammenhang mit der Arbeitslo­sigkeit. Rudolf Hundstorfer muss noch kurz die Welt retten, bevor er in die Hofburg ein­zieht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 248

Nur, meine Damen und Herren, den Tatsachen entspricht das nicht. Das schaut ein biss­chen anders aus. In Wirklichkeit sind Sie ein Meister der Realitätsverweigerung, Herr Bundesminister! Was haben wir denn nicht von hinter mir auf dieser Regierungsbank schon alles an Ankündigungen gehört? Ich erspare Ihnen jetzt die Chronologie Ihrer Fehl­einschätzungen, das kann jeder im Internet nachlesen. Aber eine Ankündigung nach der anderen, dass jetzt die Trendumkehr auf dem Arbeitsmarkt gelingt, eine Ankündi­gung nach der anderen, dass jetzt der Aufschwung kommt, eine Ankündigung nach der anderen, dass es jetzt nicht mehr lang dauert und sich das Wirtschaftswachstum end­lich einstellen wird.

Jetzt, jetzt, jetzt dann gleich, aber jetzt dann. – Das ist sozusagen diese Geschichte, die wir vom Herrn Bundesminister immer und immer wieder gehört haben. Das Pro­blem ist halt nur, dass sich die Wirklichkeit nicht dazu herablässt, Ihren Ankündigungen zu folgen. Deswegen ist der österreichische Arbeitsmarkt auf einer Dauertalfahrt, und es geht immer weiter nach unten, selbst über Punkte hinaus, wo wir alle gehofft und uns gewünscht haben, dass wir sie niemals unterschreiten werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Jeden Monat, meine Damen und Herren, eine neue Katastrophenmeldung vom Ar­beitsmarkt. Das ist schon ein richtiges Stakkato. In der Zwischenzeit haben wir vonsei­ten der Experten des AMS gehört, dass wir diesen Winter die 500 000er-Marke, was die Arbeitslosigkeit betrifft, überschreiten werden. Es wird Abend auf Ihrer Arbeitsmarkt­puszta, Herr Bundesminister.

Deshalb haben Sie jetzt die Strategie geändert. Jetzt ist es nicht mehr die Bankenret­tung, jetzt sind es nicht mehr die Milliarden für den ESM, jetzt ist es nicht mehr das schöne Wetter, das irgendwie das Steuer herumreißen soll, sondern jetzt haben Sie ein anderes Maßnahmenpaket, auf das Sie setzen. Und da sind wir beim Budget 2016. Dazu das Herzstück dieses Budgets, das ist ja die Steuerreform, das ist dasjenige, von dem uns gestern erklärt wurde, dass davon solche Konjunkturimpulse ausgehen wer­den, dass gleich 20 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Angesichts der Völker­wanderung, die sich gegenwärtig über dieses Land ergießt, darf man sich die Frage stel­len, für wen diese 20 000 Arbeitsplätze in weiterer Folge vorgesehen sind.

Dann gibt es Maßnahmen des sogenannten Arbeitsmarktgipfels, dann haben wir selbst­verständlich gestiegene Ausgaben im Bereich der Arbeitsmarktpolitik, ein sattes Plus von 17 Prozent, da geben wir mehr als 6 Milliarden € aus, und dann gibt es die Wohn­bauoffensive. Und das alles zusammen soll jetzt offenbar das Steuer herumreißen und den ganzen negativen Entwicklungen eine andere Richtung geben. Das hören wir im­mer wieder, das ist jetzt das neue Credo dieser Bundesregierung. Das Problem ist nur, dass auch das einer Prüfung nicht standhält, und zwar widerlegen Sie diese Aussagen, die auf politischer Bühne immer getroffen werden, durch das, was Sie selbst in das Bud­get hineinschreiben.

Wenn man sich nämlich die wesentlichen Wirkungsziele Ihres Budgets in der Unterglie­derung Arbeit genauer anschaut, und das sind die Wirkungsziele 2 bis 5, dann sagen die Zahlen, die Sie sich selbst als Ziele für das Jahr 2016 und in weiterer Folge für 2017 vorgegeben haben, dass es genau keinen Umschwung in diesen Bereichen geben wird. Die Zahlen widerlegen also das gesprochene Wort.

Trotz höherer Budgetierung in diesem Bereich – ich habe schon gesagt: plus 17 Pro­zent –, trotz angeblicher Konjunkturimpulse durch die Steuerreform, trotz der Maßnah­men des Arbeitsmarktgipfels, trotz der Wohnbauoffensive ist da drin nachzulesen, dass es 2016 mehr ältere Arbeitslose geben wird. – Sie verbuchen diesen Anstieg als Erfolg! Es ist nachzulesen, dass es mehr jugendliche Arbeitslose geben wird. – Für Sie ist das, wenn es so eintritt, wie Sie es hineingeschrieben haben, ein Erfolg! Es wird einen Rück­gang der Zahl der offenen Lehrstellen geben. – Für Sie ist das ein Erfolg, wenn Sie das erreichen werden. Und es wird einen Anstieg der Zahl der Arbeitslosen quer durch alle


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Bevölkerungsgruppen geben. – Auch das verbuchen Sie als Erfolg. Das ist doch aben­teuerlich! Eine Verschlechterung des schon schlechten Zustandes wird von Ihnen als Er­folg ins Budget hineingeschrieben. So kann es ja wohl bitte nicht weitergehen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich erwähne nur ganz nebenbei das 1,6 Milliarden-Loch, das entsteht, weil Sie natür­lich zusätzliche Einnahmen durch die neue zusätzliche Beschäftigung haben. Das Pro­blem ist nur, dass Ihnen aufgrund der steigenden Arbeitslosigkeit die Ausgaben davon­galoppieren. Und damit haben wir für dieses Budget ein Loch von 1,6 Milliarden, und das ist die Wahrheit hinter dem, von dem Sie immer sagen, das geht sich schon alles aus. Die Mehreinnahmen durch die zusätzliche Beschäftigung kompensieren das, was wir brauchen, weil wir mehr Ausgaben durch die zusätzliche Arbeitslosigkeit haben.

Gar nichts geht sich aus, Herr Bundesminister! Sie können davon ausgehen, dass die­se Entwicklung in den nächsten Jahren immer dramatischer werden wird. Sie stecken also Milliarden hinein, und trotzdem schaffen Sie die Trendumkehr nicht, und deshalb muss man die Zahlen, die sozusagen das Fundament einer jeden seriösen Arbeitsmarkt­politik sein müssten, einmal genauer anschauen. Ich weiß, dass insbesondere die Lin­ken in diesem Haus das nicht gerne tun. Deswegen muss man es Ihnen ja schon fast als Medizin gegen Ihre gutmenschlichen Traumtänzereien verordnen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man sich diese Zahlen genauer anschaut, dann zeigt sich nämlich, dass diese so­genannte Willkommenskultur sehr, sehr schnell zu einer Willkommensunkultur wird, wenn es nämlich um den Schutz der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer geht. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir stehen – und das muss man sich jetzt wirklich auf der Zunge zergehen lassen – vor folgender Situation: gegenwärtiger Stand, Zahlen vom Oktober dieses Jahres, 410 000 Ar­beitslose inklusive Schulungen, 500 000 werden es im Winter noch werden. Von den 410 000 Arbeitslosen sind 118 500 Ausländer. 29 Prozent der Arbeitslosen, die es in Ös­terreich gibt, sind also Ausländer. Da kann man nur sagen, gratuliere zum Schritt der Ost­erweiterung, großartig, das ist das Ergebnis des Verdrängungswettbewerbs, den Sie damit auf den Weg gebracht haben. 19 000 Arbeitslose in Österreich sind Asylanten, das ist bis jetzt schon so, und das ist die Wahrheit, die hinter Ihrem sogenannten Quali­fikationsmärchen steckt: 19 000 arbeitslose Asylanten.

Jetzt werden Sie wahrscheinlich sagen, das waren ja noch nicht die Flüchtlinge aus Sy­rien. (Abg. Loacker: … noch ein bisschen tiefer vielleicht!) Aber dort hält das ja auch nicht einer Prüfung stand. Sie müssen sich jetzt irgendwann einmal entscheiden: Ist die­ser Mensch, der in Syrien regiert, ein blutrünstiger Diktator, oder ist er es nicht? Denn blut­rünstige Diktatoren sind nicht dafür bekannt (Abg. Rädler: Das sagen Sie dem Putin, eurem russischen Freund!), dass sie sich darum bemühen, in ihren Folterkellern für ein besonders hohes Ausbildungsniveau ihrer Untertanen zu sorgen. Das passt nicht zu­sammen! (Beifall bei der FPÖ.) Irgendwann einmal werden Sie sich da jetzt entschei­den müssen. Das ist ein Märchen.

Also 19 000 arbeitslose Asylanten haben wir bereits. Die Steigerung bei der Zahl der arbeitslosen Ausländer beträgt 14,1 Prozent, die Steigerung bei der Zahl der arbeitslo­sen Inländer 2,5 Prozent. Bei den Schulungen haben wir einen Punkt erreicht, wo von den insgesamt 71 500 Schulungsteilnehmern bereits jetzt 34 Prozent Ausländer sind. Ich frage mich manchmal, für wen Sie eigentlich der Sozial- und der Arbeitsminister sind. Ich habe manchmal den Eindruck, Sie setzen Ihre Prioritäten völlig falsch.

Das ist jetzt die Ausgangssituation, das ist das, was sozusagen an Problembereichen da liegt. Und was wird jetzt auf der anderen Seite angeboten? Das muss man sich ja im­mer anschauen. Also 410 000 Arbeitslose, und dem stehen 32 000 offene Stellen gegen­über. 32 000 offene Stellen! (Zwischenruf des Abg. Rädler.)


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Jetzt gehen wir einmal davon aus, dass Ihre Konjunkturpakete einigermaßen wirksam werden. Dann bin ich großzügig und rechne noch einmal 20 000 Arbeitsplätze dazu, dann sind es 50 000. Aber es wird ja auch die Zahl der Arbeitslosen steigen, 500 000, haben wir gehört. Ich sehe hier nur ein gigantisches Loch, das sich auftut und das immer grö­ßer wird und das Ihnen eigentlich eine schlaflose Nacht nach der anderen bereiten müsste, ein gigantisches Loch!

Und jetzt frage ich Sie und den Herrn Bundeskanzler als Oberrepräsentanten dieser Willkommenskultur, Refugees welcome!, durchgeschaltet durch alle Bereiche jeden Tag bis zum Erbrechen, wie schaut es dann aus mit den 80 000 Asylwerbern, die allein heuer ins Land gekommen sind? Wo wollen Sie denn diese Menschen auf dem Ar­beitsmarkt unterbringen angesichts des Lochs, das es jetzt schon gibt? Und jetzt bin ich noch einmal großzügig, ich ziehe Ihnen ein paar ab, die Kinder, von denen Sie im­mer reden, dann seien Sie aber auch so ehrlich und rechnen Sie wieder ein paar dazu, das ist der Familiennachzug, der natürlich auch stattfindet, das heißt, es bleibt unterm Strich ein gigantisches Loch.

Sagen Sie mir, wohin Sie mit diesen Menschen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt wollen, wie das alles vonstattengehen soll angesichts der Zahlen, die ich Ihnen ge­nannt habe! Stellen Sie sich einmal hierher, ich fordere Sie auf, erklären Sie das heute der österreichischen Bevölkerung, wie das gehen soll! Ich bin neugierig. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, das, was Sie hier machen, das hat nichts mit Willkommenskultur zu tun, das ist politisches Harakiri mit Anlauf, das ist politisches Harakiri, und es ist das Aufgeben der eigenen österreichischen Arbeitslosen für irgend­eine dubiose linke Traumtänzerei, der Sie in Ihren politischen Konzepten nachhängen.

Ich muss mir manchmal an den Kopf greifen, wenn dann Experten aufmarschieren, al­lesamt im Sold dieser Bundesregierung (Zwischenruf des Abg. Vogl), und den Öster­reicherinnen und Österreichern erklären: Alles kein Problem, der Arbeitsmarkt kann das schon verkraften! – 500 000 Arbeitslose, 50 000 offene Stellen! (Abg. Schwentner: Sie haben die Rezepte!) Und die Alternative zu einer Beschäftigung, Herr Bundesminister, ist immer noch das Landen im Sozialsystem. Es gibt ja nur diese zwei Möglichkeiten: Wenn ich keine Beschäftigung finde, dann lande ich im Sozialsystem. Aber auch dort entstehen Kosten.

Jetzt würde ich gerne wissen, wie Sie das alles finanzieren wollen, wo Sie doch wis­sen, dass das keine einmalige Entwicklung ist, sondern ich sage Ihnen jetzt einmal: Af­rika ante portas! Das sind Dinge, die noch weitergehen werden in den nächsten Jah­ren, und da wünsche ich Ihnen viel Spaß mit Ihrer Schönfärberei. Aber den Österrei­cherinnen und Österreichern ist das Lachen in dem Zusammenhang schon vergangen. Für wen arbeiten Sie eigentlich, Herr Bundesminister? (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Doppler.)

Das führt dann zu so Dingen wie Budgetverschiebungen, also diese berühmte Loch-auf-Loch-zu-Geschichte, mit der Sie permanent arbeiten. Da haben wir die Gruppe der Langzeitarbeitslosen, diese Zahl ist in diesem Jahr explodiert. Wir haben 14 000 bisher gehabt, jetzt sind es über 50 000, weil Sie bei den AMS-Schulungen kürzen, damit so­zusagen diese Schulungsphasen wegfallen, damit kommen die Menschen in die Lang­zeitarbeitslosigkeit. Ich sage gleich dazu, dass das natürlich auch eine Verschlechte­rung im Einkommen bedeutet, weil sie damit in den Notstand fallen. Aber die Gelder, die für diese Gruppe vorgesehen sind, werden dann um 50 bis 70 Millionen gekürzt, denn das muss man dann hinverschieben zu denen, die bei uns Asylstatus bekommen haben, damit man dort Integrationsaktivitäten finanziert. Das sind kleine Splitter der Ar­beitsmarktpolitik Österreichs in diesem Jahr 2015, und 2016 wird das fortgeschrieben.


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Herr Bundesminister, Sie müssen umdenken! Sie müssen Schluss machen, Sie müs­sen sich dafür einsetzen, dass Schluss ist mit dieser Politik des: Nur hereinspaziert!, auch in den österreichischen Arbeitsmarkt oder als Alternative in das österreichische So­zialsystem! – Das ist das eine. Und Sie müssen den Fehler der Ostöffnung rückgängig machen und eine sektorale Schließung des österreichischen Arbeitsmarktes einführen. Sonst wird die Reise weiter nach unten gehen, ob Sie das wollen oder nicht.

Vor diesem Hintergrund kann ich verstehen, dass Sie schon den einen oder anderen Flucht- oder Absetzgedanken in Richtung Hofburg haben. Aber eines sage ich Ihnen auch dazu: Ihre Arbeitsmarktpolitik ist kein Empfehlungsschreiben dafür! (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

9.23


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


9.23.32

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr ge­schätzter Herr Minister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Kein guter Start am zweiten Tag für die Beratungen beziehungsweise Beschlussfassungen des Bud­gets (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS sowie der Abg. Schatz – Ruf bei der FPÖ: Für die Regierung!), weil der Kollege Kickl hier etwas ganz Einfaches macht: Er stellt sich hier heraus, magaziniert so richtig auf und gibt Dinge von sich, die eigentlich nicht sehr fair sind, operiert mit Zahlen (Abg. Belakowitsch-Je­newein: Die alle wahr sind!), die teilweise nicht stimmen und die letztendlich die Men­schen in diesem Land verunsichern. (Abg. Hübner: Was ist da falsch bitte?! Fakten!)

Ich habe seit gestern bei all diesen Redebeiträgen der Oppositionsparteien zugehört, und eines ist offensichtlich und ganz klar sichtbar: Egal, welche Partei in diesem Land Verantwortung übernimmt, ob das auf Gemeindeebene, Landesebene oder Bundes­ebene ist, die Oppositionsparteien sind einmal sowieso gegen alles (Abg. Kickl: Und Sie sind gegen alles, was Opposition ist!), sind kritisch und reden alles schlecht, was hier an Verantwortung übernommen wird. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Das ist Fakt, das ist eigentlich nicht fair und das ist eigentlich nicht richtig. (Abg. Walter Ro­senkranz: Jetzt gehen wir zu den Zahlen!)

Jetzt gehen wir zu den Zahlen, ja. (Abg. Walter Rosenkranz: Danke!) Ich kann mich nicht damit anfreunden, wenn es dann in den Medien heißt, die Opposition zerfetzt ein Budget. Kann man sich nicht hier herstellen und sagen (Ruf bei der FPÖ: Wo denn sonst hin?): Das ist gut gelöst, da sehen wir eine Chance, aber hier haben wir eine an­dere Meinung? – Kann man das nicht machen, wie wir es im Gemeinderat vielleicht noch besser leben als hier im Hohen Haus (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein  Abg. Kickl: Sagen Sie einmal etwas zu diesem Loch!), wo ein bisschen gegenseitiger Respekt vorhanden ist und wirklich konstruktive Politik gemacht wird?

Wir werden nicht und wir machen es auch nicht, Dinge schönzureden, was das Bud­get 2016 betrifft. Wir stehen vor großen Herausforderungen, wir reden diese Herausfor­derungen aber nicht schlecht, sondern wir versuchen, Lösungen zu finden. Und wir wer­den nicht alles an Lösungen schaffen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das ist eine An­sage!) Wir werden es auch nicht schaffen, 2016 alle Probleme zu lösen. (Abg. Kickl: Dann hören Sie wenigstens auf, die Probleme zu verschärfen!) Aber Fakt ist, was wir machen: Wir nehmen uns dieser Herausforderungen an. Wir versuchen, Lösungen zu finden.

Mit vier Beispielen ist das ganz klar in diesem Budget aufgezeigt. Mit der Steuerreform: Mehr netto im Geldbörsel als bisher, ein ganz wichtiger Punkt für die Menschen in die­sem Land. Mit der Wohnbauoffensive: ganz klar Konjunktur ankurbeln. Mit der schritt-


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weisen Einführung des Bonus-Malus-Systems, wo wir nicht am Ende sind, zugegeben, aber wir beginnen damit. Wir beginnen mit einer Bewusstseinsbildung, ältere Menschen länger in Beschäftigung zu halten. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.)

Der größte Bereich und die größte Herausforderung für 2016 – da gebe ich Ihnen recht, Kollege Kickl – ist der Arbeitsmarkt. Das ist die größte Herausforderung. Und diese He­rausforderung stellt uns natürlich vor Probleme. Wenn Sie schon hier herkommen, sich hier herstellen und von 19 000 Asylanten sprechen – nehmen wir bitte die richtigen Be­griffe! Es sind Asylberechtigte; Asylberechtigte, die einen Status haben, die ein Recht haben, dementsprechend am Arbeitsmarkt vermittelt zu werden. Vermischen Sie nicht Asylanten mit Asylwerbern und Asylberechtigten! (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie der Abg. Korun. – Abg. Kickl: Ein Asylant ist ein Asylberechtigter, der andere ist ein Asyl­werber! – Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Jetzt kann man eines machen, jetzt kann man das machen, was Sie von der FPÖ ma­chen: Sie stellen sich hier her und heulen mit den Wölfen – oder Sie bringen wirklich Punkte ein, die konstruktiv sind und die uns dabei helfen. (Abg. Neubauer: Und du bist ein Gewerkschafter und tust nichts!)

Das ist ein schöner Einwurf! Dann müsst ihr mir einmal sagen, was eure Leistungen sind; was eure Leistungen sind im Bereich Arbeitsmarkt (Zwischenrufe bei der SPÖ); was eure Leistungen sind, wo ihr Verantwortung übernehmt – wo ihr Wohnbaugelder in Oberösterreich kürzt, überall dort, wo ihr in politischer Verantwortung seid. (Abg. Kickl: Ihr habt nicht einmal das Vergabegesetz durchgebracht! Dein Kind! – Abg. Neubauer: Bei den Gehaltsverhandlungen seid ihr stark, …!)

Fakt ist, das Vergabegesetz ist im Fluss und mit der Unterstützung aller Parteien wer­den wir dieses Vergabegesetz auch zustande bringen. Davon bin ich überzeugt. (Abg. Kickl: Ja, ja!)

Wissen Sie, der Unterschied ist: Wir stehen zu diesem Budget. Wir stehen zu diesem So­zialminister, weil er Verantwortung übernimmt, weil er von den insgesamt 77 Milliarden Budgetansatz den größten Bereich übernimmt. (Abg. Kickl: Sagen Sie einmal etwas zu den Zahlen …!) Und dieses Budget zeigt ganz klar in den Bereichen Arbeitsmarkt mit 8 Milliarden, Pensionen mit 11 Milliarden, Pflege mit 2,76 Milliarden eine soziale Kom­petenz und eine soziale Gerechtigkeit. Dazu stehen wir. (Abg. Kassegger: … nur hohe Ausgaben!)

Abschließend an die Adresse der Opposition: Nur mit Kritik und Polemik werden wir es nicht schaffen, die Probleme in diesem Land zu lösen! Deswegen ersuche ich Sie: Kom­men Sie herunter auf die konstruktive und sachliche Ebene! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Loacker. – Abg. Heinzl – in Rich­tung FPÖ –: Das tut gut, wenn es einmal nicht eine Hetzrede gibt! Hassprediger!)

9.28


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


9.28.54

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Wer­te Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Herr Kickl, wie ha­ben wir Sie vermisst! Eine Zeit lang waren wir verschont von Ihren Kapriolen-Reden, die Angst schüren ohne Ende und wo danach eigentlich nur Verunsicherung übrig bleibt. (Abg. Kickl: Wissen Sie, was den Menschen Angst macht? – Die Politik dieser Bun­desregierung!) Der Herr Kickl war lange Zeit weg aus dem Parlament, aus den Aus­schüssen, weil er offensichtlich in dubiose Geldflüsse einer Kärntner Werbeagentur in­volviert war – und es hat uns nichts gefehlt, muss ich dazusagen. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der NEOS. – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)


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Sie machen den Menschen Angst und schlagen keine Lösungen vor. (Abg. Kickl: Ihre Naivität!)

Aber eines möchte ich auch in Richtung des Kollegen Muchitsch sagen: Wir sind als Ab­geordnete der Oppositionsparteien nicht hier, um jetzt drei Tage lang schönzureden, was im Budget steht, sondern sehr wohl die Finger auf die Wunden im Budget zu le­gen, darauf, wo wir finden, dass es andere Lösungen braucht – und auch Lösungsvor­schläge zu machen. Es wäre gut getan, wenn auch die Regierungsparteien des Öfte­ren auf Vorschläge der Oppositionsparteien eingehen würden, diese hören und aufgrei­fen würden. Ich glaube, dann hätten wir ein lebendigeres Parlament und einen gelebte­ren Parlamentarismus. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Krainer: Haben wir gerade ges­tern gemacht!)

Ich möchte mich jetzt auf ein Zitat von Johanna Dohnal beziehen – die kennen Sie von der Sozialdemokratie alle –, die schon gesagt hat, die vermeintlich weichen Themen sind die wirklich harten Brocken. – Das sind die Themen aus dem Sozialbereich.

Ich möchte ein Thema besonders aufgreifen, das mir sehr wichtig ist und am Herzen liegt, das ist die Pflege. Der Bereich Pflege ist einer, der die Lebensrealität von uns al­len betrifft – egal, ob deshalb, weil wir wissen, dass wir einmal älter und möglicherwei­se pflegebedürftig werden, weil es unsere Angehörigen betrifft, weil es jetzt schon El­tern und Großeltern betrifft und wir alle oft in einer ziemlich unmittelbaren Situation vor der Frage stehen, was passiert, wie wir unserer Mutter, unserem Vater, unseren Ange­hörigen helfen können, dass sie gut untergebracht sind, dass sie einen guten Pflege­platz haben.

Der Bereich Pflege ist nicht das größte Budget in Ihrem Ressort und ich freue mich, dass es ein bisschen aufgestockt wurde, nämlich um 50 Millionen €. Ich glaube nur, dass die Herausforderungen noch viel, viel größere sind und das derzeitige Budget weit über­schreiten. Und da fehlt mir der politische Weitblick, nämlich der Weitblick, dafür zu sor­gen – jetzt auch in Richtung Pflegefonds, der demnächst zwischen den Bundesländern ausgehandelt wird in der Artikel-15a-Vereinbarung und im Finanzausgleich –, dass Pfle­ge von Bregenz bis Eisenstadt, von West nach Ost überall gleich gewährleistet wird, dass wir überall ähnliche Qualitätsstandards haben, dass wir Richtlinien haben, wie Men­schen untergebracht werden, wie Menschen Betreuung in Anspruch nehmen können und so weiter. Das fehlt. (Beifall bei den Grünen.)

Ich wünsche mir da mehr Einsatz, Herr Minister, nämlich über die nächste Regierungs­periode hinaus, über 2018 hinaus – weil wir wissen, die Menschen in diesem Land wer­den älter, es werden immer mehr Menschen sein, die pflegebedürftig sind, und darauf hinzuschauen ist etwas, was über ein Stichdatum des Endes der Regierungsperiode weit hinausgeht. Diesen Weitblick zu bewahren, das wünsche ich mir.

Es wurde auch an einigen Details und Ecken eingespart. Diese Einsparungen würde ich nicht unterstützen, und ich kann sie auch nicht nachvollziehen. Wir haben jetzt die Zahlen bekommen, dass der Zugang zu Pflegestufe 1 und 2 massiv erschwert wurde. Das ist genau der Bereich, wo Menschen langsam in ein pflegebedürftiges Stadium kom­men, wo sie kleine Dienste in Anspruch nehmen sollten, nämlich so weit in Anspruch nehmen können sollten, dass sie nicht schnell in eine höhere Pflegestufe fallen. In der Pflegestufe 1 und 2 braucht man ein Taxi, eine Fußpflege, ein paar Stunden Hilfe in be­stimmten Bereichen, und das ist leider durch den erschwerten Zugang zu den Pflege­stufen 1 und 2 verwehrt und betrifft sehr, sehr viele Menschen in diesem Land.

Ein weiterer Bereich – und da sehe ich auch wenig Ambition im Budget für die nächs­ten beiden Jahre – ist all das, was pflegende Angehörige unterstützen würde, nämlich die Möglichkeiten der Pflegekarenz, Pflegeteilzeit, aber auch, Ersatzpflege in Anspruch zu nehmen. Wir haben unlängst eine Anfragebeantwortung von Ihnen bekommen, und


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wir sehen es auch in den Budgetvoranschlägen, wie weit damit gerechnet wird, dass mehr dieser Dienste oder mehr dieser Möglichkeiten in Anspruch genommen werden. Da ge­hen Sie, Herr Minister, nicht gerade von wahnsinnig ambitionierten Zielen aus, die blei­ben ziemlich gleich, von 2014, 2015, 2016 bis über 2017 hinaus.

Ich würde mir wünschen, dass gerade – und es sind vor allem Frauen, die in der Pflege zu Hause bleiben – die Möglichkeiten in der unmittelbaren Situation, wo jemand pflege­bedürftig ist, also kurz einmal nicht in den Job gehen zu können, um ganz unmittelbar Hilfe zu leisten, erleichtert werden. Dass es diese Möglichkeiten nicht vermehrt geben soll, verstehe ich nicht ganz. Es sind 80 Prozent Frauen, die diese Dienste in Anspruch nehmen, und ich würde mir wünschen, dass wir viel mehr Möglichkeiten schaffen, dass Frauen, pflegende Angehörige auch wirklich diese Dienste in Anspruch nehmen kön­nen. Dazu braucht es zum Beispiel einen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz, und es braucht auch die Möglichkeiten durch diesen Rechtsanspruch, dass es nicht vom Good­will – der immer wieder auch gegeben ist, das muss man schon sagen – des Dienstge­bers, der Dienstgeberin abhängig ist, ob man in die Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit ge­hen kann.

Also ein bisschen mehr Einsatz über die Regierungsperiode hinaus, nicht nur in finan­zieller Hinsicht, sondern auch in dem, was wir uns vorstellen, wie Menschen in diesem Land, die altern – und das tun wir alle –, im Alter dann auch gut gepflegt und versorgt sind! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

9.35


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wögin­ger. – Bitte.

 


9.35.06

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mei­ne geschätzten Damen und Herren! Wir diskutieren hier das Kapitel Arbeit und Sozia­les, eigentlich das größte Budgetkapitel, wenn man es so sagen will, mit rund 8 Milliar­den € im Bereich Arbeit, 11 Milliarden € im Bereich Pensionen und rund 2,7 Milliarden im Bereich Pflege.

Eines sei eingangs erwähnt: Es helfen uns hier weder rechte noch linke Parolen, um die Herausforderungen, die wir in diesem Bereich haben, zu bewältigen. (Abg. Neubau­er: … ÖVP! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.) Es kann nur die Kraft der Mitte sein, meine Damen und Herren, die hier die richtigen Ansätze bringt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neubauer: Die Mitte ist aber da!)

Diese Bundesregierung hat in den letzten Monaten sehr wohl gezeigt, dass man hier die richtigen Maßstäbe setzt, gerade wenn man die Entwicklungen im Arbeitsmarktbe­reich hernimmt. Wir haben ungefähr eine Beschäftigungssteigerung um 30 000 Perso­nen, wenn man das mit dem Vorjahr vergleicht; wir haben aber auch eine steigende Ar­beitslosenzahl, und das jetzt seit Monaten, auch in etwa um 30 000 Personen. Wir ha­ben jetzt einen Hoffnungsschimmer, wenn man die westlichen Bundesländer hernimmt, dort, wo jetzt der Anstieg bei der Arbeitslosigkeit stagniert, sogar leicht zurückgeht, so­zusagen eine Trendumkehr eingeleitet ist. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Na wenn das so ist …!)

Was hat die Regierung in den letzten Monaten gemacht, was wir auch mit dem Budget mitbeschließen? (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Na nichts habt ihr gemacht!) – Oh doch, wir haben ein Arbeitsmarktpaket beschlossen, gestern haben wir es beschlossen mit den Budgetbegleitgesetzen, wir haben eine Lohnnebenkostensenkung durchgeführt (Zwi­schenruf des Abg. Peter Wurm), es ist die Steuerreform beschlossen worden (Abg. Be­lakowitsch-Jenewein: Wunderwuzzi Steuerreform!), die das Wachstum ankurbeln wird in unserem Lande, die Wohnbauoffensive, auf die man sich geeinigt und verständigt hat.


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Wir geben mehr Mittel aus für die aktive Arbeitsmarktpolitik, 300 Millionen im kommen­den Jahr, 350 Millionen dann im Dauerbetrieb ab 2017. Wir haben uns auf ein Bonus-Malus-System verständigt, um auch die Beschäftigung der älteren Menschen in den Mit­telpunkt zu rücken, weil es nur so möglich sein wird, auch die Pensionen nachhaltig ab­sichern zu können.

Das ist alles in allem ein Paket mit einem ungefähren Plus von 60 000 Arbeitsplätzen in Österreich, und da kann man nicht davon sprechen, dass nichts gemacht wird. Ich möchte das hervorheben, meine Damen und Herren, es sind aus meiner Sicht die richtigen Maß­nahmen, die hier im Parlament beschlossen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

Herr Bundesminister, das Budget im Bereich Arbeit ist um rund 1 Milliarde € angeho­ben worden, weil es natürlich notwendig ist aufgrund der angespannten Situation. Im Pensionsbereich reden wir von 11 Milliarden €. Da haben wir natürlich eine steigende Ten­denz, was den Bundesbeitrag anbelangt, 9,8 Milliarden 2012, 13,4 Milliarden werden es laut Prognose 2019 sein. Die Frage, die sich viele Menschen in diesem Land stellen, auch wir von der ÖVP, ist: Wir haben ein gutes System, aber ist es nachhaltig genug? Sind die Maßnahmen ausreichend, die gesetzt wurden?

Wir sehen hier eine Verbesserung im Allgemeinen, was das Antrittsalter anbelangt, al­so die Maßnahmen, die wir beginnend mit 2014 gesetzt haben, beginnen zu greifen. Ich nehme nur das Beispiel Hacklerpensionen her, wir steigen in dem Bereich, bei den Alterspensionen von 59,8 Jahren auf 60,2 Jahre, bei den I-Pensionen von 52,1 Jahren auf 54,7 Jahre. Bei den Invaliditätspensionen haben wir bei den unter 50-Jährigen auf Rehab-Geld umgestellt, was an und für sich eine gute Sache ist. Wir sehen aber Ver­besserungsbedarf, Herr Bundesminister, bei der beruflichen Rehabilitation. Sie haben das auch bei den Ausschussberatungen angesprochen, dass wir hier effizienter werden müs­sen.

Die Frage bei den Pensionen ist, wie die langfristige Entwicklung des Bundesbeitrages ist. Das heißt, wie viel müssen wir vom Steuertopf für das Pensionssystem dazuzahlen? (Zwischenrufe der Abgeordneten Kassegger und Belakowitsch-Jenewein.)

Wir haben einen Paragrafen im ASVG, nämlich den § 108e, wo fünf Parameter ange­sprochen werden, nämlich der Beitragssatz, der Steigerungsprozentsatz, das Antrittsal­ter, der Bundesbeitrag und die jährliche Pensionsanpassung. Und diese fünf Faktoren werden es aus meiner Sicht sein müssen, um das System wirklich auch nachhaltig ge­stalten zu können. Damit vor allem auch die Pensionen der nachkommenden Genera­tionen, die ja das System mit ihren Beiträgen nach dem Umlageprinzip unterstützen, ausbezahlt werden können, muss es sein, dass eine zusätzliche Nachhaltigkeit in das System hineinkommt. Ich will das nicht schlechtreden, aber es wird notwendig sein, mei­ne Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend ein Punkt, und das ist jetzt keine Hysterie, damit das auch gleich klarge­stellt ist: Es geht um die Bedarfsorientierte Mindestsicherung. Wir bekennen uns zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung, weil es notwendig ist, Menschen, die in Not ge­raten sind, auch zu unterstützen, wie zum Beispiel alleinerziehende Familien. Aber wir müssen auch Reformen in diesem Bereich angehen, was Sachleistungen, was die Hö­he insgesamt anlangt. Und vor allem: Es muss ein Zurück in den Arbeitsmarkt geben. Es darf die Bedarfsorientierte Mindestsicherung keine Dauerleistung und keine Dauer­unterstützung sein. Wir bekennen uns dazu, aber wir sprechen hier ganz konkret den notwendigen Reformbedarf in diesem Bereich an.

Insgesamt aber ein gutes Budget, was den Bereich Arbeit und Soziales anlangt, das auch für die Zukunft entsprechend ausgestaltet ist. (Beifall bei der ÖVP.)

9.40



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Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


9.40.53

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Wenn man dem Kollegen Wöginger so zuhört, hat man nicht das Gefühl, dass die ÖVP seit 29 Jahren in der Regierung sitzt und das mitzuverantworten hat, was hier alles nicht in Ordnung ist.

Ich habe gestern schon – der Herr Minister hat mich leider nicht hören können – davon gesprochen, dass das Budget in der Sozialpolitik ein fortgesetzter Generationenverrat ist. Es werden die wahren Entwicklungen versteckt, und die Zahlen werden so hinge­dreht – der Ausdruck kommt, glaube ich, eh von Ihrem Koalitionspartner, dass Sie Meis­ter des Zahlen-Feng-Shui sind –, die Zahlen so lange zurechtgerückt, bis es schön aus­schaut. Und das beherrschen Sie sehr gut.

Ich möchte auf das Arbeitsmarktbudget noch einmal zu sprechen kommen. Das wird so nicht halten, wie es drinnen steht – das sage nicht nur ich, das sagt auch der Budget­dienst –, weil Sie immer noch von den Arbeitslosenzahlen weg kalkulieren, die wir im Früh­jahr angenommen haben, und wir wissen, dass die wirtschaftliche Entwicklung wesent­lich unerfreulicher war, als man es damals noch geglaubt hat. Deswegen werden Ihnen mehrere Millionen in dem Bereich fehlen, wenn von 2014 auf 2016 die Arbeitslosigkeit um 20 Prozent steigt und die veranschlagten Mittel für Arbeitslosengeld und Notstands­hilfe nur um 10 Prozent gesteigert werden. Da muss man kein Rechengenie sein, um zu verstehen, dass sich das bestimmt nicht ausgeht.

Sie haben uns im Ausschuss mit dem Ihnen eigenen Humor gesagt, dass der Finanz­minister und Sie sich über die Zahlen nicht einig sind. Aber dann einfach die Zahl hinein­zuschreiben, die politisch bequemer ist, das halte ich nicht für den richtigen Weg.

Wo Sie sich auch nicht einig sind mit dem Finanzminister, das ist der Pensionsbereich. Im Budget gehen wir jetzt von einem Bundeszuschuss von 11 Milliarden € aus. Das werden wir morgen hier herinnen vermutlich mit Mehrheit beschließen. Und einen Tag später wird die Pensionssicherungskommission andere Zahlen beschließen, nämlich Zah­len, die auf den Annahmen des Sozialministeriums basieren und nicht auf den Zahlen des Finanzministeriums. Sie sind sich also innerhalb der Regierung nicht einig.

Wie kommt man zu dem Unterschied? Das werden dann von Donnerstag auf Freitag 240 Millionen € Unterschied sein im Bundeszuschuss zu den Pensionen, indem man einfach an allen Stellschräubchen ein bisschen dreht. Aber weil es eben um viele Pen­sionisten und um viele Bezüge geht, ergeben viele kleine Stellschrauben eine große Summe. Sie gehen von ein bisschen mehr Beschäftigten aus, die ein bisschen mehr Bei­tragsgrundlage einzahlen und die auch in Summe ein bisschen weniger Ausgleichszu­lagenbezieher sind. Und voilà: Ein paar Stellschrauben gedreht – 240 Millionen € gefun­den.

Diese Schönfärberei geht natürlich weiter, denn nächstes Jahr können Sie sagen: Oh, wir sind unter der Ausgabenobergrenze geblieben!, weil der Finanzminister einen hö­heren Betrag angesetzt hat als den, von dem Sie ausgegangen sind.

Dann kommen Sie von der sozialdemokratischen Seite – das kommt heute sicher auch noch – und sagen: Was regen Sie sich auf!? Es ist eh alles in Ordnung, weil gemessen am Bruttoinlandsprodukt der Bundeszuschuss zu den Pensionen eigentlich fast gar nicht steigt. – Man kann es nicht oft genug sagen: Wir zahlen die Pensionen nicht vom Bruttoinlandsprodukt, sondern wir zahlen die Pensionen in erster Linie von den Um­lagen, von den Beiträgen, und alles, was da nicht hereinkommt, muss über den Bun­deszuschuss, über Steuermittel finanziert werden. Und wenn wir immer weniger Bei­tragszahler und im Verhältnis dazu immer mehr Pensionsbezieher haben, dann wird der


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Anteil dessen steigen, was wir aus Steuermitteln zuschießen müssen. (Abg. Neubau­er: Das ist ein falscher Schluss!)

Das ist genau richtig, Kollege Neubauer! Ihre Pensionsmathematik, die ist wesentlich ärger als die vom Bundesminister, denn wenn man Ihre Vorschläge umsetzen würde, dann könnten wir jedes Jahr noch einmal 9 Milliarden € hineinbuttern. (Beifall bei den NEOS.) Ich würde den Finanzpolitikern in der FPÖ raten, sie sollen einmal mit ihren Sozialpolitikern reden. In Ihrer Fraktion weiß nämlich die Linke nicht, was die Rechte tut. Herrschaftszeiten!

Wenn man jetzt die veranschlagten Konten im Pensionsbereich genauer anschaut, dann fällt eines auf: In Summe steigt der Bundesbeitrag um 3,2 Prozent, aber innerhalb eines Trägers, innerhalb der PVA steigt er um 4,6 Prozent, und das ist der größte Trä­ger. Da würde sich ein Blick drauf rentieren – ich habe versucht, das im Ausschuss aus Ihnen herauszubekommen –, um zu schauen, warum sich genau dieser Träger schlech­ter entwickelt als der Schnitt. Und damit eine wesentliche Säule unseres Systems auf wackligen Beinen steht.

Sie haben es sicher alle in der Zeitung gelesen, gestern hat die Junge Industrie eine Studie präsentiert, wonach die Beitragsdeckung bei den Pensionen erschütternd ist, nämlich in ganz vielen Fällen um die 60 Prozent herum liegt. Sie werden mir nachher erklären, nein, das sind weit über 80 Prozent, weil Sie es anders rechnen, weil Sie es nicht individuell pro Person rechnen, wie viel hat die Person eingezahlt und wie viel be­kommt sie heraus, sondern Sie rechnen, wie viel wird jetzt verumlagt und wie viel ge­ben wir jetzt aus. Und deswegen kommen Sie auf einen besseren Schnitt. Aber da ha­ben Sie weder die Entwicklung der Beitragszahler, noch haben Sie die Lebenserwar­tung einkalkuliert. Wenn man das individuell sieht, muss der Staat im Schnitt weit über 30 Prozent auf die Pensionen im ASVG-Bereich drauflegen.

Das steht in keinem Verhältnis. Das ist der Systemfehler, der bereinigt gehört. Und da sind die Sozialdemokraten und die gemäßigten Sozialdemokraten in der Verantwortung, etwas zu tun und die Hebel umzulegen.

Im Bereich Pflege – Kollegin Schwentner hat es richtig angesprochen – gäbe es viel zu tun. Aber wir – ich verwende den Ausdruck des Wirtschaftskammerpräsidenten Leitl – wurschteln uns da weiter von Budget zu Budget, da wird ein bisschen geschraubt, dann wird einmal der Pflegefonds verlängert, aber die wirklich große Lösung für eine Zahl an Pflegebedürftigen, die sich in den nächsten Jahrzehnten verdoppeln wird, haben wir nicht. Und da sind Sie auch in der Verantwortung.

Abschließend möchte ich summieren: Die Sozialsysteme bei uns sind nicht nachhaltig ausgerichtet, weder in der Arbeitslosenversicherung noch in der Pensionsversicherung noch im Pflegebereich. Und das ist das Traurige an diesem Budget. (Beifall bei den NEOS.)

9.47


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


9.47.23

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Herr Kollege Loacker, ich denke, die beste Sozialpolitik ist auch eine gute Lohnpolitik, und deswegen müssen wir auch schauen, dass die Menschen gut verdienen. Wenn die Menschen gut verdienen, kommen auch mehr Beiträge in das System herein, und dann sind unsere Sozialsyste­me auch nachhaltiger abgesichert. In diese Richtung, denke ich, müssen wir alle gemein­sam arbeiten. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Schatz.)

Ich möchte aber in meinem Redebeitrag vor allem auf das Thema Pflege eingehen. Die Kollegin Schwentner hat das in ihrem Beitrag auch schon gemacht. Ich denke näm-


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lich auch, die Pflege von unseren älteren Mitmenschen ist eines der zentralen Themen in der Sozialpolitik in Österreich geworden. Auch aufgrund der demographischen Ent­wicklung und auch aufgrund der Gott sei Dank zu erwartenden höheren Lebenserwar­tung müssen wir dafür sorgen, dass wir die Pflege nachhaltig absichern.

Ziel ist es, die gute Qualität in der Pflege zu halten, die wir in Österreich aus meiner Sicht durchaus haben. Dazu braucht es – davon bin ich überzeugt – ein Maßnahmen­bündel. Wir brauchen auf der einen Seite das Pflegegeld, das das selbstbestimmte Le­ben für Menschen, die Pflege brauchen, garantiert. Wir brauchen aber auch differen­zierte Angebote, sei es im extramuralen Bereich, sei es im stationären Bereich, damit die Menschen auch die Pflege erhalten, die sie haben wollen. Wir brauchen auch die Unterstützung der pflegenden Angehörigen. Wir wissen, 80 Prozent der Menschen wer­den zu Hause im Umfeld gepflegt. Auch da muss man darauf schauen, diese Men­schen gesund zu erhalten. Und wir brauchen natürlich auch eine qualitätsvolle Ausbil­dung im Pflegebereich, damit die Menschen, die in der Pflege arbeiten, ihren Beruf lan­ge gesund ausüben können, ist es doch ein sehr fordernder Beruf.

Ich sehe das natürlich ein wenig anders als Sie, ich finde, dass der Herr Minister Hunds­torfer in den letzten Jahren sehr großen Weitblick gehabt hat. Er hat nämlich mit dem Pflegefonds ein Instrument geschaffen, mit dem man wirklich genau auf das eingeht, was Sie auch gefordert haben, Frau Kollegin Schwentner, nämlich dass man auf die Ein­haltung der Qualität schaut, dass es österreichweit einen einheitlichen Standard gibt, dass Menschen, egal, wo sie wohnen, die gleiche Pflege erhalten. Mit dem Pflegefonds hat man hier einen ersten wichtigen Schritt gemacht. Sie wissen, in den Jahren 2011 bis 2016 haben wir in den Pflegefonds 1,3 Milliarden € hineindotiert und somit eigent­lich Aufgaben der Länder übernommen. Und dieser Pflegefonds wird auch im nächsten Jahr weiter mit 650 Millionen € dotiert werden – ein ganz, ganz wichtiger Schritt.

Ich finde es auch wichtig und richtig, dass das Pflegegeld im Jahr 2016 um 2 Prozent für alle Pflegegeldbezieherinnen und -bezieher angehoben wird. Ein kleiner Beitrag, um das Pflegegeld wieder dahin zu bringen, dass sich Menschen ihre qualitätsvolle Pflege auch leisten können. Und im Budget – das ist mir auch ganz wichtig zu betonen – sind natürlich auch wieder Budgetposten für die Unterstützung der pflegenden Angehörigen enthalten. Wir haben den Unterstützungsfonds für pflegende Angehörige mit 12 Millio­nen € dotiert, wir haben für die 24-Stunden-Betreuung rund 80 Millionen € im Budget do­tiert. Also ich denke, dass Bundesminister Hundstorfer mit diesem Budget wirklich be­weist, dass ihm Pflege wichtig ist. Den Weitblick, den Sie ihm absprechen, spreche ich ihm auf jeden Fall zu. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ. – Abg. Neubauer – in Richtung der Abg. Königsberger-Ludwig –: Im Fernsehen haben Sie gesagt, Sie stimmen dagegen – dann haben Sie dafür gestimmt! – Abg. Königsberger-Ludwig: Das habe ich nicht ge­sagt!)

9.51


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dietrich. – Bitte.

 


9.51.02

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzte Frau Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Sozialpolitik erfüllt ei­ne ganz wesentliche Aufgabe, unter anderem nämlich auch zu schauen, dass es den Menschen in diesem Land gut geht und dass die Menschen vor Armut geschützt wer­den.

Wenn man die Statistik anschaut, sieht man, wir haben in Österreich 1,2 Millionen Men­schen, die armutsgefährdet sind. Das ist eine Zahl, über die wir nachdenken müssen und über die wir auch reden müssen. 37 000 Menschen sind obdachlos. Jetzt wird es kalt, es ist schon kalt, Weihnachten kommt auf uns zu, und ich glaube, Herr Sozialmi-


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nister, es ist wichtig, auch für die österreichische Bevölkerung das Herz auf dem rech­ten Fleck zu haben und diesen Menschen zu helfen und für diese Menschen etwas zu machen. (Beifall beim Team Stronach.)

Der Arbeitsmarkt – meine Kollegen haben es schon angesprochen – ist eine der gro­ßen Herausforderungen, nicht nur der Gegenwart, sondern auch der Zukunft, denn die Prognosen, die sich auftun, sind alles andere als erfreulich: Von jetzt 410 000 galoppie­ren wir geradewegs auf 500 000 Arbeitslose zu. Daher ist es auch klar, dass wir das Budget in diesem Bereich erhöhen mussten, nämlich um rund eine Milliarde auf über acht Milliarden. Und wenn das so weitergeht, werden wir immer mehr Geld brauchen, um diesen Arbeitsmarkt, um die Arbeitslosen zu verwalten.

Wir vom Team Stronach haben einen völlig anderen Zugang. Wir würden es uns wün­schen, dass das, wovon der ehemalige Vizekanzler der ÖVP gesprochen hat, von der „Entfesselung der Wirtschaft“, dass das tatsächlich endlich einmal stattfindet. Aber, meine geschätzten Damen und Herren, was ist anstelle der Entfesselung gekommen? Eine Knebelung, eine Kriminalisierung. Und dagegen verwahren wir uns! (Beifall beim Team Stronach.)

Und wundern Sie sich nicht, wenn viele Unternehmer sagen, bei diesen Hürden, bei die­sen Auflagen, bei dieser Bürokratie sind wir nicht mehr bereit, zusätzliche Arbeitneh­mer einzustellen! Das ist das Produkt dieser Regierung, dieser Überbürokratisierung.

Dass es aber auch anders geht, zeigen uns Länder wie England, die ganz klar sagen: Wir wollen wieder eine Reindustrialisierung. Nachdem jahrzehntelang Arbeitsplätze im Be­reich der Industrie verlorengegangen sind, wollen wir bewusst wieder Rahmenbedin­gungen schaffen, die dafür sorgen, dass der Industriestandort gestärkt werden kann. Und genau das, diesen Ansatz würde ich mir auch von der österreichischen Bundesre­gierung wünschen.

Trotzdem, sehr geschätzte Damen und Herren, ist die Situation auf dem Arbeitsmarkt gespalten. Auf der einen Seite haben wir viele Arbeitslose, und auf der anderen Seite haben wir Branchen, in denen ein Defizit besteht, in denen viele Leute nicht mehr ar­beiten wollen, zum Beispiel Stichwort Tourismus. Auch hier müssen wir die Bedarfs­orientierte Mindestsicherung überdenken. Es kann nicht sein, dass jemand, der im Schnitt 828 € Bedarfsorientierte Mindestsicherung, Familienbeihilfe und vieles andere mehr bezieht, so auf über 2 000 € netto kommt, dann sagt: Warum soll ich es mir da antun, im Tourismus zu arbeiten? Ich weiß, das ist ein heikles Thema, aber ich erwarte mir, dass wir darüber klar und ehrlich diskutieren.

Der Sozialstaat kostet aber auch Geld, Geld, das jeder einzelne Steuerzahler mit sei­nen vielen Steuern und Abgaben bezahlt. Aus diesem Grund, glaube ich, ist es legitim, dass wir sagen, dieser Sozialstaat hat Grenzen der Finanzierbarkeit und er braucht auch Grenzen. Wir können die Leute nicht unendlich mit Steuern und Abgaben belas­ten und dieses Geld wie in der Lotterie verteilen! (Beifall beim Team Stronach.)

Eine dieser Grenzen, die ich ansprechen möchte, ist die beschränkte Zuwanderung. Wir können nicht eine unbeschränkte Zuwanderung zulassen, weil das der Sozialstaat nicht finanzieren kann.

Meine geschätzten Damen und Herren! Zu den Pensionen. Auch ein ganz wesentli­ches Element: Wie geht es den Menschen, die ein Leben lang hart gearbeitet haben, dann, wenn sie älter sind? Bei den Pensionen haben wir eine Schieflage, die so nicht zu akzeptieren ist! Während bei einem ASVG-Pensionisten der Staat rund 100 000 € zu­schießt, sind es bei den Beamten noch immer 400 000 €, gerechnet auf die Zeitspan­ne, in der man in Pension ist. (Abg. Wöginger: Da ist auch der Dienstgeberbeitrag da­bei!)


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Es kann nicht sein, dass man sich in Österreich vehement dagegen wehrt, Privilegien anzugreifen, nämlich Privilegien jener, die eh schon Pensionen jenseits der 20 000 €, in Richtung 30 000 € gehend, haben. Es kann nicht sein, dass man nicht einmal klar sagt: Stopp, es geht nicht an, dass man mit der prozentuellen Erhöhung die großen Privile­gien noch einmal vergoldet!

Meine geschätzten Damen und Herren von der Sozialdemokratie, das ist äußerst un­sozial! Wehren Sie sich doch gegen diesen Umstand, und schauen wir gemeinsam, dass wir die Privilegien abschaffen, in einer Form, die den Namen Privilegienabbau auch verdient!

Griechenland hat uns gezeigt, dass es sehr wohl möglich ist, in hohe Pensionen einzu­greifen, und ich möchte nicht, dass wir in Österreich mit Reformen so lange warten, so lange dahindümpeln, bis der Spargürtel dann für alle wirklich so eng geschnallt werden muss, dass die gesamte Bevölkerung darunter leidet. (Beifall beim Team Stronach.)

Ein Wort noch zum Thema Pflege. Wir begrüßen es, dass das Bundespflegegeld ein­geführt wurde, weil es ein Schritt in die richtige Richtung ist, ein Schritt in Richtung Selbstbestimmung, dass man selbst entscheiden kann, in welcher Form man im Alter dann betreut oder gepflegt wird. Aber: Auch wenn 2016 eine Erhöhung um 2 Prozent er­folgt, so bleibt trotzdem, wenn man den Zeitraum zurück betrachtet, seit 2009 allein durch die Inflation eine Minimierung um über 12 Prozent.

Geschätzte Damen und Herren, setzen wir doch alles dran, dass die Menschen selbst­bestimmt, mit genügend finanziellen Mitteln ausgestattet, ihren Lebensabend gestalten können! Herr Minister, an Sie: Bitte schauen Sie, dass Sie bei den Finanzausgleichs­verhandlungen mit den Ländern endlich einmal dafür Sorge tragen, dass es in Öster­reich einheitliche Standards gibt! Das haben sich die Leute verdient, und dafür erwar­ten wir Ihr Engagement.

In diesem Sinne ein Glückauf für die Menschen, die Pflege brauchen! Achten wir alle darauf, dass die Rahmenbedingungen passen, damit es diesen Menschen gut geht! (Bei­fall beim Team Stronach.)

9.58


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster hat sich Herr Bundesminister Hundstorfer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

 


9.58.45

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe zeitweise in der De­batte geglaubt, manche hier leben in einem anderen Land. (Abg. Walter Rosenkranz: Das kennen wir schon! – Abg. Neubauer: Diesen Satz kennen wir schon seit fünf Jah­ren!) Lassen Sie mich daher ein paar Dinge etwas zurechtrücken.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Ing. Dietrich, es sind nicht 47 000 Obdachlose, es sind 14 600! Damit wir nur die gleiche Relation haben. (Abg. Auer: Das ist ein kleiner Un­terschied!) Das ist ein kleiner Unterschied. Viele Firmen hätten das als Steigerungsra­ten ganz gern. (Abg. Lugar: „37 000“ hat sie gesagt!) Schauen Sie, es sind 14 600, die gemeldet sind, die registriert sind und die auch im Winter ihren Platz haben werden. Punkt, aus, Schluss, basta! Und es muss in Österreich kein Obdachloser sein Leben auf der Straße verbringen, außer er will es. (Abg. Lugar: Dann gehen Sie einmal in den Stadt­park und schauen Sie sich das an!)

Herr Abgeordneter, schauen Sie, das ist der massive Unterschied zwischen uns: Ich bin im Stadtpark mit der Caritas zweimal im Jahr, ohne Medien, ohne alles, ich brauche das nicht. Ich bin dort und rede mit diesen Leuten. Genauso, wie ich Menschen be­sucht habe, die seit 25 Jahren auf der Donauinsel leben. Wissen Sie, wie Sie dem am


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meisten wehtun können? Wenn Sie ihm einen Wohnungsschlüssel in die Hand drü­cken! Das ist auch ein Teil der Realität unseres Lebens. (Abg. Lugar: Und das bei mi­nus 5 Grad heute!)

Ja, aber ich war dort. Es ist eben ein bisschen ein Unterschied, ob man Sozialpolitik lebt, indem man falsche Zahlen behauptet oder indem man mit den Menschen auch un­mittelbar spricht und arbeitet. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte auch zur BMS etwas sagen, damit man da ein paar Dinge ein bisschen zu­rechtrückt.

Die BMS in Österreich wird im Durchschnitt 9,1 Monate bezogen. – Punkt. Diese Zah­len können Sie von allen Bezirkshauptmannschaften bekommen. Die Statistik Austria hat das endlich einmal alles zusammengeholt. 9,1 Monate ist der Durchschnittsbezug in Österreich. – Das ist einmal Punkt eins. (Abg. Peter Wurm: Ja, und dann fängt ihr neu an zu zählen, …!)

Punkt zwei: Die Bezirksverwaltungsbehörden haben alles in der Hand, um zu steuern. Alles! Die Bezirksverwaltungsbehörden können kürzen, können befristet vergeben – es ist alles möglich. Es gibt auch Bezirksverwaltungsbehörden, die vergeben nur drei Mo­nate. Es gibt Bezirksverwaltungsbehörden, die vergeben sechs Monate. Und es gibt Be­zirksverwaltungsbehörden – auch in drei Landesgesetzen steht das drinnen –, die ver­geben maximal ein Jahr. All diese Möglichkeiten sind vorhanden.

Es gibt auch die Kürzungen: Das Bundesland Wien hat voriges Jahr 9 300 Mal gekürzt, davon in über 1 000 Fällen auf null. Es wird schon hingeschaut! Es ist nicht so, dass man da wegschaut. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.) Natürlich gibt es Menschen, die in diesem System meinen, sie wollen es sich ein bisschen richten. (Abg. Katzian – in Richtung FPÖ –: Nachschauen! Da brauchst du keinen Zwischenruf machen! Ihr habt genug Unterlagen! Schaut nach!) Ja, ihr braucht euch ja nur anzuschauen, … (Abg. Krai­ner: Zuhören und lernen! – Abg. Katzian: Lesen! Dann braucht man nicht hineinschrei­en! – Abg. Walter Rosenkranz: Das ist aber zunehmend schwierig bei dieser Bildungs­politik! – Abg. Heinzl: Der Wichtige! Der Wichtige aus Krems! – Weitere Rufe und Ge­genrufe zwischen FPÖ und SPÖ.)

Meine Damen und Herren, schauen Sie, Sie können sich all diese Aussendungen ja an­schauen. Es ist ja alles transparent, Sie können das alles selber nachlesen. Die Be­zirksverwaltungsbehörden können alles tun. Aber ich nehme an, meine Damen und Herren, es … (Weitere anhaltende Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Punkt eins: Die Bezirksverwaltungsbehörden können also alles tun. Sie können auch heute schon – wir brauchen nichts zu ändern – Sachleistungen vergeben. Es ist alles mög­lich! Man muss nur die Artikel-15a-Vereinbarung richtig leben. Natürlich, nachdem sie ausläuft, werden wir sie weitergestalten, werden noch besser werden (Abg. Belako­witsch-Jenewein: Das ist eine gefährliche Drohung!), so wie wir uns auch bemühen, die Leute in den Arbeitsmarkt zu reintegrieren. Seitdem es die BMS gibt, haben wir im­merhin 100 000 Menschen in den Arbeitsmarkt hineingebracht. Es sind genau 101 000.

Jetzt komme ich auch gleich zum Thema Asyl und asylberechtigte Asylwerber. – Ja, der österreichische Arbeitsmarkt steht vor einer massiven Herausforderung, gar keine Fra­ge. Der österreichische Arbeitsmarkt steht deshalb vor einer massiven Herausforde­rung, weil ein paar Dinge gleichzeitig stattfinden. Wir haben 34 000 Jobs mehr in die­sem Land als im Oktober des Vorjahres. 34 000 Jobs mehr! Wir haben den höchsten Beschäftigtenstand, seitdem es dieses Land gibt. – Ich sage es gleich dazu: eine Mil­lion Teilzeit; damit wir uns nicht missverstehen. (Abg. Steinbichler: Im produktiven Be­reich oder …?)


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Das, Herr Abgeordneter, ist genau das Niveau, das ich hier meine. Denn: Es wird jeder Mensch, der einen produktiven Job hat, als Beschäftigter gezählt. Und das sind immer­hin 3,6 Millionen Menschen in diesem Land, die ihr Geld hier bekommen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir machen auch in der Arbeitslosenstatistik überhaupt keinen Schwindel. Wir weisen in den Zahlen nämlich alle aus: diejenigen, die absolut arbeitslos sind, ohne irgendeine Aktivität, und diejenigen, die in eine Schulungsaktivität eingebunden sind. Und was auch noch dazukommt – damit das auch einmal klargestellt ist –: 15 Prozent der Menschen, die hinter den Zahlen dieser Statistiken stehen, bekommen vom AMS keinen Bezug – weil wir eben auch diese transparent ausweisen: Wenn ein Student nach dem Studium nicht gleich einen Job findet und sagt, ich suche, dann ist er in der Statistik, er be­kommt aber kein Geld, weil er ja keinen Rechtsanspruch hat, da er ja noch keine Leis­tung erbracht hat.

Genau das Gleiche gilt auch bei den Asylberechtigten: Ja, wir weisen 19 000 Asylbe­rechtigte aus, aber davon bekommen 9 000 keinen Euro vom AMS. Das sind Men­schen, die noch in der BMS drinnen stecken, die wir aber sofort, nachdem sie ihren Asyl­status bekommen haben, als arbeitssuchend ausweisen.

Wir sind hier also vollkommen transparent, und das führt natürlich zu Zahlen, die so sind, wie sie sind. (Abg. Kickl: Ja, so sind sie!)

Aber: 34 000 Jobs mehr – ohne Steuerreform, ohne Wohnbaupaket, ohne sonstige Kon­junkturimpulse! Ich glaube, wir sind in diesem Land nicht so schlecht unterwegs.

Es gibt nämlich noch eine Zahl, die auch ganz gerne vergessen wird – das sage ich auch sehr offen; auch teilweise von meinen Freunden aus der Wirtschaft –: Wir haben bei den Insolvenzen einen Rückgang um 7 Prozent. Das heißt, die österreichische Wirt­schaft kann nicht so schlecht beisammen sein. Und einen Teil der Lohnnebenkosten­senkung kann ich ja nur deshalb machen, weil es diesen Rückgang bei den Insolven­zen gibt. Nur deshalb kann ich einen Teil der Lohnnebenkostensenkung durchführen, weil ich das Geld nicht brauche, weil ich diese 7 Prozent weniger an Insolvenzen habe! Das heißt, die österreichische Wirtschaft ist schon besser beisammen, als wir uns das selber immer einreden.

Gar keine Frage, eine enorme Herausforderung ist die Zukunft – das ist klar. Und wenn hier verlangt wird, ich soll eine sektorale Schließung des Arbeitsmarktes vornehmen, so wissen wir doch alle, dass das mit unserer Mitgliedschaft bei der Europäischen Uni­on nicht vereinbar ist. Das wissen wir alle.

Wir wissen auch alle: Wenn ich das umsetze, passieren zwei Dinge. Punkt eins: Wir können uns von Europa verabschieden. Sagen Sie doch den Österreicherinnen und Ös­terreichern die Wahrheit und verstecken Sie das nicht immer! – Das ist einmal Punkt 1.

Punkt zwei: Erklären Sie das der österreichischen Wirtschaft, die in osteuropäischen EU-Staaten involviert ist, und das gar nicht so wenig!

Punkt drei: Erklären Sie den 300 000 Österreicherinnen und Österreichern, die im Aus­land beschäftigt sind: Go home! Für die heißt es nämlich dann auch: Retour! Das soll­ten Sie, glaube ich, auch etwas mitbedenken. Ich gebe ja zu, Populisten haben es im­mer einfach. Populisten können sich hinstellen und sagen: Sektorale Schließung, und alles ist gut!, ganz genau wissend, dass mit der sektoralen Schließung das … (Abg. Kickl: Man kann auch ein Populist sein, wenn man sagt, wir schaffen eh alles! Das ist auch Populismus!)

Ja, schauen Sie, und das ist jetzt genau die Herausforderung. Die Herausforderung 1 ist, weiterhin diesen Anstieg auf dem Arbeitsmarkt zusammenzubringen, und die He­rausforderung 2 ist natürlich, für die Menschen, die jetzt hereingekommen sind, auch


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die Integration zu ermöglichen. Das ist eine Herausforderung, das ist gar keine Frage, und zwar eine, die nicht von einem Tag auf den anderen zu bewältigen sein wird. (Abg. Kickl: Aber wie wäre es denn, den Zulauf einmal zu bremsen oder zu stoppen? Kommt das in Ihren Überlegungen überhaupt vor?)

Sie wissen doch selber ganz genau, dass durch die diversesten Aktivitäten an der EU-Außengrenze der Zuzug sich soundso stoppt. Das wissen Sie doch. (Abg. Belako­witsch-Jenewein: Wo denn?) Und Sie wissen doch auch, dass wir zur Stunde viel we­niger Anträge haben als noch vorige Woche. Das wissen Sie doch auch. (Abg. Kickl: Wie viele werden es heuer insgesamt sein?) Nach meiner Schätzung 80 000 Anträge. Anträge! – Da habe ich Ihnen keine neue Zahl genannt. Die Frau Innenministerin erzählt das jeden zweiten Tag. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: … 95 000, aber es macht nichts! Das sind alles Kinder!)

Jetzt kommen wir zu den nächsten Zahlen. Von diesen Antragstellern sind 25 Prozent zwischen 0 und 15 Jahren. – Punkt eins. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: … einmal mit der Innenministerin reden!)

Punkt zwei: Ja, es gibt natürlich eine gewisse Zahl von Menschen, die da sein werden, und diese Zahl wird lauten: im Laufe des Jahres 30 000. Und diese 30 000 bilden die Herausforderung. Diese 30 000 – die ja nicht auf einmal auftauchen, sondern so schnell eben die Verfahren gehen – sind unsere Challenge. Da gilt es, dass wir alle gemein­sam zusammenrücken. Das heißt, dass wir schauen: Wo können noch zusätzliche Ar­beitsplätze geschaffen werden?, denn ich habe zur Stunde, wo wir hier zusammensit­zen und darüber diskutieren, in Westösterreich 3 700 freie Lehrstellen, und dies schon seit Langem. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wie viele?) 3 700 freie Lehrstellen, die schon lange frei sind! Deshalb haben wir ja auch zusätzlich im Konjunkturpaket ver­sucht, Mittel zu gestalten, um für diese Lehrstellen auch Menschen dorthin zu bringen.

Was die Arbeitslosenzahlen betrifft, so gibt es natürlich noch viele Gewitterwolken, kei­ne Frage, aber wir haben in Tirol erstmalig eine Null, eine absolute Null an Zuwachs bei der Arbeitslosigkeit – erstmalig. Vorarlberg wird mit hoher Wahrscheinlichkeit Ende dieses Monats ebenfalls eine Null verzeichnen können, und in Salzburg wird es im Jän­ner der Fall sein, dass wir eine Null an Zuwachs, an Anstieg der Arbeitslosigkeit haben. Sehen wir doch das auch einmal als etwas Positives – wissend, dass es natürlich im Rest Österreichs viele Probleme gibt; wissend, dass wir natürlich einen Verdrängungs­wettbewerb haben, in dem diejenigen, die vor 25 Jahren gekommen sind, von jüngeren ausländischen Mitbürgern verdrängt werden, gar keine Frage.

Genauso wie eben auch Österreicher im Ausland sind: 60 000 Menschen aus Öster­reich arbeiten in der Bundesrepublik Deutschland. – Wir leben in diesem gemeinsamen Europa! Wir exportieren in dieses gemeinsame Europa. Unsere gesamte exportorien­tierte Industrie exportiert zu 60 Prozent nur in dieses gemeinsame Europa. Und wenn man in diesem gemeinsamen Europa lebt, hat man auch gemeinsame Herausforderun­gen, und diese gemeinsamen Herausforderungen gilt es zu bewältigen. Demzufolge ha­ben wir uns bemüht, für die Arbeitslosen, für die aktivierende Arbeitsmarktpolitik mehr Geld zur Verfügung zu stellen, viel mehr Geld zur Verfügung zu stellen.

Sie dürfen in dem Zusammenhang auch eines annehmen: Sie dürfen annehmen, dass das, was wir an Zusatzgeld haben, sehr wohl für jene Gruppe da ist, die hier bei uns lebt, die hier bei uns arbeitslos geworden ist. Deshalb haben wir uns auch zusätzlich Geldmittel gestaltet, zur Verfügung gestellt, vor allem für die Gruppe der Asylberechtig­ten. Diese Gruppe der Asylberechtigten nimmt daher niemandem, der schon lange hier lebt oder immer schon hier gelebt hat und arbeitslos geworden ist, etwas weg.

Versuchen wir doch, das so zu diskutieren, wie es in Wahrheit ist: Wir haben hier Töpfe gestaltet für aktivierende Arbeitsmarktpolitik all over, und wir haben einen Zusatztopf ge-


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staltet für eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik für die Asylberechtigten. Und wir haben auch noch ein Zusatzprogramm entwickelt. Dieses Zusatzprogramm ist ein sogenann­tes freiwilliges Integrationsjahr, wofür ja auch die Rahmenbedingungen schon beschlos­sen worden sind. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Die sind nicht einmal pensionsversi­chert!)

Schauen Sie, jetzt kommt schon wieder „nicht einmal pensionsversichert“! (Abg. Bela­kowitsch-Jenewein: Stimmt ja!) – Es geht doch hier darum, Menschen in einem frei­willigen Integrationsjahr eine Chance zu geben, sich zu integrieren! Genauso ist ja auch jemand, der das freiwillige Sozialjahr macht, nicht pensionsversichert. Aber für diese Per­sonengruppen – und das werden wir umsetzen, das werden 1 000 Menschen sein, die in dieses freiwillige Integrationsjahr hineingehen – versuchen wir ganz einfach durch die­se aktivierenden Maßnahmen die Integration zu beschleunigen.

Ich möchte, bevor ich zum Schluss komme, Folgendes noch einmal klarstellen: Bei den Pensionen, meine Damen und Herren, ist das System krisensicher, das System ist fi­nanzierbar, wenn das eintritt, was immer schon notwendig war. – Und, Herr Abgeord­neter Loacker, was Ihre Rede betrifft, die Sie hier gehalten haben, so würde ich Sie bit­ten, im Archiv nachzuschauen: Als die Beschlussfassung des ASVG 1955 erfolgte, ist von irgendjemandem aus diesem Plenum die gleiche Rede gehalten worden. – Nichts Neues! (Ironische Heiterkeit der Abgeordneten Loacker und Scherak.)

Wir haben ein System, das auf einem Umlageverfahren basiert. Und wie der Begriff „Um­lageverfahren“ schon sagt, wurde von Haus aus mitbeschlossen, dass ein gewisser Teil ein staatlicher Zuschuss ist, und dieser Teil an staatlichem Zuschuss drückt sich natürlich in Zahlen aus. Und Sie wissen auch ganz genau, dass wir bei diesem staatli­chen Zuschuss Dinge dazurechnen, die in anderen Ländern die Krankenversicherung zahlt, in anderen Ländern wiederum zahlt sie die Sozialhilfe – wir aber rechnen sie, aus vielen Gründen, da dazu.

Demzufolge sind Studien, die hier immer wieder gemacht werden, nett, aber falsch. Das weiß Herr Ulrich Schuh genauso, denn wir diskutieren ja alle zehn Tage bei diver­sen Podiumsdiskussionen darüber. Der Gesamtbundeszuschuss ist bei den Arbeitern und Angestellten nur 20 Prozent dessen, was an Leistungen rausgeht, denn 80 Prozent er­wirtschaften sich die Menschen, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer, selbst.

Dass natürlich bei zwei Gruppen von Pensionsversicherten eine spezielle Situation ge­geben ist, ist klar: Die Bauern haben keine Chance, auf 100 Prozent Deckungsquote zu kommen (Abg. Pirklhuber: Das kann sich nicht ausgehen, wenn 1 400 …!) – nicht, weil sie nicht wollen, sondern, weil sich das von den Zahlen her ganz einfach nicht ausge­hen kann, weil wir viel mehr pensionierte Bauern als noch aktive Bauern haben.

Bei der Pensionsversicherung der Gewerblichen ist es ganz einfach auch so, dass hier der Dienstgeber fehlt, weil der Versicherte selber der Dienstgeber ist. Demzufolge sind auch dort die Pensionshöhen andere – das muss man auch einmal dazusagen.

Das heißt – langer Rede kurzer Sinn –: Das System ist weiterhin krisensicher, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind. Das ist ein hoher Beschäftigtenstand auf der einen Seite – und wir haben die gleichen Zahlen, der Herr Finanzminister und ich, wir verwenden ge­nau das Gleiche; die Frage ist immer nur, was ist der Stichtag der Prognose, das macht einen ganz entscheidenden Unterschied. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist: Wir müssen uns gemeinsam bemühen, dass die Menschen spä­ter in Pension gehen. Das faktische Pensionsantrittsalter muss höher werden. Da wer­den wir heuer wieder einen wesentlichen Schritt getan haben, wenn das Jahr zu Ende ist. Aber das sind die zwei Parameter.

Frau Abgeordnete Dietrich, ich mache jetzt keinen Nachhilfeunterricht – bitte missver­stehen Sie das nicht –, aber das Beamtenpensionssystem ist von Haus aus im Jahr


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1851/52 anders aufgebaut worden. Wir sind in einer Übergangsphase, und wir leben es in Wahrheit in dieser Übergangsphase aus, denn die Berechnungsmethode der Be­amtenpensionen ist die gleiche wie im ASVG, ganz genau die gleiche. (Abg. Pirklhu­ber: Aber die Höhe nicht!) Demzufolge kommen auch in Zukunft bei den Beamtenpen­sionen die gleichen Höhen heraus wie im ASVG, ganz genau die gleichen, weil es die gleiche Berechnungsmethode ist. Aber wir leben in einem Übergangsmodell, und in die­sem Übergangsmodell dauert es.

Ich war der einzige Minister, der sich getraut hat, Ihnen ein Sonderpensionsgesetz vor­zulegen. Und mir zu unterstellen, ich habe nicht eingegriffen: Ich schicke Ihnen die Pro­testschreiben der Betroffenen! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.17


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aubauer zu Wort. – Bitte.

 


10.17.03

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Ich nehme sehr gerne Ihren Appell auf. Wir werden die Herausforderun­gen der Zukunft nur dann bewältigen, wenn wir hier gemeinsam zusammenstehen. Das ist, glaube ich, eine wichtige Aussage. Wir sind da sehr gerne dabei. (Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Zu den Pensionen: Da steckt sehr viel Positives in diesem Budget. Wenn Sie schon in Pension sind und zum Beispiel eine Bruttopension von 1 000 € im Monat haben, dann bekommen Sie 110 € vom Staat zurück. Ein anderes Beispiel: Ein Senior, der eine Brut­topension von 2 400 € hat, zahlt 1 000 € weniger Steuern. 1 000 € mehr bleiben ihm im Jahr zur freien Verfügung. – Diese Steuerentlastung ist eindeutig positiv.

Positiv ist auch, dass im Budget die Teuerungsabgeltung für die Pensionen enthalten ist. Es ist die Erhöhung des Pflegegelds enthalten. – Das sind alles positive Entwicklun­gen, die in der heutigen Zeit gar nicht so selbstverständlich sind. Schön, dass uns das gemeinsam gelungen ist!

Das heißt aber nicht, dass wir uns jetzt ausruhen können. Nein, wir brauchen Refor­men, damit die Pensionen für unsere Enkelkinder, für die ganz Jungen, gesichert wer­den. Ganz klar: Wer länger lebt, der soll auch länger gesund arbeiten können, der soll auch weiter ins System einzahlen und der soll dann auch einmal eine höhere Pension bekommen.

Die EU- und OECD-Experten sagen ja unisono, wir brauchen eine frühere Angleichung des Pensionsalters der Frauen an das der Männer, damit nämlich auch Frauen einmal eine eigenständige und höhere Pension bekommen können, sowie eine Koppelung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters an die Lebenserwartung, sodass wir, wenn wir län­ger leben, auch einen Teil davon länger arbeiten. Das wäre gerecht gegenüber den Jun­gen – ein Gerechtigkeitsmechanismus, das wäre fair. (Beifall bei der ÖVP.)

Was wir natürlich brauchen, das sind Jobs, Jobs, Jobs für Ältere. In diesem Budget wird daher sehr viel Geld für ältere Arbeitnehmer investiert, von den Wiedereingliede­rungsbeihilfen bis zur neuen Teilpension. Damit wollen wir ja auch motivieren, länger im Job zu bleiben.

Viele private Firmen bemühen sich sehr um ihre älteren Arbeitnehmer – sie schulen sie um, sie bilden sie weiter –, aber nicht alle. Es gibt etwa die Post, die zum Beispiel nicht versucht, Menschen länger im Betrieb zu halten: Nein, es werden erhöhte Abfertigun­gen angeboten (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Was sagt der Herr Finanzminister da­zu?), und diese Golden Handshakes sind offensichtlich gar nicht so golden. – Ich zitie­re aus der Austria Presse Agentur, eine Postlerin sagt: „Gesunde und leistungswillige Mit­arbeiter werden zur Untätigkeit genötigt.“ (Abg. Kickl: Gibt es beim ORF auch!)


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Meine Damen und Herren, wir werden mit Argusaugen schauen, ob auch wirklich keine einzige Person genötigt wird, diese Frühpension anzunehmen (Abg. Belakowitsch-Je­newein: Nicht schauen, sondern der Finanzminister …!), denn es ist ja in der heutigen Zeit wirklich ein verheerendes Signal, dass wir ältere Mitarbeiter in die Frühpension drän­gen, da das ja letztendlich dann einmal die Allgemeinheit bezahlt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Schatz.)

An die Adresse der Post: Ich fordere die Post auf, dieses unmoralische Angebot an äl­tere Mitarbeiter zurückzunehmen! (Beifall bei der ÖVP.  Abg. Belakowitsch-Jenewein: Sagen Sie das dem Finanzminister!)

Mein letzter Satz: In diesem Budget steckt sehr viel Positives drinnen: weniger Steuern zahlen, gute Aussichten. Wenn wir noch einige Reformen schaffen, dann bringen wir die­ses unser Österreich wieder ganz an die Spitze. Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.21


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jene­wein. – Bitte.

 


10.21.37

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Aubauer, Sie wissen schon, dass die Republik Mehrheitseigentümer der Post ist, oder? Ihre Kritik geht ein bisschen ins Leere. Sie fordern die Post auf. – Reden Sie mit dem Finanzminister, das ist viel­leicht einfacher! Er ist ohnehin aus Ihrer Fraktion.

Herr Bundesminister Hundstorfer, Sie haben sich heute hier hergestellt und haben uns erzählt, wie großartig nicht alles ist: Es wurden im letzten Jahr 34 000 zusätzliche Jobs geschaffen, die Arbeitslosigkeit geht, haben Sie, glaube ich, gesagt, spätestens im Jän­ner in Salzburg zurück. Nächsten Monat geht sie dann schon in Vorarlberg und Tirol zu­rück – also eigentlich alles wundervoll. (Bundesminister Hundstorfer: Habe ich nicht gesagt!) – Haben Sie nicht gesagt? (Bundesminister Hundstorfer: Habe ich nicht ge­sagt, nein!) – Dann habe ich mich verhört. Aber Sie haben gesagt, es geht zurück. (Bun­desminister Hundstorfer: Ja, in den drei Ländern, aber nicht im Rest! Habe ich nicht gesagt!) – Habe ich eh gesagt: die drei Länder! Habe ich ja gesagt. (Bundesminister Hundstorfer: Hören Sie zu, bevor Sie …!) – Horchen Sie zu! Ich habe gerade gesagt, Sie haben gesagt, in Salzburg im Jänner und in Vorarlberg und Tirol demnächst, also im Dezember wahrscheinlich schon; also es ist eigentlich alles wundervoll, was Sie hier erzählen.

Gleichzeitig haben Sie gesagt, in diesen drei Ländern, von denen Sie hier sprechen, gibt es 3 700 offene Lehrstellen. Da werden Sie jetzt dann die Asylwerber hinschicken, die werden das dann alles machen! Ein wundervolles System! Das haben Sie schon 2012 eingeführt. Seit dem Jahr 2012 können Asylwerber im Alter von bis zu 25 Jahren eine Lehre absolvieren. Ein „unheimlich“ erfolgreiches Modell, Herr Bundesminister! Bis zum heutigen Tag haben das 245 Personen gewesen in Anspruch genommen, und mehr als die Hälfte hat vorzeitig aufgehört. Also mit denen werden Sie diese 3 700 Lehrstel­len nicht besetzen können, das wissen Sie ganz genau, aber Sie sagen halt einmal, wie großartig Sie da diese Leistung bringen werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Einen Satz von Ihnen habe ich auch so ein bisschen im Hinterkopf: Sie haben von man­nigfachen Tätigkeiten an den EU-Außengrenzen gesprochen. – Was da passieren soll – mannigfach –, ist mir nicht ganz klar. Außerdem sind diese Woche weniger Asylwerber nach Österreich gekommen als noch vor einer Woche. (Abg. Loacker: Wir sind bei So­zialpolitik, nicht …!) Ja, das wissen wir schon, dass das immer in Wellenbewegungen kommt.


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Herr Bundesminister, ich werde jetzt mit Ihnen hier nicht darüber diskutieren, aber die Frau Innenministerin hat auch gestern wieder gesagt, sie erwartet, dass im heurigen Jahr insgesamt 95 000 Personen um Asyl ansuchen werden. 80 Prozent davon sind jun­ge Männer, das heißt, Ihre Rechnung mit den 25 Prozent Kindern kann sich schon ein­mal gar nicht mehr ausgehen. Das heißt, es strömt eine ganz große Masse auf einen Arbeitsmarkt, auf dem es aber gar keine Arbeitsplätze gibt. Und Sie erzählen uns jetzt in Ihrem Budget etwas von irgendwelchen Phantomzahlen, die schieben Sie einmal hin, dann schieben Sie sie zurück, dann nehmen wir dort 50 Millionen, und wenn das nicht reicht, nehmen wir denen eben noch zusätzlich 20 Millionen weg, dann haben wir da 70 Millionen. – Da geht es hin und her! Dieses ganze Budget ist in keiner Weise ir­gendwie übersichtlich. Sie erzählen hier irgendetwas, schmeißen mit Millionenbeträgen herum: Das funktioniert nicht, Herr Bundesminister, und das wissen Sie ganz genau! Es klafft hier eine Lücke. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich weiß schon, dass Sie natürlich hoffen, dass wir recht viele dieser Asylwerber nach Deutschland weiterschicken. Das ist ja sozusagen das Ziel unserer österreichischen Bun­desregierung. Nur, auch dort wird es nicht machbar sein. Deutschland hat derzeit 3 Mil­lionen Arbeitslose und 600 000 offene Stellen. Also wenn Sie sich erhoffen und erwar­ten, dass wir von dort die große Hilfe bekommen, Herr Bundesminister, dann liegen Sie falsch. Auch dort ist die Situation ähnlich. Es ist also nicht so, dass die Arbeitsplätze wie die Schwammerl aus dem Boden sprießen. (Zwischenruf des Abg. Krist.)

Noch etwas haben Sie gesagt, nämlich dass der Bruch der EU-Gesetze, also zum Bei­spiel das Verlangen der sektoralen Arbeitsmarktschließung, das Ende der EU bedeute. Herr Bundesminister, Sie als Teil dieser Bundesregierung brechen seit Monaten jeden Tag EU-Gesetze. Hat das irgendetwas geändert?

Und jetzt stellen Sie sich hier her und sagen, das geht alles nicht. Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt: Mit diesem Schmäh brauchen Sie nicht mehr zu kommen, denn das EU-Gesetz wird jeden Tag gebrochen, und Sie sind Teil dieser Bundesregierung. Sie brechen mit. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann geht es noch weiter  Ihre ganze Rede war so etwas von wirr –, dann haben Sie gesagt, wir stehen vor gesamteuropäischen Herausforderungen. Wer ist denn dieses Ge­samteuropa? Wer gehört denn dazu? Das ist ja keine homogene Einheit! Wie schaut es denn in Polen aus? Die machen das doch ganz anders als wir! Warum muss Öster­reich immer auf der falschen Seite sein? Herr Bundesminister, warum können wir nicht auch einmal sagen: Nein, es geht nicht mehr, es ist dicht!? Keine Chance! (Beifall bei der FPÖ.)

Wissen Sie, dann kommen Sie immer mit Ihren traurig-rührseligen Geschichten daher, wenn wir jetzt die sektorale Arbeitsmarktschließung haben, dann müssen sämtliche Ar­beitnehmer aus Österreich, die jetzt in irgendeinem anderen EU-Land arbeiten, sofort ih­ren Job aufgeben und zurück nach Österreich. Wie kommen Sie denn eigentlich da­rauf? Austausch hat es schon früher gegeben, vor der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Sie haben, glaube ich, gesagt – nicht dass Sie mir jetzt gleich wieder sagen, ich muss zu­hören! –, 30 000 Österreicher arbeiten in Deutschland. Habe ich das jetzt richtig ge­sagt? (Bundesminister Hundstorfer: Nein, falsch!) – Falsch? Na dann sagen Sie es noch einmal! (Bundesminister Hundstorfer: Nein danke! Die Nachhilfestunde kriegen Sie heute nicht!) Gut. Sehen Sie, genau so ist es. (Rufe bei der FPÖ: 60 000!) 60 000 waren es.

Herr Bundesminister, wissen Sie, in Deutschland haben Menschen aus Österreich schon gearbeitet, da waren wir noch lange nicht bei der EU! Sie vermischen permanent Äpfel mit Birnen. (Ruf bei der SPÖ: Das tun Sie!) In Wirklichkeit ist dieses Budget eine Bank­rotterklärung. Sie haben überhaupt keinen Ansatz für diesen Arbeitsmarkt. Die Arbeits-


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losigkeit, die Beschäftigungslosigkeit geht in Richtung 500 000 – ganz massiv im Übri­gen in Wien; da haben Sie uns im Ausschuss erklärt, das ist eine Sondersituation, das ist nur wegen der Pendler aus Niederösterreich so. Herr Minister, das ist hausgemacht! Sie haben keinen Ansatz, und Sie haben keine Möglichkeit.

Wenn wir uns das AMS anschauen: Die Kurse sind Sie jetzt heruntergefahren, aber in dem ganzen AMS haben Sie nur Häuptlinge, aber keine Indianer mehr. Wenn man sich anschaut, wie viele Geschäftsleiter es da gibt: in jedem Bundesland natürlich paritä­tisch besetzt einen Roten und einen Schwarzen, die alle enorme Einkünfte haben. Da ist Geld da. Da braucht man sich keine Sorgen zu machen. (Abg. Lueger: Wovon re­den Sie? Das versteht kein Mensch!) Wovon ich rede? Horchen Sie zu, Frau Kollegin Lueger, ich weiß schon, in Ihrer kleinen roten Welt ist alles in Ordnung. Die halbe Mil­lion an Beschäftigungslosen interessiert Sie nicht. Das haben wir auch schon beim Herrn Bundesminister bemerkt. Wir haben eine halbe Million Arbeitslose!

Das Einzige, was in dieser Regierung passiert, das Einzige, was funktioniert, ist, dass man die „Häuptlinge“, die AMS-Geschäftsleiter besetzt. Das ist gut, und die verdienen auch recht gut. Und wenn Sie es nicht glauben wollen oder wenn Sie nicht wissen, wo­rum es geht, meine Damen und Herren vor allem von den Roten, lesen Sie einfach in den entsprechenden Anfragen nach, die ich an den Herrn Bundesminister gestellt habe und die er mir freundlicherweise auch sehr ausführlich beantwortet hat! Da liegt genau das Problem.

Herr Bundesminister, Sie geben selbst Antworten in schriftlichen Anfragebeantwortun­gen und stellen sich dann hier her und reden etwas ganz anderes! Das ist das Pro­blem, genau das ist es! Sie reden von Lehrstellen, die Sie besetzen wollen. – Das funk­tioniert nicht. Sie reden von den hoch qualifizierten Asylwerbern. – Das funktioniert nicht. (Abg. Lueger: Wer sagt das? Wer sagt, dass das nicht funktioniert?) Und Sie reden von den AMS-Schulungen. – Dafür ist kein Geld mehr da. (Abg. Krist: In Ihrer kleinen Welt funktioniert das vielleicht nicht!)

Jetzt wird es über kurz oder lang gar nicht mehr anders möglich sein: Es wird eine zu­sätzliche Abgabe für das AMS geben müssen, damit man sich die Arbeitslosenversi­cherung noch ansatzweise wird leisten können. Die Arbeitslosigkeit steigt massiv an. Das Einzige, was Sie tun, Herr Bundesminister, ist, dass Sie sich hier hinsetzen und in Ihrer beleidigten Art und Weise erzählen, dass die Leute eigentlich gar kein Geld vom AMS bekommen und eigentlich alles wundervoll ist und nächstes Jahr alles bestens wird.

Herr Bundesminister, dieses Budget ist in keiner Weise durchdacht. Da ist überhaupt kein Plan dahinter. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Damit haben Sie sich in Wirklichkeit selbst disqualifiziert. (Beifall bei der FPÖ.)

10.29


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindelberger. – Bitte.

 


10.29.32

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Kollegin Belako­witsch-Jenewein, ich finde es beschämend, mit welchem Zynismus, mit welcher Pole­mik Sie dieses heikle Thema angegangen sind, denn wir brauchen niemandem zu er­klären, wie schwierig die arbeitsmarktpolitische Situation in Österreich ist, und das hat niemand, auch nicht der Herr Minister, schöngeredet. (Abg. Kickl: Warum heizen Sie es dann zusätzlich an? Sie heizen es zusätzlich an! Das ist das Problem! Sie verste­hen es nicht!) Das ist ja genau der Punkt: Sie reden nur immer blöd daher. Im Gegen­satz zu Ihnen hat die Bundesregierung viele arbeitsmarktpolitische Akzente gesetzt, um dieses Problems überhaupt Herr zu werden. (Abg. Kickl: Was heißt „Herr werden“? Sie sind ja nur ein Passagier!) – Quatschen Sie nicht immer blöd dazwischen! (Beifall bei der SPÖ. He-Rufe bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 269

Für mich ist bei dieser ganzen Entwicklung etwas ganz anderes bedenklich – Kollege Wö­ginger hat es ja auch angeschnitten –, nämlich dass bereits in mehr als 30 Prozent der Betriebe kein einziger Arbeitnehmer/keine einzige Arbeitnehmerin mehr beschäftigt wird, die über 55 Jahre alt ist. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Aber was machen wir dage­gen? Zwischenruf des Abg. Kickl.) Das kann es doch nicht sein! Zuerst rackern sich die Beschäftigten bis zum Umfallen dort ab, machen Überstunden noch und nöcher – im Vorjahr wurden 270 Millionen Überstunden geleistet –, und wenn sie nicht mehr die volle Leistung bringen können, bekommen sie den berühmten Tritt in den Hintern. Das kann es nicht sein. Das ist nicht das Wahrnehmen jener Verantwortung, die die Unter­nehmer als sogenannte Sozialpartner innehaben.

Wenn wir im vorliegenden Budget aufgrund der konjunkturellen Lage die Leistungen für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die nächsten beiden Jahre auf 250 Mil­lionen € erhöhen, um unter anderem auch älteren Menschen den Wiedereinstieg zu er­leichtern, und wenn wir Lohnnebenkosten senken, dann erwarte ich mir, dass die Wirt­schaftstreibenden das auch annehmen.

Während unzählige andere Staaten in diesem Bereich den Sparstift ansetzen, haben wir in Österreich für das heurige und nächste Jahr 2,8 Milliarden € für die Arbeitsmarkt­politik budgetiert. Man muss auch anerkennen, dass der Beschluss der Steuerreform, von der 6 Millionen Österreicherinnen und Österreicher profitieren werden, aber auch Maßnahmen wie die Wohnbauinitiativen und der intensive Breitbandausbau mit dazu beitragen werden, den Arbeitsmarkt anzukurbeln.

Ich weiß, dass wir, was die Beschäftigung anlangt, nach wie vor vor enormen Heraus­forderungen stehen, aber da müssen wir gemeinsam die Ärmel aufkrempeln, und wir dürfen auch nicht so tun, als ob das Budget die alleinige Ursache für das Übel wäre. – Das ist es nicht! Reden wir ohne Tabu darüber dich, Kollege Wöginger, möchte ich konkret ansprechen –, wie wir die Finanzierung des Gesundheits- und Sozialsystems auf neue Beine stellen können! Da müssen wir über innovative Arbeitszeitverkürzungs­modelle genauso reden wie über Wertschöpfungsabgaben und über Vermögenssteuern. (Beifall bei der SPÖ.)

Ständig nur davon zu reden, dass man wieder die Daumenschrauben bei den ASVG-PensionistInnen ansetzen will, während für die Beamten – Herr Minister, das ist auch an dich gerichtet! – hier in diesem Saal eine 45-jährige Übergangsfrist beschlossen wur­de, das kann es auch nicht sein. Ich habe nämlich persönlich kein Verständnis dafür, dass ein Hackler, der 47 Jahre lang brav arbeitet und 47 Jahre lang brav seine Beiträ­ge zahlt, jetzt wiederum zum Handkuss kommen soll. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

10.32


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


10.32.57

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Ich denke, wir sind uns alle einig, dass die Arbeitsmarktkrise wohl die größte so­ziale Herausforderung ist, die wir derzeit zu lösen haben. Inklusive Familienmitgliedern sind es sicher fast 2 Millionen Betroffene.

In Anbetracht dieser Situation frage ich Sie, meine Damen und Herren von den Regie­rungsparteien: Sind Sie wirklich der Meinung, dass Sie alles getan haben, was Sie tun können, um diese Arbeitslosigkeit zu bekämpfen (Abg. Heinzl: Ja!) und um die Arbeits­suchenden bestmöglich zu unterstützen? (Abg. Heinzl: Ja!) Sind Sie der Meinung, dass Sie alles getan haben, was Ihnen möglich ist? (Beifall bei den Grünen. Abg. Heinzl: Was haben Sie dazu beigetragen?)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 270

Meine Damen und Herren, Sie werden jetzt als erstes einmal sagen – es geht ums Budget –: 8 Milliarden €, deutlich mehr als noch im Vorjahr; aber Sie wissen auch, dass ein Großteil dieser Mittel nur in das Arbeitslosengeld fließt, weil wir eben mehr Arbeits-lose haben. Wenn wir da genauer hinschauen, dann ist Faktum, dass pro Arbeitssu­chendem kontinuierlich weniger Geld für Qualifikationsmaßnahmen, für Schulungsmaß­nahmen zur Verfügung steht.

Ein weiteres Faktum ist, dass die Betreuer und Betreuerinnen beim AMS immer mehr überlastet werden. Fast 600 Personen muss ein Betreuer/eine Betreuerin beraten; da kann man doch nicht mehr von einer qualitativ akzeptablen Dienstleistung sprechen.

Und ein drittes Faktum: Das Arbeitslosengeld beziehungsweise die Notstandshilfe be­ziehungsweise die Nettoersatzrate, das alles ist in Österreich so niedrig, dass Arbeits­losigkeit den Einstieg in die Armut bedeutet.

Da muss ich Sie noch einmal fragen: Sind Sie damit zufrieden, wie Sie mit der Situa­tion der Arbeitslosigkeit umgehen? Ich sage Ihnen: Es ist einfach nicht genug, was Sie da tun! Sicher – alle Experten und Expertinnen und auch wir sagen das –, in der momen­tanen Situation stößt die Arbeitsmarktpolitik an ihre Grenzen. Es hilft nicht mehr, nur Arbeitssuchende zu schulen und weiterzuqualifizieren. Was wir jetzt brauchen, sind Ar­beitsplätze, mehr Arbeitsplätze und noch einmal mehr Arbeitsplätze. Wenn auf eine freie Stelle zehn oder zwölf Arbeitssuchende kommen, dann ist klar, in welche Richtung wir arbeiten müssen.

Auch da muss ich Sie wieder fragen: Tut diese Regierung, tun Sie von den Regierungs­parteien alles, was Ihnen möglich ist, um für mehr Arbeitsplätze zu sorgen? (Abg. Bösch: Die Grenzen schließen zum Beispiel!) Wie beantworten Sie diese Frage, meine Damen und Herren? (Beifall bei den Grünen.)

Wie entstehen Arbeitsplätze? Erster Punkt: durch Investitionen, durch öffentliche In­vestitionen. Sie werden auf das Wohnbaupaket verweisen. Ich hoffe, es kommt, nach­dem es drei Jahre versprochen war. Aber wenn Sie die Kommentare der Experten und Expertinnen ernst nehmen: Was sagen die? Natürlich brauchen wir die Wohnungen, das Wohnbaupaket ist gut, aber diese Arbeitsplätze poppen auf, und wenn die Bau­stelle weg ist, sind sie auch wieder weg. Wir brauchen Arbeitsplätze, die nachhaltig existieren. Wir brauchen Investitionen für Jobs im Bereich der Pflege und Betreuung. Da gibt es einen hohen Bedarf, und diese Investitionen sind arbeitsplatzwirksam. Wir brauchen Investitionen im Bereich der Energiewende. Und was machen Sie? Sie kür­zen bei der thermischen Sanierung! Dadurch gehen Tausende Arbeitsplätze wieder ver­loren. Das kann es doch nicht sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Punkt, wie entstehen Jobs noch? Indem man den Faktor Arbeit entlastet, in­dem Arbeit zu geben für die Unternehmer günstiger wird! Jetzt werden Sie sagen: Ja das machen wir! Aber was machen Sie denn? – Sie nehmen das Geld gleichzeitig den Familien weg! Die Kürzungen werden nicht im nächsten Jahr erfolgen, aber was ist über­nächstes Jahr? Was ist in zwei Jahren? Das können Sie uns mit der Maßnahme, die Sie hier setzen, nicht zusichern.

Es ist völlig klar: Der Faktor Arbeit muss entlastet werden, aber nicht so, wie Sie das an­gehen, sondern mit einer wirklichen Steuerstrukturreform: Faktor Arbeit entlasten, ge­genfinanzieren mit Ökosteuern und vermögensbezogenen Steuern. So gehört das ge­macht, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. Abg. Neubauer: Noch mehr Steuern? Super!)

Also: öffentliche Investitionen, Entlastung des Faktors Arbeit. Und wie entstehen die Jobs noch? Indem die Konsumfähigkeit der Leute gesteigert wird! Wir brauchen höhere Kon­sumfähigkeit. Das Geld wird ausgegeben, das Ganze fließt in die Konjunktur. Sie wer­den sagen: die Steuerreform! Aber wie haben Sie denn das gemacht? Wen entlasten


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 271

Sie am meisten? Wer profitiert am meisten von dieser Steuerreform? Die, die am meis­ten verdienen in diesem Land! Und was werden die mit dem zusätzlichen Geld tun? – Entweder sie bringen es auf die Sparkasse, oder sie investieren es in Auslandsreisen. Na, das wirkt super auf unsere Konjunktur! (Abg. Neubauer: Bei der Bank Austria wäre es gut momentan!)

Stattdessen wäre es notwendig gewesen, den untersten Einkommen mehr zu geben. Wir alle wissen, dort gibt es ein hohes Konsumbedürfnis. Das da investierte Geld fließt eins zu eins in den Konsum und damit in die Konjunktur. (Abg. Tamandl: Die Negativ­steuer wurde um 300 € erhöht! Wie das zu wenig ist, das weiß ich nicht!)

Meine Damen und Herren, haben Sie alles Ihnen Mögliche getan, um zusätzliche Ar­beitsplätze zu schaffen und Arbeitssuchende optimal zu unterstützen? – Nein, das ha­ben Sie leider nicht getan, meine Damen und Herren – und diese Beurteilung geht, wenn Sie es wirklich ernst nehmen, quer durch alle politischen Lager!

Herr Abgeordneter Muchitsch  jetzt ist er nicht mehr da , wir sagen nicht, es ist alles schlecht, aber Sie machen einfach zu kleine Schritte! Mit diesem Tempo stehlen Sie uns Zeit. Sie stehlen unserem Land Zeit auf einem wichtigen Weg, und dieses Budget, das Sie hier vorlegen, ist leider im Wesentlichen wieder eines der verpassten Chancen. (Beifall bei den Grünen.)

10.39


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Huai­nigg. – Bitte.

 


10.40.32

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz ist zehn Jahre alt, wir haben es vor zehn Jah­ren hier beschlossen, und es hat hinsichtlich Barrierefreiheit einiges auf den richtigen Weg gebracht. Es gibt viele Verkehrsmittel, Behörden, Ämter und auch Wirtschaftsbe­triebe, die barrierefrei geworden sind, und die unterstützen auch die Kampagne des So­zialministeriums zur Barrierefreiheit und die Informationsoffensive der Wirtschaftskam­mer Österreich.

Ich glaube, es ist Zeit, auch jene, die noch schlafen, aufzuwecken und zu sagen: Das ist unser Ziel, hier geht es lang! Aber ich glaube, wir sind hier auf einem guten Weg.

Eine Herausforderung für das nächste Jahr wird auch sein – und das ist ein wichtiges Anliegen, auch von mir und von vielen Menschen mit Behinderung –, dass man die Hilfs­mittelversorgung verbessert und entbürokratisiert, denn noch immer müssen Betroffe­ne von einem Kostenträger zum nächsten laufen und bekommen eine Absage nach der anderen. Es braucht eine zentrale Anlaufstelle, ein One-Desk-Prinzip, wo man, wenn man Hilfsmittel braucht, sein Ansuchen einreicht, und diese Stelle klärt dann mit allen möglichen Kostenträgern die Finanzierung. Das wird rascher sein, und es wird auch zu mehr Erfolg führen, da es für die Kostenträger leichter ist, sich zu beteiligen, wenn be­reits andere daran mitwirken.

Ein weiteres Anliegen, wenn es um Finanzierung geht, ist auch die Finanzierung der persönlichen Assistenz. Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz gibt es bundesweit, funk­tioniert gut und fördert auch die Integration von behinderten Menschen, die pflegebe­dürftig sind, am Arbeitsplatz. Im Freizeitbereich gibt es da aber unterschiedliche Rege­lungen in den Ländern, und da braucht es einheitliche Richtlinien. Ich meine, dass man die Idee eines Behindertenfonds, wie ihn die Länder fordern, ernsthaft prüfen sollte. Ich glaube, das wäre eine gute Möglichkeit – so wie beim Pflegefonds –, da eine Finanzie­rung sicherzustellen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 272

Barrierefreiheit, selbstbestimmtes Leben, Gleichstellung: Das alles sind Fragen der Men­schenwürde – der Menschenwürde, wie sie auch in der Verfassung verankert werden sollte.

Herr Minister, falls Sie doch zur Bundespräsidentschaftswahl antreten wollen und dann in der Hofburg regieren: Vergessen Sie bitte nicht diese Rede, und treten Sie dann als oberster Verfassungshüter bitte auch dafür ein, dass die Menschenwürde in der Ver­fassung verankert wird! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.44


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Sche­rak. – Bitte.

 


10.45.00

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Kollege Kickl, was mir so schwerfällt, ist, zu verstehen, warum Sie bei dem, was Sie sagen, immer so widersprüchlich sind. Sie sagen einerseits, Sie wollen nicht, dass die Flüchtlinge zu uns kommen – das ist eine legitime Ansicht, die kann man ja haben –, aber umgekehrt sind Sie damit, dass wir sie durch Österreich Richtung Deutschland durch­lassen, auch nicht zufrieden. Sie sagen immer, Sie wollen nicht, dass Flüchtlinge Ös­terreichern den Arbeitsplatz wegnehmen – das kann man auch glauben und wollen –, wenn sie dann aber Sozialleistungen kriegen, finden Sie das auch nicht okay. Das heißt, es geht sich wieder nicht aus! (Abg. Kickl: Wie wäre es überhaupt mit einem Flücht­lingsstopp!)

Ihre Kollegin Belakowitsch-Jenewein hat vorhin – das fand ich auch sehr „lustig“ –, ob­wohl Sie in der Regel dagegen sind, Lehrstellen für junge Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, bedauert, dass nur so wenige Lehrstellenangebote von diesen in Anspruch ge­nommen werden. Also das geht sich wieder nicht aus! (Abg. Kickl: Weil Sie es nicht verstehen!) Sie sind immer widersprüchlich bei dem, was Sie sagen. Sie können eine Meinung haben, das ist ja okay, aber Sie müssen sich für eine entscheiden, denn bei­de gemeinsam zu vertreten, das geht sich irgendwie nicht aus. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kickl: Weil Sie es nicht verstehen!)

Sie haben ja recht, dass das eine Herausforderung für den Arbeitsmarkt ist, das ist ja völlig richtig. Es ist deswegen eine so große Herausforderung, weil gerade Arbeitsplät­ze die beste Integrationsmaßnahme sind. Sie haben recht: Das ist eine Herausforde­rung, die muss man angehen! Es gibt ja auch Ansätze im Budget, die in die richtige Rich­tung gehen, etwa wenn es darum geht, ein Freiwilliges Integrationsjahr einzuführen. Das ist eine Maßnahme, die helfen kann, Menschen in Beschäftigung zu bringen, des­wegen halte ich sie für richtig. Es genügt sicher nicht diese eine Maßnahme, sondern es braucht noch viele andere Maßnahmen, weil wir ja Menschen dauerhaft in Beschäf­tigung bringen wollen.

Der wesentliche Punkt ist, dass wir bei der Qualifikation ansetzen müssen, und zwar in zweierlei Hinsicht: Einerseits müssen wir bei jenen, die nach Österreich kommen und Qualifikationen mitbringen, schauen, dass sie diese Qualifikationen und dieses Wissen entsprechend einbringen können und wir von diesen Qualifikationen auch profitieren können. Andererseits müssen wir bei jenen, die nach Österreich kommen und nicht die entsprechenden Qualifikationen mitbringen, weil sie nicht die erforderliche Ausbildung haben, schauen, dass wir ihnen den Erwerb von Qualifikationen ermöglichen, dass wir sie qualifizieren.

Wir müssen mit den Qualifizierungsmaßnahmen so früh wie möglich beginnen und dann diese Chance nutzen, denn der wesentliche Punkt ist ja der: Jeden Euro, den wir jetzt nicht investieren, müssen wir später verdoppeln oder verdreifachen, weil die Folgekos­ten von Dauerarbeitslosigkeit viel, viel höher sind als das, was wir jetzt investieren wür-


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den. Kollege Rosenkranz kann Ihnen das bestätigen, das ist nämlich im Bildungsbe­reich genau das Gleiche: Jeden Euro, den wir im Bildungsbereich nicht ausgeben, ha­ben wir nachher aufgrund der Folgekosten doppelt und dreifach aufzubringen, weil dau­erhafte Arbeitslosigkeit wesentlich mehr kostet als das, was wir vorher in die Bildung und in den Arbeitsmarkt investieren. (Abg. Walter Rosenkranz: Der Kollege Rosenkranz sagt: Jeden Euro, den wir sinnvoll in Bildung investieren!) – Sinnvoll“, ist eh klar, aber in diesem Zusammenhang geht es auch um sinnvolle Investitionen.

Fakt ist: Wir müssen – da gibt es natürlich auch Kritikpunkte von unserer Seite – früher ansetzen. Es ist so, dass uns jeder Tag, den wir im Asylverfahren verlieren, weil wir nicht sinnvolle Qualifizierungsmaßnahmen setzen, wie etwa Deutschkurse, oder weil wir nicht schauen, welche Qualifikationen überhaupt vorhanden sind, nachher sozusagen auf den Kopf fallen wird.

Herr Bundesminister, wir NEOS sind der Meinung, dass für Asylwerber auch während des Asylverfahrens nach einer entsprechenden Wartefrist von sechs Monaten der Ar­beitsmarkt geöffnet werden sollte. Wenn Sie, Herr Minister, das schon nicht machen, dann setzen Sie so früh wie möglich bei der Ausbildung an! Wichtig ist, dass wir in Deutschkurse investieren, dass wir schauen, welche Qualifikationen die Menschen mit­bringen, und dass wir diejenigen, die nicht die entsprechenden Qualifikationen mitbrin­gen, qualifizieren, weil uns jede Investition, die wir am Anfang tätigen, wesentlich billi­ger kommt als die Folgekosten, die wir nachher dann haben werden. (Beifall bei den NEOS.)

10.48


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


10.48.53

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kollegin­nen und Kollegen des Hohen Hauses! Ein wichtiger Bereich – auch in deinem Ressort, Herr Minister – ist der Konsumentenschutz, in Bezug auf welchen ich jetzt zwei Punkte herausgreifen werde: einerseits den VKI, den Verein für Konsumenteninformation, und andererseits das Thema Privatkonkurs.

Der VKI ist wichtig, weil wir die Erhaltung und Weiterentwicklung der Rechte der Kon­sumenten brauchen, weil die Rechtsdurchsetzung seitens des VKI wichtig ist und weil Verbraucherinformation und Verbraucherbildung wesentliche Aspekte sind.

Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, zusätzlich 1 Million € zur Basisfinanzierung auf­zubringen, um den ein bisschen strauchelnden VKI wieder in die Gänge zu bringen, mit dem Wissen, dass es dann auch seinerseits eine Neuausrichtung braucht.

Der VKI selbst profitiert ja auch von der Steuerreform, die wir beschlossen haben, näm­lich von der Höchstbeitragsgrundlage der Sozialversicherung. Auch die Arbeiterkam­mer wird die Hälfte der Kammerumlage dem VKI zur Verfügung stellen. Leider ist der dritte Vertragspartner – die Wirtschaftskammer und die Landwirtschaftskammer – damals bei der Finanzierung des VKI ausgestiegen.

Zur nachhaltigen Finanzierung möchte ich sagen, dass ich sehr froh bin, dass uns der Herr Minister im Ausschuss zugesagt hat, dass er sich dafür einsetzen wird, dass der VKI durch einen prozentmäßigen Anteil an den Bußgeldern zusätzlich finanziert wird. Es soll ab dem Frühjahr nächsten Jahres gemeinsam mit dem Herrn Justizminister Ver­handlungen über die Finanzierung geben, wobei man sich eine Unter- und eine Ober­grenze von ein bis vier Millionen durchaus vorstellen kann. (Zwischenruf des Abg. Pe­ter Wurm.) Für diese Verhandlungen wünsche ich Ihnen, Herr Minister, wirklich alles Gu­te, und ich hoffe, dass der Herr Justizminister darauf einsteigt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 274

Der VKI selbst führt pro Jahr in etwa zehn Verfahren gemäß dem Gesetz gegen unlau­teren Wettbewerb durch. Alle Verfahren sind positiv erledigt worden, zu 90 Prozent im Sinne der Konsumenten.

Was sind die Schwerpunkte? – Schwerpunkte sind zum Beispiel die Verträge für die 24-Stunden-Betreuung, Besitzstörungsklagen bei Parkplatz-Abzocke oder die Negativ­zinsen bei Verbraucherpreisen. Bei Unfallversicherungen gibt es oft irreführende Wer­bung für den Zinssatz. Und es gibt auch noch die Sammelaktion zur Zahlscheingebühr, durch die für zirka 7 000 Personen ein großer Betrag als Rückzahlung von der Bank er­wirkt wurde.

Es gibt auch noch die große Sammelaktion gegen MPC, den Schiffs- und Immobilien­fonds, in den viele Leute viel Geld investiert haben. Da sind zwei Sammelklagen an­hängig. Eine ist jetzt noch gegen die Hypo in der Steiermark gerichtet, und es gibt noch die Möglichkeit, sich dieser bis 15. Dezember anzuschließen.

Zum Privatkonkurs wäre mir noch wichtig zu sagen, dass es die Zusage des Ministers gibt, dass er mit dem Herrn Justizminister gleichfalls nächstes Jahr im Frühjahr sprechen wird, um es zu schaffen, diese zehnprozentige Einstiegshürde zu senken und eine Ver­kürzungsdauer dieser sieben Jahre zu erreichen. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.)

Einen Satz noch in Richtung ÖVP: Ich bitte Sie im Zusammenhang mit dem Privat­konkurs, an dieser der Senkung mitzuarbeiten, denn man soll das nicht unterschätzen: Ein Drittel aller Privatkonkurse betreffen Ein-Personen-Unternehmen, und wenn Sie un­ternehmerisches Wagnis fördern wollen, dann würden wir auch Ihre Unterstützung brau­chen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.52


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Steinbichler zu Wort. – Bitte. (Abg. Steinbichler begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine Tafel auf, auf welcher in Diagrammen die Entwicklung des mittleren Jahreseinkommens der Arbeiter, der Angestellten und Vertragsbediensteten sowie der Beamten in den Jahren 1998 bis 2013 veranschaulicht wird. – Abg. Obernosterer: Das ist aber das Taferl von gestern!)

 


10.52.34

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher und Zuseherinnen auf der Besuchergalerie und zu Hause vor den Fernsehgeräten! An vorderster Stelle, weil gerade Herr Kollege Obernosterer gesagt hat, das ist das Taferl von gestern: natürlich, denn ich möchte auch heute meine Rede mit dem Dank an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und an die Unternehmerinnen und Unternehmer beginnen, die für dieses erfolgreiche Land Österreich arbeiten und daher jetzt wahrscheinlich nicht zusehen kön­nen.

Ich möchte aber auch deswegen mit der Tafel von gestern beginnen, weil deren Inhalt ganz wesentlich zum Sozialbericht und zum Bereich Soziales passt. Auf dieser Tafel können wir sehen, dass der Großteil der Bevölkerung durch die Arbeit dieser Regie­rung gewaltig an Einkommen verliert. Mit einem Kaufkraftverlust von 14 Prozent bei den Arbeitnehmern geraten wir ins Hintertreffen und können deshalb wichtige Investitionen nicht tätigen, die das wichtigste Getriebeöl für die Wirtschaft sind.

Da bei unseren Nachbarn im Deutschen Bundestag zum selben Zeitpunkt ebenfalls die Budget-Generaldebatte läuft, möchte ich hier zitieren, was Bundesminister Wolfgang Schäuble gestern gesagt hat. Er hat gemeint, in solch schwierigen und unberechenba­ren Zeiten wären die Regierungen gut beraten, auf Sicht zu fahren. Ich betone: auf Sicht zu fahren! Aber bei unserer Regierung hat man manchmal das Gefühl, als ob sie


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 275

bei Nebel und Gegenwind mit 200 km/h fahren würde und nicht wüsste, wo das Ziel ist. Ich glaube, man sollte sich am deutschen Nachbarn ein Beispiel nehmen, vor allem auf­grund der aktuellen erfolgreichen Zahlen, die Deutschland aufzuweisen hat. (Beifall beim Team Stronach.)

Weil gestern an dieser Stelle der Standort so schöngeredet wurde: Ja, es ist ein toller Standort, aber die internationalen Rankings zeigen, dass wir laufend verlieren, und das zählt. Wir müssen uns an unseren Mitbewerbern messen; das wäre, glaube ich, ganz we­sentlich.

Ich habe mir heute Früh die Wiederholung der Sendung „Bürgerforum“ angeschaut und war begeistert, weil ich bei der Regierung ein Einlenken bemerkt habe. Auch Bundes­kanzler Faymann legt jetzt alle zwei Monate 20 Prozent bei den Wirtschaftsflüchtlingen dazu, jetzt ist er schon bei 40 Prozent, und in vier Monaten ist er dann bei den realis­tischen 80 Prozent. Und Vizekanzler Mitterlehner hat das Ermächtigungsgesetz dieser Bundesregierung kritisiert, indem er gesagt hat, es sei nicht gescheit, wenn wir die Leute nicht konzentriert unterbringen, denn sie seien, wie man es am Beispiel des Flugha­fens sehen könne, viel einfacher zu kontrollieren, wenn man es geordnet macht. Also auch da ist eine Verbesserung der Situation zu erwarten. (Beifall der Abgeordneten Pe­ter Wurm und Belakowitsch-Jenewein.)

Zur Zahl der Zuzügler, Herr Minister, oder der geplanten 30 000 Asylanten, die in den Ar­beitsmarkt integriert werden müssen, möchte ich schon eine Zahl nennen: Angeblich haben wir pro Asylant einen Faktor 5, nämlich aufgrund der Familienzusammenführung, und das ist die große Unbekannte, die zu wenig berücksichtigt wird.

Auch der Arbeitsmarkt wurde angesprochen, wo 400 000 Arbeitslosen 36 000 offene Stellen gegenüberstehen. In diesem Zusammenhang möchte ich zum Sozialbericht noch ergänzend sagen: Es sind eine Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in Be­schäftigung sind, trotzdem armutsgefährdet, und zwar vor allem Familien mit einem oder zwei Kindern, weil die natürlich wesentlich höhere Ausgaben haben. Ich meine, darauf müsste man endlich vermehrtes Augenmerk legen. Ich werde mich beim Familienbericht beziehungsweise beim Kapitel Familien dazu noch zu Wort melden.

Die 11 Milliarden € an Zuschuss zu den Pensionen wurden auch bereits erwähnt. Herr Minister, man könnte anstelle dieses Zuschusses endlich die versprochenen Reformen angehen, zum Beispiel die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger, wo es ein ganz gewaltiges Potenzial gibt. Ich darf an dieser Stelle den Rechnungshofpräsidenten Moser erwähnen, der das ganz besonders hervorgestrichen hat.

Auch dazu ein Beispiel: Wir haben beim Zuschuss zu den Pensionen dieselben Kosten für 300 000 Beamte wie für 2,2 Millionen ASVG-Pensionisten. Da ist eindeutig die so­ziale Ausgewogenheit nicht gegeben. Ich darf das mit der aktuellen Pensionshöhe be­legen. Es hat der Herr Minister dankenswerterweise heute schon auf den Zusammen­bruch der Landwirtschaft, die man am Altar der Globalisierung opfert, hingewiesen, und ich muss leider feststellen: In der Landwirtschaft beträgt die durchschnittliche Pensions­höhe 780 € monatlich – ich werde das beim Grünen Bericht und beim Kapitel Land­wirtschaft noch einmal herausarbeiten –, bei den ASVG-Versicherten beträgt die mo­natliche Durchschnittspension 1 270 € und bei den Beamten – ohne Ministerialräte und führende Beamte – beträgt diese 2 950 €. Das ist endlich einmal aktuell zu diskutie­ren – und nicht seit 1780 und bis 2100! Das passt nicht zusammen, das müssen wir end­lich auf einer fairen Ebene zusammenführen. (Beifall beim Team Stronach.).

Ganz kurz noch – Frau Kollegin Aubauer hat es dankenswerterweise angesprochen –: Wenn die Post Erfolgsprämien in der Höhe von bis zu 50 Gehältern zahlt, wenn je­mand mit 50 oder 52 Jahren in Pension geht, dann passt das mit der aktuellen Situa­tion nicht zusammen. Auch ich kenne Kollegen, die gerne weitermachen würden, aber aus dem Arbeitsmarkt gedrängt werden. Genau da gilt es anzusetzen.


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Frau Kollegin Lueger hat dankenswerterweise einen großen Teil ihres Redebeitrags dem Konsumentenschutz gewidmet. Dort besteht höchster Handlungsbedarf. Das hat auch indirekt mit der derzeit laufenden Flüchtlingsdebatte zu tun. Endlich kommen wir der Wahrheit auf den Grund: Es wird immer vermieden, von Wirtschaftsflüchtlingen zu re­den, weil man dann eingestehen müsste, dass wir mit unserer gierigen konzern- und gewinnorientierten Politik hauptverantwortlich dafür sind, dass die Leute in ihren Her­kunftsländern keine Lebensgrundlage mehr haben.

Ich komme heute noch beim Grünen Bericht mit einem sehr eindrucksvollen Bild darauf zu sprechen, möchte aber jetzt im Zusammenhang mit dem VKI aufzeigen, wie die Kon­sumenten getäuscht werden. Ich zeige hier (eine Packung mit der Aufschrift „Phase Pro­fessional ‚Wie Butter‘“ in die Höhe haltend) wieder die „berühmte“ Ersatzbutter aus Palm­öl aus dem Regenwald.

Das vernichtet die Existenz der Wirtschaftsflüchtlinge, das vernichtet die Zukunft und Produktion der heimischen Landwirtschaft, die Gesundheit der Konsumenten, die Um­welt und das Klima. Ich kann es nicht verstehen, dass, wie Frau Kollegin Lueger er­wähnt hat, genau die Wirtschaftskammer und die Landwirtschaftskammer als Mitglie­der beim VKI ausgetreten sind. Die müssten doch das größte Interesse daran haben, dass auf dem Lebensmittelmarkt eine faire, ordentliche Lebensmittelkennzeichnung statt­findet, weil wir nur dann unserem wichtigsten Partner, dem Konsumenten, in die Augen schauen können.

Deshalb bitte ich Sie, Herr Minister, und auch die Gesundheitsministerin Oberhauser um Unterstützung, dass endlich das notwendige Qualitätsgütesiegel-Gesetz geschaf­fen wird. Dann kann der VKI noch besser prüfen. Dieser gehört zusätzlich mit einem An­teil aus den Bußgeldern ausgestattet, denn er leistet saubere Arbeit und hat auch Er­folg, daher soll er auch daran teilhaben können. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

10.59


Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Fichtinger zu Wort. – Bitte.

 


11.00.14

Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Werte KollegInnen! Liebe Zuseher und Zuhörer auf der Ga­lerie! Hohes Haus! Auch ich möchte mich kurz dem Thema Konsumentenschutz widmen.

Österreich ist ja in Bezug auf den Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten ein Vor­reiter nicht nur auf europäischer Ebene, sondern auch global gesehen. Durch ständige Anstrengung vieler involvierter Personen, die in den Ministerien und Ämtern arbeiten, ge­lingt es immer wieder, gewisse Gefahren zu minimieren, Herausforderungen konstruk­tiv zu diskutieren und einer Lösung zuzuführen, auch auftretende Streitfälle beizulegen und immer wieder Lehren daraus zu ziehen. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle bei allen Beteiligten einmal herzlich bedanken, dass es immer wieder gelingt, konstruktive Gespräche zu führen – letzten Endes geht uns Konsumentenschutz alle an. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Budgetär gesehen ist dies in der Untergruppe Konsumentenschutz im Vergleich zu al­len anderen Punkten ja ein relativ geringer Posten. (Abg. Peter Wurm: Was sagt Ihnen das, Frau Kollegin?) – Herr Kollege Wurm, Sie kommen dann gleich dran und können etwas dazu sagen. (Abg. Neubauer: Wird er auch!) – Daher ist es umso wichtiger, effi­zient und budgetschonend zu arbeiten, um beste Ergebnisse zu erzielen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich bin ganz bei Ihnen, wenn Sie sagen, dass In­formationen an Konsumentinnen und Konsumenten immer weiter verbessert werden sol­len. Da sind wir alle gefordert, als gutes Beispiel voranzugehen und den mündigen Bür-


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gern die nötigen Informationen zur Verfügung zu stellen. Falsche und irritierende Infor­mationen stellen immerhin für 30 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten ei­nen Anlassfall dar, sich über ein bestimmtes Produkt zu beschweren.

An dieser Stelle darf beispielsweise auch einmal auf die Lebensmittelkennzeichnung hin­gewiesen werden – der Herr Kollege Steinbichler hat das vorhin ja gerade angespro­chen – und dass dabei sicherlich noch Verbesserungen möglich und auch notwendig sind. Trotzdem ist es wichtig, weiterhin diesen guten Weg zu gehen und gute Informationen an die Menschen weiterzugeben.

Natürlich gibt es immer wieder große Herausforderungen, und für uns alle gilt es, diese zu bewältigen und immer wieder den Diskurs zu führen. Anlaufstelle für viele, die Infor­mationen suchen – Kollegin Lueger hat es schon angesprochen –, ist der Verein für Kon­sumenteninformation, wo die Menschen Hilfestellung in Form von Beratungen und Rechts­beistand bekommen. Auch darin steckt noch viel Optimierungspotenzial.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insgesamt ist zu sehen, dass das von Fi­nanzminister Schelling vorgelegte Budget in seiner Gesamtheit für uns alle eine Heraus­forderung ist. Arbeitsmarktstabilisierung, Pensionssicherung, Senkung der Lohnneben­kosten, Abbau von Bürokratie: Das sind Schlagworte, die große Reformen bedeuten – Reformen, die notwendig sind, um unser schönes Land weiterhin lebenswert zu erhal­ten. Ich denke, wir alle sollten bereit sein, dafür zu arbeiten und einen Beitrag dazu leis­ten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.04


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Neubauer zu Wort. – Bitte.

 


11.04.20

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Bundesminister Hundstorfer hat in Replik auf die Rede von Abgeordnetem Kickl gesagt, wenn ich Sie so anhöre, kommt mir fast vor, als würden wir in einem anderen Land leben.

Herr Bundesminister, wenn man Ihnen zuhört, dann würden die Menschen in Öster­reich denken, sie leben in einem anderen Land. (Beifall bei der FPÖ.) Diesen wird je­den Tag erklärt, dass wir ein so reiches Land sind, deswegen halte ich Ihnen das heuti­ge Budget vor. Wir haben eine Staatsverschuldung von 87 Prozent, und wir haben eine Pro-Kopf-Verschuldung, die höher ist als die Pro-Kopf-Verschuldung in Griechenland. Das sind die wahren und realistischen Zahlen, mit denen wir hier uns auseinanderset­zen müssen.

Wir haben uns auch mit der Tatsache auseinanderzusetzen, dass wir den höchsten Stand der Arbeitslosigkeit seit 1945 haben und auch die höchste Ratlosigkeit einer Bun­desregierung, dieser Arbeitslosigkeit zu begegnen. Wir haben auch die höchste Lang­zeitarbeitslosigkeit, und wir haben dadurch auch einen unglaublichen Frust in der Be­völkerung, der sich breitmacht. Dadurch ist auch die Angst begründet, dass immer mehr in die Armutsfalle tappen, wodurch auch – als Ausdruck des „Reichtums“ Österreichs – immer mehr Sozialmärkte boomen. – Das ist das, was wir als Freiheitliche nicht wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Warum ist das so? – Weil immer mehr – und das haben Sie auch selbst gesagt, Herr Bundesminister – Ausländer auf unseren Arbeitsmarkt drängen. Sie haben von maxi­mal 5 000 gesprochen, die kommen; mittlerweile sind es über 30 000 bis 40 000, die auf unseren Arbeitsmarkt gedrängt sind, also ein Vielfaches von dem, was Sie mit Ihren Prognosen vorausgesagt haben. Das bringt ein verstärktes Lohndumping, weil diese Menschen oft viel günstiger arbeiten als das, was in Österreich mit Verträgen vorgese­hen ist. (Zwischenruf der Abg. Lueger.) Das wiederum spült viel weniger Geld ins Pen-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 278

sionssystem, und das wird noch gefördert durch Institutionen wie Banken, wie den ORF oder durch Handlungen wie jene zum Schluss bei der Post, die Personen im Alter von 50+ mit einem goldenen Handshake in die Frühpension schickt, meine sehr geehrten Da­men und Herren!

Wenn Sie jetzt sagen, da kann man nichts tun, dann zeigt das die Ratlosigkeit dieser Bundesregierung. – Natürlich hätten Sie schon längst etwas dagegen tun können! Über­all dort, wo die Republik Mehrheitseigentümer ist, hätte der Finanzminister per Wei­sung schon längst die Möglichkeit gehabt, diesem Unfug und dieser eigentlich Un­menschlichkeit den Menschen im Alter von 50+ gegenüber endlich Einhalt zu gebieten, nur hat er es bis heute nicht getan. (Beifall bei der FPÖ.) Wir fordern ihn von dieser Stelle aus auf, hier endlich tätig zu werden, um diesen Unfug endlich abzustellen.

Es ist doch nicht einsehbar, dass heute jemand mit 55 Jahren mit drei Jahresgehältern in die Frühpension geschickt wird – damit ist er zehn Jahre vor dem gesetzlichen Pen­sionsantrittsalter –, und dann fordern genau jene Abgeordneten auf meiner rechten Sei­te, nämlich die von der ÖVP, eine Pensionsautomatik ein. – Ja, was würde denn das bedeuten? Wie sollen wir denn diese zehn Jahre selbst mit einer Pensionsautomatik je einholen können? Da müssten Leute dann ja zwei oder drei Jahre länger arbeiten für die, die mit einem golden Handshake in die Pension geschickt werden! – Bitte, so kann es in Österreich in Zukunft nicht mehr sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Belastungen werden ja weitergeführt: Unter dem Argument, den Arbeitsmarkt zu beleben, wird ein Bonus-Malus-System eingeführt. Da beschäftigt man einerseits die Wirtschaft, durch den Bonus werden die Familien belastet, weil die Zahlungen für den Bonus natürlich über den Familienlastenausgleichsfonds eingenommen werden. Bloß ist der schon selber mit über 3 Milliarden € belastet. Wie weit soll denn das gehen? Auf 4 Milliarden €, 5 Milliarden €, wofür dann die Republik gutzustehen hat? Andererseits wird beim Malus die Wirtschaft belastet. – Na, darüber werden sich die Wirtschafter freuen – und kein zusätzliches Personal einstellen. Das ist eigentlich eine logische Schlussfol­gerung.

Oder der alte Hut der Sozialisten, jetzt plötzlich mit einer Wertschöpfungsabgabe – ei­ne Idee, die vor 30 Jahren schon nicht mehr aktuell war – die Wirtschaft zu beleben. Ja, bitte, meine sehr geehrten Damen und Herren, das kann es auch nicht geben!

Wir wollen Folgendes: Wir wollen, dass die Regierung endlich dafür eintritt, eine Har­monisierung nach ASVG in allen Bundesländern und überall, wo es notwendig ist, her­beizuführen – und dass sie mit Herrn Häupl einmal ein ernstes Wort redet, warum er denn das in Wien bis heute nicht gemacht hat, und zwar auf Kosten aller anderen in Ös­terreich lebenden Menschen. Das geht natürlich auch nicht.

Wir wollen gleichfalls eine Senkung der Zahl der Sozialversicherungsträger von derzeit 21 auf zwei. Einer würde – siehe Bayern! – genügen, einen zweiten brauchen wir für die Ausländer, damit wir endlich einmal wissen, wovon wir reden, wenn Ausländer Zu­griff auf den Sozialtopf Österreichs haben wollen.

Zu bei den Pensionen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Gut, 1,2 Prozent, das ist die Inflation. – Sie kennen unseren Standpunkt dazu. Wir sind eigentlich diejenigen, die für einen Pensionistenbeitrag bei der Pension votieren, aber wenn im Topf nicht mehr drin ist, dann werden wir auch nicht mehr verlangen.

Eines ist aber auch tatsächlich anzusprechen: Wenn hier eine großartige Steuerreform verspricht, dass die Pensionisten mehr bekommen und diese plötzlich auch die 110 € für die Negativsteuer bekommen, dann muss man ganz deutlich eines sagen: Wer be­zahlt den Pensionisten, die Ausgleichszulagenbezieher sind, diese 110 €? Die wurden


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von Ihnen als sozial Schwächste in diesem Land sträflichst bei dieser Steuerreform aus­geschlossen.

Während sich die Politiker hier in diesem Saal bei 8 500 € Gehalt 2 500 € vergönnen – 2 500 €, Herr Minister! –, kriegen die Pensionisten, wenn sie Ausgleichszulagenbezie­her sind, nicht einmal die 110 € Negativsteuer. Schämen Sie sich!

Wir Freiheitlichen werden diesem Budget in dieser Form natürlich nicht zustimmen. (Bei­fall bei der FPÖ. – Abg. Keck: Der Applaus war früher auch schon … bei dir! – Abg. Neu­bauer – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Du redest ja nie!)

11.11


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Wimmer zu Wort. – Bitte.

 


11.11.09

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir finden eigentlich immer das­selbe Schema vor bei den Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen Partei: Sie spal­ten die Gesellschaft und dividieren die Menschengruppen auseinander. (Abg. Neubau­er: Das habt ihr gerade auch …! – Zwischenruf der Abg. Schimanek.) Meine sehr ge­schätzten Damen und Herren, das ist in Wirklichkeit verwerflich, denn Sie bieten keine Lösungsansätze, Sie dividieren die Leute auseinander, Herr Kollege Neubauer. (Abg. Neubauer: … bei den Gehaltsverhandlungen! – Abg. Schimanek: Die Wahrheit ist zu­mutbar, fast allen!)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, natürlich haben wir ein Problem auf dem Arbeitsmarkt, das ist ja nicht abstreitbar. Genau bei diesem Thema, das so viele Men­schen betrifft, wäre es notwendig, dass wir einen Schulterschluss machen und dass wir uns dieser Problematik gemeinsam annähern könnten. Vonseiten der Opposition gibt es aber nicht wirklich Lösungsvorschläge, meine Damen und Herren (Abg. Schima­nek: Na, dann hören Sie halt einmal zu! Da liegen ja … Anträge im Ausschuss!), daher bin ich dankbar, dass unser Bundesminister diese Ansätze bietet.

Gerade Menschen über 50 Jahre haben da ein sehr großes Problem. Wie wir wissen, ist diese Gruppe ganz massiv betroffen von Arbeitslosigkeit, daher ist es wichtig, dass wir mit der Beschäftigungsinitiative 50+, für die in diesem Budget bis zu 250 Millio­nen € zur Verfügung gestellt werden, neue Initiativen schaffen. – Danke schön, Herr Bundesminister! Das ist weitblickende Politik, und man spürt einfach, dass bei dir da dein sozialpolitisches Herz ganz besonders mitschlägt.

Der Arbeitsmarkt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist natürlich unmittelbar mit Konjunk­tur, mit Wirtschaftswachstum und mit Kaufkraft verbunden, und in diesem Zusammen­hang sind Lohnverhandlungen sehr notwendig. Und, Herr Neubauer, weil Sie vorhin bei der Wortmeldung des Kollegen Muchitsch so klein eingeworfen haben, wir als Ge­werkschafter seien ja nur bei Lohnverhandlungen da. – Jawohl! Das ist nämlich ganz wichtig, denn die Menschen brauchen die Lohnerhöhungen. Auch wenn es keine riesi­gen Erhöhungen sind, aber die 1,5 Prozent, die die Handelsangestellten bekommen ha­ben, die 1,5 Prozent, die die Metallarbeiterinnen und Metallarbeiter und Angestellten be­kommen haben, und auch die 1,3 Prozent, die der öffentliche Dienst bekommen hat, sind ganz, ganz wichtig (Abg. Neubauer: Jetzt hast du wieder ein Jahr Nichtstun vor dir!), denn das sind Gelder, die unmittelbar in den Konsum gehen und die wir für die Kon­junktur ganz, ganz dringend brauchen.

Noch zwei Sätze zur Lohnsteuerreform, meine Damen und Herren – da haben übri­gens Sie (in Richtung FPÖ) dagegen gestimmt; vielleicht werden Sie das heute noch kommentieren. Die Lohnsteuerreform wird die größte Entlastung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und gerade auch für Pensionistinnen und Pensionisten sein.


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Machen Sie diese Lohnsteuerreform nicht schlecht! 5 Milliarden € stehen zur Verfü­gung (Abg. Neubauer: Die zahlen wir ja selber!), meine sehr geschätzten Damen und Herren, und die Menschen werden das tatsächlich spüren. Ein Beispiel: Bei einem Ein­kommen von 2 000 € bis 2 500 € brutto werden die Menschen im Jahr um zirka 1 000 € weniger Lohnsteuer bezahlen. (Abg. Schatz: Wo ist denn das Medianeinkommen? – Abg. Neubauer: Wie hoch ist das Medianeinkommen?)

Ich sage daher zum Abschluss eines: Das Budget 2016 ist ein gutes Budget! Vor allen Dingen ist es ein gutes Budget für die Arbeitnehmerinnen und für die Arbeitnehmer (Abg. Schatz: Mehr als die Hälfte der Einkommen …!) und gerade auch für die Pensionistin­nen und Pensionisten, und darauf sind wir stolz. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.14


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Jarmer zu Wort. – Bitte.

 


11.14.31

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch einen Gebärden­sprachdolmetscher): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen und Zuschauer zu Hause vor den Bildschirmen! Zur Budgetplanung, zum Budget: Ich möchte einmal kurz die Situation der Menschen mit Behinderungen in Österreich erklären.

Menschen mit einer Behinderung sind in Österreich nicht sehr, sehr gut gestellt. Es gibt natürlich Maßnahmen und Förderungen, wie man den Menschen das Leben etwas schö­ner machen könnte, und ich möchte ein paar Punkte herauspicken, die ich Ihnen auch im Zusammenhang mit dem Budget erklären möchte.

Das Budget wird von verschiedenen Töpfen versorgt, um mit diesem Geld dann schließ­lich Barrierefreiheit an Arbeitsplätzen zu schaffen, Menschen barrierefreies Arbeiten zu ermöglichen. Unter anderem fließt auch Geld zu Firmen, damit die Firmen das Arbeiten für Arbeitnehmer mit Behinderungen besser und einfacher gestalten.

Bloß wird das Budget dafür immer weniger und weniger. Dieses Budget ist von 56,1 Mil­lionen € im Jahr 2014 auf 48,2 Millionen € im Jahr 2015 gesunken. 2016 sind wir bei 39,2 Millionen €, und es wird immer weniger. Die Beträge sinken um 9,0 beziehungs­weise 8 Millionen €. Wir sprechen hier von 18,7 Prozent weniger Geld.

Welche Auswirkungen, welche Konsequenzen soll das für Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt haben? Ist das die Maßnahme?

Noch zum Arbeitsmarkt: Besonders Frauen, und da insbesondere behinderte Frauen, sind von Arbeitslosigkeit stark betroffen. Ich habe im Budgetplan 2016, als ich ihn gele­sen habe, gesehen, dass die Wirkungsziele bereits in Prozentzahlen angegeben sind, und ich habe auch eines für das Jahr 2016 herausgelesen: Sie wissen, man schaut sich die Zahl der Menschen mit Behinderungen an, nimmt die Zahl der begünstigten behin­derten Menschen heraus und vergleicht da Mann und Frau. Fakt ist, dass für nächstes Jahr der Prozentsatz an begünstigten behinderten Frauen weniger berücksichtigt wird, und zwar um 1 Prozent. Das heißt, das Ziel, Frauen da mehr zu berücksichtigen – ein sehr ambitioniertes Ziel –, hat für das nächste Jahr abgenommen.

Für 2016 sind jedoch 50 000 € reserviert für eine Studie, um die Situation begünstigter behinderter arbeitsloser Frauen zu untersuchen. Gibt es konkrete Pläne? Welche Ziele werden da gesetzt und eingehalten für diese Frauen, für diese Zielgruppe? Gibt es da etwas? Gibt es Kampagnen, Maßnahmen, Fördermaßnahmen? Was passiert da? – Ich sehe da nichts! Auf diese Menschen wird vergessen.

Sie wissen, die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen ist geprägt von Bar­rieren – in Ämtern, in Behörden, in der gesundheitlichen Versorgung, und, und, und. Von


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einem gleichberechtigten Leben kann man nicht sprechen. Ist eine Barriere da, fühlt man sich betroffen, kann man zu einer sogenannten Schlichtungsstelle gehen und ein Schlich­tungsverfahren anstrengen. Dort kann man beispielsweise sagen: Ich werde auf dem Ar­beitsmarkt diskriminiert! Und, und, und. – Dann werden beide Parteien an einen Tisch ge­setzt, und es wird geschlichtet und verhandelt, und dann gibt es ein Ergebnis, das dann auch dokumentiert wird.

Natürlich ist es dabei das Ziel, Bewusstsein bei allen möglichen Personengruppen zu schaffen. Fakt ist, dass 2014 das Ziel von 40 Prozent nicht erreicht werden konnte. 2015 wurde das Ziel um 9 Prozent nicht erreicht, und die Zahlen sprechen für sich, dass man 2016 dieses Ziel gleich einmal etwas geringer ansetzt und sagt: Na ja, wir möch­ten nur 33 Prozent erreichen, das ist unser Wirkungsziel! – Anscheinend sprechen da die Zahlen und die Zwischenbilanz von 2015 nicht gerade gut. Das heißt, was passiert dann in zehn Jahren? Das Wirkungsziel geht immer weiter hinunter und hinunter!

Eines möchte ich noch sagen: Ab dem 1. Jänner 2016 müssen alle öffentliche Gebäu­de barrierefrei gestaltet sein. Deswegen ist eine geringere Prozentzahl als sogenann­tes Wirkungsziel für Schlichtungsverfahren nicht realistisch, denn es wird mehrere Schlich­tungsverfahren geben. Fakt ist nämlich, dass dieses Gesetz, das mit nächstem Jahr in Kraft tritt, noch nicht überall umgesetzt wurde.

Auch die Papiere sagen, dass bei der Lebenssituation von Menschen mit Behinde­rungen eine Gleichstellung in allen Lebensbereichen nicht erreicht wurden. Von einer Gleichstellung kann man nicht sprechen, sagt der Budgetdienst auch persönlich.

Natürlich, ich schätze Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, sie leisten sehr gute Arbeit, aber eines möchte ich nochmals klarstellen, Herr Bundesminister: Die Verantwortung für die Einhaltung des Nationalen Aktionsplans in Österreich – hinsichtlich der Lebens­qualität von Menschen mit Behinderungen, auch von älteren Menschen, die betroffen sind – liegt beim Sozialministerium und auch die Verantwortung dafür, das Bewusst­sein zu schaffen, bei allen Menschen, die nicht inkludiert sind, sondern die mit den Men­schen in einer Gesellschaft leben.

Das Budget zeigt einen Rückgang, keine Entwicklung nach vorne, sondern eine Ent­wicklung nach hinten. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

11.20


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ober­nosterer. – Bitte. (Abg. Peter Wurm – in Richtung des sich zum Rednerpult begeben­den Abg. Obernosterer –: Registrierkassa!)

 


11.20.40

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Her­ren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Wenn man bei der Dis­kussion so zuhört, gibt es anscheinend nur Schwarz oder Weiß, das heißt, entweder es ist schlecht oder es ist alles super. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: … Kraft der Mitte!)

Ich glaube, die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. (Abg. Peter Wurm: Ha!) Ich glau­be, wir Österreicher brauchen uns international nicht zu verstecken, egal, in welchem Bereich. Seien wir stolz, dass wir Österreicher so dastehen! Das heißt aber auch, dass viel zu machen ist, um das weiterhin so zu erhalten, und das hat sich die Regierung auch vorgenommen.

Wir wissen, dass wir von der Belastung her und von der Bürokratie her an der Grenze angelangt sind, und es wurden eigentlich alle Weichen gestellt, um in Zukunft zu ent­lasten und zu entbürokratisieren. (Abg. Peter Wurm: Registrierkassa!)


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Nur ein paar einzelne Punkte: die Steuerreform – über 5 Milliarden € im Einkommen- und Lohnsteuerbereich, was Arbeitnehmer und Arbeitgeber betrifft. Wir wissen, wie viel 5 Mil­liarden € sind, und auf jeden Einzelnen heruntergebrochen sind das im Schnitt zirka 1 000 € im Jahr. Das Lohnnebenkostensenkungspaket, das vor Kurzem beim Arbeits­marktgipfel beschlossen wurde – im Jahr bis zu 1 Milliarde € –, entlastet natürlich auch sehr stark die Wirtschaft und kommt dem Arbeitsmarkt zugute.

Die Entbürokratisierung wurde eingeleitet. Im Mittelpunkt sollte stehen, zu durchfors­ten, zu streichen, was nicht mehr gebraucht wird (Abg. Peter Wurm: Allergenverord­nung! Allergenverordnung!), und an zweiter Stelle, nicht sofort zu strafen, sondern zu­erst zu beraten und erst in weiterer Folge zu bestrafen. (Abg. Peter Wurm: Rauchver­bot!)

Was mir sehr am Herzen liegt, das ist eine klare Regelung betreffend die freiwillige Mit­hilfe der engsten Familienmitglieder im Familienverband in der kleingewerblichen Wirt­schaft, sprich: zum Beispiel in der Gastronomie. Das Thema wurde schon zum x-ten Mal in den Ausschüssen behandelt. Es gibt dort unter den Abgeordneten quer durch alle Fraktionen schon fast Einstimmigkeit. Ich hoffe, dass wir das so bald wie möglich im Sozialausschuss enderledigen können. Es gibt aber inzwischen schon ein Merkblatt, abgeschlossen zwischen den Sozialpartnern und dem Sozialministerium, damit die Fa­milienangehörigen, sofern sie in Pension sind oder im Arbeitsmarkt oder die Kinder in Ausbildung sind und zeitweise zu Hause im Familienbetrieb einspringen, Rechtssicher­heit haben. Dafür müssen wir das in Gesetzesform gießen, und ich hoffe, dass wir das bald zum Abschluss bringen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

11.23


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.

 


11.23.49

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzter Herr Staatssekretär! Herr Minister, Sie haben vorhin in Ihrer Stellungnahme davon gesprochen, dass der allgemeine Rückgang der Insolvenzen bei den Betrieben ein guter Gradmesser sei und zeige, dass es der Wirtschaft gar nicht so schlecht gehe. Wenn ich aber den Gradmesser bewerte und sehe, dass jedes fünfte Un­ternehmen Mitarbeiter abbaut, dann muss ich sagen: Das ist ein schlechter Gradmes­ser, und ich glaube, das sollte auch für Sie ein besorgniserregender Gradmesser sein.

Ich denke auch, dass bei dem sogenannten Arbeitsmarktgipfel die falschen Zeichen ge­setzt wurden, nämlich insofern, als es gar kein Gipfel war; es ähnelte eher einem Früh­stück zu sechst. Ich bringe ein kleines Beispiel dafür, was Sie dabei gemacht haben. Weil Gabriel Obernosterer von der Entbürokratisierung gesprochen hat, möchte ich ein­mal das Bonus-Malus-System für ältere Mitarbeiter in Erwägung ziehen und genauer be­trachten.

Was passiert in unserer Branche? – Diese älteren Mitarbeiter werden knapp vor der Frist wieder freigesetzt, auch mit der Geschichte der höheren Freistellungsabgabe, insofern Auflösungsabgabe genannt. Insofern ist das genau kontraproduktiv, weil wir eines nicht schaffen: dass wir vor allem bei den älteren Mitarbeitern die Lohnkurve senken. Das ist ein springender Punkt, das müsste geschehen, damit es auch funktionieren würde – in­sofern ist es auch Ihr Problem.

Kollege Obernosterer, du sprichst von Entbürokratisierung. All jene Betriebe – und das ist vor allem im Westen und in unserem Bereich, im touristischen Segment, drama­tisch –, die in den touristischen Tälern wahrscheinlich sehr wenige ältere Mitarbeiter fin­den werden, also die Forderung – Bonus-Malus-System –, ältere Mitarbeiter zu beschäf­tigen, nicht entsprechend erfüllen können, haben dann eine Zwangsberatung der Zwangs­vertretung. – Das ist ja völlig absurd! Dahin gehend scheint das Beschäftigungsmodell


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bei der Wirtschaftskammer schon zu funktionieren: dass die mehr Mitarbeiter aufbauen, dass sie eine Zwangsberatung von der Zwangsvertretung bekommen. (Beifall bei den NEOS.)

Das finde ich absurd, und das geht auch nicht so weiter. Und es ist dann unglaubwür­dig, wenn man hier vorne steht und von Entbürokratisierung spricht.

Nächstes Beispiel: All-in-Verträge. – Das wurde von Kollegen Wimmer, glaube ich, ges­tern ganz gut beleuchtet. Wohin führt das Ganze? Du weißt ganz genau, dass Verträge vor allem für wintertouristisch extensive Betriebe entsprechend früh abgeschlossen wer­den. Ja, bei Führungspositionen wurden All-in-Verträge abgeschlossen. Das wurde im Ministerrat offensichtlich gestern durchgewunken, was zur Folge hat, dass sich alle die­se Unternehmer mit eurer Zustimmung auf saftige Strafen einstellen können, weil alle All-in-Verträge ja sozusagen sofort gelten, ab dem Winter. Das heißt, sie können nicht mehr rückabgewickelt werden. Das kann eine besorgniserregende Einstellung einer Un­ternehmervertretungspartei, wie ihr euch positioniert, sein. (Zwischenruf des Abg. Ober­nosterer.)

In dieser Hinsicht möchte ich noch eines zur Sprache bringen – und da muss ich Minis­ter Hundstorfer auch Rückendeckung geben –, nämlich wie wichtig es ist, vor allem im integrativen Bereich, für alle Asylsuchenden beziehungsweise jene, die den Status ha­ben, in den Kompetenzzentren, beim AMS sofort entsprechende Schulungen zu bekom­men.

Insofern braucht das AMS viel mehr Geld dafür. Integration wird durch Arbeit erleich­tert, und insofern muss der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden. Das sollte auch gefördert werden, aber es muss auch gefördert werden, dass hinsichtlich all jener mit einer viel besseren sprachlichen Ausbildung und all jener, die die sprachliche Ausbil­dung noch nicht haben, herausgefunden werden kann, welche Fähigkeiten sie haben, da­mit sie nicht in der Langzeitarbeitslosigkeit landen.

Das ist besonders wichtig, und in dieser Hinsicht will ich versuchen, hier einen Anstoß zu geben, und zwar mit folgendem Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Arbeitsmarkt­zugang für AsylwerberInnen

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Gesetzes­vorlage zuzuleiten, die einen effektiven Arbeitsmarktzugang mit Ersatzkräfteverfahren für AsylwerberInnen nach 6 Monaten nach Asylantragsstellung vorsieht.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

11.28


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Schellhorn eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sepp Schellhorn, Kollegin und Kollegen betreffend Arbeitsmarktzu­gang für Asylwerber_innen


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eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) – TOP 6 – UG 20

Asylwerber_innen ist der Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich nur in sehr einge­schränkter Form möglich. Derzeit ist im Ausländerbeschäftigungsgesetz vorgesehen, dass Personen, die seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen sind, einer Be­schäftigung nachgehen können, sofern eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde. Die­ser Arbeitsmarktzugang ist aber auf den Bereich der Saison- und Erntearbeit begrenzt. Aufgrund von Arbeitsmarktprüfungen und anderen bürokratischen Hürden sind diese Mög­lichkeiten allerdings zu beschränkt. So wird eine Beschäftigungsbewilligung nur nach er­folgter Prüfung der Arbeitsmarktlage erteilt. Das heißt, Asylwerber_innen bekommen die zu besetzende offene Stelle nur nach einem Ersatzkraftverfahren, also wenn dafür weder österreichische Arbeitslose, noch Ausländer_innen mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EU- oder EWR-Bürger_innen mit Arbeitsmarktzu­gang, Schweizer_innen oder türkische Assoziationsarbeitnehmer_innen, Ausländer_innen mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang oder Inhaber_innen eines Befreiungsscheins oder einer Arbeitserlaubnis zur Verfügung stehen. Diese Restriktionen sind aus vielfa­cher Sicht zu bekämpfen.

Durch die volle Eingliederung in den Arbeitsmarkt kann einerseits das Abrutschen in die Schwarzarbeit und andererseits ein durch Untätigkeit geförderter Qualifikationsver­lust verhindert werden; zudem könnten Asylwerber_innen selbst zu ihrem Unterhalt beitragen, wodurch ihnen ein entsprechendes Selbstwertgefühl und Maß an Selbstbe­stimmung wiedergegeben würde. Zusätzlich zum Gewinn von Fachkräften hätte also auch die Einsparung von Versorgungskosten zweifellos eine positive Wirkung auf die österreichische Wirtschaft - dies wiederum könnte dazu beitragen, gesellschaftliche Spannungen und Vorurteile zu unterbinden. Schließlich ist es für Asylwerber_innen selbst von großer Wichtigkeit, einer geregelten Arbeit nachzugehen, also eine Aufgabe zu haben und dadurch an der Gesellschaft teilhaben zu können und integriert zu wer­den. Andernfalls ist die Gefahr von psychischen Krankheiten, ausgelöst durch Perspek­tivlosigkeit, groß.

Die Debatte um die Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylwerber_innen wird immer stärker und führende Gewerkschaftsvertreter_innen, aber auch Menschenrechtsvertreter_innen oder AMS-Chef Johannes Kopf sprechen sich klar für eine solche Öffnung aus. Besonders interessant ist hier die Aussage von Gerald Forcher, Vorsitzender der sozialdemokratischen Gewerkschafter in Salzburg, der die oben genannte Argumentation unterstützt, "weil in Wirk­lichkeit kein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin in Österreich ein Interesse daran ha­ben kann, dass Asylwerber in illegale Arbeit gedrängt werden … Damit ist nämlich dem Un­terlaufen von kollektivvertraglichen Normen Tür und Tor geöffnet. Und wenn die Möglich­keit besteht, in unserer Gesellschaft legaler Arbeit nachgehen zu können, können die betrof­fenen Asylwerber für sich selbst sorgen und damit auch die Sozialsysteme entlasten."

Die Bundesregierung ist hier ohnehin zum Handeln aufgefordert, da sie inzwischen auch gegen die EU-Richtlinie (2013/33/EU) verstößt, die vorsieht, dass Asylwerber_in­nen spätestens neun Monate nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz ef­fektiven Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten müssen. Bei den derzeitigen Arbeitsmög­lichkeiten für Asylwerber_innen mit Beschränkungen auf Saisontätigkeiten im Touris­mus und als Erntehelfer_innen kann keineswegs von einem effektiven Arbeitsmarktzu­gang gesprochen werden. Die entsprechende Richtlinie wäre eigentlich bis zum 20. Ju­li umzusetzen gewesen, dass weiß auch der Sozialminister und die Innenministerin.

Auch wenn durch das Budgetbegleitgesetz einige positive Maßnahmen zur Arbeits­marktintegration von anerkannten Flüchtlingen gebracht hat, zeigt sich noch immer ein


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Defizit darin, wie Maßnahmen getroffen werden können um Asylwerber_innen bereits einen Weg für eine spätere positive Arbeitsmarktintegration zu ermöglichen. Eine Mög­lichkeit zum Schutz vor Dequalifizierung ist auch die Möglichkeit eines europarechtlich vorgesehenen effektiven Arbeitsmarktzuganges.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Gesetzes­vorlage zuzuleiten, die einen effektiven Arbeitsmarktzugang mit Ersatzkräfteverfahren für Asylwerber_innen nach 6 Monaten nach Asylantragsstellung vorsieht."

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


11.29.03

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Abgeordneter Neubauer hat heute mehrmals hier gesagt, die Gewerk­schaften tauchten nur einmal im Jahr zu den Lohnverhandlungen auf und das sei nichts.

Ich denke, meine Damen und Herren, gerade diese Kollektivvertragsverhandlungen, ge­rade die Ergebnisse, die bei diesen Kollektivvertragsverhandlungen ausgehandelt wer­den, beleben die österreichische Wirtschaft, weil das Geld, das dort ausgehandelt wird, wieder eins zu eins in die Wirtschaft marschiert – und gerade dieses Geld sichert Ar­beitsplätze oder schafft Arbeitsplätze. Ich denke, die Arbeit der Gewerkschaft ist eine gute Arbeit, und das hier hinzustellen, als wäre es nichts, ist, glaube ich, wirklich zu­tiefst abzulehnen. (Abg. Kickl: … am Taferl g’habt!)

Meine Damen und Herren! Entgegen allen Äußerungen wird es beim Arbeitsmarktbud­get zu keinen Kürzungen kommen, denn die Arbeitsmarktförderungen sind von den Ge­genfinanzierungsmaßnahmen zur Steuerreform ausgenommen, und es können sogar zu­sätzlich 250 Millionen € aus den passiven Mitteln für aktive Arbeitsmarktpolitik verwendet werden; 150 Millionen € davon sind für Personen ab dem 50. Lebensjahr – bisher wa­ren das nur 120 Millionen € – und 100 Millionen € für Langzeitarbeitslose vorgesehen.

Die beschlossenen zusätzlichen Mittel für die Gruppe 50+ werden dahin gehend flexi­bilisiert, dass nun vor allem gesundheitlich eingeschränkte Personen ab 50 Jahren be­reits frühzeitig und auch Langzeitarbeitslose unter 50 Jahren, von ihnen profitieren kön­nen. Wie bisher werden 60 Prozent der Mittel für Eingliederungshilfen und Kombilohn zur Verfügung stehen und 40 Prozent für Beschäftigung in sozialen Betrieben.

Nun noch ein paar Worte zu den Pensionen, meine Damen und Herren: Offensichtlich versucht man hier wieder einmal, mit Angst und Phantasiezahlen politisches Kleingeld zu wechseln, denn wenn man sich unser Budget anschaut, so kann man feststellen: Mit der vorliegenden Veranschlagung liegen wir zirka 350 Millionen € unter der Ober­grenze des Bundesfinanzrahmens von 2016 bis 2019. Das Budget wird daher nicht nur eingehalten, sondern in diesem Bereich sogar unterschritten. Die von Bundesminister Hundstorfer getroffenen Maßnahmen zeigen ihre Wirkung: 2015 werden die Ausgaben um 300 Millionen € niedriger sein als budgetiert, und 2016 wird der Finanzrahmen um 350 Millionen € unterschritten.

Meine Damen und Herren, diese Zahlen sprechen für sich und zeigen die ausgezeich­nete Arbeit unseres Sozialministers. (Beifall bei der SPÖ.)

11.31



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 286

Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.

 


11.31.28

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher vor den Bildschirmen! Bevor ich zum Thema Konsumentenschutz komme, möch­te ich einen ganz wichtigen Entschließungsantrag zum Bestbieterprinzip einbringen. Ich verstehe nicht, Herr Minister, warum Sie dieses so wichtige Bestbieterprinzip von einer unfähigen Wirtschaftslandesrätin in Tirol und einem uninformierten Landeshauptmann in Kooperation mit einem uninformierten Wirtschaftskammerpräsidenten verzögern lassen, denn die Arbeitnehmer, aber auch die KMUs in Österreich warten darauf.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Faires Verga­berecht und Bestbieterprinzip umsetzen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz wird aufgefordert, gemeinsam mit dem Bundeskanzler und dem Wirt­schaftsminister eine Regierungsvorlage zur vollständigen Umsetzung der 2014 in der Enquete Faire Vergabe festgehaltenen Reformpunkte im Sinne der Umsetzung des Bestbieterprinzips bei öffentlichen Vergaben vorzulegen. Diese Gesetzesänderung soll dazu führen, dass der Arbeitsmarkt und damit das Arbeitsmarktbudget 2016 spürbar entlastet werden.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Noch eine kurze Replik zur Gewerkschaft: Die existierenden Reallohnverluste der Ar­beitnehmer hat bitte schon die Gewerkschaft zu verantworten, und das sollte sie ihren Mitgliedern auch einmal ganz offen kommunizieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir zum Konsumentenschutz: Herr Minister, ich glaube, Sie werden es wahr­scheinlich schon vergessen haben, aber Sie sind auch Konsumentenschutzminister – welche Überraschung! Ich nenne Ihnen ein Datum, und zwar den 27. Mai 2014. Was war da? – Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, das war das letzte Mal, dass Sie als zu­ständiger Konsumentenschutzminister im Ausschuss aufgetaucht sind. (Zwischenruf der Abg. Lueger.) 27. Mai 2014 – das heißt, seit eineinhalb Jahren sind Sie als Minis­ter im Ausschuss nicht mehr aufgetaucht. (Abg. Loacker: … nichts versäumt!) Herr Mi­nister, da sage ich schon einmal, da haben Sie auch Ihre Unfähigkeit in diesem Be­reich, in diesem unserer Meinung nach ganz wichtigen Bereich des Konsumenten­schutzes eindeutig unter Beweis gestellt.

Frau Kollegin Lueger hat es kurz gesagt. Mir ist aber nicht klar, worin die Leistung Ihres Ministeriums und Ihrer Person im Konsumentenschutz besteht. Man sieht es ja auch anhand des Budgets: Wir sprechen hier von 3 Millionen € Budget für den Konsumen­tenschutz. Ich habe es mir kurz durchgerechnet: Das sind 0,03 Promille des Gesamt­budgets. Eines ist schon klar: Wo das Geld ist, da spielt die Musik, wie man bei uns sagt. Das heißt, wenn das Budget für den Konsumentenschutz mit 3 Millionen € dotiert ist, dann kann man sich ungefähr den Stellenwert des Konsumentenschutzes ausrech­nen. (Abg. Loacker: … Arbeiterkammer … Milliarden …!) Frau Abgeordnete Lueger, Sie als zuständige Konsumentenschutzsprecherin der SPÖ müsste das eigentlich schon krank machen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 287

Das Wichtigste, Herr Minister, was im Budget eigentlich notwendig gewesen wäre, näm­lich dass Sie die Strafzahlungen der Bundeswettbewerbsbehörde dem VKI zugutekom­men lassen – Ihre Idee war, glaube ich, 25 Prozent dieser Strafzahlungen –, das haben Sie auch wieder einmal nicht erreicht. Das ist einer von vielen Punkten, die Sie ange­kündigt haben, den Sie aber nicht erreicht haben, Herr Minister. Das heißt, diese Straf­zahlungen kommen dem VKI nicht zugute, und der VKI ist in Wirklichkeit der Konsu­mentenschutzminister.

Sie nehmen Ihre Aufgaben nicht wahr, der VKI als ausgelagerter Verein ist eigentlich der Konsumentenschutz in Österreich, und das ist meiner Meinung nach der falsche Ansatz. Wir haben ja einen Konsumentenschutzminister, Sie sollten diese Aufgabe wahr­nehmen, und wenn Sie das schon nicht können und wollen, dann sollten Sie den VKI finanziell so ausstatten, damit er auch beweglich und aktiv ist. Das ist er zurzeit nicht. Wenn Sie mit der Führungsmannschaft des VKI sprechen – ich habe es gemacht –, dann kennen Sie die Probleme, die der VKI hat; und der VKI wird immer machtloser; das möchte ich einmal festhalten.

Es ist ja generell so: Herr Minister Hundstorfer ist nie zuständig, er kann nie etwas ma­chen. 25 Anträge, Anfragen haben wir eingebracht, und die Antwort war immer diesel­be: betrifft ihn nicht, weiß er nicht, kann er nichts machen. (Zwischenruf der Abg. Lue­ger.) Das heißt, ein nie zuständiger Minister sitzt hier und vertritt den Konsumenten­schutz.

Eine Ausnahme hat es gegeben, heuer im Jahr 2015: Sie haben um eine Viertelmillion Euro Konsumentenschutzinformation für Migranten durchgeführt. Österreichweit, eine Roadshow, aus dem 3-Millionen-€-Budget eine Viertelmillion für eine Konsumenten­schutzschulung für Migranten – da kann jeder Österreicher nur lachen. 2016 werden Sie das nicht mehr machen.

By the way, Herr Minister: Eine Homepage zu betreiben ist noch keine aktive Konsu­mentenschutzpolitik. Da müssten sich eigentlich die Sozialdemokratie, Ihre Vormänner und Vorfrauen im Grabe umdrehen (Zwischenruf der Abg. Lueger), denn Konsumen­tenschutz war einmal ein ganz zentrales soziales, sozialdemokratisches Herzensanlie­gen. Davon haben Sie sich schon ganz lange verabschiedet.

In Summe: Wenn zum Thema Konsumentenschutz etwas kommt, kommt es aus Brüs­sel: Lebensmittelinformationsverordnung, Lebensmittelkennzeichnung – alles EU-Ver­ordnungen, die aber nicht den Konsumenten im Mittelpunkt haben, sondern die Inter­essen der Lobbys, der Großkonzerne, und das verkaufen Sie uns dann als Konsumen­tenschutz.

Ganz kurz, Negativbilanz Hundstorfer: Überziehungszinsen bei den Girokonten, ein al­tes Thema, unanständige Spannen für die Banken – Sie machen nichts; dazu passend: EU-Einlagensicherung, das heißt, die Staatshaftung für Einlagen bis 100 000 € fällt weg – Sie machen nichts, Sie reagieren darauf überhaupt nicht, man könnte Sie fast als Bankenlobbyisten bezeichnen; Mietobergrenzen und Wohnkostensenkung – keine Ak­tivität Ihrerseits; Privatkonkurs – heute schon einmal angesprochen –: 95 Prozent der Menschen in Österreich, die finanzielle Probleme haben (Zwischenruf des Abg. Loa­cker), schaffen es nicht, den Privatkonkurs abzuschließen.

Wir wissen das alles, Sie sollten irgendwann einmal realisieren, Herr Minister, dass man da helfen muss, denn die Leute verbleiben in der Armutsspirale und es hilft nie­mand – auch hier keinerlei konkrete Maßnahmen, null, nichts passiert. (Zwischenruf der Abg. Lueger.)

Inflation, Gebührenstopp: Dazu haben wir unzählige Anträge gemacht – alle abgelehnt, passiert nichts; in Österreich galoppiert das dahin. Kilometergelderhöhung, Pendlerpau­schale: Was wurde für die Autofahrer gemacht? – Nichts! Frau Lueger, wenn Sie irgend-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 288

etwas Konkretes wissen, können Sie es mir nachher sagen; ich habe in den letzten zwei Jahren aufgepasst: Es ist in dem Bereich genau null passiert. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Lueger.)

Dann noch eine interessante Geschichte: Smart Meter, ein Thema, das auf alle Ös­terreicher zukommt. – Der Konsumentenschutzminister schaut zu, macht nichts; aber es ist ein 25-Milliarden-€-Geschäft für einige Firmen in Europa. Der Konsumentenschutz­minister unterstützt das, kein Schutz der Datensicherheit, also keine Reaktion Ihrerseits.

Ganz, ganz wichtig: TTIP und CETA. Da passiert überhaupt nichts, da ist im Konsu­mentenschutz auch kein Budget vorgesehen; überhaupt keine Reaktion, das läuft da­hin. Genlachs, Genäpfel – alles Dinge, die die Konsumenten in Österreich betreffen. Ein einheitliches Konsumentenschutzrecht – auch auf die lange Bank geschoben (Zwischen­ruf der Abg. Lueger); Sammelklagen – auf die lange Bank geschoben.

Ich bin schon am Ende der Rede, meine Redezeit läuft leider ab; man könnte noch vie­les ausführen. (Abg. Loacker: Gott sei Dank! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, Gott sei Dank – weil es eben keine konkreten Maßnahmen im Konsumentenschutz gibt, gar nichts passiert für die Konsumenten in Österreich, überhaupt nichts; und das objektive und subjektive Gefühl der Konsumenten ist, dass sie immer weniger Rechte in diesem internationalen Wettbewerb haben. Der Konsument bleibt auf der Strecke.

Ich sage es noch einmal: Was ist ein funktionierender Konsumentenschutz, wo kann er funktionieren? – Nur dort, wo es einen fairen Wettbewerb gibt und genügend Anbieter – und das haben wir leider Gottes immer seltener.

Abschließend: Herr Minister, Sie machen sich ja auf den Weg in die Hofburg. Ich muss sagen, wenn Sie es in die Hofburg schaffen sollten, dann wird mir schon ein bisschen schwummrig, denn wenn Sie dort dieselbe Aktivität für die Österreicher als Bundesprä­sident einsetzen wie als Konsumentenschutzminister, dann ist da wenig zu erwarten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.40


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Wurm eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert Kickl, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Peter Wurm und weiterer Abgeordneter betreffend Faires Vergaberecht und Bestbieterprinzip umsetzen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage 820 d.B): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2016(Bundesfinanzgesetz 2016-BFG 2016 samt Anlagen(891 d.B) Untergliederung 20-Arbeitsmarkt, in der 104. Sitzung des Nationalra­tes am 25.November 2015)

Auf der Grundlage des immer größer werdenden Konkurrenzdrucks ausländischer bzw. internationaler Anbieter, - vor allem im Bereich des Bau- und Baunebengewerbes ver­sucht man seit Jahren "faire Wettbewerbsbedingungen für heimische KMUs in diesem Bereich zu schaffen.

Das Lohn- und Sozialdumpinggesetz inklusive mehrerer Novellen sollte hier der erste Schritt sein. Wir wissen aber, dass es durch Umgehungen: Ketten-Subunternehmerver­hältnisse, Scheinfirmen, Scheinanmeldungen von Arbeitnehmern, Hinterziehung von Lohn- und Sozialabgaben, großzügige Entsendungen fremder Arbeitnehmerkontingente aus dem EU-Ausland usw. zu einem Fass ohne Boden gekommen ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 289

Die Bundesvergabegesetznovelle ist wieder einmal der Versuch, hier gewisse Dämme zu errichten.

Den großen Druck spürten letztendlich aus Rot und Schwarz, deshalb kam es zu einer Initiative von 12 WKO-Bundesinnungen und 3 Fachgewerkschaften im Jahr 2014.

Damals wurde unter dem Titel "Faire Vergabe" eine Initiative gesetzt, die davon ausge­hen, dass Billigstanbieter Arbeitsplätze vernichten.

Der ambitionierte Forderungskatalog umfasste insgesamt 6 Forderungen mit einer gan­zen Reihe von Detailforderungspunkten:

1. Adaptierung des Vergaberechts

Bestbieter statt Billigstbieter - ohne Ausnahme

Einbeziehung von Qualitätskriterien (z. B.: "Organisation, Qualifikation und Erfahrung von Schlüsselpersonal", "Ökologische Bauführung", Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz", "Mitarbeiterschulungen")

Einbeziehung von Regionalität sowie Berücksichtigung der Beschäftigung von Eigen­personal (Eigenleistung), Lehrlingen und älteren Arbeitnehmern

Antragslegitimation gesetzlicher Interessensvertretungen zur Prüfung der Gesetzeskon­formität von Ausschreibungsunterlagen vor Ablauf der Angebotsfrist

Einschränkung von Subvergaben und Benennungspflicht bei der Auftragsvergabe und verpflichtende laufende Kontrollen (§ 70 Abs. 5 BVergG 2006)

Einschränkung von Leiharbeit

Schärfere Sanktionen bei Verstoß gegen arbeits- und sozialrechtliche Mindeststandards, zwingendes Ausscheiden bei erstmaligem qualifizierten Verstoß, zwingendes Ausschei­den bei sonstigem Verstoß im Wiederholungsfall

Vertragsrechtliche Pönale bei Verstoß gegen arbeits- und sozialrechtliche Mindeststan­dards

Kontrolle und Meldung des vor Ort eingesetzten Personals

Erhebung der Schwellenwerteverordnung in Gesetzesrang (unbefristet) zur Stärkung der Regionalität

Mindestvorgaben für die Preisangemessenheit bzw. Preisangemessenheitsprüfung

Verbot der elektronischen Auktion für Bauleistungen

2. Maßnahmen gegen die Gründung und Geschäftstätigkeit von Scheinfirmen

Verstärkte Überprüfung des Standortes bei der Gewerbeanmeldung (Mietvertrag, Be­hördenkontrolle vor Ort - Betriebsmittel und Betriebsstruktur, etc.)

Schwerpunktaktionen der Behörden (Finanzpolizei, GKK, BUAK, AI, BH, Polizei) im Be­reich der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung (auch am Wochenende; Per­sonalaufstockung)

Erhöhung des Vernetzungsgrades zwischen den einzelnen Behörden (Austausch von Informationen aus Betriebsprüfungen, bei Abmeldung des gewerberechtlichen Geschäfts­führers, etc.)

3. Novellierung des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes

Verschiebung des Schwerpunkts der Kontrollen der gesetzlichen Vorgaben auf die Ri­sikogruppen zur Steigerung der Effizienz

Erhöhung der Sanktionen/Strafen bei Nichtbeachtung der gesetzlichen Bestimmungen (Strafe muss höher sein als der wirtschaftliche Vorteil). Nichtbereithaltung der Unterla­gen muss strenger bestraft werden, als falsche/unzureichende Anmeldungen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 290

Vollziehbarkeit von Verwaltungsstrafen muss auch in den anderen EU-Mitgliedsstaaten gewährleistet sein

4. Aufrechterhaltung des Befähigungsnachweises als Ausübungs- und Qualifikations­kriterium

Berücksichtigung einer Stellungnahme durch die Wirtschaftskammer bei Ausstellung von individuellen Befähigungen. Bei Fachgesprächen Beteiligung der WKO

Bei der Registrierung im Dienstleisterregister hat eine Vorlage der inländischen Steuer­nummer bzw. die Weiterleitung der Registrierung vom Wirtschaftsministerium an das zu­ständige Finanzamt zu erfolgen

5. Änderung sonstiger Rahmenbedingungen

Gewerbeordnung: Verpflichtende Angabe der Haftpflichtversicherung und der Gewer­beberechtigung auf jedem Angebot

Zweckbindung der Wohnbauförderung

Einführung eines Sanierungsbonus - als Absetzbetrag

6. Rasche Umsetzung der EU-Vergaberichtlinie in nationales Recht

Neue EU-Vergaberichtlinie - Möglichkeiten nach Art 67

Achtung: Vor allem dieser Art 67 EU-Vergaberichtlinie würde weitergehende Möglich­keiten bieten, hier im ganzen Vergabewesen "Österreich Zuerst" unter Zugrundelegung von materiellen Rahmenbedingungen durchzusetzen:

EU-Vergaberichtlinie 2014/24 und 2014/25 vom 26. 2. 2014 (Begründungserwägung 37)

Im Hinblick auf eine angemessene Einbeziehung umweltbezogener, sozialer und ar­beitsrechtlicher Erfordernisse in die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge ist es besonders wichtig, dass Mitgliedstaaten und öffentliche Auftraggeber geeignete Maß­nahmen ergreifen, um die Einhaltung der am Ort der Ausführung der Bauleistungen oder der Erbringung der Dienstleistungen geltenden Anforderungen auf dem Gebiet des Um­welt-, Sozial- und Arbeitsrechts zu gewährleisten […]

Art 67 Z 2:

Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die öffentlichen Auftraggeber nicht den Preis oder die Kosten allein als einziges Zuschlagskriterium verwenden dürfen, oder sie kön­nen deren Verwendung auf bestimmte Kategorien von öffentlichen Auftraggebern oder bestimmte Arten von Aufträgen beschränken.

Art 67 Z 2:

Das Kostenelement kann auch die Form von Festpreisen oder Festkosten annehmen, auf deren Grundlage die Wirtschaftsteilnehmer nur noch mit Blick auf Qualitätskriterien miteinander konkurrieren.

Art 67 Z 2:

… kann das beste Preis-Leistungs-Verhältnis beinhalten, das auf der Grundlage von Kriterien - unter Einbeziehung qualitativer, umweltbezogener und/oder sozialer Aspekte - bewertet wird, die mit dem Auftragsgegenstand des betreffenden öffentlichen Auftrags in Verbindung stehen.

Zu diesen Kriterien kann unter anderem Folgendes gehören:

a. Qualität, einschließlich technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Zugänglichkeit, Design für Alle, soziale, umweltbezogene und innovative Eigenschaften und Handel, sowie die damit verbundenen Bedingungen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 291

b. Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags be­trauten Personals, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann, oder

c. Kundendienst und technische Hilfe, Lieferbedingungen wie Liefertermin, Lieferver­fahren sowie Liefer- oder Ausführungsfrist

Art 67 Z 3:

Zuschlagskriterien stehen mit dem Auftragsgegenstand des öffentlichen Auftrags in Ver­bindung, wenn sie sich in irgendeiner Hinsicht und in irgendeinem Lebenszyklus-Sta­dium auf die gemäß dem Auftrag zu erbringenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen beziehen, einschließlich Faktoren, die zusammenhängen mit

a. dem spezifischen Prozess der Herstellung oder der Bereitstellung solcher Bauleis­tungen, Lieferungen oder Dienstleistungen oder des Handels damit oder

b. einem spezifischen Prozess in Bezug auf ein anderes Lebenszyklusstadium, auch wenn derartige Faktoren sich nicht auf die materiellen Eigenschaften des Auftragsge­genstandes auswirken.

Aktuell blockiert die ÖVP die Umsetzung des 2014 zwischen allen Beteiligten das auf Schiene gebrachte umfassenden Vergaberechtspakets, und gefährdet damit heimische Arbeitsplätze und die regionalen kleinen und mittleren Unternehmen in Österreich mas­siv.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz wird aufgefordert, gemeinsam mit dem Bundeskanzler und dem Wirt­schaftsminister eine Regierungsvorlage zur vollständigen Umsetzung der 2014 in der Enquete Faire Vergabe festgehaltenen Reformpunkte im Sinne der Umsetzung des Best­bieterprinzips bei öffentlichen Vergaben vorzulegen. Diese Gesetzesänderung soll da­zu führen, dass der Arbeitsmarkt und damit das Arbeitsmarktbudget 2016 spürbar ent­lastet werden.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hammer. – Bitte.

 


11.40.39

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Geschätzter Herr Kollege Wurm, Sie haben offensichtlich wie im Ausschuss noch immer dieselbe Kassette eingelegt. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und NEOS. – Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.)

Bei einem Punkt möchte ich den Herrn Bundesminister ausdrücklich in Schutz nehmen. Sie haben im Ausschuss schon mehrmals urgiert, dass eine Sitzung des Konsumen­tenschutzausschusses einberufen wird. Bitte wenden Sie sich an den Kollegen Stein­bichler, der hier immer große Töne spuckt, aber nicht in der Lage ist, einen solchen Aus­schuss zu koordinieren! Dort liegt nämlich das Problem. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Steinbichler: So ein Blödsinn!)

Wir diskutieren hier aber das Sozialbudget. Ich glaube, das Sozialbudget, wie es vor­liegt, kann man als gut bezeichnen. Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten stehen aus-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 292

reichend Mittel zur Verfügung, um genau dort zu helfen, wo die Menschen ganz unmit­telbar Unterstützungsleistungen brauchen, sodass wir in vielen Bereichen – ob es jetzt der Arbeitsmarkt ist, die Pensionen, vor allem auch der Bereich der Pflege und der Men­schen mit Beeinträchtigungen sind – wichtige Maßnahmen setzen.

Es wurde schon viel zum Sozialbudget gesagt. Ich möchte meinen Redebeitrag ver­stärkt dem Thema Pflege widmen. Dort sind wir grundsätzlich gut unterwegs. Es ist auch entsprechend sichergestellt, dass wir dort die Herausforderungen meistern.

Was aber eine große Herausforderung ist, ist, dass wir die Pflege nachhaltig finanziell absichern und auch in Zukunft finanzieren können und auch ausreichend Personal, Pfle­gepersonal einsetzen können.

Im Bundesbudget selber – das wurde schon angesprochen – stehen für den Bereich der Pflege 2,76 Milliarden € zur Verfügung, was ein sehr beträchtlicher Teil ist, weil ja daneben auch Länder und Gemeinden einen großen Teil für die Pflege aufwenden.

Die Mittel verteilen sich im Wesentlichen auf 350 Millionen € für den Pflegefonds, 2,3 Mil­liarden € für Pflegegeld und Pflegekarenz, 80,2 Millionen € für die 24-Stunden-Betreu­ung und 12 Millionen € für den Unterstützungsfonds für pflegende Angehörige.

Ich möchte speziell auf den Pflegefonds verweisen, der ja grundsätzlich eine sehr sinn­volle Einrichtung ist und die Finanzierung der Pflege sicherstellt, vor allem auch die fi­nanziellen Belastungen der Länder und Gemeinden abfedert.

Ich bin aber schon der Meinung, dass wir uns in den nächsten Jahren intensiv mit dem Thema Pflegefinanzierung auseinandersetzen sollten, um ein nachhaltiges Pflegefinan­zierungssystem auf die Beine zu stellen. Der Pflegefonds ist eine gute Einrichtung; über die Frage, wie er zu dotieren ist und wie wir nachhaltig ein Pflegefinanzierungssys­tem etablieren, sollten wir uns unterhalten. Da sind wir entsprechend gefordert.

In Summe ist das ein gutes Sozialbudget, dem wir natürlich gerne zustimmen können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.43


Präsident Karlheinz Kopf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Steinbichler zu Wort gemeldet. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäfts­ordnung: Wiederholen Sie bitte zuerst den zu korrigierenden Sachverhalt, dann bringen Sie Ihre Anmerkungen an. – Bitte. (Abg. Peter Wurm – in Richtung des sich zum Red­nerpult begebenden Abg. Steinbichler –: Erzähl die Wahrheit, Leo!)

 


11.43.29

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Kol­leginnen und Kollegen! Kollege Hammer hat aufgrund eines Argumentationsnotstandes behauptet, ich wäre nicht fähig, einen Termin für den Ausschuss zu koordinieren.

Das bezieht sich auf meine Vorgängerin, die Frau Kollegin Dietrich.

Fünf Termine wurden vorgeschlagen und der erstmögliche, der koordiniert wurde, fin­det am 3. Dezember – dank Minister Hundstorfer – statt. – Danke.

11.44


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aslan zu Wort. – Bitte.

 


11.44.00

Abgeordnete Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Bildschirmen zu Hause! Kol­lege Wurm, irgendwie müssen Sie sich schon über etwas im Klaren sein: Einerseits wollen Sie für alle Konsumentinnen und Konsumenten stehen, andererseits machen Sie eine Separation zwischen Migrantinnen und Migranten und KonsumentInnen. (Abg. Pe-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 293

ter Wurm: Der Minister hat das gemacht!) Da müssen Sie schon die Mitte finden, wo Sie eben wirklich … (Zwischenruf des Abg. Kickl.) – Sie sind nicht glaubwürdig. (Beifall bei den Grünen.) Aber dieser Separatismus, der immer wieder, auf jeder Ebene kommt, ist einfach verachtend.

Jetzt will ich zum grundsätzlichen Thema kommen. Im Jahr 2014 veröffentlichte der VKI insgesamt 115 Tests, Markterhebungen und Reports. Es wurden über 4 500 kostenlo­se Erstberatungen und 3 500 Spezialistenberatungen durchgeführt. Es wurden auch rund 200 Verfahren in Rechtsangelegenheiten betreut. Die Website konsument.at wur­de letztes Jahr von drei Millionen Menschen besucht. Da sieht man, wie wichtig ein star­ker Konsumentenschutz für unsere Bürgerinnen und Bürger ist.

Das Ministerium unterstützt den VKI jährlich mit 1,5 Millionen €. Dazu kommt noch ein finanzieller Beitrag von der Arbeiterkammer. Gerade deswegen, weil der Beitrag ge­kürzt worden ist, sind viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des VKI auf die Straße ge­gangen, um gegen den anhaltenden Sparkurs zu protestieren. Der Protest hat auch Wir­kung gezeigt. Das bedeutet, das Ministerium versucht – zumindest bis Dezember 2016 –, den VKI weiterhin zu finanzieren, damit er seine Arbeit fortsetzen kann. Aber was da­nach passiert, das ist immer noch offen.

Eine kurzfristige Budgetpolitik der Bundesregierung gegenüber dem VKI kann einfach auf Dauer keine nachhaltige Lösung sein. Das ist nichts anderes, als den VKI zeitlich an der Leine zu halten und den VKI einfach strategisch zu schwächen. Auch wenn die derzeit kurzfristige Finanzierung sehr gut klingt, hungert der VKI finanziell schon seit Jahren. Die Testeinrichtungen sind veraltet und die Liste der nicht durchgeführten Tests wird immer länger.

Ich sehe auch ein anderes Problem beim VKI, und zwar das Problem der Unabhän­gigkeit. Das hat sich sehr schön beim VW-Skandal gezeigt. Da hat man sehr wohl auf der einen Seite die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesehen, und auf der anderen Seite waren es die Interessen der Konsumentinnen und Konsumen­ten. Da hat man sehr wohl gespürt, wie sehr der VKI dann Druck seitens seines Geld­gebers hatte, sprich: von der Arbeiterkammer. Das kann es nicht sein! Es kann nicht sein, dass der VKI jedes Mal bei ähnlichen Fällen quasi in die Sackgasse fährt und seine Unabhängigkeit gefährdet ist. Die derzeitige Vermischung dieser Interessen kann der VKI auch in seinen Interessenvertretungen nicht glaubhaft machen.

Vor allem muss ich auch immer wieder an den Vorschlag aus dem Regierungsüber­einkommen erinnern, wo Sie versuchen, Geldbußen aus Kartellverfahren an den VKI zweckzuwidmen. Das konnte auch bisher nicht gesetzlich verankert werden. Diese be­reits vereinbarte Zweckwidmung von Geldbußen aus Kartellverfahren muss rascher vo­rangetrieben werden. Eine unabhängige Budgetplanung und eine langfristige, nachhal­tige Positionierung des VKI scheint daher auch in Zukunft unmöglich zu sein.

Deswegen appelliere ich nochmals an die Regierungsparteien, dass sie eben eine fi­nanziell nachhaltige Lösung für einen unabhängigen Konsumentenschutz suchen sol­len. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.48


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Vogl zu Wort. – Bitte.

 


11.48.50

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ich möchte mich in der Diskussion mit der UG 22 – das ist der Bereich, der die Pensionen umfasst – beschäftigen.

Wenn man jedoch das gesamte Thema Pensionen umfassen möchte, dann sollte man hier wahrscheinlich auch den Bereich der Beamtenpensionen, die UG 23, die wir mor­gen diskutieren werden, mitberücksichtigen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 294

Wir haben für das Jahr 2016 Ausgaben von knapp 11 Milliarden € geplant. Das sind ge­genüber dem Jahr 2014, wo uns zum letzten Mal Zahlen hiezu vorliegen, zirka 0,75 Mil­liarden € mehr.

Nehmen wir die Beamtenpensionen der UG 23 dazu, die 7,1 Milliarden € an Zuschüs­sen ausmachen, sind wir bei zirka 18 Milliarden €, die wir an Zuschüssen in unserem Pensionssystem brauchen. Die Beamtenpensionen sind dabei um 0,45 Milliarden € ge­genüber dem Jahr 2014 höher dotiert. Sehen wir uns die tatsächliche Entwicklung im heurigen Jahr an, dann sehen wir, dass gerade in der UG 22 der Anstieg von Jänner bis September nur 1,4 Prozent betragen hat und die Ausgaben in der UG 23 gleich ge­blieben sind.

Das hat dazu geführt, dass wir bereits jetzt, im Jahr 2016, die Auszahlungsobergrenze um 350 Millionen € nach unten revidiert haben. Der Budgetdienst weist in seiner Ana­lyse darauf hin: „Die bereits umgesetzten Maßnahmen zur Anhebung des faktischen Pen­sionsantrittsalters dürften besser wirken als ursprünglich angenommen.“

Wo ich mir jedoch schon Sorgen mache, ist, wenn wir 10 Prozent der Mittel, die wir hier an Zuschüssen ausweisen, bereits dazu brauchen, um damit Ausgleichszulagenbezie­herInnen zu bedienen. 10 Prozent der Mittel bedeutet: Weit mehr als wahrscheinlich un­gefähr ein Viertel der BezieherInnen sind bereits darauf angewiesen, dass ihre Eigen­pension durch eine Ausgleichszulage aufgefettet wird.

Wenn wir jetzt anschauen, dass die Prognose für 2016 nach unten korrigiert worden ist, so ist das für die Jahre 2017, 2018 und 2019 noch nicht passiert. Dort wird ein deutlich höherer Anstieg der Pensionsausgaben ausgewiesen, als das BIP wächst. Da­mit haben wir wieder die Diskussion, die ja alle Jahre wieder zum gleichen Zeitpunkt kommt, nämlich über die Finanzierung unseres Pensionssystems.

Darum sollten wir uns vielleicht kurz noch einmal die Zahlen anschauen. Es ist im Jahr 2014, dem Jahr, von dem die letzten Zahlen vorliegen, die Zahl der Alterspensionen von 28 890 auf 30 457 gestiegen. Die vorzeitigen Alterspensionen nach langer Versi­cherungsdauer, sprich die Hacklerregelung ist von 5 586 Zugängen auf 4 299 gesun­ken. Die Langzeitversichertenregelung ist von 25 554 auf 17 547 gesunken. Und die Kor­ridorpension ist leicht von 5 832 auf 6 267 angestiegen.

Wer jetzt nicht weiß, was sich hinter diesen Zahlen verbirgt: Das heißt ganz einfach, wir haben sehr viele Pensionsreformen gemacht, wo die Menschen heute noch nicht wissen, was das genau bedeutet. Fakt ist, die Menschen gehen später in Pension. Viel­leicht kurz noch einmal die Zahlen: Die Pensionsversicherungsanstalt überweist Mittel von 31,4 Milliarden €, davon beträgt der Zuschuss 5,7 Milliarden €. Die Versicherung der Eisenbahner: 0,8 Milliarden € die Auszahlungen, 0,35 Milliarden € beträgt der staat­liche Zuschuss. Die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft: 3,3 Milliarden € die Auszahlungen, 1,7 Milliarden € beträgt der Zuschuss. Die Sozialversicherungsan­stalt der Bauern: 2 Milliarden € die Auszahlungen, 1,6 Milliarden € beträgt der Zuschuss. In der UG 23 9 Milliarden € die Auszahlungen, 6,7 Milliarden € beträgt der Zuschuss.

Kollege Wöginger, deshalb: Wo funktioniert die Umverteilung nicht? (Beifall bei der SPÖ.)

11.52


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

 


11.52.38

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Minister! Die Pensionen sind sicher! – Das hört man ja relativ oft, auch in letzter Zeit immer wieder, in diversen SPÖ-Aussendungen und ihr naheste­henden Organisationen. Dabei stützt man sich hier gerne auf diese Momentaufnahme des Budgets, die vielleicht jetzt gar nicht so schlimm ausschaut. Wie Herr Kollege Vogl


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schon gesagt hat, der Budgetdienst hat gesagt: Ja, eh. – Er hat aber auch gesagt, dass sich das langfristig trotzdem nicht ausgeht und ein paar grundlegende Reformen vielleicht nicht schlecht wären. Alleine bis 2019 werden die Ausgaben um 20 Prozent im Gesamtbudget steigen.

Jetzt hat der Minister gesagt, er kann da beruhigen, weil er ein eigenes Gutachten hat. Es ist doch erst 2020 so weit. – Schön! Ein Jahr später. Aber was haben wir davon? Ist das wirklich beruhigend für irgendjemanden? Ich glaube nicht. Die Ausgaben in diesem Bereich galoppieren uns einfach davon. Das nimmt uns den Platz, um sinnvolle Inves­titionen zu tätigen. Wir sind jetzt hier in einer Budgetdebatte. In vielen Bereichen, die wirklich die Zukunft betreffen, Bildung, Wissenschaft und so weiter, geht es darum, dass das Geld vorne und hinten nicht reicht, aber bei den Pensionen haben wir es. Wir haben offensichtlich nicht den genügenden Leidensdruck, um wirklich etwas grundle­gend zu ändern.

Aber ich würde gerne auch die Gelegenheit nützen, um einige Ihrer Aussagen zu kom­mentieren. Herr Minister, Sie haben gesagt: „Das System ist krisensicher, das System ist finanzierbar.“ – Das mag vielleicht stimmen, wenn man an einen immer Früchte tra­genden Geldbaum denkt, den man schütteln kann, wenn es gerade wieder irgendwo ein Loch gibt.

Dann haben Sie ebenfalls gesagt: „Ein gewisser Teil ist ein staatlicher Zuschuss“, so wurde das eben ausgemacht. – Aber es kommt einem vor, als wäre dieser „gewisse Teil“ vollkommen variabel und könne mit den steigenden Ausgaben einfach mitsteigen, während alles andere stagniert und wir vorne und hinten kein Geld haben.

Weiters haben Sie gesagt, das sei so aus vielen Gründen. – Reden wir einmal über die­se Gründe! Reden wir einmal darüber, warum das System so gebaut wurde und warum es heutzutage nicht mehr funktioniert! Weil wir immer mehr Menschen haben, die in Pension gehen und immer weniger, die in das System einzahlen. Das rechnet sich nicht mehr. Das ist ein Systemfehler.

Dann haben Sie gesagt, die Studien seien falsch, die etwas anderes behaupten. – Gut, dann liegen wohl auch die OECD, der Währungsfonds und die EU-Kommission falsch. Wenn man jetzt einmal alleine dasteht und sieht, dass nur noch der ÖGB und die Ar­beiterkammer die eigenen Argumente stützen, sollte man sich vielleicht überlegen, ob es nicht Zeit wäre, ein bisschen an der eigenen Meinung zu schrauben.

Außerdem haben Sie gesagt, wir verwenden die gleichen Zahlen wie das Finanzminis­terium. – Morgen werden wir einen Bundeszuschuss von 11 Milliarden € beschließen, übermorgen wird dann gesagt, es sind 240 Millionen € weniger, aber im selben Kalen­derjahr. Das ist nicht besonders vertrauensfördernd. (Abg. Schwentner: Was genau wol­len Sie?)

Dann kommen wir einmal dazu, was man machen könnte, um das zu ändern. Es braucht eine grundlegende Reform, die sich daran orientiert, wie alt die Menschen heut­zutage wirklich werden und was sie in dieses System eingezahlt haben.

Deshalb möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen be­treffend Pensionsautomatismus

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regie­rungsvorlage vorzulegen, die einen Pensionsautomatismus vorsieht, sodass das Pen-


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sionsantrittsalter dynamisch an verschiedene demographische und wirtschaftliche Kenn­zahlen, insbesondere an die steigende Lebenserwartung, aber auch an die Erwerbsbe­teiligung älterer ArbeitnehmerInnen und die Produktivität angepasst wird.“

*****

Da möchte ich ganz besonders auch in Richtung ÖVP sagen, der Pensionsautoma­tismus alleine reicht nicht. Wir brauchen wirklich eine grundlegende Reform, die auch die Demographie berücksichtigt und die berücksichtigt, wie viele Menschen es gibt, die in das System einzahlen, wie sich das Gesundheitssystem entwickelt und so weiter. Das muss ein System sein, das sich auch an die Gegebenheiten und an die Realität an­passt und nicht nur so ist, weil es immer schon so war und es irgendjemand einmal so erfunden hat.

Deshalb möchte ich abschließend auch noch sagen: Was von dieser Regierung zu­rückgelassen wird, ist, dass wir als nächste Generation, als Junge, dies später in der Zukunft einmal ausbaden werden müssen. Da kann man nur sagen: Die Pensionen sind nicht sicher. Aber was uns Jungen sicher sein wird, sind die Schulden. (Beifall bei den NEOS.)

11.56


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Abgeordneter Gamon eingebrachte Entschlie­ßungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kollegin und Kollegen

betreffend Pensionsautomatismus

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) - TOP 6 - UG 22

Unser Pensionssystem läuft gegen eine Wand. Das Hauptproblem stellt die nicht vor­handene Flexibilität unseres Pensionssystems dar. Die Menschen werden glücklicher­weise immer älter, doch das faktische Pensionsantrittsalter hinkt hinterher. Die Zeit in Pension wächst deshalb immer weiter – hier ist es nötig anzusetzen. Aber nicht nur die Lebenserwartung in Bezug auf das Pensionsantrittsalter muss im Pensionssystem be­rücksichtigt werden, auch wirtschaftliche Kennzahlen wie Preisindizes, Erwerbsbeteili­gung und die Produktivität müssen in Verbindung mit einer ständigen Weiterentwick­lung und Anpassung des Pensionssystems betrachtet werden. Nur so ist die langfris­tige Sicherung unseres Pensionssystems zu garantieren.

Entlang von Richtprognosen wie Lebenserwartung, demographischer Entwicklung, In­flation, Produktivität, Beschäftigung etc. soll in Zukunft ein Pensionsautomatismus ins­talliert werden.

Im Weißbuch „Eine Agenda für angemessene, sichere und nachhaltige Pensionen und Renten“ der EU-Kommission wird insbesondere die Koppelung des Pensionsantrittsal­ters an die Lebenserwartung gefordert. Es geht dabei besonders darum eine Ausge­wogenheit zwischen Jahren der Erwerbstätigkeit und des Ruhestands herzustellen, der eine langfristige Finanzierbarkeit des Pensionssystems gewährleisten soll. Simulationen der Kommission zeigen in diesem Zusammenhang, dass eine Anhebung des Ruhe-


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standsalters entsprechend der steigenden Lebenserwartung Budgeteinsparungen von mehr als der Hälfte des prognostizierten Anstiegs bei den Pensionsausgaben in den nächsten 50 Jahren bewirken kann.

Insbesondere hebt die EU-Kommission hervor, dass „[b]ei der Anhebung des tat-säch­lichen Pensionsantritts- bzw. Renteneintrittsalters […] nicht darum [geht], die Interes­sen der Jungen gegen die der Alten auszuspielen, sondern um das richtige Verhältnis zwischen beiden. Wenn die Menschen ein paar der durch die gestiegene Lebenser­wartung gewonnenen Jahre weiter im Berufsleben bleiben, bedeutet das nicht, dass äl­tere Menschen – zum Nutzen der jungen – um ihren wohlverdienten Ruhestand ge­bracht werden. Es bedeutet auch nicht, dass ältere Arbeitskräfte Jobs besetzt halten, die sonst für jüngere zur Verfügung stünden. Die Mitgliedstaaten mit der höchsten Er­werbsquote für ältere Arbeitskräfte verzeichnen zum Teil auch die niedrigsten Quoten bei der Jugendarbeitslosigkeit. Langfristig ist die Anzahl der Arbeitsplätze keine feste Größe, sondern hängt vor allem vom Angebot an qualifizierten Arbeitskräften ab, was wiederum ein wichtiger Wachstumsmotor ist. Die gestiegene Verfügbarkeit erfahrener, älterer Arbeitskräfte wird das Wachstumspotenzial Europas erhöhen und dadurch mehr Chancen und bessere Lebensbedingungen für Junge und Alte schaffen. Bessere Chan­cen für Menschen jeden Alters lautet auch das Ziel des Europäischen Jahres des akti­ven Alterns und der Solidarität zwischen den Generationen 2012.“

Um die Lebenserwartung entsprechend zu berücksichtigen müsste ein neues Modell der Pensionsberechnung als Grundlage genommen werden. Ein solches Modell würde auf dem Prinzip der Lebenspensionssumme beruhen, die auf Basis der Pensionskon­togutschrift, des Pensionsreferenz-Antrittsalter (z.B. 65 Jahre) und der Lebenserwar­tung nach derzeitigem Stand berechnet wird. Jeder frühere Pensionsantritt oder jede Verlängerung der Lebenserwartung führt zu einer längeren Zahlungsdauer und damit zu einer geringeren Startpension. Umgekehrt erhöht sich die Pension, bei einem einem späteren Antritt der Pension. Mit einer solchen Änderung geht auch eine Flexibilisie­rung des Pensionsantritts einher. Wenn der Pensionsantritt in diesem Sinne flexibel gestaltet wird, ist der Wegfall von Zuverdienstgrenzen und die Möglichkeit einer Teil­pension erforderlich, um Chancen einer weiteren Beschäftigung zu geben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regie­rungsvorlage vorzulegen, der einen Pensionsautomatismus vorsieht, sodass das Pen­sionsantrittsalter dynamisch an verschiedene demographische und wirtschaftliche Kenn­zahlen, insbesondere an die steigende Lebenserwartung, aber auch die Erwerbsbeteili­gung älterer Arbeitnehmer_innen und die Produktivität, angepasst wird.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hofinger. – Bitte.

 


11.57.01

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Gamon, es freut mich zu hören, dass Sie sich an unsere Ideen anlehnen. Es ist natürlich mit dem Pensionsautomatismus so eine Sache.

Unser Gesundheitssystem ist an sich weltweit sehr gut aufgestellt. Ich glaube, wir kön­nen wirklich darauf stolz sein. Ich möchte meinen Redebeitrag aber auch Richtung Pen-


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sionsreform lenken. Der Herr Bundesminister hat es gestern selber gesagt, die Le­benserwartung beträgt 81 Jahre. Die Zeit in der Pension steigt. Aufgrund unserer guten Lebensmittel leben wir immer länger. Das ist schön so. Aber natürlich ergibt sich hier, dass wir explodierende Kosten haben. Ich glaube, mit 11,2 Milliarden € Zuschuss zu den ASVG-Pensionen ist die Lage wirklich dramatisch. Wir müssen da Konsequenzen ziehen. Das ist beunruhigend, vor allem die Bevölkerung sieht das nicht mehr ein.

Wir sind es der zukünftigen Generation wirklich schuldig. Ich glaube, wir könnten mit einem gewissen Automatismus in der Pensionsversicherung vor allem unserer jünge­ren Generation eine Garantie für ein weiter funktionierendes Pensionssystem geben.

Ich verstehe da auch unseren Koalitionspartner ganz ehrlich gesagt nicht, wenn er re­flexartig eigentlich immer abblockt, wobei wir schon einmal Konsens hatten. Ich denke, diese Problematik ist relativ einfach zu erklären. Es ist auch in jeder kleinen Gemeinde so, dass es, wenn die Kostendeckung nicht mehr da ist, ob das im Kanal- oder Müll­bereich ist, zwei Möglichkeiten gibt, diese zu lösen: Entweder man wartet ab und er­höht dann schmerzhaft hoch unter großem Murren der Bevölkerung. Oder die zweite Möglichkeit wäre, sofort zu handeln und jedes Jahr eine moderate Erhöhung zu haben. Mir und der Bevölkerung wäre Zweiteres wirklich lieber.

Daher appelliere ich auch an Sie, Herr Bundesminister, dass wir für den Februar in der Pensionsreform für unsere junge Generation wirklich einen guten Guss zusammen­bringen. Es ist schon bemerkenswert, wenn jeder siebente Euro unserer Steuereinnah­men für diese Pensionszuzahlungen verwendet wird. Ich glaube, wir sind es der Be­völkerung schuldig, hier einzuschreiten und unser Pensionssystem zukunftsfit für unse­re Enkel zu machen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.59


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


12.00.02

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit)|: Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Muchitsch – ja, du bist im Saal –, lieber Josef, du hast zur Rede des Herrn Kollegen Kickl gesagt, dass es nicht ganz richtig ist, dass da immer alles vermischt wird, Flüchtlinge, Asylan­ten und dergleichen mehr. Ich frage dich: Glaubst du, dass unser Arbeitsmarkt noch mehr Asylberechtigte verträgt? – Ich glaube das nicht, meine Damen und Herren! Ich glaube, das Maß ist voll. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich komme zurück zum Konsumentenschutz. Im Budget sind zirka 3,11 Millionen € ver­anschlagt, zirka 2,25 Millionen € als Transferaufwand zum Beispiel für den VKI, für die Schuldnerberatung und so weiter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass das ganz, ganz wichtig ist und dass die Konsumenten Schutz brauchen, insbesondere ältere Menschen. Sie brau­chen Schutz vor krummen Machenschaften, vor dubiosen Firmen und Betrügereien. In der letzten Zeit kommen Betrügereien immer häufiger vor. An oberster Stelle steht die sogenannte Internet-Abzocke, und ich denke, es muss versucht werden, in diesen Fäl­len den Menschen zu helfen. Die Ehrlichkeit der Menschen wird da schamlos ausge­nützt, und das lehne ich ganz entschieden ab!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Konsument hat ein Recht auf Schutz, und genau diesen Schutz nehme auch ich als Konsument in Anspruch, wenn es um den sogenannten Genlachs geht. Ich lehne diesen sogenannten Genlachs ab, denn ich glaube, das ist der Vorbote für das Freihandelsabkommen, und das will ich nicht ha­ben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Lugar und Lintl.)


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12.01


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


12.01.53

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Hofinger, ich glaube, Sie waren nicht anwesend, als der Herr Bundesminister hier erklärt hat, wie die Zuschüsse des Bundes zu den Pensionsversicherungen ausschauen, denn da ist eindeutig herausge­kommen, dass die geringsten Zuschüsse bei den ASVG-Pensionistinnen und ‑Pensio­nisten sind und dass die Zuschüsse für die Bauern und Selbständigen – der Herr Mi­nister hat auch erklärt, warum – doch relativ hoch sind.

Ich glaube, die größte Irreführung in der gesamten Pensionsdebatte ist die Behaup­tung, die Pensionen seien nicht ausreichend finanziert, weil es auch einen Bundesbei­trag dazu gibt.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich darf noch einmal an das Grundprinzip der Pensionsfinanzierung in Österreich erinnern: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer leisten dazu einen Beitrag, die Unternehmen leisten einen Beitrag, und auch der Staat Österreich leistet dazu einen Beitrag. Das österreichische Pensionssystem ist gut abgesichert, das zeigen auch die letzten neuen Gutachten, und vor allem in der Langfristperspektive gibt es da positive Auswirkungen.

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Pensionsreformen beschlossen, und diese Re­formen zeigen positive Wirkungen: Das Pensionsantrittsalter steigt überplanmäßig, die Zahl der Pensionsanträge pro Jahr sinkt. Der Herr Bundesminister hat im Ausschuss auch darauf hingewiesen, dass die geplanten Ausgaben in diesem Bereich bereits im heuri­gen Jahr weit unterschritten wurden.

Meine Damen und Herren! Statt Verunsicherung brauchen wir Maßnahmen, die Be­schäftigung und Wirtschaftswachstum schaffen und ältere Menschen länger in Be­schäftigung halten. Noch besser können wir aber werden, wenn es uns gelingt, für die Gruppe 50plus hier Maßnahmen zu setzen. Mit dem Bonus-Malus-System wurde hier ja auch ein wichtiger Schritt gesetzt.

Viele Arbeitsplätze und faire Löhne bedeuten mehr Beitragszahlungen. In der Wirt­schaftskrise 2008 haben wir ja gemerkt, wie negativ sich diese Entwicklungen auf die­ses System auswirken.

Meine Damen und Herren! Die Umsetzung der Forderung, die automatische Anhebung des Pensionsantrittsalters einzuführen, bringt keine neuen Arbeitsplätze. Wenn es nicht gelingt, das faktische Pensionsantrittsalter zu heben, ist auch eine Automatik völlig sinn­los.

Das Pensionssystem abzusichern verlangt: hohes Beschäftigungswachstum, angemes­sene Löhne, Wirtschaftswachstum, arbeitsgerechte Arbeitsplätze und die Bereitschaft der Wirtschaft, ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch zu beschäftigen. – Dan­ke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.04


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


12.04.52

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Zum Thema Soziales: Unsere Republik gilt weithin als Sozial­staat. Beiträge zum Sozialsystem, wie Krankenversicherung, Pensionen und dergleichen, werden durch den Dienstgeber und den Dienstnehmer geleistet.

In Tagen wie diesen wird das Sozialsystem durch eine hohe und stetig zunehmende Zahl an Flüchtlingen ohne Gegenleistung erheblich belastet. Mit zunehmenden Flücht­lingszahlen ist zwischen tatsächlichen Kriegsflüchtlingen und einer großen Zahl an Wirt-


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schaftsflüchtlingen zu unterscheiden, wobei ein gewisser Gesundheitstourismus nicht au­ßer Acht zu lassen ist.

Das österreichische Sozialsystem ist zugunsten der heimischen Bevölkerung, Beitrags­zahler und Pensionisten sowie der gesundheitlichen Anforderungen auszulegen. Die me­dizinische Versorgung unserer Bevölkerung ist flächendeckend und lückenlos sicherzu­stellen. Es kann nicht sein, dass die bestehende ärztliche Versorgung abgebaut wird, wie dies zum Beispiel in Salzburg der Fall ist, wo der nächtliche Hausärztenotdienst ab 23 Uhr eingestellt wurde und somit ein Teil der medizinischen Grundversorgung abge­schafft wurde. Das altbewährte und notwendige medizinische Service wurde durch ei­nen reinen Telefondienst ersetzt.

Investieren wir unser Geld in unser bewährtes Sozialsystem zugunsten unserer Bevöl­kerung, ihrer Gesundheit, Pflege und Pensionen. – Danke. (Beifall des Abg. Doppler.)

12.06


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Bundesminister Hundstorfer zu Wort ge­meldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


12.06.53

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Herr Präsident! Da ich nur mehr 2 Minuten Redezeit habe, möchte ich nur auf ein paar Dinge eingehen.

Herr Abgeordneter Wurm, es freut mich, dass Sie die halbe österreichische Bundesre­gierung entlassen, denn wenn es nach den Kompetenzen geht, die Sie mir zuordnen, vertrete ich die halbe Regierung, brauchen wir den Rest nicht mehr. Sie wissen doch ganz genau, wie unsere Verfassung aufgebaut ist, und Sie wissen auch ganz genau, wie unsere Kompetenzen aufgebaut sind, auch wenn Sie es nicht zur Kenntnis neh­men wollen, denn Ihre Masche ist immer dieselbe; wir werden am 3. Dezember die nächste Ausgabe hören.

Zum Migrantenprojekt, damit Sie bei den Fakten bleiben: 2015 betrugen die Ausgaben 14 940 € und nicht 250 000, wie Sie hier irrtümlicherweise erzählt haben.

Zum VKI selbst: Die Million fließt im Dauerrecht. Wir zittern nicht jedes Jahr, damit wir uns da nicht missverstehen, die fließt weiterhin. Und natürlich ist für uns die Funktiona­lität des VKIs auch in Zukunft ein wichtiger Faktor.

Zu Unabhängigkeit und VW: Wir machen das ein bisschen anders. Wir verhandeln der­zeit mit dem VW-Konzern über einen Verjährungsverzicht, weil das die nächste Stufe ist, um überhaupt in diesem Rechtsverfahren weiterzukommen. Wir verkaufen das nicht groß an die Medien, sondern wir tun es. Seit zwei Wochen kümmert sich der von uns beauftragte Rechtsanwalt um diesen Verjährungsverzicht. Und Sie können sich vor­stellen, dass das im Moment beim Konzern nicht ganz einfach ist, denn der Konzern hat ja ein weltweites Problem, und wir sind nur ein Teil des Markts. Das möchte ich noch dazugesagt haben.

Zum Schluss kommend: Frau Abgeordnete Belakowitsch ist jetzt nicht im Saal, aber weil man auf das AMS ein bisschen hinhaut – klingt modern –: Das AMS wird am Ende des Jahres 590 000 Menschen aus der Arbeitslosigkeit wieder vermittelt haben. Es ist eine Institution mit etwa 5 000 Mitarbeitern und einem mehrfachen Milliardenbudget. Ich glaube, dass die beiden Geschäftsführer angemessen verdienen.

Frau Jarmer, Sie wissen – Sie haben das ja schon schriftlich von mir bekommen –, dass das Budget, das für den Behindertenbereich vorgesehen ist, nicht gekürzt wird, son­dern das Budget bleibt – Sie wissen auch, mit welchen Maßnahmen – auf dem Ge­samtniveau. Das ist bekannt, diese Mittel sind vorhanden.


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Der Grund für die Studie ist ganz einfach: Wir haben derzeit einen Förderanteil bei den Frauen im AMS-Förderbudget von 41,8 Prozent. Wir haben einen Frauenanteil bei den begünstigten Behinderten von 41,8 Prozent, und wir wollen beim Förderanteil besser werden. Darum machen wir gemeinsam diese Studie, um zu sehen, wie das ausschaut, und dann darüber nachzudenken, wie wir besser werden können. – Danke schön. (Bei­fall bei der SPÖ sowie der Abg. Diesner-Wais.)

12.09


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ofenauer. – Bitte.

 


12.10.01

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bun­desminister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Konsumentenschutz ist ein verhältnismäßig kleines Kapitel im Budget. Nichtsdes­totrotz ist es auch ein wichtiges, da die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzt werden sollen, sich zu informieren und sich auch gegen scheinbar übermächtige Geg­ner zur Wehr zu setzen. Man könnte sagen: Schutz durch Wissen.

Für Konsumentenschutz ist im Budget ein Betrag von 3,11 Millionen € vorgesehen. Ein wesentlicher Teil, nämlich 2,7 Millionen €, entfällt davon auf den Verein für Konsumen­teninformation. Durch Tests und Produktvergleiche und insbesondere auch durch Ver­öffentlichungen in seiner Zeitschrift „Konsument“ trägt dieser sehr zur Beratung und In­formation der Bevölkerung bei. Dabei ist es doch auch nicht uninteressant, zu hinter­fragen, warum dem VKI seine Mitglieder und damit Mitfinanzierer abhandengekommen sind, sind doch in den letzten Jahren Wirtschaftskammer und Landwirtschaftskammer ausgetreten, und – aktuell – auch der ÖGB tritt mit Ende 2016 aus, sodass als einziges Mitglied nur noch die Bundesarbeitskammer verbleibt, und damit fehlen natürlich Ein­nahmen.

Verbraucherrechte erfüllen nur dann ihren Zweck, wenn sie auch durchsetzbar sind. Aus den verschiedensten Gründen kommen allerdings nur relativ wenige Verbraucher­streitigkeiten vor Gericht. Deshalb sind auf Basis einer EU-Richtlinie mit Wirksamkeit vom 9. Jänner 2016 acht staatlich anerkannte Schlichtungsstellen geschaffen worden, die für verschiedene Bereiche zuständig sind. Mit relativ wenig Mittelaufwand für den Bund entsteht hier für die Konsumentinnen und Konsumenten, denke ich, doch ein gro­ßer Mehrwert, denn diese Schlichtungsstellen können mithelfen, dass keine teuren Ge­richtsverfahren angestrengt werden müssen, sondern bereits im Vorfeld Streitigkeiten ohne großen Einsatz von Geld, Zeit und Nerven beigelegt werden können.

Interessant wird sicherlich sein, wie diese Schlichtungsstellen arbeiten werden, wie sich das auf die Arbeit und auch auf die Klagstätigkeit des VKI auswirken wird, wie es sich auf die Produktgestaltung, auf die Informationen und so weiter auswirken wird. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

12.12


Präsident Karlheinz Kopf: Nun kommt Herr Abgeordneter Antoni zu Wort. – Bitte.

 


12.12.26

Abgeordneter Konrad Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Herren Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte in meinem Redebeitrag auch kurz auf den Themenbereich Konsumentenschutz eingehen.

Dem Konsumentenschutz steht im Kalenderjahr 2016 annähernd das gleiche Budget wie 2015 zur Verfügung, es sind diesbezüglich keine wesentlichen Veränderungen vor­gesehen. Eine wichtige Maßnahme im Bereich des Konsumentenschutzes im Jahr 2016 ist unter anderem die Sicherstellung der Rechtmäßigkeit und der Effektivität im Bereich der Schlichtungsstellen. Bekanntlich hat ja der Nationalrat am 8. Juli des heurigen Jah-


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res das Alternative-Streitbeilegung-Gesetz beschlossen. Dieses Gesetz wurde in Um­setzung einer EU-Richtlinie geschaffen und führt dazu, dass mit Jänner 2016 im gan­zen Bereich der EU ein flächendeckendes Netz alternativer Streitbeilegungsstellen zur Verfügung steht. Ich denke, das ist aus der Sicht des Konsumentenschutzes wirklich ein Meilenstein und wird dazu führen, dass VerbraucherInnen für die Durchsetzung ih­rer Ansprüche künftig eine echte Alternative zu einem ordentlichen Gerichtsverfahren ha­ben werden.

VerbraucherInnen steht es frei, bei Beschwerden im Bereich von Kauf- und Dienstleis­tungsverträgen ein Streitbeilegungsverfahren zu initiieren. Unternehmen steht es dies­bezüglich frei, sich daran zu beteiligen. Das Gesetz ist somit auch ein wesentlicher Vor­teil für die UnternehmerInnen und bietet ein zusätzliches kostenfreies Angebot.

Neben den sieben bestehenden Streitbeilegungsstellen wird durch das neue Gesetz auch eine Auffangschlichtungsstelle geschaffen. Dabei handelt es sich um die Schlich­tung von Verbrauchergeschäften, also jenes Pilotprojekt, das vom BMASK bereits un­ter der Leitung der ehemaligen OGH-Präsidentin Dr. Irmgard Griss noch vor Umset­zung der EU-Richtlinie initiiert wurde. Das BMASK hat im Bereich dieses Pilotprojekts sehr positive Erfahrungen sammeln können.

Noch ein Wort zu den Kosten: Ich denke, die gewählte Struktur stellt eine ressourcen­schonende und effektive Umsetzung dar. Nur die Finanzierung der Auffangschlichtungs­stelle und das von der Richtlinie geforderte Monitoring und Berichtswesen, das von BMASK und BMVIT übernommen wird, stellen zusätzliche Kosten dar. Die Finanzie­rung der Auffangschlichtungsstelle wird jährlich mit rund 450 000 € zu Buche schlagen und das Monitoring und das Berichtswesen mit etwas über 50 000 €.

Abschließend möchte ich noch anmerken, dass mithilfe der alternativen Streitbeilegung zukünftig sämtliche vertragsrechtliche Streitigkeiten einer raschen, unkomplizierten und sachgerechten Lösung zugeführt werden können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.15


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Zakostelsky. – Bitte.

 


12.15.44

Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ver­ehrte Regierungsmitglieder! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Zuseher! Ich glaube, nach all den Reden zum Thema Pensionen sind wir uns in einem Punkt ei­nig: Das staatliche Pensionssystem ist mit einem Anteil von mehr als 14 Prozent am Gesamtbudget spielentscheidend für das Budget, um das so auszudrücken. In Zahlen: 11 Milliarden € von einem Gesamtbudget in der Höhe von 77 Milliarden €.

Wenn man, was jetzt vielleicht nicht ganz dazupasst, aber doch unter dem Thema Pen­sionen im weiteren Sinne zu sehen ist, die Ausgaben für die Beamtenpensionen in Höhe von 9,4 Milliarden € dazurechnet, dann kommt man in Summe auf Ausgaben für das Pensionsthema in der Größenordnung von 20 Milliarden €, und dies entspricht ei­nem Anteil von mehr als einem Viertel aller Auszahlungen des Bundes, geplant im Jahr 2016. Und eine Entlastung – meine Damen und Herren, das ist vielleicht das Ent­scheidende – ist nicht in Sicht bei der berühmten Frage, ob die Pensionen gesichert sind oder nicht. Sie sind natürlich gesichert, aber die Frage ist immer, in welchem Aus­maß.

Was kommt in den nächsten Jahren auf uns zu? – Die berühmte Babyboomer-Gene­ration. So werden die geburtenstärksten Jahrgänge in der Nachkriegsgeschichte bezeich­net, nämlich die Jahrgänge von 1956 bis 1969; das sind immerhin 14 sehr kinderreiche Jahrgänge. Und diese beginnen, in den Jahren 2018 und 2019 in Pension zu gehen, was für uns bedeutet, dass zwischen 2018 und 2034 diese 14, 15 geburtenstarken Jahr-


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gänge in Pension gehen, wodurch natürlich die Ausgaben im Budget überproportional steigen.

Ein Nebensatz vielleicht im Zusammenhang mit den Babyboomern: Wenn man sich die Geburtenrate im Jahr 1963 ansieht, damals 2,82 Kinder pro Frau, in etwa doppelt so hoch, wie das heute der Fall ist, dann sieht man, wie wichtig es wäre, die Familien noch stärker zu unterstützen.

Für unser Budget und für die österreichische Bevölkerung ist die Erarbeitung effektiver Lösungsansätze zum Thema Pensionen daher ganz entscheidend. Auf der einen Seite gilt es, wie bereits angesprochen, das staatliche Pensionssystem abzusichern, aber auch finanzierbar zu halten, auf der anderen Seite auch den Lebensstandard für zukünftige Generationen sicherzustellen.

Dies lässt sich mit einem klaren Fünf-Punkte-Programm umsetzen, dem ich eine Prä­ambel voranstellen möchte. Die Präambel lautet schlicht und einfach, dass es sehr, sehr wichtig wäre, bei uns in Österreich wieder bewusst zu machen, dass Arbeiten kei­ne Schande ist und auch länger Arbeiten keine Schande ist (Abg. Schwentner: Dann muss man schauen, dass die Leute eine Arbeit haben!); sonst beginnt der eine oder andere Radiosender am Montag in der Früh darauf hinzuweisen, dass das nächste Wo­chenende ja bereits in viereinhalb Tagen auf uns zukommt. Das erhöht die Moral nicht unbedingt – aber das nur am Rande. (Abg. Neubauer: Der Häupl ist schon im Wochen­ende!)

Was die konkreten fünf Punkte betrifft, meine Damen und Herren, meine ich, in den meisten Punkten sind wir uns einig: Auf der einen Seite die Angleichung des faktischen Pensionsantrittsalters an das gesetzliche, ich glaube, da sind wir zu 100 Prozent d’ac-cord; hoffentlich auch beim nächsten Thema, nämlich der ganz wichtigen Angleichung des Frauenpensionsantrittsalters an jenes der Männer, bei entsprechender Anrechnung von Kindererziehungszeiten, was, wie ich meine, ganz wichtig ist. Dies ist auch eine wichtige Maßnahme im Hinblick auf die Gleichberechtigung zwischen Frauen und Män­nern.

Der dritte Punkt, meine Damen und Herren, ist die Koppelung des Pensionsantritts­alters an die Entwicklung der Lebenserwartung. Da geht es um nichts anderes als um so­ziale Gerechtigkeit.

Der vierte Punkt: die Erhöhung der individuellen Flexibilität bei der Wahl des Zeitpunkts des Pensionsantritts. Meine Damen und Herren! Lassen wir doch unseren Bürgern ver­stärkt die Auswahl, wann sie in Pension gehen wollen, bei entsprechenden versicherungs­mathematischen Zu- oder Abschlägen, das heißt nach ganz sauberen Berechnungs­methoden, dies auch im Hinblick auf eine intergenerative Gerechtigkeit.

Fünfter und letzter Punkt: Ausbau der zweiten und dritten Säule der Pensionsvorsorge. Durch den Ausbau der betrieblichen und individuellen Vorsorge soll es tatsächlich je­dem Österreicher und jeder Österreicherin ermöglicht werden, zur staatlichen Pen-
sion eine Ergänzung zu bekommen, sozusagen die Wurst aufs Brot. (Zwischenruf der Abg. Schwentner.)

Als erste wichtige Maßnahme, Frau Kollegin, muss das im Regierungsprogramm vor­gesehene Pensionsmonitoring dringend umgesetzt werden. Als zweite ebenso wichtige Maßnahme – auch das steht im Regierungsprogramm – muss sich die Pensionskom­mission in Zukunft dringend mit dem Pensionssystem auseinandersetzen, das heißt mit dem gesamten Pensionssystem, mit allen drei Säulen, und nicht nur mit der staatlichen Pension.

Diese Dinge, meine Damen und Herren, sind umzusetzen! Immerhin haben wir – wir haben das Regierungsprogramm zitiert – bald die Halbzeit der Legislaturperiode er-


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reicht, und wir können nicht immer auf die Rapid-Viertelstunde warten. Für das Thema Pensionen gilt wohl mehr als für jedes andere bei uns im Lande: Die Reformen müssen umgesetzt werden, dann – und dann tatsächlich – besteht die Möglichkeit der Siche­rung der Pensionen auch für die nächsten Generationen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.20


Präsident Karlheinz Kopf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Wurm zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


12.20.59

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Bundespräsident in spe Hundstor­fer hat behauptet, die Migrantenbildung im Konsumentenschutz hat 14 000 € gekostet. (Bundesminister Hundstorfer: Voriges Jahr!)

Ich berichtige tatsächlich: In einer Anfragebeantwortung seinerseits vom 23. Juni 2015 nannte er auf meine Frage den Betrag von 273 138,24 €. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Oh-Ruf des Abg. Neubauer. – Bundesminister Hundstorfer: Bitte sagen Sie dazu, bei welchem Zeitrahmen! Zeitrahmen! Zeitrahmen!)

12.21


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Bundesminister! (Bundesminister Hundstorfer: Ja, ich bin schon ruhig!)

Mir liegen zu den Untergliederungen 20, 21, 22 keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Die Beratungen zu diesen Themenbereichen sind damit beendet.

12.21.55UG 32: Kunst und Kultur

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zur Verhandlung der Untergliederung 32: Kunst und Kultur.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


12.22.05

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Ich möchte mein Augenmerk auf einen Spezialbereich legen und folgendermaßen beginnen: Wie hat Arik Brauer in seinem Lied gesungen? – „Sie hab’n a Haus baut, sie hab’n a Haus baut, sie ham uns a Haus herbaut.“

Nun, es wird nicht nur ein Haus werden, sondern, wie es bei einer ordentlichen Koali­tionsregierung zwischen Rot und Schwarz ist, Sie werden zwei Häuser bauen; das Haus der Geschichte für die SPÖ – offensichtlich die Partei, die nur mehr mit der eige­nen Geschichte etwas zu tun haben will –, und für die ÖVP das Haus der Zukunft. Wenn diese Regierung in Österreich allerdings noch lange weiterarbeitet, kann dieses Haus we­nigstens ein wenig kleiner ausfallen, so wie sie die Zukunft dieses Landes angesichts dieser Budgetdebatte anlegt. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Haus der Geschichte ist ein lang gehegter Wunsch vom Herrn Bundespräsidenten abwärts; Kosten: 111 Millionen €. Im Wirtshaus sagt man, 111 ist eine Schnapszahl. – Ja, Schnapsideen bekommen offensichtlich auch budgetäre Schnapszahlen. Herr Bun­desminister Ostermayer hat auch noch gesagt, diesbezüglich wird es eine Schätzunge­nauigkeit von 25 Prozent geben. Es werden also wahrscheinlich 140 Millionen sein. – 140 Millionen €, die am Heldenplatz zum Teil vergraben werden! Nicht nur ein Tiefen­speicher wird gemacht, sondern auf einmal auch eine Tiefgarage – eine Idee, die be-


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reits Erhard Busek zur Zeit, als er in Wien noch Verantwortung hatte, gehabt hat, wozu dann die Zeitungen schrieben, Erzherzog Karl und Prinz Eugen werden dann die Dach­reiter dieser Tiefgarage werden. Dieses Projekt ist mit Bomben und Granaten unterge­gangen und kommt jetzt wieder aus der Mottenkiste heraus, selbst unter Hinnahme, dass Institutionen wie die Rüstkammer, die Sammlung alter Musikinstrumente darunter schwer leiden, wie auch die entsprechende Community – wie man so schön sagt – der Musikschaffenden erkannt hat.

Der Herr Bundesminister hat gesagt, diese Sammlung alter Musikinstrumente sei gar nicht interessant, das Publikum interessiere diese Sammlung überhaupt nicht, darum müsse man etwas machen. – Das ist ja das Perfide daran: Zuerst gibt man der Samm­lung kein Geld, damit sie modern ausgestattet werden kann, dann sagt man, jetzt ist sie unmodern, und jetzt haben wir 8,5 Millionen € übrig, um sie neu aufzustellen. Das geht halt nur nicht so einfach, denn die Sammlung alter Musikinstrumente besteht nicht nur aus kleinen Piccoloflöten und Maultrommeln, die man auf Stiegen und in Vorräu­men ausstellen kann, sondern es sind auch große Klaviere, Flügel, dabei. Sollen diese Flügel – im wahrsten Sinn des Wortes – vielleicht so wie die Flugzeuge im Techni­schen Museum an die Decke gehängt werden? Dann braucht man nur mehr einen flie­genden Pianisten, der im Rahmen eines Konzerts dann darauf spielen wird. – Nein! Das ist absolut unausgegoren, was hier mit der Sammlung alter Musikinstrumente passiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Mögen Sie das Haus der Geschichte haben, mögen Sie es versuchen, ich möchte mich inhaltlich und vor allem ideologisch gar nicht einmischen, aber im Gesamten gesehen ist es in Zeiten des Sparens ein absolut unvertretbarer Luxus, 140 Millionen € dort in den Sand zu setzen, in die Erde zu vergraben!

Wenn ich die Argumentation von Herrn Staatssekretär Mahrer höre, der das Haus der Zukunft für die ÖVP eingefädelt hat – ich zitiere: „(…) eine einmalige Chance, das ge­schichtlich gewachsene Gesamtensemble weiter zu entwickeln“ –, dann habe ich vor meinem Auge schon die Architektenwettbewerbe und die Ergebnisse, wo imperiale Ach­sen zurechtgerückt werden müssen, wo Kontrapunkte gesetzt werden müssen, wo Punkt­häuser hinkommen müssen, und andere Sichtweisen. Es soll – ich zitiere weiter – die „Signatur unserer Zeit“ werden und ein „Ort“ für „neue Ideen“.

Vorläufig sollen vielleicht auch provisorische Bauten hinkommen. – Das ist relativ ein­fach, denn die stehen dann nämlich schon dort. Das werden die Container im Zuge der Parlamentsumsiedlung auf den Heldenplatz sein, die ohnehin Baustellenstimmung vermitteln werden. Das werden dann diese Orte sein.

Herr Bundesminister, das Projekt Haus der Geschichte und das Koalitionszugeständnis Haus der Zukunft werden nachhaltigen budgetären, aber auch imagemäßigen Schaden für die Reputation der Republik Österreich in der Welt als Fremdenverkehrs-, als Tou­rismus- und als Forschungsstandort mit sich bringen. Schauen Sie, dass wir durch bal­dige Neuwahlen die Möglichkeit haben, diesen Unfug zu stoppen! (Beifall bei der FPÖ.)

12.26


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


12.26.56

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Politik muss die Rahmenbedingun­gen für das Schaffen und Vermitteln von Kunst und Kultur schaffen. Gerade in einer Zeit wie der heutigen, in der es eine starke Flüchtlingsbewegung auch in Österreich gibt und die Angst vor Terroranschlägen, wie sie in Paris passiert sind, ständig präsent ist, för­dert ein offener Kunst- und Kulturbegriff das Verstehen und Erleben der Welt und den Respekt vor anderen und ist Teil eines gegenseitigen Verständnisses und Brücke zur In­tegration.


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Kunst und Kultur kennen keine Grenzen, Kunst und Kultur ermöglichen die Teilnahme an gesellschaftlichen Prozessen und unterstreichen die persönliche Verantwortung des Einzelnen, unabhängig von sozialer, ethnischer oder religiöser Herkunft. Kunst und Kul­tur sind Teil des österreichischen Selbstverständnisses und darüber hinaus ein bedeu­tender Wirtschaftsfaktor.

Natürlich müssen die Rahmenbedingungen für die künstlerische und kulturelle Arbeit lau­fend abgesichert und verbessert werden, und zwar zum einen durch ein Kunst- und Kulturbudget. Es ist gelungen, dieses stabil zu halten, und durch die mit Jahresen­de 2015 abgeschlossene Refinanzierung der Errichtungskosten des Museumsquartiers stehen sogar zusätzliche 15,5 Millionen € zur Vergabe zur Verfügung. Dadurch wird ei­ne Anhebung der Basisabgeltung der Bundestheater möglich und eine verstärkte För­derung der zeitgenössischen Kunst. Aber auch die Schwerpunktsetzung bei den regio­nalen Kulturinitiativen oder auch beim innovativen Filmschaffen ist eine Notwendigkeit und freut mich.

Abseits von Förderungen gibt es aber auch andere Möglichkeiten und Maßnahmen, um den Kunst- und Kulturbereich zu unterstützen. Daher freut es mich sehr, dass es nach langwierigen Verhandlungen mit dem ORF einerseits gelungen ist, eine österrei­chische Musikquote von stabilen 16 Prozent auf Ö3 zu erreichen. Andererseits ist es auch wichtig, dass der ORF wieder Verantwortung zeigt, wenn es um die österreichi­sche Filmwirtschaft geht, und da wieder stark investiert. Es war dringend an der Zeit, dass der ORF seinem Bildungs- und Kulturauftrag wieder nachkommt.

Stichwort Festplatten-Abgabe: Es ist erfreulich, dass es vor dem Sommer endlich ge­lungen ist, diese Art von Vergütung, die für die KünstlerInnen so lebensnotwendig ist, zu erreichen, aber wir wissen auch, dass es dabei nicht bleiben kann. Man muss jetzt auf jeden Fall Gespräche für eine Nachfolgeregelung beginnen und auch ein starkes Urheber-Vertragsrecht installieren.

Ein Bereich, der mir sehr wichtig ist und der noch nicht so sehr in unserem Fokus steht, wie es eigentlich sein sollte, ist die Digitalisierung. Die digitale Transformation schreitet voran, sie verändert unsere Gesellschaft, und sie verändert natürlich auch die Möglich­keiten im Bereich Kunst und Kultur, daher müssen wir uns jetzt mit folgenden Fragen auseinandersetzen: Welche Strategien gibt es, um in der Kulturpolitik der umfassenden Ökonomisierung entgegenzuwirken? Welche konkreten Herausforderungen entstehen durch die Digitalisierung? Welche Chancen, aber auch Gefahren gibt es durch die digi­tale Revolution? Welche Rahmenbedingungen braucht es vonseiten der Politik? (Abg. Neubauer: Ja welche denn?)

Diese Fragen zu beantworten muss ganz sicher eine der zentralen Aufgaben vonseiten der Politik im kommenden Jahr sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.29


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte. (Abg. Neubauer: Der wird jetzt die Antwort haben!)

 


12.30.40

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Reden wir Klartext! Das Kulturbudget ist konstant geblieben, es wurde nicht erhöht. Es ist dasselbe wie im vorigen Jahr und auch dasselbe wie im Jahr davor. Daran ändern weder die Versuche des Finanzminis­ters noch des Kulturministers, das anders darzustellen, etwas. Umwidmungen inner­halb des Ressorts – das müsste beiden Ministern eigentlich klar sein – sind keine Er­höhungen unterm Strich. Ich glaube, die Wahrheit ist den Menschen zumutbar: Das Kul­turbudget ist konstant, ist gleich geblieben.


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Jetzt kann man sich überlegen, warum. – Vielleicht aufgrund der wirtschaftlichen Ent­wicklung, aber wenn man sich anschaut, wie das in Deutschland aussieht, dort ist das Kulturbudget um 5 Prozent erhöht worden, dann muss man sagen, Deutschland hat eine konservative Bundeskanzlerin und eine konservative Kulturministerin – vielleicht liegt es daran. Oder schauen wir uns die Schweiz an! Die Schweiz hat in etwa die glei­che wirtschaftliche Situation wie wir, und dort gibt es eine Erhöhung des Kulturbudgets um 6 Prozent. In Italien ist die wirtschaftliche Situation deutlich schlechter als bei uns, aber dort gibt es eine Erhöhung des Kulturbudgets im kommenden Jahr um 7 Prozent.

Meine Damen und Herren! Gleichbleibende Budgets bedeuten für die Kulturpolitik ei­gentlich ein Weniger an Aktivitäten, weil sie ja auch von Teuerungen betroffen ist. Hö­here Mieten, Infrastrukturkosten, Personalkosten steigen – darunter müssen die Pro­gramme leiden, das ist klar, und auch die Aktivitäten.

Natürlich kann man sagen, wenn alle Ressorts sparen, dann muss auch die Kultur sparen. Es ist aber der Gesamthaushalt gewachsen und das Kulturbudget gleich ge­blieben. Was bedeutet das? – Das bedeutet, dass prozentuell am Gesamthaushalt die Budgets in der Kultur gesunken sind. Und das erleben wir jetzt schon seit vielen Jah­ren. Sie sehen hier an dieser Kurve (zur Veranschaulichung der nun folgenden Ausfüh­rungen eine Tafel auf dem Rednerpult platzierend), dass vor 20 Jahren der prozentuel­le Anteil des Kulturbudgets am Gesamthaushalt 1,5 Prozent ausmachte, und jetzt geht er gegen 0,5 Prozent.

Auch wenn die Budgets in der Kulturpolitik gleich bleiben, geht es immer noch um die Frage der Aufteilung. Das ist kulturpolitisch gesehen möglicherweise sogar die wichti­gere Frage: Wer bekommt was? Das ist ganz interessant, denn wir haben es in den letzten Jahren vermehrt mit einer Zuteilung zu den bundeseigenen Großtankern, den Museen und den Bundestheatern, zu tun. Die Bundestheater bekommen auch jetzt wie­der 15 Millionen € mehr. Man kann sagen, das ist eine Abgeltung der Teuerung, das müsste aber auch für alle anderen gelten. Auch dazu habe ich eine Tafel (eine weitere Tafel auf dem Rednerpult platzierend), darauf sehen wir die Entwicklung seit dem Jahr 2006 bis 2016. Während die Zuteilungen an Bundestheater und Bundesmuseen deutlich ansteigen, sind alle anderen in der Schere im unteren Bereich der Kurve zu sehen und fallen weiter ab. Das heißt, diese Schere geht immer weiter auseinander.

Was bedeutet das für die Zukunft? – Für die Zukunft bedeutet das, wenn das so wei­tergeht, extrapoliert, nicht nur, dass irgendwann einmal nur mehr die bundeseigenen Institutionen seitens der Republik gefördert werden, sondern jede Erhöhung der bun­deseigenen Institutionen bedeutet bei einem konstanten Budget gleichzeitig eine Schwä­chung aller anderen Institutionen. Und davon unabhängig bleibt für die kulturpolitische Gestaltungsmöglichkeit überhaupt kein Geld mehr übrig. Es ist ja nicht so, dass die Bundestheater nur im nächsten Jahr 15 Millionen € mehr bekommen, sondern ab dem nächsten Jahr immer. Das heißt, wir haben es mit einer laufenden Erhöhung der bun­deseigenen Institutionen zu tun, die immer auf Kosten anderer gehen.

Herr Minister Ostermayer, ich ersuche Sie ganz dringend, die Entwicklung zu erkennen und gegenzusteuern! Wir wissen, dass das Haus der Geschichte – auch wieder der lau­fende Betrieb, gar nicht die Inbetriebnahme, gar nicht die Errichtungskosten – 3,6 Mil­lionen € im Jahr kosten wird; wiederum als Teil der Bundesmuseen. Das ist eine Ent­wicklung, die mir Sorgen macht! Ich darf Ihnen, Herr Minister, noch einmal meine bei­den Tafeln zeigen, die zum einen die Entwicklung des Anteils der Kulturausgaben am Gesamtbudget und zum anderen die Entwicklung der bundeseigenen Institutionen im Vergleich zu allen anderen aufzeigen. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

12.35


Präsident Karlheinz Kopf: Frau Abgeordnete Dipl.-Kffr. Pfurtscheller gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 308

12.36.03

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Herren Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauer und Zuschauerinnen! Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit ein bisschen auf die Kunst und Kul­tur in den ländlichen Regionen und auch auf die Förderung von Frauen in Kunst und Kultur lenken.

Kunst und Kultur in den ländlichen Regionen ist mir ein sehr großes Anliegen. Ich bin Wahlkreis-Abgeordnete aus Tirol und habe ziemlich viel Erfahrung mit Kulturinitiativen. Ich bin auch selbst in mehreren Kulturvereinen engagiert und kann aus eigener Erfah­rung sagen: Kulturarbeit am Land ist ganz stark gekennzeichnet von vielen Menschen, die mit sehr viel Herzblut Kulturarbeit machen, meistens ehrenamtlich, unentgeltlich in ihrer Freizeit, und Kulturarbeit am Land ist auch gekennzeichnet von der ständigen Su­che nach Geld.

Bürgermeister, Pardon – Bürgermeister, Entschuldigung, jetzt war ich wohl zu viel am Land –, Bundesminister Rupprechter hat gemeinsam mit Herrn Bundesminister Oster­mayer eine neue Initiative zur Förderung von regionalen Kunst- und Kulturprojekten ge­startet, um die vielen Kreativen im ländlichen Raum zu unterstützen. Die Förderinitia­tive wird im Rahmen des EU-LEADER-Programms 2014 bis 2020 durchgeführt und auch mit Fördermitteln des BKA ergänzt. Mit einem Gesamtbudget von rund 2 Millionen € sollen in der Laufzeit zirka 20 Projekte umgesetzt werden. Das begrüße ich natürlich sehr, aber ich erlaube mir zu sagen – Herr Finanzminister, auch an dich gerichtet –: Es darf in Zukunft auch gerne noch ein bisschen mehr sein, vielleicht für die nächste Leader-Periode, denn wenn ich an die 2 Millionen € denke, dann wüsste ich jetzt schon nur in meinem Wahlkreis einige Projekte, die diese 2 Millionen brauchen könnten.

Im Zusammenhang damit möchte ich noch gerne einen Sidestep zum Gemeinnützig­keitspaket machen. Das wurde ja in letzter Zeit begutachtet, die Frist ist schon abge­laufen, und ich möchte ganz ausdrücklich unserem Staatssekretär Mahrer ganz herz­lich gratulieren und dafür danken, dass er sich da so stark engagiert hat. Diese Maß­nahmen sollen zur leichteren Absetzbarkeit von Spenden auch für den Kulturbetrieb führen und damit helfen, dass mehr privates Geld in die Kultur fließt. Ich finde es aber sehr schade, dass nur Vereine und Kulturinitiativen davon profitieren werden, wenn sie auch öffentliche Förderungen erhalten; zumindest hat uns das der Herr Kulturminister so im Kulturausschuss gesagt. Ich hoffe, ich habe ihn da richtig verstanden. Ich finde, dass gerade Kulturinitiativen, die eben keine öffentlichen Mittel erhalten, Geld brau­chen, privates Sponsoring ganz dringend brauchen wie einen Bissen Brot, und ich möch­te deswegen darum bitten, dass in Zukunft noch Überlegungen angestellt werden, um hier Verbesserungen oder Ergänzungen herbeizuführen.

„Die Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar.“ – Das ist ein Aus­spruch von Paul Klee, und in diesem Sinne möchte ich noch gerne auf die Frauenför­derung in der Kunst und speziell auf die Frauenförderung für Filmschaffende zu spre­chen kommen.

In seiner Anfragebeantwortung bezüglich der Förderung von Frauen in der Filmbranche ist Bundesminister Ostermayer darauf eingegangen. Herr Minister, ich möchte Ihnen wirklich ein Kompliment machen: Was die Vergabe von Geldern direkt aus Ihrem Res­sort für Stipendien, Projekte, Ankäufe, Preise und Prämien angeht, sind Sie wirklich sehr, sehr vorbildlich unterwegs! Es ist zwar noch keine Aufteilung im Verhältnis 50 : 50 er­langt worden, aber Sie sind schon ganz nahe dran.

Das Österreichische Filminstitut hingegen hat da noch großen Aufholbedarf. Es steht der­zeit bei einem Aufteilungsverhältnis von 75 Prozent zu 25 Prozent. Aber es sieht zu­mindest so aus, als würde sich da in nächster Zeit einiges tun und in Bewegung kom-


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men. Und ich möchte Sie bitten, Herr Minister, sich auch für diesen Bereich weiterhin zu verwenden, soweit Sie Möglichkeiten haben.

Ich komme jetzt noch abschließend zu einem Punkt, der das Kulturbudget nicht direkt betrifft. Es geht mir um die Förderung für Filmschaffende im ORF. Der Herr Minister hat uns im Ausschuss berichtet, dass mit dem ORF eine Vereinbarung getroffen worden ist, dass dieser die nächsten drei Jahre 95 Millionen €, 100 Millionen € und 105 Millio­nen € in die österreichische Filmwirtschaft investieren wird. Das ist natürlich insgesamt sehr erfreulich, es wurde aber leider kein bestimmter Prozentsatz für Frauen ausver­handelt. In diesem Sinne möchte ich Sie und auch den Herrn Staatssekretär Mahrer bitten, bei den Gesprächen darauf hinzuweisen, dass es eine möglichst gerechte Auf­teilung gibt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.41


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 


12.41.16

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Mi­nister! Hohes Haus! Das Budget im Kunst- und Kulturbereich sinkt ganz leicht. Und auch wenn der innerbudgetäre Spielraum durch den Wegfall für die Raten des Museumsquar­tiers etwas steigt, kann man nicht unbedingt sagen, dass das Budget gleich bleibt oder gar größer wird.

Geplant sind ja auch neue, repräsentative Projekte – ein Literaturpreis, ein Haus der Geschichte, weitere Maßnahmen rund um den Heldenplatz –, die in diesem Budget zum Teil auch schon zu finden sein sollten, aber nicht unbedingt zu sehen sind. Mir ist nicht ganz klar, woher dieses Geld kommen soll. Es ist aber auch wesentlich wichtiger, wohin dieses Geld gehen soll.

Bemerkenswert ist hierbei, dass um das Museum bestehende andere Fördernehmer natürlich schon seit Jahren mit dem Rücken zur Wand stehen. Der Umsatzsteuersatz ist im Bereich Kultur auch erhöht worden. Die neuen steuerlichen Absetzbarkeiten im Kunst- und Kulturbereich betreffen anscheinend wieder nur Fördernehmer und schlie­ßen somit andere aus. Das heißt, das füllt also nur dort Lücken, wo sie der Staat selbst hinterlässt, und verschärft die Lage für freie und unabhängige Institutionen. Das Pro­blem liegt aber genau in diesen Bereichen zwischen Popkultur, Soziokultur, freier Kunst, denn das könnten die Bereiche sein, auf die es in Zukunft ankommt. Also Punkt eins: Stoli.

Zweiter Punkt: Es passieren die gleichen Fehler wie in der Medienpolitik. Es sind reprä­sentative Vorhaben, die der Regierung helfen, aber nicht unbedingt der Gesellschaft. Damit wird ein System von Institutionen aus dem 19. und 20. Jahrhundert stabilisiert, die mit immer weniger Geld im Prinzip immer weniger Leistung bieten können, wäh­rend wir die virtuellen, digitalen, vernetzten Diskurse der Zukunft eigentlich regelmäßig verpassen.

Der Kunstbericht 2014 listet detailliert einzelne Förderungen, Preisvergaben, so etwas wie Gender Budgeting auf. Wir können uns also ein Bild darüber machen, wie ausge­glichen und fair es innerhalb der Förderprojekte zugeht. Das ist schön, aber das ist sekundär. Kunst und Kultur sind ja kein Selbstzweck. Und viel wichtiger als die Frage, wie es Kunst und Kultur geht, sind ja andere Fragen: Wie leistungsfähig ist unsere Kunst- und Kulturlandschaft? Wer hat denn das Geförderte überhaupt gesehen oder ge­hört? Hat es irgendetwas bewegt? Wurden neue Versuche gestartet, mit der Zeit mit­zuhalten? – Ich sage: nein!

Aber auch deshalb, weil diese Perspektive gefehlt hat, hat das nicht funktioniert. Unse­re Kultur muss mehr Schlagkraft haben als Ausländerfeindlichkeit, Extremismus, reli-


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giöser Fanatismus. Es geht nicht nur darum, wie wir Kunst und Kultur messen, es geht nicht um Preise und Eintritte, es geht schon auch um eine Debatte, die Kollege Franz – der nicht da ist – als so etwas wie Leitkultur zusammenfassen würde. Und Abgeordne­ter Franz hat ja heute auf Twitter den Vorschlag gebracht:

„Ich bin dafür, dass im Plenarsaal des österr. Parlaments ein Kreuz aufgehängt wird. #Nationalrat

#Leitkultur“

Da würde ich ihn aber wirklich dringend bitten, das auch als Antrag einzubringen – so­fern man das überhaupt als Antrag einbringen kann. Dann stimmen wir darüber ab und dann sehen wir, wie das ausgeht. Und wenn da wirklich ein Kreuz hängt, dann können Sie sich denken, was ich daneben hängen werde.

Das Budget für Kultur findet auch keine Antworten auf diese Herausforderung. Es för­dert Steine und es fördert Beton. Neuere repräsentative Museen und Preise sind natür­lich super, aber es ist ja nicht so, dass es bisher keine Museen und Theater gegeben hätte, in die die zornigen, jungen, weißen Männer aus den Vorstädten gehen können oder die Einwanderer, die kriegstraumatisiert sind. (Abg. Rädler: Sie leben in einer Traum­welt!) Sie gehen nur nicht hin. – So, wie junge Menschen heutzutage auch keine ORF-Programme mehr konsumieren, so, wie junge Menschen heutzutage keine Zeitung mehr lesen, sondern sich ihre nichtlinearen TV-Beiträge aus dem Internet holen oder viel­leicht bestenfalls tageszeitungsähnliche U-Bahn-Medien konsumieren. Warum glauben Sie denn, dass Heinz Christian Strache so erfolgreich ist in den sozialen Medien? (Abg. Rosenkranz: Er ist nicht nur dort erfolgreich!)

Eine Kulturpolitik, die keine Perspektive auf Diskurse erzeugt, wird für kommende Ge­nerationen überhaupt keine Relevanz haben. Mit diesen neuen schicken Preisen und neuen unterfinanzierten Institutionen werden wir nichts gewinnen. Es wird für eine im­mer kleinere Elite vielleicht noch leistbar, sich kulturell zu unterhalten, aber einen im­mer größeren Teil der Gesellschaft werden wir damit verlieren. (Abg. Rädler: Schwach­sinn!)

Alles, was wir machen, ist so Bergmoney. Aber für ein Budget, das breite Anschluss­fähigkeit bieten soll, ist das eindeutig zu wenig. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Lugar: Herr Präsident, er hat „Schwachsinn“ gesagt, da muss ein Ordnungsruf her! – Abg. Katzian: Vielleicht hat er „Scharfsinn“ gesagt?!)

12.46


Präsident Karlheinz Kopf: Ich muss schauen, ob ich es im Protokoll finden kann. Ich habe es nicht gehört, Herr Abgeordneter, aber keine Sorge, ich werde das verifizieren!

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


12.46.46

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Minis­ter! Meine Damen und Herren! Zurück zu den Kulturangelegenheiten: Ich möchte ger­ne auf den Bereich der kulturellen Auslandsangelegenheiten eingehen. Die Auslands­kultur ist zwar größtenteils im Außenministerium angesiedelt, aber das Kunst- und Kul­turministerium ist sich auch der Bedeutung, der Wichtigkeit der bi- und multilateralen kulturellen Angelegenheiten bewusst. Hierfür wurden demnach auch 1,1 Millionen € bud­getiert.

Die Stärkung und Weiterentwicklung der Positionierung Österreichs als Kunst- und Kul­turnation ist ein wichtiges Unterfangen. Aber es geht hier nicht nur um die Positionie­rung Österreichs weltweit, sondern weit darüber hinaus. Bi- und multilaterale Projekte bie­ten eine Plattform für den Austausch, für den Dialog, sollen letztendlich eine Weiterent-


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wicklung der Gesellschaft bewirken und damit eine Annäherung, ein Verständnis für ein anderes Land, für eine andere Gruppe, für den anderen, die andere schlechthin.

Kunst ist also ein Mittel zur Reflexion, zur Irritation und zum neu Hinschauen und kann daher auch ein wichtiger Beitrag zu einem Friedensprozess sein. So ist zum Beispiel auf dem Majdan Tag für Tag die Tulunbass, die traditionelle kosakische Trommel zu hö­ren. Der kasachische Künstler will damit am zentralen Platz der ukrainischen Haupt­stadt ein Zeichen setzen und symbolisch den Frieden herbeitrommeln. So gibt der welt­berühmte Musiker und Dirigent Daniel Barenboim nicht auf, mit seinem Projekt „West-östlicher Divan“ palästinensische und israelische Musiker eine neue Realität erfahren zu lassen, nämlich die des gemeinsamen Musizierens – mit der Betonung auf gemein­sam.

So haben türkisch-griechisch-zypriotische Archäologen schon lange über die geschlos­sene Grenze hinweg zusammengearbeitet, unter schwierigsten Bedingungen, um ihr ge­meinsames kulturelles Erbe sichtbar zu machen. Und so haben auch MusikerInnen und TänzerInnen 2011 in Tunis eine wichtige Rolle gespielt, in den Tagen nach dem Sturz des Diktators Ben Ali, als die Stimmung aufs Extremste angespannt war, als sich aufgebrachte DemonstrantInnen und die verunsicherten Sicherheitskräfte des gestürz­ten Regimes gegenüberstanden.

Die Situation hätte jederzeit in Gewalt eskalieren können, und da war es eine Gruppe von friedlichen MusikerInnen und TänzerInnen, die sich in Tunis zwischen die Demons­tranten und die Polizei gestellt haben. Sie haben es geschafft, durch ihre Kunst, durch Musik, durch Tanz die gefährliche Anspannung zwischen der Polizei und der Bevölke­rung zu lösen.

Kunst und Kultur spielen also gerade in Zeiten von Unsicherheit, von Konflikten und Krisen eine wichtige vermittelnde und ausgleichschaffende Rolle. Und deshalb möchte ich abschließend einen Satz von Tatjana Markova, der Leiterin der Kulturabteilung der ukrainischen Hafenmetropole Odessa, wiedergeben, die in einem Interview sagte:

„Die ganze Energie, die der Konflikt freisetzt, muss aufgefangen werden. Vor allem bei den Jungen (…). Und wir wollen, dass diese Energie in Kreativität umgewandelt wird: in Trommeln, Wände bemalen, Festivals organisieren. Das ist auch eine Art Selbstver­ständigung der Gesellschaft und nimmt den Stress, den die Leute fühlen.“ – Danke. (Bei­fall bei der SPÖ.)

12.50

12.50.10*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Rädler, es wird sich im Stenographi­schen Protokoll besagter Begriff von Ihnen finden. Ich muss Ihnen dafür leider einen Ordnungsruf erteilen. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und Team Stronach.) – Ich bitte, von App­laus und ähnlichen Kundgebungen bei Ordnungsrufen abzusehen!

*****

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Weigerstorfer. – Bitte.

 


12.51.10

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Ja, auch die Komödie ist Teil der Kunst- und Kulturabteilung. (Beifall beim Team Stronach.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Da wäre ich versucht, auch zu applaudieren.

 


Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (fortsetzend): Herr Präsident! Herr Minister! Das Budget Kunst und Kultur entspricht – wir haben es schon gehört – de facto dem der


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Vorjahre. Ich denke aber doch, dass wir hier nicht jammern sollten, denn wenig Geld ist da, die Verschuldung der Bundesrepublik steigt immer weiter. Ich glaube, da darf man es als Erfolg sehen, dass im Kunst- und Kulturbudget nicht nach unten verhandelt wor­den ist. Insofern raunzen wir alle auf einem sehr hohen Niveau.

Es ist halt leider so, man kann nicht mehr ausgeben, als man einnimmt. Aber ich den­ke, Kunst und Kultur hat derartig viel in Österreich zu bieten, dass wir hier wirklich in­ternational eine ganz, ganz tolle Visitenkarte haben.

Das Budget hat sich nicht sehr verändert. Verändert hat sich bei den Empfängern aber einiges, durch Umschichtungen soll nämlich einzelnen Teilbereichen sowie zeitgenös­sischen Kunst- und Kulturschaffenden mehr Geld zur Verfügung stehen. Dazu gehört zum Beispiel auch die Erhöhung der Basisabgeltung für die Bundestheater um 14 Mil­lionen €. Das ist für mich, ehrlich gesagt, nicht ganz nachvollziehbar, denn noch vor Kur­zem wurde im Rechnungshofunterausschuss sehr klar darüber debattiert, dass die Bun­destheater-Holding mangelnde interne Kontrolle aufweist und ein Vier-Augen-Prinzip fehlt. Daher kann ich diese Erhöhung nicht ganz nachvollziehen, vor allem soll es ja noch auf weitere Jahre hinaus passieren.

Insgesamt werden im vorgelegten Budget relativ wenig Initiativen gesetzt, die eine groß­artige Weiterentwicklung erwarten lassen. Es steht überhaupt die grundsätzliche Frage im Raum, wie denn die öffentliche Hand überhaupt fördern soll. Gezielte Kunst- und Kulturförderung wird nämlich von den Künstlern als Einflussnahme und Einschränkung der Entfaltungsmöglichkeiten eigentlich eher abgelehnt.

Insbesondere ist unser Kunst- und Kulturverständnis keines von subventionierten Staats­künstlern, sondern unser Kulturverständnis besteht darin, dass wir sagen, man muss mit den vorhandenen Kunst- und Kulturmitteln eher die Breite, die Vielfalt fördern – und zwar mit optimaler Transparenz, mit fairer Verteilung der Mittel und natürlich mit wert­haltiger Kulturförderung, die auch ein Umfeld schafft, in dem sich die Kultur unseres Lan­des für unsere und natürlich auch für kommende Generationen positiv realisieren lässt.

Ich möchte jetzt an dieser Stelle noch etwas sehr, sehr Positives für den Kunst- und Kulturbereich herauspicken, nämlich die Änderung im Gemeinnützigkeitsgesetz, die ja in Aussicht gestellt worden ist. Zahlreiche Betriebe hätte ab 2016 im Zuge dieser Steu­erreform die beschlossene Anhebung des begünstigten Mehrwertsteuersatzes von 10 auf 13 Prozent treffen können, mit dem Status der Gemeinnützigkeit könnten nun zahl­reiche Betriebe von dieser Änderung profitieren. Angeblich wird auch noch darüber dis­kutiert, ob dieser Bereich von der Registrierkassenpflicht ausgenommen werden soll.

Ich hoffe also und gehe davon aus, dass diese Änderung hier im Parlament demnächst auch positiv beschlossen werden wird oder werden kann. Das ist ein sehr, sehr schö­nes Zeichen für Kunst und Kultur, und – als kleiner Nebensatz – ich würde mir dieses Gesetz auch noch für den Tierschutz und für den Sport wünschen. – Danke sehr. (Bei­fall beim Team Stronach.)

12.55


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Ostermayer. – Bitte.

 


12.55.53

Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien Dr. Josef Oster­mayer: Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beginne mit einem Dank, nämlich mit dem Dank an den Herrn Finanzminister, an die Bundesregierung und auch an alle Abgeordneten, die dem Budget zustimmen wer­den, und zwar jetzt aus der Sicht von Kunst und Kultur aus einem ganz einfachen Grund:

Wir haben ein Budget, das viel mehr Millionen zur Verfügung stellt, um neue Dinge zu machen, Förderungen zu erhöhen, die Basisabgeltung zu erhöhen. Und das geht na-


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türlich nur, Herr Abgeordneter Zinggl, wenn auch tatsächlich mehr Geld zur Verfügung ist.

Wir haben die Diskussion gehabt, dass nominell der Betrag um 0,5 Millionen gesunken ist. Das ist ganz einfach erklärt. Im heurigen Jahr haben wir eine Änderung der Ge­schäftseinteilung vorgenommen. Es wurden zum Beispiel die Kolleginnen und Kolle­gen, die bisher in der Sektion Kunst oder Kultur mit Budgetcontrolling befasst gewesen sind, aufgrund der neuen Geschäftseinteilung im Bundeskanzleramt und der Zusam­menlegung der beiden Sektionen Kunst und Kultur – unter Anregung des Rechnungs­hofs – der Präsidialsektion zugeordnet. Damit ist natürlich auch das Budget für diese Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von der UG 32 in die UG 10 gewandert.

Das bedeutet also, dass aufgrund der wegfallenden Belastungen aus der Vergangen­heit – Museumsquartier und Erl – zusätzliches Geld zur Verfügung steht. Von diesen zu­sätzlichen Mitteln werden 14 Millionen in die Basisabgeltung der Bundestheater ge­steckt, und es werden weitere Gelder in verschiedene Initiativen investiert: Unter ande­rem wird der Bereich des innovativen Films um 10 Prozent erhöht. Es wird die Nach­wuchsförderung in den Bereichen Musik und darstellende Kunst um 0,5 Millionen € erhöht. Es wird die innovative Museumsarbeit, es werden die Förderungen für die jü­dischen Museen in Wien, Hohenems und Eisenstadt erhöht. Es wird der Betrag für Kul­turinitiativen erhöht.

Bereits im heurigen Jahr ist die Verlagsförderung erhöht worden, und es gibt, weil auch dort der Bedarf entsprechend nachgewiesen wurde, Erhöhungen bei den Salzburger Festspielen, bei den Bregenzer Festspielen. Und zur Sicherung des künstlerischen Pro­gramms wird auch dem Museumsquartier Geld zur Verfügung gestellt, das bisher aus den niedrigeren Zinsen finanziert werden kann, weil wir finden, dass auch das Muse­umsquartier und das Programm, das das Museumsquartier selbst macht, wert ist, un­terstützt zu werden.

Wir haben, und auch da danke ich dem Herrn Finanzminister, neben der Förderung durch Bund, durch Länder, zum Teil auch durch Gemeinden eine neue Finanzierungsschiene für Kunst und Kultur aufgemacht, nämlich die Spendenabsetzbarkeit. Wir haben es im Regierungsprogramm vereinbart, und gestern ist dieses Gesetz im Ministerrat be­schlossen worden. Wir wissen nicht genau, wie viel das ausmachen wird. Es gibt Schät­zungen, zum Beispiel vom Fundraising-Verband, bei denen angenommen wird, dass es zwischen 20 und 25 Millionen € sind, die zusätzlich in den Bereich Kunst und Kultur fließen.

Wir haben sehr intensiv diskutiert, wie wir das konstruieren können, sodass es auch für die Finanzbehörden praktikabel und für die Bürger und Bürgerinnen nachvollziehbar ist, bei welchen Institutionen man, wenn man spendet, diese Spende auch absetzen kann. Da wir nicht wollen und wollten, dass dann die Finanzbehörden darüber ent­scheiden müssen, ob eine bestimmte Institution Kunst und Kultur betreibt, haben wir gesagt: Wir knüpfen dort an, wo es schon entsprechende Expertise gibt, nämlich bei den Förderstellen des Bundes und den Förderstellen der Länder beziehungsweise, auf­grund der verfassungsmäßigen Sondersituation, bei der Gemeinde Wien. Wenn man ein neues Instrument schafft, dann geht es ja darum, dass dieses auch – ökonomisch oder verwaltungsökonomisch gesehen – halbwegs bewältigbar ist, deshalb haben wir uns für diese Vorgangsweise entschieden. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Zu den Bundestheatern und den gerade getätigten Aussagen der Frau Abgeordneten Weigerstorfer dazu, was im Unterausschuss des Rechnungshofausschusses diskutiert wurde: Wir haben ja schon im Jahr 2014 und auch im heurigen Jahr viele Maßnahmen gesetzt, um diese Probleme, die beim Burgtheater im März 2014 dann quasi explodiert sind, in Zukunft bestmöglich zu vermeiden. Ich habe beim Burgtheater entsprechende personelle Maßnahmen gesetzt, wir haben eine Gesetzesnovelle bezüglich der Bun-


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destheater-Holding verabschiedet, ich habe interimistisch Günter Rhomberg bestellt, und wir haben die Funktion des Bundestheaterholding-Chefs oder der -Chefin ausge­schrieben. Am Sonntag haben mit den Kandidaten, die ausgewählt wurden, Hearings stattgefunden. In den nächsten Tagen werden von mir mit diesen Kandidaten die Ge­spräche geführt, und dann wird zeitnah eine Neubesetzung vorgenommen.

Bevor ich mit Ihnen noch einen Blick in die Zukunft werfe: Ich könnte zum Budget noch viel Aufklärendes zu Punkten sagen, bei denen offenbar Missverständnisse entstanden sind, hoffe jedoch, dass ich das jetzt und auch im Budgetausschuss bereits ausrei­chend getan habe.

Nun zum Blick in die Zukunft: Was steht im kommenden Jahr an? – Wir haben gestern beim Kulturministerrat in Brüssel auch über das Thema Raubgut und den Umgang da­mit gesprochen. Dazu wurde 1970 eine UNESCO-Konvention unterschrieben, die dann jedoch sehr lange nicht ratifiziert, nicht umgesetzt worden ist. Mittlerweile haben wir im Ministerrat ein entsprechendes Kulturgüterrückgabegesetz beschlossen, wo es darum geht, Handel mit Raubkunst – der ja auch eine der Finanzierungsquellen des IS ist zu unterbinden. Ich habe jetzt erfahren, dass der Kulturausschuss leider erst im Jänner zu­sammentritt, sonst hätten wir das früher beschließen und umsetzen können.

Zudem sind wir gerade in der Finalisierung eines Bundesmuseen-Gesetzes, in dem auch die Konstruktion für ein Haus der Geschichte – quasi als eigenständige Abteilung in der Nationalbibliothek – gesetzlich verankert werden soll. In Bezug auf den Komplex Hel­denplatz hat die Steuerungsgruppe der Experten und Expertinnen ja bereits erste Kos­tenschätzungen gemacht, die auch medial diskutiert werden. Der nächste Schritt ist es, ein entsprechendes Finanzierungskonzept, natürlich auch gemeinsam mit dem Herrn Fi­nanzminister, zu erarbeiten, um dann in die Umsetzung zu gehen.

Darüber hinaus stehen einige Ausschreibungen an: Die Geschäftsführung im Museum für angewandte Kunst, im Belvedere und in der Nationalbibliothek wird jeweils im nächs­ten Jahr ausgeschrieben, zudem auch die künstlerische Direktion in der Staatsoper, da Musiktheater einen entsprechenden Vorlauf braucht. Wir haben also auch im kommen­den Jahr genug Themen, die wir intensiv miteinander diskutieren können.

Nochmals, Herr Finanzminister, vielen herzlichen Dank! – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Nachbaur. – Bitte.

 


13.04.25

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Regierungs­vertreter! Geschätzte Kollegen im Hohen Haus! Sehr geehrte Steuerzahler! Erfreulicher­weise gibt es Bürger und Firmen, die Geld für einen guten Zweck geben, ob das im Bereich des Sports ist, der Wissenschaft, der Kunst oder ob das für einen anderen wohl­tätigen Zweck ist.

Wenn man sich die Privatspenden in den verschiedenen Ländern anschaut, dann sieht man Folgendes: In Österreich spenden rund 65 Prozent der Leute 90 € im Jahr, in Deutschland sind es schon 70 Prozent, die 150 € spenden, in der Schweiz sind es 75 Prozent, die 460 € geben, und in den USA wird überhaupt am meisten gespendet, da sind es nämlich an die 700 € pro Person pro Jahr. Bei Stiftungen ist der Unterschied noch viel krasser. In Deutschland werden 183 € pro Einwohner gespendet, in der Schweiz 109 € und in Österreich ganze 3 €.

Österreich ist also offensichtlich kein Land, in dem es von privaten Wohltätern nur so wimmelt. (Abg. Rädler: … NEOS!) Warum ist das so? Warum spenden Amerikaner,


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Deutsche, Schweizer wesentlich mehr? – Ganz offensichtlich ist der deutliche Zusam­menhang mit der hohen Staatsquote.

Macht der gefräßige Staat uns also geizig? Warum boomt anderswo die Wohltätigkeit, während bei uns im Allgemeinen, aber insbesondere auch von den Reichen, mit eini­gen wenigen lobenswerten Ausnahmen, so wenig gespendet wird? (Abg. Rädler: … Ha­selsteiner!) Es gibt zwei Gründe dafür: Der erste ist die hohe Steuerlast, und zweitens ist das eine Frage der Macht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Zur Steuerlast: Den österreichischen Steuerzahlern bleibt viel zu wenig im Geldtascherl, somit ist es verständlich, wenn sich dann die Leute denken: Was, spenden soll ich jetzt auch noch? – Daher begrüße ich die steuerliche Entlastung insbesondere bei niedrige­ren Einkommen durch die Steuerreform sehr, aber wir sind noch lange nicht am Ziel. Die Staatsquote muss jedenfalls langfristig unter 40 Prozent gesenkt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wissen das, die Steuerquote muss gesenkt werden (in Richtung SPÖ), sehr geehr­te Genossen! Deutschland hat mit einer 40-prozentigen Staatsquote einen nicht nur ausgeglichenen Haushalt, sondern erwirtschaftet sogar einen milliardenschweren Bud­getüberschuss. (Abg. Königsberger-Ludwig: Wo ist …? – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Der zweite Grund, warum bei uns so wenig gespendet wird: Verteilung bedeutet Macht. (Ruf bei der SPÖ: Da täten sich die Russen freuen!) Dazu eine kurze Geschichte: Ein gemeinnütziger Verein errichtete ein Spital. Der Landeshauptmann kam natürlich zur fei­erlichen Eröffnung und genoss sichtlich das Blitzlichtgewitter. Später beim Essen sagte ein Vertreter dieses gemeinnützigen Vereins zum Landeshauptmann, dass sich die öf­fentliche Hand den Zuschuss eigentlich hätte ersparen können, wenn Spenden besser absetzbar wären. Dieser Landeshauptmann wies dies natürlich erbost zurück und sag­te: Ja, wofür bin ich denn dann da?

Verteilen, sehr geehrte Damen und Herren, bedeutet Macht. Das sieht man insbeson­dere auch im roten Wien (Abg. Gisela Wurm: … so viel Zeit müsst’ schon sein!), wo die Stadt mit über 220 000 Wohnungen der größte Immobilienbesitzer Europas ist, und gleichzeitig ist Wohnen in Wien so teuer wie kaum irgendwo anders (Abg. Steinhau­ser: Das ist kompletter Unsinn! – Zwischenrufe bei der SPÖ), aber wenn die Bürger auf das staatliche Verteilen angewiesen sind, dann befinden sie sich in Abhängigkeit, und das gefällt so manchem Politiker.

Wir brauchen aber weniger Abhängigkeit vom Staat, dafür mehr privates Engagement durch die Zivilgesellschaft und ganz besonders durch die Wohlhabenden. Anstelle von „eat the rich“ bräuchten wir mehr „generous rich“, also mehr Reiche, die spendabel sind und die gerne geben. (Hallo-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Königsberger-Ludwig: Ja, genau, her mit der Reichensteuer!)

Wirtschaftliche Freiheit macht eher großzügig als staatliche Bevormundung. Gott sei Dank hat Staatssekretär Mahrer dies richtig erkannt, ich gratuliere ihm daher sehr herz­lich zum neuen Gesetz zur gemeinnützigen Stiftung, womit nun Spenden unter ande­rem an Kunst- und Kultureinrichtungen erstmals steuerlich geltend gemacht werden kön­nen. – Bravo, Herr Mahrer! (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich hoffe ich, dass da nicht nur die linken Staatskünstler profitieren. – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

13.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte.

 


13.09.19

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich darf drei Bereiche zu diesem Kulturbudget ansprechen. Punkt eins ist die heute bereits


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mehrfach thematisierte Basisabgeltung der Bundestheater, wo es eben eine deutliche Erhöhung gibt. Da gibt es unseres Erachtens das große Problem, dass diese deutliche Erhöhung de facto vor allem in die höheren Personalkosten und nicht in das operative Budget, also ins tatsächliche Kulturbudget, fließt.

Das ist einerseits schade, weil damit im Grunde genommen das Kulturangebot nicht er­weitert wird, und andererseits ist es auch deswegen schade, weil es, wie wir ja im Rech­nungshof-Unterausschuss zu den Bundestheatern durchaus erkennen konnten, da ein mögliches Einsparungspotenzial von bis zu 30 Millionen € gegeben hat oder nach wie vor gibt, das nicht ausgeschöpft wird.

Würde man das machen oder zumindest einen Teil davon realisieren, dann wäre das meiner Meinung nach sehr schön, da man dann tatsächlich in das Kulturangebot inves­tieren könnte. (Beifall bei der FPÖ.)

Der zweite Punkt, der uns, wenn man so will, generell als Problem erscheint und sich auch schon durch die Jahre hindurch zieht, ist die Frage der Transparenz bei Subven­tionen. Aus unserer Sicht nicht geklärt ist dabei zum einen die Frage der Beiräte, die Kul­tur- und Kunstsubventionen vergeben. Da gibt es Personen in den Beiräten, die über Förderungen entscheiden und gleichzeitig – in denselben Jahren – auch aus den glei­chen Töpfen Förderungen beziehen. Das riecht nach Klüngelei, diese Vorgänge sind nicht transparent und bei der Verteilung öffentlicher Gelder nicht zu begrüßen.

Andererseits, und das ist meines Erachtens ein noch größeres Problem, fehlt die soge­nannte Transparenzdatenbank – das trifft natürlich auch andere Politikbereiche, nicht nur den Kultur- und Kunstbetrieb –, ein Projekt also, das groß angekündigt wurde, das die Regierung, wie wir alle wissen, in den letzten Jahren sanft entschlummern ließ, das aber aus unserer Sicht dringend notwendig wäre, um eben Doppelgleisigkeiten bei För­derungen zu vermeiden, um Förderungen effizienter zu verteilen und diesbezüglich Trans­parenz herzustellen.

Der dritte Bereich, den ich ansprechen möchte – das ist heute schon thematisiert wor­den –, ist das Gemeinnützigkeitspaket. Das ist wirklich ein erfreulicher Schritt im Be­reich des Kunst- und Kultursponsorings, allerdings mit der Einschränkung, dass nur dann die steuerliche Absetzbarkeit auf dem Gebiet Kunst- und Kultureinrichtungen mög­lich ist, wenn diese auch vom Bund oder von den Ländern gefördert werden, was das schon einmal sehr stark einschränkt. Daher kann dies unseres Erachtens eben nur ein erster Schritt sein. Sie wissen: Die langjährige Forderung von uns Freiheitlichen ist die steuerliche Absetzbarkeit für alle privaten Zuwendungen und für Sponsoring von zeit­genössischer Kunst und Kultur.

Dazu liegt auch ein Antrag im Kulturausschuss, genauso wie zur Transparenzdaten­bank, wobei ich hoffe, dass in Zukunft die Vertreter der Regierungsparteien diese An­träge nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag vertagen, sondern diese, glaube ich, durch­aus wertvollen und sinnvollen Maßnahmen im Kulturbereich gemeinsam mit uns umset­zen werden. Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Rädler: Kann man gleich …!)

13.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


13.12

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Da die Kollegin Nachbaur nicht im Saal ist, kann ich ja der ÖVP einen Tipp geben: Seien Sie wachsam! Passen Sie auf! Sie hat schon: Liebe Genossen!, zu uns gesagt. Das könnte bereits der erste Schritt zu uns sein. (Hei­terkeit und Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.) Ein Platzerl hätten wir noch, das könnten wir noch zur Verfügung stellen, also: Vorsicht! (Ruf bei der SPÖ: Eine Drohung!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 317

Ich möchte aber, da mir nur drei Minuten Redezeit bleiben, noch in aller Kürze auf ein paar Punkte eingehen. Der erste betrifft die Grundproblematik im Bereich Medien und Medienförderung, dass Printmedien im Printbereich immer weniger verdienen und im Onlinebereich noch nicht genug verdienen.

Da muss man gemeinsam darüber nachdenken, wie man garantiert – vor allem auch unter Berücksichtigung der Konkurrenz mit großen Konzernen, mit Google, mit ande­ren –, dass es auch einen Qualitätsjournalismus, auch einen unabhängigen Journalis­mus gibt. Daran müsste man die zu diskutierenden Förderungskriterien ausrichten. Das wäre etwas, was … (Abg. Rädler: … Österreich!)

Na, haben wir wieder einen Zwischenruf, einen scharfen? Lassen Sie doch endlich ein­mal alles heraus! Sagen Sie es einfach einmal! Sagen Sie es doch endlich! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Willi. – Zwischenruf des Abg. Rädler.) Oder ist nichts drin­nen? Das weiß ich jetzt nicht, das weiß nur er! (Heiterkeit bei SPÖ und Grünen. – Abg. Rädler: Das wollen Sie nicht hören!) Sie können noch immer nicht genug haben, was? (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Wir können uns auch unterhalten. Kommen Sie he­raus, machen wir eine Doppelconférence! Ich habe nichts dagegen, Sie wirken sicher gut. (Abg. Rädler: … wollen Sie nicht hören, …!) Trotzdem, jetzt muss ich weiterreden, es hilft ja nichts. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Auch wenn Sie mir so leiden­schaftlich gerne zuhören, muss ich trotzdem weiterreden.

Daher ist es so wichtig, dass man in diesem Konkurrenzfeld elektronischer Medien die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besonders würdigt, dass man aber schaut, dass es eine Medienvielfalt gibt. Ich bin überzeugt, dass der Herr Minister da sicher gemeinsam mit uns diesen Weg weitergehen will.

Ein weiterer Punkt ist – weil das jetzt immer wieder aktuell ist – die Frage unseres Um­zugs. Wir werden uns mit unseren Ersatzräumlichkeiten bei der Hofburg niederlassen. Wichtig wäre bezüglich der berechtigten Anliegen der Nationalbibliothek, bezüglich Tief­speicher und Garage und so weiter nur Folgendes: Dass die Planungen und Vermes­sungsarbeiten stattfinden können, ist selbstverständlich, ist klar, aber was ich mir nicht vorstellen kann, ist, dass wir dann dort sind, dort arbeiten müssen und dann rundherum ra-ta-ta-ta-ta hören, und womöglich noch unter unseren Containern, wo wir dann nicht wissen, ob wir nicht in kurzer Zeit 5 Meter tiefer hängen. Das kann, so glaube ich, kei­ner gewollt haben, das wird sicher auch keiner planen, dennoch sage ich, quasi als Be­triebsrat von allen hier im Saal, dass man sich diesbezüglich wirklich einiges überlegen sollte.

Allerletzter Punkt: Weil es immer wieder die Diskussion um ein „Haus der Zukunft“ gibt. Zukunft, Zukunft – ich habe jahrelang die Zukunftswerkstätte führen dürfen, ich halte das für ein wichtiges Thema, ich würde nur gerne wissen, mit welcher Substanz man an das herangehen soll. Keiner wird dort Glaskugeln oder Propheten versammeln wol­len – da wird man dann darüber nachdenken müssen. Da gibt es verschiedene Par­teien mit verschiedenen Konzepten und Überlegungen, das kann durchaus eine span­nende Diskussion sein – ob das dann allerdings für ein „Haus“ reichen wird, ist eine andere Debatte. Aber an sich darüber nachzudenken, über den Tellerrand zu schau­en, das hielte ich für spannend. Ich bin also gespannt, ob der Kollege Mahrer dann ein­mal etwas vorlegt.

Ansonsten, wenn Sie wollen (in Richtung des Abg. Rädler), gehen wir noch auf einen Kaffee, ich habe nichts dagegen. Sie haben wieder etwas in petto (Abg. Rädler: Ja!), ich spüre es. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Abg. Rädler: … Förderung der Printmedien!)


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13.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Neubauer zu Wort. – Bitte.

 


13.16.10

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Mein Redebeitrag beschäftigt sich mit einem Themenbereich, der im Wesentlichen mit Kultur zu tun hat, nämlich mit dem Denkmalschutz in Österreich.

In den letzten Jahrzehnten ist der Denkmalschutz, so Beobachtungen, oftmals zum Spiel­ball der Politik in Österreich geworden. Der große Denkmalschützer Österreichs, Alois Riegl, dem wir sehr viel zu verdanken haben, wäre über die heutigen Zustände, die da und dort praktiziert werden, keineswegs erfreut.

Viele orten den Grund dafür in den Gesetzesnovellen der Jahre 1978 und 2000, wo es nach Ansicht vieler – auch vieler Architekten – zu keiner großartigen Verbesserung ge­kommen ist, sondern wo es vielfach durch die Ergänzungen im Gesetz, nämlich durch die Aufnahme von Begriffen wie Ensembleschutz, Bauzustand oder Wirtschaftlichkeit nunmehr legale Möglichkeiten gibt, um in die entsprechenden zu schützenden Bausub­stanzen tatsächlich eingreifen zu können, und dies jetzt auf legale Art und Weise.

Ich darf dazu einige Beispiele aus meiner Heimatstadt Linz anführen: Das Unfallkran­kenhaus wurde so entfernt, bei der Arbeiterkammer wurde dem Denkmalschutz kein Augenmerk geschenkt und auch beim Finanzgebäude Linz, am Hauptplatz, ist dieselbe Vorgehensweise vorgesehen und schon zu bemerken. Diese Form des Denkmalschut­zes lehnen wir als Freiheitliche ab, da wir der Meinung sind, dass damit ganz wesent­lich in Kulturgüter eingegriffen wird.

Herr Bundesminister, wir würden uns wünschen – so wie viele Landeskonservatoren, mit denen ich in den letzten Wochen und Monaten gesprochen habe, die auch an Uni­versitäten unterrichten und sich dort beklagen –, dass Sie als Bundesminister endlich Rah­menbedingungen schaffen, die diesen Landeskonservatoren auch tatsächlich wieder die Durchführung ihrer Arbeit ermöglichen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es wäre wirklich an der Zeit! Wir warten schon seit mindestens fünf Jahren auf die ent­sprechenden Rahmenbedingungen, um den Landeskonservatoren die Möglichkeit zu geben, dem Denkmalschutz wieder seine ureigenste Bestimmung erlangen zu lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Troch. – Bitte.

 


13.19.10

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! In der Kulturpolitik der SPÖ hat die öster­reichische Geschichte, und damit unsere Geschichte, einen hohen Stellenwert. Im ver­gangenen 20. Jahrhundert war es ja so, dass unsere Eltern und Großeltern dramati­sche – um nicht so zu sagen: tragische – Erlebnisse hatten. Das 20. Jahrhundert ist da­mit wohl zu jenem geworden, das die österreichische Identität am stärksten geprägt hat. In diesem Sinn begrüße ich auch das Anliegen von Bundesminister Josef Ostermayer, dass die Auseinandersetzung mit Geschichte aktiv stattfindet und vermittelt wird.

Eine Initiative ist das „Haus der Geschichte“. Ich denke, der Heldenplatz ist einer der magischen Orte Wiens und Österreichs, wo Politik, Geschichte, Kultur in konzentrierter Form stattgefunden haben. Bei Geschichte geht es natürlich um Wissen, um Fakten, und in Bezug auf Österreich natürlich sehr stark auch um kulturelle Leistungen.

Aber die eigene Geschichte ist immer auch ein Spiegel. Und wenn man in den Spiegel der österreichischen Geschichte blickt, dann sieht man nicht nur die Schönheiten von Jugendstil und die der Ringstraßen-Prachtbauten, der österreichische Spiegel ist ein Me­dium, das auch braune Flecken hat.

Daher sieht man im österreichischen Spiegel der Geschichte auch Anbiederung an Dik­taturen, man sieht Feigheit und Gesinnungslosigkeit, man sieht auch das Wegschauen


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in Sachen Antisemitismus und Hass. Antisemitismus und Hass haben den Boden für Entsetzliches aufbereitet, nämlich für die Beleidigung von und die Hetze gegen Minder­heiten, für Arisierung und Raub, für die Deportation von Menschen, für Vernichtungs­lager, für sogenannte Eroberungskriege und für millionenfachen Mord.

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter! Ich darf bitten, während ein Redner spricht, wenn irgendwie möglich, diesen Bereich hier (in Richtung Regierungsbank weisend, wo Abg. Willi mit Bundesminister Ostermayer spricht) freizu­lassen. – Bitte, Herr Abgeordneter Troch.

 


Abgeordneter Dr. Harald Troch (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! Bei der Vermitt­lung von österreichischer Zeitgeschichte ist es so, dass wir anlässlich von Gedenkta­gen und Jubiläen ausgesprochen tolle Ausstellungen haben. Aber jetzt könnte ein stän­diger Ort für die Vermittlung von Zeitgeschichte geschaffen werden. Der Schwerpunkt dabei gilt natürlich dem 20. Jahrhundert, damit auch Demokratie, Parlamentarismus und Diktatur.

Da wird man wohl auch Fragen stellen. Einige der Fragen sind: Wie konnten ein Kaiser und seine kaiserliche Regierung 1914 das Parlament in den „Zwangsurlaub“ schicken? Wie konnte in dieser Zeit eine Kriegserklärung stattfinden, ein Weltkrieg von Wien aus gestartet werden – ohne Zustimmung des Parlaments, ohne dass das hier diskutiert wurde? Eine weitere Frage ist auch: Wie konnte 1933 eine österreichische Bundesre­gierung dieses Parlament hermetisch durch Polizisten abriegeln lassen und den gewähl­ten Abgeordneten den Zutritt verweigern?

Ein ständiger Ort für Zeitgeschichte soll allerdings mehr ein Ort des Bedenkens werden als des Gedenkens. Bleibt noch die Frage: Kann man aus der Geschichte lernen? – Ich glaube, einen Versuch ist es allemal wert. Daher: Ja zum Projekt „Haus der Geschich­te“! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


13.22.55

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! „Für mich gehört Lesen zum guten Ton“. Das hat Anna Ne­trebko im Rahmen einer Veranstaltung der Reihe „Österreich liest. Treffpunkt Biblio­thek“ gesagt. Das ist eine Veranstaltungsreihe, an der auch Christoph Waltz, zweifa­cher Oscar-Preisträger, teilgenommen hat und die durch die Initiative des österreichi­schen Bundeskanzleramtes und die Kultur-Budgetmittel möglich gemacht wurde.

Das Thema Bücherei habe ich mir beim Kulturbudget auch deshalb gewählt, weil es zwei Dinge verdeutlicht, nämlich den Kulturbegriff, wie ihn die SPÖ versteht – man will alle in Österreich lebenden Menschen erreichen –, und Kultur als Beitrag, um auch grund­legende Fertigkeiten auszubilden und zu vertiefen.

Die Möglichkeit, an Bücher zu gelangen, ist in Österreich, auch international gesehen, beispielhaft gut. Es gibt über 1 500 Büchereien in Österreich, um an Literatur zu gelan­gen. Diesbezüglich sticht Wien besonders hervor mit seinem Filialnetz von 39 Büche­reien, wo gedruckte, digitale, Offline-, Online-, Audio-, Video-, Multimedia-Medien zur Ver­fügung stehen. Das hat auch ermöglicht, dass mehr Menschen die Büchereien besu­chen, die dann erst später ihre Liebe zum Buch entdecken.

Auch in ländlichen Gebieten ist das Angebot vergleichsweise gut. Durch die Gliederung in Trägerverbände profitieren auch die Pfarrbüchereien, kleine Büchereien vom zentra­len Angebot und vom Angebot, das zur Verfügung gestellt wird. Es gibt Aus- und Fort-


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bildungsmaßnahmen – hier möchte ich mich auch bei den ehrenamtlichen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeitern bedanken, deren Arbeit es ermöglicht, dass dezentrale Kleinein­heiten überhaupt bestehen –, Software-Lizenzen, Angebote für Leseförderungsmaßnah­men und Direktförderungen in Höhe von einer halben Million Euro.

All das zeigt, dass das Kulturbudget in Sparzeiten sehr gut ist. Es sichert dieses Ange­bot, und es ermöglicht auch noch eine Erweiterung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


13.25.21

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Die Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Budgetansatz 2016, Untergliederung Kunst und Kul­tur, ist im Wirkungsziel Nummer 1 die Gleichstellung verankert. Ich möchte hier noch einmal betonen, Herr Bundesminister, dass es seit dem Jahr 2007 in Ihrem Bericht ei­ne vorbildliche Übersicht gibt, wie Förderungen zwischen den Geschlechtern vergeben werden. Hier kann man einen Gerechtigkeits-Lackmustest ablesen.

Wenn wir das Budget von Kunst und Kultur diskutieren, dann geht es natürlich auch da­rum, sichtbar zu machen. Bei Kunst und Kultur sollte man Frauen auch sichtbar ma­chen. Frauen sind sehr oft nicht im Vordergrund, im Rampenlicht. Frauen vor den Vor­hang zu bringen, ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Signal, ja, mehr als ein Signal! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte dem Herrn Bundesminister hier attestieren, dass er ein Frauenfreund im po­sitiven Sinn ist, was man zum Beispiel an folgenden Fakten sieht: Karin Bergmann ist Burgtheater-Chefin. Elke Delugan-Meissl wird zur Kommissärin für den Österreich-Pa­villon bei der Architekturbiennale 2016 ernannt und ist auch Preisträgerin des Großen Ös­terreichischen Staatspreises 2015. Die Kultur- und Kunstsektion ist in Frauenhand: Sektionschefin ist Andrea Ecker, eine sehr bewährte und kunstverständige Beamtin. Darüber hinaus möchte ich Preisträgerinnen erwähnen: Der Erich-Fried-Preis ging an Do­rothee Elmiger, der Österreichische Staatspreis für Literaturkritik an Brigitte Schwens-Harrant, der Manès-Sperber-Preis an Ilma Rakusa. 13 Frauen bekamen Startstipendien und, und, und.

Das ist ein wichtiges Signal, Herr Bundesminister! Frauen müssen bedankt werden! Frau­en müssen die Chance bekommen, ihr Potenzial zu zeigen und auszuschöpfen! Dafür braucht es natürlich Gelder, dafür braucht es Mittel, und die haben Sie zur Verfügung ge­stellt und an Frauen übermittelt.

Lassen Sie mich als Tiroler Abgeordnete auch noch drei sehr wichtige Kunstprojekte – neben all den kleineren Förderungen, die Sie zum Beispiel an Programmkinos in Inns­bruck vergeben – erwähnen: Die Festspiele in Erl wurden mit 500 000 €, die Festwochen der Alten Musik – ein großer Förderer und Sänger ist auch Georg Willi – mit 120 000 € bedacht, und die Klangspuren – zeitgenössische Musik in Schwaz in Tirol – wer­den mit 120 000 € subventioniert.

Dies ist wichtig und gut eingesetztes Kapital, das können wir – Bundesminister Rupp­rechter nickt – als Tiroler Ihnen versichern, und ich als Tirolerin sage ein Dankeschön da­für. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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13.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zur Untergliederung Kunst und Kultur liegen mir keine Wortmeldungen mehr vor.

Die Beratungen zu diesem Themenbereich sind daher erledigt.

13.28.35UG 42: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft

UG 43: Umwelt

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zur Verhandlung der Untergliederun­gen 42: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, und 43: Umwelt.

Hierüber findet eine gemeinsame Debatte statt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rauch. – Bitte.

 


13.28.50

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kommende Woche findet die Klimakonferenz in Paris statt. Es werden erstmals auch Entwicklungsländer mit diesen Begrenzungsverpflichtungen be­legt. Österreich ist in einer guten Ausgangssituation, um seine Klimaschutzziele bis 2020 zu erreichen, auch die Emissionsreduktion bis 2020 durch Maßnahmen im Inland ohne Ankauf von Zertifikaten zu erzielen.

Vom Emissionshandel umfasst werden zurzeit nur Kraftwerke und Industrieanlagen. Nimmt man aber vor allem im privaten Bereich private Haushalte, Landwirtschaft und den Verkehr dazu, gibt es insgesamt einen Überschuss von vier Milliarden Zertifikaten. Wenn man die jetzt umgekehrt mit 30 € pro Zertifikat bewertet, haben wir einen Über­schuss von 120 Milliarden € an Emissionszertifikaten. Gleichzeitig werden diese Zertifi­kate von privaten Organisationen gehandelt, nicht von staatlichen Organisationen.

Wir sagen konsequent und strikt: Wir lehnen diesen Emissionszertifikatehandel ab, denn dieser Zertifikatehandel schützt nicht die Umwelt, in keinem einzigen Bereich. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, Sie haben im Budgetausschuss erwähnt, wie Sie in Zukunft die Klimaschutzziele besser erreichen möchten. Zurzeit gibt es 170 000 Green Jobs, ins­gesamt 3 984 Projekte, die Sie am Laufen haben; Ihre ambitionierten Ziele für die Zu­kunft: 200 000 Green Jobs; Sie möchten 40 Milliarden € Umsatz in diesem Bereich er­zielen, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Natürlich ist es wichtig, dass man ein ausreichendes Budget hat, ausreichend finan­zielle Mittel. Da hinken wir etwas hinterher, vor allem in Ihrem Bereich. Allein bei der thermischen Sanierung hatten Sie bis jetzt insgesamt 100 Millionen € in Ihrem Bereich zur Verfügung. Jetzt wurden 50 Prozent im Budget in Ihrem Bereich gekürzt. Die Aus­zahlungen im Bereich des Klima- und Energiefonds sinken um 11,35 Millionen € in Ih­rem Bereich.

Gleichzeitig sagen Sie aber, man braucht wesentlich mehr Mittel. Herr Bundesminister, aus einem Minus und einem weiteren Minus wird nun einmal kein Plus. Das ist nach Adam Riese eine alte Rechnung, und das wird es auch in Zukunft in der Form nicht spielen können.

Allein dass die Veranschlagung der Mittel für die thermische Sanierung und den Klima- und Energiefonds in unterschiedlichen UGs gegliedert ist, ist für die Übersicht beim Bud­get und die Transparenz der Fördermittel bedenklich. Das sagt sogar der Budgetdienst dieses Hauses. Die Kompetenzaufteilung zwischen Umweltressort und Wirtschaftsres­sort im Bereich der erneuerbaren Energie gehört endlich geregelt! (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrter Herr Bundesminister, diese Doppelgleisigkeiten und dieser bürokratische Hürdenlauf sind zu beenden und die Dinge müssen bürgerfreundlich, zielgerichtet auf die Förderwerber, einheitlich in einer Stabsstelle im Bereich der erneuerbaren Energie geregelt werden. Folgendermaßen kann es – das nur als Beispiel – nämlich nicht sein:


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Wenn man den 31. Dezember hernimmt, gibt es jedes Jahr das gleiche Spiel: Am 31. De­zember um 24 Uhr sitzen die Damen und Herren, die sich um eine Förderung bewer­ben, vor ihrem PC, drücken auf den Knopf. Was passiert? – 5 Minuten später bricht das ganze Netz zusammen. (Zwischenruf der Abg. Lichtenecker.) Insgesamt gehört das Förderwesen vereinheitlicht und transparent gemacht! (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Abschluss noch: Kein Handel von Zertifikaten und Fördermitteln wie auf einem tür­kischen Basar! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


13.33.44

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Genehmigung des Präsidenten be­grüße ich auch ganz besonders eine Schülergruppe des abz Lambach, einer hervorra­genden landwirtschaftlichen Ausbildungsstätte. (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich widme mich dem Kapitel Land- und Forst­wirtschaft und darf dazu festhalten, dass gerade die Landwirtschaft ein bedeutender Faktor in der Wertschöpfung und Wertschätzung der ländlichen Räume ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Wertschöpfung der landwirtschaftlichen Primärproduktion besteht aus vielen As­pekten, sie geht von der ursprünglichen Aufgabe der Landwirtschaft, der Lebensmittel­erzeugung, der Erzeugung von Produktionsmitteln, Futtermitteln für die Tierhaltung bis hin zur Energieerzeugung.

Landwirtschaft ist mehr als nur Produktion. Bauern und Bäuerinnen arbeiten täglich für jeden Bürger unseres Landes, denn jeden Tag haben wir Menschen zu ernähren. Je­der, der isst, profitiert von dieser Produktion, von der Hände Arbeit der Bauern und der Bäuerinnen. Und jeden Tag muss man mehr produzieren. Stichwort: Die Weltbevölke­rung wächst, auch die Bevölkerung Österreichs. Immer bessere Qualität ist notwendig, da gerade auch in jenen Ländern, wo der Wohlstand gewachsen ist, alle natürlich die bessere Qualität wollen. Gerade die Bauern und Bäuerinnen sind eine Berufsgruppe, die viel arbeitet, auch an Sonn- und Feiertagen, in der Früh und am Abend. (Abg. Pirkl­huber: Auch in der Nacht!) Das sollte man bei manchen Diskussionen nicht vergessen.

Da diese Berufsgruppe so effizient arbeitet, meine Damen und Herren, brauchen viele nicht mehr in der Landwirtschaft zu arbeiten, sondern sie profitieren von dieser Berufs­gruppe.

Daher frage ich mich manches Mal, wo denn die Wertschätzung für die erzeugten Pro­dukte bleibt. Ich bin ja ganz begeistert, wenn es ein bäuerliches Manifest einer großen Handelskette gibt, auf schönem Papier, aber leider beschränkt. Das beste bäuerliche Ma­nifest, ich wiederhole mich hier, wären entsprechende Preise, wenn diese Handelskette das auch umsetzen würde. (Beifall bei der ÖVP.)

Interessant ist ja, dass uns diese Handelsketten erklären, ihren Preisen liegen Kalkula­tionen zugrunde. Interessant und spannend ist auch, dass gerade diese Handelsketten in der Lage sind, in Gemeinden mit 3 000, 4 000 Einwohnern vier, fünf derartige Ver­kaufsläden einzurichten. Und sie sind in der Lage, alle sechs, sieben Jahre diese Ver­kaufsobjekte einem Relaunch zu unterziehen oder vielleicht sogar neu zu bauen.

Diese Chance der Kalkulation und diese Möglichkeit, alle sechs, sieben Jahre einen Stall neu zu überarbeiten, möchte ich als Bauer, als Bäuerin gerne einmal haben.

Ich würde auch bitten, das ist die Bitte an meine Kollegen auf der linken Seite, man­ches Mal der Arbeiterkammer doch auch Folgendes zu sagen: Man sollte, wenn man


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schon Preise vergleicht, ein bisschen objektiver hinschauen, die Dinge etwas objektiver und die Preise etwas realistischer darstellen.

Es ist ja spannend, dass es bei uns keine Rolle spielt, wenn Katzenmilch, Hundefutter und so weiter pro Kilo 4, 5 € kosten, aber ein Liter Milch im Geschäft nicht einmal 1 € kosten darf. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Doppler und Schmid.)

Meine Damen und Herren, ich war vor Kurzem in Tokio; dort kostet ein Liter Milch im Verkauf 2 €. In Amerika werden Sie keinen Liter Milch unter 2 Dollar finden, und bei uns geht die Welt zugrunde, wenn hier 1 € um ein paar Cent übersprungen werden soll. Da geht die Welt zugrunde.

Meine Damen und Herren, ich darf mich bei dieser Gelegenheit, da wir das Budget be­handeln, beim Herrn Bundesminister für seine Initiativen bedanken: Erstens: Dass das Programm für Ländliche Entwicklung als erstes Programm in Europa fertig wurde, sei anerkennend festgehalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens: Dass es möglich ist, gewisse Zahlungen zu leisten, wie wenige Länder in Eu­ropa, zeigt, dass Österreich durchaus hervorragend ist.

Drittens, Herr Bundesminister, danke für die Möglichkeit, dass in Zukunft der Export er­leichtert werden soll, indem man eine Exportservicestelle einrichtet. Wir haben leider erleben müssen, dass das dringend notwendig ist. Denn es ist ja immer interessant – ich weiß, ich wiederhole mich hier –, wenn die Wirtschaft exportiert, ist das auf die be­sondere Leistungsfähigkeit der österreichischen Betriebe zurückzuführen. Wir sind stolz auf die Betriebe, wir sind stolz auf die dort Beschäftigten. Wenn die Bauernschaft et­was exportieren müsste und soll, dann ist das Überschussproduktion. Daher bitte ich auch hier um etwas mehr Wertschätzung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


13.39.10

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Umweltminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zu­schauer bei uns hier im Haus und auch zu Hause! Ich werde meinen Redebeitrag dem Umweltbudget widmen, das auch mitdiskutiert wird.

Ich möchte vorweg anmerken, dass wir auch schriftliche Anfragen in den Ausschusssit­zungen gestellt haben. Die Antworten darauf sind noch nicht da. Das ist jetzt kein kon­kreter Vorwurf an Sie, Herr Minister, da es noch innerhalb der Frist ist, aber ich finde es trotzdem relativ ungünstig, wenn wir die Debatte hier führen, ohne die Antworten auf Fra­gen zu haben, die wir Abgeordnete – und da kann ich, glaube ich, für alle sprechen – ge­stellt haben. Es wäre für die Debatte sicher interessanter gewesen, auch für Sie, wenn wir bereits über die Antworten des Herrn Ministers diskutieren hätten können. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Ich komme jetzt zu meiner Analyse des Umweltbudgets und muss feststellen: Da ist so ziemlich alles verkehrt. (Abg. Lichtenecker: Oh, oh! – Abg. Höfinger: Das muss an den Analysen liegen! – Abg. Lichtenecker: Das glaub’ ich nicht!)

Wir können unsere Analysen dann gerne abgleichen, Herr Kollege Weninger, aber das Praktische beim Budget ist ja, dass da ziemlich konkrete Zahlen drinnen sind und es relativ objektiv bewertbar ist. Aber warum ist es verkehrt? (Abg. Rädler: Das ist nicht We­ninger! Sie haben ja schon mit den Personen ein Problem! Kollege Höfinger ist das!)


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Vielleicht hören Sie mir einmal zu und versuchen zu verstehen, und dann können wir darüber diskutieren – ich habe noch gar nichts gesagt. (Abg. Lichtenecker: Kollege Räd­ler, jetzt lassen Sie einmal die Kollegin Brunner!)

Im Umweltbudget ist ziemlich alles verkehrt, zum Ersten die Prioritätensetzung. Wir ver­handeln ja hier parallel das Landwirtschaftsbudget und das Umweltbudget, und wenn man das jetzt so ein bisschen vergleicht, dann sieht man, dass das Landwirtschaftsbudget relativ konstant bleibt, das Umweltbudget aber gekürzt wird. Also, Herr Minister, … (Bun­desminister Rupprechter: Es steigt!) – Ja, ich weiß nicht, wie Sie es mit Plus und Mi­nus haben, aber die Zahlen, die wir haben, sinken im Umweltbudget. (Heiterkeit und Bei­fall bei den Grünen.)

Da ist zum Ersten einmal die Prioritätensetzung verkehrt. Zum Zweiten ist ein massiv verkehrter Ansatz im Gesamtbudget, der Emissionshandel wurde schon angesprochen, der betrifft ja die Unternehmen. Bis vor einigen Jahren haben die Unternehmen Gratis­zertifikate bekommen. Man kann schon einmal hinterfragen, warum Umweltverschmut­zung gratis sein soll. Dazu kommt: Diese Gratiszertifikate wurden aus Umweltmitteln, aus Umweltschutzmitteln bezahlt.

Also denke ich, wenn schon Gratiszertifikate, dann sollen sie aus Mitteln der Verursa­cher bezahlt werden, ich weiß ja nicht, wo die zu Hause sind – Wirtschaft, Verkehr, sonst irgendwo –, aber es soll nicht aus Umweltschutzmitteln Umweltverschmutzung be­zahlt werden.

Jetzt haben wir erstmals eine Situation, wo aus diesem Emissionshandel auch wieder Einnahmen zurückkommen, weil die Zertifikate versteigert werden. Die europäische Richtlinie würde vorsehen, dass diese Mittel dann auch Umweltschutzmaßnahmen, Kli­maschutzmaßnahmen zugutekommen was ja eigentlich logisch ist.

Im österreichischen Budget, im Budget der österreichischen Bundesregierung ist das nicht so vorgesehen, da versanden die Einnahmen im allgemeinen Budget. Das ist al­so wieder ein verkehrter Zugang. (Beifall bei den Grünen.)

Das Dritte, was verkehrt ist: Wir haben ja – ich glaube, es ist bekannt – eine Diskussion über die Ziele, die Klimaschutzziele der österreichischen Bundesregierung, darüber, ob sie jetzt ambitioniert sind oder nicht. Da kann sich aufgrund der objektiven Zahlen jeder selbst ein Urteil bilden. Also wenn man 1990 eine gewisse Menge hat, diese bis 2005 ziemlich steil nach oben geht, dann ein bisschen heruntergeht und 2020 wieder zurück zum Wert von 1990 kommt und sich das als Ziel setzt, dann ist das für mich keine am­bitionierte Klimaschutzpolitik.

Alle Länder, auch Österreich, müssen Treibhausgase einsparen, um ihre internationa­len Verpflichtungen zu erreichen. Österreich geht zurück zum Start, vor die internatio­nalen Klimaverhandlungen. Also ist das nicht ambitioniert.

Zusätzlich haben wir die Situation, dass auch nicht klar ist, ob Österreich dieses Ziel für 2020 erreichen wird. Selbst im Maßnahmenprogramm der österreichischen Bundesre­gierung zur Erreichung der Klimaschutzziele steht – ich habe es das letzte Mal auch schon zitiert –, dass nur dann, wenn die bestehende Klimaschutzinstrumente erhalten bleiben, diese Ziele erreicht werden können.

Was legt uns die österreichische Bundesregierung jetzt in ihrem Budget vor? – Kür­zung sämtlicher Klimaschutzförderinstrumente. Die thermische Sanierung wird auf die Hälfte zusammengestrichen. Das ist im Übrigen nicht nur eine Umweltschutzmaßnah­me, sondern wurde auch ganz wesentlich im Konjunkturbelebungsprogramm – auch von Ihnen – promotet. Das Budget wird also auf die Hälfte zusammengestrichen, der Klima- und Energiefonds um ein Drittel gekürzt, die Umweltförderungen im Inland um 20 Mil­lionen € gekürzt. Ich frage Sie jetzt: Wenn hier in Ihrem Maßnahmenprogramm steht,


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dass die österreichischen Klimaziele nur unter Beibehaltung der bestehenden Maßnah­men erreicht werden können, andererseits die Maßnahmen jetzt gestrichen werden, wie geht sich das aus? – Gar nicht, denn Ihr Budget bedeutet 2,5 Millionen Tonnen mehr CO2-Ausstoß, 200 Gigawattstunden weniger Energieeinsparung, fast eine halbe Millionen we­niger Investitionen in die Ökowirtschaft, fast 8 000 Arbeitsplätze weniger. (Abg. Lichten­ecker: Na unglaublich!)

Also ich bin der Überzeugung, wir können uns das nicht leisten, weder aus Klima­schutzsicht noch aus Wirtschaftssicht. (Beifall bei den Grünen.)

Die Wirtschaftssicht wurde uns auch im letzten Wirtschaftsausschuss bestätigt. Prof. Ai­ginger vom WIFO hat ganz deutlich gesagt: Wenn Österreich wirtschaftlich weiterhin unter den Top-5-Nationen in Europa bleiben möchte, dann müssen wir unsere Umwelt­vorreiterrolle zurückerobern – zurückerobern, denn wir haben sie längst nicht mehr. Es ist unser Ansatz, diese Umweltvorreiterrolle wieder zurückzuerobern, als Signal in Rich­tung Ökowirtschaft für eine ambitionierte Umweltpolitik, als Signal auch in Richtung Kli­makonferenz in Paris, die am Montag beginnt.

Das, was hier vorliegt, ist leider ein ganz, ganz schlechtes Signal für die Klimakonfe­renz, davon bin ich überzeugt, und deswegen werden wir nach Paris ganz sicher wei­terkämpfen. Mir ist bei Weitem nicht egal, was in Paris herauskommen wird. Aber was immer dort herauskommt, wir müssen die österreichische Klimaschutzpolitik auf völlig neue Beine stellen. Und darum wird es nach der Konferenz in Paris hier im Haus ge­hen. (Beifall bei den Grünen.)

Eine sehr wichtige Frage, die eigentlich im Gesamtbudget völlig verkehrt ist, ist die Fra­ge der Klimafinanzierung. Die Klimafinanzierung ist die entscheidende Frage für die Klimakonferenz in Paris. Da geht es darum, dass die Industrienationen, die Nationen, die den Klimawandel verursacht haben, die Ärmsten der Armen, die Entwicklungslän­der, die am meisten vom Klimawandel betroffen sind, dabei unterstützen, sich vor den Fol­gen des Klimawandels zu schützen, aber auch selbst Klimaschutzmaßnahmen zu setzen.

Denn auch wenn viele von ihnen ein global verbindliches Abkommen einfordern, hört man ja oft: Nein, wir dürfen nichts machen, es braucht ein global verbindliches Abkom­men. Ja, aber das heißt natürlich auch, dass sich auch Entwicklungsländer zur Treib­hausgasreduktion verpflichten müssen. Und die sagen natürlich: Warum sollen wir das tun, wenn ihr uns nicht dabei unterstützt? Ihr habt das verursacht.

Deswegen ist diese Frage so wichtig. Der französische Präsident Hollande hat schon im September darauf hingewiesen: Ohne die versprochenen Gelder wird es in Paris kein Abkommen geben. Und Nicholas Stern, ein Ökonom, hat erst heute dazu aufge­rufen, einen Appell an die Industrienationen gerichtet, diese Gelder in Paris auch wirk­lich zu liefern.

Herr Minister, was ich daran eigentlich verkehrt finde, ist, dass wir zwei uns über diese Frage unterhalten müssen. Ich gestehe Ihnen ja zu, dass man mit Ihnen wenigstens darüber reden kann. Zuständig wäre eigentlich der Finanzminister, der hier völlig blo­ckiert, denn das sind auch keine Umweltschutzgelder. Das sind Mittel, die wir aus un­serer Verantwortung heraus bezahlen müssen, und dazu braucht es einen eigenen Bud­getpfad, einen langfristigen Budgetpfad, damit Österreich seinen Beitrag auch langfris­tig sichern kann. Diesen Pfad finden wir im Budget allerdings nicht. (Beifall bei den Grü­nen.)

Ich finde, das ist ein Armutszeugnis. Wir haben auch mehrere Versuche unternommen, in diesem Haus einen Beschluss dazu zu fassen. Das ist leider nicht gelungen. Öster­reich wird in dieser Frage international unter Druck stehen. Ich habe gehört, Bundes­kanzler Faymann wird am Montag nach Paris reisen. Bundeskanzler Faymann hat das Versprechen Österreichs 2009 in Kopenhagen abgegeben. Ich erwarte mir von einem


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Bundeskanzler, gerade von einem Bundeskanzler von der Sozialdemokratischen Par­tei, dass er sein Versprechen gegenüber den Entwicklungsländern einlöst und 100 Mil­lionen Dollar frisches, zusätzliches Geld für Österreich zusagen wird. (Abg. Weninger: Na selbstverständlich!)

Ich bin optimistisch, was die Klimakonferenz in Paris betrifft, weil es international von vielen Staaten viel Bewegung gibt. 160 Länder haben bereits ihre Beiträge zugesagt. Aber ich bin auch der Überzeugung, dass wir uns nach der Klimakonferenz in Paris hier im Haus ganz ernsthaft über eine Neuaufstellung der österreichischen Klima- und Umweltschutzpolitik unterhalten müssen.

Deswegen bin ich der Überzeugung, Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


13.49.14

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Kol­leginnen und Kollegen! Geschätzte Fernsehzuseher zu Hause! Auch meinerseits ein herzliches Willkommen! Ich beziehe mich in meinen Ausführungen auf den Bereich Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. Da, denke ich, sind für 2016 die Schwer­punkte im Budgetvoranschlag richtig gesetzt, obwohl es meiner Meinung nach notwen­dig ist, manche Budgetposten finanziell noch etwas besser zu dotieren und auszustat­ten.

Für 2016 sind im Bereich Landwirtschaft und ländliche Entwicklung 2,13 Milliarden € vor­gesehen, um 0,4 Prozent weniger als im laufenden Jahr 2015.

Worum geht es? Was sind die Ziele? – Stärkung der Landwirtschaft, des ländlichen Raums, auch durch finanzielle Stärkung der bäuerlichen Familienbetriebe, der Neben­erwerbslandwirte, letzten Endes auch der Biolandwirtschaft, vor allem aber auch Stär­kung der Direktvermarkter, Stärkung der Regionalität an sich. Wichtig ist auch, dass die Grundlage dafür geschaffen wird, dass die bäuerlichen Familienbetriebe weiterhin gesunde Nahrungs- und Lebensmittel in Österreich erzeugen können, um die Lebens­mittelsicherheit zu gewährleisten.

Kolleginnen und Kollegen, faire Preise für Produzenten und Konsumenten, das ist die Herausforderung für die Gegenwart, aber auch für die Zukunft. Grundlage dafür ist, dass wir alle gemeinsam auch den entsprechenden Handelsketten genauer auf die Finger schauen, als das vielleicht in der Vergangenheit der Fall war.

Das Budget für die Landwirtschaft setzt sich, kurz und bündig gesagt, aus den Finanz­töpfen der ersten Säule der Marktordnung – zu hundert Prozent EU-Geld – und aus dem Finanztopf der zweiten Säule des Programms der ländlichen Entwicklung, die auch mit entsprechend gewichtiger Kofinanzierung seitens des Bundes und der Länder ausge­stattet ist, zusammen.

Ich denke, ein Erfolg der SPÖ ist, dass für 2016 höhere Förderungen für Jungunter­nehmer, aber auch für Investitionen zur Verfügung stehen, aber auch entsprechend mehr Geld für die Bergbauern der Erschwerniskategorien 3 und 4. Qualität vor Quantität be­deutet daher – das möchte ich nochmals betonen – auch Stärkung der bäuerlichen Fa­milienbetriebe, der Nebenerwerbslandwirtschaft und auch der biologischen Betriebe.

Um Bioland Nummer eins in der EU zu bleiben, ist es notwendig, Herr Minister Rupp­rechter, auch mehr Geld, mehr finanzielle Mittel für die biologische Landwirtschaft zur Verfügung zu stellen!

Ich möchte noch daran erinnern, dass in der Bio-Übergangsmaßnahme 2014 folgend bereits 830 000 € für die finanzielle Unterstützung der Biolandwirte gebunkert sind, und


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möchte Sie, Herr Minister, dringend ersuchen, dieses Geld auch möglichst rasch den Biolandwirten zur Verfügung zu stellen. Sie sagten im letzten Landwirtschaftsausschuss, dass wir von der EU 7 Millionen € Exportförderungen bekommen haben und 5 Millio­nen € zusätzlich für Dürreschäden aus nationalen Mitteln zur Verfügung stellen. Im letz­ten Landwirtschaftsausschuss sagten Sie, dass diese Beträge, in Summe 12 Millio­nen €, im Budget 2016 noch nicht eingepreist sind. Ich ersuche Sie daher, dieses Ver­säumnis möglichst rasch zu beheben.

Ich begrüße auch die Initiative Ausbau Breitband-Internet sehr, für die im kommenden Jahr vom Ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie 300 Millionen € zur Ver­fügung stehen, ein kleiner Teil kommt zusätzlich auch vom Landwirtschaftsministerium. Dieser Ausbau stärkt jedenfalls nachhaltig die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit in den strukturschwächeren ländlichen Regionen.

Abschließend möchte ich noch auf die Aussage eines ÖVP-Kollegen in der letzten Sitzung am 12. November verweisen, Agrarpolitik könne keine Sozialpolitik sein. (Abg. Höfinger: Falsch zitiert!) Aus der Sicht der Sozialdemokratie ist natürlich eines klar: Agrarpolitik muss auch immer Sozialpolitik sein, zur Stärkung des ländlichen Raumes, zur Stärkung der bäuerlichen Familienbetriebe, zur Stärkung der biologischen Land­wirtschaft. Dafür steht die SPÖ.

Geschätzte Damen und Herren, ich danke für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Höfinger: Falsch zitiert! – Abg. Preiner – auf dem Weg zu seinem Sitz­platz –: Nein, es war nicht falsch zitiert!)

13.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.

 


13.53.48

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Mi­nister! Mit dem Budget für Land- und Forstwirtschaft haben wir natürlich auch in mei­nen Augen einen Sonderfall, der nämlich besonders stark von einem positiven gemein­samen Budgettopf abhängt.

Insofern finde ich das positiv, und ich glaube auch daran, dass die gemeinsame euro­päische Agrarpolitik bei aller berechtigter Kritik auf einem guten Weg ist. Konkret spre­chen wir von 60 Prozent des Voranschlages für 2016, die damit variabel, stark abhän­gig von Auszahlungen an EU-Mitteln im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik sind.

Im Großen und Ganzen aber, in konkreten Zahlen, ist, wenn es um Land- und Forst­wirtschaft geht, schon auch interessant, was in den Wirkungszielen nicht mehr ent­halten ist: Nicht mehr enthalten sind die Umsetzung und Evaluierung des Bildungs- und Beratungskonzeptes im ländlichen Raum, Unternehmen Landwirtschaft 2020 und die Kampagne „Genuss Region Österreich“. Warum, ist auch klar: Die Kritik des Rech­nungshofes war deutlich, und man musste reagieren.

Ich darf noch einmal zitieren: „Der RH vermisste für die Kampagne Genuss Region Ös­terreich einen konkreten Anlass und die Vorgabe von quantifizierten Wirkungszielen sei­tens des BMLFUW. Er kritisierte, dass das BMLFUW die jährliche Basisabgeltung für die GRM Genuss Regionen Marketing GmbH ohne eine Personal- und Sachkostenvor­schau und ohne ein an die tatsächliche Organisationsstruktur angepasstes Entwick­lungskonzept vergab.“

Bundesminister Rupprechter hat dafür Restrukturierungen versprochen, und ich kann auch sagen, dass damit bereits begonnen wurde. Insofern ist das auch positiv zu be­werten. Aber Sie alle wissen, dass es mir ein persönliches Anliegen ist, das Miteinan-


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der von Landwirtschaft, Tourismus und Gastronomie mit einer starken Markenbildung zu einem ganz entscheidenden Ziel zu machen.

Da möchte ich noch einmal bewusst aus dem Bericht der AMA-Marketing zitieren:

„Weitere Faktoren sind der Bekanntheitsgrad Österreichs als nachhaltiges Produktions­land mit hoher Umweltqualität und großer Affinität zu natürlich und traditionell herge­stellten Lebensmitteln“. – Zitatende. Das ist genau der Punkt: In welche Richtung soll sich das Agrarland Österreich als Erzeuger hochwertiger Lebensmittel eigentlich bewe­gen? (Abg. Steinbichler: Ins Eck!)

Wir haben bei Milch, das haben wir auch letzte Woche im Unterausschuss besprochen, eine hohe Eigenversorgungsquote, die uns auf der anderen Seite wiederum dazu zwingt, nach Absatzmärkten zu suchen. Dabei geraten wir naturgemäß unter starken Preisdruck, denn wir konkurrieren mit Ländern, in denen wesentlich größere Betriebe kostengünstiger und effizienter produzieren können. Wir haben das bereits in allen De­tails debattiert. Aber eines ist Fakt: Wir sind in der Agrarpolitik und vor allem auf dem Agrarmarkt Passagier. Die Preisbildung erfolgt am Weltmarkt (Zwischenruf des Abg. Steinbichler), der nicht irgendwo ist, nein, lieber Kollege, der Weltmarkt befindet sich in den heimischen Supermarktregalen. Und das ist Fakt.

Daher ist die Förderung von Nischenprodukten, bei denen man eine exklusive Stellung hat, meiner Meinung nach der richtige Ansatz für das Ziel innovativere Produkte statt Masse. Ich glaube auch, dass eine stärkere Verzahnung – das werden Sie jetzt erra­ten – von Landwirtschaft und Tourismus eine Überlebenschance ist. Das ist ganz wich­tig.

Es geht auch um die Entscheidung, ob wir uns noch stärker von Exportmärkten ab­hängig machen. Wie wir bei der Russland-Krise erkannt haben, kann das durchaus un­angenehme Folgen für unsere Landwirte haben. Aber es sollte doch in eine andere Richtung gehen: dass wir jetzt an diesem Punkt beim Budget erkennen, dass eine bes­sere Verzahnung für eine bessere Vermarktung für speziellere Produkte die einzige Über­lebenschance ist, um einen besseren Ertrag zu erzielen, und danach sollten wir gemein­sam trachten. – Danke vielmals. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Willi und Köchl.)

13.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Höfinger. – Bitte.

 


13.58.51

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte junge Besucher auf der Galerie! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Die Umweltpolitik ist in Österreich auf einem gu­ten Weg. Nichtsdestotrotz wissen wir, dass wir in vielen Bereichen weiterhin vor gro­ßen Herausforderungen stehen. Darunter sind, und das ist aktuell in vielen Schlagzei­len erkennbar, der Klimawandel und die Vorbereitung auf die Klimakonferenz in Paris.

Die Frage ist: Wie gehen wir in Zukunft mit all unseren Ressourcen um? Wie schaut in Zukunft die Energieversorgung dieses Landes aus? Welche nachhaltigen Schritte kön­nen wir setzen? Wo können wir Menschen aktivieren und animieren, selbst einen posi­tiven Beitrag zum Umweltschutz in seiner Gesamtheit zu leisten? Und vieles, vieles mehr.

Wenn man sich das vorliegende Budget ansieht, dann erkennt man auf den ersten Blick, dass viele dieser Maßnahmen bereits seit einigen Jahren im Laufen sind und immer wieder weiterentwickelt oder immer wieder neu angedacht und angestoßen werden.

Worum geht es in diesem Umweltbudget? Worum geht es in der gesamten Umwelt­politik?  Ich gebe Ihnen vielleicht nur ein paar kurze Schlagwörter, damit jeder ver-


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steht, wie umfangreich dieses Kapitel eigentlich ist. Natürlich geht es um die Umwelt­förderung im Inland, wo Projekte unterstützt und finanziert werden. Zum Beispiel wird durch diese sogenannte UFI – die Umweltförderung im Inland – ein Investitionsvolumen von rund 1,17 Milliarden € gefördert und unterstützt, wodurch 15 000 Arbeitsplätze ge­sichert oder geschaffen werden.

Es geht auch um das bewusste Einkaufen, und auch die Abfallwirtschaft ist da in einem Zusammenhang zu sehen. Es geht bis hin zum Strahlenschutzbereich, der für uns auch eine relevante Frage darstellt. Es geht um die Siedlungswasserwirtschaft – das ist zum einen sowohl die Wasserversorgung als auch die Abwasserentsorgung – und natürlich um klima- und energierelevante Fragen, die alle in diesem Zusammenhang stehen. Es geht aber auch, wie es von meinen Vorrednern bereits angesprochen wur­de, um den Bereich der Landwirtschaft.

Wenn ich seit gestern, seit der Generaldebatte, immer wieder höre, Budgets sind ein­geschränkt, gekürzt worden, dann muss ich sagen, dass man das in einem Gesamt­kontext sehen und auch verstehen muss. Ich würde Sie bitten, sehr geehrte Kollegin­nen und Kollegen, auch hier die Fakten auf den Tisch zu legen. Herr Kollege Preiner, Sie haben gesagt, dass ein Kollege von der ÖVP gesagt hat, Agrarpolitik sei keine So­zialpolitik, und da muss ich Sie korrigieren. (Zwischenruf des Abg. Preiner.) Das ist falsch zitiert, das wurde so nie gesagt. Der Kollege hat gesagt, dass Ausgleichszah­lungen im Rahmen der Landwirtschaft keine Sozialleistungen sind, und da hat er recht, denn hinter diesen Ausgleichszahlungen stehen Leistungen, da steht Arbeit, da steht In­vestition, da wurden Geld, Mühe und Arbeit eingesetzt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischen­ruf des Abg. Preiner.)

Das ist keine Sozialleistung, da hat jemand etwas dafür getan. Das sind Leistungen, die einfach abgegolten werden. – Soweit zur Klarstellung. Ich bitte darum, das nicht zu vermischen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Preiner.)

Der zweite Punkt ist folgender: Landwirtschaft leistet einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz. Ich nehme nur ein Kapitel heraus. Für den Bereich der biologischen Land­wirtschaft, also für biologische Maßnahmen in der Gesamtheit, sind in Untergliede­rung 42 – das ist die Landwirtschaft – über 440 Millionen € veranschlagt. Davon – das wissen wir – sind 240 Millionen € klimarelevant. Bitte vergessen Sie das in Ihren Be­rechnungen nicht!

Man muss noch etwas wissen: Zu all den Budgets, die der Herr Bundesminister ver­waltet, kommen noch 130 Millionen € aus anderen Ressorts und Ministerien hinzu, die auch klimarelevante Bezahlungen, Unterstützungen und Förderungen sind. Also bitte rechnen Sie das nicht immer heraus! Es kommt dann zu falschen Darstellungen, und die Menschen fühlen sich dadurch falsch informiert und sind es auch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Budget – und das mag auf den ersten Blick natürlich erschreckend erscheinen – ist für das nächste Jahr mit insgesamt 627 Mil­lionen € angedacht; im laufenden Jahr sind es 643 Millionen €. Das ist ein Minus von 16 Millionen €, das stimmt. Aber der Herr Bundesminister hat das in den Ausschussvor­beratungen dezidiert erklärt.

Frau Kollegin Glawischnig, Sie sind jetzt hier, auch Sie haben das gestern betont. Sie waren im Ausschuss nicht dabei, und ich nehme nicht an, dass Ihre Kollegen, die im Ausschuss dabei waren, Sie nicht näher informiert haben. Der Herr Bundesminister hat informiert, dass es zwar insgesamt 16 Millionen € weniger sind, aber durch EU-Förde­rungen aus dem Bereich Landwirtschaft heraus, die zusätzlich fließen werden, 24,5 Mil­lionen € zusätzlich in diesen Bereich kommen werden. Er hat das auf Nachfrage auf­gegliedert. (Abg. Brunner: Was hat man damit gemacht?) Der Herr Bundesminister hat in den Ausschussberatungen festgehalten, von diesen zusätzlichen 24,5 Millionen € flie-


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ßen 22 Millionen € in Klimaschutzmaßnahmen (Abg. Brunner: In welche?), 17,1 Mil­lionen € in die Umweltförderung, 5 Millionen € in den Klima- und Energiefonds und da­von 2,5 Millionen € in Naturschutz und Nationalparks.

Vergessen Sie das in der Gesamtdarstellung bitte nicht, wenn es um den Haushalt und das Umweltbudget geht. Ich kann Sie wirklich nur mehr um Ihre Unterstützung bitten, damit wir in diesem wichtigen Ressortbereich auch weitere Maßnahmen festlegen kön­nen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Weigerstorfer. – Bitte.

 


14.04.16

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Man bittet um Unterstützung – das tun wir, wenn es um Umwelt geht, natürlich alle gerne –, aber Unterstützung kann auch sein, dass man darauf aufmerksam macht, wo etwas viel­leicht nicht ganz optimal läuft. Beim Budget sehen wir das bei den deutlichen Kürzun­gen im Bereich der thermischen Sanierung und des gesamten Klima- und Energie­fonds. Das ist nämlich aus umweltpolitischer und auch aus wirtschaftspolitischer Sicht nicht sehr sinnvoll. Es scheint, als ob die Verantwortlichen im Wirtschafts- beziehungs­weise im Energieressort und im Umweltressort nicht wirklich an einer einheitlichen Strategie gearbeitet haben. Tatsächlich fehlt die Energiestrategie 2030 immer noch zur Gänze, und leider sind auch etliche Maßnahmen der Energiestrategie 2020 immer noch nicht umgesetzt.

Einsparungen bei den Klimaschutzinstrumenten bedeuten mehr Ausstoß an Emis­sion – wahrscheinlich mehr, als wir uns bis 2020 an Einsparungen vorgenommen ha­ben. Dazu hat der Herr Minister zwar gemeint, dass dem nicht so sein wird, denn das Minus durch die Budgetkürzung soll durch zusätzliches EU-Geld, nämlich 24,5 Millio­nen €, ausgeglichen werden. Außerdem soll die Wohnbau-Investitionsbank gegründet werden, wodurch man sich zusätzliche Konjunkturimpulse erhofft und erwünscht.

Die Betonung liegt vielleicht auf der Hoffnung. Das ist sicherlich sehr gut, Hoffnung ist immer etwas Feines, aber der Hauptbestandteil einer verantwortungsvollen Politik soll­ten doch auch Fakten sein. Die Wohnbau-Investitionsbank wurde nämlich in der Begut­achtung schon ein bisschen hinterfragt, und selbst das Finanzministerium erkennt den Sinn und den Zweck der Errichtung einer Wohnbau-Investitionsbank nicht und kann die 5 Milliarden € an Bauvolumen, die laut Wirtschaftsministerium ausgelöst werden sollen, nicht ganz nachvollziehen. Hinzu kommt dann am Rande auch noch, dass der Verfas­sungsdienst diesbezüglich schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken hat.

Wie so oft gibt es Auffassungsunterschiede, aber innerhalb der eigenen Fraktion inklu­sive der Kammern führt das natürlich auf dem österreichischen Lösungsweg leider sehr oft ein bisschen in Richtung Stillstand beziehungsweise österreichischer Kompromiss­lösung.

Das haben wir vor allem beim Energieeffizienzgesetz gesehen, bei dem jetzt selbst die Grünen, die damals Mehrheitsbeschaffer waren, schon einige Kritikpunkte haben. (Abg. Brunner: Nicht am Gesetz, an der Verordnung!) Das Gesetz ist seit Jahresbeginn in Kraft, und die Wirtschaftskammer zog bereits eine ernüchternde Zwischenbilanz.

Ich darf Ihnen hier ein auf den ersten Blick lustiges Beispiel nennen, aber für die Be­troffenen ist es weniger lustig. Geht man davon aus, dass eine Produktionsfirma gut läuft, was heißt, dass sie mehr produzieren muss, dann steigt durch diese höheren Pro­duktionszahlen natürlich auch der Stromverbrauch. Dafür wird die Firma dann quasi be­straft – diesmal ausnahmsweise nicht vom Staat, sondern vom Energieversorger, weil


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der sich verpflichtet hat, seine Kunden zum Energiesparen anzuhalten. Was passiert, wenn das Ziel von minus 0,6 Prozent pro Jahr nicht erreicht wird? – Dann sind Straf­zahlungen fällig. Wer bezahlt sie letztendlich? – Der Konsument bezahlt. (Zwischenruf der Abg. Brunner.) Sie sehen also, bei diesem Energieeffizienzgesetz ist auch einiges falsch gelaufen. Ich glaube, da gehören auch einige Schritte in die richtige Richtung ge­setzt.

Österreich wird immer sehr gerne als Vorreiterland hervorgehoben. Das ist leider nicht mehr so. Man sieht das einmal mehr anhand der Dotierung des Green Climate Fund. (Abg. Brunner: Das hat mit Umwelt-Vorreiter auch nichts zu tun!) Dafür haben wir 25 Mil­lionen US-Dollar gegeben. Das ist im internationalen Vergleich ein ganz minimaler Be­trag. Das sind pro Kopf 2,9 US-Dollar.

Ich darf ein paar Vergleichszahlen bringen: Schweden hat 60,5 US-Dollar pro Kopf ge­geben, Deutschland 12,1 US-Dollar, Spanien sogar 3,4 US-Dollar pro Kopf. Ich darf wie­derholen: Österreich war das Ganze 2,9 US-Dollar pro Kopf wert. Aber es gibt nichts Negatives ohne etwas Positives – und damit darf ich abschließen –: Zumindest haben wir das schon bezahlt. Das ist also auch etwas, worauf man stolz sein kann. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

14.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


14.09.50

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um unser großes, gemeinsames politisches Ziel – nämlich die Zunahme der Erderwärmung mit zwei Grad zu begrenzen – erreichen zu können, muss die UNO-Klimakonferenz in Paris ein Erfolg werden. Darüber sind wir uns, glau­be ich, einig.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass bei all der Kritik in den letzten Tagen dieser positive Zugang auch vonseiten der meisten Oppositionsparteien artikuliert wurde. Es muss uns gelingen, in Paris einen Weltklimavertrag zu vereinbaren und einen konkreten Finanzie­rungspfad festzulegen. Nur dann werden alle Vertragsparteien bereit sein, diese ge­meinsamen Ziele auch zu unterfertigen.

Österreich und die Europäische Union haben ihre Positionen klar auf den Tisch gelegt. Ein Reduktionspfad bis 2030 von minus 40 Prozent (Abg. Brunner: Die Europäische Union, nicht Österreich!), Österreich und die Europäische Union bis 2050 minus 50 Pro­zent, und spätestens bis zum Ende dieses Jahrhunderts wollen wir eine völlig dekarbo­nisierte Wirtschaft.

Heute stellt sich die Frage, wie man den Weg zur COP 21 im Rahmen einer Budget­debatte im österreichischen Parlament anlegt. Es ist natürlich legitim, die übliche Rol­lenverteilung – Regierungsparteien kontra Opposition – zu spielen. Im Hinblick auf die Konferenz in Paris könnten wir aber sehr selbstbewusst als österreichische Delegation darauf verweisen, dass es in unserer Republik zahlreiche sehr engagierte, ambitionier­te Klimagemeinden und Klimaregionen gibt, die wirklich vorbildliche Best-Practice-Bei­spiele – auch für die internationale Gemeinschaft – auf den Tisch legen können, dass wir in Europa und weltweit beim Anteil der erneuerbaren Energie tatsächlich eine Vor­reiterrolle spielen – das auch noch unter der Voraussetzung einer strikten Anti-AKW-Politik – und dass es uns gelungen ist, die CO2-Emissionen von der Wirtschaftsent­wicklung zu entkoppeln.

Voraussichtlich werden die Verhandlungen in Paris ein Poker bis zur letzten Minute. Es wird nicht nur um die politischen Inhalte gehen, sondern auch um die Finanzierung. (Zwi­schenruf der Abg. Brunner.)


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Liebe Frau Kollegin Brunner! Von mir haben Sie immer gehört, dass wir bis zum letzten Moment versuchen werden, den österreichischen Beitrag so hoch hinaufzuschrauben (Abg. Brunner: Nein, ich habe ganz andere …!), wie das nicht nur würdig für Österreich ist, sondern wie es auch in den Verhandlungen sinnvoll ist.

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Es gibt auch Länder, die berechtigterweise finanzielle Mit­tel für den Klimaschutz einfordern, aber gleichzeitig bereit sind, viele Milliarden US-Dol­lar für Rüstungspolitik auszugeben. Diese Diskrepanz muss man auch offen diskutie­ren. (Abg. Brunner: Haben Sie irgendetwas verstanden bei der Klimakonferenz?!) Wir können das jetzt am Beispiel von Indien, China oder Russland diskutieren. (Abg. Brun­ner: Klimakonferenzen sind kein Pokerspiel!)

Wir werden das Weltklimaproblem nicht durch Zwischenrufe lösen können, sondern durch ganz konkrete und wirklich beinharte politische Verhandlungen, bei denen es uns gelin­gen muss, alle Player an den Tisch zu bringen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Da Europa weniger als 10 Prozent zur weltweiten Treibhausgasemission beiträgt (neuerlicher Zwi­schenruf der Abg. Brunner), nutzt es uns nichts, wenn es uns nicht gelingt, alle – von den USA bis China – an einen Tisch zu bringen. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abge­ordneten von ÖVP und Grünen.)

Abschließend will ich festhalten, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass eine erfolgreiche Klimakonferenz – auch über das eigentliche Thema hinaus und gerade in Paris – ein starkes Zeichen der Weltgemeinschaft wäre, dass wir fähig und imstande sind, globale Probleme gemeinsam zu lösen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Riemer. – Bitte.

 


14.14.08

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme zum Thema Landwirtschaft Stellung. Eines habe ich heute schon gehört, nämlich dass alle die Landwirtschaft sowie die Bauern lieben und mit denen eins sind. Ich stelle mir natürlich immer eine Frage: Wenn man das Stichwort „ländliche Entwicklung“ und was alles getan wird hört, dann frage ich mich, warum immer mehr Bauern ihre Höfe zusperren müssen, warum immer mehr Bauern sagen, dass sie zusperren, wenn es so weiter geht, weil sie es nicht mehr schaffen. Ich frage mich, warum es automatisch „ländliche Entwicklung“ genannt wird, wenn man weiß, dass wir, wenn die Bauern Höfe zusperren, die Leute absiedeln und in die Städte wandern, dann ein strukturelles Problem haben – das heißt in den Schulen, den Kindergärten, den Landgemeinden. Also bitte, niemand hindert Sie, da etwas Or­dentliches zu machen. Ich erinnere nur daran, dass innerhalb der letzten 20 Jahre 70 000 Höfe verloren gegangen sind; das entspricht ungefähr einem Drittel der Höfe.

Es wurden heute Nebenerwerbsbauern erwähnt. Nebenerwerbsbauern machen 55,1 Pro­zent aus, und nur mehr 37 Prozent sind im Haupterwerb. Dieses Budget enthält nichts, um da gegenzusteuern. Was tun wir denn mit den Nebenerwerbsbauern? Wo ist das Angebot für sie? – Zum Beispiel könnte man die Arbeiterkammerbeiträge ein wenig re­duzieren (Beifall bei der FPÖ) oder vielleicht bei der Beitragspflicht ab einem gewissen Einheitswert etwas tun, weil eine Pflichtversicherung besteht. Niemand hindert Sie da­ran, etwas zu tun. Wir wissen, dass die österreichischen Bauern nicht nur im Bereich der Umwelt sehr viel tun müssen, sondern auch im Bereich des Tierschutzes.

Kollege Schultes hat da nicht so unrecht – ich muss „Hut ab!“ sagen, weil er das richtig erwähnt hat –, wenn er fragt, was wir dann machen. Immer nur die Handelsketten schul­dig zu sprechen, ist, glaube ich, aber auch zu wenig. Niemand könnte uns hindern, hier im Parlament einmal einen Antrag zu verabschieden, mit dem wir festlegen, dass in


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den Kasernen, in den Spitälern, in allen öffentlichen Einrichtungen mit Lebensmitteln aus österreichischer Produktion gearbeitet wird. Warum können wir das nicht ma­chen? – Das ist eigentlich keine Frage. Er hat recht. (Beifall bei der FPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Eines ist nämlich auch klar, und als Tierschützer muss ich sagen, dass der, der für das Tierwohl eintritt, dann nicht mit Billigware bestraft werden kann. Man muss dem Konsu­menten auch sagen: Lieber Konsument, du bist verantwortlich, du spendest auf der ei­nen Seite für „Vier Pfoten“ oder sonst etwas, und auf der anderen Seite kaufst du Billig­ware! Wenn du unsere Bauern umbringen möchtest, dann kauf bitte weiter Produkte aus dem Ausland!

Das kann es nicht sein. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Auer.)

Ich möchte ein kleines Beispiel aus der Steiermark bringen – nur ganz kurz, solange die Zeit noch reicht –, damit man sieht, wie sich die Schweineproduktion in der Steier­mark entwickelt hat. Wir haben österreichweit ungefähr drei Millionen Schweine ge­habt. Jetzt sind es nur mehr 2,8 Millionen. In der Steiermark haben von den sogenann­ten TGD-Betrieben – also jene, die mit dem Tierschutz arbeiten – innerhalb von einigen Jahren – von vier Jahren – 31 Prozent zusperren müssen, weil die Leute nicht bereit wa­ren, das zu machen.

Letztendlich, abschließend möchte ich auch noch etwas zu den Sanktionen gegenüber Russland sagen: Das wird einfach so hingeworfen. Lassen Sie uns doch bitte etwas tun – auf diplomatischem Gebiet et cetera –, sodass wir das umgehen können! Das ist ein Schaden in Millionenhöhe, den können wir nicht einfach so abtun.

TTIP sollte auch noch ein Thema sein. Dann gibt es auch den Gen-Lachs – danke schön für Ihre (in Richtung Bundesminister Rupprechter) Stellungnahme –, das kommt auch noch auf uns zu.

Jeder Bauer, der bei uns zusperrt, kostet der Wirtschaft etwas, kostet der ländlichen Re­gion etwas. Lassen Sie uns beim Budget nicht nur reden, sondern wirklich ein Wirkungs­ziel für die kleinbäuerliche Struktur festlegen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


14.18.07

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Ho­hes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Bereits während der Beratungen zum Grünen Bericht 2014 mussten wir feststellen, dass die Einkommenssituation in der Landwirtschaft eine sehr angespannte ist. Drei Jahre in Folge mussten die bäuerlichen Betriebe ein Einkommensminus hinnehmen. Wenn wir die derzeitige Marktsituation – na­tional und auch international – in den verschiedenen Sparten betrachten, so können wir nicht von einer schnellen und nachhaltigen Verbesserung der Situation ausgehen.

Umso wichtiger ist es, dass mit dem Programm zur ländlichen Entwicklung sowie den Direktzahlungen, der ersten Säule für die Programmperioden 2014 bis 2020, ein stabi­ler und verlässlicher Rahmen besteht. Es ist unserem Minister und seinem Haus zu ver­danken, dass durch sein rasches Handeln Rechts- und Planungssicherheit für die bäu­erlichen Familienbetriebe gewährleistet ist, aber gemäß der EU-Verordnung 1306 wäre eine Auszahlung der Flächenprämie im Rahmen der GAP erst nach Fertigstellung der Verwaltungskontrolle möglich. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.)

Auch aufgrund der Umsetzung des neuen Systems in der AMA und der Verlängerung der Antragfrist des Mehrfachantrages bis Mitte Juni 2015 ist eine verordnungskonforme Auszahlung im Herbst 2015 grundsätzlich nicht möglich.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 334

Aufgrund der derzeit schwierigen Marktsituation in verschiedenen Sektoren und auch wegen der Dürresituation im vergangenen Sommer brauchen viele Betriebe dieses, ih­nen zustehende Geld aber sehr dringend. Unser Minister hat deswegen veranlasst, dass eine Sonderrichtlinie erlassen wird, die es möglich macht, dass bereits heuer eine Zah­lung aus beiden Säulen an die Betriebe zu tätigen ist.

In Summe werden beziehungsweise wurden schon in diesem Jahr 713 Millionen € an Leistungsabgeltungen an die Betriebe überwiesen. Der Rest der Mittel wird dann zum korrekten Termin im April 2016 an die Bäuerinnen und Bauern ausbezahlt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte es noch einmal betonen: Die Bäuerinnen und Bauern benötigen dieses Geld, benötigen diese Leistungsabgeltungen derzeit dringend! (Abg. Lausch: Stimmt!)

Herr Minister, ich danke Ihnen und Ihrem Haus dafür, dass Sie da zeitgerecht reagiert haben, dass Sie das Problem schnell erkannt haben und eine unbürokratische Lösung für die Landwirte in unserem Land erreicht haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

14.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirkl­huber. – Bitte.

 


14.20.49

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Ein Dank an den Kolle­gen Sieber. Kollege Sieber hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Bäuerinnen und Bauern seit drei Jahren ein Einkommensminus haben. Dieser seiner Analyse stimme ich zu. In anderen Dingen habe ich etwas andere Auffassungen, die werde ich auch Ih­nen auch gerne hier näherbringen.

Vielleicht zu Beginn: Was ist Faktum? – Faktum ist, dass es in diesem Bundesbudget keinen Budgetposten gibt, der dermaßen stark von Europapolitik geprägt ist. Anteil des EU-Budgets, das hier involviert ist, das mit dem zusammenhängt, also die erste und zweite Säule, sind knapp über 1,5 Milliarden €, und das sind 72 Prozent des gesamten Agrarbudgets. Also mehr als 70 Prozent sind EU-bezogene Programme und Mittel – ers­te und zweite Säule.

Meine Damen und Herren, Faktum ist auch, dass wir eine Krise der Agrarpolitik haben, insbesondere weil es diese Einkommensrückgänge gibt, die in den letzten zehn Jahren zur Aufgabe von 24 000 Betrieben geführt haben. Denn ohne öffentliche Gelder haben die Bäuerinnen und Bauern an landwirtschaftlichen Einkommen aus der Produktion, Einkünfte minus Ausgaben, im Durchschnitt gerade einmal 2 700 € im Jahr. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! – Und 20,5 Prozent der Betriebe ha­ben ohne öffentliche Gelder sogar negative Einkünfte. Es ist also eine echte Krise, Herr Bundesminister, auf die man entsprechend reagieren muss, nämlich durch eine Ände­rung der agrarpolitischen Ausrichtung.

Sie werden sich jetzt fragen: Ist das denn möglich überhaupt, wenn 70 Prozent EU-Pro­gramme, EU-Mittel sind? Jawohl, meine Damen und Herren, die letzte GAP-Reform hat den Mitgliedstaaten viele, zahlreiche Möglichkeiten für eine eigenständige Gestaltung gegeben. Ich nehme ein Beispiel: Die EU hat gesagt, die Mitgliedstaaten dürfen selbstver­ständlich die ersten 30 Hektar jedes Betriebes besser fördern als die restlichen Hektar. Das heißt, eine Umschichtung der Mittel innerhalb des Förderungssystems ist von der EU vorgesehen.

Herr Bundesminister, ich habe Sie im Ausschuss gefragt, ob Sie von dieser Möglichkeit endlich auch einmal Gebrauch machen, um damit die Klein- und Mittelbetriebe zu stär­ken, die höhere Sozialversicherungsabgaben haben, bezogen auf ihren Betrieb, die be-


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sonders gefährdet sind, den Betrieb aufzugeben. Sie haben gesagt, nein, werden Sie nicht machen (Zwischenbemerkung von Bundesminister Rupprechter), und das ist lei­der eines der großen Versäumnisse dieses Agrarbudgets, welches vorliegt.

Herr Bundesminister, was die Wirkungsziele, die Sie verfolgen, betrifft, muss ich Ihnen auch sagen: Ich bin sehr enttäuscht! Ich habe in diesem Budget kein Wirkungsziel „Aus­bau des biologischen Landbaus“ gefunden, es gab keinen Hinweis darauf, dass das ein besonderes Wirkungsziel ist.

Warum das besonders bemerkenswert ist? – Wir haben gerade im Unterausschuss über die Milchpreise diskutiert und wissen, in Österreich werden im Biomilchbereich deutlich über 40 Cent ausgezahlt, aber der konventionelle Preis ist 10, 11 oder 12 Cent darunter. Der Markt fragt Biomilch nach, aber das gilt nicht als Wirkungsziel in Ihrem Budget, explizit den Bioanteil auszubauen.

Die Exporte zu steigern, gilt jedoch sehr wohl als Wirkungsziel in Ihrem Budget. Da sehen Sie: Das ist Ihre Strategie! Sie wollen mehr auf den Weltmärkten exportieren, und zwar um 10 Prozent, im Zeitraum 2015 bis 2020. Sehr vernünftig, sagen die Kolle­gen der ÖVP. Gut, das habe ich gehört, aber die Bauern und Bäuerinnen haben eine andere Meinung, Kollege Sieber, und zwar zu Recht. (Abg. Sieber: Hey, das habe ich nicht gesagt!)

Also du distanzierst dich von dieser Aussage der Kollegen? Ich finde, das ist ein posi­tiver Hinweis, sehr gut. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Applaus für den Kollegen Sieber! Kollege Sieber distanziert sich von der Exportorientierung der österreichischen Agrarpolitik. Damit haben wir einen neuen Kollegen gefunden im Bünd­nis für mehr Gerechtigkeit, für mehr soziale Ausrichtung und für eine echte Kreislauf­wirtschaft in der Landwirtschaft. Das werde ich mir merken, freut mich besonders.

Meine Damen und Herren, die Herausforderungen, die es aber gibt, kann man auch KollegInnen … (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Offensichtlich ein neuer agrar­politischer Disput in der ÖVP. Sie sind sich offensichtlich nicht ganz einig, wohin Sie gehen wollen. Wir werden im Ausschuss, im Unterausschuss darüber weiter diskutie­ren, werte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, Sie haben noch genug Zeit, dort Ih­re Stellungnahmen abzugeben.

Herr Bundesminister, TTIP ist das Kernthema für viele Bäuerinnen und Bauern in den letzten Wochen und Monaten, und ich möchte Ihnen heute die Gelegenheit geben, noch einmal ein klares Bekenntnis dazu abzugeben. Die Bäuerinnen und Bauern der öster­reichischen Bergbauernvereinigung haben eine Initiative gestartet, „Bauern & Bäuerin­nen gegen TTIP“, Aufruf zum Widerstand. (Der Redner hält eine Broschüre der ge­nannten Initiative in die Höhe.)

Ich fordere Sie hier und jetzt auf, diese Petition online zu unterstützen. Sie haben schon alles Mögliche unterstützt, aber das wäre einmal Agrarpolitik ernst genommen. Stellen Sie sich auf die Seite jener, die für die Zukunft der bäuerlichen Landwirtschaft kämpfen und nicht für die Exportindustrie sozusagen ihre Politik betreiben! Stellen Sie sich auf die Seite der Bergbäuerinnen und Bergbauern! (Beifall bei den Grünen. – Der Redner überreicht Bundesminister Rupprechter die Broschüre der genannten Initiative.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Unterrainer. – Ah, Sie sind noch gar nicht fertig? Gut, dann geht es weiter. – Bitte schön. (Abg. Jan­nach: Zweite Wortmeldung! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Herr Präsident Ho­fer, ich habe nur die Karte dem Herrn Minister gegeben. Ich habe noch ein weiteres An­liegen, werte Kolleginnen und Kollegen, und zwar das World Food Programme.

Es geht darum, dass es international auch eine Verpflichtung ist, den Ärmsten der Ar­men weltweit zu helfen, und zwar dort, wo es um Hunger geht. Das ist eine Position,


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Konto 78008142, und in diesem Budgetvoranschlag 2016 ist für die FAO beziehungs­weise für das Welternährungsprogramm tatsächlich ein Betrag von null Euro ausgewie­sen.

Herr Bundesminister, wen Sie uns Unterlagen vorlegen, hier in diesem Parlament, dann erwarte ich mir, dass Sie in so sensiblen Bereichen wie dem Welternährungsprogramm nicht ein Papier hier vorlegen, wo in einer so brenzligen Situation wie gerade jetzt die­se Mittel auf null heruntergekürzt werden.

Das ist Ihr Vorschlag, das ist Ihr Budget, das Sie vorgelegt haben! Und das ist einfach eine Schande, meine Damen und Herren, eine Schande für diese Politik, die es nicht verdient, sozial oder ökologisch genannt zu werden. Eine echte Schande! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend drin­gend benötigte Hilfe für Syrien durch das WFP

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Entwurf für eine Ergän­zung des Bundesfinanzgesetzes 2016 und des Bundesfinanzrahmengesetzes 2016 bis 2019 vorzulegen, in dem die erforderlichen Beiträge an das World Food Program­me der Vereinten Nationen für Lebensmittelhilfe in der Region rund um Syrien Bede­ckung finden, und zwar in der Höhe der Leistung vergleichbarer europäischer Staaten, wie etwa der Schweiz.“

*****

Das ist ein Gebot der Stunde, meine Damen und Herren, und ich erwarte mir, dass Sie diesem Antrag zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber, Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend dringend benötigte Hilfe für Syrien durch das WFP

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen – UG 42 Land-, Forst- und Wasserwirtschaft

Begründung

Der Nationalrat hat bereits am 24. September 2015 folgende Entschließung einstimmig beschlossen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem World Food Programme der Vereinten Nationen umgehend eine Unterstützung zur Versorgung der Flüchtlinge in der Region


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rund um Syrien zukommen zu lassen und sich international für eine ausreichende Un­terstützung der Syrien-Flüchtlinge in der Region einzusetzen. Der österreichische Bei­trag soll sich an Deutschland und den anderen europäischen Staaten orientieren.“

Der nunmehr vorliegende Bundesvoranschlag 2016 lässt jedoch wieder eine ausrei­chende Unterstützung der Hilfsprogramme des WFP nicht erwarten. Da die humanitäre Katastrophe in und um Syrien jedoch leider auch in den Folgejahren noch andauern wird, und die Versorgung der Flüchtlinge vor Ort ein wichtiges Element zur Vermeidung lebensgefährdender Massenfluchtbewegungen ist, wird die Bundesregierung das Bud­get 2016 entsprechend zu ergänzen haben. Traditionell wird die Lebensmittelhilfe über das Budget des Bundeministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft abgewickelt.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Entwurf für eine Ergän­zung des Bundesfinanzgesetzes 2016 und des Bundesfinanzrahmengesetzes 2016 bis 2019 vorzulegen, in dem die erforderlichen Beiträge an das World Food Program­me der Vereinten Nationen für Lebensmittelhilfe in der Region rund um Syrien Bede­ckung finden, und zwar in der Höhe der Leistung vergleichbarer europäischer Staaten, wie etwa der Schweiz.“

14.28.30*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Unterrai­ner. – Bitte. (Abg. Kogler – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Un­terrainer –: Kommen Sie heraus aus Ihrem Herrgottswinkel der Scheinheiligkeit! Hei­terkeit bei den Grünen.)

*****

Herr Abgeordneter Kogler, für diesen Zwischenruf erteile ich Ihnen einen Ordnungs­ruf. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

*****

Ich bitte um Ruhe, damit der Herr Abgeordnete mit seinen Ausführungen beginnen kann! – Bitte, Herr Abgeordneter Unterrainer.

 


14.29.00

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Herr Präsident, am Beginn möch­te ich nur schnell sagen: Ich bin gekommen, um zu bleiben, zumindest 2 Minuten; also bitte um Verständnis.

Was wären denn wir ohne unsere Bergbauern, ohne unsere Bergbäuerinnen, was wä­ren wir ohne unsere Almen?

Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher auf den Rängen und vor den Bildschirmen zu Hause! 80 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Österreich entfallen auf sogenannte benachteiligte landwirtschaftliche Flächen und 20 Prozent auf sogenannte Almflächen. Nur geben diese Zahlen alleine relativ wenig wie-


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der, wie groß die Bedeutung unserer Bergbauern und Bergbäuerinnen eigentlich wirk­lich ist, denn man muss sich vorstellen, ohne unsere Bergbauern gäbe es keine Alm­wiese, keine Wandergebiete und auch nicht die typischen regionalen Spezialitäten – al­les Dinge, die die Verbundenheit ausdrücken, die eigentlich Österreich zu Österreich ma­chen. Aber nur durch harte Arbeit der Bergbauern und Bergbäuerinnen ist all dies mög­lich, und dafür kann nicht oft genug Danke gesagt werden.

Es ist unglaublich, was diese Menschen in unseren Gebieten, besonders auch in Tirol, leisten. Man muss sich vorstellen, dort wird alles mit der Hand bearbeitet, weil einfach der Einsatz von Geräten aufgrund der Steilheit und der Gegebenheit der Flächen nicht möglich ist.

Wir sind schon relativ weit gekommen, wir haben die Situation unserer Bergbäuerinnen und Bergbauern schon verbessern können, aber es ist alles noch nicht so, wie es sein soll. Wir sind vor allen Dingen noch nicht dort, wo wir hingehören, nämlich dass die Leistung der Bauern auch dementsprechend abgegolten wird.

Ich freue mich, dass im vorliegenden Budgetentwurf die Mittel für die Bergbauern an­gepasst wurden und deren Einkommenssituation leicht verbessert wird, aber wir müs­sen, wie gesagt, da noch einen weiten Weg gehen. Es ist wichtig, dass im Wirkungsziel für das Budget 2016 auch klar als Ziel definiert ist, dass es nicht nur um den Ausgleich und das Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen im ländlichen Bereich, im Ein­kommensbereich geht, sondern dass auch die Gleichheit der Entwicklungschancen für Männer und Frauen im ländlichen Bereich als Ziel definiert ist.

Als Tourismussprecher weiß ich: Viele Gäste aus dem In- und Ausland kommen nur deshalb, weil wir unsere traumhaften Almlandschaften auch wirklich bieten können.

Vielleicht an den Anfang zurück, zur aufgerufenen Frage von mir, was wir denn ohne Bergbauern wären: Diese Frage ist, glaube ich, ganz, ganz schwer zu beantworten, aber eines ist sicher: Erst mit den Bergbauern und den Bergbäuerinnen sind wir das, was wir sind, nämlich ein wunderschönes lebens- und liebenswertes Land. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Rupprechter wird nun ei­ne Stellungnahme abgeben. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


14.31.43

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Her­ren Abgeordnete! Hohes Haus! Ich möchte, da es die Tagesordnung so vorgibt, ein­gangs auf das Budget für das Jahr 2016 für Land- und Forstwirtschaft und Wasserwirt­schaft, die UG 42, eingehen. Dazu gibt es die erfreuliche Feststellung, dass es uns – trotz des sehr strikten Konsolidierungskurses der österreichischen Bundesregierung – gelungen ist, dieses gegenüber dem Jahr 2015 annähernd gleich zu halten.

Das Budget setzt auf fünf Schwerpunkte: erstens auf die nachhaltige Entwicklung eines lebensfähigen ländlichen Raums, auf den Schutz vor Naturgefahren, auf die Sicherung der Wasserressourcen als Lebensgrundlage für Mensch und Natur, was ja auch ein Teil der Klimaanpassungsstrategie ist, auf die nachhaltige Stärkung des Lebensraumes Wald – der Wald ist die größte CO2-Senke und damit ein sehr aktiver Beitrag zum Kli­maschutz – und fünftens auf die die Aus- und Weiterbildung.

In der Land- und Forstwirtschaft steht die Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik 2014 bis 2020 an, und wir haben im letzten Jahr die diesbezügliche Markt­ordnungsgesetz-Novelle hier im Hohen Haus beschlossen.


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Es ist Österreich gelungen, das System der Direktzahlungen und die ländliche Entwick­lung als verlässliches Planungsinstrument für die österreichischen Bäuerinnen und Bau­ern zu erhalten.

Herr Abgeordneter Pirklhuber, mit 1 280 Millionen € sind tatsächlich sehr viele EU-Mit­tel da vorgesehen, und Ihre Kritik ist nicht ganz nachvollziehbar, denn im Gegenteil: Wir haben es erreicht, dass wir in der ersten und zweiten Säule gemeinsam in der Zwi­schenzeit Netto-Empfänger aus den Agrartöpfen sind. Und ich lasse mir gerne den Vorwurf gefallen, dass wir in Brüssel erfolgreich darüber verhandelt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich bekennt sich zu einer nachhaltigen, auch zur biologischen Bewirtschaftung unserer Bauernhöfe, zu einem breiten Umweltprogramm und zur Bewirtschaftung der benachteiligten Gebiete. Das Programm enthält auch ein sehr dickes Bündel an Maß­nahmen, wie beispielsweise die Investitionsmaßnahmen, die wir um 25 Prozent aufge­stockt haben, um unseren Sektor Landwirtschaft innovativer, professioneller und auch wettbewerbsfähiger zu machen.

Es sind aber auch Maßnahmen im sozialen Bereich, nämlich für soziale Dienstleistun­gen vorgesehen, weil auch das Prinzip der Solidarität, dem ich mich verpflichtet fühle, ein Prinzip der Nachhaltigkeit ist. Armutsbekämpfung und Inklusion auch im ländlichen Raum sind wichtige Weichenstellungen in diesen Programmen.

Für das Programm für ländliche Entwicklung sind 2016 rund 850 Millionen € an EU- und Bundesmitteln budgetiert. Gemeinsam mit den Landesmitteln stehen für dieses Pro­gramm somit jährlich 1,1 Milliarden € für die Entwicklung des ländlichen Raums zur Ver­fügung. Das entspricht der gleichen Größenordnung wie in der Vorperiode.

Die Marktordnungsmaßnahmen, die von der EU getragen werden, betragen im Jahr 2016 718 Millionen €, davon sind für Direktzahlungen 693 Millionen € veranschlagt. Weitere 7 Millionen €, die nicht im Bundesvoranschlag ausgewiesen sind, werden von der EU für Marktmaßnahmen im Schweine- und Milchsektor 2016 bereitgestellt.

An zusätzlichen nationalen Förderungen im Globalbudget Landwirtschaft und ländlicher Raum stehen 2016 rund 21 Millionen € zur Verfügung. Diese Summe wird für nationale Förderungen im Bereich der Qualitätsverbesserung, Produktionsumlenkung, im Pflan­zenbau, in der Tierhaltung, für Bioverbände im Rahmen des Bio-Aktionsprogramms, für Beratung, für Forschung und AIK eingesetzt.

Auch aufgrund der Dürreereignisse der letzten Jahre und vor allem dieses Jahres wer­den für Pilotprojekte zum Ausbau einer Risikoversicherung im Sinne einer Ernteversi­cherung zusätzliche Mittel aus dem Bundeshaushalt im Jahr 2016 zur Verfügung ste­hen. Bereits für die Ernte 2016 wird auch die Möglichkeit der Dürreversicherung be­stehen.

Für den Bereich Schutz vor Naturgefahren, Wasserressourcen und Wald – und das sind, wie schon erwähnt, Beiträge im Rahmen der Klimaanpassungsstrategie – stehen ins­gesamt für das Globalbudget Forst-, Wasserressourcen und Naturgefahren-Manage­ment 206 Millionen € zu Verfügung, und im Vollzug sollen noch weitere 32 Millionen € aus dem Katastrophenfonds dazukommen.

Die Verbesserung des Schutzes von Siedlungsräumen in den ländlichen Regionen ist ein wichtiger Arbeitsimpuls im Rahmen von Bauaufträgen. Die laufende Erhebung der Gewässergüte und Maßnahmen zur Gewässerreinhaltung sind weitere Schwerpunkte in diesem Bereich, ebenso die Schutzwaldaufforstung, forstliche Raumplanung und Wald­entwicklung.

Eine sehr wichtige Priorität in meinem Agrarbudget ist Bildung, Aus- und Weiterbildung. Rund 12 Prozent des Landwirtschaftsbudgets ohne Berücksichtigung der EU-Förderun-


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gen werden zur Ausbildung land- und forstwirtschaftliche Führungskräfte in den elf hö­heren Lehranstalten, denen auch Forschungsanstalten angeschlossen sind, umgesetzt.

In diesem Bereich konnten wir das Budget trotz Sparkurs ausweiten, nämlich auf 101 Mil­lionen €, die noch ergänzt werden mit 41 Millionen € jährlich für Kosten der Landesleh­rer. Darüber hinaus stehen im Rahmen der ländlichen Entwicklung jährlich 16 Millio­nen € für Aus- und Weiterbildungsprogramme zur Verfügung. Das ist mir wichtig, weil Investition in die Köpfe die beste Investition in die Zukunft ist.

Herr Abgeordneter Pirklhuber, zum World Food Programme, das Sie angesprochen ha­ben: Heute noch werden 5 Millionen € an das World Food Programme von mir überwie­sen, die Mittel sind zwischenzeitig vom Finanzressort freigestellt, und wir werden selbst­verständlich auch in Zukunft dieser Verpflichtung, auch dem gemeinsamen Entschlie­ßungsantrag dieses Hohen Hauses entsprechend, nachkommen. Die österreichische Bun­desregierung wird den Auftrag mit Nachdruck umsetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun lassen Sie mich zur UG 43, dem klassischen Umweltbudget kommen. Als Aus­gangspunkt für die Erstellung des Umweltbudgets wurde das Bundesfinanzrahmenge­setz hier im Hohen Haus für 2016 bis 2019 beschlossen. Durch intensive Verhandlun­gen mit dem Finanzminister ist es mir gelungen, für den Voranschlag noch eine Aufsto­ckung von 12 Millionen € für Klimaschutzmaßnahmen zu erwirken, sodass nun 628 Mil­lionen € zur Verfügung stehen.

Der Bundesvoranschlag ist zwar gegenüber dem Vorjahr um 16 Millionen € geringer, die Budgetkürzungen sind aber nicht linear vorgenommen, sondern in unterschiedli­chen Teilbereichen (Abg. Brunner: Zum Beispiel beim Klimaschutz!) und orientiert nach den Auszahlungsnotwendigkeiten.

Es wurde schon richtiggestellt, und zwar vom Herrn Abgeordneten Höfinger, dem ich dafür ausdrücklich danken möchte, dass es mir gelungen ist, die Budgetkürzung durch die Zurverfügungstellung von EU-Mitteln mehr als wettzumachen. So stehen im Jahr 2016 25 Millionen € zusätzlich zur Verfügung, die sich zwar nicht im Umweltbudget wie­derfinden, aber insgesamt für die erfolgreiche Umweltpolitik bereitstehen. Es sind also tatsächlich, Frau Abgeordnete Brunner, mehr Mittel als bisher verfügbar. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Brunner.)

Nun auch zu der internationalen Klimafinanzierung: Österreich leistet bereits jetzt – und das haben wir wirklich ausführlich im Budgetausschuss dargelegt – jährlich 130 Millio­nen €, und zwar wirklich einen adäquaten Beitrag für die internationale Klimafinanzie­rung. Das ist weder peinlich noch kleinlich, wie das gerne von Ihnen, Frau Abgeordnete Brunner, dargestellt wird.

Reden Sie hier die Leistungen der österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzah­ler nicht klein! Das ist ein starker Beitrag, den wir hier für die internationale Klimafinan­zierung erbringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Was die Erstkapitalisierung des Green Climate Fund anbelangt: Da haben wir 25 Mil­lionen US-Dollar zugesagt. Davon haben wir als einer der Ersten – Frau Abgeordnete Weigerstorfer, danke für die Richtigstellung! – bereits 6 Millionen € überwiesen. Öster­reich hat damit die Operationsfähigkeit dieses Fonds sichergestellt.

Darüber hinaus stehen im Jahr 2016 zusätzlich 12 Millionen € für die internationale Kli­mafinanzierung zur Verfügung. Davon werden 10 Millionen € im kommenden Jahr zu­sätzlich zu den 25 Millionen Dollar überwiesen. Es ist mein Ziel, dass wir insgesamt bis zur Periode 2020 jährlich diesen Betrag auch bereitstellen.

Das heißt, Frau Abgeordnete Brunner, mit dieser Zusatzdotierung leisten wir annähernd das, was Sie uns hier als Messlatte vorgegeben haben. Also ich denke, da brauchen


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wir unser Licht nicht unter den Scheffel zu stellen, sondern haben damit einen wirklich proaktiven Beitrag für den Grünen Klimafonds bereitgestellt.

Nun zu den im Budget ausgewiesenen 91 Millionen € betreffend die thermische Sanie­rung, Umweltförderung im Inland: Da darf ich darauf hinweisen, dass noch zusätzlich 17 Millionen € an EU-Mitteln zur Verfügung stehen. Wir gehen damit in der Umwelt­politik den erfolgreichen Weg der Kofinanzierung unserer Programme durch EU-Mittel, um da auch EU-Mittel abzuholen. Gut ein Drittel der nationalen Mittel werden für die thermische Sanierungsaktion verwendet, wobei zusätzlich noch Mittel durch das Wirt­schaftsressort bereitgestellt werden. Die Kürzung bei diesen Budgetposten erfolgte auch im Hinblick auf die durch den Bund geschaffene Bundes-Wohnbaubank, die gestern in der Bundesregierung als Regierungsvorlage verabschiedet wurde.

Zu den im Bundesvoranschlag korrekterweise dargestellten Reduktionen bei Investi­tionsvolumen, CO2-Effekten und Energieeffizienzzwecken ist festzuhalten, dass in die­ser Darstellung die ausgewiesenen Mehrmittel im EU-Bereich nicht eingerechnet sind.

Was den Klima- und Energiefonds anbelangt, so stehen mit den 37,5 Millionen € und 5,5 Millionen € an EU-Mitteln also Mittel zur Verfügung, die den Mitteln des Jahrespro­gramms 2015 entsprechen. Wir werden nach der Verabschiedung des Jahrespro­gramms sicherstellen können – nach dem Budgetabschluss –, wie hoch auch der Liqui­ditätsbedarf im Klima- und Energiefonds ist. Aber die Mittel können in der gleichen Grö­ßenordnung bereitgestellt werden. (Abg. Brunner: … nicht besonders nachhaltig!)

Was den Bereich der nachhaltigen Natur- und Umweltschutzmaßnahmen, die National­parks und den Naturschutz anbelangt, stehen 12 Millionen € – gleich viele Budgetmittel wie 2015 – zur Verfügung. Die EU-Mittel in diesem Bereich sind 2,5 Millionen €, mit de­nen wir weitere Naturschutzprojekte finanzieren können.

Mit den Bundesmitteln in der Höhe von 11,4 Millionen € sind weiterhin Maßnahmen für eine nachhaltige Abfallbewirtschaftung zur Reduktion von Stoffströmen an gesundheits- und umweltgefährlichen Chemikalien möglich. Die Budgetierung der Altlastensanierung erfolgt mit 55 Millionen € in Höhe der zu erwartenden zweckgebundenen Einnahmen zu Altlastenbeiträgen. Damit kann der erfolgreiche Weg der Altlastensanierung und die Beseitigung von Gefahren für Mensch und Umwelt fortgesetzt werden.

Auch hinsichtlich der Siedlungswasserwirtschaft konnte diese sichergestellt und planmä­ßig budgetiert werden. Zusätzlich können 2016 Förderzusagen in Höhe von 100 Millio­nen € für die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung getätigt werden.

Sie sehen also, die Umweltpolitik der Bundesregierung ist eine erfolgreiche, ambitio­nierte und zielgerichtete. Ich hoffe, dass Sie es sich noch einmal überlegen und diesem sehr ambitionierten Haushalt vielleicht doch zustimmen werden. – Vielen Dank, Hohes Haus. (Beifall bei der ÖVP.)

14.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich die so­eben angesprochene Frau Abgeordnete Brunner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.44.15

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Der Herr Minister hat in seiner Rede gesagt: Österreich leistet 130 Millionen € zur internationalen Klimafinan­zierung.

Das kann man so darstellen, wenn man möchte. (Bundesminister Rupprechter: Nein, das ist so!) Es ist aber unrichtig. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist unrichtig, dass das frische und zusätzliche Gelder sind, wie das eben für die Kli­maverhandlungen gefordert ist. Die 130 Millionen € sind Gelder, die jetzt schon fließen,


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wo jetzt auch nach Klimaaspekten gesucht wird und die das Mascherl der Klimafinan­zierung bekommen.

Frische und zusätzliche Gelder aus Österreich (Bundesminister Rupprechter: Habe ich gerade dargelegt!) sind lediglich die 20 Millionen € über vier Jahre plus die einmali­gen 12 Millionen, wie wir es im Budgetausschuss erörtert haben, im nächsten Jahr. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Im Vergleich mit anderen Ländern ist das ungenügend. (Bei­fall bei den Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Keine Berichtigung!)

14.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Das war schon eine. Nur war die Einleitung etwas un­geschickt gewählt, würde ich sagen. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


14.45.00

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuse­her! Geschätzte „PaMis“! Ich möchte, bevor ich auf das Budget eingehe, auch ganz kurz auf die Richtigstellung von Frau Kollegin Brunner eingehen. Es war insofern keine rich­tige Richtigstellung, weil der Inhalt falsch war. (Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Der Green Climate Fund ist eines von mehreren Werkzeugen, um den Klimawandel zu stoppen. Nur beim Green Climate Fund betrifft es diese 100 Milliarden US-Dollar, wo es um frische Mittel geht. Bei allen anderen Maßnahmen können Entwicklungszusam­menarbeit und viele andere Maßnahmen hineingerechnet werden. Ob das richtig oder falsch ist; aber das wäre einmal der Fakt, und den hätte ich mir gewünscht. (Abg. Brun­ner: Ich habe alles doppelt und dreifach …!)

Zum Budget selbst: Ich bin für NEOS bei mehreren Budgets verantwortlich und muss sagen, das Umweltbudget war das unkritischste und jenes, das weitestgehend auch mei­ne Zustimmung erhalten würde. Warum sage ich das? – Es geht in der Budgetdebatte natürlich im Wesentlichen darum: Wie sind die Mittel eingesetzt? Wie sehr haben sie sich verringert oder vermehrt? Und könnte man es im Großen und Ganzen besser ma­chen? – Wir haben uns mehrere Punkte angesehen, aber im Großen und Ganzen gab es keine wesentliche Kritik, und alle Fragen wurden beantwortet.

Ich möchte aber auf diese Frage eingehen, wenn wir uns das Umweltbudget anschau­en und anschauen, welche großen Herausforderungen wir derzeit in Österreich haben: Wie weit geht hier das Umweltministerium? – Ich würde sagen, die drei wesentlichen Punkte sind aus meiner Sicht der Arbeitsmarkt, das Wirtschaftswachstum und der Kli­mawandel.

Beim Arbeitsmarkt, Herr Minister, habe ich wohl Ihre Kalkulation verstanden, dass die Reduktion im Budget beim Bereich der thermischen Sanierung tatsächlich wiederum durch europäische Mittel aufgefettet wird. Jetzt kann man sagen, die 100 Millionen, die letztes Jahr zur Verfügung gestanden sind – oder richtigerweise: 105 Millionen –, wer­den in etwa in der gleichen Größenordnung auch im nächsten Jahr zur Verfügung ste­hen.

Was mir aber nicht begreiflich ist: Die Regierung hat bisher immer gesagt, dass das ein wesentlicher Hebel ist, um tatsächlich Arbeitsplätze zu schaffen. Also wäre sozusagen mein Zugang der gewesen: Wenn ich ein Werkzeug habe, mit dem ich tatsächlich Ar­beitsplätze schaffen kann, dann bleibe ich nicht bei dem Stand der Dinge wie im letzten Jahr, sondern ich erhöhe entsprechend, denn da habe ich eine direkte Antwort, um Ar­beitsplätze zu generieren.


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Der zweite Punkt, der aus meiner Sicht ebenfalls nicht verständlich ist – das haben wir auch im Ausschuss besprochen –, ist die Frage der Zielsetzungen im Umweltministe­rium. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Green Tech Jobs und die Umweltjobs bis 2018 auf 200 000 zu erhöhen, und haben daran auch Wirkungsziele, zum Beispiel im Bereich des Exports von Umweltgütern und Umwelttechnologie, gekoppelt. Wir haben uns für das Jahr 2016 das Ziel gesetzt, gleich gut wie im Jahr 2014 zu sein. Das ist nicht ausreichend ambitioniert, wenn ich sage, ich möchte im Bereich des Arbeitsmark­tes und im Bereich des Wirtschaftswachstums etwas erreichen.

Der dritte Punkt, den ich jetzt auch noch ausführlicher behandeln möchte, ist die Frage des Green Climate Fund und des Klimawandels. Sie kennen meine Position, dass wir uns deutlich mehr gewünscht hätten, vergleichbar mit der Schweiz, nicht vergleichbar mit Schweden. Wir haben auch heute wieder erfahren: Es sind die 25 Millionen US-Dol­lar, die Sie ursprünglich schon angekündigt haben, und weitere 12 Millionen sind der­zeit im Budget vorgesehen. Das ist nicht einmal die Hälfte dessen, was die Schweiz leisten wird.

Ich verstehe, dass das Umweltbudget an sich nicht ausreicht, um das Ganze zu heben. Was ich aber nicht verstehe, ist die fehlende Ambition, tatsächlich in andere Bereiche hineinzuwirken. Sie haben selbst bei der „Pressestunde“ am Sonntag die CO2-Steuer ins Spiel gebracht. Es gibt derzeit keinen Druck vonseiten des Umweltministeriums in Richtung Finanzministerium, dass man umweltbezogene Steuern tatsächlich so gestal­tet, dass sie a) in Summe zu keiner Mehrbelastung führen, aber b) tatsächlich steuern und c) auch als Gegenfinanzierung dienen können für den Green Climate Fund. An die­sem Punkt, muss ich Ihnen mitgeben, erwarte ich in Zukunft wesentlich mehr Engage­ment.

Meine Redezeit geht dem Ende zu, ich möchte noch einen Punkt mitgeben. Dort, wo wir bei den Zielwerten auf Kooperation mit den Bundesländern tatsächlich angewiesen sind, scheitern wir bravourös, egal, ob es bei den Flächenwidmungen ist, ob es bei der Ressourcenproduktivität ist – das heißt, Produktivität entkoppelt vom tatsächlichen Res­sourcenverbrauch –, und auch bei der Biodiversität, wo es darum geht, unsere Umwelt unseren Nachfahren zu erhalten. Da erwarte ich ebenfalls deutlich mehr als bisher. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

14.50


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


14.50.17

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne geschätzten Damen und Herren! Die Land- und Forstwirtschaft ist eine wichtige Säule für die Volkswirtschaft in Österreich. Dabei stehen natürlich die Lebensmittelproduktion und die Sicherung der Versorgung der Menschen mit besten Lebensmitteln ganz vorne in der Prioritätenliste.

Es ist schon angesprochen worden: Selbstverständlich ist dabei der Heimmarkt das Wichtigste. Aber ich behaupte, Herr Kollege Pirklhuber, auch Export ist von Bedeutung. (Abg. Pirklhuber: … nicht widersprochen! Es geht um die Wirkungsziele!) – Eigentlich widersprichst du dir ja selbst. Wir wissen genau, dass 40 Prozent der Biomilch, die in Österreich erzeugt wird, exportiert werden. Das heißt als Alternative: Wenn du willst, dass es noch mehr Biobauern werden, muss jeder Liter zusätzlich erzeugte Biomilch exportiert werden (Abg. Pirklhuber: Diese Zahlen sind nicht durch die Statistik belegt!) oder im Inland zu konventionellen Preisen verkauft werden. Das solltest du bedenken, wenn du dich gegen die Initiative des Ministers auf Export aussprichst.

Unsere Bauern erbringen aber auch über die eigentliche, ursächliche Produktion hi­naus noch vielfältige Umweltleistungen. Diese Leistungen müssen mit öffentlichen Gel-


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dern bezahlt werden. Drei Viertel der Betriebe nehmen am Umweltprogramm oder an der Maßnahme Bio teil, und dies mit 86,7 Prozent der österreichischen Agrarfläche. Da­rüber hinaus haben viele Betriebe erschwerte Produktionsbedingungen. Über 60 000 Be­triebe sind zum Beispiel Bergbauernbetriebe, und diese haben nur eine Chance, wenn sie entsprechend unterstützt werden.

Darum brauchen wir ein gut dotiertes Agrarbudget. 2,135 Milliarden € sind für 2016 vorgesehen, der Großteil davon kommt auch direkt zu den Bäuerinnen und Bauern. 2,135 Milliarden €, das mag im ersten Moment viel erscheinen, wir wissen allerdings, dass 1,28 Milliarden € davon aus Brüssel kommen, 290 Millionen € vom Bund. Wenn wir die 190 Millionen €, die von den Ländern kommen, hinzurechnen, dann müssen wir sagen, dass, ausgehend von 290 Millionen € an Bundesmitteln, 1,76 Milliarden € pro Jahr zu den Bäuerinnen und Bauern kommen! Das ist, glaube ich, eine Leistung, die wir nicht zu verstecken brauchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Leistungen der Bäuerinnen und Bauern sind es aber auch auf alle Fälle wert, dass sie dieses Entgelt mit gutem Grund erhalten. Ich bedanke mich auch beim Minister da­für, dass es ihm heuer gelungen ist in einer Ausnahmesituation – neues Programm und viele Unwägbarkeiten –, dass trotzdem ein großer Teil des Geldes zu den Bauern kommt. Anderswo ist das nicht so. Ich zitiere hier ein Interview, das Landesrat Schuler in Südti­rol gegeben hat:

„Schon länger warten die Südtiroler Landwirtschaftsbetriebe auf die Auszahlung diver­ser Prämien für die Jahre 2014 und 2015. Bei den Prämien für 2014 geht nun etwas weiter: Wie Landesrat Arnold Schuler dem ‚Südtiroler Landwirt‘ mitteilt, werden bis Jah­resende rund 40 Millionen an die Bauernbetriebe überwiesen … Erst im Lauf des kom­menden Jahres können die Vorauszahlungen für die Agrarumweltprämien, die Aus­gleichszulagen und die Betriebsprämien des Jahres 2015 getätigt werden. Wann ge­nau, das steht derzeit noch nicht fest.“

Im Gegensatz dazu können sich unsere Bäuerinnen und Bauern in Österreich immer darauf verlassen, dass tatsächlich das ganze Geld kommt. Ich darf mich bei dir, sehr geschätzter Herr Minister, recht herzlich dafür bedanken, dass wir hier besser unter­wegs sind als ganz Europa! (Beifall bei der ÖVP.)

14.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


14.54.25

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Damen und Herren auf der Tribüne und vor den Fernsehgeräten! Kollege Eßl hat ja gerade eine Lobeshymne gesprochen. Ich denke, du hast schon längere Zeit nicht mehr mit Praktikern gesprochen. Das ist aber kein Problem. (Der Redner stellt einige Bilder und Gegenstände vor sich auf das Red­nerpult.)

Ich möchte an vorderster Stelle den Dank an die Bäuerinnen und Bauern richten, die trotz dieser miesen Preissituation in allen Sparten, vom Holz bis zum Obst, bis zur Milch, bis zum Fleisch, bereit sind, ihre Arbeit zu machen. Ich möchte hier appellieren, dass wir uns bewusst werden, wie ernst die Situation ist. Es tut wirklich weh, wenn man hört, wie hier krampfhaft versucht wird, die Situation schönzureden. Da brennt aber der sprichwörtliche Hut! (Beifall beim Team Stronach.)

Ich habe deshalb dieses Bild mitgenommen (eine Fotografie von einem Containerschiff in die Höhe haltend), damit wir gleich einmal zur Thematik der Warenströme kommen. Wir haben ja beim Thema Wirtschaft über Flüchtlinge diskutiert. Wir haben auch immer


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wieder darüber gesprochen, dass man Maßnahmen bekämpfen muss. So wie beim Kli­maschutz: Viel Geld verwenden, aber nichts erreichen! Das Entscheidende ist ja das: Wir haben beim Klimaschutz – und die „Grüne Krone“ hat es auf den Punkt gebracht – viel warme Luft. Seit 1978 finden ständig Umweltkonferenzen statt – ich glaube, das ist für die Teilnehmer sicherlich sehr amüsant –, aber es reicht nicht das Erzählte, es zählt das Erreichte – und das ist null! Wir fallen zurück, die Umweltsituation verschlimmert sich. (Beifall beim Team Stronach.)

Wenn man sich die Wochenendbeilage der „Salzburger Nachrichten“ angesehen hat, dann weiß man, was los ist: dieses furchtbare Bild mit dem ausgetrockneten, zerrisse­nen Boden, mit dem armen Ureinwohner, der da bloßfüßig draufsteht (Abg. Heinzl: Das kennen wir schon!) und dann leider zum Wirtschaftsflüchtling wird. Er wird nicht zum Kriegsflüchtling, er wird zum Wirtschaftsflüchtling.

Ich habe mir gedacht, ich nehme ein Bild mit hierher, um ein bisschen zu erklären, wie mit den Nahrungsmitteln, die wir importieren, Wirtschaftsflüchtlinge entstehen und wir auch betroffen sind.

Das (eine Fotografie in die Höhe haltend) ist nichts anderes als ein indischer Wasser­büffel, der von einem Inder getrieben wird, mit einer Fuhre Zuckerrohr. Wir nehmen ihnen mit diesem Zuckerrohr die Lebensgrundlage vor Ort. Egal, ob Soja, ob Palmöl, wir nehmen ihnen in allen Bereichen die Lebensgrundlage! Er ist bereits unterwegs als Flüchtling, er ist schon bei den Wirtschaftsflüchtlingen. Und in den nächsten fünf, sechs Wochen – jetzt brauchen wir noch einmal kurz das Schiff (neuerlich die Fotografie von dem Containerschiff in die Höhe haltend) – wird der Wasserbüffel angeliefert und dann als Rindfleisch in Österreich ausgeliefert.

Freunde, das ist die Wirtschaft, die wir betreiben! Das brauchen wir nicht schönzure­den: Damit bringen wir jegliche regionale Produktion um. Da hat niemand eine Chance, außer jenen, die hier spekulieren, außer jenen, die damit wirklich viel Geld verdienen. Und die sollen dann auch schön langsam einmal – diese Konzerne, die hier auf dem Rücken der Praktiker spekulieren – zur Kasse gebeten werden! Bei den Steuermodel­len haben sie es ohnehin immer geschafft, dass sie rauskommen. Sie sollen aber ein­mal für diese Kosten, die entstehen, zur Kasse gebeten werden. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich möchte hier nicht darauf eingehen – weil von den Geldern gesprochen wurde, Herr Minister, die du von Brüssel nach Hause gebracht hast: 7 Millionen, du verdoppelst sie. Bitte, wenn du hier in diesem Haus vor den Kolleginnen und Kollegen erklären könn­test, wohin das Geld kommt! Das wäre interessant. Ich kann dir eines garantieren: in die Bauernhöfe nicht! Das wäre interessant, da Kollege Hofinger letzthin beim Grünen Bericht sich für die Vorauszahlungen bedankt hat. Jetzt haben wir die zugesagten Aus­gleichszahlungen gekürzt, und nun reden wir auf einmal von Vorauszahlungen! Ja, bit­te, könnt ihr euch die schlechte Stimmung bei den Bäuerinnen und Bauern am Bauern­hof erklären? – Ich schon. Sprecht mit ihnen, dann wisst ihr, wie fatal die Situation wirk­lich ist!

Zweiter Punkt: Die angesprochenen Gelder, die Ausgleichszahlungen, kommen zum Großteil nicht in die Bauernhöfe. Das muss klargestellt werden, und ich denke, das ist der Ansatzpunkt, warum zum Beispiel Energy Drinks in der Lebensmittelexportstatistik geführt werden. Bitte, was hat das mit unseren Bauernhöfen zu tun? – Da muss man einmal erklären, woher dann die Süßungsmittel kommen.

Der Finanzausgleich wird, denke ich, ein eigenes Thema beim ländlichen Raum. Da werden wir dann erleben, wie die Realität wirklich ausschaut.

Die Überschusslüge ist ganz leicht erklärt, und das ist ganz interessant – ich habe es Ihnen mitnehmen müssen, weil es viele Leute gar nicht geglaubt und gesagt haben: Das


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gibt es nicht, das muss eine Verwechslung sein! –: Das (eine Packung Margarine in die Höhe haltend) ist der Überschuss, das ist Regenwald pur! Regenwald pur, ausgezeich­net mit garantierter österreichischer Qualität, mit österreichischem Qualitäts-Gütesiegel.

Und – der Herrgott gibt es den Seinen im Schlaf – heute Mittag denke ich mir: Das gibt es ja gar nicht, alles Bio in der Kantine, wunderbar! Kolleginnen und Kollegen (eine Spei­se- und Getränkekarte in die Höhe haltend), ihr habt ja heute hundertprozentig die Spei­sekarte angeschaut. „Gourmet“ und – das gibt es ja gar nicht: Das ist dasselbe Bio-Gü­tesiegel wie auf dem Palmöl!

Das ist ja ein Universal-Gütesiegel, glaube ich. Das werden wir dann auch für die TTIP-Produkte nehmen. – Das ist ja unerträglich! (Beifall beim Team Stronach.)

Herr Minister, wenn ich mir diese Karte so anschaue: Da gibt es dann ein Bio-Cola, ei­nen Bio-Almdudler, ein Bio-Red-Bull, eine Bio-Römerquelle, ein Bio-Sodawasser. Aber von 45 Getränken sind nur vier wirklich Bio. Auf dieser Seite hat dieses Siegel also nichts verloren! (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Also bitte, Herr Minister, fahr nicht so viel ins Ausland. Mir hat es heute Präsident Auer erklärt. Mir wird jetzt schön langsam deine Reiselust bewusst. Du hast mit deinen Rei­sen zirka 890 000 € an Kosten verursacht. Die Erfolge sind sehr dürftig. In der Beant­wortung haben wir durch Frau Oberhauser erfahren, dass noch kein Kilo nach China ex­portiert worden ist, aber du hast dich für die großartigen Erfolge feiern lassen mit dem Herrn Staatspräsidenten. (Präsidentin Bures übernimmt wieder den Vorsitz.)

Natürlich ist es schön, wenn man als Landwirtschaftsminister sieht, dass in Japan die Milch 2 € kostet. Das ist wunderbar, und jetzt, glaube ich, ist die Arbeit auch in Auftrag gegeben: Wir müssen schauen, dass wir in Österreich faire Preise bekommen. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Obernosterer: Die Redezeit ist aus, das Licht blinkt …!)

Herr Kollege Obernosterer, du hast dich ganz genau zum richtigen Zeitpunkt gemeldet. Du hast natürlich gewusst, was jetzt kommt. Das (eine Tafel, auf der drei Siegel abge­bildet sind: Geschützte Geografische Angabe, Geschützte Ursprungsbezeichnung, Ga­rantiert Traditionelle Spezialität, in die Höhe haltend) ist keine Lebensmittelkennzeich­nung. Das gehört abgeschafft! (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Wir haben einen Antrag eingebracht, da dieses „g.g.A.“-Zeichen zur Täuschung der Konsumenten führt, weil das Produkt nicht aus der Region kommt. Es ist ausreichend, wenn es in der Region verarbeitet wird, und das ist ganz schlecht für die Gastronomie. Stell dir vor (in Richtung des Abg. Obernosterer), wie du da getäuscht wirst, und dann wirst du von einem Gast zur Rechenschaft gezogen.

Das gehört geändert, und zwar in eine nachvollziehbare Lebensmittelkennzeichnung; und das im Zuge der TTIP-Diskussion, im Zuge der internationalen Diskussionen, Herr Minister. (Abg. Rädler: … China Restaurant!)

Ein kurzer Ansatz noch zur Umwelt: Mit Biodiesel verfahren wir in Österreich 13 000 Hek­tar Regenwald. Wie kannst du das in Paris bei der Umweltkonferenz erklären, wenn dich dort jemand fragt, ob das stimmt? – Das ist ja ganz fürchterlich. Wir verfahren mit dem österreichischen Treibstoff, mit dem Biodiesel, Regenwald. So zerstören wir das wertvolle Wort „Bio“ auch noch.

Die Quintessenz aus der ganzen Geschichte ist … (Abg. Rädler: Wie war das in dei­nem China-Restaurant?) – Herr Kollege Rädler, vielleicht gehst du einmal in den Agrar­ausschuss. Wir werden beim nächsten Mal das österreichische Qualitätsgütesiegel-Gesetz diskutieren. Das ist die einzige Möglichkeit, dass wir alle heute hier aufgezeig­ten Probleme, insbesondere die auf der Konsumentenseite, endlich fair behandeln (Zwi­schenruf des Abg. Rädler), dass dort, wo Österreich draufsteht, Österreich drin ist und wir dieses Qualitäts-Gütesiegel umsetzen. (Beifall beim Team Stronach.)


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Herr Minister, abschließend darf ich noch einen Entschließungsantrag einbringen zum Bericht über Importe von Ölen und Fetten. Das ist interessant: Für einen Bauernhof wird, wenn eine Kuh nicht zwei Ohrmarken hat, eine Betriebssperre verhängt, und auf dem freien Handelsmarkt darf alles passieren, deshalb der Entschließungsantrag. (Bei­fall beim Team Stronach.) Ich bin überzeugt davon, es werden alle Redner und auch die anderen Kolleginnen und Kollegen heute zustimmen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bericht über Importe von Ölen und Fetten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, dem Nationalrat jährlich einen Bricht darüber zuzuleiten, welche tierischen und pflanzlichen Fette in welchen Mengen aus welchen Ländern importiert werden.“

*****

Damit wir im Bereich Ernährung, im Bereich Klima, im Bereich Umwelt, im Bereich Ge­sundheit, im Bereich Arbeitsplätze endlich zur enkerltauglichen Politik kommen. (Abg. Eßl: Aber geh!)

Wir bitten um Unterstützung. (Beifall beim Team Stronach.)

15.03


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bericht über Im­porte von Ölen und Fetten“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), UG42 (Land-, Forst-, und Wasserwirtschaft)

Fette zählen neben Proteinen und Kohlenhydraten zu den drei Grundbausteinen unse­rer Ernährung. Sie sind ein wichtiger Energielieferant für den menschlichen Organis­mus. Idealerweise werden 55 -60 Prozent des Energiebedarfs durch Kohlenhydrate,
25 - 30 Prozent durch Fett und 10 - 15 Prozent durch Proteine gedeckt. Wichtig ist au­ßerdem, welche Art von Fett dem Körper zugeführt wird. Die Ernährungsexperten sind sich einig, Fette und Öle sind ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung. Man sollte aber darauf achten, dass man vor allem ungesättigte Fette zu sich nimmt.

„Während in Österreich seit 2009 gesetzliche Höchstwerte gelten, gibt es in anderen Ländern derzeit keine entsprechenden Regelungen“, erklärt Ernährungsexpertin Katrin Mittl. „So können zum Beispiel Produkte, die aus Süd- oder Osteuropa eingeführt wer­den, nach wie vor einen hohen Transfettsäuregehalt aufweisen.“ Das zeigt auch ein ak­tueller Test des Vereins für Konsumenteninformation (VKI): Drei von neun stichproben-


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artig überprüften Importprodukten wiesen einen stark erhöhten Transfettwert auf und wurden von Experten als „für den Verzehr ungeeignet“ eingestuft wurden.“

„Transfettsäuren fördern Herz-Kreislauf-Erkrankungen und werden mit Diabetes sowie ge­wissen Formen von Krebs in Zusammenhang gebracht“, informiert VKI-Expertin Mittl. „Mit der Trans-Fettsäuren-Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit 2009 wur­den österreichweit verbindliche Höchstwerte eingeführt. Demnach ist es verboten, Le­bensmittel mit einem Gehalt von mehr als zwei Prozent Transfett im Gesamtfett herzu­stellen oder in Verkehr zu bringen. Nur bei einem Fettgehalt unter 20 Prozent ist ein Wert von vier Prozent erlaubt.“ (http://www.konsument.at/presse/transfette-in-lebens­mitteln-erhoehter-gehalt-bei-importprodukten-moeglich-26-02-2014)

Dabei ist auch zu empfehlen, nicht nur auf die gesundheitliche Seite des Fett- und Öl­konsums zu achten, sondern auch bei den Fetten und Ölen auf die Umwelt zu achten und zu den regionalen Produkten zu greifen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, dem Nationalrat jährlich einen Bricht darüber zuzuleiten, welche tierischen und pflanzlichen Fette in welchen Mengen aus welchen Ländern importiert werden.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ecker. (Abg. Stein­bichler beim Verlassen des Rednerpultes eine Tafel, auf der Maden in einem Kübel abgebildet sind, in die Höhe haltend : Das ist der Geschmack der …! – Abg. Rädler: Das sind deine Currynudeln!)

Jetzt ist Frau Abgeordnete Ecker am Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.04.02

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen! Zuallererst möchte ich Ihnen, Herr Minis­ter, danken. Ihrer Kritik am derzeitigen Stand des Freihandelsabkommens TTIP kann man nur zustimmen.

Aber, Herr Minister, so sehr ich Ihren Mut bei TTIP schätze, beim Budget fehlt mir in ei­nigen Punkten noch der Wille zur Veränderung. Immer weniger Menschen arbeiten in der Landwirtschaft. Es ist offensichtlich, dass dies in enger Verbindung damit steht, dass das Einkommen in diesem Bereich sehr ungerecht verteilt ist. Ein Kleinbauer ver­dient ein Sechstel eines Großbetriebes, und das, lieber Herr Minister, kann nicht so bleiben. Ich glaube, wir müssen hier mehr die Qualität vor die Quantität stellen, etwa die Aussetzung der Milchquote, sie ist sicher nicht der richtige Weg.

Den überwiegenden Teil der Betriebe findet man in den Berggebieten. Diese können bei der Produktion niemals mit einem Großbetrieb mithalten. Gerade für diese Berg­bäuerinnen und Bergbauern wünsche ich mir hier mehr Unterstützung. (Beifall des Abg. Jannach.) Es ist zwar schon vieles geschehen und hier erkennt man auch ganz klar die sozialdemokratische Handschrift, aber wir sind noch lange nicht am Zenit.

Zu meinem Vorredner, Herrn Abgeordneten Eßl: Ja, wir wünschen uns mehr Biobauern in diesem Land, und die produzieren nicht nur Milch, das müssten Sie eigentlich wis-


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sen. Die Biobauern produzieren tolle Nischenprodukte und ganz, ganz tolle, hoch quali­tative Produkte. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz klar und positiv möchte ich den Breitbandausbau hervorstreichen. Dafür werden 300 Millionen € für nächstes Jahr veranschlagt. Das ist eine ganz wichtige Unterstüt­zung für die Menschen in den ländlichen Regionen und vor allem für die Klein- und Mit­telbetriebe auf dem Land.

Ich möchte auch lobend erwähnen, dass nächstes Jahr mehr Mittel für den Klima­schutz und den Schutz vor Naturkatastrophen zur Verfügung stehen. Meiner Ansicht nach ist es ganz, ganz wichtig, dass wir als Staat in die Infrastruktur investieren, dies schafft Arbeitsplätze und erhält auch die Kaufkraft.

Insgesamt sehe ich einige negative Punkte, aber auch Verbesserungspotenzial, und ich freue mich natürlich über die Verbesserungen im Budget. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Hauser. – Bitte.

 


15.06.17

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Minister ist ja auch für den Bereich Schutz vor Naturgefahren wesentlich zuständig, und ich möchte zu die­sem Bereich ein paar Anmerkungen machen. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Es wurde heute schon richtigerweise festgestellt, dass unsere Bauern, unsere Berg­bauern, einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der Kulturlandschaft leisten und da­mit die Voraussetzungen schaffen, dass in vielen Bereichen Katastrophen, Umweltka­tastrophen, verhindert werden können. Dafür gebührt unseren Bauern und Bäuerinnen ein großes Dankeschön (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP), weil da­mit der ländliche Raum auch erhalten werden kann.

Das ist aber zu wenig. Sie wissen, es vergeht leider kein Jahr ohne größere Naturka­tastrophe, leider Gottes sind es immer mehr. Man braucht zum Beispiel nur an das Sellraintal in Tirol zu denken, das dieses Jahr von einer großen Naturkatastrophe heim­gesucht wurde, um zu wissen, wie wichtig Verbauungsmaßnahmen im ländlichen Ge­biet überhaupt sind.

Es hat sich sogar der Bundesrechnungshof in seinem Bericht von vor drei Jahren „An­passung an den Klimawandel auf Ebene der Länder Salzburg und Tirol“ mit dieser The­matik beschäftigt. Darin hat der Bundesrechnungshof unter anderem festgehalten und festgestellt, dass es für Tirol und Salzburg zum Beispiel notwendig ist, regionale Klima­modelle zu erarbeiten, um auf diese Änderungen im Klimawandel eingehen zu können und die richtigen Schritte zur Verhinderung von Naturkatastrophen setzen zu können.

Er hat zum Beispiel eingefordert, die notwendigen Hochwasserretentionsräume vorzu­sehen. Er hat eingefordert, die Gefahrenzonenpläne zu überarbeiten, um zu wissen, wo die gefährdeten Bereiche gerade in den Bundesländern Tirol und Salzburg sind. Dort, wo Bauland sehr knapp ist, muss man wissen, wo man bauen kann, ohne dass die Bauten gefährdet sind, wo Verbauungsmaßnahmen zu setzen sind, damit man mög­licherweise auch neuen Wohnraum schaffen kann. Das alles sind wichtige Fragen, die in diesem Bereich anstehen. Er hat unter anderem eingefordert, die Sanierungsprojek­te für den Schutzwald voranzutreiben.

Ich sage ganz ehrlich, wenn sich der Bundesrechnungshof mit diesen Problemen be­schäftigt, dann ist es fünf vor zwölf, denn andernfalls würde sich der Bundesrechnungs-


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hof, der sich normalerweise mit Projekten herumschlägt, die große Investitionen anlan­gen, nicht mit diesen Bereichen befassen.

Herr Minister, wir wissen das Engagement wirklich zu schätzen, aber – jetzt kommt das große Aber – Sie haben ein Buch herausgegeben (ein Buch in die Höhe haltend): „130 Jahre Wildbach- und Lawinenverbauung“, im Eigenverlag der Wildbach- und La­winenverbauung. Unter dem Titel „Visionen“ wurde ein Beitrag von Ihrer Abteilung ab­gedruckt, den ich hier gerne zitieren würde, ganz nach dem Motto: Wehret den Anfän­gen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, da zuzuhören, weil da Aussagen getroffen wurden, die wirklich Angst machen. Ich zitiere aus diesem Bericht: Vision – Blick in die Zukunft:

„Die Wildbach- und Lawinenverbauung bringt seit jeher Schutz in den ländlichen Raum und ermöglicht ein Leben und Wirtschaften bis in die entlegensten alpinen Seitentäler. Dies wird bis heute auch gesellschaftspolitisch mit sehr viel Steuergeld unterstützt. Sieht man etwas genauer hin, zeigen sich auf kleinem Raum sehr große Unterschiede. Neben wirtschaftlich blühenden Tälern existieren auch in Österreich sehr arme Täler, deren meist überalterte Bevölkerung jedoch den gleichen Schutzanspruch hat und die gleichen Schutzleitungen bekommen möchte, wie jeder Bürger und jede Bürgerin. Ge­rade in solchen Tälern stehen häufig ganze Verbauungssysteme zur Erneuerung und Wiederherstellung an. Unter Begutachtung der Megatrends der Urbanisierung muss man sich heute ernsthaft die Frage stellen, ob die öffentlichen Mittel für Schutzmaß­nahmen mit einer Lebensdauer von durchschnittlich 80 Jahren in diesen Gebieten auch wirklich nachhaltig eingesetzt sind. Aus meiner Sicht brauchen wir dringend eine ge­meinsame Entwicklung von Strategien und Leitbildern,“– jetzt kommt es, und das macht mir Angst – „wie und wo wir künftig sicher leben wollen und welche Gebiete gezielt der Natur überlassen werden können.“

Sehr geehrter Herr Minister, das ist im Eigenverlag erschienen. Dieser Satz bedeutet für mich: Man denkt ernsthaft darüber nach, in jenen ländlichen Räumen, die einen Be­völkerungsschwund aufzuweisen haben und wo es ärmere Bevölkerung gibt, diese Ge­biete nicht mehr zu verbauen, und das dürfen wir nicht tun. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrter Herr Minister, stoppen Sie diese Überlegungen, und investieren wir wei­terhin massiv in die Verbauung, in Schutzmaßnahmen des ländlichen Raumes. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.)

15.11


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


15.12.00

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Agrarbudget 2016 mit 2,135 Milliarden € bringt uns für die Landwirtschaft und für den ländlichen Raum Sicherheit, Stabilität und Garantie. Es wird möglich sein, erbrachte Leistungen abzugelten, und es wird möglich sein, Projekte zu finanzieren. Dank nationaler Mittel – ich glaube, diesbezüglich ist Österreich vorbild­haft – ist es möglich, dass wir 1,28 Milliarden € aus Brüssel abholen und hier in Öster­reich investieren konnten. Ich danke Herrn Bundesminister Rupprechter dafür. Ich glau­be, dass wir uns da im Vergleich zu anderen Ländern durchaus sehen lassen können.

Gerade das „Programm für ländliche Entwicklung“ wird mit 1,1 Milliarden € dotiert, das bringt Innovation und Impulse für neue Bereiche und neue Entwicklungen.

Kollege Hauser! Ja, die Wildbach- und Lawinenverbauung ist eine unverzichtbare Ein­richtung und wird auch im Jahr 2016 mit beträchtlichen Mitteln von 180 Millionen € aus-


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gestattet, und zusätzlich kommen 32 Millionen € aus dem Katastrophenfonds. Damit stel­len wir, meine ich, eindeutig beträchtliche Geldmittel für den Schutz der Menschen und für die Sicherheit im ländlichen Raum zur Verfügung.

Gerade die Wildbach- und Lawinenverbauung ist eine flexible und leistungsfähige Ein­richtung für Schutz und Hilfe im ländlichen Raum.

Ich als Tiroler darf heute auch einmal Danke sagen. Es hat im Jahr 2015 zwei große Ka­tastrophen in Tirol – in Paznaun und im Sellraintal – gegeben, und dort wird derzeit alles wiederhergestellt. Das sind auch Täler, die nicht unbedingt touristisch ausgestattet sind, und trotzdem wird den Menschen aktiv und nachhaltig geholfen. (Beifall bei der ÖVP.)

Bis 2030 soll der Anteil erneuerbarer Energie von aktuell 32 Prozent auf 50 Prozent gesteigert werden, und es gibt, glaube ich, in den heimischen Wäldern durchaus noch mehr Holz zu ernten, um die nachhaltige Ressource Biomasse zu nutzen.

Positiv ist auch – und das hat, glaube ich, der Herr Bundesminister in der Vergangen­heit bewiesen –, dass es möglich ist, intern zu sparen. Es wurden 5 Millionen € einge­spart, für 2016 ist geplant, durch Reorganisation weitere 4 Millionen € in der Verwal­tung einzusparen.

Das Agrarbudget 2016 hat aus meiner Sicht drei Schwerpunkte: Es ist möglich, dass wir in Österreich flächendeckend und ressourcenschonend Lebensmittel produzieren. Es ist möglich, dass wir unseren ländlichen Raum nachhaltig entwickeln. Und es ist mög­lich, dass wir der Umwelt dienen, indem wir Umwelt, Boden, Wasser, Luft und Land­schaft schützen und damit lebenswert erhalten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.14


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wil­li. – Bitte.

 


15.15.04

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich schätze Sie so ein, dass Sie gerne in die österreichische poli­tische Geschichte eingehen würden, sozusagen in einer Reihe mit den Ministern Rieg­ler, Fischler und dann eben Rupprechter. (Bundesminister Rupprechter: Da haben Sie zwei vergessen!) Derzeit sind Sie einigermaßen weit davon entfernt, obwohl die Rah­menbedingungen für Sie optimal wären.

Wir stehen kurz vor der Klimakonferenz in Paris (Zwischenruf des Abg. Rädler), und da könnten Sie hingehen und endlich klare und wirkungsvolle Ansagen und Zusagen ma­chen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.) Sie könnten darstellen und ankündi­gen, dass Österreich wieder zu einem Umweltmusterland wird. Wir haben sehr gute Vo­raussetzungen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben eine sehr gut ausgebaute Wasserkraft. Wir haben noch große Potenziale bei Wind, vor allem bei Sonne (Bundesminister Rupprechter: Auch beim Wasser!), dann bei Erdwärme, bei Biomasse (Bundesminister Rupprechter: Auch beim Was­ser!), und wir haben eine Bevölkerung, Herr Minister, die großen Wert darauf legt, dass wir saubere Luft, sauberes Wasser und sehr hochwertige, möglichst ökologisch produ­zierte Lebensmittel haben. Das heißt, die Bevölkerung wäre auf Ihrer Seite, wenn Sie in Paris sagen: Österreich muss wieder zum Umweltmusterland Nummer eins in Euro­pa werden!

Doch, Herr Minister, wo ist Ihr Zug zum Tor? – Der Ball liegt sozusagen am Elfmeter­punkt, und Sie müssten ihn nur einlochen, aber Sie tun es nicht.

Ich möchte das jetzt anhand eines Beispiels dokumentieren:


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Herr Minister, Sie haben im Umweltausschuss gesagt, das Diesel-Privileg ist nicht zu halten. (Bundesminister Rupprechter nickt zustimmend.) – Danke, Sie bestätigen es wie­der. Diesel hat einen höheren Energiegehalt als Benzin. Das ist ein Grund, dass man Diesel höher besteuert als Benzin. In Österreich ist das nicht der Fall. Diesel sorgt für höhere Stickoxid-Ausstöße, für höhere CO2-Ausstöße und für mehr Feinstaub – ein gu­ter Grund, Diesel höher zu besteuern als Benzin. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Ös­terreich tut es nicht. Diesel ist geringer besteuert als Benzin.

Zwei gute Gründe, das Diesel-Privileg abzuschaffen und dafür zu sorgen, dass diese nicht haltbare Bevorzugung dieses Treibstoffes ein Ende hat.

Sie haben durch zwei Fakten gewaltige Schützenhilfe das Diesel-Privileg abzuschaffen:

Erstens lag Österreich im Jahr 2013 mit 136 000 Tonnen NOx-Ausstoß knapp 30 Pro­zent über dem, was uns von der EU zugestanden wird. 30 Prozent über Wert, wir sind sozusagen Schmutzfinken bei den NOx-Emissionen. Nur sechs Staaten in der EU lie­gen über den erlaubten Höchstwerten, Österreich ist mitten darunter. (Bundesminister Rupprechter: Daher machen wir ja jetzt das sektorale Fahrverbot!)  Ja, gut, dass Sie das sektorale Fahrverbot unterstützen, das ist recht, aber das ist zu wenig.

Zweitens läuft derzeit der riesige Abgasbetrugsskandal. Sie hätten noch nie so viele Men­schen auf Ihrer Seite gehabt, wenn Sie sagen würden: So und jetzt machen wir Schluss mit dieser Betrügerei, mit dieser Mogelei. Wir takten das richtig ein, wir stellen den Die­sel dorthin, wo er hingehört. Er gehört zu den Schmutzfinken und er gehört daher höher besteuert.

Österreich hat im Jänner an die EU gemeldet – ich zitiere –: „Mittlerweile wurde durch Messungen festgestellt, dass die Realemissionen bei Diesel-Pkw bis zur Stufe EURO V annähernd gleich hoch sind wie die von Pkw vor der Einführung der Emissionsvor­schriften (prä-EURO I).“

Das heißt, Sie haben im Jänner gewusst, das Ganze ist eine Mogelpartie. Aber ge­schehen ist bis jetzt noch nichts – außer zuzuwarten, was die Deutschen machen.

Herr Minister, es liegt in Ihren Händen, in die österreichische Geschichte berühmter Land­wirtschafts- und Umweltminister einzugehen. Machen Sie endlich etwas gegen das Die­sel-Privileg! Sie leisten damit einen riesigen Beitrag zum Umweltschutz in Österreich. Machen Sie endlich den Zug zum Tor, lochen Sie den Ball, der am Elfmeterpunkt liegt, ein, damit Österreich in Sachen Umweltschutz wieder in Richtung Umweltmusterland in Europa kommt! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

15.19


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ehmann. – Bitte.

 


15.20.01

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Zum Budgetkapitel Land-, Forst- und Wasserwirtschaft.

Wie wir dem Leitbild, das ja im Bundesvoranschlag 2016 in der Untergliederung 42 ent­halten ist, entnehmen können, ist einer der wichtigsten Punkte die nachhaltige Produk­tion sicherer und vor allem hochwertiger Lebensmittel. Dabei ist uns eine ausgewoge­ne Berücksichtigung der sozialen, ökologischen und ökonomischen Interessen beson­ders wichtig. Für uns bedeutet dies eine besondere Förderung des Biolandbaus, der Berg­bauernbetriebe, insbesondere jener mit hoher und extremer Erschwernis, aber auch der kleineren Betriebe. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.)

Das Programm für die ländliche Entwicklung trägt zu diesem Ziel entscheidend bei. Mit Spannung erwarten wir aber auch die Evaluierung dessen, die 2016/2017 kommt. Hier


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stellt sich für mich in weiterer Folge die Frage: Was geschieht, wenn Gelder in be­stimmten Bereichen nicht abgeholt werden? Es muss die Möglichkeit genutzt werden, diese Mittel beispielsweise in den Bereich der biologischen Landwirtschaft umzuschich­ten. Man sollte dies im Auge behalten, denn die biologische Landwirtschaft gewinnt ne­ben der konventionellen Landwirtschaft in Österreich immer mehr an Bedeutung.

Herr Bundesminister, abgesehen davon ist mir ein Punkt im Detailbudget zum Budget­voranschlag 2016 aufgefallen, was den Bereich Forschung und sonstige Maßnahmen betrifft. Die Maßnahmen im Bereich der sonstigen Maßnahmen sind für mich relativ klar ersichtlich, aber der Bereich der Forschung geht für mich als Budgetposten darin nicht ganz klar hervor. Vielleicht kann man diesen Bereich in Zukunft noch ein wenig nachschärfen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.21


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


15.21.51

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Zuerst war die Atombombe, dann kam die Katastrophe und dann kam die Ernüchterung. Dann kam Tschernobyl, dann kam Fukushima, dann kam wieder die Ernüchterung. Aber was haben wir daraus gelernt, wenn wir seit nunmehr 40 Jahren, seit der Abstimmung über Zwentendorf das Thema Atomkraftwerke, das The­ma Atomenergie auf der Tagesordnung innenpolitischer Angelegenheiten, aber auch im Rahmen der Außenpolitik behandeln?

Wir haben dann das Thema, das uns seit den Nachkriegsjahren beschäftigt, zu bespre­chen, nämlich die Frage: Was ist denn der Ursprung und die Geißel all dessen, dass wir heute der Atomkraft noch immer anhängen oder dass das sehr viele Länder noch tun? – Das ist und bleibt der EURATOM-Vertrag. Er ist die Geißel Europas, die uns hindert, tatsächlich auf alternative Energien umzusteigen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und dieser EURATOM-Vertrag ist – damit es die Menschen an den Fern­sehgeräten und hier im Saal besser verstehen können – dafür verantwortlich, dass Atomkraftwerke nicht nur errichtet werden können, sondern diese mit diesem Geld auch noch saniert werden können, womit die Laufzeitverlängerung von so manchem Schrott­reaktor auch noch durchgesetzt werden kann, nämlich von bis zu 22 Jahren, wie wir jetzt wieder erleben mussten. Damit besteht eine massive Potenzierung des Gefähr­dungspotenzials bei diesen Atomkraftwerken, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Ganz Europa sieht trotz der von Österreich geforderten Stresstests für diese Atomkraft­werke zu und tut nichts dagegen.

Deshalb, Herr Bundesminister, wundert es mich auch sehr, wenn Sie in der „Presse­stunde“ gesagt haben, Sie werden nun diesem EURATOM-Vertrag ein Gegenmodell ent­gegensetzen – was wir grundsätzlich begrüßen. Aber wie sieht dieses Gegenmodell aus? – Dieses Gegenmodell sieht so aus, so haben Sie es zumindest in der „Presse­stunde“ beschrieben, dass Sie einen eigenen Fonds zur Unterbringung erneuerbarer Energien schaffen und damit die Förderung dieser Energieformen auch tatsächlich vo­ranbringen wollen.

Gut, sage ich, das wäre grundsätzlich in Ordnung, aber dann kommt es dazu, dass Sie natürlich jetzt eines vor Augen haben müssen, Sie müssen dann als Republik Öster­reich in den EURATOM-Vertrag weiterhin an die 100 Millionen € im Jahr einzahlen und gleichzeitig müssen Sie die österreichischen Beträge für den neuen Fonds einzahlen. Das heißt, das werden die Österreicherinnen und Österreicher nicht verstehen, das wer­den aber alle anderen Länder in Europa, die derzeit Mitglied von EURATOM sind, auch nicht verstehen, und somit wird dieser vielleicht gute Vorschlag schon von vornherein zum Scheitern verurteilt sein.


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Ich ersuche Sie deshalb von hier aus, noch einmal in sich zu gehen, noch einmal mit Ihren Verfassungsjuristen zu sprechen. Wenn es bereits fünf universitäre Gutachten gibt, die meinen, dass ein Ausstieg aus dem EURATOM-Vertrag möglich ist, dann ver­steht niemand in Österreich, warum Sie sich so sträuben, dass Österreich aus diesem unseligen Vertrag endlich tatsächlich aussteigt. Ich verweise hier auf die Bestimmun­gen des Artikels 50 des EU-Vertrages in Verbindung mit dem Lissabon-Vertrag und in Verbindung auch mit dem EURATOM-Vertrag selbst: gegenseitiges Einverständnis bei dieser Möglichkeit des Ausstiegs, ohne aus der EU austreten zu müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es wird interessant sein, ob Sie mit Ihrem Partner in der Regierung der Abhaltung einer Enquete – den Vorschlag hat eine Bürgerinitiative eingebracht – zustimmen werden, denn auch bei dieser Enquete könnte man diese Rechtsfragen einer endgültigen Klä­rung zuführen und einem Austritt aus diesem unseligen Vertrag dann zustimmen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

15.26


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 


15.26.45

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Kollege Wil­li – er ist noch da –, 85 Prozent – das ist in diesem Fall kein Ergebnis einer Obmann-Wahl – jener Vorhaben, die Sie im Energiebereich angesprochen haben, kann ich un­terstreichen. Es sei nur darauf hingewiesen, dass bei den restlichen 15 Prozent, sei es jetzt Wasserkraft oder Windkraft, rund 20 Projekte in Österreich von Bürgerinitiativen boykottiert werden, zumeist von Vertretern der Grünen angeführt. (Zwischenruf des Abg. Walser.) Daher würde ich mir hier mehr Engagement als leere Worte erwarten. (Beifall bei der ÖVP.)

Sowie überhaupt die Sichtweise in dieser Budgetdebatte sehr eigenartig ist. 651 Millio­nen € im Umweltbereich sind zu wenig. 77 Milliarden € Gesamtbudget sind für manche zu viel, für manche zu wenig. Für manche zu viel, sage ich jetzt einmal, ist dies auf der freiheitlichen Seite. Nach den Aussagen des Herrn Kollegen Strache zeigt dieses Bud­get das Gesamtversagen der Regierung. Er möchte ein ausgeglichenes Budget haben, denn der Staat muss mit weniger Geld auskommen und wir haben ein Ausgabenpro­blem. Da liegt er in der Wortwahl gleichauf mit dem Herrn Finanzminister.

Da kommt von Frau Glawischnig, wir brauchen mehr Geld für die Flüchtlinge, vom Herrn Zinggl, wir brauchen mehr Geld für die Kultur. Was Kollege Pirklhuber alles gefordert hat, will ich gar nicht sagen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Kollegin Brunner, Sie kom­men einerseits mit dem Budget aus, Sie sagen, wenn wir gleich viel Budget im Umwelt­bereich haben wie bisher, werden wir im Jahr 2030 unsere Klimaziele erreichen. Auf der anderen Seite sagen Sie wieder, es ist viel zu wenig und die Zahlen stimmen über­haupt nicht.

Das würde bis dato 2 Milliarden € mehr allein in diesen zwei Tagen ergeben, die wir budgetär veranschlagen müssten. Das zeigt schon die Divergenz in den Aussagen
und auch, dass manche hier wirklich von Wunschbudgets sprechen. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Wir können zufrieden sein mit jenen Zahlen, die uns der Herr Bundesminister vorgelegt hat. Ich denke nur daran, dass im Umweltbereich jährlich 20 000 Green Jobs geschaf­fen werden können. Und als Bürgermeister sage ich zum Budget und zu den veran­schlagten Zahlen im Siedlungswasserbau, dass das für die Gemeinden sehr wichtig ist. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.)

Herr Pirklhuber, dafür haben Sie kein Verständnis, das weiß ich, weil Sie auch nicht sehr viel Ahnung davon haben, wie wichtig es ist, Anlagen für Abwasserentsorgung im


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ländlichen Raum zu bauen und die Wasserversorgung bereitzustellen. Das sind die Auf­gaben, die wir als Gemeinden lösen müssen. Daher ist es sehr wichtig, dass das auch dotiert wird.

Ich sage Ihnen jetzt nur ein Wort, weil schon wieder von der grünen Seite hier diese Einwände kommen: Zeigen Sie die Tatkraft, die Sie hier in Worten haben, dort, wo Sie regieren! Machen Sie Niederösterreich zum Vorbild!

In Niederösterreich erzeugen wir den Strom zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie. Und bis 2030 werden wir 50 Prozent des Gesamtenergiebedarfs in Niederösterreich aus erneuerbarer Energie beziehen. Ich würde mir wünschen, dass dort, wo die Grünen mit­regieren, jetzt einer herauskommt, Herr Pirklhuber, und sagt, wie viel Strom in diesen Bundesländern aus erneuerbarer Energie erzeugt wird. Dann können wir weiterreden über aktive Umweltpolitik anstatt über leere Worthülsen, die Sie immer wieder produ­zieren. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

15.30


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Dr. Pirklhuber zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestim­mungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


15.31.03

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr wohl, Frau Präsi­dentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Rädler hat im Zusammenhang mit der Wasserwirtschaft und Siedlungswasserwirtschaft behauptet – er hat mich als Person di­rekt angesprochen –, ich hätte nichts für die Gemeinden übrig.

Ich sitze tatsächlich seit 1999 für die Grünen in der Kommission für Wasserwirtschaft in Österreich und habe alle Projekte mitgetragen, die den Ausbau der Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung in Österreich betreffen, und habe mich in diesem Bereich sehr engagiert. Da können Sie in der Kommunalkredit nachfragen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

15.31


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


15.31.52

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit)|: Frau Präsidentin! Herr Mi­nister! Hohes Haus! Lieber Herr Kollege Rädler, es wäre vielleicht auch interessant ge­wesen, wenn du eine Antwort darauf gegeben hättest, wie viel Atomstrom nach Nieder­österreich importiert wird. Das wäre vielleicht auch eine Antwort gewesen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kommen wir wieder zurück zur Landwirtschaft! Es ist bereits angesprochen worden, im Budgetentwurf sind 2,135 Milliarden € vorgesehen. Und es ist irrsinnig positiv, Herr Minister, dass Sie bei den fünf Säulen auch den Wald angesprochen haben. Denn der Wald ist natürlich ein maßgeblicher Lebensfaktor, das steht außer Frage.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist einfach eine Tatsache – das ist auch schon angesprochen worden –, dass ohne unsere Bauern und Bäuerinnen gar nichts geht, das muss man ganz ehrlich sagen. Es ist ganz, ganz wichtig, dass man hier der ländlichen Bevölkerung einfach ein Dankeschön ausspricht, ein Dankeschön für ihren Fleiß, für ihren Einsatz und für ihr Engagement. Das steht außer Frage. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Steinbichler.)


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Die Bäuerinnen, die Bauern arbeiten 365 Tage im Jahr – egal, ob Sonn- oder Feiertag, sie müssen einfach da sein. Die Rinder im Stall wissen nicht, ob Feiertag oder Sonntag ist, sondern sie wollen entsprechend versorgt werden.

Ganz wichtig, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben das auch beim Grü­nen Bericht angesprochen, ist vor allem auch die Bewirtschaftung unserer Bergflächen. Es wird einfach bis zur Baumgrenze bewirtschaftet, und ich glaube, das ist ein maß­geblicher Faktor, was die Verhütung von Unfällen beziehungsweise Naturkatastrophen betrifft, ob es Lawinen, Murenabgänge oder dergleichen mehr sind. Da sind unsere Berg­bauern gefragt. Und das muss uns auch etwas wert sein, Herr Minister. Ich glaube, dass man da den Euro nicht genau anzuschauen braucht, sondern das ist einfach ein wichtiger Faktor.

Da Harald Jannach da hinten bereits in den Startlöchern steht: Lieber Kollege, ich neh­me an, dass du wieder die Förderungen ansprechen wirst, und zwar mit Recht anspre­chen wirst. Ich glaube, dass wir auch bei den Förderungen eine gerechte Verteilung brauchen, was für die Zukunft wichtig ist, denn ich weiß, dass Förderungen manchmal dorthin kommen, wo sie nicht hin sollten. Ich glaube, dass wir einfach die ländliche Struktur, wie sie der Herr Minister angesprochen hat, generell weiter ausbauen müssen und das auch entsprechend unterstützen müssen, damit auch die Landschaft, die länd­liche Struktur in unseren Bundesländern erhalten bleibt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Steinbichler.)

15.34


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Feich­tinger. – Bitte.

 


15.34.29

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es gab be­reits im Budgetausschuss zum Umweltbudget eine intensive Diskussion zu der Frage, welche umweltrelevanten und volkswirtschaftlichen Effekte die Förderungen für thermi­sche Sanierungen haben. Dass die Investitionen in Gebäudesanierungen maßgeblich zur Konjunkturbelebung beitragen, wovon infolge steigender Beschäftigung der Staats­haushalt profitiert, ist für uns alle, glaube ich, augenscheinlich.

Wenn man sich jetzt im Hinblick auf die Aufteilung dieser Fördermittel zwischen dem privaten und dem gewerblichen Sektor schon nicht eindeutig festlegen möchte, sei an dieser Stelle schon erwähnt, dass eine verstärkte Mittelverwendung im großvolumigen und gemeinnützigen Wohnbau wesentlich stärkere konjunkturelle Auswirkungen haben würde und daher aus meiner Sicht wünschenswert wäre. Die SteuerzahlerInnen freuen sich jedenfalls in allen Bereichen über reduzierte Energiekosten dank erfolgter Wärme­dämmungsmaßnahmen.

Herr Bundesminister, Sie haben im Ausschuss gemeint, dass sich die Höhe der Finan­zierungshilfen in diesem Bereich nach den konjunkturellen Gegebenheiten richtet, zu­sätzliche Impulse für diesen Sektor vonseiten der Regierung aber von der geplanten Schaffung einer Wohnbauinvestitionsbank ausgehen werden. Es ist zu hoffen, dass wir in diesem Punkt baldigst zu einer Umsetzung kommen. Sie haben den entsprechenden Regierungsbeschluss ja schon angesprochen. Die von Ihnen bei der Förderabwicklung im Wohnbau gewünschte bessere Kooperation mit den Bundesländern würden wir im Hinblick auf einen wirtschaftlichen und effizienten Mitteleinsatz jedenfalls begrüßen. – Dan­ke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.36


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Win­ter. – Bitte.

 



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15.36.52

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (ohne Klubzugehörigkeit): Danke, Frau Präsiden­tin, für die Erteilung des Wortes.

Werter Herr Minister! Werte Abgeordnete! Wissen Sie, es ist eigentlich ein ganz ange­nehmer Zustand, als freie Abgeordnete hier ans Rednerpult zu treten, denn man kommt relativ weit nach hinten versetzt zu einem Tagesordnungspunkt dran, und die Stand­punkte der einzelnen Parteien konnten sich klar darlegen.

Aber ich habe es mir nicht nur zur Aufgabe gemacht zuzuhören, sondern ich habe es mir auch zur Aufgabe gemacht, einen Vergleich zwischen den beiden Budgetreden von Dr. Spindelegger und Dr. Schelling zu machen. Das ist eine sehr interessante Aufgabe für mich gewesen, denn Dr. Spindelegger sprach in seiner Rede hauptsächlich davon, man müsse den Gürtel enger schnallen, man müsse sparen, man müsse sparen – ver­mutlich wohl wissend oder eben nicht wissend, dass wir in einem Schuldgeldsystem leben, wo Geldvermögen und Schulden zwei gleich große Größe sind, die exponentiell wachsen. Aber egal, das ist Vergangenheit. Immerhin hat er zwei Seiten seiner Bud­getrede der Umwelt, der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft gewidmet.

Bei Dr. Schelling hingegen könnte man meinen, er hätte im Vorfeld das Buch „Psycho­logie der Massen“ von Le Bon gelesen. Denn was er versucht, ist ganz einfach. Er ver­sucht, mit Worten wie, ach wie schön ist doch Österreich und wie toll und wie gut doch alles geht, die Menschen darauf einzustimmen, dass das Problem als solches, das un­ser Budget eigentlich darlegt, gar nicht so groß ist.

Und das Zweite, er hat zwar in seiner Budgetrede eine Seite der Landwirtschaft ge­widmet, aber die Umwelt ist, wie ich meine, nicht ein einziges Mal vorgekommen. Man könnte einen Zusammenhang erfinden, wenn man auf der Seite 1 seinen Satz liest, dass man verpflichtet ist, der Bevölkerung reinen Wein einzuschenken.

In diesem Zusammenhang möchte ich zu Ihnen kommen, Herr Minister. Ihre Presse­aussendung vom 14. Oktober, gleich anschließend an die Präsentation des Budgets, hat mich doch sehr verwirrt. Denn wo findet man hier die tatsächlichen Zahlen, die Sie in Worte gekleidet haben, in dem Satz, dieses Budget sei „eine solide Basis für eine zu­kunftsorientierte Arbeit“? Fakt ist, Herr Minister, Sie sprechen die Probleme, die es in der Umwelt, in der Landwirtschaft und in der Forstwirtschaft in Österreich tatsächlich gibt, nicht an, geschweige denn dass Sie danach handeln oder Taten setzen.

Ich habe in dieser langen Zeit, in der ich im Umweltausschuss gesessen bin, glaube ich, nicht ein einziges Mal zum Beispiel das Wort Nahrungsmittelautarkie gehört. Wir wis­sen, dass die Preise für Lebensmittel bedingt durch die Steigerung der Preise für die Agrarstoffe steigen. Nun kann man das auf zwei Bedingungen zurückführen: einerseits die Wetterereignisse, die ja bedingt durch den Klimawandel eintreten, oder aber auch – und nicht nur oder, sondern ganz sicher – durch die Spekulationen auf Agrarstoffe.

In diesem Zusammenhang wäre es doch interessant gewesen, hätten Sie jemals einen Gesetzesvorschlag gebracht, der sich mit Futures oder Indexfonds oder Hedge Fonds beschäftigt, beziehungsweise dass Sie andeuten wollen, dass es irgendwann einmal verboten wird, damit es nicht noch zusätzlich zur Steigerung der Lebensmittelpreise kommt.

In diesem Zusammenhang ist auch TTIP zu erwähnen. Sie distanzieren sich von TTIP relativ wenig. Sie sagen immer, Minister Mitterlehner ist dafür zuständig, und damit hat es sich. Ich möchte hier nur Ban Ki-moon zitieren, der sagte: Nie ist Hunger so demü­tigend, wie wenn er durch Menschenhand verursacht wurde! – Das geschieht im Au­genblick, und ich würde sagen, das ist etwas, worauf Sie ganz einfach reagieren müss­ten.


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Das Zweite ist das Bauernsterben. Sie haben gerade in Ihren Ausführungen gemeint, Sie treten für einen lebensfähigen ländlichen Raum ein. – Ja, das ist schon okay, aber das ist damit überhaupt nicht abgedeckt. Wenn man die Zahlen beachtet, so sind seit 1995 71 600 ländliche Betriebe geschlossen worden. Das ist ein Drittel der tatsächlich vorhandenen bäuerlichen kleinstrukturierten Betriebe.

Zu Zahlungen an die EU, die Sie immer wieder erwähnen, wo Sie meinen, das käme ja ohnedies wieder zurück zu uns: Ich würde und ich möchte diese Zahlungen an Ihrer Stelle ganz einfach einstellen und Direktzahlungen an die klein- und mittelständischen Bauern geben. Ich denke, das ergäbe einen wesentlich größeren wirtschaftlichen Effekt.

Ich möchte zum Resümee kommen und sagen: Herr Minister, es tut mir leid, aber ich finde, Ihre Umweltpolitik ist ganz einfach eine verfehlte. Und etwas, das ich jetzt als freie Abgeordnete natürlich in diesem Zusammenhang fein sagen darf, ist: Da wäre mir noch das Zehn-Punkte-Programm für grünes Wirtschaften lieber, denn darin sind zum Beispiel die Forderungen für 20 000 Biobetriebe enthalten (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen) – letzter Satz! – und für 100 Prozent bio in sämtlichen Kindergärten, Krankenhäusern und anderen öffentlichen Anstalten.

Zum Schluss: Man sagt immer, das Budget ist die in Zahlen gegossene Politik. Ich möchte das revidieren und sagen: Das derzeitige Budget ist die in Zahlen gegossene Reform­verweigerung.

15.42


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Strasser. – Bitte.

 


15.42.29

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Geschätzte Frau Bundesminister! Geschätzter Herr Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! Wir österreichischen Bäuerinnen und Bauern sind ein verlässlicher Partner in der österreichischen Volkswirtschaft. (Abg. Neubauer: Die Politik ist ein schlechter Partner für die Bauern!) 166 000 Betriebe, 414 000 Personen sind wir. Ein Drittel der Betriebe wird von Frauen geführt, und wir sind für 1,4 Prozent des österreichischen BIP mitverantwortlich. In den vor- und nachgelagerten Betrieben ar­beiten 120 000 Beschäftigte.

Aber: 2014, wie auch in den Jahren zuvor, ist das landwirtschaftliche Einkommen leider gesunken, und da sollten bei uns die Alarmglocken schrillen. Aus dem Grund gibt es einige Organisationen, die uns Bäuerinnen und Bauern tatkräftig unterstützen: zum ei­nen die Landwirtschaftskammern in den Bundesländern und auch im Bund, die uns als wichtige Berater und auch in der Aus- und Weiterbildung und als Serviceeinrichtung zur Seite stehen. Zum anderen sind das unsere Verbände, die im Bereich der Tier­zucht und auch im Bereich der Vermarktung aktiv sind.

Ich darf mich beim Herrn Bundesminister herzlich für die finanziellen Zuwendungen be­danken, die immens wichtig für die Organisationen, aber noch viel wichtiger für die ös­terreichischen Bäuerinnen und Bauern sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Steinbich­ler: … welcher Form!)

Jetzt ein Wort zu ein paar aktuellen Dingen, denn es werden immer TTIP, bio und auch der Export auf relativ unsachliche Art und Weise miteinander vermischt. Zum einen ist die Position von BIO AUSTRIA, also von der größten österreichischen Biobauernorga­nisation, dass man unter derzeitigen Voraussetzungen Nein zu TTIP sagt. Das ist ein Zeichen, und das stärkt die österreichische Position und stärkt auch in Wirklichkeit die europäische Position (Abg. Steinbichler: Wollen die Position vom Minister wissen!), denn wenn ich in das ÖVP-Programm oder in das Programm der niederösterreichi­schen BäuerInnen hineinschaue, dann deckt sich die Haltung von BIO AUSTRIA mit


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jener der ÖVP und mit der der niederösterreichischen BäuerInnen, denn wir wollen ein­heitliche und hohe Produktstandards, für die wir alle gekämpft haben. (Abg. Pirklhu­ber: Sind Sie auch gegen TTIP? – Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Wir wollen Sozialstandards, und wir wollen erst dann Ja sagen, wenn wir glauben, dass unsere Forderungen erfüllt sind. Das ist unsere Position. (Abg. Neubauer: Die da wäre? Welche Forderungen sind denn das?)

Zum anderen: Die Bioerfolgsgeschichte ist auch eine Exporterfolgsgeschichte. Und wir sollten durchaus nicht nur auf unsere Dienstleistungen und Waren im Allgemeinen in Österreich stolz sein, die wir exportieren, sondern auch auf die Lebensmittel, die wir ins Ausland exportieren.

In diesem Sinne wünsche ich den österreichischen Bäuerinnen und Bauern gutes Ge­lingen, und wir werden weiterhin für die Interessen der österreichischen Landwirtschaft kämpfen. – Danke schön und alles Gute. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Steinbichler: … Wa­renaustausch! … neue Agrarpolitik …! – Ruf bei der FPÖ: Gott schütze Österreich! – Abg. Steinbichler: Ja genau!)

15.45


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Plessl zu Wort. – Bitte.

 


15.45.52

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Minister! Werte Kol­legen! Sehr geehrte Damen und Herren hier auf der Galerie und vor den Fernsehschir­men! Meine heutige Rede betrifft die Untergruppe 43, Bereich Umwelt. Wir haben im Umweltausschuss einige Einschnitte und Abschläge im Bereich thermische Sanierung sowie bei Transferzahlungen an den Klima- und Energiefonds zur Kenntnis genom­men, aber es freut mich ganz besonders, und ich möchte dem Minister recht herzlich für sein Engagement danken, dass er zusätzlich 17 Millionen € für die thermische Sa­nierung, aber auch Transferzahlungen an den Klima- und Energiefonds – 5,5 Millionen € – erreicht hat. Gratulation zu diesem Erfolg, der für den Umweltbereich sehr wichtig ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte speziell den Bereich Siedlungs­wasserwirtschaft ansprechen, wo es ebenfalls eine erfreuliche Meldung zu verkünden gibt. Wir haben 2014 251 Millionen € vorgesehen gehabt, beziehungsweise an Förde­rungen ausgeschüttet, 2015 sind es 336 Millionen € und 2016 haben wir 351 Millio­nen € vorgesehen, ein Plus von 14,7 Millionen € für die Siedlungswasserwirtschaft. Die Siedlungswasserwirtschaft ist ein sehr wichtiger Bereich für Kommunen und Gemein­den. So wird für die Versorgung mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser und die um­weltgerechte Entsorgung der Abwässer gesorgt. Deswegen freut es mich ganz beson­ders als Bürgermeister, dass wir diese zusätzlichen Budgetmittel zur Verfügung stellen können.

Ich möchte in diesem Zusammenhang aber Folgendes erwähnen, weil es immer wie­der Politiker hier im Hohen Haus gibt, die behaupten, wir hätten ein Ausgabenproblem und kein Einnahmenproblem: Gerade diese Förderung, diese Ausgaben für die Kom­munen ist ein enorm wichtiger Beitrag, und wenn man für Ausgabenkürzungen spricht, dann muss man auch sagen, wo man kürzen möchte.

Beim Wirkungsziel 5 haben Sie einige Indikatoren vorgesehen, um dieses Ziel auch zu erreichen. Da wird vor allem auf den Finanzausgleich gesetzt, um die notwendigen Bud­getmittel für die Siedlungswasserwirtschaft zu bekommen.

Zum Schluss noch eines zu den Indikatoren, unter Punkt 5: erhobene Leitungslängen Wasserleitung und Kanal inklusive Leitungszustand. Da ist eine große Vorgabe ange-


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wandt worden. Wir benötigen das Leitungsinformationssystem, damit wir auch den Über­blick über den vorhandenen Zustand der Leitungen bekommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.48


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.

 


15.48.30

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr und Frau Minister! Meine Damen und Herren im Plenum! Wetterkapriolen und politische Unruhen, Spekulationen, das sind Dinge, die in der Landwirtschaft volatile Märkte und Produktpreise erzeugen. Das oberste Ziel ist es natürlich, durch das hart erkämpfte EU-Budget und jetzt auch das nationale Budget die bäuerlichen Familienbetriebe in ih­rer Multifunktionalität zu erhalten und die schwankenden Einkommen ein bisschen abzu­federn, denn niedrige Produktpreise in allen Sparten sind momentan an der Tagesord­nung. Wenn wir uns einzelne Produkte wie eine Semmel ansehen, so gehen von dem Erlös nur 2 Prozent an den Bauern, bei Milch 30 Cent oder bei Pommes Frites auch nur 4 Prozent – und die Arbeiterkammer klagt da noch über zu hohe Lebensmittelpreise.

Die Landwirtschaft ist für Ernährungssicherheit, Unabhängigkeit und natürlich die Ver­sorgung der Bevölkerung mit gesunden, hochwertigen und regionalen Nahrungsmitteln da. Sie ist aber auch für die Erhaltung der Natur da, der Ressourcen wie Boden, Luft und Umwelt. Das erledigen nur die Bauern ganz allein. Sie sind Garant für eine gute Lebensqualität für unsere Bürger und Bürgerinnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Leistungen der Landwirtschaft müssen uns einfach etwas wert sein, etwas wert an Wertschätzung, aber auch an finanziellen Beiträgen.

Wenn wir kommendes Jahr, 2016, in der Budgetgruppe Landwirtschaft und Umwelt ins­gesamt 2,76 Milliarden € zur Verfügung haben, so ist das für den gesamten ländlichen Raum, nicht alleine für die Landwirtschaft, und ermöglicht auch eine sehr effiziente Um­weltpolitik, denn zwei Drittel unserer Bevölkerung leben im ländlichen Raum, und daher ist diese Politik eine wichtige für den ländlichen Raum.

Österreich bekennt sich zu einer biologischen, zu einer naturnahen Landwirtschaft, zu einem vorbildlichen Umweltprogramm und auch zur Bewirtschaftung der benachteilig­ten Gebiete. Das ist etwas ganz Wichtiges.

Wichtig ist mir auch, dass wir von Brüssel alle möglichen Gelder, die uns zur Verfügung stehen, abholen. Die Landwirtschaft ist ein zentraler Faktor im ländlichen Raum bezüg­lich der Zusammenarbeit mit dem Gewerbe, mit dem Tourismus und durch die Investi­tionsförderung natürlich ein regionaler Wirtschaftsmotor.

Was mich auch freut, ist, dass die Mittel für die Bildung erhöht werden konnten, denn damit wird ein Grundstein für die Professionalisierung in der Landwirtschaft gelegt. Ös­terreichs Bauern und Bäuerinnen haben wirklich jeden Grund, selbstbewusst und stolz zu sein, denn sie sind ein Eckpfeiler unserer Gesellschaft und ein wesentlicher Faktor für die Existenzsicherung im ländlichen Raum. Dafür möchte ich unseren Bauern und Bäuerinnen wirklich herzlichen Dank aussprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.51


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Bacher. – Bitte.

 


15.51.49

Abgeordneter Walter Bacher (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Auszahlungsschwerpunkte des Umweltbudgets


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betreffen die Bereiche Umweltförderung, Wasserwirtschaft gemäß Umweltförderungs­gesetz, Klima- und Energiefonds sowie Altlastensanierung und Strahlenschutz.

Ich denke mir, Investitionen in diese Bereiche, vor allem in die Umweltförderung, sind auch ein Beitrag dafür, dass Arbeitsplätze geschaffen und erhalten werden. Das ist vor allem bei uns in der ländlichen Region ein Riesenthema, und jeder Schritt, der dazu beiträgt, dass die Menschen in den ländlichen Regionen eine lebenswerte Region vor­finden, ist ein wesentlicher und notwendiger Schritt.

Das Wirkungsziel 3 befasst sich mit der Verbesserung der Umweltqualität, der biologi­schen Vielfalt und der Lebensqualität. Da ist jeder Euro gut und sinnvoll angelegt, und vor allem ist das auch ein Zeichen dafür, dass das Bewusstsein da ist, dass die Er­haltung der Natur und der biologischen Vielfalt die Lebensqualität der Menschen erhöht und für künftige Generationen die Lebensgrundlagen sichert.

In unterschiedlichen Bereichen wie der Umsetzung des Imissionsschutzgesetzes-Luft wird genauso investiert wie in die Maßnahmen betreffend Naturschutz und biologische Vielfalt, insbesondere zum Beispiel in dem Bereich Nationalparkstrategie. Werden die­se Ziele mit Konsequenz verfolgt, und das kann man bei den Budgetzahlen durchaus sagen, dann sind die Erfolge weitreichender, als dass nur die Umwelt und die Ressour­cen geschont beziehungsweise erhalten bleiben.

Es hat auch zur Folge, dass die Menschen vor allem auf dem Land das Glück haben, wieder mehr Arbeitsplätze in ihrer Region vorzufinden. Auf dem Land sind wir darauf angewiesen, dass Natur und Umwelt intakt sind, und jeder Schritt in die Richtung, die natürlichen Ressourcen unseres Landes zu schonen, ist ein wichtiger Schritt, auch im Hinblick auf Arbeitsplätze. Ich denke mir, das Umweltbudget spiegelt dieses Ziel wider. Wir dürfen es jedoch nicht aus den Augen verlieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.53


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 


15.53.54

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Agrardebatte ist immer eine zwei­geteilte. Alle sagen, wie wertvoll, wie wichtig die Bäuerinnen und Bauern sind, wie schön dieses Land Österreich ist, welch tolle Mehrwertlandwirtschaft wir in Österreich haben, die eine Grundlage für den Tourismus liefert, die Arbeitsplätze im ländlichen Raum schafft, die jeden Tag den Menschen den Tisch sicher deckt, wo die Menschen wissen, wer wie wo produziert. (Ruf bei der FPÖ: Ja, es ist so! – Abg. Rosenkranz: Stimmt das leicht nicht?)

Die Realität im täglichen Leben der Bäuerinnen und Bauern ist aber leider eine andere, wie hier gesagt wird. (Abg. Jannach: Der Erste, der das sagt!) – Ja, haben Sie das noch nicht gesagt, Herr Kollege Jannach?! Das wundert mich, denn Sie sprechen hier eh immer die Wahrheit an. Das wundert mich, dass Sie das heute nicht getan haben. (Abg. Jannach: Ich komme schon noch!) Die Realität ist wirklich eine andere, wir ha­ben große Herausforderungen: Weltmarktdiskussionen, Globalisierung, sinkende Prei­se, Marktpreise, Konzentrationen im Handel, drei Handelsketten haben in Österreich ei­nen Marktanteil von 85 Prozent. Wir reden von Klimakatastrophen, unsere Lebensgrund­lagen sind gefährdet. Die Bäuerinnen und Bauern haben ihre Werkstätte in der freien Natur, sind tagtäglich von solchen Klimakatastrophen, Wetterkatastrophen, Wetterka­priolen betroffen.

Und wir diskutieren dann hier: Wir brauchen billige Lebensmittelpreise, die Fördermit­tel, die Unterstützungen für die Bauern müssen gekürzt werden, das ist zu viel. Wir re­den von der Renationalisierung der Agrarpolitik, gleichzeitig wissen wir aber, dass wir


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die Mittel für die Bäuerinnen und Bauern nur mit den Kofinanzierungsmitteln von Brüs­sel zur Verfügung stellen können, für unsere Bergbäuerinnen und -bauern, für unser Um­weltprogramm, für unsere Umweltleistungen. Und das stellen Sie hier alles infrage, mei­ne Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Hand aufs Herz: Meinen Sie es ehrlich mit den Bäuerinnen und Bauern, dann sorgen Sie dafür, dass sie in Zukunft auch Sicherheit haben, in der täglichen Produktion, in der Sicherstellung der Umweltleistungen, in der Sicherstellung von Lebensmitteln, die Sie täglich am Tisch haben wollen! (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.) Wenn Sie das nicht tun, dann gefährden Sie dieses Anforderungsprofil.

Daher, Herr Bundesminister: Du bist der wahre Lebensminister (Zwischenrufe der Ab­geordneten Pirklhuber und Riemer), denn da ist ein Ministerium, das Verantwortung für sichere Lebensmittel hat (Abg. Steinbichler: Ist der Regenwaldminister!), das Schutz gegen Naturkatastrophen mit Wildbach- und Lawinenverbauungen in Österreich gibt, was auch das Umweltressort betrifft, wo es darum geht, neue Strategien in der Nut­zung von alternativen Energieträgern einzuleiten. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Auch hier sollten wir uns, gerade vor Paris, mit einer Klimastrategie aus Österreich be­schäftigen, um als Vorbildland für Europa auch entsprechend aktiv zu werden und nicht zu warten, bis irgendetwas von Brüssel kommt – sondern da erwarte ich mir auch vom Parlament eine entsprechende Initiative, meine Damen und Herren (Beifall bei der ÖVP), denn letztlich geht es darum: Wie können wir in Zukunft nicht nur in Österreich, sondern auch in Europa unsere Lebensgrundlagen entsprechend sichern? (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Steinbichler: Mit einem österreichischen Qualitätsgütesiegelgesetz!)

15.57


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jannach. – Bitte.

 


15.57.34

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ja, die Agrardebatte im Budget geht zu Ende. Wir als Freiheitliche sind mit dem Agrarbudget nicht zufrieden. Das macht sich an einem Punkt fest: Wir sind uns alle einig, dass in den letzten 15 Jahren sehr viele landwirtschaftliche Betriebe die Hoftüre für immer ge­schlossen haben. (Abg. Steinbichler: Täglich zehn!) – Täglich zehn? Vielleicht waren es täglich acht, vielleicht waren es nur fünf. Ganz gleich, die Anzahl der landwirtschaft­lichen … (Zwischenbemerkung von Bundesminister Rupprechter.) – 1,5 Prozent Ab­wanderung, mag sein. Auf jeden Fall sind wir uns einig, es werden immer weniger Be­triebe.

Was nicht weniger wird, und das auch schon die letzten 15 Jahre, das sind die Perso­nen, die in der Verwaltung der Landwirtschaft beschäftigt sind. Wir haben im Ministe­rium keinen Personalrückgang, wir haben bei den Landwirtschaftskammern eine mas­sive Personalausweitung aufgrund der ganzen Beratungstätigkeit und der Kontrolltätig­keit, und wir haben auch bei der AMA, AgrarMarkt Austria, keinen Personalrückgang. (Bundesminister Rupprechter: Das stimmt wirklich nicht!)

Unserer Ansicht nach müsste es so sein: Wir müssten auch das Verwaltungspersonal der Landwirtschaft an die Zahl der bäuerlichen Betriebe koppeln. Es kann nicht so ein, dass es immer weniger Betriebe werden – es haben in den letzten 15 Jahren 30 Pro­zent der Betriebe aufgehört –, und in der Verwaltung ist das Personal nicht einmal um 3 Prozent zurückgegangen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Steinbichler.) Da for­dern wir eine Gleichheit und eine Anpassung, denn die Personalkosten, und das haben Sie hier im Budget herinnen, entgegen … (Bundesminister Rupprechter: Minus zehn Ab­teilungen!)

Herr Landwirtschaftsminister, Ihr eigenes Budget: Personalkostenausweitung von 63 Mil­lionen auf 66 Millionen €. Wo ist da die große Einsparung? Bei den Landwirten gibt es


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seit drei Jahren ein Einkommensminus, jedes Jahr 5 Prozent – Personalausweitung in Ihrem Ministerium um 5 Prozent jedes Jahr. Da gibt es keine Einsparung, und da wol­len wir Verwaltungseinsparungen! (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminis­ter Rupprechter.)

Kollege Plessl hat es ja angesprochen, man soll sagen, wo man Ausgaben kürzen kann. Ökosoziales Forum, Ökosoziales Forum Europa und in allen Landesgruppen: 700 000 € pro Jahr! Das können Sie streichen, das braucht kein Mensch! Sagen Sie mir einen Land­wirt, der irgendwie vom Ökosozialen Forum profitiert hat! Das ist ein Versorgungsverein, wo ausschließlich ÖVP-Politiker drinnen sitzen – 700 000 € hinausgeschmissen! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Rufe bei der ÖVP: Hallo!)

Oder: diese Genussland-Aktionen, diese ganzen Qualitätsprogramme, die Sie da brin­gen, jede Region ist schon eine Genusslandregion: 3 Millionen € pro Jahr! Die stehen sich gegenseitig im Weg! Wir brauchen dies nicht, 3 Millionen € können Sie sparen, oh­ne dass ein Landwirt irgendeinen Nachteil dadurch hat.

Oder: Internationalisierung der PRÄKO. Niemand weiß, was sich hinter diesem Titel ver­steckt. Hunderttausende Euro! Ich weiß nicht, wie viele es heuer sind, Sie haben das ja nicht mehr ausgewiesen. Im letzten Jahr waren es 700 000 € – für nichts, niemand weiß etwas!

Oder: LFI, eine ganz spezielle Organisation. (Abg. Strasser: Vorträge und Kurse!) – Ja, Vorträge und Kurse, genau, dazu kommen wir jetzt! – LFI, das sind diese Ländlichen Fort­bildungsinstitute, und die bekommen seitens des Ministeriums 7,5 Millionen € im Jahr. (Abg. Strasser: Das ist das Bildungsbudget! – Weitere Rufe bei der ÖVP: Bildung!) Das ist das Bildungsbudget, passt, da gebe ich Ihnen recht.

Und jetzt lese ich euch einmal vor, was das LFI gemeinsam mit dem Bund, mit der EU und mit den Ländern fördert. Einen „Grundkochkurs für Studenten und Lehrlinge“, das bietet das Fortbildungsinstitut an. Oder: „Indian Balance“ bietet das Institut an. „Das ist eine Bewegungsform aus dem indianischen Kulturkreis. Die Kombination aus fließen­den Bewegungen und bewusster Atmung setzt die innere Energie frei und schärft die Körperwahrnehmung.“ (Heiterkeit bei der FPÖ.) Gefördert von Bund, Land und EU, veranstaltet vom Ländlichen Fortbildungsinstitut. (Beifall bei FPÖ und NEOS sowie des Abg. Steinbichler.) Das können Sie streichen, und niemand hat ein Problem damit.

Wir haben das schon einmal kritisiert bei dem LFI. Ihr Vorgänger hat ja Flirtkurse für Bauern finanziert, das ist dann groß in der Zeitung gestanden. Sie haben das abge­schafft, herzlichen Dank dafür. Flirtkurse für Bauern haben Sie abgeschafft, dafür wer­den jetzt andere Kurse vom LFI angeboten, wie etwa „Grüne Aphrodisiaka – die Lie­besmedizin der Natur“ (Heiterkeit bei der FPÖ), gefördert von Bund, Land, Gemeinden und Landwirtschaftsministerium. „Grüne Aphrodisiaka“ – veranstaltet vom LFI, Land­wirtschaftlichen Fortbildungsinstitut. (Abg. Steinbichler: Bravo! – Beifall bei FPÖ und NEOS sowie des Abg. Steinbichler.)

Herr Minister, ich muss Ihnen noch einen Kurs vorlesen, angeboten vom LFI, Ländli­chen Fortbildungsinstitut, wo die Bauern ausgebildet werden in „Kumihimo – Japani­sche Flechtkunst“, gefördert von Bund, Land und EU. (Abg. Steinbichler: Bravo!) Hier geht es um „Persönlichkeit und Kreativität“, Kursbeitrag: 35 €, gefördert vom Ministeri­um. – Abg. Darmann: Da muss der Minister schon selber lachen!)

Einen besonders interessanten Kurs, Herr Minister, habe ich noch, vom Ländlichen Fortbildungsinstitut Steiermark: „LQB – Wie umarme ich einen Kaktus?“, gefördert von Bund, Land und EU. (Abg. Steinbichler: Bravo! – Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten von FPÖ, NEOS und Team Stronach.) Kursdauer: 4 Unterrichtseinheiten; Zielgruppe: Alle interessierten Bäuerinnen und Bauern, die sich mit dem Thema Puber-


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tät auseinandersetzen wollen; gefördert von Bund, Land und EU. Wenn Sie Landwirt sind, bezahlen Sie 17 €, sind Sie kein Landwirt, zahlen Sie 94 €. Also hier wird mit fast 80 € von Bund, Land und EU gefördert für „Wie umarme ich einen Kaktus?“ (Lebhafte Heiterkeit bei der FPÖ sowie Heiterkeit bei Abgeordneten von NEOS, Grünen und Team Stronach.)

Herr Minister, das ist ja Kabarett, was Sie hier machen! Sparen Sie hier ein! Das ist Geldverschwendung zum Quadrat, das können Sie auch niemandem mehr draußen von der nichtbäuerlichen Bevölkerung erklären. Da gibt es einiges an Einsparungspoten­zial. (Beifall bei FPÖ, NEOS und Team Stronach.)

Besser diese „Kaktusförderung“ einsparen und im Gegenzug dazu den Landwirten wie­der ihren Agrardiesel zurückgeben, besser bei den Sozialversicherungen etwas ein­sparen, eine Zusammenlegung machen und den Landwirten wieder direkt das Geld ge­ben. Solche Projekte zu finanzieren, das ist nicht zu rechtfertigen und das ist lupen­reine Geldverschwendung! (Beifall bei FPÖ, NEOS und Team Stronach.)

16.03


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


16.03.34

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Es ist wirklich weit gekommen mit der Agrarpolitik der FPÖ, wenn der Agrarsprecher nichts zur Agrarpolitik sagt, sondern sich nur mit Rand­programmen im LFI beschäftigt. Eine Armut, eine wirkliche Armut! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Steinbichler: Wenn du nichts sagen würdest, wäre es gut!)

Lieber Herr Kollege Jannach! Zum Programm des Ländlichen Fortbildungsinstitutes. Schau dir bitte einmal das LFI-Programm an, welche Kurse da jetzt angeboten werden! (Ruf bei der FPÖ: Das haben wir gemacht! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Nein, nein, ein bissel ernsthafter! Es gibt auch Kurse für den ländlichen Raum. 99 Prozent der Kurse beschäftigen sich mit Tierhaltung, Pflanzenproduktion, Pflanzenschutz, Tierschutz und solchen Dingen, aber Sie nehmen sich dann natürlich dieses eine Prozent heraus.

Wer besucht denn Kurse beim LFI? In erster Linie Bauern, die produzieren, und nicht je­ne, die ihren Grund verpachtet haben, wie Sie Kollege Jannach! Praktizierende Bauern sollten da reden und nicht einer, der den Grund verpachtet hat. Sie wissen ja aus der Praxis gar nicht mehr, wovon Sie reden, Sie sind realitätsfern. Das ist doch lächerlich! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Ein bissel sollten Sie sich auf den Kernbereich konzentrieren. Herr Kollege Steinbich­ler, ich glaube, da müssten wir uns Reden anschauen, die Sie in diesem Haus auch schon gehalten haben, halt unter einer anderen Farbe, aber das ist ja kein Problem.

Zurück zur Realität: Wir als Bauern wirtschaften unter freiem Himmel, das heißt, wir sind der Natur ausgesetzt, und es gibt leider immer wieder solche Jahre wie 2015. Den­ken wir an die Dürresituation! Ich bin froh, dass im Budget des Landwirtschaftsminis­teriums 5 Millionen € für Ernteversicherungen drinnen sind. Oberösterreich zum Bei­spiel hat schon im September 2015 für die Zukunft 2,5 Millionen € pro Jahr für entspre­chende Risikoversicherungen fixiert. Im Burgenländischen Landtag gibt es ja, glaube ich, eine Koalition zwischen SPÖ und – ah ja, FPÖ, genau. Die FPÖ ist ja auch dabei. (Abg. Weninger: In Oberösterreich auch!) Zu einem entsprechenden Antrag der ÖVP hat man im Burgenland nein gesagt, die FPÖ interessiert das nicht. Diese Liste ließe sich fortsetzen. Nicht nur Sonntagsreden halten, sondern Taten folgen lassen für die bäuerliche Landwirtschaft! (Beifall und Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ein bissel sollte man sich schon anschauen, wie sich man­che Dinge entwickeln. Wenn wir die bäuerlichen Familien Geld verdienen lassen, in-


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vestieren sie das wieder in die regionale Wirtschaft, in den Wirtschaftskreislauf. Schau­en wir uns allein an, wie viel weniger Aufträge es bei der Bauwirtschaft gibt, wie viel weniger letztlich Maschinen gekauft werden! Die Traktorzulassungen sind zum Beispiel um rund 11 Prozent rückläufig. Und ich würde mir dann und wann auch von anderen Teilen erwarten, dass sie klar sagen, in der Landwirtschaft selber und in den vor- und nachgelagerten Bereichen geht es um Arbeitsplätze, um mehr als 500 000 Arbeitsplätze.

Ein Satz noch zur Steuerreform. Von der Tarifreform profitieren in Wirklichkeit alle, auch die 96 000 Nebenerwerbsbauern. (Abg. Steinbichler: Die Bauernpensionisten mit ih­ren fetten Pensionen!) Ich bin froh, dass es gelungen ist, die Vermögensteuer auf Grund und Boden und Betriebsgebäude zu verhindern. Ich glaube, dass man nüchtern sagen darf, dass die Agrarpolitik wirklich in keiner einfachen Situation ist, aber letztlich bei denen, die derzeit die Verantwortung tragen, wirklich am besten aufgehoben ist. (Bei­fall und Bravorufe bei der ÖVP.)

16.07


Präsidentin Doris Bures: Ein zweites Mal zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Jan­nach. – Bitte.

 


16.07.15

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Lieber Kollege Prinz! Ich brauche jetzt nach dei­ner Rede zu keinem Lachyoga-Kurs vom LFI mehr gehen, wenn du glaubst, die Agrar­politik ist gut bei euch aufgehoben, angesichts der Entwicklung, die wir haben! Du gehst heraus und kritisierst uns – das ist euer Programm, das ich exemplarisch vorgebracht habe, mit diesen Idiotenkursen …

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich würde Sie bitten, sich in der Aus­drucksweise ein wenig zu mäßigen!

Bitte fortzusetzen.

 


Abgeordneter Harald Jannach (fortsetzend): mit diesen sehr originellen Kursen, sa­gen wir es so, die ja überhaupt nicht zu fördern sind! Wir haben früher schon viele Din­ge in der Agrarpolitik kritisiert, auch die Höhe der Förderung für einzelne große Stiftun­gen, aber diese Beispiele sind exemplarisch dafür, wo man Geld in der Verwaltung, wo man Geld im Ministerium einsparen könnte, ohne dass es einen Landwirt irgendetwas kostet. Dieses Geld fällt ja nicht vom Himmel! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeord­neten von NEOS und Team Stronach.)

Was braucht man, lieber Kollege Prinz, einen Lachyoga-Kurs fördern, was braucht man einen „Miniwickelrock aus zarter Wolle“-Kurs fördern?! Solche Dinge brauchen wir nicht! Schaffen wir das ab! (Abg. Steinbichler: Einen Agrardiesel brauchen wir!)

Wir brauchen einen Agrardiesel, wir brauchen eine Senkung der Sozialversicherungs­beiträge, wir brauchen endlich einmal Klarheit, wie es mit den Einheitswerten weiter­geht. Wir brauchen – die Frau Kollegin Ecker hat es auch heute schon gesagt – eine gerechte Verteilung der Förderungen, denn es ist ja nicht nachvollziehbar, dass ein­zelne Betriebe wie die Stiftung Fürst Liechtenstein 1,5 Millionen € Förderung pro Jahr bekommen, während 70 000 Kleinbauern nur 5 000 € bekommen! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Steinbichler.)

Das, was ich hier vorgebracht habe, das sind ja kleine Beispiele, aber sie sind sympto­matisch für die Agrarpolitik. Sie betreiben hier nur Klientelpolitik! Hier gehört aufge­räumt! Dieses Geld kann man einsparen, ohne dass ein Landwirt irgendwie finanziell zu Schaden kommt. Das ist reine Geldverschwendung! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Steinbichler.)

16.09



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Präsidentin Doris Bures: Noch einmal zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte. (Abg. Zanger: Das hilft nichts! – Weitere Rufe bei der FPÖ: Das wird nicht bes­ser! Das wird nichts mehr!)

 


16.09.20

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Bevor es jetzt Zwischenrufe gibt, eine Minute zuhören, und dann könnt ihr darauf reagieren. Bitte gar schön.

Zu diesem von Ihnen so lächerlich dargestellten Kurs vom LFI, „Kaktuskurs“, wie Sie ihn genannt haben. Um was geht es dabei? Bei diesem Kurs geht es um das Zusammen­leben in der Familie, speziell darum, wie man mit Kindern umgeht, die in der Pubertät stecken und Schwierigkeiten haben.

Tun wir nicht so, als hätten wir im ländlichen Bereich und in den bäuerlichen Familien keine Probleme! Ich glaube, das sollte man nicht lächerlich machen, sondern wir soll­ten die Familien unterstützen und ihnen helfen. Um das geht es! (Beifall bei der ÖVP.)

16.10


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist zu diesem Themenbereich jetzt niemand mehr gemeldet. – Danke, Herr Bundesminister.

Die Beratungen zu diesem Kapitel sind damit beendet.

16.10.03UG 25: Familien und Jugend

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur Verhandlung der Untergliederung 25: Familien und Jugend.

Ich begrüße dazu Frau Bundesministerin Karmasin.

Wir steigen gleich in die Debatte ein.

Erste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Kitzmüller. – Bitte.

 


16.10.45

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Mi­nister! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Damen und Herren zu Hause vor den Bild­schirmen! Das war ein sehr lebhaftes Beispiel, wie Verschwendung passieren kann. Trotz alledem muss ich sagen, auch wenn ich mit dem Familienbudget nicht zufrieden bin, dass ich da die Frau Minister loben muss, denn solche Sachen haben wir hier nicht gefunden! (Beifall bei der FPÖ.)

Obwohl ich ihr sagen muss, die automatische Valorisierung der Familienbeihilfe ist wie­der auf der Strecke geblieben. Und warum ist sie auf der Strecke geblieben? – Weil sich die Kürzung der Dienstgeberbeiträge im Familienlastenausgleichsfonds massiv nie­derschlägt. Mitterlehner hat beim letzten Mal versprochen, es wird valorisiert, wenn der Familienlastenausgleichsfonds ausgeglichen ist. Das kann natürlich nicht passieren, wenn wir jetzt wieder Defizite einfahren, wobei wir es natürlich wichtig finden, dass es zu einer Senkung der Lohnnebenkosten kommt. Aber nicht auf Kosten der Familien! Und nicht auf dem Rücken unserer Kinder! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Alle bedienen sich aus diesem Fonds, und den Familien bleibt nichts mehr übrig. Die Fi­nanzierung artfremder Leistungen aus diesem Familienfonds müsste überhaupt einmal ausgemistet und abgeschafft werden, dann würde den Familien doch mehr überblei­ben. Im Jahre 2016 werden sogar 1,3 Milliarden € für Familien-artfremde Leistungen ver­schwendet.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 367

Das Ressort hat gesagt, es wird auch schon mit den anderen Ministerien gesprochen, um eine Verminderung dieser artfremden Leistungen zu erreichen. Was ist passiert? – Nichts ist passiert! Es hat sich nichts getan. Ganz im Gegenteil: Wenn wir uns die letz­ten beiden Teilhefte anschauen, letztes und vorletztes Jahr, dann sehen wir, es stehen genau die gleichen Zahlen drinnen wie für 2016. Na was soll sich da ändern? Es än­dern sich keine Zahlen, es ändert sich überhaupt nichts.

In diesem Zusammenhang haben wir auch schon einen Antrag eingebracht, um diese artfremden Leistungen zu reduzieren. Was ist passiert? Man hat gesagt, man vertagt, weil es wird ja schon verhandelt. Aber nichts ist passiert! Wir haben in diesem Budget nichts, das uns zeigt, dass diesbezüglich etwas geschehen wäre. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher bringe ich dazu folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend: sofortige Beendigung der Zweckentfremdung der Mittel des Familienlastenausgleichsfonds!

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesministerin für Familien und Jugend wird aufgefordert, mit den jeweils zu­ständigen Bundesministern in Verhandlungen zu treten, um spätestens ab dem Budget für das Jahr 2017 sicherzustellen, dass die Mittel des Familienlastenausgleichsfonds wieder zur Gänze dem Zweck der Finanzierung von familienrelevanten Leistungen zur Verfügung stehen.“

*****

Ich bitte Sie, diesmal das auch ernst zu nehmen und tatsächlich endlich etwas zu ma­chen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die ÖVP agiert gegen Familien. Das sagen nicht wir, das hat der ÖVP-Landeshaupt­mann Haslauer gesagt! Also wie weit ist es bei Ihnen schon gekommen, wenn die eige­nen Landeshauptleute das schon sagen?! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Bei der Steuerreform geht die Familie komplett leer aus. Haben Sie ein Wort vom Fi­nanzminister gehört, dass etwas über Familie gesagt worden wäre? – Kein einziges Wort! Aus gutem Grund hat er nichts dazu gesagt, denn: Was ist aus den 7 000 € Kin­derfreibetrag geworden? – Nichts, auf der Strecke geblieben! Lediglich verdoppelt ha­ben Sie den Kinderfreibetrag von 220 €. Wir haben 220 € gehabt, jetzt kommen weitere 220 € dazu, macht also 440 €. Da kann man leicht verdoppeln.

Weiters: Die 13. Familienbeihilfe ist degradiert worden zu einem 100-€-Start-Schulgeld. Und was ist davon übriggeblieben? Heute auch nur noch mehr 94 € wert. Also: Wo blei­ben die Familien in diesem Budget?

Es ist so groß von der jährlichen Valorisierung der Familienbeihilfe gesprochen wor­den. 2014 wurde sie um 4 Prozent angehoben, nachdem wir aber vorher schon 34 Pro­zent verloren haben! Und was ist jetzt, 2016? – Um 1,9 Prozent erhöht. Wir haben aber eine Inflationsrate von 1,7 Prozent. Was heißt das? – 1,9 minus 1,7 sind 0,2 plus, das sind nicht einmal 30 Cent! (Abg. Schönegger: Über der Inflationsrate!) Na ja, und? Wie viel ist das? 30 Cent! Da wird ja nicht ausgeglichen, haben wir doch schon 30 Pro­zent verloren in den letzten Jahren!

Und: Nicht erhöht bei dieser ganzen Geschichte wird wieder der Kinderabsetzbetrag; der beträgt seit 2009 58,40 €.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 368

Meine Damen und Herren der ÖVP, Sie verabschieden sich gänzlich von der Fami­lienpolitik! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitlichen sind solidarisch mit unseren Familien. Wir haben Familien, Vater/Mut­ter/Kind-Familien, alleinerziehende Familien, die nahe an der Armutsgrenze sind. Wir werden sicher nicht sagen, wir müssen weiß Gott wohin Entwicklungshilfe leisten, wir lassen uns nicht davon abbringen: Solang wir hier in unserem Land an der Armutsgrenze lebende Familien haben, gehören diese an erster Stelle berücksichtigt! Das ist unsere Zukunft, meine Damen und Herren! Sie reden ja auch immer wieder davon, wie wichtig die Familie ist. Tun Sie etwas! Bleiben Sie nicht bei Worten, machen Sie etwas!

Unsere Unterstützung haben Sie, wenn endlich etwas für die Familien geschieht. (Bei­fall bei der FPÖ.)

16.17


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller und weiterer Abgeordneter betreffend sofortige Be­endigung der Zweckentfremdung der Mittel des Familienlastenausgleichsfonds! – UG 25

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.)

Seit Jahren werden aus dem Familienlastenausgleichsfonds mehr als eine Mrd Euro jährlich an verschiedenen Beiträgen geleistet, die nur bedingt oder „in keiner Weise mehr mit dem Konzept des Ausgleichs für unterhaltsbezogene finanzielle Lasten ver­bunden sind“ (Anm.: siehe S. 15 f Broschüre 30 Jahre Familienministerium).

Dabei geht es unter anderem um Beiträge zur Schüler/Studenten Unfallversicherung; Pensionsbeiträge für Wahl und Pflegekinder oder um Pensionsbeiträge für Kindererzie­hungszeiten, für Pflegepersonen von Behinderten, Wochengeld.

Die diesbezüglichen Budgetzahlen stellen sich wie folgt dar:

2011 Erfolg     2012 Erfolg     2013 Erfolg     2014 Erfolg     2015 BVA        2016 BVA

1,298                 1,186                 1,236                 1,369                 1,250                 1,350

Anm.: Beträge in Mrd Euro

Die Verringerung des Anteils der Kostentragung durch den FLAF für nicht oder nur teil­weise familienrelevante Leistungen haben sich SPÖ und ÖVP bereits in der letzten Ge­setzgebungsperiode zum Ziel gesetzt. So war schon im Teilheft UG 25 des Bundes­voranschlages 2013 in diesem Zusammenhang als eine „wesentliche Maßnahme“ an­gekündigt:

„Verhandlungen mit den anderen Ressorts über die Verminderung der Bereitstellung von Mitteln für die Finanzierung von bedingt bzw. teilweise familienrelevanten Leistun­gen durch den Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (FLAF)“

Exakt die identen Inhalte waren auch in den Teilheften der Budgets für die Jahre 2014 und 2015 aber auch 2016 enthalten, entsprechende angekündigte Verhandlungen dürf­ten jedoch – wie die oben dargelegten Zahlen zeigen - bis dato noch nicht von Erfolg ge­krönt gewesen sein.

Genau das Gegenteil ist der Fall!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 369

Mit dem BVA 2016 erhöhen sich die nicht oder nur sehr bedingt familienrelevanten Leistungen sogar auf nunmehr 1,35 Mrd Euro.

Setzt man nun diese „zweckentfremdeten“ Leistungen aus dem FLAF in Relation zu den seitens der Dienstgeber jährlich zu leistenden Zahlungen an den FLAF, so zeigt sich, dass in etwa jeder fünfte Euro dieser Beiträge an der ursprünglichen Intention des FLAF vorbeigeschleust wird.

Univ.-Prof. Wolfgang Mazal bringt die diesbezügliche Problematik auf den Punkt, wenn er feststellt:

„Politisch war die Einführung des Dienstgeberbeitrags mit dem Ausgleich der unterhalts­spezifischen Last legitimiert. Die Bereitschaft, eine Abgabe im Interesse der Familien­förderung zu akzeptieren ist so gesehen politisch mit der Bereitschaft verknüpft, zum un­terhaltsspezifischen Lastenausgleich beizutragen;

Wenn Leistungen des FLAF auch anderen Zwecken dienen, findet eine schleichende Ver­fremdung statt und wird der FLAF politisch zu einem allgemeinen „Puffer für Finanz­politik“, als den ihn Badelt bezeichnet hat.“

Quelle: „Meilensteine der österreichischen Familien- und Jugendpolitik 1984 bis 2014“ in Broschüre „30 Jahre für Familien und Jugend“

Anstatt – wie seit Jahren versprochen – endlich die „Quersubventionierung“ über den FLAF von Bereichen, die in die Zuständigkeit anderer Ressorts fallen, endlich zu been­den, wird sich mit Inkrafttreten des Budgetbegleitgesetzes 2016 die Einnahmensitua­tion des FLAF durch eine Senkung der Dienstgeberbeiträge zusätzlich verschlechtern.

Durch die anhaltende Quersubventionierung zweckfremder Maßnahmen durch den FLAF sowie durch eine zeitgleiche Verschlechterung der Einnahmensituation des FLAF wer­den die Familien zu doppelten Verlierern.

Die unterfertigten Abgeordneten sind sich der Bedeutung einer dringenden Entlastung der heimischen Wirtschaft unter anderem durch eine Senkung der Lohnnebenkosten bewusst, eine solche darf jedoch nicht auf dem Rücken der Familien ausgetragen wer­den.

Aus diesem Grund ist es unumgänglich, den Familien endlich jene mittlerweile 1,35 Mrd. Euro, die seit Jahren den Familien durch Zweckentfremdung vorenthalten werden, „zu­rückzugeben“!

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Familien und Jugend wird aufgefordert, mit den jeweils zu­ständigen Bundesministern in Verhandlungen zu treten, um spätestens ab dem Budget für das Jahr 2017 sicherzustellen, dass die Mittel des Familienlastenausgleichsfonds wieder zur Gänze dem Zweck der Finanzierung von familienrelevanten Leistungen zur Verfügung stehen.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Strasser. – Bitte.

 


16.17.05

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Geschätz­te Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und


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Herren! Kollegin Kitzmüller, es geschieht viel. Es geschieht wirklich viel. (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.) Die Frau Bundesminister hat in den letzten zwei Jahren viel be­wegt (Abg. Zanger: Wo?), und sie wird mit uns auch in den nächsten Jahren viel be­wegen. Nur ein paar Beispiele: die Erhöhung der Familienbeihilfe in drei Tranchen, die Einführung der antragslosen Familienbeihilfe – wir wurden in den Wahlkreisen gelobt dafür! –, der Ausbau der Kinderbildungs- und ‑betreuungsangebote … (Abg. Neubauer: Das hat sich aber in den Wahlen nicht niedergeschlagen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ) Wir werden gelobt bei den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern. Wir wer­den gelobt bei den Familien im städtischen und im ländlichen Raum. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein weiterer Punkt ist die Verlängerung des Gratis-Kindergartenjahres. Viel Geld, das über die Länder in die Gemeinden geht und den Familien zugutekommt.

Und weil Sie immer so negativ über die Steuerreform reden: Auch von der Steuerre­form profitieren Familien überproportional mit rund 1 600 € pro Jahr. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich mache es jetzt ein bisschen grundsätzlicher, weil wir jetzt schon so populistisch un­terwegs sind: Lebensnahe Familienpolitik basiert für uns von der ÖVP – und ich sehe da auch in der Bundesregierung einen großen Konsens – auf drei Säulen. Das eine sind die direkten Geldleistungen. Hier sind wir auf internationalem Niveau, auf sehr ho­hem Niveau. Das Zweite ist der Ausbau der Kinderbildungs- und ‑betreuungseinrich­tungen. (Abg. Zanger: Das ist ganz besonders wichtig!) Auch hier hat uns die Frau Bundesministerin gemeinsam mit der Bundesregierung auf einen guten Weg gebracht. (Abg. Neubauer: Sie haben wirklich keine Ahnung! – Weiterer Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.) – Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, ich ersuche Sie um Aufmerksam­keit!

Die dritte Säule sind Maßnahmen im Bereich Wirtschaft und Arbeitsplätze, und ich bin durchaus erfreut darüber, dass es zu dieser Senkung der Lohnnebenkosten gekom­men ist, weil damit auch wieder viele Arbeitsplätze geschaffen werden, die unseren Müttern und Vätern zugutekommen werden. (Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Wir haben in Österreich so diesen Brauch – er ist besonders stark in der FPÖ mani­festiert –, alles sehr negativ zu sehen. (Abg. Kitzmüller: Na was ist denn da positiv?) Es gibt da dieses Bild vom halb vollen Glas, und Sie können sich aussuchen, Frau Kitzmüller, ob Sie das halb voll oder halb leer sehen. Aber ich möchte das Bild weiter­entwickeln, denn mein Freundeskreis, die Menschen in meinem Wahlkreis sagen mir von der Stimmung her, das Glas ist nicht halb voll, sondern zu 80 Prozent voll. Und ich wünsche vor allem Ihnen, Frau Kollegin Kitzmüller, oder uns allen, dass wir aus diesen 80 Prozent – wo wir sagen, da läuft es gut, da haben wir Zuversicht, da haben wir Hoff­nung – die Kraft schöpfen, um die restlichen 20 Prozent der Projekte, die uns irgendwie stören, die wir verbessern wollen, zu verändern.

Wissen Sie, wer diese Botschaft schon aufgegriffen hat? – Es sind die Österreicherin­nen und Österreicher, die in einem Familienverband leben (Abg. Deimek: Darum ha­ben die protestiert!), denn wir sind in diesem Europaranking bereits … (Abg. Kitzmül­ler: Aber der Katholische Familienverband …! – Zwischenruf der Abg. Schimanek.) – Frau Schimanek, Sie haben halt nicht diese Zuversicht. Die österreichische Bevölke­rung sagt mittlerweile zu 60 Prozent, dass wir ein familienfreundliches Land sind. Also 60 Prozent in Österreich haben die Botschaft der Frau Bundesministerin bereits ver­standen, und das ist auch unsere Botschaft. (Zwischenrufe der Abg. Kitzmüller und Bar­bara Rosenkranz.)

Das Zweite: 2014 sind in Österreich um 3 Prozent mehr Kinder zur Welt gekommen als in den vergangenen Jahren. (Abg. Steinbichler: Heimische?) Das sind Ergebnisse und


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Ereignisse, die wir durchaus feiern können. Ich bedanke mich bei der Frau Bundesmi­nisterin und bei der Bundesregierung. Wir sind auf einem guten Weg. Danke schön und alles Gute! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Hübner. – Abg. Hübner: Das war „su­per“ jetzt! – Abg. Neubauer: Das war konsequente Inkonsequenz! – Rufe und Gegen­rufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

16.21


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schwentner zu Wort. – Bitte.

 


16.21.33

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Präsidentin! Werte Frau Minis­terin! Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach­dem ich die Debatte jetzt und die vorhergehende verfolgt habe, würde ich meinen, dass in den Reihen der sogenannten und selbsternannten Familienpartei ÖVP die Lobby in der Landwirtschaft und im Bauernbund größer ist als die für die Familie. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Sonst müssten wir hier auch jetzt nicht noch einmal über eine wirklich unfassbare Ge­schichte reden, die schon angesprochen wurde, nämlich was den Familienlastenaus­gleichsfonds, den FLAF, betrifft. Wir haben jetzt auf Wunsch der ÖVP eine eigene Fa­milienministerin, und ich würde auch sagen, dass dieser FLAF, dieser Ausgleichsfonds, das wichtigste familienpolitische Instrument überhaupt ist. Wenn dann beschlossen wird – noch dazu für 2017 und 2018, das ist also nicht einmal relevant für das Budget, das wir jetzt diskutieren, aber es musste offensichtlich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ganz schnell beschlossen werden –, dass aus dem FLAF Millionen abgezogen werden für die Senkung der Dienstgeberbeiträge – und ich habe nichts dagegen, es ist gut, wenn wir den Faktor Arbeit entlasten, aber nicht über den FLAF, ohne zu sagen, wie das gegenfinanziert wird –, und dann in dieser ganzen Debatte kein einziges Wort von der Familienministerin dazu zu hören ist, dann finde ich das tatsächlich sehr bemer­kenswert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Sie verstehen das einfach nicht!)

Ich verstehe das ganz gut! Ich glaube, Sie haben es nicht verstanden als Familienpar­tei. Aus diesem FLAF werden ganz relevante Leistungen gezahlt, um Armut in Familien in Österreich zu vermeiden: die Familienbeihilfe, die Schulbuchaktion – alles Mögliche, was für Familien wesentlich ist. Es ist auch ein wichtiges Ausgleichsinstrument zwi­schen jenen … (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was regen Sie sich so auf? Sie hätten Möglichkeiten ohne Ende gehabt, sich da einzu­schalten, dagegenzureden und zu verhindern, dass der FLAF in den nächsten Jahren ausgeplündert wird. Das wird der Fall sein! (Abg. El Habbassi: Das stimmt überhaupt nicht!)

Ich möchte Sie an etwas erinnern: Herr Klubobmann Lopatka – er ist leider jetzt nicht da – hat gestern einen ach so aufklärenden offenen Brief an den Katholischen Fami­lienverband und die anderen Familienverbände geschrieben und hat behauptet, nein, Familienleistungen seien in den nächsten Jahren gar nicht in Gefahr. (Demonstrativer Beifall und Bravorufe bei Abgeordneten der ÖVP.) – Schön, dass Sie mir applaudieren.

Okay, die nächsten beiden Jahre wahrscheinlich nicht, weil wir wissen, da gibt es ein kleines Plus. (Oh-Rufe und neuerlicher demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber erstens: Seien Sie so ehrlich und sagen Sie, dass dahinter ein riesengroßes Mil­liardenloch ist! Im Reservefonds des FLAF fehlen 3 Milliarden €! Und jetzt erklären Sie mir einmal, werte Familienpartei ÖVP, wie Sie dieses Milliardenloch in den nächsten Jahren wieder stopfen wollen! (Abg. Rädler: … nicht erklären, weil es sinnlos ist!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 372

Ich erinnere den Herrn Lopatka – vielleicht erinnern Sie ihn, weil er jetzt nicht da ist (Abg. Grillitsch: Wo ist die Frau Glawischnig? – Abg. Prinz: Ja, wo ist die Frau Gla­wischnig? – Abg. Grillitsch: Interessiert das die Frau Klubobfrau nicht?) –: 2010 haben Sie auch gesagt, wir müssen den FLAF retten, im FLAF gibt es zu wenig Geld. Und was ist passiert? – Es wurden sehr wohl familienbezogene Leistungen gekürzt, nämlich die Familienbeihilfe von 26 auf 24 Jahre – dank ÖVP, um den FLAF, um quasi das De­fizit im FLAF zu retten. (Abg. Obernosterer: Sind 26-Jährige noch Kinder?) Ich schaue mir in zwei Jahren an, wie die große Familienpartei ÖVP dann wieder einmal Familien­leistungen kürzen müssen wird, um in irgendeiner Form das aufrechtzuerhalten, wofür hinten und vorne das Geld fehlt.

Wenn wir über den FLAF reden, dann können wir auch darüber reden, dass es da Leis­tungen gibt, die vielleicht andere Ressorts betreffen. Aber dann lassen Sie uns auch, Kollege von den NEOS, wie das auch vorgeschlagen ist, ganz offen darüber reden, welche Leistungen aus dem FLAF bezahlt werden sollen und welche aus anderen Res­sorts – aber offen und transparent, und nicht übers Hintertürl, wie Sie es machen und dabei den Familien Geld wegnehmen, so wie es jetzt passiert. „Danke“, ÖVP! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.25


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ku­charowits. – Bitte.

 


16.25.58

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den TV-Geräten! Ich würde gerne eine Überleitung machen. Ich verstehe die Diskussion über den FLAF, die wir auch weiterhin führen werden. Wir werden auch da, und wir haben das auch im Ausschuss schon diskutiert, ganz genau darauf achten, dass es keine Kürzungen im Bereich der Familienleistungen gibt. (Abg. Kitzmüller: Wie soll denn das gehen?) Das sei nur eingangs gesagt, und auch diesbezüglich hat sich die Ministerin bereits im Ausschuss geäußert. (Abg. Kitzmüller: Wie wollen Sie denn das machen?)

Ich würde gerne als Kinder- und Jugendsprecherin zum Kinder- und Jugendbudget re­den. Vorweg ist festzustellen: Konkrete Gelder explizit für Kinder und Jugendliche sind ein bisschen schwierig im Budget zu finden. Ich habe das auch schon angemerkt. Ein bisschen mehr Transparenz, und nicht nur immer im Kontext mit Familien, wäre, finde ich, ganz einfach ein bisschen zeitgemäßer und wäre aus meiner Sicht einfach super.

Ich würde gern inhaltlich weitersprechen. Sehr positiv – ganz klar – ist die Gewährleis­tung der Weiterführung der Arbeit mit der Bundesjugendvertretung, der gesetzlichen Vertreterin von Kindern und Jugendlichen, die auch 2016 sichergestellt ist, ebenso wie die offene Jugendarbeit und die außerschulische Jugendarbeit sowie – auch sehr posi­tiv – die Fortführung der Jugendstrategie und des strukturierten Dialogs.

Wichtig für Schülerinnen und Schüler sind, ganz klar, auch die Freifahrt sowie das Top-Jugendticket, eben auch für Lehrlinge. Leider nicht enthalten ist – wie das im letzten Jahr, muss man ganz offen sagen, auch schon diskutiert wurde – die Ausweitung des Top-Jugendtickets auf Studierende. Kollege El Habbassi und ich haben vor einiger Zeit einen diesbezüglichen Entschließungsantrag eingebracht, nämlich schon vor dem Som­mer. Die Studierenden brauchen dieses Ticket! Deshalb noch einmal die Bitte an Sie – ich weiß, es sind mehr Ministerien damit betraut –, diesbezüglich aktiv zu werden. Ich würde mir das wirklich wünschen und möchte mich logischerweise gerne auch selbst ak­tiv einbringen, um da wirklich etwas vorwärtszubringen. Die Studentinnen und Studen­ten brauchen das.

Ebenso haben Sie vor einigen Monaten eine Beratungsstelle und Hotline gegen Extre­mismus und Radikalisierung installiert. Ich halte das für sehr positiv, und es ist vor al-


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lem sehr positiv, dass es im Jugend- und Familienressort ist und nicht, wie damals schon avisiert wurde, im Innenministerium. Sie haben das auch mit 300 000 € ausge­stattet, auch für das kommende Jahr 2016, und wollen das – wie ich auch sozusagen medial gehört und gelesen habe – auch noch erhöhen.

Wir haben gehört, dass sich an diese Hotline, aber vor allem auch an die Beratungs­stelle bereits Betroffene, Angehörige, SozialarbeiterInnen und viele mehr gewandt ha­ben. Ich halte das für ganz, ganz wichtig, dass es das in dieser Form gibt.

Vergangene Woche haben wir auch einen Geburtstag gefeiert, nämlich den 26. Ge­burtstag der Kinderrechte. Wir haben das auch hier im Haus gemacht. Es waren Kinder hier, die uns einen Leuchtturm übergeben haben, beziehungsweise diesen in der Säu­lenhalle aufgebaut haben, der für alle Kinder und vor allem für alle Rechte der Kinder leuchten soll. Und in Ihrem Ressort, Frau Ministerin, ist ein Gremium installiert, das Kinderrechte-Monitoring-Board, das genau darauf schauen soll, ob sozusagen dieser Leuchtturm auch für alle Kinder leuchtet. Auch nächstes Jahr soll dieses mit 70 000 € budgetiert sein. Das ist positiv. Wir haben nur leider noch keine Berichte. Aber mit die­ser Thematik werden wir uns in Bälde, nämlich im Detail und auch im Rahmen von Dis­kussionen, im Unterausschuss für Kinder und Jugendliche auseinandersetzen.

Abschließend: Kinderrechte sind aus meiner Sicht die zentrale Säule der Kinder- und Jugendpolitik. Ich denke, Frau Ministerin, auch Sie sehen das als Kinder- und Jugend­ministerin so. Und deshalb: Alle Kinder haben einfach die gleichen Rechte, und sie haben eben auch das gleiche Recht auf Familie, wurscht, wo jemand herkommt, und wurscht, wo jemand zu Hause ist.

Ich möchte deshalb die ganz, ganz aktuelle Kampagne – gestern präsentiert – der Bun­desjugendvertretung erwähnen, die ich persönlich für sehr, sehr unterstützenswert hal­te, nämlich #mehralsnurflüchtig. Ich würde Sie wirklich bitten, diese Anliegen, nämlich ei­ne extrem berechtigte Kritik an den geplanten Erschwernissen des Familiennachzugs, ernst zu nehmen und auch hier als Verbündete dieser Kampagne aufzutreten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Durchschlag.)

16.29


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


16.30.09

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Bun­desministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuse­her! Frau Bundesministerin, wir hatten noch nicht viel Gelegenheit, persönlich die The­men zu erörtern, außer einmal im Ausschuss, aber die Kolleginnen und Kollegen hier im Plenum wissen, dass ich an sich sehr verbindlich und freundlich im Ton bin. Es ge­lingt mir bei Ihrem Budget allerdings kaum. Ich habe bei all den Budgets, die vorgelegt wurden, bei all den Detailbudgets kein schlechter organisiertes gesehen. Ich habe bei keinem Budgetausschuss weniger Antworten erhalten. Und ich habe nirgendwo mehr das Gefühl gehabt, dass weder Sie noch Ihr Ressort den geringsten Plan für 2016 ha­ben.

Was mich besonders stutzig macht, ist tatsächlich, wie sich das in den letzten zwölf Monaten entwickelt hat. Und ich möchte mir das Ganze jetzt schon auf zwei Ebenen anschauen. Das eine ist: Wie ist man mit dem FLAF umgegangen? – Man hat sich grundsätzlich, und da gab es auch ein Zitat von Ihrer Seite, darauf verständigt, dass man die 3 Milliarden € Schulden, die es 2014 gegeben hat, bis 2019 abbauen möchte. 3 Milliarden € abbauen bis 2019 bedeutet de facto, dass wir Staatsschulden abtragen. Wenn man eine echte Entschuldung durch Überschüsse macht, heißt das 3 Milliarden weniger Staatsschulden. Das war Ihr Ziel bis 2018, beziehungsweise dann der Nachfol­ge ab 2018.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 374

Man hat dann mehrere Entscheidungen getroffen, wo Sie anscheinend nicht sehr steu­ernd eingegriffen haben. Und gleich vorweg: All die Leistungen, die erhöht wurden, all die Leistungen, die eingeführt wurden, kritisieren wir an sich nicht. Wir sind tatsächlich für den Ausbau dieser Leistungen gewesen, zumindest in vielen Bereichen. Letztes Jahr das Thema der Erhöhung der Familienbeihilfe – an sich richtig, weil lange nicht valori­siert worden ist. Allerdings hat das bedeutet, dass die Mehrausgaben ab diesem Jahr, und dann konkret auch 2016, dazu führen, dass die Entschuldung nicht mehr richtig ein­gehalten werden kann.

Was kam als Nächstes? – Als Nächstes kam dann die Lohnnebenkostensenkung. Wir als NEOS sind ganz klar für eine noch deutlich weiter gehende Lohnnebenkostensen­kung als die, die Sie jetzt anbieten oder die Sie auch umsetzen. Allerdings, was ma­chen Sie? – Sie nehmen sozusagen einen Teil der Einnahmen vom FLAF, reduzieren das bei den Ausgaben der Unternehmerinnen und Unternehmer, aber Sie verlagern es ja nur. Sie haben in Summe eine Lohnnebenkostensenkung auf Pump. Das bedeutet im zweiten Schritt: Die Staatsschulden, die wir abbauen wollten, werden nicht abge­baut.

Was passiert weiters? – Sie haben beim Arbeitsmarktgipfel beschlossen, ein Bonus-Malus-System für ältere Arbeitnehmer einzuführen. Es ist ein wichtiges Thema, ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt entsprechend zu unterstützen. Allerdings sind das wieder fehlende Einnahmen. Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, die dazu ge­führt haben, dass Sie gesagt haben: Entschuldungspfad bis 2019, ja! Sie haben ganz konkret im Juni gesagt – das möchte ich Ihnen auch noch einmal vorlesen, ich zitiere aus der „Parlamentskorrespondenz“ –:

„Dezidiert schloss sie“ – Anmerkung: Bundesministerin Karmasin – „aus, dass es vor der FLAF-Entschuldung zu einer Senkung der diesbezüglichen Lohnnebenkosten kom­men kann.“

Also das Ziel war, 2019 schuldenfrei zu sein. Wir standen jetzt in der Vorschau für 2015 bei 2,69 Milliarden € an Schulden. Nach Ihrer eigenen Aussage – ich habe Sie um Ihre Einschätzung gebeten – wird der Schuldenstand 2019 in etwa 2,65 Milliarden sein. Das heißt, wenn wir die Entschuldung so konsequent wie im letzten Jahr fortfüh­ren, sind wir in 80 Jahren noch nicht entschuldet. Das ist einmal ein Umstand, den man sich vor Augen führen muss.

Jetzt bin ich nicht der Meinung, dass konkret die Familienleistungen in Gefahr sind, denn ich glaube, dass unsere Regierung sehr gut geübt ist im Machen weiterer Schul­den. Allerdings ist sie nicht geübt im Schuldenabbau. Und das war das Ziel und das war das Versprechen.

Deswegen auch die Frage der Lösung: Es gibt eine ganze Reihe von Förderungen und Maßnahmen, die derzeit durch den FLAF finanziert werden, die aber tatsächlich nicht unbedingt reine Familienleistungen sind. Ich möchte dafür mehrere Beispiele nennen: Das eine ist der Mutter-Kind-Pass oder auch das Wochengeld, das derzeit teilweise durch den FLAF finanziert ist. Wo gehört es eigentlich hin? – Es gehört in das Gesund­heitsressort, es gehört zum Hauptverband. Bei den Krankenkassen gibt es derzeit Rück­lagen in der Höhe von mehreren Milliarden Euro. Ich komme dann aber auch noch zu weiteren Antworten.

Wir haben des Weiteren die Schulbuchaktion. Auch das ist natürlich notwendig, ist aber an sich eine Maßnahme des Unterrichtsressorts und nicht des FLAF.

Wir haben als Drittes den Bereich der Schüler- und Lehrlingsfreifahrt. Auch das wollen wir beibehalten. Das wäre aber an sich eine Maßnahme für jene politische Ebene, die auch den Nahverkehr organisiert – das sind die Bundesländer und die Gemeinden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 375

Was haben all diese Dinge gemeinsam? – Überall müsste man, wenn man es zu Ver­lagerungen bringt, maßgebliche Reformen machen, Reformen, über die wir schon lan­ge reden, beispielsweise im Gesundheitsressort: Man könnte die Zusammenlegung der Krankenkassen forcieren. Dann gäbe es tatsächlich auch die Möglichkeit, ohne die Rück­lagen anzuknabbern, diese Maßnahmen umzusetzen. Wenn wir die Steuerautonomie teil­weise, wie es auch der Finanzminister schon einmal angekündigt hat, Schritt für Schritt den Bundesländern und Gemeinden übertragen, dann könnten sie genau diese Frei­fahrtmodelle auch in die Kommunen und in die Bundesländer hinein übertragen.

Und so könnte man – meine Redezeit ist leider aus – jetzt stundenlang weiterreden.

Fakt ist: Das Budget ist inakzeptabel. Das Ressort hat nicht einmal nachgerechnet, was das in den nächsten Jahren für den FLAF bedeutet. Die Familien werden von den beiden Regierungsparteien an den Pranger gestellt. Und alle Reformen, die man ma­chen könnte, finden nicht statt. – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordne­ten der Grünen.)

16.35


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Durchschlag zu Wort. – Bitte.

 


16.35.56

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Unsere Familienministerin hat ihre Amtszeit vor knapp zwei Jahren mit dem Vorsatz begonnen, Österreich zum familienfreundlichsten Land zu machen. Sowohl aktuelle Rankings als auch das Budget für 2016 zeigen, dass das der richtige Weg ist.

Der Familienfreundlichkeits-Monitor 2015, den Sie ja vor Kurzem vorgestellt haben, zeigt, dass die Sicht der Österreicherinnen und Österreicher das auch widerspiegelt, denn die Zufriedenheit ist von 31 auf 63 Prozent gestiegen. Frau Bundesministerin, das ist eine Bilanz, die sich durchaus sehen lassen kann. Herzliche Gratulation dazu! (Beifall bei der ÖVP.)

Was bedeutet das jetzt für das Budget 2016? – Das Familienbudget wird im Gegensatz zu manchen anderen Budgets ja nicht gekürzt, sondern es steigt. Das zeigt angesichts der schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen ja durchaus, dass der Bundesregie­rung und besonders der Familienministerin die Familien ein besonderes Anliegen sind.

Wie geplant, und das ist schon gesagt worden, werden die Familienbeihilfen mit Jah­resbeginn um 1,9 Prozent angehoben, und in Verbindung mit der Steuerreform erfolgt beispielsweise die Verdoppelung des Kinderfreibetrages auf 440 €, aber natürlich wird auch die steuerliche Entlastung eine spürbare Besserstellung der Familien bringen. All diese Maßnahmen werden bewirken, dass Familien durchaus zu den Gewinnern des Jah­res 2016 gehören.

In diesem Zusammenhang darf ich auch noch einmal den FLAF erwähnen. Ja, es stimmt, die Senkung der Lohnnebenkosten bringt zunächst einmal weniger Geld für den FLAF. Aber erstens wird die Senkung der Lohnnebenkosten auch eine Ankurbelung der Wirt­schaft bedeuten, es werden mehr Arbeitsplätze geschaffen werden, und somit wird es mehr Dienstgeberbeiträge für den FLAF geben. Und zweitens: Die Schulden werden einfach langsamer abgebaut werden. Das ist ein durchaus nicht unüblicher Vorgang. Das heißt, es geht nicht um eine Reduktion der Ausgaben für die Familien. Sie werden auch niemanden hören, der gesagt hat, es wird bei den Familien gespart werden, son­dern das, was ausgemacht ist, wird auch bleiben.

Ein Thema, das im Familienfreundlichkeits-Monitor noch ein bisschen kritischer beurteilt wurde, war das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Da geht es auch um das


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Thema Kinderbetreuungseinrichtungen, aber auch da wird es im Jahr 2016 eine Ver­besserung geben. Und auch das, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, ist ein Teil der Familienpolitik. Und da fließt viel Geld hinein! Da hat die Frau Familienmi­nisterin oder die Regierung sehr viel Geld in die Hand genommen.

Noch ein Wort zum zweiten verpflichtenden Kindergartenjahr, das wir ja im Ausschuss durchaus intensiv diskutiert haben. (Abg. Kitzmüller: Das ist eine Zwangsverordnung! Das ist keine freiwillige Leistung!) Wir haben in Oberösterreich bei den Vierjährigen ei­ne fast 98-prozentige Betreuungsquote. (Abg. Strasser: 98 Prozent! – Neuerlicher Zwi­schenruf der Abg. Kitzmüller. – Abg. Strasser: Das ist doch keine Zwangsverord­nung!) Und die knapp 2 bis 2,5 Prozent, die nicht in den Kindergarten gehen, das sind meistens Kinder mit Migrationshintergrund. (Abg. Walter Rosenkranz: Das ist genau der geistige Ansatz, …!)

Und ehrlich gesagt verstehe ich die Freiheitlichen da gar nicht, denn das sind eigentlich genau jene Kinder, die in den Kindergarten gehen sollen, weil sie dort die deutsche Sprache, die sie nicht so gut beherrschen, dann besser lernen.

Wahrscheinlich – das ist sozusagen jetzt meine Interpretation – gibt es da bei Ihnen ei­ne Art inneren Streit zwischen zwei ideologischen Einstellungen: Ein etwas konserva­tives – man könnte auch sagen: rigides – Familienbild einerseits, das meint, dass nur die Mutter die richtige Betreuungsperson ist, und auf der anderen Seite – und ich drü­cke es jetzt einmal vorsichtig aus – eine massive Mentalreservation nicht-autochthonen Österreichern gegenüber.

Wie immer das Match bei Ihnen auch ausgeht – ich weiß es nicht –, das ist auf jeden Fall etwas, das nicht gut und nicht förderlich für eine familienfreundliche Weiterentwick­lung unseres Landes ist.

Daher, Frau Ministerin, ein herzliches Dankeschön für Ihren Weitblick, für Ihre Offen­heit und für die Maßnahmen, die Sie gesetzt haben und die Sie auch noch setzen wer­den. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.39


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Steinbichler zu Wort. – Bitte.

 


16.40.02

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Der Redner stellt eine Tafel mit einem Foto vor sich auf das Rednerpult, auf dem ein Bub in Lederhosen und kariertem Hemd abgebildet ist, der auf einer Blumenwiese steht und lacht. Rufe bei der ÖVP: Leo, ist das ein Jugendfoto? Der kleine Leo?) Gerade bei diesem wichtigen Thema möch­te ich etwas zum Ausdruck bringen, das noch viel wichtiger ist als die finanzielle Grund­lage, die natürlich auch sehr wesentlich ist: Diese Zuversicht, diese Hoffnung, die aus so einem Kind strahlt, müssen wir erhalten bis zur Pension.

Wir müssen es schaffen, dass wir den Leuten in unserem Staat ein menschenwürdiges Leben bieten, und das beginnt natürlich bei der Familie. Ich möchte hier an allererster Stelle allen erziehenden Familien, allen Müttern, verheiratet oder alleinerziehend, mei­nen Dank aussprechen, denn was sie für die Gesellschaft leisten, was sie für den Staat leisten, ist unbezahlbar. – Herzlichen Dank. (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abge­ordneten von SPÖ und FPÖ. Rufe bei der ÖVP: Und die Väter? Abg. Strolz: Leo, du hast mich vergessen!)

Die Familie ist die kleinste, die wichtigste und die billigste Zelle des Staates – mit Ab­stand, von der Geburt bis zur Pflege. Wenn wir hier das zweite Kindergartenjahr disku­tieren, wenn wir wissen, wie dann im Alter die Pflegekosten explodieren, dann wissen


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wir auch, wo die Kostenfaktoren der Zukunft liegen, die unsere Budgets belasten, und wir müssen umdenken und uns vielleicht wieder mehr der oftmals als konservativ be­zeichneten Werte besinnen. Ist alles schlecht, was konservativ ist? Was heißt das: be­wahren und erhalten? Natürlich sind dabei eine gewisse Modernisierung und Entwick­lung nötig.

Die Familie ist auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Statistiken, die auch in der Presse publiziert wurden, haben bewiesen, dass ein Kind bis zum 15. Lebensjahr 130 000 € kos­tet. Dieses Geld wird regional investiert. Dieses Geld bedeutet regionale Wirtschafts­kraft, das fließt in regionale Geschäfte, in den Buchhandel, in die Textilgeschäfte – da wird die regionale Wirtschaft gesichert und erhalten. Ich meine, das ist das Wichtigste, und, Frau Minister Karmasin, auch wenn jetzt die Kinderbeihilfe erhöht wird, haben wir trotzdem noch nachhinkend aus den letzten Regierungen 20 Prozent realen Kaufkraft­verlust.

Dieses Geld fehlt den Familien, und deshalb haben wir besonders bei den Mehrkind­familien das Problem der Armutsgefährdung beziehungsweise bei Ein- oder Zweikind­familien das Problem, dass sie sich ein weiteres Kind nicht mehr leisten können.

Ich möchte hier aber einen ganz anderen Aspekt der Familien darstellen, der viel zu wenig erwähnt wird und besonders bei uns im ländlichen Raum eine ganz wesentliche Rolle spielt: Aus den Familien kommen ganz, ganz wertvolle neue, junge Mitglieder für die Feuerwehr, für die Fußballvereine, für die Musikkapellen, für jede Form der Ver­eine, die bei uns am Land so wichtig sind, die diese Gemeinschaft, diese Kollegialität fördern, diese prosperierende ländliche Organisation draußen, wo sich die Leute wohl fühlen, wo man sich trifft, wo man miteinander spricht, wo man nicht in der Anonymität verkommt.

Diese Grundlage kommt ganz wesentlich aus den Familien, weil die Kinder und Ju­gendlichen oftmals darauf vorbereitet werden, und das heißt auch einiges an zusätzli­chen Leistungen, wenn sie zum Unterricht oder zur Übung gefahren werden müssen, die dann von den Familien, von den Müttern gratis erbracht werden.

Herr Ausschussvorsitzender Strasser hat gesagt, bei 80 Prozent der Familien läuft es gut. Na ja, das kommt darauf an. Das dürfte aus einer Statistik sein, die noch nicht publiziert wurde, denn im Grunde genommen sind die Wünsche und die berechtigten Forderungen viel größer, und ich glaube nicht, dass sich das auf nur 20 Prozent be­läuft.

Es wurde der FLAF angesprochen: Der FLAF, das hat mein Vorredner gesagt, wird na­türlich auch zweckentfremdet. Wir wissen, was da, angefangen vom Mutter-Kind-Pass, alles hineingesteckt wird. Ich denke, Frau Minister, da sollte man noch viel stärker schau­en, dass das Geld zweckgewidmet wird; das ist wesentlich.

Ich denke, auch da ist der Spruch des deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble hinsichtlich des Fahrens auf Sicht angebracht, besonders in der Familienpolitik. Alles, was wir in diesem Haus gestern, heute und morgen diskutiert haben beziehungsweise diskutieren, entscheidet über diese Zuversicht unserer Kinder – von der Umwelt bis zum Klima, von der Gesundheit bis zu den Arbeitsplätzen. Deshalb, glaube ich, sollte man die Familienpolitik besonders Richtung Enkerlgerechtigkeit, Richtung Nachhaltigkeit ausrich­ten, und da sind wir alle gefordert. Danke. (Beifall beim Team Stronach und bei Ab­geordneten der FPÖ.)

16.45


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 378

16.45.29

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Frau Präsidentin! Kurz noch zu meinem Vorredner, Leopold Steinbichler: Er scheint ein recht traditionelles Familien­bild zu haben. Unser Dank gilt auch den Vätern, die großartige Erziehungsarbeit leis­ten. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und Team Stronach. Abg. Steinbichler macht ei­ne Verbeugung und zieht dabei einen virtuellen Hut.)

Geschätzte Bürgerinnen und Bürger, die via Fernsehen oder Internet dabei sind! Liebe KollegInnen! Grundsätzlich ist das Budget für 2016 – und ich betone wirklich: 2016 – im Bereich Familie vorsichtig positiv zu bewerten, da es im Bundesvoranschlag für das kommende Jahr um 65 Millionen € höher angesetzt wurde als heuer und auf viele zen­trale Bedürfnisse der Familien und Jugendlichen achtgegeben wurde.

Als positiv erachte ich, auch wenn es nur ein Anstieg um die Inflation und um 2 Pro­zentpunkte darüber hinaus ist, den Anstieg bei der Familienbeihilfe ab nächstem Jahr um 1,9 Prozent, was Mehrausgaben für den Bund von 80,5 Millionen € entspricht.

Ebenfalls positiv optimistisch stimmt mich der weitere Ausbau der Kinderbetreuungsan­gebote in den Bundesländern, der durch die Umsetzung der Artikel-15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern erreicht werden wird und in dem Bereich Vereinbarkeit Fa­milie und Beruf eine wichtige Maßnahme darstellt.

Einen weiteren wichtigen Bereich stellen künftig auch die Transfers an die Sozialversi­cherungsträger dar. Da gab es gestern im Ministerrat eine Klarstellung, dass die An­rechnung von Kindererziehungszeiten auf die Wartezeit für die Pension verbessert wird. So sollen künftig auch bei Vorliegen von weniger als 15 Beitragsjahren pro Kind vier Jahre für die Pension angerechnet werden. Es handelt sich da um ein Plus von rund 100 Millionen €, die im Budget drinnen sind.

Trotz allem müssen wir uns aber auch im Familienbereich der grundsätzlichen Dis­kussion von Geld- und Sachleistungen stellen. Der Geldtransfer ist zwar auf der einen Seite nötig, es sind aber auf der anderen Seite Sachleistungen jene Leistungen, die eins zu eins für den Zweck in Verwendung kommen, für den sie auch vorgesehen sind.

Im Bereich des Ausbaus der Kinderbetreuungsangebote haben wir in Ihnen, Frau Mi­nisterin Karmasin, ja eine Verbündete gefunden. Trotz allem muss die Diskussion da dringend weitergehen, vor allem vor dem Hintergrund der Debatte, die wir heute Vor­mittag geführt haben, in der es um das spezielle Thema Kinderarmut gegangen ist, von der rund 10 000 Kinder in Österreich betroffen sind.

Ich möchte da gerne den dänischen Politikwissenschaftler und Soziologen Gøsta Es­ping-Andersen zitieren, der auf diese schwierige Frage eine gute Antwort hat:

„Ein hohes Niveau an Geldleistungen ist, für sich betrachtet, meist nicht ausreichend, um Familien mit Kindern vor Armut zu bewahren.“

Defizite in der Bereitstellung von außerhäuslicher Betreuung zur Vereinbarkeit von Fa­milie und Beruf führen in der Regel zu erhöhter Abhängigkeit von Sozialleistungen und entsprechend höherer Armutsgefährdung von Kindern. Diese Tendenzen sehen wir lei­der in Spanien, in Portugal und auch in Italien. In Schweden oder Dänemark hingegen führt genau dieser verstärkte Fokus auf Sachleistungen zu weniger Kinderarmut und, wie Sie bereits im Ausschuss auch erwähnt haben, zu einer höheren Geburtenrate.

Die Finanzierung eines für Eltern kostenlosen und verpflichtenden zweiten Kindergar­tenjahres sehe ich deshalb als eine große Chance an und hoffe, dass Sie auch darauf Ihre ganze Aufmerksamkeit und Ihr ganzes Augenmerk legen werden.

Abschließend möchte ich noch anmerken, dass ich einer nachhaltigen Finanzierung des Familienbudgets für das Jahr 2017, wenn genau diese Reduzierung der FLAF-Ein-


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nahmen durch die Senkung der Dienstgeberbeiträge eintreten wird, sehr skeptisch ge­genüberstehe.

Die Entschuldung des Reservefonds wird für weitere Jahre hinausgeschoben werden. Das ist auch bereits im Ausschuss so diskutiert worden. Auf der anderen Seite stellt sich eben die Frage, wie man diese Schulden dann langfristig abbauen will.

Meiner Meinung nach werden wir, das ist auch unser großes Ziel, beim Budget 2017/
2018 und bei den Folgebudgets ganz genau hinschauen und auch Herrn Lopatka und auch Sie, Frau Ministerin Karmasin, beim Wort nehmen, dass trotz der Senkung der Dienstgeberbeiträge die Familienleistungen in vollem Umfang erhalten bleiben wer­den. – Das ist so gesagt worden.

Ich möchte dann bei zukünftigen Projekten, bei denen es eben genau um den Ausbau des Gratiskindergartens oder um die Ausweitung des Top-Jugendtickets für Studieren­de geht, nicht hören, dass das aufgrund von Finanzierungsvorbehalten nicht möglich wird. – Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

16.49


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steger. – Bitte.

 


16.50.09

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Als ich an das Budget herangegangen bin, wollte ich mir einmal anschauen, inwiefern die Zukunft der österreichischen Jugend tatsächlich eine Rolle in diesem Budget gespielt hat. Auf diese Antwort musste ich allerdings nicht lan­ge warten, denn das konnte man schon sehr gut aus der ersten Budgetrede von Herrn Finanzminister Schelling heraushören: In der gesamten Rede kam das Wort „Jugend“ genau einmal vor, und das in der Überschrift Ihres Bereiches, Frau Minister.

Aber auch in Ihrem Ressort-Budget wird es nicht viel besser. Da nimmt der Bereich Ju­gend mit rund 9 Millionen € einen äußerst geringen Teil ein, und dann kommt dazu wahrscheinlich, dass Sie wieder wie im letzten Jahr wesentlich weniger ausbezahlen, als Sie budgetieren. Das ist das, was die Regierung immer versucht, am Ende als Bud­geterfolg zu verkaufen.

Immer wieder wird in der politischen Debatte auch von Ihnen vorgebracht, dass Ju­gendpolitik eine Querschnittsmaterie ist. Ja, Frau Minister, da gebe ich Ihnen vollkom­men recht, und budgetär gibt es für Sie tatsächlich nicht viele Möglichkeiten, außer zum Beispiel Projekte, aber auch die Förderung von Jugendorganisationen. Genau in diesem Bereich sollten Sie aber einmal genauer hinschauen, wofür diese Gelder ei­gentlich verwendet werden. Sie sollten darauf achten, dass keine Jugendorganisation Geld aus Ihrem Ministerium bekommt, die solch hetzerische Flyer produziert, wie das die Sozialistische Jugend tut. (Beifall bei der FPÖ.)

Da stehen Sprüche drauf wie zum Beispiel: Wer das Kreuz bei H.-C. Strache macht, muss wissen, dass es einen Haken hat. – Und auf der Rückseite ist groß das Logo Ihres Ministeriums zu finden. Das nenne ich Politik der untersten Schublade! (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf der Abg. Yilmaz.) Das sind schändliche und skandalöse Dif­famierungsversuche, und ich würde mir auch erwarten, dass Abgeordnete der SPÖ ein­mal hier herunterkommen würden, einmal aufschreien würden und sich vielleicht ein­mal davon distanzieren würden. Das ist Ihre Jugendorganisation! – Oder entspricht das et­wa Ihrer Vorstellung von niveauvoller Politik? (Abg. Yilmaz: Der Herr Mölzer!) Ich hoffe zumindest einmal nicht.

Es sollte bei den Förderungen politischer Jugendorganisationen um die Vermittlung ei­nes demokratischen Grundverständnisses gehen (Rufe bei der SPÖ: Ah ja!), und nicht


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darum, dass irgendwelche Institutionen gefördert werden, die sich vornehmlich dadurch auszeichnen, dass sie bei Veranstaltungen anderer demokratisch legitimierter Parteien in Form von Gegenveranstaltungen auftreten und dort demonstrieren, agieren oder viel­leicht sogar randalieren. Das sollte es nicht geben! (Beifall bei der FPÖ.)

Aber zurück zur Jugendpolitik: Ja, Jugendpolitik ist eine Querschnittsmaterie, und ge­nau deswegen sollten Sie als Ministerin für Jugend in der Budgetgestaltung ressort­übergreifend als Fürsprecherin der Jugend agieren und damit auch das Budget tat­sächlich nachhaltig gestalten. Sie haben doch sicher als Meinungsforscherin, vor Ihrer Zeit als Politik-Quereinsteigerin, Studien darüber gemacht, was die Jugend eigentlich will und was sie braucht. Wenn ich mir dieses Budget anschaue, glaube ich nicht, dass das die Kriterien erfüllt, die Sie damals empirisch erhoben haben.

Was interessiert die Jugend? – Die Jugend interessiert zum Beispiel eine gescheite Bil­dung. Über 30 Prozent der Jugendlichen in Österreich können nach dem Pflichtschul­abschluss nicht sinnerfassend lesen und schreiben. Rund 53 000 Jugendliche brechen ihre Schulbildung frühzeitig ab, und da wird jahrelang an einer Bildungsreform gear­beitet, die in Wirklichkeit weniger eine Hebung der Qualität und damit eine Investition in die Nachhaltigkeit der Bildung ist als eine Reform der Bürokratie, die darin besteht, dass man ein neues bürokratisches Wesen erschafft. Die Bürokratie wurde sozusagen wieder einmal einzementiert, oder wie es Rechnungshofpräsident Moser zum Ausdruck brachte: Problem erkannt, aber leider wieder nicht gelöst!

Die Jugend interessiert sich zum Beispiel auch noch für einen guten und sicheren Lehr­platz. Um die 6 500 Lehrstellensuchende gab es im letzten Jahr, die keine Lehrstelle ge­funden haben.

Wofür interessiert sich die Jugend noch? – Für einen sicheren Arbeitsplatz zum Bei­spiel, 74 000 Arbeitslose unter 25 gab es – eine Situation, die sich mit der ungeregel­ten Massenzuwanderung in den Arbeitsmarkt und auch mit der aktuellen Völkerwande­rung immer mehr verschärfen wird.

Was haben wir noch? – 408 000 Jugendliche und Kinder, die armutsgefährdet sind, und, und, und. Das sind nur ein paar Bereiche, in denen dringend Handlungsbedarf besteht, in die dringend investiert werden muss und für die in diesem Budget wieder einmal viel zu wenig oder gar nichts zu finden ist. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.54


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


16.55.00

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! In Österreich leben rund 1,125 Millionen Familien mit Kindern. Es ist von meinen Vorrednern bereits einige Male der Familienlastenausgleichsfonds und die Lohnnebenkostensenkung angesprochen worden, die beim letzten Arbeitsmarktgip­fel ausgemacht wurde. In diesem Sinne, Frau Kollegin Holzinger, werden wir natürlich auch Herrn Klubobmann Schieder und Herrn Bundeskanzler Faymann dahin gehend ge­nau beobachten, wie in der Zukunft damit umgegangen wird. In der Realität sollte man aber festhalten: Die Familienleistungen werden deswegen nicht sinken, sondern sie blei­ben gleich. Das Einzige, was sich verzögert, ist die Entschuldung des Familienlasten­ausgleichsfonds; die wird sich ein bisschen nach hinten verschieben. (Abg. Schwent­ner: „Ein bisschen“!)

Allein im Rahmen der Familienbeihilfe werden im nächsten Jahr rund 3,4 Milliarden € ausbezahlt. Wir alle haben wahrscheinlich schon wieder vergessen, dass sie voriges Jahr um 4 Prozent erhöht wurde, und mit 1. Jänner 2016 sowie mit 1. Jänner 2018 erfol­gen weitere Erhöhungen um jeweils 1,9 Prozent. (Abg. Kitzmüller: Ja und, was ist das gegen die 30 Prozent …!)


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Mein Kollege Strasser hat es schon angesprochen: Die Steuerreform wird ab Jän­ner 2016 für die Familien Verbesserungen bringen. Die Berechnungen gehen davon aus, dass das pro Familie und Jahr rund 1 600 € ausmachen wird. Das ist nicht gerade wenig, das ist ein ordentlicher Betrag. Der Kinderfreibetrag zum Beispiel wird mit 440 € mehr als verdoppelt – auch das sind klare Leistungen. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Schwentner: … Sie glauben das, was Sie sagen! Abg. Strasser: Unabhängige Insti­tute!)

Meine Damen und Herren, auch wenn Österreich in den Familienleistungen, in der Un­terstützung für Familien in Wirklichkeit Europaspitze ist, müssen wir trotzdem darüber nachdenken, warum wir im Durchschnitt eigentlich bei rund 1,4 oder 1,5 Geburten pro Frau liegen. Wenn ein Volk, eine Nation im Durchschnitt nur 1,4 oder 1,5 Geburten hat, heißt das, wir werden weniger. (Abg. Walser: Zu wenig …! Abg. Schwentner: Väter­karenz, Papa-Monat …! Abg. Kitzmüller: Steuerreform!)

Was heißt das in Wirklichkeit für die Zukunft – für das Pensionssystem, für die Sozial­systeme und dergleichen? Ich glaube, wir sollten ehrlich sein: Das eine ist eher der emotionale Bereich – wie stehen wir selbst zu Kindern? –, und das andere geht natür­lich auch in Richtung Vereinbarkeit von Beruf und Familie, aber das allein wird es nicht sein. Wenn die Geburten so wenige sind, werden wir bis zu einem gewissen Grad Zu­zug haben, den haben wir auch in der Vergangenheit immer gehabt. Hier setzt in Wirk­lichkeit die Integration an.

Ich denke, dass der Plan von Bundesminister Kurz, in dem es um die Fragen der Inte­gration geht und in dem viele Maßnahmen beschrieben sind, ein sehr guter ist. Frau Bun­desminister, ich denke, auch im Familienministerium muss man überlegen, wo man un­terstützend eingreifen kann, damit das auch umgesetzt werden kann. Diese 50 Maß­nahmen kann man kurz zusammenfassen: Wer nach Österreich kommt, muss erstens die Sprache lernen, zweitens hier arbeiten wollen und sich einbringen sowie drittens un­sere Lebensordnung und unsere Werteordnung anerkennen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.57


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


16.57.43

Abgeordneter Julian Schmid, BA (Grüne): So! Als Erstes: Frau Abgeordnete Steger, das ist immer so ein Trick von der FPÖ! Wenn Sie selbst in Bedrängnis sind, dann stellt sich jemand von Ihnen heraus und greift irgendeinen Vergleich mit einer anderen Organisation heraus. (Abg. Kitzmüller: Wir sind nicht in Bedrängnis! Wer ist in Bedräng­nis?)

Die SJ ist nicht unsere Jugendorganisation, aber die nehme ich da wirklich in Schutz, weil die FPÖ momentan ein ganz anderes Problem hat, nämlich das, was der Herr Möl­zer in seiner Zeitung veröffentlicht hat. – Er ist übrigens heute den ganzen Tag nicht da, wahrscheinlich aus gutem Grund. (Ruf bei der FPÖ: Doch, er war schon da! Abg. Walter Rosenkranz: Waren Sie nicht herinnen, wie er gesprochen hat? Abg. Dar­mann: Kollege Mölzer hat sogar vom Rednerpult aus gesprochen! Waren Sie nicht da?)

Herr Mölzer hat sich nämlich in seiner Zeitung „Zur Zeit“ über die „rassische Durchmi­schung“ – Zitat – in den Wiener Kindergärten aufgeregt. Ich sage Ihnen: Die Zeiten sind vorbei, dass so etwas öffentlich gefördert wird! Das sind die öffentlichen Förderungen, die in Österreich abgeschafft werden müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Genug zur FPÖ – ich will jetzt zu etwas Wichtigerem kommen, nämlich zum Budget. Das Budget ist, sagt man, in Zahlen gegossene Politik. Die Frage ist nur: Was sagt die­ses Budget, was sagen die konkreten Zahlen über die Politik aus, die die Bundesre­gierung macht? Heute sind einige Worte gefallen – ich habe das mitgeschrieben –: Ei-


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nige RednerInnen haben von einem vorwärtsgewandten Budget gesprochen, von ei­nem Zukunftsbudget, davon, dass dieses Budget ein Erfolg ist. – Das sind alles Aussa­gen, die heute von Abgeordneten der Regierungsparteien gefallen sind.

Ich muss sagen, ich finde, dass dieses Budget etwas ganz anderes aussagt und dass die Sprache des Budgets eine ganz andere ist, nämlich dass sich mächtige Klientelen und Lobbys bei diesem Budget durchgesetzt haben, dass sich diejenigen, die in Ös­terreich Privilegien haben, diese behalten, und dass es für das restliche Land und für meine Generation, für die Jungen, deshalb schlechter wird. – Das ist die Aussage, die das Budget für mich hat. Das ist die in Zahlen gegossene Politik.

Für mich und für uns Grüne lautet die zentrale Frage: Wie kann man es schaffen, ein Budget für die kommenden 30 Jahre fit zu machen? Was bedeutet das Budget für die kommenden 30 Jahre? Was bedeutet es nicht nur für die nächste Wahl, wie ganz oft gedacht wird, sondern für die nächsten 20, 30 Jahre? Und wenn man sich das Budget unter diesem Gesichtspunkt anschaut, so erkennt man, es ist für uns Junge eine Frech­heit. Ich will das an zwei Punkten festmachen, nämlich erstens am Klimaschutz, an der Klimapolitik Österreichs, und zweitens an der Bildung.

Zum ersten Punkt, zum Klimaschutz: Es hat eine Studie vom Umweltministerium zu­sammen mit dem Klimafonds gegeben, und dabei ist herausgekommen, dass in den nächsten 30 Jahren die Klimakosten für Österreich jährlich bis zu 9 Milliarden € betra­gen werden. Das bedeutet für meine Generation Ausgaben von 9 Milliarden €, die wir Jungen in den nächsten 30 Jahren für die Folgen des Klimawandels bestreiten müssen werden, wenn wir jetzt nichts gegen den Klimawandel tun. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Zum zweiten Punkt, zur Klimapolitik: Nächste Woche ist in Paris der Klimagipfel. Es schaut so erfolgversprechend aus wie schon lange nicht. Auch meine Kollegin Chris­tiane Brunner wird daran teilnehmen. 160 Länder haben weltweit bekundet, dass sie für den Klimaschutz etwas tun wollen. Darunter sind auch China und die USA, die zu­mindest jetzt vielversprechende Ansagen machen.

Was aber macht die Regierung in Österreich? – Die österreichische Regierung hat in diesem Budget die Mittel für die thermische Sanierung für Häuser um mehr als die Hälfte gekürzt. Bei der Umweltförderung gibt es ein Minus von16 Millionen €; und die Mittel für den Klimafonds werden um ein Drittel gekürzt, und zwar gibt es in Zukunft um 30 Millionen € weniger. Das sind Maßnahmen, die ganz konkret im Rahmen dieses Budgets gesetzt werden.

Nächster Punkt: FLAF. – Es wird gesagt, dass die Familienleistungen in den nächsten zwei Jahren nicht eingefroren werden; aber darin sind, wie betont worden ist, auch noch andere Leistungen enthalten. Zum Beispiel ist von Regierungsseite immer wieder gesagt worden, dass die Ausweitung des Top-Jugendtickets auf die Studierenden – was auch eine klimapolitische Maßnahme wäre – aus dem FLAF finanziert werden könnte, wenn dieser in zwei Jahren entschuldet ist. Das war immer die Antwort auf die Frage, wie das finanziert werden soll, und ich hoffe, dass wegen der geplanten Maß­nahme beim FLAF nicht auch noch das Top-Jugendticket gestorben ist und sozusagen eine weitere klimapolitische Maßnahme weg ist.

Nächster Punkt: Bildungspolitik. – Wir wissen, dass jeder Euro, der in Bildung investiert wird, in vier Jahren zurückkommt. Das heißt, das ist nicht nur eine Ausgabe, sondern auch eine Investition. Ganz real schauen die Zahlen aber folgendermaßen aus: Ob­wohl wir heute das Budget beschließen, gibt es noch immer ein Finanzierungsloch in der Höhe von 350 Millionen € im Bildungsbudget, wobei wir Abgeordnete noch immer nicht wissen – das weiß übrigens niemand; wenn jemand von Ihnen schlauer ist, dann würde ich es gerne hören –, woher wir diese 350 Millionen € für das Loch im Bildungs-


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budget sozusagen herzaubern könnten. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Kar­masin.) – Nicht aus dem FLAF! Das habe ich vermutet.

Es gibt in Österreich bis jetzt – da ist noch nicht berücksichtigt, wie die zukünftige Ent­wicklung sein wird, wenn es im Bildungssystem so weitergeht wie bisher – 70 000 Ju­gendliche, die die Ausbildung abgebrochen haben und ohne Job dastehen, also die be­kannten NEETs. Diese Gruppe kostet Österreich – abgesehen von menschlichen Schick­salen und davon, dass wir ein Bildungssystem brauchen, das mündige und selbstbe­stimmte Bürgerinnen und Bürger macht – alle vier Jahre einmal die Mittel, die wir für die Hypo aufbringen müssen. Diese Gruppe, diese 70 000 Jugendlichen verursachen so hohe Kosten; und da ist noch gar nicht mitberücksichtigt, wer da alles in Zukunft noch dazukommt. Diese 70 000 Leute kosten Österreich alle vier Jahre einmal den Be­trag, den die Zahlungen für die Hypo ausmachen. Das kommt auch auf meine Genera­tion zu, wenn wir jetzt nichts tun. Allein der Umstand, dass sozusagen die ganzen Ta­lente verschleudert werden, kostet unser Land ein Vermögen.

Ein anderes Beispiel: Es gibt für junge Flüchtlinge noch immer keine gescheiten Clea­ringverfahren, wie es zum Beispiel das SOS-Kinderdorf in Salzburg macht, im Rahmen dessen einmal geschaut wird: Was gibt es da für Talente und Fähigkeiten bei jungen AsylwerberInnen, welche Unterstützung brauchen die? Es gibt teilweise keine geschei­ten Deutschkurse. Es kommt vor, dass Flüchtlinge ein halbes Jahr oder ein Jahr ohne Deutschkurs sind. Das alles sind Punkte, die meiner Generation irgendwann einmal wirklich auf den Kopf fallen werden. Dabei wäre jeder Euro, der in solche Maßnahmen fließt, wirklich eine Investition. Das müssen wir schlicht und einfach beim Budget mit überlegen.

Andererseits ist das Geld in eine Steuerreform gegangen, aufgrund welcher ein 59-jäh­riger Vizekanzler 2 157 € im Jahr mehr verdient, während eine 23-jährige Sekretärin da­durch nur 370 € im Jahr mehr hat. Das zeigt, dass junge Menschen kaum etwas von dem Geld haben, das Sie ausgeben. Dazu kommt noch, dass wirklich Raubbau an un­serer Zukunft – beim Umweltschutz, bei der Bildungspolitik – betrieben wird. Daher braucht es, finde ich, unbedingt einen Kurswechsel, denn so wird es nicht weitergehen können. (Beifall bei den Grünen.)

17.05


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Bundesministerin Dr. Karmasin zu Wort. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


17.05.26

Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin: Herr Prä­sident! Werte Abgeordnete! Geschätzte Familien! Dieses Budget ist ein positives Bud­get. Vor allem in Anbetracht dessen, dass, wie wir heute schon gehört haben, in ande­ren Ressorts eingespart wird und es Budgetlücken gibt, können wir heuer von einem höheren Budget als im Jahr 2015 sprechen. Wir haben eine Budgeterhöhung erreicht, und das ist schon einmal sehr anerkennenswert in diesen für viele Bereiche doch durch­aus sehr schwierigen Zeiten.

Ich weise darauf hin, dass in der ganzen Periode 830 Millionen € in die Erhöhung der Familienbeihilfe investiert werden. Das ist zum ersten Mal nach vielen Jahren – und ich gebe Ihnen recht, es ist relativ lange nichts passiert – eine deutliche Erhöhung in drei Teilschritten. Die drei Teilschritte sind durchaus ein Anstoß dazu, dass wir auch über zukünftige konsequente Erhöhungen weiterdiskutieren, die im Übrigen gar nichts damit zu tun haben, ob die Dienstgeberbeiträge gesenkt werden oder nicht. – Also erster Schritt ist folgender: 830 Millionen € mehr für die Familienbeihilfe.

Weiters gibt es 305 Millionen € für den Ausbau von Kinderbildungseinrichtungen; und da geht es natürlich ums Geld, das ist fast eine Versechsfachung der Mittel. Das ist die


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größte Ausbauoffensive, die es je gab. Wir konnten schon sehr schöne Fortschritte in den Kinderbetreuungsquoten erreichen, sowohl bei den Zweijährigen, aber auch bei den über Dreijährigen. Selbstverständlich geht da auch viel Geld in die Qualität.

Zum Dritten: Da geht es um die Verlängerung des Gratiskindergartenjahres für die Fünf­jährigen. Dafür gibt es 210 Millionen €. Dort, wo ursprünglich 140 Millionen € geplant waren, konnten wir 210 Millionen € durchsetzen. Das ist auch ein Riesenerfolg!

Hinzu kommt die Einführung der E-Books, die das Ministerium durchaus auch etwas kosten, und auch, wie schon angesprochen, die Beratungsstelle Extremismus, die, wenn man so will, ein unter schwierigen Bedingungen erfolgter großer und notwendiger Schritt ist, weil wir schon 900 Kontaktpunkte zählen konnten und durch konsequente Arbeit auch wirklich verhindern konnten, dass das eine oder andere in Richtung Gewalt oder Aggression passiert. – Insgesamt ist es also ein sehr schönes Paket, das zu wür­digen ist.

Angesprochen auf die Senkung der Lohnnebenkosten über den FLAF möchte ich sa­gen: Ja, wir mussten da etwas tun, weil die Lohnnebenkosten in Österreich im Ver­gleich zu anderen Ländern auf dem höchsten Niveau sind. Das ist natürlich etwas, was die Wirtschaft klarerweise einfordert. Aber ich rede hier jetzt gar nicht über die Wirt­schaft, sondern vielmehr über die Familien. Es geht da um neue Arbeitsplätze, um zir­ka 60 000 neue Arbeitsplätze. Und wenn wir hier über Kinderarmut sprechen, so ist natürlich ein ganz wichtiger Angriffspunkt, dass wir Arbeitsplätze fördern, dass wir moti­vieren und die Wirtschaft auch entsprechend unterstützen, um neue Arbeitsplätze zu entwickeln. 60 000 mögliche neue Arbeitsplätze sind natürlich etwas, wovon auch die Familien in Zukunft profitieren werden. Das ist eine ganz wichtige Entscheidung gewe­sen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte Ihnen noch etwas mit auf den Weg geben: Es ist ja grundsätzlich nicht so, dass der FLAF quasi in meinem oder im Hoheitsbereich des Familienministeriums liegt und darüber je nach Eingaben- und Ausgabensituation verfügt werden kann. Es gibt zum Glück keinen zwingenden Zusammenhang zwischen dem Entschuldungsgrad des FLAF und dem Willen zu familienpolitischen Leistungen. Ich möchte Sie daran erin­nern, dass 2013 die große Erhöhung der Familienbeihilfe unter dem schlechtesten Schul­denstand des FLAF, nämlich einem Minus von 3 Milliarden €, beschlossen wurde.

Das heißt, dass es auch in Zukunft nicht darauf ankommt, ob der FLAF positiv oder negativ aufgestellt ist, sondern es geht um ein gemeinsames Commitment der Bundes­regierung, dass die Mittel im FLAF jedenfalls bis 2018 gesichert sind und dass ich als Garant dafür stehe, dass wir die Familienleistungen sicher um keinen Euro kürzen wer­den. Das ist, wie gesagt, einmal sicher! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.)

Wir werden selbstverständlich daran arbeiten, dass wir entsprechende Mittel auch für die nächste Periode bekommen werden. Aber seien wir einmal zufrieden mit diesen Maß­nahmen! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.)

Eines sei auf diesem Weg noch skizziert: Wir haben bereits in den letzten Monaten ei­ne FLAF-Reform eingeleitet, eine Arbeitsgruppe aus Experten installiert, die sich sehr intensiv mit der Frage beschäftigt – und die nächsten Monate beschäftigen wird –, wie wir den FLAF mit seinen relevanten familienpolitischen Leistungen zukunftssicher auf­stellen können. Natürlich wird dabei ein ganz großes Thema sein, wie wir mit den so­genannten familienfremden Leistungen umgehen werden. Das ist unser Pfad für die nächsten Monate.

Es sei mir noch ein kleiner Ausblick gestattet, welche Projekte wir in den nächsten Mo­naten planen: zum einen ist das 2017 die Umsetzung des Kinderbetreuungsgeld-Kon­tos, womit wir eine individuellere, flexiblere und transparentere Lösung für die Familien


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anbieten werden – mit dem Partnerschaftsbonus, mit einem erhöhten Väteranteil, um wiederum die Väter in Richtung Vereinbarkeit mehr einzubeziehen –, zum anderen gilt es das Netzwerk „Unternehmen für Familien“, das sich sehr gut entwickelt, noch zu stärken, um die Vereinbarkeitsangebote der Wirtschaft zu fördern und noch stärker he­rauszuheben; und zum Dritten ist es das zweite Gratiskindergartenjahr, das wir in in­tensiven Verhandlungen ab nächstem Jahr entsprechend verhandeln werden, wie es ja auch schon in der Artikel-15a-Vereinbarung festgeschrieben ist. – Danke schön. (Bei­fall bei der ÖVP.)

17.10


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig zu Wort. – Bitte.

 


17.11.06

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte auf jene Familien eingehen, die aus meiner Sicht ganz besondere Herausforderungen zu meistern haben, nämlich Familien, in denen auch Kinder mit Behinderungen leben.

Geschätzte Damen und Herren, ich weiß, dass es im Bereich der Familienbeihilfe auch für Kinder mit Behinderungen eine erhöhte Familienbeihilfe geben wird. Wir werden auch in diesem Bereich im nächsten Jahr 14,1 Millionen € mehr investieren. Es sind für Beratungsstellen, für Schwerpunktberatungsstellen im Budget zirka 500 000 € dotiert; und es gibt auch für die Schulbuchaktion, auch speziell für Schulbücher für blinde Kin­der, einen Betrag von zirka 450 000 €. Das sind wichtige Maßnahmen für Eltern, die mit Kindern mit Behinderungen leben. Aber – und da kommt jetzt wirklich das große Aber – ich bin der Ansicht, dass man im Bereich der Unterstützung für Familien mit Kin­dern mit Behinderungen österreichweit – egal auf welcher politischen Ebene man ar­beitet – einfach noch mehr tun muss.

Familien mit Kindern mit Behinderungen werden oft sehr allein gelassen; sie haben, wenn das Kind auf die Welt kommt, sehr schwierige Bedingungen, sie müssen sich in einer neuen Welt zurechtfinden, und ich meine daher, man muss in diesem Bereich wirklich noch mehr investieren. Man muss darangehen, One-Stop-Shops zu schaffen, an die sich diese Familien wenden können, wo sie Beratung erhalten und erfahren, wo sie Unterstützung bekommen können – sei es im Therapiebereich, sei es im Bereich mobiler Unterstützung, sei es im Bereich von Kinderbetreuungsangeboten et cetera, et cetera. Das ist im Moment in Österreich sehr uneinheitlich geregelt. Es gibt vom Bund Unterstützung, es gibt vom Land Unterstützung. Ich meine, Frau Ministerin, man müss­te sich in diesem Bereich zusammensetzen und Regelungen finden, damit Familien nicht irgendwohin geschickt werden, sondern dass es Angebote gibt, an die sich Familien hin­wenden können, damit man einfach wirklich weiß, wie man Kinder mit Behinderungen am besten betreut, auch unter Rücksichtnahme auf die Geschwisterkinder, weil die dann nämlich wirklich sehr oft ein Stück zurückbleiben aufgrund der schweren Betreuungssi­tuation bei Kindern mit Behinderungen.

Ich möchte da auch auf einen Punkt eingehen, Frau Ministerin, der im Zusammenhang mit dem Kindergartengesetz beziehungsweise mit dem verpflichtenden Kindergarten­jahr angesprochen wurde. Es gibt zwar die Kindergartenpflicht, allerdings sind Kinder mit Behinderungen ausgenommen. Sie haben im Ausschuss gesagt – und es wird auch immer so dargestellt –, dass das zum Schutz der Kinder ist. Ja, das mag wohl so sein, aber hinter diesem Schutz verstecken sich dann oftmals Gegebenheiten vor Ort, wes­halb dann ein Bürgermeister, eine Bürgermeisterin – gar nicht böswillig – einfach sagt: Wir haben keinen Platz für dieses Kind.

Ich bin der Ansicht, man muss in diesem Bereich die Kindergartenflicht für alle Kinder geltend machen – wirklich für alle Kinder –, damit auch Kinder mit Behinderungen von


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dieser Pflicht, sage ich jetzt einmal, tatsächlich profitieren können. Das ist ein Punkt, den ich in diesem Bereich ganz massiv einfordern möchte.

Zum anderen bin ich überzeugt davon, dass es Angebote für Familienentlastung braucht, Einrichtungen, wo Kinder mit Behinderungen in Familien wohnen können. Wir brauchen dringend solche Angebote – sei es bei der mobilen Betreuung, sei es bei der Tagesbe­treuung. Kollege Strasser und ich waren erst vor Kurzem bei einer Institution, die das an­bietet. Aber das geschieht immer auf Initiative der Eltern.

Ich meine, da braucht es wirklich gesetzliche Regelungen, da braucht es wirklich ent­sprechende Gesetzesbestimmungen, auf deren Grundlage solche Beratungsstellen, sol­che Angebote – sei es mobile Betreuung, sei es Tagesbetreuung – auch tatsächlich um­gesetzt werden können, damit die Eltern manchmal ein wenig aus der Betreuung he­raussteigen und für sich und die gesunden Geschwisterkinder auch einmal Zeit finden und wieder Kraft tanken können. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Bereich, den wir uns – jetzt unabhängig vom Budget – gemeinsam anschauen müssen und in dem wir dafür sorgen müssen, dass diese Familien bestmöglich unterstützt werden.

Mein Schlusssatz, Frau Ministerin: Ich würde Sie, so wie meine Kollegin Kucharowits schon angesprochen hat, wirklich bitten, dass Sie sich in Ihrer Partei dafür einsetzen, dass Familie für alle Menschen lebbar ist, nämlich auch für Menschen, die aus Kriegs- und Krisengebieten zu uns flüchten, sodass auch diese Menschen in einer Familie le­ben können. Bitte überlegen Sie sich die Änderungen bei der Familienzusammenfüh­rung noch einmal und wirken Sie auf Ihre Partei ein wenig ein! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.15


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kas­segger. – Bitte.

 


17.15.21

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Als Wirtschaftssprecher der FPÖ melde ich mich zu die­sem Tagesordnungspunkt zu Wort, weil ich gleich einmal Folgendes klarstellen möch­te: Wir haben gegen diese Senkung der Lohnnebenkosten gestimmt, obwohl wir grund­sätzlich natürlich für eine Senkung der Lohnnebenkosten sind – aber bitte nicht in die­sem Bereich, nicht auf dem Rücken unserer Familien, nicht auf dem Rücken unserer Kin­der, nicht auf dem Rücken unserer Zukunft! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schittenhelm: Das stimmt schlicht und ergreifend nicht! Das ist falsch!) – Ich rechne es Ihnen gleich vor.

Kollegin Schwentner hat vorhin völlig richtig angemerkt, dass der FLAF das wichtigste familienpolitische Instrument ist, insbesondere wenn es darum geht, Armut in Familien zu vermindern.

Schauen wir uns die Zahlen an! Der FLAF ist mit ungefähr 6 Milliarden € ausgestattet. Mit der Kürzung, die Sie ab 2017 vorhaben, haben wir im FLAF nur mehr 5 Milliar­den €. Sie nehmen also ungefähr 1 Milliarde € weg. Der FLAF macht heuer ein Plus von 300 Millionen €. Wenn ich jetzt 1 Milliarde € wegnehme, dann brauchen wir – und da muss ich jetzt kein großer Mathematiker sein – nicht von der Rückzahlung von Schulden in den Reservefonds zu reden, sondern die Schulden werden entweder stei­gen oder, was zu erwarten ist, die Leistungen aus dem FLAF werden gekürzt wer­den. – Aber nicht mit uns! (Beifall bei der FPÖ.)

Was im Bereich der Zuständigkeit der Frau Familienministerin auch noch stattfindet, ist eine Quersubventionierung von Geldern, die für Familien zweckgebunden ausgegeben werden sollten, die aber ins Ressort des Kollegen Hundstorfer, nämlich ins Sozialmi­nisterium, fließen. Das ist ja auch bekannt. Da sprechen wir nicht von 3,50 €, sondern


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von 1,3 Milliarden €. Sie haben in Ihrem Ministerium bei den Wirkungszielen in den Bud­gets mit identischem Wortlaut für 2013, 2014, 2015, 2016, und zwar nach dem System Copy-and-paste, folgendes Wirkungsziel drinnen: Wir werden jetzt mit dem Sozialmi­nisterium verhandeln, damit aus dem FLAF eben nicht FLAF-bezogene Leistungen in die­sem Ausmaß bezahlt werden müssen. – Geschehen ist genau nichts! (Bundesministe­rin Karmasin: Das wissen Sie ja gar nicht, was passiert ist!) – Wenn Sie es im Wir­kungsziel für 2016 drinnen haben, dann ist zumindest bis dato nichts geschehen. (Bun­desministerin Karmasin: Verhandlungen sind …!) – Ja, dann fordere ich Sie auf oder er­suche Sie, sich im interministeriellen Kampf mit dem Kollegen Hundstorfer endlich ein­mal durchzusetzen! (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Abschluss noch kurz zur Österreichischen Volkspartei: Wir haben da sozusagen einen Mythos, eine Divergenz zwischen Taten und Worten.

Die Österreichische Volkspartei behauptet ja immer von sich, eine Familienpartei zu sein. – Jetzt haben wir den glänzenden Beweis, den Sie hier erbracht haben, dass Sie eben keine Familienpartei sind! (Abg. Tamandl: Das ist ja ungeheuerlich!)

Die Österreichische Volkspartei behauptet ja immer von sich, eine Wirtschaftspartei zu sein. – Sie haben mit der Steuerreform, mit der Tarifreform, den glänzenden Beweis er­bracht, dass Sie eben keine Wirtschaftspartei sind!

Die Österreichische Volkspartei behauptet ja immer von sich, eine Volkspartei zu sein. – Sie erbringen tagtäglich mit Ihrem Nichtstun angesichts der Migrationsströme den Be­weis, dass Sie eben keine Volkspartei sind! (Beifall bei der FPÖ.)

17.18


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


17.18.43

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ich muss Ihnen widersprechen – ungern, aber doch! Wir sind eine Familienpartei, denn man muss das Gesamtpaket sehen. (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.) Man muss bitte das Gesamtpaket sehen, das unterm Strich herauskommt! (Beifall bei der ÖVP. – Neuerli­cher Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.)

Wenn ich in der Lage bin, die Lohnnebenkosten durch den Dienstgeberbeitrag, der re­duziert wird, zu senken – das ist eines der wesentlichsten Ziele, die in diesem Hohen Hause seit ewigen Zeiten von allen Fraktionen gefordert werden –, dann ist das ein sinn­volles Ziel. Damit werden Arbeitsplätze geschaffen. (Zwischenruf der Abg. Schwentner.)

Wenn wir uns die Gesamtsummen anschauen, die im Gesamtpaket lukriert werden, dann sehen wir, dass die Familienbeihilfe um 830 Millionen € erhöht wird, dass es zu einer Verdoppelung des Kinderfreibetrages kommt. Es geht bei der neuen Steuerre­form insgesamt um eine Entlastung von 1,6 Milliarden €, sodass die Familien im Schnitt 1 550 € bis 1 600 € bekommen. Ich glaube, das ist nicht nichts, sondern im Gegenteil: Das ist sehr viel! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.)

Wir alle kennen die angespannte Lage des Budgets, und wir kennen die demographi­sche Situation. Es ist ganz wichtig, gerade in dieser Situation Umschichtungen vorzu­nehmen und nicht alles auf die Frage „FLAF: ja oder nein?“ zu konzentrieren.

Heute wurde auch schon öfter das Studententicket angesprochen. – Bitte, das ist eine Angelegenheit des Verkehrsministeriums und nicht des Familienministeriums. Das muss von dort finanziert werden.

Stichwort Ticket: Schauen wir über die Grenze! Natürlich ist Luft nach oben in der Fami­lienpolitik, natürlich kann man immer etwas besser machen. Es gibt in Europa Länder, die eine deutlich höhere Geburtenrate haben, zum Beispiel Frankreich. Warum haben


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sie diese höhere Geburtenrate? – Da stimmt es nämlich schon – dort zumindest –, dass eine höhere Geldleistung, ein höherer Anteil vom Bruttoinlandsprodukt – und zwar sind es in Frankreich 4 Prozent –, eine Beförderung der Geburtenrate bewirkt hat. Die Mehr­kinderfamilie wird in Frankreich nämlich deutlich steuerlich begünstigt. Das ist etwas, das wir uns für die nächsten Jahre gemeinsam überlegen könnten.

Wir könnten überhaupt grundsätzliche Geschichten und Werte gemeinsam überlegen, nämlich beispielsweise diese: Wir führen ja jetzt die Debatte über die Flüchtlinge, die neue Kultur, den Kulturwandel, der auf uns zukommt. Man kann dem kritisch gegen­überstehen – das soll man, denke ich, auch –, aber eines haben uns die Moslems vo­raus: Der Wert der Familie und der Wert des Kinderkriegens ist ungleich höher als bei uns. Diesbezüglich müssen wir uns in ganz Europa die Frage stellen, ob wir nicht hin­sichtlich der Liberalisierung der Abtreibung zu viel Energie auf Kosten der Familien und des Kinderkriegens verschwendet haben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.21


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser zu Wort. – Bitte. (Abg. Schwentner – in Richtung des das Rednerpult verlassenden Abg. Franz –: Das haben Sie jetzt aber nicht ernst gemeint?! – Abg. Franz: O ja!)

 


17.21.20

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Franz, Sie haben jetzt Erfahrung in mehreren Parteien und reproduzieren hier dementsprechende Inhalte, aber bezüglich der letzten Bemerkung betreffend Ab­treibung kann ich nur sagen: Ich meine, überlegen Sie sich das bitte, und überlegen Sie sich, wie Ihre Partei, die ÖVP, und auch die engagierten Frauen, die es in Ihrer Par­tei gibt, dazu stehen, und dass diese eigentlich die jetzige Regelung als akzeptabel an­sehen, wie sie sie bestätigt haben – jedenfalls größtenteils. Ich höre zwar schon ge­genteilige Äußerungen, aber das ist einfach jenseitig, das passt nicht ins 21. Jahrhun­dert. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Gamon.)

Nehmen Sie – Sie haben es angesprochen, davor hat es schon Ihr Kollege Prinz ange­sprochen – auch die Kinderquote her: Ja, wir sind da nicht ganz am Ende, aber relativ am Schluss der europäischen Staaten. Und warum sind wir dort? – Schauen wir uns die Länder an! Sie haben Frankreich erwähnt. Schauen wir uns die skandinavischen Länder an, wo wir Betreuungsquoten bei den zwei-, drei-, vierjährigen Kindern haben, die deut­lich über 50 Prozent liegen, bis zu 80 Prozent. Warum? – Weil es alleinerziehenden Frauen oder Männern möglich ist, Beruf und Familie zu vereinen, weil es entsprechende Kin­derbetreuungseinrichtungen gibt, weil es Krippen gibt. In Norwegen beispielsweise ist die Kinderkrippe gratis, in Frankreich ist dieses System ausgebaut. Reden Sie doch da­von und legen Sie Ihr Engagement in die Richtung, dass wir diese Einrichtungen aus­bauen! (Zwischenruf des Abg. Strasser.)

Damit sind wir beim sogenannten Gratis-zweiten-Kindergartenjahr. Kollege Strasser, du hast angesprochen, das Glas sei nach dieser Regelung – 80 Prozent? – 80 Prozent voll. Wenn das Glas 80 Prozent voll ist, dann sind die 80 Prozent heiße Luft. Das Wasser, das da drin ist, ist höchstens 20 Prozent, denn das, was wir mit dem zweiten Kinder­gartenjahr haben, ist ein Kompromiss. Und die vielen Zuschriften und Meldungen, die du bekommen hast! Ich habe die Reaktionen, die ich darauf bekommen habe, mitge­bracht. (Der Redner hält ein Bündel beschriebene Zettel in die Höhe.) Die Leute sagen, es ist beschämend, dieses zweite Kindergartenjahr mit einer Opt-out-Möglichkeit vorzu­sehen.

Ich meine, wo sind wir im Jahr 2015? – Das kann es doch nicht sein! Gehen wir konse­quente Schritte und gehen wir auch realistische Schritte! Wenn die ÖVP und die SPÖ dieses zweite Kindergartenjahr beschließen, aber gleichzeitig sagen, es kostet nichts, dann ist das die Quadratur des Kreises. Wie wollen Sie das machen, Frau Ministe-


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rin? – Im Bildungspaket, das letzte Woche vorgestellt worden ist, steht: kostenfrei, das wird keine zusätzlichen Kosten bringen. (Bundesministerin Karmasin: Nein!) Darauf bin ich gespannt! Die Artikel-15a-Vereinbarungen stehen an. Mit der Umsetzung 2016 können wir aber nicht rechnen, sonst müsste es in diesem Budget drin sein.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss: Ich würde sagen, es wäre Zeit, sich der Realität zu stellen, es wäre Zeit, realistische Budgets vorzustellen. – Dieses hier ist keines. (Beifall bei den Grünen.)

17.24


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.

 


17.25.08

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Nur ein Wort zum Kollegen Franz: Ich denke, das Top-Jugendticket ist Aufgabe des Fami­lienlastenausgleichsfonds und gehört in den Familienbereich, nicht in den Verkehrsbe­reich. Aber wir können uns ja gerne darüber unterhalten, wo was hingehört. Wir haben in diesem Bereich ja vielleicht noch mehr Sachen zu entrümpeln, aber ich denke, dass das hier hergehört.

Die Frau Bundesministerin hat gesagt, das Budget steigt leicht. – Ja, das ist richtig, und für mich war wichtig, dass sichergestellt ist, dass die Erhöhung für die Familienbeihilfe auch entsprechend ausgepreist ist – wir wissen: 1,9 Prozent jetzt und 1,9 Prozent 2018.

Was für mich aber noch wichtiger ist, ist, dass diese Verlängerung der Artikel-15a-Ver­einbarung für die Länder hier auch klar dargestellt wird, denn es geht um Qualitäts­steigerung, um die Erweiterung dieser Kindereinrichtungen. Es ist, denke ich, gerade für die Familien ein wichtiger Punkt, dass sie die Möglichkeit haben, Beruf und Familie ent­sprechend zu verbinden. Deshalb ein Dankeschön dafür, dass es die Möglichkeit gibt, auch die nächsten drei Jahre dieses Geld, diese 70 Millionen €, zur Verfügung zu stel­len.

Es wird natürlich nächstes Jahr einiges auf uns zukommen, denn die Bildungsreform, so wie sie jetzt vorgestellt ist, wird weiterer Maßnahmen bedürfen, wenn ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr kommen sollte.

Ich möchte hier aber noch einen Punkt anmerken, der mir aufgefallen ist, und zwar: Män­ner, die Bezieher von Kinderbetreuungsgeld sind, blieben 2013 und 2014 eigentlich hin­ter den Erwartungen des Ministeriums, wenn man sich diese Zahlen anschaut, und für heuer ist eine Steigerung von 0,8 Prozent geplant. Bei den Maßnahmen zur Verfolgung Ihrer Wirkungsziele steht Folgendes:

„Durch Gewährung von Kinderbetreuungsgeld und verstärkte Bewerbung des Bezugs von Vätern und Information über die verschiedenen Bezugsvarianten soll die Väterbe­teiligung erhöht werden.“

Da bin ich ganz bei Ihnen, das ist ganz, ganz wichtig. Ich möchte hier aber zu dem Punkt Bezugsvarianten kommen, denn die Entscheidung ist für viele Familien zum jet­zigen Zeitpunkt irrsinnig schwer, beziehungsweise tun sich Eltern, wenn sie das vorher aussuchen müssen, oft sehr schwer zu entscheiden, welche Variante sie nehmen sol­len. Ich denke – Sie haben ja heute auch gesagt, dass das Kindergeldkonto 2017 kom­men sollte –, dass wir das so schnell wie möglich verhandeln und auch umsetzen soll­ten. Ich meine, das ist erstens eine klare Vereinfachung für die Familien, aber auch ei­ne Verwaltungsvereinfachung, die Hand in Hand gehen.

Zum Schluss möchte ich noch ein kurzes Wort zur Steuerreform sagen, denn davon haben auch die Familien viel: 90 Prozent dieser 5 Milliarden € Steuerentlastung be­kommen Klein- und Mittelverdiener, und ich denke, gerade die Familien sind in diesem Bereich angesiedelt und werden am meisten davon profitieren. Es ist ganz, ganz wich-


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tig, dass, selbst wenn es nur 220 € sind, im Bereich des Kinderfreibetrages endlich auch ein Schritt gesetzt wurde. Dass wir diesen erhöht haben, ist, so glaube ich, ebenfalls wichtig.

Wichtig ist auf alle Fälle, dass wir den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen for­cieren, damit die Menschen Beruf und Familie entsprechend vereinbaren können. Ich denke, dieses Budget zeigt einen klaren Weg im Bereich des Ausbaus, aber auch fi­nanzielle Hilfe für die Familie. Ich glaube, hier stärken wir die Familien; wir sollten die­sen Weg fortsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.28


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte.

 


17.28.47

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Budget der Untergliederung Fami­lien und Jugend besteht in erster Linie aus dem Budget des Familienlastenausgleichs­fonds.

Über den FLAF ist heute schon viel gesprochen worden. Aus diesem Fonds wird auch die Familienbeihilfe gezahlt. 3,3 Milliarden € werden 2016 für etwa 1,7 Millionen Kinder und Jugendliche ausgegeben. Auch für Kinder, die im EU-/EWR-Raum leben und de­ren Eltern in Österreich arbeiten, muss die Familienbeihilfe ausbezahlt werden, ohne dass dabei die tatsächlichen Lebenshaltungskosten im jeweiligen Ausland berücksich­tigt werden.

Insgesamt bezogen im Jahr 2014 über 24 000 im Ausland lebende Kinder die österrei­chische Familienbeihilfe. Somit wurden 223 Millionen € überwiesen – das sind um 16 Mil­lionen € mehr als im Jahr zuvor, im Jahr 2013.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sinnvoll wäre es, die Zahlungen aus Öster­reich an das Niveau der Lebenshaltungskosten des jeweiligen Landes anzupassen. (Bei­fall bei der FPÖ.) Eine Anpassung der Familienbeihilfe an die tatsächlichen Lebenshal­tungskosten wäre einerseits sozial gerechtfertigt und würde andererseits Einsparungen in Millionenhöhe bringen.

Jetzt muss ich aber zur ÖVP kommen: Bereits im Jahr 2010 hat der damalige Staats­sekretär und nunmehrige Klubobmann Lopatka vorgeschlagen, die Bemessung der Zah­lungen, die von Österreich erfolgen, an die Lebenshaltungskosten in jenem Land, in dem das Kind lebt, zu binden. (Abg. Kitzmüller: Sehr vernünftig war das!)

Am 13. Juni 2015 berichtete „Die Presse“ über die hohen Zahlungen an Familienbeihil­fe, die ins Ausland fließen, und Herr Außenminister Sebastian Kurz sagt dazu Folgen­des:

„Österreich überweist für zwei Kinder unter zehn Jahren“ – die in Rumänien leben – „300 Euro. Die rumänische Familienbeihilfe macht nur 30 Euro aus.“

Der Herr Außenminister spricht von Sofortmaßnahmen (Abg. Kitzmüller: Ja!), und er sagt:

„Wir sehen das wie die Briten: Großbritannien will Reformen innerhalb der EU, und das muss (…) rasch gelingen.“ (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kitzmüller: Eben!)

Kürzlich, nämlich am 6. November, stellte Klubobmann Lopatka in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ in diesem Zusammenhang unmissverständlich fest – ich zitiere –:

„,Die Erwartungshaltung der Klubobleute ist, dass wir vom Reden zum Tun kommen‘. (…) Es gebe den ,massiven Wunsch‘, zu einer Änderung zu kommen.“ (Beifall bei der


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FPÖ. – Abg. Kitzmüller – in Richtung ÖVP –: … mitstimmen! Kein Problem! – Zwi­schenruf des Abg. Walter Rosenkranz.)

Herr Klubobmann Lopatka wird noch deutlicher, wenn er in diesem Interview klarstellt, dass Österreich „nicht auf eine Lösung dieser Frage auf europäischer Ebene warten“ soll. „Vielmehr müssten auch im Alleingang alle Änderungen, die gemäß EU-Recht mög­lich seien, umgesetzt werden. Auch wenn dabei riskiert werde, dass eine derartige Neu­regelung dann auf EU-Ebene aufgehoben werde.“ (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kitz­müller: Antrag! – Abg. Haider: Das gefällt ihnen nur …!)

Nun, Abgeordnete der ÖVP, jetzt können Sie beweisen, ob Sie zu dem stehen, wovon Sie sprechen. Deshalb bringe ich jetzt auch einen Antrag ein (Rufe und Gegenrufe zwi­schen den Abgeordneten Schönegger, Haider und Schimanek):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpas­sung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland an die jeweiligen Lebenshaltungskos­ten

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die vorsieht, dass die Familienbeihilfe für Kinder, die im EU/EWR-Raum leben und deren Eltern in Österreich arbeiten, auf das Niveau der tatsächlichen Lebenshal­tungskosten im jeweiligen Land angepasst wird.“

*****

Ich bitte um Ihre Unterstützung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kitzmüller: Das werden wir machen müssen! Das wird die Nagelprobe!)

17.33


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Abgeordneter Mühlberghuber soeben einge­brachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber und weiterer Abgeordneter betreffend Anpas­sung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland an die jeweiligen Lebenshaltungskos­ten – UG 25

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.)

Für Kinder, die im EU/EWR-Raum leben und deren Eltern in Österreich arbeiten, muss die österreichische Familienbeihilfe ausbezahlt werden, ohne dass dabei die tatsächli­chen Lebenshaltungskosten im jeweiligen Ausland berücksichtigt werden.

Bereits im Jahr 2010 kritisierte der damalige Staatssekretär und nunmehrige Klubob­mann Reinhold Lopatka die Tatsache, dass die nicht erfolgende Anpassung der Fami­lienbeihilfe für Kinder, die in Ländern mit niedrigerer Familienbeihilfe als in Österreich leben, zu hohen Differenzzahlungen unabhängig von den dortigen Lebenshaltungskos­ten führt.


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Lopatka schlug daher vor, die Bemessung der Zahlungen, die von Österreich erfolgen, an die Lebenshaltungskosten in dem Land, in dem das Kind lebt, zu binden. (Presse vom 5.5.2010)

Bedenken in rechtlicher Hinsicht kann entgegnet werden, dass Verfassungs- und Eu­roparechtsexperten die Meinung vertreten, dass bei entsprechender Ausgestaltung im Sinne einer diskriminierungsfreien Regelung eine Kürzung der Familienbeihilfe rechts­konform wäre.

So ist in diesem Zusammenhang auf der homepage von Klubobmann Lopatka folgen­des zu lesen:

„Ich würde es gerechter empfinden, wenn die Familienbeihilfe, sich sowohl in Öster­reich als auch im Ausland an den Lebenshaltungskosten orientieren würde.

Ich freue mich, dass viele sachkundige Universitätsprofessoren, wie Europarechtler Franz Leidenmühler von der Uni-Linz, Arbeitrechtprofessor Franz Marhold von der Uni-Graz, Sozialrechtler Wolfgang Mazal und Verfassungsjurist Heinz Mayer von der Uni Wien, davon ausgehen, dass es eine rechtliche Möglichkeit gibt, diese Idee auch europa­rechtskonform umzusetzen.“

Eine Anpassung der Familienbeihilfe für Kinder, die im EU/EWR-Raum leben und de­ren Eltern in Österreich arbeiten, an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten ist einer­seits sozial gerechtfertigt und ermöglicht andererseits enorme Einsparungen. „Wenn die Zahlungen auf das Niveau der jeweiligen Lebenshaltungskosten im betreffenden Land zurückgeschraubt werden, würde sich Österreich für rund 41.000 Kinder etwa
50 Millionen Euro sparen“, so Lopatka im Gespräch mit der „Presse“ vom 5.5.2010.

Unterstützung für diese Position fand Reinhold Lopatka nunmehr kürzlich in Person seines Parteikollegen Außenminister Sebastian Kurz, der in Zusammenhang mit ent­sprechenden Diskussionen in Großbritannien feststellte, dass „eines der Probleme, das Großbritannien hier angesprochen habe und auch in Österreich bestehe, die Auszah­lung der Familienbeihilfe ins Ausland sei. So würden zum Beispiel für zwei Kinder ei­nes Rumänen, der in Österreich arbeitet, dessen Kinder aber in Rumänien leben, rund 300 Euro monatlich überwiesen. Das entspricht fast dem rumänischen Durchschnitts­einkommen."

„Hier seien die Sozialsysteme und Einkommensverhältnisse in der EU höchst unterschied­lich. Das sei nicht nur eine Herausforderung für unsere Systeme, sondern führe zu ei­ner "massiven Verzerrung in vielen Ländern, in denen diese Beihilfen fließen".

Ich halte daher sehr viel von den britischen Vorschlägen, dieses System zu überden­ken und zum Beispiel die Familienbeihilfe zu valorisieren und an das ortsübliche Ni­veau in den jeweiligen Staaten anzugleichen." (APA249/13. Juni 2015)

Erst vor wenigen Tagen, am 6. November dieses Jahres stellte Klubobmann Lopatka in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ in diesem Zusammenhang unmiss­verständlich fest: „Die Erwartungshaltung der Klubobleute ist, dass wir vom Reden zum Tun kommen. Es gebe den „massiven Wunsch“, zu einer Änderung zu kommen.“

Und Klubobmann Lopatka wird noch deutlicher, wenn er in eben diesem Interview klar­legt, dass „Österreich nicht auf eine Lösung dieser Frage auf europäischer Ebene war­ten soll. Vielmehr müssten auch im Alleingang alle Änderungen, die gemäß EU-Recht möglich seien, umgesetzt werden. Auch wenn dabei riskiert werde, dass eine derartige Neuregelung dann auf EU-Ebene aufgehoben werde.“

Dass hier Handlungsbedarf besteht, zeigen die ständig steigenden Zahlen. So hat Öster­reich im Jahr 2014 223 Millionen Euro Familienbeihilfe an im EU-Ausland lebende Kin­der ausbezahlt, deren Eltern in Österreich arbeiten. Im Jahr zuvor waren es 207 Mio. Euro.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 393

Nicht zuletzt aus finanz- und familienpolitischer Hinsicht ist daher – wie von den Frei­heitlichen bereits mehrfach gefordert - eine Anpassung der Höhe der Familienbeihilfe für im EU/EWR-Ausland lebende Kinder an die jeweiligen Lebenshaltungskosten drin­gend erforderlich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die vorsieht, dass die Familienbeihilfe für Kinder, die im EU/EWR-Raum leben und deren Eltern in Österreich arbeiten, auf das Niveau der tatsächlichen Lebenshal­tungskosten im jeweiligen Land angepasst wird.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fichtinger. – Bitte.

 


17.33.39

Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Es wurde gestern und heute schon sehr viel zum Thema Budget und Fa­milien gesprochen. Es werden Familien beunruhigt, es wird alles schlechtgeredet, es wird gesagt, alles, was es gibt, sei eigentlich nichts. – Ich wundere mich wirklich schon selbst, dass sich Frauen, wenn sie sich das anhören, überhaupt noch dazu entschlie­ßen, Kinder zu bekommen. Es ist wirklich traurig, wenn man sich das anhört!

Dabei muss ich noch einmal betonen, dass in den letzten zwei Jahren sehr viel für die Familien getan wurde, und das wird auch in der Zukunft fortgesetzt. – Ich muss das ein­fach noch einmal wiederholen.

Betreffend die Erhöhung der Kinderbeihilfe wird so getan, als ob diese nicht gesichert wäre: Es ist gesichert, auch der Zuschlag für behinderte Kinder und Mehrkinderfami­lien.

Auch die Schulstarthilfe wird immer so abgetan; immerhin gibt es diese für Sechs- bis Fünfzehnjährige jedes Jahr automatisch.

Und weil die monatliche Auszahlung der Familienbeihilfe so belächelt wird und Sie sa­gen, die ÖVP sei keine Volkspartei (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller) – ich selber bin Bürgermeisterin –: Wir haben das Auge und das Ohr sehr wohl beim Bürger und wir hö­ren selbst, wie dankbar und froh die Frauen oder die Kleinfamilien sind, dass zum Bei­spiel die Familienbeihilfe monatlich ausbezahlt wird (Abg. Kitzmüller: Ein „toller“ Schritt, ja, aber …!) oder dass die antragslose Familienbeihilfe jetzt wirklich so unkompliziert funktioniert. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das sind alles gute Dinge. (Abg. Kitzmüller: Das wird nicht mehr! Auch wenn sie monatlich ausbezahlt wird, wird es um keinen Groschen mehr!) – Ja, aber es ist trotzdem eine Erleichterung! Es wird einfach nur alles schlechtgeredet. Man kann über alles sagen, das ist nichts – und trotzdem sind es positive Dinge!

Einen wichtigen Punkt möchte ich noch ansprechen – und diesbezüglich einen herzli­chen Dank an unsere Familienministerin richten –, da ich selber Bürgermeisterin bin und selber ein Projekt geschaffen habe, speziell dieses Kinderbetreuungsprojekt für Null- bis Zweieinhalbjährige – Artikel-15a-Vereinbarung. Wir haben selber ein Projekt für 13 Ge­meinden gestartet, im Rahmen dessen wir die BetreuerInnen bei einem Verein ange-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 394

stellt haben, was eigentlich wunderbar funktioniert. Ein sehr, sehr wichtiger Punkt da­für, dass das auch so geschehen und bleiben kann, ist, dass dafür in den Jahren 2014 bis 2018 zusätzlich 827,8 Millionen € notwendig sind, und das ist kein geringer Betrag.

Einen Punkt möchte ich noch kurz ansprechen, nämlich das Audit familienfreundliche­gemeinde: Das ist auch ein wichtiger Bereich, denn immerhin setzen sich da in der Familie alle Generationen zusammen, schauen sich die Situation an, schauen sich an, was notwendig ist, was Familien wirklich brauchen, was notwendig ist, damit junge Fa­milien unterstützt werden können, damit ihnen in Notsituationen geholfen wird.

Es wird für die Familien sehr viel getan. Das beginnt beim Kinderspielplatz, der für die Familien auch wichtig ist, und geht bis zur Möglichkeit der Kinderbetreuung, damit man – und das betrifft in erster Linie immer noch Frauen – Familie und Beruf gut vereinbaren kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.37


Präsident Karlheinz Kopf: Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordne­tem Schmid. – Bitte.

 


17.37.18

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Ich spreche zu den Themen Familie, Jugend und Bildung. – Ju­gend, Bildung und Familie sollten die höchsten Güter eines Staates darstellen, ein Groß­teil der heimischen Bevölkerung stellt der Bundesregierung dahin gehend jedoch kein besonders gutes Zeugnis aus.

Die Grundlage eines erfolgreichen Lebensweges ist Bildung. Arbeitsgruppen zur Um­benennung von Schultypen stellen keine Bildungsreform dar. Darüber hinaus werden da Steuergelder alles andere als sinnvoll eingesetzt.

Die nicht enden wollende Flüchtlingswelle führt nunmehr dazu, dass die Schülerzah­len – vorwiegend in Volksschulklassen – drastisch zu erhöhen sind. Nicht nur die er­höhte Schülerzahl, sondern auch sprachliche Unkenntnis sind Problemstellungen, wel­che einen nachhaltigen Schulerfolg gefährden können. Gerade Volksschulen stellen ei­nen Grundstein der Bildung dar. Mangelnde Schulausbildung stellt gerade für die Ju­gend ein Problem dar, welches zu Arbeitslosigkeit führt und damit Unsummen an Steu­ergeldern verschlingt.

Der Jugend ist ein positiver Lebensweg im Beruf bis hin zur Bildung einer Familie vor­zuzeichnen. Die klassische Familie aus Vater, Mutter und Kindern ist auch weiterhin zu fördern. Selbiges gilt für alleinerziehende Mütter. Familien brauchen allerdings auch ent­sprechenden Wohnraum, welcher mittlerweile kaum mehr leistbar ist, was die Grün­dung und den Bestand einer Familie gefährdet.

Österreich hat bekanntlich kein Einnahmen- sondern ein Ausgabenproblem. Zugunsten der Bereiche Bildung, Jugend und Familie sind diese Ausgaben gerade hinsichtlich ei­niger Vorgaben der EU, zum Beispiel milliardenschwere Zahlungen an Griechenland be­ziehungsweise dessen marode Banken, neu zu prüfen und die Gelder im eigenen Land sinnvoll einzusetzen. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Mölzer.)

17.39


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Doppler zu Wort. – Bitte. (Abg. Doppler – auf dem Weg zum Rednerpult zu dem das Redner­pult verlassenden Abg. Gerhard Schmid –: Bravo, Gerhard!)

 


17.39.45

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Familie ist ein Schwer-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 395

punkt jeden Staates – das haben wir schon gehört –, und ich glaube, das ist auch not­wendig.

Schauen wir uns die Budgetzahlen für die Untergruppe 25, Familien und Jugend, an! Wie viel Geld gibt es für Familien und Jugend? – 2016 sind es 7,89 Milliarden €; 67,3 Mil­liarden € mehr als 2015. Generell ist die Gebarung durch den Familienlastenausgleichs­fonds geprägt, das hat Frau Kollegin Kitzmüller bereits angesprochen, der im Wesent­lichen aus den Dienstgeberbeiträgen – rund 82,5 Prozent – und aus Steuermitteln – 16,1 Prozent – gespeist wird. Der Familienlastenausgleich stellt auch das zentrale Ins­trument für die Finanzierung dar.

Hauptgründe für die Mehrausgaben sind: höhere Transfers an die Sozialversicherungsträ­ger – plus 100 Millionen € –, Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten – plus 60,8 Mil­lionen € – und das Wochengeld – plus 37 Millionen €.

Zuwächse, Frau Ministerin, ergaben sich auch bei den Familienbeihilfen – von Frau Kol­legin Mühlberghuber angesprochen –: plus 80,5 Millionen €. Frau Ministerin, ich glau­be, es ist schon notwendig, dass man genau hinsieht, wohin die Familienbeihilfen flie­ßen. Ich glaube, die Familienbeihilfe brauchen wir in unserem Staat für unsere Fami­lien und für sonst niemanden! – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Gerhard Schmid.)

17.41


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Pock zu Wort. – Bitte.

 


17.41.37

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! In der Hitze des Gefechts ist sich vorhin der Antrag nicht mehr ausgegangen.

Einleitend möchte ich noch sagen: Wir haben jetzt deutlich weniger über den FLAF dis­kutiert als gedacht – 3 Milliarden € mehr an Staatsschulden und eine Lohnnebenkos­tensenkung, die deutlich zu gering ist; 780 Millionen € für Unternehmerinnen und Un­ternehmer. Wir NEOS haben schon mehrfach von einer Größenordnung von knapp 4 Milliarden € gesprochen; das wäre die Luft, die für die Unternehmen so dringend not­wendig wäre.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Strukturreform des FLAF statt Gefährdung des Entschuldungspfades

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Familie und Jugend wird aufgefordert, eine Senkung des Dienstgeber-Beitrages zum Familienlastenaus­gleichsfonds über eine Umgestaltung des Leistungsspektrums durch die Verlagerung der Finanzierung teils familienfremder Leistungen zu ermöglichen, um damit nicht den eingeschlagenen Entschuldungspfad des Familienlastenausgleichsfonds zu gefährden. Die Finanzierung dieser Leistungen soll zu einfacheren Finanzierungsströmen, aber auch zu mehr Finanzierungsverantwortung führen, sodass jene Stellen, die diese Leis­tungen aus dem Familienlastenausgleichsfonds schon bisher steuerten, auch die fi­nanzielle Verantwortung übernehmen müssen.“

*****


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 396

Etwas Ähnliches steht bereits im Regierungsprogramm, Frau Ministerin, Sie haben es auch vor; es ist Eile geboten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

17.42


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Pock eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Pock, Kollegin und Kollegen

betreffend Strukturreform des FLAF statt Gefährdung des Entschuldungspfades

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) - TOP 6 - UG 25

Mit der Erhöhung der Familienbeihilfe und der Erhöhung an Ausgaben (75% statt 72% der Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten) verlangsamt sich die Entschuldung des Familienlastenausgleichsfonds. Bereits für 2015 kann die ursprünglich geplante Ent­schuldung von 465 Mio Euro nicht eingehalten werden können – die Reduktion des Schuldenstandes wird nur bei knapp 305 Mio Euro liegen. Für 2016 wird die Ent­schuldung aber noch geringer ausfallen und nur 317 Mio Euro betragen. Der Schulden­stand soll mit Ende 2016 also noch knapp 2.375 Mio Euro betragen – eigentlich hätte der Schuldenstand mit Ende 2015 auf einem ähnlichen Niveau sein sollen. Damit fällt der FLAF am Entschuldungspfad innerhalb von zwei Jahren um fast ein Jahr zurück und die Ausgabensteigerungen die beschlossen worden sind, werden diesen Pfad auch die nächsten Jahre nachhaltig verlangsamen.

Problematisch daran ist, dass gerade der FLAF verwendet werden wird, um eine um­fangreiche Lohnnebenkostensenkung zu erreichen. Verlangsamt sich die Entschul­dung, wird auch eine LNK-Senkung im FLAF in absehbarer Zeit nicht möglich sein. Doch gerade dies wurde im Budgetbericht 2016 und auch in der Budgetrede des Fi­nanzministers festgehalten. 2017 soll es eine Senkung der Lohnnebenkosten (lt. Bud­getbericht soll dies über den FLAF geschehen) geben. Endgültig mit dem Arbeitsmarkt­gipfel vom 30. Oktober 2015 wurde diese Senkung des Dienstgeberbeitrages zum FLAF endgültig beschlossen.

Der aktuelle Stand der Verschuldung und die Entwicklung (ohne vereinbarte Beitrags­senkung) zeigt, dass eine Beitragssenkung auf Schulden gebaut ist (Angaben in Mio, Quelle: derStandard, BMFJ):

Jahr

Auszahlungen

Einzahlungen

Differenz

Schuldenstand

Erfolg 2014

6.359,30

6.723,28

380,41

-2.996,08

Vorschau 2015

6.565,01

6.869,92

304,91

-2.691,17

Vorschau 2016

6.675,60

6.992,49

316,89

-2.374,28

Vorschau 2017

6.630,26

7.205,53

575,28

-1.799,00


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 397

Vorschau 2018

6.749,21

7.447,90

698,68

-1.100,31

Vorschau 2019

6.775,56

7.711,86

936,30

-164,02

Der Umfang der Beitragssenkung ist dementsprechend ohne konkrete Maßnahmen kri­tisch zu sehen. Es wird von 790 Mio Euro Entlastung im FLAF gesprochen. Doch ge­rade die hohe Verschuldung und vor allem auch die verlangsamte Entschuldung (durch geringere Überschüsse) des FLAF erlauben so eine LNK-Senkung nicht. Es ginge nur über die weitere Verschuldung bzw. verlangsamte Entschuldung des FLAF – es würde Geld ausgegeben, das nicht da ist. Aufgrund der geringeren Entlastung wird der FLAF damit frühestens 2020 bzw. 2021 entschuldet werden – weit davon entfernt, was am Beginn des Beschlusses der Entschuldung das Ziel war. Im Budgetausschuss merkte Familienministerin Karmasin an, dass der Schuldenstand 2019 noch immer 2,7 Mil­liarden betragen wird und es damit zwischen 2015 und 2019 zu keiner weiteren Ent­schuldung des FLAF kommen wird. Zudem führen die geringeren Einnahmen des FLAF aufgrund der Beitragssenkung in den Jahren nach 2019 zu einer weiteren Verlang­samung der Entschuldung. Einen Zeithorizont für die endgültige Entschuldung des FLAF konnte die Familienministerin keine Auskunft geben.

Die Ankündigung ist zusätzlich kritisch zu sehen im Zusammenhang mit den Aussagen der Familienministerin. Vor allem weil am 23. Juni 2015 im Familien-ausschuss Fami­lienministerin Karmasin nicht von einer Entschuldung des FLAF vor 2019 ausgegangen ist (http://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2015/PK0706/index.shtml) und dies nur möglich ist, wenn es die Konjunktur und die Geburtenrate zulassen würden. Die Parla­mentskorrespondenz zeigt zusätzlich weshalb die Ankündigung Bundesregierung ei­nen Wortbruch der Familienministerin darstellt: „Dezidiert schloss sie [Anm.: Bundes­ministerin Karmasin] aus, dass es vor der FLAF-Entschuldung zu einer Senkung der dies­bezüglichen Lohnnebenkosten kommen kann.“

Die Senkung des Dienstgeber-Beitrages ist damit einzig und allein möglich, wenn man eine langsamere Entschuldung bzw. eine weitere Verschuldung des FLAF zulassen würde. Die Regierung würde dann aber Geld „ausgeben“ das sie nicht hat. Es würde in Kauf genommen, dass es für die Reduktion dieser Lohnnebenkosten zu einer höheren Schuldenlast im Familienbereich kommt. Zudem wirkt sich dies auch negativ auf das Budgetdefizit aus.

Aus diesen Gründen kann man eine solche DG-Beitragssenkung nicht einfach hinneh­men, insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine steigende Geburtenrate das Ziel sind sollte – und ein solcher Anstieg auch politisch gewollt und angekündigt wird. Eine steigende Geburtenrate führt aber auch zu höheren Ausgaben aus dem FLAF.

Um tatsächlich eine Reduktion des DG-Beitrages zum FLAF und damit eine umfassen­de LNK-Senkung zu ermöglichen, wäre ein relativ starker Umbau des Leistungska­taloges des FLAF nötig. Aus dem FLAF wird nämlich gegenwärtig eine Vielzahl an Leistungen finanziert, die in erster Linie nicht als familienpolitische Leistungen zu klas­sifizieren sind. Eine ambitionierte Reform des FLAF würde auf diese Entwicklungsmög­lichkeiten Rücksicht nehmen.

Eine umfangreiche Übersicht über Handlungsspielräume und mögliche Reformoptio­nen bietet ein Working Paper des Finanzministeriums aus dem Jahr 2010: (https://
www.bmf.gv.at/services/publikationen/BMF-WP_5_2010-Der_Familienlastenausgleichs­fond_FLAF.pdf?4xf6eo)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 398

Gerade dort wird deutlich hervorgehoben, dass die wesentliche Möglichkeit zu einer Lohnnebenkostensenkung über den FLAF durch eine Umgestaltung der Finanzierung von familienfremden Leistungen ist. Nur wenn man über solche Umschichtungen auch diskutiert und diese auch ankündigt, wäre eine Diskussion über eine LNK-Senkung im FLAF möglich.

Eine Umgestaltung der Finanzierung scheint auch aus einer finanzwissenschaftlichen Perspektive sinnvoll. Denn gegenwärtig werden aus dem FLAF Maßnahmen finanziert für die das Familienministerium keine Steuerungskompetenz hat, und der FLAF somit nur als Finanzierungsquelle gesehen wird. Ein wesentliches Ziel einer modernen Bud­getpolitik muss es sein, dass die Finanzierungs- und Ausgabenverantwortung in allen Bereichen größtmöglich zusammenfallen. Dies ist beim Großteil der Leistungen aus dem FLAF nicht der Fall.

Zusätzlich stellt sich die Frage, weshalb mit Lohnnebenkosten – also direkten, sozial­versicherungsähnlichen Beiträgen für Verdienste aus unselbstständiger Arbeit – Maß­nahmen finanziert werden, die nicht nur von unselbstständig Erwerbstätigen, sondern allgemein in Anspruch genommen werden bzw. verteilt werden, unabhängig vom Er­werbsstatus der Leistungsbezieher_innen. Dadurch fällt wiederum die Gruppe der Kos­tenverursacher und jener, die entsprechende Leistungen in Anspruch nehmen, ausein­ander. Dies ist insbesondere bei den familienfremden Leistungen der Fall.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Familie und Jugend wird aufgefordert, eine Senkung des Dienstgeber-Beitrages zum Familienlastenaus­gleichsfonds über eine Umgestaltung des Leistungsspektrums durch die Verlagerung der Finanzierung teils familienfremder Leistungen zu ermöglichen, um damit nicht den eingeschlagenen Entschuldungspfad des Familienlastenausgleichsfonds zu gefährden. Die Finanzierung dieser Leistungen soll zu einfacheren Finanzierungsströmen, aber auch zu mehr Finanzierungsverantwortung führen, sodass jene Stellen, die diese Leis­tungen aus dem Familienlastenausgleichsfonds schon bisher steuerten, auch die fi­nanzielle Verantwortung übernehmen müssen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosenkranz. – Bitte.

 


17.43.03

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr ge­ehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor allem aber liebe Zuseherinnen und Zuseher an den Fernsehschirmen! Man muss da etwas aufklären. Sie verteidigen sich – Sie müs­sen sich verteidigen, das ist ganz klar (Zwischenruf des Abg. Strasser) –, aber: Qui s’excuse, s’accuse, wer sich verteidigt, klagt sich an; das haben Sie jetzt gut bewiesen.

Sie verteidigen sich mit der Behauptung, dass die Opposition nur ein wenig stänkere. Sie alle, wie Sie hier sitzen, haben aber auch den Brief der Familienverbände bekom­men, und zwar all jener, die bei Ihrem Ressort sozusagen akkreditiert sind. Alle sieben Verbände, auch der ÖVP-Familienbund und die roten Kinderfreunde, haben gegen die­se Maßnahme jetzt protestiert und haben sie mit ganz klaren Worten als familienfeind­lich und politisch kurzsichtig bezeichnet – dem kann man sich übrigens nur vollinhalt­lich anschließen. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 399

Sie kürzen die Einnahmen für den Fonds in zwei Etappen, sodass er ab 2018 – es ist schon gesagt worden, ich wiederhole es, das ist beträchtlich – 1 Milliarde € weniger Ein­künfte hat. Sie sagen, es wird nichts gekürzt – das wird dahingestellt bleiben müssen –, und Sie sagen, er erzielt Überschüsse. Und da sieht man schon, wie falsch Ihr Ansatz ist, denn: Was ist eigentlich ein Fonds? – Ein Fonds ist eine ausgegliederte Geldsumme, sozusagen eine Reserve, für einen bestimmten Zweck. Das heißt, es ist eben nicht im Budget. Es ist dem politischen Auf und Ab, dem Wechsel der Parteien, dem Wechsel der Regierungen entzogen. Warum? – Weil das so wichtig ist.

Das hat man im Jahre 1954 so eingerichtet, als klar war, es wird das Umlageverfahren geben. Eine genügend große Anzahl an Kindern ist nicht Teil des Sozialstaats, son­dern seine Voraussetzung. Wenn der Generationenvertrag nicht funktioniert, wird es auch keine gesicherte Pension geben – deswegen: einen eigenen Fonds, der nicht an­getastet werden kann. Was Sie jetzt tun, ist, dass Sie diesen Fonds als Puffer für das Budget verwenden – übrigens nicht zum ersten Mal. Es ist ein Volumen, das stabil sein soll, Sie dagegen reduzieren die Einnahmen massiv.

Zu den Überschüssen noch einmal: Warum gibt es denn sozusagen Überschüsse? – Zum Ersten, weil die Familienbeihilfe seit 14 Jahren voriges Jahr das erste Mal um 4 Prozent erhöht worden ist – seit 14 Jahren, 4 Prozent! Im selben Zeitraum betrug die Inflationsrate 38 Prozent.

Zum Zweiten aber ist er natürlich auch deswegen momentan nicht ausgelastet und man kann ihn ein bisschen ausräumen, weil die Geburtenrate auf einem nie gesehe­nen Tiefstand ist. Man kennt das nicht aus der Geschichte! Und das ist natürlich eine Katastrophe, weil sich genau dieser Zusammenhang zwischen Geburtenrate und so­zialer Sicherheit demnächst noch mehr zeigen wird; er zeigt sich schon längst bei den Pensionen.

Zur Rede von Frau Abgeordneter Holzinger: Es gibt viele Gründe für diese niedrige Ge­burtenrate. Es ist ein Wandel in der Werthaltung, ein Wandel in den Lebensformen, aber es hat auch materielle Gründe. Frau Ministerin, Sie wissen vielleicht – oder wis­sen nicht, was bedauerlich wäre –, dass seit drei Wochen in Frankreich eine massive familienpolitische Debatte geführt wird. In Paris wird über Gründe für die gesunkene Geburtenrate gestritten, und die Opposition und die Familienverbände führen diesen drastischen Einbruch ganz eindeutig auf eine Kürzung der Familienleistungen zurück – also keine Rede davon, dass da nur Sachleistungen etwas verbessern würden, son­dern da ist einmal eindeutig der Zusammenhang beschrieben. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Familienbischof Küng sagen kann, dass Kinder der sicherste Weg in die Armut sind, dann hat der Fonds keine Überschüsse, sondern ganz im Gegenteil. Sie haben mit der Rolle, die Sie hier gespielt haben, den Gestaltungsspielraum für Familienpolitik in den nächsten Jahren massiv beschädigt. Die Rolle, die Sie spielen, Frau Ministerin – ich kann Ihnen das Wort nicht ersparen –, ist kläglich. Wenn Sie das tun wollen, ist das Ihre Sache; für die Familien in Österreich aber ist es katastrophal, dass sie die Konse­quenzen tragen müssen.

Ich kenne so viele von Ihnen, von der ÖVP, ich kann es ja nicht glauben, und natürlich glaube ich es nicht, dass Sie die Zusammenhänge nicht verstehen. Sie nehmen nur die Sachen nie ganz ernst. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Gerhard Schmid.)

(In Richtung SPÖ-Bankreihen weisend:) Da erwarte ich mir ja gar nichts! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Na, Sie haben ein Konzept: starker Staat, Individuen drunter, und Fa­milie ist eigentlich ein historisch überholtes Relikt. (Abg. Königsberger-Ludwig: Wer sagt das? – Abg. Gisela Wurm: Wo haben Sie das her? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 400

(Sich in Richtung ÖVP-Bankreihen wendend:) Aber Sie sehen es nicht so, ich weiß es, Sie können es nicht so sehen, und ich fordere Sie auf, da wirklich umzudenken und sich auch selbst klarzumachen, dass es da um den Kern geht – eigentlich um den Kern auch Ihrer Weltanschauung, aber auch um den Kern unseres Landes! (Anhaltender Beifall bei der FPÖ sowie Beifall des Abg. Gerhard Schmid.)

17.48


Präsident Karlheinz Kopf: Zur Untergliederung 25: Familien und Jugend, liegen mir kei­ne weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Die Beratungen zu diesem Themenbereich sind daher beendet.

17.48.26UG 30: Bildung und Frauen

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zur Verhandlung der Untergliederung 30: Bil­dung und Frauen.

Als erster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz zu Wort. – Bitte.

 


17.48.44

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ja, Budget Bildung: Wir wissen, dass es in der Bildung einiges an diskutierenswerten Dingen gibt, auch die Fragen, wie die Sonderfinanzie­rung in unserem Bildungssystem erfolgen wird, wie effizient Geld eingesetzt wird.

Es liegt seit Kurzem ein sogenanntes Papier vor, von dem man sagt, darin sei eine Bil­dungsreform beschrieben. – Nun, es sind Absichtserklärungen und Überschriften; mehr ist es nicht. Ich möchte mich jetzt im Detail mit einem Thema beschäftigen. Herr Staats­sekretär Mahrer, den ich heute bereits schon in der Debatte zu Kunst und Kultur zitiert habe, hat gemeint, diese Bildungsreform, dieses Papier, sei „fast geil“. – Na ja, ich weiß nicht, wie er da seinen Horizont zieht, was er da empfindet.

Eines möchte ich hier jedenfalls schon einmal ganz klar herausarbeiten: Was ist denn von dieser Schulverwaltungsreform geblieben, von der Überschrift „Bildungsdirektion“? – Das Wort „Bildungsdirektion“, das haben wir schon gehört, gibt es schon seit Frau Mi­nisterin Schmied, und das Ganze löst jetzt den Landesschulrat ab.

Der Landesschulrat ist ein Organ der mittelbaren Bundesverwaltung mit dem Landes­hauptmann als Präsidenten; dort, wo es verfassungsmäßig oder durch Gesetz einge­richtet ist, gibt es einen stellvertretenden Amtsführenden Präsidenten und ein Kollegi­um, das folgendermaßen besetzt ist: Lehrer, Eltern, politische Vertreter nach dem Pro­porz. Genau dort hat man einmal angesetzt, und das hat man abgeschafft. Jenes Gre­mium, in dem Lehrer, Eltern und die politischen Parteien – nämlich alle nach einer be­stimmten Größenordnung – drinnen sind, das nichts kostet, durch das man aber zumin­dest einen Einblick in gewisse Tatsachen, in gewisse Vorgänge bekommt, das schafft man einmal ab. Das, was nichts kostet, ist einmal die große Verwaltungseinsparung.

Und dann schafft man etwas ganz Neues – und ich habe es eigentlich nicht glauben können, als die Frau Ministerin mir das im Budgetausschuss gesagt hat; ich wollte wis­sen, was das ist, unmittelbare oder mittelbare Bundesverwaltung –: eine gemeinsame Be­hörde von Bund und Ländern; da wird man jetzt die gesamte Bundesverfassung ändern müssen. (Zwischenruf der Abg. Moser.) Was passiert damit? – Es ist eine Bundesbe­hörde. Frage: Wer wird denn dann die Kosten tragen? Es kommen ja die Landesbediens­teten dort hinein, aber es ist eine Bundesbehörde. Das muss im Detail erst alles ver­handelt werden.

Wer sitzt dem Ganzen vor? – Der Landeshauptmann als Präsident, genauso wie beim Landesschulrat, nur gibt es da auch ein Schmankerl: Er muss zu Beginn der fünfjähri-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 401

gen Periode der Bildungsdirektion beziehungsweise des Bildungsdirektors, weil es ein befristetes Dienstverhältnis oder eine befristete Funktion ist, ein Opting-in machen und sagen, ob er das Weisungsrecht in Anspruch nehmen will.

Also das sind Dinge, da haben Verfassungsrechtler, als ich mit ihnen darüber gespro­chen habe, eigentlich nur den Kopf geschüttelt. In Wirklichkeit, haben sie gesagt, ist das die Fortschreibung der Landesschulräte ohne Kollegien – nur halt ein bisschen kompli­zierter; das haben auch einige gemeint.

Jetzt würde ich es verstehen, wenn Herr Staatssekretär Mahrer gemeint hat, das sei „fast geil“, denn das ist nichts anderes als eine Blockade durch die ÖVP für jegliche SPÖ-Ansätze in der Bildung. Das muss man sich in der Koalition ausmachen. Da kann man in die Hände klatschen, da kann man sich freuen, denn jetzt wird dann als zusätzliche Verwaltungsagenda noch etwas kommen: Im Rahmen dieses sogenannten Autonomie­pakets werden in den Schulen natürlich wieder basisdemokratische Schulgemeinschafts­ausschüsse, in denen Lehrer, Schüler, Eltern drinnen sitzen sollen, als beratende Gre­mien des Direktors eingesetzt. Das heißt, bei jeder Schule wird das jetzt gemacht. Das wird natürlich im Rahmen dieses Autonomiepakets zu einer entsprechenden Aufblähung führen.

Ich sage da nur eines: Allein an diesem Beispiel der Verwaltungsreform in den Schul­behörden sieht man, dass in Wirklichkeit überhaupt nichts passiert ist. Man hat Etiket­tenschwindel gemacht, und das Ganze auch noch in einem verfassungsmäßigen Be­reich, der komplettes Neuland ist; es wird jegliche Tradition über Bord geworfen, und das Ganze mit ungewissem Ausgang – also nichts anderes als reine Überschriften. Man kann nur hoffen, dass das Papier, auf das diese ganze Schulreform gedruckt ist, Altpa­pier ist, denn wenn dafür ein Baum hätte sterben müssen, wäre das wirklich schade, angesichts dessen, was auf diesem Reformpapier draufsteht. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt einige Entschließungsanträge von Oppositionsparteien, die uns bereits avisiert worden sind; nur ein Wort dazu: Diese werden wir ablehnen, denn in Wirklichkeit ist bei diesen Anträgen – ich denke da vor allem an die Anträge der NEOS – genauso wie beim Reformpapier auch nur die Überschrift gut. Der Entschließung selbst ist einfach nicht zuzustimmen, denn das sind auch nur Worthülsen – also dass die Regierung und die Parteien sich jetzt zusammensetzen müssen, um wieder ein Papier gegen den Posten­schacher zu entwerfen. Man muss da nicht so kompliziert sein, man muss einfach nur sagen: Wir wollen den Postenschacher, wir wollen die Parteipolitik draußen haben!, aber nicht schon wieder mit irgendwelchen Worthülsen kommen genauso wie die Regierung. (Abg. Strolz: Man muss es tun …! Weiße Elefanten …! Weiße Elefanten …! Das geht gar nicht!)

Lieber Kollege Strolz, pass dich nicht mit deinem Stil der Regierung an, denn sonst kann man nämlich nicht zustimmen! Und man muss sich auch nicht künstlich aufregen, Kol­lege Strolz, das ist der Gesundheit abträglich! (Beifall bei der FPÖ.)

17.54


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


17.54.14

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, wir haben der Rede des Herrn Abgeordneten Rosen­kranz eindeutig entnehmen können: Er ist gegen alles und für nichts, vor allem möchte er an der Politisierung des Schulwesens festhalten. (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.)

Heute geht es aber ums Budget; wir werden uns über die Bildungsreform natürlich noch eingehend unterhalten. Das Bildungsbudget 2015 und auch 2016 wurde erfreulicher-


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weise aufgestockt. 2015 wurde auch die über Jahre angesammelte strukturelle Lücke ausgeglichen, die ja, wie wir wissen, dadurch entstanden ist, dass viele wertvolle, ge­meinsam beschlossene Maßnahmen von den jeweils zuständigen Finanzministern und -mi­nisterinnen nicht ausreichend bedeckt wurden, zum Beispiel die Senkung der Klassen­schülerInnenhöchstzahl, Team-Teaching in der Neuen Mittelschule, aber auch die Ge­hältervalorisierungen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Die Bildungsministerin hat bei Finanzminister Schelling erfolgreich Überzeugungsarbeit leisten können, sodass zumindest einmal für 2015 Budgetwahrheit und Klarheit geschaf­fen werden konnte. Da waren die Bemühungen des Ressorts um einen disziplinierten Budgetvollzug sicherlich auch sehr überzeugend. Dieser wird vor allem durch die Bil­dungsreform selbstverständlich auch weiter fortgesetzt, aber so, dass nicht in den Klas­senzimmern gespart werden muss; das ist mir natürlich besonders wichtig.

Ganz im Gegenteil: Im Klassenzimmer, direkt bei den Schülerinnen und Schülern kom­men die Ressourcen verstärkt an – allein durch den Ausbau des ganztägigen Schulan­gebots in Pflichtschulen und Bundesschulen, auch in Form des Team-Teachings in der Neuen Mittelschule, durch die Einführung der modularen Oberstufe, den Ausbau der Be­rufsorientierung, die PädagogInnenbildung Neu, die Weiterentwicklung der inklusiven Bil­dung in den Modellregionen, die auf ganz Österreich ausstrahlen sollen, durch den Ein­satz digitaler Lernformen, um nur einiges zu nennen.

Auch die Erwachsenenbildung, kostenfreies Nachholen von Bildungsabschlüssen, Basis­bildung sind ganz wichtige Maßnahmen, denn jeder hat eine zweite oder dritte Chance verdient. Das sind alles unverzichtbare Maßnahmen, die selbstverständlich weiter fort­gesetzt werden sollen, das sind Maßnahmen, die unsere Gesellschaft zusammenhal­ten und weiterentwickeln.

Jeder Euro, jeder Cent, der in die Bildung investiert wird, ist gut angelegtes Geld, ist ei­ne Investition in die Zukunft. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. El Habbassi.)

17.57


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


17.57.19

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich möchte mit einem Zitat von Robert Jungk beginnen: „Es gilt nicht mehr der Satz: Denn sie wissen nicht, was sie tun. Heute muß es heißen: Sie tun nicht, was sie wis­sen.“

Das ist in vielerlei Hinsicht zutreffend; es ist zutreffend im Hinblick auf das Budget, es ist aber auch richtig im Hinblick darauf, was wir letzte Woche präsentiert bekommen ha­ben – die Vorschläge der Regierung zur Bildungsreform.

Eines möchte ich aber dazusagen, Herr Kollege Rosenkranz: Ein bisschen differenzier­ter darf man in einer Bildungsdebatte schon auf die Vorschläge der Regierung einge­hen (Abg. Walter Rosenkranz: … vier Minuten!), denn ein paar Dinge sind ja da durch­aus drinnen, die wir akzeptieren können und müssen, wo wir, glaube ich, gut beraten sind, alle mitzuarbeiten – auch daran, dass wir im Sinne eines besseren Schulsystems wirklich zu Reformen kommen. Mit einer Totalverweigerung, so wie Sie das machen, wer­den wir das nicht weiterbringen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz.)

Kollegin Grossmann, du hast gesagt, dass die budgetäre Wahrheit zumindest für 2015 geschaffen worden ist. – Wir alle wissen, dass das Gesetz, das wir hier beschließen, nicht die Wahrheit für das kommende Jahr ist; so wie wir bei der Beschlussfassung des Doppelbudgets wussten, dass das nicht halten kann. Es hat sich bestätigt. Ich kann den Regierungsparteien heute schon vorrechnen, dass nicht nur die 300 Millionen € feh-


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len werden, die wir heuer, für das heurige Jahr, zu wenig haben, wofür wir einen Nach­tragshaushaltsbeschluss brauchen, sondern dass – so würde ich meinen – mindestens 500 oder 550 Millionen € fehlen werden. Das beschließen wir heute sehenden Auges. Ich glaube, eine solide Budgetpolitik schaut in der Tat anders aus.

Lassen Sie mich auch ein paar Worte zur Bildungsreform verlieren: Wir haben da zum Teil Schritte drinnen, die wir befürworten. Es sind im elementarpädagogischen Bereich Fortschritte zu erkennen, wenn auch zentrale Bereiche dort nicht angegangen werden – Stichwort Höherqualifizierung der KindergartenpädagogInnen.

Wir haben aber vor allem in zwei Bereichen Vorschläge von der Regierung bekommen, die deutlich erweitert werden müssen. Da beziehe ich mich zum einen auf die soge­nannten Modellregionen Gemeinsame Schule, die so, wie es im Papier drinsteht, ein Wi­derspruch in sich sind, denn wenn man jeweils nur 15 Prozent der jeweiligen Schulty­pen dafür heranziehen kann, dann bedeutet das beispielsweise für das Bundesland Vor­arlberg, dass eine einzige AHS teilnehmen könnte. So schaut eine Gemeinsame Schule nicht aus. Das muss klar festgehalten werden, da gibt es Nachschärfungsbedarf, und zwar gewaltigen Nachschärfungsbedarf.

Im Bereich der Schulverwaltung würde ich auch meinen, dass dieses Konzept der Bil­dungsdirektionen in der vorgeschlagenen Form alles andere als eine Verwaltungsver­einfachung ist. Da wird die Parallelstruktur von Bund und Land fortgeführt, da ist von einer Entmachtung von Landesfürsten keine Rede. Da gibt es nach wie vor Strukturen, die sogar einen direkten Zugriff ermöglichen, nämlich dann, wenn die Landeshauptleu­te in den Bildungsdirektionen das Sagen haben – und das wird ja zumindest ermög­licht.

Wir haben Riesenaufgaben vor uns. Die OECD hat uns erst gestern wieder bestätigt, dass das österreichische Bildungswesen im Hinblick auf Gerechtigkeit ganz, ganz am Schluss liegt. Die Herstellung von Bildungsgerechtigkeit, meine Damen und Herren, hängt sehr stark mit dem Konzept der Gemeinsamen Schule zusammen, denn – und das bestätigt uns die OECD – das größte Problem ist die viel zu frühe Trennung der Kinder mit neuneinhalb Jahren. Da setzt sich fort, was in den vergangenen Jahren im­mer wieder festgestellt werden musste, nämlich dass Kinder kaum in der Lage sind, hö­here Bildungsabschlüsse zu erwerben als ihre Eltern. Da ist Österreich mit 21 Prozent ganz weit hinten, und da gibt es Länder, die 50 Prozent und teilweise mehr schaffen. Also da müssen wir uns anstrengen, da müssen wir uns gewaltig anstrengen, und da sollten wir vor allem bei den Verhandlungen zur Umsetzung dieser Bildungsdirektionen einige Schritte weiterkommen.

Sowohl Finanzminister Schelling als auch Frau Ministerin Heinisch-Hosek haben ge­sagt: Das Konzept muss kostenneutral sein. Meine Damen und Herren, auch das wird es nicht spielen. Wir können nicht eine indexbasierte Mittelzuteilung einführen – übri­gens fehlt das noch im Konzept, das wurde versprochen, steht gar nicht drinnen –, wir können nicht den Lehrkräften, den Eltern und den Schülern Schulautonomie zugeste­hen und sagen: Das kann nichts kosten, das darf nichts kosten. Da müssen wir uns schon im Klaren sein, dass das in einer Umsetzungsphase Geld kosten wird – Geld, das im System drinnen ist.

Rechnungshofpräsident Moser weist ja immer wieder darauf hin, dass in der Verwal­tung sehr viel Geld schlummert. Ich glaube, da sind die 6 Millionen €, die Sie dafür vor­sehen, viel zu wenig. Da muss mehr herkommen.

Kollege Rosenkranz! Zum Antrag, den die NEOS gemeinsam mit uns einbringen wer­den: Was kann man da dagegen haben? – Es geht um eine Entparteipolitisierung des Schulwesens. Da sagen Sie: Überschriften. Das sind Entschließungsanträge. Die Re­gierung wird aufgefordert, das zu tun, das Parlament sagt: Ja, wir, die gewählten Abge-


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ordneten, wollen, dass der parteipolitische Einfluss auf das Schulwesen minimiert wird, eigentlich abgeschafft werden soll. (Abg. Walter Rosenkranz: Lesen Sie die Entschlie­ßung vor! Lesen Sie den Text vor!) Wie man da dagegen sein kann, das müssen Sie mir erklären. Das ist für mich völlig unverständlich. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Meine Damen und Herren! Es ist viel zu tun. In diesem Budget sind auch einige Fallen, einige Bereiche enthalten, die wir uns sehr genau anschauen werden, beispielsweise die Kürzung bei den Alternativschulen um 46 000 €. Ich kann das nicht verstehen. Das ist kein großer Betrag. Aber da müssten wir mehr Geld hergeben, denn diese Schulen leisten Großartiges. Sie sind das Salz in der pädagogischen Suppe, die wir in Öster­reich haben. Diese Schulen brauchen Unterstützung und keine Kürzung. Also da, glau­be ich, müssen wir genauer dazuschauen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Strolz.)

Die Sprachförderkurse, meine Damen und Herren, die jeweils mit zwei Jahren befristet werden – auch das kann so nicht weitergehen. Da brauchen wir Stabilität in unseren Schu­len, da brauchen wir klare gesetzliche Regelungen, und da brauchen wir eine Einrich­tung, die die sprachliche Förderung von Kindern auf Dauer garantiert.

Eines zum Schluss, Frau Ministerin: Die Regierung hat 75 Millionen € für Integrations­maßnahmen beschlossen. Der Herr Integrationsminister will diese allen Ernstes zur Gän­ze für halbausgegorene Sprachkurse in seinem Ressort behalten. Das kann nicht sein, das darf nicht sein! Im Bildungsbereich, im Schulwesen haben wir das entsprechende Know-how. Dort haben wir auch die Kinder und die Jugendlichen, und diese gehören ge­fördert. Wenn es sein muss und wir nicht kurzfristig anderes Geld lockermachen kön­nen, müssen hiefür entsprechende Mittel bereitgestellt werden. Ich ersuche Sie dringend, für diese Mittel auch zu kämpfen.

Ich erinnere abschließend noch einmal an Robert Jungk. „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ war einmal. Wenn wir das nicht machen, gilt heute: „Sie tun nicht, was sie wis­sen.“ (Beifall bei Grünen und NEOS.)

18.06


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Jank. – Bitte.

 


18.06.26

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute ein Budget zu disku­tieren und zu beschließen, das wahrscheinlich in der vorliegenden Form das letzte sei­ner Art sein wird, wenn wir davon ausgehen, dass wir die Bildungsreform, die jetzt auf dem Tisch liegt, auch tatsächlich umsetzen. Wenn wir das durchaus ambitionierte Pro­gramm bis Juni des kommenden Jahres umsetzen und legistisch alles unter Dach und Fach haben, dann wird auch das nächste Budget anders aufgesetzt sein. Es werden andere Zielvorgaben zu setzen sein als bei diesem Budget.

Ich möchte aber ein paar Anmerkungen zur Schule an sich und dann zum Reformpro­zess machen. Schule ist eine Bildungseinrichtung, aber Schule ist auch ein Dienstleis­ter. Schule erbringt Dienstleistung an Schülerinnen und Schülern und gibt das Verspre­chen ab, dass diese Schülerinnen und Schüler zu einem bestimmten Zeitpunkt be­stimmte Kompetenzen erworben haben. Das heißt, es muss einen Wettbewerb zwischen den Schulen geben, und dieser Wettbewerbsgedanke ist zu stärken. (Beifall bei der ÖVP.)

Die OECD wurde angesprochen. Ja, die OECD hat in ihrem Bericht einige Bereiche genannt, über die man sicher wird reden müssen. Aber man muss auch das zur Kennt­nis nehmen, was wir positiv für uns vermerken dürfen. Mit unserem berufsbildenden mitt­leren und höheren Schulwesen ermöglichen wir den Schülerinnen und Schülern einen problemlosen Einstieg in das Berufsleben. Das heißt, wir haben eine Schulform, die es nur in wenigen Ländern gibt, eine Schulform, die beweist, dass sie gut ist, weil die Ab-


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solventinnen und Absolventen reibungslos in eine berufliche Tätigkeit einsteigen kön­nen.

Ich möchte auch hervorheben, was Kollege Schmid eigentlich als Nachteil gesehen und kritisiert hat. Jeder einzelne NEET ist einer zu viel – das möchte ich schon betonen. Aber die Anzahl der NEETs, also der jungen Menschen, die „Not in Education, Employ­ment or Training“ sind, ist in Österreich im OECD-Vergleich sehr niedrig. Die Jugendar­beitslosigkeit ist niedrig. Jeder einzelne Arbeitslose ist einer zu viel, aber trotzdem müs­sen wir auch anerkennen, dass wir gut dastehen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir uns aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise in den schwierigsten wirtschaftlichen Zei­ten befinden, die wir seit Jahrzehnten haben. Das plagt uns natürlich an allen Ecken und Enden.

Daher meine ich, dass die Bildungsreform zum richtigen Zeitpunkt kommt. Dieses Re­formpapier umfasst sechs Maßnahmen, drei davon möchte ich in der Kürze meiner Re­dezeit ansprechen.

Erstens: Es geht um die Stärkung des Elementarbereichs. Es geht um den Ausbau des Kindergartens, der als erste Bildungseinrichtung gestärkt wird. Wir führen einen Bildungs­kompass ein, der am Ende des Tages einen jungen Menschen während seiner Bil­dungslaufbahn, aber vielleicht auch darüber hinaus in der Erwachsenenweiter- und -fort­bildung begleiten soll.

Wir müssen den Blick stärker auf die Neugestaltung der Schuleingangsphase richten: Welche Kompetenzen nehmen Kinder in die Schule mit? Lehrerinnen und Lehrer fra­gen mich: Warum habt ihr nicht auch schon längst an den Übergang von der Volks­schule in eine weiterführende Schule gedacht? – Auch in den weiterführenden Schulen wissen die Lehrerinnen und Lehrer oft gar nicht, mit welchen Kompetenzen die Kinder zu ihnen kommen. Auch damit beschäftigen wir uns im Rahmen der Bildungsreform.

Zweitens – das Autonomiepaket: Ich habe es schon oft gesagt, und ich sage es auch dieses Mal. Ich halte die Autonomie, also die Übertragung von Verantwortung direkt an die Schule, für einen zentralen Punkt dieser Reform. Das stärkt die Schulleiter, die wir aber natürlich auch entsprechend ausbilden müssen. Schulleiter sollen am Ende des Tages Schulmanager sein. Da wird man clustern müssen, wie das heute ja auch schon teilweise geschieht, sodass ein Direktor, eine Direktorin für mehrere Schulen zuständig ist. Aber der Schulleiter sucht sich sein Team selber aus. Teambildung und ein gutes Team halte ich für den entscheidenden Faktor in der Schule. Nur ein gutes Team steht zusammen und sucht für jeden einzelnen Schüler die richtigen Maßnahmen und die rich­tige Unterstützung.

Zur Autonomie gehört natürlich auch – und da werden wir noch etwas verändern müs­sen – eine finanzielle Autonomie.

Drittens – die Finanzen: Dazu ist ja auch etwas sehr Innovatives in diesem Programm drinnen – nämlich ein Bildungsinnovationspaket, bestehend aus der flächendeckenden An­bindung jeder Schule an das Breitbandnetz. Die Frau Ministerin hat im Ausschuss da­rauf hingewiesen, dass es diesbezüglich Gespräche mit dem Infrastrukturminister gibt, damit alle Schulen flächendeckend angebunden werden – und zwar bis zum Schultor, wenn ich Sie richtig verstanden habe. Ich meine aber, die Anbindung muss dann natür­lich auch im Schulhaus weitergehen. Wir brauchen die Breitbandanbindung, wir dürfen die Digitalisierung nicht verschlafen. Wir sind in dieser Frage im Vergleich mit anderen Ländern ohnehin nicht weit fortgeschritten. Das ist aber ein zentraler Punkt.

Der zweite wichtige Punkt in diesem Bildungsinnovationspaket ist die Bildungsstiftung. Jetzt bin ich wieder beim von mir eingangs erwähnten Wettbewerb. Diese Bildungs­stiftung wird die Möglichkeit bieten, zusätzliche Mittel für Schulen in einem Wettbewerb zu generieren – in einem Wettbewerb der besten Ideen.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wissen aus dem Sport, dass Exzellenz ent­scheidend ist. Warum setzen wir das nicht auch in der Schule um? – Daher: Wir wollen ein exzellentes Schulsystem, und mit der Bildungsreform setzen wir die wesentlichen Schritte in diese Richtung.

Ich lade alle ein – auch die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, auch wenn mir bewusst ist, dass sie nicht mit allem mitgehen können, auch wenn uns selber be­wusst ist, auch innerhalb der Regierungsparteien, dass es Kompromisse braucht. Re­den wir uns diese Bildungsreform bitte nicht schlecht, noch bevor sie begonnen hat! – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.13


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Klubobmann Dr. Strolz zu Wort. – Bitte.

 


18.13.29

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Frau Ministerin! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger an den Bildschirmen zu Hau­se und unterwegs, wo auch immer! Wir reden über das Budget, über das Kapitel Bil­dung und schauen auf das Jahr 2016, darauf, was es für die Bildung bringt.

Die Frage ist: Können die sechs Fraktionen hier im Nationalrat diesem Budget zustim­men, insbesondere im Bereich der Bildung zustimmen?

Ich meine, wer es hier mit seinem Job in diesem Haus als Abgeordneter ernst meint, egal, ob Oppositions- oder Regierungspartei, der kann diesem Budget nicht zustimmen, das ist ganz einfach nicht möglich, weil dies mit einer ehrenhaften Auffassung des Am­tes eines Abgeordneten, einer Abgeordneten nicht vereinbar ist.

Ich kann das auch begründen, Frau Ministerin. Vor 90 Minuten kam die schriftliche Be­stätigung von Ihnen auf unsere Frage hin, dass Sie mit einer Unterdeckung in das Jahr 2016 hineingehen. Sie bestätigen schriftlich, dass Sie mit einer Unterdeckung hi­neingehen, aber nicht mit irgendeiner, sondern mit einer Unterdeckung von sage und schreibe 550 Millionen € im Bildungsbereich.

Das heißt, Sie gehen in dieses Schuljahr mit einer Unterdeckung von mehr als einer halben Milliarde Euro hinein. In keinem anderen Budgetbereich, in keinem anderen Ge­sellschaftsbereich haben wir so eine strukturelle Unterdeckung.

Sie wissen, wenn wir das umrechnen, dass Ihnen im Budget das Geld für über 11 000 Lehrerinnen und Lehrer fehlt. Das kann doch nicht ernsthaft die Zustimmung von irgendjemandem hier herin finden. Das ist doch kein aufrichtiges Budgetieren. Das hat doch nicht mit ernsthaftem Planen für einen ganz wichtigen Bereich unserer Gesell­schaft zu tun.

Frau Ministerin, ich verstehe das nicht! Das ist auch ein Punkt, an dem Sie als Minis­terin sagen können: Herr Finanzminister, ich kann es nicht akzeptieren, ich muss auch als Ministerin eigentlich die Segel streichen und sagen, mit so einem Budget kann ich nicht weitermachen.

Dass die Bundesregierung mit dem Bildungsbereich so schleißig umgeht wie mit kei­nem anderen Budgetbereich, ist für mich in einer Art und Weise beklemmend, dass ich es kaum in Worte fassen kann, weil es zum Ausdruck bringt, welche Priorität das hat.

Wenn es einfach Blunzen ist, wenn es egal ist, dass eine halbe Milliarde fehlt, und wir so tun, als wäre nichts, dann kann es ja nur Ausdruck dessen sein, dass das null Prio­rität hat. Es ist uns nicht wichtig, ist die Botschaft. Ich kann es einfach nicht anders auf­fassen, Frau Ministerin. Das ist inakzeptabel!

Wir haben letztes Jahr 350 Millionen € mit einem Ermächtigungsgesetz zur Budget­überschreitung nachschießen müssen. Wir haben damals eine Sondersitzung dazu ge-


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braucht – Ende April von den NEOS einberufen –, bis wir gewusst haben, es gibt einen Fehlbetrag von 350 Millionen €. Machen Sie jetzt nicht dieselbe Nummer noch einmal! Dieses Mal haben Sie schon volle Klarheit zu Beginn des Budgetjahres, und die Lücke ist noch größer.

Ich verstehe da die Welt nicht, ich verstehe auch nicht, wie die Ernsthaftigkeit in der Zu­sammenarbeit zwischen Regierung und Parlament gewahrt bleiben kann, wenn solche Zahlen auf dem Tisch sind und hier die Zustimmung von den Regierungsparteien kommt.

Des Weiteren gibt es die Frage nach der Steigerung der Effektivität und Effizienz, die wir auch gestellt haben. Sie verweisen hier in der schriftlichen Auskunft auf die Bil­dungsreform, die am 17. November präsentiert wurde, Frau Ministerin. Wir wissen na­türlich beide, dass Sie die Effizienz im Jahr 2016 nicht steigern können; das heißt, auch aus der Bildungsreform heraus ist hier nichts für das nächste Budgetjahr zu machen. Das ist einfach zu kurzfristig, vielleicht ist mittelfristig etwas zu machen. Das geht na­türlich vor allem an die Adresse des Finanzministers. Ich würde Sie ja auch gerne in diesem Kampf unterstützen.

Österreich ist im Zeitraum 1995 bis 2011 im Bereich der Investitionen in das Schulwe­sen massiv zurückgefallen, wenn man den Anteil des BIP vergleicht. 1995 wurden 4,2 Pro­zent des BIP in den Schulbereich investiert, 2011 sind wir bei 3,6 Prozent angekom­men. Das heißt, es geht nach unten. Während im selben Zeitraum international im OECD-Schnitt die Länder mehr investiert haben, haben wir weniger investiert.

Gleichzeitig verhärtet sich diese Tendenz. Wir haben im Jahr 2013 3,1 Prozent des BIP investiert, während im OECD-Durchschnitt 3,7 Prozent investiert wurden. Also wir ver­lieren da international den Anschluss.

Sie sagen – und das sagt die OECD auch –, aber trotzdem gibt Österreich pro Schü­lerin, pro Schüler relativ viel Geld aus, nämlich mehr als im internationalen Durchschnitt. Auch hier legt die OECD die Rutsche. Die Frage ist nämlich: Wenn es mehr ist als im Durchschnitt, wohin geht dann das Geld? – Die Erklärung ist: Es versickert irgendwo in der Verwaltungsstruktur. „Das österreichische föderale System ist durch große Volumina fiskalischer Transfers zwischen verschiedenen Ebenen der öffentlichen Hand geprägt“, heißt das dann technokratisch.

Dann kommt diese Bildungsreform. Wir schaffen eine Bildungsdirektion als eine ge­mischte Behörde, eine Hybride, die jedenfalls nicht die Machtpolitik aus dem Bildungs­bereich verdrängen wird. Das ist leider nicht der Fall, denn der Landeshauptmann kann sich selbst wieder zum Präsidenten dieser Bildungsdirektion machen.

Deswegen, auch an die Adresse der FPÖ, muss wohl die Zustimmung zu diesem An­trag von Harald Walser und mir selbstverständlich sein. Ich verstehe nicht, Herr Rosen­kranz, dass Sie sagen, Sie können da nicht mit. (Abg. Walter Rosenkranz: Lies doch die Entschließung vor!)

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Matthias Strolz, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Bekenntnis zum Rückzug der Parteipolitik aus der Schulverwaltung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung und Frauen wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass der partei- und machtpolitische Zugriff auf das Bildungssystem zukünftig hintan­gehalten wird. Dazu soll in einem ersten Schritt – mittels eines gemeinsam von der Bun­desregierung und den Parlamentsfraktionen zu erarbeitenden Grundsatzpapiers – das Bekenntnis zu einem Rückzug der Parteipolitik aus der Schulverwaltung festgeschrie-


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ben werden. In einem zweiten Schritt soll bis Ende Juni 2016 ein gemeinsam entwi­ckelter Maßnahmenkatalog präsentiert werden.“

*****

Herr Rosenkranz, erster Schritt: gemeinsames Bekenntnis; zweiter Schritt: Maßnahmen dranhängen. Das ist ganz einfach. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

Der zweite Entschließungsantrag – da 15 Prozent bis 30 Prozent pädagogische Autono­mie kommen sollen, bitte ich Sie, Frau Ministerin, dass wir hier Pilotschulen machen –:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Er­möglichung von schulautonomen Pilotprojekten

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung und Frauen wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass ehest möglich alle notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden, um päda­gogisch, personell und finanziell autonome Pionierschulen im öffentlichen Schulwesen einrichten zu können.“

*****

Das wäre wichtig, gerade angesichts der nicht zufriedenstellenden Modellregionen, wie sie avisiert wurden. (Beifall bei den NEOS.)

18.20


Präsident Karlheinz Kopf: Die beiden von Herrn Klubobmann Dr. Strolz soeben vor­getragenen und eingebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Matthias Strolz, Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Bekenntnis zum Rückzug der Parteipolitik aus der Schulverwaltung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) – TOP 6 – UG 30

Am Beispiel der aktuellen Vorschläge der Bildungsreformkommission zeigt sich leider erneut, wie tief die macht- und parteipolitischen Interessen in unserem Bildungssystem verwurzelt sind. Das hat sich bereits im Herangehen an diesen Reformprozess abge­zeichnet. Aufgrund interessens- und parteipolitischer Verstrickungen war die Bundesre­gierung außer Stande oder nicht willens, einen transparenten und partizipativen Re­formprozess aufzusetzen. Sowohl die Öffentlichkeit und die Schulpartner als auch die Oppositionsfraktionen im Parlament wurden bisher systematisch aus den Diskussionen der Bildungsreformkommission und den Beratungen des Bildungsministeriums ausge­schlossen. Auch wenn von der Bildungsministerin gerne anders dargestellt, zeigt sich erneut, dass die Frage der Schulverwaltung und der damit verbundenen Kompetenzen ein zentraler Knackpunkt der Bildungsreform ist und weiterhin bleibt. Nicht umsonst


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war diese Frage der zentrale Streitpunkt der Reform und wurde bis in die frühen Mor­genstunden des letzten Tages hartnäckig verhandelt.

Entsprechend leiden auch die Inhalte dieser Bildungsreform. Eine umfassende Erneue­rung unseres Schulsystems wird mit den präsentierten Vorschlägen nicht möglich sein. Die bürokratische und parteipolitische Gängelung der Schulen droht auch weiterhin umfassend zu bleiben. Das kann nicht im Sinne der Schüler_innen, Lehrer_innen und Eltern sein. In den geplanten Bildungsdirektionen wird die Zwitterstellung der Behörde nun gesetzlich einzementiert. So findet sich im präsentierten Reformpapier folgender Pas­sus: „Durch Landesgesetz kann vorgesehen werden, dass der LH oder das zuständige Mitglied der Landesregierung die Rolle des Präsidenten der Behörde innehat.“ Und wei­ter: „An der Spitze der Bildungsdirektion steht der Bildungsdirektor, die Bildungsdirekto­rin als Bundesbedienstete, Bundesbediensteter, die, der auf Vorschlag des Landes­hauptmannes oder Landeshauptfrau von dem zuständigen Bundesminister, der Bun­desministerin ernannt wird.“ Anstatt für klare Verhältnisse und Zuständigkeiten zu sor­gen, haben sich die Landeshauptleute damit auch zukünftig den Zugriff auf das Schul­system gesichert. Unter diesen Vorzeichen kann die Reform des Bildungssystems kaum gelingen. Wir fordern daher nachdrücklich, dass sich die Parteipolitik aus der Schulverwaltung sowie dem gesamten Bildungsbereich zurückzieht. Diesem gemein­samen Ziel sollen sich die Bundesregierung sowie alle Parlamentsfraktionen schriftlich verpflichten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung und Frauen wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass der partei- und machtpolitische Zugriff auf das Bildungssystem zukünftig hintan­gehalten wird. Dazu soll in einem ersten Schritt – mittels eines gemeinsam von der Bundesregierung und den Parlamentsfraktionen zu erarbeitenden Grundsatzpapiers – das Bekenntnis zu einem Rückzug der Parteipolitik aus der Schulverwaltung festge­schrieben werden. In einem zweiten Schritt soll bis Ende Juni 2016 ein gemeinsam ent­wickelter Maßnahmenkatalog präsentiert werden.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Matthias Strolz, Kollegin und Kollegen betreffend Ermöglichung von schulautonomen Pilotprojekten

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Re­gierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschla­ges für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) – TOP 6 – UG 30

Es ist erfreulich, dass die Bundesregierung in den letzten Monaten die Probleme im Bil­dungsbereich erkannt hat und eine Bildungsreform eingeleitet hat. Eine umfassende Er­neuerung unseres Schulsystems wird mit den präsentierten Lösungsvorschlägen aber wohl nicht möglich sein. Zu tief waren und sind offensichtlich die ideologischen Gräben zwischen den Parteien. Damit fehlt es dem präsentierten Reformpapier auch an einer gemeinsamen Vision. Vielmehr muss von einem parteipolitischen Minimalkonsens ge­sprochen werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 410

Was passiert, wenn ideologische Verhärtungen regieren, zeigt sich an der Einigung hin­sichtlich der Modellregion „Gemeinsame Schule“ besonders deutlich. Diesbezüglich heißt es im Reformpapier der Bundesregierung: „Die Gesamtzahl der Standorte in den Mo­dell-Regionen darf in keinem Bundesland 15% aller Standorte der jeweiligen Schulart sowie 15% aller Schülerinnen und Schüler der jeweiligen Schulart überschreiten.“ Die­ser Kompromiss soll erstmalig 2025 evaluiert werden. Politisch scheint die Lösung bei­de Regierungsparteien zufriedenzustellen. Es waren machtpolitische Überlegungen, kei­ne bildungspolitischen, die hier Regie führten. Die SPÖ bekommt ein wenig Raum für die geforderte „Gesamtschule“ und die ÖVP muss das Gymnasium nicht aufgeben.

Leider wurden bei diesem fragwürdigen Kompromiss die eigentlichen Adressaten die­ser Reform völlig aus den Augen verloren: die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerin­nen und Lehrer sowie die Eltern. Die Obergrenze von 15% für die Modellregion „Ge­meinsame Schule“ ist nicht ausreichend, und mit einer Evaluierung 2025 droht der Stillstand im Bildungsbereich für die nächsten zehn Jahre einzementiert zu werden. Die Verunsicherung der Betroffenen ist umfassend vorprogrammiert.

Wir brauchen mutige Schritte und innovative Lösungen für die Erneuerung unseres Bil­dungssystems. Diese werden aber aktuell und fortwährend von den vorherrschenden Ideologiestreitigkeiten konterkariert und verunmöglicht. Die Antwort auf diese Blockade ist ein neuer Weg, abseits althergebrachter ideologischer Grabenkämpfe. Wir sind der Überzeugung, dass umfassende Schulautonomie ein guter Hebel ist, um unser Bil­dungssystem „von unten“ zu erneuern (vgl. Detailkonzepte auf www.talentebluehen.at). Damit kämen konstruktive, innovative und engagierte Kräfte im Schulsystem – und die­se gibt es allerorts – in die Entfaltung.

Die Umstellung auf eine Vollautonomie der Schulen – pädagogisch, finanziell und per­sonell – kann nicht von heute auf morgen erfolgen. Aber wir können sofort mit den ers­ten Schritten beginnen: Parallel zur Erarbeitung einer nationalen Umsetzungsstrategie zur Schulautonomie, die bis zur legistischen Beschlussfassung einige Zeit dauern wird, können sofort öffentliche Pionierschulen eingerichtet werden. Diese sollten ab sofort Erfahrungen mit umfassender pädagogischer, finanzieller und personeller Autonomie sam­meln können. Wir sind davon überzeugt, dass sich öffentliche Schulen finden, die durch Beschluss der Schulgemeinschaft freiwillig diese Pionierrolle übernehmen wollen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung und Frauen wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass ehest möglich alle notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden, um päda­gogisch, personell und finanziell autonome Pionierschulen im öffentlichen Schulwesen einrichten zu können."

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


18.21.08

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Strolz! Bei allem Verständ­nis für Ihr Engagement für die Bildungspolitik, das ich schätze und teile, verstehe ich nicht ganz die Katastrophenstimmung, die Sie hier verbreiten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 411

Das Budget, so wie es vorliegt, ist ein Budget, das aufgestockt worden ist, und das in ei­ner angespannten Budgetsituation. (Abg. Strolz: Es fehlt eine halbe Milliarde!) Dieses Budget gewährleistet, dass die Umsetzung der gesetzlich fixierten Schwerpunkte in den nächsten Jahren fortgesetzt werden kann.

Was die von Ihnen angesprochene strukturelle Lücke betrifft (Abg. Strolz: 11 000 Leh­rer!), so ist die Frau Bundesministerin mit dem Finanzminister in intensivsten Gesprä­chen. Es hat in den letzten Jahren noch immer eine Lösung gegeben, und ich bin opti­mistisch und glaube, dass es auch dieses Jahr wieder eine entsprechende Lösung ge­ben wird, weil uns allen natürlich das Problem bewusst ist und niemand einfach zu­schauen wird, wie die Schulen in ein Problem hineinschlittern. Das heißt, Katastro­phenstimmung ist bei Weitem nicht angebracht, es wird gemeinsam an einer entspre­chenden Lösung gearbeitet.

Das Budget gewährleistet, dass wichtige Punkte wie der Ausbau der Ganztagsbetreu­ung, der Ausbau der Neuen Mittelschule, der Ausbau der Unterstützung für Flüchtlings­kinder – Integrationsmaßnahmen sind vorher angesprochen worden –, das kostenlose Nachholen von Schulabschlüssen, dass diese wichtigen Projekte entsprechend fortge­setzt werden können.

Es ist die gestern präsentierte OECD-Studie schon angesprochen worden, sie enthält meiner Meinung nach viele wichtige Fakten. Ich möchte einen Punkt herausgreifen, der gestern präsentiert worden ist, nämlich das Problem der mangelnden Aufwärtsmobilität in Österreich.

Wir wissen aus vielen Studien, dass Bildungschancen in unserem Land in einem viel zu hohen Ausmaß vererbt sind. Das ist uns gestern wieder von der OECD bestätigt worden. Im OECD-Schnitt schafft es ein Drittel der Jugendlichen, einen höheren Bil­dungsabschluss als ihre Eltern zu erzielen, bei uns ist es nur ein Fünftel. Das heißt, wir haben hier einen enormen Aufholbedarf, dessen Beseitigung ganz wichtig ist, einer­seits was die individuellen Chancen der Kinder und Jugendlichen betrifft, ihre Zukunfts­chancen, Beschäftigung und Einkommen, andererseits natürlich auch in unser aller In­teresse, was die Steigerung des allgemeinen Wohlstands betrifft.

Daher bin ich sehr froh darüber, dass es gelungen ist, gemeinsam ein Bildungspaket zu schnüren, in dem sehr viele wichtige Maßnahmen enthalten sind, Maßnahmen, die eben auch wichtige Schritte bedeuten, um hier weiterzukommen, hier in diesem wich­tigen Bereich der Bildungschancen, der Aufwärtsmobilität, Maßnahmen wie das zweite Gratiskindergartenjahr und auch Maßnahmen, um mehr Modellregionen für die gemein­same Schule machen zu können, um Modelle dieser Schule zu entwickeln und auch entsprechend weiterzukommen.

Ich verstehe alle – wirklich! –, die sagen, die Schritte sind langsam, wir hätten uns auch schnellere Schritte gewünscht, das ist keine Frage, aber es sind wichtige Schritte und es sind Schritte in die richtige Richtung. (Beifall bei der SPÖ.)

18.24


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Abgeordnete Schenk zu Wort. – Bitte.

 


18.25.01

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Bildungspolitik beziehungsweise mit dem Bildungsbereich steht es nicht zum Besten, da kann ich meiner Vorrednerin na­turgemäß nicht ganz recht geben. Die budgetäre Situation im Bildungsbereich ist sehr angespannt, einige Vorredner haben es schon erwähnt. Mit den zusätzlichen Mitteln in Höhe von 106,4 Millionen € kann man gerade einmal die gestundeten Mietschulden an die BIG aus dem Jahr 2014 zahlen, und was die Folgejahre bringen werden, ist noch


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sehr ungewiss, das wurde von den Vorrednern angesprochen. Also da kann man wirk­lich nicht von einer guten budgetären Situation sprechen.

Ebenso wenig kann man die Bildungsreform positiv erwähnen. Man kann sie als nicht wirklich gelungen bezeichnen, man kann sie auch als gescheitert bezeichnen, denn da wurde eine Chance vertan. Die Frau Ministerin hat sich sehr eingesetzt, das möchte ich ihr nicht absprechen, aber sie konnte sich gegenüber den Ländern, gegenüber den Landeshauptleuten nicht durchsetzen. Wie in vielen Bereichen krankt es da am Wider­stand der Länder, scheitert vieles am Widerstand der Länder und der Landeshauptleute, und das war eben auch bei der Bildungsreform der Fall. (Beifall beim Team Stronach so­wie des Abg. Strolz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die öffentlichen Schulen werden ihrem Bil­dungsauftrag nicht mehr gerecht. Die Parteipolitik konnte nicht aus der Schule, aus der Schulverwaltung gedrängt werden. Der öffentliche Schulbereich bietet auch meines Er­achtens, unseres Erachtens keine Chancengleichheit mehr, vor allem auch nicht für Kin­der aus sozial schwachen Familien.

Ich bringe daher in diesem Zusammenhang unseren Antrag betreffend Privatschule für alle mit Bildungsscheck ein. Dieses Modell der Privatschule für alle ist an die Nieder­lande angelehnt, die diesen Weg sehr erfolgreich gegangen sind. Privatschule für alle ermöglicht einen besseren Wettbewerb, daran können sich auch die öffentlichen Schu­len beteiligen, Konkurrenz belebt ja den Wettbewerb, wie man so schön sagt.

Die Einführung der Privatschule für alle, einhergehend mit einem Bildungsscheck, wäre ein wirklich neuer Ansatz, eine gute Lösung, ein guter Weg für mehr Chancengleichheit.

Der Bildungsscheck, um das näher auszuführen, würde je nach Förderbedarf eines Kin­des zwischen 6 000 und 12 000 € betragen, und die Eltern könnten sich dann aussu­chen, ob sie mit diesem Bildungsscheck eine private Schule oder eine öffentliche Schule für ihr Kind finanzieren.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Privatschu­le für alle mit Bildungsscheck“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag zur Beschlussfassung zuzuleiten, der darauf abzielt, einen Bildungsscheck zu etablieren, der für den Besuch einer privaten oder öffentlichen Schule eingelöst werden kann.“

*****

Ich bitte natürlich um die Zustimmung, wenn dieser Antrag morgen zur Abstimmung kommt.

Nun möchte ich mich dem Kapitel Frauen und dem Frauenbudget widmen; wir haben ja die Ministerin für Bildung und Frauen jetzt hier. Zum Frauenbudget gibt es nicht viel zu sagen, wenn ich das einmal so salopp formulieren darf. Es beträgt rund 10 Millionen €, es ist gleich geblieben. Ja, das kann man positiv sehen, wenn man anmerkt, dass in anderen Bereichen viel gespart wird. Mit diesem Budget bleiben die Aufteilungen und die Ausgaben ungefähr gleich. Es bleibt auch nicht viel Handlungsspielraum. 5,7 Millio­nen gehen an Frauenberatungseinrichtungen, 4 Millionen werden in den Gewaltschutz investiert. Es kommen zwei neue Frauenberatungseinrichtungen dazu, die werden aber


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erst im Laufe der Zeit dann sortiert beziehungsweise wird, wenn Bewerbungen herein­kommen, geschaut, welche akzeptiert oder auch gefördert werden.

Der Betrag von rund 300 000 €, der noch übrig bleibt, wird für Kampagnen, Broschüren et cetera verwendet.

Es gibt also nicht viel Handlungsspielraum, aber das Budget bleibt gleich, und das kann man, glaube ich, positiv bewerten.

Leider steht kein Geld für die Dauerbaustelle Steigerung des Männeranteils in pädago­gischen Berufen zur Verfügung. Wir haben das im Ausschuss auch besprochen und dis­kutiert. Es ist dafür kein Geld vorhanden. Und dass eine Änderung der Aufnahmekri­terien ausreicht, dass das Herausstreichen des Vorsingens ausreicht, wodurch man sich erhofft, dass sich mehr Männer dann für diesen Beruf bewerben, das mag ich bezwei­feln.

Faktum ist, dass ein geringer Teil, ein verschwindender Teil an Kindergärtnern vorhan­den ist. Laut Statistik Austria gibt es 482 männliche und 36 610 weibliche Kindergärt­ner. Ich glaube, da gibt es schon Handlungsbedarf, und da muss auch etwas gemacht werden. Hier sind auch Sie, Frau Ministerin, als Bildungs- und Frauenministerin sehr ge­fordert. (Beifall beim Team Stronach.)

Der Bereich Frauen 50+ ist leider auch nicht mit finanziellen Mitteln bedacht. Es ist nichts im Budget vorgesehen, aber das ist auch ein sehr wichtiger Bereich. Natürlich ist mir schon bewusst, dass Frauenpolitik eine Querschnittsmaterie ist, wir müssen mit al­len beziehungsweise mit vielen Ministerien – Wirtschaftsministerium, Gesundheit, So­ziales, et cetera – zusammenarbeiten, Mittel lockermachen und das alles irgendwie zu­sammenfassen, damit es auch zu Änderungen, zu Verbesserungen, zu Maßnahmen kommt, das aber alles über Ihren Tisch und über Sie läuft.

Der Bereich Mobbing ist gar nicht angesprochen worden. Es gibt nichts dazu, es gibt keine Studie, es gibt keine aktuellen Zahlen, obwohl wir wissen, dass sich gerade in Schulen Mobbing sehr schnell verbreitet, dass Mobbing vom Kindergarten über die Schule bis über die Freizeit und den Beruf hinaus ein massives Problem ist. Daran sollten wir arbeiten und dieses Thema nicht vergessen.

Die Flüchtlingswelle, die Asylproblematik, Frauen auf der Flucht, das ist auch ein The­ma, das wir besprochen haben, und das wird uns auch zukünftig noch beschäftigen. Sie haben uns schon mitgeteilt, dass es Gespräche gibt, auch gemeinsam mit der In­nenministerin, was sexuelle Übergriffe gegen Frauen in Asylwerberheimen betrifft. Ich glaube, da wird auch finanziell etwas zu tun sein. Ich weiß nicht, ob die Mittel ausrei­chend sind, aber ich hoffe es, denn es gibt noch viele offene Bereiche, wo wir nicht wissen, wohin sich das entwickeln, wie das schlussendlich aussehen wird. Das können wir nur sukzessive sehen, wie sich das alles entwickeln wird.

Wie gesagt: Nicht viel Neues im Budget, was Frauen betrifft, aber es bleibt gleich, und das ist ja positiv. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.32


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Abgeordneter Schenk eingebrachte Entschlie­ßungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Lugar, Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Privat­schule für alle mit Bildungsscheck“


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eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), UG30 (Bildung und Frauen)

Die Überforderung der Regierung mit der Gestaltung der Zukunft unseres Landes zeigt sich besonders im Umgang mit der seit Jahrzehnten schwelenden Bildungsmisere. Der Bildungsmissstand ist seit langem evident und wird von den politisch Verantwortlichen permanent und ohne Scham an die politisch Nicht-Verantwortlichen, nämlich an die Be­troffenen, delegiert: an Schüler, Eltern und Lehrer. Die Politik selbst besteht auf Fort­führung von Einflussnahme und Gängelung des gesamten Bildungsapparats zuguns­ten ihrer parteipolitischen Interessen. Die öffentlichen Schulen werden ihrem Bildungs­auftrag nicht gerecht – ein Viertel aller Schulabgänger kann nicht lesen und schreiben.

Was Österreich braucht, ist eine Stärkung des Privatschulsektors wie in den Niederlan­den. Im Bereich der Privatschulen existiert Schulautonomie in Österreich bereits.

Die Niederlande sind den Weg der verstärkten Unterstützung privater Bildungseinrich­tungen gegangen, zwei Drittel aller Schüler besuchen eine private Schule. Diese wer­den vom Staat gefördert, die Wahl der Unterrichtsmethoden steht den Schulen jedoch frei. Lehr- und Lerninhalte werden in staatlichen Richtlinien formuliert und verbindlich fest­gelegt. Die Leistungsfähigkeit der Schüler wird mittels landesweiter, staatlicher Tests re­gelmäßig überprüft. Die Schulen fungieren als „Coaches“, die ihre Schüler auf die ex­ternen Prüfungen vorbereiten.

Die Ausgestaltung des Weges zur Erreichung eines positiven Abschlusses steht wei­testgehend frei, was eine gesunde Konkurrenzsituation unter den Schulen erzeugt und die Qualität des Unterrichts hebt.

Mit der Einführung eines Bildungsschecks soll auch Kindern aus sozial schwachen Fa­milien der Besuch von Privatschulen ermöglicht werden. Dieser Bildungsscheck soll sich an den aktuellen Kosten pro Schulkind orientieren, die je nach Förderbedarf zwischen 6000 und 12000 Euro liegen. Die Eltern und Kinder sollen frei wählen können, ob sie diesen Scheck in einer Privatschule oder in einer staatlichen Schule einlösen. So kann eine echte Chancengleichheit ermöglicht werden. Dieses Gegenmodell zur öffentlichen Schule würde durch den Konkurrenzkampf die öffentlichen Schulen dazu drängen, ihr Angebot zu verbessern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag zur Beschlussfassung zuzuleiten, der darauf abzielt, einen Bildungsscheck zu etablieren, der für den Besuch einer privaten oder öffentlichen Schule eingelöst werden kann.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schittenhelm. – Bitte.

 


18.32.29

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­te Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Schenk hat es schon gesagt, wir haben ein etwas knapp über 10-Millionen-€-Budget für Frauen-


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Agenden, und ich meine, dass die Höhe dieses Frauenbudgets in Zeiten von Dämp­fungspfaden und Kürzungen nicht kleinzureden ist, weil damit sehr viele Maßnahmen gesetzt werden, die den Frauen zugutekommen. Wir wissen aber auch, dass gerade die Frauenthemen, die Frauenthematik, die Frauenpolitik eine Querschnittsmaterie sind. Umso wichtiger ist es, dass alle Ressorts ihre genderspezifischen Ziele nicht nur for­mulieren – und das haben sie natürlich in ihren Budgets –, sondern auch erreichen. Da­rauf muss man achten. Jedes Ressort hat zumindest ein Gleichstellungsziel formuliert und festgeschrieben, und das ist ein wesentlicher Aspekt, denn Frauen sind in allen Le­bens- und Themenbereichen gegenwärtig. Das brauche ich nicht zu sagen, das wissen wir.

Geschätzte Damen und Herren! In der Untergliederung Bildung und Frauen haben wir Wirkungsziele formuliert. Als Wirkungsziel 2 wird eine Verbesserung der Chancen- und Geschlechtergerechtigkeit im Bildungswesen genannt, speziell durch die Zurverfügung­stellung von Angeboten im Bereich der Erwachsenenbildung und vor allem auch die Ein­führung einer neuen Ausbildung für Pädagoginnen und Pädagogen unter besonderer Be­rücksichtigung der Stärkung der Gender-Kompetenz für Lehrende und Führungskräfte.

Vor allem auch das Wirkungsziel 4, welches verschiedenste Maßnahmen zur Verbes­serung der umfassenden Gleichstellung vorsieht, ist ein wesentlicher Bereich.

Es wurde in der Vergangenheit natürlich schon einiges erreicht. Wir haben Erfolge ver­zeichnen können, zum Beispiel in Bezug auf den Frauenanteil in Aufsichtsgremien. Wir hatten uns bis 2013 einen Zielwert von 25 Prozent gesetzt und haben mit dem Jahr 2014 immerhin 37 Prozent erreicht. Ich weiß, da können wir nicht euphorisch sein, wir müs­sen auch realistisch sein und weiter an dieser Zielsetzung arbeiten, aber vor allem kön­nen wir optimistisch sein, dass wir sehr wohl etwas bewegen können.

Hohes Haus! Ein wichtiger Punkt, der auch Erwähnung finden muss, ist natürlich der Gender Pay Gap, also der Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern. Es ist nach wie vor so, dass Frauen bei gleichwertiger Arbeit nicht annähernd die Entloh­nung bekommen, die ihnen zusteht. Wir haben zwar Fortschritte erzielt, aber auch das nur im marginalen Bereich. Bei gleichwertiger Arbeit muss gleichwertig entlohnt wer­den!

Um den Ursachen auf den Grund zu gehen, um zu sehen, wo die Ursachen liegen, haben wir im Ausschuss für den 19. Jänner eine Aussprache mit den Sozialpartnern vorgesehen, um das zu diskutieren und möglicherweise auch Lösungsansätze zu er­arbeiten, wie wir das verbessern können. Es kann nicht angehen, dass im Jahr 2015 bei gleichwertiger Arbeit Frauen immer noch um bis zu 23 Prozent schlechter bezahlt sind als Männer. Es wurde zwar vor einigen Jahren von der Frau Bundesministerin der Gehaltsrechner installiert, und dieser hat auch positive Auswirkungen gehabt, aber nicht jenen Erfolg gebracht, den wir uns alle gewünscht hätten.

Geschätzte Damen und Herren, dieses Budget setzt sich aber auch mit dem Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen und Gewaltprävention auseinander. Und gerade am heutigen Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich auf dieses Thema hinweisen und in Erinnerung rufen, dass wir gerade auf diesem Gebiet noch sehr, sehr viel zu tun haben und uns noch stärker engagieren müs­sen. Jedes fünfte Kind in Europa ist von sexueller Gewalt betroffen. Das ist eine Zahl, die wir nicht so stehen lassen können. Daher ist es mir persönlich ganz wichtig, dass für den Schutz von Frauen und Kindern, im Speziellen auch von Mädchen, genügend Mittel zur Verfügung stehen.

Allein im Jahr 2014, meine Damen und Herren, haben sich an die 4 700 Kinder an das Kinderschutzzentrum die möwe gewandt und um Hilfe gebeten. Sie haben dieses Tele­fon benutzt. Schätzungsweise sind mehr als 20 Prozent der Kinder bis zum 14. Lebens-


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jahr in Österreich von sexueller Gewalt betroffen. Das ist eine Schande, das kann man gar nicht weiter ausführen!

Es geht nicht nur um körperliche und sexuelle Gewalt, sondern es geht auch um Stal­king, es geht auch um psychische Gewalt. Und wir wissen aus vielen Gesprächen mit Frauen, dass über soziale Medien in immer stärkerem Ausmaß an die Frauen in in­famster Art und Weise herangetreten wird. Im Detailbudget 30.05.01 sind daher unter anderem auch Mittel zur Eindämmung von Gewalt gegen Mädchen und Frauen und für die Mitwirkung an der Sicherstellung und der Weiterentwicklung von Strukturen zur Ge­waltprävention und zum Schutz der Opfer veranschlagt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang aber auch das Bundesministerium für Inneres un­ter Ministerin Hanni Mikl-Leitner erwähnen. Sie hat dafür gesorgt, dass wir für Interven­tionsstellen, Gewaltschutzzentren immerhin 4 Millionen € bereitstellen. Wir brauchen die­se Mittel, denn diese Mittel sind bestens eingesetzt, wenn man sich allein die Betre­tungsverbote anschaut, die im Jahr 2014 ausgesprochen wurden. 7 640 Mal wurden Ver­bote ausgesprochen, allein in Wien waren es 3 000. Das sind die Zahlen, die wir ken­nen, die offiziell sind.

Wir wissen aber auch, geschätzte Damen und Herren, dass es mit finanziellen Mitteln allein nicht getan ist, den Frauen Schutz und Sicherheit zu geben. Es braucht vor allem auch ein starkes Selbstbewusstsein der betroffenen Frauen und es braucht vor allem die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der Medien, und daran sollten wir alle ge­meinsam arbeiten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.37


Präsident Karlheinz Kopf: Nun ist Frau Abgeordnete Barbara Rosenkranz zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 


18.38.02

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Zu den Verhandlungen zur Bildungsreform war jemand nicht eingeladen, der eigentlich hätte dort sein sollen – ob es etwas genützt hätte, ist eine andere Frage –, näm­lich die Familienministerin, denn dabei wurde auch das zweite verpflichtende Kinder­gartenjahr beschlossen. Das ist überraschend, aber das wird wohl auch deswegen so ge­wesen sein, weil das zweite verpflichtende Kindergartenjahr – also vierjährige Kinder, Kinder ab vier Jahren verpflichtend in den Kindergarten – wohl nicht als Bildungsmaß­nahme, sondern vor allem als Integrationsmaßnahme beschlossen worden ist.

Es gehen jetzt schon beinahe alle vierjährigen Kinder in den Kindergarten – aber eben nicht verpflichtend. Und das ist schon ein Unterschied. Es gibt bestimmte Lebenspha­sen, es kommt ein Geschwisterkind oder es gibt einen Todesfall in der Familie oder viel­leicht eine längere Krankheit, die Nachwirkungen hat, da muss man ein Kind, das oh­nehin gerade erst die Kindergartenreife erreicht, nicht in den Kindergarten geben. Das ist durchaus vernünftig so. Warum also verpflichtend? – Eben weil Sie das als Integra­tionsmaßnahme sehen. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren von der ÖVP, um Ihrer Klientel ein wenig entgegenzukommen, haben Sie ein sogenanntes Opt-out frühestens nach drei Monaten beschlossen. Und das ist nun wirklich ein absoluter Pfusch, der außerdem zeigt, dass jene, die da verhandelt haben, von Kindern nichts ver­stehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu Recht protestieren die KindergartenpädagogInnen, die diese Sprachstands- und Ent­wicklungsstandsfeststellung machen müssen, dagegen, dass man ihnen diese Belas­tung aufbürdet. Das ist ja nicht einfach. Man muss jemandem erklären: Du musst dein Kind bringen, du darfst es aber dann zu Hause lassen. Das ist ja nicht etwas, das man auf eine Kindergartenpädagogin abschieben kann. Das empfinde ich eigentlich auch als Zumutung. Die Frau Familienministerin, die eben nicht einmal dabei war, konnte


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uns im Ausschuss übrigens nicht erklären, auf welcher Grundlage das erfolgt, welche Ausbildung, welche Kriterien das erfordert. Das wird alles erst gemacht. – Es geht da aber um Kleinkinder. Also ich wäre da, ehrlich gesagt, nicht so salopp.

Zum Zweiten: Wenn ein Kind entwicklungsbedingt noch nicht diese Gruppenreife hat – und es sind hier ja viele Väter, Mütter und auch Großväter und Großmütter –, und das kann mit vier Jahren durchaus der Fall sein, und wenn man sagt, dieses Korsett eines verpflichtenden regelmäßigen Kindergartenaufenthalts tut dem Kind jedenfalls jetzt nicht gut, dann muss es dennoch erst einmal drei Monate dorthin. Und genau das ist die ganz sensible Phase. Wir wissen übrigens auch, dass die Kinder, die sich quasi ein­gewöhnen, die Kinder sind, die aufgegeben haben. Das können Sie aus allen Untersu­chungen sehen. Also auch wenn ein Kind nicht reif ist, muss es zuerst einmal drei Mo­nate im Kindergarten sein, dann darf es wieder fernbleiben, wenn die Kindergartenpä­dagogin festgestellt hat, dass es keinen Entwicklungsrückstand gibt. Also das ist doch eine ganz unglaublich seltsame und vor allem für Kinder schädliche Regelung. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich muss es einfach noch einmal betonen: Abgesehen davon, dass wir Verpflichtun­gen, die in die Familie eingreifen, immer für schlecht halten – Freiwilligkeit ist auf jeden Fall besser –, muss ich sagen, wer dieses Opt-out verhandelt hat, versteht nichts von Kin­dern! (Beifall bei der FPÖ.)

18.41


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


18.41.22

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Frau Ministerin! Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wo soll man anfangen nach diesen Ausführungen der Kollegin Rosen­kranz, die sich so weit weg begibt vom Sinn einer Maßnahme? Frau Kollegin Rosen­kranz, es ist nicht so sehr entscheidend, wie wir die Kinder im Frühkindbereich fördern. Ich bin bei Ihnen, wenn ein Elternhaus da ist, das die Möglichkeit hat, wenn ein El­ternteil das Kind sogar selbst betreuen und erziehen kann, dann soll es so sein. Aber Sie wissen ganz genau, dass der überwiegende Teil der Eltern diese Möglichkeit nicht hat.

Sie wissen auch ganz genau um die Defizite, die im Entwicklungsbereich bei den Kin­dern möglich sein können. Sie haben ja viele Kinder, Sie wissen das sicherlich bes­tens. Es gibt unterschiedliche Entwicklungsabschnitte, und wenn ein Kind nicht die ent­sprechende Förderung, nicht die entsprechende Anregung bekommt, dann hat es ein Defizit, wenn es dann tatsächlich in die Schule eintritt. Das ist so. Einen Rucksack, der mit schweren Steinen beladen ist, würden diese Kinder, die die Förderung nicht be­kommen, die nicht die Möglichkeit haben, zu entdecken, wo ihre Talente, ihre Bega­bungen sind – das findet nämlich genau in der Zeit der Hirnreifung statt, dass man das feststellt –, die nicht die Möglichkeit haben, ihren Schwächen, ihrer Fehlentwicklung spie­lerisch beizukommen, die später lange therapeutische Maßnahmen brauchen, um sie auszugleichen, zu tragen haben.

Es ist ganz entscheidend und wichtig, dass man bei dem Thema Kleinkinder, bei der pädagogischen Frühbetreuung den Hebel ansetzt, und alle, die sich ein bisserl intensi­ver damit befassen und nicht nur durch die eigene, vielleicht auch etwas verblendete Brille schauen, stimmen dem zu. Es gibt kaum jemanden, der das nicht tut. Das ist eine der wichtigen Maßnahmen, und daher ist es auch für mich so wichtig, dass es bei die­sem ganzen Reformpaket nicht nur ums Geld geht – es geht schon auch ums Geld, aber nicht nur –, sondern dass es endlich darum geht, zu erkennen, was wir tun kön­nen, damit unsere Kinder die bestmöglichen, die besten Chancen haben, sich indivi­duell optimal zu entwickeln, zu lernen, ihre Begabungen und Talente bestmöglich aus­zubauen und zu nutzen.


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Das sind entscheidende Schritte, die jetzt gesetzt werden. Es ist noch nicht das End­ziel formuliert, das ist schon richtig, aber es ist für eine Koalition – das sage ich jetzt ganz offen, weil ich mich schon einige Jahre damit auseinandersetze – ein großer Fort­schritt, der jetzt erzielt wird. Es ist kein Reformpapier einer SPÖ-Alleinregierung, auch nicht einer rot-grünen Regierung oder Rot/Grün mit NEOS, die sich in bildungspoliti­schen Bereichen viel einiger sind, aber es sind entscheidende Schritte, die hier gesetzt werden. Daher tut es mir auch leid, dass Sie, Herr Kollege Strolz, heute nur negativ ar­gumentiert haben (Abg. Strolz: Aber das ist auch beklemmend!), nur negativ, und nicht sehen, was die wichtigen Dinge sind. Sie wissen ganz genau, wie wichtig die Schul­autonomie ist. Sie wissen ganz genau, wie wichtig es ist – wir haben das erst gestern mit dem Rechnungshofpräsidenten diskutiert –, dass bei der Bezahlung endlich einmal alle Lehrer einheitlich erfasst werden, dass das Ministerium, dass wir, die das auch be­zahlen müssen, die das im Budget beschließen, wissen, wo denn die einzelnen Lehr­personen sind, die wir zu bezahlen haben. Das haben wir bisher gar nicht gewusst, weil es die Länder nicht gesagt haben. Jetzt wird das alles über das Bundesrechen­zentrum abgewickelt, das heißt, das kann nicht mehr vorkommen.

Letzter Punkt – weil das rote Licht leider schon aufleuchtet –, und das muss ich ganz ein­fach sagen, Herr Kollege Rosenkranz, weil hinter Ihnen der Kollege Themessl sitzt, und der weiß, was ich meine: Wenn im Land ganz anders geredet wird als hier, wenn man hier nicht redet oder vielleicht nicht reden darf oder genau das Gegenteil sagt, was haben wir dann von einem Föderalismus? Was haben wir davon, wenn es in ei­nem Land, wo alle Parteien – inklusive der Freiheitlichen Partei, sogar noch stärker als viele andere – das fordern, nicht möglich ist, dass man solche Modellregionen schafft, dass man Modelle erprobt? (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Die Öffentlichkeit, alle Parteien, alle, die sich wissenschaftlich, die sich breit damit aus­einandergesetzt haben, inklusive die Eltern, wollen, dass man so einen Versuch ma­chen kann. 4 Prozent der Bevölkerung Österreichs, ein kleines Bundesland, wo sich al­le einig sind, wo es keinen politischen Disput gibt, wo nicht einer auf den anderen schaut und nicht einer dem anderen das Zahnweh noch neidig ist, nein, wo sich alle ei­nig sind – also ich meine, ein moderner Föderalismus müsste es ermöglichen, dass man das auch in dieser Region erproben kann. Das wäre wohl ein höchstes Gebot der Stun­de! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jarolim: Eigentlich wäre das das Minimum, das abso­lute Minimum!)

18.46


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Mag. Aslan. – Bitte.

 


18.46.11

Abgeordnete Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen, dass es einen großen Unterschied zwischen den Lebens- und Arbeitsrealitäten von Frauen und Männern gibt. Aus diesem Grund muss das Budget auf seine Auswirkungen auf Männer und Frauen hin analysiert und entsprechend den Gleichstellungszielen auch budgetiert werden.

Gender Budgeting ist zwar seit 2009 in der österreichischen Bundesverfassung veran­kert, aber leider ist nur die Verankerung ein Erfolg, an der Umsetzung hapert es noch. Es gibt immer noch keine effektiven Datenerhebungen, warum die Umsetzung nicht ganz funktioniert und wieso sie stockt. Natürlich kann ich es nachvollziehen, wenn die Frau Bundesministerin sagt, sie hat nur 10 Millionen € zur Verfügung. Mit dem Geld kann sie im frauenpolitischen Bereich wirklich nicht viel weiterbringen, aber ich hoffe darauf, dass sich dieses Budget natürlich ein bisserl erhöht.

Ich denke, es ist unsere Pflicht, mit allen Ministerien zusammen ein bisserl Druck aus­zuüben, damit wir nicht jedes Jahr die gleiche Debatte haben. Zweifelsohne sollte Gen-


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der Budgeting nicht nur für das Frauenministerium relevant sein, sondern auch für das Sozialministerium, auch für das Wirtschaftsministerium, denn ich denke, dass Gender Budgeting einfach der Schlüssel für einen gewaltfreien, für einen diskriminierungsfreien öffentlichen Arbeitsmarkt sein kann.

Die Regierung muss sich natürlich im Rahmen der Gleichstellungsziele tatsächlich auch budgetrelevante, überprüfbare Ziele vorgeben und auch angemessene Maßnahmen zur Zielerreichung setzen. – Das ist so nicht ganz ersichtlich, muss ich sagen.

Frauen sind nicht nur stärker von Armut betroffen und leisten enorme unbezahlte Ar­beit, sondern sind viel stärker auch auf soziale Infrastrukturen angewiesen. Das heißt, Ausbau und Qualitätsverbesserung im Bereich der Kinderbetreuung, im Bereich der Pfle­gebetreuung oder im Bereich der Bildung muss einfach garantiert sein, wenn Frauen entlastet werden sollen. Wenn es zum Beispiel Budgetkürzungen im Bereich der Pflege oder im Bereich der Kinderbetreuung oder Bildung gibt, dann hat das schon indirekt auch Auswirkungen auf die Frauen. Und da müssen wir alle ein bisserl mehr Druck ausüben, weil Gender Budgeting nur funktionieren kann, wenn alle Ministerien sozusa­gen ein bisserl aus ihrem Budgettopf für frauenpolitische Angelegenheiten zur Verfü­gung stellen.

Das sehen wir auch bei der Gewaltprävention, wie wichtig das ist. Im Bereich Gewalt­prävention und Interventionsstellen hat es zwar keine Erhöhungen gegeben, es hat auch keine Inflationsanpassung gegeben, das muss man auch sagen, und es ist immer noch so, dass die Frauenberatungszentren und auch die Gewaltpräventionsstellen kein Geld für Kinderprävention haben. Gerade da muss man ansetzen, gerade da muss man wirk­lich alle Ministerien, das Justizministerium, das Gesundheitsministerium und auch das Wirtschaftsministerium, zur Verantwortung ziehen, damit Gender Budgeting im wahrs­ten Sinne auch wirken kann.

Gender Budgeting kann nur dann funktionieren, wenn wirklich auf allen Ebenen ange­setzt wird, wenn alle Ministerien da auch zusammen mitmachen können. Wenn Sie das nicht wollen, dann muss man eben schauen, dass man dann das Budget für das Frau­enministerium erhöht, damit wir Frauen nicht jedes Jahr betteln und fragen müssen, warum es im frauenpolitischen Bereich ein Schneckentempo gibt, warum die Frauen- und Mädchenberatungsstellen immer noch kein Geld haben, warum Gewaltprävention immer noch für uns ein großes Thema ist – im Gegensatz zu den skandinavischen Län­dern.

Gelebtes Gender Budgeting ist ein Zeichen gelebter Demokratie, und diese gelebte De­mokratie sollte jetzt stattfinden und nicht erst in drei oder fünf Jahren. – Danke sehr. (Bei­fall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Schittenhelm.)

18.50


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter El Habbassi. – Bitte.

 


18.50.49

Abgeordneter Asdin El Habbassi, BA (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf heute mit einem Zitat des Nobelpreisträgers James Heckman beginnen, der sagt:

„In die Kleinen zu investieren bringt den größten wirtschaftlichen Nutzen.“

Das ist eine dieser Ideen, die diese Bundesregierung und auch die Pläne für die neue Bildungsreform geleitet haben, dass wir nämlich bei den Kleinsten investieren, um spä­ter weniger reparieren zu müssen. Deswegen kommt es nicht von ungefähr, dass eines der wichtigsten budgetären Vorhaben im Bildungsbereich, 160 Millionen € nämlich, für den weiteren Ausbau der schulischen Ganztagesbetreuung zur Verfügung steht – für den Ausbau der Ganztagsbetreuung an den Pflichtschulen, an den Bundesschulen, wo


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es darum geht, nicht nur die Qualität der Betreuung, sondern auch das Angebot in der Dauer der Betreuung auszubauen und zu verstärken.

Dann gibt es einen zweiten großen Punkt, in dem es um die Modularisierung der Ober­stufe geht und den Ausbau des lebenslangen Lernens, vor allem in Bezug auf die Be­rufsreifeprüfung und das Nachholen von Bildungsabschlüssen. Kollege Gerhard Schmid hat es vorher gesagt: Obwohl wir im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit im europäi­schen Vergleich auf dem zweiten Platz sind, obwohl wir ein super ausgebautes duales Bildungssystem haben, haben wir trotzdem sogenannte NEETs – Kids, die einfach nicht in der Schule, nicht in Ausbildung und nicht im Beruf sind, 75 000 an der Zahl. Hinzu kommt: Wann immer wir uns im Moment mit den Realitäten auseinandersetzen, sehen wir, dass viele junge Menschen jetzt nach Österreich kommen, die Schutz suchen, die Hilfe brauchen und die auch eine Zukunft brauchen – und für diese Zukunft braucht es Bildung.

Für alle diese Fälle gibt es eine Antwort, und die heißt: Früher investieren statt später re­parieren, früher in den Kindergarten investieren statt später reparieren. Das ist auch der Kernpunkt dieser Bildungsreformpläne. Wenn es darum geht, Deutsch vor Schuleintritt zu gewährleisten, wenn es darum geht, den Fokus auf den Kindergarten zu legen, wenn es darum geht, die beste Sprach- und Talenteförderung für unsere Kinder umzusetzen, indem wir einen Bildungskompass einführen, indem wir die Möglichkeiten schaffen, dass Kinder nach ihren individuellen Bedürfnissen und Talenten gefördert werden, dann ist es meiner Meinung nach der richtige Weg, den diese Regierung mit diesem präsen­tierten Reformpaket eingeschlagen hat.

Jetzt geht es meiner Ansicht nach darum, dass wir diese Dinge umsetzen, dass wir diese ganzen ideologischen, politischen Kleingeldgeschichten einmal beiseiteschieben und uns darauf fokussieren, das Beste für die Kinder in Österreich zu erreichen.

Ich bitte Sie daher, dass wir konstruktiv diesen Weg voranschreiten, der in den letzten Tagen und Wochen von der Bundesregierung angegangen worden ist. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.53


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminis­terin Heinisch-Hosek. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


18.54.03

Bundesministerin für Bildung und Frauen Gabriele Heinisch-Hosek: Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich habe mir gedacht, ich melde mich so in der Hälfte der RednerInnen-Liste zu Wort, um aus meiner Sicht Resümee zu ziehen, und zwar auf der einen Seite mein Resümee als Frauenministerin, das Budget betreffend, und auf der an­deren Seite als Bildungsministerin, ebenfalls das Budget betreffend, aber darüber hi­naus vielleicht noch Bezug nehmend auf die einen oder anderen Inhalte der neuen Be­schlüsse der Bundesregierung bezüglich der Bildungsreform.

Ich durfte heute in der Früh in einem Pressegespräch gemeinsam mit vielen, die dazu wesentlich beigetragen haben, aus den Frauenhäusern, von den Frauenberatungseinrich­tungen, aber auch von unserer gesetzlichen Jugendvertretung in Österreich, der Bundes­jugendvertretung – eine zweijährige Kampagne beenden, die wir unter dem Titel „Gewalt­frei leben“ durchgeführt haben. In diesen zwei Jahren wurden Hunderte Veranstaltungen durchgeführt und fast 200 Partner und Partnerinnen – auch viele Unternehmen – gewon­nen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, Frauen ein gewaltfreies, existenzsicherndes Le­ben zu ermöglichen und dafür zu werben, dass sich Frauen, wenn sie in Nöten sind, nicht nur an die Frauenhelpline wenden können, sondern dann auch Partner in den Unterneh­men da sind, bei den Betriebsrätinnen und Betriebsräten, also überall da sind, die ihnen ebenfalls diese Hilfe zuteilwerden lassen. An Workshops mit der Bundesjugendvertretung nahmen alleine 3 000 Schülerinnen und Schüler teil, es wurden 74 Multiplikatorinnen und


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Multiplikatoren ausgebildet. In den Workshops ging es um Konfliktlösungsmodelle, Gewalt­prävention – insbesondere für Mädchen, aber selbstverständlich auch für Burschen. Präsen­tiert wurde all das heute, am ersten Tag der jetzt stattfindenden „16 Tage gegen Gewalt“.

Aus diesen Gründen ist es gut, und das wurde von einigen RednerInnen auch bereits gesagt, dass das Frauenbudget mit etwas über 10 Millionen € über die letzten Jahre hin­weg gleich bleiben konnte. Mehr als 50 Prozent dieser 10 Millionen € werden für über 100 Fraueneinrichtungen aufgewendet – und an dieser Stelle: Vielen herzlichen Dank an alle, an Hunderte Mitarbeiterinnen in diesen Fraueneinrichtungen, die in ihrer tag­täglichen Arbeit für die Frauen anonyme kostenlose Beratungen juristischer Art, sozial­arbeiterischer Art, arbeitsmarktpolitischer Art anbieten, aber auch Frauen mit Gewalter­fahrungen beraten und ihnen helfen.

41 Prozent des 10-Millionen-€-Budgets gehen auf für gesetzlich vorgeschriebene Leis­tungen für Gewaltschutzzentren, anlässlich unseres so hochgelobten Gewaltschutzge­setzes in Österreich, das im Jahr 1997 verabschiedet wurde und in vielen Novellen ver­bessert wurde. Auch die Europaratskonvention, die Ratifizierung und die rechtliche Bin­dung Österreichs an diese Inhalte sind ein wichtiger Beitrag. Das sind also die besag­ten 41 Prozent – wobei sich, auch das wurde bereits gesagt, Innenministerin und Frau­enministerin die diesbezüglichen Aufwendungen teilen –, und eben etliche Millionen Euro.

Damit bleiben noch 3 Prozent übrig für Weiteres. Wir werden demnächst, wie auch im Regierungsprogramm festgeschrieben, eine Pensionsbroschüre herausgeben, damit wir Frauen gut informieren können, was sie denn erwartet, wenn sie eine bestimmte An­zahl von Monaten gesammelt haben oder wenn sie über einen längeren Zeitraum un­freiwillig beziehungsweise freiwillig – ist ja auch Sache der Frauen – Teilzeit gearbeitet haben, und wie man diesbezüglich gut beraten kann. Erwähnt wurde auch der Gehalts­rechner, wo wir versuchen werden, ihn mit neuen Zahlen so zu adaptieren, dass sich Frauen in Bezug auf die diversen Branchen, in denen sie arbeiten, auch gut darüber in­formieren können, was sie eigentlich verdienen sollten und ob das, was ihnen angebo­ten wird, ein adäquater Lohn und ein adäquates Gehalt ist.

Also: Zum Frauenbudget ist meiner Meinung nach – das wurde auch von VorrednerIn­nen gesagt – nichts weiter Negatives zu sagen, außer dass wir versuchen, den beste­henden Level aufrechtzuerhalten, und: Obwohl die Opferzahlen steigen, obwohl mehr Frauen Beratungen in Anspruch nehmen, gelingt es aufgrund der tollen Arbeit von vie­len Hunderten Beschäftigten in diesem Bereich, das Niveau gut aufrechtzuerhalten.

Nun zum Bildungsbudget. Es ist eines der größten Einzelbudgets in der gesamten Bun­desregierung mit knapp über 8 Milliarden €. Wenn ich nur die Tortengrafik (eine Grafik in die Höhe haltend), Sie kennen sie wahrscheinlich alle, kurz herzeigen darf: Blau und rot sind die Gehälter der LandeslehrerInnen und BundeslehrerInnen, die zusammen über 90 Prozent ausmachen. Zudem investieren wir über 600 Millionen € pro Jahr in den Schulbau in Österreich und in die Erhaltung unserer Schulstandorte, und da spre­che ich nur von den Bundesschulen, denn die Schulen im Pflichtschulbereich sind, wie Sie alle wissen, in der Verantwortung der Kommunen, wobei da ebenfalls Großartiges geleistet wird, denn auch unsere Pflichtschulen können sich meiner Meinung nach se­hen lassen, sie sind in einem sehr guten Zustand.

Dann gibt es noch kleinere Posten, die ebenfalls jeweils einige Hundert Millionen Euro ausmachen. Dabei spielt die Erwachsenenbildung eine große Rolle und andere Berei­che, die Fixkosten sind, die Finanzierung der schon erwähnten ganztägigen Schulen mit 160 Millionen pro Jahr, und so weiter und so fort, bis sich dann diese Summe von 8 Milliarden ergibt.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, seit vielen, vielen Jahren gibt es eine strukturelle Unterdotierung, weil wir durch den Finanzausgleich natürlich über Jahre auch gebunden sind, was die Ausschüttungen an die Bildung anlangt, weil hier im Parlament


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auch viele Reformen – und über solche sollten wir uns meiner Meinung nach ja freuen in diesem Hohen Haus – beschlossen wurden, die natürlich Mehrkosten verursacht ha­ben, aber nicht immer dazu geführt haben, dass die Dotierung damit einhergehen konn­te. Es gab immer zusätzliches Geld für Reformen, aber es ist auch so, dass vor allem die Lehrer- und Lehrerinnengehälter und auch andere Bereiche es nicht ganz geschafft haben.

Wie jedes Jahr – seit meinen Vorgängerinnen ist das bereits Thema – kann ich ruhigen Gewissens dem Budget auch im Ministerrat meine Zustimmung erteilen, weil wir auch dieses Mal für das Jahr 2016 über 106 Millionen € an zusätzlichem Budget im Bildungs­bereich bekommen haben. Natürlich werde ich wieder meinen Beitrag leisten, gemein­sam mit den Ländern und dem Bund, dass auch das Budget gut dargestellt werden kann, und es wird wieder ein strukturelles Defizit bleiben, das wir wieder – das kann ich jetzt schon garantieren – ausgleichen werden, weil es natürlich nicht angeht, dass im Bildungsbereich diese strukturelle Unterdotierung bleibt. Wäre ein für alle Mal damit Schluss, wäre es mir auch lieber, keine Frage, aber nichtsdestotrotz vertraue ich dies­bezüglich den guten Gesprächen mit der Finanz, dass auch im Jahr 2016 erledigt wird, was erledigt werden muss.

Das soll uns jedoch, sehr geehrte Damen und Herren, nicht davon abhalten, ziemlich stolz zu sein darauf, was uns die OECD gestern bescheinigt hat und ich heute am Nach­mittag erleben durfte: Ich war in der Industriellenvereinigung bei einem Entrepreneur­ship-Summit, an dem über Tausend Menschen aus den verschiedensten Ländern Eu­ropas und darüber hinaus teilgenommen haben. Dabei wollen wir schon in Netzwerk­projekten mit anderen Ländern unsere Volksschulen, Neuen Mittelschulen und berufs­bildenden höheren und mittleren Schulen zu einer Entrepreneurship-Haltung bringen, nämlich dazu, einen UnternehmerInnengeist zu entwickeln, der Selbstbewusstsein und Mut voraussetzt sowie die Fähigkeit, eine Idee, die man hat, auch durchzusetzen, und darin sind wir auch – ziemlich – Europameister, wir haben heute ein Europazertifikat be­kommen.

Im Speziellen habe ich heute mit einer niederösterreichischen Schule Gespräche ge­führt, die völlig andere Wege beschreitet – so wie wir sie im Autonomiepaket festschrei­ben und wie es ja schon in einigen oder sogar vielen Schulen in Österreich dank der hohen Bereitschaft der LehrerInnen und der Schulleitungen Wirklichkeit ist – und die sagt: Wir sind kostenneutral. Ob Sie es mir jetzt glauben oder nicht, sehr geehrte Da­men und Herren: Die gehen völlig neue Wege und schaffen es mit einem guten Team­building-Prozess und mit einem guten Change Management an diesen Schulen, dass sie Schülerinnen und Schülern völlig neue Wege aufzeigen und trotzdem kostenneutral agieren können.

Daher habe ich große Hoffnung in Bezug auf diese sechs Punkte, die im Bildungsre­formpaket von der Bundesregierung zum Beschluss an Sie herangetragen werden. Da­bei ist mir sehr wohl die hohe Verantwortung des Hohen Hauses bewusst, auch mit Ver­fassungsbestimmungen dieses Bildungssystem so zu drehen, dass wir eine schlankere Behördenstruktur bekommen, dass wir besser Einsicht haben, wo unsere Lehrerinnen und Lehrer sitzen und was sie tun – sie tun Hervorragendes –, dass wir genau schauen können, ob die Sprachförderung dort ist, wo sie hingehört, ob der Betrag dort ist, wo er hingehört. Das ist jetzt in Absprache und in Übereinstimmung mit den neun Bundeslän­dern zum ersten Mal seit ich weiß nicht wie vielen Jahren gelungen, einen gemeinsa­men Weg zu beschreiten.

Die Behördenstruktur ist das eine, aber noch viel wichtiger ist es ja – und auch das wurde heute bereits gesagt –, bei den Jüngsten, bei den Kleinen zu beginnen und zu schauen, wie man gut in das System hineinkommen und einsteigen kann. Wie kann man die Übergänge so gestalten, dass sie für Kinder und auch für Eltern keinen Stress


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bedeuten? Das kann man in Modellregionen nun innerhalb von zehn Jahren erproben, indem diese Übergänge in andere Bereiche – Berufsbildung, Allgemeinbildung oder Be­ruf – einfach später stattfinden und indem auch bei den Kleinen das Einsteigen mit sechs Jahren sanfter gestaltet werden kann.

Zusätzlich sind wir innovativ, wir bringen quasi Breitband zur Schule und schauen in Ab­stimmung mit den Ländern – denn das gehört den Kommunen –, dass auch in den Schu­len die Versorgung mit WLAN und anderen elektronischen Möglichkeiten gegeben ist. Insofern glaube ich, dass Sie dieses Gesamtpaket nicht vorverurteilen sollten, bevor wir es nicht hier im Detail mit Ihnen diskutiert haben. Es ist im Sinne der Kinder – und die Kinder wurden von allen Rednerinnen und Rednern erwähnt (Abg. Moser: Die ha­ben überhaupt nichts von Bildungsdirektionen! Die Bildungsdirektionen sind eine Sack­gasse!) –, was die Schule der Zukunft, die Schule im Aufbruch beziehungsweise das Bil­dungssystem insgesamt, denn es beginnt ja schon im vorschulischen Bereich, leisten werden können. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.04


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

 


19.04.54

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Ich möchte noch einmal kurz auf das Thema Bildungsbudget ein­gehen, da es mir schon wichtig ist, auch einmal anzusprechen, wie da budgetiert wird: Ich halte es für höchst unseriös, dass einfach ein Budget vorgelegt wird, in dem mehr als eine halbe Milliarde € nicht drinnen ist! Das kann kein Budget sein, das wäre ein glat­ter Fleck in der ersten Prüfung „Accounting & Management Control“ an der WU. So kommt man da nicht durch! (Beifall bei den NEOS.)

Kurz vielleicht eine Erklärung, woher denn das Loch kommt, nämlich eben von den LandeslehrerInnen. Was ich diesbezüglich aber auch im Ausschuss als sehr interes­sant empfunden habe, ist, dass die Frage nicht beantwortet werden konnte, warum die Landeslehrer jetzt für 2016 mit rund 160 Millionen € zu niedrig angesetzt sind. Schließ­lich hat das schon im letzten Budget gefehlt, es gibt für mich einfach keine Erklärung, warum sie jetzt noch einmal niedriger angesetzt sind. Das ist einfach nicht belegbar und nicht erklärbar. Die einzige Argumentation ist, dass eben – anders als Kollege Schmid es vorhin gesagt hat – das Budget keine in Zahlen gegossene Politik ist, sondern ein in Zahlen gegossenes Beziehungsmanagement im Ministerrat, weil man sich Dinge aus­verhandelt und dann einer halt nicht zum Zug kommt.

Kurz ansprechen möchte ich auch das Thema Autonomie, denn schließlich geht es ja darum, wo man eventuell in der Verwaltung noch einmal Kosten einsparen könnte. Da­zu würde unserer Meinung nach Autonomie am Schulstandort schon führen, allerdings stellt sich die Frage, wieso Autonomie in Prozentzahlen angegeben wird. Man kann bis zu 33 Prozent autonom sein? Das ist wie 33 Prozent schwanger: völlig unlogisch!

Deshalb haben wir einen Vorschlag, wie man das schon machen könnte, und dazu möchte ich gerne folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung und Frauen wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass ehest möglich alle notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden, um umfas­sende pädagogische Freiheit an allen Schulstandorten und in allen Schularten zu er­möglichen. Das Professionsverständnis der Lehrerinnen und Lehrer als Expertinnen- und Expertenberuf ist umfassend zu fördern und durch einen klaren Handlungsrahmen zu


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gewährleisten. Damit einhergehend sind gemeinsame Zielvorgaben zu formulieren, de­ren Umsetzung und Erreichung begleitet und evaluiert werden sollen.“

*****

Danke. (Beifall bei den NEOS.)

19.07


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Abgeordneter Gamon eingebrachte Entschlie­ßungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Claudia Angela Gamon MSc (WU), Dr. Matthias Strolz und Kollegen

betreffend der Ermöglichung umfassender pädagogischer Autonomie

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) – TOP 6 – UG 30

Es ist prinzipiell erfreulich, dass bei den aktuellen Vorschlägen bezüglich der Reformie­rung des Schulsystems auch die Frage der pädagogischen Schulautonomie mitberück­sichtigt wurde. Im Reformpapier heißt es dazu: „Die Ermöglichung schulautonomer Schwerpunktsetzungen und die Autonomie im Bereich der Stundentafel des Lehrplans innerhalb qualitätssichernder Bandbreiten werden ausgebaut. Autonome Abweichungen der Lehrpläne sind je nach Schultyp und Schulstufe im Ausmaß von bis zu 33% mög­lich.“

Die Reglementierung eines autonomen Korridors mit Prozentzahlen scheint uns pro­blematisch. Wir möchten diesem Ansatz eine andere Perspektive entgegen halten. Aus unserer Sicht steht im Kern der pädagogischen Autonomie ein wertschätzender, ver­trauens- und zugleich anspruchsvoller Blick auf die Rolle des Lehrers/der Lehrerin als Expert_innenberuf. Lehrer_innen sind Pädagogik-Profis und „Bildungsexpert_innen der Praxis“, die eigenverantwortlich pädagogische Entscheidungen treffen können sollen. Da­bei sind sie nicht allein, sondern eingebettet in ein Team, in eine Schule als lernende Organisation, in eine Profession. Echte pädagogische Autonomie gibt Schulen die um­fassende Freiheit, pädagogische Modelle und didaktische Konzepte autonom festzule­gen, ebenso wie die Profilbildung durch Curricula und Lehrpläne, die Jahrgangstruktur (altershomogene oder -heterogene Lerngruppen), die Klassen- bzw. Gruppengrößen je Fach und Schulstufe, die Struktur der Unterrichtszeit sowie die Lehrmittel und -metho­den.

Die Aufgabe der Politik ist es in diesem Zusammenhang, einen fixen Rahmen für Frei­räume zu schaffen, gemeinsame Zielvorgaben auszugeben und deren Erreichung zu be­gleiten und zu evaluieren. Wir schlagen hier die Einführung der „Mittleren Reife“ vor. Es kann nicht Aufgabe der Politik sein, die Lehrerinnen und Lehrer in der Ausübung ihrer Profession detailreich zu reglementieren. Die Politik hat sich auf die Definition eines klaren Handlungsrahmens zu konzentrieren und darüber hinaus hat sie den Respekt vor der Autonomie dieser Expert_innen-Profession zu fördern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung und Frauen wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass ehest möglich alle notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden, um umfas­sende pädagogische Freiheit an allen Schulstandorten und in allen Schularten zu er­möglichen. Das Professionsverständnis der Lehrerinnen und Lehrer als Expertinnen- und Expertenberuf ist umfassend zu fördern und durch einen klaren Handlungsrahmen zu gewährleisten. Damit einhergehend sind gemeinsame Zielvorgaben zu formulieren, deren Umsetzung und Erreichung begleitet und evaluiert werden sollen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag.a Wurm.

 


19.07.28

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Immer wieder freut es mich, wenn ich Sie höre und Sie so wunderbar die unterschiedlichen Namen von uns Abge­ordneten gendern. – Herzlichen Dank! (Heiterkeit der Bundesministerin Heinisch-Ho­sek. – Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Prä­sident! Frau Ministerin! Frauenbudget: Seit einigen Jahren die gleiche Summe ist eine gute Leistung in Zeiten des Sparens. Was kann die Frauenministerin mit 10 Millionen € ma­chen? Sie kann vor allen Dingen Anstoßfinanzierung gewähren, sie kann Bewusst­sein schaffen, und das tut sie auch in vielen Bereichen, das macht sie. Wir haben heu­te schon von Kollegin Aslan gehört: Seit 2009 ist Gender Budgeting eine Staatszielbe­stimmung. Was heißt denn Gender Budgeting? – Wie werden Gelder ausgegeben für Frauen, für Männer, und gibt es da Gerechtigkeit? Gibt es da Gleichstellung? Gleich­stellung – das ist das Ziel!

Wenn ich mir nun beispielsweise die Frage des Gewaltschutzes ansehe: Wir haben heu­te den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. Beim Gewaltschutz werden 50 Pro­zent der Kosten für die Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie vom Frauenministerium getragen; 50 Prozent werden vom Innenministerium für diese wich­tige Einrichtung ausgegeben; zudem gibt auf der anderen Seite das Bundesministe­rium für Justiz eine erkleckliche Summe für Prozessbegleitungsmaßnahmen aus. Das ist gelebtes Gender Budgeting, das ist gelebte Gleichstellung im Budget.

Kollegin Martina Schenk hat in ihrer Rede die Frauen 50 plus erwähnt. Gerade für ar­beitsmarktpolitische Maßnahmen für Frauen im Alter von 50 plus hat das Sozialminis­terium sehr viel Geld in die Hand genommen. Wenn wir wollen, dass Frauen länger in die Arbeit gehen sollen, dann müssen sie auch die entsprechenden Arbeitsplätze ha­ben.

Ein weiteres Beispiel ist das neu ausverhandelte Arbeitsmarktpaket. Wie schaut denn das aus? – Dort ist das verankert, was wir immer wieder betont haben, dass nämlich Frauen, die in Teilzeit beschäftigt sind, auch die Möglichkeit haben sollen, im eigenen Betrieb wieder zu einer Vollzeitbeschäftigung zu kommen! Das ist eine wichtige Maß­nahme für die Frauen. (Abg. Loacker: Das macht doch jeder Betrieb freiwillig und oh­ne Gesetz!) Auch da wurden vom Sozialministerium in Gemeinsamkeit mit dem Frau­enministerium Maßnahmen gesetzt, und das wird dann Gesetz. Das nützt den Frauen.

Oder die Fragen der Kinderbetreuung, Anstoßfinanzierungen, Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen und für Männer und, und, und. Mir würden noch sehr viele Bei­spiele einfallen, die hier greifen.


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Sehr geehrte Herren, in diesem Zusammenhang möchte ich gerne Bertolt Brecht zitie­ren: „Der starke Mann ist stärker ohne Gewalt.“ (Beifall bei der SPÖ.)

19.10


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Schimanek zu Wort. – Bitte.

 


19.10.40

Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einem Zitat beginnen:

„Das Budget ist die in Zahlen gegossene Politik dieser Regierung“. Und weiter: „88 Cent pro Frau und Jahr, das ist das ,beschämende Ergebnis dieses Budgets, ein Klein­geld‘“. – Diese Aussage stammt nicht von mir, diese Aussage stammt von der ehemali­gen SPÖ-Frauensprecherin Heinisch-Hosek.

Und weiter:

„… kritisierte Heinisch-Hosek, die abschließend nochmals die Verantwortung der Frau­enministerin betonte, die sich die Frage gefallen müsse“ – richtig müsste es heißen: ge­fallen lassen müsse –„, warum sie sich nicht für ein anderes“ – nämlich höheres – „Bud­get eingesetzt hat.“ – Diese Frage, Frau Minister, kann ich nur an Sie weitergeben. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Das ist wirklich Zynismus pur, wenn Sie uns hier erklären, das Frauenbudget sei aus­reichend und Sie seien froh, dass Sie es haben halten können. – Wir haben nämlich nachgerechnet: Im Jahr 2005 haben die Frauen in Österreich aus dem Budget infla­tionsbereinigt 1,06 € erhalten, 2004 waren es 1,04 €, de facto weniger, als Sie damals selber kritisiert haben. – Da gibt es aber keinen Aufschrei, da gibt es auch keinen Auf­schrei seitens der SPÖ, und das wundert mich sehr.

Noch einmal, Frau Minister, ich halte es mit Ihnen: Mir sind die 10,15 Millionen € auch zu wenig. Wir haben sehr viele notwendige Projekte in Österreich auszuführen. Wir ha­ben heute schon davon gehört: Gewaltprävention, Opferschutz, Frauenprojekte, Frau­enberatungseinrichtungen, die zu unterstützen sind, und natürlich auch die Frauenbe­ratungseinrichtungen, die für Gewaltschutz zuständig sind.

Wir haben im Ausschuss gehört, dass Sie noch ungefähr 300 000 € für eigene Projekte zur Verfügung haben, deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erstel­lung einer Studie über die aktuelle Situation muslimischer Frauen und Mädchen in Ös­terreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung und Frauen werden aufgefordert, eine wissenschaftliche Studie in Auftrag zu geben, in der die ak­tuelle Lebenssituation muslimischer Frauen und Mädchen in Österreich, insbesondere hinsichtlich der Bereiche Zwangsverehelichung, Geschlechtsverstümmelung und Gewalt im Namen der Ehre dokumentiert wird.“

*****

Frau Minister, wir haben bereits gehört, heute startet die Aktion „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ – mehrere Kolleginnen haben es schon angesprochen. Gewalt an Frauen


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ist immer noch ein angst- und tabubesetztes Thema. Es gilt, Frauen Mut zu machen und dass Frauen ihr Schweigen brechen.

Es hat mich sehr berührt, am vergangenen Sonntag das Interview von Sabatina James in der „Kronen Zeitung“ zu lesen. Ich muss der Dame gratulieren: Das war ein Plädoyer für die Freiheit! Wir würden mehr solche mutigen Frauen brauchen.

Deshalb bin ich überzeugt davon, dass wir eine solche Studie brauchen. Ich halte es da auch mit Alice Schwarzer, die nicht im Verdacht steht, ein Mitglied der Freiheitlichen Partei zu sein, aber schon vor Monaten ihr Unbehagen gegenüber den islamischen Agi­tationen kundgetan hat. Sie haben jetzt mit dem Antrag die Möglichkeit, in Österreich Farbe zu bekennen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.14


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofinger zu Wort. – Bitte.

 


19.14.55

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Bildungschancen müssen für alle gleich sein. Lei­der bestätigt uns die OECD das nicht und stellt uns bezüglich Bildungsvererbung ein schlechtes Zeugnis aus. Positiv zu bemerken ist jedoch, dass wir im Vergleich zu den anderen OECD-Ländern das viertbeste Land sind, was Jugendlichen in Ausbildung oder in Beschäftigung anlangt. Bei uns sind es nur 12 Prozent, die das nicht sind, und damit liegen wir im Spitzenfeld. Ich glaube, das ist auf unser gutes duales Ausbildungs­system zurückzuführen, und das ist sicher für uns ein gutes Zeichen.

Grundsätzlich denke ich, gerade um der Vererbung im Bildungsbereich entgegenzuwir­ken, ist die neue Bildungsreform besonders gut und besonders wichtig, und sie stellt ei­nen sehr bedeutenden Schritt dar. Ich möchte hier versuchen, die Bildungsreform auf unseren ländlichen Raum herunterzubrechen.

Gerade in den Regionen mit den kleinen Schulen haben wir besonders zu kämpfen mit der Abwanderung in die Ballungsräume – Bildungsabwanderung –, daher müssen die Schulen umso attraktiver sein. Und wie erreicht eine Schule, dass sie attraktiv ist? – Durch ein gemeinsames Bildungsniveau.

Gerade hier setzen wir mit der Bildungsreform einen Schritt in der Elementarpädagogik mit dem zweiten verpflichtenden Kindergartenjahr und einem besseren Übergang in die Volksschule, damit die Kinder in der ersten Klasse Volksschule talentemäßig gefördert sind und bildungsmäßig einigermaßen den gleichen Stand haben.

Zweiter Punkt, wodurch eine Schule attraktiv sein kann, ist die Ausstattung der Schule. Hier ist natürlich auch in Zukunft auf den Finanzausgleich Rücksicht zu nehmen, aber ich begrüße auch den Breitbandausbau, der für die Attraktivität und die Ausstattung der Schule besonders wichtig sein wird.

Großes Potenzial für die Attraktivität einer Schule sehe ich auch in der Flexibilität und der Qualifikation unseres Lehrpersonals. Ich glaube, da haben wir großes Potenzial, da­rum müssen wir auf unsere Pädagoginnen und Pädagogen sehr positiv zugehen.

Schließlich denke ich, dass wir mit dem neuen Autonomiepaket der Bildungsreform auch einen gewissen Konkurrenzkampf zwischen den Schulen erzeugen, was sicher belebend wirken wird.

Natürlich sind das Wichtigste die Talente und Begabungen unserer Kinder, und mit den Schwerpunktsetzungen können wir besonders die Leistungsorientiertheit beziehungs­weise die individuelle Förderung unserer Kinder forcieren.


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In diesem Sinne wünsche ich uns, dass die Bildungsreform bei den Kindern gut an­kommt und ihre Wirkung nicht verfehlt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.18


Präsident Karlheinz Kopf: Ein kleiner Nachtrag zur Rede von Frau Abgeordneter Schi­manek: Der von ihr im Rahmen ihrer Ausführungen eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erstel­lung einer Studie über die aktuelle Situation muslimischer Frauen und Mädchen in Ös­terreich – UG 30

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.)

Mit dem internationalen Gedenktag für die Opfer von Gewalt an Frauen am 25. No­vember 2015 startet die Aktion „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“.

Gewalt an Frauen ist ein angst- und schambesetztes Tabuthema. Deshalb gilt es, mit­tels dieser Aktion das Schweigen aufzubrechen und betroffenen Frauen Mut zu ma­chen. Dies umso mehr, da sich der Großteil von Gewalt gegen Frauen immer noch im engsten familiären Umfeld abspielt.

Ein ganz besonderes Problem stellt die psychische Gewalt dar. Diese ist viel subtiler, weil man hier auf den ersten Blick keine Verletzungen oder Wunden sieht. Diese Art von Machtausübung ist aber genauso schrecklich und zerstörerisch wie physische Ge­walt. Denn mittels psychischer Gewalt werden Frauen sukzessive gebrochen, kleinge­macht und somit jeglichem Selbstwertgefühls beraubt.

Durch die Zuwanderung vermehrt muslimischer Flüchtlinge besteht aus Sicht der un­terfertigten Abgeordneten die Gefahr, dass das bereits zurecht erkämpfte und selbst­verständliche Frauenbild unserer Gesellschaft unterwandert wird. Deshalb gilt es, be­reits den ersten negativen Anzeichen entschieden entgegenzutreten.

Völlig abzulehnen sind daher in diesem Zusammenhang Aussagen des Chefs der Is­lamischen Glaubensgemeinschaft in Oberösterreich, der in einem Interview mit dem „Volksblatt“ feststellte: „Psychisch und physisch sind die Frauen eben schwach, und sie werden schwanger, und wenn sie allein sind, brauchen sie Schutz und sind in Gefahr.“

Mit diesen Worten begründet Murat Baser, Chef der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Oberösterreich, im Interview mit dem „Volksblatt“, warum im Koran der Mann eine Stu­fe über die Frau gestellt wird.

Auf die Frage nach der Bedeutung einzelner Suren im Koran hatte Baser unter ande­rem erklärt, Gott habe Verantwortung an die Männer gegeben. Im Islam sei der Mann verantwortlich für die Unterkunft, er müsse arbeiten für seine Frau und seine Kinder, also Geld herholen, Arbeit finden und versorgen. Gleichberechtigung gebe es sowieso, keine Frage - aber jemand müsse dann letztendlich entscheiden. Wenn eine Firma ge­gründet wird, dann habe irgendwer 51 Prozent, also niemals 50:50. Und in der Familie sei es genau dasselbe.

Aufgabe der Aktion „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ ist es daher nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser Aussagen auch, vor einer schleichenden Untergrabung unse-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 429

rer Wertegemeinschaft durch ein frauenfeindliches Weltbild einer falsch verstandenen Religion zu warnen.

Denn nach wie vor ist Gewalt gegen Frauen allgegenwärtig:

So ist Genitalverstümmelung kein Problem einzelner afrikanischer Staaten, die Be­schneidung von Mädchen betrifft auch junge Frauen in Österreich: In Österreich wer­den bereits 8000 Fälle von weiblicher Genital-Verstümmelung angenommen, europa­weit gibt es bereits 500.000 Opfer (06.02.2014 / Tiroler Tageszeitung Onlineausgabe)

Allein in Wien sollen 1.900 Frauen von Genitalverstümmelung betroffen sein.

„Jedes Jahr kommen ungefähr 100 neue Mädchen und Frauen zu uns. Die meisten Be­troffenen kommen schon beschnitten von Zuhause hierher. Es wird aber davon ausge­gangen, dass es auch hier passiert, obwohl es keine Anzeigen gibt. Manchmal erfolgt die Beschneidung auch während eines Heimaturlaubes“, sagt Umyma Eljeledm, Ärztin bei „FEM Süd, Gesundheitszentrum für Frauen, Eltern und Mädchen“. (20.03.2015 orf.at)

Auch offizielle Statistiken, wie viele Frauen in Österreich im Namen der Ehre umge­bracht werden, fehlen: Die Ehre in islamischen Gesellschaften ist ein wichtiges unver­zichtbares "Gut", dessen Verlust im Auge der islamischen Gemeinschaft eine Wieder­herstellung verlangt, die je nach Schwere des Vergehens auch nur mit dem Tod der/
des Ehrbrecherin/s wiederhergestellt werden kann. In den Augen der Gemeinschaft ist besonders die Tugendhaftigkeit der Frauen Voraussetzung und Garant für die Ehre der Familie. Ein Fehlverhalten, wie z.B. vermutete sexuelle Unmoral, bringt unweigerlich über die ganze Familie Schande und führt zum Verlust der Ehre. Zum Fehlverhalten gehört nicht nur der sexuelle Verkehr außerhalb der Ehe, sondern in manchen Ge­meinschaften der bloße Kontakt oder das Gespräch mit einem Nichtfamilienmitglied, ein kurzer Flirt, ein unerlaubter Blick, die freie Wahl des Partners oder auch das Ver­lassen des Hauses ohne einen männlichen Begleiter.

Dass sich solche Vorfälle auch in Österreich abspielen, wurde durch zahlreiche Me­dienberichte dokumentiert – konkrete Zahlen zur Häufigkeit fehlen allerdings.

Nicht viel besser stellt sich die Dokumentation von Zwangsverheiratung dar.

Obwohl Zwangsheirat eine Straftat ist, für die bei einer Verurteilung bis zu fünf Jahre Haft drohen, schätzen Expert/innen, dass in Österreich jährlich um die 200 Mädchen und junge Frauen von Zwangsheirat betroffen sind. (gewaltinfo.at)

Die Dunkelziffer ist vermutlich aber viel hoch.

Betroffen sind vor allem Minderjährige mit österreichischer Staatsbürgerschaft, die be­reits in zweiter oder dritter Generation hier leben, meist sind es Mädchen. Unter dem Druck ihrer Eltern werden sie in deren Heimatland verheiratet. Danach ist ihr Leben nicht mehr so wie früher: Sie müssen ihre Schule verlassen, ihre Lehre abbrechen. Ihre eigenen Bedürfnisse sind nun zweitrangig. Sie haben für ihren Partner und die neue Familie da zu sein. Sie müssen auf Befehl lieben. Durch die frühe Heirat stellen die El­tern sicher, dass die betroffenen Mädchen jungfräulich heiraten und so die Familieneh­re gewahrt bleibt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nicht zuletzt vor dem Hintergrund des in­ternationalen Gedenktages für die Opfer von Gewalt an Frauen am 25. November 2015 folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 430

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung und Frauen wer­den aufgefordert, eine wissenschaftliche Studie in Auftrag zu geben, in der die aktuelle Lebenssituation muslimischer Frauen und Mädchen in Österreich, insbesondere hin­sichtlich der Bereiche Zwangsverehelichung, Geschlechtsverstümmelung und Gewalt im Namen der Ehre dokumentiert wird.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maurer. – Bitte.

 


19.18.19

Abgeordnete Sigrid Maurer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuschauerInnen! Ich möchte gleich direkt einsteigen: Frau Ministerin, ich bin schon etwas erstaunt! Sie stellen sich hier her und geben zu, dass das, was wir Grüne seit langer Zeit sagen, dass das, was meine Kollegen Harald Walser und Bruno Rossmann seit langer Zeit betreffend diese struktu­relle Lücke sagen, dass das also auch nächstes Jahr so sein wird und es keine Lösung dafür geben wird. Ich finde das schon gewissermaßen ein bisschen dreist.

Erstens, das Budget beschließt schon noch das Parlament, und zweitens ist es doch ein Ausdruck, ein Eingeständnis völlig resignativer Politik, wenn man sich hier herstellt und sagt: Es wird keine Lösung geben und wir probieren erst gar nicht, es zu lösen.

Das finde ich schon einigermaßen unprofessionell. So kann man doch kein Budget ma­chen! Da muss man doch etwas daran ändern! Das ist für mich absolut nicht nach­vollziehbar, allerdings, muss ich sagen, stelle ich diese resignative Politik schon auch in anderen Bereichen fest.

Schauen wir uns die Präsentation der Bildungsreform an: Wir haben ja damit gerech­net, dass es nicht der große Wurf und die Einführung der gemeinsamen Schule sein wird – das hat sich ja im Vorfeld schon abgezeichnet –, ich muss aber ehrlich sagen, als sie dann tatsächlich präsentiert wurde, habe ich mir gedacht, ich habe irgendetwas nicht richtig verstanden oder bin irgendwie auf dem falschen Dampfer, denn ich habe mir nicht vorstellen können, dass Sie so etwas Absurdes wie diese 15-Prozent-Rege­lung tatsächlich ernst meinen. Aber siehe da, Sie meinen es ernst!

Das ist für mich völlig unverständlich! Das hat mit einer gemeinsamen Schule über­haupt nichts zu tun und kann in dieser Form natürlich auch nie funktionieren. Entweder es gibt große Regionen, ganze Bundesländer, in denen alle Schulen umgestellt werden und die gemeinsame Schule eingeführt wird, oder es gibt das eben nicht.

Das ist aus meiner Sicht ein Ausdruck kompletter Resignation, und – Harald Walser hat es schon öfter gesagt – so werden wir vonseiten der Grünen das ganz sicher nicht un­terstützen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Zum Thema resignative Politik möchte ich noch etwas ganz Grundsätzliches zum Bud­get sagen. Frau Ministerin, Sie haben vorhin von Gender Budgeting gesprochen. Wir ha­ben mit der Bundeshaushaltsreform eine neue Vorgabe, wie das Budget zu gestalten ist, nämlich mit einer Wirkungssteuerung.

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz explizit bedanken bei der Wirkungscontrolling­stelle im BKA, die aus meiner Sicht sehr gute Arbeit macht. Allerdings lässt die politi­sche Umsetzung dieser Ziele, die im Budget formuliert werden, extrem zu wünschen übrig. Auch dort haben wir die Situation, dass Sie keine Ziele setzen, die Sie erreichen wollen, sondern Sie schreiben Ziele fest, die entweder sowieso schon erreicht sind, oder Sie berechnen, dass sich etwas nicht ausgeht, also wird das Ziel gleich gar nicht gesetzt, oder Sie schreiben eine natürliche Entwicklung fort.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 431

Das hat mit politischen Zielen, mit einer ambitionierten Bildungspolitik, die tatsächlich et­was erreichen will, überhaupt nichts zu tun. Das zieht sich offensichtlich durch. Man hat im Bildungsbereich offensichtlich ein Stück weit aufgegeben.

Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen, der Thema im Ausschuss war. Wir haben die LehrerInnenbildung Neu, und es ist so, dass durch die Kooperation zwi­schen den Universitäten und den Pädagogischen Hochschulen ein deutlicher Mehrauf­wand auf die Institutionen zukommen wird, da die Lehrkräfte von der einen Institution an die andere wechseln müssen und so weiter. Das ist aber in diesem Budget wieder überhaupt nicht abgebildet. Bei der PädagogInnenbildung sind nur die Bezugserhöhun­gen enthalten, aber für den Mehraufwand, den die PädagogInnenbildung Neu mit sich bringen wird, gibt es nichts im Budget. Da schieben dann beide zuständigen Ressorts die Verantwortung auf das jeweils andere ab. Sie sagen uns, das ist nicht da enthalten, sondern das müssen die Universitäten aus den Hochschulraum-Strukturmitteln zahlen.

Das alles ist keine solide Budgetierung und keine solide Politik und vor allem keine am­bitionierte Politik. Sie haben recht, wir werden dann sehen, was in der weiteren Diskus­sion der Bildungsreform herauskommen wird, aber eines ist klar: Die Debatte muss dringend an Fahrt und dringend an Schwung aufnehmen, sonst wird das nichts mehr. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.22


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Holzinger-Vogtenhu­ber. – Bitte.

 


19.22.55

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehr­te Frau Ministerin! Das Bildungsbudget 2016 ist, wie bereits erwähnt, mit 8 Milliarden € eines der größten Einzelbudgets und liegt über dem Voranschlag 2015.

Besonders begrüße ich dabei die quantitative und qualitative Erweiterung des Ganz­tagesbetreuungsangebotes an Pflicht- und Bundesschulen. 160 Millionen € mehr für die Förderung unserer Kinder und die Entlastung der Eltern. 160 Millionen €, die rund 200 000 Plätze ermöglichen und zu einer Betreuungsdichte von rund 30 Prozent führen werden. Für mich ein guter Anfang.

Große Teile des Budgets gehen auch in den Ausbau der Neuen Mittelschule, in die Mo­dularisierung der Oberstufe und die Fixierung der Initiative Erwachsenenbildung – eine wichtige Maßnahme zum Nachholen von Bildungsabschlüssen und Basisbildung.

Dennoch und trotz allem muss gesagt werden, dass nur durch einen harten Kampf der Bildungsministerin erreicht werden konnte, dass ein Nachtragshaushalt geschaffen wurde, der eine 350 Millionen € große Lücke und Unterdotierung im Bildungsbudget ausgleicht.

Trotz aller Aufstockung wird aber, wie Kollege Walser schon erwähnt hat, diese Lücke 2016 wieder entstehen, und sie wird auch größer ausfallen. Das ist ganz logisch, wenn man nur an Gehaltserhöhungen oder Biennalsprünge denkt. In der Umstrukturierung durch die Bildungsreform, aktuell präsentiert, sind wichtige Werkzeuge enthalten, um dem auch entgegenwirken zu können, aber wenn wir ehrlich sind, dann werden wir dieses Pro­blem auch mit diesen Maßnahmen niemals lösen und diese Lücke niemals füllen kön­nen.

Welche wichtigen Punkte sind enthalten, die ich für besonders erwähnenswert erach­te? – In den Ländern wird die Organisation der Landesschulräte endlich neu ange­passt, soll heißen, die Abschaffung von Amtsführenden Präsidenten, Vizepräsidenten und Kollegien, was der Rechnungshof zu Recht schon mehrmals kritisiert hat. Genau­so erfreulich ist, dass anstelle von bisher neun unterschiedlichen, intransparenten Sys-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 432

temen das Bundesrechenzentrum zukünftig endlich die Verrechnung aller Lehrer und Lehrerinnen übernimmt.

Einen der größten Erfolge sehe ich aber im Ausbau der Schulautonomie, im Ausbau der Modellregionen. – Leider sind es nur Modellregionen, aber wir sind meiner Mei­nung nach auf dem richtigen Weg; wir wünschen uns aber natürlich auch mehr, Frau Maurer.

Was ich noch erwähnen wollte, ist – Frau Rosenkranz hat es angesprochen –, dass Bildung bei der Sozialdemokratie bereits bei den Kleinsten beginnt. Das sei in Ihre Richtung gesagt. Neben der Verbesserung in der Schuleingangsphase ist für uns die Ausweitung der Elementarpädagogik ganz zentral, und besonders im Rahmen der Bil­dungsreform muss noch einiges in diesem Bereich passieren.

Wir werden uns auch weiterhin dafür einsetzen, dass diese Lücke geschlossen wird, denn Einsparungen oder Gelder, die nicht für Kinder ausgegeben werden, werden uns in Zukunft noch einmal teuer zu stehen kommen. Wir werden uns auch weiterhin dafür einsetzen, dass diese Lücke geschlossen wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.25


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Mag. Hauser. – Bitte.

 


19.26.01

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es wird das Kapitel Frauen und Bildung unter einem diskutiert. Wir Freiheitlichen handeln da immer: Ich habe eine Minu­te meiner Redezeit für die Frauen abgetreten. Machen Sie das nach! Bei uns geht es darum, dass wir nicht über gelebte Frauenpolitik reden, wir machen sie, wir handeln. Und das ist das Entscheidende. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Sehr geehrte Frau Minister, nun zu den Modellregionen: Schauen wir uns jetzt einmal die Praxis an, wie diese Bildungsreform wirken soll! Die Tiroler ÖVP möchte Osttirol – sprich: einen Bezirk – zur Modellregion erklären, und das mit der Konsequenz, dass es dann zukünftig kein Gymnasium mehr geben wird. Das wäre die Konsequenz.

Sie haben uns im Ausschuss mitgeteilt, dass jedes Kind auch zukünftig die Möglichkeit haben soll, ein Gymnasium zu besuchen. Das würde dann für Osttirol, wenn der ganze Bezirk als Modellregion definiert wird, bedeuten, dass das einzige Gymnasium für die 10- bis 14-Jährigen eine Neue Mittelschule wird, und all jene, die das Gymnasium be­suchen wollen, mindestens nach Spittal ausweichen müssen. Das ist unzumutbar!

Ich glaube, da muss man wirklich wesentlich nachbessern. Es kann einfach nicht sein, dass diese wichtige bildungspolitische Einrichtung für Osttirols Kinder und Schüler nicht zur Verfügung steht, zumal die Kosten pro Schüler in Gymnasien am günstigsten sind – 4 600 €, in Relation zur Neuen Mittelschule mit 7 200 € – und die Ergebnisse, der bil­dungspolitische Output der Gymnasien hervorragend ist. (Präsident Kopf gibt das Glo­ckenzeichen.)

Da würde mich schon interessieren, wer zukünftig die Entscheidung trifft. Treffen Sie, Frau Minister, die Entscheidung für das Festlegen der Modellregion? Trifft diese Ent­scheidung …

 


Präsident Karlheinz Kopf: Die Gesamtredezeit Ihres Klubs ist leider erschöpft. Ich muss Sie bitten, langsam zum Ende zu kommen.

 


Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Diese Fra­gen sind schon zu beantworten, wer zukünftig die Entscheidungen trifft, ob jetzt eine Region eine Modellregion wird und ein Schulversuch gestartet wird oder nicht. (Zwi­schenruf der Abg. Fekter.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 433

Sehr geehrte Frau Minister, bitte beantworten Sie mir diese Frage, denn bei uns im Be­zirk herrscht wirklich hellste Aufregung darüber, dass man diese wichtige bildungspoli­tische Einrichtung zukünftig nicht mehr haben wird. (Beifall bei der FPÖ.)

19.29


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


19.29.17

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Ich möchte ein Thema ansprechen, das heute von meinen Vorred­nerinnen und Vorrednern noch nicht angesprochen worden ist, das ist das Thema Leh­re mit Matura.

Eine unserer bildungspolitischen Kernaufgaben ist es ja, jungen Menschen durch Bil­dung bessere Karriere- und Jobchancen zu ermöglichen. Sowohl die duale Ausbildung als auch die Lehre mit Matura sind ein Erfolgsmodell, und Österreich genießt da euro­paweit einen hervorragenden Ruf.

Durch die Lehre mit Matura werden ja jungen Leuten neue Perspektiven eröffnet. Für mich ist wesentlich, dass im Budget dafür 16,4 Millionen € veranschlagt worden sind: 16,4 Millionen €, die mit Sicherheit sehr gut investiert sind, 16,4 Millionen €, von denen viele junge Menschen weiterhin profitieren werden. Zurzeit sind immerhin 11 400 junge Menschen in diesem System, und bereits 3 520 Lehrlinge haben seit dem Jahr 2008/
2009 die Reifeprüfung bestanden.

Man sieht, dass die Rechnung aufgeht, denn die Teilnahmezahlen steigen. Immer mehr Unternehmen ermutigen ihre Lehrlinge, die Matura zu machen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle Unternehmen, die dieses Modell unterstützen, und die auch den Lehrlingen sowohl bei der Vorbereitung als auch bei der Zeiteinteilung entge­genkommen!

Als Pädagogin bin ich von diesem Modell zutiefst überzeugt. Warum? – Weil es jungen Menschen, wie schon vorhin erwähnt, neue Perspektiven eröffnet, weil es immer mehr an Attraktivität gewinnt, weil Unternehmen und die Wirtschaft davon profitieren, indem sie leistungsstarke und talentierte junge Leute gewinnen, und weil Unternehmen in wei­terer Folge motivierte Fachkräfte für ihr Unternehmen verpflichten können.

Mit diesem Modell wurde ein weiterer Schritt für ein zeitgemäßes Bildungssystem ge­setzt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.31


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gu­senbauer-Jäger. – Bitte.

 


19.31.57

Abgeordnete Marianne Gusenbauer-Jäger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Bildung hat für uns Sozialdemokraten einen sehr hohen Stellenwert, auch als Methode zur gesellschaftlichen Emanzipation. Wir denken, dass Bildung der Grundstein ist, um sich weiterentwickeln zu können, um sich von Zwängen und Einschränkungen zu befreien.

Aktuell wird dieser hohe Stellenwert durch das bemerkenswerte Budget von 8 Mil­liarden € ausgedrückt. Danke an unsere Frau Bundesministerin für diesen Budgeter­folg! (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Gelder werden gut und sinnvoll eingesetzt. Die wichtigsten Vorhaben sind ein­deutig der Ausbau der schulischen Tagesbetreuung, wofür 160 Millionen € zur Verfü­gung stehen. Daneben ist die Umwandlung von Hauptschulen in Neue Mittelschulen ein sehr zukunftsorientiertes Projekt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 434

Weitere bildungspolitische Schwerpunkte sind die Modularisierung der Oberstufe, die Än­derung der Berufsreifeprüfung, das Nachholen von Bildungsabschlüssen und so weiter. Da gäbe es noch vieles aufzuzählen.

Nicht zu vergessen ist auch die Lehrerbildung Neu. Auch in diese Ausbildung werden Mittel investiert. Eine fundierte Ausbildung ist von höchster Bedeutung für unsere Pä­dagogInnen. Unsere Kinder haben das Recht, von qualifizierten und bestens ausgebilde­ten Pädagoginnen und Pädagogen unterrichtet zu werden.

Auch die Ergebnisse der Bildungsreform können sich sehen lassen, Herr Rosenkranz, auch wenn Sie das nicht so sehen wollen. Die Kindergärten werden als Bildungsstätten aufgewertet, die sprachliche Förderung wird gestärkt, und das Autonomiepaket, das heu­te auch schon oft angesprochen wurde, ermöglicht es, vor Ort rasch Entscheidungen zu treffen. Auch Frau Jank hat das dankenswerterweise schon erwähnt.

Der Ausbau der Modellregionen wurde heute schon besprochen, ebenso die Einrich­tung von Bildungsdirektionen. Auch hier gäbe es noch einiges aufzuzählen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die budgetäre und bildungspolitische Ent­wicklung sehr positiv ist und dass zu erwarten ist, dass alle Schülerinnen und Schüler, alle Kinder und alle Pädagoginnen und Pädagogen sehr davon profitieren werden. – Dan­ke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.34


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Knes zu Wort. – Bitte.

 


19.34.54

Abgeordneter Wolfgang Knes (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätztes Ho­hes Haus! Der Equal Pay Day hat ja bekanntlich im Oktober dieses Jahres stattgefun­den. Dabei hat sich zwar deutlich eine leichte Besserung gezeigt, aber wir sind noch weit entfernt von einer Gleichbehandlung, das heißt von gleicher Bezahlung von Frau­en und Männern in den Betrieben.

Das zeigt uns zwar, dass wir uns um einen Tag oder insgesamt um 0,1 Prozent ver­bessert haben, das zeigt uns aber auch, dass wir alle hier im Haus vehement daran ar­beiten sollten, das noch weiter zu verbessern.

Als Weltbetriebsrat eines Papierkonzerns mit weltweit über 30 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist es mir gelungen, in Abstimmung mit der Frau Ministerin ein Pilotprojekt für 2016 zu starten. Das heißt, dass wir bei Mondi auf der neuen Intranetseite dieses Thema behandeln und genau abbilden, was die Einkommensschere zwischen Damen und Herren in den Betrieben ausmacht. Das möchte nur ein Beispiel sein, wie man mit diesem Thema in Zukunft auch präventiv umgehen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden gemeinsam mit dem Ministerium, aber auch mit der Gewerkschaft PRO-GE Seite an Seite kämpfen, und in unserem Unternehmen zeigen, dass wir Genderpolitik nicht nur vorleben wollen, sondern sehr wohl auch zeigen können, wie es weitergeht. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.36


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kucharo­wits. – Bitte.

 


19.36.29

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her! Ich möchte die heutige Budgetrede nützen, um auf den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen einzugehen, und im Speziellen das Thema „Frauen auf der Flucht“ ansprechen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 435

Österreich hat dank unserer Frauenministerin und ihrer Vorkämpferinnen ein sehr gu­tes Netzwerk an Gewaltschutzeinrichtungen – ein Netz, das vielen, vielen Frauen in sehr fürchterlichen Situationen sofort zur Seite steht, ob direkt vor Ort in den Einrichtungen oder durch die Frauen-Helpline, deren Telefonnummer ich jetzt auch erwähnen möch­te: 0800 222 555.

In der momentanen Situation müssen wir zusätzlich ein spezielles Augenmerk auf ge­flüchtete Frauen richten, und die Frau Ministerin tut das. Es hat dazu ja auch bereits ein Gespräch mit ExpertInnen und NGOs gegeben. Rund ein Viertel aller Asylwerbe­rInnen in Österreich ist weiblich. Diese Frauen, die aus Kriegsgebieten kommen, haben einen sehr langen und sehr beschwerlichen Weg hinter sich und sind oft sehr, sehr traumatisiert durch die Erfahrungen in ihrer Heimat, durch die fürchterlichen Erlebnisse auf der Flucht – Vergewaltigungen, Verschleppungen und vieles, vieles mehr, was für die meisten von uns einfach unvorstellbar ist.

Wir müssen allen Schutz bieten und jegliche Betreuung zur Verfügung stellen, damit al­le Frauen die Chance bekommen, diese schrecklichen Erlebnisse auch wirklich über­winden zu können. Das bedeutet klarerweise zum einen die Bereitstellung psychologi­scher Betreuung, aber zum anderen auch die klare Einhaltung der Istanbul-Konvention in allen Unterbringungen. Auch da ist die Frau Innenministerin sehr gefordert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle haben die Pflicht, den Frauen zu helfen, vor Ge­walt zu fliehen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.38


Präsident Karlheinz Kopf: Als vorläufig Letzter für den heutigen Tag ist Herr Abge­ordneter Preiner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.38.34

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Ministerin! Kol­leginnen und Kollegen! Das wertvollste Gut des Menschen ist zweifelsohne seine Ge­sundheit, gefolgt von dem Wunsch nach einem passenden Arbeitsplatz. Die Grundlage für Letzteren liefert die Bildung. Diesem Gedanken wurde auch im Budget 2016 Rech­nung getragen. Der Bildungsetat schlägt mit 8,1 Milliarden € zu Buche.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nun als Pädagoge einige Aspekte im Budget 2016 für den Bereich Bildung ansprechen, Aspekte, die mir persönlich sehr wichtig sind. Zum einen den weiteren Ausbau der schulischen Ganztagsbetreuung – da­für stehen bis zum Jahr 2018 pro Jahr 160 Millionen € zur Verfügung –, des Weiteren die flächendeckende Umsetzung der Neuen Mittelschule, dadurch werden zirka 4 000 zu­sätzliche Arbeitsplätze im PädagogInnenbereich geschaffen.

Besonders wichtig ist mir auch das Nachholen des Pflichtschulabschlusses, wofür 25 Mil­lionen € für 2016 zur Verfügung stehen, und letzten Endes auch das Projekt Lehre mit Matura – es wurde heute bereits angesprochen – mit einem Etat von 16,5 Millionen €.

Kolleginnen und Kollegen, diese Inhalte sind für die Bildungspolitik 2016 nachhaltig und richtungsweisend.

Ich möchte auch alle KollegInnen über Parteigrenzen hinweg einladen, sich konstruktiv an der Bildungsreformdiskussion 2015 zu beteiligen, weil sie zukunftsweisend ist. Bes­sere Bildung bedeutet mehr Chancen für unsere Jugend, auch am Arbeitsplatz.

Daher nochmals der Appell an Sie: Bringen Sie sich in die Diskussion zur Bildungsre­form 2015 konstruktiv und nachhaltig ein!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen und allen Fernsehzusehern zu Hause noch einen schönen Abend. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.40

19.40.30

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 436

Präsident Karlheinz Kopf: Das wollte ich auch gleich tun.

Zur Untergliederung Bildung und Frauen liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Somit ist dieser Themenbereich abgeschlossen.

*****

Ich unterbreche nun die Sitzung bis Donnerstag, 26. November 2015, 9 Uhr. Dann wer­den die Verhandlungen mit den Beratungen der Untergliederung 31: Wissenschaft und Forschung fortgesetzt.

Ich wünsche einen schönen Abend und eine gute Nacht!

Die Sitzung ist bis morgen unterbrochen.

*****

(Die Sitzung wird am Mittwoch, den 25. November 2015, um 19.41 Uhr unterbrochen und am Donnerstag, den 26. November 2015, um 9.05 Uhr fortgesetzt.)

*****


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 437

09.05.34Fortsetzung der Sitzung:
Donnerstag, 26. November 2015, 9.05 Uhr

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wünsche Ih­nen einen schönen guten Morgen und nehme die unterbrochene 104. Sitzung des Na­tionalrates zu den Budgetberatungen wieder auf.

Für den heutigen Sitzungstag sind folgende Abgeordnete als verhindert gemeldet: Mag. Greiner, Muchitsch, Ing. Hackl, Zanger, Mag. Brunner und Mag. Musiol.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Doris Bures: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz wird durch den Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter vertreten.

*****

Wir setzen mit den Budgetberatungen fort.

Ich gebe bekannt, dass die heutige Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr und von ORF III in vol­ler Länge live übertragen wird.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Doris Bures: Für den heutigen Sitzungstag wurde eine Tagesblockrede­zeit von 8 „Wiener Stunden“ beschlossen, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 108, FPÖ 100, Grüne 84 sowie NEOS und Team Stronach je 44 Mi-nuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit von jenen Abgeordne­ten, die keinem Klub angehören, im Rahmen dieses Beschlusses am heutigen Sit­zungstag 22 Minuten. Darüber hinaus wurde die Redezeit von Abgeordneten, die kei­nem Klub angehören, auf 5 Minuten je Debatte eingeschränkt.

*****

Die Gliederung der heutigen Beratungen ist Ihnen allen bekannt.

09.07.20UG 31: Wissenschaft und Forschung

 


Präsidentin Doris Bures: Wir beginnen mit den Beratungen zu der Untergliederung 31: Wissenschaft und Forschung.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Vizekanzler Dr. Mitterlehner.

Als Erster zu Wort gemeldet zu diesem Kapitel ist Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


9.07.39

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Guten Morgen, Frau Präsident! Gu­ten Morgen, Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wissenschaft – am letz-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 438

ten Tag! Herr Minister, für den Wohlstand einer Gesellschaft, für den Zivilisationsgrad sind immer auch der Entwicklungsstand und der Stellenwert von Forschung, Universi­täten und Technik verantwortlich, die Wertigkeit dieser drei Disziplinen in der Gesell­schaft.

Gerne vergleichen wir uns mit Schweden. In Schweden – das ist ein Negativbeispiel – hat der Stellenwert von Wissenschaft und Forschung im Verhältnis zum Bruttosozial­produkt nachgelassen. Eine UNO-Studie prophezeit Schweden, im Jahr 2030 ein Ent­wicklungsland zu sein. Und ich fürchte, dass in Österreich die Entwicklung, wenn wir so weitermachen, auch dahin gehen könnte.

In Sonntagsreden wird immer wieder betont, wie wichtig Forschung, wie wichtig die Zu­kunft, wie wichtig die Universitäten für unsere junge Generation sind. Sie in der Bun­desregierung haben sich ein ehrgeiziges Ziel gesteckt, Sie haben vorgegeben, 2 Pro­zent des BIP für die Forschung ausgeben zu wollen. Das bedeutet ein 2-Prozent-Ziel für das Jahr 2020, und bei den jetzigen 300 Milliarden des Budgets wären das 6 Milliar­den. Wir haben aber nur in etwa 4,2 Milliarden zur Verfügung. Dieses selbst gesteckte ehrgeizige Ziel wird also um rund ein Drittel verfehlt.

In anderen Zahlen ausgedrückt: 2011 bis 2016 hatten wir im Bereich der Wissenschaf­ten ein durchschnittliches Budgetwachstum von 3,3 Prozent. Beim Wissenschafts- und Forschungsbudget 2016 bis 2019 sind nur mehr rund 0,7 Prozent des BIP vorgesehen, nein, nicht vorgesehen, sondern an Steigerungsraten vorgesehen. Wir werden dieses Ziel also bei Weitem nicht erreichen.

Wenn 2 Milliarden fehlen in einem Bereich, der jetzt die öffentlichen Unis, die Privatuni­versitäten, aber auch die Fachhochschulen umfasst, müssen wir uns schon fragen, wo das Auswirkungen haben wird.

Wenn wir uns den Fachhochschulbereich anschauen, dann müssen wir sagen, das ist der positivste Bereich, eine echte Erfolgsgeschichte in den letzten Jahren. Die Fach­hochschulen haben sich von einer ergänzenden Maßnahme zu den vollwertigen Unis zu einer richtigen Konkurrenz für die Universitäten entwickelt. Allerdings muss man sa­gen, die angestrebten 50 000 Plätze haben wir noch nicht erreicht, und auch diese Zahl von Studienplätzen ist uns noch zu gering, auch da muss noch etwas getan werden.

Was den Bereich der privaten Universitäten betrifft, möchte ich nur so viel sagen, dass unterschieden werden muss zwischen richtigen privaten Universitäten und jenen, die auch Landessubventionen bekommen – Bundessubventionen können sie ja keine be­kommen, aber Landessubventionen können sie bekommen –, diese laufen dann aber trotzdem unter private Universitäten. Aber die richtigen privaten Universitäten sind in die­sem Land mittlerweile auch eine Erfolgsgeschichte, und ich hoffe, sie können weiter in einem prosperierenden Umfeld ohne zu viele Querschüsse arbeiten. Sie entwickeln be­reits eine doch deutliche Exzellenz bei den ersten Abschlüssen, die in Österreich momen­tan gemacht werden.

Die staatlichen Universitäten sind das Stiefkind und Problemkind in der Entwicklungs­geschichte der österreichischen Forschung und Lehre. Angesichts dessen, dass wir ein Budget von 2,7 Milliarden €, insgesamt 3,2 Milliarden € in diesem Bereich haben, kön­nen wir sagen, dass doch erkleckliches Geld vorhanden ist. Allerdings wissen wir, wo die Schwachstellen liegen. Wir haben heute vor allem an den Universitäten – nehmen wir als Beispiel die Universität Wien her! –, im Bereich des Mittelbaus, der mehr oder we­niger der Systemerhalter ist oder das Stammpersonal darstellt, eklatante Probleme, weil die Kollegen, die in diesem Segment arbeiten, eine fehlende Entwicklungschance in der Zukunft sehen. Sie haben aufgrund des fehlenden Karriereweges nur die Möglichkeit, maximal drei bis sechs Jahre zu bleiben. Das schadet der Kontinuität in der Forschung und Lehre, und das ist deshalb so, weil die Professoren, die dafür zuständig sind, nicht


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die notwendigen Fixstellen schaffen aus lauter Furcht, dass die Leistungsvereinbarung, die alle drei Jahre neu verhandelt wird, beim nächsten Mal nicht ausreichen wird.

Herr Minister, wir haben aber auch ein Potenzial an finanziellen Mitteln, das wir schlicht und einfach liegen lassen und nicht einfordern.

Ich möchte sagen, bei etwas können Sie vielleicht etwas dafür, vielleicht auch nicht, das ist der klinische Mehraufwand, der derzeit mit 200 Millionen € zu Buche schlägt. Da hätte sich vielleicht der Vizekanzler in den Regierungsverhandlungen mehr durchset­zen müssen. Das sind 200 Millionen € für etwas, was eigentlich das Gesundheits- oder das Sozialministerium zu schultern hätte. Die Arbeitszeitgesetze sind einzuhalten, wie wir wissen, auch im öffentlichen Bereich der Spitäler und auch in den Kliniken. Da ist vonseiten des Sozialministers lange geschlafen worden.

Wir haben eine sehr hohe Drop-out-Quote von rund 50 Prozent, zumindest gemäß ei­ner Studie in den letzten fünf Jahren. Jeder Zweite hört nach dieser Studie angeblich auf. Eine Drop-out-Quote von durchschnittlich 50 Prozent mit einer Belastung von 200 Mil­lionen € ist eine erkleckliche Summe.

Aber der größte Brocken scheinen mir die Außenstände zu sein, die durch die auslän­dischen Studierenden hier zu Buche schlagen, das sind in etwa 600 Millionen €. Wir sind laut einer Studie das Land mit dem drittgrößten Ausländeranteil aller Staaten, die hier untersucht worden sind. Das kann einen freuen, das gibt uns ja auch eine gewisse Internationalität. Wenn das Geld dafür allerdings fehlt, dann frage ich mich schon, wel­chen Sinn diese Zahlen hier machen.

Herr Minister, Sie sollten sich schon ein bisschen auf die Füße stellen, das fordere ich zum Schluss jetzt noch von Ihnen, anstatt zu sagen, wir haben Verträge einzuhalten. Ja, das weiß ich auch, dass wir Verträge abgeschlossen haben. In Zeiten wie diesen zeigt uns aber Großbritannien vor, gerade im Bereich der Europäischen Union, wie man Geld zurückbekommen kann. 600 Millionen liegen im Pot, 600 Millionen sind ab­zuholen. Ich fordere Sie auf, Herr Minister, tun Sie etwas für die Zukunft unserer Stu­dierenden! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

9.14


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Töch­terle. – Bitte.

 


9.14.27

Abgeordneter Dr. Karlheinz Töchterle (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Ho­hes Haus! Es ist ein Glück für die Wissenschaft, dass inzwischen alle Welt erkennt, dass ihre Förderung auch ökonomisch nützlich ist. Dadurch werden Appelle, sie höher zu fi­nanzieren, meistens mit diesem Wohlstands- und ökonomischen Argument verbunden, dagegen habe ich auch nichts. Man sollte aber schon daran erinnern, dass die Pflege der Wissenschaften eine Fülle anderer Vorteile und Stärken für die sie pflegenden Län­der bringt. Die Geisteswissenschaften, die Rechtswissenschaften, die Theologie, die Kul­turwissenschaften, die Philosophie, die Ethik: All diese Disziplinen tragen wesentlich zu den heute viel beschworenen europäischen Werten bei. Sie sind das Fundament der Auf­klärung, und sie sind auch deswegen wichtig und zu finanzieren und eine wichtige Auf­gabe des Staates. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) – Danke.

Dieser Aufgabe kommt Österreich in ausreichendem Maße nach. (Zwischenruf der Abg. Moser.) Natürlich – ich weiß es auch als Universitätsangehöriger – ist es immer zu we­nig, könnte es immer mehr sein, und so sind auch die entsprechenden Klagen zu inter­pretieren. Fest steht allerdings, dass wir in allen wesentlichen Bereichen entgegen sons­tiger Sparnotwendigkeiten und Sparkurse seit Jahren Steigerungen aufweisen können, und zwar Steigerungen, die deutlich über den Inflationsraten liegen. Konkret bekommen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 440

die Universitäten für diese Leistungsvereinbarungsperiode 2016 bis 2018 615 Millio­nen € mehr, im Budget des nächsten Jahres, das heute zur Debatte steht, um 189 Mil­lionen € mehr.

Die European University Association hat uns in ihrem letzten Bericht bestätigt, dass die aus staatlichen Quellen gespeisten Budgets der Universitäten seit 2008 um 18 Prozent gestiegen sind, womit wir im europäischen Durchschnitt deutlich auf der positiven Seite sind.

Die Studierendenzahlen sind etwas stärker gestiegen, das ist richtig, allerdings flachen sie jetzt ab – genereller Trend –, und dadurch wird auch das frische Geld, das an die Uni­versitäten kommt, noch besser wirksam werden.

Ähnliches können wir von den Fachhochschulen sagen. Da habe ich zu meiner Zeit be­gonnen, den Ausbau wieder zu forcieren. Das wird weitergeführt. Da haben wir inzwi­schen auch eine Steigerung der Fördersätze im Budget, die wichtig ist, aber auch die Zahl der Studienplätze wird weiter ausgebaut, konkret sind 200 neue Plätze für 2017/18 derzeit in Ausschreibung.

Das Gleiche gilt für die Forschungseinrichtungen, die ins Wissenschaftsressort gehö­ren. Der FWF hat erstens eine solide jährliche Budgetierung. Früher mussten wir ihn immer aus irgendwelchen anderen Quellen speisen. Er erfährt in der Periode 2016 bis 2018 gegenüber jener von 2013 bis 2015 eine Steigerung von 12,5 Prozent. Auch da gibt es Klagen, auch da müssen manche Programme reduziert werden, und zwar ein­fach deswegen, weil die Zahl der Ansuchen und auch ihre Qualität schneller steigen, als die Finanzierungsmöglichkeiten steigen können. Das heißt, auch da dürfen wir in un­seren Anstrengungen keinesfalls nachlassen.

Ähnliches gilt für die Österreichische Akademie der Wissenschaften. Sie bekommt eine kräftige Steigerung um 17 Prozent für die Leistungsvereinbarung von 2015 bis 2017 ge­genüber der letzten. Also kann man generell sagen: Die Mittel steigen, und die Mittel werden auch sehr gezielt eingesetzt. Dazu dienen auch die Hochschulraum-Struktur­mittel, die in meiner Zeit eingeführt wurden und die für gezielte Programme und Vorha­ben verwendet werden und damit eine schöne und wichtige Steuerungs- und Schwer­punktsetzungsmöglichkeit sind, zum Beispiel für die Pädagog/innenbildung NEU, die na­türlich ein ganz wichtiges Projekt ist, wo jeder weiß und jeder betont, wie wichtig gut aus­gebildete Lehrer für die Zukunft unserer Bildung sind.

Zusammenfassend: Ja, es könnte mehr sein, aber es ist entgegen dem Trend des all­gemeinen Sparens ein deutliches Plus da, und zwar in allen Bereichen. Und damit, glau­be ich, können unsere wissenschaftlichen Einrichtungen weiterhin erfolgreich arbeiten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Abg. Gamon.)

9.19


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maurer. – Bitte.

 


9.19.31

Abgeordnete Sigrid Maurer (Grüne): Guten Morgen, sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen! Herr Mit­terlehner, ich sehe es als Aufgabe der Opposition an, eine Leistungs- und Performance­kontrolle Ihrer Arbeit zu machen. Und diese ist natürlich auch jetzt wieder anzusetzen, wo wir über das Budget sprechen.

Wir Grünen hatten ja von Anfang an den Verdacht, dass mit der Zusammenlegung von zwei Ressorts, und zwar des Wirtschaftsministeriums mit dem Wissenschaftsministeri­um, die Wissenschaft stark ins Hintertreffen geraten wird. Sie selbst haben damals ge­sagt, dass die Symbolik schlecht ist, es so zu machen. Sie haben damals auch gesagt, dass Sie nicht darum gebeten haben, dieses Ressort zu übernehmen, und Sie haben


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dann auch der Symbolik wegen das erste „W“ in dem Titel des Ressorts der Wissen­schaft gewidmet – ein Feigenblatt, das zeigen soll, dass Sie ja doch irgendetwas tun. Al­lerdings ist das, ja, eben ein Feigenblatt, und dabei ist es leider geblieben.

Ein weiteres Symbol dafür, wie unbedeutend die Wissenschaft in Ihrem Ressort ist, ist die Homepage des BMWFW. Wenn man diese aufruft und im Ministerium anrufen möch­te, dann gibt es da die Seite Kontakt. Da ist einmal auf einer Landkarte eingezeichnet, wo das Wirtschaftsministerium ist, und dann steht dort die Vermittlung. Wenn man dort anruft, landet man bei der Vermittlung im Wirtschaftsverwaltungsbereich, und wenn man dann sagt, man würde gerne mit Menschen aus dem Wissenschaftsministerium reden, wird man dort angepflaumt (Zwischenruf des Abg. Schönegger – Abg. Wöginger: Was hat das mit dem Budget zu tun?), dass man bei der Vermittlung anruft und nicht bei der Vermittlung des Wissenschaftsministeriums. Die Nummer der Vermittlung des Wissen­schaftsverwaltungsbereichs des Ministeriums steht aber nicht einmal … (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Schönegger: „Angepflaumt“ wird niemand!) – Lassen Sie mich ein­mal ausreden, werte Kollegen!

Die Vermittlung für den Verwaltungsbereich Wissenschaft ist auf Ihrer Homepage, Herr Bundesminister, nicht einmal zu finden. Das ist ein weiteres Symbol dafür, welchen Stel­lenwert Wissenschaft in Ihrem Ressort hat. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neubauer: Schmeißen Sie lieber Flugzettel von der Galerie!)

Leistungs- und Performancekontrolle … (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Sie fragen: Was ist mit dem Budget? – Das kommt noch. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ganz ruhig! Es kommt.

Herr Bundesminister! Ich habe eine Leistungs- und Performancekontrolle gemacht, als die 100 Tage Wissenschaftsminister erreicht waren. Ich habe dasselbe gemacht, als Sie Vizekanzler geworden sind. Und ich habe auch heute wieder einmal nachgeschaut, und ich muss sagen: Bis zum heutigen Tag, nach mehr als zwei Jahren, nachdem Sie Mi­nister geworden sind, gibt es nach wie vor kein einziges Interview, in welchem Sie eine wissenschaftspolitische, eine forschungspolitische Vision darlegen würden, wo Sie dar­legen würden, was Ihre Perspektive für diese Legislaturperiode ist.

Wir sind jetzt schon am Ende des zweiten Jahres Ihrer Zuständigkeit für die Wissen­schaft und Forschung, Herr Minister, und es gibt immer noch nichts von Ihnen in diese Richtung. Es gibt ein paar findige Journalistinnen und Journalisten, die sehr wohl wis­sen, dass Sie auch Wissenschaft in Ihrem Portfolio haben, die dann ab und zu eine Fra­ge stellen zu Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen (Abg. Neubauer: … Jour­nalist!), aber ansonsten gibt es gar nichts von Ihnen in diesem Bereich. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Jetzt möchte ich auf das Budget zu sprechen kommen. – Herr Minister, Sie haben ja bei der Sicherstellung der Finanzen für die Universitäten versagt. Sie haben ursprüng­lich 1,6 Milliarden € gefordert, die bereits zitierten 615 Millionen € sind es geworden. Das entspricht dem Ausgleich der Inflation und der Bezugsanpassungen. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Wenn man sich das aber genauer anschaut, sieht man, dass es viel weniger ist, denn in den kommenden drei Jahren erweitert sich das Portfolio der Uni­versitäten, das sie übernehmen müssen, stark, weil in anderen Bereichen gekürzt wird und weil aus dem Universitätsbudget Dinge gezahlt werden müssen, die dort eigentlich gar nichts verloren haben.

Das betrifft die ÄrztInnengehälter. Die ÄrztInnengehälter – wir wissen, aufgrund der Ar­beitszeitregelung gibt es da Gehaltssteigerungen, die bezahlt werden müssen – kom­men aus der Ministerreserve. Das ist ein Teil des Universitätsbudgets. Herr Minister, Sie haben gesagt, die anderen Universitäten werden nicht darunter leiden, dass die Ärz­tInnen mehr Geld bekommen werden. Jetzt ist es natürlich so, es wird aus der Minis­terreserve gezahlt – Geld, das den anderen Universitäten fehlt.


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Dem FWF wurden die Overheads gestrichen. Es ist ein ganz wichtiger Budgetteil, Over­headkosten für Grundlagenforschungsprojekte zu übernehmen. Das ist früher vom FWF an die Universitäten ausgezahlt worden, jetzt müssen diesen Teil des Budgets die Uni­versitäten selber bestreiten. Doktoratskollegs werden abgeschafft, die auslaufenden wer­den auch über die Hochschulraum-Strukturmittel finanziert.

Zu meinem Erstaunen hat mir die Ministerin Heinisch-Hosek auf meine Frage im Bud­getausschuss, wie das mit der PädagogInnenbildung Neu ist, mitgeteilt, dass deshalb keine Mittel in der UG 30 dafür vorgesehen sind, also im Bildungsbudget, weil das ja auch über die Hochschulraum-Strukturmittel abgewickelt wird. Also wir stehen vor der paradoxen Situation, dass natürlich noch nie so viel Geld für Universitäten wie jetzt zur Verfügung stand – es ist der höchste Betrag, den wir je hatten –, aber Sie müssen gleichzeitig noch viel stärker sparen als je zuvor, weil Ihnen so viele zusätzliche Bürden auferlegt werden. Also, Herr Minister, das ist ein absolutes Versagen.

Ich möchte noch ein bisschen ins Detail gehen: Wir haben im Budgetausschuss über das Wissenschaftsbudget diskutiert, schon damals beim Doppelbudget 2014/2015, und wir haben uns ja bei der Einführung des Bundeshaushaltsgesetzes vorgenommen, dass Wirkungssteuerung passieren muss. Das bedeutet, Sie setzen Ziele, die Sie erreichen wollen, an denen man Sie messen kann.

Vor zwei Jahren, als wir das Doppelbudget diskutiert haben, haben Sie mir zugestan­den: Ja, das mit den Wirkungszielen, das haben wir nicht so ernst genommen! Da ge­be es ein paar Fehler et cetera – weil die Ziele einfach völlig unambitioniert sind, teil­weise nicht nachvollziehbar sind, teilweise für die nächsten fünf Jahre weitergeschrie­ben werden, und so weiter. Das war beim Doppelbudget 2014/2015. Und jetzt beim Budget 2016 haben wir wieder die absolut selbe Diskussion, und Sie sagten mir im Budgetausschuss wieder: Ja, wir wissen, das ist ein bisschen suboptimal, da müssen wir irgendwie nachbessern!

Herr Mitterlehner, ich muss Ihnen ehrlich sagen: Als Abgeordnete kommt man sich da ein bisschen verarscht vor. Sie hätten genügend Zeit gehabt, das in den letzten Jahren auszubessern und tatsächlich daran zu arbeiten. Man sieht an diesen Zielen, dass Ih­nen die Wissenschaft wirklich scheißegal ist. (He-Rufe bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und NEOS.) Sie kümmern sich überhaupt …

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Maurer, ich erteile Ihnen dafür einen Ord­nungsruf. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

*****

 


9.25.10

Abgeordnete Sigrid Maurer (fortsetzend): Den nehme ich entgegen. (Abg. Wöginger: Zuerst die ganze Zeit über Telefonleitungen reden und dann …!)

Zur Leistungs- und Performancekontrolle, die ich am Anfang angesprochen habe: Herr Mi­nister, es ist absolut „Nicht genügend“! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Keck. – Rufe bei der ÖVP: Ihre Rede! Niveaulos! – Abg. Lopatka: Peinlich!)

9.26


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


9.26.43

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Im Ge­gensatz zu meiner Vorrednerin meine ich, dass man den Stellenwert der Hochschulen,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 443

der Wissenschaftspolitik nicht an Telefonverbindungen messen sollte (Beifall bei Abge­ordneten der SPÖ sowie bei der ÖVP – Ruf: Ja genau!), sondern an der budgetären Ausstattung der Hochschulen. Ich denke, dass die Hochschulen selber das auch so se­hen und bewerten.

Die Ausstattung wiederum, die Schritte, die gesetzt werden, muss man auch unter den vorhandenen Rahmenbedingungen einer budgetär sehr schwierigen Situation sehen. Da muss man schon festhalten, dass im Gegensatz zu anderen Bereichen, die uns auch wichtig sind, der Bereich der Wissenschaft, der Bereich der Hochschulen in den letzten Jahren mit zusätzlichen Budgetmitteln ausgestattet worden ist, was wir als sehr wichti­gen und richtigen Schritt empfinden.

So bekommen in dem Budget, das wir heute diskutieren, auch die Hochschulen zu­sätzliche Mittel, knappe 190 für das kommende Jahr, für die kommende Leistungspe­riode gibt es ein Plus von über 600 Millionen €. Das ist ein wichtiger Schritt, wo viele Maßnahmen gesetzt werden können und sollen. Ich möchte eine hervorheben, auf die wir sehr setzen, die uns sehr wichtig ist, nämlich dass auch aus den zusätzlichen Mit­teln zusätzliche Professorenstellen geschaffen werden können, um so die Betreuungs­verhältnisse an den Universitäten und damit die Situation für die Lehrenden und die Stu­dierenden zu verbessern. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein wichtiger Schritt ist – das wurde auch schon erwähnt – die bessere Ausstattung der Fachhochschulen, die ein wichtiger zusätzlicher Bereich im tertiären Sektor geworden sind, und zwar deshalb, weil in den Fachhochschulen sehr stark und viel mehr berufs­begleitende Angebote gemacht werden, die Ausbildung sehr berufsnahe ist, die Leute gute Berufschancen haben und auch die regionale Zugänglichkeit sehr gut ist. Daher ist es ein wichtiger Schritt, dass die Fördersätze in den Fachhochschulen angehoben wer­den und dass wir da auch zusätzliche Studienplätze schaffen können.

Der dritte Punkt – und hier müssen wir einen Wermutstropfen aus unserer Sicht anfüh­ren – ist der Bereich der Studienförderung. Da haben wir kleine Schritte setzen können, schon gemeinsam in dieser Legislaturperiode. Trotzdem muss man feststellen, dass der Ansatz nicht wirklich ausgeweitet werden konnte, was aber dringend notwendig wäre, denn die letzte Anpassung der Studienförderung hat im Jahr 2007 stattgefunden. Da hat der Herr Bundesminister auch im Budgetausschuss signalisiert, dass er findet, dass das schon sehr lange her ist. Daher hoffe ich, dass wir in den nächsten Jahren hier ge­meinsame Anstrengungen beziehungsweise die entsprechenden Schritte setzen kön­nen, um die soziale Situation der Studierenden zu verbessern. (Beifall bei der SPÖ so­wie bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.29


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

 


9.30.10

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Es gibt ja schon Bereiche, die akut schlechter da­stehen als Wissenschaft und Forschung. Wenn man einen groben Blick darauf wirft, muss man schon sagen, dass das Budget wirklich stabil geblieben ist, dass es einen Anstieg gegeben hat, der aber 2016 verflachen wird. Das bedeutet, dass wir dieses 2-Pro­zent-Ziel, also 2 Prozent des BIPs für tertiäre Bildung, nicht erreichen werden. Es ist schon klar, dass die Aufgabe, dass wir da hinkommen, immer noch besteht, und daran müssen Sie, Herr Minister, arbeiten. Und ich bin auch fest davon überzeugt, dass Sie da­ran arbeiten werden, das noch zu erreichen.

Ich finde, dass man auch loben kann – das muss ich auch ganz ehrlich sagen, weil wir NEOS auch gesagt haben, dass wir wertschätzend bleiben wollen –, dass es, auch wenn


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in vielen anderen Bereichen eingespart werden muss – außer bei den Pensionen, aber das haben wir ja schon gestern diskutiert –, gut ist, dass es ein Bekenntnis dazu gibt, dass man in der Wissenschaft nicht einsparen sollte. Es ist ein wichtiger Bereich, der hilft ja auch anderen Gesellschaftsbereichen, hilft dem Wirtschaftsstandort, und dafür sind Sie, wie wir wissen, auch zuständig.

Aber ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um über die Zusammensetzung des Bud­gets zu sprechen, zum Beispiel im Forschungsbereich, da Österreich im Forschungs­bereich doch überdurchschnittlich viel öffentliche Mittel in die Hand nimmt. Die Innova­tion Leader in Europa haben einen weitaus größeren Anteil an privater Finanzierung. Österreich ist jetzt nur noch als Innovation Follower genannt, und ich glaube schon, dass es auch daran liegt. Wir setzen einfach zu wenig Maßnahmen, um das zu ändern. Das Gemeinnützigkeitspaket, das jetzt kommen soll, wird das nicht ändern. Das Pro­blem der Unmittelbarkeit ist dadurch immer noch nicht gelöst, da ja sehr viele Orga­nisationen ausgenommen sind.

Da wäre es schon gut, wenn man hier als Zeichen von Mut und Offenheit ein bisschen breiter reinginge und es öffentlichen Finanziers wirklich auch ermöglichte, Geld in die Hand zu nehmen, um es in die Wissenschaft und Forschung zu stecken. Sie haben ja im Ausschuss gesagt, dass Sie erwarten, dass 120 Millionen € mit diesem Gemeinnüt­zigkeitspaket für Wissenschaft und Forschung kommen sollen. Ich glaube, das ist völlig unrealistisch. Das wird so nie zustande kommen.

Wir haben ja in Österreich Drittmittel, aber diese Drittmittel sind wieder staatliche Mittel, die aus einem anderen, wenn auch kompetitiven Topf, ausgezahlt werden. Ich glaube, es braucht hier wirklich ein Bekenntnis auch zu privater Finanzierung in der Forschung. Es muss nicht alles der Staat regeln, weil dass, wie wir wissen, vielerorts nicht so gut funktioniert. Mehr privat, weniger Staat: Das würde auch im Forschungsbereich sicher nicht schlecht sein. (Beifall bei den NEOS.)

Zu den Universitäten selbst: Die Steigerung der Hochschulraum-Strukturmittel können wir nur begrüßen, allerdings fehlt das Geld dann beim FWF. Das ist eben bei kompeti­tiv vergebenen Mitteln ein falsches Signal. Auch wenn es mehr private Mittel gibt, sollte man aber trotzdem auf der anderen Seite bei den staatlichen Mitteln nicht einsparen.

Dazu möchte ich gerne folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend nachhaltige Budgetierung des FWF

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft wird aufgefordert, dafür zu sorgen, die Budgetierung des Wissen­schaftsfonds (FWF) zukünftig so zu gestalten, dass die Bewilligungsquoten nicht unter 15% fallen.“

*****

Ich halte das für ganz essenziell, eben auch deshalb, um das Bekenntnis zu Wissen­schaft und Forschung zu stärken, und auch deswegen, um zu zeigen, dass wir mehr in die Richtung kompetitiv vergebener Mittel gehen wollen und da nicht eingespart wer­den sollte.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 445

Abschließend: Für den Hochschulraum und das Geld, das ihm fehlt: Mehr Mut zu pri­vat! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

9.33


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU) und Kollegen betreffend Nachhaltige Bud­getierung des FWF

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) – TOP 6 – UG 31

Der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) nimmt eine zentra­le Rolle in der Förderung von Grundlagenforschung und bei der kompetitiven Vergabe von Projektmitteln in Österreich ein. 2014 wurden 211,4 Mio. € vergeben bzw. 691 Pro­jekten bewilligt. 3.973 Forschende wurden vom FWF finanziert.

Mit der heuer beschlossenen Novellierung des Forschungs- und Technologieförde­rungsgesetz (Wissenschaftsfonds-Novelle 2015) erfährt der FWF eine organisatorische Restrukturierung und damit klarere Aufgabenverteilungen zwischen den Organen, Än­derungen in der Zusammensetzung des Präsidiums und eine Stärkung der Delegier­tenversammlung sowie den Ausbau der Aufgaben des Aufsichtsrats und eine Opti­mierung der Geschäftsführungsregelungen. Zudem erhält der FWF ein neu zusammen­gestelltes Präsidium.

Neben diesen begrüßenswerten Anpassungen darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Anzahl der Antragsteller_innen beständig im Steigen begriffen ist. Bei einer Analyse der Altersstruktur der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in FWF-geförderten Projekten 2014 war der stärkste Altersblock im Bereich der 27- bis 31-Jährigen. Das zeigt, dass es hier tatsächlich um den wissenschaftlichen Nachwuchs geht, der dringend mehr Aufmerk­samkeit verdient.

Der Wissenschaftsfonds ist durch stagnierende Budgets und hohe Nachfrage erst-mals seit Jahrzehnten mit sinkende Bewilligungssummen konfrontiert und befürchtet, dass bis 2020 die Bewilligungsquoten auf unter 15 % fallen könnten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft wird aufgefordert, dafür zu sorgen, die Budgetierung des Wis­senschaftsfonds (FWF) zukünftig so zu gestalten, dass die Bewilligungsquoten nicht un­ter 15% fallen."

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet hat sich als Nächster Herr Bundesmi­nister Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 446

9.34.01

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Rein­hold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, es könnte mehr sein – das gilt wahrscheinlich für jeden budgetären Ansatz und für jede Gruppe. Ja, es könnte aber auch wesentlich weniger sein, wenn ich mir die Rahmen­bedingungen anschaue, die andere Minister haben, wenn ich mir unter anderem die Staatsverschuldung anschaue und wenn ich mir auch die Wirtschaftsentwicklung an­schaue.

Deswegen sind wir, genau an diesen Rahmenbedingungen gemessen, eigentlich in ei­ner sehr guten Situation – ich sage in einer relativ sehr guten Situation –, was den Wis­senschaftsbereich anbelangt, denn wir haben dort, was die Budgetansätze anbelangt, eine Steigerung um 3,8 Prozent. Das ist eine Steigerung, gerade was die Universitäten anbelangt und den Bereich der Leistungsvereinbarung, die sogar noch über diesen Fak­tor hinausgeht, weil wir ja da Abbildungen haben, die über die Jahre 2016 bis 2017 und 2018 gehen.

Wir haben auch – die meisten wissen es ja, aber nicht alle, wie der universitäre Bereich gestaltet ist – eine klare Autonomie der Universitäten seit 2002, und die Steuerungsfak­toren, wo eben der Staat eingreift, sind einerseits die Finanzierung der gesamten Akti­vitäten, sieht man von den Drittmitteln ab, und auf der anderen Seite die Rahmenbe­dingungen. Die universitären Rahmenbedingungen, gerade was beispielsweise Karrie­remodelle anbelangt, aber auch das Managementsystem im Bereich der Universitäten haben wir mit der letzten Novelle des Universitätsgesetzes schon eindeutig verbessert, würde ich sagen. Sie haben da ja mitgewirkt. Das wird insbesondere auf die Qualität im Universitätsbereich, die Relation zwischen den zu Betreuenden und den Betreuern posi­tiv wirken.

Ich darf ganz kurz einmal darstellen – Kollege Töchterle hat es angesprochen –, was die einzelnen universitären Bereiche und die Forschung anbelangt, wie sich das struk­turiert. Es ist schon angesprochen worden, dass die Universitäten eben eine dreijähri­ge Vereinbarung haben, was die Leistungen und die Leistungsvereinbarung anbelangt. Wir haben im Budget eine Steigerung im Jahr 2016 um 6 Prozent, das sind 189 Mil­lionen €. Wir haben für die gesamte Leistungsperiode 615 Millionen € frisches Geld zur Verfügung.

Die Verhandlungen, die wir mit den 22 Universitäten, inklusive der Universität Krems, führen, konnten schon mit 21 Universitäten abgeschlossen werden. Wir haben das nur mit der Medizinuniversität Wien aus strukturellen Gründen noch nicht tun können. Aber im Endeffekt beweist alleine die Tatsache, dass wir diese Verhandlungen schon mit
21 Universitäten abgeschlossen haben, dass wir eine sehr solide Angebotslinie gelegt ha­ben, die auf der anderen Seite auch akzeptiert wird. Damit erreichen wir die Sicherstel­lung des Lehr- und Forschungsbetriebs der Universitäten, aber natürlich auch die Si­cherstellung der österreichischen Gesundheitsversorgung, was die Medizinuniversitäten als Grundfaktor für den Bereich anbelangt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben, was die Fachhochschulen anlangt, einen ziemlich großen Schritt nach vor­ne gemacht, auch dort steigern wir das Budget um 6 Prozent im Jahr 2016. Da geht ein Teil in den Bereich Ausbau der Fachhochschulplätze, es ist uns aber auch gelungen, seit sieben Jahren das erste Mal eine Erhöhung der Fördersätze um durchschnittlich 8,57 Prozent von 7 000 € auf 7 605 € zu erreichen. Das bedeutet, dass wir da nicht nur die Quantität, sondern auch die entsprechende Qualität sicherstellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben auch, was den Forschungsbereich anlangt – das ist schon angedeutet wor­den –, eine Umstrukturierung vorgenommen, gerade was die letzte Forschungsmilliar­de anbelangt. Von 2005 bis 2010 war von Unsicherheit begleitet, wie es denn mit den


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Rahmenbedingungen weitergeht. Es ist uns jetzt im Bereich FWF gelungen, aber auch bei der Akademie und bei allen anderen Einrichtungen wie beim IST, einfach eine kon­krete, mehrjährige Budgetierung im Budgetbereich zu erreichen. Das wirkt sich dann so aus, dass wir, was das FWF-Budget anbelangt, über die nächsten drei Jahre eine Stei­gerung um 12,5 Prozent verzeichnen können. Das sind 61 Millionen € mehr.

Auch das Argument, das Sie jetzt gerade angesprochen haben, wir sollten eine Bewil­ligungsquote sicherstellen, ist ein sehr löbliches Argument, aber im Endeffekt ist es so: Wenn ich mehr Mittel habe, aber noch wesentlich mehr Anträge, dann kann ich das Spiel natürlich so nicht gewinnen! Sie müssen einfach einmal auf der Angebotsseite se­hen, dass wir da beträchtlich, nämlich um 12,5 Prozent, gesteigert haben – und das auch in einem strukturell guten Rahmen. Ich sehe das eindeutig als Fortschritt.

Gleiches gilt auch für die Akademie der Wissenschaften. Wir haben dort eine Steige­rung in der laufenden Leistungsvereinbarung um 47 Millionen €, nämlich 17 Prozent ganz konkret. Also wir steigern – um auch ein paar absolute Zahlen anzusprechen – von 268,5 Millionen € in der letzten dreijährigen Leistungsvereinbarungsperiode auf 315 Mil­lionen €. Auch dort hat sich positiv ausgewirkt, dass wir mit einer Leistungsvereinba­rung einfach Kontinuität für die Betroffenen, aber auch eine bestimmte Steuerung ha­ben, gerade was Kooperation, Profilierung und Internationalisierung anbelangt.

Wir haben das erste Mal, damit nicht immer nur im bestehenden System nach dem Mot­to „mehr vom Selben“ vorgegangen wird, auch Effizienzkriterien eingebaut. Das heißt, die Universitäten hatten die unangenehme Aufgabe, liebgewordene Dinge da und dort zu streichen, um auch zu Neuerungen in Richtung neuer Strukturen zu kommen. Und das ist auch passiert.

Wir haben auch beim IST in Klosterneuburg, konkret in Gugging, eine Steigerung des Budgets um 24 Prozent, das sind 10,3 Millionen € mehr gegenüber 2015. Das heißt, auch dort können wir den Ausbau fortführen, auch dort können wir vier bis fünf neue Professorinnen beziehungsweise Professoren berufen und zehn bis 15 zusätzliche Postdocs und 20 bis 25 zusätzliche Docs pro Jahr finanzieren. Also auch in diesem Be­reich sehen Sie, es wird nicht nur der Bestand an Forscherinnen und Forschern finan­ziert, sondern auch ein weiterer Ausbau.

Wenn ich das jetzt zusammenrechne und wenn ich die Gesamtsituation vergleiche mit anderem, was ich vorher getan habe, dann muss ich sagen, wir haben eigentlich eine sehr, sehr positive Ausgangssituation. Sie könnte natürlich noch besser sein. Ich möchte drei Kritikpunkte ansprechen, die Sie immer – auch heute – äußern und die auch im Aus­schuss wieder gekommen sind.

Das eine ist die Fragestellung: Können wir das 2-Prozent-Ziel bis zum Jahr 2020 errei­chen? Wir liegen, für alle, die es nicht wissen, derzeit bei 1,5 Prozent. Das Ziel zu er­reichen würde natürlich entsprechende Geldmittel erfordern, aber nicht vom Bund. Was die Finanzierung anbelangt, machen wir vom Bund schon sehr viel. Die betreffenden Ausgaben vom öffentlichen Bereich sind hier mit 1,7 Prozent überdurchschnittlich hoch, wir liegen da klar über dem OECD-Schnitt und auch über dem EU-Schnitt. Was uns hier fehlt, sind die privaten Mittel der Unternehmungen – Herr Kollege, das sagt die OECD; wenn Sie milde lächeln, lesen Sie es bitte nach! (Abg. Kassegger: Nein, das stimmt ein­fach nicht!) –, die wir jetzt mit dem Gemeinnützigkeitsgesetz entsprechend steigern wer­den. Wir haben jetzt auch diese Möglichkeit wie die Schweiz oder Deutschland. Die Schweiz hat etwa 1,2 Milliarden für Kultur, Wissenschaft und anderes. Wir haben diese Möglichkeit, dieses Feld bisher nicht genützt. Das wird uns auch dabei entsprechend helfen.

Ich würde auch das Ziel jetzt nicht nach unten revidieren. Sie kennen das: Wenn Sie ein Ziel, das ambitioniert ist, zweifelsohne, gleich wieder reduzieren, dann werden Sie


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auch weniger Anstrengungen haben. Mir liegt eher daran, die Anstrengungen zu stei­gern, zu hoffen, dass auch die wirtschaftliche Entwicklung – wir werden ja gleich darü­ber reden – sich weiter verbessert. Dann werden wir dort auch eine entsprechende Zu­nahme haben.

Ich komme jetzt zu Ihnen, Frau Maurer. Ich weiß, Sie würden da gerne mehr Bewe­gung haben und zündeln gerne und rufen überall an und sagen: Das und das ist ein Riesenproblem! Es wäre vielleicht gut, wenn Sie bei uns anrufen würden. Ich habe schon überlegt, wenn Sie nicht zu uns finden, ich gebe Ihnen meine Handynummer. (Abg. Rädler: Nein, lieber nicht!) Aber es ist besser, Sie rufen mich nicht an (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ), denn Sie wollen es, glaube ich, gar nicht verstehen. (Abg. Rädler: Nein, die versteht es auch nicht!) Sie bringen immer dieselbe Leier. Ich gebe Ihnen gerne auch die Presseberichte, die wir als Abdrucke haben. Aber das ist auch nicht der ent­scheidende Faktor.

Der entscheidende Faktor ist – und das sehen Sie nicht gerne –, dass wir im Bereich der Wissenschaft und im Bereich der Forschung eine sehr sachliche Arbeit haben. Die ist nicht von einer Auseinandersetzung an den Universitäten oder mit der Hochschüler­schaft geprägt. Sie hätten das gerne, „Uni brennt“ und anderes, aber ich kann Ihnen da­mit nicht dienen. Ich glaube auch, den Forschenden, den Studierenden ist mehr damit gedient, dass wir gute Voraussetzungen haben. Vielleicht könnten Sie hier auch einmal diesen Weg sehen. (Beifall bei der ÖVP.)

In dem Zusammenhang auch eine zweite Eigenschaft. Ich meine, es ist nett, wenn Sie das machen, aber ich höre jetzt, glaube ich, zum vierten Mal schon diese Story, dass wir den Universitäten Geld wegnehmen, weil die Umsetzung des Ärztearbeitszeitgeset­zes jetzt stattgefunden hat. Jemand hat sogar gesagt, das sollte eigentlich der Hunds­torfer zahlen.

Das ist jetzt eine neue Regelung. Stellen Sie sich vor, es passiert dort etwas im Rah­men von Überschreitungen! Damit würden Sie eigentlich die Patienten gefährden. Da­her gibt es dort eine neue Regelung. (Abg. Maurer: Das ist nicht Aufgabe des Wissen­schaftsministeriums!) Das Problem ist, dass natürlich auch die Ärztegehälter Teil des je­weiligen Budgets sind. Und da dort größere Steigerungen waren, da wir Forschung in den anderen Bereich bringen konnten, nämlich budgetär abgesichert, nicht auf Rückla­gen greifen müssen, werden wir einen Teil mit Rücklagenunterstützung machen.

Sie sagten in einer Aussendung gestern, der FWF würde, gerade was Overheadkosten anbelangt und anderes, Probleme haben oder das würde an die Universitäten weiter­gegeben. Wir haben die Hochschulraum-Strukturmittel gerade im Bereich der Overhead­kosten um 30 Millionen erhöht. Wir haben aber auch im Bereich der Lehrerausbildung – diese war immer schon ein Teil des Uni-Budgets – entsprechende Abdeckungen vorge­sehen. Also es ist nicht einfach so, dass wir alles ausgelagert haben, wem anderen übergeben haben, sondern vielmehr ist es so, dass wir gut dotiert auch in die nächsten Jahre gehen – sagen wir, einigermaßen ausreichend, um Sie nicht zu provozieren.

Und jetzt zum dritten Punkt, zur Betreuungsrelation: Es wird uns immer vorgeworfen, wa­rum wir es in Österreich nicht schaffen, zu günstigeren Betreuungsrelationen zu kom­men, also dass für Studierende mehr Betreuer zur Verfügung stehen. – Auch das ist ei­ne Frage des Geldes. Wir sind in der Lage, die Situation konstant zu halten, was nicht gut klingt, aber es ist gut, und zwar deswegen, weil wir auch bei der Zahl der prüfungs­aktiven Studenten und Studierenden insgesamt eine Steigerung um 15 Prozent haben. Also im Endeffekt wird dort mehr geleistet. Wir stellen aber mit 95 neuen Professoren auch mehr Qualität und Quantität zur Verfügung. Also wir arbeiten an dem, es ist eine Finanzierungsfrage, aber es hat sich auch in diesem Bereich vieles verbessert.

Zusammenfassend, meine Damen und Herren: Ich glaube, wir sind im gesamten Wis­senschafts- und Forschungsbereich gut aufgestellt, auch bei der Forschungsquote; die-


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se beträgt 3 Prozent. Sie wollen es nicht gerne hören, aber wir liegen mit dieser an vierter Stelle in der Europäischen Union und sind damit im Spitzenfeld. Natürlich kön­nen wir, gerade was den Bereich Innovation Follower und Innovation Leader anbelangt, unsere Effizienz noch verbessern. Für Potenzial und Aktivitäten in der Zukunft haben wir gesorgt. Ich glaube aber, dass wir mit der Finanzierung, mit dem Gemeinnützigkeits­gesetz, mit der neuen Novelle zum Universitätsgesetz eine Verjüngung, bessere Kar­rieremöglichkeiten und eine insgesamt steigende Qualität sichergestellt haben. Ich hof­fe, dass Sie das alle auch so sehen und diesem Bereich zustimmen können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.46


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


9.47.04

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Herr Vizekanzler! Frau Präsidentin! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Laut der jüngsten OECD-Studie dürfen wir uns in Zukunft auch als Land der Akademiker bezeichnen, wenn es auch aufgrund einer Änderung in der statistischen Erhebung zurückzuführen ist, die aber jetzt im europäischen oder im inter­nationalen Vergleich deutlich objektiver und gerechter ist, als sie es bisher war. Aller­dings auch da der deutliche Fingerzeig, dass wir auch ein Land der Absteiger sind, was die Bildungschancen anlangt.

Ich möchte nicht anstehen, Herr Vizekanzler, Ihnen an dieser Stelle auch persönlich zu danken. Ich weiß um Ihren Einsatz, dass im Bereich der Bildungsreform erste entschei­dende Schritte gelungen sind. Ich glaube, wichtige Schritte, besonders was den Unter­bau betrifft, was die Frühpädagogik betrifft, was neue Chancen im Bereich der Schule der 6- bis 14-Jährigen betrifft. Ich glaube, das sind ganz entscheidende, wichtige Schrit­te. Und ich weiß, dass Sie einen wichtigen Beitrag dazu geleistet haben, und möchte auch nicht anstehen, Ihnen dafür zu danken. Ich hoffe, dass Sie auch bei der Umsetzung ent­sprechenden Rückenwind geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Einen Bereich, den ich mir besonders angeschaut habe, ist jener der pädagogischen Ausbildung; aus meiner Sicht die Herausforderung schlechthin im tertiären Bereich. Sie haben bereits erwähnt, der Hauptteil ist natürlich in Ihrem Bereich angesiedelt. Ins­gesamt sind 225 Millionen € für die PädagogInnen-Ausbildung bei den PHs veran­schlagt und – auch das wurde bereits kurz erwähnt – 35 Millionen € für Kooperationen als zusätzliche Mittel aus dem Strukturfonds. Auch da gibt es eine Steuerungsmöglich­keit, dass wir dorthin kommen, wo wir eigentlich hinwollen.

Ich darf hier ganz kurz zitieren aus einem Brief, den der Österreichische Wissenschafts­rat an die Mitglieder des Wissenschaftsausschusses übermittelt hat, der in einem Weiß­buch die hochschulpolitischen Entwicklungen der letzten Jahre beschreibt und die Pro­bleme des österreichischen Hochschulsektors analysiert. Er verweist auf seine Poten­ziale und entwirft auch eine konkrete Utopie. Ich habe mir einmal angeschaut, was bei diesen Utopien zum Bereich Pädagogische Hochschulen drinnen steht. Ich darf mit Ihrer Erlaubnis aus dem Punkt 13 dieses Utopien-Kataloges kurz zitieren:

„Die Pädagogischen Hochschulen haben die autonomieorientierte Hochschulförmigkeit erreicht“ –

im Jahre 2025; auf dieses Jahr bezieht sich die Vorausschau –

„und arbeiten über universitäre Schools of Education, auch im Bereich der Curricular­planung, eng mit den Universitäten zusammen. Das gilt insbesondere in verpflichten­der Form bei Einrichtung eines Masterstudiums im Bereich der Sekundarstufe.“

Dem ist nicht viel hinzuzufügen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 450

Ich meine, wenn man noch über das Jahr 2025 hinaus schauen würde, kann es nur so sein in Zukunft, dass es eigene pädagogische Universitäten gibt, die das in Summe al­les optimal betreuen und bedienen.

Was da der Wissenschaftsrat noch als Utopie für das Jahr 2025 darstellt, dies im Be­reich der PädagogInnen-Ausbildung zu realisieren, ist, wie ich meine, unsere vordringli­che wissenschafts- und hochschulpolitische Aufgabe.

Arbeiten wir gemeinsam an diesem Ziel!

Herr Minister, Herr Vizekanzler, unsere Unterstützung dazu haben Sie auf alle Fälle! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.50


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Weigerstorfer. – Bitte.

 


9.50.38

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Guten Morgen! Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Die Wissenschaft ist es natürlich gewohnt, zu messen. Auf der anderen Seite sollte sie ebenso gewohnt sein, gemessen zu wer­den, also Rechenschaft über ihr Tun abzugeben.

Wenn man sich den Rechnungshofbericht mit den 19 Schlussempfehlungen ansieht, dann muss man doch ein bisschen Zweifel am vorgelegten Budget hegen. Auch der Wis­senschaftsrat hat die Entwicklung der Wissenschaftspolitik etwas kritisiert. Zweifel sind zu hegen daran, ob hier die eingesetzten Mittel auch wirklich den richtigen Weg bezie­hungsweise die richtigen Empfänger finden.

Vor dem Hintergrund der hohen Staatsverschuldung hat uns der Fiskalrat bereits im Jahr 2013 eine Gesamtstrategie und damit verbundene Rahmenbedingungen empfoh­len, die da wären: Es sollten das Bildungsniveau, die Innovationskraft sowie der For­schungsoutput in Österreich erhöht werden. Budgetäre Konsolidierungsbemühungen im Bildungsbereich sollten auf Effizienzsteigerung und die Vermeidung von Doppelgleisig­keiten gerichtet sein, um dadurch Mittel für die übergeordneten Ziele, nämlich eine An­hebung des Bildungsniveaus und vor allem die Verbesserung der Bildungsqualität, frei­zuspielen.

Es stellt sich also die Frage: Wie können wir diese Innovationskraft unserer Volkswirt­schaft steigern?

Herr Minister Stöger erläuterte bereits im Budgetausschuss seine Schwerpunkte bei der Förderung anwendungsorientierter Forschung für Innovationen in der Produktion, auf dem Mobilitätssektor und bei der Unterstützung junger Talente. Alle Programme zielen darauf ab, die Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu stärken und vor allem auch auszubauen und die Zahl der Patente deutlich zu erhöhen.

Derzeit haben wir drei große Förderagenturen. Die haben zwar jeweils unterschiedliche Schwerpunkte, es gibt aber dennoch eine Reihe von Überlappungen. Außerdem weiß man ja, dass abseits dieser drei großen Förderagenturen auch noch die Bundesländer, die Gemeinden, die Kammern, die Bünde, die Sozialversicherungsträger et cetera För­derungen an verschiedene Empfänger auszahlen. Hier ist aufgrund der fehlenden ge­meinsamen Förderdatenbank durchaus auch die eine oder andere Mehrförderung mög­lich. Ja, sogar die Antragsteller selber beklagen sich teilweise über diese Unübersicht­lichkeit des Förderangebots. Es ist sehr schwer für sie, die richtigen Förderinstrumente zu identifizieren. Das wird ihnen hier wirklich nicht leicht gemacht.

Ich denke, es wäre an der Zeit, hier mehr zu bündeln. Ein Vorschlag wäre zum Bei­spiel, ein großes Bildungsministerium zu installieren, um Synergieeffekte zwischen den Bildungs-, Forschungs- und Entwicklungssektoren zu erzeugen und Maßnahmen derar-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 451

tig zu platzieren, dass sie nachhaltig für die Zukunft wirken und nicht vielleicht in der einmaligen Aktion verpuffen.

Um den Wirtschaftsstandort Österreich mit wirklich gut ausgebildeten Menschen lang­fristig versorgen zu können, müssen eindeutig jetzt die politischen Maßnahmen gesetzt werden. Das heißt für uns, die bestmögliche Bündelung aller finanziellen und intellek­tuellen Ressourcen hier zu erreichen. Die Forschungsagenden werden zwecks optimier­ten Mitteleinsatzes mit dem Wissenschaftsressort koordiniert. Derzeit sind es ja fünf verschiedene Stellen: Es sind das Kanzleramt, das Ministerium für Finanzen, das Infra­strukturministerium, das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft sowie das Unter­richtsministerium an Forschung und Lehre zu beteiligen.

Eine Bündelung all dieser Bildungs-, Forschungs- und Entwicklungsagenden unter ei­nem Dach würde auf der anderen Seite auch eine durchaus transparente und über­schaubare Zuordnung der finanziellen Mittel bedeuten. Und ich denke, dass das in Zei­ten wie diesen etwas durchaus sehr, sehr Positives wäre. (Beifall beim Team Stronach.)

Das Wissenschaftsministerium sollte hiermit zu einer Art Schlüsselressort der Zukunft mit hoher gesellschaftspolitischer Verantwortung werden.

Die Zersplitterung dieser Agenden die Forschung betreffend erkennt man auch im Bud­get, denn der Bereich Forschung und Wissenschaft ist in insgesamt drei Untergliede­rungen aufgeteilt: in UG 31, UG 33 und UG 34. Der Bildungsbereich ist dann noch ex­tra in UG 30 zu finden.

Also unseres Erachtens ist dieser Umstand kontraproduktiv und verhindert vor allem ei­ne transparente und überschaubare Darstellung. Wir müssen alle relevanten Inhalte bün­deln und diese in einem Ministerium zusammenfassen und diesem unterstellen. – Dan­ke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

9.56


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Him­melbauer. – Bitte.

 


9.56.37

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanz­ler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Ga­lerie und vor den Bildschirmen! Wenn Sie dieser Tage durch die Säulenhalle des Parla­ments gehen, dann finden Sie dort Aufsteller des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft. Grund dafür ist das zu Ende gehende Jahr der Forschung – eine Initiative von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, um die Aktivitäten, die Forschungs­schwerpunkte in Österreich, vor allem die Spitzenleistungen made in Austria und die Forscherinnen und Forscher, die dafür zuständig sind, verantwortlich sind, vor den Vor­hang zu holen.

Für die Zuseherinnen und Zuseher, die es diese Woche nicht ins Parlament verschlägt, darf ich ein paar wichtige Eckdaten nennen, die sie hier sehen würden.

In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Ausgaben für Forschung und Entwick­lung auf 10,1 Milliarden € erhöht, das heißt verdoppelt. Wir erreichen damit eine For­schungsquote von 3 Prozent, die viertbeste in Europa. Mehr als 117 000 Beschäftigte arbeiten in der Forschung und Entwicklung, und fast 6 000 Patente wurden im Jahr 2014 angemeldet.

Als Volkswirtschaft mit nur wenigen natürlichen Ressourcen müssen wir umso mehr auf die Menschen bauen, auf ihre Innovationskraft, auf die Forschung und Entwicklung in den Unternehmen, in den Universitäten, in den Fachhochschulen und Instituten, um im globalen Wettlauf vorne mit dabei sein zu können. Deswegen ist es uns wichtig, den Standort Österreich weiterhin attraktiv zu machen, beispielsweise für forschungsinten-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 452

sive Unternehmen durch die Erhöhung der Forschungsprämie, für Forscherinnen und Forscher durch eine Zuzugsprämie oder durch die Verbindung heimischer kleiner und Mittelbetriebe mit Forschungsinstituten durch den Ausbau von Kompetenzzentren, aber auch durch die Förderung der Grundlagenforschung, indem wir die finanziellen Mittel für die Jahre 2016 bis 2018 aufstocken.

Selbstverständlich wollen wir auch noch besser werden. Wir haben uns hohe Ziele ge­steckt, was die Forschungsquote betrifft, die Beschäftigungszahlen oder die Standort­attraktivität. Abgeordneter Dr. Töchterle hat es schon angesprochen: Was den finanziel­len Bereich betrifft, würden wir uns natürlich noch mehr wünschen, aber trotz der bud­getären Restriktionen sind wir mit diesem Budget auf einem guten Weg. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

9.59


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kassegger. – Bitte.

 


9.59.25

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ja, der Herr Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung ist hier natürlich in einer schwierigen Situation: Er muss etwas verteidigen, von dem er – und das glaube ich – auch selbst weiß, dass wir im Bereich Wissenschaft und Forschung hoffnungslos unterfinanziert sind.

Wenn wir das erreichen wollen, was wir vorgeben, erreichen zu wollen, wenn wir dort mitspielen wollen, wo wir vorgeben, mitspielen zu wollen, nämlich bei den Innovation Leaders, wenn wir uns vergleichen wollen mit Ländern, mit denen wir uns vergleichen sollten, nämlich Schweiz, Schweden, Deutschland et cetera, dann ist völlig klar und evi­dent, dass dieses Budget im Bereich Wissenschaft und Forschung bei Weitem nicht aus­reichen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist schade, weil es im Bereich Wissenschaft und Forschung eine Kausalkette gibt – das ist vom Kollegen Karlsböck auch angesprochen worden. Die gibt es natürlich zwi­schen Hochschulen, Forschung und Innovation, Innovationsfähigkeit und Innovations­dynamik, in weiterer Folge Wettbewerbsfähigkeit und dann in weiterer Folge natürlich Arbeitsplätzen. Das heißt, wir statten hier die Basis dieser Kausalkette schon mit unzu­reichenden Mitteln aus und dürfen uns daher dann nicht wundern, wenn wir im Bereich der Arbeitsplatzsituation enorme Probleme bekommen. Und die werden wir bekommen!

Im Übrigen finanziert sich natürlich aus den Arbeitsplätzen unser Sozial- und Wohl­fahrtsstaat. Das heißt, ein Investment in Forschung, Innovation und in die Hochschulen hat natürlich einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Intensität der Ausprägung des Sozial- und Wohlfahrtsstaates. (Beifall bei der FPÖ.)

Schauen wir uns einmal die Zahlen an – dies auch zur Ernsthaftigkeit des 2-Prozent-Ziels; Sie schwächen es teilweise ohnehin schon ab, aber schauen wir uns wirklich die Zahlen an –: Wir haben momentan 4,2 Milliarden €, und mit den Budgetsteigerungsra­ten – und da rechne ich die zusätzlichen 600 Millionen € schon hinein – bis 2019 kom­men wir auf 4,5, vielleicht 4,6 Milliarden €.

Wir geben das Ziel vor, bis 2020 6 Milliarden € erreichen zu können – das entspricht nämlich den 2 Prozent –, und dazu muss ich sagen: Das geht sich nicht aus, wenn man die Grundrechnungsarten beherrscht und nicht eine hohe Mathematik anwendet, wo eine Gleichung mehrere Ergebnisse bringt, so wie es teilweise auch Kollege Schelling macht. Bei ihm ergibt 72 minus 77 ja null; bei mir ergibt 72 minus 77 minus 5, also 5 Mil­liarden € Defizit. Das 2-Prozent-Ziel ist also in Wirklichkeit nicht erreichbar.

Jetzt muss man dann so ehrlich sein, zu sagen: Gut, wir revidieren das nach unten auf 1,6 oder 1,8!, was aber gleichzeitig bedeuten würde, dass wir offen zugeben, dass wir


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 453

eben nicht dort mitspielen können, wo wir mitspielen wollen, nämlich mit der Schweiz, mit Deutschland, mit Finnland, mit Schweden. Das sind nämlich genau jene Innovation Leaders, von denen wir sagen, wir wollen auch eine solche führende Position erreichen. Doch wir werden mit dieser budgetären Ausstattung dorthin nicht kommen!

Kurz zur Forschung ein grundsätzlicher Standpunkt der Freiheitlichen, weil Sie erwähnt haben, wir werden da jetzt die Privaten mehr in die Pflicht nehmen – ich werde dann beim UG 34 noch zum Privatstiftungsgesetz und zum Entwurf Stellung nehmen –: Dem Grunde nach ist es Aufgabe der öffentlichen Hand und somit des Staates, die For­schung und die Lehre zu finanzieren, insbesondere die Grundlagenforschung. Wir dür­fen hier nicht den Fehler machen, die Verantwortung an den privaten Bereich zu de­legieren. Die Grundfinanzierung muss also immer von der öffentlichen Hand kommen.

Damit komme ich schon zur Grundlagenforschung, dem – wie Sie alle wissen – FWF. Das Budget des FWF für das nächste Jahr ist im Bundesvoranschlag mit 180 Millio­nen € ausgewiesen. Jetzt haben wir uns schon gedacht, da wird um 20 Millionen € ge­kürzt. Dem ist, wie wir erfahren haben, nicht so, weil 24 Millionen € aus den sogenann­ten Rücklagen – das ist sowieso ein eigenes Thema – verwendet werden. Wir haben al­so 204 Millionen €, was de facto einem Gleichstand entspricht; also Steigerungsraten spielen sich im Null-Komma-Bereich ab.

Ich war vor zwei Wochen bei einer Podiumsdiskussion an der Medizin-Uni Wien. Dort herrscht, was die Grundlagenforschung betrifft, ernste Sorge insofern, als dafür die Mit­tel bei Weitem nicht ausreichen. Wir haben in den letzten Jahren insoweit eine gute Ent­wicklung gehabt, als es bei den Anträgen einen Anstieg gab – und das war ja das an­gestrebte Ziel –, aber Sie töten jetzt diese Entwicklung sozusagen ab, indem Sie die Mittel einfrieren. Das kann ja nur zur Folge haben, dass die Genehmigungsquote sinkt oder dass die einzelnen Projekte sozusagen zurückgefahren werden müssen – beides Ef­fekte, die nicht kompatibel sind mit dem grundsätzlichen Ziel, hier besser zu werden.

Das heißt, nötig wäre hier aus unserer Sicht eine deutliche Aufstockung im FWF im Be­reich von 60, 70, 80 Millionen € – das ist auch die Forderung der Wissenschaft – und eine jährliche Aufstockung um etwa 7 bis 8 Prozent, um diese gute Entwicklung eben nicht zu gefährden und nicht abzustechen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ganz kurz noch ein Wort zum Entschließungsantrag der Kollegin Gamon und der NEOS. – Dem werden wir nicht zustimmen. Ich glaube nicht, dass das ernsthaft so ge­meint ist, dass Sie die Bewilligungsquoten beim FWF nicht unter 15 Prozent fallen las­sen wollen. Laut den Ist-Zahlen 2014 liegen die Bewilligungsquoten – je nachdem, wie wir es betrachten, entweder summenmäßig oder zahlenmäßig – summenmäßig unge­fähr bei 20 Prozent, zahlenmäßig bei knapp 26 Prozent. Das hieße, Sie wollen mit Ih­rem Antrag sozusagen sicherstellen, dass die Antragsquote nicht halbiert wird. Da kön­nen wir nicht mit. Ein Ziel, gemäß dem zumindest ein Halten der Antragsquote sicher­gestellt werden soll – das heißt, im Bereich 26, 28 Prozent –, wäre das, was wir jeden­falls einfordern würden. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Gamon.)

10.05


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Kucharowits zu Wort. – Bitte.

 


10.05.54

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Studentinnen und Stu­denten! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Positiv an sich: Es gibt mehr Mittel für Uni­versitäten und Fachhochschulen. Das ist wichtig und gut. Ich möchte aber gerne ein bisschen auf die soziale Lage von Studierenden eingehen und möchte skizzieren: Wie geht es den Studentinnen und Studenten?


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 454

Die Hälfte der Studierenden lebt monatlich mit weniger als 850 €, 20 Prozent sogar mit weniger als 600 €. Und da rede ich davon, dass bereits die Wohnung dabei ist, das Es­sen dabei ist, sozusagen all die Kosten, die man halt so hat.

In Wirklichkeit kostet aber das Leben monatlich zirka 900 €. Das heißt, das geht sich nicht wirklich aus. Deshalb arbeiten auch 85 Prozent der Studierenden, zwei Drittel so­gar mehr als 20 Stunden. Das heißt, sie haben einen Teilzeitjob zusätzlich zum Studi­um. Das bedeutet auch ganz klar längere Studienzeiten.

Die Studienbeihilfe berechnet sich ja über das Einkommen der Eltern. Da kommt es oftmals zu einer Schieflage, denn wenn beide Eltern erwerbstätig sind, gibt es eine Be­nachteiligung von Studierenden im Vergleich zu anderen Gruppen. Das heißt, Studie­rende, die aus ArbeiterInnenfamilien kommen, haben ganz klare Nachteile gegenüber an­deren Gruppen – Stichwort: gegenüber Selbständigen, oder eben auch gegenüber je­nen, wo nur ein Elternteil berufstätig ist.

Das bedeutet zum einen, wir fördern, dass Frauen nicht berufstätig sind. Zum anderen zeigt sich, dass Bildung leider immer noch in dieser Form vererbbar ist. Wir wollen ja auch die AkademikerInnenquote bei Studierenden, deren Eltern Arbeiterinnen und Arbeiter sind, fördern. Das wird aber damit auch verhindert, und somit ist Bildung in diesem Be­reich leider immer noch vom Geldbörsel der Eltern abhängig.

Kurz gefasst: Es braucht dringend diese Reform – meine Kollegin Kuntzl ist darauf ein­gegangen. Wir haben einige Schritte schon gemeinsam gemacht, aber die StudentIn­nen brauchen das dringend. Im ersten Schritt sollte vor allem die Anpassung der Sti­pendienhöhe vorgenommen werden, die ja wirklich längst überfällig ist. Ich habe es su­per gefunden, Herr Vizekanzler, dass Sie das auch im Ausschuss zugestanden haben, dass das schon längst überfällig und dringend vonnöten ist.

Ein Wort noch, bitte – das wird Sie nicht überraschen –: StudentInnenwohnheime. Wir haben uns auf eine Wiedereinführung der Heimförderung festgelegt. Die StudentInnen brauchen das dringend, denn ein Zimmer kostet zum Teil 500 €, und das kann sich kein Mensch mehr leisten. Arbeiten wir wirklich gemeinsam daran, dass wir das bald hinbe­kommen! (Beifall bei der SPÖ.)

10.08


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker zu Wort. – Bitte.

 


10.08.34

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Kollegen und Kolleginnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte einen übergeordneten Blick auf das Budget werfen. Wenn man sich die Ein­nahmenstruktur ansieht, dann ist das schon nicht sehr glücklich, insofern als es eine sehr veraltete Struktur bei den Einnahmen über das Steuersystem gibt, nur ein gerin­ger ökologischer und auf Verteilungsgerechtigkeit gerichteter Aspekt enthalten ist und wir andererseits bei den Ausgaben eine Struktur haben, die durchaus verbesserungs­fähig ist. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf jene Bereiche eingehen, die wir heu­te am Vormittag und am frühen Nachmittag diskutieren. Das sind einerseits die UG 31 – die Kategorie Wissenschaft und Forschung –, andererseits die UG 33 – der Bereich For­schung in der Wirtschaft – und auch die UG 34, die Forschung im BMVIT.

Wenn ich diese drei Bereiche betrachte, die ganz wesentlich den Wissensstandort Ös­terreich und die Wissensgesellschaft in Österreich prägen, dann sind es gerade einmal 6,2 Prozent des gesamten Budgets, die für diesen enorm wichtigen Bereich verwendet werden. Wir glauben, dass es da durchaus wichtig und notwendig ist, entsprechend um­zuschichten und genau diese zukunftsorientierten Bereiche höher zu dotieren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 455

Zur Frage, die heute schon aufgeworfen wurde: Wie viel ist denn vorhanden? – Es war die Rede davon – der Minister und Vizekanzler hat das ausgeführt –, es könnte ja auch wesentlich weniger sein. Dazu möchte ich ganz klar und deutlich sagen: Weniger darf und kann es gar nicht mehr sein, wenn ich mir im Vergleich dazu die Zahlen und Daten von unseren Nachbarn anschaue.

Wenn ich Bayern betrachte, so hat man dort gerade einmal 242 000 Studierende, gibt dafür aber 6,3 Milliarden € aus, oder umgerechnet 26 000 € pro Studierenden. Öster­reich hat mit 304 000 ein klein wenig mehr Studierende und gibt gerade einmal 3,8 Mil­liarden € aus, das sind 12 000 €. (Vizekanzler Mitterlehner: Es sind 15 000 € … OECD! Ruperta, schau dir einmal OECD-… an!) Sie sehen da wirklich ein Missverhältnis im Ver­gleich zu dem, was wir eigentlich benötigen würden.

Ähnlich ist es, wenn wir uns ganz konkrete Universitäten anschauen. Herr Minister, du weißt, wie die Situation der Technischen Universität in Wien ist im Vergleich zur ETH Zürich und zur TU München. (Abg. Lettenbichler: … die Studenten selbst zahlen müs­sen an Studiengebühren! Wollen Sie das?) Ich möchte mit der ETH Zürich anfangen. Die geben 78 000 pro Studierenden aus, gefolgt von der TU München mit 33 000, und bei der TU Wien sind es gerade einmal 11 000 €.

Natürlich schlägt sich das nieder. Wo schlägt sich das nieder? – Einerseits in den Ran­kings und vor allem, meine Damen und Herren, was noch wesentlich wichtiger ist, im Anteil jener Studierenden, die ihr Studium auch tatsächlich abschließen. Wir haben sehr hohe Abbruchquoten, und das hängt mit der Betreuung an den Universitäten zusam­men, damit, dass es zu wenige Ressourcen gibt, zu wenige Lehrende, zu wenige Pro­fessorinnen und Professoren. (Ruf bei der ÖVP: Alles zu wenig! Alles zu wenig!) Und das müssen wir ändern! (Beifall bei den Grünen.)

Sie wissen, wir haben unterfinanzierte Universitäten. Wir brauchen mehr Ressourcen für Wissenschaft und Forschung, und wir werden heute zu einem späteren Zeitpunkt einen entsprechenden Antrag einbringen.

Nichtsdestotrotz gibt es auch ganz konkrete Bereiche, wo wir sehr wohl sagen, es ist notwendig, darauf entsprechendes Augenmerk zu richten, nämlich was die Erhöhung der Anzahl der Bildungsabschlüsse betrifft. Und da gibt es beim Wirkungsziel eine Maß­nahme, die da lautet, öffentliche Bewusstseinsarbeit zu leisten. Kollegin Himmelbauer hat heute ein schönes Beispiel genannt, das wirklich begrüßenswert ist – fein! –, aber es gibt auch andere Bereiche in dieser Untergliederung, Herr Minister, wie beispiels­weise die Kinderuniversitäten, wo großartige Arbeit geleistet wird, und die werden aus dieser UG gerade einmal mit 500 000 € dotiert.

Oder – ein ganz wichtiges Instrument – die Lange Nacht der Forschung: Hiefür werden ge­rade einmal 300 000 € eingebracht. Wir meinen, das ist eine absolute Unterdotierung, hier braucht es wesentlich mehr Ressourcen. Das ist sonst ein Armutszeugnis.

Insofern: Weg mit der rosa Brille, meine Damen und Herren von den Regierungspartei­en, hin zu einem klaren Blick, zu Transparenz und zur Schaffung eines entsprechen­den Forschungsfinanzierungsgesetzes! Das gewährleistet mehr Planbarkeit und Rechts­sicherheit. Und darüber hinaus braucht es natürlich eine massive Aufstockung der Bud­gets für Universitäten und vor allem für Wissenschaft und Forschung. (Beifall bei den Grünen.)

10.14


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Mag. Lettenbichler. – Bitte.

 


10.14.17

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben mit


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 456

der heutigen Diskussion eine nahtlose Fortsetzung der in den vergangenen beiden Ta­gen geführten Diskussion, wo die Opposition – wie zu erwarten war und ist – jede ein­zelne Position, jedes einzelne Kapitel zerpflückt und sagt, es sei alles unterdotiert – das hat meine Vorrednerin ja auch angesprochen –, alles sei zu wenig. Aber das ist eben der Unterschied zwischen Opposition und Regierung: Wir haben Verantwortung zu tra­gen. Wir haben Verantwortung dafür zu tragen, dass die vorhandenen Mittel bestmög­lich eingesetzt werden. Und gerade diese Verantwortung hat die Bundesregierung im Be­reich Forschung und Wissenschaft, wie ich meine, sehr gut wahrgenommen. Ich darf das anhand einiger Zahlen ausführen.

Das Budget im Bereich Wissenschaft und Forschung steigt nämlich im Gegensatz zu je­nem anderer Bereiche und ist von den notwendigen allgemeinen Sparmaßnahmen aus­genommen worden. Trotz Spardrucks steigt das Budget um insgesamt 158,8 Millionen €. Das ist eine Steigerung von 3,8 Prozent, und das ist ein erfreuliches und wichtiges Sig­nal im Sinne unseres starken Wissenschafts- und Forschungsstandorts.

Österreich befindet sich hier in einem immer stärkeren, härter werdenden Standort­wettbewerb. Den Schwerpunkt im Wissenschaftsbereich auf die Bereiche Forschungs­infrastruktur, Forschungseinrichtungen, Spitzenforschung, Grundlagenforschung zu rich­ten ist angesichts der Stärke unseres Forschungssektors im öffentlichen Bereich, aber vor allem bei unseren in der Forschung und Entwicklung so aktiven Unternehmen ein klar positives Signal.

Ein klar positives Signal ist auch die Erhöhung der Forschungsprämie von 10 Prozent auf 12 Prozent. Das höre ich immer wieder von unseren Unternehmen, dass das im in­ternationalen Standortvergleich ein sehr wichtiges Asset ist, das für den Standort Ös­terreich klare Vorteile bringt.

Von unseren Unternehmen höre ich auch verstärkt, dass es schwer ist, Mitarbeiter-Nachwuchs in den sogenannten MINT-Fächern – Mathematik, Informationstechnologie, Naturwissenschaft und Technik – zu finden. Auch da setzt das Wissenschaftsministe­rium Akzente mit zusätzlichen Mitteln im FWF. Hier wird Nachwuchs gefördert: 80 Pro­zent der Mittel, wie Sie wissen, werden zur Nachwuchsförderung eingesetzt.

Zusammenfassend: Es ist der Bundesregierung mit dem vorliegenden Budget gelun­gen, den gegebenen Herausforderungen des Forschungsstandorts Rechnung zu tragen. Es werden die Hebel richtig angesetzt bei jenen Stellen, welche für den Forschungs- und Industriestandort langfristig besonders wichtig sind. Es ist daher vor allem dem Wis­senschaftsminister für seinen Einsatz zu danken, dass trotz der gegebenen Rahmen­bedingungen das Budget um 160 Millionen € angehoben werden kann und die richti­gen Eckpfeiler eingeschlagen wurden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.17


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek zu Wort. – Bitte.

 


10.17.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Ja, Kollege Lettenbichler, man kann mit der ganzen Thematik schon so seriös um­gehen, wie du es gesagt hast, so seriös und staatstragend, dass man sich letztendlich so weit vom Volk weg bewegt, dass man unter 20 Prozent landet. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.) Das denke ich mir immer, wenn ich in diesen Sektor hinein­schaue. Immer vor Wahlen, kommt mir vor, heißt es: Ave, Minister, morituri te salutant!, denn jedes Mal wird es ein bisschen weniger. (Ruf bei der ÖVP: Ha, ha! – Gegenruf bei der FPÖ: Es ist ja so!) – Gut. (Abg. Lopatka: Das war aber eigentlich eine Beleidi­gung!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 457

Zum Wissenschaftsbudget: Ein Punkt, den wir kritisieren, und zwar seit Langem, ist die Studienplatzbeschränkung. Mit etlichen Mitteln und mit etlichen Millionen … (Abg. Lo­patka: Das war aber eigentlich eine Beleidigung! Wissen Sie, was „morituri te salutant“ heißt?) – Machen wir nachher einen Lateinkurs! Jetzt kümmern wir uns um das Bud­get. (Abg. Lopatka: Wissen Sie, was Sie gesagt haben?)

Etliche Millionen, Herr Klubobmann, verwenden wir, um Studenten von den Universitä­ten fernzuhalten! Jetzt sage ich einmal: Gut, ich predige nicht für eine Drop-out-Quote, aber der Kanzler fällt unter das Thema Drop-out-Quote, die grüne Wissenschaftsspre­cherin fällt unter Drop-out-Quote, also so schlecht kann es ja auch nicht sein. Aber wä­re es nicht vielleicht doch besser, Zusatzqualifikationen zu verlangen, beispielsweise so, wie es im Sport der Fall ist?

Im Sport ist ganz klar: Wenn ich Sport studieren möchte, muss ich gewisse Anforde­rungen erfüllen – objektiv; das hängt nicht vom Klima, vom Jahreszeitenwechsel oder sonst etwas ab, das ist immer gleich. Das könnte man doch beispielsweise auch bei den Publizisten, bei den Politikwissenschaftern und so weiter einführen – eben dort, wo wir zu viele haben. In den MINT-Fächern haben wir diese Situation ja Gott sei Dank nicht, aber was hindert jemanden, bevor er sich mit der Publizistik beschäftigt, daran, einfach einmal Volontär zu sein? Das wäre ein Teil der Presseförderung. Und da könn­te man noch viele Dinge dieser Art anführen.

Und: Der Kern wäre, auch einmal die Matura zu überdenken. Die Matura ist doch der klassische Einstieg in das Hochschulstudium. Wir sollten davon wegkommen, die Ma­tura immer weiter nach unten, hin zu einer sogenannten neuen Mitte zu nivellieren, son­dern sollten sie bewusst als Vorbereitung für das Hochschulstudium verwenden. (Bei­fall bei der FPÖ. – Abg. Kuntzl: Darum gibt es ja die Zentralmatura!)

Eine grundsätzliche Anmerkung zum gesamten Wissenschaftsbudget: Herr Bundesmi­nister, Sie haben uns kritisiert und gesagt, wir verwenden angeblich falsche Zahlen, weil Sie ja Rücklagen verwenden dürfen. Jetzt will ich Ihnen gerne glauben, dass das mit dem Finanzminister abgesprochen ist, dass Sie Ihre Rücklagen verwenden dürfen, aber in einer ordentlichen Firma ist es so, dass man, wenn man Rücklagen angreift, dies auch ins Budget hineinschreibt. In unserem Budget sieht man das aber nicht. – Wa­rum sollen wir dann glauben, dass die Rücklagen verwendbar sind? Da würde ich mir etwas mehr Eindeutigkeit wünschen.

Zum Abschluss noch eine kleine Bemerkung: Herr Bundesminister, Sie wissen ja, für ausgelagerte Firmen, die sich im weitesten Sinne mit Forschung, Technologie und Wis­senschaft beschäftigen, ist es immer gut, wenn sie internationale Beziehungen haben. Wenn aber dann die Geschäftsführer nur mehr als „Reiseingenieure“ – unter Anfüh­rungszeichen – tätig sind, keinerlei – wie Ihr Staatssekretär gesagt hat –internationale Be­ziehungen zusammenbringen, sondern das zur Pflege des eigenen Egos machen, weil die Herrschaften nicht Minister geworden sind, dann sollte man doch einmal darüber nachdenken, ob es wirklich sinnvoll ist, jeden Geschäftsführer in der Weltgeschichte um­herfahren zu lassen – und sei es auch nur, weil es eine Frau ist. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.21


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


10.21.14

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanz­ler und Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Budget des Wissenschafts­ministeriums trägt natürlich maßgeblich zur Gestaltung der Rahmenbedingungen für Wis­senschaft und Forschung sowie gesellschaftliche Innovation bei.


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Das vorliegende Budget, auch wenn es leicht erhöht wurde, was natürlich positiv her­vorzuheben ist, hat noch nicht alle unsere Wünsche für den Forschungs- und Wissen­schaftsstandort Österreich erfüllt, aber vor dem Hintergrund der budgetären Rahmen­bedingungen ist es dennoch ein Schritt in die richtige Richtung. Es muss nämlich klar sein: Investitionen in Wissenschaft und Forschung gehören zu den zentralen Zukunfts­motoren unserer Republik. Daher ist es mehr als lohnenswert, in diesen Bereich zu in­vestieren.

Auch die Forschungseinrichtungen können mit steigenden Budgets planen. Zirka 300 Mil­lionen € sind ab 2016 im Budgetrahmen für die Lehre und Forschung budgetär abge­sichert. Ein Großteil dieser Fördermittel geht an den Wissenschaftsfonds und die Aka­demie der Wissenschaften.

Durch die Anhebung des Budgets soll der Wissenschaftsfonds zukünftig auch die nö­tige Planungssicherheit erhalten. Bisher musste ja vor allem auch mit den vorhandenen Rücklagen gearbeitet werden. Wir haben damit aber auch vor allem für die vielen jun­gen Forscherinnen und Forscher Arbeitsplätze der Zukunft abgesichert, denn 80 Pro­zent der zusätzlichen Gelder gehen an diese Zielgruppe. Auch für die Österreichische Akademie der Wissenschaften soll es zukünftig Planungssicherheit geben. Es gilt aber auch, inhaltlich weitere Schritte zu setzen, um die Qualität an Hochschulen und For­schungseinrichtungen weiter zu steigern.

Es ist noch einiges zu tun, vor allem, wenn es darum geht, junge Forscherinnen und Forscher zusätzlich zu unterstützen und ihnen die notwendigen Rahmenbedingungen in Österreich zu geben. Da geht es um zusätzliche Doktorrats- und Postdoc-Stellen. Es braucht auch Verbesserungen bei der Forschungsinfrastruktur und zusätzliche Offen­sivmittel für unsere Universitäten. Immerhin haben wir uns im Regierungsprogramm ja auch ganz klar zum Forschungs- und Wirtschaftsstandort Österreich bekannt. (Beifall bei der SPÖ.)

10.23


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Jank. – Bitte.

 


10.23.27

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Liebe Schülerinnen und Schüler auf der Galerie! Für Sie habe ich heute vielleicht auch etwas Interessantes, aber vorher noch an Kollegin Kucharo­wits und auch an Kollegin Lichtenecker: Also wie abgehoben sind Sie denn eigentlich? 900 € Lebenshaltungskosten für Studenten, und die sollen zur Gänze abgefedert wer­den?! Irgendwie habe ich den Eindruck – man kann Anleihe bei Margaret Thatcher neh­men –, Sie fürchten offensichtlich, dass Ihnen das Geld der anderen ausgeht. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Rädler: Keine Ahnung von der Arbeitswelt! Ruf bei der ÖVP: Wer soll das zahlen? Zwischenruf der Abg. Kucharowits.)

Ich glaube, dass es notwendig ist, festzuhalten, dass Ausbildung und Bildung dem Ein­zelnen auch etwas wert sein muss, und wer bedürftig ist, der wird in diesem Lande aus­reichend unterstützt. Das muss man schon einmal festhalten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Rädler: Linke Träumereien! Abg. Lichtenecker: Was wollten Sie mir sagen? Abg. Krainer: …! Zuhören!)

Nun zum vorliegenden Budget in gebotener Kürze: Besonders erfreulich ist, dass den Fachhochschulen mehr Mittel zur Verfügung stehen werden. Das ist deshalb so wich­tig, weil der Zustrom zu den Fachhochschulen ungebrochen groß ist. Es ist ebenso er­freulich, dass es für den FWF mehr Mittel gibt. Zwei Initiativen möchte ich besonders her­vorheben, eine davon hat Frau Kollegin Lichtenecker schon angesprochen, nämlich die Kinderuniversität. – Das ist ein wirklich erfreuliches Projekt. 14 € geben wir da pro Schü-


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lerin und Schüler aus, und es sind 34 000 junge Menschen, die wir im Schnitt jährlich mit diesem Projekt erreichen. (Zwischenruf der Abg. Lichtenecker.) Diesen Kindern er­möglichen wir die Teilnahme an Vorlesungen, Camps, Workshops und vielem mehr. Es bereitet den Wissenschaftern Spaß und Freude und ebenso den Kindern.

Ich erwähne noch ein zweites Projekt, nämlich die Initiative Sparkling Science. Das ist für die Jugend auf der Besuchergalerie vielleicht durchaus interessant. Das ist ein Pro­jekt, bei dem Schülerinnen und Schüler an konkreten Forschungsprojekten mitarbeiten können, also direkt hineinschauen können, wie Forschung funktioniert. Diese Koopera­tionen führen dazu, dass einerseits Wissen vermittelt wird und andererseits junge Men­schen besser in Erfahrung bringen, in welche Richtung sie gehen möchten, welche Stu­dienwahl sie vielleicht einmal treffen wollen.

Abschließend: Ich freue mich sehr, dass es dieses Gemeinnützigkeitsgesetz geben wird, weil es die Möglichkeit schafft, mehr Mittel für Forschung zu lukrieren. Vergessen wir aber nicht, welche Mittel bereits betrieblich aufgebracht werden! Allein in Wien machen die privaten Forschungsmittel, also das, was die Firmen für Forschung und Entwicklung einsetzen, fast 50 Prozent des gesamten Forschungsbudgets aus. Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.26


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abge­ordnete Kucharowits zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, Sie kennen die Bestimmun­gen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


10.26.52

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Kollegin Jank hat behauptet, ich hätte gesagt, dass die 900 € für Studierende zur Gänze abgedeckt wer­den sollen.

Richtig ist, dass ich von durchschnittlichen Lebenshaltungskosten gesprochen habe, die in dieser Höhe liegen. Ich habe nie davon gesprochen, diese zur Gänze abzudecken, sondern ich habe die Lebensrealitäten von Studierenden aufgezeigt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Krainer in Richtung ÖVP : Nicht nur sinnerfassendes Lesen, son­dern auch sinnerfassendes Zuhören!)

10.27


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Buchmayr. – Bitte.

 


10.27.00

Abgeordneter Harry Buchmayr (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Jetzt hatte ich für meine Rede einen solch positiven Einstieg gewählt, aber, Frau Kollegin Jank, ich möchte schon bemerken: Offensichtlich sind Sie sehr ab­gehoben. Sie wissen offensichtlich überhaupt nicht, was das Leben heutzutage kostet. Ich würde mir einmal die Frage stellen, warum es so viele Studenten gibt, die nebenbei arbeiten gehen müssen. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf der Abg. Tamandl. – Rufe bei der FPÖ: Hallo! Abg. Lausch: Neuwahlen!)

Jetzt zum Positiven: Ich möchte zusammenfassend sagen, dass das Wissenschaftsbud­get für den tertiären Bereich merkbar ansteigt, von 2016 bis 2018 zusätzlich um 615 Mil­lionen € mit möglichen Infrastrukturmaßnahmen von bis zu 200 Millionen €. Für die Fach­hochschulen wurden bereits für das Studienjahr 2015/16 zirka 500 neue Studienplätze vorgesehen. Für das Studienjahr 2016/17 werden es 315 weitere zusätzliche Studien­plätze sein, und ab 2018 nochmals 200 neue Studienplätze, damit insgesamt 48 540.

Ich würde diese positive Entwicklung bei den Fachhochschulen schon als bemerkens­werte Reaktion der Politik erstens auf die gestiegene Nachfrage, aber auch auf die Durchlässigkeit unseres Bildungssystems und natürlich auch als Maßnahme zur Erfül-


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lung von Anforderungen aus Wirtschaft und Industrie bezeichnen, ist doch die sehr star­ke Fokussierung der Fachhochschulen auf technische und wirtschaftliche Fächer mit sehr hohen Abschlussquoten und – gerade an den Fachhochschulen – sehr vielen Abschlüs­sen in Mindeststudienzeit verbunden, was auch für die Qualität unserer Fachhochschu­len spricht.

In Summe ist das also eine sehr positive Entwicklung in Anbetracht dessen, dass in vielen Budgetkapiteln das Sparen im Vordergrund steht. Frau Abgeordnete Maurer, wenn Sie das alles als absolutes Versagen bezeichnen, würde ich mir an Ihrer Stelle auch einmal die Frage nach dem Realitätsbezug stellen. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.29


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ertlschweiger. – Bitte.

 


10.29.46

Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Werter Herr Vi­zekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, man kann die gesamte Debatte hier leicht zusammenfassen: Das Wissenschaftsbudget, das Budget für Wissen­schaft und Forschung, steigt nicht nur, es bleibt in gewissen Bereichen gleich, das ist klar, aber es ist von den notwendigen Sparmaßnahmen ausgenommen. (Abg. Lugar: Bleibt es gleich oder steigt es? Was jetzt? Bleibt es gleich oder steigt es?) Meine Da­men und Herren, das ist das, was zählt, und das lassen wir uns hier sicherlich nicht schlecht­reden. Das kann man auch nicht schlechtreden, denn das sind Fakten und Zahlen. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Köchl: Was hast du da voriges Jahr gesagt?)

Österreich investiert in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gerade in Forschung und Ent­wicklung und in die österreichische Wettbewerbsfähigkeit. Wir haben es heute gehört: Wir haben eine Steigerung von 615 Millionen € für die Universitäten, wir haben eine Stei­gerung im Fachhochschulsektor, wir haben eine Steigerung der Mittel für die Österrei­chische Akademie der Wissenschaften und wir haben eine Steigerung für den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung.

Meine Damen und Herren, das sind die Fakten, und das kann man nicht schlechtreden, auch wenn man sich noch so gerne hier herstellt und das tut. Wünschen kann man sich immer etwas, nur, ein Budget ist kein Wunschkonzert. (Abg. Köchl: Vor einem Jahr hast du dir aber was ganz anderes gewünscht!) Wissenschaft und Forschung werden im Bud­get 2016 mit insgesamt 4,3 Milliarden € dotiert – 4,3 Milliarden €, das ist so hoch wie nie zuvor!

Die Forschungsausgaben werden 3 Prozent des BIP erreichen. Nächstes Jahr wird die Forschungsprämie 12 Prozent erreichen. Ich sage Ihnen: Wir setzen hier die richtigen Ak­zente, die dazu beitragen, die Zukunft des Standortes abzusichern und unsere Wettbe­werbsfähigkeit weiter auszubauen (Abg. Lugar: Wer ist „wir“?), und das ist schlussend­lich das, was zählt, Kollege Lugar. – Das ist das, was zählt. Sie sind ein Mann der Wirt­schaft. Damit stärken wir die Wirtschaft. (Abg. Lugar: Wer ist „wir“ und was stimmt?)

Eines möchte ich Frau Kollegin Maurer noch mit auf den Weg geben – sie ist Gott sei Dank noch im Saal –: Frau Kollegin Maurer, Bruno Kreisky hat einmal gesagt: Herr Kol­lege, lernen Sie Geschichte! Ich sage: Frau Kollegin, lernen Sie telefonieren! (Beifall bei der ÖVP.)

10.31


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Karl. – Bitte.

 


10.31.52

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Schulbereich wird gerade damit begon-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 461

nen, mehr Autonomie zu verwirklichen. Hingegen sind die Universitäten bereits mit dem Universitätsgesetz 2002 in die Autonomie entlassen worden.

Sie haben seitdem bewiesen, dass sie mit dieser Autonomie sehr gut umgehen, dass sie davon profitieren, auch wenn es nicht immer leicht ist, Autonomie tatsächlich zu le­ben, weil Autonomie natürlich auch die Übernahme von Verantwortung bedeutet.

Die universitäre Autonomie erstreckt sich aber natürlich auch auf die finanzielle Geba­rung der Universitäten. Grundlage für eine erfolgreiche finanzielle Gebarung und natür­lich auch für eine erfolgreiche Entwicklung der Universitäten ist eine entsprechende Fi­nanzierung durch die öffentliche Hand.

Es ist daher sehr erfreulich, dass es für die Leistungsvereinbarungsperiode 2016 bis 2018 insgesamt 615 Millionen € mehr an Geld gibt. In Summe können den Universitä­ten 9,73 Milliarden € zur Verfügung gestellt werden – und glauben Sie mir, dieses Geld ist an den Universitäten sehr gut investiert.

Die Bandbreite der Aufgaben der Universitäten reicht von der Gewährleistung guter Stu­dienbedingungen bis hin zur Sicherstellung eines hohen Grades an Spitzenforschung. Universitäten müssen daher nicht nur attraktive Bildungseinrichtungen, sondern auch at­traktive Arbeitgeber sein – attraktive Arbeitgeber aber nicht nur für Spitzenforscher, son­dern auch für Nachwuchswissenschafter und etwa auch für das nichtwissenschaftliche Personal. Zudem wird von ihnen verlangt, international wettbewerbsfähig zu sein und auf nationaler und internationaler Ebene Kooperationen mit Universitäten, außeruniver­sitären Einrichtungen und der Wirtschaft einzugehen.

Die Aufgaben der Universitäten sind aber nicht nur vielfältig, sondern schlicht und ein­fach unverzichtbar. Vergessen Sie bitte nicht den Mehrwert, den unsere Universitäten bedeuten! Bildung und Wissen sind wichtige Produktions- und Standortfaktoren, sichern unseren sozialen Wohlstand und das volkswirtschaftliche Niveau.

Auch in Zukunft wollen und werden unsere Universitäten ein zielgerichtetes schnelles und erfolgreiches Studium, ein modernes, innovatives Arbeiten und ein Leben in Wohlstand ermöglichen. Ich kann es nur noch einmal wiederholen: Das Geld, das unsere Universi­täten bekommen, ist sehr, sehr gut investiert. Daran besteht für mich kein Zweifel.  Vie­len Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

10.34


Präsidentin Doris Bures: Es hat sich noch der Herr Bundesminister zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Dr. Mitterlehner.

 


10.34.50

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Rein­hold Mitterlehner: Meine Damen und Herren, da ich noch Redezeit habe, möchte ich einige Dinge nicht im Raum stehen lassen, die sich da gerade in der Darstellung entwi­ckelt haben.

Zuerst darf ich an das anknüpfen, was Herr Abgeordneter Kassegger gesagt hat. Er hat das genau richtig dargestellt, was die Bewilligungsquote anbelangt. Frau Gamon, Sie haben da offensichtlich die Fakten verdreht. Richtig ist er gelegen. Zum Zweiten hat er auch die Frage der Rücklagen angesprochen. Wir haben es im Ausschuss ge­klärt. Da sind 24 Millionen € an Rücklagen vorhanden, und zwar deshalb, weil wir Pro­jekte mit einer langjährigen Finanzierung haben. Da muss man die Finanzierung sicher­stellen, und das kann man nur durch Rücklagen tun.

Wenn man das nicht als Rücklage und entsprechend als Rücklagenauflösung qualifi­ziert, dann hat man es im Budget und bringt die Rücklage nicht ins Laufen. Das gilt auch


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für Bauvorhaben und ist eine an sich seriöse Vorgangsweise. Sie können das nachher beim Rechnungsabschluss locker überprüfen.

Solche Auseinandersetzungen sehe ich einfach sachlich, aber, Herr Kollege Deimek, das, was Sie da von sich gegeben haben, ist etwas anderes. Ich meine, erstens einmal, man merkt, Ihnen geht es persönlich gut, aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu ma­chen, wie gut es uns geht. Warten wir es einmal ab! (Abg. Deimek: Schau ma mal!)

Das Zweite in diesem Zusammenhang: Ich finde es absolut unangebracht, das muss ich Ihnen ehrlich sagen, da jetzt jemanden persönlich anzugreifen wie die Frau Egerth und uns in dem Zusammenhang vorzuwerfen, wir hätten Reisen oder gar Weltreisen und Internationalisierungsbemühungen ohne Effekt initiiert.

Die FFG ist eine eigene Gesellschaft mit einem eigenen Aufsichtsrat, mit eigenen Ge­nehmigungsorganen. Das hat mit mir nichts zu tun, und der Hintergrund – Sie haben es ja auch in einer parlamentarischen Anfrage beantwortet bekommen – sind ausschließlich fachliche Zwecke. Es ist dort ein Internationalisierungspaket und eine Strategie ausge­arbeitet worden, gerade was Japan, Korea, Taiwan, Singapur anbelangt, das sind für die FFG ganz wichtige Partner, und da können Sie dann auch an den konkreten Forschungs­aktivitäten und Vermittlungen ableiten, ob das erfolgreich war oder nicht.

Forschung ist internationalisiert, das wissen Sie auch, und daher kann man nicht alles vom Standort, von hier aus betreiben. Alles andere ist aufgeklärt. Bringen Sie es nicht so, als wäre da irgendetwas nicht in Ordnung, was die Vorgangsweise anbelangt! Das ist auch gegenüber der sehr gut arbeitenden Geschäftsführerin eine nicht notwendige und aus meiner Sicht zu kritisierende Argumentation. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeord­neten der SPÖ sowie der Abgeordneten Lichtenecker.)

Zum Zweiten: Liebe Ruperta, wir haben im Ausschuss schon darüber diskutiert. Wenn wir ein Budget mit Ausgaben von 77 Milliarden € haben, dann kann nicht ein Betrag un­ter 7 Milliarden € in der Weise, in der das da immer angesprochen wird, so wenig sein. (Abg. Lichtenecker: Sie verwechseln schon wieder Äpfel mit Birnen!) Da fehlt einiges. Wir haben 9,7 Milliarden das gesamte Budget, und in dem Zusammenhang sind das na­türlich gemessen an 77 Milliarden mehr als 10 Prozent. (Abg. Lichtenecker: Das stimmt ja nicht! Auf drei Jahre!)

Es kommt noch besser: Es ist angesprochen worden, wir hätten, was unsere Ausga­ben pro Studierenden anbelangt, die Hälfte von Deutschland. Da würde ich jetzt ein­fach einmal nachlesen, und zwar gibt es da eine einfache Unterlage der OECD, „Bil­dung auf einen Blick“. Da steht Folgendes drinnen: Deutschland hat pro Student 17 157 Dollar, das ist sehr viel, wir haben 15 549. Jetzt kommt aber der entscheidende Punkt – das sind die Zahlen aus dem Jahr 2012 –: OECD – 15 028, und EU – 14 955. Also wenn man es positiv sehen will, dann liegen wir über jedem Schnitt, wenn man es negativ sehen will, dann liegen wir, und das ist unser Vorbild, bei Deutschland noch im Aufholbedarf, aber aus dem muss man dann nicht die Hälfte machen.

Bleiben wir bei den Fakten! Es ist genug zu tun, aber so schlecht, wie es manche ger­ne hätten, liegen wir nicht, und das Schlechtmachen nützt weder der Wissenschaft noch einem Studenten, das nützt gar niemandem in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.39


Präsidentin Doris Bures: Zur Untergliederung Wissenschaft und Forschung liegen mir nun keine Wortmeldungen mehr vor.

Die Debatte ist geschlossen.


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10.39.18UG 33: Wirtschaft (Forschung)

UG 40: Wirtschaft

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum nächsten Themenbereich.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kassegger. – Bitte.

 


10.39.41

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! UG 40 Wirtschaft, Budgetberatungen: Das Budget an sich gibt jetzt – umgangssprachlich gesagt – nicht viel her.

Wir haben in diesem Bereich ein Budget von ungefähr 364 Millionen €, jetzt gekürzt auf 322 Millionen €. Das ist ein Minus von rund 41 Millionen €, wobei insbesondere die Kür­zung im Bereich der thermischen Sanierung kein Signal ist, dieses Budget zu unter­stützen. Die Förderungen für die thermische Sanierung werden von 45 Millionen € auf 13,5 Millionen € gekürzt. Das ist weder wirtschaftspolitisch noch umweltpolitisch ein rich­tiges Signal. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Herr Wirtschaftsminister sitzt heute hier im Nationalrat, und zwar unter anderem auch deshalb, weil er sozusagen verantwortlich ist für den Zustand der Wirtschaft beziehungs­weise die Rahmenbedingungen, innerhalb welcher sich die Wirtschaft bestmöglich ent­wickeln kann. Ich werde das aber abschwächen und sage: Der Herr Minister ist nicht für alles zuständig, aber wir haben, und das ist ja bekannt, eine Steuer- und Abgaben­quote, die enorm ist (Vizekanzler Mitterlehner: Für das Negative auf jeden Fall!) – nein! –, ein komplexes Steuerrecht, enorme Arbeitslosigkeit und enorme Staatsschulden.

Aber Sie sind, Herr Vizekanzler, nicht allein dafür verantwortlich. In Wirklichkeit müsste nämlich Kollege Hundstorfer heute auch hier im Parlament sitzen, was die Verantwort­lichkeit für diesen Zustand betrifft. Und in Bezug darauf bringe ich jetzt eine Zahl: Wie gesagt, Wirtschaftsministerium etwa 320 Millionen €, aber Kollege Hundstorfer hat in sei­nem Ministerium, wie wir gestern gehört haben, einen Bedarf von 20 Milliarden € – nur um die Dimensionen einmal aufzuzeigen. Und die Ausgabe für diese 20 Milliarden € kann man jetzt hinsichtlich ihrer Eignung, zukunftsorientiert zu sein, auch noch überprüfen.

Wofür Sie, Herr Vizekanzler, aber sehr wohl verantwortlich sind, ist das Thema Trans­parenzdatenbank, von der schon seit Jahren geredet wird – zusammen mit Kollegen Schelling. Es gelingt aber nicht, diese Transparenzdatenbank ins Laufen zu bringen. Gleichzeitig wissen wir, dass wir in Österreich, was den Förderungsbereich betrifft, im Ver­gleich zu wettbewerbsfähigen Ländern katastrophale Quoten in dem Sinne haben, dass wir viel zu ineffizient fördern. (Beifall bei der FPÖ.)

Wofür Sie, Herr Vizekanzler, im Bereich der Wirtschaft auch verantwortlich sind, ist das Energieeffizienzgesetz. Zum Thema Bürokratieabbau ist hier schon viel gesagt wor­den, und da wäre die konkrete Frage von mir: Wie schaut es jetzt aus mit der Maßnah­menverordnung im Rahmen des Energieeffizienzgesetzes? Gibt es die? Kommt die? – Die Wirtschaft wäre sehr dankbar, zu erfahren, mit welchen Maßnahmen Sie zukünftig diesen gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen wollen.

Ich möchte auf die Wirkungsziele nicht mehr eingehen, denn das haben wir schon im Ausschuss ausführlich besprochen. Was die Ernsthaftigkeit und Sinnhaftigkeit dieser Wirkungsziele betrifft, sind wir uns, glaube ich, einig: Da besteht noch erheblicher Ver­besserungsbedarf, wenn man das ernst nehmen soll. Sie haben selbst gesagt – ich ha­be es mir aufgeschrieben –, die Wirkungsziele soll man nicht überbewerten, aber sie sol­len so gestaltet werden, dass sie ein Steuerungs- und Lenkungsinstrument sind. – Das sind sie in vielen Bereichen leider momentan nicht.


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Ich möchte meine Ausführungen mit einem Detailbereich schließen, der die österreichi­sche Wirtschaft besonders schädigt oder dieser Schaden zufügt, nämlich die unsägli­chen Russlandsanktionen. Mir ist schon klar, dass die enormen dramatischen Rück­gänge, was Import und Export mit Russland betrifft, nicht ausschließlich auf die Sank­tionen zurückzuführen sind, sondern auch mit der allgemeinen wirtschaftlichen Situa­tion der Russischen Föderation zu tun haben. Aber: Das ist ja gerade ein Punkt, wo wir jetzt nicht noch zusätzlich mit Sanktionen sozusagen draufhauen müssen. Wir Freiheit­liche sind überhaupt nicht davon überzeugt, dass diese Sanktionen Sinn ergeben. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Und weil immer das Argument vorgebracht wird: Ja, das wird auf europäischer Ebene entschieden, wir müssen das mittragen!, möchte ich sagen: Wir stellen jetzt im Rah­men der EU fest, es entschließen sich dazu größere Länder wie Deutschland oder Eng­land – wobei es in Frankreich schon massive Kritik an diesen Russlandsanktionen gibt, daran, diesen Unfug zu machen –, und die Kleinen müssen mitgehen. Dem ist nicht so, wir müssen nicht jeden Blödsinn der Europäischen Union mitmachen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen die Russische Föderation – UG 40

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene mit Nachdruck da­für einzusetzen, dass die Wirtschaftssanktionen gegen die Russische Föderation unver­züglich aufgehoben werden, beziehungsweise eine Verlängerung der Sanktionen jeden­falls abzulehnen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

10.44


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger und weiterer Abgeordneter betreffend die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen die Russische Föderation – UG 40

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.)

Mitte Juni 2015 haben sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union darauf geei­nigt, die im Juli 2014 verhängten Sanktionen gegen die Russische Föderation um wei­tere sechs Monate – also bis Jänner 2016 – zu verlängern. Diese Strafmaßnahmen be­treffen vor allem Russlands Energiewirtschaft sowie den Verteidigungs- und Finanz­sektor.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 465

Diese Politik der Europäischen Union gegen Russland hat mittlerweile beachtlichen Schaden für die Volkswirtschaft der Republik Österreich gebracht. Laut Statistik Austria sind die österreichischen Exporte im Jahr 2014 – verglichen mit dem Jahr 2013 – um 8 Prozent zurückgegangen. Noch dramatischer sind die Zahlen für das 1. Quartal 2015 zum Vergleichszeitraum: So sind die Einfuhren um 48,7 Prozent sowie die Ausfuhren um 39,8 Prozent gesunken.

Sogar auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft wird die Studie des WIFO „Makroökonomische Effekte des Handelskonflikts zwischen der EU und Russland“ aus dem Dezember 2014 folgendermaßen zusammen­gefasst:

„Das WIFO berechnet diese Gesamteffekte für Österreich aufgrund des nicht vorher­sehbaren weiteren Verlaufs der Krise über drei Szenarien und kommt dabei zu dem Schluss, dass die Sanktionen gegen Russland zwischen 9.000 und 45.000 Arbeitsplät­ze gefährden könnten und die Wertschöpfung zwischen 0,6 und 2,9 Mrd. € gedämpft werden könnte.“

(http://www.bmwfw.gv.at/Aussenwirtschaft/Seiten/Bundesregierung unterstuetzt-Unterneh­men.aspx; abgerufen am 06. Juli 2015)

Das WIFO kommt in der o.a. Studie weiters zu folgendem Ergebnis:

„Kurzfristig ist von den Export- und Tourismusausfällen und deren Rückwirkungen auf Exporteure und deren Lieferanten 0,2% der Beschäftigung betroffen; im ungünstigsten Fall (…) steigt dieser Anteil auf 1,1%. Die BIP-Effekte liegen zwischen 0,2% und 1%.“

Gerade in Hinblick auf die österreichische Staatsverschuldung und die Zahl der Arbeits­losen – in beiden Bereichen haben wir einen historischen Höchststand erreicht – scheint die Politik gegen Russland auch aus eigenem Interesse verantwortungslos.

Dies verdeutlichen die folgenden Zitate:

„Die Zahl der Jobsuchenden ist auch im Juni weiter gestiegen. 381.898 Personen (in­klusive Schulungen) waren auf Jobsuche, ein Zuwachs im Jahresvergleich von 7,7 Pro­zent. Immer dramatischer wird die Lage für Langzeitarbeitslose, 32.720 Personen wa­ren länger als ein Jahr ohne Arbeit, eine Zunahme von 182 Prozent. Die Arbeitslosen­quote stieg um 0,9 Prozent auf 8,3 (Eurostat-Berechnung: 6) Prozent. […]

Doch nicht nur vom Arbeitsmarkt ist derzeit keine Entspannung zu vermelden. Auch was die öffentlichen Schulden betrifft geht es weiter bergab, oder eigentlich bergauf. Der Schul­denstand hat einen historischen Höchstwert erreicht. Laut Daten der Statistik Austria betrug er am Ende des ersten Quartals 280,2 Mrd. Euro oder 84,9 Prozent des BIP. Da­mit stiegen die Schulden im Vergleich zum Dezember noch einmal um 0,3 Prozent des BIP. Ein noch deutlicheres Plus zeigt sich im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjah­res. Hier ergibt sich ein Anstieg von 17,2 Mrd. bzw. 3,8 Prozent des BIP.“

(http://www.boerse-express.com/pages/1565603; abgerufen am 06. Juli 2015)

Trotz dieser negativen Auswirkungen plant die Europäische Union offenbar eine Ver­längerung der Sanktionen.

„Diese Sanktionen werden ganz sicher fortgesetzt und verlängert“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts vor wenigen Tagen in Berlin.

So berichten die Deutschen Wirtschafts Nachrichten vom 23.11.2015 unter anderem, dass vier europäische Regierungschefs im Alleingang mit den USA entschieden ha­ben, die Sanktionen gegen Russland zu verlängern. Nämlich Deutschland, Großbritan­nien, Italien und Frankreich.

Nicht zuletzt im Interesse der heimischen Wirtschaft stellen die unterfertigten Abgeord­neten daher nachstehenden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 466

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf Europäischer Ebene mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass die Wirtschaftssanktionen gegen die Russische Föderation un­verzüglich aufgehoben werden, bzw. eine Verlängerung der Sanktionen jedenfalls ab­zulehnen.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


10.45.08

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kassegger hat es bereits angeschnitten: Es ist auch im Kapitel Wirtschaft zu Kürzungen gekommen, aber ganz wichtig ist, dass wir und das Ministerium geschaut haben, dass die Mittel, die zur Ver­fügung stehen, ganz effizient eingesetzt werden.

Wenn man sich die allgemeine Wirtschaftsentwicklung und Finanzentwicklung anschaut, dann sieht man – zum Beispiel bei den AWS-Punkten –, dass wir aufgrund der guten Zinslage weggehen von den Förderungen hin zu mehr Haftungen und Garantien. Wir ha­ben gerade bei der Jungunternehmerförderung, die ein ganz wichtiges Instrument ist, die Garantien auch in der Austria Wirtschaftsservice GmbH von 200 Millionen auf 300 Mil­lionen € erhöht. Das ist eine Erhöhung um ein Drittel. Das ist eine richtige und wichtige Maßnahme, insbesondere auch deshalb, weil die Jungunternehmer ja heute auf neue Fi­nanzierungsmöglichkeiten, die wir bereits geschaffen haben, wie das Crowdfunding, zu­rückgreifen können.

Wir haben im Tourismusbereich – darauf wird mein Kollege Obernosterer noch einge­hen – den gesamten Förderbereich unverändert gelassen, was auch ein sehr wichtiger Impuls ist. Der Tourismus ist bekanntlich das Aushängeschild der österreichischen Wirt­schaft beziehungswiese ein ganz bedeutendes Aushängeschild, und wir haben auch in diesem Bereich die richtigen Maßnahmen gesetzt.

Ganz wichtig – und das ist ein Punkt, der für uns besonders wichtig ist – ist die Austrian Business Agency, wo wir schauen, dass wir mehr internationale Unternehmen nach Ös­terreich bekommen, um zwar mit dem Schwerpunkt, internationale Start-Ups nach Ös­terreich zu bekommen. Auch in diesem Bereich haben wir mit fast 5 Millionen € eine Do­tation, die unverändert geblieben ist. Das ist auch ein ganz wichtiger Standortfaktor.

Wenn man sich die ganze Unternehmungsgründungsdynamik in Österreich anschaut, dann sieht man, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Unternehmer wollen ja selbst et­was bewegen, und wenn man sieht, dass wir in Österreich jedes Jahr fast 30 000 Unter­nehmensneugründungen haben, dann können die Rahmenbedingungen nicht so schlecht sein, wie immer wieder behauptet wird. Ich denke, dass wir auch in diesem Bereich die richtigen Maßnahmen setzen.

Auch die Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft – wir verdienen 6 von 10 € im Ausland – ist ein wesentlicher Faktor, und mit „go-international“ und mit der Dotation von 56 Millionen € ist auch da das ganze Kapitel schön abgesichert.

Wenn ich jetzt sage, es geht um Impulse, Arbeitsmarkt, Wirtschaftsstandort, dann darf ich auch anführen, dass wir zum Beispiel mit dem Wohnbauprogramm bereits 10 000 Woh­nungen über die ARA bau GmbH auf Schiene haben. Da geht es um ein Investitionsvo­lumen von 2 Milliarden €. Und wir wollen in den nächsten Jahren 30 000 neue Wohnun-


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gen bauen, was insgesamt ein Volumen von 6 Milliarden € darstellt. Das ist ein richtiger und wichtiger Schritt, nämlich nicht nur für den Standort und als Impuls für die Wirtschaft, sondern auch für den Arbeitsmarkt, denn es werden damit auch 20 000 neue Arbeits­plätze geschaffen. Und damit haben wir immerhin einen BIP-Faktor-Impuls von 0,4 Prozent.

Hinzu kommen noch Maßnahmen wie die Lohnnebenkostensenkung, die auch beim Ar­beitsmarktgipfel beschlossen worden ist. Die Lohnnebenkosten sind immer gestiegen, jetzt geht es endlich einmal runter. Ich glaube, es ist nach Jahrzehnten der Steigerung ganz, ganz wichtig, dass wir in diesem Bereich endlich eine Trendwende herbeiführen.

Summa summarum können wir bei der Betrachtung der Maßnahmen sagen, dass man nicht immer pessimistisch sein sollte, sondern man sollte optimistisch sein. Die Unter­nehmer haben viel Kraft. Danke für den fortwährenden tollen Einsatz und danke für die gute Kooperation mit den Arbeitnehmern.

Österreich ist mit diesen Maßnahmen für den Wirtschaftsstandort auf einem guten Weg, und wir können optimistisch in die Zukunft gehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.49


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lich­tenecker. – Bitte. (Abg. Lichtenecker spricht kurz mit Vizekanzler Mitterlehner.)

 


10.49.16

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Damen und Herren! Ich habe gerade zum Herrn Vi­zekanzler gesagt, wir machen jetzt ein Tutorium zum Thema: Wie lese ich die Budget­zahlen?

Wir sind vorhin mit einer tatsächlichen Berichtigung zur UG 31 leider etwas zu spät ge­wesen, ich muss das aber richtigstellen. Und zwar: Für Wissenschaft und Forschung sind, wie im Bundesvoranschlag nachzulesen ist, 4,2 Milliarden € für kommendes Jahr geplant. In der UG 33 sind es 101 Millionen €, in der UG 34 sind es 428 Millionen €, und das ergibt zusammen eine Summe von 4,8 Milliarden €. Das sind von der Gesamt­budgetsumme von 77 Milliarden € ganze 6,2 Prozent. – Das als Klar- und Richtigstel­lung des vorhin Gesagten. (Beifall bei den Grünen.)

Nun komme ich zum Bereich UG 33: Wirtschaft (Forschung), und zur UG 40: Wirtschaft. Wir werden heute mit Sicherheit noch viele Beispiele für Rankings hören, ich möchte jetzt ein zentrales herausgreifen, wo sich Österreich selbst, wo sich die österreichische Bundesregierung das Ziel gesetzt hat, voranzukommen, und das ist der Innovation Uni­on Scoreboard, wo wir seit 2009 jährlich um einen Platz zurückgefallen sind – inzwi­schen sind wir vom Platz sechs auf Platz elf gelandet.

Herr Minister, da müssen selbstverständlich die Alarmglocken läuten. Denn: Was heißt denn das für die Wirtschaft? Was heißt das für die gesamte Entwicklung? Was heißt das für die Innovationskraft? – Ich meine, genau da müssen wir mehr fokussieren, mehr Schwerpunkte setzen und entsprechend voranschreiten.

Nächster Punkt: die Forschungsprämie, die heute auch schon genannt wurde. Die For­schungsprämie wurde 2011 von 8 Prozent auf 10 Prozent erhöht, jetzt von 10 Prozent auf 12 Prozent. Ja, Österreich hat ein gutes System der Forschungsförderung mit der Kombination aus direkter und indirekter Forschung. Nichtsdestotrotz halte ich es in Zei­ten von begrenzten Ressourcen für dringend notwendig, dass man die Effizienz prüft. Meine Damen und Herren, es geht überhaupt nicht, dass man nicht einmal einen Blick darauf wirft und schaut, wie effizient diese Mittel verwendet werden. Es gibt bis zum heutigen Tag keine Evaluierung der indirekten Forschungsförderung, und man geht frisch-fröhlich her und macht einen noch größeren Bug. Wir fordern hier Transparenz und Klar­heit und eine entsprechende Evaluierung ein.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 468

Wir halten es gleichzeitig aber auch für notwendig, verstärkt den Fokus auf kleine und mittelständische Unternehmungen zu legen. Das sind diejenigen, die mit voller Kraft auch zu ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stehen, diese auch in schwierigen Zeiten durch die Krise tragen, und das auch im Hinblick darauf, dass das ja die große Qualität eines Unternehmens ist, nämlich die engagierten, qualifizierten Mitarbeiter. Insofern glauben wir, dass es notwendig ist, darauf einen entsprechenden Fokus zu legen, einen entspre­chenden Bonus bei der Forschungsprämie für die klein- und mittelständischen Unter­nehmungen einzuführen.

Außerdem halten wir es für einen Fehler, dass man die steuerliche Begünstigung der Diensterfindungsprämie für Mitarbeiter bei Innovationen abgeschafft hat. Das ist, wie ge­sagt, ein Fehler. Ich glaube, dass wir daran arbeiten müssen, diesen wieder rückgängig zu machen.

Zum Thema Budgetwahrheit und -klarheit: Meine Damen und Herren, wir haben in die­sem Budget, insbesondere bei der UG 33, durchaus Handlungsbedarf. Da gibt es nur mehr Grobstrukturen, und zwar werden da 101 Millionen € unter drei Kategorien ange­geben. Und dann ist Ende der Durchsage! Das wäre so, wie wenn ich einen Budget­voranschlag zum Hausbauen einholen würde und de facto drei Positionen hätte: den Keller, das Haus und das Dach. Das kann so nicht gehen! Wir brauchen bei den Bud­gets Transparenz und Klarheit, denn nur so sind sie auch nachvollziehbar.

Ähnlich gelagert ist das auch bei den Rücklagen. Da ist kaum mehr nachvollziehbar: Was heißt denn das jetzt? Woraus wird denn die Filmförderung tatsächlich beglichen, auch wenn die Mittel dann da sein werden, aus den Rücklagen? – Herr Minister, ich rich­te hier das Ersuchen an Sie, auch da die entsprechenden Schritte zu setzen und Trans­parenz zu schaffen.

Bei der Wirtschaftsförderung halten wir es für einen schweren Fehler, dass die Mittel für die thermische Sanierung in der UG 40 derartig reduziert wurden. Das ist ein Feh­ler, was den Klimaschutz anlangt, und das ist ein Nachteil für die Handwerksbetriebe in der Region und selbstverständlich auch ein großer Nachteil für die Arbeitsplätze. Das Gleiche gilt für die fehlenden Mittel für den Fernwärme- und Fernkälteausbau. Und dass der Klimafonds ausgeräumt wurde, ist auch ein enormer Nachteil, und zwar für den Wirt­schaftsstandort insgesamt.

Ich darf Ihnen, Herr Vizekanzler, in diesem Zusammenhang ein aktuelles Interview vom Chef der KMU-Forschung Austria zur Kenntnis bringen, in welchem darüber be­richtet wird, wie schwierig die Wirtschaftslage ist, insbesondere für die klein- und mit­telständischen Unternehmen. Da wird – ich zitiere – klar gesagt:

„Wir brauchen mehr Wohnungen, Kindergärten und Schulen sowie mehr thermische Sa­nierungen. Die öffentliche Hand müsste hier vorpreschen und vorfinanzieren.“

Der Nachsatz dazu lautet:

„Über diese Förderungen im Bauwesen wird mehr Geld ins Budget zurückfließen, als aus­gegeben wird.“

Also auch aus Sicht der Expertinnen und Experten mit langjähriger Erfahrung kommt die klare Ansage: mehr Geld für die thermische Sanierung!

Insgesamt gesehen ist dieses Budget auch kein gutes Zeichen für sehr moderne Berei­che wie die Umwelttechnikwirtschaft. In diesem Bereich haben wir in Österreich, und zwar in allen Bundesländern, hochinnovative Unternehmen, die großartige Arbeit leis­ten. Es fließen enorme Mittel in die Internationalisierungsoffensive zur Wirtschaftskam­mer, aber gleichzeitig werden gerade einmal 7 Prozent dieser Summe ausgegeben, um Energietechnik, Umwelttechnik voranzutreiben, und das, obwohl das ein globaler Markt ist, der enorm wächst, und es Schätzungen gibt, dass bis 2025 rund 4,4 Billionen € in diesem Markt umgesetzt werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 469

Summa summarum also ein Budget, das sich bei den Förderungen nach der Decke streckt. Bei aller Notwendigkeit der Effizienzsteigerung glauben wir, dass es dringend not­wendig gewesen wäre, einerseits die Mittel im Forschungsbereich zu erhöhen und an­dererseits einen klaren Schwerpunkt auf die Zukunft der klein- und mittelständischen Un­ternehmungen zu legen und insbesondere zur Förderung des Klimaschutzes die ther­mische Sanierung voranzutreiben. (Beifall bei den Grünen.)

10.57


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Matz­netter. – Bitte.

 


10.57.10

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler und Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist jetzt 95 Minuten her, dass im Wirtschaftsparlament unser Finanzminister Hans Jörg Schelling die Aussage des Wirt­schaftskammerpräsidenten Leitl, dass wir im Tal und nicht mehr an der Spitze in Euro­pa sind, bei der Eröffnung relativiert hat. Er hat darauf hingewiesen, dass, wenn man sich die Entwicklung der letzten zehn Jahre anschaut, Österreich weiterhin in der Spit­zengruppe ist. – Und ja, der Herr Finanzminister hat recht!

Um das zu begründen, möchte ich jetzt auf ein paar Dinge verweisen. Die negativen Dinge sind gestern schon beim Kapitel Soziales und Arbeit diskutiert worden. Schauen wir uns einmal den Vergleich zwischen dem Jahr 2007, dem letzten Jahr vor der Krise, und dem Jahr 2014 an.

Es stimmt, wir haben bei der Arbeitslosigkeit einen Anstieg von 4,9 Prozent im Jahr 2007 auf 5,6 Prozent im Jahr 2014. Das ist ein Anstieg von 14,28 Prozent, also eine Er­höhung um ein Siebentel. Das ist bitter! Das ist ein Problem und ein Grund dafür, dass die Bundesregierung entschiedene Maßnahmen setzt, um gegen die ansteigende Ar­beitslosigkeit zu kämpfen. Die Kapitel, vom Wohnbau angefangen, wurden schon be­sprochen.

Aber die wirkliche Aussage darüber, wie gut der Rahmen und wie gut der Wirtschafts­standort ist, kann nur mit Hard Facts erläutert werden. Ich weiß, da kommt man dann immer mit diese „netten“ Rankings, die zur Hälfte auf irgendwelchen Umfragen basie­ren: Wie ist der Zugang zum Golfplatz für Manager?, und ähnliche Dinge. Ehrlicherwei­se muss man aber sagen: Das ist halt nicht so aussagekräftig! Ich weiß, Professor Schneider hat uns im Budgethearing erklärt, dass er die Schwarzumsätze durch Um­fragen bei den Unternehmen feststellt. Auch eine interessante Methode, finde ich toll, die Funktionalität davon, dass man Schwarzumsätze durch Telefonumfragen erfragt, möchte ich allerdings bezweifeln.

Hard Facts sind Fakten, die man messen kann. Und wenn man sich diese anschaut, dann sieht man, dass das Volumen unseres Güterexports, also das Volumen dessen, was an beweglichen Produkten aus Österreich exportiert wurde, von 114,68 Milliar­den € im Jahr 2007 auf 128,11 Milliarden € angestiegen ist. Das ist ein Anstieg von 11,71 Prozent. Und schaut man sich die Dienstleistungen an, so sieht man, dass deren Volumen von 38,7 Milliarden € auf 50,6 Milliarden €, also um 30,75 Prozent angestie­gen ist. Infolgedessen kann man sagen, dass es insgesamt zu einem Anstieg unserer Leistungsbilanz in den Jahren von 2007 bis 2014 kam, und das trotz Krise, trotz höhe­rer Importe, trotz des Anstiegs der Rohstoffpreise, den es in dieser Zeit gegeben hat. Wir weisen eine durchgängig positive Leistungsbilanz vor.

Aufgrund dessen kann man sagen: Unsere Wirtschaft ist voll konkurrenzfähig! Hören Sie daher auf mit dem Schlechtreden in diesem Bereich! (Beifall bei der SPÖ.)

Einer der Gründe dafür ist die gute Wirtschaftspolitik, die diese Bundesregierung macht. (Zwischenruf des Abg. Höbart.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 470

Und was das eine Kapitel, das Ruperta Lichtenecker vorhin angesprochen hat, betrifft, nämlich Forschung und Entwicklung: Schauen wir uns doch die F&E-Quote an! (Abg. Höbart: Bleiben Sie in der Wirtschaftskammer!) Wir sind von 2,43 Prozent im Jahr 2007 inzwischen bei 2,99 Prozent im Jahr 2014. Heuer werden wir bei über 3 Prozent sein und sind auf Platz vier in Europa. Das ist vorausschauende Wirtschaftspolitik und kein Grund, den Standort und die Rahmenbedingungen schlechtzureden. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Dieses Land hat eine gute Wirtschaft. (Abg. Höbart: Das reden sie Ihnen in der Wirt­schaftskammer ein!) Wir sind gut platziert und wir haben eine Bundesregierung, die die Rahmenbedingungen vernünftig gestaltet hat. Zum Glück ist die FPÖ nicht mehr da­bei – damals war es nämlich deutlich schlechter, Herr Kollege! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Höbart: Das glauben Sie aber selbst nicht! Wirtschaftskammerfunktionär! – Zwi­schenruf des Abg. Peter Wurm.)

11.00


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Schellhorn zu Wort. – Bitte.

 


11.00.46

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister und Vizekanzler! Gestatten Sie mir eine Bemerkung, weil Sie in der Verantwortung als Frak­tionschef und Vizekanzler in Ihrer Funktion sozusagen auch für dieses Budget verant­wortlich sind.

Eine unternehmerische Weisheit sagt, Schulden kann man nicht mit neuen Schulden be­kämpfen. – Ich weiß, dass Sie vom unternehmerischen Denken her nicht so weit sind, aber ich als Unternehmer empfinde es so.

Und weil Sie vorhin von Storys gesprochen haben, möchte ich schon einmal sagen, dass es mir ein bisschen schwerfällt, wenn ich Ihre Storys so mitverfolge, auf deren Um­setzung zu warten. Sie hatten ja einmal ganz gute Ansätze: Zum Beispiel im Zusam­menhang mit der österreichischen Tourismusstrategie – da waren Sie immerhin schon zwei Jahre als Minister für dieses Ressort verantwortlich – sprachen Sie – beziehungs­weise wurde das so festgehalten, es ist ja dokumentiert – von einer Abschreibungs­dauer von 15 Jahren. Sie sprachen – und so wurde es dokumentiert – von einem Büro­kratieabbau, von der Abschaffung von Bagatellsteuern und dem Dauerbrenner Gewer­beordnung.

Und wenn dann auch noch Wirtschaftsbund-Generalsekretär Haubner davon spricht, dass – ich freue mich für den Tourismus! – die richtigen Schritte eingeleitet wurden, dann darf ich auch daran erinnern, dass selbst der jetzige Herr Vizekanzler und damalige Wirt­schaftsminister davon gesprochen hat, dass die Stärkung der KMU und Tourismusun­ternehmen im Budget 2014 verankert wurde, dass die Stärkung des Standortes veran­kert werden musste. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Und in diesem Budget spre­chen Sie von: Stärkung der KMU und Tourismusunternehmen, Stärkung des Standor­tes. – Das sind wirkliche Storys, das muss man sagen. Hut ab!

Diesbezüglich muss ich Kollegin Lichtenecker beipflichten: Wenn man von Zukunft spricht, dann darf man nicht nur Storys schreiben, sondern dann muss man auch umsetzen. Schauen wir uns jetzt einmal den Wahrheitsgehalt Ihrer Ansagen und Aussagen an!

Tatsache ist: Die AfA wurde nicht auf 15 Jahre verkürzt, sondern da haben Sie einfach versagt, da ist Ihre Ankündigung einfach eine Fehlanzeige, nämlich insofern, als die AfA auf 40 Jahre ausgeweitet wurde. Mit der Steuerreform und der Verlängerung der AfA zerstören Sie im Wesentlichen die lokale Wirtschaft und vor allem den touristischen Be­reich. Und dann kann Kollege Haubner nicht davon sprechen, dass das die richtigen Schritte sind.


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Was ist betreffend Bürokratieabbau geschehen? – Sie wissen ganz genau, dass da über­haupt noch nichts geschehen ist! (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Was die Bagatellsteuern betrifft, erinnere ich an die Schaumweinsteuer. Die hat bei Wei­tem nicht das gebracht, was Sie hier angekündigt haben, die hat bei Weitem nicht das gebracht, was Ihr Finanzminister mit 32 Millionen € budgetiert hat.

Wenn man das potenziert mit Ihrer Betrugsbekämpfungsbudgetierung, will ich mir nicht vorstellen, dass das auch nicht eintritt, denn dann wären wir ganz schön am „Semmerl“. Dann wissen wir gar nicht mehr, wie es weitergeht. (Beifall bei den NEOS.)

Zur Modernisierung der Gewerbeordnung: Der Antrag wurde sogar von den Kollegen Matznetter und Haubner eingebracht, aber das ist, glaube ich, wieder schubladisiert wor­den. – Sie schaffen keine Arbeitsplätze, obwohl es das einfachste und schnellste Instru­ment wäre, Arbeitsplätze zu schaffen, wenn Sie die Gewerbeordnung endlich reformie­ren würden. (Beifall bei den NEOS.)

Das Folgende ist auch mir ein persönliches Anliegen. Sie können jetzt nicht hergehen und sagen, Sie haben das ÖW-Budget erhöht. Nein! Der Mitgliedsbeitrag ist in den letz­ten Jahren immer gleich geblieben, und er bleibt auch für das nächste Jahr gleich. Sie haben nur eine einmalige Erhöhung von 4,1 Millionen € zugesagt. Ich glaube, wenn Sie in die Zukunft investieren wollen, wenn Sie der Tourismusbranche auch einmal et­was Gutes tun wollen und sie nicht nur am Schopf packen und ins Wasser tauchen, dann sollten Sie auf lange Sicht endlich einmal dieses ÖW-Budget harmonisieren.

Ich sage Ihnen auch Folgendes: Wenn es dann wieder heißt, jedes fünfte Unterneh­men in diesem Land baut Mitarbeiter ab, dann sind das besorgniserregende Zeichen. Und da können Sie nicht sagen, dass eine Interessenvertretung daran schuld sei, weil sie negative Stimmung macht. Für diese negative Stimmung sind Sie verantwortlich, das ist Ihre Verantwortung als Regierungsmitglied, weil Sie negative Stimmung schaffen. Es liegt nicht im Instrumentarium des Unternehmers, für alles Positive zu sorgen, son­dern er kann nur auf Basis dessen agieren, wie Ihr Budget gestaltet ist, wie Sie die Steuern nachweislich erhöhen – nachweislich erhöhen! – und vor allem, wie Sie den Tou­rismus damit drangsalieren. Und das kann nicht sein!

Lieber Herr Vizekanzler, lieber Herr Parteichef! Sie sollten nicht nur verhindern, sondern Sie sollten Unternehmertum ermöglichen. Das sollte Ihr Ziel sein. – Danke vielmals. (Bei­fall bei den NEOS.)

11.06


Präsident Karlheinz Kopf: Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordne­tem Mag. Lettenbichler. – Bitte.

 


11.06.14

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vi­zekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir befinden uns in fordernden Zeiten. In diesen Tagen stehen natürlich insbesondere die Themen Sicherheitspolitik und Inte­grationspolitik im Vordergrund, darüber hinaus bedürfen aber auch sowohl die Wirt­schafts- und Beschäftigungspolitik als auch die Konjunktur- und Arbeitsmarktentwick­lung höchster Aufmerksamkeit. Und dies alles geschieht natürlich vor dem Hintergrund knapper werdender budgetärer Mittel und der Pflicht eines verantwortungsvollen Um­gangs mit ebendiesen. Diesen Herausforderungen gilt es sich zu stellen – das tut diese Bundesregierung –, und es gilt, diese auch erfolgreich zu bewältigen.

Es ist nicht zu verhehlen, dass es im Bereich der Untergliederung Wirtschaft eine Re­duktion der Ausgaben gibt. Das ist selbstverständlich nicht unbedingt erfreulich, aber zur Erreichung eines ausgeglichenen Haushaltes – und wir hören ja immer wieder von der Opposition, dass so etwas gefordert wird – und zur Reduktion des strukturellen De-


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fizits ist auch hier ein Beitrag zu leisten, eben auch, um in der Zukunft noch Handlungs­spielraum zu haben.

Bei genauerer Betrachtung kann man insgesamt erkennen, dass sich die nunmehrigen Ausgaben des Bereiches Wirtschaft – das ist verantwortungsvoller Umgang mit den Res­sourcen – noch mehr auf jene Bereiche konzentrieren, welche den größten Beitrag zu einer positiven Konjunktur- und Arbeitsplatzsicherung leisten. Darauf müssen wir aktu­ell auch unser Hauptaugenmerk richten.

Gerade in einem so exportorientierten Land, wie es Österreich nun einmal ist – und das ist auch schon angesprochen worden –, ist das Hauptaugenmerk auf den Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen und die Internationalisierungsoffensive zu richten.

Besonders erfreulich ist, dass bei der Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft so­wie im Bereich Innovation und Technologietransfer mit dem Halten der Fördersumme von immerhin über 100 Millionen € ein wichtiges Zeichen für die betriebliche F&E ge­setzt wurde.

Darüber hinaus setzt die Bundesregierung im Bereich der Konjunktur und des Arbeits­marktes Akzente auch für eine nachhaltige Wirtschaftsbelebung. Gerade mit der jüngst beschlossenen Senkung der Lohnnebenkosten ist eine langjährige Forderung umgesetzt worden. Mit einer Reduktion von fast 1 Milliarde € durch die Senkung der Dienstgeber­beiträge in zwei Stufen werden Österreichs Unternehmen bedeutend entlastet. Dies setzt einen wichtigen Schritt zur Attraktivierung des Arbeits- und Industriestandortes Öster­reich, auch wenn noch weitere Schritte, wie zum Beispiel im Bereich der Arbeitszeitfle­xibilisierung, folgen mögen. Die beschlossene Entlastung des Faktors Arbeit – oftmals gefordert; hier gibt es nun eine Trendumkehr – fördert die Investitionen der Betriebe und wird ein Motor für Wachstum und Beschäftigung sein.

Und einmal mehr sei von dieser Stelle aus auch gesagt, dass es zu keiner Senkung bei Familienleistungen kommen wird.

Ja, ich habe es schon gesagt, es gibt Einsparungen im Budget, aber es werden gleich­zeitig auch die richtigen Hebel betätigt, um die Wirtschaft zu beleben. Mit der Wohn­bauoffensive, dem Ausbau der Straßen-, Eisenbahn- und Breitbandinfrastruktur, einer aktiven Arbeitsmarktpolitik, einer umfassenden Steuerreform sowie der Lohnnebenkos­tensenkung werden entscheidende Entlastungen und Wachstumsimpulse gesetzt. Dies wird einen deutlichen Einfluss auf die Konjunktur ausüben und zusätzliche Investitionen und Arbeitsplätze schaffen – was auch führende Wirtschaftsforscher bestätigen. (Abg. Pe­ter Wurm: Wer sagt das?)

Wie Sie sehen, agiert die Bundesregierung in diesen schwierigen Zeiten umsichtig und sehr verantwortungsvoll im Sinne unserer Unternehmerinnen und Unternehmer, aber auch im Sinne unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (Abg. Peter Wurm: Das war jetzt aber schön formuliert, die Rede!) Das sollten auch Sie anerkennen und dem­entsprechend unterstützen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.10


Präsident Karlheinz Kopf: Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordne­tem Steinbichler. – Bitte. (Abg. Steinbichler begibt sich zum Rednerpult und deponiert dort ein Bild eines Schiffes. – Abg. Wöginger: Schon wieder das Schiff? – Abg. Stein­bichler: Herr Kollege Wöginger, natürlich das Schiff!)

 


11.10.45

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident, dan­ke für die Worterteilung! Sehr geehrter Herr Minister! Frank Stronach würde sagen, er ist der wichtigste Minister in diesem Land. (Abg. Cap – auf das Bild weisend –: Das ist verkehrt!) Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, lie­be junge Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie – es geht um eure Zukunft – und


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vor den Fernsehgeräten! Das Budget ist die Grundlage … (Abg. Cap: Leo, das Bild ist verkehrt! – Abg. Rädler: Das ist das falsche Taferl! – Abg. Obernosterer: Das war schon gestern da!) – Was ist da verkehrt? (Der Redner kontrolliert das Bild des Schiffes, das korrekt aufgestellt ist.) – Bei manchen Kollegen ist anscheinend nicht die ganze Realität da, aber danke für den Hinweis! Ich bin froh, wenn sich jemand um mich sorgt.

Das Budget ist die Grundlage für die Wirtschaft, aber ich denke, noch viel wesentlicher als das Budget ist die Stimmung, die Grundstimmung in der Bevölkerung. Ich meine, es ist ganz wesentlich, dass wir draußen bei der Bevölkerung eine unternehmerfreund­liche, eine arbeitnehmerfreundliche Stimmung erzeugen, weil das das wichtigste Um­feld ist: Optimismus, positive Stimmung, dass Wirtschaft stattfindet, dass Wirtschaft ge­macht wird, dass produziert wird und dass Löhne und Steuern gezahlt werden können. Ich glaube, das ist das Wesentliche. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich habe deshalb das Schiff auf das Rednerpult gestellt, weil ich denke, dass wir auch im Wirtschaftssystem zu einem fairen System finden müssen, zu einem fairen System auf Basis der Sozialstandards, auf Basis der Produktionsstandards und – ganz wesent­lich – natürlich auch auf Basis der Finanzstandards. Ich darf, nachdem ich ganz kurz auf Kollegen Matznetter eingegangen bin, ein erstes Beispiel bringen.

Kollege Matznetter hat Hard Facts angesprochen. Natürlich sind diese notwendig, aber ich denke, ich bringe gleich einmal den ersten Soft Fact aus den letzten zwei Tagen der Debatte. Ich habe es wegen seiner Wichtigkeit bewusst für den heutigen Tag auf­geho­ben und nicht gestern bei der Agrardebatte gebracht.

Durch die Wegnahme dieses Agrardiesels, der Agrardieselförderung in Höhe von 50 Mil­lionen €, hat die regionale Wirtschaft 50 Millionen € Auftragsvolumen verloren: der re­gionale Landmaschinenhandel, die regionale Landmaschinenindustrie und selbstverständ­lich auch die regionale Bauwirtschaft.

Diese 50 Millionen € werden von den Bäuerinnen und Bauern nicht investiert, weil sie das Geld nicht kriegen, und damit können sie es nicht investieren und stellen Investi­tionen zurück. So ist das beim Tourismus, so ist das in allen anderen Bereichen, leider ganz besonders auch bei der Gastronomie und bei der Hotellerie. Dort stöhnt man so­wieso unter der Kriminalisierung, angefangen bei der Registrierkassenpflicht bis zum Rauchverbot, und den ständigen neuen Auflagen, den ständigen neuen Erschwernis­sen. Wir brauchen dort positive Unterstützung! Das ist der beste Boden für ein positi­ves Wirtschaftsfeld. (Beifall beim Team Stronach.)

Diese faire Wirtschaft darf aber bitte nicht aus Pickerln bestehen, sonst sind wir genau dort, wo wir auch bei den Lebensmitteln sind – wir würden wahrscheinlich 120 verschie­dene Qualitätspickerl haben und keines ist so richtig gültig und ehrlich –, sondern wir brauchen ein faires Wirtschaftssystem.

Da möchte ich auch ganz besonders das Finanzsystem ansprechen und fordern, dass wird wegkommen von den Spekulationen, von jenen Gewinnen, die unserem Wirtschafts­system entzogen werden und irgendwo in steuerfreien Ländern landen.

Ich habe als kleines Beispiel den Handel mit der Umwelt mitgebracht. Es ist ja ganz in­teressant, dass gerade der heutige „Standard“ (einen Teil der Zeitungsausgabe in die Hö­he haltend) über die Brandrodungen in Indonesien berichtet, und Dr. Tassilo (Vizekanz­ler Mitterlehner: Der heißt Wallentin!) hat bereits auf die Flüchtlingsproblematik hinge­wiesen. Man hätte heute hier auch das Bild von dem Boot mit den Flüchtlingen, näm­lich mit den Wirtschaftsflüchtlingen, herstellen können. Ich sage, das bringt überhaupt nichts. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mitterlehner.)

Wir müssen zwar kategorisieren in Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlinge, aber wir werden – und danke, Herr Minister, du hast eine klarere Gangart angesprochen – diese Wirtschafts­flüchtlinge auch mit zehn Meter hohen Zäunen nicht aufhalten können, wenn wir ihnen


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die Lebensgrundlage vor Ort entziehen. Und das passiert, und ich denke, da ist es egal, ob es in Mato Grosso diese extremen Urwaldrodungen sind oder Ähnliches anderswo.

Jetzt ist bald der Umweltgipfel in Paris, und ich bin neugierig, was dort besprochen wird. Brasilien erklärt, seit einem Jahr gibt es keine Rodungen – und in Wirklichkeit wurde die fünffache Fläche von Berlin für neue Sojaanbauflächen, für Palmölanbauflächen gerodet. Ich denke, das ist das Hauptproblem, und da gilt es einzugreifen.

Ein Punkt, der auch noch sehr wesentlich wird, ist natürlich TTIP. Das ist anzuspre­chen. Ich denke, wenn jetzt 2 000 KMU eine Petition gegen TTIP unterschrieben haben und 800 KMU eine Studie über die Auswirkungen von TTIP fordern – Herr Minister, ich schätze, diese Unterschriften wirst du auch kennen; sie wurden Präsident Leitl über­reicht –, dann sollte man das und die Sorgen und Ängste der Klein- und Mittelunterneh­mer ernst nehmen, damit man auch dort eine ordentliche Entscheidung findet und in erster Linie unsere nationalstaatlichen Gesetze und Standards nicht aushebelt, sonst kommen wir so weit, dass wir beim Kampf der Giganten angelangt sind: Es ist ein Fres­sen und Gefressenwerden.

Das aktuellste Beispiel findet sich wiederum im heutigen „Standard“ (den entsprechen­den Artikel in die Höhe haltend): die Zielpunkt-Pleite. Betroffen sind 2 500 Arbeitneh­mer und 230 Standorte. Ich denke, das ist ganz wesentlich … (Abg. Rädler: Da kann auch die Regierung etwas dafür, nicht?) – Jawohl, Herr Kollege Rädler, du als Bürger­meister wirst vielleicht betroffen sein, weil du dann eine neue leere Halle hast, die kei­ne Kommunalsteuer bringt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Wir sollten das Wirtschaftssystem grundlegend überdenken. Ich darf – etwas ganz Posi­tives zum Abschluss – auf die Studie von McKinsey verweisen, Herr Minister, wo der Au­tor darauf hinweist, dass wir eine wesentlich bessere Koordination und Zusammenar­beit zwischen Wirtschaft und Politik brauchen. Wir haben allein in diesem wunderbaren Österreich – diesen Standort dürfen wir nicht schlechtreden, und deshalb ein herzli­ches Dankeschön an alle, die bereit sind, sich einzubringen – ein Potenzial von 35 Mil­liarden €: 35 Milliarden € im Bereich schlauer Fabrik – schwerpunktmäßig: Industrie 4.0 –, im Bereich gut betreutes Altern, im Bereich neue Energien und ganz besonders natür­lich im wesentlichsten Bereich, der uns von der Geburt bis zur Wiege begleitet: im Be­reich Gesundheit. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich denke, dieser Bereich ist ganz wesentlich, das geht von wichtigen Bewegungsthe­men bis hin zur Ernährung und noch viel weiter! Das sind doch Riesenchancen, und ich denke, Herr Minister – ähnlich wie bei der Hotellerie und Gastronomie –, das wäre die Chance, dieses faire Wirtschaftsmodell Österreich für die gesamte europäische und für die Weltwirtschaft als Mustermodell in die Auslage zu stellen. Dann müssen wir das aber leben, dann müssen wir das umsetzen.

Ich glaube, das ist eine Riesenchance für Österreich, dass wir wegkommen von den bisherigen Rankings, wo wir laufend zurückfallen – das wurde schon erwähnt. Wir sind, Frau Kollegin Lichtenecker, in der Zwischenzeit leider schon auf Rang 14, und deshalb müssen wir uns bemühen und alles unternehmen, um wieder auf die vorderen Ränge zu kommen.

Aus diesem Grund bringe ich zwei Entschließungsanträge ein. Der erste Antrag stammt vom Abgeordneten Lugar und von mir und hat folgenden Betreff: „Wirtschaftsstandort Ös­terreich: Entlastungsoffensive für Unternehmer“.

Darin geht es um Themen von der Gewerbeordnung bis zu Gewinnbeteiligungsmodel­len für Mitarbeiter, und er spricht diese Gesamtsteuerbelastung von 40,6 Prozent euro­paweit und von 51,7 Prozent in Österreich an, die anzupassen ist, da wir andernfalls ei­nen Standortnachteil haben.

Der Antrag lautet:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 475

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wirtschafs­standort Österreich: Entlastungsoffensive für Unternehmer“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Entlastungsoffensive für Unternehmer – ins­besondere mit dem Ziel der Senkung der Lohnnebenkosten und der Abgabenquote – zu starten.“

*****

(Abg. Wöginger: Das haben wir ja gerade gemacht! – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Ich bringe auch noch einen zweiten Antrag ein, dessen Betreff, wie ich denke, ein Wahl­versprechen war – denken wir zurück an den Nationalratswahlkampf! –:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stopp der Kriminalisierung von Wirten und Gewerbetreibenden – Einsparungen im öffentlichen Be­reich zur Gegenfinanzierung der Steuerreform“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Gegenfinanzierung der kommenden Steu­erreform durch Verwaltungseinsparungen bzw. Einsparungen im öffentlichen Sektor (ins­besondere bei den Milliardenförderungen) vorzunehmen und von der geplanten Krimina­lisierung der Wirte und Gewerbetreibenden durch die Ausweitung der Registrierkassen­verpflichtung abzusehen.“

*****

Wir bitten, die Anträge zu unterstützen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Rädler – auf das Bild am Rednerpult weisend –: Vergiss nicht das Taferl! Und kein Wort zum Palmöl! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

11.19


Präsident Karlheinz Kopf: Die von Herrn Abgeordnetem Steinbichler soeben einge­brachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhand­lung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Lugar, Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wirt­schafsstandort Österreich: Entlastungsoffensive für Unternehmer“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Bericht des Budgetausschusses über die Re­gierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschla­ges für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), UG40 (Wirtschaft)

Der Wirtschaftsstandort Österreich fällt kontinuierlich in internationalen Statistiken zu­rück und Wirtschaftsexperten warnen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 476

„Seit 2012 stagniert die österreichische Wirtschaft: Pro Kopf fiel das reale BIP bis 2014 um durchschnittlich 0,3% p.a. Die Vergleichsgruppe erreichte im selben Zeitraum durch­schnittlich ein Plus von 0,5% p.a. Die Konsequenz: Österreich ist auf den 14. Platz zu­rückgefallen – nur Griechenland, Italien und Finnland entwickelten sich seither schlechter.“ (Perspektive Österreich. Wandel. Chancen. Impulse (McKinsey Company November 2015))

Immer wieder wird in diesem Zusammenhang beispielhaft die Gewerbeordnung ge­nannt, die mehr gegen als für Gewerbetreibende funktioniert. Beispielsweise dürfen zwar Fingernägel durch eine nicht geprüfte Person gestaltet werden, nicht aber Fußnägel, was sich aus einer Zusammenschau von Gewerbeordnung und der sogenannten ers­ten Teilgewerbe-Verordnung ergibt. Die vielfach angekündigte Gesamtreform der Ge­werbeordnung ist noch immer nicht da, gleichwohl werden Erleichterungen für Asylsu­chende diskutiert.

Auch fehlen weiterhin Gewinnbeteiligungsmodelle für Mitarbeiter, durch die eine „Win-Win-Win-Situation“ für Unternehmer, Arbeitnehmer und den Staat geschaffen werden könnte. Zudem fehlt beispielsweise der Förderung von Jungunternehmern die Nachhal­tigkeit. „Start-Ups“ werden zumeist im dritten Jahr verkauft, weil die Förderung ausläuft und weiterführende Konzepte fehlen. Der Aufbau eines Unternehmens bedarf auch der Vernetzung und Einbindung in bestehende Strukturen, eines „Coachings“, entsprechend müssen Förderkonzepte zu Ende gedacht werden.

Anstatt den Unternehmern das „Unternehmen“ zu ermöglichen und Erleichterungen zu schaffen, bauen Rot und Schwarz weitere Hürden auf. Allein die „vielgerühmte“ Steuer­reform trifft die Unternehmer des Landes von verschiedenen Seiten mit voller Wucht: Steuererhöhungen für Hoteliers, verteuerte Betriebsübergaben, Ausweitung der Regis­trierkassenpflicht! Die Abgabenbelastung ist enorm und Besserung ist nicht in Sicht. Die durchschnittliche Gesamtsteuerbelastung von Unternehmen liegt in Europa bei 40,6 Prozent, in Österreich bei 51,7 Prozent. Österreich ist überdurchschnittlich teuer und somit unattraktiver für Betriebe als andere Länder. Auch der auf dem „Arbeitsmarktgip­felchen“ in Aussicht gestellte Umfang geplanter Lohnnebenkostensenkungen vermag auf­grund der weiter vorherrschenden Rekordbelastung keine Jubel- und Aufbruchsstim­mung auszulösen - wobei gerade eine solche dringend notwendig wäre.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Entlastungsoffensive für Unternehmer – ins­besondere mit dem Ziel der Senkung der Lohnnebenkosten und der Abgabenquote – zu starten.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Lugar, Steinbichler, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Stopp der Kriminalisierung von Wirten und Gewerbetreibenden – Einsparun­gen im öffentlichen Bereich zur Gegenfinanzierung der Steuerreform“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), UG40 (Wirtschaft)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 477

Die Art und Weise der Gegenfinanzierung der geplanten Steuerreform ist entschieden abzulehnen und ein Angriff auf den Wirtschaftsstandort. Anstatt zur Gegenfinanzierung endlich radikale Verwaltungseinsparungen und Einsparungen im öffentlichen Bereich (ins­besondere bei den Milliardenförderungen) vorzunehmen, soll ein erheblicher Teil durch Betrugsbekämpfung finanziert werden - wobei die Höhe der daraus geplanten Einnah­men von einer Vielzahl von Experten angezweifelt wird.

Wer glaubt, es werden regierungsseitig endlich die Konsequenzen aus den millionen- und milliardenverschlingenden Skandalen wie etwa dem Hypo-Skandal, der Causa Sky­link oder dem Salzburger Spekulationsskandal gezogen, der irrt. Noch immer wurden und werden keine ausreichenden Spekulations- und Haftungsbegrenzungen eingeführt. Noch immer können Länderfürsten, Bürgermeister, ausgegliederte Gesellschaften des Bundes, etc. Steuergelder „machtpolitisch gesteuert“ einsetzen. Transparenzdatenbank und gläserne Verwaltung sind ebenso unvollendet.

Vielmehr wird den Wirten und Unternehmen konkludent vorgeworfen, einen Milliarden­schaden durch kriminelles Verhalten zu verursachen und als Rechtfertigung dafür ge­nommen, dass Aufsichtssystem in Richtung eines Finanzpolizeistaates - Stichwort Re­gistrierkassenpflicht - zu verschärfen. Selbst Dorfwirte bekommen Daumenschrauben in Form von teuren Registrierkassen angesetzt, die sie sogar überwiegend selbst fi­nanzieren müssen. Anstatt den Gewerbetreibenden und Wirten Vereinfachungen wie etwa Pauschalierungen zukommen zu lassen, werden die Rahmenbedingungen weiter verschärft.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Gegenfinanzierung der kommenden Steu­erreform durch Verwaltungseinsparungen bzw. Einsparungen im öffentlichen Sektor (ins­besondere bei den Milliardenförderungen) vorzunehmen und von der geplanten Krimi­nalisierung der Wirte und Gewerbetreibenden durch die Ausweitung der Registrierkas­senverpflichtung abzusehen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordneter Ecker. – Bitte.

 


11.20.02

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseher auf den Galerien! Als sozialdemo­kratische Wirtschaftssprecherin für kleinere und mittlere Unternehmen begrüße ich das vorliegende Budget für 2016; doch vorher möchte ich mich bei Ihnen, Herr Minister, für die neue Normenstrategie bedanken. Auch ich habe mich intensiv um eine Minderung der Normenflut bemüht und freue mich, dass die Regierungszusammenarbeit da so gut funktioniert hat – auch wenn es ein bisschen gedauert hat. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im Vorfeld haben mir diesbezüglich viele Unternehmungen ihre Sorgen geschildert, und es wird viele Menschen freuen, dass der Normungsprozess jetzt transparenter ablau­fen wird. Gerade in der Baubranche wird die Normenstrategie verbessert, und da freu­en sich sicher viele Menschen.

Da möchte ich auch gleich an das Budget 2016 anschließen: Nächstes Jahr werden 50 Millionen € – das sind um 20 Millionen € mehr als 2015 – für den Wohnbau zur Ver-


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fügung gestellt. Diese Maßnahme ist sicher ein großer Erfolg für die österreichische Wirtschaft, zum einen ist die Schaffung von Wohnraum gerade für junge Familien und junge Erwachsene ein Erfolg, zum anderen ist das Wohnbaupaket ein Teil des Offen­sivpakets für Wachstum und Beschäftigung. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zei­ten ist es ein Gebot der Stunde, dass der Staat gezielte Investitionen tätigt, um die Wirt­schaft anzukurbeln.

Wohnen und Wohnungen müssen für die Menschen leistbar sein, das ist ein Gebot der ersten Stunde, und ich freue mich, dass der vorliegende Budgetentwurf diesem Um­stand Rechnung trägt. Gemeinsam mit der Steuerreform wird dies ein großer Erfolg für uns sein und den Menschen mehr Geld im Börsel bringen. Daher begrüße ich auch den von 36,5 Prozent auf 25 Prozent gesenkten Eingangssteuersatz, denn dieses Geld kommt nachhaltig unserer Binnenwirtschaft zugute, und das heiße ich gut. – Hier ein ganz klares Ja von meiner Seite für diesen Budgetentwurf!

Den Kritikern, die jetzt meinen, dass Unternehmen unter Generalverdacht gestellt wer­den, möchte ich ein ganz klares Nein entgegenhalten, denn diese Argumentation ist schlichtweg falsch. Die redlichen Unternehmen – und das ist mit Sicherheit die Mehr­heit in unserem Land – sind genauso Gewinner der Steuerreform. Sie müssen nicht mehr gegen wenige schwarze Schafe ankämpfen, die sich dadurch einen unredlichen Vor­teil verschafft haben.

Insgesamt liegt mit dem Bundesvoranschlag ein Paket vor, das die Wirtschaft in unse­rem Land stärken wird, und deshalb ein klares Ja zum ausgewogenen Budget 2016. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.22


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Themessl zu Wort. – Bitte. (Ruf – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Themessl –: Bernhard, sprich die Wahrheit!)

 


11.22.51

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler und Wirt­schaftsminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Matznetter hat hier gesagt, dass der Finanzminister heute früh in der Wirtschaftskammer darauf hingewiesen hat, dass unsere Wirtschaft immer noch spitze ist. – Es kommt darauf an, Herr Kollege Matz­netter, wie Sie „spitze“ definieren! Wenn Sie die Top 20 meinen, können Sie vielleicht recht haben. Ich verstehe unter Spitze ganz oben oder zumindest die Top 3 (Abg. Matz­netter: 170 Staaten auf der Welt!), und da sind wir in keinem der internationalen Ran­kings vertreten. Im Gegenteil: Wir fallen von Jahr zu Jahr zurück. (Beifall bei der FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Herr Kollege Matznetter, wir fallen in al­len Rankings von Jahr zu Jahr zurück! (Abg. Matznetter: 170 Staaten!)

Meine Damen und Herren, wir diskutieren in dieser Budgetdebatte hier herinnen drei Tage lang (Abg. Rädler: Alles schlecht!), was wir und wo wir – teilweise sinnvoll, teil­weise weniger sinnvoll – Milliarden von Euro ausgeben. Alles, was Sie ausgeben, wenn Sie dann die Beschlüsse fassen (Abg. Rädler: … was Positives!), muss ja zuerst er­wirtschaftet werden – deswegen sind wir jetzt beim Thema Wirtschaft.

Mein Dank gilt hier nicht dem Vizekanzler, dem Bundesminister, und auch nicht Ihnen, mein Dank gilt von hier aus einmal allen Unternehmerinnen und Unternehmern im Lan­de (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP – Abg. Rädler: Endlich einmal etwas Positives!), mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die es trotz schlechter Rah­menbedingungen, trotz bürokratischer Hürden, trotz Verordnungsflut und Reformflut die­ser Bundesregierung und der EU immer wieder schaffen, sich den sich laufend ändern­den Rahmenbedingungen der Wirtschaft anzupassen, das zu meistern und für Einnah-


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men zu sorgen, die Sie mit dem heutigen Beschluss – teilweise unbedacht, teilweise auch unvernünftig – wieder ausgeben. – So viel zur Wirtschaft. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, es ist ja nicht alles so schlecht, wie man immer wieder meint, das mag schon sein. Was mich aber wundert, sind ein paar Dinge, die Sie in Ihrem Budget vorgeben. Es geht mir gar nicht um das Budget selbst, denn das Budget für den Be­reich Wirtschaft gibt ja nicht so viel her. Was mir aber auffällt, sind die gewissen Ziel­setzungen – Herr Kollege Kassegger hat vermieden, das hier anzusprechen –, sind die Wirkungsziele.

Als man vor zwei Jahren diese Wirkungsziele eingeführt hat, war ich eigentlich positiv gestimmt und habe das befürwortet, weil ich mir gedacht habe, es macht schon Sinn, wenn man Geld ausgibt, dass man auch erklärt, wofür man es ausgibt. Wenn man sich aber jetzt diese Wirkungsziele ansieht, dann muss man sagen: Die sind nichts mehr wert, das sind No-na-Formulierungen. Sie schreiben hier: „Stärkung der Wettbewerbsfä­higkeit der österreichischen Wirtschaft mit Fokus auf KMU und Tourismusunterneh­men“. – No na, wer will das nicht? Wie das allerdings mit einem derart gekürzten Bud­get bewerkstelligt werden soll, das sei einmal dahingestellt.

Was mir auch auffällt: Sie haben hinsichtlich gewisser Zielsetzungen in den letzten Jah­ren Ihre Ziele zurückgeschraubt. Das wundert mich insofern, als Sie ja bei der Bud­geterstellung von einem höheren Wirtschaftswachstum ausgehen. Sie gehen heuer von einem Wirtschaftswachstum für das nächste Jahr von 1,4 Prozent aus – heuer wer­den es 0,7 oder 0,6 Prozent sein, oder eventuell noch weniger –, und trotzdem fahren Sie gewisse Ziele zurück. Das leuchtet mir nicht ein, das müssen Sie mir einmal erklären.

Dann sage ich Ihnen aber, dass es, unabhängig von der budgetären Ausstattung die­ses Bereichs, sehr, sehr viele Reformen brauchen würde – die Sie eigentlich seit Jah­ren versprechen, aber nicht umsetzen –, die kein Geld kosten. Dazu fällt mir ein Spruch des kürzlich verstorbenen ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt ein, der gesagt hat: „Nicht alle Reformen kosten Geld, und nicht alles, was Geld kostet, ist deshalb schon eine Reform.“ (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, ich würde Sie schon ersuchen, dass Sie – und da haben Sie je­derzeit unsere Unterstützung – endlich Reformen angehen, die kein Geld kosten, die aber die Rahmenbedingungen für die österreichischen Unternehmerinnen und Unter­nehmer wesentlich verbessern. Das sind, wie üblich, die bekannten Argumente der letzten Jahre, die sich ja nach wie vor nicht geändert haben: Erleichterung bei Betriebs­übergaben, endlich einmal die Gewerbeordnung entrümpeln, endlich einen Stopp der EU-Vorschriften- und -Verordnungsflut verhängen, die Bürokratie endlich abbauen und nicht aufbauen – siehe Registrierkassenverordnung (Zwischenruf bei der ÖVP) – und nicht generell alle Unternehmerinnen und Unternehmer dieses Landes unter einen Ge­neralverdacht stellen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

11.27


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Vizekanzler Dr. Mitterlehner zu Wort. – Bitte. (Abg. Hagen – in Richtung des mit Vizekanzler Mitterlehner sprechenden Abg. Haubner –: … Instruktionen!)

 


11.27.53

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Rein­hold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird Ih­nen nicht verborgen geblieben sein, dass wir seit dem Jahr 2009 eine Wirtschaftskrise haben, die mittlerweile über sechs Jahre andauert, und dass es für alle Staaten in Eu­ropa, für Gesamteuropa, schwierig war, wieder eine entsprechende Wachstumsdyna­mik zu erreichen. Das gilt für Österreich umso mehr, als im Jahr 2009 – niemand kann sich mehr daran erinnern – auch eine Steuerreform durchgeführt wurde, die zwar kurz-


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fristig geholfen hat, aber im Endeffekt nicht zurückgespielt worden ist, was die Konjunk­turentwicklung anlangt. Also das, was wir da ausgegeben haben, ist teilweise nicht zu­rückgekommen.

Wir sind jetzt in der Situation, dass wir eigentlich sehr gut aufgeholt haben. Wir werden im nächsten Jahr, wie prognostiziert ist und gestern und auch heute schon angespro­chen worden ist, wahrscheinlich bei einem Wirtschaftswachstum von rund 1,4 Prozent oder 1,5 Prozent liegen. Der IWF hat uns 1,5 Prozent, das WIFO 1,4 Prozent prognos­tiziert. Das ist genau das, wo momentan der europäische Schnitt liegt, was das nächs­te Jahr anlangt. Viele haben erwartet, wir hätten eine größere Delle und würden weiter hinten liegen, aber eigentlich haben wir sehr gut aufgeholt.

Nun zur Situationsbeschreibung: Auch ich kenne die Rankings und andere Umfragen, aber im Endeffekt ist das eine Facette der ganzen Entwicklung – die andere Facette sind die Daten und die Einschätzungen. Da verstehe ich es nicht ganz, dass alle so große Freude daran haben, die schlechte Stimmung nicht nur zu beschreiben, sondern geradezu zu forcieren. Es gibt so etwas wie eine selbsterfüllende Prophezeiung.

Wenn Sie Deutschland und Österreich vergleichen, dann sehen Sie, wir nähern uns beim Wachstum im nächsten Jahr Deutschland an. Deutschland zieht uns nicht davon, sondern wir nähern uns Deutschland an. Deutsche Politiker und Unternehmer fragen mich dauernd: Warum haben Sie in Österreich eine solch negative Stimmung?

Ich würde schon sagen, einiges in diese Richtung liegt auch in der eigenen Verantwor­tung. Sie können die Stimmung relativ leicht drehen, wenn Sie die Fakten anschauen, denn, Herr Kollege Themessl, nicht trotz der Wirtschaftsrahmenbedingungen, sondern – würde ich sagen – in vielen Bereichen wegen der Rahmenbedingungen haben wir eine ganz gute Entwicklung. Ich darf Ihnen jetzt nur ein paar dieser Rahmenbedingungen kurz skizzieren. (Zwischenruf des Abg. Darmann.)

Die Forschungsprämie ist angesprochen worden, wir haben 12 Prozent. Frau Abgeord­nete Lichtenecker – sie ist gerade nicht im Saal –, wir werden das auch entsprechend evaluieren – die Daten sind erst seit dem Jahr 2012 vorhanden, es wird nächstes Jahr fertig sein –, wie die Wirkung ist. Die Wirkung der Forschungsprämie ist jedenfalls so groß, dass wir jedes Jahr Ansiedelungen deutscher Unternehmen haben, weil der For­schungsstandort Österreich positiv eingeschätzt wird, und wir haben jedes Jahr einen Rekordwert. Das heißt also, wenn deutsche und italienische Unternehmen aufgrund der guten Rahmenbedingungen zu uns kommen, dann werden sich diese das wahrschein­lich gut angeschaut haben und auch gut einschätzen können. – Das ist einmal ein Fak­tum.

Ein Zweites: Wir werden gerade, was die Bürokratie anlangt, zweifelsohne da und dort noch weitere Rückfälle haben, aber wir haben auch Verbesserungen in die richtige Rich­tung durchgeführt. Ich meine etwa Folgendes: Wir haben 2 800 Unternehmen jährlich von der Anlagengenehmigung freigestellt, bei 12 000 Anlagengenehmigungen bei Be­triebsgründungen überhaupt. Das ist, würde ich sagen, schon ein erster ganz konkreter positiver Ansatz.

Wir haben, was die statistischen Daten anlangt, für Klein- und Mittelbetriebe einiges aus­geräumt.

Wir haben auch den Zuzug von Forschern begünstigt, auch was bessere Absetzmög­lichkeiten anlangt; das spielt genau in den zuvor genannten Punkt der Ansiedelung hi­nein.

Wir haben vier Beauftragte abgeschafft. Jeder sagt, vier von 16 sei nicht viel. Ich finde, man muss schauen, dass man Golden Plating verhindert, alles, was in diesem Bereich zu viel geregelt ist; da haben wir einiges weggebracht.


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Gestern wurden die Lohnnebenkosten angesprochen – diese wurden gesenkt –, und auch da hat man eine irgendwie gespaltene Meinung im Haus. Jeder sagt: Lohnneben­kostensenkung, wunderbar!, und im nächsten Moment: Aber die Familienbeihilfen dür­fen ja nicht gekürzt werden! – Werden sie auch nicht, aber Sie haben die Diskussion ge­führt. Trennen Sie das eine vom anderen, und überlegen Sie einmal, was 1 Milliarde € an Lohnnebenkosten bedeutet! Wissen Sie, was dem brutto entspricht? – Das ist eine jährliche Lohnerhöhung, die sich die Wirtschaft dadurch erspart. Das sehe ich insge­samt als ausgesprochen gute und auch ermutigende Grundlage. (Beifall bei der ÖVP.)

Glauben Sie mir, ich weiß, die Steuerreform wird – jeder schaut nach, vier Millionen ha­ben sich informiert, was denn die positiven Auswirkungen auf ihre eigene Einkommens­situation sind – nicht subjektiv gelobt werden; jeder sagt, das war der andere. Makro­ökonomisch wird sich die Steuerreform aber positiv auswirken. Es wird das Weihnachts­geschäft gut verlaufen, es wird der Konsum steigen, und es werden die Investitionen steigen. Und wenn die Investitionen steigen, können Sie damit rechnen, dass wir nächs­tes Jahr, auch was das Wachstum und die Arbeitsplätze anlangt, positive Auswirkun­gen haben werden – es sei denn, lieber Kollege Schellhorn als Hüter der unternehme­rischen Weisheit, dass Ihre Kollegen in der Hoteliervereinigung weiter empfehlen (Zwi­schenruf bei der ÖVP): Es ist alles so schlecht, furchtbar, bitte nicht investieren! Da würde ich schon sagen, das ist genau jene selbsterfüllende Prophezeiung, die wir nicht brauchen.

Weil beispielsweise die Strategie für den Tourismusbereich angesprochen worden ist: Diese haben wir gemeinsam entwickelt, und selbstverständlich ist richtig, was da drin­steht, nur muss man differenzieren. Wir haben bedauerlicherweise, weil die Steuerre­form halt gegenfinanziert werden muss, eine Einschränkung, was die Abschreibung an­langt und eine Verlängerung. Aber wissen Sie, welche Abschreibungen das betrifft? – Jene für Gebäude! Für bewegliche Wirtschaftsgüter und auch für Sanierungsfälle wie Badezimmer und anderes gibt es keine Einschränkung. Also nicht alles in einen Topf werfen! Wenn derjenige, der in seiner eigenen Publikation lobt, dass sein Gebäude schon seit 300 Jahren steht, das am meisten beklagt, dann sage ich: Das wird er in den 300 Jah­ren hoffentlich abgeschrieben haben! Auch da würde ich darum bitten, das eine nicht mit dem anderen zu verwechseln und das vielleicht einheitlich zu bewerten.

Ich gebe Kollegen Themessl recht: Im Endeffekt sind die Unternehmerinnen und Unter­nehmer mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entscheidend. Die Rahmenbedin­gungen müssen einigermaßen passen. Aber schauen Sie sich die Rahmenbedingun­gen beim Tourismus an: Wir hatten jedes Jahr, seit ich Wirtschaftsminister bin, bis auf eine Ausnahme, eine Rekordsteigerung bei den Nächtigungen. Ich kenne Ihr Argument schon, Sie sagen: Ja, aber die Gewinne sind nicht in dem Ausmaß gestiegen! – Egon Smeral sagt, heuer wird auch die Umsatzentwicklung entsprechend aussehen.

Was ich gar nicht verstehe, ist, dass alle schon jetzt das beklagen, was noch gar nicht eingetreten ist. Ehrlich gesagt, 3 Prozent Mehrwertsteuer kann ich – das ist unange­nehm, weiß ich –, wenn ich nicht Preisführer bin, an den Kunden weitergeben, insbe­sondere dann, wenn sich die Österreich Werbung bemüht, mit Steigerungen von 4 Mil­lionen € im Budget, und auch, wenn die Kammer 1 Million € drauflegt, dass wir neue Gäste gewinnen.

Ich sehe das ganz einfach so: Wenn sich alle daran halten, wenn sich alle daran be­teiligen, dass man die Umsatzsteuer entsprechend um die 3 Prozentpunkte weitergibt, dann wird es kein Problem sein, Erfolg zu haben. Vergleichen Sie das einmal mit der Schweiz: Die Schweizer haben, als der Franken nicht mehr an den Euro gebunden war, insgesamt von einem Tag auf den anderen Nachteile von 20 Prozent gehabt – die haben zu Recht geweint. Aber wer hat profitiert? – Wir, wir in Vorarlberg, wir in Tirol!


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Ich würde sagen, man soll nicht das eine immer mit dem anderen vermischen, etwas mehr Optimismus würde da auch nutzen!

Das gilt jetzt auch für das Budget. Schauen wir uns unser Budget an: Sie haben voll­kommen recht, in meinem Bereich sind Kürzungen drinnen, teilweise erklärbare und auch erklärungsnotwendige Kürzungen. Sie klagen immer – Sie widersprechen sich ja teil­weise selbst –, Sie fragen: Wo ist die Transparenzdatenbank, die Förderungsdaten­bank, warum ist die noch nicht fertig? Wir brauchen keine Doppelförderungen, weg mit den Förderungen!

Jetzt gehen wir gerade im unternehmerischen Bereich von den Förderungen – ich glau­be: begründet – weg. Das AWS stellt von Zuschüssen auf entsprechende Garantien um. Ob das richtig oder falsch ist, können Sie daran messen: Wird das Kreditvolumen sin­ken oder nicht sinken, werden die Investitionen weniger oder mehr? Das wird sich nächs­tes Jahr zeigen. Ich gehe davon aus, dass wir trotz dieser Umstellung – und auch im Bud­getbereich haben wir Kürzungen – keinen Nachteil haben werden. – Punkt eins.

Punkt zwei: Was im ersten Moment wehtut ist natürlich die Kürzung, wenn wir bei den Förderungen für thermische Sanierung zurückfahren. Auch dort haben wir uns aber be­müht, ich habe dort eine entsprechende Infrastruktur aufgebaut, die Infrastruktur geht jetzt in Richtung der Bausparkassen und anderer und der Werbemethodik. Das möchte ich nicht missen und nicht noch einmal neu aufbauen müssen, daher haben wir das Sys­tem erhalten, aber geschaut, dass die Bauwirtschaft – mit dieser Wohnbauinitiative – kei­ne Auftragsverluste hat.

Wir werden daher sehen, auch im Baubereich und im Baunebengewerbe, ob das stimmt, was wir hier als These vorgeben, oder falsch ist. Ich behaupte, es ist richtig, und es wird auch richtig sein, dass die ARE, Tochtergesellschaft der BIG, die schon letztes Jahr mit entsprechenden Planungen und Umsetzungen begonnen hat, mit ihren 2 Mil­liarden € den Wohnungsmarkt entsprechend belebt. Wir werden das auch im Zusam­menhang mit anderen Themenstellungen brauchen. (Zwischenruf der Abg. Moser.)

Daher: Das, was momentan bedrohlich klingt, ist in der Langfristwirkung mit weniger Budgeteinsatz genau das, was Sie immer fordern (Abg. Moser: Zwei Jahre …!): nicht Förderungen, nicht anderes, sondern wirtschaftliche Rahmenbedingungen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, im Endeffekt tragen wir alle, alle Ressorts, mit Kürzungen von rund 500 Mil­lionen € im Rahmen der Förderungen dazu bei, dass die Steuerreform finanziert wird. Aber was ist das? – Im Endeffekt genau das, was Sie immer sagen: Nicht wir sollen entscheiden, was für den Bürger gut ist, sondern der Bürger soll seine Ausgaben, soll seine Dispositionsfähigkeit erhöhen. Ich gehe davon aus, wenn Sie weiter gute Stim­mung verbreiten, wird er es tun. Also es ist noch einiges machbar. (Abg. Rädler: Nach­holbedarf!)

Jetzt komme ich zu einem weiteren Punkt, der mir auch relativ beweisführend er­scheint, das ist die internationale Wirtschaftsentwicklung, das sind unsere Exporterfolge. Sie kön­nen daran eigentlich messen: Sind wir konkurrenzfähig oder nicht, sind wir leistungs­stark, stimmt unsere Logistik, stimmt unsere Dienstleistungsorientierung oder nicht? Wir haben jedes Jahr entsprechende Steigerungen, das heißt, wir müssen irgendwie auch bei den Preisen mithalten können.

Herr Aiginger – viele waren im Wirtschaftsausschuss – hat gesagt, heuer haben wir 2,7 Prozent Steigerung. Das ist etwas weniger, aber nicht wegen der Leistungsschwä­che der heimischen Wirtschaft, sondern weil sich natürlich die Russland-Ukraine-Krise und anderes – gerade im Schwarzmeerraum, wo eine entsprechende Steigerungsrate er­wartet worden wäre – nicht positiv ausgewirkt haben.


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Herr Kassegger, ich stimme Ihnen zu, ich bin dafür, wenn es irgendwie geht: Minsker Pro­zess, Sanktionen weg!, aber das ist halt eine gemeinschaftliche Vorgangsweise der EU. Im Tourismusbereich haben wir die Delle, die dadurch entstanden ist, dass russische Gäs­te nicht gekommen sind, sogar mehr als ausgeglichen. (Zwischenruf des Abg. Darmann.)

Jetzt kommt die Einschätzung für nächstes Jahr: Wir erwarten 4,7 Prozent Exportstei­gerung. – Tut mir leid, das ist wiederum ein Beweis dafür, dass die Wirtschaft stärker ist, als alle herbeireden wollen.

Damit Sie nicht den Eindruck haben, das Ganze sei eine wunderbare Beschreibung des Istzustandes: Der Istzustand, wenn Sie alle Rankings anschauen, hat immer mit ei­nem zu tun: dass wir da und dort Reformen machen müssen. Bei der Venture-Capital-Finanzierung haben wir es gemacht, aber meistens sind es substanzielle Reformen, die wir uns gerade betreffend Arbeitsmarkt, beispielsweise aber auch im Pensionsbereich nicht nur vorgenommen haben, sondern teilweise schon in der Umsetzung haben.

Beim Arbeitsmarktbereich muss ich den Kollegen von der sozialdemokratischen Frak­tion schon teilweise recht geben. Wenn man jetzt Umfragen betreffend den Faktor macht, dass im Arbeitsrecht in Österreich vieles, was die Tarife anlangt, festgelegt ist, dann bewertet das jemand vom Ausland negativ, weil er sagt, da ist die Dispositionsfreiheit der Lohnfestlegung nicht gewährleistet. Aber in Österreich wissen wir: Das war ein Stand­ortfaktor. Der hat uns im internationalen Vergleich nicht nach hinten, sondern nach vor­ne gebracht. Das ist das österreichische System der Sozialpartnerschaft und der ge­meinsamen Tariffestlegung, wenn es um Kollektivvertragsverhandlungen geht.

Alles hat zwei Seiten, nicht jeder versteht uns immer international gut. Sie kennen ja den Hintergrund. Im Bereich der Festlegung der Löhne sind wir, glaube ich, an vorletz­ter Stelle im gesamten Ranking. Wir haben auch dort einige Entwicklungsnotwendig­keiten. Ich sehe das insgesamt aber als positiven Systembestandteil.

Der andere Bereich, der heute hier auch abgehandelt wird, ist die Forschung. Es ist be­achtlich, was wir hier mit den gemeinsamen Programmen der Christian-Doppler-Labors entwickelt haben; auch was die ganzen COMET-Programme mit dem Austausch von Wissenschaftern auf der einen Seite und Unternehmern auf der anderen Seite anlangt. Das funktioniert. Das hat sich sehr gut entwickelt. Wir haben auch budgetär die richtige Ausstattung, da gibt es keine Kürzungen.

Ich glaube sogar, mit der Einrichtung der Transferzentren, womit Karlheinz Töchterle und ich damals begonnen haben, haben wir eine Systematik, dass wir auch mehr Spin-offs an den Universitäten haben werden. Wenn Sie sich das MIT oder Harvard an­schauen, so gibt es dort viel mehr Unternehmensausgründungen von Studenten. Sollte nicht so sein, hat sich schon geändert, dass man vorher unternehmerischer denkt, wenn man das Studium beginnt, und wenn man aufhört, hat man eine andere Einstel­lung und möchte etwas anderes werden. Das dreht sich gerade genau in die richtige Richtung.

Meine Damen und Herren! Zusammengefasst: Ich hätte das Budget im Bereich thermi­sche Sanierung auch gerne höher gehabt, ebenso beim Leitungsbau für Wärme- und Kälteleitungen. Aber im Endeffekt ist es verschmerzbar, weil wir die richtigen Gegen­maßnahmen beim Wohnbau treffen. Ansonsten ist die Umstellung: Zuschüsse weg, För­derungen in dem Bereich weg und hin zu Garantien und Haftungen, angesichts der Zins­lage genau das Richtige.

Messen können Sie es. Da sage ich Ihnen nur eine Einschränkung: Wenn nicht wieder irgendetwas weltweit passiert, können Sie es an der Wirtschaftsentwicklung nächstes Jahr sehen. Ich hoffe, wenn alle ein wenig mittun, wird sie genau so eintreten, vielleicht sogar noch besser sein. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.42



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 484

Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Obernosterer zu Wort. – Bitte.

 


11.42.27

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler, Herr Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Ich glaube, dem, was jetzt der Herr Bundesminister und Vizekanzler gesagt hat, ist nicht mehr viel hinzuzufügen. Ich möchte mich rein mit dem Thema Tourismus beschäftigen, denn, wie ihr ja wisst, ich kenne die Problematik der Tourismuswirtschaft. Wir haben zu Hause einen Gasthof und auch ein Hotel, also im Kleingewerbebereich und auch im mittleren Gewerbebe­reich.

Da ich gerade dich jetzt hier oben stehen sehe, Herr Kollege Schellhorn: Als du vor zwei Jahren hierher ins Hohe Haus gekommen bist, habe ich mich sehr gefreut und ha­be gedacht, da kommt ein Praktiker. Da werden wir sachlich etwas für den Tourismus weiterbringen. Aber ich bin eigentlich sehr enttäuscht, nicht, weil du als Praktiker viel­leicht schlechter geworden bist – das kann ich nicht beurteilen –, aber hier im Hohen Haus bist du von der Sachpolitik weggekommen und bist nur noch Oppositionspolitiker. Das ist schade, wie gesagt, für unsere Tourismuschance.

Wie sind die Fakten? Der Herr Wirtschaftsminister hat es angesprochen. Ich kenne es auch als Praktiker. Wir wissen, dass wir steuermäßig an der Grenze sind. Wir wissen, dass wir auch von den Auflagen, von der Bürokratie, von den Vorschriften und von den Kontrollen an der Grenze angelangt sind. Das hat sich in den letzten 30 Jahren so ent­wickelt. Aber man muss auch sagen, dass der Wirtschaftsminister dieses Problem ganz klar angegangen ist, gerade was den Tourismus betrifft. Wenn wir eine Lohnnebenkos­tensenkung von bis zu einer Milliarde im Jahr beschließen, so wissen wir auch, dass uns das gerade im Tourismus, der so dienstleistungsintensiv ist, sehr wohl ganz stark zugutekommt und dass wir uns ausrechnen können, was uns das im Jahr bringt. Das bringt uns zirka, so wie es der Herr Bundesminister auch gesagt hat, eine Lohnerhö­hung im Jahr an Einsparung herein.

Wir wissen auch, dass die Entbürokratisierung angegangen wurde, dass durchforstet wird, was nicht mehr notwendig ist, dass das gestrichen wird. Dasselbe gilt auch für die Kontrollen. Wir wissen, dass das auf dem Weg ist und dass dies auch gemacht wird. (Zwischenruf des Abg. Loacker. – Abg. Schellhorn: Was jetzt?)

In der Vergangenheit war es so, dass immer zuerst gestraft und dann erst gesagt wur­de, was man eigentlich falsch gemacht hat. Was ganz wichtig ist: In Zukunft kommt zu­erst die Beratung. Wenn man darauf nicht hört, dass das in Ordnung gemacht wird, erst dann kommt die Bestrafung. Ich glaube, das ist für uns in der Praxis ganz wichtig.

Was die finanziellen Mittel für den Tourismus betrifft, der Österreich Werbung, ist das Budget nicht gekürzt worden. Es wurde heuer für die Sonderaktion Internationalisie­rung alleine vom Bund um 4 Millionen € aufgestockt. Das ist ein Plus von 16 Prozent. Zu sagen, da sei nichts passiert, ist einfach nicht richtig. Man sollte auch diese positi­ven Zeichen einmal ansprechen und auch sagen, dass das okay ist in einer Zeit, in der fast überall gekürzt wird.

Wir wissen, dass wir zum Teil Finanzierungsprobleme in unserer Branche haben, weil Kredite immer stärker besichert werden müssen. Auch die ÖHT wurde nicht gekürzt, und zwar bei den Zuschüssen und auch bei den Haftungen wurden die Beträge ausge­weitet. Es gibt auch keine Finanzierungslücke, die Haftungen sind zum Teil noch nicht einmal ganz ausgeschöpft.

In Summe wissen wir, Österreich ist ein Tourismusland. Gott sei Dank haben wir in den letzten Jahren auch in dieser schwierigen Zeit wieder Pluszahlen geschrieben. Wir wis-


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sen, dass sich die Regierung mit unserer Mithilfe und unser Bundesminister für Wirt­schaft die Entbürokratisierung zur Aufgabe gemacht haben (Abg. Hauser: Wo ist die? – Abg. Loacker: Wie bürokratisch …?), weil uns Unternehmern die Bürokratie zum Teil mehr wehtut als manchmal die steuerlichen Lasten, die überall zu tragen sind. Wenn wir bei der Bürokratisierung, bei den Vorschriften ordentlich entrümpeln und das dem heutigen Zeitgeist anpassen, dann, glaube ich, ist der Tourismuswirtschaft und der Wirt­schaft insgesamt am meisten gedient.

Wie gesagt: Kritisieren gehört dazu, aufzeigen gehört dazu, das ist überhaupt keine Fra­ge. Das mache ich auch. Aber man soll auch ganz klar aufzeigen, was im positiven Sin­ne gemacht wird. Hier, glaube ich, sind wir auf einem guten Weg, damit Österreich nach wie vor auch in Zukunft Tourismusweltmeister bleibt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Gisela Wurm. – Abg. Loacker: Bescheidener Applaus!)

11.47


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Köchl zu Wort. – Bitte.

 


11.47.37

Abgeordneter Matthias Köchl (Grüne): Geschätzte Damen! Geschätzte Herren! Ge-schätzte Zuseherinnen und Zuseher auf der Besuchergalerie! Das Budget, so wie es hier vorgelegt wird, hat meiner Meinung nach wenig Übersichtlichkeit und gibt mir den Eindruck, alles ist möglich, aber nichts ist konkret.

Herr Wirtschaftsminister! Jetzt gebe ich Ihnen schon recht, es geht darum, gute Stim­mung zu verbreiten und für gute Stimmung zu sorgen. Das hat schon Ludwig Erhard gesagt: 50 Prozent ist Stimmungslage und 50 Prozent sind Zahlen und Fakten. – Das stimmt sehr wohl. Aber da hätten wir doch einen einfachen Ansatz, wie auch die Oppo­sition gute Stimmung verbreiten könnte, wenn Sie nämlich die guten Vorschläge, die immer wieder aus allen Oppositionsparteien kommen, einfach umsetzen. Da hätte die Opposition eine Freude. Davon würde Österreich profitieren, da könnten alle gemein­sam für gute Stimmung sorgen und für die Wirtschaft etwas erreichen. Das möchte ich auch noch angemerkt haben.

Sonst kommt natürlich das übliche Spiel heraus. Sie reden sich das Budget schön, die Opposition wird das naturgemäß etwas kritischer sehen und etwas dagegenreden und Herr und Frau Österreicher werden sich angewidert vor dem Fernsehschirm und auch auf der Besuchergalerie abwenden. Das wollen wir nicht.

Kollege Haubner hat hier vorhin gemeint – ich habe es mir aufgeschrieben –, wir sind auf dem richtigen Weg, was Unternehmensgründungen betrifft, und die Unternehmens­gründungen sind wichtig, weil es auch jemanden geben muss, der da quasi neue Ar­beitsplätze schafft und auch letztendlich mehr ins Budget einzahlt. Wenn also Kollege Haubner sagt, wir sind auf dem richtigen Weg, dann schauen Sie sich bitte einmal die Gründungsstatistik an. Die Gründungsstatistik weist nämlich im Jahre 2013 28 656 Grün­dungen aus und im Jahre 2014 nur mehr 28 490. Ich gehe einmal davon aus, Sie kön­nen zählen, das heißt, wir hatten 2014 weniger Unternehmensgründungen als im Jahr davor. Eigentlich geht es in die falsche Richtung und nicht so, wie es hier vom ÖVP-Kollegen behauptet wurde, wir wären auf dem richtigen Weg.

Wenn es jetzt darum geht, mehr Gründungskultur zu etablieren, wenn es darum geht, Wirtschaft und gute Stimmung zu verbreiten, dann möchte ich Ihnen einige Punkte, acht Punkte ganz konkret und kurz und knapp, bringen, was für Innovationskultur im Un­ternehmen entscheidend ist. Aber man kann das jetzt eins zu eins auch auf die Bun­desregierung umlegen.

Wichtig sind Strukturen. Strukturen sind wichtig für Innovation, wo man nicht in engen Hierarchien klar abgesteckt agiert, sondern übergreifend agiert. Schauen Sie sich das bitte einmal an zwischen Schwarz und Rot! Da hat jeder seinen Bereich eingekastelt


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und bekriegt sich öffentlich. Also die Strukturen passen in dieser Regierung nicht für In­novationskultur.

Führungskultur ist wichtig – Führung, dass man neue Ideen zulässt, Neues fördert, Neu­es unterstützt. Wenn Sie jetzt die Führung in Österreich anschauen, wenn Sie schau­en, wie Kanzler und Vizekanzler agieren, Stichwort Hypo-Desaster, Stichwort Obdach­losigkeit in Traiskirchen, Stichwort zurückgehende Unternehmensgründungen, dann darf man einiges hinterfragen.

Stichwort Ressourcen – Ressourcen, die für die Innovationskultur nötig sind. Welche Ressourcen, Zeit und Geld, stellen Sie zur Verfügung? Da haben wir den Eindruck, es wird genau an den falschen Stellen gespart. Auch bei der Bildung wird gespart, auch bei den Universitäten wird gespart. Es bleibt oft bei leeren Worten; wenn es um Geld geht, um das zu unterlegen, scheitert es an diesen Dingen.

Team, Teamarbeit. – Na, Teamarbeit zwischen Rot und Schwarz?! Was soll ich dazu noch anmerken? Verschiedenheit und Querdenken erlauben, das funktioniert über­haupt nicht. Bei der SPÖ ist alles ziemlich gleichgeschaltet, bei der ÖVP ist ganz klar, welche Klientel vertreten wird. Da wird nicht gerade Teamarbeit betrieben. Das nennt sich zwar Koalition, ist aber eigentlich eher ein Kompromiss, oft ein fauler Kompromiss. (Abg. Lopatka: Sie haben ja keine Ahnung!)

Anreizsysteme schaffen, um Kreativität zu belohnen, Innovationskultur zu fördern – das sehe ich in der jetzigen Bundesregierung nicht, ich sehe das auch nicht gegenüber der Opposition. Ein Anreiz für die Opposition, für gute Stimmung zu sorgen, wäre ja zum Beispiel, die eine oder andere Idee, die auch wirklich von allen Parteien immer wieder kommt, einfach umzusetzen und nicht mit 50,5 Prozent Mehrheit niederzustimmen. Sie werden sich sowieso in spätestens drei Jahren daran gewöhnen müssen, dass Sie die­se Mehrheit von 50,5 Prozent nicht mehr haben werden.

Kommunikation, gemeinsam etwas erreichen. – Diesen Eindruck habe ich derzeit nicht. Da wird eher von zwei, drei Herren irgendwo etwas vereinbart und dann das Parlament vor vollendete Tatsachen gestellt. Kommunikation, wo alle bei der Ideengestaltung in der Republik mitwirken können, ist so nicht gegeben.

Oder: Risikokultur. – Da habe ich auch eher den Eindruck von Vollkaskomentalität und nur ja nichts ändern, es muss alles so bleiben, wie es immer schon war.

Die Atmosphäre, die man hier verbreitet, ist zu berücksichtigen. Eine Atmosphäre von Aufbruch statt Frust, eine Atmosphäre von Leidenschaft für Ideen, das sehe ich über­haupt nicht. Das ist eher eine Regierung, die Leiden schafft, aber nicht eine Regierung, die mit Leidenschaft agiert. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Lopatka: Schlechter Schluss!)

11.52


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Unterrainer zu Wort. – Bitte.

 


11.53.01

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Im vorliegenden Budgetentwurf 2016 wird dem österreichischen Aushängeschild, dem Tourismus, entsprechender Raum ge­widmet. Mit dem vorliegenden Budgetentwurf werden wir die Erfolgsgeschichte des Tou­rismus weiterführen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Tourismus in Österreich baut im Wesentlichen auf vier Säulen auf. Das sind die Natur und die Kultur. Das sind die Arbeit und die Ausbildung. Das ist die Strategie. Und das sind die wirtschaftlichen Rah­menbedingungen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 487

Zur Natur und Kultur: Unsere Natur, unsere Berge und Sehenswürdigkeiten sind nicht nur Verkaufsargument, sie sind Österreichs Image, Erbe und Zukunft. Grüne Almwie­sen entstehen aber einzig durch die unermüdliche Arbeit unserer Bergbäuerinnen und Bergbauern. Solange Großbauern sechsmal mehr verdienen, solange jährlich 7 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe zusperren, so lange haben wir hier Handlungsbedarf.

Zur Arbeit und Ausbildung: Ohne die harte Arbeit und die Ausbildung wäre in Öster­reichs Tourismus nichts möglich. Wir bauen auf Qualität. Mir würde sehr viel daran lie­gen, dass auch die touristische Lehrlingsausbildung durch die Angleichung der Berufs­schulzeiten verbessert werden würde.

Zur Strategie: Die Tourismusstrategie Österreichs ist einzigartig und hochgeschätzt, vor allem die Österreich Werbung. Da freue ich mich ganz besonders, dass für 2016 der Etat dafür im Budget erhöht worden ist. Aber auch die wissenschaftliche Forschung und die Unterstützung durch die Tourismusbank tragen ganz wesentlich zu diesem Er­folg bei.

Zum vierten und zum wichtigsten Punkt, nämlich den wirtschaftlichen Rahmenbedin­gungen: Da gibt es sehr viel Licht, aber natürlich auch Schatten. Ich freue mich, dass wir eine Steuerreform zustande gebracht haben, welche gerade den Binnenkonsum an­kurbelt und diesen stärken wird.

Für 2016 sind zum Beispiel weitere 300 Millionen € für den Breitbandausbau bud­getiert, das heißt, Breitbandinternet für alle, vor allen Dingen für den ländlichen Raum. Für eine Branche wie den Tourismus, die so stark auf Internetauftritt und Onlinemarke­ting setzt, ist das ein nicht zu unterschätzender Wettbewerbsfaktor.

Damit leistet das Budget 2016 einen hervorragenden Beitrag zur Unterstützung des ländlichen Tourismus – ein wichtiger Aspekt, denn nur der Tourismus kann sich erfolg­reich im alpinen Umfeld behaupten. Es gibt über 200 000 krisensichere Arbeitsplätze, auch in infrastrukturschwachen Gebieten. Das kann sonst keine andere Branche von sich behaupten.

Aber ich sehe vor allen Dingen auch Handlungsbedarf; insbesondere muss uns allen klar sein, dass, wie auch jetzt in den Medien kolportiert, die hohen Nächtigungszahlen nicht über die sinkende Wertschöpfung hinwegtäuschen dürfen.

Im Sinne des Regierungsprogramms wünsche ich mir eine weitere Reduzierung der Bü­rokratie. Es gibt da bereits erste Ansätze, etwa die Zusammenlegung von Zuständig­keiten. Aber ein ganz wesentlicher Punkt wird sein, dass wir in der Verwaltung, im Ver­waltungsaufwand eine extreme Vereinfachung erreichen werden.

Der österreichische Tourismus ist sehr gut aufgestellt. Das Budget 2016 hat hier auch wichtige Akzente gesetzt. Gerade wenn wir weitere Reformen beschließen, wird der Tou­rismus in Österreich das bleiben, was er ist, nämlich Weltklasse. – Danke schön. (Bei­fall bei der SPÖ.)

11.56


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Alm zu Wort. – Bitte.

 


11.56.13

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Wirtschaft wird ja hier herinnen mitunter von manchen noch immer als Parallel­welt betrachtet, doch es ist der Bereich, wo die Wertschöpfung passiert, es ist der Be­reich, wo das Geld sozusagen hereinkommt. Gibt es dann im Wirtschaftsressort über­haupt noch Möglichkeiten, etwas einzusparen?

Ja, die gibt es, aber ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern, denn betroffen sind vor allem Förderungen, und wenn Förderungen betroffen sind, dann wird das einigen Angst einjagen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 488

Die Auszahlungen sind im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 10 Prozent geringer. Eine sinnvolle Kürzung bei Förderungen ist im Allgemeinen ja auch aus unserer Sicht zielführend. Da sind wir auch der gleichen Meinung. Österreich befindet sich im Be­reich der Förderungen bereits im Spitzenfeld. Trotzdem ist es notwendig, einen Über­blick zu bewahren und zu evaluieren, welche Förderungen denn gestrichen werden und welche nicht.

Diesen Überblick gibt es aus unserer Sicht noch nicht in einer ausreichend guten Form. Die aws-Förderungen werden drastisch gekürzt und wir vermuten, dass die Zuschuss­förderungen bereits als Einschnitt in den Gründerförderungen zum Tragen kommen wer­den. Das ist genau der Bereich, der nicht der richtige ist, denn wir brauchen mehr und nicht weniger Selbständige.

Die Abgabenquote und Bürokratie zwingen bereits jetzt manche Betriebe, die an der Kippe stehen, dazu, zuzusperren. Wenn wir hier sozusagen den Beginn der unterneh­merischen Tätigkeit auch noch erschweren, dann passt das nicht wirklich in das Kon­zept.

Im Budget sind natürlich Maßnahmen vorgesehen, die in die richtige Richtung gehen. Sehr oft sind das allerdings nur textliche Maßnahmen, die nicht mit Zahlen hinterlegt sind. Da ist von Investitions- und Innovationsförderung die Rede, vom Zugang und von der Erleichterung der Finanzierung für Klein- und Mittelbetriebe, von der Forcierung von Unternehmensgründungen.

Die Frage ist: Muss man diese Dinge überhaupt mit Förderungen lösen? Ist das wirk­lich der sinnvollste Weg, Geld aus dem Unternehmen wegzunehmen, Geld einzusam­meln, es über bürokratische Wege mit Reibungsverlusten wieder relativ willkürlich in Form von Förderungen an Unternehmen zurückzuspielen, oder könnten wir uns nicht Modelle überlegen, mit denen wir private Investitionen in Unternehmen incentivieren kön­nen?

Eine wichtige Maßnahme dazu ist letztes Jahr bereits einstimmig umgesetzt worden, das war das Alternativfinanzierungsgesetz, das Crowdinvestment in einem Ausmaß von bis zu 5 Millionen € ermöglicht. Wir wissen, dass es funktioniert. Wie gut es funktionie­ren wird, werden wir in den nächsten Wochen sehen. Es gibt hier ein Beispiel, das gerade am Markt im Laufen ist; über eine Crowdinvestment-Plattform holt sich nämlich Rapid Wien eine Förderung. Die haben bereits in den ersten paar Stunden den Rekord im Crowdinvestment in Österreich eingestellt.

Das läuft noch drei Monate und wir werden schauen, in welcher Höhe sich das bewegt. Austria Wien wäre ja in diesem Bereich nicht unbedingt so geeignet, aber das hat mit dem Alternativfinanzierungsgesetz nichts zu tun. In Zukunft sollten wir aber dieses Ins­trument nicht unbedingt auf kleine Unternehmen beschränken, wie es jetzt gesetzlich vorgesehen ist. Wir haben einen Initiativantrag eingebracht, dass das auf alle Unter­nehmen ausgeweitet werden kann, der demnächst im Wirtschaftsausschuss landen wird.

Trotzdem ist es generell sinnvoll, einen Fokus auf kleine Unternehmen zu legen, auf Start-ups, auf Neugründungen. Das ist der Bereich, wo Innovation entsteht, und diese Innovation zieht ja Wachstum nach sich.

Start-ups skalieren, Start-ups skalieren im Bereich Umsatz, Start-ups skalieren im Be­reich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu ist es aber notwendig, die Produkte und Dienstleistungen dieser Start-ups sehr schnell zur Marktreife zu bringen, und diese Marktreife wiederum erfordert, dass Finanzierung in diese Unternehmen kommt, damit diese Marktreife auch schnell realisiert werden kann.

Auch in Österreich ist ausreichend privates Wagniskapital vorhanden, das man in diese Unternehmen bringen kann, über Venture Capital Funds, über Business Angels, über pri-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 489

vate Investoren. Wir müssen nur attraktive Rahmenbedingungen schaffen, um dieses Potenzial auch zu heben. Im österreichischen Steuerrecht gab es ja bereits Steuerbe­günstigungen für Kapitalbereitstellung an Unternehmen, wie zum Beispiel den Sonder­ausgabenabzug für junge Aktien. Und technisch wäre es relativ einfach, auch für Pri­vate solch einen Sonderausgabenabzug für junge Unternehmen einzurichten.

Wir haben in diesem Zusammenhang die Idee eines Realwirtschaftsinvestitionsfreibe­trags – wir stellen uns da eine Größenordnung von 100 000 € pro Jahr vor –, und die­ser Freibetrag würde es potenziellen Kapitalgebern erleichtern, eine positive Investitions­entscheidung zu treffen.

Ich bringe dazu folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Realwirt­schaftsinvestitionsfreibetrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Gesetzesvorla­ge vorzulegen, in der ein Realwirtschaftsinvestitionsfreibetrag in der Höhe von Euro 100 000 verwirklicht wird.“

*****

Wichtiger als das ist aber – das hat auch Kollege Köchl schon angesprochen – ein Men­talitätswandel. Dazu möchte ich Ihnen ein Zitat von Peter Thiel vorlesen, einem Inves­tor:

„Früher war die Regierung in der Lage, komplexe Lösungen zu Fragen wie der atoma­ren Abrüstung oder der Weltraumfahrt zu erarbeiten. Heute, nach 40 Jahren der schlei­chenden Unkonkretheit, bietet die Regierung vor allem Versicherungen. Unsere Ant­wort auf die großen Fragen der Zeit sind Krankenversicherung, Sozialversicherung und eine schwindelerregende Vielfalt von sonstigen Unterstützungsleistungen.“

Wir sollten den Wandel, der sich abspielt, vielmehr als Chance begreifen. Wir sollten Dinge wie Sharing Economy, Start-ups, Innovation als Chance begreifen und die Rah­menbedingungen dafür schaffen, dass wir diesen Wandel auch für uns nützen können. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

12.02


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Alm eingebrachte Entschlie­ßungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Niko Alm, Kollegin und Kollegen betreffend Realwirtschaftsinvesti­tionsfreibetrag

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) – TOP 6 – UG 40

Österreich verliert in allen anerkannten Standort-Rankings an Boden. Egal, ob im Glob­al Competitiveness Report des Weltwirtschaftsforums oder im Monitoring Report der


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 490

WKO - von der Spitze nähern wir uns zusehends dem internationalen Durchschnitt. Globalisierung und Digitalisierung haben die Innovationszyklen der Weltwirtschaft ver­kürzt. Durchschnitt produziert keine Innovationen mehr. Nur noch die innovativsten Ent­wicklungen sichern neue Beschäftigung.

Innovation entsteht heute in jungen Unternehmen. Die Start-up-Kultur mit ihrer offenen und flexiblen Struktur kleiner Teams bietet ambitionierten Talenten den richtigen Rah­men um Innovationen zu schaffen. Jede Kultur braucht aber den richtigen Nährboden, um zu wachsen. Wenn dieser für Start-ups, die ihre Produkte in kurzer Zeit zur Markt­reife bringen müssen, fehlt, wählen sie andere Standorte, oder scheitern. Die Grün­dung und Marktfähigkeit von jungen Unternehmen ist stark abhängig vom Zugang zu Kapital. In Österreich wäre ausreichen privates Wagniskapital von Business Angels und Venture Capital Funds vorhanden - wir müssen nur attraktive Rahmenbedingun­gen schaffen, um dieses zu heben.

Im österreichischen Steuerrecht gab es bereits Steuerbegünstigungen für die Kapital­bereitstellung an Unternehmen, zum Beispiel den Sonderausgabenabzug für junge Ak­tien. Technisch wäre es daher relativ einfach, auch für Private einen „Sonderausgaben­abzug“ für Investments in junge Unternehmen und Start-ups zu schaffen.

Ein jährlicher Realwirtschaftsinvestitionsfreibetrag in der Höhe von € 100.000 für alter­native Finanzierung von Unternehmen wäre ein Meilenstein für die Wirtschaft. Der Frei­betrag erleichtert potenziellen Kapitalgebern die positive Investitionsentscheidung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Gesetzesvor­lage vorzulegen, in der ein Realwirtschaftsinvestitionsfreibetrag in der Höhe von Eu­ro 100.000 verwirklicht wird.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


12.02.30

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wirtschaft ist das Netz, das den Wohlstand in Österreich trägt. Und die Landwirtschaft knüpft viele Knoten, fes­te Knoten in dieses Netz.

Wir wissen, dass die Bäuerinnen und Bauern einen großen Beitrag leisten. Obwohl ihre Zahl leider abnimmt, werden sie immer wichtiger. Sie werden immer wichtiger, weil sie neue Aufgaben übernehmen müssen. Ein Beispiel: Es gibt 600 Höfe, die sich heute da­mit beschäftigen, Menschen zu helfen und soziale Dienstleistungen für Menschen, die besondere Sorgen haben, zu erbringen.

Wir wissen, dass alle von der Landwirtschaft profitieren, es ist nur oft nicht so im Be­wusstsein. Was für den Bauern die Alm ist, ist für Sie heute die Schipiste. Was für den Bauern der Acker ist, ist für Sie dann vielleicht der Kornspitz oder das Schnitzel. Was für den Bauern die Wiese ist, ist für Sie dann der Käse oder das Müsli oder vielleicht auch das Steak. (Abg. Kogler: Was vorher die Tierfabrik war, ist nachher auch ein Schnitzel!) Was für den Bauern der Wald ist, ist für Sie die Erholung, ist für Sie der Grundwasserschutz oder überhaupt der Wasserrückhalt, ist für Sie der Schutz vor


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 491

Vermurung. Der Wald ist für Sie aber auch das Holz für die Möbel, der Rohstoff für die Papierindustrie. Er ist natürlich auch die Wärme, die wir in immer größerem Ausmaß aus dem Inland beziehen.

Bedenken Sie, dass 530 000 Arbeitsplätze zwischen den Bauern und Ihrem Genuss, Ihrer Freude oder dem, was Sie eben von der Landwirtschaft verbrauchen können, lie­gen. 530 000 Menschen sind vor oder nach der Landwirtschaft in der Wirtschaft tätig und leben davon, dass sie Produkte haben, die sie Ihnen anbieten können.

Meine Damen und Herren! Allein die Papierindustrie macht in Österreich 3,8 Milliarden € Umsatz, hat 8 000 Mitarbeiter, produziert zweieinhalbmal so viel Papier, wie wir in Öster­reich selbst brauchen.

Meine Damen und Herren! Die Bauern investieren 1 800 Millionen €. Wir exportieren ins­gesamt Güter im Wert von 9,75 Milliarden aus diesem Bereich. Wir sind gut unterwegs!

Allerdings wird es schwieriger. Die Handelsketten werden mächtiger. Zielpunkt geht in die Pleite, die Konzentration bei den anderen wird größer. Die Bundeswettbewerbsbe­hörde hat protestiert, hat REWE zur Rechenschaft gezogen. REWE hat reinen Tisch ge­macht, 20 Millionen € bezahlt und wird sich bemühen. Spar ist in den Protest gegan­gen, zeigt keine Reue, hat 30 Millionen € Strafe aufgebrummt bekommen. Das Verfah­ren ist noch nicht zu Ende. Aber unsere Verkäufer wissen schon, wie hart jetzt das Ge­schäft geworden ist, denn die suchen das Geld wieder.

Meine Damen und Herren, wichtig für die Zukunft ist die Bedeutung der Region, wichtig für die Zukunft ist die Ausbildung in der Landwirtschaft, wichtig für die Zukunft ist, die Herkunft muss erkennbar sein.

Wir haben viele Schulen, wir haben Universitäten, wir haben höhere Lehranstalten. Wir brauchen eine Fachhochschule. Aber was wir wirklich brauchen, das ist die Begeiste­rung der Jungen, und die wird dann kommen, wenn Sie der Landwirtschaft Respekt ent­gegenbringen, Respekt und Anerkennung für unsere Bäuerinnen und Bauern, die ihre Leistungen in einer schwierigen Zeit erbringen, aber der allgemeinen Wirtschaft damit den Wohlstand ermöglichen. – Danke an unsere Bauern. (Beifall bei der ÖVP.)

12.06


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Höbart. – Bitte.

 


12.06.17

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Budget Untergruppe 40: Wirtschaft. Wie erwartet gibt es auch hier nichts Großartiges zu berichten. Herr Kollege Matznetter – doch, hier ist er wieder, eben hereingekommen –, ich habe mir schon gedacht, Sie sind wieder in die Wirtschaftskammer abgedampft, weil Sie vorher so enthusiastisch von der so großartigen Stimmung in der Wirtschaft berich­tet haben. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Die haben vielleicht Sie in der Wirt­schaftskammer, Herr Vizepräsident, aber draußen in der Wirtschaft herrscht eine gute Stimmung schon lange nicht mehr. (Beifall bei der FPÖ.) Herr Vizepräsident der Wirt­schaftskammer, Sie sollten sich in Ihren Dienstwagen setzen und einmal Betriebe ab­fahren! (Abg. Matznetter: Mache ich!)

Ich bin erst gestern mit einem Geschäftsführer und Eigentümer aus dem Industriezen­trum Niederösterreich Süd zusammengesessen. Ich muss Ihnen sagen – und das ist die einhellige Meinung in der Wirtschaft –, die Stimmung ist sehr, sehr schlecht und be­drückt. Und das hat einen Hintergrund. Es sind nicht die bösen Freiheitlichen, die im­mer alles schlechtreden wollen, sondern das ist letztendlich die Regierungspolitik der letzten Jahre, die zu dieser schlechten Stimmung in der Wirtschaft führt und geführt hat. Das muss man hier klipp und klar und deutlich sagen. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 492

Wenn Sie mit Unternehmern sprechen, dann sehen Sie, die haben das Gefühl, dass sie ausgepresst werden wie eine Zitrone. Die letzten Umsätze dürfen sie dann großar­tig versteuern, sie dürfen am Monatsletzten die Gehälter ausbezahlen. Sie müssen die Lohnnebenkosten entrichten. Die Sozialversicherungen stehen einem ja ein paar Stun­den später schon auf den Zehen, wenn man vielleicht einmal ein bisschen Liquiditäts­probleme hat. – Das sind die wahren Probleme der Wirtschaft und nicht das, was sich die Wirtschaftskammer mit dem Herrn Vizepräsidenten hier letztlich vorgaukelt!

Die Steuerbelastung ist viel zu hoch. Wir wissen, dass die Steuer- und Abgabenquote trotz der Steuerreform, die nächstes Jahr kommen wird, noch immer bei rund 43 Prozent sein wird. Sie ist letztendlich noch immer viel zu hoch. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Einen Vorwurf muss ich gerade der sogenannten Wirtschaftspartei ÖVP hier auch auf den Weg mitgeben: Ihr lasst euch leider von eurem Regierungspartner, dem man nur Wirt­schaftsfeindlichkeit unterstellen kann, ständig über den Tisch ziehen. Setzt euch doch verstärkt durch! Peter Haubner, Hand aufs Herz, das ist doch so! Die sogenannte Lohn­nebenkostensenkung, glaube ich, letztes oder vorletztes Jahr, war doch bitte nicht ein­mal ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Die Stimmung ist einfach sehr, sehr schlecht. Und Unternehmer sagen mitunter stän­dig, dass eigentlich kaum mehr Motivation vorherrscht, innovativ und wirklich mit Elan und mit Motivation ans Unternehmertum heranzutreten.

Es fehlen Reformen. Das Steuersystem gehört ja längst vereinfacht. Auch die Unter­nehmensbesteuerung ist in Wirklichkeit zu hoch. Wenn die SPÖ wieder einmal was von sogenannten Reichensteuern fabuliert, dann frage ich: Was meint man denn da­mit? – Dass man Stiftungen höher besteuert? Wissen Sie, was in Stiftungen meistens ge­parkt ist? – Unternehmensbeteiligungen. Wollen Sie wirklich dafür sorgen, liebe Damen und Herren von der Sozialdemokratie, dass noch mehr Unternehmen zum Beispiel den Weg ins Ausland suchen? Versuchen Sie doch bitte einmal nachzudenken oder nach­haltige Wirtschaftspolitik zu leben in diesem Land! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Matz­netter: … Millionäre! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ja, Millionäre, das ist immer dieselbe Leier. Das hört man von Ihnen eh schon lang. Ge­hören Sie vielleicht auch dazu, Herr Vizekanzler – nein, der Vizekanzler sitzt hinter mir –, Herr Vizepräsident? (Abg. Kogler: Welches KMU ist in einer Stiftung?)

Nehmen wir nur zwei Punkte des Budgets her, die letztendlich … (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mitterlehner.) – Ich habe ohnehin Sie als Vizekanzler lieber, das sage ich ganz offen.

Die Wirtschaftsförderung dämmt man ein, nämlich um ein Viertel. Man geht von 150 Mil­lionen auf 110 Millionen, was die Wirtschaftsförderung betrifft, hinunter. (Abg. Jarolim: Bitte eine geordnete Rede!)

Die thermische Sanierung wird weiter eingedämmt, nämlich von 45 Millionen auf 13,5 Mil­lionen.

Und all das führt letztendlich zu der schlechten Stimmung in der Wirtschaft, die zur Fol­ge hat, dass wir heute über 400 000 Arbeitslose haben, davon 120 000 Ausländer. Das hat unser Generalsekretär Kickl gestern bereits gesagt. Wir haben aber demgegenüber nur rund 40 000 offene Stellen. Ich bin schon gespannt, wie man da die 100 000 Asyl­werber, die heuer gekommen sind, integrieren möchte, wie es ja die Sozialdemokratie auch möchte. Das sind ja Absurditäten. Das ist ja nicht anders zu beschreiben.

Die FPÖ hätte sich ein deutlich stärkeres Wirtschaftsankurbelungspaket für das Budget gewünscht, es ist leider nur lauwarme Luft herausgekommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 493

Herr Vizekanzler! Liebe Bundesregierung! Sie können aber jetzt unmittelbar vor Weih­nachten doch noch Ihr soziales Herz zeigen, nämlich im Zusammenhang mit 2 500 ge­kündigten Zielpunkt-Mitarbeitern.

Ich bringe dazu folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorleis­tung der Bundesregierung zur Auszahlung der ausstehenden Gehälter für Zielpunkt-Mit­arbeiter

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, rasch und unbürokratisch für die ausstehen­den Gehälter und insbesondere für das Weihnachtsgeld der durch die Zielpunkt-Insol­venz betroffenen Mitarbeiter in Vorleistung zu treten und diese zur Auszahlung zu brin­gen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

12.11


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Höbart eingebrachte Entschlie­ßungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Höbart und weiterer Abgeordneter betreffend Vorleistung der Bundesregierung zur Auszahlung der ausstehenden Gehälter für Zielpunkt-Mitarbeiter – UG 40

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.)

Am 25.11.2015 gab das Zielpunkt-Management bekannt, dass man Insolvenz ange­meldet habe. Damit stehen 2.500 Mitarbeiter kurz vor Weihnachten vor der Arbeitslo­sigkeit.

Zugleich gab das Unternehmen bekannt, dass man nicht mehr in der Lage sei, die No­vember-Gehälter auszuzahlen, die Mitarbeiter aber aus dem Insolvenzentgeltfond ihre ausstehenden Gehälter erhalten sollen. Dieses Verfahren dauert mit Antragsstellung und Bearbeitung unter Umständen mehrere Wochen oder gar Monate.

Eine unbürokratische Auszahlung der ausstehenden November-Gehälter in Vorleistung der Bundesregierung wäre nicht nur ein Zeichen der Menschlichkeit, sondern zeigte die Bereitschaft der Bundesregierung schnelle Hilfe zu leisten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 494

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, rasch und unbürokratisch für die ausstehen­den Gehälter und insbesondere für das Weihnachtsgeld der durch die Zielpunkt-Insol­venz betroffenen Mitarbeiter in Vorleistung zu treten und diese zur Auszahlung zu brin­gen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte.

 


12.11.54

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine lie­ben Kolleginnen und Kollegen! Herr Höbart, Sie hätten es ja nicht besser auf den Punkt bringen können. Sie haben sich jetzt dargestellt als Milliardärsvertreter. (Abg. Höbart: Milliardärsvertreter?) Und das ist der wahre Grund, warum Sie gegen Erbschaftssteu­ern, warum Sie gegen vermögensbezogene Steuern auftreten. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber vielleicht zum Thema selbst. Herr Bundesminister, ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie Österreich als sehr ordentlichen, guten und starken Wirtschaftsstandort dar­gestellt haben. Die Politik trägt mit intelligenten Maßnahmen dazu bei. Sehr gut war, die Steuerreform umzusetzen. Sehr gut waren die Umsetzung der Lohnnebenkosten­senkung und vor allen Dingen die Investitionen in Wohnbau und Infrastruktur, meine ge­schätzten Damen und Herren.

Nicht so gut ist die Diskussion über unser aktuelles Pensionssystem, die zurzeit geführt wird. Faktum ist, dass das Pensionsantrittsalter steigt und dass die Aufwendungen nied­riger ausfallen, als sie im Budget festgehalten sind. (Abg. Loacker: Steigen laufend!) Das heißt, dass die Reformen, die die Bundesregierung jetzt umsetzt, auch tatsächlich wirken.

Und da lese ich, meine sehr geschätzten Damen und Herren, über eine neue Studie vom EcoAustria, irgendeiner Unterorganisation oder eines Instituts der Industriellenver­einigung, zumindest finanziert wird es von der Industrie, zum Thema Bundesbeitrag Pen­sionen. Wenn man sich diese Studie etwas näher anschaut, dann muss man sagen, es ist absolut unseriös, was die Damen und Herren da von sich geben. Sie haben ein Bei­spiel gebracht. Eine 40-jährige Arbeiterin wird in I-Pension geschickt. Also wir wissen, wenn du jetzt mit 40 Jahren in I-Pension gehen kannst, dann hast du den Kopf in der Hand, wenn du zum Amtsarzt gehst, da man sonst normalerweise keine Chance hat, eine I-Pension zu bekommen. Da muss man wirklich schwer krank sein.

Man unterstellt dieser 40-jährigen I-Pensionistin, dass sie eine Bezugsdauer der I-Pen­sion von 39 Jahren haben wird – das heißt, die schwerkranke Frau wird 79 Jahre alt –, und kommt dann zur Conclusio: „Obwohl“ – und jetzt zitiere ich – „das Leistungsniveau der Invaliditätspension sehr niedrig ist, reichen die Eigenbeiträge des Versicherten bei Weitem nicht aus“. – No na! Wenn du 20 Jahre arbeitest und 40 Jahre in Pension bist, ist das eine Selbstverständlichkeit. Und dann kommt zum Schluss: „Ein beträchtlicher Zuschuss von Steuermitteln ist erforderlich.“

Kolleginnen und Kollegen, so etwas Dummes zu veröffentlichen, da gehört sehr viel Selbstvertrauen dazu. (Abg. Gisela Wurm: Und Gemeinheit!) Aber offensichtlich ist sich das Institut dafür nicht zu schade.

Und wenn man schon über Pensionszuschüsse redet, dann muss man ehrlich sein. Wir stehen auch dazu. Und da ist es halt einmal so, dass die ASVG-Pensionisten den geringsten Zuschuss brauchen, nämlich nur 20 Prozent, 80 Prozent werden selbst fi­nanziert. Das heißt, da gibt es einen durchschnittlichen Zuschuss von rund 300 € pro Mo­nat. (Abg. Loacker: Das stimmt so nicht!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 495

Bei den Selbständigen, Herr Kollege Loacker, ist es schon ein wenig blöder. Da muss der Staat ein bisschen mehr berappen, nämlich 50 Prozent, also 750 € pro Pension. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Und bei den Bauern ist es auch nicht so einfach. Da muss der Staat für jeden einge­zahlten Euro überhaupt 4 € aufbringen.

Aber, Kolleginnen und Kollegen, das ist solidarisch, das hat mit dem solidarischen Um­lagesystem zu tun. Und zu dem müssen wir auch stehen. Wir stehen dazu, meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Verstehen statt nur stehen!)

Lassen Sie mich – mein Ordner und meine Ordnerin werden es mir verzeihen, wenn ich noch eine Minute hier anhänge – auf die wirkliche Frechheit zu sprechen kommen, die bei der Firma Zielpunkt zurzeit abläuft. Das sage ich jetzt deswegen, Kolleginnen und Kollegen, weil Kollege Höbart einen Entschließungsantrag hier eingebracht hat. In­nerhalb eines Nachmittags, Kolleginnen und Kollegen, und ohne Einbindung der So­zialpartner und des Betriebsrats – der hat nämlich überhaupt nichts gewusst – werden 2 700 Menschen nach Hause geschickt werden, das vor Weihnachten, ein tolles Weih­nachtsgeschenk!

Einige sprechen hier im Hohen Haus sehr oft vom Versagen des Staates, vom Ver­sagen der Verwaltung. Ganz klar ist, dass es bei diesem Konkurs oder bei dieser In­solvenz um ein ganz klares Unternehmensversagen geht, meine Damen und Herren. Und da müssen wir in Zukunft dann schon auch über mehr Demokratie in Betrieben sprechen, denn so etwas soll uns eine Lehre sein. So etwas sollte in dieser Form und mit diesem Vorgehen nicht mehr passieren! (Beifall bei der SPÖ.) Die Leidtragenden sind nämlich die Kolleginnen und Kollegen, die jetzt vor Weihnachten nach Hause ge­schickt werden.

Zur Aufforderung der FPÖ im Entschließungsantrag, dass die Bundesregierung in Vor­leistung treten sollte, das Weihnachtsgeld gehört jetzt ausgezahlt, da sollte sich die Bundesregierung bemühen: Ich habe heute schon in den Nachrichten um 6 Uhr in der Früh unseren Bundesminister Hundstorfer gehört, der gesagt hat, dass alles in die We­ge geleitet ist. (Abg. Höbart: Dann können Sie ja zustimmen! Danke! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich weiß auch, dass die Ansprüche auf Sonderzahlungen beim Insol­venz-Entgelt-Fonds eingereicht werden. Wir hoffen, dass wir das alles für die Kollegin­nen und Kollegen noch vor Weihnachten erledigen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.17


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort. – Bitte. (Abg. Höbart – in Richtung SPÖ –: Danke, FPÖ!)

 


12.17.21

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister! Herr Vizekanzler! Mei­ne Damen und Herren! Das Positive, das wir immer voranstellen, ist eigentlich schon bei der Generaldebatte gesagt worden. Wir haben die Austria’s Leading Companies er­wähnt und auch, dass viele, hauptsächlich Klein- und Mittelbetriebe, durchaus noch viele Chancen in Österreich sehen – und jetzt dürfen wir streiten: trotz oder wegen der Wirt­schaftspolitik.

Ich halte mich nicht lange dabei auf. Sie werden erahnen, warum ich mich an dieser Stelle zu Wort melde. Es geht tatsächlich um die Interessen der Klein- und Mittelbetrie­be und der KMUs vor dem Hintergrund der sogenannten Handelsabkommen. Und da kommt ja 2016 einiges Entscheidende auf uns zu, also halte ich einmal den Bezug auf das Budget 2016 nicht für ganz verfehlt, zumal ja in dem Haus – und das werden wir ab heute ändern – relativ wenig über die Angelegenheit TTIP und CETA diskutiert wird,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 496

insbesondere über die Aspekte des sogenannten Investorenschutzes, vulgo Klagspri­vilegien für Konzerne, und vor allem die Transparenzfragen. Das sollte uns alle hier in­teressieren, und darauf werde ich gleich eingehen.

Zunächst: Dass es für die KMUs immer kritischer wird, behaupten diese mittlerweile selbst. Es hat sich ja schon vor Jahren eine deutsche Initiative der mittelständischen Wirt­schaft gegründet, die gerade wegen dieses angeblichen oder vorgeblichen Investitions­schutzes hier massiv dagegen fährt, weil hier eine Schieflage eintritt. Mittlerweile gibt es auch in Österreich Initiativen von Klein- und MittelunternehmerInnen, die hier nicht nur große Skepsis an den Tag legen, sondern sich aus dem Grund auch ablehnend äußern.

Jetzt aber zur Transparenzfrage: Was Frau Malmström betrifft, hat es eigentlich eine sehr eigenartige Abfolge von Geschehnissen gegeben, nachdem sie Kommissarin gewor­den ist. Vorher hat Juncker anlässlich ihrer Vorstellung noch verkündet, damit die Kom­mission ein bisschen bessere Punkte beim Europäischen Parlament hat, bei TTIP wer­de sich alles Mögliche ändern, insbesondere die Transparenz, aber auch ein paar in­haltliche Punkte. Frau Malmström wird da ganz anders vorgehen.

Man hat die Bürgerinitiative dann verräumt. Man hat vor der Wahl die ganzen Verhand­lungsgegenstände, Investitionsschutz, herausgenommen, jetzt will man sie wieder hi­neinnehmen, angeblich reformieren. Es funktioniert hinten und vorne nicht.

Ich sage Ihnen nur, was von dieser Transparenzoffensive übrig geblieben ist. Es wurde angekündigt, dass auf der Homepage der EU-Kommission immer mehr veröffentlicht wird. Das ist zum Teil vielleicht sogar so, hat aber natürlich nichts damit zu tun, was da jetzt für die Galerie annonciert wird, was Regierungen, ja Sie selbst im Übrigen, aber vor allem auch Abgeordnete, auch dieses Hauses hier, an Informationen brauchen. Al­so da sind eher Rückschritte als Fortschritte feststellbar.

Es gibt jetzt mehrere Wege, wie diese Transparenz zu uns gelangen könnte, aber in Wirklichkeit werden überall die Paravents und die Interessen der Großen vorgescho­ben. Da geht es primär gar nicht um USA versus Europa, sondern da geht es einfach um Interessen von groß organisierten Wirtschaftseinheiten gegenüber anderen, vor al­lem VerbraucherschützerInnen, et cetera.

Eine Variante gibt es in den USA. Dort dürfen die Kongressabgeordneten auch die kon­solidierten Texte mitlesen. Das muss man sich einmal vorstellen! Im Europaparlament funktioniert das nicht und in den nationalen Parlamenten, also bei uns hier, schon gar nicht. Es gibt eine Vereinbarung mit den USA, dass sie in den Botschaften solche Le­sesäle einrichten. Und was passiert – nicht nur in Österreich, zugegeben, und ich weiß auch, dass zarte Bemühungen diesbezüglich stattgefunden haben, aber das ist zu we­nig –? Faktum ist: Die Kongressabgeordneten lesen mit, die Europaparlamentsabgeord­neten dürfen irgendwo, wie in Gefängnissälen, ein paar Absätze anschauen, aber nicht alles und nur wenige Abgeordnete, und hier bei uns passiert gar nichts.

Das ist nicht hinnehmbar! Entweder stellen wir das auf gleich oder es muss über das Verhandlungsmandat, das ja die Mitgliedstaaten gegeben haben, ganz anders einge­griffen werden. Diese Schräglage werden wir wegbringen müssen. Wir brauchen die US-Botschaften – römisch II – in Wirklichkeit überhaupt nicht, wenn das innereuropäische Ge­füge funktionieren würde.

Klipp und klar: Die Kommission soll die relevanten Informationen – der Regierung na­türlich sämtliche konsolidierten Texte – übermitteln, und zwar allen Regierungen, was denn sonst, und dann ist es eine innernationalstaatliche Frage, wie die Informationen weiter­gehen!

In Österreich ist klar, was passiert: Es ist den Abgeordneten das, was die Regierung in europäischen Angelegenheiten zur Verfügung hat, zu übermitteln – mit den entspre-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 497

chenden Vertraulichkeitsstufen. Das ist die logische Konsequenz. Davon sind wir aber weit weg, also würde ich doch anregen – und wir werden per Minderheitsrecht einen Hauptausschuss einberufen, kann ich gleich einmal ankündigen –, dass wir in diese Transparenzoffensive kommen.

Es würde auch der Frau Präsidentin nicht schaden, sich hier stärker zu engagieren. Sie hat ja im Sommer einen Brief abgelassen – das ist offensichtlich ein Privatbrief, denn die Abgeordneten bekommen ihn nicht –, damit ist sie dann ins Fernsehen und in alle Zeitungen gekommen. Sie wollte es dem Präsidenten des Deutschen Bundestages Lam­mert, von der CDU wohlgemerkt, der vorbildlich für die Transparenzmöglichkeiten der Ab­geordneten kämpft, nachmachen. Es hat für eine Zeitungsrunde und für einen Beitrag in „Hohes Haus“ gereicht – das ist typische SPÖ-Politik –, und dann war wieder Ruhe. Wenn man den Brief verlangt, den die Frau Präsidentin geschrieben hat, bekommt man ihn nicht, aber auch den werden wir abfragen!

Also es wäre an allen Ecken und Enden etwas zu tun. Wir werden das einleiten. Sie wer­den es erleben, wir stellen diesen Antrag auf einen Sonder-Hauptausschuss für EU-An­gelegenheiten.

Zum Schluss nur einen guten Tipp, weil das Jahr 2016 herankommt, Herr Bundesmi­nister: Wir haben für die TTIP-Verhandlungen überhaupt nur eine Chance beziehungs­weise Sie, wenn Sie diese Konzernklagsrechte wegbringen. Diese ganze Rederei von Frau Malmström über einen neuen Gerichtshof ist erstens Zukunftsmusik, zweitens ein Millimeter in die Richtung und drittens glaubt es niemand, so wie sich alle benehmen, zu Recht nicht!

Aber die wirklich entscheidende Frage 2016 wird das Kanada-Abkommen sein. Dort ist der Investitionsschutz in völlig alter Manier drin – sicher besser als das, was man viel­leicht in Südostasien hat, aber im Prinzip, was die westliche Hemisphäre betrifft, in der Uralt-Version –, und das wird zur Nagelprobe werden. Deshalb ist die Reihenfolge der Angelegenheit vollkommen klar: Sorgen Sie mit dafür, dass das als gemischtes Ab­kommen interpretiert wird, das heißt, dass es an die nationalen Parlamente gehen muss, und dass keine vorläufige Anwendung passiert! Dann wird es da abgestimmt werden müssen – vorher gilt es nicht. Überall, bei all diesen Schritten, sitzen Sie an der Stelle, von der aus auch ein Staat das entsprechend blockieren kann. Wir fordern Sie dazu auf!

Die Transparenzoffensive werden Sie erleben. Es ist das Wesen von Transparenz, dass die Abgeordneten dann mehr erfahren sollen, und Sie werden sich wundern, was dort alles passiert. (Beifall bei den Grünen.)

12.24


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Winzig. – Bitte.

 


12.24.27

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich ganz besonders, dass die Schülerinnen und Schüler, die Pädagoginnen und Pädagogen meiner ehema­ligen Schule, der HLW Bad Ischl, heute hier zu Gast sind. Herzlich willkommen! (Allge­meiner Beifall.)

Ein Wirkungsziel des Budgets umfasst unter anderem die Erhöhung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes. Dazu zählen eindeutig Maßnahmen, die dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Die Modernisierung der Berufsausbildung und die Attraktivierung der Leh­re sind ja bereits voll in Gang. Wir haben in der BAG-Novelle Rahmenbedingungen zur Er­probung innovativer Weiterentwicklungen des dualen Systems beschlossen, aber auch zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten mit Teilqualifikationen für schwerer vermittelbare Ju­gendliche.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 498

Auch die Förderung der Durchlässigkeit und der Vergleichbarkeit der Bildungssyste­me – ich denke da an Lehre mit Matura, Matura mit Lehre – wird dazu beitragen, dass dieses duale Ausbildungssystem genau die gleiche Anerkennung im Inland wie im Aus­land genießt.

Für 2016 steht uns ein Budgetrahmen von 180 Millionen € für die Berufsausbildung zur Verfügung; 22 Millionen mehr als im Vorjahr. Diese zusätzlichen Mittel werden für Ju­gendliche, die unterschiedlichste Schwierigkeiten haben, eingesetzt, damit sie ins Be­rufsleben einsteigen können, und zur Qualitätssteigerung.

Aber auch in der Bildungsreform sind wichtige Maßnahmen für Jugendliche vorgese­hen, um sie berufsfit zu machen und somit auch die Ausbildungsbereitschaft seitens der Unternehmerinnen und Unternehmer zu erhöhen.

Der World Talent Report beschreibt unser Lehrlingssystem als hervorragende Einrich­tung. Auch 80 Prozent unserer Fachkräfte sagen, dass sie eine gute Lehrausbildung ge­nossen haben, sie würden das Gleiche noch einmal machen. Übrigens haben auch 50 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer einen Lehrabschluss.

Herr Vizekanzler, ich weiß, dass Ihnen die Berufsausbildung unserer Jugendlichen sehr am Herzen liegt, und ich bin überzeugt, dass Sie mit Ihren Maßnahmen und auch mit der jetzt in Arbeit befindlichen Evaluierung des dualen Ausbildungssystems den richti­gen Weg beschreiten, um unsere duale Ausbildung zukunftsfit zu machen. Den fal­schen Weg hingegen beschritten haben in den letzten zwei Wochen die Arbeiterkam­mer und der ÖGB, wo in populistischer Manier Unternehmen-Bashing erfolgte. Für uns Unternehmerinnen und Unternehmer ist ein so undifferenzierter Rundumschlag sicher­lich keine Motivation, Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze zu schaffen. Ganz im Ge­genteil! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.27


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hauser. – Bitte.

 


12.27.29

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zum Tourismus: Ich glaube, das ist für den ländlichen Raum ein unglaublich wichtiges Thema. Was täten wir ohne funktionieren­den Tourismus, ohne jene Branche, die Arbeitsplätze sichert, Einkommen sichert und den ländlichen Raum lebenswert erhält? Es gibt keine Alternative zum Tourismus, des­wegen ist es eine normale Verpflichtung, glaube ich, dass wir uns hier im Hohen Haus und wo auch immer für Rahmenbedingungen für den Tourismus einsetzen, damit die Stim­mung im Tourismus wieder besser wird! Ich glaube, das ist unstrittig.

Unsere Aufgabe ist es sicherlich nicht, sich hierher ans Rednerpult zu stellen und so­zusagen auf Wunsch des Herrn Vizekanzlers eine gute, eine positive Stimmung zu ver­breiten, noch dazu, wenn wir das gar nicht tun können. Wenn ich die Stimmung wieder­geben müsste, die ich persönlich derzeit im Tourismus wahrnehme, müsste ich sagen: Es gibt leider Gottes keine gute Stimmung! Das ist bedauernswert, anders wäre es uns lieber.

Noch einmal: Ein funktionierender Tourismus ist genau das, was wir benötigen, aber wenn man sich die letzten Aktivitäten der Regierung anschaut – Registrierkassenpflicht, Mehrwertsteuererhöhung, die Diskussion um das Rauchverbot, die Allergenverordnung, die Erhöhung der Grunderwerbsteuer et cetera –, dann muss man sagen: Angesichts des­sen kann keine gute Stimmung aufkommen! Die Stimmung, die die Unternehmen im Tourismus wiedergeben, ist: Wir sind die Melkkühe der Nation! (Beifall bei der FPÖ.) Wir können im wahrsten Sinne des Wortes Selbständige sein, nämlich selbst und stän­dig arbeiten, und das 24 Stunden, damit wir tatsächlich diese Einkommen schaffen. – Das ist derzeit die Stimmung im Tourismus, und das ist nicht erstaunlich.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 499

Gabriel Obernosterer – sicher ein profunder Touristiker, unstrittig, er kommt aus dieser Branche, hat sehr viel Ahnung – hat heute in seiner Rede festgehalten, wir seien steu­ermäßig an die Grenze gekommen. Ich zitiere dich nicht wörtlich, Gabriel. Du hast fest­gehalten, bei der Bürokratie seien wir an der Grenze angelangt. Auch du sprichst von Grenzen, auch du hast das richtigerweise angesprochen. Die Analyse ist richtig, nur: Wo ist die Änderung? – Ich habe in deiner Rede keinen einzigen Ansatz, keinen Vor­schlag herausgehört, was geändert werden soll.

Schauen wir uns das im Detail an! Schauen wir uns zum Beispiel die Mehrwertsteuer­erhöhung von 10 Prozent auf 13 Prozent an! Allein die Umsetzung, die Ermittlung die­ser Mehrwertsteuererhöhung von 10 Prozent auf 13 Prozent, diese drei Prozent mehr, ist – unter Anführungszeichen – „kaum bis nicht nachvollziehbar“. Ich habe das nicht ver­standen, die Unternehmer verstehen das nicht, die Einzigen, die das verstehen, sind die Programmierer und die Steuerberater, die damit wieder unglaublich viel Geld ver­dienen – der Unternehmer aber nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich muss das wirklich zitieren, denn ich bin nicht in der Lage, diese praktische Umset­zung aus dem Stegreif darzustellen. Ich zitiere:

„Wenn der Durchschnittspreis bei über 140 € liege, steige der Anteil des Beherbergungs­steuersatzes am Zimmerpreis von 80 Prozent auf 82,5 Prozent. Ab einem Zimmerpreis von 180 € sind es 85 Prozent, bei einem Preis über 250 € sind es 90 Prozent.“

Das ist doch für keinen Unternehmer nachvollziehbar, ja nicht einmal nachrechenbar! Und das Ganze soll dann unter Bürokratieabbau subsummiert werden?! Nein, das Ge­genteil ist der Fall! Es gibt eine neue Steuer, und die Unternehmer sind nicht in der Lage, selbst auszurechnen, was das konsequenterweise für sie bedeutet. Das ist wirk­lich ein Wahnsinn.

Deswegen haben wir gesagt – probieren wir es noch einmal! –, wir wollen diese so wich­tige Branche entlasten. Wir wissen schon, dass dieses gesamte Paket an sich auch ei­ne Gegenfinanzierung benötigt, aber angesichts dieses Murks bei der Umsetzung, bei der überbürokratischen Umsetzung dieser Mehrwertsteuererhöhung müsste man jetzt wirklich hergehen und sagen: Schieben wir das einmal beiseite, gehen wir zurück an den Start, bleiben wir bei den 10 Prozent! Auch Konkurrenzländer wie die Schweiz und Deutschland haben wesentlich geringere Mehrwertsteuersätze auf Logis.

In diesem Zusammenhang darf ich jetzt folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücknah­me der Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Beherbergung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvor­lage zuzuleiten, mit der die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Beherbergung wieder zu­rückgenommen wird.“

*****

Ich danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.32


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Hauser eingebrachte Entschlie­ßungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 500

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Gerald Hauser und weiterer Abgeordneter betreffend Rück­nahme der Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Beherbergung

UG 40

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 .B.)

„Es gilt das gebrochene Wort!“ so das Motto der österreichischen Bundesregierung in Zusammenhang mit den der Tourismuswirtschaft auferlegten Belastungen im Zuge der Steuerreform.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Mehrwertsteuer in der Beherbergung verändert wird.“ „Österreich sei schließlich ein Hochtourismusland und stehe im Wettbewerb zu den Nachbarländern Deutschland und Schweiz, die geringere Mehrwertsteuersätze ha­ben. Das sollte man beachten,“ so Schelling im Ö1 Morgenjournal am 13.12.2014.

Auf der ÖVP-homepage unter dem Titel “Streichung von Ausnahmen im Steuerrecht“ ist Folgendes zu lesen:

„Streichung von Ausnahmen im Steuerrecht

Auch über die Streichung von Ausnahmen im Steuerrecht wird man sprechen müssen, stellt der Finanzminister klar. Hier gilt es, die vorgeschlagenen Maßnahmen der Kom­mission zu diskutieren und zu prüfen. Bei einigen Ausnahmen kann sich Schelling je­doch keinen Spielraum vorstellen – so etwa beim Mehrwertssteuersatz für Lebensmit­tel, Mieten und Medikamenten.

Auch bei der „Beherbergung“ ist Österreich als Hochtourismusland in einem Umfeld ein­gebettet, in dem Länder wie etwa die Schweiz oder Deutschland einen extrem niedri­gen Steuersatz haben.“

So weit, so schlecht!

Trotz dieser „Beteuerungen“, dass es zu keiner Anhebung der Mehrwertsteuer auf Be­herbergung kommen werde, legte der Bundesminister für Finanzen Schelling dem Mi­nisterrat am 17. März 2015 einen Ministerratsvortrag vor, in dem unter anderem zum Erstaunen insbesondere der heimischen Tourismuswirtschaft festgeschrieben wurde:

„Umsatzsteuer (250 Mio. €)

Es soll zu einer Anpassung der Umsatzsteuer von 10% bzw. 12% auf 13% in den fol­genden Bereichen kommen:

Beherbergung (ab 1.4.2016), lebende Tiere etc, Saatgut etc, Pflanzen etc, kulturelle Dienstleistungen, Futtermittel, Holz, Jugendbetreuung, Luftverkehr, Bäder, Museen etc, Tiergärten etc, Filmvorführung etc, Ab-Hof Wein.“ (…)

Ich stelle den Antrag, die Bundesregierung möge die oben angeführten Maßnahmen be­schließen und die nach dem Bundesministeriengesetz 1986 jeweils zuständigen Bun­desministerinnen bzw. Bundesminister beauftragen, Gesetzesentwürfe mit den oben an­geführten Inhalten, samt Vorblatt und Erläuterungen der Bundesregierung zur Geneh­migung und in weiterer Folge dem Nationalrat zur verfassungsmäßigen Behandlung vor­zulegen.

17. März 2015

Der Bundesminister:

Schelling“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 501

Dieser vom wortbrüchigen Finanzminister gestellte Antrag wurde, wie hinlänglich bekannt, mit Stimmeneinhelligkeit im Ministerrat beschlossen.

War die Tourismuswirtschaft aufgrund der Zusagen von Schelling, wonach es keine Er­höhungen der Mehrwertsteuer auf Beherbergungen geben werde, zunächst etwas er­leichtert, sind die Reaktionen auf den dargelegten Wortbruch – völlig zurecht – sehr hef­tig ausgefallen, wie nachfolgende Zitate von Betroffenen eindrucksvoll unter Beweis stel­len:

„Wir stehen fassungslos da,“ sagte Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). Man habe sich auf die Aussage von Finanzminister Hans Jörg Schelling verlassen, dass die Mehrwertsteuer in der Beherbergung nicht verändert werde.

„Unsere Wettbewerbsposition in Europa und auch weltweit wird immer schlechter.“ (Wie­ner Zeitung, 18.03.2015)

Die diesbezüglichen im Bericht des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2013 ab­gedruckten Zahlen bestätigen dies:

So zeigt sich im internationalen Vergleich, dass Österreich seit Jahren Marktanteile ver­liert!

2009:                  6,39%

2010:                  6,28 %

2011:                  5,91 %

2012:                  5,85 %

2013:                  5,76 %!

Das entspricht einem Rückgang des Marktanteils seit 2009 um rund 10 Prozent.

„Die Bundesregierung stürzt sich auf uns, weil es im Tourismus eine Standortgarantie gibt. Wir können nicht absiedeln! Dass gerade Mitterlehner als Wirtschaftsbündler uns hängen lässt, das enttäuscht uns sehr!“ (Kurier, 18.03.2015)

„Das Vertrauen in die Politik ist in unserer Branche schwer erschüttert“, erklärte Petra Nocker-Schwarzenbacher, Obfrau der WK-Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft. (medianet Nr. 1941/2015, 18.03.2015)

„In Deutschland beträgt die Mehrwertsteuer sieben Prozent, in der Schweiz gar nur drei Prozent, aber in Österreich wird sie erhöht!“ (Kronen Zeitung, 18.03.2015)

„Ich habe Landeshauptmann Platter und ÖVP-Obmann Mitterlehner gesagt, dass die ÖVP so alle Wirte als Wähler verliert,“ so der ehemalige ÖVP-Tourismussprecher Franz Hörl. (Tiroler Tageszeitung, 18.03.2015)

Diese Zitatensammlung könnte sich noch endlos fortsetzen lassen…

Fakt ist jedenfalls, dass die Tourismusvertreter damit rechnen, dass sie 60 Prozent der Mehrwertsteuererhöhung auf den Endpreis aufschlagen können und 40 Prozent selbst tragen müssen.

„Die Mehrwertsteuererhöhung wird mindestens die Hälfte der Betriebe in die Verlust­zone bringen“, so die triste Erwartung des ÖHV-Präsidenten Georg Hoch.

Trotz dieser Warnung und Kritik wurde die dargestellte Belastung für die heimische Tourismuswirtschaft von SPÖ und ÖVP beschlossen!

Die praktische Umsetzung dieser Erhöhung führt einmal mehr zu enormer zusätzlicher Bürokratie und auch zu verständlichem Unmut bei den Betroffenen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 502

So wird unter anderem folgende im gegenständlichen Erlass des Finanzministers nor­mierte Einschleifregelung kritisiert:

Wenn der Durchschnittspreis bei über 140 € liege, steige der Anteil des Beherber­gungssteuersatzes am Zimmerpreis von 80 auf 82,5 Prozent. Ab einem Zimmerpreis von 180 € sind es 85 Prozent, bei einem Preis über 250 € sind es 90 Prozent. „Das ist eine unnötige bürokratische Grenze", so Franz Hörl, Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Tirol.

„Ich wünsche mir mehr Praktiker bei den Steuerreform-Verhandlern und auch im Fi­nanzministerium. Da liegen Welten zwischen den Vorstellungen der Beamten und der Praxis im betrieblichen Alltag", sagt Michaela Reitterer, Präsidentin des Österreichischen Hotelierverbandes (ÖHV). (Wirtschafts Blatt / 10.11.2015)

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der vom Bundesminister für Finanzen gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Beher­bergung ins Treffen geführten Gründe, wonach Österreich als Hochtourismusland in einem Umfeld eingebettet ist, in dem Länder wie etwa die Schweiz oder Deutschland einen extrem niedrigen Steuersatz haben, nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, mit der die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Beherbergung wieder zurückgenommen wird.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


12.33.02

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es um geförderten, leistbaren Wohnraum geht, dann blickt Europa gerne nach Österreich, denn nirgendwo setzen sich die internatio­nalen Delegationen mehr mit diesem Thema auseinander als in der Bundeshauptstadt. Die einfache Antwort ist: Österreich überlässt es nicht dem Spiel des Marktes, wo wir wohnen, wie und um wie viel wir wohnen! Die Wohnbauförderung spielt in diesem Zu­sammenhang eine wesentliche Rolle, in der Größenordnung von etwa 1 Prozent des BIP, und die Fördervorgaben werden natürlich bei den Bürgerinnen und Bürgern sehr na­he in den Ländern gemacht.

Der Wohnbau in Österreich ist ein wesentlicher Konjunkturfaktor bei der Baustoffferti­gung, und laut Wifo sind 40 Prozent der Beschäftigten im Bauwesen überhaupt im Wohn­bau tätig. Das ist natürlich ein enormer Beschäftigungseffekt. 100 Millionen € an Inves­titionen im Wohnbau schaffen Arbeitsplätze für 1 090 Beschäftigte. Beim Verkehrswe­gebau sind es nur 730 Beschäftigte.

Eine neu geplante innovative Maßnahme ist die Wohnbau-Investitionsbank, die wir im nächsten Plenum beschließen werden. Es ist geplant, dass 30 000 mietbegünstigte Woh­nungen für 68 000 Personen gebaut werden. Dieses Mehrangebot dämpft nicht nur die Preise bei neu errichteten Wohnungen, sondern wirkt sich natürlich preisdämpfend auch auf den gesamten Wohnungsmarkt aus. Es hebt die Wohnungsqualität durch die guten Standards im geförderten Wohnbau, es ist ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll, weil na­türlich auch verstärkt in den Ballungszentren gebaut wird, weil vor allem Gemeinnützi-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 503

ge bauen werden, und es sind auch flankierende Maßnahmen in der Infrastruktur vor­gesehen, um ein geordnetes Wachstum in den Ballungszentren zu ermöglichen.

Aus diesem WBIB-Topf stehen auch Mittel für die thermisch-energetische Sanierung zur Verfügung, die ökologisch sehr wichtig ist. (Abg. Moser: Und die massiv gekürzt wurde!) Die Wertschöpfung … (Zwischenruf des Abg. Höbart.) – Es wird dort auch sa­niert. Der Herr Vizekanzler hat erklärt, dass in diesem Bereich umgeschichtet wird.

Diese Sanierung ist ein ganz wesentlicher Bereich, weil sich dadurch auch eine höhere Wertschöpfung als beim Neubau ergibt; man kann um 10 Prozent pro Person hier mehr Wert schöpfen.

Auch der Sanierungsscheck steht zusätzlich weiter zur Verfügung – das ist ja eine be­fristete Offensive –, und aus diesem Titel werden im nächsten Jahr 45 Millionen € zur Ver­fügung stehen.

Insgesamt ist es ein sparsames Budget, es macht aber aus meiner Sicht Österreich rei­cher – reich an zusätzlichem qualitätsvollen Wohnraum, reich an einem Angebot, das insgesamt kostendämpfend wirkt, und auch reich an internationaler Anerkennung für die­ses Erfolgsmodell des österreichischen Wohnbaus. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.36


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


12.36.32

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Ich möchte nur kurz etwas zum Wirkungsziel 2, zum Ziel der Attraktivierung und Modernisierung der dualen Aus­bildung, der Lehrlingsausbildung, sagen. Das ist ein Ziel, das wir sicher unterstützen. Ich denke, dass gerade bei der Modernisierung der Berufsbilder in letzter Zeit doch einiges weitergegangen ist. Was aber das Thema Qualitätssicherung bei der Lehrlingsausbil­dung betrifft, so liegt da noch ein sehr, sehr langer Weg vor uns. Es ist nämlich noch immer – egal, was Frau Abgeordnete Winzig, die jetzt nicht mehr da ist, sagt – ein Zu­fall, ob ein Jugendlicher das Glück hat, in einen engagierten Ausbildungsbetrieb zu kom­men und dort wirklich intensiv betreut zu werden, eine gute Aus- und Bildung zu bekom­men, oder ob er – unter Anführungszeichen – das „Pech“ hat, als quasi billige Hilfskraft mit Tätigkeiten konfrontiert zu sein, die eigentlich gar nichts mit der Ausbildung zu tun ha­ben. – Das kann es einfach nicht sein! Es kann nicht sein, dass wir es dem Zufall über­lassen, ob junge Menschen in Österreich eine gute Ausbildung bekommen.

98 Prozent aller Lehrlinge schaffen einen positiven Abschluss in der Berufsschule, aber 25 Prozent schaffen die Lehrabschlussprüfung nicht. Es liegt also nicht am Engage­ment der jungen Menschen, dass sie diesen Lehrabschluss nicht schaffen, das würde sich ja widersprechen, sondern definitiv auch an der Qualität der betrieblichen Ausbil­dung, und da müssen wir ansetzen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Der Herr Minis­ter ist diesen Ansatz ja bereits angegangen, Herr Abgeordneter Loacker! (Beifall bei den Grünen.)

Wo müsste weiter investiert werden? – Auf jeden Fall bei der Aus- und Fortbildung der Ausbildner und Ausbildnerinnen, aber eben auch bei der Qualitätskontrolle. Es kann ein­fach nicht sein, dass die Lehrlingsstelle, also quasi die Wirtschaftskammer, im Zusam­menhang mit der Ausbildung die eigenen Betriebe kontrolliert. Das funktioniert nicht. Qualitätskontrolle muss ausgelagert sein, wenn man will, dass sie funktioniert.

Meine Damen und Herren, fast die Hälfte der Lehrlinge gibt an, nur unregelmäßig Kon­takt mit ihren Ausbildnern zu haben. Ein Drittel aller Lehrlinge sagt, dass sie regelmä­ßig ausbildungsfremde Tätigkeiten ausüben müssen. Und mit welcher Konsequenz? – In unserem System quasi mit keiner.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 504

Meine Damen und Herren! Ich denke, es ist ein zentraler Punkt, dass wir auch ein Sig­nal an diese jungen Menschen senden und sagen: Wir lassen euch nicht allein in den Betrieben, sondern wir schauen darauf, dass ihr eine gute Ausbildung bekommt!

Unter 18 Jahren Überstunden zu machen, ist eigentlich verboten, aber trotzdem müs­sen 36 Prozent der Lehrlinge regelmäßig Überstunden machen. Das kann nicht sein! Und ich frage Sie jetzt ganz einfach: Stellen Sie sich vor, Ihr Sohn/Ihre Tochter, 16, 17 Jah­re alt, geht in eine höhere berufsbildende Schule. Er oder sie hat ohnehin 38 Stunden Unterricht in der Woche, und dann kommt auf einmal der Mathematikprofessor darauf, dass anstatt vier Stunden in der Woche, sechs Stunden Mathematik gescheit wären, und zwei Stunden zusätzlich in Deutsch und zwei Stunden zusätzlich vielleicht auch noch in Englisch.

Dann sind wir plötzlich nicht mehr bei 38 Stunden, sondern bei 44 Stunden in der Wo­che, die der Sechzehnjährige in der Schule Unterricht haben muss. Würden Sie das ein­fach so passieren lassen, ohne dass irgendjemand etwas dazu sagt? Oder stellen Sie sich vor, der Mathematikprofessor würde sich entscheiden, dass er jetzt nicht mehr Ma­thematik unterrichtet, sondern dass jede Woche in der Mathematikstunde der Turnsaal geputzt wird. Würden Sie das durchgehen lassen? – Nein, das würden Sie nicht! Und ich erwarte von Ihnen allen – und auch von Ihnen, Herr Minister –, dass Sie den Lehrlin­gen dasselbe Engagement und dieselbe Aufmerksamkeit entgegenbringen wie Schü­lern und Schülerinnen oder allen jungen Menschen in unserem Land. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, ich hoffe, das Wirkungsziel Attraktivierung, qualitative Ver­besserung der Lehrlingsausbildung wird ernst genommen, es geht etwas weiter. Ich höre jetzt von einer geplanten Evaluierung, vielleicht könnten Sie das noch etwas konkreti­sieren. Es ist sicher gut, wenn Daten und Fakten Basis für eine Weiterentwicklung sind. Aber das, was Abgeordnete Winzig sagt, dass es lächerlich ist, die Einschätzung und Meinung von Lehrlingen dazu heranzuziehen – das, was sie selbst über ihre Ausbildung sagen –, finde ich wirklich absolut inakzeptabel. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wö­ginger: Das hat sie nicht gesagt!)

12.41


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Nachbaur. – Bitte.

 


12.41.55

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Sehr geehrte Steuerzahler! Sehr geehrte zukünftige Steuerzahler! Wir haben heute schon öfter über den Zielpunkt-Konkurs gesprochen, wo 2 500 Mitarbeiter sowohl um ihr November-Gehalt als auch um ihr Weihnachtsgeld zittern müssen. Wir Abgeordnete sitzen hier herinnen im Warmen, und so mancher hier erscheint mir weit entfernt von den Menschen, die möglicherweise Zukunftsängste haben. (Abg. Kickl: Die Gewerkschaf­ter sitzen in ihren Luxuslimousinen!) Ich sage das deshalb, weil wir ziemlich sicher sind, dass die Arbeitslosenzahlen seit Jahren geschönt sind. (Zwischenruf des Abg. Weninger.)

Nirgendwo auf der Welt gibt es so viele Frühpensionisten wie bei uns. Wir haben eine Rekordarbeitslosigkeit, obwohl wir die allerhöchsten Mittel in ganz Europa für den Ar­beitsmarkt aufwenden. Irgendwann einmal muss man aufwachen und zugeben, dass die Rezepte nicht funktionieren.

Die Welt ist global geworden, und es gibt heute digitale Geschäftsmodelle. Das sind diese globalen Multis, die hier weder einen Euro an Steuern zahlen noch einen einzi­gen Arbeitsplatz schaffen noch irgendetwas zur Wertschöpfung in unserem Land bei­tragen. Im Gegenteil: die bringen unsere KMUs unter Druck, die sich neben der hohen Steuerlast auch mit einer teils schikanösen Bürokratie herumschlagen müssen. Die gan-


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zen Auflagen und Vorschriften gelten nämlich für diese globalen Multis nicht, weil die sonst vielleicht eh schon hin wären. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.)

Das ist komplett verkehrt. Wir müssen schauen, dass wir diese wettbewerbsverzerren­den globalen Multis in die Steuerpflicht bringen und dass wir gleichzeitig unseren Leis­tungsträgern den Rücken stärken, sie nicht schröpfen und über Arbeitszeitverkürzungen, Überstunden-Euro und Sonstiges nachdenken, während die globalen Multis immer di­cker und dicker werden. (Zwischenruf des Abg. Steinhauser.)

Erfreulich ist, dass wir jetzt aber mit einer Entlastung für die KMUs begonnen haben. Ich möchte drei Beispiele dafür nennen. Erstens: Wenn man in der Buchhaltung einen Fehler macht, ist man nun nicht mehr strafbar. Die leichte Fahrlässigkeit wurde abge­schafft. Bei allen Einnahmen- und Ausgabenrechnern sind die Verluste nun unbeschränkt vortragsfähig, und an der Börse meist im Mid-Market-Segment gelistete KMUs sind nicht mehr vierteljährlich berichtspflichtig, sondern nur noch einmal im Jahr. Das ist ein guter Beginn. In diesem Sinne müssen wir weitermachen, denn die KMUs sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. Meine Unterstützung dafür haben Sie, sehr geehrter Herr Wirtschafts­minister! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.44


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte. (Abg. Knes: Doppler, das darfst du dir nicht gefallen lassen!)

 


12.44.41

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Vizekanz­ler! Herr Minister! Herr Minister der Wirtschaft! Der Herr Arbeitsminister ist wieder ver­schwunden, leider. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Wirtschaftsminister ist nicht für alles zuständig, aber für vieles. Das haben wir heute schon gehört, und ich hoffe, es ist so. Ich komme zu UG 40, Wirtschaft. Wichtig für die Wirtschaft, für den Stand­ort Österreich: Der Standort muss sehr attraktiv sein, und Wachstumsimpulse müssen vorhanden sein. Klein- und Mittelbetriebe müssen gestärkt und dürfen nicht belastet wer­den, zum Beispiel mit diesen unsinnigen Registrierkassen, wie wir heute schon gehört haben.

Positive Aspekte möchte ich natürlich auch ansprechen: Herr Minister, in Salzburg ha­ben wir sehr viele Meisterbriefe überreicht, ich glaube, wir haben 254 neue Meisterin­nen und Meister im Oktober. Das ist positiv. Man darf auch nicht vergessen, dass so eine Meisterprüfung mit den Kursen und so weiter in etwa zwischen 8 000 und 9 000 € kostet. Das ist ja keine Selbstverständlichkeit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, 2016 haben wir in der UG 40 323 Millionen € zur Verfügung. Das sind um 41,7 Millionen € weniger als 2015, das hat der zuständige Minister heute schon angesprochen.

Herr Minister, ich bin nicht Ihrer Meinung, wenn Sie sagen, der Rückgang beziehungs­weise die geringeren Mittel bei der thermischen Sanierung werden sich nicht auswir­ken. Ich glaube, das wirkt sich sehr wohl aus. Die Bevölkerung hat das sehr gut ange­nommen. Sie haben auch die Wohnbauoffensive angesprochen, mit der die Bauwirt­schaft angekurbelt werden soll. Ich bin da skeptisch, aber wollen wir es hoffen, Herr Vi­zekanzler.

Den Tourismus haben Sie auch angesprochen. Ich gebe Ihnen recht, was den Städte­tourismus betrifft, aber sonst glaube ich dieser Statistik nicht immer.

Um eines, Herr Minister, möchte ich noch bitten: Ich glaube, dass es ganz, ganz wich­tig ist, dass wir auch die Kleinwasserkraftwerke unterstützen, die sind einem enormen Preisdruck ausgesetzt. Ich glaube, das wäre ein wichtiger Ansatz. – Herzlichen Dank. (Abg. Knes: Bravo, Doppler!) – Klatschen bitte auch!

12.47



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 506

Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Schopf zu Wort. – Bitte.

 


12.47.07

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich möchte mich ebenfalls, so wie Kollegin Schatz, kurz mit der Thema­tik der Jugendlichen, der Lehrlinge und deren Berufsausbildung auseinandersetzen. Ich möchte einleitend betonen, dass ich all diese Punkte zu hundert Prozent unterstreiche, die Sie erwähnt haben. Es ist tatsächlich so, wie Sie meinen, es gibt in diesem Bereich eine Menge von Schwierigkeiten.

Trotzdem ein paar Fakten zum Budget: Es sind im kommenden Jahr 169,4 Millionen € für die verschiedensten Beihilfen in der Lehrlingsausbildung vorgesehen. Das ist richtig und wichtig, und ich danke auch dafür.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das Wirkungsziel, das wir diesbezüglich auch veran­kert haben, ist extrem wichtig, die Kennzahlen für 2016 auch. Wir meinen, ein Drittel der Fünfzehnjährigen soll eine Lehrlingsausbildung beginnen. Die Lehrabbruchquote soll von zurzeit rund 14 Prozent auf 13 Prozent gesenkt werden. Das Ziel ist weiters, dass im kom­menden Jahr 2016 mindestens 47 000 positiv abgelegte Lehrabschlussprüfungen erreicht werden.

Ein weiterer Punkt, der vor allem für junge Mädchen sehr wichtig ist, da bei den weib­lichen Jugendlichen die Konzentration im Bereich der Lehrlingsausbildung zurzeit in drei Bereichen erfolgt: in den Lehrberufen Einzelhandel, Bürokauffrau und Friseurin. Ich den­ke, dass es wichtig ist, auch in anderen Berufssparten, insbesondere im technischen Be­reich, zu versuchen, Maßnahmen zu setzen, dass es für weibliche Jugendliche attrakti­ver und interessanter wird, auch in anderen Bereichen einen Lehrberuf zu erlernen. Wir unterstützen diese Ziele natürlich. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir alle wissen, dass unser System der dualen Aus­bildung international als Vorbild gilt und viele Vorteile bietet: die Integration in die Ar­beitswelt, das praktische Lernen am Arbeitsplatz, der finanzielle Vorteil durch die Lehr­lingsentschädigung, der Erwerb von Beitragszeiten für die Pensionsversicherung. Den­noch, und das ist interessant, ist die Anzahl an Lehrlingen rückläufig. Warum? – Und das ist wichtig: Obwohl wir wissen, dass viele unserer Jugendlichen Spitzenleistungen bei Europameisterschaften, bei Weltmeisterschaften im Bereich der Lehrlingsausbildung er­zielen, gibt es trotzdem Schattenseiten. Gerade als Gewerkschafter kennen wir natür­lich diese Schattenseiten.

Vor wenigen Tagen ist vom Institut für Berufsbildungsforschung erstmals ein Lehrlings­monitoring durchgeführt und präsentiert worden. 6 500 Lehrlinge wurden diesbezüglich be­fragt, und das Ergebnis ist einigermaßen ernüchternd: Vier von zehn Lehrlingen sagen, sie haben mangelnden oder keinen Kontakt zum Ausbildner oder zur Ausbildnerin. (Abg. Loacker: Glauben Sie, Sie finden mehr Lehrlinge, wenn Sie das sagen?) Sie wissen zum Teil gar nicht, wer im Unternehmen, wer im Betrieb für die Lehrlingsausbildung zu­ständig ist. Ein Drittel der Lehrlinge, das hat Kollegin Schatz ebenfalls gesagt, wird quasi ständig zu berufsfremden Tätigkeiten herangezogen. Das ist die Realität! Jeder zweite Lehrling sagt mittlerweile, würde er nochmals vor der Entscheidung stehen, diesen Lehr­beruf zu erlernen, würde er sagen: Nein, den würde ich nicht mehr erlernen! (Abg. Schellhorn: So ein Blödsinn! – Abg. Loacker: 90 Prozent der Lehrlinge sind mit ihren Ausbildnern zufrieden! Sie machen die Lehre schlecht, unglaublich!)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich denke, es gibt handfeste Gründe, warum wir Schwierigkeiten haben. Daher ist es notwendig, dass wir diese Probleme lösen, dann wird es keine Probleme mehr im Lehrlingsbereich geben, dann werden wir genügend


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 507

Jugendliche in dieser Republik haben, die wieder bereit sind, einen Lehrberuf zu erler­nen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Das ist Imageschädigung, was Sie da ma­chen! – Abg. Rädler: Das war jetzt wieder typisch Gewerkschaft!)

12.51


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Gerhard Schmid zu Wort. – Bitte.

 


12.51.26

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Zum Thema Wirtschaft: Die Bundesregierung rühmt sich, mit dem Budget 2016 steuerliche Begünstigungen sowohl für den Arbeitnehmer als auch für die Wirtschaft zu ermöglichen. Positiv anzusprechen ist die Senkung des Eingangssteuersatzes. Die Steuerreform mit einem angekündigten Umfang von 5 Milliar­den € bedarf jedoch einer Gegenfinanzierung, welche von der Wirtschaft zu stemmen ist. Die wirtschaftliche Lage Österreichs ist derzeit insbesondere für die mittelständi­sche Wirtschaft als extrem angespannt zu bezeichnen. Insolvenzanträge in zunehmen­der Zahl sind die Folge. Insolvenzen führen zu einer Kapital- und Arbeitsplatzvernich­tung in erschreckendem Ausmaß und damit auch zu einer massiven Belastung des So­zialsystems.

Die durch die USA fernbestimmten von der EU verhängten Sanktionen gegenüber Russ­land führen zu einem Wirtschaftseinbruch in Österreich sowie zu einem Exportzuwachs der USA nach Russland.

Anzusprechen ist auch eine nicht unerhebliche Mehrbelastung im Rahmen von Betriebs­übergaben. Die Registrierkassenverordnung ist technisch vorerst auch nicht umsetzbar.

Zusammenfassend stellt diese hochgelobte Steuerreform für die heimische mittelstän­dische Wirtschaft ein gefährliches Belastungspaket dar, welches zu überdenken ist. – Dan­ke. (Ruf bei der ÖVP: Wer hat dir das aufgeschrieben?)

12.53


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hanger. – Bitte.

 


12.53.15

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich möchte einleitend auf zwei Vorredner replizieren, in deren Rede es um die Lehrlingsausbildung gegangen ist. Ich möchte ganz klar feststellen, dass die Lehrlingsausbildung auch im internationalen Ver­gleich ein Vorzeigemodell ist. Viele, viele österreichische Unternehmer und Lehrlings­ausbildner leisten hier hervorragende Arbeit. Das ist insgesamt einmal festzustellen. (Bei­fall bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Zu meinen Vorrednern: Ich orte auch in Österreich, bei den Österreichern und Österrei­cherinnen eine schlechte Stimmung, ich orte aber auch, dass die Stimmung wesentlich schlechter als die tatsächliche Situation ist. Wenn wir den Wirtschaftsstandort Öster­reich diskutieren, dann müssen wir die internationale Wettbewerbsfähigkeit diskutieren, und wenn wir die internationale Wettbewerbsfähigkeit diskutieren, dann sollten wir viel­leicht einen Blick auf unsere Exporte machen. Die Zahlen schauen so aus: Waren und Dienstleistungen im Wert von 180 Milliarden, die wir in Österreich produzieren, werden international exportiert. Ich war einige Jahre selbst im Export tätig und kann im Hohen Haus schon klar sagen, dass das nicht selbstverständlich ist. Da muss man sehr wett­bewerbsfähig sein in der Preissituation, in der technologischen Situation, das ist nicht selbstverständlich.

Wenn man diese 180 Milliarden dann noch auf den einzelnen Einwohner herunter­bricht, dann kommt man auf einen Export von 20 000 € pro Einwohner, und damit sind


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wir im internationalen Vergleich auf Platz sieben – man höre: auf Platz sieben! Was die Dienstleistungsexporte anbelangt, sind wir auf Platz zehn. Im Fußball sind wir hoch er­freut, wenn wir unter den Top Ten sind, im Bereich der Wirtschaft hat man manchmal den Eindruck, dass das ein bisschen untergeht.

Entscheidend aber ist natürlich die Wettbewerbsfähigkeit, und deshalb ist auch die Ini­tiative unseres Herrn Vizekanzlers und der Bundesregierung zu begrüßen, die Lohnne­benkosten zu senken. Nur dann, wenn wir auch in Zukunft wettbewerbsfähig sind, wer­den wir diesen Standard halten können. Die Senkung der Lohnnebenkosten ist ein ers­ter großer Schritt, schafft Arbeitsplätze und führt uns wieder einen Schritt weiter auf dem Weg, Österreich wieder an die Spitze zu bringen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.55


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.

 


12.55.21

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Wirtschafts­minister! Ich habe auf der einen Seite durchaus Verständnis für Ihre Aussagen, aber ich muss dazu schon bemerken – um sachlich zu bleiben, wie der Kollege Obernoste­rer eingemahnt hat –, dass diese Aussagen Ihrer nicht würdig sind. Ich denke, das darf nicht unwidersprochen bleiben. Ihre Aussagen zeigen, dass Sie noch nie Unternehmer waren. Ihre Aussagen zeigen, dass Sie in Kammerwindeln auf die Welt gekommen sind, in Kammergehschulen gegangen sind und heute noch die Vertretung der „Kammer der gewerblichen Verhinderung“ sind, weil die keinen Wettbewerb kennt. (Beifall bei den NEOS.)

Die Aussage, 3 Prozent werden sowieso an die Kunden weitergereicht, ist eine Irrsinns-Aussage! Wer einmal im freien Wettbewerb gestanden ist, der weiß, dass der Markt die Preise bestimmt und dass der Wettbewerb auch dementsprechend groß ist. Der Wett­bewerb für den österreichischen Tourismus ist extrem groß. Ich glaube auch, dass ganz entschieden der Schönfärberei widersprochen werden muss, da jetzt das ÖW-Budget einmalig um 16 Prozent erhöht worden ist. Real hat es in den letzten zehn Jahren ei­nen Verlust von 25 Prozent gegeben, das ergibt wieder ein Minus.

Und das sollte auch nicht unwidersprochen bleiben: Wenn der Herr Wirtschaftsminister davon spricht, dass die Förderungen hinuntergefahren werden, hat er recht, aber gleich­zeitig die Steuern hinaufzufahren ist wieder ein wirtschaftspolitischer Wahnsinn!

Abschließend sei mir noch gestattet, darauf hinzuweisen, wenn er bemerkt, dass die Gewinne steigen: Einen Unterschied gibt es schon noch zwischen Gewinn und Wert­schöpfung, und es würde einem Wirtschaftsminister besser anstehen, wenn er die Re­alität betrachtet und nicht seine Storys hier erzählt. Das sollte nicht unwidersprochen bleiben. (Beifall bei den NEOS.)

12.57


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kucher. – Bitte.

 


12.57.23

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Galerie! Herr Kollege Schellhorn, ich möchte ein bisschen differenzierter an die Sache herangehen und in gewissen Aspekten versuchen, auch die positiven und negativen Dinge ein biss­chen stärker abzuwägen.

Eine Leistung, auf die wir alle in Österreich stolz sein können, ist, dass es erstmals in diesem Jahr gelungen ist, dass wir in Summe über 10 Milliarden € in den Bereich For­schung und Entwicklung investieren und dass wir im Bereich der Forschungsquote erst-


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mals über 3 Prozent liegen. Das ist eine Leistung von ganz vielen Menschen, die sich in Forschungseinrichtungen und Unternehmen in diesem Bereich engagieren. Ich glau­be, das sind Entwicklungen, auf die wir alle sehr stolz sein können. (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, wir müssen uns in diesen Bereichen weiter anstrengen, wenn wir zu den Innovation Leaders dazugehören wollen, nämlich zu jenen Ländern, die an der Wissensgrenze for­schen, die an der technologischen Grenze auch produzieren. Da gehört noch ein wich­tiger Schritt gesetzt, viele kleine Schritte gesetzt, und ich glaube, dass wir genau diese Schritte gemeinsam angehen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Gerade in Zeiten wichtiger Strukturreformen, in denen wir versuchen, diese Themenbe­reiche Schritt für Schritt anzugehen, und Zukunftsbereiche auch stärken sollten, pas­siert genau das in Österreich, dass nämlich genau der Bereich Bildung, Forschung, Ent­wicklung und Innovation weiter gestärkt wird. Wenn wir uns die dazugehörigen Budgets ansehen, die Untergliederung 31 beispielsweise: da bleiben wir beim Betrag von 101,6 Mil­lionen €. Nächstes Jahr, ab 2016, wird die Forschungsprämie auf 12 Prozent erhöht, das sind in Summe über 500 Millionen € gerade für forschungsintensive Technologie­unternehmen. Und es wird zusätzlich einen Österreich-Fonds geben, der die Mittel für die Finanzierung von Forschungs- und Bildungsausgaben noch einmal zusätzlich erhö­hen wird.

Im Bereich Forschungsförderung sind uns allen die Hebel bekannt; es muss in vielen Bereichen mehr geschehen. Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung hat vie­le Empfehlungen abgegeben, viele Empfehlungen sind bereits umgesetzt worden, sind bereits eingeleitet worden, vieles wird in diesem Bereich noch passieren. Der Bereich der Grundlagenforschung, der immerhin am Beginn der Wertschöpfungskette steht und die Basis für Innovationen darstellt, muss gestärkt werden. Es geht um Bildungsrefor­men, die wir einleiten, wo wir wirklich gerade bei den Kleinsten beginnen müssen, im Kindergarten, die Freude, die Neugier an der Technik, an der Technologie in Zukunft zu stärken. Die Schwerpunkte, glaube ich auch, des BMWFW sind gut gewählt, da geht es um Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft, da geht es um Fragen des Inno­vations- und Technologietransfers und auch um die Unterstützung bei der Gründung von alternativen Unternehmen. Das ist, glaube ich, ein sehr, sehr wichtiger Schwerpunkt, den wir in Zukunft auch weiter verstärken sollten, weil es da wirklich auch um Arbeitsplätze der Zukunft geht.

Alles in allem sind wir im Bereich der angewandten Forschung gut unterwegs. Auf dem Weg zur Weltspitze fehlt uns noch einiges, diese Maßnahmen müssen und werden noch folgen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Vizekanzler Dr. Mit­terlehner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.00.30

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Rein­hold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schellhorn, ich habe den Ausführungen der Statistik Austria in dem Jahr schon entnommen, dass im April und im Mai entsprechende Kostenerhöhungen im Bereich Beherbergung, die nicht kollektivvertragsmäßig begründbar waren, schon an den Kunden weitergegeben worden sind. Ähnliches ist auch passiert, was beispielsweise Theaterkarten anbelangt. Das heißt, der Markt gibt bestimmte Erhöhungen sukzessive an die Kunden weiter.

Ich würde Ihnen ganz einfach nur eine Überlegung mitgeben: Wenn ich Preisführer bin, also wenn ich den höchsten Preis unter allen Anbietern habe, werde ich mich sehr schwer tun, eine Preiserhöhung weiterzugeben. Wenn ich im Mittelpreisbereich bin, und da gibt es entsprechende Preisvergleiche, wenn ich im Segment in der Mitte stecke,


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dann kann ich eine derartige Erhöhung an den Kunden – sicherlich nicht zur Freude des Anbieters, ich möchte das natürlich auch feststellen – weitergeben, ohne dass es das Un­ternehmen schädigt. Das ist der eine Punkt.

Zweiter Punkt: Ich weiß nicht, warum Sie dauernd darauf so herumreiten, ob jemand selbst unternehmerisch tätig gewesen ist oder nicht. Ich sage Ihnen, ich habe beispiels­weise im Wirtschaftsbund – Peter Haubner hat eine ähnliche Tätigkeit – das gesamte Un­ternehmen geführt. Das ist wie ein Mittelstandsbetrieb, wo Sie ja auch die ganzen Ma­nagementaufgaben übernehmen müssen. Ehrlich gesagt, die These, dass der Bauer mit den größten Erdäpfeln der beste Landwirtschaftsminister ist, kommt mir irgendwie komisch vor. Deswegen würde ich auch sagen, es geht nicht darum, was Sie jetzt glau­ben, sondern es geht einfach darum, wie die ganze Konstellation makroökonomisch ist. Und dass ich Umsatz und Gewinn unterscheiden kann, das nehmen Sie bitte mit, selbst wenn ich in der Kammer beschäftigt war. – Nur so viel und danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Mir liegen dazu keine Wortmeldungen mehr vor. Die Beratungen zu diesem Themenbereich sind daher erledigt.

13.02.37UG 34: Verkehr, Innovation und Technologie (Forschung)

UG 41: Verkehr, Innovation und Technologie

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zur Verhandlung der Untergliederungen 34: Verkehr, Innovation und Technologie (Forschung), und 41: Verkehr, Innovation und Technologie.

Hierüber findet eine gemeinsame Debatte statt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


13.03.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ein wichtiger Punkt, den ich heute im Rahmen dieser Bud­getdebatte diskutieren möchte, ist die Infrastruktur, die geplanten Infrastrukturvorhaben.

Jetzt haben wir uns geeinigt, und wir haben drei große Tunnelbauten. Darüber kann man diskutieren. Wir haben sie, wir wollen sie fertigstellen. (Zwischenruf der Abg. Moser.) Wenn man aber einen Großteil des Infrastrukturbudgets für diese großen Bauvorhaben verwendet, umso sorgfältiger muss man dann – bin ich der Überzeugung – mit dem rest­lichen Geld beziehungsweise vor allem mit den restlichen Investitionsvorhaben umge­hen. Da sind es die großen sogenannten TEN-Strecken – die, die es schon gibt, und die, die noch kommen –, auf die ich das Augenmerk lenken möchte.

Wir gingen bis dato immer davon aus, dass die West-Achse, das heißt die Salzburg–Wien-Verbindung, plus die Süd-Achse eine entsprechende Wichtigkeit haben. Vor Kur­zem habe ich die Information erhalten, dass von der Tschechei kommend über die Sum­merauer Strecke die Schober-Achse weiter nach Koper zumindest einmal von der Tsche­chei ausgebaut wird, und zwar mit einer gewissen Schnelligkeit, von der ich fürchte, dass Österreich das nicht schaffen wird. (Zwischenruf der Abg. Moser.)

Das Zweite – nicht neu, sondern von Deutschland schon etliche Jahre propagiert – ist die direkte Verbindung von München über das sogenannte Rieder Kreuz nach Linz, die Kurzverbindung nach Linz, um Salzburg und die doch sehr schlechte Verbindung über Rosenheim auszulassen. In Österreich entdecke ich da keine entsprechenden Gegen­stücke, und ich kann nur vermuten, dass wir dann erst nachziehen, wenn die Tschechen


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beziehungsweise die Deutschen mit ihren Strecken an der Grenze angelangt sind. Das wäre ja nicht das erste Mal so. Wir kennen das historische Stück von Italien, wo es so war, dass die Italiener vom Süden her kommend fast bis an die österreichische Grenze gebaut haben – und dann hat ihnen Österreich sprichwörtlich die lange Nase gezeigt.

Herr Bundesminister, ich ersuche Sie, sich diese zwei Sachen wirklich anzusehen und im Notfall korrigierend einzugreifen, denn es nützt nichts, wenn wir das wenige Geld, das wir haben, falsch oder nicht ganz optimal verplanen.

Ich möchte aber abgesehen von der Eisenbahn die Aufmerksamkeit schon auch noch einen Augenblick auf die Fliegerei – auf die Abgaben vor allem, die wir in diesem Be­reich haben – lenken. Ich weiß, Herr Bundesminister, Sie sind nicht persönlich und di­rekt dafür verantwortlich, aber es ist Faktum, dass das die ganze Fliegerei betrifft – egal, ob wir von den Linienfliegern, von den Flughäfen, von Bedarfsfliegern und so weiter spre­chen, und da vor allem alle negativ betrifft. Wir hatten ja eine Veranstaltung, bei der der Flughafen Wien und Bundesländer-Flughäfen die Mitglieder des Verkehrsausschus­ses eingeladen, dort ihre Daten präsentiert und dann eine zentrale Forderung an uns gestellt haben, nämlich die Abschaffung der Flugabgabe. Die ist wirklich für alle Be­troffenen eine schädliche Angelegenheit, und daher freut es mich, Herr Minister, dass Sie selbst vor Kurzem gesagt haben, Sie können sich damit identifizieren, dass diese Flugabgabe ersatzlos gestrichen wird.

Daher meine Aufforderung an die zweite Regierungshälfte sozusagen: Wenn die ÖVP wirklich die Partei der Wirtschaft ist, dann wird es doch ein Leichtes sein, dass sich auch die ÖVP diesem Wunsch anschließt.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Strei­chung der Flugabgabe

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Finanzen werden auf­gefordert, umgehend eine Regierungsvorlage vorzulegen, die eine Abschaffung der Flug­abgabe vorsieht.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Ich bin mir sicher, wenn die SPÖ das unterstützt, wird es auch die ÖVP zusammenbrin­gen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Pock.)

13.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Ich nehme an, dass man über den Begriff „die Bundesministerin“ in diesem Antrag hin­wegsehen kann.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DI Gerhard Deimek und weiterer Abgeordneter

betreffend Streichung der Flugabgabe


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 512

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), UG 41 in der 104. Sitzung des Nationalrates

„Die Flugabgabe schadet dem Standort und kostet Arbeitsplätze. Zudem wird in der volks­wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung deutlich, dass eine Abschaffung mehr budgetäre Effekte wie eine Beibehaltung bringt.“ (Österreichische Luftverkehrs- und Tourismuswirt­schaft)

Die Flugabgabe wurde mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 für Abflüge in Österreich ab dem 1.4.2011 eingeführt und beträgt derzeit bei Kurzstrecken 7,- EUR, Mittelstrecken 15,- EUR und Langstrecke 35,- EUR. Begründet wurde die Einführung der Flugabgabe seitens der Regierungsfraktionen damit, dass der Flugverkehr bisher steuerlich stark begünstigt war und somit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber umweltfreundlicheren Ver­kehrsmitteln wie Bahn und Bus hatte.

Tatsächlich ist aber die Flugabgabe eine Belastung für die österreichische Luftverkehrs­wirtschaft. Die Flughäfen leiden darunter, dass Fluglinien die Abgabe in ihre Gesamt­kalkulation bei der Entscheidung für oder gegen eine Destination einbeziehen. Flug­linien können aufgrund des starken Wettbewerbs die Kosten nur sehr eingeschränkt an Kunden weitergeben und leiden unter Gewinneinbußen. In diesem Wettbewerb ist Ös­terreich nun einfach teurer. (Österreichische Luftverkehrs- und Tourismuswirtschaft)

Andere Länder haben die Flugabgabe, sofern sie überhaupt eingeführt wurde, relativ bald wieder abgeschafft.

So haben beispielsweise die Niederlande die Ticketsteuer nach einem Jahr bereits wie­der abgeschafft, da die Gäste auf angrenzende Länder ausgewichen sind. Auch Däne­mark und Malta haben bereits kurz nach ihrer Einführung die Flugticketsteuern wieder abgeschafft. In Schweden und Belgien wurde das Vorhaben aufgrund möglicher nega­tiver Auswirkungen erst gar nicht eingeführt.

In Deutschland, wo fast jeder Zweite weniger als 100 km von einer Grenze entfernt lebt, fliegen seit Einführung der Luftverkehrsteuer viele Passagiere von ausländischen Flughäfen statt von deutschen Flughäfen ab; grenznahe deutsche Flughäfen beklagen seit 2010 ein Passagierminus, während Flughäfen im grenznahen Ausland im gleichen Zeitraum Passagierzuwächse von 35,8% verzeichnen konnten. Wächst der Flugver­kehr in Westeuropa stärker als die Wirtschaft, ist dies in Deutschland nicht der Fall.

Im Sinne der österreichische Luftverkehrs- und Tourismuswirtschaft stellen die unter­fertigen Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Finanzen werden aufgefordert, umgehend eine Regierungsvorlage vorzulegen, die eine Abschaffung der Flugabgabe vorsieht.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


13.08.00

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehr­te Damen und Herren im Haus und vor den Bildschirmen! Der Bund wird 2016 wieder


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 513

verstärkt in den Ausbau der Infrastruktur investieren. Insgesamt hat für das Jahr 2016 das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie 3,83 Milliarden € zur Verfügung, und das sind – das ist ganz wichtig zu betonen – um 481 Millionen € mehr als 2015. Auch in den kommenden Jahren wird in den Ausbau der Schiene investiert. Der Ausbau der Schiene wird im Mittelpunkt der Investitionen bis 2021 stehen. Bis zum Jahr 2021 werden rund 14 Milliarden €, also jährlich 2 Milliarden €, in den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur investiert. (Abg. Höbart: Süd- oder Nordkorea?) Das schafft und sichert Zehntausende Arbeitsplätze.

Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Deimek! Es ist auch wichtig zu beto­nen, dieses Geld fließt nicht nur in den Ausbau der großen Achsen, sondern es werden auch viele regionale sinnvolle Projekte umgesetzt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang unserem Herrn Bundesminister Alois Stöger da­für danken, dass er die erfolgreiche und kluge Investitionspolitik der letzten Jahre auch weiterhin fortsetzt.

Sehr geehrte Damen und Herren, auch die ständig steigende Zahl der Fahrgäste gibt der Politik des Bahnausbaus recht. Österreich ist, wie Sie wissen, mittlerweile das Bahn­fahrerland Numero eins in der Europäischen Union. Im Konkreten fährt jede Österrei­cherin, jeder Österreicher im Jahresschnitt 1 425 Kilometer mit der Bahn, und das sind um 45 Prozent mehr als der Durchschnittseuropäer. (Abg. Höbart: Und das ist der Er­folg vom Kollegen Heinzl! – Abg. Kickl: In letzter Zeit waren die Züge ein bisschen voll!) Ein Grund dafür ist – Herr Kickl, ich hoffe, Sie fahren auch mit dem Zug – neben der gut ausgebauten Infrastruktur sicher auch der sehr günstige Fahrpreis bei uns. Zu erwähnen ist: Ein Zugkilometer kostet den Fahrgast in Österreich im Schnitt 5,9 Cent, im Vergleich dazu kostet der Kilometer im völlig privatisierten, liberalisierten Bahnver­kehr in England im Schnitt 15,2 Cent.

Auch beim Gütertransport auf der Schiene ist das Bahnland Österreich Numero eins in der Europäischen Union, und das ist nicht nur für die Umwelt gut.

Im Bereich der Straßeninfrastruktur wird die ASFINAG bis 2021 rund 7,3 Milliarden € in den Ausbau, vor allem in die Modernisierung des hochrangigen Straßennetzes inves­tieren, und auch die Maßnahmen, was ganz wichtig ist, für mehr Verkehrssicherheit ge­hen weiter. Obwohl sich in den letzten 15 Jahren die Zahl der Verkehrstoten mehr als halbiert hat, gibt es – und das wissen wir alle sehr genau – noch sehr viel zu tun. Gera­de das Thema Sicherheit für Motorradfahrer ist aktueller denn je. Weitere Investitions­schwerpunkte sind der Ausbau des Breitbandinternets und des Hochwasserschutzes.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Das Budget 2016 spricht im Verkehrs­bereich eine klare Sprache, und zwar wird sichergestellt, dass die Investitionen in eine sichere und leistungsfähige Infrastruktur weiter fortgesetzt werden. Davon profitieren nicht nur die Menschen und die Umwelt, sondern vor allem auch die Wirtschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

13.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Willi. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Das war die Sonntagsrede am Donnerstag! – Abg. Heinzl: Herr Kickl, sind Sie auch wieder einmal da? – Ruf bei der FPÖ: Ich war das! – Heiterkeit. – Abg. Heinzl: Sie? – Sie beschäftigen sich beim Verkehr nur mit der Schiff­fahrt! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Willi ist am Wort! Ich bitte aus Respekt vor dem Redner, die Diskussion einzustellen.

Herr Abgeordneter, bitte, Sie haben das Mikrofon, Sie sind lauter! (Abg. Heinzl: Da kannst du dir denken, was Sie Ihrer Partei an Schwarzgeld bringen! – Abg. Kickl: Geh, bitte! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 514

13.12.23

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Herr Minister, ich zitiere eine APA-Meldung von heute, in der es heißt:

„Verkehrsminister Alois Stöger (SPÖ) reißt im VW-Skandal um manipulierte Abgaswer­te der Geduldsfaden. ‚Mir ging das alles ein bisschen zu langsam. Ich halte die Sala­mitaktik für den Konzern nicht angemessen‘“.

Herr Minister, mein Geduldsfaden ist auch am Ende, denn Sie sind in dem ganzen Ab­gasskandal bisher lediglich ein Zuschauer; dabei sollten Sie ein Akteur sein. Sie wis­sen, es gibt eine EU-Richtlinie, die sogar vorsieht, dass die Nationalstaaten diese gan­zen Angaben der Hersteller selbst überprüfen sollten. Es bräuchte also unabhängige Nach-Tests, unabhängige Kontrollen auch in Österreich, denn die nimmt Ihnen keine deutsche Behörde ab. Daher lasse ich es Ihnen nicht durchgehen, dass Sie nur als Zu­schauer, als Kommentator dasitzen, aber selbst die Möglichkeiten, die Sie hätten, nicht nutzen. Ausdruck davon ist: Im Budget ist nichts für solche Nach-Kontrollen drinnen.

Herr Minister, werden Sie endlich tätig in dieser Sache! (Beifall bei den Grünen.)

Nun zur Bahn. Es ist sehr interessant – ich erlebe das immer wieder –: Wenn es um die ganz großen Summen geht, dann werden diese sehr schnell und ohne große Dis­kussion im Parlament durchgewunken. Vor zwei Tagen hatten wir hier eine Regie­rungsvorlage mit dem Titel: Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastun­gen durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt wird. Dieses Gesetz schaut so aus (der Redner hält ein Blatt Papier in die Höhe, auf dem der Text der Regierungsvorlage steht): drei Paragrafen. Vor zwei Tagen wurde es von der Mehrheit im Hause durchgewunken, und wissen Sie, worum es da geht? – Es geht um 42 Milliarden €. (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.) Zehn Zeilen Gesetz für 42 Mil­liarden €, keine große Diskussion, durchgewunken.

Das sind die Summen, die Sie, Herr Minister, in die Bahn investieren dürfen. Wenn wir alle schon unter der Erde liegen, nämlich bis zum Jahr 2070, werden die Österreiche­rinnen und Österreicher diese Schulden noch zurückzahlen! Jetzt kann man sagen – ge­rade als Grüner –: Super, es wird in die Bahn investiert. (Abg. Moser: … verantwor­tungsvoller Umgang mit Steuergeld!) Dieser Meinung kann man sein, nur wir von den Grünen werden für vieles getadelt, aber für eines nicht: dass wir nicht verantwortungs­voll mit Steuergeldern umgehen würden. Wir gelten als die Partei, die ihre eigenen Par­teikassen sehr transparent und für jeden einsehbar führt. Bei uns gibt es keine Abkas­sierer, keine Nehmer, uns kann in Sachen Geld und Verwendung von Steuergeld nie­mand etwas Schlechtes nachsagen.

Ich finde, wenn es um solche Beträge geht, eben um 42 Milliarden €, dann muss man schon genauer hinschauen, ob diese hohen Beträge sinnvoll, nämlich sinnvoll im Sinne einer möglichst großen Wohlfahrtswirkung eingesetzt werden. Ich würde mich ja freu­en, wenn wir einmal ein Gesetz hätten – zehn Zeilen –, mit dem für die Bildung 42 Mil­liarden € auch so einfach lockergemacht werden. Da würde wirklich etwas weitergehen in Österreich. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Pock.)

So, jetzt haben wir das alles, Herr Minister. Sie dürfen also so viel Geld ausgeben, aber die Frage ist jetzt: Wird dieses Geld gut eingesetzt? – Faktum ist, Sie bauen der­zeit die Bahn groß aus, darunter drei Tunnels, Brenner-Basistunnel, Semmering-Ba­sistunnel, Koralmtunnel, und bei all diesen Tunnels gibt es derzeit nur ein Ziel, nämlich dass gebaut wird. Okay, aber was dann? Was ist, wenn das alles fertig ist? Dann wol­len wir doch, dass man diese teure Infrastruktur nutzt: einerseits, um Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern, und andererseits, um möglichst viele Menschen mit der Bahn zu transportieren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 515

Wir Grünen haben den Vorschlag gemacht, nehmen wir die Alpentransitbörse und ma­chen sie zur österreichischen Position in Brüssel, ein marktwirtschaftliches Instrument zur Verlagerung von Gütern von der Straße auf die Schiene. Das wurde hier im Hause abgelehnt. Ich verstehe das nicht, denn wir brauchen doch einen Plan, wie es nach dem Bau dieser Tunnels weitergehen soll. Wenn wir keine Güterverlagerung schaffen und wenn wir nicht mehr Menschen auf die Bahn bringen, dann macht das doch keinen Sinn.

Vor zwei Tagen erschien ein „Kurier“-Artikel mit dem Titel – ich zitiere –: „Die ÖBB dürf­ten den geplanten Austausch der alten Intercity-Flotte absagen.“ Der Hintergrund ist, die ÖBB spürt die Konkurrenz der Westbahn. Die Westbahn investiert in neue Züge, und jetzt will die ÖBB genau die geplanten Intercity-Züge stornieren, die endlich bar­rierefrei im Fernverkehr eingesetzt werden sollten, damit auch die ÖBB barrierefreien Fernverkehr anbieten kann.

Herr Minister, lassen Sie sich das doch nicht bieten! Wir brauchen auch eine barriere­freie Fernverkehrsflotte, aber was wir noch mehr brauchen, sind Investitionen in den Nah­verkehr.

In diesem „Kurier“-Artikel steht weiters – ich zitiere –: „Das ist eine wichtige strategi­sche Entscheidung“ – sagt Kern, der ÖBB-Chef –, „wir müssen uns genau überlegen, ob sich eine neue Fernverkehrs-Flotte überhaupt noch rechnet.“ Und weiter: „Durch den Kauf der Züge könnten teure Überkapazitäten entstehen. Vor allem auch deswegen, weil zusätzlich zum wachsenden Wettbewerb die Fahrgast-Zahlen – die im Nah- und Re­gionalverkehr steigen – im Fernverkehr seit Jahren bei rund 34 Millionen jährlich stag­nieren.“

Die Analyse ist: Der Fernverkehr stagniert, der Nah- und Regionalverkehr wächst. Wir Grünen würden so antworten: Investitionen prioritär in den Regional- und Nahverkehr, und wenn dann noch Geld überbleibt, in den Fernverkehr. Sie machen es umgekehrt: Hauptsache ist der Fernverkehr, und das, was überbleibt, fließt in den Nah- und Regio­nalverkehr.

Herr Minister, wir beide haben ein spannendes Jahr 2016 vor uns. Ich erwarte mir von Ihnen Engagement im Zusammenhang mit dem Abgas-Skandal, damit wir, was die Schadstoffe des Autoverkehrs angeht, endlich zugunsten der Umwelt weiterkommen, und zweitens eine vernünftige Investition in die Bahninfrastruktur, denn 42 Milliarden € müssten besser investiert werden, als Sie das derzeit tun. (Beifall bei den Grünen so­wie des Abg. Pock.)

13.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ot­tenschläger. – Bitte.

 


13.20.01

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Tatsächlich ist es so, dass das Verkehrsbudget einen der größten Budgetposten im Bundeshaushalt darstellt. Allein für die Untergliederung Verkehr 3,8 Milliarden €, etwa 480 Millionen € mehr als im Jahr zuvor, und etwa 2 Milliarden € werden in den Ausbau der Bahninfrastruktur in­vestiert.

Darüber kann man trefflich streiten, welche Maßnahmen hier sinnvoll sind. Ich möchte dazu nur sagen, Kollege Willi, weil du vorher die drei kurzen Paragraphen gezeigt hast, das ist das Gesetz, aber wir haben sehr wohl, und das zum ersten Mal, im Ausschuss den Hintergrund dieses Gesetzes diskutiert, und der Rahmenplan wurde transparent dar­gestellt. Das ist ja nichts anderes als eine Liste … (Abg. Moser: Das erste Mal!) – Ja, das hefte ich auch durchaus auf unsere Fahne, dass wir hier Druck gemacht haben,


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dass wir (Abg. Moser: Ich habe das schon voriges Jahr gesagt!) – ja, jetzt ist es aber gelungen –, dass wir das im Ausschuss diskutiert haben. Also bitte nicht so darstellen, dass das jetzt nur ein einfaches Gesetz ist, sondern es gibt hier sehr wohl die Möglich­keit, transparent zu schauen, in welche Projekte investiert wird.

Es stimmt, der Großteil der finanziellen Mittel wird in die großen Projekte, die schon ge­nannt wurden – Schwerpunkt Weststrecke, Südstrecke, Brenner-Achse –, in weitere Mo­dernisierungen, auch von Bahnhöfen, in Güterterminals, aber auch in Sicherheitsmaß­nahmen, Park-and-ride-Anlagen oder in den Lärmschutz investiert. Ich sage das nur der Ordnung halber, damit das auch alle wissen. Es wird in ganz Österreich investiert. Wir haben Investitionen vom Burgenland bis Vorarlberg.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin auch der Meinung, dass die kleineren und mittleren Projekte durchaus wichtig sind und vor allem auch einen Beschäftigungs­effekt für die kleine und regionale Bauwirtschaft haben können. Das ist selbstverständ­lich richtig. (Demonstrativer Beifall der Abgeordneten Moser und Willi.)

Ich bin auch dafür, dass wir in den nächsten Jahren weiter darüber nachdenken, wie wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten mit diesen hohen Investitionssummen um­gehen und welche Art von Finanzierungsinstrumenten wir vielleicht andenken, die an­ders sind als die, die es jetzt sind.

Aber eines sei auch gesagt: Es ist auch vereinbart, Effizienzsteigerungen und Kosten­senkungen durch die Überprüfung von Normen und Vorschriften herbeizuführen. Sie wissen, das passiert laufend, und das kann einige Millionen bei diesen Programmen be­deuten.

Meine Damen und Herren, weil auch der Nahverkehr beziehungsweise der Personen- und Güterverkehr angesprochen wurde: Die Subventionen für die sogenannten gemein­wirtschaftlichen Leistungen bedeuten im kommenden Jahr etwa 680 Millionen € nur vom Bund, das ist auch ein großer Brocken. Was bedeutet das? – Dass Bund, aber auch Länder Verkehre bestellen, die ohne diese finanziellen Beiträge nicht funktionieren wür­den.

Auch da gilt es, darüber nachzudenken, wie wir die Effizienz steigern können. So soll­ten wir beispielsweise über eine Kompetenzstelle nachdenken, die die Ausschreibun­gen von Verkehrsdienstleistungen organisieren könnte, nämlich nicht nur für den Bund, sondern auch für die Länder; vielleicht im ersten Schritt auf freiwilliger Basis. Das wür­de eine bessere Koordinierung, eine engere Kooperation bedeuten, dadurch möglicher­weise auch wirtschaftlich bessere Konditionen und insgesamt eine Entlastung der Steu­erzahlerinnen und Steuerzahler bedeuten können. (Ruf bei der ÖVP: Redezeit!)

Zum Abschluss, Herr Bundesminister, noch eine Bitte: Setzen Sie sich bitte bei Ihren Kolleginnen und Kollegen in der Wiener Stadtregierung dafür ein, dass die beiden wichtigen Projekte, Ausbau der U5, aber auch der Lobau-Tunnel, endlich angegangen werden, da gerade der Lobau-Tunnel nicht nur für die Wienerinnen und Wiener von ent­scheidender Bedeutung ist, sondern für die gesamte Ostregion, auch für die Pendler aus Niederösterreich, aus dem Burgenland und aus der Steiermark, und da müssen wir end­lich in die Gänge kommen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


13.24.40

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir diskutieren das Budget zum Bereich Verkehr, Infrastruktur, und ich möchte auch auf meine Vorredner eingehen und sagen, wir müssen die Äpfel und Birnen trennen,


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über die wir diskutieren. Auf der einen Seite diskutieren wir nämlich über den laufenden Betrieb der Bahn und natürlich auch der Busse, da sind wir in der Qualität sehr gut. Da gäbe es viele Maßnahmen, wie wir besser werden können, auf die konzentriere ich mich jetzt aber nicht weiter, da ich schon sehr oft im Plenum darüber geredet habe und meine Anträge bisher immer abgelehnt wurden.

Wir reden aber auch über die Investitionspolitik der Regierung. Wir reden darüber, dass wir in den nächsten fünf Jahren knapp 14,6 Milliarden € in Infrastrukturprojekte in­vestieren wollen, konkret in Bahnprojekte. Da hat die eine Seite der Regierung, näm­lich die schwarze, zur Gänze versagt, und die rote, da kann man nur gratulieren, hat zur Gänze gewonnen. Ich weiß, das ist Ihre Politik, Sie wollen auf Schulden Arbeits­plätze bauen; diese Politik hat bisher auch versagt, aber das zeugt zumindest von in­haltlicher Durchsetzungsstärke. (Abg. Moser: Eine Tunnelbohrmaschine bringt ja keine Arbeitsplätze!)

Ich möchte jetzt ein paar Beispiele nennen, da uns immer vorgeworfen wird, das sind die NEOS, das sind neoliberale Säcke und die haben keine Ahnung, denn die sind nicht in Verantwortung. Aber schauen wir uns mal an, was in den letzten Monaten so kommuniziert wurde, bevor das Ganze beschlossen wurde.

Ich beginne mit einem Herrn, der politisch nicht ganz ungefärbt ist: Finanzminister Hans Jörg Schelling. Was hat er am 13. September 2014 „profil“ gegenüber gesagt? – „Öster­reich hat ein Ausgabenproblem, kein Einnahmenproblem.“

Also Ausgaben von 15 Milliarden € scheinen jedenfalls nicht beklemmend zu sein.

Und was sagt Schelling weiter? – „Wir sparen beim Staat und investieren dort, wo es das Land weiterbringt.“

Also das Weiterbringen wäre formal wahrscheinlich der Transport dann auf den neuen Schienen.

Was sagt der ÖVP-Parlamentsklub am 14. Oktober 2015? – Mehrausgaben gehen aus­schließlich in Bildung, Wissenschaft und Forschung.

Ja, die Budgets sind gestiegen, aber inwiefern? – Im Bildungsbereich sind sie um 100 Millionen € gestiegen. Gleichzeitig reden wir aber von 14,6 Milliarden € in fünf Jah­ren für die Infrastruktur, und zwar mit einer Investitionspolitik, die im 20. Jahrhundert tat­sächlich modern war, nicht im 21. Jahrhundert.

Jetzt wird es aber noch viel spannender: Der Weisenrat, der eingesetzt wurde von Fi­nanzminister Schelling, der ja das Land ins 21. Jahrhundert katapultieren wollte, in- und ausländische Experten darin vertreten, was sagt der Weisenrat zur bmvit-Inves­titionspolitik? – „Für die Experten sollten Budgetmittel in zukunftsrelevante Bereiche um­geschichtet werden – das Infrastrukturbudget sei vor allem in den Bereichen Straße und Tunnelbau überdimensioniert und setze falsche Prioritäten.“ – Das war am 7. April 2015.

Auch am 7. April 2015: „Wieser hält den Ausbau der Infrastruktur in Österreich ‚für stark überdimensioniert. Wenn viel in Beton gegossen werden soll, sind wir stark, bei der im­materiellen Infrastruktur in Österreich schwach.‘“

Was sagt WIFO dazu? Grundsätzlich werden diese Aussagen von WIFO und IHS un­terstützt. Was sagt also das WIFO, Karl Aiginger? – „Vorschläge, die besser sind, aber auch komplizierter, werden von der Politik nicht angenommen. Man könnte mit einem kleineren Defizit ein viel höheres Wachstum“ erzielen, „wenn wir durch die Ausgaben die Strukturen verbessern, statt den Koralmtunnel zu bauen.“

Also was ist die Kernaussage all dieser Menschen, die sich tatsächlich intensiv mit der Investitionspolitik beschäftigt haben? – Natürlich kann man Arbeitsplätze schaffen, wenn wir Tunnel und Straßen weiter bauen, aber die erste Frage, die unbeantwortet bleibt,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 518

ist: Brauchen wir diese Infrastruktur überhaupt? – Nicht zur Gänze. Das kann man ganz klar sagen.

Die zweite Frage ist: Welche Arbeitsplätze fördern wir, und wie werden sie in Zukunft gestaltet sein? Wir wissen jetzt, dass sich die Jobs in den nächsten 20, 30 Jahren mas­siv verändern werden, und wir müssen in neue Industrien, wir müssen in neue Dienst­leistungen und in neue Gewerbe investieren, damit wir nachhaltig unsere Wirtschaft absichern – und nicht so, wie das seit den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts ge­macht wurde. Das geht doch auf keine Kuhhaut! – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Moser und Willi.)

13.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kucher. – Bitte.

 


13.29.08

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Pock hat gerade gesagt, die Budgetmittel müss­ten in zukunftsrelevante Bereiche umgeschichtet werden. Ich darf gratulieren, genau das passiert in keinem Bereich wahrscheinlich so stark wie im Bereich der Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik in Österreich, denn da geht es um die zentralen ge­sellschaftlichen, sozialen und wirtschaftspolitischen Herausforderungen der Zukunft.

Da geht es um Fragen wie: Wie wollen wir vor dem Hintergrund einer älter werdenden Gesellschaft ein gutes, bestes Gesundheitssystem für alle Menschen in Österreich auch in Zukunft sicherstellen? Wie sehen die Arbeitsplätze der Zukunft aus? Wie wird sich die Arbeitswelt verändern? Welche Veränderungen, Chancen und auch Gefahren erge­ben sich durch neue Produktionstechnologien? Wie können wir dafür sorgen, dass so­zusagen unser Leben, unsere Umwelt sich weiterhin auf hohem Standard in Österreich weiterentwickeln kann? Was ist saubere, sichere, nachhaltige Energie?

Das sind genau diese zentralen Fragen, die wir im Bereich der angewandten Forschung in Österreich sehr stark unterstützen und wo wir auf einem sehr guten Weg sind. (Ein Mitarbeiter legt dem Redner ein Schriftstück vor.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, ich darf nur erinnern, dass Sie mög­licherweise einen Antrag einbringen werden. – Bitte. (Abg. Kucher unterschreibt die­ses Schriftstück, welches dann zum Präsidium gebracht wird. – Allgemeine Heiterkeit.)

 


Abgeordneter Philip Kucher (fortsetzend): Danke sehr. – Man merkt, wir sind perfekt eingespielt, multitaskingfähig. Der Antrag ist schon in Vorbereitung.

Ich darf zurückkommen zum Bereich Budget für die UG 34. Es geht darum, dass wir die 428 Millionen €, die vorgesehen sind, halten – ein sehr hohes Niveau, mit dem wir im internationalen Bereich unter den führenden Industrienationen im Spitzenfeld sind. Ab nächstem Jahr wird die Forschungsprämie nochmals auf 12 Prozent erhöht. Das sind noch einmal über 500 Millionen €, die technologieführenden und innovationsstar­ken Unternehmen zur Verfügung stehen.

Was sehr wichtig ist, ist, dass man sich gerade in diesem Bereich auf Kernpunkte fo­kussiert, dass man Schwerpunkte setzt. Das sind vier zentrale Fördersäulen im Be­reich Informations- und Kommunikationstechnologien. Gerade der IKT-Bereich in Ös­terreich, diese Branche zählt zu den ganz großen Wachstumstreibern, ist inzwischen gemessen am Bruttoinlandsprodukt längst auch am Tourismus vorbeigezogen.

Der Breitbandausbau wird weiter vorangetrieben; wir haben uns die Breitbandstrate­gie 2020 ganz stark zum Ziel gesetzt: 300 Millionen € nächstes Jahr. Es soll in Zukunft keinen Unterschied mehr machen, ob du in der Stadt lebst oder auf dem Land. Das wird in Zukunft auch bis 2020 umgesetzt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 519

Gerade die Umsetzung der Kostensenkungsrichtlinie, die vor wenigen Wochen hier im Parlament beschlossen wurde, ist ein Beispiel für intelligentes Sparen, indem man zum Beispiel durch Grabungsarbeiten sicherstellen kann, dass das doppelt und mehrfach ge­nutzt werden kann.

Es geht um den Schwerpunkt neue, intelligente Produktionstechnologien. Wir sind ge­rade im Bereich Industrie 4.0, intelligente Fabriken der Zukunft, in Österreich sehr, sehr gut unterwegs. Um die Schwerpunkte im Bereich Energie; da geht es um sichere, sau­bere und effiziente Energie. Und es geht um den riesengroßen Bereich der Mobilität, wo intelligente Verkehrslösungen und umweltfreundlicher Verkehr zu forcieren sind.

Der Herr Bundesminister hat auch einen Schwerpunkt gesetzt, um gerade junge Ta­lente zu unterstützen und auch den Frauenanteil im Bereich der Technologieunterneh­men zu erhöhen. Deshalb darf ich den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm, Kolleginnen und Kollegen einbringen. Es geht darin um den Genderatlas als Ressource für Gender Budgeting. Ein tolles Forschungsprojekt – ge­meinsam von TU Wien, Uni Wien und das BMVIT. Dieses Projekt soll auch in Zukunft sichergestellt werden, dafür möchten wir jedenfalls kämpfen; genderatlas.at lautet die Adresse der dazugehörigen Homepage.

Der Antrag lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Genderatlas als Ressource für Gender Budgeting“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, eine Finan­zierung und Weiterentwicklung des Genderatlas als Instrument für Gender Budgeting Analysen sicherzustellen. Dabei soll verankert werden, dass jedenfalls diese Themen­stellungen im Genderatlas tiefergehend behandelt werden:

Bildungswahl […]

Arbeitsmarkt […]

Einkommen […]

Infrastruktur zu Kinderbetreuung und -bildung

Politische Repräsentanz von Frauen.“

*****

Alles in allem sind wir im Bereich der angewandten Forschung in Österreich auf einem guten Weg. Viele Maßnahmen müssen noch folgen, da sind wir dran, damit wir unsere hochgesteckten Ziele im internationalen Bereich umsetzen können. (Beifall bei der SPÖ.)

13.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Maga. Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm betreffend "Genderat­las als Ressource für Gender Budgeting" eingebracht im Rahmen der Debatte zum Bun-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 520

desgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2016 (Bundes­finanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.)- UG 41

Begründung

Gender Budgeting bedeutet, dass auf Basis der Analyse der Lebensrealitäten von Frau­en und Männern die Budgetpolitik so ausgerichtet wird, dass damit ein Beitrag zu mehr Gleichstellung geleistet wird.

Diese Analyse bedarf jedoch ausreichender Datengrundlagen und -auswertungen. Mit dem Genderatlas http://genderatlas.at/ liegt ein ausgezeichnetes Tool vor, das Daten, Indikatoren und Informationen zu den lebensweltlichen Realitäten von Frauen und Män­nern in Österreich auf regionaler Ebene (Bezirk) bereitstellt und visualisiert. Es bein­haltet derzeit die Bereiche Arbeit, Bildung, Mobilität, Politik und Gesellschaft und ist grundsätzlich auf ständige Weiterentwicklung und Erweiterung ausgelegt.

Das Projekt ist eine Kooperation zwischen der Forschungsgruppe Kartographie (TU Wien), dem Institut für Geographie und Regionalforschung (Uni Wien) und der ÖIR Projekt­haus GmbH. Von 2013-2015 wurde es im Rahmen des Förderprogramms FEMtech des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie gefördert. Nunmehr ist die Fortsetzung finanziell in Frage gestellt. Damit würde nicht nur ein bereits bestehen­des Instrument für Gender-Budgeting-Analysen verloren gehen, auch die Entwicklungs­kosten wären verloren.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, eine Finan­zierung und Weiterentwicklung des Genderatlas als Instrument für Gender Budgeting Analysen sicherzustellen. Dabei soll verankert werden, dass jedenfalls diese Themen­stellungen im Genderatlas tiefergehend behandelt werden:

Bildungswahl (inkl gesamter Hochschulbereich)

Arbeitsmarkt (Erwerbsbeteiligung, Frauen in Führungspositionen, Arbeitslosigkeit, Pen­deln, Wiedereinstieg und partnerschaftliche Teilung)

Einkommen (inkl Pensionen)

Infrastruktur zu Kinderbetreuung und -bildung

Politische Repräsentanz von Frauen

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


13.33.32

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das Verkehrsbudget ist bekanntlich ein großes Budget. Es wird in die Zu­kunft gebaut, Verkehrswege, Eisenbahn, Straßenbau, das alles, was wir in diesem Be­reich haben, sind Projekte, die für die Zukunft ausgelegt sind, die über Generationen hal­ten sollen. Die Bahn hält teilweise schon über 100 Jahre. Also man sieht, das ist sicher eine zukunftsorientierte Sache. Darum muss dieses Budget auch entsprechend groß sein.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 521

Zuerst einmal zum Positiven, Herr Minister. Ja, es gibt Verbesserungen, im Verkehrs­bereich, in verschiedenen Bereichen, im Eisenbahnbereich. Ich muss mit Freude be­kennen: Mein lang gefordertes Projekt, der Güterbahnhof Wolfurt, ist in Bau, ist auch in diesem Budget vorhanden. Eine wichtige Investition für die Vorarlberger Wirtschaft, um wieder wettbewerbsfähiger zu werden. Das ist einmal das Positive, Sie bauen ver­schiedene Bahnhöfe aus, Sie bauen Güterverkehrswege aus – aber leider zu wenig in­tensiv. Und dort liegt das Problem.

Wenn wir jetzt immer sagen, wir wollen mehr Güter von der Straße auf die Schiene bringen, dann muss ich natürlich auch das Schienennetz dementsprechend attraktiv ma­chen, nämlich dass ich erstens schnell die Güter transportieren kann, dass ich von A nach B relativ flott vorwärtskomme, dass ich auch entsprechend gute Anschlusswege habe. Dort hapert es dann schon, und da möchte ich auf ein großes Problem zu spre­chen kommen, das nicht nur im Personenverkehr, sondern auch im Güterverkehr ein großes Problem ist.

Wir haben zum Beispiel über den Arlberg – Vorarlberg ist sehr benachteiligt in diesem Bereich – das Problem mit der Schiene, dass der Ausbau viel zu langsam vorwärts­geht. Westösterreich wurde hier vernachlässigt, Herr Minister. Dem sehe ich mit großer Sorge entgegen, da gäbe es sicher Verbesserungsmöglichkeiten.

Herr Minister, ich möchte Sie auffordern, bei künftigen Budgets stärker in diese Rich­tung zu schauen, um hier wettbewerbsfähiger zu werden. Ich würde auch gerne ab und zu mit dem Zug fahren, wenn ich schneller vorwärtskäme, aber das ist leider derzeit noch nicht der Fall. Das ist für mich nur eine Option, wenn ich keine andere Möglichkeit mehr habe, dann muss ich die Fahrt mit dem Zug wählen, was ich aber sehr ungern ma­che, das muss ich ganz ehrlich sagen. Wenn das Angebot stimmen würde, würde ich es viel lieber machen und mehr mit der Bahn fahren. – Also eine Aufgabe für Sie, Herr Minister! (Abg. Königsberger-Ludwig: Wir fahren gerne Bahn!) – Ja, Sie haben viel­leicht eine bessere Strecke im Osten Österreichs. Wir im Westen sind ein bissel be­nachteiligt. Das habe ich gerade versucht zu erklären, wenn Sie mir zugehört hätten.

Ein großes Problem sehe ich bei den Autofahrern, die ja die Melkkuh der Nation sind, Herr Bundesminister. Ich werde dazu einen Antrag – ich habe ihn heute nicht mehr fer­tiggebracht – im Verkehrsausschuss einbringen. Wieder stehen wir vor einem Jahres­wechsel, mit nächstem Monat kommt die neue Vignette. Wir wissen es alle, ihr Preis hat sich wieder automatisch erhöht, und das ist ein großes Problem, finde ich. (Abg. Willi: Fahr einmal in Italien!) Wir benützen die Autobahn, wir zahlen Maut dafür, das ist ganz klar. Wir haben im Bereich der ASFINAG Überschüsse, wie wir wissen, Herr Kollege von den Grünen. Das ist alles ein Thema, über das man sicher reden kann. Aber ich glau­be, dass es notwendig ist, einmal diese Melkkuh der Nation etwas zu entlasten, und da geht es schon einmal bei den Mautgebühren los. Wir zahlen Maut für gewisse Straßen, also eine Sondermaut; wenn ich durch den Arlberg fahre, wenn ich die Brennerstrecke fahre, muss ich Maut zahlen – und trotzdem zusätzlich noch für die Vignette zahlen! Das ist schon eine gewisse Ungerechtigkeit, und das sollten wir uns genauer anschauen, um hier vielleicht eine fairere Lösung zu finden. (Beifall beim Team Stronach.)

Meine Damen und Herren, was zahlt der Autofahrer noch alles? – Mein Kollege Stein­bichler hat es gestern schon vom Rednerpult aus gesagt, dass die Autofahrer die Melk­kuh der Nation sind. Das ist kein Geheimnis. Aber was wir alles an Steuern zahlen: Wir zahlen eine Kfz-Steuer, eine Versicherungssteuer, eine Mineralölsteuer, auf diese Mi­neralölsteuer zahlen wir noch Mehrwertsteuer. Also eine Steuer muss ich noch einmal versteuern. Das ist irre! Das gibt es nur in Österreich. Wir zahlen Maut, wir zahlen die Vignette, wir zahlen die NoVA.

Die Menschen und die Familien sind auf die Autos angewiesen, gerade in den ländli­chen Gebieten. Und da sind wir wieder bei der Bahn: Wenn wir bei der Bahn nicht wett-


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bewerbsfähig sind und nicht überall mit der Bahn und den öffentlichen Verkehrsmitteln hinfahren können, dann brauchen wir den Pkw. Und da ist es so, dass wir diese Men­schen eigentlich bestrafen. Die Familienbeihilfe ist gestern vom Kollegen Steinbichler an­gesprochen worden: Wenn wir diese nicht mehr erhöhen, sondern kürzen, dann be­strafen wir die Familien ja x-mal. Wir bestrafen die Familien in diesem Bereich, sie sind aufs Auto angewiesen, wir nehmen sie mit all den Steuern um den Pkw aus. Die Kinder müssen in die Schule gefahren werden, die Menschen müssen zum Arbeitsplatz fah­ren, die Leute sind auf den Pkw angewiesen. Der Autofahrer ist also wirklich der – jetzt hätte ich fast ein schlimmes Wort gesagt –, der am ärmsten dran ist.

Wir als Autofahrerpartei Team Stronach machen uns für die Autofahrer stark. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Willi: Autofahrerpartei seid ihr? Richtungswechsel! – Abg. Brosz: „Geisterfahrerpartei“ hätte ich gesagt! – Abg. Pirklhuber: Autozuliefererpartei!) Es kann nicht sein, meine Damen und Herren, dass nur die Autofahrer für alle budgetä­ren Probleme, die diese Regierung verursacht hat, aufkommen müssen.

Folgendes, Herr Minister: Es ist mir schon klar, dass wir Geld von den Autofahrern brau­chen, damit Sie die Straßen ausbauen können, damit wir diese benützen können. Das ist alles in Ordnung. Aber es gibt ausreichend Steuern und Einnahmen, die die Auto­fahrer sowieso schon zahlen müssen, um dies alles zu finanzieren. Der deutsche Ver­kehrsminister hat das einmal vorgerechnet bei einer Anfrage. Er hat gesagt: Wenn man diese Abgaben, die die Autofahrer zahlen – und das ist in Österreich noch ärger als in Deutschland –, wenn man die alle zusammenrechnet, dann könnte man die Straßenpro­jekte, die man für die Autofahrer bauen muss, fünfmal bauen!

Und da möchte ich schon einmal fragen, Herr Minister: Wohin geht das ganze Geld? – Ich kann es Ihnen auch gleich beantworten: Das geht in den Säckel des Herrn Finanz­ministers, der das dann wieder irgendwo ausgibt, wovon der Autofahrer nicht wirklich etwas hat. Aber er darf es jedenfalls zahlen.

Meine Damen und Herren, Sie sollten etwas mehr auf das Budget schauen, Sie sollten einmal die Autofahrer entlasten. Wie gesagt, meinen Antrag habe ich Ihnen ja ange­kündigt, den werden Sie noch von mir bekommen. Eines kann ich Ihnen versichern: Wenn das Team Stronach in der Regierung für Verkehr zuständig wäre (ironische Hei­terkeit bei SPÖ und Grünen), dann ginge es den Autofahrern wesentlich besser. – Dan­ke. (Beifall beim Team Stronach.)

13.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Himmelbauer. –Bitte.

 


13.40.35

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Ich spare mir darauf eine Antwort. Vielleicht möchte der Herr Minister dann auf die Aussage von Herrn Hagen antworten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Neben dem Verkehrsbereich geht es natürlich auch um den Forschungsbereich, der in der Zuständigkeit des Herrn Bundesministers Stöger liegt. Ich habe es zuvor schon beim Kapitel Wissenschaft und Forschung angesprochen: Wenn wir erfolgreich sein wollen, wenn wir im internationalen Wettbewerb auch mithalten wollen, dann müssen wir auf die Innovationskraft in diesem Land setzen.

Was wird also im Kapitel BMVIT – Forschung, das sich ja in drei Kernbereiche gliedert, getan?

Zum Ersten: die Beteiligung an internationalen Kooperationen. Es klingt vielleicht im ers­ten Augenblick ein bisschen sonderbar, dass Österreich eine Weltraumnation ist. Aber wir beteiligen uns sehr aktiv am europäischen Weltraumprogramm, nicht nur in finan­zieller Hinsicht, sondern auch durch die österreichischen Forschungsinstitute und auch


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durch die österreichischen Unternehmen. Wir leisten damit auch einen wesentlichen Bei­trag, beispielsweise bei der Rosetta-Mission, bei der nicht nur wissenschaftliche Instru­mente aus Österreich gekommen sind, sondern wo wir auch aktiv am Bau des Flugkör­pers mitgewirkt haben, und zwar so erfolgreich, dass wir sogar ein höheres Auftragsvo­lumen erzielt haben, als wir eigentlich in das Programm eingezahlt haben. 17,9 Millio­nen € gehen dabei ins Pflichtprogramm hinein – das wird an der Wirtschaftsleistung ge­rechnet – und 30,36 Millionen € in das Wahlprogramm, das jährlich schwankt, je nach ver­traglichen Vereinbarungen.

Aber ganz grundsätzlich ist zu sagen: Die aktive Beteiligung am europäischen Welt­raumprogramm ist sehenswert, nicht zuletzt, da wir schon 28 Jahre bei diesem Pro­gramm mit dabei sind.

Zum Zweiten: Investitionen in die FTI-Infrastruktur. Hier möchte ich ganz besonders das Austrian Institute of Technology hervorheben, da es eine wichtige Schnittstelle zwi­schen Wissenschaft und Wirtschaft, zwischen Forschung und auch technologischer Ver­marktung gerade in den zukunftsgerichteten Bereichen, sei es im Energie‑, im Mobili­täts‑, im Gesundheits‑ oder auch im Umweltbereich, ist. Da haben wir auch eine konti­nuierliche Steigerung in den letzten Jahren geschafft, nicht nur in diesem Institut, son­dern generell bei der FTI-Infrastruktur.

Zum Dritten: die Forschungsförderung selbst. Der überwiegende Teil betrifft hier die For­schungsförderungsgesellschaft, die ja als nationale Agentur erste Anlaufstelle für Un­ternehmen, für die Institute, für die Forschenden selbst ist und sich aufgrund ihrer Pro­gramme und ihrer entsprechenden Schwerpunkte genau nach den Bedürfnissen dieser Beteiligten richtet. Auch hier sehen wir eine leichte Steigerung der budgetären Mittel, die auch der FFG zugutekommt.

Darüber hinaus freue ich mich auch, dass Herr Minister Stöger im Ausschuss ange­kündigt hat, dass er durchaus auch Rückgriffe auf die Rücklagen andenkt, vor allem wenn es Engpässe bei anderen Einnahmequellen gibt, wie beispielsweise der Natio­nalstiftung.

Zu guter Letzt möchte ich noch den Breitbandausbau ansprechen, der ja im Budget auch ersichtlich ist. Die FFG ist ja in diesem Teilbereich auch beteiligt, sie übernimmt die Administration der Breitbandförderung, insbesondere der Leerverrohrung, was be­sonders wichtig ist. Dafür werden auch 2 Millionen € zusätzlich investiert, da es wichtig ist, auch den Gemeinden beratend zur Seite zu stehen.

Der erste Call ist schon gelaufen, von Mai bis August. Ich möchte ihn gar nicht schlechtreden, aber ich glaube, wir können daraus auch unsere Schlüsse und Erkennt­nisse ziehen, und meine, beim zweiten Call könnten wir durchaus eine Verlängerung des Calls andenken – vielleicht war gerade, was die Sommermonate betrifft, der Zeit­punkt nicht unbedingt optimal – und ihn generell vielleicht auf ein ganzes Jahr auswei­ten, mit verschiedenen Vergabezeitpunkten.

Was im Breitbandbereich natürlich noch ausständig ist, ist die Förderung von Access und Backhaul. In diesem Bereich sind wir noch nicht weitergekommen. Wir sprechen über das Thema, glaube ich, schon mehr als eineinhalb Jahre – nicht nur Sie, Herr Mi­nister, sondern auch Ihre Vorgängerin und viele andere hier im Hohen Haus.

Die Digitalisierung ist in aller Munde; wir wollen die Chancen der Digitalisierung auch nutzen. Kollege Kucher hat sehr trefflich formuliert, wieso das notwendig ist. Wir haben auch hier im Hohen Haus im Bundesrat über das Thema gesprochen, mit den Staats­sekretären Harald Mahrer und Sonja Steßl. Es braucht aber für alle Maßnahmen, die wir setzen wollen, die entsprechende Infrastruktur – nicht nur im städtischen Bereich, son­dern auch im ländlichen Bereich. Und da müssen wir auch vom Reden ins Tun kom­men, da müssen wir einen Gang zulegen, nicht zuletzt auch, weil dies gerade in der


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Bildungsreform einen wichtigen Stellenwert einnimmt, was die Infrastruktur an unseren Schulen betrifft, was auch die Vermittlung von digitalen Kompetenzen betrifft.

Daher auch mein Appell: Legen wir hier einen Gang zu! Ich glaube, es ist auch bei Ih­nen in guten Händen. Und ich sage jetzt schon Danke dafür. (Beifall bei der ÖVP.)

13.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter MMMag. Dr. Kasseg­ger. – Bitte.

 


13.46.16

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe am Vormittag bei der UG 31 schon angemerkt, dass es selbstverständlich eine Korrelation zwischen Innovation, Forschung, Hochschu­len, Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplätzen und in weiterer Folge auch Ausprägung des Sozial- und Wohlfahrtsstaates gibt.

Ich tue das hiermit einleitend noch einmal. Das hat den Grund, dass die Forschung bei uns in Österreich auf mehrere Ministerien aufgeteilt ist. Wir wissen, es gibt die Grundla­genforschung, die mehr oder weniger dem Wissenschaftsministerium zugerechnet wird, die sogenannte angewandte Forschung, die jetzt beim BMVIT angesiedelt ist, und die sogenannte wirtschaftsnahe Entwicklung, die bei einem dritten Ministerium, nämlich dem Wirtschaftsministerium, angesiedelt ist. Es ist durchaus darüber nachzudenken, inwieweit nicht eine Effektivitäts- und Effizienzsteigerung stattfindet, wenn man diese Kompetenzen in einem Ministerium fokussiert. Dafür sind wir sicher zu haben.

Kommen wir zur UG 34, Forschung und Entwicklung im Bereich BMVIT. Es ist ja heute schon mehrmals angesprochen worden, die Wahrheit ist: Forschung und Wissenschaft sind für das, was unsere Ansprüche sind oder sein sollten, nämlich europäische Spitze zu sein, einfach unterfinanziert.

Zweiter Punkt: Wir haben zwar, was die F&E-Quote betrifft, eine Quote von 3 Prozent. Da wird ja immer wieder gesagt, wir sind auf Platz 4 oder 5 in Europa. Dann frage ich mich, warum wir bei einem der wichtigsten Indikatoren, nämlich dem Innovationsran­king, auf Platz 11 sind. Da scheint es doch dann so zu sein, dass die Relation zwi­schen Input und Output zu überprüfen wäre. Kollegin Lichtenecker hat das zuvor schon angeführt.

Was bei uns nur sehr rudimentär stattfindet, ist die Evaluierung der Effektivität und Ef­fizienz der Förderungen, insbesondere auch der Forschungsförderungen. Auch hier die Botschaft von uns Freiheitlichen: Wir unterstützen jede Maßnahme, die dazu ergriffen wird, und wir halten es für notwendig, die Effektivität und Effizienz zumindest einmal zu evaluieren und dann entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung zu setzen.

Was die Finanzierung betrifft, haben wir eine dreigliedrige Finanzierung. Ich vergleiche das jetzt mit – ich glaube, der Vergleich ist von Hannapi-Egger – Brot, Butter, Honig, wo ganz klar für das Brot sozusagen die öffentliche Hand zuständig sein muss. Die Butter und der Honig sind bewusst gewählt, denn es kann immer nur die Butter aufs Brot sein, und der Honig ist dann noch das Schmankerl dazu, für den Gourmet. Die Butter im Sinne von Drittmitteln, die die Unternehmen einzubringen haben, und der Ho­nig im Sinne eines Mäzenatentums, das über Stiftungen oder in welcher Form auch im­mer hier noch zusätzliche Mittel einbringt.

Wie schaut es bei uns in Österreich aus? – Wir haben ein sehr, sehr dünnes Brot. Selbstverständlich richtet sich auch die Dicke der Butter nach der Dicke des Brotes, also auch relativ dünn, und Honig ist praktisch nicht vorhanden. Im Vergleich zu Ame­rika, England oder Deutschland haben wir hier ganz, ganz schlechte Quoten und set­zen auch keine Signale. Wir sind jetzt sehr gespannt, ob das neue Stiftungsrecht für ge-


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meinnützige Stiftungen so ausgestaltet ist, dass hier die Impulse gegeben werden kön­nen, von denen der Herr Wissenschaftsminister spricht. Man rechnet da mit 100 Mil­lionen €. Da fehlt mir jetzt einmal nach dem, was man von den Begutachtungen hört, a priori der Glaube.

Wie gesagt, wir bewegen uns im Bereich der Durchschnittlichkeit. Und wenn wir die Rah­menbedingungen nicht ändern, dann wird sich auch an dieser Durchschnittlichkeit nichts ändern. Wissenschaft und Forschung sind unterfinanziert. Es reicht.

Für Durchschnittliches zwei Zahlen zum Schluss: ETH Zürich: Aufwendungen pro Stu­dierenden 78 000 €, TU-Wien: Aufwendungen pro Studierenden 11 000 €. Mir ist schon bewusst, beim Kostensatz der ETH Zürich werden auch Pensionen und ähnliche Dinge bezahlt, aber es besteht ein deutliches Missverhältnis. Das heißt, die Schweiz inves­tiert da wesentlich mehr. Wo liegt die Schweiz im Innovationsranking? – An erster Stel­le. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


13.51.07

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich komme noch einmal zurück zum Bereich Verkehr. Verkehrsinfrastrukturpolitik ist ja eine Politik, die zukunftsorientiert, verlässlich und kontinuierlich sein muss. Und mit diesem Bud­getvoranschlag, der uns heute hier vorliegt, sind die Rahmenbedingungen für 2016 und auch darüber hinaus gegeben.

Ich bin froh darüber, dass wir diesen Vorschlag heute so vor uns liegen haben. Wenn ich vergleiche, gestern hat der britische Schatzkanzler im britischen Parlament ange­kündigt, dass das Budget für das Transportministerium in Großbritannien um 37 Pro­zent gekürzt wird. Wir haben heute von Vorsitzenden Anton Heinzl schon gehört, dass wir mehr Geld zur Verfügung haben, und das ist auch wichtig so.

Ein wesentlicher Teil im Budget der UG 41: Verkehr, Innovation und Technologie wird in Höhe von rund 2,1 Milliarden € für den Ausbau, den Betrieb und die Instandhaltung der Schieneninfrastruktur aufgewendet. Aber darüber hinaus – und das ist heute schon angesprochen worden, aber nicht mit Zahlen hinterlegt – beinhaltet dieser Voranschlag zusätzliche Ausgaben. Etwa die Schienengüterverkehrsförderung mit rund 106 Millio­nen €, den Verkehrsdienstevertrag mit der ÖBB-Personenverkehr AG mit 683 Millio­nen €, den Verkehrsdienstevertrag für Privatbahnen – auch das sollte man hier erwäh­nen – mit 55 Millionen € und den Zuschuss für den Bau der Wiener U-Bahn mit 78 Mil­lionen €.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, viele Verkehrsexperten weisen uns darauf hin, dass der weitere Ausbau des öffentlichen Verkehrs auch in unserem Land notwen­dig ist. Wer nicht mobil ist, kann am sozialen und öffentlichen Leben kaum teilnehmen. Daher ist es, glaube ich, ganz wichtig, dass wir auch hinkünftig in Neubaustrecken und in neue Tunnels investieren. Ich darf hier vielleicht anmerken, dass wir im Jahr 1980 den Ausbau der Westbahnstrecke über das Tullnerfeld fixiert haben. Wir wissen heute, hätten wir diese Neubaustrecke über das Tullnerfeld nicht, könnten wir auch den Nah­verkehr im Bereich Wien-St. Pölten nicht so durchführen, wie es derzeit der Fall ist.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, zwei Punkte seien vielleicht noch kurz an­gesprochen, die mir besonders wichtig sind. Im derzeitigen Regierungsprogramm ist die Schaffung einer verkehrsträgerübergreifenden Sicherheitsbehörde verankert. In die­sem Budget sind auch die Personalzahlen hinterlegt, und damit wissen wir auch, dass wir das entsprechend umsetzen können.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 526

Im Ausschuss wurde auch darüber berichtet, dass es in diesem Budget auch die fi­nanzielle Unterstützung für die Ausbildung von jungen Menschen bei den Österreichi­schen Bundesbahnen geben wird. Ich darf vielleicht daran erinnern: Die Österreichi­schen Bundesbahnen sind mit 1 800 Lehrlingen in elf Lehrwerkstätten der größte Lehr­lingsausbildner im technischen Bereich. 86 Prozent aller Lehrlinge sowie die Hälfte der rund 300 weiblichen Lehrlinge gehen hier einem technischen Beruf nach. Eine gute Investition in die Zukunft Österreichs und in die Zukunft unserer Jugend. (Beifall bei der SPÖ.)

13.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


13.54.48

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Damen und Herren! Ein herzliches Willkommen der Gruppe der Jungen und Kinder, die gerade vorhin gekommen sind! So junge Gäste haben wir ganz selten. Aber das ist ein spannender Bereich, jetzt geht es um Forschung, jetzt geht es um Zu­kunft. (Abg. Heinzl: Sie sind aus dem Burgenland!) – Bitte? (Abg. Heinzl: Aus dem Burgenland!) – Aus dem Burgenland, ein herzliches Willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Jetzt geht es um Forschung, um Innovation, um Infrastruktur. Und genau das sind die Themen, die auch die Antworten liefern sollen auf die großen Herausforderungen, die wir jetzt haben und die wir in Zukunft haben werden. Und das geht von der sicheren, leistbaren, umweltfreundlichen Energieversorgung über das Thema Klima und Umwelt­schutz bis hin zur demographischen Entwicklung.

Diese neuen Antworten brauchen Wissen und frisches Know-how. Und frisches Know-how und Wissen bekommen wir nur durch Forschung, Innovation, Wissenschaft. Des­halb ist es auch so notwendig, entsprechend gute Ressourcen, Ausstattungen zu haben.

Betrachten wir jetzt die UG 34, die in Ihrem Ministerium angesiedelt ist, Herr Minister, dann haben wir 428 Millionen €, die auch laut Bundesfinanzrahmengesetz bis 2019 so festgeschrieben sind. Das ist eine Summe, die, wenn sie tatsächlich so bleibt, in Zu­kunft ein Verlust sein wird, wenn man die Inflation betrachtet. Insofern muss man selbst für 2016 überlegen, wie man dies noch höher und besser ausstatten kann. Auch wenn wir die Forschungs-, Innovations-, Technologiestrategie betrachten und die Beschlüs­se, die die Bundesregierung gefasst hat, bei denen festgehalten wurde, dass die Fors­chungsquote bei 3,76 Prozent sein soll, dann, muss ich sagen, haben wir eine enorme Lücke bei der Finanzierung, nämlich insbesondere bei der öffentlichen Hand.

Uns ist ein großes Anliegen, dass genau dieser Zukunftsbereich gestärkt wird.

Daher bringe ich jetzt den Entschließungsantrag betreffend Finanzierungslücke zur Er­reichung der Ziele der FTI-Strategie bis 2020 ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle der Bundesfi­nanzgesetze 2016 vorzulegen, mit der die Mittel in der UG 31, UG 33 und UG 34 ent­sprechend erhöht werden, damit die Ziele der beschlossenen FTI-Strategie erreicht wer­den können.“

*****

Das sind die Schritte, die wir im Bereich Wissenschaft und Forschung für notwendig halten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 527

Nichtsdestotrotz glauben wir, dass in der UG 34 sehr wichtige Bereiche eine entspre­chende Dotierung erfahren. Das ist einerseits der Bereich der internationalen Koopera­tionen, wo wir durchaus glauben, dass man noch Phantasie walten lassen kann, um das besser auszustatten. Gleichzeitig werden bei der FTI-Infrastruktur wichtige Einrich­tungen und Forschungsprojekte von AIT bis zum Joanneum Research unterstützt und gefördert. Außerdem wird ganz wichtige und hervorragende Arbeit in der FFG geleistet, wo Projekte im Bereich Informationswissenschaften, Energie, Umwelt, Mobilität, Si­cherheit entsprechende Förderungen erfahren. Damit kann auch der Brückenschlag zur Wirtschaft gut stattfinden und können, wie wir auch von verschiedenen Bereichen wissen, wie zum Beispiel der Zahl der Patentanmeldungen, auch entsprechend gute Wir­kungen erzielt werden.

Herr Minister, für ein fatales und wirklich schlechtes Signal halte ich die Kürzung der Mittel für den Klima- und Energiefonds. Gerade dieser Bereich, von dem wir wissen, dass das so ein dynamischer Markt ist, von dem wir wissen, dass daraus großartige und tolle Projekte Unterstützung finden, braucht wesentlich mehr Augenmerk. Aber hier wird genau das Gegenteil gemacht. Das halten wir für einen schweren Fehler, insbe­sondere weil wir auch überzeugt davon sind, dass die vielen Unternehmen, die im Be­reich Energie- und Umwelttechnik in Österreich arbeiten, die vielen Gemeinden, die da großartige Arbeit leisten, genau dazu beitragen könnten, für Österreich ein entspre­chendes Ziel zu setzen, nämlich: Österreich soll das Umwelt- und Energietechnikland Nummer eins in Europa werden! (Beifall bei den Grünen.)

13.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.00.01

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Schülerinnen und Schüler aus dem Burgenland! Lie­be Lehrkräfte! Es freut mich ganz besonders, dass Sie heute gemeinsam das Haus der Demokratie bei einem wichtigen Thema, nämlich dem Forschungs- und dem Verkehrs­budget, besuchen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren an den Fernsehschirmen! Forschung ist tat­sächlich ein entscheidender Bereich für die Zukunft, und trotz Steuerreform und Ein­sparungen haben in diesem Bereich keine Budgetkürzungen stattgefunden. Das Bud­get der UG 34 ist mit 428 Millionen € gut dotiert, und es geht darum, mit den öffentli­chen Mitteln eine Hebelwirkung zustande zu bringen, damit auch Unternehmen in die­sem Bereich investieren können.

Forschung und Technologie sind kein Selbstzweck, sie dienen der Gesellschaft und der Wirtschaft. Daher habe ich den Fokus gerade auf die Industrie, auf die industriellen Technologien und die industrielle Technologieinfrastruktur gelegt.

Wir werden in der Produktionsforschung zum Beispiel 100 Millionen € zur Verfügung stellen. Wir haben für Industrie 4.0 auch Stiftungsprofessuren eingerichtet. Wir werden IKT-Forschung mit 85 Millionen € unterstützen. Wir werden sehr viel im Bereich der Energietechnologien tun, da ist Österreich ganz vorne dabei. Da wollen wir mit 80 Mil­lionen € für Mobilitätstechnologien dabeibleiben. Das ist schon eine Antwort! Herr Ab­geordneter Willi, mir ist es wichtig, dass wir andere Antriebstechnologien entwickeln. Das ist ein Beitrag, der für mich ganz entscheidend ist. Wir werden auch den Welt­raumtechnologien im nächsten Jahr 65 Millionen € zur Verfügung stellen. Da sind wir dabei, da können wir mitmachen, und österreichische Unternehmen fliegen auch ins All.

Ich habe schon gesagt, Industrie 4.0, 130 Millionen €. Ich habe vergangene Woche vier Stiftungsprofessuren an die Universitäten Linz, zweimal Graz und einmal Wien verge-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 528

ben. Da geht etwas weiter, wir reden nicht nur, wir handeln. Da geht es um den Hoch­leistungswerkstoff Stahl, da geht es um Automotive, da geht es um Big Data, da geht es um den Bereich Luftfahrt, da geht es um Logistik. Diese Themen setzen wir um.

Die Pilotfabrik in Aspern ist schon aktiv, in drei weitere wollen wir 2016 investieren. Wir investieren in das Thema selbstfahrende Autos. Ich habe am 28. Oktober einen Gipfel „Autonomes Fahren“ gemacht, und wir werden 2016 selbstfahrende Autos unterstützen. Wir fördern Talente – das ist ganz besonders für die Jungen – und Praktikumsplätze.

Ich komme zum Thema Infrastruktur, Verkehr und Innovation. Wir haben in diesem Be­reich Ausgaben von über 3 Milliarden € für Investitionen zur Verfügung. Danke dafür, Herr Abgeordneter Pock hat es anerkannt. Die Sozialdemokratie steht für Investitionen. Wir wollen investieren und wir wollen in das Richtige investieren, nämlich in die Freiheit der Menschen. (Zwischenruf des Abg. Pock.) Wenn wir in Mobilität investieren, inves­tieren wir in die Möglichkeit und in die Freiheit der Menschen, ihre Mobilität umzusetzen.

Wir investieren auch in den Standort. Nur wirtschaftliche Unternehmen, die auch Ver­bindung nach außen haben, können ihren Standort und ihr Wachstum verbessern.

Wir haben darüber hinaus 300 Millionen € im Jahr 2016 – das ist schon angesprochen worden – für die Investition in den Breitbandausbau. Da geht es darum, moderne Tech­nologien auch in die Breite, in den ländlichen Raum zu bekommen. Das werden wir bis 2020 auch umsetzen, 1 Milliarde € haben wir dafür zur Verfügung.

2 Milliarden € investieren wir in den Ausbau der Schiene. Ich kann es noch einmal deutlich sagen: Da geht es nicht um Tunnels, da geht es darum, dass wir das Gesamt­system der Schiene aufrechterhalten. (Abg. Moser: Nur, wie wir das bezahlen, möchte ich endlich einmal wissen!)

Ich war vor ein paar Monaten in Lienz, das ist ja nicht im Zentrum Österreichs. Dort hat man mir gesagt, Lienz lebt davon, dass es an die Südbahn angeschlossen ist. Die ha­ben sich gefreut, dass wir jetzt den Semmering-Basistunnel bauen, denn damit sind ih­re Möglichkeiten besser geworden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe selbst nicht geglaubt, dass Menschen, die in Lienz leben, es so wichtig fin­den, dass wir jetzt den Semmering-Basistunnel bauen, jetzt Entscheidungen für die Zu­kunft treffen und diese in zehn Jahren dann auch wirksam werden. Das sind Investi­tionen, die wir brauchen.

Und wissen Sie, was das Schönste ist? – Die Menschen unterstützen das! Österreich ist das Bahnfahrerland Nummer eins geworden. Warum? – Wir haben die Westbahn gut ausgebaut, wir fahren von Salzburg bis Wien in 2 Stunden 22 Minuten! (Abg. Willi: Wieso hat die dann weniger Züge?) Da sind wir besser als die Straße, da sind wir bes­ser als das Auto! Wir haben die Anbindung zum Flughafen Wien-Schwechat zuwege gebracht. (Abg. Willi: Weil Sie den regionalen Verkehr nicht ausgebaut haben!) Damit verbinden wir die Verkehrsmittel und haben neue Möglichkeiten für die Menschen ge­schaffen.

Wir investieren in diesem Jahr auch 1 Milliarde € in den Ausbau des hochrangigen Stra­ßensystems. Auch das ist wichtig! Damit haben wir auch die Anbindung Österreichs an Zentral- und Osteuropa geschafft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Planungssicherheit und verantwortungsvol­les Wirtschaften – das ist die Devise, die ich mir gesetzt habe. Es geht darum, Pla­nungssicherheit zu haben. (Abg. Moser: Vor allem die Finanzierungssicherheit ist das Problem!) Es ist für die Bevölkerung, für die Wirtschaft, aber, ich glaube, auch für das Hohe Haus wichtig, dass wir sagen: Diese Investitionen, die wir tätigen, können wir pla­nen, da entwickeln wir uns weiter, da organisieren wir Qualität, und es wird verantwor­tungsvoll gewirtschaftet. (Abg. Moser: Wir bauen Schulden!)


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Ich sage Ihnen, was ganz entscheidend ist: Gemessen an anderen europäischen Län­dern, in denen Investitionen oft mit Schwierigkeiten und Problemen behaftet sind, sind seit 2007 alle Großprojekte in Österreich nach Plan abgewickelt worden, und wir haben sogar einiges an Kostenunterschreitungen zustande gebracht. Ich bedanke mich aus­drücklich bei allen Projektmanagern, die in diesem Feld gearbeitet haben. Sie haben da eine tolle Leistung erbracht. Es ist uns zum Beispiel beim Hauptbahnhof in Wien, beim Lainzer Tunnel und bei vielen Straßenprojekten gelungen. (Abg. Moser: Bitte den Abgeordneten Deimek zu beachten!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch auf ein paar Fragen reagie­ren. Herr Abgeordneter Deimek, natürlich ist mir Linz-Selzthal wichtig, mir ist auch die­se Verbindung nach Summerau ganz wichtig. Das ist auch im Plan vorgesehen. Es ist mir nur wichtig, darauf hinzuweisen. Meine Aussagen zur Flugabgabe habe ich gemacht.

Herr Abgeordneter Willi, seien Sie mir nicht böse! Am Dienstag bin ich hier im Parla­ment gesessen, da wurde das Thema Vorbelastungsgesetz diskutiert. Da hat es keine Wortmeldung gegeben. Ich war überrascht, aber es war so. Jetzt ist die Debatte darü­ber geschlossen. Ich sage Ihnen sehr deutlich: Wir haben den Rahmenplan im Ver­kehrsausschuss diskutiert, er ist öffentlich zugänglich. Ich glaube, das sind tolle Projek­te, die in allen Bundesländern zur Verfügung stehen.

Zur Frage der Alpentransitbörse: Wir haben etwas anderes gemacht. Wir haben sehr deutlich gesagt, wir wollen – und da gibt es die erste Einigung – externe Kosten in die Maut einrechnen. Das ist eigentlich eine Forderung, die die Grünen unterstützen müs­sen. Wir wollen die externen Kosten in der Maut mit berücksichtigt haben.

Sie sind auch eingebunden worden, wenn es darum geht, bei der ÖBB barrierefrei ein­zukaufen. Ich kann Ihnen sagen, wir werden bei der Bahn 101 Züge, jetzt auch den Railjet, zur Verfügung haben. Das ist ein barrierefreies Verkehrsmittel. Das ist mir wich­tig. (Abg. Moser: Wie bitte? Da sind drei Stufen! – Abg. Willi: Sind Sie schon einmal mit einem Kinderwagen eingestiegen?)

Auf die Ausführungen des Abgeordneten Pock habe ich reagiert. Danke noch einmal dafür, auch für die Einschätzung. Das hat mich besonders gefreut. (Zwischenruf des Abg. Pock.)

Zu den Ausführungen des Abgeordneten Hagen: Melkkuh der Nation, das klingt gut. Ich kann Ihnen nur sagen, wir versuchen, ein vernünftiges Verhältnis zu finden, um das Auto dort zu stärken, wo man es braucht, aber auch den öffentlichen Verkehr zu stärken. Die Maut ist gerechtfertigt und berechtigt. Was die Steuerfrage betrifft, fragen Sie den Fi­nanzminister!

Ich danke auch der Frau Abgeordneten Himmelbauer, sie hat diese Themen angespro­chen. Das kann ich nur teilen.

Eines ist wichtig, Herr Abgeordneter Kassegger: Wir haben klar gesagt, wir wollen die Forschungsausgaben erhöhen, das ist wichtig, dazu braucht es das Engagement der In­dustrie. Ich war vor Kurzem bei der Bahnindustrie, die investieren 9 Prozent ihres Um­satzes in Forschung. Da sind sie gut dabei. Die Industrie investiert durchschnittlich 7 Pro­zent in Forschung. Dort, wo man in Forschung investiert, sind die erfolgreicheren Be­triebe. Insofern wünsche ich mir, dass Industrieklein- und ‑mittelbetriebe auch sehr viel auf dem Gebiet der Forschung tun. Ich möchte das unterstützen und denke, dass wir einen guten Beitrag dazu leisten. (Abg. Brosz: Apropos Beitrag: Wann kriegen wir die Dokumente?)

Mein Schwerpunkt: Es ist Ziel der Forschungs- und Technologieinitiative der Bundesre­gierung, dass wir 3,76 Prozent des BIP erreichen. Wir haben uns von 2,76 Prozent auf 3 Prozent entwickelt. Das ist ein gutes Zeichen, da müssen wir weitermachen, das braucht gemeinsame Anstrengungen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 530

Abschließend noch eines: Frau Abgeordnete Lichtenecker hat angesprochen, dass ich die Mittel für den Klima- und Energiefonds reduziert habe. Das stimmt nominell, es stimmt aber inhaltlich nicht. Wir haben diese Mittel, die bisher im Klima- und Energiefonds aus­gegeben worden sind, in andere Budgetposten meines Ministeriums umgesetzt, näm­lich ganze 18 Millionen €. Davon werden 9,75 Millionen € für intelligente Verkehrssys­teme ausgegeben, da geht es um Logistik. Wir haben 8 Millionen € für die Förderung der Anschlussbahn ausgegeben. Sie finden das entsprechend auch in meinen Budgetposten.

Insgesamt ist dieses Budget ein Budget, das den Wirtschaftsstandort Österreich für die Zukunft sichert. Es schafft Arbeitsplätze, es schafft Lebensqualität und trägt zur so­zialen und regionalen Chancengleichheit bei.

Ich ersuche Sie, diesem Budget die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Brosz: Leider haben Sie nichts zu den Ausschuss­dokumenten gesagt!)

14.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine Damen und Herren, ich darf ergänzend mitteilen, dass der von Frau Abgeordneter Lichtenecker eingebrachte Entschließungsantrag aus­reichend unterstützt und ordnungsgemäß eingebracht ist und mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Finanzierungslücke zur Erreichung der Ziele der FTI-Strategie bis 2020

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Re­gierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschla­ges für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) – UG 34

Begründung

Investitionen in Forschung und Innovation sind wesentliche Faktoren für eine zu­kunftsorientierte, gute wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in Österreich. Vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind Investitionen in Wissenschaft, Uni­versitäten und Forschung zur Sicherung des Wissens- und Wirtschaftsstandorts und zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen besonders wichtig und effektiv. Es ist ein Alarmzeichen, dass Österreich in den Bereichen Innovation und Wettbewerbsfähigkeit immer mehr an Boden verliert und die Arbeitslosigkeit enorm steigt. Im Innovation Uni­on Scoreboard (IUS) 2015 – hat sich die Position von Österreich das sechste Jahr in Folge verschlechtert. Im Jahr 2009 lag Österreich beim EU-Innovationsvergleich noch auf Platz 6, jetzt ist Österreich sogar auf Platz 11 zurückgefallen. Auch im Wettbe­werbsranking des World Economic Forum rutschte Österreich von Rang 21 auf Rang 23 ab. Im März 2011 wurden von der Bundesregierung im Rahmen einer Strategie für For­schung, Technologie und Innovation (FTI) Ziele und geplante Maßnahmen in den Berei­chen Forschung, Innovation und Bildung bis 2020 definiert. Im Zuge von „Europa 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum” wurde ein F&E-
Quotenziel von 3,76 % für Österreich festgelegt, wobei zumindest 66 %, möglichst aber 70 % von der Wirtschaft zu finanzieren sind.
(Bundesministerium für Finanzen: Budget­beilagen 2016 – FuE Beilage, Wien 2015, S.5). Laut Berechnungen des Wirtschafts­forschungsinstituts (WIFO) besteht zur Erreichung des FTI-Strategie-Ziels bis 2020 ein kumulierter zusätzlicher Finanzierungsbedarf bei der öffentlichen Finanzierung von


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über zwei Milliarden Euro. (Einzelempfehlung des Rats für Forschung und Technolo­gieentwicklung zur Finanzierung von Forschung und Entwicklung in Österreich, 7.9.2015, http://www.ratfte.at/tl_files/uploads/Empfehlungen/150907_Empfehlung_F&E%20Finanzie­rung.pdf).

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle der Bundesfi­nanzgesetze 2016 vorzulegen, mit der die Mittel in der UG 31, UG 33 und UG 34 ent­sprechend erhöht werden, damit die Ziele der beschlossenen FTI-Strategie erreicht wer­den können.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Töchterle. – Bitte.

 


14.12.44

Abgeordneter Dr. Karlheinz Töchterle (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Trotz knapper Redezeit drängt es mich zu zwei Repliken. Herr Kollege Hagen, auch ich wohne im Westen. Ich fahre immer mit der Bahn und erlebe sie als pünktlich, komforta­bel und schnell. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Eine zweite Replik an den Kollegen Kassegger: Ich teile Ihre Meinung, dass es besser wäre, die Forschungsagenden in einem starken Ministerium zusammenzufassen. Das würde mehr Schlagkraft und mehr Effizienz bringen. Nun haben wir sie auf drei Res­sorts beziehungsweise zwei Ministerien verteilt, ein Teil ressortiert eben in dieses Mi­nisterium, deswegen äußere ich mich hier auch zur Forschung.

Ich äußere mich positiv dazu. Ich finde nämlich, wie es heute der Herr Vizekanzler und auch Dr. Matznetter gesagt haben: Wir dürfen in Österreich nicht alles schlecht- und klein­reden, es gibt sehr positive Entwicklungen. Eine ist zum Beispiel die Entwicklung von Wissenschaftern und Forschern aus Österreich im neuen EU-Forschungsrahmenpro­gramm Horizon 2020. Die Anträge von Österreich werden auch wesentlich von der FFG unterstützt, moderiert und gestützt. Seit dieses Programm 2014 gestartet ist, haben wir schon fast 200 Millionen € geholt und sind mit einer Bewilligungsrate von fast 20 Pro­zent deutlich über dem EU-Durchschnitt. Das zeigt, dass unsere Forscher in der EU überaus konkurrenzfähig sind. Wie gesagt, die Unterstützung der FFG ist hier sehr wich­tig.

Natürlich braucht auch sie, so wie der FWF, ausreichend Mittel, um Forschungsprojek­te finanzieren zu können. Der Rahmen, den sie da hat, und die verschiedenen Formate wie COMET oder BRIDGE sind sehr gut, sie sind vor allem ein gutes Bindeglied zur Wirtschaft.

Wichtig ist auch, dass wir gerade in Österreich den Anteil der nichtstaatlichen For­schungsförderung bedeutend erhöhen. Da sind wir international ganz, ganz schlecht, während wir bei den öffentlichen Förderungen über dem Durchschnitt liegen. Um diese Anteile zu fördern, arbeiten wir gerade an einem Gemeinnützigkeitspaket, das zum Bei­spiel private Stiftungen wesentlich erleichtern und private Geldgeber animieren soll.

Ich appelliere an alle, die hier tätig sind – das Paket ist ja bereits durch den Ministerrat gegangen –, hier ein möglichst optimales Werk zu schaffen. Wenn es dann in den par­lamentarischen Prozess kommt, werde mich sehr bemühen, auch noch kräftig mitzu-


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wirken. Wenn wir da etwas Neues machen – und wir müssen hier etwas Neues ma­chen, um ähnlich erfolgreich wie unsere Nachbarn Schweiz oder Deutschland zu sein –, dann muss das ein gutes Instrument sein. Ich bitte sehr, dass wir da wirklich ein stim­miges Paket schnüren. Dann, glaube ich, zapfen wir eine Quelle an, die wir noch viel zu wenig angezapft haben, nämlich private Mittel für die Forschung. Dann kann auch unser öffentliches Budget, das, wie gesagt, über dem EU-Schnitt liegt, weiterwachsen. Das wünsche ich mir im Sinne einer guten Zukunft für Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

14.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

 


14.15.58

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Noch einmal zum Thema Forschung: Wenn man sich auch in der Analyse des Budgetdienstes die gute Aufbereitung ange­schaut hat, merkt man, dass die Auszahlungen zwar bis zum Jahr 2015 recht stark an­steigen, aber dann wirklich stagnieren. Ich glaube, das ist kein guter Ausblick für unse­ren Forschungs- und Technologiestandort.

Wie ich heute schon erwähnt habe, halte ich es auch für verständlich, dass man in der momentanen Situation natürlich an allen Ecken und Enden schauen muss, dass wir mit unserem Geld sparsam umgehen. Aber Österreich darf in diesem Bereich wirklich nicht den Anschluss verlieren. Wie ich ebenfalls schon erwähnt habe, sind wir nach dem In­novation Scoreboard nicht mehr Innovation Leader, sondern Innovation Follower ge­worden. Ich glaube, das ist schon ein relativ guter Indikator, dass wir hier wirklich et­was tun müssen.

Wir haben ja auch eine Anfrage gestellt, warum sich das in dem in den Wirkungszielen befindlichen Bereich verschlechtert hat. Die Antwort, die wir bekommen haben, finde ich sehr interessant. Sie haben gesagt, andere Indikatoren, welche mitunter nicht im Kernaufgabenbereich des BMVIT verankert sind, zum Beispiel die schwache Ausstat­tung mit Venture Capital, haben unter anderem dazu geführt, dass wir Innovation Fol­lower geworden sind.

Ich finde es sehr schön, dass Sie das ansprechen. Es sollte ja auch ein Ziel der ge­samten Regierung sein, dass sich da etwas tut. Sie können auch alle miteinander re­den, denn es soll ja in nächster Zeit auch etwas zum Thema Venture Capital kommen. Wir hoffen da ja auch auf Unterstützung Ihrer Seite, damit wir den Realwirtschafts­investitionsfreibetrag zustande bekommen, denn der ist unter anderem auch in diesem Bereich extrem wichtig. Sie haben ja die Durchführung von gezielten Maßnahmen mit starker Hebelwirkung auch als Ziel für Ihr Ressort beschrieben, um damit höhere pri­vate Forschungsinvestitionen auszulösen. Ich hoffe darauf, dass wir mehrere Maßnah­men in diesem Parlament auf den Weg bringen, damit auch für die Forschung und Ent­wicklung mehr private Gelder da sind. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

14.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


14.18.07

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Finanzminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stichwort Digitalisierung: Wir haben es heute schon ein paar Mal gehört, die digitale Transformation schreitet voran und ver­ändert dadurch natürlich auch unsere Gesellschaft. Ich habe gestern schon in meiner Rede zum Bereich Kunst und Kultur darauf hingewiesen, dass wir uns damit ausein­andersetzen müssen, vor welche Herausforderungen uns das stellen wird.


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Gerade auch für unsere Unternehmer und Unternehmerinnen ist die Digitalisierung ein sehr wichtiger Punkt, setzt sie vor neue Herausforderungen, bringt aber auch Chancen und neue Möglichkeiten. Aber all das hilft nicht, wenn es keinen guten Breitbandaus­bau gibt. Und da befinden wir uns leider noch immer, obwohl wir schon das Jahr 2015 schreiben, in der Vergangenheit. Die digitale Kluft zwischen Stadt und Land, zwischen Alt und Jung ist nach wie vor vorhanden. Daher muss diese rasch überwunden wer­den, um auch allen Menschen die gleichen Möglichkeiten in der Informationsgesell­schaft zu bieten. Da freut es mich natürlich, dass Herr Bundesminister Stöger diese Ge­schichte jetzt endlich angegangen ist und vorantreibt und auch nächstes Jahr aus der Breitbandmilliarde wieder 300 Millionen € vorgesehen sind, um das auszubauen.

Die BürgerInnen verwenden das Internet und die Dienste, sie machen Online-Banking; E-Mail-Dienste, Fahrplanabfragen, Einkommensteuererklärungen, Amtswege – alles spielt sich nur mehr im Internet ab. Gerade die ländlichen Regionen und auch Unter­nehmerinnen und Unternehmer, die sich dort ansiedeln sollen, sind da ganz klar be­nachteiligt.

Ich habe gerade auch Online-Fahrplanabfragen angesprochen, und das führt mich zum Kollegen Hagen.

Ich habe das nämlich gerade geklärt. Offensichtlich ist das aber bei Ihnen noch nicht angekommen, dass der Zug auch schon sehr gut auf der Westbahn fährt. (Zwischenruf des Abg. Hagen.) Ich bin aus der Steiermark, die Südstrecke ist noch nicht so gut aus­gebaut. Aber der Zug fährt zwischen Wien – Innsbruck gut 4 Stunden 20 Minuten, also das ist überhaupt keine Zeit (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hagen), nach Bregenz fährt man zirka 6 Stunden 30 Minuten. Fährt man in die Steiermark ins Ennstal, ist man noch 3 Stunden 30 Minuten unterwegs oder 3 Stunden 40 Minuten, also das ist schon eine deutliche Besserstellung der Weststrecke.

Da ich eben Steirerin bin und sehr viel mit dem Zug unterwegs bin, freut es mich umso mehr, dass endlich der Semmering-Basistunnel gebaut wird, dass es letzte Woche den Tunnelanschlag gegeben hat.

Ich kann mich noch gut erinnern: Im Oktober 1998 bin ich nach Wien gekommen und habe in der Bundespolitik zu arbeiten begonnen. Eine meiner ersten Aktionen war da­mals, in Spital am Semmering für den Bau des Semmeringtunnels zu demonstrieren, nämlich darauf hinzuweisen, wie notwendig er ist. (Zwischenrufe der Abgeordneten Räd­ler und Hagen.) Jetzt kommt er endlich. Danke, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ.)

14.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hafenecker. – Bitte. (Abg. Rädler: Bezahlte Demonstrantin! – Abg. Hakel: Ja, wie ist es bei Ihnen?)

 


14.21.10

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Herren Minister Stöger und Schelling! Ich beziehe mich am Beginn meiner Rede auf die Einnahmen der Asfinag, auch auf die Mehreinnahmen durch die Vignette, deren Preis ja doch um 1,5 Prozent erhöht worden ist, die Lkw-Maut um 1 Prozent. Auf der Grundlage von 2014 haben wir hier somit Mehreinnahmen von rund 19 Millionen €. Es ist richtig, es gibt Investitionen, aber, sehr geehrter Herr Minister, es gibt noch immer sehr, sehr viele Stiefkinder.

Ich bringe nur drei Beispiele: Zum einen ist beim Bau der S 34 noch immer nichts wei­tergegangen. Die S 34 müsste eigentlich S 43 heißen, denn so viele Jahre reden wir schon darüber. Auch beim Anschluss von der S 5 bei Jettsdorf nach Krems tut sich nichts, obwohl eigentlich versprochen wurde, dass das möglichst bald erledigt wird.


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Auch hinsichtlich einer Waldviertler Autobahn, die wir Freiheitlichen immer wieder for­dern, gibt es keine Initiativen. Ich glaube, es ist höchst an der Zeit, dass man auch den Bürgern im Waldviertel signalisiert, dass sie eben nicht Bürger zweiter Klasse sind. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Stiefkinder, meine sehr geehrten Damen und Herren, gibt es aber auch im öffentlichen Verkehr. Es ist erst kürzlich ein Bericht im „Kurier“ erschienen, worin die Initiative Pro­Bahn aufgezeigt hat, dass man im Burgenland bei der kommenden Investition für die Eisenbahn 75 € pro Kopf investiert, während man im restlichen Bundesgebiet 6 000 € pro Kopf investiert. Auch hier: Die Leute im Südburgenland werden so zu Bürgern zwei­ter Klasse erklärt. Sehr geehrter Herr Minister, da gibt es wirklich Handlungsbedarf.

Sie haben vorhin gesagt, Österreich sei das Bahnfahrerland Nummer eins. – Ich kann das nur nicht nachvollziehen. Sie kennen es: 28 Nebenbahnen wurden im Jahr 2010 vom Land Niederösterreich übernommen. Damals hat sich Herr Pröll als Retter der Bahnen feiern lassen, um kurz danach 26 dieser Bahnen zuzusperren. Ich weiß nicht, wo die Leute mit der Eisenbahn fahren, die Sie hier immer wieder bemühen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Rädler und Schmuckenschlager.)

Das Ganze ist also an die NÖVOG weitergegeben worden. (Abg. Rädler: … blaue Plä­ne!) – Herr Kollege Rädler, Sie wissen, was die NÖVOG jetzt macht! – (Zwischenrufe bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) Die NÖVOG verschachert diese Bahnen jetzt an die Gemeinden, hängt ihnen das – samt der Erhaltung der ganzen Baulichkeiten, die dranhängen – um, mit einem Risiko, dessen Ausmaß man gar nicht kennt, wie etwa, wie es mit den Grundstücken ausschaut, ob die vielleicht verseucht sind und so weiter. Also man hängt es den Gemeindebürgern um, die dann mit ihren Kanal-, Wasser- und Müllgebühren diesen Politikschrott, der in Niederösterreich gemacht wird, auch noch fi­nanzieren können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute früh bin ich durch die Feuerwehrsirene in meiner Heimatortschaft Kaumberg geweckt worden. Jedes Jahr ist es so, dass es, wenn der Wintereinbruch kommt, Schwierigkeiten am Gerichtsberg gibt und Lkw hän­gen bleiben. Das war aber nicht das, was mich schockiert hat. – Ich möchte mich übri­gens bei den Einsatzkräften von Polizei, Feuerwehr und Straßenmeisterei bedanken, die das auch heuer wieder bestens gelöst haben. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Also nicht die Feuerwehrsirene hat mich schockiert, sondern ein junger Bursch, der zu dem Zeitpunkt – er wohnt direkt an der Bundesstraße 18 – mit seinem Moped durch den Schneematsch vorbeigefahren ist und über den Gerichtsberg fahren musste, um seine Arbeitsstelle in Hainfeld zu erreichen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Bursch muss deshalb mit dem Moped fahren, weil die Eisenbahnlinie über den Gerichtsberg eingestellt wurde. Vor knapp zehn Jahren hätte er noch mit dem Zug fah­ren können. Heute, muss man sagen, riskiert er fast sein Leben. Als Familienvater füh­le ich mich bei so einer Sache wirklich nicht wohl, wenn ich da zuschauen muss.

Man sieht, hier wurde ein schwerer Fehler gemacht. Wie ich bereits erwähnt habe, hängt die NÖVOG jetzt diese Strecken den Gemeinden um und sagt, dass sie um ei­nen symbolischen Euro zu haben sind.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, hier mein Appell an Sie: Man muss wirklich ganz dringend den Fehler, den man damals gemacht hat, rückgängig machen. Die FPÖ wird sich hier beteiligen. Herr Bundesminister, ich habe Ihnen hier einen Euro mitgebracht, den möchte ich Ihnen jetzt übergeben. (Der Redner überreicht Bundesminister Stöger 1 €. – Heiterkeit des Bundesministers Stöger.)

Bitte investieren Sie diesen Euro in den Rückkauf dieser Bahnlinie, damit Sie nicht auf Rücklagen zurückgreifen zu müssen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 535

Ich bringe dazu folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rück­kauf der ehemaligen Bahnstrecke Hainfeld–Weissenbach an der Triesting durch die ÖBB

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Verkehr, Infrastruktur und Technologie wird aufgefordert, um­gehend an die Österreichischen Bundesbahnen heranzutreten bzw. alles Erforderliche zu unternehmen, dass es umgehend zu einem Rückkauf bzw. zu einer Rückführung der momentan im Besitz der NÖVOG befindlichen aufgelassenen Bahnstrecke Hainfeld–Weissenbach a. d. Triesting in den Bestand der ÖBB kommt.

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich appelliere wirklich an Sie, diesem Antrag zuzustimmen.

Diese Blödheit, die hier begangen worden ist, ist rückgängig zu machen. Und wenn Sie gegen diesen Antrag stimmen, dann gehen Sie mit dem Gewissen ins Bett, das der Ge­danke an den Burschen, der heute früh durch den Schneematsch in die Arbeit gefah­ren ist, auslöst. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Auer.)

14.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ord­nungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Christian Hafenecker und weiterer Abgeordneter

betreffend Rückkauf der ehemaligen Bahnstrecke Hainfeld-Weissenbach an der Tries­ting durch die ÖBB

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), UG 41

in der 104. Sitzung des Nationalrates

Im Jahre 2001 wurde der Güterverkehr auf der Bahnstrecke Hainfeld-Weissenbach an der Triesting eingestellt, 2004 folgte auch die Einstellung des Personenverkehrs.

Noch zu Beginn der 2000er Jahre wurden umfassende Sanierungsarbeiten im Umfang von kolportierten 20 Millionen Euro an Teilen der Gleisanlage im Bereich Weissenbach-Taßhof nach Hochwasserschäden, des Tunnels und an der Brücke im Bereich Weis­senbach durchgeführt. Schließlich verkauften die Österreichischen Bundesbahnen um das Jahr 2006 dieses Streckenstück an die Niederösterreichische Verkehrsorganisa­tionsgesellschaft m.b.H. (NÖVOG). In Folge verwilderten besagte Bahnanlagen, bis 2012 seitens der NÖVOG das Vorhaben bekannt gegeben wurde, die Gleisanlagen ab­zutragen, was demnächst zur Gänze erfolgen soll. Dieses Jahr wurden den Anrainer­gemeinden Hainfeld, Kaumberg, Altenmarkt, Weissenbach und Furth die entsprechen-


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den Streckenstücke zum Kauf angeboten und entsprechende Verträge vorgelegt. Unter anderem aufgrund des zweifelhaften wirtschaftlichen Nutzens und der finanziellen Be­lastung in Folge der Erhaltungsverpflichtung verfolgen nur noch Kaumberg und Alten­markt einen Ankauf dieser NÖVOG-Liegenschaft mit dem Plan, diese in einen Rad- und Reitweg parallel zu einem bereits andernorts Bestehenden umzuwandeln. Hin­sichtlich der offensiven Veräußerungsbestrebungen der NÖVOG und der ablehnenden Haltung der Mehrzahl der Anrainerkommunen öffnet sich hier ein Fenster, die Anbin­dung der Region an das öffentliche Verkehrsnetz zu verbessern. Denn seit Einstellung dieser Bahnlinie 2004 besteht keine adäquate öffentliche Verkehrsanbindung des Be­zirks Lilienfeld an das Wiener Umland bzw. an die Bezirke Baden, Wiener Neustadt, Mödling, Wien Umgebung und in Folge auch an die Stadt Wien. So ist ein Erreichen dieser Regionen nur unter ausschließlicher Nutzung der Eisenbahn über St. Pölten und Wien möglich, was aus dem östlichen Bezirk Lilienfeld eine Fahrzeit von rund 2,5 (!) Stun­den erfordert. Unter Mitnutzung anderer öffentlicher Verkehrsmittel (Bus) beträgt dieser Zeitrahmen sogar bis zu ca. 3 (!) Stunden. Gerade für Pendler bleibt daher der PKW das einzig sinnvolle Verkehrsmittel, um den Arbeitsplatzes in einem der oben genann­ten Bezirke zu erreichen.

Hinzu kommt auch noch die Tatsache, dass der Bezirk Lilienfeld massiv von Abwan­derung betroffen ist, was sicherlich auch auf die unbefriedigende Anbindung an das öf­fentliche Verkehrsnetz zurückzuführen ist. So verringerte sich die Einwohnerzahl des Be­zirks zwischen 2001 und 2011 um rund 2,7 Prozent bzw. in Zahlen um 714 Personen (Quelle: Statistik Austria). Auch im letzten Jahr hat sich diese Entwicklung fortgesetzt, allein von 2013 bis Anfang 2014 schrumpfte die Einwohnerzahl um weitere 0,55 Pro­zent.

Aus diesen Gründen ist es von immanenter Wichtigkeit, den öffentlichen Verkehr in die­ser Region zu attraktivieren und auszubauen. Eine Reaktivierung der eingestellten Bahn­strecke Hainfeld-Weissenbach an der Triesting und somit eine verbesserte Anbindung des Bezirks Lilienfeld an den Großraum Wien ist dringend erforderlich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Verkehr, Infrastruktur und Technolgie wird aufgefordert, um­gehend an die Österreichischen Bundesbahnen heranzutreten bzw. alles Erforderliche zu unternehmen, dass es umgehend zu einem Rückkauf bzw. zu einer Rückführung der momentan im Besitz der NÖVOG befindlichen aufgelassenen Bahnstrecke Hain­feld-Weissenbach a. d. Triesting in den Bestand der ÖBB kommt.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Heinzl zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Rädler: Ich werde Sie namentlich zi­tieren! In meiner Rede werde ich Sie namentlich zitieren!)

 


14.26.15

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Hafenecker hat behauptet, beim Projekt der S 34 – das ist jenes geplante Stra­ßenstück in der Länge von 9,8 km von St. Pölten weg hinein in das Traisental – geht nichts weiter.

Ich darf den Kollegen Hafenecker beruhigen: Richtig ist vielmehr, dass bei diesem ge­planten Straßenstück derzeit das Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren läuft (Abg.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 537

Hafenecker: Wie lang schon!) und dem Baubeginn 2017 nichts im Wege steht. – Dan­ke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hafenecker: Das sagen Sie jetzt vor der Ge­meinderatswahl! Den Schmäh kenn i eh!)

14.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


14.27.00

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Her­ren Minister! Herr Kollege Hafenecker, in meiner Heimatgemeinde gibt es keine Eisen­bahn, es hat auch noch nie eine gegeben, und die Lehrlinge in meiner Heimatgemein­de sind in der Vergangenheit mit dem Moped zur Arbeitsstelle gefahren und werden das wohl auch in Zukunft tun müssen. (Zwischenrufe bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mich in meinem Redebeitrag mit dem Breitbandausbau beschäftigen, weil das eine ganz, ganz wichtige infrastrukturelle Maßnahme ist, insbesondere für den ländlichen Raum. Die Internetkluft zwischen Stadt und Land muss geschlossen werden. Da darf ich mich den Ausführungen der Kollegin Hakel anschließen, die auf diesen Aspekt schon entsprechend hingewiesen hat.

Es darf durch eine mangelnde Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsinternet zu keiner Benachteiligung des ländlichen Raumes kommen. Die Attraktivität des ländlichen Rau­mes hängt in Zukunft auch sehr stark von der Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsin­ternet ab. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Jobmöglichkeiten, insbesondere auch die Möglichkeit von Homeoffice, das natürlich eine wesentliche Chance für den ländli­chen Raum darstellt, von Frauenarbeitsplätzen und so weiter sind künftig abhängig von der Qualität des Internets.

Man muss klar sagen: Ein langsames Internet bedeutet für die Menschen im ländlichen Raum einen enormen Nachteil. Der Ausbau des schnellen Breitbandes ist daher für den ländlichen Raum eine existenzielle Frage, eine große Chance auch für die heimische Wirtschaft und damit auch für die Arbeitsplatzsituation. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Mittel sind veranschlagt, sehr geehrter Herr Bundesminister. Es muss aber alles ver­anlasst werden, dass sie entsprechend leicht abgeholt werden können, damit sie auch wirksam werden können. Der Ausbau des Hochgeschwindigkeitsinternets ist für mich genauso wichtig wie alle anderen Infrastrukturmaßnahmen. Schauen wir, dass wir in die­sem Bereich auch europäische Spitze werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


14.29.34

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Minister! Ho­hes Haus! Wir diskutieren das Kapitel Verkehr, und ich möchte noch einmal kurz zur Debatte Stellung nehmen, die sich da um den Ausbau der Westbahn gedreht hat. Kol­legin Hakel, Sie haben da Lobgesänge auf den Ausbau und den Stand des Ausbaus an­gestimmt.

Es stimmt, Herr Minister: Lob von grüner Seite: Es hat sich einiges getan zwischen Wien und Salzburg. Die Fahrzeit wurde in den letzten Jahren, Jahrzehnten deutlich verkürzt. Heute fährt man von Wien nach Salzburg in 2 Stunden 22 Minuten. Die Westbahn en­det aber nicht in Salzburg, sie geht weiter. Sie geht nach Tirol, sie geht nach Vorarl­berg, und da schaut es wesentlich schlechter aus, Frau Kollegin Hakel und Herr Mi­nister Stöger. Ich habe es mir herausgesucht. Der Kaiser brauchte bei seiner letzten


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 538

Fahrt von Salzburg nach Wien noch 5 Stunden 8 Minuten. Ich habe es schon gesagt: Die Zeit wurde mehr als halbiert, inzwischen fährt man diese Strecke in 2 Stunden 22 Minuten.

Wenn Sie sich die Fahrt von Salzburg nach Bregenz anschauen und umgekehrt, da, muss ich sagen, schaut es leider nicht ganz so gut aus. Ein Beispiel: Vor über einem Vierteljahrhundert brauchte der Symphoniker von Bregenz nach Salzburg 4 Stunden und 9 Minuten. Man staunt, wenn man sich die derzeitige Fahrtzeit des Railjets an­schaut: Wenn Sie zu Mittag wegfahren, fahren Sie 4 Stunden 23 Minuten. Wir brau­chen heute länger. Der schnellste Railjet – da müssen Sie aber morgens um 5.47 Uhr in Bregenz einsteigen – fährt 4 Stunden und 16 Minuten; auch der ist noch deutlich lang­samer als früher der Symphoniker. Ich glaube, das zeigt schon sehr deutlich, dass da enormer Nachholbedarf herrscht, Herr Minister! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hell.)

Es gibt viele Langsamfahrstrecken. Die Strecke ist zudem störungsanfällig. Der Fahr­plan wird nicht immer eingehalten, und man müsste da, glaube ich, durchaus in kleine Abschnitte investieren. Herr Minister, Sie wissen, was jetzt kommt, wir haben das im Ver­kehrsausschuss auch schon diskutiert. Es geht beispielsweise um eine relativ geringe Investition im Bereich des Walgau oder des Klostertals, die Strecke von Bludenz Rich­tung Braz, der sogenannte Klosterbogen, der lange im Zielnetz 2025 drin war und jetzt gestrichen worden ist.

Im Ausschuss haben Sie gesagt, die Landesregierung wurde informiert. Ich habe extra noch einmal nachgefragt: Dem war nicht so.

Also wenn wir investieren, dann bitte nicht in gigantische Großprojekte, deren Nutzen – Stichwort Semmering-Basistunnel, Stichwort Jörg-Haider-Gedächtnis-Tunnel, also der Koralmtunnel, zwischen der Steiermark und Kärnten (Abg. Darmann: Sie haben über­haupt keinen Plan!), Riesenprojekte, Milliardenprojekte –, deren verkehrspolitische Effi­zienz alles andere als klar ist.

Es gäbe Projekte, die deutlich beschäftigungsintensiver wären, kleinere Projekte und Pro­jekte, die der Bevölkerung auch im Westen Österreichs zugutekommen würden. Ich er­innere an den Bereich von Kufstein bis Bregenz: Da sind zwölf Bezirkshauptstädte di­rekt an der Strecke, und es wohnen über 900 000 Menschen, also fast eine Million, in diesem Bereich. Da wären entsprechende Investitionen überfällig.

Bitte schauen Sie sich unsere Vorstellungen an und schauen Sie sich auch das ehe­malige Zielnetz 2025 an! Da war einiges drin, was jetzt leider nicht mehr drin ist. (Bei­fall bei den Grünen.)

14.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.

 


14.33.57

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrten Herren Bun­desminister Stöger und Schelling! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Kollege Walser, du weißt ja, dass wir, wenn wir vom Westen kommend Österreich verlassen, 150 Kilome­ter auf deutschem Bundesgebiet fahren, wo die Ausbaumaßnahmen nicht so vorhan­den sind. Im Unterinntal wird dementsprechend investiert und ausgebaut, auf deutscher Bahnlinie können wir das allerdings nicht machen. (Abg. Moser: Ja, das ist auch ein Problem, …! – Zwischenruf des Abg. Walser.)

Eines muss ich auch sagen: für 600 Kilometer knapp über sechs Stunden. Herr Kollege Hagen, bitte, wenn du mit dem Auto fährst, rechne die Pausen auch mit ein, denn dann wirst du nämlich zu dem Ergebnis kommen, dass du mit dem Auto länger brauchst als mit dem Zug. Das wollte ich nur kurz anmerken.


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Herr Bundesminister Stöger, Sie liegen eigentlich gar nicht so falsch. Kollege Pock hat vorhin gesagt, dass wir die Infrastruktur in diesem Ausmaß eigentlich nicht brauchen. Kol­lege Hagen hat gesagt, dass es schneller gehen und mehr ausgebaut werden muss. Ich glaube, Sie sind ein Minister mit Augenmaß, genau der Mittelweg ist der richtige.

Es muss dementsprechend investiert werden, denn die Investitionen sind auf Jahr­zehnte hinaus geplant. (Abg. Moser: Ja, aber was hat das für einen Sinn!) Es ist ja auch angesprochen worden, Kollege Hell hat es gesagt. Ich erinnere nur daran, wie es, als die Westbahn zu fahren angefangen hat, um die Trassen gegangen ist: 1980 ge­plant, heute umgesetzt, und wir können darauf fahren, und es können auch andere An­bieter darauf fahren und bekommen ihre Trassen. Ich glaube, wir müssen hier in Jahr­zehnten denken.

Ich bin sicherlich nicht der Verteidiger der Freiheitlichen Partei, aber ich möchte dem Kol­legen Walser, der vom „Haider-Gedenktunnel“ gesprochen hat, schon eines sagen: In Kärnten und in der Steiermark waren die Wirtschaft und die Bevölkerung klar und deut­lich dafür, dass dieser Ausbau stattfindet, damit Kärnten und die Steiermark angebun­den werden. Ich bin nicht euer Verteidiger, aber das ist die Wahrheit dahinter. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Schmuckenschlager.)

Danke, Herr Minister, dass Sie diesen Weg gehen, dass Sie entsprechend investieren, denn das sind Arbeitsplätze. (Zwischenruf der Abg. Moser.)

Eines möchte ich auch noch anmerken: Kollege Hell hat gesagt, 1 800 Lehrlinge sind bei den Österreichischen Bundesbahnen beschäftigt. Das sind viel, viel mehr, als die Ös­terreichischen Bundesbahnen selbst brauchen können. Wir bilden für die Wirtschaft aus, denn die Wirtschaft lässt immer mehr aus in dieser Richtung. Wir bilden im Be­reich der ÖBB hervorragende Arbeitskräfte aus, die dann in der Wirtschaft auch zum Einsatz kommen. Danke, Herr Minister, dass Sie die nötigen Mittel zur Verfügung stel­len! (Beifall bei der SPÖ.)

14.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Angerer. – Bitte.

 


14.36.25

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Verkehrsminister Stöger! Herr Finanzminister Schelling! Herr Verkehrsminister, Sie haben gerade vorhin eine nette Geschichte erzählt, nämlich dass Sie in Lienz waren und dort von den Menschen da­rauf aufmerksam gemacht worden sind, dass der Ausbau der Südbahnstrecke positive Auswirkungen für die Wirtschaft im Osttiroler Raum haben wird. Also wenn Ihnen das hilft, dass Sie transeuropäische Verkehrsstrecken als wirtschaftlich positive Entwicklun­gen erkennen und Sie das in Lienz erkennen, dann fahren Sie bitte öfter nach Lienz. Und bitte nehmen Sie auch den Kollegen Walser mit, damit er vielleicht endlich einmal erkennt, was solche Strecken, solche Transeuropäischen Netze wirtschaftlich bringen können. Dann lebt er nicht mehr in der Vergangenheit, sondern vielleicht auch einmal in der Zukunft. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Walser.)

Ich möchte zum Thema Transeuropäische Netze noch ein paar Worte sagen: Ver­kehrsnetze, und das war in der Geschichte immer schon so, sind wirtschaftliche Ver­kehrsadern und bringen wirtschaftliche Impulse mit sich, die auch entsprechend ge­nutzt werden müssen. Es hilft nicht nur, diese Strecken zu bauen, sondern es müssen auch entsprechende zusätzliche Maßnahmen gesetzt werden, damit auch die Wirtschaft davon profitiert. Ich gehe nicht davon aus, dass Sie Ihr Budget noch einmal aufschnü­ren werden, Herr Minister, aber Sie könnten die Mittel vielleicht nicht nur effizient ver­brauchen, sondern auch effektiv einsetzen. Ich glaube, um das geht es. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte ein paar Beispiele nennen, wie das möglich wäre:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 540

Sie wissen – es steht auch auf Ihrer Homepage –, es gibt diese TEN-V Leitlinien der EU, in deren Rahmen in den Jahren 2014 bis 2020 13 Milliarden € zur Verfügung gestellt werden. 40 Prozent davon können für Projekte, die von Herrn Walser so kritisiert wor­den sind, lukriert werden, sprich für den Semmering-Basistunnel und den Koralmtun­nel, also für den Ausbau der Südbahnstrecke. Es gilt einmal, dieses Geld in der EU ab­zuholen und hier einzusetzen.

Weitere Verkehrsachsen sind natürlich der Brenner und die Donauachse, die ja in der Leitlinie drinnen ist. Es gilt auch die zukünftigen Verkehrsachsen jetzt anzusprechen und zu schauen, dass diese in diese transeuropäischen Linien hineinkommen. Da geht es um die Tauern- und die Pyhrn-Achse.

Wirtschaftliche Verkehrsinfrastruktur jetzt an dieser Strecke zu initiieren und zu errich­ten – wir haben auch im Ausschuss schon darüber gesprochen, Herr Minister –, ist aus meiner Sicht ein ganz wesentlicher Punkt, und es gibt Projekte, die fixfertig sind, bau­reif sind, die von Kärnten auch entwickelt worden sind.

Fürnitz beispielsweise war immer schon eine Schnittstelle im Verkehr, dort gibt es ein fixfertiges, projektiertes und genehmigtes Cargo Terminal, und ich hoffe – und ich habe Sie diesbezüglich auch schon im Ausschuss gefragt –, dass Sie dieses Projekt in An­griff nehmen.

Wir werden deshalb einen entsprechenden Entschließungsantrag zu diesem Projekt ein­bringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Cargo Combi Ter­minals in Fürnitz

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der zuständige Bundesminister für Finanzen wird er­sucht, die erforderlichen Mitteln zur Verfügung zu stellen, dass es umgehend zum Um- bzw. Ausbau des Güterverkehrszentrum ALPLOG in Fürnitz zu einem Cargo Combi Ter­minal kommt und dieses mit Fertigstellung der Koralmbahn an diese angebunden wird.“

*****

Herr Finanzminister, das wäre auch eine gute Gelegenheit, einmal für ein Bundesland, das Sie ja sträflich vernachlässigen, etwas Positives zu tun und nicht Milliarden umzu­hängen, die Ihre Vorgänger zu verantworten haben. Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Bun­desminister Schelling: Welches Bundesland meinen Sie?)

14.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ord­nungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer und weiterer Abgeordneter

betreffend Cargo Combi Terminals in Fürnitz

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 541

anschlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), UG 41

in der 104. Sitzung des Nationalrates

Die Betreiber von Seehäfen zeigen einer Studie der Universität Klagenfurt zufolge ein gesteigertes Interesse, „auch die Hinterlandverkehre, also die Transportströme vom und zum Hafen, zu kontrollieren und zu steuern“ (Winkler & Seebacher 2010). Zudem sind die Kapazitäten der meisten Häfen bereits überlastet, sodass es nicht mehr möglich ist, das zunehmende Gütervolumen – vor allem aus Asien – vor Ort in den Häfen abzuwi­ckeln. Um diese Logistikengpässe zu vermeiden, werden vermehrt Hinterland-Hubs ein­gesetzt, die die Aufgabe haben, die Transportströme zu lenken und den jeweiligen An­sprüchen der Häfen gerecht zu werden. Dadurch werden die Häfen näher zum Kunden verlagert, so dass geringere Transportwege und -zeiten erreicht werden können. Soge­nannte „Dry-Ports“ sind als erweiterte Hafentore der Seehäfen zu verstehen, die bis ins Hinterland reichen. Damit können Kapazitätsengpässe vermieden und die Güterbe­handlung durch die Verlagerung ins Hinterland optimal gesteuert und kontrolliert wer­den.

Insbesondere der Standort Fürnitz bei Villach bietet die Möglichkeit, als Hinterland-Hub die Transportströme der Europäischen Südhäfen abzuwickeln.

Eine der bedeutungsvollsten Stärken des Terminals Villach-Süd ist die geographische Lage, die den Standort für alle Im- und Exportgüter, die über die Alpen transportiert wer­den müssen, zu einem wirtschaftlich und strategisch bedeutenden Ort macht. Auf der Südseite des österreichischen Alpenvorlands, direkt auf dem Schnittpunkt der Tauern­achse (Korridor 10) und der Baltisch-Adriatischen Achse liegend, bietet das bestehen­de Terminal in Villach-Süd bereits eine gute Schienen- wie auch Straßenverbindung nach Mittel- und Osteuropa. Durch die Erschließung dieses neuen Verkehrskorridors (der BAA) konnte bereits sichergestellt werden, dass Kärnten an eine der wichtigsten euro­päischen Verkehrsachsen angebunden wurde.

Neben dem Brennerpass ist der Tauernpass die einzig effektive Transportstrecke über die Alpen im östlichen Alpenbogen. Aufgrund der guten infrastrukturellen Vernetzung von Villach-Süd besteht am geplanten Premium Dry Port die Möglichkeit, alle Container­ströme von und zu den nordadriatischen Häfen zu konsolidieren und zu lenken. Der Standort kann sich dadurch als Clearingstelle des östlichen Alpenbogens etablieren und so das Gateway nach Mittel- und Osteuropa darstellen. Eine weitere Stärke des Standorts Villach-Süd ist das Areal und die Infrastruktur des bereits bestehenden inter­modalen Terminals.

Der Ausbau des Standortes Fürnitz zu einem Hinterland-Hub ist umso wichtiger, als dass sich die Häfen Venedig, Triest, Koper und Ravenna zur NAPA zusammenge­schlossen haben, um eine sinnvolle Alternative zu den nordeuropäischen Häfen – wie z.B. Hamburg, Bremerhaven, Rotterdam und Antwerpen durch kürzere Transportrouten und schnellere Lieferzeiten zu bieten. Dadurch haben sich weitere Möglichkeiten eröff­net, um gemeinsame Synergien zu nutzen und kooperative Zusammenarbeiten anzustre­ben.

Eine erfolgreiche Standortentwicklung muss dementsprechend unbedingt als Gesamt­lösung betrachtet werden. Neben den Schwerpunkten der Häfen- und Verkehrsanbin­dungen sind es vor allem die damit einhergehenden Betriebsansiedelungen, die für ei­ne rasche Umsetzung des Projektes sprechen. Eine Steigerung der Attraktivität des Industrie- und Wirtschaftsstandortes Kärnten würde sich auch überaus positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung Gesamtösterreichs auswirken.

In den letzten Jahren hat sich bereits das Land Kärnten vor allem in Zusammenarbeit mit der Entwicklungsagentur Kärnten (EAK) darum bemüht, Ansiedelungen und Stand-


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ortentwicklungen zu forcieren. Entsprechende Anstrengungen wurden auch in Koopera­tion mit der Rail Cargo Austria gesetzt.

Aktuell wird das Güterverkehrszentrum (GVZ) ALPLOG in Fürnitz als Terminalstandort der Rail Cargo Austria und für den Umschlag von Gütern genutzt. Um das Güterver­kehrspotential vor Ort auch kurzfristig ausnutzen zu können, ist der Teilausbau des Ter­minals geplant. Der Bau eines dementsprechenden „Cargo Combi Terminals“ wurde be­reits per Bescheid vom 05.09.2007, GZ, BMVIT-820, 108/0002-IV/SCH2/2007 geneh­migt. Laut aktuellem Bescheid des Bundesministeriums (v. 18.07.2014) hat die Baufüh­rung für die Errichtung Cargo Combi Terminal Fürnitz bis zum 05.09.2021 zu erfolgen. Aufgrund fehlender Finanzmittel konnte mit dem Ausbau des Terminals bis dato nicht begonnen werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der zuständige Bundesminister für Finanzen wird ersucht, die erforderlichen Mitteln zur Verfügung zu stellen, dass es umgehend zum Um- bzw. Ausbau des Güterverkehrszentrum ALPLOG in Fürnitz zu einem Cargo Combi Ter­minal kommt und dieses mit Fertigstellung der Koralmbahn an diese angebunden wird.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmuckenschla­ger. – Bitte.

 


14.40.11

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Her­ren Minister! Ich darf mich auch kurz zum Thema Digitalisierung melden, ich glaube, ei­ne der wichtigsten Infrastrukturinvestitionen in die Zukunft, die vor uns liegt. Wir haben ja mit Auktionserlösen aus den Funkfrequenzen 2013 2 Milliarden € Einnahmen im Bun­desbudget gehabt, wobei wir uns darauf geeinigt haben, 1 Milliarde auch für den Aus­bau des Breitband-Internets im ländlichen Raum zu verwenden. Das wird vom Ministe­rium jetzt stufenweise umgesetzt. So weit, so gut.

Das Problem ist nur, wir haben momentan zwei Modelle in Anwendung. Das eine ist ein Wirtschaftlichkeitslückenmodell und das andere ein Betreibermodell. Beim Wirtschaft­lichkeitslückenmodell werden bestehende Anbieter unterstützt, das Netz vor allem in strukturschwächeren Regionen auszubauen. Es zeigt sich nur, dass diese Anbieter vor­wiegend keine Infrastrukturinvestoren sind, sondern Telekom-Investoren, die in groß­teils ausländischen Aktieninvestments veranlagt sind, und dass daher auch das Inter­esse an der Infrastruktur in Österreich ein sehr geringes ist. Wir verwenden die Gelder aus der Breitbandmilliarde, um Konzernergebnisse zu verbessern, aber nicht die Infra­struktur in Österreich.

Man sieht auch, dass die Investitionen hauptsächlich in Ballungsräumen stattfinden. Da­her ist das zweite Modell, das Betreibermodell, um einiges zu präferieren, und dort soll­te ja auch die Nutzung dieser Infrastruktur letztendlich der Allgemeinheit zugutekom­men.

Wenn wir uns bewusst sind, dass wir diese Milliarde gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden in Infrastruktur investieren könnten, dabei auch mit den bestehenden Be­treibern vielleicht andere Infrastrukturkooperationen eingehen können, wie wir es mo­mentan in großen Teilen Niederösterreichs in fünf Pilotprojekten umsetzen, dann se-


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hen wir, dass wir einen Wert für die Gemeinden generieren können, die Netzbetreiber ausschreiben und über diese Gebühren letztendlich aus dieser einen Milliarde Steuer­geld einen volkswirtschaftlichen Mehrwert für die Republik erwirtschaften können.

Das heißt letztendlich, die Einkünfte kommen den Kommunen und damit der österrei­chischen Bevölkerung und nicht mexikanischen oder sonstigen Investoren zugute. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Das Gesamtvolumen sollte dabei auf 5 Milliarden € ausgeweitet werden. Das wird von Experten angedacht, und ich glaube auch, wenn wir die 40 Milliarden € Vorbelastung bei der Investition für Infrastruktur in Bahn und Schiene betrachten, sind die 5 Milliar­den € ein kleiner Teil, und wir müssen nicht alles im Schornstein der ÖBB-Lokomotive verheizen, sondern könnten den Weg in die Zukunft ebnen.

Gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden gilt es, für die zukünftigen Generationen nachhaltig zu arbeiten, um auch weiter österreichisches Steuergeld nicht in den Ra­chen internationaler Investorengruppen zu werfen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Maurer. – Bitte.

 


14.43.07

Abgeordnete Sigrid Maurer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Her­ren Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns im Forschungsteil des Infrastrukturministeriums, wo auch der Rat für Forschung und Technologieentwicklung betreut wird. Dieser Rat schreibt jedes Jahr einen sehr guten Bericht, in dem jedes Jahr wieder ähnliche Dinge drinnen stehen, nämlich vor allem … (Zwischenruf des Abg. Rädler. – Abg. Hagen: Keine Redezeit mehr, der Rädler! Du hast deine Redezeit schon mit Zwischenrufen verbraucht!) – Vielleicht lassen Sie mich ausreden, Herr Räd­ler. Vielleicht probieren Sie einmal, für gewisse Zeit einfach still zu sein.

Also: Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung gibt jedes Jahr einen Bericht heraus, wo er eine Einschätzung trifft über die Finanzierung von Forschung in Öster­reich, und dort kommt jedes Mal wieder ein zentraler Aspekt heraus, nämlich dass die Grundlagenforschung im Vergleich zur angewandten, zur betriebsnahen Forschung zu niedrig dotiert ist (Abg. Rädler: Da sind wir schon …!) – Könnten Sie jetzt bitte einmal still sein! Also ich meine, das ist echt eine …

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete, Zwischenrufe sind durchaus mög­lich, und der war nicht so lang, dass er wirklich störend wäre. – Bitte, setzen Sie Ihre Re­de fort!

 


Abgeordnete Sigrid Maurer (fortsetzend): Ja, ich würde halt gerne so reden, dass ich mich darauf konzentrieren kann, was ich sage.

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete, Sie können nicht erwarten, dass es bei einer Rede gar keine Zwischenrufe gibt. Das ist leider nicht möglich.

Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Sigrid Maurer (fortsetzend): Also, ich versuche es noch einmal. (Neuer­liche Zwischenrufe.) Zum Beispiel, Herr Präsident! (Abg. Glawischnig-Piesczek: Viel­leicht für ein bisschen Ruhe im Saal sorgen?!)

Wir wissen, die Grundlagenforschung ist im Vergleich zur angewandten Forschung und im Vergleich zur betriebsnahen Forschung in Österreich stark unterdotiert. Der Haupt­punkt der Grundlagenforschung liegt in der UG 31 im Wissenschaftsministerium. Die angewandte Forschung liegt bei Ihnen, Herr Minister Stöger, im Infrastrukturministeri­um, und das Verhältnis ist ganz anders als im internationalen Raum sonst üblich, näm-


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lich zwei Drittel angewandte, ein Drittel Grundlagenforschung. Wir wissen, der FWF steht grundsätzlich vor großen Finanzierungsproblemen, und die Bewilligungsquote wird in den nächsten Jahren sinken.

Ich möchte aber auf einen anderen Aspekt eingehen, der eben in Ihrem Ministerium beheimatet ist, wofür es nämlich aus meiner Sicht zu wenig Mittel gibt. (Abg. Rädler: Überall zu wenig Mittel! Ein Wahnsinn!) Das ist nämlich genau der Zwischenbereich, die sogenannte translationale Forschung, also jene Forschung, die Grundlagenfor­schungsergebnisse so aufbereitet, dass sie für Anwendungen aufbereitet werden kön­nen, also an dieser Schnittstelle. Dafür sollte deutlich mehr Geld zur Verfügung stehen als für die rein betriebsnahe Forschung, die bei Ihnen einen großen Teil ausmacht, und auch die Forschungsprämie, meine Kollegin Ruperta Lichtenecker hat das heute be­reits thematisiert. Da ist nach wie vor nicht klar, inwiefern die Wissenschaft von dieser Prämie profitiert. Es kommt dann doch eher in allererster Linie den Unternehmen zugu­te und nicht Forschung und Wissenschaft.

Das möchte ich Ihnen mitgeben: in diesem Bereich der translationalen Forschung viel­leicht doch wieder ein Programm zu finanzieren wie jenes, das der FWF in der Ver­gangenheit gehabt hat. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Unterrai­ner. – Bitte.

 


14.46.21

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Ich finde es relativ spannend, wenn Kollege Hagen als Vertreter der Autofahrerpartei über quasi fremden Verkehr spricht, nämlich den Eisenbahnverkehr, aber man sieht … (Heiterkeit. – Abg. Schimanek: Der war gut!) – Dazu muss ich als Tiroler auch noch etwas sagen: Es ist recht interessant, wie die Bahn da gescholten wird, wie lange sie nach Vorarlberg braucht.

Die 300-Kilometer-Strecke Wien–Salzburg dauert etwa 2 Stunden und 22 Minuten, und von Salzburg nach Innsbruck, knapp 200 Kilometer, brauchen wir auch fast 2 Stunden. Das ist einfach die Deutsche Bahn (Zwischenruf des Abg. Hagen), da kann die öster­reichische Bahn nichts dafür; nur so viel dazu. Wir wären ja sehr viel schneller, sodass man quasi schon einen Autozug machen könnte, dass du auch mit dem Auto nach Vor­arlberg fahren könntest.

Aber nun zurück zum Budget 2016. Eine kurze Frage: Was haben die Großglockner Hochalpenstraße (Zwischenruf) und die Wiener Höhenstraße gemeinsam? – Ich habe nur 2 Minuten Redezeit. (Abg. Moser: Schneller reden!) – Ganz einfach: Die Großglock­ner Hochalpenstraße und die Wiener Höhenstraße sind Infrastrukturprojekte, die nach der großen Depression wieder Investitionen mit sich brachten und die Massenarbeits­losigkeit in dieser Zeit effektiv bekämpften.

Wir machen es heute nicht anders. Wenn ich nach Tirol schaue: Der Brenner Basis­tunnel, der mit 55 Kilometern der zweitlängste Tunnel der Welt sein wird, bedeutet nichts anderes, als dass Tirol und Südtirol, eigentlich Österreich und Italien, miteinander auf dem kürzesten Weg durch die Schiene verbunden werden und das Inntal und das Wipp­tal vom Güterverkehr befreit werden, wodurch Gesundheit und nachhaltige Entwicklung gefördert werden. (Abg. Moser: Aber damals gab’s keine Tunnel!)

Das schaffen wir alles, obwohl wir in einer Wirtschaftskrise sind und trotz der Hypo Al­pe-Adria. (Abg. Schimanek: Na, nicht schon wieder!) – Carmen, ich habe jetzt darauf gewartet, dass du das sagst. Ich wollte es nicht sagen, aber das ist ein Stichwort, das passt: Hypo Alpe-Adria – zu verantworten hat das die FPÖ, nämlich deine Kollegen in Kärnten. Wir haben heute schon gehört, dass wir wirklich mehr investieren könnten. (Neu­erlicher Zwischenruf der Abg. Schimanek.) Die Milliarden, die uns fehlen, den Ruck-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 545

sack, den wir mittragen, den habt ihr in Kärnten verursacht, nämlich die Hypo-Alpe-Ad­ria-Pleite. So viel dazu. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Darmann: Frag einmal deinen Lan­deshauptmann, den Peter Kaiser!)

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass im Budget 2016 300 Millionen €, wie schon ge­sagt, in den Breitbandausbau investiert werden, sodass auch der ländliche Raum den An­schluss an die Internet-Autobahn bekommt, und diese Investition kommt insbesondere der Bevölkerung im ländlichen Raum zugute.

Insgesamt würde ich das gesamte Paket, das gesamte Budget 2016 als ein gelunge­nes, als ein kompaktes Budget betrachten, vor allem, was die Bereiche Verkehr und In­novation betrifft, und unter den vorherrschenden Rahmenbedingungen, muss ich sa­gen: eigentlich eine tadellose Leistung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schellenba­cher. – Bitte.

 


14.49.33

Abgeordneter Ing. Thomas Schellenbacher (FPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzmi­nister! Herr Verkehrsminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Da­men und Herren vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Als 25. Redner zu diesem Budgetkapitel ist von meiner ursprünglich geplanten Rede nicht mehr sehr viel übrig geblieben. Ich werde mir ein paar Schmankerl heraussuchen, von denen ich der Mei­nung bin, dass diese erwähnenswert sind.

Sehr geehrter Herr Finanzminister! Herr Verkehrsminister! Es gibt eine Situation, die wir uns bei der ASFINAG einige Male angeschaut haben. Die ASFINAG ist derzeit mit 11,7 Milliarden € verschuldet. Das wird bis 2020 auf 13 Milliarden aufgebaut, und da­nach beginnt man mit der Entschuldung. Innerhalb von 20 Jahren, bis 2040, soll die ASFINAG entschuldet sein. Gleichzeitig schüttet man Gewinne von 45 Millionen € aus. Das ist mir nicht verständlich.

Des Weiteren gibt es, sehr geehrter Herr Minister, ein Problem bei den Vergaben. Sie haben die Investitionen angesprochen: 2015: 1 Milliarde, 2016: 1,1 Milliarden, insge­samt 3 Milliarden Investitionen. Und aus meiner Sicht werden diese Investitionen aus­schließlich in den Rachen großer Firmen, der Konzerne und der Baufirmen geschmis­sen, weil die KMUs und die Firmen als Subunternehmer arbeiten müssen. Man müsste viel stärker dagegen vorgehen, sodass es möglich ist, dass durch kleinere Baulose, durch kleinere Projekte, die für die KMUs auch wirtschaftlich leistbar sind, diese tat­sächlich zu Aufträgen kommen. Daher meine Bitte in diesem Zusammenhang: Steuern Sie gegen, dann werden diese Investitionen auch tatsächlich Investitionen in die kleins­ten, kleinen und mittleren Betriebe sein. Und das belebt die Wirtschaft wirklich. (Beifall bei der FPÖ.)

Über Einsparungspotenziale möchte ich auch noch reden. Ich habe Sie in der letzten Ausschusssitzung zu Betreibermodellen befragt – ohne Erfolg. Sie haben mir gesagt, Betreibermodelle werden am Markt nicht nachgefragt, und daher wird es hier zukünftig keine Betreibermodelle mehr geben.

Ich möchte Ihnen sagen, ich glaube Ihnen das sogar. Nur, wenn die Betreibermodelle, die Regionen nicht attraktiv genug sind, sodass sie für die Privatwirtschaft vernünftig zu bearbeiten sind, dann wird es keine Betreibermodelle mehr geben. Aber meine Bitte lautet: Wenn Sie sich vielleicht noch Regionen, die auch wirtschaftlich ertragreich sein können, aussuchen, dann wird es diese Betreibermodelle geben. Und wenn man das dazu in Sparten aufteilt – ich denke daran: Im benachbarten Ausland werden Beleuch­tungsprojekte ausgeschrieben. Der Wechsel zu LED in Tunneln und auf der freien Stre-


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cke könnte ebenfalls für die ASFINAG und für Privatfirmen lukrativ sein. Daher lautet meine Bitte, in dieser Richtung etwas zu tun. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


14.53.13

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Da­men und Herren! Ich möchte über das Thema Infrastruktur sprechen.

Erster Punkt: Straßeninfrastruktur. Als Salzburger Abgeordneter darf ich mich für die zü­gige Umsetzung der Umweltmaßnahme in Zederhaus entlang der Tauern Autobahn be­danken. Ich hoffe allerdings, dass alle anderen Umwelt- und Straßensanierungsmaßnah­men in Salzburg auch planmäßig und zügig umgesetzt werden.

Zweiter Punkt: Bahn. Der ÖBB-Rahmenplan 2016 bis 2021 liegt uns vor. 14,6 Milliar­den € werden in diesem Zeitraum investiert. Leider sind in Salzburg keine Verbesse­rungen vorgesehen. Dabei hätte Salzburg natürlich auch Wünsche, zum Beispiel den Ausbau des NAVIS-Nordostastes S2 mit bekannten Projekten in Seekirchen, den Aus­bau der Bahntunnelkette am Pass Lueg-Stegenwald, Stichwort Katastrophensicherung, Stichwort Fahrzeitverringerung, die Schaffung einer S-Bahn im Pinzgau zwischen Bruck und Saalfelden oder die Verlängerung der Lokalbahn bis zur Hellbrunner Brücke mit übergeordneter Bedeutung, Bundesbeteiligung wäre dort, glaube ich, durchaus ange­bracht.

Dritter Punkt: Breitbandausbau. Wir haben 300 Millionen für 2016 und bis 2020 1 Mil­liarde im Plan. Ich möchte einen Schwerpunkt für den ländlichen Raum. Wir brauchen auch auf dem Land eine flächendeckende Versorgung mit Breitbandhochleistungsan­bindung, um Arbeitsplätze nachhaltig zu sichern.

Ich bedanke mich jetzt schon für Ihr Bemühen, Herr Bundesminister! (Beifall bei der ÖVP.)

14.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


14.55.00

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit)|: Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für Verkehr, Innovation und Technologie, Untergruppe 41, sind 3,83 Milliarden € veranschlagt. Das ist gegenüber 2015 eine Steigerung von 481,4 Millionen €.

Mehr Budgetmittel für den Ausbau der Infrastruktur sind ein guter Ansatz, Herr Minis­ter. Breitbandausbau, das haben wir gerade vom Herrn Kollegen Eßl gehört, wird 2016 mit 300 Millionen € festgesetzt – auch ganz wichtig. Der Bahnausbau für den Nah- und Fernverkehr ist auch ganz wichtig, Herr Minister, nicht zu vergessen die Engstelle beim Pass Lueg in Salzburg, die Kollege Eßl gerade angesprochen hat.

Eine Bitte hätte ich noch, Herr Minister: Könnten Sie bitte, wenn Sie wieder einmal nach Salzburg kommen, der grünen Landesrätin mitteilen, dass diese Verordnung, die­ser Achtziger auf der sechsspurigen Stadtautobahn, aufgehoben wird? Denn das ist eine reine Schikane für die Autofahrerinnen und Autofahrer, für viele Leute, die auf die­sem Weg in die Arbeit fahren müssen.

Diese Verordnung bezüglich 80 km/h bringt überhaupt nichts. Das ist eine sechsspu­rige Autobahn, meine sehr geehrten Damen und Herren, und da mit 80 km/h zu fahren, das ist eine Gefahrenquelle – und sonst nichts. Das brauchen wir nicht! – Herzlichen Dank. (Beifall der Abgeordneten Barbara Rosenkranz und Hafenecker. – Abg. Räd­ler: Das war gut!)

14.56



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 547

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


14.56.32

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungs­bank! Investieren, forschen, sparen – so könnte die Kernaussage für dieses Budget hei­ßen, das dem Infrastrukturministerium im nächsten Jahr zur Verfügung steht.

In Zeiten anhaltender wirtschaftlicher Unsicherheiten ist es mit Sicherheit keine leichte Aufgabe, in einem Ressort sowohl zielgerichtete und nachhaltige Investitionen als auch Einsparungen zu treffen. Auf der anderen Seite kommt gerade dem Infrastrukturminis­terium eine ganz besondere, wichtige Position zu, ich würde sogar sagen, eine Schlüs­selposition.

Investitionen in unsere Infrastruktur sind Investitionen in die Zukunft und sichern auch unseren Wirtschaftsstandort. Es ist daher vollkommen richtig, dass unser Minister Alois Stöger seinen Schwerpunkt auf den Bereich der Investitionen gelegt hat und nicht ein­fach mit dem Sparstift in seinem Ressort drübergefahren ist, denn damit können wir di­rekt für Beschäftigung sorgen, damit können wir unmittelbar etwas gegen die Arbeitslo­sigkeit tun und Maßnahmen treffen, die uns auch in Zukunft stärken.

Positiv erwähnen möchte ich daher die massive Ausweitung der Infrastrukturinvesti­tionen im Bereich der Österreichischen Bundesbahnen. Im Rahmenplan für die Jah­re 2016 bis 2021 sollen Investitionen von rund 14,6 Milliarden € getätigt werden. Und dabei geht es nicht nur um die Verbesserung der Mobilität, meine Damen und Herren, sondern auch um einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele. Die ÖBB sind ein wich­tiger Faktor, um im Verkehrswesen CO2-Reduktionen zu schaffen und dabei nicht die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger einzuschränken, sondern diese – im Gegenteil – sogar auszuweiten.

Auch die Breitbandinitiative wird weiter fortgeführt und im Jahr 2016 vorangetrieben. Da­bei kommt es zu einem Gesamtinvestitionsvolumen von 1 Milliarde €.

Da wurden die Aufgaben gut gemacht, und ich denke, mit diesem guten Budget unter solch schwierigen Umständen hat Herr Minister Stöger Augenmaß für die Zukunft be­wiesen, und es ist ihm dafür zu danken. (Beifall bei der SPÖ.)

14.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte. (Abg. Weninger: Jetzt aber keine Zwischenrufe, bitte!)

 


14.58.42

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Wir haben gehört, die Grünen haben es so an sich, die Bäume und den Wald zu lie­ben, in den Wald hineinzuschreien, und erwarten dann, dass aus diesen Zwischenräu­men kein Echo kommt. Da kommen aber Zwischenrufe, Frau Kollegin Maurer. (Zwischen­ruf der Abg. Lichtenecker.)

Ich darf zum Budget eines festhalten: Der Finanzrahmenplan im Bereich der ÖBB bis 2021 sichert uns, und das ist sehr wichtig für unsere Region, den Ausbau der Südbahn und natürlich auch der Westbahn. Der viergleisige Ausbau ist für den Standort Öster­reich, für den Wirtschaftsstandort, sehr wichtig.

Für uns Bürgermeister ist die Finanzierung der Sicherung der Eisenbahnkreuzungen wichtig – dort kommt es immer wieder zu schrecklichen Unfällen –, aber auch die Bar­rierefreiheit.

Ich möchte – die Redezeit ist sehr kurz bemessen – dem Kollegen Hafenecker trotz­dem noch eines mitgeben betreffend NÖVOG: Ja, ich weiß, es ist immer alles zu we­nig, das haben wir heute schon gehört. Gestern waren wir bei 2 Milliarden Überziehung


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mit den Forderungen, heute sind wir bereits bei 3 Milliarden. Die NÖVOG leistet jähr­lich 30 Millionen in Niederösterreich für die Strecken, die wir angekauft haben. (Präsi­dentin Bures übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich bringe Ihnen jetzt ein Beispiel aus meiner Region – die Effizienzsteigerung wäre das Wichtigste –: Vor 20 Jahren hat die NÖVOG die Schneebergbahn übernommen. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Deimek und Hafenecker.) Die Schneebergbahn wurde damals von den ÖBB aufgegeben – mit 43 Beschäftigten. Sie war nicht mehr zu füh­ren, sie sollte eingestellt werden. Heute hat die Schneebergbahn 21 Beschäftigte und hat im heurigen Jahr – obwohl dieses Jahr noch nicht zu Ende ist – 170 000 Fahrgäste befördert; das ist eine Steigerung von plus 20 Prozent. Das wäre mit einer Effizienz­steigerung sicherlich auch den ÖBB gelungen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

15.00


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Yil­maz. – Bitte.

 


15.00.38

Abgeordnete Nurten Yilmaz (SPÖ): Frau Präsidentin! Die Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Rahmen der For­schungsförderung der Produktionsverfahren wird ein großer Teil für die Forschung der Industrie 4.0 verwendet. Es ist auch gelungen, gemeinsam mit der Technischen Uni­versität Wien eine Forschungsfabrik genau in diesem Bereich einzurichten. Die Stif­tungsprofessuren für Industrie 4.0 hat Herr Minister Stöger schon erwähnt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte schon auch sagen, dass Herr Bundesmi­nister Stöger sehr rasch auf die Veränderung der Produktionsverfahren reagiert hat und dass ich sehr froh bin, dass nicht nur die neue Produktionsmethode weiterentwi­ckelt wird, sondern auch gesellschaftliche und sozialpolitische Auswirkungen dieser com­puterbasierten Technologie nachhaltig erforscht werden.

Wichtig ist selbstverständlich, dass die Budgetmittel des Ministeriums für die Forschung langfristig abgesichert sind. 3,76 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bleiben weiterhin das Ziel. Wir sind auf dem richtigen Weg. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.02


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gril­litsch. – Bitte.

 


15.02.41

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister! Als Steirer und einer, der aus dem Süden Österreichs kommt, muss man die großen Investitionen in große Infrastrukturprojekte wie Koralmtunnel und Semmering-Basistunnel als positiv festhalten. Das ist für diese Region geradezu le­benswichtig und ein Gebot der Stunde, damit dieser Wirtschaftsraum die künftigen He­rausforderungen auch entsprechend annehmen kann. Dafür möchte ich mich bei Ihnen für Ihr Engagement wirklich bedanken, dass wir auch auf EU-Ebene Mittel aus Brüssel loslösen konnten für diesen wichtigen Wirtschaftsraum und für diesen Lückenschluss auf der Verbindung in den Süden.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wir haben in Österreich aber noch ein wesentliches Thema aufzuarbeiten: Wir reden ständig von Landflucht. Aus den ländli­chen Regionen wandern Menschen ab und ziehen in die Städte. Es gibt aber, das muss ich auch sagen, nicht nur Landflucht, sondern es gibt heute schon so etwas wie eine Landsehnsucht. Die Menschen wollen auch aufs Land hinaus. Die Menschen wollen dort nicht nur mehr Erholung genießen, sondern die Menschen wollen dort auch arbei-


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ten und zu Hause sein. Sie wollen dort zu Hause sein, wo andere gerne Urlaub ma­chen. Daher ist, glaube ich, die Schlüsseltechnologie für diese ländlichen Räume ab­solut die Breitbandtechnologie. Dabei hat der ländliche Raum den gleichen Anspruch wie die Stadt, nämlich entsprechend mit neuen Datenautobahnen angeschlossen zu werden – in gleicher Rasanz und Schnelligkeit, wie das in der Stadt möglich ist, Herr Bundesminister. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben dafür zu sorgen, dass wir das möglichst rasch zur Verfügung haben, weil damit ein Effekt einhergeht – das weiß ich aus Erfahrung –, beispielsweise gäbe es im Bezirk Murau keine IBS, gäbe es dort in der Holzverarbeitung keine KLH, wenn sie dort nicht entsprechendes Breitbandinternet vor Ort hätten. Damit sichert man aber in die­sem Bezirk rund 1 000 Arbeitsplätze – Beschäftigung, Einkommen und Kaufkraft vor Ort, das ist Wertschöpfung in den Regionen. Das wollen wir für die Zukunft haben. Ich erwarte mir, Herr Bundesminister, dass Sie für diese Fairness auch für den ländlichen Raum eintreten. (Beifall bei der ÖVP.)

15.05


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Anto­ni. – Bitte.

 


15.05.33

Abgeordneter Konrad Antoni (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Auch ich möchte in meinen Ausführungen ganz kurz auf die UG 34, den Bereich Forschung – Innovation und Technologie –, speziell aber den Be­reich Weltraumforschung sowie Weltraumtechnologie eingehen.

Wie bereits angesprochen wurde, bleiben in dieser Untergliederung die Forschungs­transfers im Jahr 2016 weitgehend identisch mit dem Bundesvoranschlag für 2015. Zu den internationalen Schwerpunkten dieser Untergliederung zählen unter anderem die Pflicht- und Wahlprogramme der European Space Agency, ESA, zur Entwicklung und investiven Umsetzung modernster weltraumgestützter Infrastrukturen und deren Anwen­dung in Form von entsprechenden Dienstleistungen.

Weltraumforschung und Weltraumtechnologie haben mittlerweile auch in Österreich ei­ne wesentliche Bedeutung. Seit dem Kalenderjahr 2014 ist das BMVIT bekanntlich auch Weltraumministerium. Derzeit sind über 100 Firmen und Organisationen mit rund 1 000 Beschäftigten im Bereich der Weltraumforschung und -technologien aktiv. Das BMVIT stellt jährlich zirka 69 Millionen € für Aktivitäten auf diesem Gebiet zur Verfü­gung, wodurch Österreichs Industrie natürlich profitiert. So wurde beispielsweise der ös­terreichische Beitrag zur Entwicklung der neuen europäischen Ariane-6-Trägerrakete heuer von rund 1 Million € auf rund 26,2 Millionen € erhöht. Dadurch ist auch eine Be­teiligung der heimischen Unternehmen an diesem Zukunftsprojekt möglich. Berechnun­gen zufolge wird für die gesamte Dauer des Einsatzes der Trägerrakete Ariane 6 mit einer Rückfolge von Produktionsumsätzen in der Größenordnung von zirka einer hal­ben Milliarde Euro gerechnet.

Auch abseits der Trägerrakete Ariane 6 gibt es ganz wesentliche Initiativen. Dazu ge­hört zum Beispiel ein Gründerzentrum für Weltraumtechnologien. Die Vorbereitung ei­ner Weltraum-Bildungseinrichtung in Österreich ist eine weitere Initiative, die mir sehr gut gefällt. Ich denke, es ist eine sehr wichtige Initiative, Weltraum in die Schulen zu bringen und damit unseren jungen Menschen Technik- und Naturwissenschaften nä­herzubringen. Weiters wurde eine Ausschreibung im nationalen Weltraumprogramm ASAP gestartet, die mit ungefähr 7,5 Millionen € dotiert ist.

Alles in allem kann gesagt werden, dass diese Zukunftsprojekte mit Sicherheit zu be­grüßen sind, da die getätigten Investitionen über Aufträge und Beteiligungen wieder an österreichische Unternehmen und Organisationen zurückfließen. Letztendlich wird mit


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 550

dieser Initiative die heimische Hightechwirtschaft gestärkt werden. – Herr Minister, dan­ke für Ihre Bemühungen! (Beifall bei der SPÖ.)

15.08


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Hanger. – Bitte.

 


15.08.49

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Eine kurze Replik auf die Ausführungen des Kollegen Hafenecker – er hat mittlerweile den Saal verlassen – zum Thema Nebenbahnen. Jeder nur ansatzweise ökonomisch vernünftig denkende Mensch weiß, dass nicht alle Nebenbahnen haltbar sind. In meiner Region wurde auch eine Nebenbahn geschlossen. Mit dem gleichen Ressourceneinsatz haben wir den öf­fentlichen Verkehr vervierfacht, und die Bahntrasse ist mittlerweile ein Radweg, der x-mal mehr frequentiert wird als vorher die Nebenbahn. Ich bin der Meinung, dass diese Dinge eine sehr differenzierte Betrachtung brauchen.

Ich möchte mich aber auch ganz kurz zum Thema Hochleistungsinternet für Österreich äußern. Es gibt hier im Haus Konsens, dass es enorm wichtig ist für die Regionen. Ich glaube, die Kernfrage, die es zu beantworten gilt, ist allerdings, wie wir es schaffen, durch die Förderprogramme das Geld dorthin zu bekommen, wo es notwendig ist. Da gibt es immer wieder auch Kritik am Bundesministerium, die ich persönlich auch sehr differenziert sehe. Ich bin der Meinung, dass da vieles sehr gut gemacht wird.

Als ersten Schritt hat man zum Beispiel eine Förderlandkarte erstellt – für all diejeni­gen, die wissen wollen, wo es in Österreich Gebiete gibt, die gefördert werden können, und wo es solche nicht gibt. Dafür ist ein 100-mal-100-Meter-Raster angelegt worden, um ganz klar zu differenzieren, welche Gebiete der Markt ausbaut und welche Gebiete der Markt eben nicht ausbaut, die dann der Unterstützung der öffentlichen Hand bedür­fen.

Meiner Meinung nach ist auch der Förderansatz im ersten Call, mit der Mitverlege-Prä­mie Akzente zu setzen, ein guter. Wir wissen, dass die großen Kostenfaktoren beim Breitbandausbau jene des Tiefbaus sind. Wenn wir Projekte in Österreich haben, bei denen schon Tiefbau gemacht wird, und wenn wir Förderprogramme aufstellen und dann diese Tiefbauprojekte mitnutzen können, dann halte ich das insgesamt für ein sehr ge­scheites Vorgehen.

Da gibt es also auch viel Gutes, und die ersten Projekte werden bekannt gegeben.

Ich bin auch stolz darauf, dass allein aus meinem Bezirk vier Projekte eingereicht wor­den sind. In einer ersten Rückmeldung haben wir gehört, diese Projekte haben hohe Qualität. Wir freuen uns schon auf einen Zuschlag, der in den nächsten Wochen erfol­gen könnte.

Ich möchte noch einen Aspekt einbringen, der sehr wichtig ist. Die alles entscheidende Frage ist: Zu welchen Preisen wird welche Bandbreite auf dem Markt angeboten? Das muss man intensiv diskutieren. Ein Beispiel dafür ist Waidhofen an der Ybbs – meine Nachbargemeinde –, dort wollen drei Bundesschulen einen Anschluss ans Hochleis­tungsinternet. Sie haben Glasfaser im Keller, es gibt dort aber keinen Wettbewerb.
Das heißt, dass die dann ein Angebot vom Anbieter eingeholt haben. Man braucht dort tatsächlich 100 MBit pro Sekunde synchron in beiden Richtungen, weil dort bis zu 1 500 Schüler gleichzeitig ins Internet wollen. Wenn man nur einen Anbieter hat – ich möchte wirklich sagen, dass sich dieser auch sehr bemüht hat und man auch eine Lö­sung herbeiführen konnte –, dann sind einfach die Preise nicht die, die man braucht.

Meine Bitte, meine Aufforderung oder mein Appell ist, dass wir bei allen Programmen, die zukünftig kommen – Access-Förderung, Backhaul-Förderung –, darauf schauen, dass


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auch der Wettbewerb sichergestellt ist, damit wirklich alle Österreicherinnen und Öster­reicher Breitbandinternet zu leistbaren Konditionen haben können. – Vielen Dank. (Bei­fall bei der ÖVP.)

15.11


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Vogl. – Bitte.

 


15.11.36

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Ich möchte in meiner heutigen Rede auf das Thema Forschungsprämie eingehen. Wir werden die Forschungsprämie von 10 auf 12 Prozent erhöhen. Natürlich verstehe ich all diejenigen, die sagen, dass wir mehr in die Grundlagenforschung investieren müssen. Ich kann aus meiner Sicht, da ich aus einem Unternehmen komme, in dem geforscht wird, natürlich sagen und aufzeigen, wie wichtig diese Forschungsprämie ist.

Jetzt gibt es die Kritik, dass wir die Mittel sozusagen wie mit einer alten Schneekanone verteilen, nämlich nicht sehr zielgerichtet. Ich denke mir, das ist nicht der Fall.

In Steyr haben wir es geschafft. Steyr ist nun einmal eine Stadt, in der sehr viele aus­ländische Investoren sitzen und die natürlich mit anderen Entwicklungsstandorten im Wett­bewerb steht. Der Entwicklungsstandort Steyr steht im Vergleich mit München, auch mit der Türkei und anderen Standorten. Diese Forschungsprämie ist ein ganz wesentlicher Beitrag dazu, diesen Standortvergleich für uns positiv zu beeinflussen. Es ist uns ge­lungen, dass bei BMW inzwischen 1 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der For­schung und Entwicklung tätig sind. Die sind tätig, weil sie gute Arbeit leisten, aber so­zusagen eines der Instrumente, damit dieser Standort überhaupt in Betracht kommt, ist eben diese Förderung. Meiner Meinung nach darf man diesen Effekt nicht übersehen, der hier vorhanden ist – gerade für internationale Konzerne.

Es ist auch wichtig, Folgendes zu erwähnen, weil gleich die Kritik kommen wird, dass wir das für die internationalen Unternehmen machen: Ich glaube, dass sich auch für heimische Investoren, die Entwicklungsabteilungen haben, oft viel weniger die Frage stellt, ob sie mit ihrer Entwicklungsmannschaft ins Ausland gehen, sondern sich viel mehr die Frage stellt, was man entwickeln lässt. Wir alle wissen, dass die finanzielle Ausstattung der Unternehmen nicht immer so ist, dass man sich jede Entwicklung, die man vielleicht gerne anstoßen würde, auch leisten kann. Diese Prämie kann einen we­sentlichen Beitrag dazu leisten, dass mehr entwickelt wird, mehr geforscht wird und dass Unternehmen vielleicht auch einmal ein Risiko eingehen, da nicht jede Entwick­lung automatisch zu einer Marktreife führt.

Dieses Eingehen des Risikos ist aber wichtig, denn nur so können wir garantieren, dass die Weiterentwicklungen, die guten Ideen, die es in unserem Land gibt, und diese guten Entwickler und Forscher da sind. Man darf nicht übersehen, Österreich ist wirk­lich ein Land – man muss nach einer ähnlichen Situation in einem anderen Land su­chen –, das eine ausgeprägte Kultur von Menschen hat, die sich für Forschung und Ent­wicklung begeistern. Wir schaffen es mit dieser Prämie, dass jene eine Möglichkeit ha­ben, ihre Aufgaben wirklich umzusetzen im Sinne dessen, dass wir damit dann auch Arbeitsplätze generieren können. (Beifall bei der SPÖ.)

15.14


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dipl.-Kffr. Pfurtscheller. – Bitte.

 


15.14.03

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister! Sehr geehrte Damen und Herren, auch vor den Bildschirmen!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 552

Ich möchte in meiner kurzen Redezeit gerne Stellung nehmen zu den Redebeiträgen der Grünen und der NEOS. Leider sind fast alle Damen und Herren, die vorhin ge­sprochen haben, nicht mehr im Saal. Jetzt betritt Herr Walser den Saal – das freut mich –, der wird es dann ausrichten.

Beide Parteien sehen die großen Tunnelbauten in Österreich sehr kritisch. (Zwischen­ruf des Abg. Hanger.) Ich kann ihrer Argumentation zum Teil folgen. Ich komme auch aus dem ländlichen Bereich, ich komme aus Westösterreich, aus Westtirol, das an Vor­arlberg angrenzt, und verstehe das schon. Es geht uns nicht anders, wir hätten im ländlichen Raum auch gerne die eine oder andere Investition mehr.

Wenn ich persönlich einen Wunsch an den Herrn Minister richten dürfte – eigentlich zwei –, dann hätte ich gerne den Tschirgant-Tunnel und den Ausbau der Außerfern­bahn. Ich bin aber auch Betriebswirtin und weiß, dass es bei Investitionsentscheidun­gen einfach immer auch eine kritische Masse an Menschen gibt, die da zu berücksich­tigen ist. In Zeiten von knappen Budgets ist es dann manchmal nicht ganz so einfach.

Deswegen habe ich auch Verständnis und möchte gerne den Herren Vorrednern von den NEOS und Grünen noch einen weiteren Diskussionsaspekt anbieten: Wir dürfen nicht vergessen, dass diese drei Tunnelbauten – speziell der Brenner-Basistunnel – ein­fach unheimlich wichtig für die ganze Europäische Union sind, für alle europäischen Staaten, speziell natürlich für unsere Nachbarstaaten. Nicht umsonst wird zum Beispiel der Brenner-Basistunnel auch von der EU kräftig gefördert.

Wir alle sind Anhänger der EU, wir alle sind für den freien Waren- und Reiseverkehr (Zwischenruf der Abg. Schimanek) und wir alle möchten für den Wirtschaftsstandort Österreich etwas Gutes tun. Aus diesem Grund, denke ich, sind diese Tunnelbauten auch sehr wichtig und nach wie vor vertretbar.

Meine Redezeit ist um, ich höre auf. Ich hätte noch gerne dem Kollegen Deimek etwas gesagt, aber das sage ich ihm privat. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischen­rufe bei der FPÖ.)

15.16


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stein­bichler. – Bitte.

 


15.16.32

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Infrastrukturminister! Herr Finanzminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Zum vorliegenden Kapitel Verkehr, Innovation, Forschung und Technologie wurden bereits von den Vorrednern sehr wesentliche Themen angesprochen.

Kollege Vogl hat die Innovation bei BMW erwähnt. Ich denke, man müsste der Fair­ness halber jetzt auch die Voest, die FACC, die STIWA und jede Menge andere Stand­orte in Oberösterreich und am österreichischen Wirtschaftsstandort nennen.

Im Bereich des Hochwasserschutzes, der von einem Vorredner angesprochen wurde und natürlich auch im Infrastrukturministerium angesiedelt ist, muss man sich neben den Schutzbauten auch eng an die Betreiberverordnungen – wir haben in Oberöster­reich ganz stark betroffene Gebiete gehabt – halten und die Stauräume frei halten. Die Unart, dass dort die Sedimente liegen gelassen werden, führt im Ernstfall natürlich zu Verknappungen und einer größeren Überschwemmungsfläche.

Ich nenne jetzt auch zum Thema Entbürokratisierung ein aktuelles Beispiel: Wenn heu­te ein Händler oder ein Bauer in einen gebrauchten Traktor der berühmten Marke Fendt aus Deutschland investiert, dann muss er in Österreich, obwohl dieses Fahrzeug


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in Deutschland mit einer gültigen TÜV-Plakette versehen war, mit einer gültigen Zulas­sungsplakette und mit einer Nummerntafel – im Jahr 2015, in Zeiten der EU –, noch zur Einzelgenehmigung durch die Landesprüfstelle. Meiner Meinung nach ist da höchs­ter Handlungsbedarf gegeben. Da gibt es noch gewaltiges Einsparungspotenzial. (Bei­fall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Doppler und Gerhard Schmid.)

Die Autofahrer wurden heute bereits angesprochen. Ich glaube, dass auf dem Land sehr viele auf das Auto angewiesen sind. Sehr viele Arbeitnehmer brauchen ihr Auto, um an die Arbeitsstätte zu kommen, und auch sehr viele Familien. Kollege Hagen hat bereits angesprochen, dass die motorbezogene Versicherungssteuer in den letzten zehn Jahren um 40 Prozent erhöht wurde. Da gibt es aber mit der Zeitwert-Kasko ein ganz gewaltiges Einsparungspotenzial gegenüber zum Beispiel auch unseren deut­schen Nachbarn.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Momentan ist es Praxis, dass, wenn jemand ein fünf Jahre altes Kfz mit einem Listenpreis von 60 000 € erwirbt, es aber einen aktuellen Zeitwert-Kaufpreis von 19 000 € laut Eurotax-Liste hat, er die Prämie für 60 000 € be­zahlen muss. Deshalb gibt es da ein gewaltiges Einsparungspotenzial, weil er im Schadensfall von der Versicherung auch nur die 19 000 € ersetzt bekommt.

In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zeitwert als Grundlage der Prämienberechnung von Kaskoversicherungen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der fest­legt, dass als Grundlage für die Berechnung der Prämie von Kaskoversicherungen der Zeitwert gemäß Eurotax-Liste eines Fahrzeuges herangezogen werden muss.“

*****

Wir bitten um Zustimmung. (Beifall beim Team Stronach.)

15.19


Präsidentin Doris Bures: Der soeben referierte Entschließungsantrag ist ordnungsge­mäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Steinbichler Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zeitwert als Grund­lage der Prämienberechnung von Kaskoversicherungen“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), UG 41 (Verkehr, Innovation und Technologie)

Derzeit ist die gängige Praxis in der Versicherungsbranche, dass beim Großteil der Kaskoversicherungen die Prämienzahlungen nach dem Neuwagenpreis (Listenpreis) des zu versichernden Fahrzeuges und nicht nach dessen Zeitwert laut Eurotax-Liste berechnet werden. Dies stellt insbesondere einen erheblichen Nachteil für Versiche­rungsnehmer eines Gebrauchtwagens dar.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 554

Einige Versicherungsanbieter in Österreich bieten derzeit auch sogenannte „Zeitwert-Kas­ko“ Versicherungen an. Hierbei erfolgt die Prämienberechnung nach dem aktuellen Zeit­wert des Fahrzeuges und nicht wie in den anderen Fällen üblich nach dem Neuwa­genpreis (Listenpreis). Dieses Versicherungsmodell bietet somit – durch die niedrige­ren Prämienzahlungen – für die Konsumenten starke Entlastungen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der fest­legt, dass als Grundlage für die Berechnung der Prämie von Kaskoversicherungen der Zeitwert gemäß Eurotax-Liste eines Fahrzeuges herangezogen werden muss.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister Stöger gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.20.09

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Alois Stöger, diplômé|: Frau Präsidentin! Lieber Finanzminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte noch auf ein paar Dinge antworten, etwa auf die Aussage des Abgeordneten Töchterle, der klar gesagt hat, wir sind gut in der öffentlichen Forschung, in der priva­ten Forschung könnten wir da noch mehr miteinander gestalten.

Das ist eine Einladung gerade an Unternehmen, mehr in die Forschung zu investieren. Ich glaube, das ist ein wichtiger Schritt. Die FFG unterstützt alle diese Maßnahmen ganz intensiv, wenn es darum geht, Venture Capital zu bekommen. Die österreichische Bundesregierung hat jetzt einige Vorlagen dem Parlament vorgelegt oder teilweise auch beschlossen, die in diese Richtung gehen. Ich denke, die Bundesregierung arbei­tet in diesem Feld.

Abgeordneter Hafenecker, zur Frage Niederösterreich: Natürlich ist jede Aufgabe eines Felds immer ein Problem. Da muss man mit Augenmaß umgehen. Die Frage Niederös­terreich bitte ich an den Landtag zu richten. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir gute öffentliche Infrastruktur anbieten und ein vernünftiges System aus Schiene, Bus­sen und sonstigem öffentlichen Verkehr zur Verfügung stellen.

Ich möchte generell zum Thema Breitband auf Folgendes hinweisen: Wir haben klar ge­sagt, welche Haushalte nicht versorgt sind, und haben die Regionen so aufgeteilt: ver­sorgte Haushalte im Verhältnis zu nicht versorgten Haushalten. So wollen wir die Breit­bandmilliarde einsetzen. Das liegt derzeit bei der Europäischen Kommission. Ich rech­ne in den nächsten Tagen mit der Zustimmung. Dann wollen wir sofort in die Umset­zung gehen.

Wir haben einige Bahnprojekte umgesetzt. Zum Abgeordneten Angerer: Fürnitz disku­tieren wir gerne, wenn dort Bedarf besteht. Wir haben derzeit in Villach noch Kapazitä­ten frei, aber wenn die voll sind, wollen wir hier all diese Maßnahmen umsetzen.

Zum Abgeordneten Schmuckenschlager: Ich glaube, dass Digitalisierung ganz wichtig ist. Es geht nicht darum, bei der Breitbandmilliarde das Geld in den Rachen von aus­ländischen Investoren zu schmeißen.

Übrigens, ich war nicht derjenige, der die Telekom verkauft hat. Ich halte es immer noch für wichtig, dass wir bei der Telekom auch noch österreichisches Kapital drinnen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 555

haben, denn diese hat deutlich erklärt, dass sie diese Breitbandmilliarde auch unter­stützen will. Ich hoffe – und ersuche auch den Finanzminister, da mitzuwirken –, dass die Investitionen von diesem öffentlichen Unternehmen auch kommen.

Die Frage: Grundlagenforschung zu wenig oder zu viel? – Ich glaube, wir brauchen ins­gesamt Forschung. Wenn man, ich sage jetzt, betriebliche Forschung will, braucht man auch Grundlagenforschung. Ich habe jetzt auch in Grundlagenforschung investiert, zum Beispiel indem wir die Stiftungsprofessur unterstützt haben.

Betreibermodell: Das muss man rechnen, da kann man schauen. Wir haben bei der Straße nicht unbedingt die besten Erfahrungen gemacht.

Zum Abgeordneten Eßl: Es ist richtig, dass diesmal nicht so viel in Salzburg dabei ist. Aber wenn man sich anschaut, was man in der letzten Periode Salzburg betreffend un­tergebracht hat – Ausbau des Bahnhofs: 228 Millionen €, Salzburg Hauptbahnhof–Frei­lassing: 180 Millionen €, Brandstatt–Böckstein: 26 Millionen € –, dann sieht man, dass dort enorme Investitionen und ein großer Ausbau der Bahn stattgefunden haben.

Mir ist es wichtig, mit dem Breitband die Chancen in den Regionen zu verbessern. Da müssen wir gemeinsam wirken, und ich denke, das werden wir gemeinsam tun.

Ich bedanke mich für alle positiven Stellungnahmen und kann Sie nur noch einmal auf­fordern: Dieses Budget unterstützt den Wirtschaftsstandort Österreich, es schafft Ar­beitsplätze, wir schaffen mehr Lebensqualität, und ich ersuche Sie um die Zustimmung zu diesem Budget! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.25


Präsidentin Doris Bures: Mir liegen zur Untergliederung Verkehr, Innovation und Tech­nologie nun keine Wortmeldungen mehr vor. Die Debatte über diesen Themenbereich ist geschlossen.

15.25.30UG 14: Militärische Angelegenheiten und Sport

 


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir zur Verhandlung der Untergruppe 14: Mili­tärische Angelegenheiten und Sport. – Ich begrüße Herrn Bundesminister Klug.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bösch zu Wort. – Bitte.

 


15.25.52

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren Minis­ter! Meine Damen und Herren! Wir debattieren nunmehr das Budget für die Verteidi­gung. Das werden für das Jahr 2016 1,938 Milliarden € sein – ich ziehe den Sport gleich von dem Voranschlag, den der Herr Minister für sein gesamtes Ministerium vorgelegt hat, ab. Damit wird das Budget knapp 0,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für das Jahr 2016 betragen.

Der Herr Minister wird behaupten, dass diese Zahl falsch sei. – Diese Zahl ist richtig, weil wir in unserer Rechnung den Finanzierungsvoranschlag als Grundlage nehmen – und nicht den Ergebnisvoranschlag wie der Herr Minister. Wir sind aber damit auf der realistischeren Ebene, und das machen viele andere Einrichtungen in der Republik ge­nauso wie wir.

Herr Bundesminister, Sie werden sagen, dass dieses Budget zum ersten Mal seit vie­len Jahren eine Steigerung beinhaltet. Das ist – und das muss ich Ihnen zur Antwort da­rauf geben – allerdings nur eine Scheinerhöhung. Sie werden sagen, es wird im kom­menden Jahr 96 Millionen € Sonderinvest für das österreichische Bundesheer geben. Von diesen 96 Millionen € Sonderinvest sind allerdings 205 Millionen € Einsparungen ab­zuziehen, Herr Bundesminister. 96 Millionen € minus 205 Millionen €, das ergibt einen et-


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wa hundertprozentigen Verlust, und das können Sie einfach nicht wegreden! (Beifall bei der FPÖ.)

Betrachten wir die Lage in Europa, Herr Bundesminister: Wir haben im Rahmen der Ukraine einen konventionellen Krieg in Europa. Hier schießen Panzer auf Panzer, Artil­lerie gegen Artillerie, Infanterieverbände gehen gegeneinander vor – eine Situation, die wir in Europa nur aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kennen, die aber heute eine bittere Realität ist.

Wir haben Terroranschläge in ganz Westeuropa. Wir haben eine Masseneinwanderung, die eine Dimension erreicht hat, die nicht mehr bewältigbar sein wird – weder für die Europäische Union und ihre Institutionen noch für die Mitgliedsländer und im Besonde­ren nicht für die Republik Österreich.

Herr Bundesminister, ich darf Sie an Ihre eigenen Wirkungsziele erinnern, die Sie in die­sem Budgetvoranschlag formulieren.

„Wirkungsziel 1: Sicherstellung einer angemessenen Reaktionsfähigkeit im Rahmen der militärischen Landesverteidigung auf sich ändernde sicherheitspolitische Verhältnisse un­ter Gewährleistung der staatlichen Souveränität.“

Herr Bundesminister, es ist ein gutes Wirkungsziel, das Sie hier formulieren, nur ent­spricht das, was Sie machen, nicht der Erreichung dieses Zieles. Sie machen diametral das Gegenteil. Sie schließen Kasernen, die hervorragend disloziert sind, die bestens und modernst ausgerüstet und eingerichtet sind; Sie schließen Verbände und Kompanien, die keinen entsprechenden Ersatz finden.

Sie schaffen von 136 M109 – das ist unsere Panzerartillerie – 106 ab. Sie planen, von den 59 Kampfpanzern „Leopard“, die wir haben, 25 zu verschleudern, von den 350 Pan­zerabwehrlenkwaffen 285, und von den 606 Granatwerfern – eine der wichtigsten Waf­fen für die österreichische Armee – wollen Sie 424 abschaffen. Herr Bundesminister, da bleibt nichts mehr übrig zur Erreichung des Wirkungszieles, das Sie hier formulieren!

Das Wirkungsziel 2 heißt folgendermaßen:

„Gewährleistung der unmittelbaren Hilfestellung für die österreichische Bevölkerung im Katastrophenfall und des der Bedrohungslage angepassten Schutzes der kritischen In­frastruktur des Landes.“ – Sie nennen dabei auch die Notwendigkeit, auf 12 500 Perso­nen zu kommen, die man für diese Bereiche einsetzen kann.

Herr Bundesminister, Sie werden diese 12 500 Personen nicht mehr zusammenbekom­men, wenn Sie nicht auch Grundwehrdiener in diesen Bereichen einsetzen – Grundwehr­diener, die ausreichend ausgebildet sind, die nach ihrem Ausbildungsstand dazu befähigt sind, diese Dienste zu leisten.

Niemand von uns erwartet, dass Grundwehrdiener auf dem Ballhausplatz Wache ste­hen oder an den Brennpunkten an der Grenze in Spielfeld oder in Nickelsdorf vorne in der Mitte an der Front stehen, aber Grundwehrdiener können selbstverständlich nach einer gediegenen Ausbildung und nach einer Überprüfung des Ausbildungsstandes auch für sicherheitspolizeiliche Dienste eingesetzt werden, so wie Sie es in Ihrem Pa­pier zur Attraktivierung des Grundwehrdienstes auch festgehalten haben, Herr Bundes­minister! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Wirkungsziel 3, der internationalen Friedenssicherung: Herr Bundesminister, dabei wird Ihnen langsam das Personal ausgehen, weil Sie die Berufssoldaten für andere Be­reiche brauchen, wenn Sie das Personal nicht vernünftig einsetzen.

Was ich jetzt gesagt habe, ist nicht nur die Rede eines Oppositionspolitikers, sondern das steht auch in Ihren wissenschaftlichen Zeitschriften. Herr Bundesminister, in der Zeit­schrift „ISS Aktuell“, Nummer 1/2015, steht Folgendes:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 557

„Es ist daher davon auszugehen, dass sich Österreich noch weiter vom Status einer mo­dernen Armee entfernen und herausfordernde militärische Aufgaben schwerlich bewäl­tigen können wird.“

Herr Bundesminister, es ist höchst an der Zeit, dass wir die Politik im Bereich Bundes­heer ändern!

Ich fasse zusammen: Die Europäische Union und Österreich als Staat sind in einer existenziellen Notlage. Die Republik muss die strategische Handlungsreserve – die­sen Begriff haben Sie in der Sicherheitsstrategie formuliert – einsetzen, und das ist das österreichische Bundesheer.

Die österreichische Bundesregierung und die Europäische Union versagen bislang bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise, aber auch bei der Vorbereitung auf den drohen­den Terrorismus, der ja für jedermann sichtbar ist. Dem geltenden Recht wird weder auf der europäischen noch auf österreichischer Ebene zum Durchbruch verholfen. Die Europäische Union, Herr Bundesminister, und unsere Bundesregierung kapitulieren vor der Realität, anstatt entschlossene Maßnahmen zu setzen.

Wir schlagen deshalb Folgendes vor: Die Bundesregierung und Sie als Verteidigungs­minister müssen dem österreichischen Bundesheer den Auftrag erteilen, sich für den Schutz der Staatsgrenzen vor allem – vorläufig – in den Bundesländern Kärnten, Bur­genland und Steiermark vorzubereiten.

Sie haben im Lichte dieser neuen Lageentwicklung sämtliche Strukturkürzungen von ÖBH 2018 sofort einzustellen und neu zu beurteilen! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben auch die Grundwehrdiener mit der Basisausbildung 2 – also beginnend ab dem vierten oder fünften Monat, je nachdem, wie der Entwicklungsstand sein wird – auf diesen Einsatz betreffend Sicherung der Staatsgrenze vorzubereiten! Das ist ja nichts Neues, Herr Bundesminister, das hat dieses Bundesheer 20 Jahre lang erfolg­reich an der Ostgrenze getan.

Wenn es die Lage notwendig macht, gilt es auch zu beurteilen, die Wehrdienstzeitver­kürzung, die beschlossen worden ist, rückgängig zu machen. Eine Armee ist ein Si­cherheitsinstrument der Bundesregierung, ein Sicherheitsinstrument des Staates, das auch der Bedrohungslage anzupassen ist.

Herr Bundesminister, Sie haben auch die Gehaltssituation aller Soldaten zu verbes­sern, damit das österreichische Bundesheer in der Lage ist, ein konkurrenzfähiger Ar­beitgeber zu werden! Sie haben auch die Gehaltssituation der Grundwehrdiener anzu­gleichen an einen akzeptablen Stand, zum Beispiel an die Höhe der Mindestsiche­rung – die jeder Asylberechtigte bekommt! Das Verteidigungsbudget ist in einem ersten Schritt auf 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes anzuheben!

Herr Bundesminister, Sie haben auch auf europäischer Ebene tätig zu werden! Sie sitzen ja im Rat der Verteidigungsminister. (Beifall bei der FPÖ.) Die Europäische Uni­on unterhält EU Battlegroups für einen Haufen Geld, und auch Österreich beteiligt sich an diesen Battlegroups. Diese sind sofort zum Schutz der EU-Außengrenzen einzuset­zen, sonst ist der österreichische Beitrag an diesen Battlegroups einzustellen, Herr Bun­desminister, denn dann sind diese Elemente sinnlos. Setzen Sie sich auf europäischer Ebene dafür ein, dass diese Kräfte, die vorhanden sind, auch wirkungsvoll verwendet werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Wobei: Niemand will auf Flüchtlinge schießen! Niemand wird Frauen und Kinder und unbewaffnete Zivilisten beschießen, aber jeder weiß, dass eine militärische Formation, wie es die Battlegroups sind, auch so umzugliedern ist, dass sie zur Sicherung einer EU-Außengrenze einsetzbar ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 558

Sollte die Europäische Union nicht in der Lage sein, in absehbarer Zeit die EU-Außen­grenze, wie sie es immer verspricht, effektiv zu sichern, dann hat die Republik auch die Zahlung ihrer Beiträge an die Europäische Union einzustellen.

Meine Damen und Herren, es ist eine dringende Notwendigkeit gegeben, dass wir die Politik in Bezug auf das österreichische Bundesheer ändern. Sie, Herr Bundesminister, sind hier der politische Träger der Bundesregierung. Ändern Sie Ihre Politik! Kämpfen Sie endlich für die Armee und damit auch für die Sicherheit unserer Republik! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Gerhard Schmid.)

15.35


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Pendl zu Wort. – Bitte.

 


15.35.47

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungs­bank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Meine Damen und Her­ren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Eingangs möchte ich mich (Abg. Lugar: Bedanken!) bei allen hier vorgenommenen kritischen Bemerkungen (Abg. Lugar: Be­danken!) bei den Soldatinnen und Soldaten bedanken. (Allgemeiner Beifall.) Kollege Lugar! Auch wenn es euch nicht die Mühe wert ist, euch zu bedanken, uns ist es die Mühe wert!

Ich glaube, dass wir uns in einer schwierigen Situation befinden. Ich glaube aber auch, dass vom österreichischen Bundesheer trotz schwieriger Rahmenbedingungen erstklas­sige Arbeit geleistet wird. Es ist nun einmal so bei Budgetdiskussionen, dass von der ersten Sekunde an, wenn sie beginnen, keiner Schulden machen will, und bei jedem Politikfeld aufgerieben wird, dass es nur so raucht.

Aber auch ich gehöre zu jenen, meine Herren auf der Regierungsbank, die sagen: Wenn wir uns zu einer offenen Gesellschaft bekennen, wenn wir uns zur Demokratie be­kennen, wenn wir uns zu all unseren Werten bekennen, dann setzt das Sicherheit vo­raus, und Sicherheit kostet Geld, das ist so. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Daher, glaube ich, müssen wir auch immer wieder innehalten, überprüfen – denn in ei­nem Jahr kann sich viel ändern; es hat sich auch viel geändert – und schauen: Was hat sich im europäischen Umfeld geändert? Was hat sich international geändert? Was hat sich national geändert?

Ich glaube, man kann zwar alles kritisieren, aber man sollte doch mit Augenmaß agie­ren, step by step, und sich um eine ordentliche Überarbeitung bemühen, mit einem or­dentlichen Vorgehen und mit einer ordentlichen Ausrüstung für alle.

Und wenn ich „Sicherheit“ sage, so weiß ich natürlich, dass wir jetzt beim Kapitel Bun­desheer sind, aber Sicherheit umfasst einfach einen weit größeren Bereich als nur den klassischen Bereich des Bundesheeres – aber jetzt bleiben wir budgetmäßig da.

Daher glaube ich, nach einer Gesamtbeurteilung dessen, was sich in Europa, rund um Österreich, aber auch international derzeit abspielt, ist es für uns eine Verpflichtung, zu reagieren – und ich bedanke mich bei allen Fraktionen, dass wir heute hier einen All­parteien-Entschließungsantrag vorliegen haben. Ich darf ihn auch gleich einbringen.

Dieser ist notwendig aus außenpolitischen und vor allem sicherheitspolitischen Grün­den – bis hin zum Bereich Terror, ob uns das freut oder nicht. Es ist traurig genug, dass wir solche Erscheinungsbilder haben, aber ich glaube, wir müssen darauf reagie­ren.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 559

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Otto Pendl, Mag. Bernd Schönegger, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Mag. Nikolaus Alm, Christoph Hagen, Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ÖBH 2018

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport, werden ersucht, dem Nationalrat einen akkordierten Be­richt zuzuleiten, inwiefern die Auswirkungen der in der Begründung dargestellten Ent­wicklungen Änderungen oder Ergänzungen des Strukturpaketes ÖBH-2018 notwendig machen.“

*****

Ich glaube, das sind wir uns selbst schuldig, das sind wir der Republik schuldig, das sind wir den Menschen in unserer Heimat schuldig. Es ist nun einmal so, dass wir in allen Lebensbereichen von Zeit zu Zeit überprüfen müssen, was aktuell Sache ist, was sich entwicklungstechnisch und sicherheitspolitisch geändert hat.

Ich meine, dass wir ein gutes Bundesheer haben. Ich weiß, dass es natürlich immer ge­scheit ist, wenn man genug Geld zur Verfügung hat, das man investieren kann, aber ich glaube auch, dass wir nicht umhin kommen, den Soldatinnen und Soldaten, die wir in die Einsätze schicken, die dementsprechend notwendige Ausrüstung und auch die Mannstärken zur Verfügung zu stellen.

Herr Bundesminister, in diesem Sinne bedanke ich mich noch einmal für die Leistun­gen Ihrer beziehungsweise unserer Soldatinnen und Soldaten. Ich kann den Bericht, den wir von Ihnen bekommen werden, kaum erwarten, denn ich glaube, dass wir das der Heimat und unseren Österreicherinnen und Österreichern ganz einfach schuldig sind.

Ich bedanke mich noch einmal bei allen Fraktionen dafür, dass sie bereit waren, diesen Entschließungsantrag mitzutragen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Pilz.)

15.40


Präsidentin Doris Bures: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausrei­chend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pendl, Mag. Schönegger, Dr. Bösch, Mag. Alm, Hagen, Dr. Pilz, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ÖBH 2018

eingebracht im Zuge der Debatte betreffend den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) - UG 14 Militärische Angelegenheiten und Sport

Im Dezember 2014 wurde von der österreichischen Bundesregierung das Strukturpa­ket ÖBH 2018 präsentiert, welches auf die damaligen einsatzwahrscheinlichen Aufga­ben des Bundesheeres abgestellt wurde.

Seitdem hat sich aber die sicherheitspolitische Lage deutlich geändert. Der Konflikt in der Ukraine zeigt, dass militärische Kampfhandlungen in der Nähe der EU-Außengren­zen nicht auszuschließen sind. Die terroristischen Anschläge in Frankreich und die zu


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 560

koordinierenden Flüchtlingsströme, bei deren Bewältigung dem ÖBH wesentliche si­cherheitspolizeiliche Assistenzaufgaben zukommen, stellen die Österreichische Sicher­heitspolitik vor neue Herausforderungen.

Aufgrund der terroristischen Anschläge in Frankreich hat Präsident Hollande die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, sich solidarisch bei der Bekämpfung des Terrorismus zu be­teiligen.

Diese Ereignisse stellen das ÖBH bei der Aufgabenerfüllung in den Kernbereichen militärische Landesverteidigung sowie friedensehrhaltende, friedensichernde und frie­densschaffende Einsätze vor neue Herausforderungen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport, werden ersucht, dem Nationalrat einen akkordierten Be­richt zuzuleiten, inwiefern die Auswirkungen der in der Begründung dargestellten Ent­wicklungen Änderungen oder Ergänzungen des Strukturpaketes ÖBH-2018 notwendig machen.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


15.40.30

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Herren Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich dem Dank von Otto Pendl voll anschließen, und zwar aus einem ganz besonderen Grund: Ich bedanke mich in aller Form und aus tiefster Überzeugung bei den Soldatinnen und Soldaten, die ausgezeichnete und nicht ersetzbare Arbeit bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise an der österreichischen Gren­ze leisten. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

Ich erzähle Ihnen eine Geschichte aus Spielfeld an der südsteirischen Grenze. Wer dort einen Einsatz des Bundesheeres erlebt, der sieht sehr oft zwei junge Soldaten: ei­nen, der offensichtlich österreichische Eltern hat und einen großen Lautsprecher umge­schnallt vor sich trägt, und einen zweiten, der offensichtlich arabische Eltern hat, das Mikrofon in der Hand hält und in bestem Arabisch den Flüchtlingen an der Grenze er­klärt, wie ein geordneter und ruhiger Übergang funktioniert.

Da sieht man, wie Integration funktioniert und wie das geht. Ginge es nach den Kol­leginnen und Kollegen der Freiheitlichen Partei, würde der eine mit dem Lautsprecher allein dastehen. (Abg. Schimanek: Das stimmt ja gar nicht! Das ist eine Unterstellung!) Da sieht man, wie wichtig Integration ist, wie wichtig unterschiedliche Sprachen sind und wie wichtig genau diese Zugänge auch für die Sicherheit – in diesem Fall an der österreichischen Grenze – sind.

Mein zweiter Dank gilt dem Verteidigungsminister persönlich. Das ist mein persönlicher Dank für die große Leistung, Feldküchen an die südsteirische Grenze zu bringen. Ich habe es selbst drei Wochen lang probiert – ich bin gescheitert. Der Generalstabschef und der Generalstab haben es probiert – sie sind alle gescheitert. Der Bundeskanzler hat es persönlich versucht – er ist auch gescheitert. (Ruf bei der FPÖ: Das wundert mich nicht!) Einzig der Verteidigungsminister persönlich war in der Lage, eine Feldkü­che in Richtung südsteirische Grenze in Gang zu setzen, und so nicht akuter Benzin-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 561

mangel eintritt, gehe ich davon aus, dass die Feldküchen dort auch ankommen. – Da­für danke ich. (Beifall des Abg. Weninger.)

Aber ich frage: Warum bedarf es dazu eines persönlichen Befehls des Verteidigungs­ministers? (Demonstrativer Beifall des Abg. El Habbassi.)

Wo leben wir eigentlich, dass sich der Minister persönlich um jede Feldküche und um jedes Feldküchengulasch und Feldküchenbesteck kümmern muss? Warum ist das so, Herr Bundesminister? Ist es deshalb so, weil nur Sie die fachliche Kompetenz zur Feld­küchenverlagerung haben? Oder ist es deshalb so, weil Sie alle Kompetenzen in die­sem Ministerium an sich gezogen haben? Sind Sie wirklich davon überzeugt, dass Sie mehr von Feldküchen verstehen als der Generalstabschef? Sind Sie wirklich davon über­zeugt, dass es für all das Ministerbefehle braucht?

Ich sage Ihnen, was mein persönlicher Eindruck ist: Ich halte es für nicht gut, dass wei­te Teile einer hoch qualifizierten militärischen Kommandostruktur ihrer Arbeit nicht mehr nachkommen können, weil das Kabinett alles an sich gezogen hat. Ich halte es für die Sicherheit in Österreich nicht für günstig, wenn sich ein Kabinett rund um den Minister einmauert, und ich halte es schon gar nicht für günstig, wenn die Hauptbetätigung der österreichischen Sicherheitspolitik zwischen Innenministerium und Verteidigungsminis­terium ganz offensichtlich die ist, dass sich die Spitzen beider Ressorts überlegen, wie sie der jeweils anderen Spitze etwas antun können.

Diese absurde Auseinandersetzung um den Grenzzaun, die sogenannte Zaundebatte, war ein Beispiel, bei dem man hat mitverfolgen können, dass es längst nicht mehr um die Sicherheit dieser Republik und der Österreicherinnen und Österreicher gegangen ist, sondern nur darum: Wer zahlt es dem anderen heim? Ist die Innenministerin schnel­ler oder ist der Verteidigungsminister schneller? – Es ist in erster Linie nicht um die Fra­ge Zaun oder Nichtzaun gegangen, sondern darum: Wer bringt seine Zaungeschichte noch vor dem anderen in die österreichischen Medien?

Das war wirklich absurd, und ich habe überhaupt kein Verständnis, Herr Bundesmi­nister für Landesverteidigung, dass Sie sich an derartigen politischen Spielen und an derartigem Streit beteiligen. Es ist schlimm genug, dass beide Regierungsparteien ne­beneinander in der Intensivstation liegen, aber ich halte nichts davon, dass man in der Intensivstation nichts anderes im Kopf hat, als dem jeweils anderen Patienten noch ei­ne zu verpassen. Ich finde, das ist weder der Regierungspolitik – denn Österreich muss regiert werden – noch der Sicherheitspolitik zuträglich.

Jetzt komme ich noch einmal zum Budget: Wir haben eine sehr offene Debatte geführt, und es gibt einen Punkt, für den ich Sie persönlich nicht verantwortlich mache, und das ist das größte Budgetproblem. Wir haben jede Menge Budgetprobleme – von MilAk bis Pioniere und, und, und –, aber das größte Budgetproblem sind offensichtlich nach wie vor die Eurofighter.

Sie haben uns im Budgetausschuss ganz offen gesagt, dass sich das Bundesheer die Eurofighter-Betriebskosten nicht mehr leisten kann und dass Sie für die Saab 105, die jetzt wirklich nicht mehr fliegen können, ein billiges Leasing-Ersatzmodell suchen, weil Eurofighter im Betrieb einfach zu teuer sind. Sie können die Saab nicht ersetzen, dafür ist kein Geld, kein Budget da. 65 Millionen € Betriebskosten pro Jahr – das geht nicht. Sie haben gesagt, ein Ersatzsystem geleast kostet 25 Millionen € – ein Drittel der Euro­fighter-Betriebskosten, da sind noch gar keine Anschaffungskosten dabei. Da sind wir jetzt an einem Punkt, an dem wir sagen müssen: Schluss! Aus! Schluss, Eurofighter einstellen! Wir können uns das schlicht und einfach nicht mehr leisten.

Führen wir einmal eine ehrliche Debatte: Was ist denn das für eine österreichische Luftwaffe, die der Verteidigungsminister nicht mehr finanzieren kann und die außerdem nur während der Dienststunden der Beamten einsatzfähig ist? – Wir haben eine aktive


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 562

Luftraumüberwachung – das heißt Abfangjäger – nur während der Dienststunden zwi­schen 8 Uhr und 18 Uhr. Wenn der sogenannte Feind weiß – und spätestens heute er­fährt er es –, dass es zwischen 18 Uhr am Abend und 8 Uhr in der Früh ohnehin keine Luftraumüberwachung gibt, zumindest keine aktive Komponente, dann wird er wahr­scheinlich in der Nacht fliegen, und dann bleibt alles am Boden. (Abg. Moser: Oder in der Früh!)

Wenn ohnehin schon die meiste Zeit alles am Boden ist, weil Sie zum Teil gar nicht flie­gen können, weil Sie zum Teil einen Klarstand von exakt null Eurofightern in Zeltweg haben (Zwischenruf des Abg. Steinbichler), mache ich Ihnen einen Vorschlag: Setzen wir uns einmal im Landesverteidigungsausschuss zusammen und machen wir das größ­te und vernünftigste Sparprogramm der Sicherheitspolitik in Österreich! Stellen wir end­lich das System Eurofighter ein! Machen wir Schluss mit einer unfassbaren und unver­antwortlichen Geldverschwendung und sanieren wir das Budget dort, wo es am besten geht, nämlich bei den Eurofightern!

Dazu, Herr Bundesminister – trotz allem, was bei Ihnen im Ressort nicht funktioniert und wofür Sie teilweise sehr wohl persönlich die Verantwortung haben –, biete ich Ihnen die Mitarbeit von uns Grünen gerne an. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.48


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schön­egger. – Bitte.

 


15.48.45

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehgeräten! Österreich ist unbestritten ein reiches, stabiles, sozial gerechtes und – manche sagen: noch – sicheres Land inmitten einer Welt, die, so mag es vielen erscheinen, immer gefährlicher, immer unsicherer und immer un­menschlicher wird. Das möchte ich Ihnen zu Beginn meiner Ausführungen auch zum Nachdenken mitgeben.

Der Leitsatz des österreichischen Bundesheeres lautet: „Helfen, wo andere nicht mehr können“.

Damit unsere Soldatinnen und Soldaten diesem Leitsatz gerecht werden und auch hel­fen können, wo andere nicht mehr können, braucht es eine funktionierende Ausrüs­tung. Es braucht die richtigen Strukturen. Es braucht entsprechende Infrastruktur, die wir unseren Soldatinnen und unseren Soldaten, unserem Bundesheer zur Verfügung stellen müssen. (Abg. Pilz: Und Feldküchen!) Und es braucht die richtigen Entschei­dungen zur richtigen Zeit. Dazu braucht es politischen Mut und politisches Können an der Spitze der Landesverteidigung.

Österreich hat mit seinen 0,6 oder 0,8 Prozent des BIP – egal, wie man es berechnet – trotzdem eines der geringsten Verteidigungsbudgets Europas. Das ist ein Faktum, und das Bundesheer darf sich heuer – und das muss man auch klar zum Ausdruck brin­gen – über eine wirklich wesentliche Finanzspritze im Rahmen der Sonderinvestitions­mittel freuen. An dieser Stelle möchte ich dem Finanzminister, dem Verteidigungsmi­nister und all jenen danken, die beteiligt waren, dass diese Finanzspritze möglich war. – Herzlichen Dank dafür. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

In Zeiten, da der Schatten des Terrorismus, da eine Krise nach der anderen an unse­ren Grenzen – damit meine ich die europäischen Grenzen – aufflammt, da Menschen aus vielen Teilen dieser Erde nach Europa strömen, um in erster Linie Schutz und Si­cherheit zu suchen, um Schutz vor Verfolgung, Leid und Unterdrückung zu finden,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 563

brauchen wir Sicherheit, brauchen wir ein starkes Bundesheer, das die Staatsbürgerin­nen und Staatsbürger auch wirklich schützen kann. (Zwischenruf der Abg. Schimanek.)

Es gibt sowohl im Inland als auch im Ausland Menschen, die es mit unserer Republik, mit uns Menschen nicht nur gut meinen, und da braucht es das Heer, das in diesem Fall zur Stelle ist, das auch im Katastrophenfall zur Stelle ist, dann, wenn es gebraucht wird.

Die Menschen in unserem Land fühlen sich verunsichert, auch das ist zur Kenntnis zu nehmen, genauso wie sie sich da und dort alleingelassen fühlen. Es ist, so meine ich, eine der wichtigsten Aufgaben eines freien und souveränen demokratischen Staates, seinen Bürgerinnen und Bürgern genau diese Ängste, diese Unsicherheit zu nehmen und ihnen zu zeigen: Ja, wir sind da, wir übernehmen Verantwortung, wir sorgen für eure Sicherheit in diesem Land. Die Schlagzeilen in den Medien der letzten beiden Tage, Herr Minister – ich sage das ganz offen –, haben nicht wesentlich zu diesem Ge­fühl beigetragen.

Kollege Pilz hat die Feldküchenthematik hier – für manche witzig, jedenfalls genüss­lich – zelebriert. Ich finde es eigentlich nicht mehr zum Lachen, wenn wir darüber dis­kutieren. Ich finde es auch durchaus bemerkenswert, wenn wir im Rahmen der Budget­beratungen draufkommen, dass dem Verteidigungsministerium von einem Vermögen von 6,6 Milliarden € im Vorjahr heuer schon 340 Millionen € weniger zur Verfügung ste­hen. Was ist da los? – Diese Frage darf man zu Recht stellen.

Wir hier im Hohen Haus müssen uns eine andere Frage stellen, offen und ehrlich, ohne Scheuklappen, ohne parteiideologische Grenzen: Wie viel ist uns Sicherheit in unse­rem Land wert? – Deshalb bedanke ich mich. Ich bedanke mich bei Otto Pendl und bei allen Parteien für diesen Allparteienantrag – einen Entschließungsantrag, mit dem wir den Bundesminister beauftragen, noch einmal jene Entscheidungen, die unter der Struk­turreform ÖBH 2018 im letzten Jahr unter gänzlich anderen Lagebeurteilungen und Rahmenbedingungen gefällt worden sind, klar zu hinterfragen. Es ist mehr als das. Wir stellen auch fest, dass sich die Lage geändert hat, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Pendl und Weninger.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das österreichische Bundesheer ist wohl der wichtigste Eckpfeiler und Garant unserer Demokratie, ein Garant der Souveränität Ös­terreichs. Geben wir unseren Soldatinnen und Soldaten das, was sie brauchen, um ih­re Aufgabe zu erfüllen! Das beginnt bei kleinen Dingen – ich nenne es beim sicher­heitspolizeilichen Grenzeinsatz beim Namen –: Es kann nicht sein, dass keine Stich­schutzwesten an die Soldatinnen und Soldaten ausgeteilt werden. Es kann nicht sein, dass sie die Pistolen ohne Sicherheitsholster tragen müssen. Das ist schlicht gefährlich und unverantwortlich. Das ließe sich jetzt in der Größenordnung steigern – das erspare ich mir, aber vor allem Ihnen, Herr Minister Klug.

Ich danke kurz und bündig den Soldatinnen und Soldaten, die trotz der Umstände so viel für dieses Land leisten, die das, was sie gelobt haben, nämlich mit der Waffe in der Hand ihr Heimatland zu verteidigen, auch wirklich leben. Auch ich habe das gelobt und auch ich werde das tun, wenn es notwendig ist. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Pendl, Riemer und Fuchs.)

15.54


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hable zu Wort. – Bitte.

 


15.54.37

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehr­te Bundesminister! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Wir debattieren das Landesverteidigungsbudget 2016, und die Mit-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 564

tel, die Österreich für Landesverteidigung ausgibt, sind durchaus bemerkenswert – be­merkenswert allerdings nicht im positiven Sinn. Es gibt in Europa nur vier Länder, die jedes Jahr weniger als 1 Prozent der Wirtschaftsleistung für die Landesverteidigung aus­geben – nur vier Länder: Das sind Österreich, Irland, Luxemburg und Malta.

Das heißt, wir sind da auf einer Ebene, in einer Kategorie mit zwei Kleinstaaten und ei­ner Insel. Auf dieser Ebene handelt Österreich, auf dieser Ebene des Budgets wird Geld für die Landesverteidigung ausgegeben – weniger als 1 Prozent des BIP. (Abg. Krai­ner: Zwei Inseln! Mit Österreich drei!)

Herr Bundesminister, nicht nur, dass dieses Landesverteidigungsbudget historisch ge­sehen schon seit langer Zeit im europäischen Vergleich ganz am unteren Ende liegt (Abg. Krainer: Da sehen Sie, wie effizient wir sind!), ist es auch bemerkenswert, dass ein besonderer Sinkflug eingesetzt hat, seitdem Sie das Amt übernommen haben.

Sie haben im März 2013 die Verantwortung für das Verteidigungsministerium übernom­men, und seitdem, ich zitiere den Budgetdienst, passiert Folgendes: „Seit 2013 entwi­ckelten sich die Auszahlungen (…) stark rückläufig.“ – In Zahlen ausgedrückt: Seit 2013 haben Sie es geschafft, das Landesverteidigungsbudget, das ohnehin schon ganz am unteren Ende in Europa war, von 0,67 Prozent des BIP noch einmal auf 0,55 Prozent des BIP abfallen zu lassen.

Ich weiß jetzt schon, was Sie dagegenhalten werden: Sie werden auf das berühmt-be­rüchtigte Sonderinvestitionspaket verweisen. (Bundesminister Klug: Nein, auf den Er­folg!) – 600 Millionen € sollen dem Bundesheer zur Verfügung gestellt werden. – Ja, wenn es nur so wäre, denn eigentlich sind es nicht 600 Millionen, sondern bis zum Jahr 2019 nur 350 Millionen – die restlichen Millionen fließen dann ab dem Jahr 2020. Das heißt, Sie machen hier Versprechungen für einen Zeitraum nach der nächsten Na­tionalratswahl, für einen Zeitraum außerhalb jeglicher Bundesfinanzrahmengesetze – etwas, was Sie nie und nimmer versprechen können! In Wirklichkeit reden wir von 350 Millionen €, aber natürlich nicht jährlich, sondern einmalig.

Was steht dem gegenüber? – Der Kostendämpfungspfad, der auch das Verteidigungs­ministerium trifft und der bis 2018 zu Einsparungen von jährlich 200 Millionen € führt – jährlich, nicht einmalig, sondern jährlich 200 Millionen €. Ein Budget, das auf der Ebene von Malta und Luxemburg liegt, kürzen Sie noch einmal um de facto 10 Prozent – je­des Jahr –, und das Gustostückerl dabei ist, was in diesem Sonderinvestitionspaket al­les drin ist, was Sie überhaupt als „Sonderinvestitionen“ bezeichnen, nämlich solche Be­sonderheiten wie Waffen und Fernmeldegerät und ABC-Schutzausrüstung.

Herr Bundesminister! Das sind keine Sonderinvestitionen, das ist die Grundausrüstung des Bundesheeres, das ist die Basisausrüstung des Bundesheeres, von der wir hier re­den. Das sind keine Sonderinvestitionen! Sie argumentieren hier wie ein Autoverkäu­fer, der das Lenkrad als Sonderausstattung mitverkaufen will!

Insgesamt sind das sehr schwierige budgetäre Bedingungen, unter denen das österrei­chische Bundesheer noch funktionieren muss. Daher möchte ich auch diese Gelegen­heit nützen, um allen Soldatinnen und Soldaten des österreichischen Bundesheeres zu danken, dass Sie trotz dieser schwierigen Bedingungen ihren Dienst versehen und zum Schutz unseres Landes tätig sind. – Vielen Dank dafür. (Beifall bei den NEOS so­wie der Abg. Königsberger-Ludwig.)

Herr Bundesminister, gehen wir weiter zum sogenannten Strukturpaket 2018. Nur falls das manche vergessen haben: Das Strukturpaket „Österreichisches Bundesheer 2018“ gibt es nur deswegen, weil das letzte Paket, nämlich das Projekt österreichisches „Bun­desheer 2010“, zu Grabe getragen worden ist, ganz einfach, weil man die nötigen fi­nanziellen Mittel nicht zur Verfügung gestellt hat. Das ist der einzige Grund, warum es jetzt das nächste Projekt gibt – 2018.


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Zu all dem sagen Sie, Sie wollen das Bundesheer nach seiner einsatzwahrscheinlichs­ten Aufgabe ausrichten. Jetzt lese ich in der Bundesverfassung nach und lese dort aber nichts, dass die Aufgabe des Bundesheeres wäre, nur die einsatzwahrscheinlichste Aufgabe zu erfüllen. Dort steht etwas ganz anderes, nämlich ein viel umfassenderer Auftrag der Landesverteidigung. Das heißt, was Sie hier vorgeben, entspricht nicht der Bundesverfassung. Das ist ein glatter Verfassungsbruch!

Da frage ich mich, was tritt in dem Fall ein, der Ihrer Beurteilung nach gerade nicht der einsatzwahrscheinlichste ist, sondern vielleicht ein etwas unwahrscheinlicherer? Was sagen Sie dann: Sorry, das haben wir vergessen, daran haben wir nicht gedacht und deswegen nicht budgetiert!? – Was machen Sie dann?

Gehen wir weiter zu einem Ihrer sogenannten Prestigeprojekte, Herr Bundesminister, zur Wehrdienstreform. Der Wehrdienst soll attraktiviert werden. Ja – die Worte sind löblich –, das wäre dringend notwendig. Jetzt müssen wir uns aber anschauen, womit das erreicht werden soll. Es soll unter anderem damit erreicht werden, dass sich jetzt die Rekruten ihre Ausbildungsmodule aussuchen können. Das ist schon interessant. Das ist ja so, als wäre das Bundesheer so etwas wie eine allgemeinbildende Schule, wo sich jeder aussucht, welche Module er sich zu seiner Ausbildung zu Gemüte führen will.

Herr Bundesminister, das Einzige, was sich Rekruten aussuchen können und sollen, ist die Waffengattung! Das ist klar. Aber was dann notwendig ist, ist nichts, was man sich aussuchen kann, sondern etwas, das sich durch die Funktion, durch die Aufgabe er­gibt.

Wie soll der Wehrdienst noch attraktiviert werden? – Ja, Internet für alle, WLAN in den Kasernen. Na, das ist großartig, Herr Bundesminister! Aber das Bundesheer ist doch kein Freizeitklub! Wozu brauchen wir das? Wozu brauchen wir ein Kasernen-WLAN für alle?

Was wir brauchen, ist eine gute, eine fordernde Ausbildung, eine spannende und in­teressante Ausbildung, eine einsatzbezogene Ausbildung. Dann wird sie auch für die Grundwehrdiener interessant genug sein. Dann wird sie auch für Freiwillige interessant genug sein. Das wird sie jedoch nicht sein, wenn alle in der Kaserne anfangen, Däum­chen zu drehen und Internet zu surfen.

Gehen wir weiter zu Ihrem zweiten sogenannten Prestigeprojekt, zur Milizreform. Die Miliz soll neue Aufgaben bekommen.

Die neue Aufgabe der Miliz soll es sein, kritische Infrastruktur zu schützen. – Ich kenne die Denke, die dahintersteckt. Das ist die Denke, die sagt: Na ja, die Miliz, die ist nicht ganz vollwertig, aber so leichte Aufgaben wie Objektschutz soll sie übernehmen. – Das ist aber nicht die Aufgabe der Miliz! Die Aufgabe der Miliz ist natürlich der Einsatz im gesamten militärischen Spektrum. Die Miliz soll dann zum Einsatz kommen, wenn die präsenten Kräfte eben nicht mehr ausreichen. Darin steckt also schon der erste Irrtum.

Der zweite Irrtum ist anzunehmen, dass Objektschutz eine leichte Aufgabe wäre. Da hätten Sie vielleicht bei Ihren militärischen Experten im Verteidigungsministerium nach­fragen sollen. Das ist keine leichte Aufgabe, im Gegenteil, es ist sogar eine der schwie­rigsten überhaupt, weil man verschiedene Einsatzformen gleichzeitig parallel beherrschen muss.

Der dritte Irrtum: Sie wollen jedem Schutzobjekt eine Milizkompanie zuordnen. Es gibt in Österreich mindestens 400 Objekte, die zur kritischen Infrastruktur gehören. Haben wir wirklich 400 Milizkompanien? – Also ich weiß nichts davon! Das heißt, Sie täuschen hier etwas vor, was es gar nicht gibt. Die vorhandenen Kräfte reichen dafür überhaupt nicht aus. Das ist der dritte Irrtum. (Rufe: Ihre Rede ist ein Irrtum!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 566

Das bringt mich zum vierten und letzten Irrtum. Es ist überhaupt eine vollkommen fal­sche Strategie, die Sie anwenden. Das ist eine Strategie aus dem Kalten Krieg nach dem Motto: Schicken wir die Soldaten zu Schutzobjekten, dort graben sie sich dann ein. Das entspricht aber nicht mehr der Realität. Was wir heute brauchen, sind mobile, rasch verfügbare Kräfte. Oder glauben Sie wirklich, dass sich Terroristen oder wer auch immer ein Angriffsziel aussuchen, wo Sie gerade Ihre Kompanien hinschicken? Das Ge­genteil ist der Fall, und deswegen brauchen wir mobile, rasch verfügbare Kräfte.

Insgesamt ist es also eine Milizreform, die auf einem vierfachen Irrtum beruht. Davon abgesehen täuschen Sie auch eine Einsatzbereitschaft vor, die nicht existiert. Sie ha­ben in einer Anfragebeantwortung gesagt, die jetzt vorhandenen zehn Milizbataillone wären alle gleichzeitig einsatzbereit. Das stimmt nur nicht, das Streitkräfteführungs­kommando weiß es besser. Es sind nicht alle zehn gleichzeitig einsatzbereit, sondern höchstens drei bis vier. Und warum? – Weil Gerät und Ausstattung dafür gar nicht vor­handen sind. Das ist die Realität! Das ist die Wahrheit der österreichischen Verteidi­gungspolitik!

Herr Bundesminister, ich komme zum Schluss: Rund um Europa versinken ganze Län­der in Chaos und Krieg – aber nicht nur rund um Europa, Krieg und Terror werden auch mitten nach Europa hereingeführt, wie wir mittlerweile wissen.

Und was machen Sie? Anstatt für die Landesverteidigung in diesem Land Verantwor­tung zu übernehmen, setzen Sie den Kahlschlag fort – ein Kahlschlag, der verantwor­tungslos ist. Es ist ein Kahlschlag, bei dem Sie sich in die Reihe jener Verteidigungsmi­nister stellen, die ihrer Verantwortung eben nicht gerecht geworden sind, sondern To­tengräber des Bundesheeres spielten. Begonnen hat das schon mit Ex-Minister Platter, der die Milizübungen abgeschafft hat, mit dem Ergebnis einer Miliz, die nicht mehr übt, sondern nur auf dem Papier besteht, die es nicht gibt. Damals hat es schon begonnen, und Sie setzen diesen Kurs des Kahlschlages munter fort, auf Kosten der Sicherheit un­serer Bürgerinnen und Bürger.

Sie setzen die Sicherheit unserer Bevölkerung aufs Spiel, Herr Bundesminister! Das ist verantwortungslos und eine sicherheitspolitische Bankrotterklärung, die Sie abliefern. – Danke. (Beifall bei NEOS und FPÖ.)

16.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krist. – Bitte. (Ruf: Es lebe der Sport!)

 


16.07.03

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Meine Her­ren Bundesminister! Hohes Haus! Für die 60 anerkannten Sportfachverbände, die Heim­stätten unserer TopsportlerInnen, stehen jährlich 39 Millionen € für den Leistungs- und Spitzensportbereich als Grundförderung und als Projekt- und Maßnahmenförderung zur Verfügung. Benötigt, beantragt und eingereicht wurden von den Fachverbänden aber über 60 Millionen €. – Nur so viel zum Thema, der Sport in Österreich hat genug Geld.

Dringend notwendige Infrastrukturprojekte werden oftmals gar nicht mehr vorgebracht, weil die Kofinanzierungen mit den Ländern und Gemeinden immer schwieriger werden. Ich denke, es fehlt an einer gemeinsamen strategischen Planung und es wird zu wenig an den gemeinsamen österreichischen Sport gedacht. Ich sehe einen erhöhten Hand­lungsbedarf bei den Landessportdirektoren und den LandessporträtInnen, denn der Sport ist bekanntlich gemäß der Verfassung Landessache.

Es gäbe genug dringende Infrastrukturprojekte in Österreich. Man darf jedoch nicht ver­gessen, dass bereits jetzt jede Menge von Projekten aktiv vom Sportminister unter­stützt wird: Rudersportregattastrecken in Linz und Wien, Leichtathletikanlagen in Linz,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 567

der Südstadt, in Graz und in Götzis oder auch das Bundesleistungszentrum Wettklet­tern in Innsbruck, um nur einige wenige zu nennen.

Meine Damen und Herren, Bewegung, Sport, Gesundheit sind wesentliche Begriffe und Bereiche, die unsere Gesellschaft in Zukunft beschäftigen werden. Lebensbegleitende Unterstützung bei Ernährung und Bewegung muss ab dem Kindesalter vermittelt und angeboten werden. Sport hat es endlich in das SchOG, in das Schulorganisationsge­setz, geschafft. Wir haben erste positive Schritte in Richtung tägliche Bewegungsein­heit gesetzt. Wir haben im Ausbildungsbereich der PädagogInnen erste gute Schritte gesetzt, aber wir sind noch lange nicht am Ziel angelangt.

Noch gibt es aus meiner Sicht viele Bremser und viele Katalysatoren, wenn es um die Bewegung, um Sport im täglichen Leben geht. Noch ist der enorme gesellschaftliche Stellenwert und die gesundheitspolitische Bedeutung des Sportes nicht in den Köpfen aller Verantwortlichen dieses Landes angelangt. Noch wird mit viel Geld zu viel repa­riert und zu wenig vorgebeugt. Insbesondere die Breitensportverbände leisten wertvolle Beiträge zur Gesundheit unserer BürgerInnen, vom Kindergarten über die Betriebe bis in die Pensionistenheime. Jeder in die Bewegung und in den Sport investierte Euro kommt dreifach zurück und hilft enorm, im Gesundheitsbereich Kosten zu sparen.

Es sei unserem Sportminister gedankt, dass er immer den gesamten rot-weiß-roten Sport im Auge hat und ihn unterstützt, wo es geht, ob das mit „Kinder gesund bewegen“ bei den Kleinsten ist oder mit dem „Rio-Projekt“ bei den Topathleten, dennoch halte ich per­sönlich 40 Millionen frei verfügbare Mittel für den Sport, für Infrastruktur, für Sportgroß­veranstaltungen zu bescheiden, um nicht zu sagen, beschämend. Die Versuche, das Sportminibudget auch noch massiv zu kürzen, muss ich auf das Schärfste zurückweisen.

Ein letztes Wort an die Kollegen der Opposition. Ich schätze grundsätzlich die Arbeit des Rechnungshofes, aber manchmal habe ich den Eindruck, wie im Fall der Schi-WM, dass nicht eine Gesamtbetrachtung vorgenommen wurde, nicht die gesamte Wert­schöpfung der Region, wie sie – das darf man nicht vergessen – seit der Bewerbung im Jahr 2004 stattfand, sowie die beweisbare Nachhaltigkeit für Infrastruktur und den Tourismus berücksichtigt wurden. Daher bitte ich, die Kirche im Dorf zu lassen.

Somit von mir ein sportliches Danke an den Minister und sein Team für die gute Zu­sammenarbeit. Dem Budget stimmen wir natürlich zu, auch wenn wir uns deutlich mehr wünschen würden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.10


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Steinbichler zu Wort. – Bitte. (Abg. Steinbichler begibt sich zum Rednerpult und deponiert dort ein Foto, auf dem eine Militärkapelle zu sehen ist. – Abg. Pendl: Was hast du denn da schon wieder für ein Taferl? – Abg. Steinbichler: Das Richtige zum richtigen Thema, Herr Kollege!)

 


16.10.42

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher auf der Galerie, ganz besonders Professor Schambeck, der lange Zeit hier als Zuhörer anwesend war, und geschätzte Zuseherinnen und Zu­seher an den Fernsehgeräten!

Kollege Bösch und Kollege Hable haben schon die Fehlansätze beim Budget und die Positionen, die durchaus verbesserungswürdig sind, dargestellt. Begeistert hat mich ei­gentlich Kollege Pilz, der ebenfalls festgestellt hat, dass das Verteidigungsbudget viel zu wenig ausreichend ist.

Aber an dieser Stelle – so meine ich – gilt allen Soldatinnen und Soldaten, allen Poli­zistinnen und Polizisten und allen NGOs und freiwilligen Helferinnen und Helfern, die in


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 568

dieser schwierigen Zeit beim Grenzeinsatz, bei der Flüchtlingsthematik und auch unter dieser erhöhten Terrorangst hervorragende Leistung erbringen, aufrichtig ein herzlicher Dank. (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Natürlich gibt es neben den Sicherheitseinsätzen, die angesprochen wurden, auch bei Katastrophen – egal, welcher Form – immer wieder den Ruf nach dem Bundesheer, ganz besonders bei Hochwasserkatastrophen, wo – so meine ich – die hervorragende Leis­tung, die dann sofort vor Ort erbracht wird, erwähnt werden muss.

Ich möchte nun einen Punkt ansprechen, und ich glaube, ein Bild zeigt genau die Pro­blematik, die in der letzten Zeit heftig diskutiert wurde in den 2 100 Blasmusikkapellen in Österreich, bei den österreichweit 140 000 freiwilligen Blasmusikerinnen und Blas­musikern, die zum Großteil diese hervorragende Qualität der Militärkapellen selbst her­vorgebracht haben und in den Orchestern mitspielen konnten beziehungsweise, sehr ge­ehrter Herr Minister, in ausgezeichneter Zusammenarbeit mit den Landesmusikschulen und dem Landesmusikschulwerk jede Menge an Orchesterführern, Kapellmeistern und Satzführerinnen und Satzführern in den Blasmusikkapellen hervorgebracht haben.

Ich darf hier ganz besonders Präsident Wolfram Baldauf, den Obmann der Freunde der Militärmusik erwähnen, weiters die Präsidenten der Landesmusikverbände und Präsi­dent Fritz Anzenberger, die bereits in einem Brief vom 19. Juni an Sie, Herr Minister, auf diese Problematik verwiesen haben. Auch die Landeshauptleutekonferenz in Linz hat sich mit dieser Thematik beschäftigt und wird auf Sie in einem Gespräch zukom­men, um hier noch einmal die Möglichkeiten zu erörtern, etwa in Form von Sponsoring, was auch denkbar ist.

Kollege Krist hat den Heeressportverein erwähnt, der eine super Arbeit macht und auch immer wieder an vorderster Stelle bei Olympiaden und Weltmeisterschaften für Ös­terreich Werbung macht.

Wir sind hier etwa bei der gleichen Personenzahl: 300 Militärmusiker wären dieselbe Zahl wie die 300 Sportler beim HSV. Als ein ganz gewaltiger gesellschaftlicher und kul­turpolitischer Träger nach außen und als Repräsentanten für Österreich sind sie – so glaube ich – genauso wichtig.

Sehr geehrter Herr Minister, es gibt darüber hinaus einen Brief vom 4. November an dich persönlich von den Militärmusikfreunden unter Obmann Baldauf. Ich würde wirklich bit­ten, dass man diese lapidaren Kosten von 0,59 Prozent des Heeresbudgets – von dem reden wir letztlich – auch durch eine Sonderposition aus dem Kulturbudget erreicht, um den Erhalt dieser Öffentlichkeitsarbeit, dieses wertvollen Werbeträgers für das Bundes­heer zu sichern. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir bringen deshalb folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sonderkul­turbudget für den Erhalt der Militärmusik“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Bundesministerium für Lan­desverteidigung und Sport im Rahmen des Budgets 2016 ein Sonderkulturbudget, zweck­gewidmet für den Erhalt der Militärmusik in ihrer ursprünglichen Orchester-Besetzungs­stärke und Qualität, bereitzustellen und zuzuweisen.“

*****

Weiters möchten wir – in Vorausahnung deiner Rede, Kollege Pilz – folgenden Antrag einbringen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 569

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Etappenwei­se Erhöhung des Verteidigungsbudgets“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zur Beschlussfassung zuzuleiten, der die Anhebung des Heeresbudgets in drei Etappen (1. Etappe: Anhebung auf 1% des BIP im Rahmen des Budgets 2016, 2. Etappe: Anhebung auf 1,2% des BIP im Rahmen des Budgets 2017, 3. Etappe: Anhebung auf 1,4% im Rahmen des Budgets 2018) vor­sieht, um dem österreichischen Bundesheer die Erfüllung seiner verfassungsmäßigen Aufgaben zu ermöglichen.“

*****

Wir bitten um Unterstützung und Zustimmung. – Danke. (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenrufe.)

16.16


Präsidentin Doris Bures: Beide Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß einge­bracht und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen, betreffend „Sonder­kulturbudget für den Erhalt der Militärmusik“,

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), UG14 (Militärische Angelegenheiten und Sport)

Die Militärmusik in Österreich hat eine hohe kulturelle, wirtschaftliche und gesellschaft­liche Bedeutung. Seit der Aufstellung der Militärmusiken der Zweiten Republik in den Jahren 1956 und 1957 haben insgesamt rund 18.000 Musiker ihren Dienst bei der Mi­litärmusik abgeleistet. Davon schlugen rund 400 die Laufbahn von hauptberuflichen Or­chestermusikern ein, 500 wurden Musiklehrer, und 828 übernahmen die Leitung von zi­vilen Blasmusik-Kapellen. Nicht weniger als 14.000 ehemalige Militärmusiker wirken in österreichischen Blasmusik-Kapellen mit und tragen dort maßgeblich zur Erhaltung und Steigerung des musikalischen Niveaus bei und musizieren meist als Satzführer.

Die Militärmusik ist der beste Werbe- und Sympathieträger des Bundesheeres, genießt hohe Wertschätzung in der Bevölkerung und gilt nicht umsonst als unbezahlbares Kul­turgut sowie als Kaderschmiede für die Blasmusik. Das Team Stronach spricht sich für die Erhaltung der Militärmusikkapellen in ihrer ursprünglichen Besetzungsstärke und Qua­lität aus, damit diese ihrem Kultur- und Bildungsauftrag im bisherigen Umfang nach­kommen können.

Die bisherigen Kosten der neun Militärmusiken in Höhe von rund elf Millionen Euro ma­chen 0,59 Prozent des Heeresbudgets (rund 1,86 Milliarden Euro) aus. Die Grund­wehrdiener im verlängerten Dienst erhalten pro Monat rund 1.000 Euro. Die Kosten der 240 Rekruten-Musiker vom 7. bis zum 14. Monat belaufen sich auf rund 1,9 Millionen Eu­ro, die aus Sicht des Bundes gespart werden könnten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 570

Die Militärmusikfreunde wehren sich gegen die Reduzierung der Militärmusiken in den Bundesländern auf 20 Mann pro Kapelle. In dieser geringen Besetzung ist die Qualität der Militärmusik nicht mehr aufrechtzuerhalten.

Nach außen erfüllt die Militärmusik eine wichtige Aufgabe als Teil der Öffentlichkeits­arbeit des Bundesheeres. Nach innen fördert die Militärmusik Motivation und Gemein­schaftsgeist. Die Militärmusik repräsentiert bei Auftritten im In- und Ausland Leistungs­fähigkeit und Musikqualität auf höchster Ebene.

Im Landesverteidigungsausschuss am 29. September 2015 sprach der Abgeordnete Christoph Hagen erneut die Möglichkeiten des Erhalts der Militärmusiken in ihrer alten Stärke an. Verteidigungsminister Gerald Klug antwortete, sollte ein Sonderkulturbudget zweckgewidmet für die Militärmusik bereitgestellt werden, "dann bin ich grundsätzlich tendenziell positiv eingestellt".

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Bundesministerium für Lan­desverteidigung und Sport im Rahmen des Budgets 2016 ein Sonderkulturbudget, zweckgewidmet für den Erhalt der Militärmusik in ihrer ursprünglichen Orchester- Be­setzungsstärke und Qualität, bereitzustellen und zuzuweisen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen, betreffend „Etappen­weise Erhöhung des Verteidigungsbudgets“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), UG14 (Militärische Angelegenheiten und Sport)

Im Jänner 2013 entschied sich die österreichische Bevölkerung bei der Volksbefragung zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Wehrpflicht eindeutig für deren Beibehaltung. Vor der Abstimmung versicherten alle politisch Verantwortlichen, dass das Ergebnis je­denfalls als verbindlich anzusehen sein werde.

In der Realität wird dieses Versprechen nun permanent gebrochen und zwar auf ganz perfide Art und Weise: Es scheint das Ziel der politisch Verantwortlichen zu sein, das Bundesheer finanziell soweit auszuhungern, bis die Aufrechterhaltung der allgemeinen Wehrpflicht nicht mehr möglich sein wird.

Laut Medienberichten können Panzer und Kraftfahrzeuge nicht mehr bewegt werden, da Geld für Benzin und Diesel fehlt, aus Geldmangel werden Kilometerbeschränkun­gen für Kfz aller Art befohlen. Das Gerät verbleibt in den Garagen, wird nicht mehr lau­fend gewartet, setzt Rost an und wird zum reparaturanfälligen zusätzlichen Kostenfak­tor, der letztlich gestrichen werden muss. D.h. ursprünglich technisch einsatzfähiges Ge­rät wird aufgrund nicht vorgenommener Wartungsarbeiten vorsätzlich in auszurangie­renden Schrott verwandelt.

In absehbarer Zeit werden aufgrund nicht vorgenommener Servicearbeiten militärische Kfz (PKW) nicht mehr die Anforderungen der technischen Überprüfung gemäß §57a


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 571

KFG (Pickerl) erfüllen können, Kasernenkommandanten haben dann Kfz in ihren Gara­gen stehen, die für den Straßenverkehr nicht zugelassen sind und es entsteht die ab­surde Situation, dass diese Kfz aus Kostengründen ausgemustert werden müssen. Nicht besser steht es um die Immobilien des Heeres. Einige Kasernen sind bereits derart desolat, dass eine gesetzeskonforme Unterbringung gemäß den Dienstvorschrif­ten des Bundesheeres nicht mehr möglich ist. Andere Kasernen mussten bereits im Wege der Einsparungsmaßnahmen verkauft werden.

Der sicherheitspolitisch unverantwortliche Kahlschlag des Heeres kommt einem Ver­fassungsbruch gleich: Das österreichische Bundesheer ist gemäß Bundesverfassung nach den Grundsätzen eines Milizsystems einzurichten. Die Realisierung der Einspa­rungsvorhaben widerspricht diesem verfassungsmäßigen Auftrag.

Der aufgezwungene Sparkurs für das Bundesheer zeigt sich jetzt schon allein anhand der aktuellen Flüchtlingskrise als falsch. Schnelle Einsatzbereitschaft muss gegeben, Material und Waffen vorhanden sein. Ebenso wird das Bundesheer verstärkt als As­sistenz bei sicherheitspolizeilichen Aufgaben im Inland herangezogen. Das Team Stro­nach hat sich schon seit Langem gegen die Reduzierung der budgetären Mittel des ÖBH und gegen den Sparkurs des Ministers ausgesprochen. Eine Reduktion auf die sogenannten „Kernkompetenzen“ bzw. auf reine Assistenzleistungen wird in der Zu­kunft für das ÖBH nicht zielführend sein. Alleine wenn man sich die Art der aktuellen und zukünftigen Konflikte ansieht, müsste man bereits erkannt haben, wie wichtig ein schnelles und schlagkräftiges Heer für die Sicherheit der österreichischen Bürgerinnen und Bürger ist bzw. wie wichtig solch ein Heer ist, um einen weltweiten Beitrag zur Friedenssicherung im Rahmen von internationalen Missionen leisten zu können.

Sogar kleine Staaten wie z.B. Litauen haben erkannt, dass ein schlagkräftiges Heer in der heutigen Zeit von großer Bedeutung ist. In Litauen wird z.B. geplant, in den kom­menden fünf Jahren den Wehrdienst wieder einzuführen. Begründet wird diese Maß­nahme mit der sich wandelnden geopolitischen Situation. Angesichts der Ukraine Krise plant Litauen, wie auch andere baltische Staaten u.a. das Verteidigungsbudget anzu­heben. Das Budget soll von 0,8 % des BIP im Jahr 2013 bereits 2015 fast 1,2 % des BIP erreichen.

Spargesinnung ist grundsätzlich notwendig und gut, doch im Falle des Verteidigungs­budgets wird an der falschen Stelle, nämlich bei der Sicherheit der Republik, gespart. Dem muss Einhalt geboten werden, indem die finanzielle Mindestausstattung des ös­terreichischen Bundesheeres in Hinblick auf dessen verfassungsrechtlichen Auftrag ge­setzlich garantiert wird.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zur Beschlussfassung zuzuleiten, der die Anhebung des Heeresbudgets in drei Etappen (1. Etappe: Anhebung auf 1% des BIP im Rahmen des Budgets 2016, 2. Etappe: Anhebung auf 1,2% des BIP im Rahmen des Budgets 2017, 3. Etappe: Anhebung auf 1,4% im Rahmen des Budgets 2018) vor­sieht, um dem österreichischen Bundesheer die Erfüllung seiner verfassungsmäßigen Aufgaben zu ermöglichen.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Rauch.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 572

Herr Abgeordneter Steinbichler, würden Sie bitte das Rednerpult für den nächsten zu Wort gemeldeten Abgeordneten frei machen und Ihr Schild entfernen!

Bitte, Herr Abgeordneter Rauch, Sie sind am Wort.

 


16.17.14

Abgeordneter Mag. Johannes Rauch (ÖVP): Sehr geehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Von der Blasmusik zu­rück zum Sportbudget.

Klar ist, der Sport steht in Österreich vor zahlreichen Herausforderungen. Aber ich will mit dem Breitensport beginnen, weil ich ihn für eines der wichtigsten gemeinsamen An­liegen halte. Mich freut, dass hier im Haus wirklich fraktionsübergreifend Interesse be­steht, vor allem für unsere Kinder und Jugendlichen ein entsprechendes Bewegungs­angebot zu schaffen. Mit der täglichen Bewegungseinheit, vor allem in den ganztägi­gen Schulangeboten, wurde – so glaube ich – eine erste wichtige Weichenstellung vor­genommen. Zusätzlich läuft im Sportressort das Projekt „Kinder gesund bewegen“, was sehr zu begrüßen ist.

Nun zum Spitzensportbereich: Wir stehen vor zwei großen internationalen Sportveran­staltungen. Das eine ist die Fußball-Europameisterschaft in Frankreich, das andere sind die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro.

Wir haben in den letzten Wochen an den Ereignissen in Paris gesehen, wie wichtig das Sicherheitsthema vor allem bei Großsportveranstaltungen bedauerlicherweise geworden ist.

Daher ein Wunsch an den Bundesminister: Er möge dafür sorgen, dass sowohl die ös­terreichischen Athleten in Rio de Janeiro wie auch die österreichische Fußballnational­mannschaft in Frankreich an den Austragungsorten sicher sind. Ich denke, dass wir einfach garantieren müssen, dass Sportler, wenn sie im Ausland bei Veranstaltungen tätig sind, entsprechende Sicherheit haben.

Das Entscheidende oder die entscheidende Aufgabe des Sports ist aus meiner Sicht die Vorbildwirkung. Dazu haben wir von der ÖVP ein Anliegen: Es geht um „sauberen“ Sport. Und sauberer Sport sagt ganz klar Nein zu Gewalt im Sport, Nein zu Doping und auch Nein zu Wettmanipulation. Zu all diesen drei Bereichen wurden bereits wichtige Maßnahmen gesetzt.

Da gilt der Dank auch dem Bundesminister. Ich erinnere an das neue Anti-Doping-Ge­setz, ich erinnere an die vorbildhaften Faninitiativen im Innenministerium, und was auch erfreulich ist, wenn es um Wettmanipulation geht: Es steht der Beitritt zur Europa­ratskonvention gegen Wettmanipulationen bevor. Ich glaube, da sind sehr viele Projek­te auf den Weg gebracht worden.

Für all diese Projekte im Breitensport, aber auch im Spitzensport – wenn es um die Sport­stätteninfrastruktur geht, wenn es um internationale Beteiligungen oder nationale Wett­bewerbe geht – hat das Sportbudget ausreichend Vorsorge getroffen. Wir sind, so mei­ne ich, für all diese Herausforderungen bestens aufgestellt.

Natürlich müssen wir in Zukunft verstärkt Synergien nutzen – mit Sportverbänden, mit den Ländern –, um gewisse Doppelgleisigkeiten im Sport zu vermeiden.

Dafür ist meiner Meinung nach auch der Prozess zur Strategie 2018 wichtig und be­deutend, vor allem im Sportstättenbereich. Dabei ist, so glaube ich, ein Punkt ganz ent­scheidend: Für den organisierten Sport ist eines wichtig, nämlich dass die gewidmeten Mittel tatsächlich auch in den Sport kommen, damit auch weiterhin die ehrenamtliche Tätigkeit in vielen Verbänden und Vereinen mit einem riesigen, vielfältigen Angebot statt­finden kann.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 573

Abschließend möchte ich mich beim Herrn Bundesminister für die gute Zusammenar­beit bedanken und ganz speziell natürlich bei den vielen ehrenamtlich arbeitenden Funk­tionären in den Verbänden und Vereinen, vor allem im Sport. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.20


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steger. – Bitte.

 


16.20.38

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist mal wieder so weit. Heute ist eine der seltenen Gelegenheiten, bei der wir im Plenum über Sport diskutieren können. Offenbar braucht es dafür erst eine Budgetdebatte, denn im Ausschuss wird von Rot und Schwarz alles vertagt, vertagt und noch einmal vertagt. (Beifall bei der FPÖ.)

Dort herrscht nämlich das unerträgliche Prinzip der Schubladisierung. Ausdruck des Selbstbewusstseins und des Stolzes auf Ihre Sportpolitik, sehr geehrter Herr Minister, ist diese Vorgangsweise eher nicht. Das ist eher Ausdruck eines schlechten Gewis­sens, und dafür gibt es auch genügend Gründe, denn im Sportbereich herrscht Intrans­parenz, es gibt Doppel- und Mehrfachförderungen, es gibt politische Freunderlwirtschaft und es gibt Sportstätten, für die man sich international schämen muss. Und, und, und!

Aber kommen wir zurück zum Budget. Es ist mal wieder so weit, das Budget wird be­schlossen, und wieder haben Sie im Bereich des Sports den Rotstift angesetzt. Nach­dem 2014 bereits 3 Millionen € gekürzt wurden, wird dieses Jahr sogar um 5 Millio­nen € gekürzt. 5 Millionen in einem Bereich, wo es an allen Ecken und Enden fehlt – aber nicht, weil es insgesamt so wenig Sportförderung in ganz Österreich gibt, sondern weil es nicht dort ankommt, wo es ankommen soll, nämlich bei den Sportlern, bei den Vereinen und bei der Infrastruktur. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Problem ist, dass die Gesamtsumme der Förderung plus vereinzelte Erfolge über das Defizit in der Struktur brutal hinwegtäuschen. Der österreichische Sport hat ein viel tiefer gehendes Problem; ein Problem, das sich in Österreich durch alle möglichen Be­reiche zieht und sich im Sport in seiner stärksten Ausprägung manifestiert: die partei­politische Machtaufteilung der ehemaligen beiden Großparteien Rot und Schwarz, eine Aufteilung, die der Effizienz des Geldmitteleinsatzes diametral entgegensteht.

Da wären wir schon bei den Dachverbänden: Zu aufgebläht, zu unkoordiniert und in drei­facher Ausführung – „absolut überflüssig“ ist das generelle Fazit, wenn man österrei­chische Sportler, Vereine oder Fachverbände fragt. Da gibt es zum Beispiel eine schwar­ze SPORTUNION, und da gibt es eine rote ASKÖ. Allein 6 Millionen € fließen gesetz­lich verpflichtend jährlich an die ASKÖ. Ich frage Sie, Herr Minister: Ist das dann wirk­lich im Sinne der Sportförderung, dass die ASKÖ, wie im Wiener Wahlkampf, Briefe an ihre Mitglieder schickt und dazu aufruft, die SPÖ zu wählen? (He-Rufe bei der FPÖ.) Können Sie mir einmal erklären, was genau das mit sportlicher Betätigung zu tun hat? Sehen Sie, und das meine ich mit dieser katastrophalen Verparteipolitisierung des Sports. Das darf es im österreichischen Sport nicht geben. (Beifall bei der FPÖ.)

Es kann auch nicht sein, dass der ORF, der sowieso Unsummen an Zwangsgebühren kassiert, auch noch aus dem Sportbudget quersubventioniert wird und von Randsport­arten für Nationalteam-Übertragungen bis zu 20 000 € pro Spiel verlangt, die, wenn man Glück hat oder – besser gesagt – wenn es nicht von einem privaten Sender übertragen wird, aus dem Sportbudget ersetzt werden. Sagen Sie, bekommen die Staatsoper oder das Parlament eigentlich auch eine Rechnung vom ORF, damit das alles übertragen wird, oder organisiert man sich nur bei den sogenannten Randsportarten ein zusätzli­ches Körberlgeld? Über diese Randsportarten Bericht zu erstatten, ist der öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF, und genau deswegen wurde der Spartensender ORF Sport+


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überhaupt erst erschaffen. Transparenz diesbezüglich, wie viel der ORF aus dem Sport­budget bekommt, gibt es übrigens auch nicht.

Apropos Transparenz: Bereits 2013 haben Sie im Bundes-Sportförderungsgesetz be­schlossen, eine Transparenzdatenbank einzurichten. Mehr als zwei Jahre danach be­finden Sie sich noch immer im Ausschreibungsprozess. Eilig haben Sie es anschei­nend nicht damit gehabt.

Wie wichtig Transparenz bei den Förderungen ist, konnten wir allerdings erst vor Kur­zem wieder sehen, als der Rechnungshof seinen Bericht zur WM in Schladming veröf­fentlicht hat, in dem das Land Steiermark – aber auch Sie, Herr Minister – ein vernich­tendes Urteil bekommen haben. 248 Millionen € hat die öffentliche Hand bezahlt, und davon Ihr Ministerium 24 Millionen €. Bei solchen Beträgen sollte man meinen, dass In­teresse besteht, was tatsächlich mit diesen Geldern geschieht. (Abg. Haubner: Alle waren dort …! – Zwischenruf des Abg. Amon.) Aber nein – ich zitiere den Rechnungs­hofbericht: Fehlende Kontrollen, mangelnde Transparenz, Doppelförderungen und zwei­felhafte Zweckmäßigkeit einzelner Investitionen – um nur ein paar Punkte aufzuzählen. Das kann Ihnen doch nicht gleichgültig sein, Herr Minister, als Ressortminister und gleich­zeitig als Steirer!

Nächste Baustelle: Seit Jahren werden den Sportlern unter dem Begriff Sportstätten-Masterplan attraktive und auf internationalem Niveau befindliche Sportstätten verspro­chen. Abgesehen von ein paar Denkmälern für Landesfürsten sieht die Wahrheit je­doch so aus, dass die wenigen, die zur Verfügung stehen, auch noch den Sportlern weg­genommen werden durch Ihre katastrophale Flüchtlingspolitik. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) So geschehen beim Multiversum, so geschehen beim Ferry-Dusika-Stadion.

Ich frage mich: Ist es Ihnen, Herr Minister, nicht bewusst, dass die Sportstätten die Ar­beitsplätze unserer Sportler sind und Sie ihnen damit praktisch ihre Existenz wegneh­men? Oder ist es Ihnen einfach egal?

Jetzt wird im Budget ausgerechnet wieder bei den Investitionszuschüssen für die Sport­stätten gekürzt – wieder einmal vollkommen vorbei an den Tatsachen und vollkommen vorbei an den Bedürfnissen der Sportler.

Ich fasse zusammen: In der österreichischen Sportpolitik braucht es dringend ein Um­denken. Weg mit der rot-schwarzen Machtaufteilung, her mit einem gesamtösterreichi­schen Sportkonzept! Vor allem braucht es in diesem Haus rot-schwarze Politiker, die sich endlich nicht mehr vor einer sportpolitischen Debatte verstecken. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

16.26


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


16.26.42

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Her­ren Minister! Hohes Haus! Ich komme nun wieder vom Sportbudget zurück zum Lan­desverteidigungsbudget. Mit knapp 2 Milliarden € steigt das Budget der Landesverteidi­gung erstmalig wieder spürbar an. Zusätzlich dazu wurde ein Sonderinvestitionspaket mit einem Volumen von 660 Millionen € beschlossen. Davon sind im Budgetrahmen 2016 bis 2019 bereits 350 Millionen € abgebildet. (Abg. Rädler: Ja, dann passt es eh!) Mit diesem Sonderinvestitionspaket kann das Bundesheer wichtige Investitionen insbe­sondere in die Ausrüstung und Ausbildung für die Truppe tätigen.

Zum Beispiel: Beschaffung von 20 neuen Sturm- und Flachwasserbooten für unsere Pio­niere, welche auch für Hochwassereinsätze geeignet sind; Anschaffung von neuen Fahr­zeugen für die Truppe, wie drei schwere Bergefahrzeuge, 90 geländegängige Lkw und


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66 Lkw mit Wechselaufbauten; Investitionen in die ABC-Abwehr wie mobile Dekonta­minationssysteme; Modernisierung von 71 Mannschaftstransportpanzern Pandur; Aus­bau der Fähigkeiten des Bundesheeres mit Schwerpunkt im Bereich Aufklärung. Im Be­reich der Luftfahrzeuge: Modifizierung der Hubschrauberflotte Black Hawk und AB 212; systemerhaltende Maßnahmen für das Transportflugzeug Hercules sowie ein Update der Eurofighter-Triebwerke.

Im Bereich der Ausbildung ist eine Steigerung der Ausbildungszeiten sowie der Übun­gen am Duellsimulator geplant. Dazu werden 1 200 Stück Infanterie-Duellsimulatoren der neuesten Generation beschafft. Neben der Neubeschaffung werden die 1 700 be­reits eingeführten Duellsimulatoren für die Infanterie und die 150 Systeme für Gefechts­fahrzeuge und Panzerabwehrwaffen einem umfassenden Update unterzogen.

Damit verfügen künftig alle Kampfverbände des Bundesheeres, aber auch die Trup­penübungsplätze wie Allentsteig, Seetaler Alpe, Wattener Lizum und Bruckneudorf über diese Systeme. Dadurch wird gewährleistet, dass auch Grundwehrdiener zur Ausbil­dung und Übung mit diesen Duellsimulatoren ausgestattet werden.

Der Verbesserung des Schutzes unserer Soldatinnen und Soldaten wird durch die Be­schaffung und Einführung von neuen Kampfhelmen, Schutzwesten, Schutzmasken und Schutzbrillen Rechnung getragen. Aber auch für Investitionen in die Infrastruktur ste­hen von 2016 bis 2019 je rund 100 Millionen € zur Verfügung.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, durch die positive Budgetentwicklung und die Aus­richtung auf die militärisch einsatzwahrscheinlichen Aufgaben sowie die Umsetzung des Strukturpaketes ÖBH 2018 wird sichergestellt, dass das österreichische Bundes­heer auch zukünftig zum Schutz aller Österreicherinnen und Österreicher bereitsteht. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Gestatten Sie mir als steirische Abgeordnete nun noch zwei Sätze zur Ski-WM Schlad­ming. Kollege Brosz, Sie sprechen ja nach mir, Sie werden sicher dieses Thema auch so wie im Sportausschuss ansprechen. (Abg. Amon: Die FPÖ hat da …!)

Die alpine Ski-WM in Schladming ist ein großer Erfolg gewesen. Mit acht Medaillen für Österreich zählt die Ski-WM zu den erfolgreichsten Großsportveranstaltungen. Die Wer­bung für das Sportland Österreich war einmalig. Für unsere Steiermark hat die Ski-WM einen dringend notwendigen Investitionsschub gebracht, und daher war es wichtig und richtig, da zu investieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.31


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Brosz zu Wort. – Bitte.

 


16.31.13

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Fi­nanzminister! Ich möchte zunächst kurz auf die Rede der Kollegin Steger eingehen. Manche Dinge kann ich teilen – unter anderem die Struktur im Sportausschuss, dass wir fast alles vertagen, nichts hereinbekommen, die Anträge dann dort enderledigt und versenkt werden –, bei manchen Dingen würde ich es aber doch deutlich anders se­hen.

Das betrifft unter anderem die massive Kritik an den Dachverbänden. Ich als Grüner spiele bei einem ASKÖ-Verein Tennis, bei einem UNION-Verein Fußball, habe aber noch nie eine Aufforderung gekriegt, dort jetzt jemanden zu wählen, was vielleicht noch stattfinden wird. (Abg. Steger hält ein Schriftstück in die Höhe.)

Ja, ich glaube es ja, dass dort ein Brief gekommen ist (Abg. Yilmaz: Wieso hab’ ich keinen Brief gekriegt?), ich glaube nur trotzdem, dass man insbesondere die Arbeit der


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Ehrenamtlichen würdigen sollte. Ich sehe, dass in beiden Organisationen extrem viele Ehrenamtliche tätig sind, dass dort sehr viel an Angebot geschaffen wird, und da ist es mir relativ egal, ob es im ASKÖ oder in der UNION stattfindet, ob das historisch ge­wachsen ist oder nicht. Das wäre jetzt wahrscheinlich auch anders, das würde sich an­ders entwickeln.

Würde man die Dachverbände auflösen, wie das die FPÖ mehrfach gefordert hat, dann wäre meiner Meinung nach das Angebot an sportlichen Einrichtungen in Österreich dra­matisch reduziert. Daher sehe ich das deutlich differenziert. (Beifall bei den Grünen so­wie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun komme ich aber zu dem Punkt, über den ich heute konkreter reden will. Der Kol­lege Krist, zu dem ich ja sonst ein sehr gutes Verhältnis habe, ist jetzt leider nicht im Saal, ebenso die Kollegin Gessl-Ranftl, die gerade gesprochen hat.

Wenn man die Kritik des Rechnungshofes ernst nimmt – und ich nehme an, dass wir Rechnungshofberichte ernst nehmen –, dann kann man meiner Meinung nach von al­len Abgeordneten erwarten, zu differenzieren zwischen einem Ereignis, das relativ viel an Werbewert gebracht hat und als Großveranstaltung erfolgreich war, und der Art und Weise, wie offenbar diese Förderungen abgewickelt worden sind, wo es dem Rech­nungshof, um das einmal so zu sagen, alle Haare aufstellt.

Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, dass man jetzt drüberbügelt und sagt: Weil das ein Sportereignis war, das viel Werbeeffekt gehabt hat, schauen wir uns die För­derstruktur nicht an! Vielleicht sind wir dann auch im Sportausschuss in der Lage, ge­meinsam die Kritik zu verarbeiten und zu schauen, welche Konsequenzen daraus ge­zogen werden können. Also, dann arbeiten wir es einmal auf!

Der Rechnungshof kritisiert: Bei Sportgroßveranstaltungen wäre eine „Gesamtkosten­verfolgung einzurichten“. Also, um das zu übersetzen: Es gab keine. Das liegt daran, dass uns der Herr Minister, auf meine Nachfragen insbesondere – und alle, die im Sport­ausschuss waren, haben das miterlebt –, gebetsmühlenartig gesagt hat: Wir fördern keine Großveranstaltungen an sich, wir fördern nur die Infrastruktur, deshalb interes­siert uns auch nicht, was mit den Geldern passiert und was dort reinkommt.

Ich halte das für untragbar! Wenn man Medienberichte liest, so dürfte es Gewinnbeteili­gungen in einer Größenordnung von über 30 Millionen € gegeben haben, die die FIS nach Österreich zurücküberwiesen hat, in dem Fall an den Skiverband. Der sagt: Ich lege das nicht offen, ich sage nicht, wie viel hereingekommen ist. Es ist unser Geld!, sagt der Schröcksnadel, nachdem er 30 Millionen € von der FIS bekommen hat und Förderungen in Größenordnungen von etwa 60 Millionen € gekommen sind, in unter­schiedlichen Bereichen.

Ich habe auch nichts dagegen, dass das Skigebiet gefördert wird. Ich habe aber, zum zweiten Punkt kommend, ganz massiv etwas dagegen, dass offenbar der ÖSV herge­gangen ist und die gleichen Rechnungen, die er dem Herrn Minister geschickt hat, auch der FIS geschickt hat, zumindest sagt das der Rechnungshof, und sich die Dinge doppelt fördern hat lassen. Eigentlich sollte man sagen: Wir müssen uns das rechtlich anschauen, ob da das Korruptionsstrafrecht greift, wenn diese Förderungen zweimal ausbezahlt worden sind.

Unter anderem kritisiert der Rechnungshof, dass Sie sich auch keinen Vertrag haben vorlegen lassen. Das Land Steiermark hat diesen Hosting-Vertrag übrigens gehabt, es hat nur ein kleines Problem gegeben – das kennen wir aus dem Parlament ganz gut –: Er ist geschwärzt worden, relevante Teile waren laut Rechnungshofbericht nicht les­bar. Sie als Sportminister haben den Bericht nicht einmal eingefordert! Sie kennen diesen Vertrag nicht. Sie wissen gar nicht, wo der ÖSV gefördert worden ist. All diese Dinge kann man im Rechnungshofbericht lesen, und wenn man das tut, dann müsste


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man als Sportpolitiker hergehen und sagen: So geht das wirklich nicht, es braucht eine dringende Reform bei den Großveranstaltungen! Deswegen habe ich auch einen An­trag eingebracht, dass Sportgroßveranstaltungen in Zukunft nur mehr gefördert werden dürfen, wenn, wie es der Rechnungshof vorschlägt, eine Gesamtkostenrechnung vor­liegt.

Jetzt kann man dann immer noch drüber diskutieren, ob der ÖSV einen Gewinn be­kommen soll oder nicht – das ist, so finde ich, eine Debatte, die man als Veranstalter führen kann –, aber wir sollten zumindest wissen, welche Gelder hin und her fließen, in welcher Größenordnung dort gefördert wird. Wenn der Herr Schröcksnadel, der im Übrigen Ihr Olympia-Koordinator ist und dort über die Fördermittel der Olympia-Sportler entscheidet, gleichzeitig vom Rechnungshof den Brief bekommt, dass er Doppelförde­rungen zugelassen hat, dann frage ich mich schon, wie man da einfach alle Augen zu­drücken und so tun kann, als wäre da alles in Ordnung gewesen. Das kann man ja wohl nicht ernsthaft so angehen.

Meiner Meinung nach haben wir also im Sportausschuss auch einen dringenden Aufar­beitungsbedarf. Ich wiederhole die Forderung: Keine Gelder mehr ohne eine Auf­schlüsselung dessen, was mit den Einnahmen auch geschieht! (Abg. Krist begibt sich gerade zu seinem Sitzplatz.)

Da ich jetzt gerade Hermann Krist sehe: Der Werbewert ist unbestritten, keine Frage! Ich würde eine Ski-WM beim nächsten Mal auch wieder fördern, aber ich möchte wis­sen, was gefördert wird, wer die Gewinne kassiert, was damit passiert, und ich möchte vor allem sicherstellen – und da sind wir uns vielleicht einig –, dass kein Sportgroß­funktionär, in dem Fall der ÖSV, hergehen kann und dieselben Rechnungen auf der ei­nen Seite an den Minister Klug und auf der anderen Seite der FIS schickt und von bei­den für dieselbe Rechnung Geld erhält. Wenn wir diese Einigung haben, dann wäre schon einiges erreicht. (Beifall bei den Grünen.)

16.36


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


16.36.41

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Her­ren Minister! Der Sport ist eine sehr wichtige Materie. Ich möchte dabei zunächst in Richtung der Frau Kollegin Steger sagen: Was täten wir ohne die Ehrenamtlichen, die im Sport tätig sind – ob das bei der UNION ist, ob das beim ASKÖ ist oder beim ASVÖ. Das sind 70 000 bis 100 000. Herzlichen Dank dafür (Beifall bei der ÖVP sowie bei Ab­geordneten der SPÖ – Abg. Rädler: Genau!), dass ihr mit eurer täglichen Arbeit unse­re Kinder und die Jugendlichen bewegt!

Ein Danke auch dem Kollegen Brosz, der diese Leistungen anerkennt. Der Kollege Brosz sollte Ihnen ein Beispiel sein, er ist ein ausgewiesener Sportexperte, und auch wenn wir nicht immer gleicher Meinung sind, muss man seine Expertise in der Bezie­hung auf jeden Fall anerkennen. Also, noch einmal: Unverzichtbarer Teil des österrei­chischen Sports sind seine Dachverbände, und sie leisten eine hervorragende Arbeit. – Das zum Ersten.

Zum Zweiten: Was die Geldmittel betrifft, so glaube ich, dass wir mit dem Bundes-Sportförderungsgesetz, das wir im Jahr 2013 aufgestellt haben, die Mittelvergabe pro­fessioneller und vor allem auch transparenter gemacht haben. Dieses System hat sich bewährt, und man sieht das auch jetzt im Bundes-Sportförderungsfonds, der unter der Leitung von Frau Stadler eine hervorragende Arbeit macht, und daran, dass es von den Vereinen beziehungsweise auch von den Verbänden Lob gibt, dass diese Mittel al­so transparent und professionell vergeben werden. Meiner Ansicht nach haben wir von


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innen heraus Reformen gemacht, die für den österreichischen Sport wichtig waren und die den Sport und vor allem die Mittelvergabe professioneller gemacht haben.

Das Einzige, das muss ich auch sagen, was mir im österreichischen Sport leider noch fehlt, ist der österreichweite Spitzensportstättenplan. Ein solcher wird schon seit Jahren versprochen, der fehlt noch. Es wäre ein Auftrag fürs nächste Jahr, die Ausarbeitung dieses Plans mit dem gleichen Elan anzugehen, wie wir damals die Bundes-Sportför­derung angegangen sind, denn dann könnten wir diesen schwarzen Fleck im Sportbe­reich sicher noch ausmerzen.

Zur Ski-WM in Schladming ist fast alles gesagt worden, nur noch nicht von mir, daher noch eines: Man kann sagen, dass alle Beschlüsse, die die Ski-WM betroffen haben, von der Landesregierung gemeinsam gefasst worden sind. Da sind auch Ihre Kolle­gen, Frau Kollegin Steger, dabei gewesen. Alles andere ist gesagt. In diesem Sinne: Es lebe der Sport! – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Amon und Prinz.)

16.38


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Weigerstorfer. – Bitte.

 


16.39.05

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Finanzminister! Es lebe der Sport! – genauso sehe ich es auch. An dieser Stelle ein herz­liches Dankeschön an unsere großartigen österreichischen Sportler, die eine unglaubli­che Vorbildwirkung haben, nicht nur auf die Jugendlichen, und zudem eine tolle Visiten­karte für Österreich im Ausland sind. (Beifall der Abgeordneten Dietrich und Schenk.)

Dass der Sport für die Gesundheit und für unsere gesamte Gesellschaft sehr wichtig ist, brauchen wir nicht zu diskutieren. Natürlich braucht der Sport auch gewisse Mittel. Wenn man sich nun das Budget für das Jahr 2016 anschaut, so wurden für den Be­reich Sport insgesamt 133 Millionen € veranschlagt. Das entspricht einem Rückgang von in etwa 4,8 Millionen €.

Ganz klar, in Zeiten, in denen gespart werden muss, muss natürlich in jedem Bereich ein wenig gespart werden. Die Frage, die sich stellt, ist, ob immer an der richtigen Stel­le gespart wird. Die allgemeine Sportförderung sind ja jene Mittel, die dem Sportminis­ter für seine Sportpolitik zur Verfügung stehen. Das heißt, die Bundessportförderung ist einen weiteren Schritt in Richtung politisch dominierter Sportverbände gegangen.

In den vergangenen Jahren hat der Rechnungshof – das wurde auch schon mehrmals erwähnt – immer wieder den Finger auf die Wunde gelegt und auf Missstände hinge­wiesen. Ich möchte hier explizit noch einige erwähnen. Vor allem bei den Prüfungen zum Umgang mit Mitteln aus der Sportförderung übte der Rechnungshof sehr viel Kri­tik, zum Beispiel, dass es nicht nachvollziehbare Vergabekriterien und personelle Ver­flechtungen von Fördergebern und Förderempfängern gibt.

Darüber hinaus hat der Rechnungshof die geringe Transparenz der Mittelströme zu den Letztempfängern im Bereich der Dachverbandsförderung kritisiert, ebenso die feh­lende Übersicht über die Gesamtfinanzierung beziehungsweise die Gesamtgebarung auch großer Förderempfänger, die teilweise verwaltungsaufwändige Abläufe sowohl für den Fördergeber als auch für den Förderempfänger darstellen.

Ebenso wurde vom Rechnungshof die fehlende Datenbank bemängelt, die unseres Er­achtens sehr wichtig wäre, um endlich einmal vom Beginn bis zum Ende durchgängige Transparenz zu schaffen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Herr Minister, ich darf kurz eine APA-Meldung vom 1.1.2014 vorlesen – also doch schon zwei Jahre her –, in der die APA Sie zitiert: „Der nächste Meilenstein laut Klug ist nun


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der Aufbau einer Datenbank, mit der alle Förderungen nach außen transparent darge­stellt werden sollen. Darin werde die Höhe der Förderung ebenso einzusehen sein wie der Förderungszweck.“

Das ist ein ganz toller Ansatz von Ihnen, ich frage mich nur (Bundesminister Klug an­sprechend): Warum dauert es so lange, welche Hilfe brauchen Sie noch? Ich glaube, zwei Jahre sind eh schon eine relativ lange Zeit, also bitte ich Sie jetzt im Sinne des Sports, da endlich ein bisschen Gas zu geben. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich glaube auch, dass die Steuerzahler ein Recht darauf haben, es jeweils nachvoll­ziehen zu können. Ich glaube, es wäre auch für Sie wesentlich einfacher, wenn es mög­lich wäre, vom Beginn bis zum Ende alles transparent durchschauen zu können. Und ich glaube, der Steuerzahler würde das Geld gerne direkter in den Sport vergeben und ein bisschen weniger in den Funktionärsapparat. Danke. (Beifall beim Team Stro­nach. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

16.43


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesminister Mag. Klug. – Bitte, Herr Minister.

 


16.43.34

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Gerald Klug: Sehr ge­schätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Kollege Schelling! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Die budgetären Gestaltungsspielräume des öffentlichen Sektors sind rückblickend bekannt. Auch mein Ressort war in diesem Zusammenhang an stren­ge Vorgaben gebunden, die letztlich auch unsere Beweglichkeit eingeschränkt haben.

Das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport hat den Konsolidierungspfad konsequent verfolgt und sich strikt an die gemeinsam festgelegten Konsolidierungsmaß­nahmen für das Budget gehalten.

Die militärische Führungsspitze erhielt daher von mir den Auftrag, ein Gesamtkonzept für eine neue Struktur für unsere Armee – das Ihnen allen bekannte Strukturpaket ÖBH 2018 zu erarbeiten. Die Leitlinie dabei war: Das Bundesheer braucht eine Struk­tur, die den neuen budgetären Rahmenbedingungen Rechnung trägt, und dabei muss die Armee auch in der neuen Struktur in der Lage sein, die militärisch einsatzwahr­scheinlichen Aufgaben zu erfüllen.

Abgesehen von diesen Eckpunkten war es aufgrund der budgetären Ausgangslage nö­tig, dass wir ohne Tabus gemeinsam über Veränderungen diskutieren. Nach intensiven Gesprächen und Verhandlungen kam es am 23. Dezember des letzten Jahres zu einer Einigung auf Regierungsebene, der dazugehörige Ministerratsbeschluss erfolgte am 20. Jänner 2015.

Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Kernpunkte der Einigung des Strukturpa­kets ÖBH 2018 waren: Das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport er­hält zusätzliche Budgetmittel in der Höhe von 616 Millionen € zur Bedeckung des drin­gend notwendigen Investitionsbedarfs, wovon 350 Millionen € als Sonderfinanzierung bis 2019 und der Rest als Finanzierungszusage ab 2020 festgelegt wurden.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei meinem Kollegen in der Bundesregierung, Finanzminister Hans-Jörg Schelling, sehr herzlich bedanken. (Beifall der Abg. Yilmaz.) Es waren intensive Gespräche Budgetgespräche sind nicht die einfachsten –, aber wir haben das auf eine sehr kollegiale Art und Weise ins Ziel gebracht. Da man nie weiß, ob es in diesem Zusammenhang die letzten waren, sage ich vielen herzlichen Dank. (Zwischenrufe der Abgeordneten Rädler und Prinz.)

Diese Mittel werden für notwendige Investitionen bei den Luftstreitkräften zur Verbes­serung der Mobilität und zum Schutz der Truppe, zur Umsetzung der Wehrdienstreform und auch zur Stärkung der Miliz eingesetzt und verwendet.


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Die Umsetzung der zweiten Etappe der Haushaltsreform und die Fokussierung auf die Wirkungsorientierung machen es notwendig, die vorhandenen Prozesse und Struktu­ren zu überdenken und auch neu zu gestalten. Das Ziel ist es, die Verwaltung zu re­duzieren und die operativen Dienststellen im nachgeordneten Bereich und auch die Truppe zu stärken. Das bedeutet unter anderem, dass wir die Zentralstelle von rund 970 auf zirka 660 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verkleinern werden, wobei 15 Pro­zent der Arbeitsplätze gestrichen und 20 Prozent den nachgeordneten Bereichen zuge­teilt werden.

Es stellte sich schon im laufenden Jahr heraus, dass die durch uns gesetzten Schritte erste positive Effekte zeigten. Diesen finanziellen Spielraum nutzten wir, um die be­trieblichen Einschränkungen aus 2014 aufzuheben, und vor allem auch, um ein klares Schwergewicht bei den Beschaffungen zu setzen. Dazu zählen unter anderem die Auf­hebung der Beschränkungen bei der Instandsetzung von Fahrzeugen, die Erhöhung der Mehrdienstleistungen bei der Truppe von rund 24 Millionen € auf 28,5 Millionen €, das ist eine Steigerung um 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Ausbilderprämie als Anerkennung für die hervorragenden Leistungen der Ausbilde­rinnen und Ausbilder wurde von rund eine Million Euro auf 2,7 Millionen € erhöht. Das ist eine Steigerung um 170 Prozent.

2015 investieren wir wieder rund 100 Millionen € in die Ausrüstung des Bundesheeres. Darüber hinaus konnten wir durch Umschichtungen und auch durch Mehreinnahmen zu­sätzlich rund 79 Millionen € für die Beschaffung von Ausrüstung nutzen, die aus­schließlich der Truppe zugutekommt. Dazu zählen unter anderem der Kauf der ersten geländegängigen Lkws, als Ersatz für die in die Jahre gekommenen 12M18, die Ergän­zung der Pandur-Flotte mit sieben Fahrzeugen aus Belgien, neue Kampfhelme und tak­tische Licht- und Lasermodule für die Pistole 80. Und die Beschaffung von Universal­geländefahrzeugen  Ihnen bekannt als sogenannte Quads – für die Gebirgstruppe.

Die Infrastruktur ist von zentraler Bedeutung für eine moderne und zeitgemäße Armee, da haben wir Nachholbedarf. 2015 konnten wir für die Sanierungen unserer Kasernen 75 Millionen € zur Verfügung stellen. Das war im Vergleich zum Vorjahr eine Steige­rung um 50 Prozent.

Darüber hinaus ist und bleibt die Reform des Wehrdienstes eines meiner zentralen Pro­jekte. Wir haben jährlich 30 Millionen € zur Umsetzung der 180 Einzelmaßnahmen vor­gesehen, heuer ist es nach Abstimmung mit dem Finanzminister gelungen, dafür auf die Rücklage in dieser Höhe zurückzugreifen.

Die dargestellten Umsetzungsmaßnahmen stellen große Herausforderungen an alle Be­teiligten. Ich möchte daher diese Gelegenheit nutzen, um mich bei allen unseren Sol­datinnen und Soldaten und allen Bediensteten meines Hauses sehr herzlich zu bedan­ken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Noch ein paar Worte zur aktuellen Leis­tung im Inland. Das österreichische Bundesheer leistet derzeit einen wesentlichen Bei­trag, um die aktuelle Flüchtlingskrise gemeinsam zu bewältigen. Wir bieten seit Mona­ten rund 900 Flüchtlingen menschenwürdige Unterkünfte in militärischen Liegenschaf­ten an, und wir helfen mit unseren Pionieren, solche auch zu schaffen.

Wir versorgen täglich rund 6 000 Flüchtlinge – und jetzt haben wir in Spielfeld die Ka­pazität für weitere 3 000 – mit Verpflegung. Herr Abgeordneter Pilz ist jetzt zwar nicht mehr da, aber er weiß, dass die Geschichte rund um die Feldküche für Spielfeld eine an­dere war. Selbstverständlich wird das im Generalstab abgearbeitet, aber ein gewisser humoristischer Beitrag kann bei trockenen Zahlen nie schaden.

Wir haben bislang rund 170 000 Flüchtlinge mit Heeresfahrzeugen transportiert und ko­ordinieren federführend sämtliche Transporte mit Bahn und Bussen mit einer bisheri-


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gen Kilometeranzahl von 700 000. Wir unterstützen in all diesen Bereichen pro Tag mit rund 400 Soldatinnen und Soldaten, und das seit 8. August dieses Jahres. Das sind in Summe 21 600 Mann-Tage.

Sehr geehrte Abgeordnete von der FPÖ, in Anbetracht einer derartigen Leistungsbilanz kann man wirklich nicht von einem Versagen sprechen!

Darüber hinaus stehen derzeit rund 1 600 Soldatinnen und Soldaten im sicherheitspoli­zeilichen Assistenzeinsatz, um in enger Zusammenarbeit mit der Polizei einen kontrol­lierten und geordneten, aber auch einen gesicherten Ablauf der Flüchtlingsbewegun­gen in Österreich sicherzustellen. Ich habe mir selbst in Salzburg, in Nickelsdorf und in Spielfeld ein Bild davon gemacht, wie professionell und umsichtig die Soldatinnen und Soldaten unseres Heeres im Einsatz sind. Das ist eine mehr als beachtliche Leistung, die ich mir von niemandem kleinreden lasse! (Ruf bei der SPÖ: Genau!)

Mit großem persönlichen Stolz und ehrlich empfundener Anerkennung kann ich Ihnen sagen: Auf unser Bundesheer ist Verlass! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ohne unsere Armee wäre das in dieser Form nicht möglich und würde auch in Wahr­heit schon gar nicht mehr funktionieren. Das muss man an dieser Stelle auch einmal ganz deutlich sagen.

Ich möchte noch einen besonders wichtigen Punkt zum laufenden Assistenzeinsatz an­sprechen: Entgegen der geübten Praxis bei Assistenzeinsätzen bekommt das Bundes­heer erstmals den entstehenden Mehraufwand ersetzt. Darunter fallen unter anderem die Gebühren für den Einsatz der Soldaten, Mehrdienstleistungen oder auch der zu­sätzliche Aufwand für den Transport oder für die Versorgung von Flüchtlingen und Asyl­werbern. – Das ist bislang einmalig!

Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, wie sieht der Ausblick für das Jahr 2018 aus? – Ich habe stets betont: Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif! Aus diesem Grunde bin ich im Zuge der Verhandlungen für den Finanzrahmen 2016 in – schon angespro­chene – intensive und harte Gespräche auch mit Herrn Finanzminister Schelling getre­ten. Das Ergebnis ist ein wichtiger weiterer Schritt: Das Budget des österreichischen Bundesheeres beträgt im Jahr 2016 rund 1,939 Milliarden € und jenes des Sports 133 Mil­lionen €. Damit steigt das Budget für die Landesverteidigung seit Jahren erstmalig um 95 Millionen € an.

Sehr geehrter Herr Dr. Rainer Hable, seit meinem Amtsantritt im März 2013 (Abg. Neu­bauer: Da ist es schlechter worden!) gab es im Bereich der Landesverteidigung im Vergleich zum Bundesvoranschlag einen höheren Erfolg im Ausmaß von 255,5 Millio­nen €.

Ich sage in diesem Zusammenhang: Die Budgetangelegenheiten sind inhaltlich an­spruchsvoll, herausfordernd und kompliziert. Aber es gilt in diesem Zusammenhang auch – wenn Sie (in Richtung des Abg. Hable) die Zahlen seit meinem Amtsantritt re­flektieren –, dass man sich die Zahlen ganz genau anschauen muss. Es gilt in diesem Zusammenhang der alte Grundsatz: Trauen Sie keinen Zahlen, die Sie nicht selbst ge­prüft haben! (Abg. Hable: … Zahlen des Budgetdienstes!)

2016 wird nunmehr die erste Tranche im Budget berücksichtigt. Damit werden im Jahr 2016 unter anderem folgende Vorhaben finanziert: 30 Millionen € für die Fortset­zung der Reform des Wehrdienstes, 5 Millionen € für die erste Beschaffung der Aus­rüstung für unsere Miliz, 20 Millionen € für die notwendige Modifizierung der Black Hawk, 6 Millionen € für systemerhaltende Vorhaben der „Herkules“, wie zum Beispiel der Tausch von Flügeln und der Ersatz der Avionik, 13 Millionen € für das Update der Eurofighter-Triebwerke, 7 Millionen € für die Verbesserung der Ausrüstung zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten und 12 Millionen € für die ABC-Abwehr.


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Damit ist erfreulicherweise eine Trendwende in der langjährigen Negativwirkung der Ver­teidigungsausgaben gelungen. Mit der nunmehrigen Erhöhung des Budgets um 95 Mil­lionen € für 2016 geht die Entwicklung nachhaltig nach oben. Mit dem Strukturpaket ÖBH 2018 senken wir durch die Konzentration auf die militärisch einsatzwahrscheinli­chen Aufgaben nachhaltig die strukturellen Kosten um durchschnittlich 200 Millionen € pro Jahr. Die dadurch freigemachten Ressourcen werden im Zusammenhang mit dem Sonderinvestitionsprogramm von 616 Millionen € genutzt, um die Ausrüstung, die Aus­stattung und die Infrastruktur für unsere Soldatinnen und Soldaten zu verbessern.

2016 wird das Budget für die Investitionen in die Infrastruktur nochmals steigen, näm­lich auf rund 100 Millionen €, und somit werden die Ausgaben für die Infrastruktur in­nerhalb von zwei Jahren mehr als verdoppelt. Wir werden 2016 zusätzlich zum Son­derinvestitionsprogramm auch rund 68 Millionen € für die Beschaffung von Ausrüstung ausgeben; Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl hat darauf schon hingewiesen.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wie Sie meinen bisherigen Ausführun­gen entnehmen können, stelle ich das österreichische Bundesheer strukturell neu auf. Damit sind wir effektiver und effizienter denn je, wir schaffen Spielräume, die wir auch in den strukturell und sicherheitspolitisch herausfordernden Zeiten brauchen. Dieser Auf­wärtstrend wird durch den Ihnen vorliegenden Bundesvoranschlag auch unterlegt. (Ru­fe bei der ÖVP: Frau Präsidentin! Frau Präsidentin! Das geht ja nicht! Das kann ja nicht sein!)

 


Präsidentin Doris Bures: Entschuldigen Sie, Herr Minister!

Es gibt das Ersuchen (in Richtung eines Kameramannes auf der Galerie) – und ich habe ja schon jemanden von der Parlamentsdirektion zu Ihnen hinaufgeschickt –, Ih­nen mitzuteilen, dass Sie nicht auf die Unterlagen und Pulte der Abgeordneten filmen dürfen. Ich ersuche Sie, das zu berücksichtigen! – Danke vielmals.

Herr Bundesminister, Sie sind jetzt wieder am Wort. (Abg. Rädler – in Richtung Gale­rie –: Das ist ja eine Frechheit, so etwas!)

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Gerald Klug| (fortsetzend): Vielen herzlichen Dank. – Möglich ist diese gesamte Arbeit aber nur durch die vielen Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter des Ressorts, die mich täglich unermüdlich dabei unter­stützen. Ich weiß diese herausragenden Leistungen unserer Damen und Herren, der Zivil­bediensteten sowie aller Soldatinnen und Soldaten zu würdigen. Herzlichen Dank da­für. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, ich bedanke mich an dieser Stelle auch für das im Entschließungsantrag zum Ausdruck gebrachte politische Signal der Abge­ordneten, unsere Armee noch zusätzlich unterstützen zu wollen, um diesen Weg auch konsequent weitergehen zu können. Ich werde auf der Basis wohlüberlegter Vorschlä­ge rechtzeitig an das Hohe Haus herantreten.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich möchte nun zum Bereich Sport über­leiten. Das Sportbudget des Bundes liegt mit über 132 Millionen € auf einem sehr zu­friedenstellenden Niveau. Wir haben eine sehr solide Grundlage für zwei Kernaufgaben des Bundes im Sport: die professionelle Finanzierung der Strukturen im Sport und auch die Förderung der Bewegung für unsere Gesellschaft.

Lassen Sie mich zum Verbandssport und seinen Strukturen Folgendes sagen: Den Ver­bänden steht eine gesetzlich gesicherte, solide Finanzierung im Bundes-Sportförde­rungsfonds zur Verfügung. Diese finanzielle Basis hat in den letzten Jahren eine enor­me Entwicklung genommen. 2006 standen den Verbänden in der besonderen Bundes­sportförderung 54 Millionen € zur Verfügung. Im heurigen Jahr waren es 82,6 Millio­nen €, die wir für die Finanzierung der professionellen Strukturen im österreichischen Sport zur Verfügung stellen konnten. Damit finanzieren wir die laufenden Kosten des


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österreichischen Sports, der Trainer, der Trainingslager, die Kosten für die Wettkämpfe und die Verbandsstrukturen für insgesamt rund 70 Sportverbände in Österreich. Dazu kommen 2016 auch noch 5 Millionen €, die wir im Rahmen unseres Projekts Rio für die Vorbereitung unserer Athletinnen und Athleten auf die Olympischen Spiele zur Ver­fügung stellen.

Ich sage in diesem Zusammenhang auch dazu, Herr Abgeordneter Brosz: Präsident Schröcksnadel ist der Koordinator des Projekts Rio, aber ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass er nicht über die Vergabe der 5 Millionen € entscheidet. Es sind in die­sem Zusammenhang ein Strategiegremium und ein Expertengremium eingestellt. Die­se beraten inhaltlich über die einzelnen Vergaben.

Das Projekt Rio fördert insgesamt 94 österreichische Top-Athletinnen und -Athleten und Medaillenkandidaten. (Abg. Fekter – in Richtung SPÖ –: … der stiehlt euch die Rede­zeit! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das Geld steht für Trainingsmaßnahmen, für die sportwissenschaftliche Begleitung und für den Ausbau der Infrastruktur zur Ver­fügung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für Investitionen in rot-weiß-rote Spitzen­sport-Infrastruktur stelle ich gemeinsam mit den Ländern 2016 wiederum 40 Millionen € zur Verfügung. Ich darf in diesem Zusammenhang kurz auf folgende Projekte verwei­sen: In Innsbruck sanieren wir den Eisenring, in Wien investieren wir in das Ruder­zentrum, in Eisenerz in das nordische Leistungszentrum, in Graz in der Hüttenbrenner­gasse in eine Ballsporthalle internationalen Formats, in Linz in eine Leichtathletikhalle und in der Südstadt in eine weitere Indoor-Leichtathletikhalle, um da eine Lücke zu schließen.

Für die weitere Professionalisierung der Infrastruktur benötigen wir aber auch – der Ab­geordnete Krist hat schon darauf hingewiesen – ein klares Bekenntnis der Länder. Das wird leider immer schwieriger.

Abschließend möchte ich noch ein Thema ansprechen, das mir, wie Sie wissen, am Herzen liegt, nämlich die Begeisterung unserer Jugend für Sport und Bewegung. Wir investieren seit 2009 in die verstärkte Kooperation zwischen Schulen und Sportver­einen und Sportverbänden. Bis zum vergangenen Jahr waren das 2 Millionen € pro Jahr für die Aktion „Kinder gesund bewegen“.

Diese Aktion hat ein hervorragendes Feedback, um nicht zu sagen: Alle sind begeis­tert! Ich habe daher in diesem Zusammenhang die finanziellen Mittel um weitere 5 Mil­lionen € erhöht. Wir haben bisher 94 Prozent der Volksschulen und 77 Prozent der Kin­dergärten in ganz Österreich erreicht und 200 000 Bewegungseinheiten zur Verfügung gestellt.

Sehr geehrte Damen und Herren! (Ruf bei der ÖVP: Redezeit!) Mit diesem Sportbud­get stellen wir das Sportjahr 2016 auf eine solide Basis. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.05


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Knes. – Bitte.

 


17.05.28

Abgeordneter Wolfgang Knes (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Hohes Haus! Zunächst einmal eine wichtige Botschaft meinerseits: Das österreichische Bun­desheer ist nach der neuen geopolitischen Lage wichtiger denn je! Keiner von uns – und ich glaube, da spreche ich für alle – könnte auf unser Bundesheer verzichten. (Abg. Rädler: Bei der Abstimmung habt ihr das auch gewusst?) – Ja, selbstverständlich! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wichtig ist für uns in diesem Haus aber auch, den Umkehrschluss vom Budget, der jetzt in der Landesverteidigung nämlich wirklich geschehen ist, auch zu erkennen. Ich


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weiß, dass es manchen zu wenig sein wird, ich weiß, dass die Wünsche natürlich grö­ßer sind, aber es kommt auch nie ein Vorschlag, wie man es letztendlich finanzieren soll.

Letztendlich sind wir auch zum Dank verpflichtet, nämlich unserem österreichischen Bun­desheer, für alle Einsätze, die es in den letzten Jahren gegeben hat, ob das im Hoch­wasser-Katastrophenschutz war, ob das bei großen Sportveranstaltungen war oder, last but not least, jetzt bereits auch im Auslandseinsatz und in Grenzsicherungen, sprich humanitärer Hilfe in der Flüchtlingskrise.

Von meiner Seite – und ich glaube, da darf ich für das ganze Haus sprechen – ein recht herzliches Dankeschön an alle Soldatinnen und Soldaten für ihren wirklich uner­müdlichen Einsatz für unsere Sicherheit in Österreich. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Zum anderen auch ein herzliches Dankeschön an unseren Minister, der es wirklich nicht leicht hat! Er wurde vielfach sozusagen angeschossen, nämlich leider Gottes auch von dem Abgeordneten Pilz, der nicht mehr hier ist, der es wirklich lächerlich findet, im Aus­schuss Anfragen an den Herrn Minister zu stellen, wie groß das Kabinett sei und wie die Personalpolitik im Stab ausschaue. Er hat sich aber nicht darüber unterhalten, wie die finanzielle Lage des Bundesheeres ausschaut und was die Strategie 2018 wirklich ausmacht. Da lade ich auch den Kollegen Pilz dazu ein, hier mitzuarbeiten, dass unser Bundesheer wieder in das richtige Licht kommt und die Wertschätzung empfangen darf, die es für seinen Einsatz verdient.

Meine geschätzten Damen und Herren! Herzlichen Dank, und dir, lieber Minister, dan­ke für deinen Einsatz! Ein „Glück auf“ für unser Österreich, für unsere Sicherheit! (Bei­fall bei der SPÖ.)

17.08


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fuchs zu Wort. – Bitte.

 


17.08.12

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Mit­glieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Der Ge­neralstabschef des österreichischen Bundesheeres ist der Meinung, dass die heimi­schen Sicherheitskräfte für die neuen Herausforderungen nicht ausreichend aufgestellt sind.

Im Gegensatz zur Innenministerin sieht der Herr Verteidigungsminister Terror und Flücht­lingsströme nicht als Anlass, höhere Budgetmittel zu fordern. Der Verteidigungsminis­ter ist der Meinung, dass das Budget ausreichend ist und das österreichische Bundes­heer für die neuen Herausforderungen ausreichend aufgestellt ist. Welche Lagebeurtei­lung ist nun die richtige: die des Generalstabschefs oder die des Verteidigungsminis­ters?

Der Herr Verteidigungsminister rühmt sich dessen, dass er beim Finanzminister 616 Mil­lionen € herausverhandelt hat. In Wirklichkeit hat der Finanzminister den Verteidigungs­minister budgetär ausgetrickst. Diesen 616-Millionen-Euro-Budgettrick des Finanzminis­ters möchte ich nun kurz erläutern.

350 Millionen € von den 616 Millionen € erhält das Verteidigungsministerium als Son­derinvestitionspaket ÖBH 2018 im Zeitraum 2016 bis 2019. Den Rest erhält das Vertei­digungsministerium nach 2019 – wohl wissend, dass spätestens 2018 Nationalratswah­len sind! Zwischenergebnis: Von den 616 Millionen € sind plötzlich nur mehr 350 Millio­nen € übrig geblieben, weil das Verteidigungsministerium die restlichen 266 Millionen ja erst nach 2019 erhält.


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Der 616-Millionen-Euro-Budgettrick des Finanzministers geht aber noch weiter: Das Sonderinvestitionspaket ÖBH 2018 beträgt nicht 350 Millionen €, wie der Herr Verteidi­gungsminister glaubt, sondern lediglich 174 Millionen €, da man im Landesverteidigungs­budget an anderer Stelle bereits 176 Millionen herausgestrichen hat. So sind von den ursprünglichen 616 Millionen € plötzlich nur mehr 176 Millionen € übrig geblieben, und zwar für den Zeitraum bis 2019. Den Kostendämpfungspfad habe ich hier noch gar nicht mitberücksichtigt.

Geld hat kein Mascherl, Herr Verteidigungsminister! Wenn ich mein ganzes Vermögen in zwei Kaffeedosen bunkere, und es nimmt mir jemand aus der ersten Dose 10 000 € heraus und gibt mir in die zweite Dose 3 000 € hinein, habe ich dann 3 000 € mehr oder 7 000 € weniger, Herr Verteidigungsminister in meinen Kaffeedosen? (Beifall bei der FPÖ.)

Einen zweiten Budgettrick des Herrn Finanzministers können Sie in der UG 45: Bun­desvermögen nachlesen. Wenn das Verteidigungsministerium militärische Liegenschaf­ten veräußert, so fließen die Veräußerungserlöse erst ab einem Schwellenwert von
11 002 000 € in das Landesverteidigungsbudget. Dem Verzeichnis veranschlagter Kon­ten zur UG 45 ist zu entnehmen, dass für das Außenministerium, für das Wirtschafts­ministerium und für das Justizministerium lediglich ein Schwellenwert von 1 000 € gilt.

Das heißt also, dass jeder Euro über der 1 000 €-Grenze sofort in das Budget dieser Ministerien fließt, beim Landesverteidigungsbudget erst ab 11 002 000 €! Aber der Herr Verteidigungsminister ist zufrieden mit dem Budget, und nicht umsonst lautet die Über­schrift in einem Artikel der Zeitung „Die Presse“ am 19. November 2015: „Ein Minister, der kein Geld will“.

Herr Verteidigungsminister, ich hoffe, Sie sind sich dessen bewusst, dass wir uns in ei­ner sehr instabilen Lage befinden, die sich jederzeit von ruhig auf gewaltbereit verän­dern kann. Sorgen Sie endlich dafür, dass unser hochgeschätztes Bundesheer die Mit­tel erhält, die es für die Erfüllung seines Auftrages benötigt! (Beifall bei der FPÖ.)

17.12


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Schmuckenschlager zu Wort. – Bitte.

 


17.12.54

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Der Sport lebt von Sportgeist und letztendlich auch von Spielregeln und Teamgeist. Wir hier herinnen haben auch unsere Spielregeln, diese werden durch die Geschäftsord­nung und natürlich auch die Redezeit definiert. Man fragt sich bei Ministern öfter, wann sie ihre Zeit überschritten haben – aber bei der Redezeit, Herr Minister, haben Sie das auf jeden Fall getan! (Beifall bei der ÖVP.)

Das einzig Gerechte daran ist, dass Sie sie Ihrer Fraktion weggenommen haben. Aber das ist dann eine Frage der Solidarität gerade in Ihren Kreisen.

Geschätzte Damen und Herren! Viel wichtiger im Sport ist aber die Frage der Sport­stätten. Wir müssen den Sportstättenplan noch ambitionierter vorantreiben. Da bitte ich Sie, Herr Minister, das entsprechend zu machen. Gerade beim Hallensport, und da bei den Ballsportarten, haben wir erhebliche Defizite, da müssen wir mehr machen. Wenn wir sehen, wie Minister in anderen Bereichen es schaffen, Sonderpositionen zu erar­beiten, dann muss das auch für den österreichischen Sport möglich sein. Wenn der Hel­denplatz um über 100 Millionen umgebaut wird, dann müssen wir es auch schaffen, fi­nanzielle Mittel für die Sportstätten aufzubringen.

Ein aktuelles Ereignis gibt es momentan in der Stadt Schwechat, rund um das Multi­versum, wo die Bürgermeisterin diese Sportstätte zum Kauf zur Verfügung stellt. Ich bitte eindringlichst, über die Bundesimmobiliengesellschaft zu prüfen, ob wir das nicht


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 586

in Bundeshoheit nehmen könnten, denn Bundesgeld steckt über die verschiedensten Förderkanäle drin, die auch schon Gegenstand der Staatsanwaltschaft waren oder sind. Wir müssen diese Sportstätte auch wieder für den Sport aktivieren! (Beifall bei der ÖVP.)

17.14


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kas­segger. – Bitte.

 


17.14.45

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Ich greife jetzt aus dem Bereich Landesverteidigung beziehungs­weise Landesverteidigung/Sport einen kleinen Punkt heraus, der mir völlig unverständ­lich ist und der mich traurig macht. Es ist die Schließung des Bundesoberstufenreal­gymnasiums an der Theresianischen Militärakademie, die unter Ihrer Verantwortung stattfindet. Ich verstehe das nicht. Wie gesagt, es macht mich traurig, wenn eine Top-Schule mit Internat für Kinder und Jugendliche aus ganz Österreich geschlossen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sprechen immer von der Jugend, Förderung der Jugend, Förderung des Sports. Es gibt kaum eine Schule in Österreich, wo der Grundsatz „Mens sana in corpore sano“ so gut umgesetzt wurde – wurde, muss man jetzt leider schon sagen – wie im Bundes­oberstufenrealgymnasium an der TherMilAk. Eine ganze Reihe von Olympiateilnehmern, im Fechten, Judo, Zehnkampf, Modernen Fünfkampf, Militärischen Fünfkampf et cete­ra, zählt zu den Absolventen dieser Schule, in der darüber hinaus noch solche Eigen­schaften wie Disziplin, Kameradschaft, Leistungsorientierung gelehrt wurden. Offen­sichtlich legen Sie auf diese Eigenschaften keinen Wert.

Ihr Argument, diese Schule aus Kostengründen zu schließen, kann ich auch nicht ganz nachvollziehen. Wir haben das in einer parlamentarischen Anfrage abgefragt: Wir re­den hier von 900 000 € an Kosten pro Jahr. Im Vergleich dazu: Wir haben auch abge­fragt, was das Bilderberger-Treffen in Tirol gekostet hat, ein Treffen von privaten Per­sonen aus den Bank- und sonstigen Bereichen. Da sind allein für die Personalkosten aus Ihrem Ressort 3 Millionen € ausgegeben worden. Da sind noch nicht dabei die Kosten für die 25 Flugzeuge, die herumgeflogen sind, und die 10 Hubschrauber et ce­tera. Man kann also davon ausgehen, dass wir da durchaus das Doppelte an Kosten haben.

Da stimmt ja die Relation überhaupt nicht beziehungsweise wissen wir wenigstens, wo Sie Ihre Prioritäten setzen: mit Sicherheit nicht bei der Jugend und beim Sport! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich komme zu einem zweiten Punkt: Strukturpaket 2018, von Ihnen im Oktober 2014 präsentiert auf Grundlage einer Lage, die sich damals ergeben hat, mit den Bereichen Auflösung von Verbänden, Verschrottung und Verkauf von verschiedenstem Gerät, Waf­fen, schweren Waffen, Verkauf von Kasernen et cetera. Wir haben demnächst den De­zember 2015, und ich würde Sie ersuchen und auffordern, eine Lagebeurteilung zu machen. Dann kommen Sie vielleicht drauf, dass wir eine neue Lage haben, dass insoweit das Strukturpaket 2018 nicht mehr adäquat und daher sofort einzustellen ist.

In diesem Sinne stellen wir Freiheitliche folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend so­fortige Aussetzung des Strukturpakets 2018


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 587

„Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird aufgefordert, die Umset­zung des Strukturpakets 2018 sofort auszusetzen und die Lage auf Grund der geän­derten Rahmenbedingungen neu zu beurteilen. Damit ist die Auflösung von Verbänden und Einheiten sowie der Verkauf von Liegenschaften, Gerät und Waffen einzustellen.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.18


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Kassegger soeben einge­brachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß unterstützt und steht daher mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

§ 55 GOG-NR

der Abgeordneten Dr. Bösch, MMag. DDr. Fuchs, MMMag. Dr. Kassegger und weiterer Abgeordneter betreffend sofortige Aussetzung des Strukturpakets 2018

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 6, Bericht des Bud­getausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewil­ligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 -
BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), Untergliederung 14 – militärische Angelegenhei­ten und Sport, in der 104. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 26. November 2015.

Die für 2016 budgetierten Ausgaben im Bereich UG14 – militärische Angelegenheiten und Sport belaufen sich auf 2,07 Milliarden Euro. Ohne das Budget für den Sport ergibt dies ein Budget für die Landesverteidigung im Jahr 2016 von 1,938 Milliarden Euro. Nicht einmal 0,6 Prozent des BIP. Es gibt im Budget 2016 gegenüber dem Jahr 2015 eine Erhöhung um 90,2 Mio. Euro. Diese Steigerung ist mit der ersten Tranche von 96,0 Mio. Euro des Sonderfinanzierungspakets von 616 Mio. Euro zu erklären. Dies wurde notwendig, weil das Ressort 2018 jährlich 200 Mio. Euro einsparen muss.

Neben der FPÖ hat auch der ÖVP-Wehrsprecher Abgeordneter Schönegger die Um­setzung des Strukturpakets 2018 kritisiert und in einer Aussendung vom 28. Oktober 2015 gefordert, dass das Bundesheer an die veränderten Bedingungen angepasst wer­den müsse: „Die Ereignisse der letzten Monate und Wochen haben gezeigt, dass das aktuelle Strukturpaket des Österreichischen Bundesheers unter gänzlich anderen Vo­raussetzungen erstellt und beschlossen wurde.“ Er fordert in der OTS0143 keine wei­tere Auflösung von Verbänden, keinen weiteren Fähigkeitsverlust und keine Verkäufe und keine Verschrottung von Gerät und Waffen, also die sofortige Aussetzung der Struk­turpakets 2018 vom Bundesminister für Landesverteidigung und Sport.

Durch den Verkauf des Großteils der Waffen und der Ausrüstung wird das Heer nicht mehr in der Lage sein, seine verfassungsmäßigen Aufträge zu erfüllen. Durch das Ver­schleudern von Liegenschaften wird das Budget nicht entlastet. Auch sollten die be­währten Elemente der Öffentlichkeitsarbeit des Heeres wie zum Beispiel die Militärmu­sikkapellen in ausreichender Stärke erhalten bleiben.

Die Verschärfung der Lage in Osteuropa und in Syrien ebenso wie die Gefahren durch die unkontrollierte Immigration soll und darf nicht negiert werden. Daher ist es unbe­dingt notwendig, die Strukturreform ÖBH 2018 sofort einzustellen und die Lage auf Grund der geänderten Rahmenbedingungen neu zu beurteilen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 588

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird aufgefordert, die Umset­zung des Strukturpakets 2018 sofort auszusetzen und die Lage auf Grund der geän­derten Rahmenbedingungen neu zu beurteilen. Damit ist die Auflösung von Verbänden und Einheiten sowie der Verkauf von Liegenschaften, Gerät und Waffen einzustellen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Troch. – Bitte.

 


17.18.52

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesmi­nister! In der Volksbefragung 2013 haben die Österreicherinnen und Österreicher klar ent­schieden, dass die allgemeine Wehrpflicht weiterhin ein unverzichtbarer Grundpfeiler der österreichischen Landesverteidigung bleiben soll. Dieser politische Auftrag des ös­terreichischen Volkes kommt auch im Budget 2016 klar zum Ausdruck. (Abg. Neubau­er: Das glauben Sie ja wohl selber nicht!)

Für die SPÖ kann ich feststellen, dass die allgemeine Wehrpflicht dann Sinn macht, wenn der Wehrdienst von jungen Menschen als sinnvoll erlebt wird – als sinnvoll, aber auch als interessant, im besten Fall auch spannend, und wenn Spaß dabei ist, umso bes­ser; da wird es eben Elemente geben. Wenn das zutrifft, dann werden die Präsenzdie­ner und -dienerinnen Botschafter des Heeres sein, und die Miliz wird auch keine Nach­wuchsprobleme haben.

Der Wehrdienst soll also attraktiver werden. Dafür wird es 2016 bis 2019 die entspre­chenden Budgetmittel geben, 2016 bekanntlich schon 30 Millionen €.

Dass im Zentrum des Wehrdienstes die Ausbildung stehen muss, ist ja wohl klar. Dort wird die Reform ansetzen. In Zukunft wird der einzelne Präsenzdiener die Möglichkeit haben, auch zu wählen, was Ausbildungsthemen betrifft. Es wird eine Wahlmöglichkeit von vier Modulen geben: Schutz und Hilfe, militärische Spezialisierung, den Bereich Cybersicherheit und das militärische Berufspraktikum. Der Sport wird aufgewertet wer­den, wertschätzender Umgang mit Rekruten wird mehr in den Vordergrund gestellt wer­den, und es wird bauliche Verbesserungen bei den Sanitäranlagen und bei den Unter­künften geben.

Diese Reform ist ein klares Bekenntnis zum österreichischen Bundesheer und zu des­sen Zukunft. Worum es geht, ist eben der Schutz der Republik, und dafür brauchen wir hochmotiviertes Personal beim Bundesheer, bestens ausgebildet und gut ausgerüstet. SPÖ und ÖVP arbeiten daran. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.21


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brückl. – Bitte.

 


17.21.04

Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Mitglieder dieses Hauses! Seit 2009 wird das Landes­verteidigungsbudget systematisch heruntergefahren. Herr Bundesminister, Sie haben in der Sitzung des Budgetausschusses am 19. November mehrmals betont, dass das Ver­teidigungsbudget erstmals wieder angehoben wird, von 1,802 Milliarden € auf 1,939 Mil­liarden €.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 589

Gleichzeitig lässt sich aber festhalten, dass die Planstellenkürzungen in Ihrem Bereich fortgeführt werden, dass die Einberufungen auch für 2016 weiter sinken, worunter na­türlich auch wieder die Miliz leiden wird. Es lässt sich festhalten, dass das Verhältnis der Personalkosten zum Gesamtbudget viel zu hoch ist und eine Anpassung dieses Verhältnisses nur durch eine Erhöhung der Gesamtausgaben für die Landesverteidigung möglich sein wird.

Das Investitionsbudget reicht nicht ansatzweise an jenes vergleichbarer Länder heran. Herr Bundesminister, es wäre Ihre Aufgabe, es wäre die Aufgabe der gesamten Bun­desregierung, dafür zu sorgen, dass unsere Armee die Sicherheit unserer Heimat da­durch gewährleisten kann, dass man mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, gera­de in schwierigen Zeiten. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, es hat den Anschein, als würden Sie uns jetzt diese Erhöhung von 1,8 Milliarden auf 1,9 Milliarden € als Erfolg zu verkaufen versuchen. Tatsache ist aber, dass damit in Wirklichkeit das Leiden nur verlängert wird. Das kommt mir so vor, Herr Bundesminister, als würden Sie jemanden, der ohnehin schon spärlich bekleidet ist, bis auf die Unterwäsche ausziehen, und dann, wenn es kalt wird, geben Sie ihm ei­nen Schal, damit er nicht erfriert. Ich kann Ihnen garantieren, er wird erfrieren. (Zwi­schenruf des Abg. Höbart.)

Sie haben weiters, Herr Bundesminister, im Budgetausschuss am 19. November ge­meint, dass Sie die Kosten des Assistenzeinsatzes noch nicht beziffern können, aber mit einem zweistelligen Millionenbetrag rechnen.

Die Heranziehung von Grundwehrdienern haben Sie, Herr Bundesminister, ebenfalls de­zidiert ausgeschlossen. Aber nicht nur wir Freiheitliche fordern den Grenzeinsatz von Grundwehrdienern, auch die Österreichische Volkspartei tut das. Sie hat durch ihren Wehrsprecher, Abgeordneten Kollegen Schönegger, in der OTS 168 vom 29. Oktober 2015 erklärt (Abg. Schönegger: Ja!), dass der Verteidigungsminister und der Herr Ge­neralstabschef einer bemerkenswerten Fehleinschätzung unterliegen. Ich zitiere aus die­ser Presseaussendung:

„Selbstverständlich sind sowohl Grundwehrdiener, welche nach einer gewissen Zeit als solche über die notwendige Ausbildung verfügen, als auch die Miliz … beim aktuellen Assistenzeinsatz zur Grenzsicherung (bzw. humanitären Hilfe) aufzubieten, alles an­dere ist absurd und stellt das System der Wehrpflicht massiv in Frage!“ (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Schönegger: Schön zitiert!)

Herr Bundesminister, Österreich befindet sich in einer existenziellen Notlage, und wir müssen, wie der Obmann des Landesverteidigungsausschusses Dr. Reinhard Bösch heute schon gesagt hat, unsere strategische Handlungsreserve einsetzen, und das ist nun einmal das Bundesheer, auch mit seinen Grundwehrdienern. Das Einsetzen der Grundwehrdiener nach einer entsprechenden Ausbildung und vor allem auch einer ent­sprechenden Ausbildungsdauer würde darüber hinaus den Zielen der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit entsprechen, und es würde die Motivation und auch die Durchhal­tefähigkeit massiv erhöhen.

Wir haben ja auch in der Vergangenheit – auch das wurde heute bereits erwähnt, Herr Bundesminister – die Grenzen zu Ungarn mit dem Einsatz von Grundwehrdienern si­chern und überwachen können. Warum sollte das heute nicht mehr möglich sein?

Ich darf daher folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ein­satz von Grundwehrdienern im Assistenzeinsatz


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 590

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird aufgefordert, im Sinne der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit auch Grundwehrdiener für den Assistenzeinsatz an der Grenze, nach der Basisausbildung 2, zur Unterstützung der Kader- und Berufssol­daten heranzuziehen.“

*****

Herr Bundesminister, wenn Ihnen unser Bundesheer, wenn Ihnen unsere Soldaten, wenn Ihnen unsere Heimat und wenn Ihnen unsere Bürger am Herzen liegen, dann werden Sie dafür sorgen, dass endlich wieder mehr Mittel für die Landesverteidigung und damit auch für die Sicherheit zur Verfügung stehen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. El Habbassi.)

Das wäre der einzig gangbare Weg, Herr Bundesminister – alles andere halten wir, mit Verlaub, für nicht sehr gescheit. (Beifall bei der FPÖ.)

17.25


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Brückl vorgetragene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

§ 55 GOG-NR

der Abgeordneten Dr. Bösch, Brückl und weiterer Abgeordneter betreffend Einsatz von Grundwehrdienern im Assistenzeinsatz

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 6, Bericht des Bud­getausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), Untergliederung 14 – militärische Angelegenhei­ten und Sport, in der 104. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 26. November 2015

Die für 2016 budgetierten Ausgaben im Bereich UG14 – militärische Angelegenheiten und Sport belaufen sich auf 2,07 Milliarden Euro. Ohne das Budget für den Sport ergibt dies ein Budget für die Landesverteidigung im Jahr 2016 von 1,938 Milliarden Euro. Nicht einmal 0,6 Prozent des BIP. Es gibt im Budget 2016 gegenüber dem Jahr 2015 eine Erhöhung um 90,2 Mio. Euro. Diese Steigerung ist mit der ersten Tranche von 96,0 Mio. Euro des Sonderfinanzierungspakets von 616 Mio. Euro zu erklären. Dies wurde notwendig, weil das Ressort 2018 jährlich 200 Mio. Euro einsparen muss.

Im Budgetausschuss am 19.11.2015 zur Behandlung des Budgets UG14 – militärische Angelegenheiten konnte Bundesminister Klug die Kosten des Assistenzeinsatzes noch nicht beziffern, rechnete aber mit einem zweistelligen Millionenbetrag. Mit dem Bun­desministerium für Inneres wurde vorerst eine Obergrenze von 2.200 Soldaten für den Assistenzeinsatz vereinbart. Im Einsatz sind bis jetzt nur 1.500 Berufssoldaten. Die Heranziehung von Grundwehrdienern für den Grenzeinsatz schloss der Minister dezi­diert aus. Außerdem stehen laut APA268 vom 14.November 2015 auch 443 Soldatin­nen und Soldaten, darunter 305 Grundwehrdiener, im Rahmen des Verwaltungsüber­einkommens zur Unterstützungsleistung im Einsatz.

Neben der FPÖ, die den Einsatz der Grundwehrdiener in einer Pressekonferenz gefor­dert hat, hat auch der ÖVP-Wehrsprecher Abgeordneter Schönegger in seiner OTS168


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 591

vom 29.Oktober 2015 erklärt, dass der Verteidigungsminister und General-stabschef einer bemerkenswerten Fehleinschätzung unterliegen: „Selbstverständlich sind sowohl Grundwehrdiener, welche nach einer gewissen Zeit als solche über die notwendige Ausbildung verfügen, als auch die Miliz (freiwillig) beim aktuellen Assistenzeinsatz zur Grenzsicherung (bzw. humanitären Hilfe) aufzubieten, alles andere ist absurd und stellt das System der Wehrpflicht massiv in Frage!“

Österreich ist als Staat in einer existenziellen Notlage. Die Republik muss die strate­gische Handlungsreserve einsetzen, das ist das Österreichische Bundesheer mit auch seinen Grundwehrdienern. Die Interessensgemeinschaft der Berufsoffiziere hat in der Aussendung OTS0008 vom 25. November 2015 richtigerweise auch die höheren Kos­ten für den Einsatz nur von Berufssoldaten erkannt. Eine Zusammenarbeit von Berufs­soldaten und Grundwehrdienern, nach einer entsprechenden Ausbildungsdauer würde den Zielen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit mehr entsprechen und die Motiva­tion und Durchhaltefähigkeit massiv erhöhen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird aufgefordert, im Sinne der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit auch Grundwehrdiener für den Assistenzeinsatz an der Grenze, nach der Basisausbildung 2, zur Unterstützung der Kader- und Berufssol­daten heranzuziehen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durchschlag. – Bitte.

 


17.25.55

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bud­get des österreichischen Bundesheeres für das Jahr 2016 steigt – das ist die gute Nach­richt –, allerdings, und das muss man einschränkend leider sagen, ist das ja auf das be­schlossene Sonderinvestitionsprogramm zurückzuführen, also ist es keine grundsätzli­che Erhöhung, sondern als Nachholinvestition zu verstehen.

Die Frage, die sich einem insbesondere auch angesichts der diversen Bedrohungssze­narien aufdrängt, ist: Wie halten wir, Politik und Bevölkerung, es eigentlich mit der Lan­desverteidigung? Ist sie uns etwas wert, und wäre nicht gerade jetzt die Zeit, uns zu­mindest dem international üblichen Finanzierungsniveau langsam anzunähern? (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin auch nicht so vermessen, das Budget unseres ebenfalls neutralen Nachbar­staates Schweiz als Messlatte zu nehmen, aber der vorletzte Platz im EU-Vergleich ist aus meiner Sicht nicht der Platz, auf dem ich Österreich in diesem Zusammenhang se­hen möchte. (Beifall bei der ÖVP.)

Dabei möchte ich diese Gelegenheit auch dazu nützen, mich bei den Bundesheeran­gehörigen aller Verwendungsgruppen sehr herzlich zu bedanken. In Anbetracht der Um­stände sind die Leistungen als überdurchschnittlich hoch zu bezeichnen. Dabei denke ich beispielsweise an die zirka 5 000 Soldaten, die in Crowd and Riot Control ausge­bildet und auch trainiert sind, also Soldaten, die in Auslandseinsätzen in der Praxis ge­lernt haben, mit Massenanstürmen und zum Teil auch Unruhen professionell umzuge-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 592

hen, und die auch trainiert sind, solche Ereignisse zu befrieden, was sie in ihren Ein­sätzen am Balkan durchaus schon unter Beweis gestellt haben.

Es gibt ein sicheres Gefühl, diese Spezialisten im Fall des Falles zur Verfügung zu ha­ben. Es muss allerdings klar sein, dass auf längere Sicht mit einem derart geringen Landesverteidigungsbudget auch diese Leistungen, die unmittelbar mit der Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher zusammenhängen, nicht aufrechterhalten wer­den können.

Daher mein Appell an Sie, Herr Bundesminister – das österreichische Bundesheer ist Ihnen, das haben Sie schon öfter gesagt, das glaube ich Ihnen auch, ein Anliegen –: Kämpfen Sie bitte dafür, dass sich die Leistungsfähigkeit und -willigkeit der Bundes­heerangehörigen auch in einem ordentlichen Budget widerspiegeln. Die Unterstützung der Österreicherinnen und Österreicher ist Ihnen sicher. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Immer diese Kritik am Finanzminister! Jetzt reicht’s aber langsam!)

17.28


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Schmid zu Wort. – Bitte.

 


17.28.23

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Zum Thema Landesverteidigung: Die Lan­desverteidigung ist eine der Säulen des österreichischen Sicherheitskonzeptes. Die Be­völkerung hat sich mit großer Mehrheit für die Beibehaltung der allgemeinen Wehr­pflicht sowie des Milizsystems ausgesprochen. Auch wenn sich in Friedenszeiten der Schwerpunkt des Aufgabenbereiches des Bundesheeres auf den Katastrophenschutz verlagert, sind der Heimatschutz und der Schutz der Bundesgrenzen in vollem Umfang aufrechtzuerhalten. Auch die Überwachung des Luftraumes ist sicherzustellen.

In den vergangenen Jahren war ein stetiger Abbau des Bundesheeres festzustellen, wo­bei Einheiten wegrationalisiert, Gerät, Waffen und Kraftfahrzeuge ausgeschieden, Ka­sernen geschlossen und verkauft wurden und weitere Kasernenschließungen auch heu­te noch angedacht sind.

Bezug nehmend auf diesen vollzogenen Rückbau des Bundesheeres ist unter ande­rem die Einschätzung des Rechnungshofes, wonach das Bundesheer derzeit über ei­nen Überbestand an Offizieren verfügt, als irrig zu bezeichnen. Bei Berufssoldaten han­delt es sich bekanntlich um nicht abbaubare Beamte. Eine sinnvolle Personalpolitik ist auch für das Bundesheer, bezogen auf Sicherheit und Katastrophenschutz, oberstes Ge­bot, wobei Personalabbau nicht akzeptabel erscheint.

Die derzeit vorherrschende Flüchtlingswelle stellt sowohl in der Logistik als auch im Per­sonalsektor eine Herausforderung dar, welche mit erheblichen Kosten verbunden ist. Zur Bewältigung des Problems erforderliche Assistenzleistungen sind nach dem Verur­sacherprinzip abzurechnen. Diese beweisen die Erfordernis eines einsatzfähigen Bun­desheeres, was derzeit nur bedingt gegeben erscheint.

Herr Bundesminister, kommen Sie Ihrer Verpflichtung nach und stoppen Sie den Ab­bau des österreichischen Bundesheeres unverzüglich! Ihre Botschaft wurde zur Kennt­nis genommen, deren Umsetzung ist dringend erforderlich und wird kritisch beobach­tet. – Danke.

17.30


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gu­senbauer-Jäger. – Bitte.

 


17.31.04

Abgeordnete Marianne Gusenbauer-Jäger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sport ist ein wesentlicher und unverzichtbarer Baustein


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 593

in der Erziehung und Integration und in der medizinischen Prävention. Chronischer Be­wegungsmangel schwächt Körper und Geist, fördert Übergewicht und macht krank. Ge­sunde Bewegungsförderung muss daher möglichst früh eingesetzt werden. Bei den Kleinsten investieren, um später nicht reparieren zu müssen, das ist gestern auch schon ein paar Mal angesprochen worden.

Erfahrungen und Untersuchungen haben ergeben, dass Bewegung viel Positives be­wirkt. Sie stärkt den Bewegungsapparat, ist gut für die Psyche und stärkt das Herz-Kreislauf-System. Davon profitiert garantiert auch das Gesundheitssystem in Bezug auf die Investitionen.

Daher ist „Kinder gesund bewegen“ wichtig, und genau diese Initiative „Kinder gesund bewegen“ haben unser Bundesminister und die drei Breitensportverbände eingeführt. Der Bundesregierung ist es wichtig – und das zeigt die Aufstockung von 2 Millionen € auf etwa 7 Millionen € –, dass das ein wichtiger Bestandteil für die Bewegung der Kin­der ist. Ein großes Dankeschön an unseren Bundesminister! Ab dem Jahr 2015 kann jede Kindergartengruppe und jede Volksschulklasse auf 15 Bewegungseinheiten zu­rückgreifen, und das ist wiederum eine Förderung der Bewegung der Kinder.

Als positives Beispiel darf ich hier auch noch die Einführung der täglichen Turnstunde anführen. Auch hierfür noch Dank an unsere Bundesministerin Gabriele Heinisch-Ho­sek! – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schönegger.)

17.32


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Doppler zu Wort. – Bitte.

 


17.33.09

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit)|: Herr Präsident! Herr Minis­ter! Herr Finanzminister – er ist gerade verschwunden –, sehr geehrte Damen und Her­ren! UG 14: Militärische Angelegenheiten und Sport: Für 2016 sind hier 1,39 Milliar­den € festgelegt. Das Budget, Herr Minister, hat eine „Schwundsucht“. 616 Millionen € sind im Bereich der Infrastruktur, der Ausrüstung und der Ausbildung budgetiert. Das ist dringend notwendig, leider ist das aber auf Jahre aufgeteilt. 220 Millionen € sollen in die Zentralstelle gehen, 1,71 Milliarden € bekommen die Streitkräfte. Zirka 1 100 Sol­datinnen und Soldaten sind bei verschiedenen Friedensmissionen im Einsatz, die Kos­ten dafür betragen zirka 65 Millionen €.

Herr Minister, ich habe eine Bitte an Sie: Hungern Sie unsere Landesverteidigung nicht ganz aus! Wir brauchen unser Heer, vor allem brauchen wir auch unseren Kulturträger, die Militärmusik. Ich darf hier aber schon feststellen: Es geht nicht nur um die Militär­musik als Kulturträger, sondern die Soldatinnen und Soldaten sind auch in Katastro­pheneinsätzen eingesetzt. Das muss auch einmal erwähnt werden, denn, Herr Minis­ter, wir haben es ja von Ihren Vorgängern schon einmal gehört, auch wenn diesbezüg­lich alles in Stein gemeißelt ist, hält das meistens nicht sehr lange. – Herzlichen Dank. (Beifall der Abgeordneten Lugar und Schellenbacher.)

17.34


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter El Habbassi zu Wort. – Bitte.

 


17.34.51

Abgeordneter Asdin El Habbassi, BA (ÖVP): „Ich gelobe, mein Vaterland, die Repu­blik Österreich, und sein Volk zu schützen und mit der Waffe zu verteidigen“. Und wei­ter: „mit allen meinen Kräften der Republik Österreich und dem österreichischen Volke zu dienen.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 594

Sehr geehrte Damen und Herren, das ist ein Teil der Forderung des Gelöbnisses, das jeder Grundwehrdiener ablegt, wenn er sich zum Grundwehrdienst meldet. Wir leben jetzt in einer Situation, in der die österreichische Bevölkerung zu Recht diesen Schutz und diese Hilfe einfordert. Angesichts der Situation, in der die Exekutive, die Soldatin­nen und Soldaten des österreichischen Bundesheers und viele, viele freiwillige zivile Hel­ferinnen und Helfer täglich an ihr Limit gehen, täglich an Überforderung leiden, weil sie einfach nicht mehr die Mannstärke haben, um all die Aufgaben, die derzeit auf sie zu­kommen, zu bewältigen, verstehe ich nicht, dass es nicht möglich ist, Grundwehrdie­ner, die sich für das Bundesheer gemeldet haben und ihre Aufgabe für Österreich wahr­nehmen wollen, nämlich einen Beitrag zu leisten, einzusetzen.

Ich frage mich, warum wir in solch einer Situation nicht auch die Miliz stärken und das Bundesheer mit entsprechenden Mitteln ausstatten, anstatt Kompanien und Einheiten abzubauen und alles Mögliche an Material zu verscherbeln.

Herr Minister, mit Verlaub: Der Entschließungsantrag aller Parteien hier besagt unter anderem, dass im Dezember 2014 das Strukturpaket der österreichischen Bundesre­gierung auf die damaligen einsatzwahrscheinlichen Aufgaben des Bundesheers abge­stellt war, und er fordert, weil sich die sicherheitspolitische Lage seither massiv geän­dert hat, ein, dass diese Änderungen eingearbeitet werden und dass neue Strategien vorgelegt werden, und nicht, dass man diesen Weg genauso fortführt, wie man es bisher getan hat. Ich bitte Sie, das auch ernst zu nehmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schellenbacher. – Abg. Krainer: Die ganze Zeit gibt es die­se Unter-dem-Gürtel-Kritik am Finanzminister!)

17.37


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lintl zu Wort. – Bitte.

 


17.37.14

Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (ohne Klubzugehörigkeit)|: Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Verteidigungsmi­nister, es muss jetzt endlich Schluss sein – Schluss mit dem organisierten Kaputtspa­ren des Bundesheeres, Schluss mit der Gefährdung unserer Soldaten und damit der Si­cherheit Österreichs!

Sie setzen sich nicht ausreichend für die eigene Truppe ein. Ich sehe ein falsches Amtsverständnis, wenn Sie angesichts der aktuellen Bedrohungslage nicht mehr Bud­get für das Bundesheer fordern. (Beifall.) Das Heer kann seine ureigenen Aufgaben fast nicht mehr erfüllen. Natürlich will der Finanzminister angesichts der galoppieren­den Kosten für die Flüchtlinge sparen und hungert das Bundesheer finanziell aus, und Sie lassen das zu.

Panzer und schweres Gerät, Fahrzeuge und Kasernen werden verkauft, Flugzeuge an­statt gewartet einfach stehen gelassen. Weil Munition zu teuer ist, wird eben weniger geübt. Es fehlt an allen Ecken und Enden adäquate Ausrüstung, aber das ist von mei­nen Kollegen schon hinreichend erläutert worden. Und das alles geschieht zu einer Zeit, in der die Armee die Polizei unterstützen muss. Eigentlich ist es Aufgabe der Ar­mee, im Rahmen dieses Assistenzeinsatzes die Staatsgrenzen zu sichern. Jetzt dürfen aber die Soldaten beobachten, wie Tausende Flüchtlinge täglich illegal unsere Gren­zen übertreten.

Auch Schlagzeilen darüber, dass das Bundesheer warmes Essen für Flüchtlinge liefert, also zu einem Catering-Unternehmen degradiert wird, sind demoralisierend für die Trup­pe. Wie soll das Bundesheer als Arbeitgeber für junge Menschen noch attraktiv sein bei einem solch armseligen und unsicheren Arbeitsumfeld?


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 595

Ich fordere Sie daher auf: Seien Sie ein Vorbild und kämpfen Sie endlich für Ihre Sol­daten!

Setzen Sie sich für ihre Sicherheit ein, indem Sie für ein ausreichendes Budget von mindestens 1 Prozent, besser aber 2 Prozent des BIP sorgen!

Hören Sie auf mit Ihrer Vogel-Strauß-Politik, und stellen Sie sich den aktuellen Heraus­forderungen!

Sparen Sie nicht bei unserem Bundesheer, der strategischen Reserve der Republik, son­dern sichern Sie die Österreicher und die Grenzen unseres Landes! (Beifall bei der FPÖ.)

17.39


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter An­toni. – Bitte.

 


17.40.02

Abgeordneter Konrad Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möch­te in meinen Ausführungen kurz auf den Bereich Sport, speziell auf den Bereich heimi­scher Behindertensport, eingehen. In weniger als einem Jahr werden in Rio de Janeiro die Paralympischen Spiele eröffnet. Unsere paralympischen Sportlerinnen und Sportler bereiten sich bereits intensiv auf dieses sportliche Highlight vor. Bei den letzten Para­lympischen Spielen 2012 in London gelang unseren Athletinnen und Athleten ein sehr großer Erfolg, 13 Medaillen konnten damals nach Hause geholt werden. Ziel ist es jetzt natürlich, auch weiterhin solche Erfolge bei Großveranstaltungen einzufahren.

Die Förderung des Behindertensports ist somit ein wesentlicher Bestandteil und ein Anliegen unseres Sportministers Klug. Im heurigen Jahr 2015 wurden das Österreichi­sche Paralympische Committee mit 300 000 €, der Österreichische Behindertensport­verband mit 1,1 Millionen € und das Special Olympics Österreich mit 150 000 € geför­dert. Auch nächstes Jahr wird es für die laufenden Förderungen des Sports im Wege der Verbandsförderung und der Spitzensportförderung unveränderte Mittel geben. Im Rahmen des Projekts „Rio“ fördert das Sportministerium 15 Paralympic-Sportlerinnen und -Sportler mit 400 000 €, und auch die Österreichische Sporthilfe unterstützt diese mit monatlichen Förderungen.

Minister Klug gelang es somit erstmals – und das ist wirklich erfreulich –, die gleichen Voraussetzungen für Athletinnen und Athleten mit und ohne Behinderung zu schaffen.

Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass auch rund 1,7 Millionen € in ein Judo-Dojo und eine barrierefreie Leichtathletik-Indooranlage im Bundessport- und Freizeit­zentrum Südstadt investiert wurden. Die Südstadt ist bekanntlich Österreichs größtes Leistungssportzentrum für den Sommersport. Ziel ist es dort, den heimischen Nach­wuchstalenten, den Heeressportlern und den Spitzensportlern ein Trainingsumfeld auf internationalem Niveau zu bieten. Erfreulicherweise können sich dort jetzt unsere Ath­letinnen und Athleten mit und ohne Behinderung gemeinsam auf Rio 2016 vorbereiten. Alles Gute unseren Sportlern! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.42


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Steinacker zu Wort. – Bitte.

 


17.42.31

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Ho­hes Haus!

Mein heutiges Zitat: „Fit mach mit“. Dieser Slogan ist jedem Österreicher, jeder Öster­reicherin seit mehr als 40 Jahren bekannt. Seit 1971 bewegen österreichische Sport-


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vereine am Nationalfeiertag Menschenmassen. Natürlich ist diese Bewegung an die­sem Tag, der heute „Gemeinsam gesund bewegen“-Tag heißt, schwieriger geworden. Es gibt ein großes Freizeitangebot und man steht natürlich in Konkurrenz zu anderen Angeboten. Trotzdem: Für viele Menschen ist oftmals diese Veranstaltung das erste Hi­neinschnuppern in einen Sportverein. Wir haben 15 000 Sportvereine in Österreich, die Großartiges für unsere Gesellschaft leisten.

Als Vizepräsidentin der Bundessportunion und mit unseren über 4 000 Vereinen der Sportunion ist es mir ein riesengroßes Anliegen, genau heute, an diesem Tag, bei die­ser Budgetrede auch unseren Vereinen zu danken für ihr großes Engagement in unse­rer und für unsere Gesellschaft. Viele Funktionäre arbeiten natürlich im ehrenamtlichen Bereich. Der Sportverein ist Abbild unserer Gesellschaft. Die Angebote reichen vom Eltern-Kind-Turnen für die Kleinsten bis zu den Best Agern oder den Älteren; da wach­sen die Angebote sozusagen wie Schwammerl aus dem Boden.

Aber das ganz Besondere ist, im Sportverein sind alle gleich. Bildungsunterschiede spie­len weniger Rolle, und vor allem ist der Sportverein ein Integrationsmotor der Sonder­klasse. Im Sport finden Menschen zusammen, ohne Unterschiede, noch viel leichter als in anderen Lebensbereichen.

Herr Bundesminister, ich danke Ihnen herzlich, denn mit der Bundessportförderung si­chern wir die Grundversorgung unserer Vereine nachhaltig. Insbesondere herausstrei­chen möchte ich das von einigen bereits erwähnte Schulkooperationsprogramm „Kin­der gesund bewegen“, mit dem in mehr als 80 Prozent der Schulen und Kindergärten Übungsleiter mehr als 15 Einheiten in den Institutionen leisten.

Herr Bundesminister, Sie haben im heurigen Jahr diese Mittel um 5 Millionen € aufge­stockt. Das bedeutet, dass wir im nächsten Jahr sage und schreibe über 100 000 Sport­stunden zusätzlich in unseren Bildungseinrichtungen haben werden. Ich glaube, das ist wirklich einen Applaus wert. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall und Bravoruf der Abg. Yilmaz.)

Aus einer breiten Basis natürlich zur Spitze – auch das ist ein Thema unserer Sport­förderung. Ich sage, die Sportangebote müssen von Grund auf leicht zugänglich sein, sie müssen leistbar sein und Sport muss Spaß machen. Und dann setzen wir an bei den Menschen, die sich für den Sport in ihrer Sparte interessieren, und schauen, dass wir nicht nur die Menschen bewegen und gesund halten, sondern auch Olympiasieger der Zukunft fördern.

Meine Damen und Herren! „Fit mach mit“, wir bewegen Menschen – unser Ziel als Poli­tiker für unsere Bürger. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.45


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Yil­maz. – Bitte.

 


17.45.35

Abgeordnete Nurten Yilmaz (SPÖ): Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Vor­ab: Es gibt keine einzige Großsportveranstaltung, bei der die direkten Einnahmen die direkten Ausgaben abdecken: keine Olympischen Spiele, keine WM, keine Europameis­terschaften. Die Einzigen, die immer direkt gewinnen, sind das IOC, die FIFA oder die UEFA.

Eine seriöse Berechnung muss bei solchen Sportveranstaltungen die Umwegrentabili­tät miteinberechnen. In Schladming war es eben so, dass die Infrastruktur verbessert wurde, die Übernachtungen steigen stetig – im Winter plus 10,3 Prozent, im Sommer über ein Viertel Prozent mehr Übernachtungen –, ein neuer Bahnhof – das darf man ein­fach nicht zur Seite schieben.


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Auf der anderen Seite war es auch ein Erfolg für österreichische Sportlerinnen und Sportler: zwei Weltmeistertitel, zwei Vizeweltmeistertitel und vier Bronzemedaillen für die rot-weiß-roten Teams. Unterm Strich bleibt, dass es der Region genutzt hat und sehr gut für den Sport war.

Natürlich kann man es noch besser machen. Ein Rechnungshofbericht hat ja immer die Weisheit der Rückschau. Natürlich gab es Koordinationsmängel. Auch ÖSV-Präsident Schröcksnadel hat es an der nötigen Transparenz fehlen lassen. Aber, sehr geehrte Damen und Herren, wir nehmen den Rechnungshofbericht sehr ernst, und Sie können versichert sein, dass der Herr Minister jeden einzelnen Vorschlag des Rechnungshofs prüfen und, damit solche Mängel nicht mehr auftauchen, auch Maßnahmen treffen wird.

In diesem Sinne bedanke ich mich. Die Weltmeisterschaft in Schladming war wirklich ein voller Erfolg. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zakostelsky.)

17.48


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ertl­schweiger. – Bitte.

 


17.48.10

Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Wer­te Herren Bundesminister! Flüchtlingsströme, die nicht abreißen, Terroranschläge, die im­mer perfider werden, Ausnahmezustände, Angst, Schrecken – und das alles mitten in Eu­ropa.

Meine Damen und Herren, gerade jetzt muss die Politik Flagge zeigen, gerade jetzt gilt es, Vertrauen in der Bevölkerung in den Rechtsstaat und seine Institutionen zu schaf­fen. Wir haben es heute schon von Kollegen Schönegger gehört: Das österreichische Bundesheer spielt hier eine zentrale Rolle. Stichwort: Schützen und helfen, wo andere nicht mehr können.

Die aktuelle sicherheitspolitische Lage in Europa muss auch für das Bundesheer An­lass sein, geplante Umstrukturierungen zu evaluieren und zu überdenken, ob es jetzt um den Verkauf von schweren Waffen geht oder um die geplante Reduktion von Kaser­nenstandorten wie etwa in Horn oder in Tamsweg.

Die aktuelle Lage in Europa muss für die Politik generell Anlass sein, ihren Zugang zum österreichischen Bundesheer zu überdenken, etwa wenn ich heute in der „Kronen Zeitung“ einen Sportkommentar von Sport-Chef Robert Sommer lese, der schreibt, dass wir auf Jahre hin eine Olympia-Kandidatur vergessen können. Er schreibt hier, meine Damen und Herren:

Mit einer Operetten-Armee von meist unfreiwilligen 18-Jährigen, die zum Präsenzdienst gezwungen werden, ist die Sicherheit für ein derartiges Großereignis nicht einmal an­satzweise zu gewährleisten. – Zitatende.

Er bezeichnet das österreichische Bundesheer als „Operetten-Armee“. Herr Sportmi­nister, in der Boxersprache würde man sagen, das war ein Leberhaken.

Unabhängig aber von einer Olympia-Kandidatur erfordert die sicherheitspolitische Lage in Europa ein Umdenken. Nach den vielen Jahren des Abspeckens muss nun endlich eine Phase des Muskelaufbaus beim Bundesheer kommen. Herr Sportminister, wer, wenn nicht Sie, würde wissen, wie es geht, Muskeln aufzubauen?

Europa rüstet im Kampf gegen den Terror auf und auch Österreichs Politik muss sich die Frage stellen, ob dieses Abspeckprogramm, das dem Bundesheer verschrieben wur­de, noch immer eine zeitgemäße Medikation darstellt. Ich sage: nein. Die Umstände ha­ben sich gravierend geändert, die Herausforderungen, vor denen Europa steht, bedür­fen auch beim Bundesheer einer Nachschärfung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 598

Wir müssen auch beim Heer Ausrüstung und Kapazitätsverteilung prüfen und die rich­tigen, zeitgemäßen Schlüsse ziehen. Denn die Bezeichnung „Operetten-Armee“ tut mir als Staatsbürger weh. Und eines schafft sie ganz bestimmt nicht: Vertrauen in der Be­völkerung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.50


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Vet­ter. – Bitte.

 


17.50.44

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Hohes Haus! Clausewitz schreibt in seinem berühmten Buch „Vom Kriege“: „Der Krieg ist ein wahres Chamäleon, weil er in jedem konkreten Falle seine Natur etwas ändert.“ – Das gilt sowohl für den Beginn als auch für die Art eines Krieges. Heute werden keine Krie­ge mehr formell erklärt. Im Dreißigjährigen Krieg ist man überhaupt erst nach 17 Mona­ten draufgekommen, dass der Krieg begonnen hat.

Der nächste Krieg wird auch kaum ein atomarer Schlag oder ein konventioneller Krieg mit Panzern sein. Es gibt auch den Kleinkrieg, es gibt auch die Guerilla. Dies voraus­geschickt ist es Zeit, dass wir die Ereignisse der letzten vierzehn Tage bewerten: Paris, Brüssel, Hannover, Abschuss einer zivilen Maschine, Abschuss der Su-24, Reisewar­nung für die Türkei, Reisewarnung für Ägypten. Die Amerikaner geben eine Reisewar­nung für die ganze Welt hinaus. Stromleitungen sind zerstört worden. Frankreich hat die Menschenrechtskonvention teilweise ausgesetzt.

Meine Damen und Herren, all dies gilt es neu zu bewerten, und wir dürfen zwei Fehler nicht machen: tatsächlich zu glauben, dass wir eine fünf- bis zehnjährige Vorwarnzeit haben, und Hilfsbereitschaft mit Sicherheitspolitik zu verwechseln.

Auf der Basis des heutigen Entschließungsantrages fordere ich insbesondere die bei­den Herren hinter mir auf, über ein erhöhtes Budget für die Landesverteidigung nach­zudenken. Ich fordere uns alle auf, nachzudenken über ein verstärktes Bundesheer und vielleicht auch über eine moderne Spannocchi-Doktrin, die adäquate Antworten auf die Herausforderungen, Bedrohungen des 21. Jahrhunderts findet. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Lintl und Vavrik.)

17.52


Präsident Karlheinz Kopf: Zur Untergliederung Militärische Angelegenheiten und Sport liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Die Beratungen zu diesem Themenbereich sind damit abgeschlossen.

17.52.56

UG 15: Finanzverwaltung

UG 16: Öffentliche Abgaben

UG 23: Pensionen – Beamtinnen und Beamte

UG 44: Finanzausgleich

UG 45: Bundesvermögen

UG 46: Finanzmarktstabilität

UG 51: Kassenverwaltung

UG 58: Finanzierungen, Währungstauschverträge

sowie

Text des Bundesfinanzgesetzes und restliche Teile der Anlage I einschließlich An­lagen II bis IV

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 599

Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zur Verhandlung der Untergliederungen 15, 16, 23, 44, 45, 46, 51 und 58 sowie Text des Bundesfinanzgesetzes und restliche Teile der Anlage I einschließlich Anlagen II bis IV.

Hierüber wird eine gemeinsame Debatte durchgeführt.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fuchs. – Bitte.

 


17.53.32

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Durch den Karussellbetrug bei der Umsatzsteuer gehen in der Europäischen Union jährlich min­destens 17 Milliarden € Steuergeld verloren. Allein in Österreich sind das rund 500 Mil­lionen € jährlich. Die Abschaffung der kalten Progression würde weniger kosten: 465 Mil­lionen € jährlich.

Die FPÖ tritt deshalb für eine grundlegende Änderung des Umsatzsteuersystems ein. Wir fordern die Einführung eines umfassenden Reverse Charge Systems für Unter­nehmer, also im B2B-Bereich, zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges. Mit den Steu­ermehreinnahmen könnten wir die Abschaffung der kalten Progression gegenfinanzie­ren. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Herr Finanzminister hat heuer schon zwei Versuche gestartet, um bei der EU-Kom­mission die Erlaubnis für die Einführung von Reverse Charge zu erhalten, und ist beide Male gescheitert. Auch das Reverse Charge System ist betrugsanfällig, war die faden­scheinige Begründung der EU-Kommission.

In Wirklichkeit nutzen einige EU-Staaten das Mehrwertsteuersystem, um bestimmten Großkonzernen ungerechtfertigte Steuervorteile zukommen zu lassen. Das ist der wah­re Grund, warum das Reverse Charge System nicht eingeführt werden soll. Wenn es der EU-Kommission mit der Betrugsbekämpfung nicht ernst ist, dann führen wir eben das Reverse Charge System ohne Zustimmung der EU-Kommission ein. Das schaue ich mir an, ob die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einleiten wird, weil wir hier den Umsatzsteuerbetrug bekämpfen wollen. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Genau! – Abg. Hübner: Dann schau’ ich mir auch die rechtli­chen Sanktionen an!)

Diese 500 Millionen € aus der Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetruges bräuchten wir dringend, um die kleineren und mittleren Einkommensbezieher beziehungsweise die klei­nen Gewerbetreibenden steuerlich spürbar zu entlasten, was ja durch die sogenannte Steuerreform nicht gelungen ist.

Die untersten 10 Prozent der Haushalte, im Sinne von schlechtest verdienend, erhalten durch diese Tarifreform 1,4 Prozent des steuerlichen Entlastungsvolumens. Die unters­ten 20 Prozent erhalten 4,8 Prozent, und die untersten 30 Prozent erhalten lediglich 10,5 Prozent des steuerlichen Entlastungsvolumens. Sowohl die absolute als auch die relative steuerliche Entlastungswirkung ist bei den gut verdienenden Haushalten deut­lich höher als bei den schlechter verdienenden Haushalten.

Darüber hinaus profitieren Männer im Durchschnitt stärker von der Steuerreform als Frau­en. Diese Tarifreform der Regierungsparteien ist keine sozial gerechte Steuerentlastung.

Die Ausgleichszulagenbezieher unter den Pensionisten fallen überhaupt durch den Rost. Obwohl von der Bundesregierung groß angekündigt, werden die 230 000 Bezieher ei­ner Mindestpension durch die Finger schauen und die Negativsteuer in Höhe von maxi­mal 110 € nicht erhalten.

Durch diese sogenannte Steuerreform ist das Steuerrecht weder gerechter noch einfa­cher geworden. Das Gegenteil ist der Fall. Das Steuerrecht wurde ungerechter und


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 600

komplizierter. Denken Sie nur an den Registrierkassenwahnsinn mit dem 67-seitigen Schelling-Erlass. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Enteignung der Steuerzahler durch die kalte Progression wurde gar nicht erst an­gegangen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden er­sucht, eine Regierungsvorlage vorzulegen, die den Bundesminister für Finanzen er­mächtigt, zur Abgeltung der Inflation die Tarifstufen des § 33 Abs. 1 EStG 1988 einmal jährlich im Verordnungsweg zu erhöhen. Diese Verordnung ist spätestens bis 30. Juni eines jeden Kalenderjahres im Bundesgesetzblatt kundzumachen und gilt für die jewei­ligen Tarifstufen ab 1. Jänner des Folgejahres der Kundmachung.“

*****

Ich bringe einen weiteren Antrag ein:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden er­sucht, eine Regierungsvorlage vorzulegen, die sicherstellt, dass auch die Pensionistin­nen und Pensionisten, die eine Ausgleichszulage beziehen, eine Negativsteuer im Aus­maß von maximal 110 Euro im Jahr erhalten.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

17.58


Präsident Karlheinz Kopf: Die von Herrn Abgeordnetem Dr. Fuchs eingebrachten Ent­schließungsanträge sind ordnungsgemäß unterstützt und stehen daher mit in Verhand­lung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten DDr. Hubert Fuchs und weiterer Abgeordneter betreffend Abschaf­fung der „Kalten Progression“

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), UG 16

in der 104. Sitzung des Nationalrates

Das Steuerreformgesetz 2015/2016 beinhaltet keine Steuerreform, sondern lediglich ei­ne Lohn- bzw. Einkommensteuer-Tarifreform verbunden mit zahlreichen steuerlichen Be­lastungen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 601

In Wirklichkeit werden den Steuerzahlern ab 2016 fünf Milliarden Euro zurückgegeben, die man ihnen seit 2009 durch die kalte Progression bereits weggenommen hat und die Bundesregierung verkauft diese Teilrückzahlung der zu viel bezahlten Steuern auch noch als „Entlastung“.

Die fixen Steuer-Tarifstufen brachten dem Finanzminister in der Vergangenheit auf Grund der „kalten Progression“ ein Körberlgeld in Milliardenhöhe. Viele Steuerzahler bekom­men nämlich jährlich eine Lohnerhöhung, die sich an der Teuerungsrate orientiert. Das bedeutet zwar nominell einen höheren Lohn, aber real nur den Erhalt der Kaufkraft. Ohne also real mehr zu verdienen, rutschen viele Steuerzahler in die nächsthöhere Steu­erklasse und zahlen somit mehr Steuern. Unterm Strich bedeutet das weniger Kauf­kraft für den Einzelnen und Mehreinnahmen beim Finanzminister. Dies ist eine Enteig­nung des Steuerzahlers bzw. eine jährliche Steuererhöhung ohne Gesetzesbeschluss.

Diese Ungerechtigkeit muss beendet werden. Die Steuer-Tarifstufen sind daher an die Inflation zu koppeln.

Der Bundesminister für Finanzen ist durch eine Änderung des EStG 1988 zu ermäch­tigen, zur Abgeltung der Inflation die Tarifstufen des § 33 Abs. 1 EStG 1988 einmal jähr­lich im Verordnungsweg zu erhöhen. Die Verordnung ist spätestens bis 30. Juni eines jeden Kalenderjahres im Bundesgesetzblatt kundzumachen und gilt für die jeweiligen Tarifstufen ab 1. Jänner des Folgejahres der Kundmachung.

Die Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate soll dabei zum ersten Mal zum 31. De­zember 2015 festgestellt werden. Die an die Inflation angepassten Tarifstufen sollen im Rahmen der erstmaligen Anpassung bis zum 30. Juni 2016 im Bundesgesetzblatt kund­gemacht werden und ab 1. Jänner 2017 gelten. In der Folge soll die Anpassung der Tarifstufen an die Inflation jährlich vorgenommen werden.

Die zeitliche Verzögerung in der Anpassung dient dazu, der EDV die nötige Vorlaufzeit für allfällige Umprogrammierungen bzw. Umstellungen zu geben.

Daher stellen die unterfertigen Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden er­sucht, eine Regierungsvorlage vorzulegen, die den Bundesminister für Finanzen er­mächtigt, zur Abgeltung der Inflation die Tarifstufen des § 33 Abs. 1 EstG 1988 einmal jährlich im Verordnungsweg zu erhöhen. Diese Verordnung ist spätestens bis 30. Juni eines jeden Kalenderjahres im Bundesgesetzblatt kundzumachen und gilt für die jewei­ligen Tarifstufen ab 1. Jänner des Folgejahres der Kundmachung.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DDr. Hubert Fuchs, Werner Neubauer und weiterer Abgeordneter be­treffend Negativsteuer für Ausgleichszulagenbezieher

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), UG 16

in der 104. Sitzung des Nationalrates


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 602

Die Bundesregierung hat es groß angekündigt: Auch Pensionistinnen und Pensionis­ten – die keine Lohnsteuer zahlen – sollen in Zukunft von einer Erstattung der Sozial­versicherungsbeiträge in Form der Negativsteuer im Ausmaß von maximal 110 Euro im Jahr profitieren.

Die Bundesregierung hat den Pensionisten aber ein nicht unwesentliches Detail ver­schwiegen: Ausgerechnet die Kleinstpensionisten – nämlich die rund 230.000 Bezieher einer Mindestpension – werden durch die Finger schauen und diese 110 Euro, die ih­nen die Bundesregierung versprochen hat, nicht erhalten.

Es handelt sich hier um Ausgleichszulagenbezieher mit einem monatlichen Einkom­men von bis zu 872,31 Euro für Alleinstehende bzw. 1.307,89 Euro für Paare. Für die­sen Personenkreis soll eine monatliche Entlastung von 9,17 Euro plötzlich nicht mehr möglich sein.

Das Sozialministerium hat auch gleich eine Begründung parat: Die Mindestpensionis­ten profitieren ohnehin von Ausnahmen wie z.B. der Befreiung von Rezeptgebühren.

Das Versagen der Steuergutschrift für Mindestpensionisten ist aus zwei Gründen unge­recht bzw. diskriminierend: Erstens trifft es die Schwächsten unter den Pensionisten – nämlich die Ausgleichszulagenbezieher – und zweitens trifft es hauptsächlich Frauen.

Dieser Entschließungsantrag soll sicherstellen, dass auch die Pensionistinnen und Pen­sionisten, die eine Ausgleichszulage beziehen, von der Negativsteuer im Ausmaß von maximal 110 Euro im Jahr profitieren können.

Die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge soll sämtlichen Pensionisten zu-ste­hen. Pensionisten, die aufgrund ihrer geringen Pension keine Einkommensteuer zah­len, sollen ebenfalls im Rahmen der Veranlagung eine Rückerstattung von 50% der So­zialversicherungsbeiträge, maximal jedoch 110 Euro im Jahr, erhalten. In reduzierter Form (10% bzw. 55 Euro) soll dieser Steuervorteil bereits für das Veranlagungsjahr 2015 gelten (in Anlehnung an § 124 Z 292 lit. a EStG 1988). Steuerfreie Zulagen gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. f EStG 1988 (= Ausgleichszulagen oder Ergänzungszulagen, die auf­grund sozialversicherungs- oder pensionsrechtlicher Vorschriften gewährt werden) sol­len diese Rückerstattung nicht mindern.

Daher stellen die unterfertigen Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden er­sucht, eine Regierungsvorlage vorzulegen, die sicherstellt, dass auch die Pensionistin­nen und Pensionisten, die eine Ausgleichszulage beziehen, eine Negativsteuer im Aus­maß von maximal 110 Euro im Jahr erhalten.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Zakostelsky. – Bitte.

 


17.58.44

Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Kapitel Finanzen schließt tradi­tionsgemäß die sogenannte Budgetwoche ab, und die budgetpolitische Relevanz die­ses Kapitels wird am besten sichtbar durch den hohen Anteil an den Gesamtausgaben.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 603

Das Kapitel Finanzen umfasst einige Untergliederungen, allein die Untergruppen Beam­tenpensionen, Finanzausgleich und Finanzmarkstabilität ergeben in Summe fast 9,6 Mil­liarden €, dies entspricht einem Anteil von rund 12,5 Prozent am Gesamtbudget.

Das Gewicht dieses Gesamtkapitels wird allerdings im Vergleich zu dem, was wir ges­tern besprochen haben, zum Kapitel der Pensionen, deutlich in den Schatten gestellt. Erlauben Sie mir daher an dieser Stelle den wiederholten Aufruf an die Bundesregie­rung, das Wort „Reform“ im Zusammenhang mit der Thematik Pensionen ernst zu neh­men.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich das Budget 2016 nochmals gesamthaft be­werten. Klar ist, dass die österreichischen Staatsschulden mit heute bereits über 289 Mil­liarden € ein enormes Ausmaß erreicht haben. Das sind 86,5 Prozent des Bruttoin­landsproduktes. Auch das Defizit im Jahr 2016, veranschlagt in der Höhe von 5,1 Mil­liarden €, liefert wenig Anlass zur Freude. Die Rahmenbedingungen allerdings, meine Damen und Herren, unter denen das vorliegende Budget erarbeitet wurde, sind be­kanntermaßen sehr herausfordernd.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle ganz bewusst unterstreichen, dass es Finanzmi­nister Schelling im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten gelungen ist, ein sehr re­spektables Budget vorzulegen. Meine Damen und Herren, ein sehr respektables Bud­get! Immerhin waren zusätzliche Ausgaben für Flüchtlingsvorsorge, Sicherheitsausga­ben und vieles mehr, das in den letzten Tagen besprochen wurde, einzustellen.

Wenn wir das Budget sachlich bewerten wollen, sind bekanntermaßen klare Kriterien der beste Gradmesser, und wir ziehen üblicherweise auch wirtschaftlich sehr aner­kannte Kriterien, die Kriterien von Maastricht, dazu heran. Gemessen an diesen Krite­rien verbessern sich die Werte des Budgets 2016 ganz klar gegenüber dem Jahr 2015. Sie wissen, die Neuverschuldung sinkt von 1,9 Prozent des BIP im Jahr 2015 auf 1,4 Pro­zent im Jahr 2016. Und die Gesamtverschuldung des Staates, die ich vorhin bereits an­gesprochen habe, sinkt – wiederum in Prozent des Bruttoinlandsproduktes – von 86,5 Pro­zent im Jahr 2015 auf 85,1 Prozent in 2016. Darüber hinaus werden wir 2016 immerhin das zweite Mal hintereinander auch das sogenannte strukturelle Nulldefizit erreichen. (Abg. Krainer: Das dritte Mal!) – Umso schöner.

Meine Damen und Herren, die Wirtschaftsprognosen für 2016 zeigen ein Anziehen des Wirtschaftswachstums mit einem Plus von 1,4 Prozent. Die Regierung – muss man al­lerdings feststellen – ist trotz dieser leichten Wirtschaftserholung gefordert, durch wei­tere Reformen die Erreichung des wesentlichen Ziels, nämlich des Nulldefizits in den nächsten Jahren, wirklich zu forcieren. Wir müssen die Staatsausgaben kontinuierlich senken, die Einsparungspotenziale effizient nutzen, um den nächsten Generationen ei­nen gesunden Staatshaushalt übergeben zu können.

Das Motto, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss daher lauten, Reformen nicht nur anzukündigen, sondern Reformen umzusetzen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.02


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. – Bitte.

 


18.02.46

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Finanzen! Wenn man ein Resümee über dieses Budget ziehen will, dann wird man doch sagen müssen, es ist ein Budget der verpassten Chancen.

Ich habe das vorgestern schon in Bezug auf die Steuerreform ausgeführt: geringe Wir­kungen auf Wachstum und Beschäftigung, fehlende verteilungspolitische Konsequen­zen – vor allem im Hinblick auf Frauen, die wenig, zu wenig von dieser Steuerentlas-


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tung profitieren –, fehlende Strukturreformen, keine Erbschaftssteuer, keine Vermögens­besteuerung, eine fehlende ökosoziale Steuerreform.

Dann haben wir aber auch die Zukunftsbereiche, die nicht ausreichend budgetiert sind: Bildungsbudget, Wissenschaftsbudget und dergleichen mehr.

Aber es ist auch ein Budget mit vielen Risiken, wie natürlich jedes Budget. Wo liegen diese Risiken oder einige dieser Risiken, abgesehen von denen, die ich erwähnt habe?

Da ist einmal der Bankenbereich zu nennen, die verstaatlichten Banken, dafür sind 700 Millionen € budgetiert, nach Maastricht. Die Frage ist, ob das ausreichen wird. Na ja, ich hoffe es, denn bisher haben wir ja schon – wir, die Steuerzahlerinnen und Steu­erzahler – 11,6 Milliarden € netto in die verstaatlichten Banken hineingezahlt. Und ich hof­fe, dass damit wirklich das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Wissen tun wir es nicht, weil die Risiken, insbesondere bei der Abwicklung der HETA, natürlich enorm hoch sind, nach wie vor, aber auch bei anderen verstaatlichten Banken, wie etwa der ÖVAG mit ihrer Abwicklungsbank immigon.

Einen zweiten Risikobereich stellt die Gegenfinanzierung im Zusammenhang mit der Steuerbetrugsbekämpfung dar – auch das habe ich schon ausgeführt. Ich bin sehr froh darüber, dass dieses Thema endlich angegangen wurde, wir haben ja da im Zusam­menhang mit der Lockerung des steuerlichen Bankgeheimnisses wirklich tatkräftig mit­gearbeitet. Aber die Frage ist natürlich: Kommen diese 1,9 Milliarden € tatsächlich im kommenden Jahr in die Kassen oder nicht? – Ich wäre da sehr skeptisch.

Und auch die Europäische Kommission ist skeptisch. Es hat ja auch zum österreichi­schen Budgetplan kritische Kommentare von der Kommission gegeben. Sie sprach zu­nächst von einer erheblichen Abweichung vom mittelfristigen Budgetziel, unter Ex-post-Berücksichtigung der zusätzlichen Kosten von Flüchtlingen ist von einer gewissen Ab­weichung die Rede. Wenn man aber dann die Tatsache mit in Rechnung stellt, dass die Kosten für die Flüchtlinge tatsächlich das Defizit reduzieren, dann lässt sich daraus ableiten, so die Kommission, dass kein direkter Handlungsbedarf gegeben ist. Und das, Herr Finanzminister, haben Sie uns im Ausschuss auch erzählt.

Aber eine Frage hätte ich schon: Jetzt war am Montag die Sitzung des Ecofin-Rates, und da haben Sie dem Vorsitzenden der Eurogruppe gegenüber zugesagt, Maßnah­men zur Sicherung des Budgets 2016 zu ergreifen. Und das liest sich im Eurogruppen-Bericht schon so, als würde es sich hier um zusätzliche Maßnahmen handeln.

Also, Herr Finanzminister, klären Sie uns auf, was da tatsächlich passiert ist! Was ha­ben Sie zum Herrn Dijsselbloem tatsächlich gesagt? In den vergangenen Jahren war es immer so, dass Briefe zwischen Kommission und Ihnen ausgetauscht worden sind, jetzt gibt es mündliche Austauschformeln und Floskeln, von denen aber dieses Haus, das dieses Budget beschließen soll, leider nichts weiß.

Sollte es aufgrund der budgetären Risiken tatsächlich zu Abweichungen vom Budget­ziel kommen, würde ich zusammen mit anderen Experten aus dem Budget-Hearing empfehlen, diese nicht durch Kürzungen im Ausgabenbereich zu kompensieren, insbe­sondere nicht im Zusammenhang mit Kürzungen im Sozialbereich, um das zarte Kon­junkturpflänzchen nicht abzuwürgen. Was ich aber in die Wege leiten würde, wäre eine rasche Implementierung einer Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie der Grundsteuer.

Vorgestern haben wir einen Abänderungsantrag zur sogenannten Lohnnebenkostensen­kung durch die Senkung der Dienstgeberbeiträge im Familienlastenausgleich einge­bracht. Das wurde abgelehnt. Wir befürworten natürlich sehr wohl eine Lohnnebenkos­tensenkung, nur: Unser Konzept schaut etwas anders aus. Unser Konzept ist eine auf­kommensneutrale ökosoziale Steuerreform. Das heißt, Steuern auf Schadstoffe und


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auf Energieverschwendung werden erhöht, und im Gegenzug werden die Kosten des Faktors Arbeit entlastet, für private Haushalte, aber auch für Unternehmen. Wir haben hier ein Modell vorgelegt.

Dieses Modell wurde im Zuge der Steuerreformdebatte ignoriert, und daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, dem Nationalrat bis Ende März 2016 einen Gesetzesvorschlag für eine aufkom­mensneutrale ökosoziale Steuerreform mit einem Gesamtvolumen von ca. 4 Mrd. Euro vorzulegen, der die Abgaben auf Arbeitseinkommen für private Haushalte und lohnsum­menbezogene Abgaben für Unternehmen senkt."

*****

Wir sehen hier sogar eine Lohnnebenkostensenkung vor, die deutlich über das hinaus­geht, was vorgestern beschlossen worden ist. Ich kann Ihnen daher wirklich nur emp­fehlen – Ihnen und den Abgeordneten von der ÖVP- und SPÖ-Fraktion –: Nehmen Sie diese beschlossene Senkung der Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleich wie­der zurück und greifen Sie unser Modell der ökosozialen Steuerreform auf!

Ein letzter Punkt betrifft die Frage des Steuerdumpings und der Steuerflucht. Vorges­tern war ja eine neue Facette dieser Minimierung der Steuerzahlungen von Großkon­zernen in der „Presse“ nachzulesen: US-Konzern „Pfizers Megadeal als Anti-Steuer-Pil­le“. „Der US-Konzern Pfizer kauft Allergan“, wird damit „zur Pharmafirma Nummer eins und wandert nach Irland ab.“ Durch eine sogenannte Steuerumkehr. Der Größere kauft zwar den Kleineren, aber technisch ist es so, dass der Kleinere den Größeren schluckt und sich dadurch Steuern erspart.

Der einzige Grund, das zu tun und den Hauptsitz des Firmenunternehmens von Pfizer nach Irland zu verlegen, ist Steuerflucht, und sonst gar nichts. Als Sie, Herr Finanzmi­nister, uns im Budgetausschuss am vergangenen Freitag im Zusammenhang mit einer Ausweitung der Steuerautonomie für den kommenden Finanzausgleich gesagt haben, Sie denken da unter anderem an die Körperschaftsteuer, war ich darüber, ehrlich ge­sagt, schockiert. Denn ich darf Sie schon daran erinnern, dass wir im Zusammenhang mit dem Beschluss des Bankgeheimnisses gemeinsam auch einen Entschließungsan­trag entwickelt haben, der dann hier in diesem Haus von fast allen Fraktionen – bis auf das Team Stronach – beschlossen wurde.

In diesem Entschließungsantrag ist unter anderem eine Vereinheitlichung der Körper­schaftsteuerbemessungsgrundlage auf europäischer Ebene vorgesehen, aber gleichzei­tig auch, dass es zu Mindeststeuersätzen kommt. Und genau diese Mindeststeuersät­ze und die Vereinheitlichung der Körperschaftsteuerbemessungsgrundlagen, Herr Fi­nanzminister, haben Sie im Ausschuss am vergangenen Freitag in Abrede gestellt.

Zur Erinnerung darf ich Ihnen diesen Entschließungsantrag noch einmal überreichen (der Redner überreicht Bundesminister Schelling ein Schriftstück) und Sie ersuchen: Setzen Sie das, was wir hier beschlossen haben, auf europäischer Ebene um! Setzen Sie dem Steuerdumping ein Ende!

Denn, meine Damen und Herren, die wirklich teuren Flüchtlinge sind die Steuerflücht­linge! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

18.11



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 606

Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Rossmann eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ordnungsgemäß unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Eva Glawischnig-Piesczek, Freundinnen und Freunde

betreffend Ökologisch Umsteuern - Abgaben auf den Faktor Arbeit senken

eingebracht im Zuge der Debatte Bericht des Budgetausschusses über die Regie­rungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) – UG 16

Begründung

Im Bereich der umweltbezogenen Abgaben liegt Österreich im internationalen Ver­gleich im unteren Drittel. Damit wird bei den gegenwärtig niedrigen Energiepreisen ein historisches Zeitfenster verpasst, um dem Klimawandel, der Ressourcenverschwen­dung und dem Schadstoffverbrauch gegenzusteuern. Der Skandal rund um manipulier­te Abgaswerte beim Volkswagen Konzern unterstreicht die Dringlichkeit ökologisch um­zusteuern.

Eine aufkommensneutrale ökosoziale Steuerreform ist die Antwort auf den Klimawan­del, die im internationalen Vergleich hohe Steuerbelastung von Arbeits- und Erwerbs­einkommen, sowie die hohe und steigende Arbeitslosigkeit. Sie ist ein bedeutender Hebel zur Umsteuerung der Wirtschaft und für Verhaltensänderungen der privaten Haus­halte und damit ein wichtiger Motor für die Energiewende. Im Gegenzug werden die lohnsummenbezogenen Abgaben für Unternehmen und die SV-Beiträge für die priva­ten Haushalte gesenkt. Ökologisches Umsteuern generiert auch Wachstum und Be­schäftigung - genau das ist derzeit notwendig, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Die Ökologisierung des Steuersystems funktioniert wie ein Bonus-Malus-System: Wer viel (fossile) Energie verbraucht, zahlt mehr, wer Energie, Schadstoffe und Ressourcen schont, wird belohnt. Ziel des Grünen Modells für eine Ökosoziale Steuerreform ist ein aufkommensneutrales Umsteuerungsvolumen von rund 4 Milliarden Euro, das in zwei Etappen (Stufe 1: 2017 und Stufe 2: 2020) erreicht werden soll.

1. Steuern auf Arbeitseinkommen und lohnbezogene Abgaben senken

Wenn Steuern auf Schadstoffe und Energieverschwendung erhöht werden, dann heißt das im Gegenzug natürlich, die Abgaben auf Arbeitseinkommen für private Haushalte und die Lohnnebenkosten für Unternehmen zu senken.

Im Detail sollen die 4 Milliarden Umsteuerungsvolumen wie folgt aufgeteilt:

Rund 2,3 Milliarden Euro (55 Prozent des Aufkommens) fließen an die Haushalte in Form einer Senkung der Sozialversicherungsbeiträge bzw. an Kinder durch eine Steu­ergutschrift zurück. Die entfallenden Sozialversicherungsbeiträge werden an die So­zialversicherungsträger refundiert. Das ergibt im Endausbau 2019 eine Senkung der SV-Beiträge von 300 Euro pro Erwachsenen sowie eine Steuergutschrift von 150 Euro pro Kind (jeweils pro Jahr).

1,4 Milliarden Euro (35 Prozent des Aufkommens) werden im Endausbau 2019 an die Unternehmen (Industrie, Dienstleistungen, Gewerbe) rückverteilt und dienen der Sen­kung lohnsummenbezogener Abgaben (zB. Kommunalsteuer).


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 607

10 Prozent der Mittel fließen in einen Fonds zum Ausgleich von Härtefällen, insbeson­dere für PendlerInnen im ländlichen Raum, und in Maßnahmen zur Steigerung der Ener­gieeffizienz. Einkommensschwache Haushalte werden bevorzugt behandelt.

2. Schadstoffe und Verschwendung stärker besteuern

Fossile Energie aus Kohle, Öl und Gas sowie andere umweltbelastende Stoffe (CO2-Emissionen) bzw. Tätigkeiten (Straßenverkehr) werden durch Schadstoffsteuern ver­teuert. Das wird durch folgende Maßnahmen im Verkehrs- und Energiebereich erreicht:

Daher schlagen wir vor:

Angleichung des Dieselsteuersatzes auf den Benzinsteuersatz

Ausweitung der LKW-Maut auf das nachgeordnete Straßennetz

Zuschlag auf die Flugabgabe

Aufhebung der Nova-Befreiung für Fiskal LKW

Energieabgabe - Elektrizität (Erhöhung in Stufe 1 und 2 um jeweils 1 Cent/kWh unter Beibehaltung der Rückvergütungsregelung für energieintensive Unternehmen)

CO2-Steuer auf fossile Energieträger (Erdgas, Kohle Mineralölprodukte) ohne Emis­sionshandel

Im Energiebereich bleibt die bisher bestehende Rückvergütungsregelung für energiein­tensive Unternehmen bestehen. Neu eingeführt wird eine CO2-Steuer auf fossile Ener­gieträger (Erdgas, Kohle, Mineralölprodukte). Um eine Doppelbelastung zu vermeiden, sind Anlagen, die dem Emissionshandelsregime unterliegen (European Trading Sys­tem), ausgenommen. Damit wird eine Doppelbelastung - etwa in der Stahlindustrie - ver­mieden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, dem Nationalrat bis Ende März 2016 einen Gesetzesvorschlag für eine aufkom­mensneutrale ökosoziale Steuerreform mit einem Gesamtvolumen von ca. 4 Mrd. Euro vorzulegen, der die Abgaben auf Arbeitseinkommen für private Haushalte und die lohn­summenbezogenen Abgaben für Unternehmen senkt.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

 


18.11.19

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Mei­ne Damen und Herren! Hohes Haus! Die Vorteile des neuen Haushaltsrechts werden immer deutlicher positiv sichtbar. Das neue Haushaltsrecht bedingt, dass die Bundes­länder gefordert sind – sie haben Aufholbedarf –, die Struktur ihres Budgets zeitgemäß zu erstellen, vergleichbar zu erstellen.

Ein wichtiges Kriterium beim kommenden Finanzausgleich ist die Aufgabenorientierung. Zu Recht erwarten die Österreicherinnen und Österreicher, dass die öffentlichen Leis­tungen von der Ebene erbracht werden, von der sie am sinnvollsten erbracht werden: Bund und Länder einerseits, auf der anderen Seite die Gemeinden und Städte. Von den Gemeinden wissen wir, dass es Zusammenarbeit in verschiedensten Formen gibt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 608

Es ist auch erfreulich, dass in meinem Bundesland die Zahl der Abgangsgemeinden kleiner geworden ist, trotzdem gibt es Klagen über die Abhängigkeit der Gemeinden und Städte vom Land. Das ist nicht gut, das bringt Reibungsverluste. Übersichtlichkeit, Klar­heit ist gefragt.

Dass sich die Aufgaben der Kommunen gewandelt haben, ist bekannt, was sich die Ös­terreicherinnen und Österreicher von den Städten erwarten, ist gleich geblieben: Kultur, Tourismus, Bildung – die Städte stehen im internationalen Wettbewerb.

Meine Damen und Herren, heute ist der letzte Tag der Budgetberatungen – eine Wo­che im Ausschuss, eine Woche hier im Plenum. Ich darf feststellen, dass die überwie­genden Anzahl der Debattenbeiträge von Sachlichkeit und Engagement geprägt war. Das ist gut so, auch bei unterschiedlichen Standpunkten.

Etwas darf ich noch erwähnen, das ganz wesentlich ist: Was die Entwicklung am Ar­beitsmarkt anlangt, wollen wir alles tun, um die Arbeitslosigkeit zu senken. Die kom­mende Steuerreform mit 1. Jänner wird ihren Beitrag dazu leisten. Wir sind sehr opti­mistisch, dass die Steuerreform vielen Menschen, aber auch der Wirtschaft hilft. – Dan­ke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.13


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

 


18.13.59

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Finanzminister! Hohes Haus! Ich möchte die Gelegenheit nützen, um noch einmal auf das Thema Beamtenpensionen einzugehen, da ich glaube, dass man bei diesem Thema sehr schön diese gelebte Grundproblematik sieht, die es uns nicht er­möglicht, das Pensionssystem wirklich zu reformieren: Privilegien.

Der Privilegienstadel lebt nämlich trotz dieser Krise des Pensionssystems fröhlich wei­ter. Überall gibt es Budgetnot – da nicht! Die Besitzenden entscheiden darüber, was die nächsten Generationen vielleicht noch kriegen können. Ich möchte dazu die unzäh­ligen Ungleichbehandlungen aufzählen, die es im Hinblick auf die Beamtenpensionen im Vergleich zu „Otto Normalpensionist“ oder „Frau Normalpensionistin“ gibt.

Zum Beispiel wird angenommen, dass nächstes Jahr die Durchschnittspension in der Hoheitsverwaltung 3 000 € betragen könnte. Das ist nur geringfügig weniger als die ASVG-Höchstpension, die nur 0,5 Prozent der Versicherten überhaupt bekommen. Ich würde sagen, das ist in der Relation schon ein bisschen absurd.

Die nächste Ungleichbehandlung ist die Dienstunfähigkeitspension, die es immer noch gibt und die auch dazu verwendet wird, um Beamte, die gerne länger arbeiten würden, in Zwangspension zu schicken. Da gibt es unzählige Verfahren, die derzeit beim Ver­waltungsgerichtshof liegen, die das bestätigen. Da geht es übrigens – nur zur Informa­tion – großteils um Verfahren wegen Anstellungsverhältnissen bei der Post.

Aber kommen wir kurz zur größten Ungerechtigkeit in Bezug auf dieses Problem. Das ist das, was hier vor eineinhalb Jahren beschlossen wurde, das Sonderpensionenbe­grenzungsgesetz – ein Solidarbeitrag für alle.

Aufgrund der Steuerreform wurde ja die Höchstbeitragsgrundlage außertourlich erhöht, von 4 650 € auf 4 840 €. Das hat jetzt dazu geführt, dass erstens einmal weniger Lu­xuspensionisten diesen Solidarbeitrag zahlen müssen, und die, die ihn zahlen, weniger zahlen. Das heißt auf gut Deutsch, dass die größten Profiteure dieser Steuerreform die Luxuspensionisten sind. Das ist vollkommen absurd!

Wir haben jetzt schriftlich gefragt, welche Kosten das verursacht. Die Antwort, die ge­geben wurde, war, es wird Mindereinzahlungen und Mehrauszahlungen geben. Was


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 609

das jetzt schlussendlich in Summe genau bedeutet, wurde nicht gesagt. Wir wollen das aber wissen, weil ich glaube, dass es wichtig ist, zu zeigen, dass dieses … (Bundesmi­nister Schelling: Dann haben Sie die Anfrage nicht richtig gelesen!) – Nein, es steht nicht drinnen, ich habe es gelesen. (Bundesminister Schelling: Ich erkläre es Ihnen dann!)

Nein, es steht nämlich, dass vor eineinhalb Jahren schon 1,09 Millionen € veranschlagt wurden und diesmal nochmals gleich viel. Entschuldigung, das geht sich einfach nicht aus! (Bundesminister Schelling: Dann müssen Sie die Anfragen lesen! Die Frage, die Sie gestellt haben, wurde beantwortet; die andere wurde nicht gestellt!) – Gut, okay, dann können Sie es nachher ohnehin noch erklären, warum das gleich veranschlagt ist.

Damit dieses Problem gelöst wird, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Luxus­pensionskürzungen unabhängig von der Entwicklung der Höchstbeitragsgrundlage

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die vorsieht, dass die Grenzen für die Einhebung von Pen­sionssicherungsbeiträgen, die aufgrund des Bezuges einer Sonderpension fällig wer­den, nicht mehr anhand der jeweils geltenden Höchstbeitragsgrundlage, sondern durch Fixbeträge festgelegt werden.“

*****

Herr Finanzminister, ich weiß ja auch, dass Sie da grundsätzlich der falsche Adressat sind, aber ich glaube, dass da das Grundproblem auch in der Kompetenzverteilung liegt, da die Finanzierungs- und Ausgabenverantwortung nicht in der gleichen Hand ist. Und eine Pensionsreform kann nicht nur auf dem Rücken der versicherten Normal­sterblichen erledigt werden, sondern die muss alle etwas angehen. (Beifall bei den NEOS.)

18.17


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Abgeordneter Gamon vorgetragene Entschlie­ßungsantrag ist ordnungsgemäß unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Luxus­pensionskürzungen unabhängig von der Entwicklung der Höchstbeitragsgrundlage

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.) - TOP 6 - UG 23

Mit dem Sonderpensions- und dem Bezügebegrenzungsgesetz ist ein scheinbar wich­tiger Schritt in Richtung Pensionsgerechtigkeit gelungen, der aber nach genauerer Be­trachtung eines zeigt: der Beschluss ist völlig wirkungslos. Die "Einschnitte" sind nicht weitreichend genug, weitere Ungerechtigkeiten müssen angegangen werden, damit die vielfältigen Luxuspensionen auf ein entsprechendes Maß begrenzt werden.

Ein wesentliches Merkmal des beschlossenen Gesetzes ist, dass sich die Kürzung von Luxuspensionen an der Höchstbeitragsgrundlage orientiert. Steigt diese Höchstbei-


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tragsgrundlage, sinkt der Pensionssicherungsbeitrag und wächst die Luxuspension. Die­ser Zustand ist aus Gerechtigkeitsgründen nicht tragbar. Insbesondere weil durch die be­schlossene außerordentliche Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage somit Pensions­sicherungsbeiträge ab 2016 erst bei Sonder- und Zusatzpensionen von 4840 Euro (statt 4650 Euro) eingehoben werden. Aber auch andere Grenzen verschieben sich nach oben. So sind für zukünftig abgeschlossene Verträge irgendwann Sonderpensio­nen von fast 10.000 Euro (9680 Euro für die geplante HBGl. 2016) möglich. Auch die Obergrenze für Verträge, die bereits eine Anwartschaft auf eine Sonderpension be­gründen, steigt jedes Jahr um das Dreieinhalbfache der Erhöhung der Höchstbeitrags­grundlage, d.h. für die geplant Erhöhung 2016 um 190 Euro sind dies 665 Euro. Diese Grenzen werden mit jeder Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage weiter nach oben ver­schoben.

Aus unserer Sicht ist dieser Zustand nicht tragbar und gegenüber normalen ASVG-Versicherten nicht vertretbar. Eine Fixierung von Fixbeträgen, ab denen Pensionssi­cherungsbeiträge zu bezahlen sind, scheint zielvoller und gerechter und würde eine ra­schere Harmonisierung des Leistungsniveaus zwischen öffentlich finanzierten und ASVG-Pensionen zusätzlich unterstützen.

Insbesondere bei genauer Betrachtung der Detaildokumente des Bundesvoranschla­ges zeigt sich die Wirkungslosigkeit des Sonderpensionsbegrenzungsgesetzes durch sei­ne inhaltliche Verbindung mit der Höchstbeitragsgrundlage. Wurden bei der letztjähri­gen Budgetrede vom damaligen Finanzminister Spindelegger noch angekündigt, dass das Sonderpensionsbegrenzungsgesetz zu Mehreinnahmen führt, so erkennt man im aktuellen Verzeichnis der veranschlagten Konten einen deutlichen Rückgang bei jenen Pensionssicherungsbeiträgen in Höhe von 10 Millionen Euro - von 110,7 Millionen (BVA 2015) auf 100,7 Millionen Euro (BVA 2016). Dieser Umstand ist vor allem auf die steigende Höchstbeitragsgrundlage zurück zu führen. Die wahren Gewinner der be­schlossenen Steuerreform und schlussendlich auch die Gewinner dieses Budgets sind die Luxuspensionisten, denen jetzt in Summe 10 Millionen Euro mehr bleiben - ein fa­tales Zeichen für die Generationengerechtigkeit.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die vorsieht, dass die Grenzen für die Einhebung von Pen­sionssicherungsbeiträgen, die aufgrund des Bezuges einer Sonderpension fällig wer­den, nicht mehr anhand der jeweils geltenden Höchstbeitragsgrundlage, sondern durch Fixbeträge festgelegt werden."

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


18.17.57

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was den Redebeitrag des Kollegen Rossmann anlangt, so hätte man eigentlich schon vorher wissen können, was er hier ausführt, denn das ist seit Jahren – ob früher als Experte im Budgetausschuss oder auch hier, seitdem er im Parlament sitzt – immer dasselbe: Das Budget sei falsch, es sei nichtig, es berge Ri­siken, es sei problematisch und es sei sowieso die falsche Strategie. Wenn man eine


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Steuer auf falsche Prophezeiungen einheben könnte, müsste Kollege Rossmann sehr viel Geld zahlen, das hat sich in der Zwischenzeit bewiesen.

Tatsache ist, dass Kollege Rossmann mit seinen Prophezeiungen bisher immer falsch gelegen ist, aber das ist sein Problem. Es gibt ja auch Leute, die leben einfach von der negativen Einstellung – und da zeichnet er sich ganz besonders aus. Für unsere Klien­tel sei festgehalten, er fordert wie das Amen im Gebet eine Vermögenssteuer, eine Erb­schaftssteuer, weil man damit quasi jene, die Leistung erbringen, bestrafen könnte. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kogler: So ein Unsinn! Was ist denn beim Erben die Leis­tung? Erklären Sie das einmal!)

Meine Damen und Herren, dazu sei festgehalten, dass solide Staatsfinanzen eine un­verzichtbare Grundlage für eine wirtschaftliche Entwicklung sind. Und eines halte ich auch fest: dass mir Finanzminister Schelling wirklich ungleich lieber ist als ein Finanz­minister, der Rossmann heißen würde. Das wäre ein existenzielles Risiko für dieses Land, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe noch eine Bitte, Herr Bundesminister, nämlich bei den künftigen Verhandlun­gen des Finanzausgleiches auch ein wenig ein Auge darauf zu haben, dass es endlich einmal einen Finanzausgleich gibt und keine Ungleichgewichtung der Staatsbürger und in der Folge davon eine Benachteiligung vieler kleinerer Gemeinden.

Letztlich sollte 70 Jahre nach Ende des Krieges die Begründung, dass zur Behebung von Kriegsschäden unterschiedliche Einwohnergleichwerte bestehen, nicht mehr gel­ten. Dieses Argument hat hier nichts mehr verloren. Wir müssen wirklich versuchen, im Sinne eines aufgabenorientierten Finanzausgleiches einen Ausgleich zu finden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Rossmann. – Abg. Rädler: Professor Rossmann als Finanzminister!)

18.20


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hauser zu Wort. Es ist erlaubt, sich auch schon gegen Ende der Rede des Vorredners auf den Weg zu machen. – Bitte.

 


18.20.24

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Auer, du hast das Thema an­gesprochen, das auch mir und unserer Fraktion ein großes Anliegen ist, nämlich den wirklich ungerechten Finanzausgleich nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel im Zuge dieser Ausgleichsverhandlungen, die 2016 abgeschlossen werden sollen, zu­mindest abzumildern.

Wie ist denn die Situation der Gemeinden? – Im Jahre 2013 haben 45 Prozent aller Ge­meinden in Österreich im ordentlichen Haushalt einen Abgang erzielt. 45 Prozent der Gemeinden waren also nicht in der Lage, ihre Ausgaben durch die Einnahmen abzu­decken. Die Situation wird sich nächstes Jahr noch verschärfen, da wegen der Steuer­reform 400 bis 500 Millionen € weniger zur Verteilung kommen – weniger Geld für die Länder, weniger Geld für Gemeinden. (Abg. Kogler: Ja eh, die Länder! Es müssen alle sparen!)

Dazu kommt jetzt die Situation, speziell auch im ländlichen Bereich, dass die Kosten für Wegenetze, Wasser- und Abwasserversorgung – wenn ich mir die Diskussion zur Bildung hernehme: wir sind Schulerhalter –, Mindestsicherung, Gesundheit, Pflege et cetera explodieren. Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben geht unglaublich auseinander. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn diese Situation nicht abgemildert wird, dann wird auch die Konjunktur einge­bremst, denn die Gemeinden sind ein unglaublich wichtiger Konjunkturmotor. Deswe-


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gen ist es sehr, sehr wichtig, diesen abgestuften Bevölkerungsschlüssel abzuändern. Ich habe jetzt erst eine Anfrage, sehr geehrter Herr Minister, von Ihnen erhalten. (Abg. Krainer: Anfrage kannst du keine bekommen haben! Eine Beantwortung!)

Wenn man sich diese Zahlen anschaut – natürlich wissend, dass Wien gleichzeitig Stadt und Land ist –, sieht man, dass zum Beispiel jeder Gemeindebürger in Wien pro Kopf 3 019 € bekommt, während der Bürger beispielsweise in meiner Heimatgemeinde 886 € bekommt. (Abg. Rädler: Das ist Unausgewogenheit!)

Dieses Ungleichgewicht, das durch nichts zu rechtfertigen ist, muss zumindest abge­mildert werden! Es bedarf eines Finanzausgleiches zur Stärkung des ländlichen Rau­mes, darum bitten wir. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Rädler: Endlich einer, der die Bürgermeister versteht!)

18.23


Präsident Karlheinz Kopf: Nunmehr gelangt Herr Finanzminister Dr. Schelling zu Wort. – Bitte.

 


18.23.11

Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling|: Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger! Ein paar kurze Anmerkungen noch zu den Themen, die jetzt während der Behandlung der letzten Untergruppen besprochen wur­den.

Herr Abgeordneter Fuchs ist nicht mehr da, aber vielleicht kann man es ihm ausrichten: Wir haben in Bezug auf den Karussellbetrug eine Anfrage an die Europäische Union gestellt, wobei wir als kleines Land gerne als Pilotland fungieren würden. Dieser Antrag ist eingebracht, und es ist nicht richtig, wenn Kollege Fuchs sagt, er sei schon abge­lehnt. – Ich würde einmal meinen, die Signale gehen in die Richtung, dass die Kom­mission einen anderen Vorschlag vorlegen wird. Wir werden diesen Vorschlag selbst­verständlich umgehend prüfen, um festzustellen, ob er ähnliche Wirkungen bringt wie das, was wir uns mit Reverse Charge vorgenommen und vorgestellt haben.

Abgeordneter Fuchs hat bei der letzten Diskussion gemeint, wir sollten uns an die Ge­setze halten. Ich mache darauf aufmerksam, dass gerade die Mehrwertsteuer eine eu­ropäische Kompetenz ist, mit einer Richtlinie, bei der es nicht so einfach ist, einfach auszuscheren. Es ist keine nationale Hoheit. Aber wenn gewünscht – dann werden Sie das auch so wahrhaben wollen, dass bei einer einseitigen Umsetzung dieser Reverse-Charge-Sache unmittelbar ein Verfahren auf uns zukommen wird.

Ich meine nur, dass wir jetzt bereits einige Zeit mit der Kommission verhandeln und dass wir mit diesen Verhandlungen auf gutem Wege sind, und die Kommission hat zu­gesagt, dass sie unseren Antrag prüft. (Abg. Tamandl: Das sollte der Herr Fuchs aber wissen! – Abg. Walter Rosenkranz: Der kennt sich gut aus! Das liest der Herr Finanz­minister aus seinen Büchern vor!)

Wenn Sie mir einfach sagen, worüber Sie diskutieren, gebe ich Ihnen gerne eine Ant­wort, aber sonst macht es nichts. Nein, es ist ja nicht so wichtig. (Abg. Walter Rosen­kranz: Ich habe nur mit Frau Tamandl diskutiert!)

Jedenfalls haben wir diesen Antrag eingebracht. Wir warten jetzt auf eine Reaktion der EU-Kommission, wir sind also nicht damit gescheitert.

Als Zweites haben wir eine nationale Taskforce mit sieben Ländern eingerichtet. Wir werden ein System von einem bilateralen Quick Response aufbauen, um vorerst ein­mal das Thema Karussellbetrug-Bekämpfung beschleunigt abwickeln zu können, weil – ich habe das schon einmal erklärt – mir mein Kollege aus Tschechien – die sind viel stär­ker betroffen als wir – gesagt hat, dass die durchschnittliche Lebensdauer einer Firma,


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die sich an einem Karussellbetrug beteiligt, 24 Tage, die kürzeste Lebensdauer 8 Stun­den beträgt. Das geht nicht einmal über die Frist hinaus, bis die Umsatzsteuererklärung abzugeben ist.

Zum Thema kalte Progression habe ich zugesagt, bis Jahresende ein Modell in die Re­gierung einzubringen. Dieses Modell ist von uns im Finanzministerium entwickelt und dem Koalitionspartner bereits zu weiteren Beratungen übergeben worden. Wir haben das, was hier vorgeschlagen wurde, bereits als ein Modell entwickelt und sind in ent­sprechenden Gesprächen.

Herr Abgeordneter Rossmann, ich muss es so sagen: Sie haben irgendwie eine Art von selektiver Wahrnehmung. (Abg. Rädler: Nicht seit heute erst!) Bei der Lektüre des Berichtes der Kommission bis zum Ende sind zwei Dinge zu beachten: Erstens haben Sie einmal in einer Sitzung des Budgetausschusses behauptet, wir würden es nicht schaffen, die Flüchtlingskosten herauszurechnen. Ich habe gesagt: Verhandeln tue ich, nicht Sie. Das Ergebnis ist, dass die Flüchtlingskosten ex post berechnet werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Rossmann: Das habe ich nicht gesagt! Ich habe gesagt, das war nicht vereinbart!) – Ich sage dazu, dass ich gemeint habe: Ich verhandle das, und ich garantiere Ihnen, dass wir da zu einer Lösung kommen. Sie ist auch da.

Die Antwort auf Ihre Frage, welche Maßnahmen besprochen wurden, lautet: Keine, denn dieser Satz bezieht sich, wenn Sie das auch aufmerksam gelesen hätten, auf alle Länder. (Abg. Rossmann: Das steht unter der Überschrift „Austria“!) Sie können es ja gerne wieder selektiv lesen, so wie Sie es für Ihre Argumentation brauchen. Feststeht, dass ich im Gegensatz zu Ihnen bei der Sitzung anwesend war und weiß, was dort gesprochen wurde. (Abg. Kogler: Aber gelesen hat er es!)

Daher kann ich Ihnen sagen, dass die Aufforderung an alle Länder ergangen ist, dass die im Budget dargestellten Maßnahmen umgesetzt werden. Natürlich ist es so, dass überhaupt keine weiteren Maßnahmen eingefordert wurden. Sie hätten dann nämlich se­hen müssen, dass dort „zusätzliche Maßnahmen“ steht, dort steht aber nur „Maßnah­men“.

Ich verstehe auch Ihren Ansatz nicht, warum Sie diesen Entschließungsantrag einbrin­gen. Was spricht dagegen, dass man eine Autonomie im Sinne einer Steuerautonomie macht? Einen Mindeststeuersatz bei der Körperschaftsteuer wird es immer geben, zu­mindest in Österreich, und die Variante, ob der höher wird oder nicht, ist auch klar. Daher ist das überhaupt kein Widerspruch zu dem, worauf Sie völlig entsetzt, wie Sie sagen, reagiert haben. Die Bemessungsgrundlage wird auf europäischer Ebene derzeit intensiv verhandelt. Ich gehe davon aus, dass demnächst wieder ein Vorschlag kom­men wird, und Sie wissen, dass das eine Einvernehmensmaterie ist.

Zu den Fragen derer, die parlamentarische Anfragen so stellen, dass sie die richtigen Antworten bekommen und dann glauben, sie haben die falschen bekommen: Ihre An­frage nahm Bezug auf die Einzahlungen in der UG 23. In der UG 23 sind von Anfang an, seit das Gesetz beschlossen wurde, 1,2 Millionen € vorgesehen, die sind auch auf­recht. Insgesamt beläuft sich der Betrag auf etwa 7 Millionen €, und dieser Betrag ver­teilt sich auf völlig andere UGs, da das die Ministerien, die Nationalbank, die Sozialver­sicherungsträger und dergleichen betrifft, aber nicht die UG 23.

Daher darf ich Ihnen auch mitteilen, dass unsere Berechnungen ergeben haben, dass das, was Sie behaupten, dass es nämlich durch die Steuerreform hier zu einer Verwäs­serung kommt, in der Form vermutlich nicht eintritt. Es zahlen ja gleichzeitig diejenigen, die höhere Einkommen haben, tatsächlich auch die Pensionen haben, auch durch die Erhöhung der Bemessungsgrundlage ein, und das wird sich wahrscheinlich ziemlich ausgleichen. Das heißt, es ist nicht damit zu rechnen, dass die 7 Millionen € nicht er­reicht werden.


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Sie können gerne eine weitere Anfrage stellen, damit Sie es dann auch richtig zitieren. Worum ich einfach ersuchen würde, ist: Wenn man die Dinge öffentlich macht, dann sollten sie auch richtig sein, denn sonst müssen wir das wieder klarstellen. – Schade um den Aufwand!

Schlussendlich möchte ich mich bei allen Abgeordneten des Hohen Hauses für die Dis­ziplin während dieser 14 Tage bedanken. Es waren spannende Tage. Es war ein span­nender Dialog, von den Hearings bis jetzt kurz vor der Abstimmung hier im Parlament. Wir werden alle Kraft daransetzen, dass dieses Budget, das wir vorgelegt haben, mit einem sehr, sehr straffen Budgetvollzug entsprechend umgesetzt wird.

Alle haben gesagt, ein Budget birgt immer Risken, aber wir haben das so angesetzt und so eingeschätzt, dass wir es aus unserer Sicht richtig und konservativ eingeschätzt haben und dass wir daher dieses Ergebnis, das wir hier als Budget vorlegen, auch wer­den umsetzen können.

Lassen Sie mich noch eines sagen, weil immer wieder die Diskussion über das struk­turelle Defizit aufflammt und dass die Kommission diesbezüglich eine andere Einschät­zung hat: 2014 hatte sie ebenfalls eine andere Einschätzung, 2015 hatte sie eine an­dere Einschätzung und auch 2016 wird die Kommission vermutlich irren. Aber ich habe Folgendes schon bei meinem letzten Redebeitrag gesagt, und das bitte ich, noch ein­mal mitzunehmen: Es gibt ein Land in Europa mit 1,4 Prozent strukturellem Defizit, das gilt als sozusagen ausgeglichen, da die Verfahren andere sind. Es gibt ein Land mit 2,4 Prozent strukturellem Defizit, das gilt als nahezu ausgeglichen. Und jetzt frage ich Sie abschließend nochmals: Warum gilt es nicht als ausgeglichen, wenn ein Land 0,65 Prozent strukturelles Defizit vorlegt?

Daher werden wir über diese Methodik reden müssen. Wir werden klarstellen müssen, wie diese Berechnungsmethoden laufen, und dann wird man ein ganz klares Bild da­von bekommen, dass das, was wir der Kommission vorgelegt haben, auch entspre­chend positiv bewertet wurde.

Die Schreiben, die uns die Kommission übersandt hat, haben genauso kritische An­merkungen. Die sind berechtigt, gehen aber hauptsächlich in die Richtung zweier Maß­nahmen: erstens die Höhe der Staatsschulden und zweitens in Richtung des zu lang­samen Prozesses bei den strukturellen Reformen. Diesbezüglich habe ich ja angekün­digt, dass wir dort mehr Mut, mehr Tempo brauchen, um schlussendlich die Budgets der nächsten und der darauf folgenden Jahre entsprechend darstellen zu können. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.32


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


18.32.14

Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Da­men und Herren! Das Development Assistance Committee der OECD definiert, wann und wie die Betreuungskosten für Flüchtlinge auf die sogenannte ODA-Quote, quasi die Entwicklungszahlungsquote, anzurechnen sind. Österreich nutzt das seit jeher sehr exzessiv aus, ebenso wie zum Beispiel die Anrechnung fiktiver Studienplatzkosten und Entschuldungen. Die OECD subsumiert in diesem Zusammenhang unter Flüchtlingen nicht nur Genfer Konventionsflüchtlinge, sondern auch Menschen, die humanitär schutz­bedürftig sind, also solche Menschen, die momentan vor allem zu uns nach Österreich kommen.

Für die Anrechnung auf die ODA gelten die Kosten der ersten 12 Monate der Betreu­ung. Da werden zum Beispiel Grundversorgung, Transportkosten, Unterbringung, Ver­pflegung, aber auch Sprach- und Ausbildungsmaßnahmen angerechnet und nicht al-


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les andere, was Integrationsmaßnahmen sind, auch nicht Abschiebungen, Rückführun­gen, Rücktransporte, Kosten für Bundesheer, Soldaten oder Grenzsicherung.

Die Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung ÖFSE geht da­von aus, dass es im Jahr 2015, wenn man die Kriterien der OECD ganz exzessiv aus­nutzt, maximal zu einer Anrechnungsmöglichkeit von 460 Millionen € kommen wird. Das ist vergleichbar mit der kompletten Summe der multilateralen Entwicklungszusam­menarbeit für dieses Jahr, es entspricht auch 55 Prozent der gesamten ODA-Quote Österreichs 2015.

2016 geht die ÖFSE dann von eine Zahl von 550 bis 700 Millionen € aus, die auf die ODA-Quote anrechenbar wäre. Wir würden dann 2016 damit auf einen Anteil der ent­wicklungsrelevanten Zahlungen von 0,56 Prozent des Bruttonationaleinkommens kom­men. Wir haben das Ziel, 0,7 Prozent des BNE für die Entwicklungszusammenarbeit zu erreichen. Ich möchte die 0,7 Prozent nicht dadurch erreichen, dass wir in Österreich mög­lichst viele Flüchtlinge aufnehmen, versorgen und uns diese Kosten anteilig anrechnen. Ich möchte die international vereinbarte Quote dadurch erreichen, dass wir eine wirk­lich gute internationale Entwicklungszusammenarbeit finanzieren, bilateral und multila­teral, und nicht global mit Füßen umverteilt wird, indem Leute aufgrund schlechter Le­bensbedingungen zu uns kommen müssen.

Ich möchte gerne die ODA-Quote durch eine menschenrechtbasierte Entwicklungszu­sammenarbeit erreichen, die auf den Prinzipien von Ownership, Rechtsstaatlichkeit, de­mokratischer Regierungsführung, Frieden und anderen solchen Kriterien basiert.

Ich wünsche mir ein gutes Leben für alle dort, wo sie leben, damit Menschen erst gar nicht zu uns flüchten müssen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

18.34


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


18.34.57

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte einige wenige Minuten dafür verwenden, im Namen unserer Kollegin Christiane Brunner einen Entschließungsantrag einzubringen, der ja fast mit dem Anliegen der Vor­rednerin korrespondiert. (Abg. Rädler: Warum ist sie nicht da?) – Ja, die ist hoffentlich in Paris zur Klimakonferenz gut gelandet.

Ein Aspekt zukünftiger Flucht ist mit Sicherheit – das weisen alle Expertinnen und Ex­perten so aus – die Angelegenheit der Klimaveränderung. Die wirkt sich ja in unter­schiedlichen Ländern völlig unterschiedlich aus. Auch da ist es wieder ungerechterwei­se so, dass gerade die, die auf Entwicklungszusammenarbeit angewiesen wären, also die Ärmsten, am stärksten betroffen sind.

Deshalb – ich kürze jetzt die ganze Begründung ab – hat es an sich eine gute Idee gegeben, bei deren Mitfinanzierung Österreich wieder hinten nachhinkt, um nicht zu sa­gen, fast quer im Stall steht, nämlich dass man diesen Ländern aus dem Green Cli­mate Fund Unterstützung zukommen lässt, damit das unter anderem als Glaubwürdig­keitssignal verstanden wird, aber natürlich auch für sinnvolle ökologische und damit letztendlich ökonomische Investitionen vor Ort. Die können sich das nicht immer leis­ten, deshalb ist es gut, wenn wir hier Hand anlegen, und auch die öffentliche Hand et­was lockermacht. Das ist durchaus vernünftig.

Was passiert? Viele Länder bewegen sich in die richtige Richtung; Österreich ist eben hintennach. Hollande hat in Paris im August genau auf diesen Fonds Bezug nehmend Folgendes gesagt: „Ohne die ab 2020 versprochenen 100 Milliarden Dollar jährlich wird es bei dem Klimagipfel in Paris kein Abkommen geben.“ Deshalb sollten sich alle und insbesondere die reichsten Länder Europas da nicht hinten ansiedeln, sondern voran­gehen.


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Der Herr Bundesminister kennt das Thema, er reagiert immer ein bisschen abweisend darauf, denn wir wollen ja auch, dass das nicht zulasten der bestehenden Umweltaus­gaben geht, da Österreich mit seinen Umweltaktivitäten im Ranking immer weiter zu­rückfällt. Das muss man auch einmal sehen – ob es jetzt die Ökosteuern sind, andere Umweltdinge. Wir waren in den Neunzigerjahren in vielen Bereichen Vorreiter, jetzt sind wir im schlechten Mittelfeld, oft bereits hinten. Das ist ja dramatisch!

Deshalb bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend: dringend internationale Klimafinanzierung vor Klimakonferenz aufstocken

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, der Bundesminister für Finan­zen und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft werden aufgefordert, umgehend die jährlichen Beiträge für den Green Climate Fund um ein Vielfaches aufzustocken und diese Entscheidung noch vor Beginn der Ver­handlungen in Paris zu veröffentlichen.

Darüber hinaus ist ein zwischen den betroffenen Bundesministerien akkordierter Bud­getpfad „Internationale Klimafinanzierung“ in der Beitragshöhe anderer vergleichbarer Staaten zu erstellen und in der Folge dem Nationalrat vorzulegen.

Die Aufbringung dieser – zusätzlichen – Gelder darf nicht zulasten der bestehenden Bud­gets für die Entwicklungszusammenarbeit erfolgen.

*****

Auch das scheint mir logisch. Damit ist das hoffentlich begründet und eingebracht, und wir erwarten uns hier schon ein bisschen eine andere Umgangsweise als bisher, denn Sonntagsreden haben wir schon genug gehört. Dafür gibt es ein paar Spezialisten! (Bei­fall bei den Grünen.)

18.38


Präsident Karlheinz Kopf: Dieser Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringend inter­nationale Klimafinanzierung vor Klimakonferenz aufzustocken

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen – UG 15 „Finanzverwaltung“

Begründung

„Ohne die ab 2020 versprochenen 100 Milliarden Dollar jährlich wird es bei dem Klima­gipfel in Paris kein Abkommen geben.“

Franz. Staatspräsident François Hollande, August 2015


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 617

2009 versprachen die Staats- und Regierungschefs der Industrienationen auf der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen den am härtesten von der Erwärmung betroffenen Ent­wicklungsländern, sie bei ihrer Anpassung an den Klimawandel und beim Umstieg auf eine klimafreundliche Wirtschaftsweise mit einem Grünen Klima Fonds finanziell zu un­terstützen. 80 Prozent aller menschengemachten Treibhausgase in der Atmosphäre stam­men aus den Schloten der Industriestaaten. Ausbaden müssen die Folgen bislang aber zumeist Entwicklungsländer.

Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen beziffert allein den Finanzbedarf Afrikas zur Anpassung an den Klimawandel auf bis zu 50 Milliarden Dollar pro Jahr, andere Ex­perten gehen sogar von 200 Milliarden aus.

Einer von Oxfam in Auftrag gegebenen Studie zufolge drohen die jährlichen wirtschaft­lichen Folgekosten des Klimawandels in den armen Ländern bis 2050 um 600 Milliar­den Dollar anzusteigen. Auch die Anpassung an den Klimawandel werde um dreistel­lige Milliardenbeträge teurer. (Die Zeit, 25.11.2015)

Mittels des 2010 unter dem Dach der Vereinten Nationen formal eingerichteten Green Climate Fund (GCF) wollen die Industrienationen ab 2020 gemeinsam jährlich 100 Mil­liarden Dollar für Entwicklungsländer, also nicht nur für Afrika, zur Verfügung zu stellen. Bis 2020 sollen die Mittel sukzessive auf dieses Niveau anwachsen.

Die Frage der Klimafinanzierung gilt als Schlüsselfrage für ein Abkommen in Paris. Vie­le Entwicklungsländer haben signalisiert, dass sie einem neuen Abkommen nur zustim­men werden, wenn sie diesmal mit einem klaren Finanzplan ausgestattet werden. Paris gilt als letzte Chance, einen Klimavertrag zu beschließen, der alle Staaten bindet.

Österreichs Beitrag für den Green Climate Fund beläuft sich auf 20 Mio. Euro, die von 2014 bis 2018 in Aussicht gestellt und von denen sechs Millionen bislang ausgezahlt wurden. Dies entspricht einem jährlichen Beitrag von 4 Mio. Euro. Für die Zeit nach 2018 gibt es noch überhaupt keine in Aussicht genommenen Beiträge.

Im Vergleich: Deutschland zahlt jährlich 2 Mrd. und hat angekündigt, diesen Betrag bis 2020 auf 4 Mrd. verdoppeln. Frankreich will die aktuellen 3 Mrd. jährlich bis 2020 auf
5 Mrd. steigern, UK steigert sukzessive von 1 Mrd. auf 5,8 Mrd. Schweden zahlt bereits 580 Mio. und Luxemburg (Einwohner 600.000) 140 Mio. jährlich. China hat eine Sum­me von 3 Mrd. Dollar in Aussicht gestellt.

Wie ein Gremium von österreichischen KlimawissenschaftlerInnen kürzlich in einem dringenden Appell an die Verhandlungsdelegation für Paris festhielt, ist Österreichs Bei­trag auch im pro-Kopf Vergleich wesentlich niedriger als beispielsweise der von dem „Kli­masünder“ USA, Schweden, Deutschland und sogar Spanien. (OTS, KlimaforscherIn­nen, 24.11.2015)

Gemessen an den bisherigen Zusagen vergleichbarer Länder läge ein angemessener Anteil Österreichs an der internationalen Klimafinanzierung bei mindestens 200 Millio­nen Dollar pro Jahr ab 2020.

Diese Mittel dürfen nicht auf Kosten von bestehenden Zahlungen im Rahmen der Ent­wicklungszusammenarbeit gehen. Internationale Klimafinanzierung ist eine neue He­rausforderung, der mit frischem, zusätzlichem Geld begegnet werden muss.

Die Republik Österreich muss ihren Beitrag zum Gelingen der Klimakonferenz von Paris leisten. Die österreichischen Beiträge zur internationalen Klimafinanzierung sind schnellstmöglich durch ihre Verankerung in einem zwischen den Bundesministerien ak­kordiertem Budgetpfad auf eine solide und vertrauenswürdige Finanzierungsbasis zu stellen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 618

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler ,der Bundesminister für Finan­zen und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft werden aufgefordert, umgehend die jährlichen Beiträge für den Green Climate Fund um ein Vielfaches aufzustocken und diese Entscheidung noch vor Beginn der Ver­handlungen in Paris zu veröffentlichen.

Darüber hinaus ist ein zwischen den betroffenen Bundesministerien akkordierter Bud­getpfad „Internationale Klimafinanzierung“ in der Beitragshöhe anderer vergleichbarer Staaten zu erstellen und in der Folge dem Nationalrat vorzulegen.

Die Aufbringung dieser – zusätzlichen – Gelder darf nicht zulasten der bestehenden Bud­gets für die Entwicklungszusammenarbeit erfolgen.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


18.38.33

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Finanzminister! Sie haben in diesem Jahr ein ordentliches Programm absol­viert: die Steuerreform, die HETA, Griechenland, jetzt ein Budget – das alles noch mit einer sehr großen Zustimmung! Die Leute draußen erwarten sich von Ihnen noch mehr.

Die letzten Worte in Ihrer Rede gingen in die Richtung, dass es um Reformen geht. Wir sind froh, dass in unserem Land Reformen geplant sind, und ich bin sehr froh, dass im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich auch die Aufgabenverteilung diskutiert wer­den wird. Die Leute warten darauf!

Wir brauchen Bewegung in der Gestaltung der Abläufe. Der EU-Beitritt hat manches verändert, das wir noch immer nicht wiederfinden, und wir werden sicher mit den Län­dern und den Gemeinden gemeinsam den Bundesfinanzrahmen erfüllen müssen.

Die Lebensumstände der Leute haben sich auch geändert, und manches muss einfach moderner und flotter werden. Ich denke da zum Beispiel nur an die Frage des Bauwe­sens oder der Bauordnung oder an das Elektrizitätswesen, an die Tierzucht oder bei uns in der Landwirtschaft an das Pflanzenschutzrecht oder vielleicht auch an die Frage von Hygieneerzeugnissen oder Zertifikaten für den Export. Da kann ein Bundesland nicht bestätigen, dass eine Molkerei, die die Milch aus drei Bundesländern bezieht, mit einem Zeugnis ihr Exportzeugnis bekommt.

Wir haben viele Umständlichkeiten, die beseitigt gehören, und Ihnen, Herr Finanzminis­ter, trauen wir das zu. Es geht nicht darum, dass irgendjemand Zuständigkeiten vertei­digt, es geht darum, dass wir Leben ermöglichen und Bewegung in die Wirtschaft brin­gen. Und da, glaube ich, sind wir mit Ihnen auf einem guten Weg. – Ich wünsche dabei alles Gute. (Beifall bei der ÖVP.)

18.40


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hable zu Wort. Die von Ihnen gemeldete Redezeit von 5 Minuten ist gleichzeitig auch die Rest­redezeit Ihres Klubs. – Bitte.

 


18.40.36

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundes­minister! Ja, die Budgetdebatte geht in die Zielgerade.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 619

Ich möchte in der noch vorhandenen Restzeit einen Budgetbereich herausgreifen, näm­lich die Finanzmarktstabilität – mit anderen Worten jenen Bereich, jenes Budgetkapitel, wo viele Steuermilliarden in Banken geflossen sind und wo wir uns natürlich die Frage stellen: Ist das Ende der Fahnenstange erreicht oder welche Risiken schlummern noch im Budget? – Da stechen vor allem zwei Bereiche heraus.

Der erste Bereich ist die HBI. Das ist die Hypo Bank Italia, die oft vergessene Hypo-Tochter – die Hypo war nicht nur am Balkan tätig, sondern auch in Italien. Das war im­merhin die zweitgrößte Tochterbank nach der in Kroatien. Das ist auch jene Banktoch­ter, die mit Malversationen im Leasinggeschäft und dementsprechenden Strafverfahren in den Schlagzeilen war. Es hat von der italienischen Bankenaufsicht auch Geldstrafen für das Management gegeben. Das sei nur als Gustostückerl am Rande erwähnt: Die­se Geldstrafen sind von der Bank bezahlt worden, das heißt, letztlich von uns allen, von den Steuerzahlern. – So viel dazu.

Was mich bei der Hypo Italien interessiert, sind die 200 Millionen €, die als Vorsorge eingestellt sind. Da haben wir mittlerweile auf unsere Fragen im Budgetausschuss die schriftlichen Antworten bekommen – allerdings ist mir noch immer nicht klar, warum gerade 200 Millionen € – ob das einen konkreten Hintergrund hat, dass man auf diesen Betrag kommt. Und die zweite Frage, die sich für mich stellt und die auch unbeant­wortet ist: Wenn denn nun die Hypo Italien auch verwertet, verkauft werden soll, warum müssen wir da überhaupt noch etwas drauflegen?

Also wenn diese restlichen Vermögenswerte … (Zwischenbemerkung von Bundesmi­nister Schelling.) – Eh, auf Abwicklung. Aber Abwicklung bedeutet ja Abwicklung von Vermögenswerten. Das heißt, man müsste etwas zurückbekommen, wenn man Ver­mögenswerte abwickelt. Und ich verstehe nicht, warum wir da noch 200 Millionen € drauf­legen müssen.

Zweiter Punkt: die allseits bekannte HETA. Auch dort geht es um die Vermögensver­wertung oder eher um die Frage, warum dem Parlament keine Informationen zu dem Prozess der Vermögensverwertung vorliegen. Und da entnehme ich jetzt der Beant­wortung durch das Finanzministerium, dass das eben Aufgabe der HETA sei und dass ohnehin auch die Finanzmarktaufsicht da irgendwie beteiligt wäre. – Na ja, die Finanz­marktaufsicht, wie der Name sagt, ist eine Bankenaufsicht, also das sind keine Ver­wertungsspezialisten. Ich weiß nicht, welches Know-how die haben, um überhaupt be­urteilen zu können, ob da alles mit rechten Dingen zugeht.

Und das ist auch schon das Stichwort. Es hat ja einen Grund, warum ich frage: Herr Bundesminister, es werden mir auch von links und rechts Informationen zugetragen, dass es auch bei diesen Verwertungsprozessen, bei den aktuell laufenden, wieder zu Malversationen kommt, dass wieder Gelder abgezweigt werden, und das zulasten von uns allen, zulasten der Steuerzahler. Das ist ja jetzt Staatseigentum.

Deswegen frage ich hier so bewusst: Warum haben wir keine Informationen? Warum wissen wir nichts über die externen Berater, die offensichtlich auch eingeschaltet wer­den? Warum wissen wir nicht, welches Mandat die bekommen? Warum wissen wir nichts über Erlöse? Warum wissen wir nichts über das ursprüngliche Exposure, das bei diesen Projekten, die verwertet werden, vorhanden war?

Das Einzige, was wir von der HETA bekommen, sind nichtssagende Aggregatzahlen. Und das ist viel zu wenig, um beurteilen zu können, ob alles mit rechten Dingen zu­geht. – Und ich befürchte: eben nicht.

Daher, Herr Finanzminister, mein offener und ehrlicher Appell – Sie als Eigentümerver­treter haben zumindest die Möglichkeit, die Informationen einzufordern –: Besorgen Sie


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sich die Informationen! Besorgen Sie im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler die Informationen über diese Verwertungsprozesse für das Parlament! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

18.45


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fa­zekas. – Bitte.

 


18.45.31

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Diskussion über dieses Kapitel geht es unter anderem auch um Abgaben. Und wenn man von Abgaben spricht, kommt man an dem Kapitel der Steuerreform absolut nicht vorbei, weil sich bei den Abgaben natürlich etwas verändern wird.

Aber viel wichtiger ist die sehr wesentliche Nachricht, dass mit dieser Steuerreform ab nächstem Jahr die Österreicherinnen und Österreicher netto mehr in ihrem Geldbörsel haben. Und das ist, meine ich, ausgesprochen positiv, und es ist ganz wichtig, das im­mer, immer wieder zu transportieren.

Aber was nützt das all jenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von „Zielpunkt“, unge­fähr 2 700, die jetzt vor Weihnachten vor der ganz schwierigen Situation stehen, zuse­hen zu müssen, wie ihr Unternehmen Insolvenz anmelden muss?!

Es wurde am Vormittag schon ein Entschließungsantrag der freiheitlichen Fraktion ein­gebracht, und bereits mein Kollege Wimmer ist darauf eingegangen, warum das, was im Antrag gefordert wurde, nämlich dass die Bundesregierung betreffend die Auszah­lung von Gehältern in Vorleistung treten solle, nicht möglich ist. (Abg. Kitzmüller: Aus­reden findet man immer!)

Aber – und das ist jetzt die wesentliche Botschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn ich glaube, wir hier im Hohen Haus haben alle miteinander das Interesse, dass diesen Menschen rasch und unkompliziert geholfen wird – Sozialminister Rudolf Hundstorfer und die Gewerkschaft mit Wolfgang Katzian an der Spitze haben mittler­weile in permanenter Verhandlung mit den Banken erreicht, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von „Zielpunkt“ auf jeden Fall bei ihren Banken ihr Geld abheben kön­nen, ohne dass Zinsen verrechnet werden, sodass sie jetzt vor Weihnachten nicht vor diese schwierige Situation gestellt werden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Höbart.)

Ich denke, wir sollten das anerkennen im Sinne dieser Menschen, für die es nicht einfach wird, und ich wünsche den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass sie Erfolg haben, gemeinsam mit der Gewerkschaft, mit dem Sozialministerium, dass das beste Ergebnis für sie alle und für ihre Familien herauskommen wird. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.47


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte.

 


18.47.57

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, ich weiß, Sie haben in der Vergangenheit schon viel Kritik betreffend die Registrierkassenregelung über sich er­gehen lassen müssen, Sie werden bei diesem Thema auch in Zukunft noch viel Kritik über sich ergehen lassen müssen, und ich bin mir auch ganz sicher, dass wir in den nächsten Monaten noch sehr, sehr viele Reparaturanträge zu diesem missglückten


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Gesetz über uns ergehen lassen müssen und dass wir dieses Thema noch sehr, sehr oft in diesem Hause haben werden.

Es geht ganz einfach darum, dass mit der vorliegenden Regelung keine praktikablen und praktisch durchführbaren Möglichkeiten für die Unternehmer, die Kleinunterneh­mer, geschaffen worden sind. Es ist ja interessant, dass in dem Zusammenhang auch die verschiedenen Länderorganisationen der ÖVP und die Landtagsklubs der ÖVP of­fensichtlich dieser Meinung sind und gleichfalls schon Resolutionen, Beschlüsse ge­fasst haben, wo Sie aufgefordert werden, praktikable Lösungen zu finden, wo Sie auf­gefordert werden, die Umsatzgrenzen, die in Ihrem Gesetz stehen, zu verdoppeln und auch sonst praktikable Lösungen zu finden.

Ich mache es Ihnen daher jetzt sehr einfach. Ich habe mir diese Beschlüsse etwa aus dem niederösterreichischen Landtag – danke, Dr. Rosenkranz – und aus dem oberös­terreichischen Landtag besorgt, wo die ÖVP jeweils mit den anderen Fraktionen, auch mit den Freiheitlichen, Resolutionen beschlossen hat – Aufrufe an Sie, Herr Bundesmi­nister, endlich praktikable Lösungen zu finden.

Dr. Fuchs, Dr. Rosenkranz und ich haben daher einen Antrag formuliert, den ich hier­mit einbringe.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschär­fung der Registrierkassenpflicht

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der zuständige Bundesminister für Finanzen wird er­sucht, umgehend eine Regierungsvorlage vorzulegen, die

1. die im Rahmen der Steuerreform beschlossene Registrierkassenpflicht mit einer Um­satzfreigrenze von Euro 15.000.- auf 30.000.- und die vorgesehene Barumsatzgrenze von Euro 7.500 Euro auf 15.000.- erhöht oder auf sonstige Weise sicherstellt, dass Klein- und Kleinstunternehmen sowie mittelständische Betriebe von der Registrierkas­senpflicht ausgenommen werden,

2. die derzeit vorliegenden Regelungen betreffend Registrierkassenpflicht und Beleger­teilungsverpflichtung solange aussetzt, bis neue Lösungen gefunden werden, die si­cherstellen, dass Klein- und Kleinstunternehmen sowie mittelständische Betriebe kei­nen ungebührlichen finanziellen und bürokratischen Belastungen ausgesetzt werden.

3. die 48 Stunden Regelung bei der Registrierkassenpflicht überdenkt und in diesem Zu­sammenhang eine einheitliche, rechtssichere und rechtsgleiche Befreiung für Vereine und Körperschaften auch im Bereich des Körperschaftsteuerrechts und der Gewerbe­ordnung, gewährleistet, die es Vereinen ermöglicht, ihre ehrenamtliche Aufgabe ohne bü­rokratische Hindernisse zu erledigen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Noch einmal, meine sehr geehrten Damen und Herren: Das wurde mit ÖVP-Stimmen in Oberösterreich und Niederösterreich im Landtag beschlossen.

Ich lade Sie sehr herzlich ein, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, es Ihren Abgeordneten-Kollegen in Oberösterreich und Niederösterreich gleichzutun.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 622

Zu diesem Zweck werden wir auch namentliche Abstimmung beantragen, damit wir genau sehen, wer hier in Wien so abstimmt, wie es seine Kollegen in den Bundeslän­dern auch getan haben. (Beifall bei der FPÖ.)

18.51


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Haider eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abg. Mag. Roman Haider, Dr. Walter Rosenkranz, DDr. Hubert Fuchs und weiterer Abgeordneter betreffend Entschärfung der Registrierkassenpflicht

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), UG 16 in der 104. Sitzung des Nationalrates

Die mit 1. Jänner 2016 in Kraft tretende Steuerreform sieht als wesentliches Mittel zur Gegenfinanzierung die sogenannte Registrierkassenpflicht vor. Elektronische Aufzeich­nungssysteme sollen die Erfassung der Barumsätze erleichtern. Dabei soll vor allem die Bekämpfung von möglichem Missbrauch im Vordergrund stehen. Es sollen ab 1. Jän­ner 2016 für Betriebe neue Aufzeichnungspflichten für alle Bareinnahmen zum Zweck der Losungsermittlung gelten. Somit haben Betriebe (Gewerbe, selbständige Tätigkeit und Land- und Forstwirtschaft) zur Einzelerfassung der Barumsätze zwingend ein elek­tronisches Aufzeichnungssystem (Registrierkasse) zu verwenden, wenn der Jahresum­satz je Betrieb € 15.000,-- und die Barumsätze dieses Betriebes € 7.500,-- im Jahr überschreiten. Vom Begriff „Barumsätze“ sind auch die Zahlung mit Bankomat- oder Kreditkarte, mittels Barschecks oder auch das Ausgeben von Gutscheinen und Bons umfasst. Sind die Voraussetzungen für die Registrierkassenpflicht gegeben, muss der Unternehmer ab 1. Jänner 2016 eine elektronische Registrierkasse in Verwendung ha­ben, die der Kassenrichtlinie entspricht. Darüber hinaus müssen alle Kassensysteme ab 1. Jänner 2017 zusätzlich über einen Manipulationsschutz sowie eine technische Si­cherheitseinrichtung verfügen, welche der neuen Registrierkassensicherheitsverordnung entspricht.

Durch die Registrierkassenpflicht werden Unternehmen nicht nur finanziell stark belas­tet sondern es wird auch zu einem großen zusätzlichen bürokratischen Aufwand kom­men. Eine Anhebung der Grenzen auf das jeweilige Doppelte würde nicht nur der Bü­rokratisierung entgegenwirken, sondern den vielen Unternehmern und Vereinen auch Wertschätzung ausdrücken.

Vereine und deren freiwillige Mitglieder leisten einen wesentlichen Beitrag für das Ge­meinwohl in Österreich. Ein Teil der Freiwilligenarbeit in Österreich ist die Jugendarbeit und Betreuung unserer Jüngsten. Mit der verpflichtenden Einführung der Registrierkas­sen werden viele Freiwillige und Ehrenamtliche vor den Kopf gestoßen und verprellt.

Die heimische Wirtschaft ist geprägt von Ein-Personen-Unternehmen (EPU). Sie stel­len laut einer Erhebung im Jahr 2013 mittlerweile 57,3% der Mitglieder der Wirtschafts­kammer Österreich. Gemeinsam mit Klein- und Mittleren-Unternehmen (KMU) sind sie das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Im Speziellen besteht aufgrund der kom­plexen technischen Anforderung an die Registrierkassen und der auf sie zukommen­den finanziellen Belastung große Verunsicherung. Mit den neuen Erfordernissen wer­den den KMU neuerliche Barrieren und Hürden entgegen gesetzt.


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Die derzeitig gesetzten Grenzen lassen befürchten, dass die Leistungen von Unterneh­men und Vereinen nicht mehr wie bisher erbracht werden und dem Staat dadurch viel teurer kommen.

Kritik an der Registrierkassenregelung kommt auch von den Bundesländern; in Ober­österreich, Niederösterreich und im Burgenland wurden bereits entsprechende Be­schlüsse gefasst und Änderungen bei der Registrierkassenpflicht ident wie in diesem Antrag gefordert.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der zuständige Bundesminister für Finanzen wird ersucht, umgehend eine Regierungsvorlage vorzulegen, die

1. die im Rahmen der Steuerreform beschlossene Registrierkassenpflicht mit einer Um­satzfreigrenze von Euro 15.000.- auf 30.000.- und die vorgesehene Barumsatzgrenze von Euro 7.500 Euro auf 15.000.- erhöht oder auf sonstige Weise sicherstellt, dass Klein- und Kleinstunternehmen sowie mittelständische Betriebe von der Registrierkas­senpflicht ausgenommen werden,

2. die derzeit vorliegenden Regelungen betreffend Registrierkassenpflicht und Bele­gerteilungsverpflichtung solange aussetzt, bis neue Lösungen gefunden werden, die sicherstellen, dass Klein- und Kleinstunternehmen sowie mittelständische Betriebe kei­nen ungebührlichen finanziellen und bürokratischen Belastungen ausgesetzt werden.

3. die 48 Stunden Regelung bei der Registrierkassenpflicht überdenkt und in diesem Zusammenhang eine einheitliche, rechtssichere und rechtsgleiche Befreiung für Ver­eine und Körperschaften auch im Bereich des Körperschaftsteuerrechts und der Ge­werbeordnung, gewährleistet, die es Vereinen ermöglicht, ihre ehrenamtliche Aufgabe ohne bürokratische Hindernisse zu erledigen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Groiß. – Bitte.

 


18.51.42

Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Mi­nister! Kolleginnen und Kollegen! Ziemlich zum Abschluss dieses Tages möchte ich noch ein paar Worte zur UG 44 – Finanzausgleich verlieren.

Die Steuerreform trifft alle Gebietskörperschaften, dementsprechend gleichbleibend sind die Einnahmen. Trotzdem gelingt es bei den Gemeinden und Ländern, eine Erhöhung von 2,2 Prozent im Budget auszuweisen. Interessant sind vor allem die Wirkungsziele. Das Wirkungsziel 3 ist die Sicherstellung einer möglichst getreuen, vollständigen und einheitlichen Darstellung der finanziellen Lage. Danke, dass nach 41 Jahren die Ver­ordnung dementsprechend durchgeführt worden ist. Danke, dass es gemeinsam mit der Artikel-15a-Vereinbarung durchgeführt wird, und danke, dass wir hier für die Ge­meinden Übergangsbestimmungen drinnen haben, dass unsere Gemeinden sich kurz- und mittelfristig darauf einstellen können und diese Umstellung so durchführen können, dass das auch funktioniert.

Wirkungsziel 4 ist die Reform des Finanzausgleichs. – Wir haben heute schon sehr viel über Gerechtigkeit gehört, über Steuergerechtigkeit. Diesbezüglich blase ich in dassel­be Horn: Ich wünsche mir das Wirkungsziel, in Zukunft einen gerechten Finanzaus-


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gleich zu haben. Wir haben im ÖVP-Klub die ARGE „Gerechtigkeit im Finanzausgleich“ gegründet, und bereits 550 Gemeinden haben eine Resolution für die Abschaffung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels abgegeben.

Ich wünsche mir, dass die Gerechtigkeit wirklich auch einmal nicht nur dort Einzug hält, wo es einem passt, sondern Gerechtigkeit bedeutet, dass alle gleich sind, und auch die Bevölkerung des ländlichen Raumes ist gleich viel wert wie der Rest. – Danke für die Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP.)

18.52


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rie­mer. – Bitte.

 


18.53.24

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es geht natürlich um ein leidiges, aber sehr wichtiges Thema, um die volle steuerliche Absetz­barkeit von Spenden für den Tierschutz.

In der Steuerreform 2009 wurde die Absetzbarkeit von Spenden an Vereine und Ein­richtungen eingeführt, die selbst mildtätige Zwecke verfolgen, Entwicklungs- und Kata­strophenhilfe betreiben oder für diese Zwecke Spenden sammeln, für Private oder auch für Selbstständige. Spenden für den Tierschutz sind leider Gottes erst seit dem 1. Jän­ner 2012 absetzbar, und auch dies nur in einem sehr eingeschränkten Bereich, nämlich lediglich für Zuwendungen im Sinne des § 4a EStG 1988 an Einrichtungen, die Tier­heime führen oder für solche Zwecke Spenden sammeln.

Ich erlaube mir, diesbezüglich – weil das wichtig ist – folgenden Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend volle steuer­liche Absetzbarkeit von Spenden für Tierschutz

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird ersucht, eine Regierungsvorlage zur Änderung des § 4a Abs. 2 Ziffer 3 lit e. EStG 1988 vorzule­gen, um künftig eine umfassende steuerliche Absetzbarkeit von Spenden an alle Ver­eine und Einrichtungen, die im Bereich Tierschutz tätig sind, sicherzustellen.“

*****

Herr Bundesminister, für Sie ist es ein kleiner Schritt, für den Tierschutz und für enga­gierte Tierschützer und Vereine eine große Meile und eine weite Strecke. – Danke. (Bei­fall bei der FPÖ.)

18.55


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Riemer eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ordnungsgemäß unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Riemer und weiterer Abgeordneter betreffend volle steuerliche Ab­setzbarkeit von Spenden für Tierschutz


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 625

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 - BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), UG 16 in der 104. Sitzung des Nationalrates

Mit der Steuerreform 2009 wurde die Absetzbarkeit von Spenden an Vereine und Ein­richtungen eingeführt, die selbst mildtätige Zwecke verfolgen, Entwicklungs- und Kata­strophenhilfe betreiben oder für diese Zwecke Spenden sammeln. Privatspender kön-nen seither ihre Zuwendung an die in § 4a EStG 1988 genannten Einrichtungen als Sonderausgabe in der Arbeitnehmerveranlagung geltend machen; Unternehmer kön­nen ihre Spenden als Betriebsausgaben absetzen. Spenden (zB an wissenschaftliche Vereine, Museen etc.) blieben unter den gleichen Voraussetzungen wie bisher auch weiterhin absetzbar.

Abzugsfähig sind Spenden an Einrichtungen, die im Gesetz ausdrücklich aufgezählt werden und an Einrichtungen, die zum Zeitpunkt der Spende über einen gültigen Spen­denbegünstigungsbescheid verfügen und in der Liste der spendenbegünstigten Ein­richtungen auf der Website des BMF ohne Gültigkeitsende aufscheinen.

Spenden für Tierschutz sind erst seit dem 1. Jänner 2012 absetzbar und auch dies nur in einem sehr eingeschränktem Bereich, nämlich lediglich für Zuwendungen im Sinne des § 4a EStG 1988 an Einrichtungen, die Tierheime führen oder für solche Zwecke Spenden sammeln.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird ersucht, eine Regierungsvorlage zur Änderung des § 4a Abs. 2 Ziffer 3 lit e. EStG 1988 vorzu­legen, um künftig eine umfassende steuerliche Absetzbarkeit von Spenden an alle Ver­eine und Einrichtungen, die im Bereich Tierschutz tätig sind, sicherzustellen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.

 


18.55.33

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier drei Tage lang dieses Budget diskutiert, das im Zeichen einer Entlastung für die Österreicherinnen und Österreicher steht, einer Konjunkturankurbelung, von Investitionen in Sozial- und Zukunftsbereiche. Aber auch ein Arbeitsmarktpaket mit dem Inhalt Wirtschaftswachstum stärken und den Faktor Ar­beit entlasten und aktive Arbeitsmarktpolitik sind hier enthalten.

Ich möchte nur ein paar Punkte anführen: 5 Milliarden € beträgt die Entlastung für die Österreicherinnen und Österreicher im kommenden Jahr. 300 Millionen € werden direkt für den Arbeitsmarkt ausgegeben – da wird besonderes Augenmerk auf die Genera­tion 50plus gelegt. Im Pflegebereich wird der Pflegefonds aufgestockt und das Pflege­geld um 2 Prozent erhöht. Die Familienbeihilfe wird erhöht. Infrastrukturmaßnahmen für Straße und Bahn in der Höhe von 3,8 Milliarden € schlagen sich direkt bei der Ar­beitsmarkpolitik nieder, 300 Millionen € gibt es für den Breitbandausbau und weitere 50 Millionen € für den geförderten Wohnbau. So könnte man fortsetzen, was ich aber aus Zeitgründen leider nicht kann.


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Ich kann zu diesem Budget nur eines sagen: Es ist ein Budget mit Augenmaß, und ent­gegen allen Unkenrufen glaube ich auch, dass dieses Budget halten wird, so wie alle an­deren Budgets vorher. (Beifall bei der SPÖ.)

18.56


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Klubobmann Ing. Lugar gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Bitte kurz fassen!)

 


18.57.01

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Da ja schon praktisch alles gesagt wurde nach zwei Wochen Budgetmarathon, ist es sicher vernünftig, einmal darüber nachzudenken, ob es überhaupt gescheit ist, was wir hier ma­chen. (Allgemeine Heiterkeit.) – Ja, das ist schon einmal einen Gedanken wert. Wir ha­ben zwei Wochen damit verbracht, ein Budget zu diskutieren, das auf Punkt und Bei­strich bis auf wenige Abstriche von der Mehrheit heute hier beschlossen wird.

Das heißt: Was bringt es, wenn wir, wie letzte Woche im Ausschuss, unsere Zeit ver­schwenden mit einer Diskussion, die letztlich zu nichts führt. Genauso könnten wir diese drei Tage im Plenum locker auf einen Tag, vielleicht sogar auf einen Tagesord­nungspunkt in einer Sitzung zusammenstreichen, denn letztlich sind das verlorene „Ki­lometer“. Es geht doch darum, Reformen zu machen.

Wir schaffen es nicht, hier im Parlament Reformen zu machen – ich höre diese Kritik jedes Jahr! Ich bin ja doch schon länger in diesem Hohen Haus, und jedes Jahr höre ich nach der Budgetdebatte, nach der Budgetwoche immer wieder die Kritik: Können wir das nicht kürzer machen? Können wir das nicht abkürzen? Ist das überhaupt not­wendig?

Auch Sie, Herr Minister, müssen ja immer hier sitzen und Sie haben sicher auch Bes­seres zu tun, davon gehe ich einmal ganz stark aus.

Das heißt, wenn wir es schaffen, im Parlament Reformen zu machen, um endlich diese Budgetwochen zu verkürzen, dann schaffen Sie, Herr Minister, vielleicht auch ein Bud­get, in dem Reformen stehen. Denn dieses Budget, das jetzt vorliegt, das hätten auch Ihre Vorgänger zusammengebracht. Das hätten Pröll, Fekter, Spindelegger, die alle Par­teisoldaten waren, auch zusammengebracht, und von Ihnen habe ich nicht erwartet, dass Sie Parteisoldat sind, und ich glaube auch nicht, dass Sie Parteisoldat sind, ganz im Gegenteil.

Ich glaube, dass Sie für Österreich eine Riesenchance gewesen wären – wenn Sie das gemacht hätten, was wir von Ihnen erwarten, nämlich: Da Sie unabhängig und sicher­lich nicht von der ÖVP abhängig sind, hätten Sie die Reformen machen können, die wir in diesem Land so dringend brauchen. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir sehen, dass wir in Wahrheit keine Bundesregierung haben, die Österreich verwal­tet, nein, wir haben eine Bundesregierung, die die Länder sich halten. Die Länder hal­ten sich eine Bundesregierung und diktieren der Bundesregierung, was zu geschehen hat. Sie als Finanzminister hätten die einmalige Gelegenheit gehabt, endlich etwas ge­gen die Länder zu unternehmen, denn die Länder sind wie Vampire, die sich an der budgetären Blutbahn festgesaugt haben – und Sie hätten die Möglichkeit, diese auf Di­ät zu setzen.

Wissen Sie, wie das geht? – Das geht, indem Sie den Ländern beim Finanzausgleich die Stopptafel zeigen, indem Sie den Ländern sagen: Entweder machen wir heute Re­formen oder ich drehe euch den Geldhahn zu. Genau dort kann man sie nämlich tref­fen, sonst nirgends. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Wenn es Ihnen nur darum geht, möglichst lange Finanzminister zu bleiben, und wenn Sie sich deshalb nicht mit den Ländern anlegen wollen – im Speziellen mit dem Onkel


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Erwin aus Niederösterreich, der der Oberblockierer in dieser Republik ist –, dann kann oder muss ich Ihnen leider sagen, dass Sie ohnehin ausgetauscht werden bei der nächsten Gelegenheit. (Abg. Kogler: Er legt sich eh an!) Es kann sein, dass es noch ein paar Jahre dauert, bis diese Gelegenheit kommt, aber Sie werden ausgetauscht wer­den, weil das, was Sie schon gegen die Länder getan haben, war bereits genug für die Länder, um Sie auszutauschen. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Das heißt, Sie hätten jetzt die Möglichkeit, endlich das zu tun, was notwendig ist, was auch der Rechnungshof schon seit Jahrzehnten sagt, nämlich endlich die Länder in die Schranken zu weisen. Diese Möglichkeit hätten Sie. Dann könnten Sie in die Ge­schichte eingehen als erster Finanzminister, der tatsächlich etwas bewegt hat, der tat­sächlich Reformen gemacht hat. Diese Chance hätten Sie, Herr Finanzminister! Ich hof­fe, Sie ergreifen sie. (Beifall beim Team Stronach.)

Da Sie hoffentlich auch nicht abhängig sind von der ÖVP – ich schätze Sie so ein, dass Sie nicht abhängig sind –, muss ich Ihnen als Staatsbürger und als Steuerzahler sa­gen: Bitte ergreifen Sie diese Chance auch! Gehen Sie endlich mit den Ländern hart ins Gericht, und erklären Sie den Ländern, dass es so nicht weitergehen kann!

Wir haben doch das Problem, dass wir jedes Jahr das gleiche Budget fortschreiben. Natürlich gibt es da und dort Änderungen, aber die Reformen, die mittlerweile alle ein­fordern, passieren einfach nicht.

Also, Herr Finanzminister, fassen Sie sich ein Herz! Werden Sie der Finanzminister, den wir uns erwarten, dem wir am Anfang diese Vorschusslorbeeren gegeben haben – nicht nur wir, auch andere Fraktionen –, weil wir geglaubt haben, dass Sie ein mutiger Finanzminister sind. Ich hoffe, dass Sie noch rechtzeitig draufkommen, dass in Öster­reich eine Reform nur gegen die Länder gemacht werden kann. Sie sind der Einzige, der das umsetzen kann. All die anderen können das nicht, das sind alles Parteisolda­ten; Sie wären der Einzige, der das tun kann. Deshalb – und da bald Weihnachten ist – wünsche ich mir etwas, und zwar als Steuerzahler und als Bürger. Ich hoffe auf ein Weihnachtswunder und darauf, dass Sie da endlich anpacken. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

19.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Tamandl zu Wort. – Bitte.

 


19.02.32

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Her­ren! Herr Kollege Lugar, Sie haben gesagt, Sie sind schon lange hier im Hohen Haus. Ja, Sie waren in drei verschiedenen Parteien – und einmal sogar „wilder“ Abgeordne­ter. (Abg. Lugar: Viel Erfahrung!) Das sieht man an Ihrer politischen Linie, die Sie hier im Haus haben.

Zum Thema Finanzminister: Der Herr Finanzminister ist ein mutiger Mann, und der Herr Finanzminister ist ein selbstbewusster Finanzminister. (Abg. Lugar: Wirklich?! Wo?) Das hat er schon bei den Reformen gezeigt, die er gemacht hat, das hat er bei der Abwick­lung der HETA gezeigt, und das hat er auch bei der Steuerreform gezeigt. Er hat mit den Ländern sehr wohl harte Verhandlungen geführt, Herr Kollege Lugar, aber wenn man sich nur für Populismus interessiert, dann hat man natürlich für wahre Fakten über­haupt nichts über. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Lugar.)

Dem Herrn Kollegen Lugar und auch anderen, von denen die einen heute hier gesagt haben, dass wir keine Reformen gemacht haben und dass sie im Budget nicht sichtbar sind, und die anderen gesagt haben, dass es eine Steuerreform gibt, die keine ist, sei


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ins Stammbuch geschrieben – und das möchte ich jetzt noch einmal in Erinnerung ru­fen –, dass es eine Steuerreform ist, die 5,4 Milliarden € umfasst, die eine Lohnsteuer­senkung und Einkommensteuersenkung von fast 5 Milliarden € umfasst, die kleine und mittlere Einkommen durchschnittlich mit 1 000 € entlastet und die eine Erhöhung der Negativsteuer von 110 € auf 400 € umfasst. Das sind also die kleinen Einkommen, von denen Kollege Rossmann immer sagt, die haben von der Steuerreform nichts. Wenn das also nichts ist, dass jemand, der keine Lohnsteuer bezahlt, durch einen automati­schen Steuerausgleich 400 € zurückbekommt, Kollege Rossmann, dann weiß ich nicht, wovon Sie träumen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Rossmann.)

Anschließend komme ich gleich zum Thema Träumen: Wenn die Umverteilungsträu­mer hier im Hohen Haus und auch außerhalb dieses Hauses glauben, dass man etwas umverteilen kann, bevor man etwas einnimmt, dann haben Sie sich getäuscht, denn wenn keiner mehr in das Steuersystem einzahlt, dann kann man auch nichts heraus­nehmen. Wir stehen zu denen, die tagtäglich arbeiten, die auch ihre Steuern brav zah­len. Die müssen wir entlasten und auf die müssen wir schauen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Lugar, zur Erinnerung: Wir haben schon im Budgetausschuss einen umfassen­den Abänderungsantrag eingebracht, der größtenteils den Arbeitsmarktgipfel der So­zialpartner widerspiegelt, mit dem wir die Lohnnebenkosten senken, mit dem wir ein Bo­nus-Malus-System einführen und mit dem wir bereits gezeigt haben, dass wir Abände­rungen des Budgets machen, wenn auch jetzt schon Reformen umzusetzen sind.

In diesem Sinne möchte ich mich als Vorsitzende des Budgetausschusses sehr herz­lich bedanken, und zwar nicht nur beim Herrn Finanzminister, sondern auch bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die – alle, die dabei waren, wissen das – in hervorra­gender Art und Weise diese kurzfristigen Anfragen, die innerhalb von ein paar Tagen im Parlament sein mussten, beantwortet haben.

Ich möchte mich bei der Parlamentsdirektion bedanken; die Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter haben wirklich stundenlang ein Service für die Abgeordneten geleistet, aber na­türlich auch für die jeweiligen Vorsitzenden.

Ich möchte mich auch sehr herzlich bei meinen Stellvertretern bedanken und nicht zu­letzt bei Herrn Dr. Berger und den Mitarbeitern des Budgetdienstes, denn ohne den Budgetdienst wären diese guten Analysen für die Abgeordneten und für ihre Tätigkeit nicht zustande gekommen.

Ich glaube, wenn wir heute eine fast zweiwöchige Phase der Budgetdebatte Revue passieren lassen, dann können wir mit Fug und Recht behaupten, dass es im Aus­schuss immer sehr konstruktive und sehr gute Debatten gibt, weil da die Öffentlichkeit nicht dabei ist und die Opposition da keinen Populismus braucht. Bei der Plenarsitzung im Hohen Haus schlägt dann halt der Populismus durch, und da tritt dann halt das konstruktive politische Interesse leider Gottes in den Hintergrund. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kogler: Oje, oje!)

19.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


19.06.52

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Kogler: Da sagt sogar die ÖVP am Rednerpult, dass Erben eine Leis­tung ist!) – Kollege Kogler, willst du noch etwas mit der Kollegin Tamandl ausmachen? Ich glaube, es geht um das Erben und darum, ob das eine Leistung ist.

Natürlich ist es das nicht, weil die einzige Leistung, die jemand erbringt, der erbt, ist die Geburt (Ruf bei der FPÖ: Aber ein Erbe aufzubauen, ist eine Leistung! – Zwischenruf


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der Abg. Tamandl); und die Geburt ist eine Leistung, für die eigentlich jeder Lebende den Nachweis erbringen kann. Insofern ist diese Frage, glaube ich, relativ einfach ge­klärt.

Ich glaube aber, es gibt – weil wir hier eigentlich über das Budget reden – fünf sehr gu­te Gründe, dieses Budget zu unterstützen.

Der erste Grund ist, dass die Steuern auf Arbeit sinken. Wir wissen, dass wir ein Pro­blem haben, dass in Österreich die, die arbeiten, zu viel Steuern zahlen und die, die zum Beispiel erben oder über Kapital und Vermögen verfügen, zu wenig Steuern zah­len – vor allem im internationalen Vergleich. Das, was dieses Budget macht, ist, dass es die Steuern und Abgaben auf Arbeit senkt; und das ist gut so.

Der zweite gute Grund ist, dass die, die über Kapital und Vermögen verfügen, in Zu­kunft einen höheren Beitrag leisten. Das heißt, die, die heute einen zu geringen Beitrag leisten, leisten in Zukunft einen höheren.

Der dritte gute Grund ist, dass die Verschuldung sinkt. Das heißt, dass wir am Ende des Jahres 2016 einen geringeren Schuldenstand haben werden als Ende 2015.

Der vierte gute Grund ist, dass die Investitionen steigen. Das heißt, dass wir in Zukunft in Arbeitsplätze, Wachstum, Forschung und Entwicklung investieren. Das ist auch gut so.

Der fünfte gute Grund ist, dass wir am Ende des Jahres 2016 im Vergleich zum Jahr 2015 mehr Arbeitsplätze haben werden.

Insofern werden wir als Sozialdemokraten diesem Budget sehr gerne zustimmen.

Abschließend wollte ich mich auch noch bedanken, und zwar nicht nur bei den Be­diensteten des Bundesministeriums für Finanzen für deren Arbeit, für deren Unterstüt­zung, beim Budgetdienst im Haus sowie bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parlamentsdirektion, sondern natürlich auch bei unseren Mitarbeitern in den Klubs, in den Fraktionen und bei unseren parlamentarischen Mitarbeitern, die uns hier unterstüt­zen, um diese schwierige Arbeit zu machen, die wir in den letzten vier Wochen ge­macht haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Auer.)

19.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.09.25

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich komme zum Antrag, den Kollege Haider betreffend Registrierkassen und andere Schikanen der Wirtschaft eingebracht hat. Ich bin der Meinung, diese Maß­nahme sollte eher ins „Haus der Geschichte“ als ins Haus der Zukunft gehören. Daher bitten wir darum, dass Sie diesem Antrag zustimmen. Vor allem richtet sich dieser Ap­pell an jene Abgeordneten in der ÖVP, die aus Niederösterreich kommen, weil es sich um einen Antrag handelt, der wortgleich mit einem Antrag der ÖVP aus dem Niederös­terreichischen Landtag ist, der dort mit großer Mehrheit angenommen wurde. Natürlich hat man die niederösterreichischen Nationalratsabgeordneten der ÖVP auf einem schö­nen Foto in einer sehr bedeutenden niederösterreichischen Wochenzeitung gesehen; sie haben dazu gesagt, dass sie diese Initiative der ÖVP Niederösterreich und des Nie­derösterreichischen Landtags unterstützen. Nur: So wertvoll diese Wochenzeitung, mit einem Foto drinnen, auch ist, abgestimmt wird hier im Parlament und nicht in der Zei­tung. (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)

Daher darf ich die Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP bei allen inhaltlichen Män­geln, die es noch gibt, einladen, zuzustimmen, möchte aber schon anmerken: Wenn man


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bei 30 000 € ein mittelständisches Unternehmen ansiedelt, dann ist es wahrscheinlich mit der Kompetenz einer ehemaligen Wirtschaftspartei ÖVP wirklich nicht sehr weit her. Wir machen es Ihnen aber leicht: Wir übernehmen einen ÖVP-Antrag wörtlich und bringen ihn in die Debatte ein. Ich bedanke mich schon jetzt für die Zustimmung. (Bei­fall bei der FPÖ.)

19.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Rädler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.10.59

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Präsident! (Oh-Rufe bei der FPÖ.) Herr Bundesminister! Lieber Abgeordneter Rosenkranz aus Niederösterreich, ich muss eine tatsächliche Berichtigung machen.

Es ist nicht richtig, … (Abg. Neubauer: Du warst auch am Foto!) Ich war nicht am Fo­to, ich bin nicht im Niederösterreichischen Landtag, sondern wir haben darüber disku­tiert. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir haben auch unsere eigene Meinung da­zu, und die werden wir rechtzeitig noch kundtun. (Abg. Kogler: Was ist die Tatsache? Wer ist wir?)

Die tatsächliche Berichtigung ist, dass wir mit dieser Resolution im Landtag nicht das beschlossen haben, was die FPÖ will, nämlich dass alle mittelständischen Unterneh­men von der Registrierkassenpflicht ausgenommen werden. (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.) Das stimmt nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kogler: Das war eine tat­sächliche Verwirrung! – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

19.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


19.11.49

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Drei Tagen zollen ihren Tribut. Man hat jetzt nach kurzer Müdigkeit gemerkt, dass noch ein kurzes Aufflackern in dieser Budgetdebatte statt­findet.

Ich möchte mich dem Dank vom Kollegen Krainer bei den parlamentarischen Mitarbei­tern, bei den Mitarbeitern im Finanzministerium anschließen, die mit Zahlenmaterial und Unterlagen sicherlich eine Riesenleistung geliefert haben.

Ich darf aber auch an die Diskussion erinnern, nämlich daran, dass man manche The­men im Vorfeld diskutieren und nicht drüberfahren sollte, wenn man die Anregungen der Opposition ernst nimmt, und zwar in den Ausschüssen und hier im Plenum.

Frau Kollegin Tamandl, ich glaube, es geziemt sich überhaupt nicht, der Opposition Popu­lismus vorzuwerfen (Beifall beim Team Stronach), weil, glaube ich, gerade die Opposi­tion immer wieder andere Ideen bringt, die für diesen Staat, für dieses Österreich, auf das wir sehr stolz sind, sehr zielführend wären (Abg. Prinz: Da redet der Richtige!), wenn man sie nicht so lange hinhalten würde, und die auch von der Wirkung her für die Bevölkerung vor Ort spürbar wären.

Ich glaube, dass es bei diesem Ansatz der Enkel-Gerechtigkeit in allen politischen Ent­scheidungen, die wir hier in diesem Hause treffen, die eine Auswirkung haben auf das Klima, die eine Auswirkung haben auf die Umwelt, die eine Auswirkung haben auf die Arbeitsplätze, auf die Wirtschaft, auf die Industrie, auf die Familien, auf den gesamten Wohlfahrtsstaat, wesentlich ist, dass wir diese Entscheidungen überprüfen und überle-


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gen, was wir hier bestimmen, was wir hier beschließen. Wir sollten uns die Frage stel­len, ob es um politisches Kleingeld geht, ob es um die Regierungslinie geht oder ob wir gemeinsam für das Wohl der Bürgerinnen und Bürger arbeiten. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Das ist, glaube ich, sehr wesentlich, und deshalb werde ich in aller Kürze weiter ausführen.

Heute wurde von Hard Facts und Soft Facts gesprochen. (Zwischenruf des Abg. Räd­ler.) Jawohl, Herr Kollege Rädler, du kannst dann zur Berichtigung herunterkommen. Herr Minister, wir haben schon darüber gesprochen, dass eine schnelle, wirksame Maß­nahme die Wiedereinführung der Mineralölsteuerrückvergütung beim Agrardiesel wäre.

Ich bedanke mich beim Kollegen Jannach für die Unterstützung durch seine Fraktion und darf einen Entschließungsantrag einbringen, der bei Zustimmung eine sofortige Wir­kung für die regionale Wirtschaft vor Ort, für die Bauwirtschaft, für die Landmaschi­nenindustrie, für den Landmaschinenhandel und für die Regionen hätte.

In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Wiedereinführung der Mineralölsteuerbefreiung bei Agrardiesel“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, um die ehemalige Mineralölsteuerbefreiung für Agrardiesel wiedereinzu­führen.“

*****

Wir bitten um Unterstützung und Zustimmung.

Herr Minister, ich habe Ihnen das Wort gegeben, dass wir, wenn wir das bekommen, dann die Militärmusik retten. Das treten wir ab. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

19.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich darf darauf hinweisen, dass der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ausreichend unterstützt sowie ordnungsgemäß eingebracht ist und daher mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Steinbichler, Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wieder­einführung der Mineralölsteuerbefreiung bei Agrardiesel“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (820 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2016 (Bundesfinanzgesetz 2016 – BFG 2016) samt Anlagen (891 d.B.), UG16 (Öffentliche Abgaben)

Mit dem Sparpaket 2012 – 2016 wurde die damalige Mineralölsteuerbefreiung bei Agrar­diesel abgeschafft. Dieser Umstand führte dazu, dass die landwirtschaftliche Produk­tion noch teurer und der Preisdruck auf die Betriebe noch extremer wurde.

Die Umsetzung der Exportinitiative mit dem Ziel, unsere bäuerlichen Betriebe, die noch zusätzlich mittelbar durch die Russlandsanktionen bestraft wurden, zu stärken, hat sich


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 632

als nicht erfolgreich erwiesen. Die Abschaffung der Milchquote wie auch die allgemeine Wirtschaftssituation haben weiter dazu beigetragen, dass immer mehr Betriebe finan­zielle Probleme haben.

Auf der einen Seite ist die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe insgesamt seit den 1980er kontinuierlich zurückgegangen. Nachstehende Tabelle zeigt die Veränderungen seit 2003.

Österreich

2003

2005

2007

2010

2013

 ohne Fläche

302

290

609

667

542

 unter 5 ha

40.520

39.664

40.888

34.380

31.682

 5 bis unter 10 ha

34.236

34.110

34.099

31.400

30.313

 10 bis unter 20 ha

40.669

39.376

37.520

34.365

31.772

 20 bis unter 30 ha

25.929

25.701

27.096

22.637

22.040

 30 bis unter 50 ha

26.573

26.361

25.958

24.999

24.927

 50 bis unter 100 ha

14.804

16.073

15.791

16.236

16.371

 100 bis unter 200 ha

4.147

4.752

4.698

5.209

5.185

 200 ha und mehr

3.202

3.266

3.376

3.424

3.482

 Summe:

190.382

189.593

190.035

173.317

166.314

Quelle: eigene Berechnung an Hand von Statistik Austria-Daten

Auf der anderen Seite ist die durchschnittliche Betriebsgröße angestiegen, d.h. die klei­nen Betriebe gehen zurück und die großen Betriebe werden immer mehr. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft beliefen sich im Jahr 2014 im Durchschnitt aller Betriebe auf 23.370,- Euro, was um 5 % weniger ist als im Jahr 2013.

Gerade in dieser schwierigen Marktlage für landwirtschaftliche Betriebe wäre eine Ent­lastung durch den Wegfall der Mineralölsteuer auf Agrardiesel mehr als notwendig. Nur so können unsere Bäuerinnen und Bauern mit den anderen EU-Ländern (die zum gro­ßen Teil Begünstigungen für Agrotreibstoffe anbieten) mithalten.

Zusätzlich würde die Summe von rund 50 Millionen Euro vorwiegend wieder als Inves­titionen in den regionalen Handel und in die regionale Wirtschaft fließen und damit zur Sicherung bzw. Erhaltung regionaler Arbeitsplätze beitragen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, um die ehemalige Mineralölsteuerbefreiung für Agrardiesel wiedereinzu­führen.“

*****

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 633

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


19.15.44

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Möglicherweise wäre es geschickter und seriöser, wenn man die Entschließungsanträge nicht als vorletzter Redner einbringen würde. Wenn ich mich nicht gemeldet hätte, wäre er überhaupt der letzte Redner ge­wesen.

Warum melde ich mich? – Nur damit Sie wissen, was Sie hier beschließen, falls Sie sich jetzt daran machen wollen.

Es gibt ein paar ganz große Fragen für die Zukunft. (Abg. Kickl: A bissl rauf mit dem Mikro! Man hört nichts!) Danke schön. – Das war die Umweltthematik. Da haben wir schon gesagt, wo die Versäumnisse liegen. Es ist mit Sicherheit die Bildungsthematik und dann – man kann es in diesen Tagen und Wochen nicht auslassen – die große Frage der womöglich globalen Gerechtigkeit und danach, wie wir mit Kriegsflüchtlingen umgehen.

Kommen wir zum Bereich Bildung. – Vor ganz kurzer Zeit hat mein Kollege Harald Walser auf seine kurze Anfrage eine Antwort von der zuständigen Bundesministerin be­kommen. Walser fragte also, wie hoch das Defizit im Bildungsbereich sein wird. Ge­meint hat er damit den Fehlbetrag. Die Ministerin antwortete auch wortwörtlich mit dem Begriff Fehlbetrag. Sie hat gesagt, dass der Fehlbetrag nach aktuellen Prognosen 550 Millionen € beträgt – also weit mehr als das, was bisher schon als zu große Lücke bekannt war.

Ich weiß, dass Sie da eine andere Meinung haben, Herr Bundesminister, aber alleine be­schließen Sie das Budget nicht. Sie bringen es mit ein.

Wie das jetzt mit der Parole, dass genug Geld im System ist und dass das An­fang 2016 nur einmal geschwind umorganisiert gehört, gehen soll, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, wie die Koordinierung der Bundesregierung läuft. Das Budget haben Sie gemeinsam eingebracht.

Jetzt, knapp vor der Abstimmung gibt die zuständige Ministerin für den innenpolitisch ver­mutlich wichtigsten Zukunftsbereich, der Bildung, für das nächste Jahr einen Fehlbe­trag von 550 Millionen € bekannt. Sie von der SPÖ müssen jetzt einmal erklären, wie Sie mit dieser Information umgehen. Was soll das?!

Abgesehen davon, dass diese Antworten vielleicht schon vor der Behandlung dieser Untergliederung hätte eintrudeln können – das wäre besser gewesen –, ist es besser, wenn sie jetzt bekannt geworden sind als nie – auch wenn Sie dann noch ein schlech­teres Gewissen haben werden, wenn Sie heimgehen, so Sie es nicht schon an der Garderobe abgegeben haben und dann wieder auslösen wollten.

Zu einer anderen Sache: Die Frage der Dotierung des World Food Programme hat im­mer wieder eine Rolle gespielt. Das ist ursprünglich ein minimaler Betrag gewesen und jetzt ist es auch kein großartiger. Die Beratungen im Ausschuss waren ein Fiasko. Man kommt nicht einmal dahinter, wie es läuft. Alle Minister, die zuständig sind, schieben das untereinander herum wie eine heiße Kartoffel. Das ist doch eine Schande bei so einem Thema! (Beifall bei den Grünen.) Es ist immer noch nicht genau geklärt.

Sie wissen – nur damit es klar ist, wenn wir über die Beträge reden –, dass jetzt beim Gipfel mit der Türkei mit Beträgen von 2 bis 3 Milliarden € herumjongliert wird – mit wel­chem Hintergrund und Zweck auch immer. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Wenn es 5 Milliarden € wären – damit kann man schon etwas machen –, wären es pro Europäerin und Europäer 2 bis 3 Cent am Tag. Da ginge es schon ums Überleben, aber ich würde das anders einsetzen als für die Verhandlungen mit der Türkei.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 634

Herr Präsident! Ich bin am Schluss. Wenn es 50 Milliarden € wären – wissen Sie, was Sie vor Ort damit machen könnten, wenn es um Leben und Tod geht? –, dann wären es 25 Cent pro Europäerin und Europäer pro Tag. (Präsident Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Das sage ich nur, damit Sie das wissen, aber schauen wir, was mit Ihrem Gewissen los ist. (Beifall bei den Grünen.)

19.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


19.19.21

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Kollege Rädler! Auch wenn es nur eine vermeintliche tatsächliche Berichtigung deinerseits war und ich daher auch keine Berichtigung dazu machen kann, bleibt noch ein wenig Restredezeit, um eines ganz klar zu sagen: Das, was der Kollege Rädler gesagt hat, lässt sich bei einiger Kenntnis des sinnerfassenden Lesens über die Homepage des Landtages von Niederösterreich und das Stenographischen Protokoll, in dem der Antrag der Freiheitlichen zu finden ist, auf das Wort genau vergleichen: Es handelt sich um einen identischen Antrag.

Wir werden uns natürlich erlauben, das zu veröffentlichen. Sollte es ein Problem dar­stellen, dass das irgendwo im Bereich der EDV abgerufen, heruntergeladen wird, an­geschaut wird, denn es haben nicht alle die Fertigkeiten dazu: Ich nehme an, dass die eine oder andere Tageszeitung oder Wochenzeitung das als Inserat vergleichbar und druckreif machen kann, wo man es dann lesen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

19.20

19.20.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Es liegen nun keine Wortmeldungen mehr vor. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, bevor wir zur Abstimmung kommen, erlauben Sie mir, auch einen Dank an die Mandatare auszusprechen für die große Disziplin in den letzten Ta­gen und auch für die von in weiten Teilen von großer Sachkompetenz geprägte Debat­te. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Mein Dank gilt auch den Mitarbeitern des Hauses und insbesondere Herrn Dr. Berger und den Mitarbeitern des Budgetdienstes. (Allgemeiner Beifall.)

Wir kommen nun zur Abstimmung – dies wird einige Zeit in Anspruch nehmen –, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem die Bundesfinanzrahmengesetze 2015 bis 2018 und 2016 bis 2019 sowie das Bundesfinanzgesetz 2015 geändert werden, samt Titel und Eingang in 819 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen jetzt zu den Abstimmungen über Tagesordnungspunkt 6: Bundesfi­nanzgesetz 2016 samt Anlagen in 820 der Beilagen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 635

Hiezu liegt ein Verlangen des Abgeordneten Mag. Haider auf getrennte Abstimmung hin­sichtlich Untergliederung 02 sowie 05 der Anlage I – Bundesvoranschlag 2016 vor.

Ich werde zunächst über die Anlagen I bis IV und sodann über den Text des Bundesfi­nanzgesetzes 2016 abstimmen lassen und dabei – entsprechend der Systematik – die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile zur Abstimmung bringen.

Die zum Entwurf des Bundesfinanzgesetzes 2016 samt Anlagen eingebrachten Ent­schließungsanträge werde ich im Anschluss an die dritte Lesung in der Reihenfolge der Einbringung abstimmen lassen.

Anlage I Bundesvoranschlag 2016

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die Untergliederung 02 – Bundesgesetz­gebung in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Weiters gelangen wir zur getrennten Abstimmung über die Untergliederung 05 – Volks­anwaltschaft in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Anlage I – Bundesvoranschlag 2016 einschließlich Gesamtübersichten (Anlagen I.a bis I.e) in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Anlage II bis IV

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die Anlagen II bis IV:

Anlage II Bundespersonal, das für Dritte leistet – Bruttodarstellung 2016,

Anlage III Finanzierungen, Währungstauschverträge – Bruttodarstellung 2016,

Anlage IV Personalplan 2016,

jeweils in der Fassung der Regierungsvorlage.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Text des Bundesfinanzgesetzes 2016

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Text des Bundesfinanzgesetzes 2016 samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Damit ist die zweite Lesung über das Bundesfinanzgesetz 2016 samt Anlagen beendet.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zu den Abstimmungen über die zu Tagesordnungspunkt 6 einge­brachten Entschließungsanträge in der Reihenfolge ihrer Einbringung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 636

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend zusätzliche finanzielle Mittelaus­stattung des Verfassungsgerichtshofs.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Mittel für Qualitätsförderung bei der JournalistInnenausbildung.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gamon, Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend adäquate finanzielle Mittelaus­stattung des Rechnungshofs.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der notwendigen bud­getären und personellen Ausstattung des Rechnungshofes.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abge­lehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streichung der Presseförderung für „Zur Zeit“.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenlegung der Sozialversicherungen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abge­lehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auflösung der Justizbetreuungs­agentur.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine EZA-Leistungen für bei der Rück­nahme ihrer Staatsbürger unkooperative Entwicklungsländer.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufstockung der multilate­ralen und bilateralen Entwicklungszusammenarbeit.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab-gelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Vavrik, Windbüchler-Souschill, Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 637

Entwicklung und gesetzliche Verankerung eines Stufenplans zur Erhöhung der EZA-Mit­tel bis zur Erreichung des 0,7-Prozent-Ziels.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abge­lehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erwirkung einer intensiveren Förderung der deutschen Minderheiten in den Nachfolgestaaten der österreichisch-ungarischen Mo­narchie.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausschluss von NGOs an der Mit­wirkung im Asylwesen.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abge­lehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Belastungszulage und Man­nesausrüstung für Exekutivbeamte.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Arbeitsmarktzugang für Asylwerber_in­nen.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Faires Vergaberecht und Bestbieterprinzip umsetzen.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Gamon, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionsautomatismus.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringend benötigte Hilfe für Syrien durch das WFP.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bericht über Importe von Ölen und Fetten“.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 638

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend: sofortige Beendigung der Zweck­entfremdung der Mittel des Familienlastenausgleichsfonds!

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mühl­berghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Familienbeihilfe für Kin­der im Ausland an die jeweiligen Lebenshaltungskosten.

Es ist hiezu namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordneten­pulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich die amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dage­gen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Bitte achten Sie sorgfältig da­rauf, nur einen Stimmzettel einzuwerfen!

Ich bitte nunmehr die Schriftführerin Frau Abgeordnete Lueger mit dem Namensaufruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Gahr wird sie später dabei ablösen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Lueger beziehungsweise den Schriftfüh­rer Gahr werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenauszählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 19.31 Uhr unterbrochen und um 19.36 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 169; davon „Ja“-Stimmen: 41, „Nein“-Stimmen: 128.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Mühlberghuber, Kolleginnen und Kolle­gen ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 639

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Angerer;

Belakowitsch-Jenewein, Bösch, Brückl;

Darmann, Deimek, Dietrich, Doppler;

Fuchs;

Hafenecker, Haider, Hauser, Höbart, Hofer, Hübner;

Jannach;

Karlsböck, Kassegger, Kickl, Kitzmüller, Kumpitsch;

Lausch, Lintl, Lugar Robert;

Mölzer, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Riemer, Rosenkranz Barbara, Rosenkranz Walter;

Schellenbacher, Schenk, Schimanek, Schmid Gerhard, Schrangl, Stefan, Steger, Stein­bichler, Strache;

Weigerstorfer, Winter.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Amon Werner, Antoni, Aslan, Aubauer, Auer;

Bacher Walter, Bayr, Becher Ruth, Berlakovich, Brosz, Buchmayr, Bures;

Cap;

Diesner-Wais, Durchschlag;

Ecker, Ehmann, El Habbassi, Ertlschweiger, Eßl;

Fazekas, Feichtinger Klaus Uwe, Fekter, Fichtinger Angela, Franz;

Gahr, Gamon Claudia Angela, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glawischnig-Piesczek, Grillitsch, Groiß, Grossmann, Gusenbauer-Jäger;

Hable, Hakel Elisabeth, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechtl, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Hofinger Manfred, Höfinger Johann, Holzinger-Vogtenhuber, Huai­nigg;

Jank, Jarmer, Jarolim;

Karl, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Knes, Köchl, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Ko­run, Krainer Kai Jan, Krist, Kucharowits, Kucher, Kuntzl;

Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, Lopatka, Lueger Angela;

Matznetter, Maurer, Mayer, Moser, Mückstein, Muttonen;

Nachbaur Kathrin;

Obernosterer, Ofenauer, Ottenschläger;

Pendl, Pfurtscheller, Pilz, Pirklhuber, Plessl, Pock, Preiner, Prinz;

Rädler, Rasinger, Rauch Johannes, Rossmann;

Schabhüttl, Schatz, Schellhorn, Scherak, Schieder, Schittenhelm, Schmid Julian, Schmu­ckenschlager, Schönegger, Schopf, Schultes, Schwentner, Sieber Norbert, Singer Jo­hann, Spindelberger, Steinacker, Steinhauser, Strasser, Strolz;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 640

Tamandl, Töchterle, Troch;

Unterrainer;

Vavrik, Vetter, Vogl;

Walser, Weninger, Wimmer, Windbüchler-Souschill, Winzig, Wittmann, Wöginger;

Yilmaz;

Zakostelsky, Zinggl.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschlie­ßungsantrag der Abgeordneten Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Strukturre­form des FLAF statt Gefährdung des Entschuldungspfades.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt. (Abg. Neubauer: Grillitsch war dafür!) – Es ist trotzdem abgelehnt! (Allgemei­ne Heiterkeit.)

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Strolz, Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bekenntnis zum Rückzug der Parteipolitik aus der Schulverwaltung.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ermöglichung von schulautono­men Pilotprojekten.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Privatschule für alle mit Bildungs­scheck“.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gamon, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ermöglichung umfassender pädago­gischer Autonomie.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Schimanek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erstellung einer Studie über die aktuelle Situation muslimischer Frauen und Mädchen in Österreich.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gamon, Kolleginnen und Kollegen betreffend nachhaltige Budgetierung des FWF.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 641

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen die Russische Föderation.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wirtschaftsstandort Österreich: Entlastungsoffensive für Unternehmer“.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stopp der Kriminalisierung von Wirten und Gewerbetreibenden – Einsparungen im öffentlichen Bereich zur Gegenfinanzierung der Steuerreform“.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Realwirtschaftsinvestitionsfreibetrag.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Hö­bart, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorleistung der Bundesregierung zur Auszah­lung der ausstehenden Gehälter für Zielpunkt-Mitarbeiter.

Es ist hiezu namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Vorgangsweise ist bekannt: Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den vorlie­genden Entschließungsantrag stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Bitte achten Sie sorgfältig darauf, nur einen Stimmzettel einzuwerfen!

Ich bitte nunmehr die Schriftführung, den Namensaufruf durchzuführen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Lueger beziehungsweise den Schrift­führer Gahr werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Zur Stimmenauszählung unterbreche ich die Sitzung für einige Minuten.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 19.42 Uhr unterbrochen und um 19.45 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 642

Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 166; davon „Ja“-Stimmen: 59, „Nein“-Stimmen: 107.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Höbart, Kolleginnen und Kollegen ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Angerer, Aslan;

Belakowitsch-Jenewein, Bösch, Brosz, Brückl;

Darmann, Deimek, Dietrich;

Fuchs;

Glawischnig-Piesczek;

Hafenecker, Haider, Hauser, Höbart, Hofer, Hübner;

Jannach, Jarmer;

Karlsböck, Kassegger, Kickl, Kitzmüller, Köchl, Kogler, Korun, Kumpitsch;

Lausch, Lichtenecker, Lintl, Lugar Robert;

Maurer, Mölzer, Moser, Mückstein, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Pilz, Pirklhuber;

Riemer, Rosenkranz Barbara, Rosenkranz Walter, Rossmann;

Schatz, Schellenbacher, Schenk, Schimanek, Schmid Julian, Schrangl, Schwentner, Ste­fan, Steger, Steinbichler, Steinhauser, Strache;

Walser, Weigerstorfer, Windbüchler-Souschill;

Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Amon Werner, Antoni, Aubauer, Auer;

Bacher Walter, Bayr, Becher Ruth, Berlakovich, Buchmayr, Bures;

Cap;

Diesner-Wais, Durchschlag;

Ecker, Ehmann, El Habbassi, Ertlschweiger, Eßl;

Fazekas, Feichtinger Klaus Uwe, Fekter, Fichtinger Angela, Franz;

Gahr, Gamon Claudia Angela, Gerstl, Gessl-Ranftl, Grillitsch, Groiß, Grossmann, Gu­senbauer-Jäger;

Hable, Hakel Elisabeth, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechtl, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Hofinger Manfred, Höfinger Johann, Holzinger-Vogtenhuber, Huai­nigg;

Jank, Jarolim;

Karl, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Knes, Königsberger-Ludwig, Kopf, Krainer Kai Jan, Krist, Kucharowits, Kucher, Kuntzl;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 643

Lettenbichler, Lipitsch, Lopatka, Lueger;

Matznetter, Mayer, Muttonen;

Nachbaur Kathrin;

Obernosterer, Ofenauer, Ottenschläger;

Pendl, Pfurtscheller, Plessl, Pock, Preiner, Prinz;

Rädler, Rasinger, Rauch Johannes;

Schabhüttl, Schellhorn, Scherak, Schieder, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schön­egger, Schopf, Schultes, Sieber Norbert, Singer Johann, Spindelberger, Steinacker, Stras­ser, Strolz;

Tamandl, Töchterle, Troch;

Unterrainer;

Vavrik, Vetter, Vogl;

Weninger, Wimmer, Winzig, Wittmann, Wöginger;

Yilmaz;

Zakostelsky.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungs­antrag der Abgeordneten Mag. Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rücknah­me der Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Beherbergung.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streichung der Flugabgabe.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abge­lehnt.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Mag. Wurm, Schittenhelm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Genderatlas als Ressource für Gender Budgeting“. (Ruf bei der FPÖ: Ja! Das ist wichtig!)

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheit­lich angenommen. (E 115.)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierungslücke zur Errei­chung der Ziele der FTI-Strategie bis 2020.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Als Nächstes kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Ab­geordneten Hafenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rückkauf der ehemali­gen Bahnstrecke Hainfeld–Weissenbach an der Triesting durch die ÖBB.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Daher ab­gelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Cargo Combi Terminals in Fürnitz.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 644

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zeitwert als Grundlage der Prämien­berechnung von Kaskoversicherungen“.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Daher abge­lehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Pendl, Mag. Schönegger, Dr. Bösch, Hagen, Mag. Alm, Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ÖBH 2018.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig an­genommen. (E 116.)

Als Nächstes kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Ab­geordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sonderkulturbudget für den Erhalt der Militärmusik“.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Daher ab­gelehnt.

Des Weiteren kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Ab­geordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Etappenweise Erhöhung des Verteidigungsbudgets“.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortige Aussetzung des Struk­turpakets 2018.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Daher abge­lehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatz von Grundwehrdienern im Assistenzeinsatz.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten DDr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der „Kalten Pro­gression“.

Es ist hiezu namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen.

Ich gehe daher so vor. Die Vorgangsweise ist bekannt.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den vorliegenden Entschließungsantrag sind, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu wer­fen. Es ist nur ein Stimmzettel einzuwerfen.

Ich bitte nunmehr die Schriftführung, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Lueger beziehungsweise den Schriftfüh­rer Gahr werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 645

Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Zur Stimmenauszählung unterbreche ich die Sitzung für wenige Minuten.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 19.51 Uhr unterbrochen und um 19.55 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 167; davon „Ja“-Stimmen: 68, „Nein“-Stimmen: 99.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten DDr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Abschaffung der „Kalten Progression“ ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Angerer, Aslan;

Belakowitsch-Jenewein, Bösch, Brosz, Brückl;

Darmann, Deimek, Dietrich, Doppler;

Fuchs;

Gamon Claudia Angela;

Glawischnig-Piesczek;

Hable, Hafenecker, Haider, Hauser, Höbart, Hofer, Hübner;

Jannach, Jarmer;

Karlsböck, Kassegger, Kickl, Kitzmüller, Köchl, Kogler, Korun, Kumpitsch;

Lausch, Lichtenecker, Lintl, Lugar Robert;

Maurer, Mölzer, Moser, Mückstein, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Pilz, Pirklhuber, Pock;

Riemer, Rosenkranz Barbara, Rosenkranz Walter, Rossmann;

Schatz, Schellenbacher, Schenk, Scherak, Schimanek, Schmid Gerhard, Schmid Ju­lian, Schrangl, Schwentner, Stefan, Steger, Steinbichler, Steinhauser, Strache, Strolz;

Vavrik;

Walser, Weigerstorfer, Windbüchler-Souschill, Winter;

Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Amon Werner, Antoni, Aubauer, Auer;

Bacher Walter, Bayr, Becher Ruth, Berlakovich, Buchmayr, Bures;

Cap;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 646

Diesner-Wais, Durchschlag;

Ecker, Ehmann, El Habbassi, Ertlschweiger, Eßl;

Fazekas, Feichtinger Klaus Uwe, Fekter, Fichtinger Angela, Franz;

Gahr, Gerstl, Gessl-Ranftl, Grillitsch, Groiß, Grossmann, Gusenbauer-Jäger;

Hakel Elisabeth, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechtl, Heinzl, Hell, Him­melbauer, Hofinger Manfred, Höfinger Johann, Holzinger-Vogtenhuber, Huainigg;

Jank, Jarolim;

Karl, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Knes, Königsberger-Ludwig, Kopf, Krainer Kai Jan, Krist, Kucharowits, Kucher, Kuntzl;

Lettenbichler, Lipitsch, Lopatka, Lueger Angela;

Matznetter, Mayer, Muttonen;

Obernosterer, Ofenauer, Ottenschläger;

Pendl, Pfurtscheller, Plessl, Preiner, Prinz;

Rädler, Rasinger, Rauch Johannes;

Schabhüttl, Schieder, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger, Schopf, Schul­tes, Sieber Norbert, Singer Johann, Spindelberger, Steinacker, Strasser;

Tamandl, Töchterle, Troch;

Unterrainer;

Vetter, Vogl;

Weninger, Wimmer, Winzig, Wittmann, Wöginger;

Yilmaz;

Zakostelsky.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Ent­schließungsantrag der Abgeordneten DDr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen betreffend Negativsteuer für Ausgleichszulagenbezieher.

Es ist hiezu namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen.

Ich gehe daher so vor. Die Vorgangsweise ist bekannt.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den vorliegenden Entschließungsantrag sind, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu wer­fen. Es ist nur ein Stimmzettel einzuwerfen.

Ich bitte nunmehr die Schriftführung, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Lueger beziehungsweise den Schriftfüh­rer Gahr werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 647

Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Zur Stimmenauszählung unterbreche ich die Sitzung für wenige Minuten.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 19.58 Uhr unterbrochen und um 20.02 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 166; davon „Ja“-Stimmen: 56, „Nein“-Stimmen: 110.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten DDr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Negativsteuer für Ausgleichszulagenbezieher ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Angerer, Aslan;

Belakowitsch-Jenewein, Bösch, Brosz, Brückl;

Darmann, Deimek, Doppler;

Fuchs;

Glawischnig-Piesczek;

Hafenecker, Haider, Hauser, Höbart, Hofer, Hübner;

Jannach, Jarmer;

Karlsböck, Kassegger, Kickl, Kitzmüller, Köchl, Kogler, Korun, Kumpitsch;

Lausch, Lichtenecker, Lintl;

Maurer, Mölzer, Moser, Mückstein, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Pilz, Pirklhuber;

Riemer, Rosenkranz Barbara, Rosenkranz Walter, Rossmann;

Schatz, Schellenbacher, Schimanek, Schmid Gerhard, Schmid Julian, Schwentner, Ste­fan, Steger, Steinhauser, Strache;

Walser, Windbüchler-Souschill, Winter;

Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Amon Werner, Antoni, Aubauer, Auer;

Bacher Walter, Bayr, Becher Ruth, Berlakovich, Buchmayr, Bures;

Cap;

Diesner-Wais, Dietrich, Durchschlag;

Ecker, Ehmann, El Habbassi, Ertlschweiger, Eßl;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 648

Fazekas, Feichtinger Klaus Uwe, Fekter, Fichtinger Angela, Franz;

Gahr, Gamon Claudia Angela, Gerstl, Gessl-Ranftl, Grillitsch, Groiß, Grossmann, Gu­senbauer-Jäger;

Hable, Hakel Elisabeth, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechtl, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Hofinger Manfred, Höfinger Johann, Holzinger-Vogtenhuber, Huai­nigg;

Jank, Jarolim;

Karl, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Knes, Königsberger-Ludwig, Kopf, Krainer Kai Jan, Krist, Kucharowits, Kucher, Kuntzl;

Lettenbichler, Lipitsch, Lopatka, Lueger Angela, Lugar Robert;

Matznetter, Mayer, Muttonen;

Obernosterer, Ofenauer, Ottenschläger;

Pendl, Pfurtscheller, Plessl, Pock, Preiner, Prinz;

Rädler, Rasinger, Rauch Johannes;

Schabhüttl, Schenk, Scherak, Schieder, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schöneg­ger, Schopf, Schultes, Sieber Norbert, Singer Johann, Spindelberger, Steinacker, Stein­bichler, Strasser, Strolz;

Tamandl, Töchterle, Troch;

Unterrainer;

Vavrik, Vetter, Vogl;

Weigerstorfer, Weninger, Wimmer, Winzig, Wittmann, Wöginger;

Yilmaz;

Zakostelsky.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Ent­schließungsantrag der Abgeordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen be­treffend: Ökologisch Umsteuern – Abgaben auf den Faktor Arbeit senken.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Luxuspensionskürzungen unabhängig von der Entwicklung der Höchstbeitragsgrundlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend: dringend internationale Kli­mafinanzierung vor Klimakonferenz aufstocken.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschärfung der Registrier­kassenpflicht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 649

Es ist hiezu namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen.

Ich gehe daher so vor. Die Vorgangsweise ist bekannt.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den vorliegenden Entschließungsantrag sind, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu wer­fen. Es ist nur ein Stimmzettel einzuwerfen.

Ich bitte nun die Schriftführung, den Namensaufruf durchzuführen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Lueger beziehungsweise den Schriftfüh­rer Gahr werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche zur Stimmenauszählung die Sitzung für einige Minuten.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 20.05 Uhr unterbrochen und um 20.09 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 166, davon „Ja“-Stimmen: 45, „Nein“-Stimmen: 121.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haider, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Entschärfung der Registrierkassenpflicht ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Angerer;

Belakowitsch-Jenewein, Bösch, Brückl;

Darmann, Deimek, Dietrich, Doppler;

Fuchs;

Gamon Claudia Angela;

Hable, Hafenecker, Haider, Hauser, Höbart, Hofer, Hübner;

Jannach;

Karlsböck, Kassegger, Kickl, Kitzmüller, Kumpitsch;

Lausch, Lintl, Lugar Robert;

Mölzer, Mühlberghuber;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 650

Neubauer Werner;

Pock;

Riemer, Rosenkranz Barbara, Rosenkranz Walter;

Schellenbacher, Schenk, Scherak, Schimanek, Schrangl, Stefan, Steger, Steinbichler, Strache, Strolz;

Vavrik;

Weigerstorfer.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Amon Werner, Antoni, Aslan, Aubauer, Auer;

Bacher Walter, Bayr, Becher Ruth, Berlakovich, Brosz, Buchmayr, Bures;

Cap;

Diesner-Wais, Durchschlag;

Ecker, Ehmann, El Habbassi, Ertlschweiger, Eßl;

Fazekas, Feichtinger Klaus Uwe, Fekter, Fichtinger Angela, Franz;

Gahr, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glawischnig-Piesczek, Grillitsch, Groiß, Grossmann, Gu­senbauer-Jäger;

Hakel Elisabeth, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechtl, Heinzl, Hell, Him­melbauer, Hofinger Manfred, Höfinger Johann, Holzinger-Vogtenhuber, Huainigg;

Jank, Jarmer, Jarolim;

Karl, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Knes, Köchl, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Ko­run, Krainer Kai Jan, Krist, Kucharowits, Kucher, Kuntzl;

Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, Lopatka, Lueger Angela;

Matznetter, Maurer, Mayer, Moser, Mückstein, Muttonen;

Obernosterer, Ofenauer, Ottenschläger;

Pendl, Pfurtscheller, Pilz, Pirklhuber, Plessl, Preiner, Prinz;

Rädler, Rasinger, Rauch Johannes, Rossmann;

Schabhüttl, Schatz, Schieder, Schittenhelm, Schmid Julian, Schmuckenschlager, Schön­egger, Schopf, Schultes, Schwentner, Sieber Norbert, Singer Johann, Spindelberger, Steinacker, Steinhauser, Strasser;

Tamandl, Töchterle, Troch;

Unterrainer;

Vetter, Vogl;

Walser, Weninger, Wimmer, Windbüchler-Souschill, Winter, Winzig, Wittmann, Wö­ginger;

Yilmaz;

Zakostelsky, Zinggl.

*****

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 651

Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Ent­schließungsantrag des Abgeordneten Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend vol­le steuerliche Absetzbarkeit von Spenden für Tierschutz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Steinbichler, Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiedereinführung der Mineralölsteuerbefreiung bei Agrardiesel“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

20.10.10Einlauf

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1436/A(E) bis 1465/A(E) eingebracht wurden.

*****

Bitte bleiben Sie noch sitzen, es gibt noch zwei Zuweisungssitzungen.

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffend wird, berufe ich für 20.10 Uhr ein; das ist gleich im An­schluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

20.10.15Schluss der Sitzung: 20.10 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien