Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll115. Sitzung / Seite 65

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Arbeitsmarkt sind, was unter anderem auch dazu führt, dass sie eine so niedrige Pen­sion haben.

Aber reden wir einmal über die Wahrheiten betreffend Frauen auf dem Arbeitsmarkt: Es gibt mehr Vorstandmitglieder in ATX-Unternehmen, die mit Vornamen Peter, Franz oder Wolfgang heißen, als es Frauen in ATX-Vorständen gibt. Der Gender Pay Gap beträgt 23 Prozent, die zweitschlechteste Bilanz in ganz Europa. Warum ist das so? Warum ist sogar der erklärbare Teil des Gender Pay Gaps gerade in Österreich so hoch? – Weil wir die zweithöchste Teilzeitquote haben. Weil berufstätige Männer im Schnitt neun Stunden pro Woche für unbezahlte Haushaltsführung und Betreuung aufwenden, berufstätige Frauen aber 26 Stunden, fast vier Stunden täglich. Frauen haben viel häufiger Erwerbsunterbrechungen als Männer, was natürlich zu Unter­brechungen in ihrer Erwerbslaufbahn, in ihrer Karriere führt. Das sind wirklich Brüche, die man später schlecht wieder reparieren kann.

Und was tun wir? – Wir verkaufen ein paar einzelne Maßnahmen im Pensionspaket doch allen Ernstes als frauenpolitische Erfolge, so zum Beispiel das neue Pensions­splitting: Super, das ist ausgeweitet worden – das Problem ist nur, es ist immer noch freiwillig und es hat vorher fast niemand in Anspruch genommen. Und was machen wir hier? – Wir reden darüber, vor allem Herr Wöginger redet darüber, wie dadurch frauenfördernd die Kinderbetreuungspflichten übernommen werden. Warum fördern wir Frauen nicht, wieder in den Job einzusteigen? Warum fördern wir sie nicht, damit sie mehr verdienen können? Warum fördern wir sie nicht, sodass sie überhaupt die Möglichkeit haben, auch Vollzeit zu arbeiten?

Dann kommen wir zum nächsten Punkt, dem Frauenpensionsantrittsalter, das immer noch nicht angehoben wurde. Der Bonus, um das auszugleichen, der reicht einfach nicht, denn das Problem entsteht ja nicht dadurch, dass wir nicht genügend Anreize im Nachhinein setzen, sondern dass eben das Pensionsantrittsalter niedriger ist und es deshalb diese Situation auch einzementiert und es deshalb Frauen in diesem Alter auch umso schwieriger macht auf dem Arbeitsmarkt.

Und dass wir eine höhere Mindestpension haben, eine höhere Ausgleichszulage für Alleinstehende, die 30 Versicherungsjahre haben, das ist, wie wir vorhin auch von der Klubobfrau Glawischnig schon gehört haben, eine Alibiaktion. Das können nur extrem wenige Menschen in Anspruch nehmen, es bringt rein gar nichts, und es ist wieder ein Kaschieren von dem, was wir die letzten Jahrzehnte versäumt haben, nämlich wirkliche Maßnahmen zu setzen, damit Frauen auch mehr verdienen und dann später auch eine höhere Pension haben.

Und warum gehen wir dieses Thema nicht an? Wer behauptet, dass Frauen Gewinner dieser Pensionsreform wären, lügt sich selbst ins Gesicht. Und wer behauptet, dass Frauen in Österreich die gleichen Chancen im Leben hätten, lügt sich selbst ins Gesicht. Jedes weitere Jahr, in dem wir uns weigern, mehr als 50 Prozent unserer Bevöl­­kerung als unschätzbare Ressource auch für diese Gesellschaft, für diese Volks­wirtschaft wahrzunehmen, ihnen die Möglichkeiten zu geben, ihr Leben so zu leben, wie sie es wollen, jedes weitere Jahr, in dem wir uns weigern, das zu tun, ist ein ver­lorenes Jahr.

Gloria Steinem hat übrigens auch einmal gesagt: „A feminist is anyone who recognizes the equality and full humanity of women and men.”

Ich hoffe, dass sich viele Frauen und Männer in diesem Haus als Feministinnen und Feministen bezeichnen, damit wir in den nächsten paar Jahrzehnten diesen Fehlern, diesen Versäumnissen der Vergangenheit endgültig etwas entgegensetzen können. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

16.37

 


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