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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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126. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 28. April 2016

 

 


Stenographisches Protokoll

126. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode              Donnerstag, 28. April 2016

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 28. April 2016: 10.16 – 19.24 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsge­setz und das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz geändert werden (Strafprozessrechts­änderungsgesetz I 2016)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 315/A(E) der Abgeordneten Mag. Albert Steinhau­ser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte

3. Punkt: Bericht über den Antrag 1401/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Unmittelbarkeit von Einvernahmen

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1613/A der Abgeordneten Mag. Michaela Stein­acker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz – SMG, BGBl. Nr. 112/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 144/2015, geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 1591/A der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetz­buch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, und das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Drogenausgangsstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG), BGBl. I Nr. 112/1997, ge­ändert werden

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Rechtspraktikantengesetz, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, die Rechtsan­waltsordnung, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und die Notariatsordnung geändert wer­den

7. Punkt: Bericht über den Antrag 1614/A der Abgeordneten Mag. Michaela Stein­acker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert und die Gerichtsorganisationsno­velle Wien-Niederösterreich aufgehoben wird

8. Punkt: Bundesgesetz über Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaften­gesetz 2016 – VerwGesG 2016)

9. Punkt: Bericht über den Antrag 1489/A der Abgeordneten Mag. Michaela Stein­acker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsvertretergesetz geändert wird


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 2

10. Punkt: Bericht über den Antrag 967/A der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsvertreterge­setz, BGBl. Nr. 88/1993, geändert wird

11. Punkt: Bundesgesetz über die Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesell­schaften (Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz – APAG)

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (32. KFG-Novelle)

13. Punkt: Bericht über den Antrag 1424/A(E) der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Sicherheit bei Mopeds durch grö­ßere Rückstrahler sowie durch das verpflichtende Tragen von Signalwesten mit Reflek­toren“

14. Punkt: Bericht über den Antrag 159/A(E) der Abgeordneten Christoph Hagen, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Sitzerhöhungen für Kinder bei Taxifahrten

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1291/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Diet­rich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verpflichtendes Mindestgeräusch für Kraft­fahrzeuge“

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 und das ASFINAG-Gesetz geändert werden

17. Punkt: Bericht über den Antrag 850/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Information über Gefahren bei der Handy-Benut­zung

18. Punkt: Bericht über den Antrag 1427/A(E) der Abgeordneten Mag. Albert Steinhau­ser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Datenschutz und Auto

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Vergleichbarkeit von Ent­gelten für Verbraucherzahlungskonten, den Wechsel von Verbraucherzahlungskonten und den Zugang zu Verbraucherzahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (Verbraucher­zahlungskontogesetz – VZKG) erlassen wird und das Konsumentenschutzgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert werden

20. Punkt: Ersuchen des Landesgerichts für Strafsachen Wien um Zustimmung zur be­hördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Wolfgang Zinggl

21. Punkt: Dritte Lesung: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1470/A der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Michaela Steinacker, Christoph Hagen, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungs­gesetz (B-VG), das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Ge­schäftsordnungsgesetz 1975), das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, die Strafprozeß­ordnung 1975 (StPO), das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (National­rats-Wahlordnung 1992 – NRWO) und das Bundesgesetz über die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments (Europawahlordnung – EuWO) geändert werden

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol ......................................... 10

Angelobung des Abgeordneten Karl Öllinger ............................................................. 10


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 3

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 10

Ordnungsrufe ..............................................................................................  113, 113, 145

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Aus­schussberichtes 1114 d.B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung ...................................................................................... 28

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 28

Fragestunde (17.)

Europa, Integration und Äußeres ............................................................................... 11

Dr. Josef Cap (202/M); Werner Amon, MBA, Dr. Andreas F. Karlsböck

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (197/M); Dr. Jessi Lintl

Dr. Johannes Hübner (194/M); Ing. Waltraud Dietrich, Anton Heinzl

Mag. Alev Korun (200/M); Dr. Nikolaus Scherak, Johann Rädler

Mag. Christoph Vavrik (196/M)

Christoph Hagen (193/M)

Mag. Christine Muttonen (203/M)

Claudia Durchschlag (198/M); Tanja Windbüchler-Souschill, Mag. Gisela Wurm

Dr. Reinhard Eugen Bösch (195/M)

Tanja Windbüchler-Souschill (201/M)

Petra Bayr, MA (204/M)

Dr. Angelika Winzig (199/M)

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 10

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1058 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz und das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz geändert werden (Strafprozessrechtsände­rungsgesetz I 2016) (1072 d.B.) ................................ 28

2. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 315/A(E) der Abgeord­neten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte (1073 d.B.) ......................................................................................................................................... 29

3. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1401/A(E) der Abgeord­neten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Unmittelbar­keit von Einvernahmen (1074 d.B.)                             29


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 4

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................... 29

Mag. Dr. Beatrix Karl .................................................................................................... 31

Mag. Albert Steinhauser .............................................................................................. 33

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 37

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................... 38

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich .................................................................................. 39

Christoph Hagen .......................................................................................................... 40

Mag. Ruth Becher ......................................................................................................... 41

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ............................................................. 44

Dr. Peter Wittmann ....................................................................................................... 47

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Jo­hannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der Wirk­samkeit der neuen Opferschutzbestimmungen – Annahme (E 141) .....................................................................................................................  32, 48

Annahme des Gesetzentwurfes in 1072 d.B. ................................................................. 48

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1073 und 1074 d.B. ............................. 49

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1613/A der Abgeord­neten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz – SMG, BGBl. Nr. 112/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 144/2015, ge­ändert wird (1075 d.B.) ........................................................................ 49

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1591/A der Abgeord­neten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, und das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Drogenausgangsstof­fe (Suchtmittelgesetz – SMG), BGBl. I Nr. 112/1997, geändert werden (1076 d.B.)                                                                     49

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ....................................................................................................... 49

Mag. Wolfgang Gerstl .................................................................................................. 51

Mag. Albert Steinhauser .............................................................................................. 53

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................... 54

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................... 55

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................... 57

Christoph Hagen .......................................................................................................... 58

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ............................................................. 59

Dr. Harald Troch ..................................................................................................... ..... 61

Rupert Doppler ............................................................................................................. 62

Gerhard Schmid ........................................................................................................... 62

Annahme des Gesetzentwurfes in 1075 d.B. ................................................................. 62

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1076 d.B. ...................................................... 63

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1028 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Rechtspraktikantengesetz, das Richter- und Staats­anwaltschaftsdienstgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, die Rechtsan­waltsordnung, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und die Notariatsordnung geän­dert werden (1077 d.B.) ............................................................. 63


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 5

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1614/A der Abgeord­neten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz ge­ändert und die Gerichtsorganisationsnovelle Wien-Niederösterreich aufgehoben wird (1083 d.B.) .......................................................................................... 63

Redner/Rednerinnen:

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................... 63

Mag. Michaela Steinacker ............................................................................................ 65

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ................................................................................. 67

Hermann Brückl ........................................................................................................... 67

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ..... 68

Christoph Hagen .......................................................................................................... 69

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ............................................................. 70

Dr. Georg Vetter ........................................................................................................... 72

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 73

Petra Bayr, MA .............................................................................................................. 74

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1077 und 1083 d.B. ....................................... 74

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1057 d.B.): Bundesgesetz über Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaftenge­setz 2016 – VerwGesG 2016) (1078 d.B.)    ............................................................................................................................... 75

Redner/Rednerinnen:

Ing. Mag. Werner Groiß ............................................................................................... 75

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................... 76

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ............................................................................................ 77

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ..................................................................................... 80

Elisabeth Hakel ............................................................................................................. 81

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Rechtssicherheit bei der Speichermedienvergütung – Ablehnung .........................  79, 82

Annahme des Gesetzentwurfes in 1078 d.B. ................................................................. 82

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1489/A der Abgeord­neten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsvertretergesetz geändert wird (1079 d.B.) ........................................................ 83

10. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 967/A der Abgeord­neten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsvertretergesetz, BGBl. Nr. 88/1993, geändert wird (1080 d.B.)                                                                                              83

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ....................................................................................................... 83

Dr. Georg Vetter ........................................................................................................... 84

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 85

Mag. Elisabeth Grossmann ......................................................................................... 85

Leopold Steinbichler .................................................................................................... 86

Mag. Albert Steinhauser .............................................................................................. 86

Annahme des Gesetzentwurfes in 1079 d.B. ................................................................. 87

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1080 d.B. ...................................................... 88


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 6

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (1012 d.B.): Bundesgesetz über die Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften (Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz – APAG) (1018 d.B.)                                                                                                88

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 88

Ing. Mag. Werner Groiß ............................................................................................... 90

Leopold Steinbichler .................................................................................................... 91

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 92

Josef Schellhorn .......................................................................................................... 94

MMag. DDr. Hubert Fuchs ........................................................................................... 94

Peter Haubner ............................................................................................................... 97

Cornelia Ecker ............................................................................................................ 108

Gabriele Tamandl ..............................................................................................  108, 115

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 110

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 111

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. DDr. Hubert Fuchs, Ing. Mag. Werner Groiß, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Evaluierung der Finanzierung der Abschlussprüferaufsicht sowie der Qua­litätssicherungsprüfungen – Annahme (E 142)  96, 117

Annahme des Gesetzentwurfes in 1018 d.B. ............................................................... 117

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1054 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (32. KFG-Novel­le) (1062 d.B.) ............ 117

13. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1424/A(E) der Ab­geordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Sicherheit bei Mopeds durch größere Rückstrahler sowie durch das verpflich­tende Tragen von Signalwesten mit Reflektoren“ (1063 d.B.)    ............................................................................................................................. 118

14. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 159/A(E) der Ab­geordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sitzerhöhungen für Kinder bei Taxifahrten (1064 d.B.)                       118

15. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1291/A(E) der Ab­geordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ver­pflichtendes Mindestgeräusch für Kraftfahrzeuge“ (1065 d.B.) .................................................................................................................... 118

Redner/Rednerinnen:

Georg Willi .........................................................................................................  118, 133

Anton Heinzl ............................................................................................................... 120

Christoph Hagen ...............................................................................................  121, 135

Andreas Ottenschläger ............................................................................................. 122

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 123

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 124

Rupert Doppler ........................................................................................................... 126

Michael Pock ............................................................................................................... 127

Bundesminister Mag. Gerald Klug ........................................................................... 128

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 129

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller .................................................................... 129

Ing. Thomas Schellenbacher .................................................................................... 131

Dietmar Keck .............................................................................................................. 131

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 132

Johann Rädler ............................................................................................................ 134


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 7

Rouven Ertlschweiger, MSc ...................................................................................... 135

Gerhard Schmid ......................................................................................................... 136

Annahme des Gesetzentwurfes in 1062 d.B. ............................................................... 137

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1063, 1064 und 1065 d.B. ..................... 137

16. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1055 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 und das ASFINAG-Ge­setz geändert werden (1066 d.B.)     ............................................................................................................................. 137

Redner/Rednerinnen:

Georg Willi .........................................................................................................  137, 148

Johann Hell ................................................................................................................. 140

Michael Pock ............................................................................................................... 140

Andreas Ottenschläger ............................................................................................. 141

Gerhard Schmid ......................................................................................................... 142

Christoph Hagen ........................................................................................................ 143

Bundesminister Mag. Gerald Klug ........................................................................... 145

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 146

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 147

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 149

Annahme des Gesetzentwurfes in 1066 d.B. ............................................................... 150

17. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 850/A(E) der Ab­geordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Information über Gefahren bei der Handy-Benutzung (1067 d.B.) ....................................................................................................................................... 150

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 151

Hermann Lipitsch ....................................................................................................... 151

Rupert Doppler ........................................................................................................... 152

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ 152

Michael Pock ............................................................................................................... 153

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1067 d.B. .................................................... 154

18. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1427/A(E) der Ab­geordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Daten­schutz und Auto (1068 d.B.)                    154

Redner/Rednerinnen:

Peter Wurm ........................................................................................................  154, 160

Mag. Maximilian Unterrainer ..................................................................................... 155

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 156

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ 158

Michael Pock ............................................................................................................... 159

Rupert Doppler ........................................................................................................... 160

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1068 d.B. .................................................... 161

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über die Regierungs­vorlage (1059 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Vergleich­barkeit von Entgelten für Verbraucherzahlungskonten, den Wechsel von Verbrau­cherzahlungskonten und den Zugang zu Verbraucherzahlungskonten mit grund­legenden Funktionen (Verbraucherzahlungskontogesetz – VZKG) erlassen wird und das Konsumentenschutzgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert werden (1095 d.B.) ....................................................................................................... 161


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 8

Redner/Rednerinnen:

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................. 161

Angela Lueger ............................................................................................................ 164

Angela Fichtinger ....................................................................................................... 165

Peter Wurm ................................................................................................................. 167

Mag. Aygül Berivan Aslan ......................................................................................... 170

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 171

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 172

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA ....................................................................... 173

Josef Schellhorn ........................................................................................................ 174

Mag. Friedrich Ofenauer ............................................................................................ 175

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 176

Rupert Doppler ........................................................................................................... 176

Konrad Antoni ............................................................................................................ 177

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Verhinderung von Bankomat-Gebühren – Ablehnung ..............................................................  168, 178

Annahme des Gesetzentwurfes in 1095 d.B. ............................................................... 178

20. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landes­gerichts für Strafsachen Wien, 93 Hv 28/16t, um Zustimmung zur behördlichen Ver­folgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (1114 d.B.)                                                                                                         178

Annahme des Ausschussantrages in 1114 d.B. ........................................................... 178

21. Punkt: Dritte Lesung: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1470/A der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Michaela Steinacker, Christoph Ha­gen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­des-Verfassungsgesetz (B-VG), das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), das Verfassungsgerichtshof­gesetz 1953, die Strafprozeßordnung 1975 (StPO), das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) und das Bun­desgesetz über die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments (Europa­wahlordnung – EuWO) geändert werden (1081 d.B.)               179

Annahme des Gesetzentwurfes in 1081 d.B. in dritter Lesung .................................... 179

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Frauenarmut (1667/A)(E)

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mindestschutzniveau von Kün­digungsfristen für alle ArbeitnehmerInnen (1668/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) geändert wird (1669/A)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorrang für österreichische Arbeit­nehmer (Burgenländisches Modell) (1670/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedroh­ten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird (1671/A)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 9

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend existenzsicherndes Einkom­men für Menschen im geschützten Arbeitsbereich (1672/A)(E)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiedereinführung der Mi­neralölsteuerbefreiung bei Agrardiesel“ (1673/A)(E)

Dr. Josef Cap, Dr. Reinhold Lopatka, Tanja Windbüchler-Souschill, Mag. Chris­toph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bedeutung der Vereinten Nationen (1674/A)(E)

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Patentierung von Pflanzen und Tieren (1675/A)(E)

Franz Kirchgatterer, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend: Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern weltweit verstärken (1676/A)(E)

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Verbesserung der Menschenrechtslage in Bahrain (1677/A)(E)

Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „falsche Angaben zur Ener­gieeffizienz an Haushaltsgeräten“ (1678/A)(E)

Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gutachten zur Wirksam­keit von Diesel-Additive“ (1679/A)(E)


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 10

10.15.49Beginn der Sitzung: 10.16 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Doris Bures, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Präsi­dent Ing. Norbert Hofer.

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Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich eröffne die 126. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Bacher, Mag. Greiner, Krist, Mag. Schön­egger, Ing. Hackl, Hafenecker, MA, Mag. Schrangl, Zanger, Mag. Rossmann und Dr. Hable.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Doris Bures: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertre­tung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilungen gemacht:

Der Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka wird ab 12 Uhr durch den Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter und der Bundesminister für Euro­pa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz wird ab 15 Uhr durch die Bundesministe­rin für Familien und Jugend Dr. Sophie Karmasin vertreten.

10.16.51Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsidentin Doris Bures: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass Frau Abgeordnete Mag. Daniela Musiol auf ihr Mandat verzichtet hat und an ihrer Stelle Herr Karl Öllinger in den Nationalrat berufen wird.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und der Genannte im Hause anwesend ist, werde ich sogleich seine Angelobung vornehmen. (Abg. Schwentner – auf die halbleeren Bank­reihen blickend –: Na bitte!)

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird der Mandatar seine An­gelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben. (Unruhe im Sitzungssaal.) – Ich bitte um ein wenig mehr Aufmerksamkeit!

Ich ersuche nun den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Buchmayr, um die Verlesung der Gelöbnisformel.

 


10.17.38

Schriftführer Harry Buchmayr: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Re­publik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller an­deren Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

 


10.17.57

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Ich gelobe.

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Öllinger, ich begrüße Sie neuerlich sehr herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

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Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr übertragen wird. ORF III wird diese Sitzung live übertragen, wobei jener Teil der Sitzung, der über 19.45 Uhr hi­nausgeht, zeitversetzt gesendet wird.


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10.18.31Fragestunde

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den bei­den Rednerpulten im Halbrund aus vorgenommen, die Beantwortung durch den Herrn Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres vom Rednerpult der Abgeordneten aus.

Für die Anfrage- und Zusatzfragesteller ist jeweils 1 Minute Redezeit vorgesehen. Die Beantwortung der Anfrage soll 2 Minuten, jene der Zusatzfrage 1 Minute nicht über­steigen. Ich werde Sie kurz vor Ende der jeweiligen Redezeit auf deren Ablauf aufmerk­sam machen.

Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zur 1. Anfrage, jener des Herrn Abgeord­neten Dr. Cap. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Nachdem es das letzte Mal et­was zu lang gedauert hat, mache ich es heute radikal kürzer.

Herr Minister, meine Frage richtet sich auf die Erfolge oder auf die Verhandlungen, die die berühmten Rückübernahmeabkommen betreffen. Was können Sie uns dazu sagen?

*****

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 202/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Rückübernahmeabkommen wurden von Ihnen in dieser Legislaturperiode ab­geschlossen beziehungsweise verhandelt?“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Sehr geehr­te Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Die Rückführungsabkommen, die Österreich hat, sind 39 an der Zahl; das sind 22 bilaterale und 17 auf EU-Ebene. Es gibt derzeit auch von mehreren Ministerien einschließlich des Außenministeriums Be­mühungen, mit Afghanistan, Marokko, Algerien und anderen Staaten weitere Abkom­men, zumindest Memoranda abzuschließen.

Die Herausforderung, die leider Gottes besteht, ist, dass Rückführungen auch in Staa­ten, mit denen es Rückführungsabkommen gibt, oftmals dann trotzdem nicht stattfin­den können, weil man sich auf technische Details nicht einigen kann, weil die Staaten kein Interesse haben, die Menschen zurückzunehmen. Insofern ist es, glaube ich, wichtig, vor allem auch die Zahl der Menschen, die nach Österreich kommen, zu redu­zieren, denn es ist leichter, jemanden zu stoppen, als ihn dann zurückzuführen.

 


Präsidentin Doris Bures: Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Welche Möglichkeiten sehen Sie, hier Druck aus­zuüben, beispielsweise in und über die Europäische Union beziehungsweise jetzt wei­ter von österreichischer Seite, weil es doch sehr brisant ist, zu diesen Abkommen zu kommen? Sie haben einmal sogar, glaube ich, Sanktionen gefordert. Bei Sanktionen ist allerdings die Frage, wen man damit trifft. Sind es die NGOs, oder gibt es Sanktions-


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möglichkeiten, die ausschließlich nur eine zögerliche Regierung beispielsweise in Ma­rokko treffen könnten?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Aus meiner Sicht ist es so, dass wir vor allem als Europäische Union da viele Druckmittel zur Hand hätten. Insofern halte ich es auch für sinnvoll, dass es da ein gesamteuropäisches Vor­gehen gibt.

Es ist auch so, dass die Masse der Verhandlungen mittlerweile von der Europäischen Union übernommen worden ist. Leider Gottes geht da oftmals lange nichts weiter. Zwi­schen der Europäischen Union und Marokko wird seit 14 Jahren verhandelt. Das ist aus meiner Sicht nicht zufriedenstellend, und insofern plädiere ich dafür, dass wir Zah­lungen an diese Länder auch als Druckmittel verwenden.

Ich bin auch dafür, dass die Europäische Union diesen Ländern, die oftmals sehr viele Zahlungen zum Beispiel im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit bekommen, klar die Rute ins Fenster stellt: Es gibt keine Unterstützungsleistungen mehr seitens der Europäischen Union und es kann auch zu einer Kürzung der Entwicklungszusam­menarbeitsgelder kommen, wenn es da keine Kooperationsbereitschaft gibt. Ich glau­be, dass es sinnvoll wäre, wenn solch ein Beschluss auch von den Staats- und Regie­rungschefs gefasst werden würde. Ich glaube, dass allein mit der Androhung die Dinge schon in Bewegung kämen.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Amon.

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Sie haben die gesamteuropäischen Aktivitäten angesprochen. Der Euro­päische Rat hat im Oktober 2015 und im letzten Februar verschiedene Maßnahmen be­schlossen, um die Rückübernahme durch Drittstaaten zu beschleunigen.

Welche Aktivitäten im Rahmen des Europäischen Rates sind Ihnen vonseiten des Herrn Bundeskanzlers in diesem Zusammenhang bekannt?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass ich es gut finde, dass es eine Auseinandersetzung im Europäischen Rat gegeben hat und dass es auch gewisse Maßnahmen gibt, die be­schlossen wurden; das ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung.

Wenn man das wirklich beschleunigen will, dann braucht es aber wesentlich mehr Druck auf die Herkunftsländer, und diesen Druck kann man vor allem erzeugen, indem man, wie vorhin schon angesprochen, den Staaten signalisiert, dass finanzielle Leistungen, auch Gelder im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, gekürzt werden, wenn die Staaten nicht bereit sind, illegale Migranten zurückzunehmen. Diesen Beschluss hat es noch nicht gegeben; ich glaube, er wäre sehr zielführend.

Was die Aktivitäten des Bundeskanzlers im Rat betrifft, bin ich der Falsche, um darüber Auskunft zu geben; da muss man ihn selbst fragen.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Karlsböck.

 


Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Guten Morgen! Wenn es um illegale Migration geht, sehen wir das ja momentan als größtes Problem in der ganzen Flücht­lingsbewegung. Eine Rolle spielt dabei natürlich auch die Agentur FRONTEX.

Um es kurz zu machen: Wir kritisieren ja, dass Flüchtlinge, die gerettet werden – zu Recht!, und wir alle müssen auch etwas dafür tun, dass möglichst viele gerettet wer­den –, auf die falsche Seite gebracht werden, nämlich nach Europa und nicht dorthin zu­rück, woher sie kommen.


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Meine Frage ist: Im Wissen darum, dass ohnehin gerettet wird und nicht ins Ursprungs­land zurückgeführt werden darf, wagen immer mehr Menschen den gefährlichen Weg über das Mittelmeer, darunter nicht nur Kriegsflüchtlinge, sondern auch illegale Migran­ten. Australien geht diesbezüglich einen anderen Weg: Wenn man ein Mal, auch wenn man eine Berechtigung hätte, bei einer illegalen Migration aufgegriffen wird, hat man diesen Anspruch verwirkt, man wird aber natürlich trotzdem gerettet.

Gedenken Sie, dieses australische Modell aufzugreifen? Wenn ja, wann und wie? Wenn nein, warum eigentlich nicht?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Das war ja fast mehr ein Statement als eine Frage; aber ich kann Ihnen da größtenteils recht ge­ben. Ich glaube, das australische Modell ist nicht eins zu eins vergleichbar, aber die Logik, dass die Rettung im Mittelmeer mit einem Ticket nach Europa verbunden ist, führt dazu, dass sich immer mehr Menschen auf eine immer gefährlichere Reise bege­ben werden. Insofern bin ich vollkommen bei Ihnen, dass der Weg nur sein kann, dass die Rettung mit der Rückstellung in das Herkunftsland verbunden ist.

Ich glaube, dass der Türkei-Deal eine gewisse Chance dazu bietet, das zumindest auf der Türkei-Griechenland-Westbalkan-Route zustande zu bringen. Auf der Libyen-Ita­lien-Route ist man noch nicht so weit, aber das Ziel muss definitiv sein, dort auch in ei­ner ähnlichen Richtung voranzukommen.

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, die Geschäftsordnung sieht vor, dass man die Möglichkeit hat, in einer Minute Ausführungen zu formulieren und dann die Fra­ge zu stellen.

Wir kommen zur 2. Anfrage, jener des Herrn Abgeordneten Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister, Sie betreiben eine sehr aktive Außenpolitik, das stärkt das Ansehen Österreichs und ist auch, finde ich, ein wichtiger Beitrag Österreichs, um an­stehende Probleme zu lösen.

Daher meine Frage:

197/M

„Welche Fragen standen im Mittelpunkt Ihrer jüngsten Gespräche mit US-Außenmi­nister Kerry, dem russischen Außenminister Lawrow und dem deutschen Außenminis­ter Steinmeier?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Wir haben na­türlich über viele Fragestellungen der Außenpolitik gesprochen, vor allem über den Kon­flikt in Syrien und auch die Flüchtlingsproblematik für Europa und für Österreich. Das Hauptthema der Termine war aber die Vorbereitung des österreichischen OSZE-Vorsit­zes im Jahr 2017. Wir haben diese Vorsitztätigkeit gerne übernommen, weil es, glaube ich, eine Auszeichnung und Chance für Österreich ist, in einer internationalen Organi­sation für ein Jahr die Führung übernehmen zu dürfen.

Das Thema für unsere Vorsitztätigkeit wird vor allem die Fragestellung sein: Wie schaf­fen wir es, Europa sicherer zu machen? Wie können wir gemeinsam stärker gegen Ter­rorismus und Radikalisierung ankämpfen? – Das war das Hauptthema der Gespräche.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Berlakovich.

 



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Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister, Sie haben gesagt, es gehe darum, wie man Europa sicherer machen kann, und haben den Terrorismus angesprochen; das ist eine der zentralen Herausforderungen. Eine weitere Herausforderung ist aber mehr oder weniger relativ nahe vor unserer Haus­tür der Konflikt in der Ukraine, der etwas aus der medialen Öffentlichkeit verschwunden ist.

Ich frage Sie daher: Wie sieht die aktuelle Entwicklung in der Ukraine aus?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Leider Got­tes nicht sehr positiv, um ehrlich zu sein! Wir haben nach wie vor einen Waffenstill­stand, der nicht zu 100 Prozent hält. Wir haben nach wie vor eine sehr angespannte Si­tuation nicht nur zwischen der Ukraine und Russland, sondern auch die Sichtweise in Russland, dass es hier eine Bedrohung Russlands durch den ganzen Westen gibt. Das ist eine Sichtweise, die wir so natürlich nicht nachvollziehen können. Insofern bemühen wir uns weiter, Gesprächskanäle offenzuhalten, auch stetig den Versuch zu starten, da unterschiedliche Player doch zusammenzuführen, aber die Anspannung ist nach wie vor groß.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Lintl.

 


Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Die Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland wurden vom Rat bis 31. Juli 2016 mit Ihrem Einverständnis verlängert. Österreichische Unternehmen haben dadurch gro­ße Einbußen und Verluste erlitten. In einer Studie des WIFO wird sogar vom Wegfall von 9 000 Jobs und einem Wertschöpfungsverlust von 600 Millionen € gesprochen.

Meine Frage ist: Welche konkreten Maßnahmen werden Sie künftig auf EU-, internatio­naler und innerstaatlicher Ebene setzen, um die Wirtschaftssanktionen gegenüber Russ­land zu beenden, beziehungsweise werden Sie einer allfälligen Verlängerung zustim­men?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Es wird eine Debatte darüber in der Europäischen Union geben. Es wird nicht nur eine Entschei­dung der Außenminister, sondern vor allem der Staats- und Regierungschefs geben. Sie wissen, dass die österreichische Haltung eine sehr skeptische ist. Wir befinden uns da in einer Gruppe von Staaten, die die Sanktionen eher skeptisch sehen, weil wir der Mei­nung sind, dass es notwendig ist, neben der Reaktion auf die russische Aggression na­türlich auch wieder einen gemeinsamen Weg mit Russland zu finden. Das bedeutet, wir glauben, dass es notwendig ist, wieder aufeinander zuzugehen, weil es am Ende des Tages Frieden nicht gegen, sondern nur mit Russland geben kann.

Was die wirtschaftlichen Auswirkungen der Sanktionen betrifft, gebe ich Ihnen recht, dass die Sanktionen, insbesondere auch die Gegensanktionen natürlich negative Aus­wirkungen für unsere Wirtschaft haben. Allerdings muss man dazusagen, dass der Groß­teil der Betroffenheit der österreichischen Wirtschaft vor allem dadurch gegeben ist, dass sich die wirtschaftliche Situation in Russland sehr stark verschlechtert hat, und das wiederum ist im Zusammenhang mit der gesamten Ukraine-Krise und den Spannungen mit dem Westen zu sehen.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 3. Anfrage, jener des Herrn Abge­ordneten Dr. Hübner. – Bit


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te.

 


Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Grüß Gott, Frau Präsidentin! Herr Minis­ter, grüß Gott! Ich glaube, es gibt, wie auch Ihre letzte Antwort zur Frage Russland und den Sanktionen gezeigt hat, einen großen Graben zwischen dem, was in Österreich in­tern verkündet wird oder bilateral mit Partnern, wie etwa Russland, gewertet wird, und dem, was auf europäischer Ebene dann getan und in welcher Weise das Stimmrecht verwendet wird. Dafür sind nicht allein die Russland-Sanktionen typisch, wo man Russ­land gegenüber immer sagt, dass man dagegen sei, wo man intern sagt, dass das schädlich sei, dass man das eigentlich nicht haben wolle und dass das nichts bringe, wo man aber auf europäischer Ebene dann immer zustimmt und im Nachhinein immer sagt, dass wir nichts tun können, weil wir europäisch solidarisch sein müssen.

Ähnlich verhält es sich mit TTIP: Es ist ganz klar, dass Österreich dieses Abkommen nicht unterzeichnen wird, weil bereits alle Präsidentschaftskandidaten gesagt haben, sie werden es nicht ratifizieren; auch dazu heißt im Inland: Nein!, auf europäischer Ebe­ne aber gibt es keinen Ansatz dazu, klarzustellen: Kinder, vergesst es, denn Österreich wird es jedenfalls nicht ratifizieren!

 


Präsidentin Doris Bures: Sie müssen jetzt die Frage formulieren.

 


Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (fortsetzend): Ähnlich ist das Problem mit dem Türkei-Beitritt, wo die meisten relevanten Kräfte im Inland sagen: Nein!, aber auf euro­päischer Ebene fehlt eine Disposition (Ruf: Frage!) und die Klarstellung: Wir werden nicht zustimmen!

Daher meine Frage, Herr Minister:

194/M

„Wie werden Sie sich auf europäischer Ebene gegen einen Beitritt der Türkei zur Euro­päischen Union einsetzen, zumal die Türkei nach wie vor weder demokratiepolitisch noch bei der Einhaltung von Grund- und Freiheitsrechten dem Niveau der Mitgliedstaaten der Europäischen Union entspricht?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Grüß Gott, Herr Dr. Hübner! (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Vielen Dank für Ihre Frage. (Abg. Walter Rosenkranz: Warum lacht die ÖVP, wenn man „Grüß Gott!“ sagt?)

Zunächst einmal ein paar Worte zu Ihrem Seitenhieb auf die europäische Politik oder die österreichische Rolle in Europa: Ich glaube, dass es einen großen Unterschied macht, ob man europäische Politik mitgestalten möchte, das auch tut und auch zur Kenntnis nimmt, wenn es andere Mehrheiten gibt, oder ob man bei jeder Frage seine Vetomög­lichkeit auf den Tisch legt.

Ich glaube, dass es schwierig wäre, wenn man bei jeder Frage sofort mit einer Veto­drohung in die Diskussion einsteigt, da das das europäische Projekt zerstört. Insofern verfolgen wir unsere Positionen, die wir im Inland artikulieren – zumindest ich tue das –, auch auf europäischer Ebene sehr klar.

Ich habe mich, gerade was die Russland-Frage betrifft, sehr stark dafür eingesetzt, Part­ner zu finden, die eine ähnliche Sichtweise haben wie wir. Wir sind froh, dass diese Gruppe immer größer wird, die Gruppe jener, die sagen, wir wollen kein Gegeneinan­der und keinen Konflikt, sondern wir wollen ein Aufeinander-Zugehen und wir wollen am Ende des Tages Frieden. Aber auch ich muss zur Kenntnis nehmen, dass es unter­schiedliche Meinungen gibt, und wie das in der Europäischen Union oder im Parlament oder in anderen Institutionen so ist, gibt es am Ende des Tages Mehrheitsmeinungen oder eben auch nicht.

Sie haben recht damit, wenn Sie sagen, man hätte auch die Möglichkeit, mit nur einer einzigen Stimme einen Beschluss zu Fall zu bringen, das ist schon richtig; die Frage ist nur, wie es dann mit dem europäischen Projekt weitergeht.


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Zu Ihrer Frage, was die Türkei betrifft, eine ganz klare Meinung: Beitrittsverhandlungen heißen nicht Beitritt, und das ist auch gut so. Die österreichische Linie ist da klar: Es muss vor einem etwaigen Beitritt der Türkei eine Volksabstimmung geben. Diesen Bei­tritt sehe ich noch lange nicht, insofern sehe ich auch noch lange nicht die Notwen­digkeit für eine Volksabstimmung, aber ich stehe klar dazu: Wenn wir je in diese Si­tuation kommen würden, dann braucht es die Volksabstimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Minister! Jetzt ist ja ein Rücknah­meabkommen geschlossen worden, das mit der Türkei von 2016, und dieses Abkom­men sieht im Gegensatz zu dem, was wir eigentlich bei anderen Rücknahmeabkom­men anstreben sollten oder auch anstreben werden, vor, dass man für jede Rücknah­me einen Einwanderer aufnimmt – also ein Quasiabkommen, mit dem die Massenein­wanderung legalisiert wird, abhängig davon, wie viele illegale Einwanderer ein Land über die Grenze schickt.

Halten Sie angesichts der demografischen Situation in Österreich, angesichts des Um­stands, dass wir im vergangenen Jahr fast 100 000 Asylwerber, 100 000 sonstige Ein­wanderer und etwa 80 000 Geburten hatten – wir sehen darin eine massive Änderung unserer Bevölkerungszusammensetzung –, ein solches Abkommen für sinnvoll, und wer­den Sie das weiter unterstützen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Es kommt darauf an, ob es umgesetzt wird. Wenn das umgesetzt wird, was derzeit vereinbart ist, nämlich dass für jeden illegalen Zuwanderer, der sich auf den Weg gemacht hatte, ein anderer aufgenommen wird, dann werden das, glaube ich, sehr, sehr wenige sein; denn ich glaube nicht, dass es ganz viele Menschen gibt, die so selbstlos sind, dass sie ei­nen teuren Schlepper bezahlen, sich auf den Weg nach Griechenland machen, dann wieder zurückgestellt werden, damit ein anderer Syrer, den sie nicht kennen und mit dem sie noch nie etwas zu tun hatten, nach Europa kommen darf.

Ich glaube, dass das ein Modell ist, das eigentlich dazu führt, dass sich so gut wie kei­ner mehr auf den Weg macht – wenn es umgesetzt wird.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dietrich.

 


Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzte Frau Präsident! Herr Minister! Meine Frage bezieht sich auf die Quoten.

Es kommt dann also eine gewisse Zahl dieser legalen Flüchtlinge aus der Türkei in die EU. Gibt es schon konkrete Vereinbarungen mit Quoten? Sind andere Länder bereit? Gibt es tatsächliche Zusagen, legale Flüchtlinge aufzunehmen? Meine Frage geht ins­besondere in Richtung der Visegrád-Staaten.

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Frau Abge­ordnete, entsprechende Vereinbarungen gibt es da meines Wissens noch nicht.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Heinzl.

 


Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Bundesminister, mich würde interessieren, wie Sie aktuell die Einhaltung der Menschenrechte in der Türkei beurteilen, insbeson­dere in Bezug auf die Kurden.

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Ich sehe mit großer Sorge die Entwicklung der Situation der Kurden in der Türkei. Es gab einige Jah-


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re eine doch sehr positive Entwicklung, auch sehr gute Gespräche zwischen Kurden­vertretern und der Regierung. Es gibt jetzt eine deutlich schlechtere Entwicklung, und insofern tun wir alles, nutzen wir unsere Kanäle zu beiden Seiten, um zu einem bes­seren Miteinander aufzurufen.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 4. Anfrage, jener der Frau Abgeord­neten Mag. Korun. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bun­desminister! Meine Frage lautet:

200/M

„Wie viele Deutschkursplätze werden vom Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, Stand heute, bereitgestellt?“

Gemeint ist natürlich, für das Jahr 2016. – Danke.

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Guten Mor­gen, Frau Abgeordnete! Zum derzeitigen Zeitpunkt gibt es allein durch das Ministerium in Kooperation mit dem Österreichischen Integrationsfonds 10 000 Kursplätze. Es ist aber Gott sei Dank so, dass wir in Kooperation mit anderen Ministerien und auch mit den Ländern und Gemeinden eine sehr große Zahl an Kursplätzen zur Verfügung stel­len können.

Aufgrund der 75 Millionen €, die seitens des Finanzministeriums zur Verfügung gestellt worden sind, wovon 25 Millionen € auf das Integrationsministerium entfallen, gibt es jetzt die Möglichkeit, das Deutschkursangebot weiter sehr stark auszubauen. Darüber hinaus gibt es ein gut ausgebautes Portal zum Online-Deutschlernen, das auch sehr intensiv genutzt wird.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Meine Frage bezog sich auf den heutigen Stand, und Sie haben das, wenn ich Sie richtig verstanden habe, mit 10 000 Kursplät­zen beantwortet.

Zusatzfrage: Da wir derzeit eine Schutzgewährungsquote inklusive subsidiär Schutzbe­rechtigte von rund 50 Prozent haben, 49 Prozent sind es derzeit, und da wir letztes Jahr 89 000 Asylantragsteller gehabt haben, gehe ich einmal davon aus, dass für un­gefähr 50 Prozent von ihnen, sprich für ungefähr 45 000 Menschen, die höchstwahr­scheinlich Asyl bekommen werden, Deutschkurse und Orientierungskurse notwendig sein werden.

Bis wann wollen Sie diese – zum Beispiel – 45 000 Deutsch- und Orientierungskurs­plätze für die Asylwerber, die aktuell im Asylverfahren sind, schaffen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Ich habe Ih­nen vorhin schon eine, wie ich glaube, sehr klare Antwort gegeben, nämlich dass es da ein Zusammenwirken von verschiedenen Ministerien, aber auch mit den Ländern und Gemeinden gibt. Ich habe Ihnen das schon so oft beantwortet, dass ich davon aus­gehe, dass Sie das mittlerweile auch wissen. Insofern gibt es also nicht nur die 10 000 Deutschkursplätze seitens des Ministeriums und des Österreichischen Integra­tionsfonds, sondern in Summe wesentlich mehr.

Ich habe Ihnen darüber hinaus gesagt, dass wir jetzt neues Geld bekommen haben, um das Kursangebot auszubauen; auch das tun wir. Ich kann Ihnen sagen, beim Ös-


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terreichischen Integrationsfonds gibt es eine maximale Genehmigungsfrist für die Ge­nehmigung eines Antrags auf Förderung eines Deutschkurses von 15 Werktagen. Mei­ne Information – und das ist eine aktuelle – ist, dass diese Frist derzeit laufend unter­schritten wird. Insofern, glaube ich, können Sie guter Dinge sein, dass wir das Angebot weiterhin ausbauen und dass es im Zusammenwirken aller Player, die sich gemeinsam bemühen, auch sehr gut funktioniert. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Scherak.

 


Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich glaube, ein zweiter wesentlicher Teil für die Integration von Asylwerbern sind die Wertekurse, die Sie auch schon umgesetzt haben. Es gibt, wie ich meine, offensichtlich ein massives Problem auch im Zusammenhang mit der Frage von Grundrechten und Grundwerten, die wir in Österreich vertreten. Das sehen wir, wenn wir täglich die Me­dien lesen.

Wir haben vorgeschlagen, dass man diese Wertekurse entsprechend ausbauen könn­te, also einmal eine höhere Stundenanzahl; wir würden 40 Stunden vorsehen, teilweise in Kursen, teilweise am Arbeitsplatz oder dergleichen.

Können Sie sich auch vorstellen, dass man die Stundenanzahl für diese Wertekurse entsprechend erhöht?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Ich habe eure Vorschläge gelesen und finde einige sehr unterstützenswert. Ich glaube, dass es vor allem dann möglich ist, wenn man da mit Arbeitgebern kooperiert, wenn man auch noch andere Möglichkeiten nützt, um das Angebot auszubauen. Die acht Stunden, die es der­zeit gibt, sind ein reines Basismodul. Es ist so, dass jetzt schon im Deutschkurs auch auf die Wertevermittlung ein Schwerpunkt gelegt wird und dass es aufbauend auf dem Basismodul dann auch noch eine weitere Betreuung je nachdem, was jemand braucht, gibt. Für eine Familie mit Kindern braucht es ein anderes Angebot als für jemanden, der nicht alphabetisiert nach Österreich gekommen ist, braucht es ein anderes Angebot als für jemanden, der sehr gut qualifiziert ist und vielleicht nur Unterstützung in der Fra­ge, wie er sich seine Qualifikationen anerkennen lassen kann, braucht.

Also ich bin der Meinung, dass es gut ist, dieses Basismodul zu haben, und dass mehr natürlich immer auch wünschenswert und sinnvoll ist. Es ist einerseits eine Kostenfra­ge, und andererseits, glaube ich, ist es wichtig, da auch mit Partnern zu agieren, bei den Deutschkursen dieses Thema mit einfließen zu lassen und auch einen Schwerpunkt darauf zu legen, je nachdem, was jemand braucht. Nicht alle Menschen, die da zu uns gekommen sind, kann man ganz leicht in einen Topf stecken.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Rädler.

 


Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Bundesminister, Sie waren das erste Re­gierungsmitglied, das mit dieser Frage auch in unserer Republik beauftragt wurde, näm­lich Integrationsmaßnahmen zu ergreifen.

Ich habe eine Zusatzfrage zu den Deutschkursen – es wurde ja schon sehr viel beant­wortet –: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den anderen Ministerien, Sozialmi­nisterium und so weiter, die davon betroffen sind? Wie wird da die Zukunft ausschauen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Ich kann lei­der nicht in die Zukunft schauen, insofern weiß ich nicht, wie es in der Zukunft aus­schauen wird.


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Im Moment kann ich nur sagen, dass die Zusammenarbeit natürlich unterschiedlich ist, dass wir aber mit vielen Stellen eine sehr gute Zusammenarbeit haben. Ich glaube, dass es vor allem wichtig wäre, im Bildungsbereich noch schneller voranzukommen, insbesondere was Deutsch vor Schuleintritt betrifft, da gibt es jetzt eine Einigung. Das muss möglichst schnell umgesetzt werden, damit Kinder und Jugendliche im Rahmen des Bildungssystems mitkommen, davon profitieren können und dann eine Chance auf eine gute Zukunft in Österreich haben.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 5. Anfrage, jener des Herrn Abge­ordneten Vavrik. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bundesminister! Zum Thema Flüchtlinge: Vor fast einem halben Jahr wurde ja die Flüchtlingsfazilität für die Türkei beschlossen. Ziel war – ich zitiere – „Bereitstellung von humanitärer Hilfe, Entwicklungshilfe und sonstiger Hilfe für Flüchtlinge und Aufnahme­gemeinschaften“ in der Türkei. Das deckt sich eigentlich hundertprozentig mit der von dir immer wieder gebrachten Feststellung, dass die Hilfe vor Ort, in den Herkunftslän­dern oder in den unmittelbaren Erstaufnahmeländern wie Jordanien, Libanon oder Tür­kei prioritär ist und wäre.

Jetzt ist es so, dass im ersten Bericht der Kommission über die Umsetzung des EU-Türkei-Abkommens, wo die Fazilität ihren Platz hat, berichtet wird, dass Österreich noch keinen Beitrag gezahlt hat. Österreich wird in der Liste der Länder, die gezahlt haben, nicht genannt, beziehungsweise bei den zentralen Herausforderungen und nächsten Schritten ist Österreich zusammen mit Malta, Rumänien, Zypern als Land, das zahlen müsste, aufgelistet.

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt die Frage formulieren. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik(fortsetzend): Meine Frage lautet: Warum hat Ös­terreich noch nicht in die Fazilität eingezahlt?

*****

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 196/M, hat folgenden Wortlaut:

„In der Mitteilung der Kommission vom 21. April 2016 über die Fortschritte bei der Um­setzung der Erklärung EU-Türkei steht unter Punkt 7. ‚Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei‘: ‚Zusätzlich zu der 1 Mrd. EUR aus dem EU-Haushalt haben 16 EU-Mitglied­staaten mittlerweile ihre Beitragszertifikate eingereicht‘. Österreich ist nicht darunter. – Warum hat Österreich seinen Beitrag zur Fazilität bisher noch nicht geleistet?“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Ja, lieber Herr Abgeordneter, ich kann dir da nur recht geben, bin aber guter Dinge, dass wir jetzt auf dem richtigen Weg sind. Der österreichische Beitrag zur Türkei-Fazilität beträgt für 2016 13,5 Millionen € und wird im Rahmen einer Bundesfinanzgesetz-Novelle 2016 bereitge­stellt. Diese ist vorgestern im Ministerrat angenommen worden und ist jetzt dem Parla­ment zur Behandlung zugewiesen. Nach der Annahme wird Österreich dann auch in der Lage sein, den Beitrag anteilsmäßig zu leisten.

 


Präsidentin Doris Bures: Möchten Sie eine Zusatzfrage stellen? – Bitte, Herr Abge­ordneter.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 20

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Das EU-Türkei-Abkommen hat ja fünf Eckpunkte: Rückführungen, Umsiedlung, Zahlungen, Visa-Erleichterungen und dann die Wiederaufnahme der Beitrittsverhandlungen, also Öffnung eines Kapitels.

Herr Bundesminister, was ist deine Einschätzung der Chance, dass dieses Programm mehr Erfolg hat als die gescheiterte Verteilung der 160 000 Flüchtlinge insgesamt, an­gesichts der Schwäche aller fünf Eckpunkte?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Also es ist schon schwierig, das umzusetzen, das steht fest. Es wird nicht leicht sein, aber die Chan­ce ist, glaube ich, größer als bei der Verteilung, denn bei der Verteilung haben einige wenige Mitgliedstaaten der Europäischen Union durch eine sehr mitteleuropäische Bril­le geschaut und geglaubt, sie können ihre Meinung allen anderen verordnen, wobei sie, glaube ich, nicht bedacht haben, dass da eine Minderheit geglaubt hat, sich gegen eine Mehrheit durchsetzen zu können.

Beim Türkei-Deal sieht es ein bisschen anders aus. Da habe ich das Gefühl, dass doch in fast allen Mitgliedstaaten ein Bewusstsein dafür da ist, dass wir da etwas zustande bringen müssen. Wie stark die Bereitschaft in der Türkei bleiben wird, dieses Abkom­men auch wirklich umzusetzen, kann ich nicht vorhersagen. Ich hoffe, dass uns eine Um­setzung gelingen wird.

Ich glaube aber, dass wir uns nicht darauf verlassen dürfen und dass der Türkei-Deal auch nicht die einzige Maßnahme sein darf. Das ist auch der Grund dafür, dass ich ge­meinsam mit der Innenministerin so aktiv war, was die Schließung der Westbalkan­route betrifft, weil es da eben mehrere Maßnahmen und nicht nur eine Abhängigkeit von der Türkei braucht.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 6. Anfrage, jener des Herrn Abge­ordneten Hagen. – Bitte.

 


Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Frau Präsidentin! Guten Tag, Herr Bundesminister! (Bundesminister Kurz: Grüß Gott!) Vor knapp einem Jahr hat, wie Sie wissen, unser Parteichef Frank Stronach im ORF-„Sommergespräch“ die Schutzzonen angesprochen und gesagt, dass man Schutzzonen außerhalb des Kriegsgebiets, aber in der Nähe des Krieg führenden Staats errichten sollte. Dieser Vorschlag wurde dann auch von Bundeskanzler Faymann aufgenommen und allmählich von der ganzen Bun­desregierung.

Meine Frage lautet:

193/M

„Welche Maßnahmen sind zur Errichtung von Schutzzonen geplant, um Flüchtlinge in sicheren Drittstaaten menschenwürdig und kosteneffizient zu versorgen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Zunächst ein­mal teile ich da die Einschätzung Ihres Parteigründers und anderer, dass Schutzzonen sinnvoll sein können. Die große Herausforderung ist die Frage, wie es gelingt, diese auch wirklich zu schaffen und auf den Boden zu bringen. Da braucht es entweder ein UNO-Mandat oder die Zustimmung einer Regierung, die es teilweise in diesen Ländern so gar nicht gibt. Insofern tut man sich da oftmals schwer, Ansprechpartner zu finden. Die Idee ist meiner Meinung nach aber dennoch eine richtige und sollte daher weiter­verfolgt werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 21

Es gibt erste konkretere Überlegungen auch für Schutzzonen in Syrien, die insbeson­dere von der Türkei konkretisiert worden sind. Die Herausforderung ist jetzt, sich ein­mal auf ein Gebiet zu einigen. Abseits der schwierigen Fragen, wie man das dann um­setzen kann und wie es eine rechtliche Basis dafür geben kann, ist natürlich schon die Kernfrage: Wo sollen diese Schutzzonen sein? Dass sie ausschließlich im Kurdenge­biet sind und somit vielleicht nicht nur dem Schutz gewisser Gruppen dienen, sondern gleichzeitig auch eine Maßnahmen gegen die Kurden sein könnten, das ist etwas, was wir natürlich nicht befürworten können. Insofern gibt es noch viele offene Fragen, aber von der Idee her ist das richtig, und darum wird es auch von uns weiterverfolgt.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Ich mache es Ihnen ein wenig leich­ter, Herr Minister. Sie persönlich haben ja im Außenpolitischen Ausschuss und auch in den Medien gesagt, dass Sie sich persönlich Schutzzonen in Griechenland beziehungs­weise in den Erstaufnahmeländern hier in Europa vorstellen könnten.

Meine konkrete Frage dazu: Wie weit sind Ihre Verhandlungen mit Griechenland und der EU hierzu fortgeschritten?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Also mein Wording, Herr Abgeordneter, für Griechenland oder Europa wäre jetzt nicht Schutzzo­nen. Schutzzonen sind, meine ich, etwas, das es in einem Kriegsgebiet braucht, damit die Menschen aus diesem Kriegsgebiet die Chance haben, in ihrer Region sicher zu le­ben. Wenn wir von Europa sprechen, dann geht es meiner Meinung nach eher darum, Flüchtlinge unterzubringen und sie nicht weiterzuwinken.

In Griechenland sind wir da, glaube ich, sehr weit vorangeschritten, nicht unbedingt des­wegen, weil sich Griechenland das so sehnlich gewünscht hat, sondern vor allem auch deswegen, weil wir mit der Schließung der Westbalkanroute Fakten geschaffen haben und Griechenland dann gezwungen war, die europäische Hilfe anzunehmen.

In Italien ist es leider so, dass noch immer sehr viele der Flüchtlinge weiterziehen, aber Sie kennen da die Gott sei Dank sehr klare Position der Bundesregierung.

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zur 7. Anfrage, jener der Frau Abgeordneten Mag. Muttonen. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Nächstes Jahr, also 2017, wird Österreich den Vorsitz in der OSZE, der Organisa­tion für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, übernehmen und arbeitet ja jetzt be­reits in der Troika mit.

Meine Frage lautet:

203/M

„Gibt es von Ihrer Seite Überlegungen, wie der österreichische Vorsitz in der OSZE im Jahr 2017 für konkrete Initiativen im Bereich der Abrüstung und Rüstungskontrolle ge­nützt werden kann?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Frau Abge­ordnete, ich glaube, dass jeder Vorsitz in einer internationalen Organisation natürlich die Möglichkeit bietet, etwas mehr Gestaltungsspielraum zu haben und, wenn man so


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 22

will, ein bisschen über der eigenen Gewichtsklasse mitzuspielen. Insofern wird, glaube ich, auch der Vorsitz im Jahr 2017 in der OSZE für uns eine Chance sein, das Thema Abrüstung, das für uns ja ein sehr wichtiges ist, auch stärker aufs Tapet zu bringen.

Wir werden am 14. Juli das Vorsitzprogramm im Ständigen Rat der OSZE präsentie­ren. Das Hauptthema wird „Europa wieder sicherer machen“ sein, und da spielt Abrüs­tung natürlich auch eine ganz wichtige Rolle.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Die parlamentarische Diplomatie bie­tet ja Möglichkeiten, die es oft auf anderen Ebenen wie auf der Regierungsebene nicht so gibt.

Meine Frage ist: Wie weit werden Sie das österreichische Parlament beziehungsweise die Parlamentarische Versammlung der OSZE nächstes Jahr mit einbinden?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Möglichst stark! Ich glaube, dass wir da mit Ihrer Rolle in der Parlamentarischen Versammlung eine große Chance haben, das noch intensiver wahrzunehmen, und meine, dass es ei­nen Kontakt auf allen Ebenen braucht. Gerade in der OSZE ist die Parlamentarische Versammlung ja ein sehr gewichtiges Gremium.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 8. Anfrage, jener der Frau Abgeord­neten Durchschlag. – Bitte.

 


Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bun­desminister! Die Bedeutung von Entwicklungszusammenarbeit ist wahrscheinlich noch selten so deutlich und auch für viele Menschen verständlich geworden wie im Zuge der Migrations- und Fluchtbewegungen. Dass Unterstützung vor Ort auch dazu beiträgt, dass sich vielleicht weniger Menschen gezwungen sehen, zu flüchten, das wissen, wie ich meine, inzwischen auch sehr, sehr viele Menschen.

Daher meine Frage:

198/M

„Was unternehmen Sie, um eine wirksame Flüchtlingshilfe vor Ort zu ermöglichen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Ja, ich habe mich bei den Budgetverhandlungen sehr intensiv dafür eingesetzt, dass es mehr Mittel für die Hilfe vor Ort gibt, weil ich der festen Überzeugung bin, dass es wesentlich nach­haltiger ist, wenn wir Menschen vor Ort unterstützen, als wenn wir glauben, dass wir un­beschränkt Flüchtlinge und Migranten in Europa aufnehmen können.

Ich bin froh, dass der Finanzminister da auch sehr viel Verständnis gezeigt hat und dass es jetzt zu einer Aufstockung der Gelder für bilaterale Entwicklungszusammenar­beit kommt, zu einer Verdopplung bis 2021. Jetzt kann man natürlich sagen, wir sind vom 0,7-Prozent-Ziel trotzdem noch weit weg, das stimmt. Was man aber auch sagen muss, ist, dass es eine Trendwende in der österreichischen Politik gibt, denn im letzten Jahrzehnt ist ständig nur gekürzt und gespart worden. Insofern bin ich froh, dass es hier erstmals deutlich mehr gibt, und das ist ja von den NGOs und allen, die in diesem Bereich arbeiten, auch sehr positiv gesehen worden und auch von Generalsekretär Ban Ki-moon begrüßt worden.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau


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Abgeordnete.

 


Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Eine Frage, die in diesem Zusammenhang auch immer gestellt wird, ist, was eigentlich mit den Menschen, die sich zur Rückkehr entschließen, geschieht.

Meine Frage: Treffen Sie auch Maßnahmen, um Menschen, die in ihre Herkunftsländer zurückkehren, konkrete Unterstützung vor Ort für eine gute Reintegration anzubieten?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Ja, es gibt diese Projekte, und wir unterstützen sie auch. Ich halte sie persönlich für sehr sinnvoll. Das Problem ist nur, und so ehrlich muss man auch sein, dass eine Rückkehr für die Menschen dann wesentlich attraktiver ist, wenn sie, solange die Gefahr besteht oder der Krieg dauert, in der Region bleiben. Menschen, die einmal bis nach Deutschland, Schweden oder Österreich durchgekommen sind, haben oft wesentlich weniger Inter­esse, danach zurückzukehren. Das besagen leider alle Fakten, die wir in diesem Be­reich haben.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Windbüchler-Sou­schill.

 


Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Mehr als 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Generalsekretär Ban Ki-moon hat ja auch aktuell darauf hingewiesen, dass Zäune und Mauern im Falle von Krieg und Krisen keine Lösungen darstellen. Ich nehme an, wir beide können diesen Satz voll und ganz unterschreiben.

Der World Humanitarian Summit der UNO findet im Mai statt. Meine Frage dazu: Wel­che konkreten finanziellen Mittel werden Sie für das World Food Programme, für das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und für UNICEF bereitstellen, gerade im Hinblick auf diesen Humanitarian Summit, denn die angekündigten Gelder fließen ja erst ab 2017 und nicht ab 2016?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Ich habe nicht vor, wegen einer Veranstaltung eine politische Haltung zu ändern, sondern unse­re politische Haltung ist klar: Wir wollen einen möglichst großen Beitrag leisten, unab­hängig davon, ob es am 22. Mai den Humanitarian Summit gibt oder nicht. Dass es diese Veranstaltung gibt – verstehen Sie mich nicht falsch! –, ist etwas sehr Positives. Die Zahlen habe ich Ihnen schon so oft genannt, dass ich sicher bin, dass Sie sie auch kennen.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Wurm.

 


Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Bundesminister! Frauen auf der Flucht sind mannigfaltigen Gefahren ausgesetzt. Es ist auch Faktum, dass Frauen eher im Land bleiben, weil die Familien, ihre Kinder vor Ort sind. Sexuelle Ausbeutung, Vergewalti­gung, andere Gefahren, denen Frauen ausgesetzt sind, auch in den sogenannten si­cheren Aufnahmezentren, die sogenannte Gender-Based Violence – es gilt, darauf zu achten.

Daher meine Frage: Welche Vorkehrungen werden auf den diversen Fluchtrouten be­ziehungsweise in den Aufnahmezentren getroffen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Ich muss zu­geben, dass da vieles meinen Zuständigkeitsbereich übersteigt; aber dass es dieses Pro­blem gibt und dass es daher auch notwendig ist, da aktiv zu sein, damit haben Sie völ-


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lig recht. Entscheidend ist aber auch, wie ich meine, gegen die Flucht und die mas­senhafte illegale Migration anzukämpfen, denn es sind dann natürlich vor allem Frauen und Familien gefährdet, wenn eben die Männer vorausgehen und die Frauen zum Bei­spiel zurücklassen.

Wenn wir es insbesondere schaffen, dass wir diese Zuwanderungsströme reduzieren, wenn wir es schaffen, die Menschen vor Ort besser zu versorgen, und wenn wir mit Resettlement-Programmen ganz gezielt die Ärmsten der Armen bewusst nach Europa holen, um sie da zu versorgen, und da gerade Frauen, Kinder oder ganze Familien aus­wählen, dann, glaube ich, schaffen wir es auch, dieses Problem besser in den Griff zu bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 9. Anfrage, jener des Herrn Abge­ordneten Dr. Bösch. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Meine Frage lautet:

195/M

„Welche konkreten Maßnahmen werden Sie auf europäischer Ebene zur Verhinderung einer neuen Massenmigration von Afrika über die etablierte Schlepperroute ,Mittelmeer und Italien‘ nach Europa setzen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Wir sind, wie Sie wissen, Herr Abgeordneter, was die Westbalkanroute betrifft, ja schon sehr aktiv geworden. Was die Mittelmeer-Italien-Route betrifft, gibt es aus meiner Sicht zwei ganz konkrete Zielsetzungen: Das Erste ist, dass Italien Flüchtlinge nicht weiterwinken darf, denn wenn Flüchtlinge und illegale Migranten die Möglichkeit haben, nach Deutsch­land, Österreich oder Schweden zu kommen, und nicht in Italien bleiben müssen, dann ist Europa natürlich noch wesentlich attraktiver und wesentlich mehr machen sich auf den Weg.

Der zweite Punkt ist: Es ist vorhin schon angesprochen worden, dass die Entkopplung der Rettung vom Ticket nach Europa natürlich sehr entscheidend ist, damit sich nicht immer mehr Menschen auf diese gefährliche Reise begeben.

 


Präsidentin Doris Bures: Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Bundesminister, in diesem Zu­sammenhang plant die österreichische Bundesregierung die Schließung der Brenner-Grenze. Die Brenner-Grenze ist eine sensible Grenze, weil sie nicht nur die Europare­gion Tirol durchschneidet, sondern auch – ich zitiere ehemalige SVP-Landeshauptleute von Südtirol – die Südtiroler von ihrem Vaterland Österreich abtrennt.

Sie sind als Außenminister die personifizierte Schutzmachtfunktion unserer Republik. Ihre ehemalige Kollegin Mikl-Leitner hat den interessanten Vorschlag gemacht, die Kon­trollen in Bezug auf den Grenzübertritt schon auf italienischem Staatsgebiet durchzu­führen. Sie bekam damals auch Unterstützung von der bayerischen Staatsregierung.

Wir kennen Sie als phantasievollen Regisseur unserer Außenpolitik, Herr Minister. Ha­ben Sie schon erwogen, in diesem Zusammenhang mit der italienischen Staatsregie­rung, mit der Südtiroler Landesregierung im europäischen Sinne zu verhandeln, um die Sicherung der Europaregion Tirol weiter südlich zu organisieren, zum Beispiel an der Salurner Klause?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 



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Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Herr Abge­ordneter, die Schließung kann nicht das Ziel sein, sondern es geht um Grenzkontrollen. Die Auswirkungen auf Personen- und Warenverkehr müssen so gering wie möglich ge­halten werden, selbst wenn es zur Notwendigkeit dieser Kontrollen kommt. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Sie haben vollkommen recht, dass unser Ziel ist, dass das schon auf italienischem Bo­den stattfindet. Ich habe sowohl mit Südtirol als auch mit Italien schon Gespräche dazu gehabt, wir sind in Verhandlungen. Je mehr Italien bereit ist, da mit uns zu kooperieren, desto besser wird die Lösung für uns alle sein.

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zur 10. Anfrage, jener der Frau Abgeordneten Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Minister! Die Westbalkan­konferenz, die in Wien vor der Schließung der Grenzen stattgefunden hat, hat ja durch­aus diplomatische Verstimmungen gebracht.

Meine Frage lautet:

201/M

„Welche Schritte setzen Sie konkret, um Griechenland nach den diplomatischen Ver­werfungen aufgrund der von Ihnen initiierten Balkankonferenz ohne Einladung an rele­vante Akteure wie Griechenland dazu zu bewegen, seine Botschafterin wieder nach Wien zu entsenden?“

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Sehr geehr­te Frau Abgeordnete! Es war eine Entscheidung Griechenlands, die Botschafterin zu Konsultationen nach Griechenland zurückzubeordern. Ich respektiere diese Entschei­dung natürlich. Nichtsdestotrotz habe ich sowohl davor als auch danach immer einen guten Kontakt zum griechischen Außenminister gehabt und werde das auch weiterhin so pflegen.

Es war Griechenland ja durchaus in Gespräche rund um die Westbalkankonferenz ein­gebunden. Es gab erst zwei Wochen vor der Westbalkankonferenz eine Konferenz auf europäischer Ebene, bei der der griechische Außenminister gesagt hat, er sei nicht bereit, über Grenzschließungen zu sprechen, sondern nur dazu, über das Professiona­lisieren des Weitertransports von Flüchtlingen zu reden. Insofern gab es hier unter­schiedliche Interessen, das muss ich auch zur Kenntnis nehmen, und insofern hat die Konferenz so stattgefunden, wie sie stattgefunden hat, und hat aus meiner Sicht auch einen eindeutigen Erfolg gebracht.

Der griechische Außenminister wird auf meine Einladung hin am 11. Mai zu einem bi­lateralen Besuch in Österreich sein. Er hat mir angekündigt, dass er die Botschafterin gleich mit zurück nach Österreich nehmen wird; aber wie gesagt, das ist seine Ent­scheidung, und ich werde jegliche Entscheidung Griechenlands respektieren.

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Das Schließen der Grenzen hatte Auswirkungen, und österreichische Außenpolitik war ja traditionell immer sehr verbin­dend, europäischen Werten folgend und niemals so, dass Innenpolitik über Außenpoli­tik gestülpt wurde. Deshalb auch meine Zusatzfrage dazu:

Was tun Sie denn jetzt tatsächlich konkret, um Griechenland zu unterstützen? In Grie­chenland sitzen ja noch immer Zigtausende Flüchtlinge fest. Welchen humanitären Hilfs­gedanken pflegen Sie, was Griechenland anbelangt?

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Bundesminister, bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 26

Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Also zu­nächst muss man aufpassen mit der Formulierung: Innenpolitik über Außenpolitik stel­len, denn es kommt darauf an, wie man es meint. Wenn man damit meint, dass man sich von innenpolitischen Debatten leiten lässt und darum im Ausland eine andere Mei­nung vertritt, als man sie selbst hat, dann wäre das falsch. Wenn Sie damit meinen, dass ich im Ausland österreichische Interessen vertrete, dann kann ich Ihnen nur sa­gen: Ja, das werde ich weiterhin genauso tun! (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist mein Job als Außenminister, österreichische Interessen und unsere Werte zu ver­treten, und da werde ich mich sicher nicht einschränken lassen.

Was Griechenland betrifft, habe ich genau das getan. Es kann nicht unsere europäi­sche Haltung sein, dass Flüchtlinge und Migranten staatlich organisiert bis nach Mittel­europa weitergewunken werden und wir so diesen Zustrom noch befeuern und das Pro­blem immer größer machen. Gott sei Dank sind auch viele zur Einsicht gelangt, dass das der falsche Weg ist.

Was die humanitäre Situation in Griechenland betrifft, war ich einer der Ersten, die gleich­zeitig immer gesagt haben: Man kann Griechenland mit dem Problem nicht alleine las­sen, man muss es unterstützen. (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.) Während wir in Österreich rund 100 000 Flüchtlinge ohne europäische und internationale Unter­stützung versorgt haben, wird Griechenland durch bilaterale Mittel seitens Österreichs und anderer Staaten unterstützt, es wird mit europäischen Geldern und auch mit inter­nationalen Geldern unterstützt.

Ich habe stets befürwortet, dass Griechenland europäische Gelder erhält, und ich habe vor allem auch der österreichischen Bundesregierung vorgeschlagen – und so ist es im Ministerrat beschlossen worden –, dass es da auch bilaterale Unterstützung gibt. (Bei­fall bei der ÖVP.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zur 11. Anfrage, jener der Frau Abgeordneten Bayr. – Bitte.

 


Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Minister! Ge­neralsekretär Ban hat in seiner Rede vorhin gerade auf die Wichtigkeit der „Agen-
da 2030“ hingewiesen, die ja sowohl in ihrer Komplexität, wie in ihrer Tiefe, Breite und vor allem auch Universalität ganz neue Dimensionen hat und der wir wahrscheinlich mit erprobten Mitteln wie interministeriellen Arbeitsgruppen oder Mainstreaming alleine in der Implementierung nicht wirklich werden gerecht werden.

Meine Frage lautet:

204/M

„Mit welchen Arbeitsweisen wird Ihr Ministerium der notwendigen Gesamtstaatlichkeit bei der Umsetzung der UN-Ziele für eine bessere Welt, der sogenannten ,Agenda 2030‘, nachkommen?“

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Mein Minis­terium spielt eine ganz entscheidende Rolle bei der Umsetzung. Es ist zwar eine Auf­gabe der gesamten Bundesregierung, aber wir haben da gemeinsam mit dem Bundes­kanzleramt natürlich ganz klar den Lead.

Wir haben uns auch dazu entschieden, darüber hinaus ganz wichtige Player einzubin­den: Das Parlament, der Rechnungshof, die Zivilgesellschaft sollen aktiv beteiligt wer­den. Es gibt ein zentrales Koordinierungsgremium, bestehend aus Vertretern des Au­ßenministeriums und des Bundeskanzleramts. Das Außenministerium wird natürlich vor


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allem bei der Umsetzung im Ausland im Rahmen der EZA eine tragende Rolle einneh­men, das BKA vor allem, was die Umsetzung im Inland betrifft.

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Es freut mich sehr, zu hören, dass wichtige Ak­teure wie Parlament, Zivilgesellschaft et cetera in der Umsetzung eine Rolle spielen werden. Ich glaube, es ist wichtig, dass das wirklich breit getragen ist, dass wir auch die Herzen möglichst vieler Österreicherinnen und Österreicher mit der Agenda errei­chen.

Haben Sie schon eine Vorstellung dazu, wie konkret das erfolgen soll, wie es ermög­licht werden soll, dass das Parlament wirklich eine Chance hat, die Ergebnisse der Um­setzung, der Implementierung der SDGs wirklich nachvollziehen zu können und da auch seiner Kontrollfunktion gegenüber der Regierung nachkommen zu können?

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Unser Ziel ist es, dass das Steuerungsgremium, das hier die Koordinierung übernommen hat, ganz be­wusst zu gewissen Stakeholder-Runden einlädt und den Dialog ermöglicht. Botschafter Launsky koordiniert das bei mir im Ministerium. Ich glaube, er hat in anderen Berei­chen, auch bei seiner Tätigkeit in der UNO, schon bewiesen, dass er dafür sehr qualifi­ziert ist. Wir erstellen gerade gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt ein Konzept dazu.

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zur 12. und letzten Anfrage, jener der Frau Abgeordneten Dr. Winzig. – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Werter Herr Bundesminister! Heute hoher Be­such im Hohen Haus – Österreich hat ja eine jahrhundertelange Tradition als Standort für internationale Organisationen beziehungsweise auch Zusammenkünfte. Das ist na­türlich auch volkswirtschaftlich für uns sehr wichtig. Wie sehen Sie das?

Und meine Frage:

199/M

„Wie wollen Sie den Amtssitz Wien weiter stärken?“

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Dass der UNO-Generalsekretär gemeinsam mit seinem Führungsgremium heute in Wien zu Gast ist, hier eine Konferenz abhält und Wien als Tagungsort ausgewählt hat, das stärkt den Amtssitz schon einmal weiter.

Ich glaube, dass die Verhandlungen, die wir in Wien hatten, die Iran-Verhandlungen, die Syrien-Gespräche, natürlich auch eine Stärkung für den Amtssitz bedeutet haben. Und wir bemühen uns stetig, auch neue internationale Organisationen anzusiedeln und be­stehende zu halten, weil das nicht nur aus außenpolitischer Sicht sehr wichtig für uns ist, sondern mittlerweile auch ein echter Job- und Wirtschaftsfaktor geworden ist.

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Erwarten Sie sich auch durch die NGO-Ge­setz-Novelle zu den Quasi-Internationalen Organisationen eine Stärkung des Amtssit­zes?

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Ich hoffe sehr, denn andere Länder sehen es nicht negativ, wenn sie internationale Organisationen be-


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heimaten dürfen, sondern, ganz im Gegenteil, tun alles, um möglichst attraktiv zu sein. Insofern ist es unsere Aufgabe, stetig zu versuchen, als Amtssitz attraktiv zu bleiben und vielleicht in gewissen Nischen noch attraktiver zu werden. Ich glaube, dass diese Novelle auch eine gewisse Chance bietet, dass wir da auf einem guten Weg sind und auch international weiterhin attraktiv bleiben. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Es sind somit alle Anfragen zum Aufruf gelangt.

Ich erkläre die Fragestunde für beendet und bedanke mich bei Herrn Bundesminister Kurz für die Beantwortung der Fragen.

11.10.10Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsident Karlheinz Kopf: Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu einer Ab­stimmung. Um Punkt 20 der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichts abzusehen.

Dabei handelt es sich um den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichts für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Wolfgang Zinggl in 1114 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von dieser Auflagefrist ihre Zu­stimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Karlheinz Kopf: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 3, 4 und 5, 6 und 7, 9 und 10 sowie 12 bis 15 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Kon­sens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 128 Minuten, FPÖ 119 Minuten, Grüne 100 Minuten sowie NEOS und STRO­NACH je 52 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages­ordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 26 Minuten. Darüber hinaus wird die Redezeit von Abgeordneten, die keinem Klub angehören, auf 5 Minu­ten je Debatte beschränkt.

Wir kommen zur Abstimmung über diese Redezeiten.

Wer mit diesem Vorschlag einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig angenommen.

11.12.331. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1058 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz und das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz geändert werden (Strafprozessrechtsänderungs­gesetz I 2016) (1072 d.B.)


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2. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 315/A(E) der Abgeordneten Mag. Al­bert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte (1073 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1401/A(E) der Abgeordneten Dr. Ni­kolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Unmittelbarkeit von Ein­vernahmen (1074 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zu den Punkten 1 bis 3 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordnetem Dr. Hübner. – Bitte.

 


11.13.22

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehr­te Damen und Herren! Bei allen drei Tagesordnungspunkten geht es im Wesentlichen um die Abgrenzung zwischen Opferrechten und Rechten des Beschuldigten. Das ist ein sehr heikles Thema, ein Thema, mit dem sich die Strafjustiz seit vielen tausend Jahren beschäftigt, kann man sagen. Wir gehen davon aus – zumindest in der europäischen Tra­dition –, dass wir eher – „eher“ sage ich – in Kauf nehmen, dass ein Schuldiger frei geht, als dass ein Unschuldiger verurteilt wird. Wir sind also nicht so radikal, wie das im Al­ten Testament steht: Mögen lieber tausend Schuldige leben, als dass ein Unschuldiger verderbe. – So sehen wir es nicht, aber ein bisschen geht es in diese Richtung.

All das, was heute auf der Tagesordnung steht, verschiebt das Gewicht nicht unbe­trächtlich zugunsten des Opferschutzes und gegen den Beschuldigten – in kleinen Do­sen, aber in problematischen Dosen. Trotzdem stimmen wir im Prinzip den Vorhaben zu, meinen aber, dass es einigen Verbesserungsbedarf gäbe und dass ohne diese Ver­besserungen der Beschluss nicht gefasst werden sollte.

Das betrifft etwa die Konteneinsicht. Wir haben jetzt vorgesehen, dass der Staatsan­walt auch ohne richterliche Bewilligung in die Kontenregister, eine Sammlung aller Kon­ten einer verdächtigen Person, einsehen kann. Das ist natürlich ein sehr, sehr schwer­wiegender Eingriff in die Privatsphäre und die Rechte einer Person allein aufgrund ei­nes Verdächtigtenstatus. Wir sind der Meinung, dass es unbedingt erforderlich ist, das zumindest mit einer richterlichen Bewilligung zu verbinden.

Wir haben daher einen Abänderungsantrag eingebracht, nämlich des Abgeordneten Dr. Hübner und weiterer Abgeordneter, der vorsieht – ich sehe jetzt davon ab, das le­gistisch genau zu erklären –, dass in der Ziffer 28 des § 116 Abs. 3 der Strafprozess­ordnung folgende Formulierung gewählt wird:

„Auskunft aus dem Kontenregister ist durch die Staatsanwaltschaft auf Grund einer ge­richtlichen Bewilligung anzuordnen. Auf Anordnung und Bewilligung der Auskunftsertei­lung ist § 116 Abs. 4 sinngemäß anzuwenden.“

Und zusätzlich soll „in Ziffer 28 (…) in § 116 Abs. 5 (…) nach dem Wort ,Kontenregis­ter‘ die Wortfolge ,samt gerichtlicher Bewilligung‘ eingefügt“ werden.

*****

Das heißt also, man muss diese gerichtliche Bewilligung dem auskunftgebenden Kon­tenregister beifügen, erst dann bekommt man Auskunft.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 30

Ich ersuche um Zustimmung zu diesem Abänderungsantrag. (Beifall bei der FPÖ.)

Den weiteren vorliegenden Abänderungsanträgen werden wir unsere Zustimmung ver­weigern, ich werde das wie folgt begründen:

Da gibt es einmal den Antrag der Kollegen Steinacker, Jarolim, der im Wesentlichen darauf abzielt, dass entgegen eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs die Bild- und Tonaufnahmen von der sogenannten kontradiktorischen Vernehmung im Vorver­fahren nicht mehr an die Verteidiger ausgefolgt werden sollen. (Abg. Gisela Wurm: Ja, Auffassung von Forsthuber!) – Ja, Auffassung Forsthuber und einiger anderer. Ich glau­be aber, da hat der Verfassungsgerichtshof recht: Gerade bei der kontradiktorischen Vernehmung, wo es so ist, dass das Opfer nicht mehr zur Hauptverhandlung erschei­nen muss – ein wesentliches Beweiskapitel wird im Vorverfahren erledigt, oft das we­sentlichste – wird es, denke ich, erforderlich sein, dass man dem Verteidiger diese Ton­bandmitschnitte oder Filmaufnahmen zur Verfügung stellt.

Ganz wichtig ist es, zu sehen, wie antwortet er, zögert er, was hat er für einen Ge­sichtsausdruck, wie lange braucht er, um eine Frage zu beantworten. Alles das ist aus dem Abschriftsprotokoll, das jetzt statt der Aushändigung der Tonaufnahmen vorgese­hen ist, nicht ersichtlich. Deswegen glaube ich, dass hier doch eine erhebliche Ein­schränkung der Rechte vorhanden ist. Gerade bei Delikten gegen die sexuelle Integri­tät ist es ja oft das einzige belastende Beweismittel, was das Opfer sagt. Hier gibt es natürlich eine Menge Fehlurteile, hier sind sehr oft zur Frage der Freiwilligkeit/Nichtfrei­willigkeit und so weiter keine objektiven Beweise greifbar.

Ähnlich ist es mit den beiden anderen Anträgen, die darauf abzielen, die zwei Kate­gorien von Taten zu verstärken. Es gibt die Taten, die zu besonders schutzwürdigen Opfern führen, und andere, die nicht zu besonders schutzwürdigen Opfern führen. Die Opfer haben dann verschiedene Arten von Rechten. Es ist natürlich so, dass alles, was sogenannte Hasskriminalität ist, zu besonders schutzwürdigen und zu besonders zu be­treuenden Opfern führt. Alles, was so ein Kriterium nicht erfüllt, führt nicht zu beson­ders schutzwürdigen Opfern. Das heißt, wenn eine alte Dame aus reiner Geldgier im Park überfallen, ausgeraubt und schwer verletzt wird oder wenn einem durch geschickte betrügerische Systeme seine Lebensersparnisse entzogen werden, dann ist man über weite Strecken kein besonders schutzwürdiges Opfer. (Abg. Steinhauser: O ja!) – Nein, ist man nicht! Es kann sein, aber ist man nicht.

Die Frage ist: Sollen wir das ausbauen? Soll es eine Ermessensentscheidung der han­delnden Richter sein, ob man jemandem einen besonders schutzwürdigen Status zu­billigt oder nicht, oder soll das nicht doch objektiv geregelt werden? – Ich bin bei diesen zwei Opferklassen eher skeptisch, ich denke, ein Opfer ist ein Opfer, und wir werden daher den darauf abzielenden Anträgen auch nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.19


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Hübner eingebrachte Ab­änderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Dr. Hübner und weiterer Abgeordneter

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1058 d.B.): Bundesge­setz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz und das Verbands­verantwortlichkeitsgesetz geändert werden (Strafprozessrechtsänderungsgesetz I 2016) (1072 d.B.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 31

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Regierungsvorlage (1058 d.B.) in der Fassung des Ausschuss­berichtes (1072 d.B.) wird wie folgt geändert:

Artikel 1

Änderung des Strafprozessordnung

1. In Ziffer 28 lautet § 116 Abs. 3:

„(3) Auskunft aus dem Kontenregister ist durch die Staatsanwaltschaft auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung anzuordnen. Auf Anordnung und Bewilligung der Auskunftser­teilung ist § 116 Abs. 4 sinngemäß anzuwenden.“

2. In Ziffer 28 wird in § 116 Abs. 5 erster Satz nach dem Wort „Kontenregister“ die Wort­folge „samt gerichtlicher Bewilligung“ eingefügt.

Begründung

Das Kontenregister beinhaltet Kontodaten, deren Auskunft ebenso wie jene über Bank­konten und Bankgeschäfte auch weiterhin durch die Staatsanwaltschaft aufgrund einer gerichtlichen Bewilligung angeordnet werden soll.

Die mit der RV idF des Ausschussberichts geplante Auskunft aus dem Kontenregister stellt einen massiven Eingriff in zahlreiche grundrechtlich geschützte Bereiche, insbe­sondere die Privatsphäre, dar, wobei sich aus den Erläuterungen nicht erschließt, wo­durch sich das Abgehen von den derzeit geltenden strengen Voraussetzungen recht­fertigt.

Die RV idF des Ausschussberichts sieht zudem gerade für diesen äußerst sensiblen Be­reich nur einen völlig unzureichenden Rechtsschutz vor:

Personen steht wegen Verletzungen subjektiver Rechte durch den Staatsanwalt nur der Einspruch wegen Rechtsverletzung zur Verfügung, der doppelt beschränkt ist. Zum ei­nen kann er erst nach erfolgter Rechtsverletzung erhoben werden, zum anderen ist er nur während des Ermittlungsverfahrens zulässig.

Aus rechtsstaatlicher Sicht ist es daher unumgänglich, die Auskunft aus dem Konten­register nur nach vorangegangener gerichtlicher Bewilligung zuzulassen, gegen welche Beschwerde vor einer allfälligen Rechtsverletzung erhoben werden kann.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Karl. – Bitte.

 


11.19.31

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr zu begrüßen, dass mit der vor­liegenden Regierungsvorlage der Opferschutz einmal mehr verbessert wird.

Dazu sei angemerkt, dass wir in diesem Bereich ja schon bisher auf einem sehr hohen Niveau sind. Mit unseren Opferschutzmaßnahmen sind wir nämlich führend in Europa und sind auch immer wieder Vorbild für Verbesserungen auf europäischer Ebene.

Zur Sicherstellung der Wirksamkeit der neuen Opferschutzbestimmungen bringe ich fol­genden Antrag ein:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 32

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der Wirksamkeit der neuen Opferschutzbestimmun­gen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesminister für Justiz und Inneres werden ersucht, dem Nationalrat bis Mai 2018 darüber zu berichten, durch welche konkrete Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen und Informationen über Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten sichergestellt wird, dass besonders schutzwürdigen Opfern gemäß § 66a StPO, insbesondere auch Op­fern von Menschenhandel und Opfern von Hasskriminalität, eine auf ihre Bedürfnisse ausgerichtete Beratung und Betreuung zukommt, die ihnen eine wirksame Wahrneh­mung ihrer Rechte und Berücksichtigung ihrer Schutzbedürfnisse im Rahmen des Straf­verfahrens ermöglicht.

Konkret möge auch darüber berichtet werden, wie vielen Opfern in diesem Zeitraum kos­tenlose psychosoziale und juristische Prozessbegleitung gewährt wurde und welche For­men der Zusammenarbeit mit den bewährten Opferschutzeinrichtungen, wie zum Bei­spiel LEFÖ und dem Weissen Ring gepflegt wurden.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Neben der Verbesserung des Opferschutzes sieht das Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2016 auch die Einführung der Ermittlungs­maßnahme der Auskunft aus dem Kontenregister in der StPO vor. Damit wird nach einer Reihe von bereits gesetzten Maßnahmen ein weiterer Schritt zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität gesetzt. Durch die erleichterte Einsichtnahme in äußere Konten­daten soll eine Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren erreicht werden. Ge­rade in Wirtschaftsstrafsachen und im Zusammenhang mit der Erlangung oder Gewäh­rung von Rechtshilfe werden die Abläufe ja oft als schwerfällig und zu langwierig kri­tisiert.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, anders als Kollege Hübner bin ich der Meinung, dass es gerechtfertigt ist, für die Auskunft aus dem Kontenregister eine An­ordnung der Staatsanwaltschaft ausreichen zu lassen. Anders als bei der viel eingriffs­intensiveren Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte, für die es natürlich einer gerichtlichen Bewilligung bedarf, erlangt die Staatsanwaltschaft durch die Einsicht in das Kontenregister nämlich nur die äußeren Kontodaten. Dieser Eingriff ist im Sinne der Verhältnismäßigkeit als geringerer Grundrechtseingriff zu werten als die Auskunft über innere Kontendaten. Diese Maßnahme ist daher ebenso zu begrüßen wie die Ver­besserung des Opferschutzes. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

11.22


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Abgeordneter Dr. Karl eingebrachte Entschlie­ßungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kol­legen

betreffend Sicherstellung der Wirksamkeit der neuen Opferschutzbestimmungen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 33

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Justizausschusses (1072 d.B.) be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugs­gesetz und das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz geändert werden (Strafprozessrechts­änderungsgesetz I 2016) (1058 d.B.)

Mit dem Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2016-I soll die verfahrensrechtliche Um­setzung der Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unter­stützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmen­beschlusses 2001/220/JI (in der Folge: RL Opferschutz), ABl. Nr. L 315 vom 14.11.
2012 S 57, vorgenommen werden.

Insbesondere die Schaffung einer neuen Opferkategorie der besonders schutzbedürf­tigen Opfer und die Erweiterung des Opferbegriffs nach § 65 Z 1 lit. a und b StPO aber auch die ausgedehnten Informationspflichten der Strafverfolgungsbehörden erfordern Aus- und Fortbildungsmaßnahmen auf Ebene der Strafverfolgungsbehörden (Kriminalpoli­zei, Staatsanwaltschaft und Gericht), um sie tatsächlich im Sinne der Grundsatzbestim­mung des § 10 StPO so wirksam werden zu lassen, dass Opfer auch in die Lage ver­setzt werden, professionelle Hilfe und Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Dabei geht es vor allem darum, sobald als möglich besonders belasteten Opfern, also insbesondere Opfern von Menschenhandel, egal ob durch Ausbeutung oder Täuschung, und Opfern von Hasskriminalität eine auf ihre Bedürfnisse ausgerichtete Beratung und Betreuung angedeihen zu lassen.

Damit Beratung und Unterstützung funktionieren können, muss die Information darüber in einer Art und Weise erteilt werden, die leicht verständlich ist und auf die konkrete psychische Belastungssituation Rücksicht nimmt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesminister für Justiz und Inneres werden ersucht, dem Nationalrat bis Mai 2018 darüber zu berichten, durch welche konkrete Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen und Informationen über Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten sichergestellt wird, dass besonders schutzwürdigen Opfern gemäß § 66a StPO, insbesondere auch Op­fern von Menschenhandel und Opfern von Hasskriminalität, eine auf ihre Bedürfnisse ausgerichtete Beratung und Betreuung zukommt, die ihnen eine wirksame Wahrneh­mung ihrer Rechte und Berücksichtigung ihrer Schutzbedürfnisse im Rahmen des Straf­verfahrens ermöglicht.

Konkret möge auch darüber berichtet werden, wie vielen Opfern in diesem Zeitraum kostenlose psychosoziale und juristische Prozessbegleitung gewährt wurde und wel­che Formen der Zusammenarbeit mit den bewährten Opferschutzeinrichtungen, wie z.B. LEFÖ und dem Weissen Ring gepflegt wurden.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


11.23.07

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Den Kern dieser Gesetzesnovelle bildet der Ausbau des Opfer­schutzes. Vorauszuschicken ist, dass die Grundintention der Novelle unsere Zustimmung


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 34

findet und dass wir, denke ich, in Österreich durchaus auf einen nicht nur funktionie­renden, sondern auch sehr gut ausgebauten Opferschutz stolz sein dürfen.

Trotzdem gibt es einige Punkte, die zwar ins Detail gehen, die aber zeigen, dass auch der Opferschutz in Österreich durchaus noch Verbesserungen vertragen würde. Dabei handelt es sich um Anregungen, die von Opferschutzeinrichtungen kommen, die an uns herangetragen worden sind – ich nehme an, auch an den Herrn Justizminister –, wo man mit kleinen Nachschärfungen noch das eine oder andere bewirken könnte.

Der erste Ansatz kommt von einer sehr wichtigen Opferschutzeinrichtung, nämlich je­ner Opferschutzeinrichtung, die sich mit Betroffenen von Menschenhandel beschäftigt. Das ist die Opferschutzeinrichtung LEFÖ. Sie hat dezidiert den Wunsch geäußert, dass bei der Nennung von Opfern, die Opferschutz erfahren, die Opfer von Ausbeutung ex­plizit genannt werden sollten. Ich weiß, dass das Justizministerium auf dem Standpunkt steht, dass Opfer von Menschenhandel grundsätzlich in den Opferschutz einbezogen sind und auch Anspruch auf psychosoziale und juristische Prozessbegleitung haben, und ich weiß auch, dass das Justizministerium das auch tatsächlich finanziert, aber auf­grund von Details können Fälle auftreten, wo eine Lücke entsteht und dadurch ganz spezifische Opfergruppen, die von Menschenhandel betroffen sind, nicht ins Gesetz hi­neinfallen würden. Darauf weist LEFÖ hin.

Die zweite Anregung kommt von der größten österreichischen Opferschutzeinrichtung, vom Weißen Ring, der ja eine sehr hohe Reputation hat. Dort wird zum einen bedauert, dass bei der besonderen Schutzbedürftigkeit im Unterschied zur Richtlinie jene Opfer­gruppen, die diese besondere Schutzbedürftigkeit erhalten sollen, nicht explizit genannt werden. Um welche Opfergruppen geht es da beispielsweise? – Es geht eben wieder um Opfer von Menschenhandel, Opfer mit Behinderung, Opfer von Hasskriminalität, Op­fer organisierter Kriminalität.

Jetzt stimmt es schon in der Argumentation des Herrn Justizministers, dass auch die­ser Opfergruppe die besondere Schutzbedürftigkeit zugesprochen werden kann. Der Unterschied zur Richtlinie ist nur, dass dort diese Gruppen explizit genannt werden und dadurch ein ganz konkreter Hinweis gegeben ist, dass bei diesen Opfergruppen die Prü­fung der besonderen Schutzbedürftigkeit wichtig ist und dass gerade dieser Gruppe dieser Status der besonderen Schutzbedürftigkeit zukommen soll. Ich sehe die Gefahr, dass so, wie das jetzt im österreichischen Gesetz definiert und umgesetzt wird, zwar theoretisch die Möglichkeit dieser besonderen Schutzbedürftigkeit besteht, aber prak­tisch in der Realität dieser Status sehr selten gewährt wird, weil eben der Hinweis auf diese besonderen Opfergruppen fehlt.

Dazu kommt, dass eine Gruppe, nämlich die Gruppe der Opfer von Hasskriminalität, bei den im Moment taxativ definierten Merkmalen möglicherweise deutlich schwerer die­sen Schutzstatus bekommen würde, weil nämlich nicht vorgesehen ist, dass persönli­che Merkmale bei der Prüfung der besonderen Schutzbedürftigkeit berücksichtigt wer­den. Was meine ich? – Wenn beispielsweise ein jüdischer Mitbürger Opfer einer anti­semitischen Attacke wird, dann ist natürlich die Tatsache, dass er jüdischen Glaubens ist, besonders zu berücksichtigen und zu würdigen, wenn man diesen Übergriff hin­sichtlich der besonderen Schutzbedürftigkeit des Opfers bewertet. Dieses Merkmal fehlt, und das könnte dann tatsächlich hinderlich sein, weil ja das Gesetz vorsieht, dass die Merkmale taxativ definiert sind. Da wäre möglicherweise eine Nachschärfung notwen­dig.

Kollege Hübner, nicht wir führen zwei verschiedene Schutzniveaus ein, sondern das ist im Gesetz so vorgesehen. Das hängt damit zusammen, dass das Gesetz schon bisher ein Schutzniveau kannte und dass durch die Richtlinie ein weiteres Schutzniveau ein­gezogen wird. Das hat aber nichts mit unserem Antrag zu tun.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 35

Ein weiterer Punkt, der diskutabel ist und jetzt auch von den Regierungsparteien offen­sichtlich als diskussionswürdig erkannt wurde, ist die Frage: Wer entscheidet über den besonderen Opferstatus?

In der Novelle ist vorgesehen, dass das die Polizei macht. Das Problem, das ich ganz konkret sehe: Die Polizei ist jetzt schon überlastet, und jetzt soll sie sozusagen noch eine weitere Aufgabe übernehmen, insbesondere eine Prüfung vornehmen, die Merk­male wie den gesundheitlichen und seelischen Zustand eines Opfers und die Umstän­de der Tat zum Gegenstand hat. Da glaube ich doch, dass Opferschutzeinrichtungen die bessere Stelle wären, eben auch unter der Voraussetzung, dass man bedenken muss, dass bei der Polizei ohnedies Ressourcenknappheit besteht.

Wir bringen einen Abänderungsantrag ein, der diese Punkte berücksichtigen soll. Ich sa­ge auch dazu: Die Regierungsparteien haben uns im Ausschuss signalisiert, dass sie noch zu Veränderungen bereit wären. Wir haben den Antrag auch an SPÖ und ÖVP geschickt, es kam jedoch keine Antwort, was ich eigentlich bedauere, weil normaler­weise zumindest ein Nein kommt – ein Ja wäre natürlich schöner. Schade, aber es ist so. Kollege Scherak von den NEOS hat reagiert, und daher ist das jetzt auch ein An­trag, der gemeinsam mit den NEOS eingebracht wird:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„1. In Art 1 Z. 21 lautet § 66a Abs. 1 1. Satz:

‚Opfer haben das Recht auf ehestmögliche Beurteilung und Feststellung ihrer besonde­ren Schutzbedürftigkeit. Zu berücksichtigen sind dabei ihre persönlichen Merkmale, die Art und das Wesen der Straftat sowie die Umstände der Straftat.‘

2. In Art 1 Z. 21 wird nach § 66a Abs. 1 folgender Absatz 1a eingefügt:

‚(1a) Auf Verlangen des Opfers ist ein Opferunterstützungsdienst mit Erhebungen zur be­sonderen Schutzbedürftigkeit zu beauftragen.‘“

*****

Das ist nichts anderes als das, was ich jetzt vorgestellt habe, in juristische Worte ge­gossen.

Ein Satz noch zum zweiten Punkt, der in diesem Gesetz enthalten ist: Wir haben das Kontenregister eingeführt. Dieses Gesetz soll jetzt sicherstellen, dass auch die Justiz den Zugriff bekommt. Das ist notwendig. Die Architektur ist so, dass für den Einblick ins Kontenregister keine gerichtliche Genehmigung notwendig ist. Aber selbstverständ­lich ist dann, wenn in das Konto hineingeschaut wird, wenn die Bankgeschäfte einer betroffenen Person offengelegt werden, eine gerichtliche Genehmigung notwendig. Das ist auch richtig und gut so.

Das Einzige, was wir anders sehen: Es hat auch das Bankinstitut eine Einspruchsmög­lichkeit, und diese Gatekeeper-Funktion halten wir für falsch. Das wäre ungefähr so, wie wenn bei einer Telefonüberwachung der Telefonanbieter ein Veto hätte. Diese Gate­keeper-Funktion bringt erstens nichts, ist meiner Meinung nach nicht zu rechtfertigen und führt nur zu einem unangenehmen Zeitverlust für Staatsanwältinnen und Staatsan­wälte, die ermitteln.

Wir werden trotz dieser Anmerkungen aber dem Gesetz zustimmen, weil es insgesamt in die richtige Richtung geht. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.30



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 36

Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Steinhauser eingebrachte Ab­änderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1058 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz und das Verbandsver­antwortlichkeitsgesetz geändert werden (Strafprozessrechtsänderungsgesetz I 2016) (1072 d.B.) (TOP 1)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessord-
nung 1975, das Strafvollzugsgesetz und das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz ge­ändert werden (Strafprozessrechtsänderungsgesetz I 2016) in der Fassung des Be­richtes des Justizausschusses (1072 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Art 1 Z. 21 lautet § 66a Abs.1 1. Satz:

„Opfer haben das Recht auf ehestmögliche Beurteilung und Feststellung ihrer beson­deren Schutzbedürftigkeit. Zu berücksichtigen sind dabei ihre persönlichen Merkmale, die Art und das Wesen der Straftat sowie die Umstände der Straftat.“

2. In Art 1 Z. 21 wird nach § 66a Abs. 1 folgender Absatz 1a eingefügt:

„(1a) Auf Verlangen des Opfers ist ein Opferunterstützungsdienst mit Erhebungen zur besonderen Schutzbedürftigkeit zu beauftragen.“

Begründung

Ziffer 1:

Artikel 22 Absatz 3 der Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI sieht vor, dass im Rahmen der individuellen Begut­achtung unter anderem folgende Opfer besondere Aufmerksamkeit erhalten: Opfer, die Hasskriminalität und von in diskriminierender Absicht begangenen Straftaten erlitten haben, die insbesondere im Zusammenhang mit ihren persönlichen Merkmalen stehen könnten.

Gemäß § 66a Absatz 1 in der Fassung der Regierungsvorlage ist vorgesehen, dass eine solche individuelle Begutachtung zum Zweck der ehestmöglichen Beurteilung und Feststellung der besonderen Schutzbedürftigkeit nach Maßgabe des Alters, des seeli­schen und gesundheitlichen Zustands sowie der Art und konkreten Umstände der Straftat zu erfolgen hat. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage stellen in dem Zu­sammenhang klar, dass es sich bei den aufgezählten Kriterien um taxativ aufgezählte objektive Parameter handelt. Demnach werden Opfer ausschließlich anhand ihrer per­sönlichen Merkmale des Alters und des seelischen und gesundheitlichen Zustands be­urteilt, eine darüber hinausreichende Beurteilung anhand weiterer Merkmale (etwa Her­kunft, Hautfarbe, Sprache, Religion oder Weltanschauung, Staatsangehörigkeit, Ab­stammung, nationale oder ethnische Herkunft oder sexuelle Orientierung) soll nicht er-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 37

folgen, selbst wenn diese Merkmale in unmittelbaren Zusammenhang mit der begange­nen Straftaten stehen.

Der vorliegende Abänderungsantrag soll deshalb im Sinne der Richtlinie 2012/29/EU sicherstellen, dass Opfer von Hasskriminalität und von in diskriminierender Absicht be­gangenen Straftaten jedenfalls eine hinreichende Überprüfung ihrer individuellen Schutz­bedürftigkeit im Rahmen des Strafverfahrens erfahren.

Ziffer 2:

Es sollte zumindest die Möglichkeit geschaffen werden, dass Erhebungen zum Beste­hen oder Nichtbestehen besonderer Schutzbedürfnisse auf Verlangen des Opfers von einem Opferschutzdienst durchgeführt werden. Dies hätte den Vorteil, dass Opfer rasch die notwendige Unterstützung finden und dass ein Gespräch, das Umstände erörtert, die besondere Schutzbedürfnisse begründen könnten, in einem geschützten und ver­traulichen Rahmen stattfinden.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


11.30.29

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Als Erstes komme ich gerne der Bitte von Kollegin Holzinger nach und möchte die 60 Schüler und Schülerinnen des Polytechnikums in Mondsee begrü­ßen. Herzlich willkommen im Parlament! (Allgemeiner Beifall.)

Die Umsetzung dieser EU-Richtlinie ist ein weiterer Meilenstein, ein weiterer Mosaik­stein, der zur nochmaligen Verbesserung eines schon sehr gut ausgebauten Gewalt- und Opferschutzes hier in Österreich führt. Dafür und auch für die gelungene Umset­zung herzlichen Dank, Herr Minister! Auch was wir diesbezüglich im Ausschuss disku­tiert haben wurde oder wird jetzt zum Teil im Zuge der Debatte in Form von Abän­derungsanträgen eingebracht.

Was ist nun durch die Umsetzung dieser Richtlinie für die Opfer geleistet, gemacht wor­den? – Der Opferbegriff wird ausgeweitet. Bestimmte Opfergruppen sind automatisch besonders schutzwürdige Opfer, nämlich Opfer, die sexuelle Gewalt in der Familie er­leiden, aber auch Minderjährige sind unter besondere Schutzwürdigkeit gestellt. Das ist ein wichtiger Punkt.

Es ist bei der Umsetzung dieser Richtlinie auch vermerkt, dass Opfer informiert werden müssen, wenn Täter aus dem Gefängnis entlassen werden oder wenn sie fliehen. Auch das ist eine wichtige Maßnahme, die zur Sicherheit der Opfer beiträgt.

Weiters kann eine Tat, wenn sie im Ausland begangen wurde, auch hier im Inland an­gezeigt werden. Auch das ist ein wichtiger Schritt, um Opferschutzrechte zu stärken.

Außerdem ist es nun möglich, entsprechende Standards – Standards für die Prozess­begleitung – zur Anwendung zu bringen.

Darüber hinaus wird ein Kriterienkatalog für schutzwürdige Opfer erstellt und taxativ dann entsprechend ausgeführt. Das wird dann von Ihnen im Ministerium umgesetzt.

Alles in allem bin ich froh, dass durch diese Novelle ein weiterer Schritt zur optimalen Umsetzung der Opferrechte, der Opferschutzrechte gesetzt wird. Wir haben in diesem Zusammenhang europaweit Vorbildwirkung. Ich bin auch froh, dass Kollegin Becher Wünsche des Präsidenten Friedrich Forsthuber, Präsident des Wiener Landesgerich­tes für Strafsachen und Obmann der Fachgruppe Strafrecht in der Richtervereinigung, eingebracht hat und diesen hier nun Rechnung getragen wird, dass nämlich Opfern


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 38

von sexueller Gewalt nicht das Martyrium zugemutet wird, mehr oder weniger die Tat noch einmal mitzuerleben, und dass das Video eben nicht ausgefolgt wird. Ich glaube, das ist ein wichtiger Schritt und ein wichtiges weiteres Instrument, um all jenen zu hel­fen, die leider dieser Gewalt zum Opfer gefallen sind. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ sowie Beifall der Abg. Fekter.)

11.34


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Scherak zu Wort. – Bitte.

 


11.34.06

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wir haben schon gehört, dass es bei dieser StPO-Novelle im Wesentlichen um Fragen des Opferschutzes geht. Obwohl wir diesbezüglich in Österreich schon ein sehr hohes Ni­veau haben, sind es teilweise Kleinigkeiten, die aber eine große Auswirkung haben können und die wir daher entsprechend anpassen.

Es geht einerseits um die frühzeitige Feststellung der besonderen Schutzbedürftigkeit. Es geht andererseits – Kollegin Wurm hat es gerade angesprochen – um die Mittei­lung, wenn der Täter aus der Haft entlassen wird, aber auch um die geeignete rechtli­che Vertretung von Minderjährigen. Das sind alles wesentliche Punkte, die sinnvoll sind und die wir dementsprechend auch unterstützen werden.

Kollege Steinhauser hat schon unseren gemeinsamen Abänderungsantrag angespro­chen. Auch dahingehend wären noch Verbesserungen möglich gewesen, einerseits wenn es um die Berücksichtigung der persönlichen Merkmale der Opfer geht und an­dererseits auch hinsichtlich der Frage, inwiefern man, wenn es notwendig ist, in dem Zusammenhang auch Opferschutzeinrichtungen entsprechend einbinden könnte. Auch das wäre also ein weiterer sinnvoller Schritt, und es wäre jedenfalls gut, wenn Sie dem heute doch noch zustimmen könnten.

Ein weiterer Punkt ist die Frage der Sicherstellung des fairen Verfahrens für den Be­schuldigten. Es gab eine längere Diskussion, wie man die Möglichkeit der Beratung mit dem Verteidiger während der Befragung entsprechend umsetzt. Es ist am Schluss ge­lungen. Das war gar nicht so einfach, aber ich glaube, es ist eine sinnvolle Regelung, so wie wir sie jetzt geschaffen haben.

Es gibt auch einen Antrag von uns, den wir in diesem Zusammenhang hier bespre­chen, bei dem mir nicht ganz klar ist, wieso die Regierungsparteien ihm im Ausschuss nicht zugestimmt haben – wir haben ihn auch de facto nicht diskutiert, wenn ich mich richtig erinnere –, nämlich betreffend die Frage der Einführung eines Modellprojekts zur Verbesserung der Unmittelbarkeit von Einvernahmen. Wir würden ein Modellprojekt vor­schlagen, bei dem man audiovisuelle Aufzeichnungen von den entsprechenden Einver­nahmen macht, weil das ein wesentlicher Punkt sein kann, der es den Richterinnen und Richtern im Nachhinein ermöglicht, sich die erste Einvernahme besser anzusehen. Mo­mentan ist es so, dass man den Verlauf dann im Protokoll sieht, aber es macht einen wesentlichen Unterschied, wenn man auf einer Aufnahme, einer Videoaufzeichnung se­hen kann, wie der Beschuldigte oder auch Zeugen sich verhalten haben, wie die Gestik und die Mimik waren.

Das wird jedenfalls mehr helfen, als wenn man dann Monate später nur dieses Pro­tokoll liest, das zwar wichtig ist, aber hier gäbe es eben auch eine andere Möglichkeit. Wir haben ja nur ein Modellprojekt vorgeschlagen, sodass das Bundesministerium für Justiz einmal schauen könnte, wie man solche Maßnahmen auch sinnvoll umsetzen könnte. Das ist eine Kostenfrage, die meiner Meinung nach in dem Zusammenhang nicht sonderlich relevant sein wird, denn das ist etwas, was mittlerweile sehr einfach umzusetzen ist. Dementsprechend würde ich es auch hier für sinnvoll halten, wenn Sie sich vielleicht noch einen Ruck geben und diesem Modellprojekt, das sicher auch den


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 39

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Justiz wesentlich helfen würde, noch zustim­men könnten.

Wir haben im Ausschuss einem Teil dieser Regierungsvorlage nicht zugestimmt. Wir werden es deswegen nicht getrennt abstimmen, weil die FPÖ einen sinnvollen Abän­derungsantrag zur Frage der Einsicht ins Kontenregister eingebracht hat. Ich sehe das anders als Kollegin Karl und Kollege Steinhauser. Ich glaube, dass auch eine Einschau in das Kontenregister ein Eingriff in die Privatsphäre ist, dass es sich sehr wohl auch dann, wenn man nur die äußeren Kontendaten sieht, um eine Einschau in die Privat­sphäre handelt und man daraus auch Dinge ableiten kann. Deswegen haben wir das damals schon abgelehnt.

Natürlich handelt es sich hier nur um das Nachvollziehen der entsprechenden Bestim­mungen in der Strafprozessordnung, aber wir glauben weiterhin, dass es eine gerichtli­che Bewilligung geben sollte, weil das wesentlich sinnvoller ist und in unserem System, das wir momentan haben, auch wesentlich systemkonformer wäre. Dementsprechend werden wir diesem Abänderungsantrag der FPÖ zustimmen.

Wir werden aber in dritter Lesung dem ganzen Paket trotzdem zustimmen, weil wir mei­nen, dass die positiven Dinge jedenfalls überwiegen und gerade die Bestimmungen zum Opferschutz sehr, sehr sinnvoll sind und dementsprechend auch unterstützt wer­den sollen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Steinhauser.)

11.37


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte.

 


11.37.49

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Bevor ich zum Thema spreche, darf ich ebenfalls eine Besuchergruppe begrüßen, und zwar den Seniorenbund aus Piringsdorf, aus dem schönen Mittelburgenland. Herzlich willkom­men! (Beifall bei ÖVP und SPÖ, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Hagen.)

Nun zum Thema: Wenn ein Mensch Opfer eines Gewaltverbrechens oder eines Raub­überfalls wird, dann ist das in der Regel schon ein ziemlich harter Schlag. Der kostet viel Kraft, viel Energie. Ich kenne Menschen, die betroffen sind, die auch teilweise trau­matisiert sind. Wenn dann aber auch noch die Mühlen der Justiz anfangen zu mahlen und die Personen vor Gericht erscheinen müssen, dann ist das für diese Menschen oft ein Spießrutenlauf, weil sie die Tat nochmals erleben und das alles wieder hoch­kommt – also ohnedies eine sehr schwierige Situation.

Es ist positiv, dass Österreich mit Sicherheit zu jenen Ländern gehört, wo der Opfer­schutz derartig betroffener Menschen europaweit vorbildlich ist. Dennoch wird perma­nent an Verbesserungen und Vereinfachungen gearbeitet. Danke, Herr Bundesminis­ter, dass es hier – es wurde schon erwähnt – einen allgemeinen Konsens gibt und dass Sie diesbezüglich auch sehr aktiv sind.

Wir leben in schwierigen Zeiten. Wir leben in Zeiten, in denen die Gewaltbereitschaft größer wird und leider Gewalttäter auch aggressiver werden. Daher wollen Menschen, die Opfer von derartigen Gewalttätern sind, geschützt werden, dass sie nicht im Straf­verfahren wieder mit diesen Gewalttätern konfrontiert werden und, wie gesagt, alles wie­der hochkommt.

Daher gibt es heute Verbesserungen. Wir setzen dabei auch einige Richtlinien der Eu­ropäischen Union um: die Richtlinien für Opferschutz, Rechtsbeistand und andere. Wir wollen eben die Lage der Menschen, die unschuldig in die Hände von derartigen Ge­waltverbrechern kommen, verbessern. Daher ist es wichtig, dass die Rechte ausgebaut


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werden, und auch besondere Schutzbedürfnisse von Opfern in Verfahren sollen früh­zeitig festgelegt werden. Das soll eine Grundlage für die Gewährung von speziellen Schutzrechten sein. Das halte ich für sehr wichtig.

Der Opferschutz soll bereits im Vorfeld des Ermittlungsverfahrens, aber auch im Ermitt­lungsverfahren an sich und dann auch beim Abschluss eines allfälligen Rechtsmittel­verfahrens, also sehr umfassend, stattfinden. Das bedeutet, dass es vom Anbeginn des Verfahrens bis zu seinem Ende eine qualifizierte Unterstützung für die Opfer gibt.

Opfer von häuslicher Gewalt oder von Sexualdelikten, aber auch minderjährige Opfer gel­ten künftig vor Gericht ohne Ausnahme als besonders schutzbedürftig und haben so­mit besondere Rechte, zum Beispiel, dass sie eine Vertrauensperson beiziehen kön­nen, aber auch, dass es eine schonende Einvernahme gibt.

Bei allen Opfern soll die Zuerkennung dieser besonderen Schutzbedürftigkeit anhand von den im Gesetz aufgezählten Kriterien rasch und individuell erfolgen. Es wird insbe­sondere auf minderjährige Opfer eingegangen. Da soll eine Vernehmung schonend und auch altersgemäß durchgeführt werden.

Es sollen aber auch Verständigungsrechte zum Tragen kommen, und zwar müssen, wenn Gewalttäter freigelassen werden oder gar fliehen, die Opfer sehr rasch davon in­formiert werden, weil sie das natürlich massiv betrifft. Das ist von besonderer Bedeu­tung.

Lassen Sie mich aber aus aktuellem Anlass auch etwas zum Thema Opfer und Gewalt sagen. Vergewaltigung passiert leider immer wieder, wie zuletzt in Wien, wo eine junge Frau vergewaltigt wurde, und auch in Graz, wo ein Vergewaltigungsversuch unternom­men wurde. Das ist eine schlimme Sache für die Opfer. Vergewaltigung ist ein schänd­liches Verbrechen, und für dieses gibt es eine Eigenverantwortung. Da muss man sehr wohl auch die Meinung der Bürger berücksichtigen, die sagen, dass für Asylwerber und für Menschen, die in Österreich bleiben wollen, eine solche Straftat, wenn sie von ih­nen begangen wird, auch Konsequenzen haben muss, denn Vergewaltigung ist ein Ver­brechen, das in Österreich – genauso wie in Syrien und auch im Irak – nicht geduldet wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Hagen.)

Daher müssen diese Menschen bedenken und auch damit konfrontiert werden, dass sie, wenn sie ein derartiges Verbrechen begehen, nicht in Österreich bleiben dürfen. Ich bin dafür (Abg. Hagen: Ich auch!), und das fordern auch viele Menschen. Ich halte es für richtig, dafür verurteilt zu werden und dann auch das Land verlassen zu müssen. Das ist eine notwendige Maßnahme. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Abgeordne­ten Wittmann und Hagen.)

11.42


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


11.42.20

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bin erfreut über die abschließende Aussage meines Vorredners, des Kollegen Berlakovich. Auch ich habe gestern diese Probleme angesprochen und kriti­siert, dass diese Menschen nicht abgeschoben werden. Ich freue mich, dass die ÖVP diese meine Kritik jetzt aufgenommen hat. Ich habe dem neuen Innenminister angebo­ten, dass ich mitarbeite, um genau in solchen Fällen, wie Kollege Berlakovich sie jetzt angesprochen hat und wo er richtigerweise gesagt hat, dass Vergewaltigung in Syrien und in Afghanistan und sonstwo überall verboten ist, Verbesserungen herbeizuführen.

Wichtig ist, dass wir rigoros gegen solche Menschen vorgehen und ihnen zeigen, wo die Grenzen sind. Das sind für mich keine schutzbedürftigen Menschen, im Gegenteil,


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die gehören mit jeglicher Möglichkeit der Strafjustiz verfolgt und ausgewiesen. – Das ist ein ganz wichtiger Punkt, meine Damen und Herren.

Nun zum vorliegenden Gesetzesänderungsvorschlag. – Es sind darin einige Punkte ent­halten, die wir absolut unterschreiben können. Dazu gehört der Opferschutz, der natür­lich eine ganz wichtige Maßnahme ist. Es wurde schon mehrfach angesprochen, dass gerade in speziellen Bereichen – bei Opfern von Sexualdelikten, vor allem bei Kindern, und so weiter – Opferschutz enorm wichtig ist. Ich als Polizeibeamter im Zivilberuf ken­ne viele Fälle, wo ich aus der Praxis sagen kann, dass es äußerst notwendig ist, diese Menschen zu schützen, diesen Menschen zu helfen und da den Opferschutz auszu­weiten. Das ist eine Maßnahme, die meine Fraktion immer stark vertreten hat und hin­ter der wir ganz klar stehen.

Womit wir aber nicht einverstanden sind, das ist die Änderung der Strafprozessord­nung, über die – und da habe ich ein großes Problem beim Zustimmen – auch Täter­schutz umgesetzt wird. Ich bin da sehr kritisch. Wir werden dem Täterschutz nicht zu­stimmen. Ich erkläre kurz, warum.

Im Bereich des Strafverfahrens wird jetzt die Möglichkeit geschaffen, die Überwachung bei der Kommunikation zwischen einem inhaftierten Beschuldigten, also einem Täter, einem vermeintlichen Täter, und seinem Verteidiger nicht mehr vorzunehmen.

Ich erinnere daran: Ich habe hier schon öfter von Friedensrichtern, speziell im islami­schen Bereich, gesprochen, die die Strafjustiz unterbinden beziehungsweise untergra­ben. Das ist in Deutschland gang und gäbe, in Österreich auch schon teilweise der Fall. Und bei dieser Maßnahme sehe ich ein großes Problem.

Warum? – Polizeikollegen, die die türkische Sprache gelernt haben und die dann bei solchen Vernehmungen beziehungsweise bei solchen Gesprächen mit türkischen An­wälten dabei waren, haben mir erzählt, dass da eigentlich etwas ganz anderes be­sprochen wurde, als dann übersetzt worden ist. Ich glaube, das ist schon etwas, was uns zu denken geben sollte.

Es ist so, dass diese islamischen Friedensrichter, die die Justiz untergraben, mit den Familien Deals ausmachen, wo es immer um Geld geht. Da wird dann Geld ausbe­zahlt – damit ist der Täter geschützt, und das Opfer bekommt Geld. Man regelt das Ganze so, dass man dann plötzlich nichts mehr von der Straftat weiß. Das ist gang und gäbe, da können Sie jeden Polizisten und jeden Untersuchungsrichter und jeden Staats­anwalt fragen, dafür gibt es viele Beispiele.

Genau dieses Problem sehen wir beim Täterschutz, und genau deswegen sehen wir uns gezwungen, diese Verschlechterung beziehungsweise Behinderung bei der Aufklä­rung abzulehnen und hier ganz klar zu sagen, dass wir diese Maßnahme nicht mittra­gen können. Das geht unserer Meinung nach in die falsche Richtung. Daher: Opfer­schutz ja, aber Täterschutz nein! (Beifall beim Team Stronach.)

11.46


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Be­cher. – Bitte.

 


11.46.44

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Ganz kurz zum Opferschutz – es wurde ja schon sehr viel dazu gesagt –: Es sind wichtige Punkte, die in diesem Bereich mit dieser Novelle um­gesetzt werden sollen: beginnend mit der Erleichterung der gegenseitigen Anerken­nung von gerichtlichen Urteilen darüber, dass die Opfer von Straftaten bereits bei der Anzeige unterstützt werden sollen, bis hin zur besseren Informationspflicht für die Op­fer und der Einführung von Verteidigungsrechten und auch der Maßnahme, dass man


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bereits beim Wohnsitz Anzeige erstatten kann, wenn das Verbrechen in einem anderen Land geschehen ist.

Ein weiterer Teil dieser Novelle betrifft die Anwendbarkeit von Kontoeinsichten. Es wird in diesem Gesetz normiert, wie in das Kontoregister eingesehen werden kann. Die Mög­lichkeit wird nicht ausgeweitet, sondern die Einsichtnahme ist in Zukunft praktikabler. Es gibt sachliche Gründe, warum ins Kontoregister eingesehen werden soll. Einer da­von ist die Steuerhinterziehung.

Der führende Experte in diesem Bereich, Professor Schneider, hat in seiner letzten be­ziehungsweise in einer aktuellen Studie dazu ausgeführt, dass der Pfusch im Jah­re 2015 um 4,5 Prozent angewachsen ist. Das ist natürlich ein sehr hohes Ausmaß. Das Baunebengewerbe und das Baugewerbe haben mit 39 Prozent den größten Anteil an der Schattenwirtschaft.

Die EU-Kommission und die OECD haben sehr oft Kritik an Österreich bezüglich dieser Schattenwirtschaft geübt. An dieser Stelle ist es mir als Bautensprecherin sehr wichtig, hervorzuheben, dass in den letzten Jahren seitens der Regierung beim Baugewerbe schon viele Maßnahmen getroffen worden sind, dass diese Schattenwirtschaft wirksam bekämpft wurde, etwa mit dem Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz, mit dem Baraus­zahlungsverbot bei den Baustellen und auch mit der Generalunternehmerhaftung. Die­se Maßnahmen haben auch dafür gesorgt, dass die Steuerhinterziehung abnimmt und höhere Steuereinnahmen da sind, aber es gibt noch einige offene Problemfälle – diese können jetzt mit diesem Gesetz angegangen werden.

Zum Schluss möchte ich noch einen Abänderungsantrag einbringen. Meine Kollegin Wurm hat dazu schon inhaltliche Ausführungen gemacht und die vorgesehenen Ände­rungen begründet. Ich zitiere aus der Begründung des Antrages:

„Um dieses Instrument nicht zu gefährden und um den schonenden Charakter solcher Vernehmungen aufrecht zu erhalten, soll angeordnet werden, dass im Fall des Ver­dachts der Verletzung der Geschlechtssphäre eines Opfers Ton- oder Bildaufnahmen einer solchen Vernehmung nicht im Wege des § 52 Abs. 1 StPO an Verteidiger oder Be­schuldigten ausgefolgt werden müssen.“

Ich bringe jetzt folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Steinacker, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Justizausschusses (1072 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz und das Verbandsverantwort­lichkeitsgesetz geändert werden (Strafprozessrechtsänderungsgesetz I 2016) (1058 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Die eingangs bezeichnete Regierungsvorlage (1058 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 wird nach der Z 45 folgende Z 45a eingefügt:

„45a. In § 165 wird nach dem Abs. 5 folgender Abs. 5a eingefügt:

„(5a) Erfolgt die Vernehmung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung, so ist die Aufnahme in jedem Fall unverzüglich in Vollschrift zu über­tragen und als Protokoll zum Akt zu nehmen. Im Fall einer Vernehmung eines Zeugen, der durch die dem Beschuldigten zur Last gelegte Straftat in seiner Geschlechtssphäre verletzt worden sein könnte, ist die Aufnahme durch das Gericht (§ 31 Abs. 1) zu ver­wahren und nach Einbringen der Anklage dem zuständigen Gericht zu übermitteln. Ent­gegen § 52 Abs. 1 besteht in diesem Fall kein Recht auf Ausfolgung einer Kopie.““


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2. In Art. 1 wird in der Z 64 im § 514 Abs. 32 die Wendung „165 Abs. 3 bis 5“ durch die Wendung „165 Abs. 3 bis 5a“ ersetzt.“

*****

Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich bitte Sie um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

11.51


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Abgeordneter Mag. Becher soeben einge­brachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Justizausschusses (1072 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz und das Verbandsverantwort­lichkeitsgesetz geändert werden (Strafprozessrechtsänderungsgesetz I 2016) (1058 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Regierungsvorlage (1058 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 wird nach der Z 45 folgende Z 45a eingefügt:

„45a. In § 165 wird nach dem Abs. 5 folgender Abs. 5a eingefügt:

„(5a) Erfolgt die Vernehmung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung, so ist die Aufnahme in jedem Fall unverzüglich in Vollschrift zu über­tragen und als Protokoll zum Akt zu nehmen. Im Fall einer Vernehmung eines Zeugen, der durch die dem Beschuldigten zur Last gelegte Straftat in seiner Geschlechtssphäre verletzt worden sein könnte, ist die Aufnahme durch das Gericht (§ 31 Abs. 1) zu ver­wahren und nach Einbringen der Anklage dem zuständigen Gericht zu übermitteln. Ent­gegen § 52 Abs. 1 besteht in diesem Fall kein Recht auf Ausfolgung einer Kopie.““

2. In Art. 1 wird in der Z 64 im § 514 Abs. 32 die Wendung „165 Abs. 3 bis 5“ durch die Wendung „165 Abs. 3 bis 5a“ ersetzt.

Begründung

Der Umstand, dass § 52 StPO in der Fassung des Strafprozessrechtsänderungsgeset­zes 2013, BGBl. I Nr. 195/2013, in Umsetzung eines Urteils des Verfassungsgerichts­hofs vom 13. Dezember 2012, G 137/11-15, vorsieht, dass dem Beschuldigten auch Ko­pien von Ton- oder Bildaufnahmen auszufolgen sind, hat zu beträchtlichen Irritationen im Rahmen der Durchführung kontradiktorischer Vernehmungen nach § 165 StPO ge­führt.

Um dieses Instrument nicht zu gefährden und um den schonenden Charakter solcher Vernehmungen aufrecht zu erhalten, soll angeordnet werden, dass im Fall des Ver­dachts der Verletzung der Geschlechtssphäre eines Opfers Ton- oder Bildaufnahmen einer solchen Vernehmung nicht im Wege des § 52 Abs. 1 StPO an Verteidiger oder Beschuldigten ausgefolgt werden müssen. Den Rechten der Verteidigung wird dadurch Rechnung getragen, dass in diesem Fall ein schriftliches Protokoll hergestellt wird, ein


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Problem mit der Waffengleichheit wird dadurch vermieden, dass auch der Staatsan­waltschaft keine Kopie einer solchen Aufnahme zur Verfügung zu stellen ist (die Auf­nahme ist durch das Gericht zu verwahren, das die kontradiktorische Vernehmung durch­geführt hat).

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Bundesminister Dr. Brandstetter hat sich zu Wort ge­meldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


11.51.41

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Schülerinnen und Schü­ler aus den Bundesländern! Ich freue mich wirklich sehr darüber, heute hier zu Beginn der Behandlung der Justizpunkte festhalten zu können, dass wir mit dem, was zur Be­schlussfassung ansteht, eigentlich genau das tun, was zu Recht auch immer wieder eingefordert wird, nämlich konkrete Arbeit zum Vorteil der Bevölkerung zu leisten, die man auch tatsächlich spürt.

Das ist aber – und gerade heute sieht man das auch – ein großes Verdienst der kons­truktiven Arbeit im Justizausschuss, für die ich mich sehr herzlich hier bedanken möch­te. Ganz besonders bedanken möchte ich mich auch für den Abänderungsantrag der Justizsprecher der Regierungsparteien betreffend die Verfügbarkeit audiovisueller Auf­zeichnungen von Deliktsopfern. Ich denke, es war ein sehr guter Weg, das noch einer besseren Lösung zuzuführen, vor allem dort, wo wir in der Hitze des Gefechts die Sen­sibilität dieser Problematik nicht ausreichend scharf gesehen haben.

Ich bin Ihnen dankbar, Frau Abgeordnete Wurm, dass Sie erwähnt haben, dass nicht zu­letzt auch unsere Richterschaft da sehr gut reagiert hat und sofort mit Änderungsvor­schlägen an die Öffentlichkeit getreten ist, namentlich Präsident Forsthuber. Ich bin stolz auf eine Justiz, die solche Richter hat, nämlich Richter, die wirklich auch in solchen, durchaus sehr schwierigen Problembereichen ganz konkrete Lösungsvorschläge ma­chen können, die wir dann auch sehr gerne hier umsetzen.

Im Übrigen ergibt sich aus dem Abänderungsantrag kein wirkliches verfassungsrechtli­ches Problem, weil die Einschränkung der Verfügbarkeit für diese Aufzeichnungen, ins­besondere von kontradiktorischen Einvernahmen mit vorwiegend Opfern von Sexual­delikten, auch für die Staatsanwaltschaft gilt. Das ist für beide Seiten bei Gericht ver­fügbar, sowohl für die Staatsanwaltschaft als auch für die Verteidigung, ist dort auch einsehbar – aber nicht mehr! Das heißt, der verfassungsrechtlich vorgegebene Grund­satz der Waffengleichheit wird damit eingehalten. Und dafür noch einmal ein herzliches Dankeschön an die beiden Justizsprecher der Regierungsparteien, die da sehr, sehr rasch reagiert haben.

Ja, eigentlich freut es mich auch sehr, dass gerade dieses Gesetzesvorhaben, über das wir heute hier diskutieren, ganz deutlich macht, dass uns die Opfer von Straftaten ein ganz besonderes Anliegen sind. Denn eines muss man schon sagen: Opfer einer Straftat kann jeder von uns werden. Jederzeit! Jedem kann das jederzeit passieren, und daher ist es wichtig, dass man Opfer von Straftaten konkret und individuell nach ih­ren Bedürfnissen behandelt und unterstützt und ihnen auch die Rechtsposition sichert, die sie verdienen, und dass man gewährleistet, dass sie sich auch von den Strafverfol­gungsbehörden ernst genommen und von der Gesellschaft unterstützt fühlen.

Ich bekenne mich auch dazu, dass wir mit unserem Budget alles das, was an psy­chosozialer Unterstützung für Opfer notwendig ist, finanzieren – einfach deshalb, weil dieses Problem bei uns entsteht. Und eines wollen wir alle nicht haben: dass Opfer von Straftaten dann von einer Behörde zur anderen laufen müssen, um Unterstützung zu


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bekommen. Nein, die sollen sie gleich von uns, unmittelbar, nachdem sie Opfer gewor­den sind, bekommen können – und daher auch im Bereich der Polizei, weil normaler­weise ja doch die Polizei die erste Behörde ist, die mit Opfern zu tun hat.

Das ist es, worauf es uns ankommt: ganz konkrete Taten zu setzen, deren Wirkungen die Bevölkerung spürt! Und ich bin mir sicher, dass das gerade mit der heutigen an­stehenden Beschlussfassung in mustergültiger Weise gelingen kann. Wir wollen nicht, dass eingeschüchterte Opfer, Opfer in Abhängigkeitsverhältnissen und auch Opfer von Hass und Kriminalität oder dass gar Kinder als Opfer aus Furcht, Angst, Scham oder Sorge um ihr Fortkommen oder aber auch aus Mangel an Vertrauen in die Behörden nicht umfassend davon berichten können, was ihnen an Leid zugefügt wurde. Wir brau­chen daher entsprechende Verankerungen im Gesetz und in weiterer Folge natürlich auch eine konsequente Vollziehung dieser Bestimmungen im Interesse der Opfer, um diese auch wirklich zu ihrem Recht kommen zu lassen und sicherzustellen, dass sie sich vertrauensvoll und ohne Gefühle von Angst oder Beklemmung an die staatlichen Behörden wenden können, damit sie ihre berechtigten Interessen auch tatsächlich ef­fektiv durchsetzen können.

Wir wissen aber auch – und das möchte ich nicht unerwähnt lassen –, dass wir das mit der Polizei und der Justiz alleine nicht wirklich schaffen können. Ich bin daher beson­ders dankbar den Opferschutzeinrichtungen, die es in Österreich gibt und die sehr effektiv arbeiten. Ich denke da an die Opferhilfsorganisation WEISSER RING, die Ge­waltschutzzentren, die Kinderschutzzentren, bis hin zu den Organisationen LEFÖ und ZARA, die sich Opfern von Gewalt in besonderem Maße widmen. Danke an alle, die sich in diesem Bereich so stark engagieren! Es ist auch in diesem Bereich wirklich er­staunlich und sehr beeindruckend, was unsere Zivilgesellschaft in Form von Freiwil­ligenorganisationen im Interesse von uns allen tatsächlich leistet. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ein kurzer Rückblick macht eigentlich sicher: Bis 2008 – das ist noch gar nicht so lange her – hat es praktisch keine ausgeprägten Opferrechte in der Strafprozessordnung ge­geben. Das war eher so eindimensional, da ging es um den Täter, Staatsanwaltschaft und Verteidigung, sonst gab es eigentlich nichts. Das Opfer hat eigentlich keine wirk­lich eigenständige Position gehabt.

Seither ist in dieser Hinsicht, Gott sei Dank – auch mit Ihrer Unterstützung! –, viel ge­schehen. Man darf sich jetzt nicht auf dem ausruhen, was da schon an Erfolgen erzielt wurde, wir werden da weitermachen müssen, aber es ist schon wesentlich, dass Ge­rechtigkeit nicht nur der Beschuldigte einfordern kann und soll, sondern vor allem auch das Opfer einer Straftat, und darum geht es uns bei der Umsetzung dieser Richtlinie in ganz besonderem Maße.

Ich glaube, dass das, was hier geregelt werden soll wirklich Sinn macht: die Erweite­rung des Opferbegriffs, die Schaffung einer neuen Opferkategorie für besonders schutz­bedürftige Opfer und das verbesserte Informationsangebot, das ja schon bei der Poli­zei beginnt, und, Kollege Steinhauser, normalerweise gibt es ja, wenn es funktioniert, schon bei der Polizei eine entsprechende Vermittlung an Opferschutzeinrichtungen. Das ist wirklich etwas, was Sinn macht. Das hat sich jedenfalls bisher bewährt. Es kann vielleicht in Zukunft noch da oder dort ausgebaut werden – und soll es auch! Dafür bin ich offen.

Wichtig ist natürlich auch, dass wir in unserem Bereich dafür sorgen, dass durch ein entsprechendes Ausbildungsprogramm für alle Bediensteten in der Justiz sichergestellt wird, dass dieser Opferschutz auch in der Praxis jenes Augenmerk erhält, das ihm jetzt von Gesetzes wegen zusteht. Auch darüber werden wir intern sprechen, und auch dies­bezüglich werden wir im Bereich der Ausbildung der Justizbediensteten einiges verbes­sern.


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Klar ist auch: Im Sinne der Waffengleichheit und im Sinne der Europäischen Men­schenrechtskonvention gehört zur Balance in einem Verfahren auch eine ausreichende Verteidigungsmöglichkeit.

Es ist so, dass wir im Sinne der Richtlinienumsetzung auch Bestimmungen vorgesehen haben, die im Interesse jener sind, die in den Verdacht geraten, eine Strafhandlung be­gangen zu haben. Es soll deren vertrauliche Kommunikation mit ihrem Verteidiger in einem breiteren Umfang als bisher geschützt werden, und im Sinne der MRK unzuläs­sige Tatprovokationen sollen durch die Androhung eines Verfahrenshindernisses, kon­kret der Einstellung des Verfahrens, verhindert werden. Das sind Konsequenzen aus der Europäischen Menschenrechtskonvention, die ja bei uns im Verfassungsrang steht.

Insgesamt ist dies also, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein, wie ich glaube, ausgewogenes, vernünftiges Paket. Es setzt, wenn ich so sagen darf, die Linie unseres Hauses fort: die Linie der Vernunft bei doch genauer und sorgfältiger Abwägung aller Interessen, die es da zu berücksichtigen gilt.

Ich möchte noch kurz zu einigen Punkten Stellung nehmen, die hier im Zuge der De­battenbeiträge ventiliert worden sind.

Was das Kontenregister betrifft, möchte ich nur noch einmal klarstellen, dass die Aus­kunft bezüglich der Frage, wer überhaupt ein Konto bei welcher Bank hat, schon bisher den Staatsanwaltschaften zustand. Das bedurfte auch bisher keiner gerichtlichen Be­willigung, nur war es bisher so, dass die Staatsanwaltschaften im Prinzip sämtliche Banken anschreiben mussten, um herauszufinden, ob eine bestimmte tatverdächtige Per­son eine Kontoverbindung hat oder nicht.

Das wollen wir jetzt für die Staatsanwaltschaften durch das zentrale Kontenregister vereinfachen – mehr ist das nicht. Also hier jetzt zusätzliche Hürden oder Hindernisse einzubauen, wäre weder sinnvoll noch notwendig und würde natürlich auch den Zweck der Verfahrensbeschleunigung, der uns sehr wichtig ist und sehr wichtig sein muss, kon­terkarieren.

Zum Thema audiovisuelle Aufzeichnung als Modellversuch möchte ich nur Folgendes sagen: Kollege Scherak, wir haben solche Modellversuche, die laufen ja schon. Wir ha­ben auch schon Erfahrungen damit gemacht. Die, die in der Praxis tätig sind, wissen, dass auch im Bereich der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft üblicherwei­se die Einvernahmen aufgezeichnet werden. Das wirklich flächendeckend und lücken­dicht zu machen, ist schon ein erheblicher Aufwand, weil man damit ja schon bei der Polizei beginnen müsste, und es stellen sich dann natürlich schon auch Fragen in Be­zug auf Datenschutz und in Bezug auf Persönlichkeitsrechte, wie wir gerade heute ge­sehen haben in Bezug auf die Aufzeichnungen kontradiktorischer Einvernahmen von Opfern von Sexualdelikten. Aber wir arbeiten daran, und da gibt es schon entsprechen­de Erfahrungen und Initiativen.

Eines noch: Es ist selbstverständlich keine Frage, dass eine Vergewaltigung, selbstver­ständlich auch eine versuchte Vergewaltigung, ein schweres Verbrechen darstellt, das schon nach jetziger Rechtslage juristisch alle Konsequenzen im Bereich des Asyl- und Aufenthaltsrechts ermöglicht. Das ist jetzt schon so – das wollte ich eben auch nur noch gesagt haben.

Im Übrigen freue ich mich über die Debattenbeiträge und über die Anregungen, die ich ihnen entnommen habe, wie auch der Debatte im Justizausschuss, die gleichfalls sehr konstruktiv war. Ich sage noch einmal, dass wir bei uns im Ministerium ein wirklich großartiges und sehr effektives Team haben. Wann immer es die Notwendigkeit für Ver­änderungen, für Weiterentwicklungen gibt, stehen wir da gerne zur Verfügung. Meine Damen und Herren Abgeordneten: Sie wünschen, wir spielen! Wir haben mit heute, wie ich glaube, schon an die 35 Gesetze in unserem Zuständigkeitsbereich umgesetzt, min­destens eines pro Monat.


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Ich danke Ihnen letztlich auch für die konstruktive Unterstützung Ihrerseits, und ich hof­fe, wir werden auch in diesem Themenbereich noch die eine oder andere Verbesse­rung gemeinsam erzielen können. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.03


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


12.03.53

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Ich kann nahtlos an die Worte des Herrn Bundesministers an­schließen, aber vielleicht noch die eine oder andere Bemerkung dazu.

Ich halte diese Novelle beziehungsweise die Richtlinie, die wir hier im Bereich des Op­ferschutzes umsetzen, für keine phänomenale Änderung. Das aber nicht deswegen, weil das nicht notwendig wäre, sondern weil Österreich im Opferschutzbereich sowieso Vorreiter ist und daher nicht mehr viele Anpassungen an diese Richtlinie notwendig wa­ren. Jene Anpassungen, die gemacht werden, gehen aber durchaus in die richtige Rich­tung, nämlich besondere Schutzbedürftigkeit bei bestimmten Delikten oder bei be­stimmten Situationen oder bei Jugendlichen oder bei anderen, die eben eine besonde­re Schutzwürdigkeit haben. Ich glaube, dass es eine ganz besonders richtige Richtungs­vorgabe ist, da einen speziellen Opferschutz einzuführen.

Ich meine darüber hinaus, dass Österreich in diesen Bereichen durchaus zu den füh­renden Staaten der Welt zählt, daher ist die Umsetzung dieser Richtlinie nur mehr in Nuancen notwendig, weil wir das schon weit vor der Zeit gemacht haben.

Zur Konteneinsicht: Wenn man ein Kontenregister einführt, dann wird es wohl auch zweck­dienlich sein, dass man auf dieses Kontenregister zugreifen kann, insbesondere, wie der Herr Bundesminister schon ausgeführt hat, da die Staatsanwaltschaft schon vorher Konten abfragen konnte, indem sie alle Banken angeschrieben hat. Wenn man jetzt die technische Errungenschaft eines zentralen Kontenregisters einführt – ich glaube, wir haben es vor drei Jahren eingeführt –, dann ist es wohl auch zweckdienlich, dass die Strafbehörden darauf zugreifen können. Ich denke nicht, dass man da noch Hürden auf­bauen sollte, obwohl ich in diesen Bereichen tendenziell immer für richterliche Aufsicht bin.

Was die Verbesserung der Möglichkeiten der Kommunikation zwischen Verteidiger und Beschuldigtem betrifft, halte ich auch diese Verbesserungen für notwendig und auch für die Weiterentwicklung unseres Rechtssystems für erforderlich. Herr Kollege Hagen, ich glaube, Sie gehen da von falschen Tatsachen aus. Der Friedensrichter ist davon nicht ausgenommen, sondern ausschließlich der Rechtsbeistand. (Zwischenruf des Abg. Hagen.) Also wenn dort jemand einen Islamisten besucht und den seelisch betreut, ist er von der Überwachung der Kommunikation nicht ausgenommen, sondern nur sein Rechtsbeistand (Abg. Hagen: Aber wenn der Rechtsbeistand mit dem Friedensrichter gesprochen hat, …!), und das halte ich für in Ordnung, weil auch eine Verteidigung ge­wisse Rechtsschutzbedürfnisse hat, die da auch gegeben sein sollen.

Die Tendenz dieser Bestimmungen: Mehr Schutz für die Opfer, Gewährleistung einer or­dentlichen Verteidigung der Beschuldigten, und letztendlich ist der Zugriff auf die Mög­lichkeiten, die wir gesetzlich eingeräumt haben, richtig und voll zu unterstützen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.06

12.06.54

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die ich, wie immer, über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 48

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betref­fend Strafprozessrechtsänderungsgesetz I 2016 in 1058 der Beilagen.

Hierzu liegen folgende Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträge vor:

Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Steinhauser, Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen,

Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Hübner, Kolleginnen und Kollegen und

Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Steinacker, Dr. Ja­rolim, Kolleginnen und Kollegen.

Ich lasse zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­anträgen betroffenen Teile der Systematik des Gesetzes entsprechend und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Mag. Steinhauser, Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen haben ei­nen Abänderungsantrag betreffend Z 21 in Art. 1 eingebracht.

Wer dafür eintritt, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer stimmt dem zu? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Steinhauser, Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen haben ei­nen Zusatzantrag betreffend die Einfügung eines Abs. 1a in Art. 1 Z 21 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit. Das ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Hübner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Z 28 in Art. 1 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer stimmt dem zu? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Steinacker, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer Z 45a in Art. 1 eingebracht.

Wer ist dafür? – Das ist wiederum die Mehrheit.

Die Abgeordneten Mag. Steinacker, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Z 64 in Art. 1 eingebracht.

Wer stimmt dem zu? – Das ist wiederum mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer stimmt diesem zu? – Das ist wiederum die Mehrheit.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf zu­stimmen wollen, um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Somit ist der Ge­setzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Steinacker, Dr. Ja­rolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der Wirksamkeit der neuen Opferschutzbestimmungen.

Wer stimmt dem zu? – Das ist wiederum die Mehrheit und damit angenommen. (E 141.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 49

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Justizausschusses, seinen Be­richt 1073 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihr Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit ange­nommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Justizausschusses, seinen Be­richt 1074 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer stimmt dem zu? – Das ist wiederum mit Mehrheit angenommen.

12.10.524. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1613/A der Abgeordneten Mag. Mi­chaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz – SMG, BGBl. Nr. 112/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 144/2015, geändert wird (1075 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1591/A der Abgeordneten Mag. Ha­rald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, und das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Drogenausgangsstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG), BGBl. I Nr. 112/1997, geändert werden (1076 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nun kommen wir zu den Punkten 4 und 5 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Die erste Wortmeldung dazu liegt von Herrn Abgeordnetem Mag. Stefan vor. – Bitte.

 


12.11.42

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Im letzten Jahr wurde das Strafrecht reformiert, und zwar sehr aufwendig und mit großem Vorlauf. Nach 40 Jah­ren wollte man eine große Strafrechtsreform machen, deswegen wurden alle mögli­chen Fachleute eingebunden, und das Strafrecht wurde reformiert. – Wir als Freiheitli­che haben nicht mitgestimmt, weil wir einige Kritikpunkte hatten, und auf zwei dieser Kri­tikpunkte beziehen sich diese heutigen Tagesordnungspunkte.

Der eine Kritikpunkt war, dass die Definition der Gewerbsmäßigkeit geändert wurde. – Gewerbsmäßigkeit war im alten Recht so geregelt, dass, wenn jemand eine Tat be­geht, die offensichtlich darauf abzielt, sich mit dieser Tat auch fortlaufend ein Einkom­men zu sichern, dies als gewerbsmäßig bezeichnet wurde. Das hatte eine höhere Straf­drohung und aufgrund dieser Bestimmung konnte man, wenn man diese Absicht nach­weisen konnte, einen Täter festnehmen.

Jetzt hat man diese Gewerbsmäßigkeit geändert und hat gesagt: Nein, das ist zu scharf, da kann man zu leicht jemanden festnehmen, ihn in Haft nehmen, man muss das än­dern! – Nun ist es so: Der Richter muss dem Täter zwei einschlägige Vortaten inner­halb eines Jahres nachweisen, und er muss ihm nachweisen, dass er mit seiner Tat 400 € pro Monat Einkommen erzielen kann und will.

Diese Punkte sind so einschränkend, dass wir sofort festgestellt haben: Diese Bestim­mung ist sinnlos! Die wird nicht greifen und wird dazu führen, dass man eben Täter nicht mehr einsperren kann, und zwar insbesondere im Drogenbereich.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 50

Der zweite Punkt, der dazukommt, ist, dass man das Suchtmittelgesetz so geändert hat, dass, wenn jemand mit Kleinstmengen von Drogen aufgegriffen wird und er sagt, er braucht das für den Eigenbedarf, nicht mehr automatisch eine Anzeige stattfindet, son­dern dass er dann, wenn er kooperativ ist, mit den Gesundheitsbehörden zusammen­arbeiten kann.

Daraufhin haben uns Richter, Staatsanwälte, aber vor allem jene Polizisten, die im Dro­genbereich zu tun haben, die Tür eingerannt und haben gesagt: Bitte, das ist eine ganz schlechte Regelung, damit werden wir das Problem insbesondere auf der Straße, aber vor allem im Drogenbereich überhaupt nicht mehr bekämpfen können! – Und schlagar­tig, mit Anfang dieses Jahres, hat man das Ergebnis gemerkt.

Schlagartig hat die Drogenszene – insbesondere auf der Straße – ganz massiv zuge­nommen, weil Drogenkriminelle üblicherweise sehr gut informiert sind. Die haben ge­nau gewusst: Na, ab 1. Jänner kann uns in Wirklichkeit nichts mehr passieren, denn zwei Vortaten kann uns keiner nachweisen! – Wir reden hier ja auch weitgehend von Kriminaltourismus. Der Kriminelle ist unter Umständen gar nicht im Land: Er begeht seine Tat, dann ist er vielleicht wieder ein paar Monate weg! Jedenfalls wusste man im Kriminaltourismus und vor allem wusste auch der Drogenhandel: Ab 1. Jänner geht es uns besser.

Und prompt hat man das Ergebnis bemerkt – es ist ja auch durch alle Medien gegan­gen –: Entlang der U6, aber auch an anderen Punkten in dieser Stadt, aber natürlich auch in anderen Städten (Ruf: Wien, Hamburg, …!), also überall, in Wirklichkeit in allen Ballungszentren, hat man sofort erkannt, wie das zugenommen hat. Wir haben dann die Medienberichte gesehen: Zum Beispiel hat sich auch der grüne Bezirksvorsteher Blimlinger an der U6-Station abbilden lassen und darauf hingewiesen, welche Katastro­phe das ist, was sich dort jetzt abspielt.

Jetzt konnte man aber von Regierungsseite und vonseiten der Regierungsfraktionen na­türlich nicht zugeben, dass das ein Fehler war, dass man mit diesen gesetzlichen Rege­lungen die Drogenszene in Wirklichkeit befeuert hat, dass man sie unterstützt hat, dass man den Kriminaltourismus noch angeheizt hat. Das konnte man nicht zugeben.

Was macht man also? – Eine neue Regelung muss her! Gehen wir halt ins Suchtmittel­gesetz! – Dort wird also jetzt eine neue Regelung getroffen, indem man sagt, es geht nur darum, dass es in der öffentlichen Wahrnehmung so unangenehm ist, wenn so vie­le Drogendealer herumlaufen, die man nicht entfernen kann, also muss das Ganze in den privaten Bereich verlagert werden. Daher gibt es jetzt den Vorschlag, über den wir heute diskutieren, dass das Drogendealen im öffentlichen Raum besonders unter Stra­fe gestellt werden soll.

Die Formulierungen sind sehr hinterfragenswert – ich darf das nur kurz vorlesen –:

„Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren ist zu bestrafen, wer (…) an einem allgemein zu­gänglichen Ort öffentlich oder unter Umständen, unter denen sein Verhalten geeignet ist, durch unmittelbare Wahrnehmung berechtigtes Ärgernis zu erregen, Suchtgift“ ver­kauft und so weiter.

Ja, also was heißt das jetzt? – Öffentlicher Bereich, Stiegenhaus, Hauseingang: Ein Haus­eingang ist privat, aber es ist vielleicht noch öffentlich wahrnehmbar. Aber was heißt „öffentlich“ wahrnehmbar? – Konkret müssen es zehn Personen sehen. Wenn die nicht hinschauen, wird es dann noch öffentlich wahrgenommen? Ja, es ist vielleicht wahr­nehmbar. Wie ist es im Stiegenhaus drinnen?

Was heißt überhaupt „durch unmittelbare Wahrnehmung berechtigtes Ärgernis (…) er­regen“? – Was ist, wenn das kein Ärgernis erregt, weil die das so dezent machen? Was ist, wenn der Vorsatz des Drogendealers nicht darauf abzielt, das in der Öffent­lichkeit zu machen, wenn er glaubt und auch annehmen darf, dass er dabei nicht gese-


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hen wird? Ist das dann erfüllt? – Also, wir sehen, man hat eine Vielzahl von Fragen auf­geworfen.

Es werden sich sicherlich etliche darüber freuen – in erster Linie einmal die Kriminellen und allenfalls auch deren Rechtsanwälte, die das vertreten dürfen –, aber die Lösung des Problems haben wir damit nicht geschaffen, im Gegenteil. Wir haben wieder Sand in die Augen der Bevölkerung gestreut und wir tun so, als würden wir jetzt etwas reparie­ren, was viel leichter zu reparieren wäre. (Beifall bei der FPÖ.)

Und wie ist die Vorgangsweise? – Die Strafrechtsreform hat, wie gesagt, einen Vorlauf von Monaten, wenn nicht Jahren gehabt, und dieses Gesetz wird ohne jegliche Begut­achtung hier durchgepeitscht – ohne jegliche Begutachtung! –, obwohl von verschiedens­ter Seite sehr massive Kritik daran geäußert wurde. Das wird einfach durchgezogen, weil man sagt: Jetzt muss man schnell reagieren, und wer weiß, wenn wir das jetzt näm­lich wirklich in die Begutachtung schicken, dann wird das möglicherweise in der Luft zerrissen und wir können das dann nicht mehr so leicht durchziehen.

Daher unsere ganz klare Ansage: Zurück zur alten Gewerbsmäßigkeit! Auch wenn das in der konkreten Judikatur – also von Richtern – vielleicht zum Teil zu weit ausgelegt wur­de, heißt das ja noch lange nicht, dass die Bestimmung nicht richtig ist. Man muss ja die Absicht nachweisen, dass sich der Täter dadurch ein Einkommen sichern will. Da muss man schauen: Welche Tatwaffe oder welches Werkzeug hat er verwendet? – Wenn man merkt, der hat professionelles Werkzeug, dann wird er nicht nur einmal ein­brechen! Oder auch wenn jemand eben mit Drogen an der U6 steht und sie dort ver­kauft, dann tut er das ja nicht nur einmal! Das ist ja wohl ein Witz, nicht?

Die ermittelnden Beamten sind völlig verzweifelt! Die sagen: Wir können nichts mehr tun! Die lachen uns aus, weil sie genau wissen, selbst wenn wir sie jetzt anhalten, dann kön­nen wir ihnen nicht nachweisen, dass sie schon zwei Vortaten haben oder sonst et­was! – Also es ist tatsächlich eine sehr unangenehme Situation, wobei „unangenehme Situation“ leicht untertrieben ist, denn welchen Schaden Drogenmissbrauch anrichtet, das wissen wir alle! Und es ist ein völlig falscher Ansatz, das aufzuweichen, das ist auch jedem klar – natürlich schon beim Alkoholismus beginnend, aber eben auch im wei­teren Bereich des Drogenmissbrauchs.

Diesen falschen Ansatz, diese soziale Schädlichkeit muss man zurückdrängen, und da­her unser ganz klarer Ansatz: Zurück zur alten Bestimmung der Gewerbsmäßigkeit! Ge­ben wir der Justiz und den Polizeibehörden die Möglichkeit, die Eindämmung der Dro­genkriminalität mit wirklich wirksamen Mitteln durchzusetzen! (Beifall bei der FPÖ.)

12.19


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl ist der nächste Redner. – Bitte.

 


12.20.05

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Herr Kollege Stefan! Ganz am Anfang habe ich geglaubt, ich kann sagen, ich bin mit Ihnen in vielem einer Meinung. Allerdings in der Schluss­folgerung, da unterscheiden wir uns.

Sie haben die Absicht im neuen Strafrecht dargestellt, und da waren viele damit kon­frontiert, dass man der Ansicht war, dass manche Gerichte überbordend oft die Gewerbs­mäßigkeit zuerkannt haben, wo sie eigentlich nicht beabsichtigt war oder wo gar keine Gewerbsmäßigkeit vorhanden war.

Ich glaube, man muss da sehr stark unterscheiden, um welche Deliktsbereiche es sich handelt. Im Bereich der organisierten Kriminalität ist der Suchtgifthandel ein Teil der Fi­nanzierung der organisierten Kriminalität. Für die organisierte Kriminalität ist der Sucht-


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gifthandel immer einer, der sozusagen auf das Erzielen von Einkommen ausgerichtet ist. In diesem Bereich wird es wahrscheinlich zu mehr als 90 Prozent der Fall sein, dass jeder Drogendealer, der versucht, Drogen an andere weiterzuverkaufen, dies in der Ab­sicht macht, daraus ein regelmäßiges Einkommen zu erzielen. (Abg. Stefan: Aber nicht nur in der Öffentlichkeit!)

Dazugekommen ist, dass wir feststellen konnten, dass diese Szene sich vermehrt in die Öffentlichkeit verlagert hat und es dort dann zu einer Austauschbarkeit gekommen ist, denn die organisierte Kriminalität wechselt Personen aus. In dem Moment, in dem sie merken, dass sie einer verstärkten Strafbarkeit zugeführt werden können, werden die Personen gewechselt.

Das ist jetzt der Punkt, warum wir das ändern, nämlich dass wir einen Schlag gegen die organisierte Kriminalität setzen, indem Drogenkriminalität nicht mehr als Teil des öf­fentlichen Raumes zustande kommen kann. Ich glaube daher, dass das ein richtiger Weg ist.

Sie werfen uns vor, dass wir keine Begutachtung gemacht haben. Ja, ich bin auch im­mer ein Fan von Begutachtung. Aber in diesen Fällen, wenn man wahrnimmt, dass die derzeitige Regelung nicht zum Ziel führt, dann kann es, glaube ich, nur eine Lösung ge­ben, nämlich die Regelung schnell zu reparieren. Das ist genau der Punkt: Wir reparie­ren ganz schnell. (Zwischenruf des Abg. Darmann.)

Wir merken bereits, dass die Drogenszene zurückgeht, da sie weiß, dass ein neues Gesetz in Kraft tritt. (Abg. Bösch: Von welcher Drogenszene reden Sie?) – Wir mer­ken, dass sich die Drogenszene ändert, und wir reagieren damit völlig richtig, Herr Kol­lege, völlig richtig! Das ist ein Schlag gegen die organisierte Kriminalität. (Abg. Hagen: Ich bin vorgestern mit der U6 gefahren, das musst du dir einmal anschauen! Das ist Schwachsinn! – Abg. Bösch: Realitätsverweigerung ist das!) – Herr Kollege, wenn Sie sehen, dass der öffentliche Raum von der Drogenkriminalität in Anspruch genommen wird, dann frage ich mich, warum Sie heute nicht einer Verschärfung zustimmen, wo al­le Bezirksvorsteher der betroffenen Bezirke – 6, 7, 8 und 9 – sagen: Wir brauchen die Verschärfung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wenn Sie für die Verschärfung sind, warum stimmen Sie dann heute nicht zu? (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Darmann und Walter Rosenkranz.– Das ist nämlich die Chuzpe, die Sie dabei haben, Sie wollen eine Verschärfung, wir machen sie, und Sie stimmen trotzdem dagegen. Sie sind unehrlich, Herr Kollege von der FPÖ! Sie sollten hier wirklich einmal zustimmen, wenn es notwendig ist, dass wir zum Schutz der Kinder auftreten, dass wir zum Schutz des öffentlichen Raumes auftreten, und dass wir im öf­fentlichen Raum Drogenhandel keinen Platz mehr einräumen. Hier sollten Sie mit uns gehen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Walter Rosenkranz: Wissen Sie, was der öffentli­che Raum ist? Können Sie die Frage des Kollegen Stefan beantworten, was der öffent­liche Raum ist? Sie können es gar nicht!)

Ich bedanke mich für diese Frage, Herr Kollege Rosenkranz, weil der Herr Kollege Ste­fan offensichtlich nicht genau gelesen hat und weil der Herr Kollege Stefan offensicht­lich nicht mit den Experten geredet hat.

Es ist ganz klar: Im öffentlichen Raum ist alles nun dabei, sogar das Stiegenhaus ist als öffentlicher Raum nun dabei. Es gibt keinen öffentlichen Raum mehr, der nicht um­fasst wäre. Überall, wo eine öffentliche Wahrnehmung da ist, gibt es nicht mehr die Mög­lichkeit, Drogenhandel zu betreiben, ohne gleichzeitig die Gefahr der Verhängung der Untersuchungshaft zu haben.

Das ist der essenzielle Punkt in dieser Novelle, dass jeder, der in diesem öffentlichen Raum – sei es ein Stiegenhaus, sei es auf der Straße, sei es auch in einem öffentli­chen Gebäude – Drogenhandel betreibt, nun sofort festgenommen und auch der Unter­suchungshaft zugeführt werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren, das ist die richtige Lösung, und dafür bedanke ich mich ganz herzlich bei den Experten des Justizministeriums, bei den Experten des Innenministe­riums, die diesen Vorschlag gemeinsam ausgearbeitet haben, um der aktuellen Be­kämpfung der Drogenkriminalität verstärkt Einhalt zu gebieten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Walter Rosenkranz: Ein Wahnsinn! Ein Klo im Bahnhof, wenn zwei reingehen und ich sehe das, dann ist das ein öffentli­cher Raum?!)

12.25


Präsident Karlheinz Kopf: Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordne­tem Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


12.25.32

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Bei dieser Gesetzesänderung geht es letztendlich um eine Situation, die sich auf zwei U-Bahn-Stationen in Wien bezieht – die U-Bahn-Station Thaliastraße und die U-Bahn-Station Josefstädter Straße. Jeder, der die Gesetzwerdung beobachten kann, weiß, dass die Situation dort eine entscheidende Rolle dabei gespielt hat.

Ich selbst wohne etwa einen Kilometer von diesen U-Bahn-Stationen entfernt, habe daher ein gutes Bild davon, was sich dort abspielt. Ich habe mir auch die Mühe ge­macht, dorthin zu gehen und vor allem mit den Geschäftsbesitzern zu reden, da diese natürlich Beobachtungen machen, weil sie sich den ganzen Tag dort befinden. Der Erste, mit dem ich geredet habe, war ein Besitzer einer Döner-Imbissbude direkt an der Josefstädter Straße. Er hat gesagt, Probleme mit Dealern gibt es dort seit drei Jahren, und er vermutet, dass das mit der Renovierung des Karlsplatzes zusammenhängt, da das zeitlich zusammenfällt, und dass sich die Szene verlagert hat.

Dann war ich in einem Supermarkt gegenüber der U-Bahn-Station Josefstädter Straße. Dort hat man mir gesagt: Seit ungefähr acht Monaten kann man eine Zunahme an Dea­lern in der Umgebung der U-Bahn-Station Josefstädter Straße feststellen.

Dann war ich am Yppenplatz. Das ist eine Wohngegend, die sich in einer Entfernung von etwa 50 Meter bis 100 Meter von der U-Bahn-Station befindet. Dort hat man ge­sagt: Na ja, seit Ende 2014 in etwa. Aber, hat einer gesagt, jetzt im Winter ist es etwas besser, im Sommer wird es problematischer, wenn es warm wird, dann nimmt auch die Dealer-Szene zu.

In einer Bäckerei in der Neulerchenfelder Straße hat man gesagt: Es gibt seit über ei­nem Jahr Probleme. Und auch dort wieder die interessante Feststellung: Jetzt ist es weniger arg, im Sommer ist es schlimmer. In unmittelbarer Nähe in der Neulerchenfel­der Straße wurde mir in einem Handyshop berichtet: Die Probleme gibt es seit zwei Jahren.

Ich könnte jetzt diese Schilderungen fortführen, ich war in ungefähr eineinhalb Dutzend Geschäften. Das Bild ist immer ähnlich. Die Aussage ist: Ja, es gibt eine Zunahme an Dealern in dieser Gegend. Und diese Zunahme an Dealern gibt es seit – das geht jetzt ein bisschen auseinander – ein, zwei, drei Jahren.

Niemand hat mir gesagt: Die gibt es seit Anfang des Jahres. (Abg. Hagen: Aber es ist intensiver geworden!) – Das ist deswegen ein zentraler Zeitpunkt, weil seitdem nämlich diese Gesetzesänderung in Kraft ist, die der Herr Justizminister uns vorgelegt hat und der viele zugestimmt haben. Das heißt, offensichtlich hat die Problematik dort nichts un­mittelbar mit der Änderung der Gewerbsmäßigkeit zu tun, sondern es ist vielmehr so, dass es in einer Großstadt wie Wien immer eine Dealer-Szene gegeben hat und diese Dealer-Szene sich aufgrund unterschiedlichster Gründe verlagert. Ich bin jetzt zu wenig Kommunalpolitiker – auch wenn ich Wiener bin –, um das analysieren zu können. Of-


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fensichtlich hat sich diese Dealer-Szene in den letzten ein, zwei, drei Jahren unter an­derem in diese zwei U-Bahn-Stationen verlagert.

Jetzt haben wir Folgendes gemacht: Wir haben das Strafgesetzbuch geändert, und jetzt kommen wir drei, vier Monate danach mit einer neuerlichen Gesetzesänderung. Dazu kommt noch – das hat der Kollege von der FPÖ richtig angesprochen –, dieser Antrag kommt jetzt ohne Begutachtungsverfahren.

Ich bin für eine andere Vorgangsweise. Ich bin dafür, dass man mit Gesetzesänderun­gen, gerade im Strafgesetzbuch, seriös umgeht.

Das heißt erstens: Ich hätte gerne eine Begutachtung gehabt. Ich habe diese Begut­achtung auch im Justizausschuss mit dem Kollegen Scherak von den NEOS beantragt. An dieser Begutachtung hat es kein Interesse gegeben.

Mich hätte interessiert, wie Experten diese Bestimmung sehen, die jetzt beschlossen werden soll.

Zweitens: Ich hätte gerne gehabt, dass man sich relativ spezifisch die Situation vor Ort anschaut und analysiert, was die Ursachen für die Probleme dort sind, nämlich was sie wirklich sind, wenn schon vor ein, zwei, drei Jahren offensichtlich die Probleme zuge­nommen haben. Und dann hätte man darüber nachdenken müssen, was man tun kann.

Das Problem, das ich sehe, ist, dass die Änderung eines Strafparagraphen immer die einfachste Lösung ist, da sie in der Regel wenig kostet und irgendwie martialisch wirkt und sich jeder davon eine große Wirkung verspricht. In der Regel ist es aber oft so, dass das Strafrecht gesellschaftspolitisch am wenigsten bewirkt, auch wenn es die ein­fachste Antwort ist.

Frau Professor Beclin hat sich diesen Antrag angeschaut und analysiert, und sie sagt: Positive Effekte auf die Kriminalitätslage sind von der geplanten Verschärfung daher nicht zu erwarten.

Leider gibt es keine tiefergehende Beschäftigung damit. Ich glaube, dieses Gesetz hät­te eine Begutachtung verdient; für Schnellschüsse stehen wir nicht zur Verfügung. – Dan­ke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.30


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim ist der nächste Redner. – Bitte.

 


12.30.47

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kol­leginnen und Kollegen! Ich glaube, man muss nicht Lokalpolitiker sein, um zu erken­nen, dass es Handlungsbedarf gibt, der ein umgehendes Aktivwerden des Parlaments notwendig macht, wenn man sich in der Thaliastraße und in vielen anderen Bereichen anschaut, was sich dort momentan abspielt und von den unterschiedlichsten Berei­chen, also völlig abseits der politischen, gesellschaftlichen Ausrichtung, der Appell kommt, mit diesen Verhältnissen aufzuräumen und das zu beenden.

Daher verstehe ich absolut nicht die Kritik daran, dass wir sicherstellen, dass es noch vor dem Sommer diesbezüglich zu einer Entscheidung kommt und noch vor dem Som­mer Tätigkeiten und Aktivitäten der Polizei ermöglicht werden, die diese Missstände be­enden.

Es ist auch von der gesamten Suchtmittelberatung, von all den Kräften, die in dieser Szene tätig sind, dieser Appell gekommen, diesbezüglich aktiv tätig zu sein. Wir haben auf der anderen Seite im Rahmen der Strafgesetznovelle lange Zeit darüber diskutiert, wie man mit der sogenannten Gewerbsmäßigkeit umgeht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 55

Durch den Umstand, dass wir in der Vergangenheit immer wieder feststellen mussten, dass sich jetzt Gerichte, Staatsanwälte in sehr hohem Maße mit sogenannten – unter Anführungszeichen – „Hendldieben“ beschäftigen, indem man bei einer gestohlenen Zahn­pasta-Tube Gewerbsmäßigkeit konstruiert und die Leute eingesperrt hat, und dadurch, dass eigentlich all dieser Aufwand, diese Kompetenzen und diese Aufwendungen in den Großkriminalitätsbereich, dort, wo etwa organisierte Kriminalität gegeben ist, hineinflie­ßen müssen, war es notwendig geworden, eine eindeutige gesetzliche Regelung zu schaffen, dass man eben als neue Zielrichtung die Großkriminalität und nicht die Kleinst­kriminalität geschaffen hat, in der es natürlich relativ leicht ist, einen Erfolg einzufahren. Denn jemand, der eine Zahnpasta in der Hand hat, den kann man natürlich relativ leicht überführen und einsperren – und man hat dann einen Fall gelöst. Das ist vielleicht menschlich verständlich, aber es ist für den Gesetzgeber unakzeptabel.

Daher ist es einhellige – ich nehme an, der Herr Justizminister wird das heute auch noch darlegen – Fachmeinung gewesen, die Gewerbsmäßigkeit zu ändern.

Und da wir diese Missstände jetzt eben im Suchtmittelbereich erleben, haben wir auch im Suchtmittelgesetz die entsprechende Bestimmung nachgeschärft. Es gibt also eine Judikatur zu den unterschiedlichen Begriffen, und man soll da nicht so tun, als wäre das alles – Herr Kollege Stefan, es ist eigentlich eines Notars und eines Kollegen unwür­dig, wo wir sonst eigentlich immer ein hervorragendes Gesprächsverhältnis haben –, als wäre es absolut nicht vorhersehbar, wo das hingeht.

Wir haben Begrifflichkeiten gefunden, die ja wieder von Experten mitentwickelt worden sind, mit denen wir ganz genau, jetzt nahezu wie mit einem Lasermesser, jene Berei­che erfassen, wo diese Missstände stattfinden, und zukünftig – ab dem Sommer – wird sichergestellt, dass diese unerträglichen Verhältnisse so nicht mehr sein werden.

Ich möchte mich bei all jenen bedanken, die dazu beigetragen haben, dass wir eine der­art schnelle Lösung finden konnten. Ich glaube, das ist das Service, welches das Parla­ment der Bevölkerung liefern kann, das sie erwarten kann und das wir auch umsetzen können, müssen und auch tatsächlich getan haben. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.34


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


12.34.23

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kollege Jarolim, man kann sich das Ganze lang und breit schönreden, aber deswegen wird es auch nicht besser. Ich meine, es sind hier drei Parteien, die doch sehr unter­schiedliche Zugänge zur Frage der Gewerbsmäßigkeit und zur Frage, wie man mit der Drogenszene umgeht, haben. Die FPÖ ist da auf der ganz klaren Linie von Law and Order und für mehr Bestrafung und glaubt, dass dies das Allheilmittel ist, aber Kollege Stefan hat trotzdem recht mit seiner Kritik diesen Antrag betreffend. Auf der anderen Seite stehen Kollege Steinhauser und ich, die auch sagen, dass mit diesem Antrag et­was schlichtweg nicht stimmt und dass dieser nicht sinnvoll ist.

Wir haben klar und deutlich gehört, wieso wir die Gewerbsmäßigkeit entsprechend adap­tiert haben. (Abg. Jarolim: Ihr seid der Wahrheit verhaftet!) – Das ist ja auch wahrhaf­tig, was ich hier spreche. Wir haben die Gewerbsmäßigkeit entsprechend geändert, weil eben die große Problematik gegeben war, dass ganz viele Leute aufgrund von eher nicht so relevanten Delikten, wie das Stehlen von Zahnpasta und so weiter, dem­entsprechend dann auch in die U-Haft gekommen sind. Wir wissen, dass es eines der größten Probleme in Österreich ist, dass die meisten Leute, die als Kleinkriminelle in die U-Haft hineinkommen, dann eher als Großkriminelle wieder rauskommen.


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Genau deswegen haben wir damals zu Recht beschlossen, dass wir die Bestimmun­gen zur Gewerbsmäßigkeit entsprechend adaptieren, damit wir diese Problematik nicht mehr haben.

Jetzt ist dieses Gesetz seit dem 1. Jänner in Kraft und angeblich – Kollege Steinhauser hat mit seinem Lokalaugenschein auch noch sehr schön dargelegt, wieso das offen­sichtlich nicht so ist – ist seitdem alles ganz anders bei den zwei betreffenden U-Bahn-Stationen.

Wir haben auch versucht, ein bisschen herauszufinden, ob es dafür klare statistische Nachweise gibt. – Wir haben es nicht herausgefunden. Was wohl eher Fakt ist, ist, dass sich die Drogenszene, die in einer Großstadt wohl immer irgendwo ist, ganz einfach verlagert hat. Wir haben in Wien die Drogenszene früher am Karlsplatz gehabt, es gab Zeiten, in denen sie am Margaretengürtel war – dort ist sie übrigens immer noch in vie­len Bereichen –, jetzt gibt es die Situation eben bei der Thaliastraße. Das heißt, es gibt eine Drogenszene in Wien, und diese verlagert sich entsprechend.

Offensichtlich gibt es jetzt diesbezüglich einen entsprechenden Aufruhr, und ÖVP und SPÖ versuchen, mit einer Änderung im Suchtmittelgesetz dieser Situation Herr zu wer­den. Das macht allein schon deswegen keinen Sinn, weil es keine Begutachtung ge­geben hat und wir in keiner Art und Weise sinnvolle Stellungnahmen einholen konnten, ob es von Expertensicht so gesehen wird, dass damit das Problem in den Griff bekom­men wird.

Kollege Steinhauser und ich haben im Ausschuss die Begutachtung beantragt; sie wur­de abgelehnt. Das ist für mich nicht nachvollziehbar, denn gerade bei so einer Ver­schärfung, die von Ihnen beiden nicht sinnvoll begründet wird, wäre es sinnvoll, auch ei­ne Begutachtung durchzuführen.

Abgesehen davon bin ich weiterhin der Meinung, dass wir mit den jetzigen Bestimmun­gen zur Gewerbsmäßigkeit klar das Auslangen finden würden. Es wäre unter Umstän­den ein größerer Aufwand, aber es wäre ohne Weiteres möglich, denn mir kann nie­mand erklären, dass, wenn ein Dealer bei der U-Bahn-Station Thaliastraße steht und tagtäglich versucht, sich damit ein entsprechendes Einkommen zu erwirtschaften, das nicht unter die Bestimmungen der Gewerbsmäßigkeit fällt.

Was Sie noch versuchen, ist, dass über das Suchtmittelgesetz in Zukunft öffentliches Ärgernis vermieden wird. Das ist völlig falsch, das ist das falsche Gesetz, das gehört ins Verwaltungsstrafrecht. Das hat im Suchtmittelgesetz schlichtweg nichts zu suchen und zeigt auch nur, dass Sie nicht sonderlich viel darüber nachgedacht haben, was Sie eigentlich wollen.

Als besonderes Schmankerl zum Schluss komme ich zu dem, was mich an Ihrem An­trag am meisten verwundert hat. In den Erläuterungen schreiben Sie nämlich, Sie wol­len zwar das Dealen in der Öffentlichkeit bestrafen, aber – und jetzt zitiere ich – dass dadurch die Zahl der Dealer durch Festnahmen nicht zurückgehen wird, weil eine hohe Austauschbarkeit der Dealer besteht. – Zitatende.

Erklärt mir jetzt bitte irgendwer, was das bewirken soll? – Sie sehen, es gibt eine hohe Austauschbarkeit, es wird die Zahl der Dealer nicht zurückgehen, und Sie versuchen, mit dieser Regelung irgendwas zustande zu bringen. Das heißt, Sie wissen es selbst, Sie werden das Ziel nicht erreichen, aber Sie machen es halt einmal, weil es entspre­chend funktioniert. (Abg. Fekter: Und Sie wollen nur zuschauen, oder wie?!) – Nein, Frau Kollegin Fekter, wir wollen nicht zuschauen, aber Sie werden, wenn Sie selbst in Ihrem Antrag reinschreiben, dass mit dem Mittel, das Sie hier vorschlagen, die Aus­tauschbarkeit weiterhin gegeben sein wird und die Anzahl der Dealer auch weiterhin so hoch sein wird – das gestehen Sie ja selbst ein in diesem Antrag –, dem Problem nicht Herr werden.


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Was man tun muss, ist, sich grundsätzlich die Frage zu stellen, wie man diese Dro­genszenen, die es in Großstädten immer gibt, in den Griff bekommt. Es hat sehr viel mit Prävention zu tun, dass junge Menschen erst gar nicht dazu verleitet werden, Dro­gen zu konsumieren. Das hat auch damit zu tun, dass ich Dealer eben nicht so schnell in die U-Haft nehme und sie nachher wahrscheinlich noch krimineller hinauskommen als sie hineingegangen sind.

Wir müssen hier jedenfalls ansetzen, da gebe ich Ihnen recht! Man kann nicht einfach zuschauen. Es ist eine unerträgliche Situation. Es ist auch für viele Bewohner an die­sen zwei U-Bahn-Stationen eine unerträgliche Situation. Aber so werden Sie das Pro­blem sicher nicht in den Griff bekommen! Sie machen eine Anlassgesetzgebung, die gut klingt, die in den Medien offensichtlich gut rüberkommt, die vielleicht bei der Polizei gut ankommt, aber das Problem an sich werden Sie damit keinesfalls lösen. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

12.39


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.

 


12.39.35

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Justizminister! Lösungen habe ich von den Oppositionsparteien nicht ge­hört, sondern nur Kritik an dem, was die Kollegen Steinacker und Jarolim in ihrem An­trag vorschlagen. Ich bedanke mich bei den beiden dafür, dass es uns damit gelingt, ganz rasch auf die äußerst unangenehme Ausweitung der Drogenszene zu reagieren.

Wie gesagt, seit etwa einem halben oder Dreivierteljahr ist die Drogenszene massiv in Bewegung geraten, und es hat eine enorme Belästigung im öffentlichen Raum gege­ben. Dealen auf offener Straße hat dermaßen dramatisch zugenommen, dass sich die Politiker vor Ort, die Bezirksvorsteher, aber auch die Bürgerinnen und Bürger und die Ge­schäftsleute gemeldet und gesagt haben, dass man da etwas tun muss.

Junkies und Dealer mit der dazugehörigen Begleitkriminalität verunsichern die Bevöl­kerung, und in den betroffenen Gebieten ist das auch exorbitant geschäftsschädigend. Ganze Viertel kommen dadurch herunter, und da müssen wir gegensteuern. Es ist ein erhebliches Sicherheitsrisiko und erweist sich als öffentliches Ärgernis.

Das heißt, wir erlassen hier nicht nur ein Gesetz gegen die Dealer und Junkies, son­dern wir erlassen ein Gesetz für die Bevölkerung vor Ort, weil wir mit einer neuen Qua­lifikation das Dealen im öffentlichen Raum unter strengere Strafe stellen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Franz.)

Derzeit hat die Polizei relativ wenige Möglichkeiten, diesem Drogendealen im öffentli­chen Raum Herr zu werden. Die Gründe wurden schon erwähnt: Die Junkies und Dea­ler berufen sich auf die kleine Menge, auf den Eigenbedarf, und seit wir die strafrecht­lich relevante Gewerbsmäßigkeit verändert haben, ist bedauerlicherweise im Suchtmit­telbereich eine Art – unter Anführungszeichen – „Liberalisierung“ eingetreten, die wir so mit Sicherheit nicht haben wollen. Die Drogenliberalisierung – ob de jure, de facto, las­se ich einmal dahingestellt – ist ein Irrweg, den wir mit dem Suchtmittelgesetz sofort kor­rigieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Dazu kommt, dass mit den offenen Grenzen und den fehlenden Grenzkontrollen, die wir hatten, natürlich auch Kriminelle zu uns gekommen sind und sich die Szene da­durch insgesamt ausgeweitet hat. Wir reagieren darauf mit einer Strafverschärfung und einer besonderen Qualifikation: Das Dealen im öffentlichen Raum wird schärfer bestraft. Das wiederum erlaubt der Polizei, bei Vorliegen von Haftgründen Untersuchungshaft zu verhängen beziehungsweise Festnahmen tätigen zu können.

Wir wollen keine Drogendealer im öffentlichen Raum haben. (Abg. Stefan: Auch sonst nicht!) Sie sollen wissen, dass wir dagegen scharf vorgehen werden. Es ist zwar richtig,


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dass die Mobilität der Personen beim Dealen groß ist, aber sie orientieren sich auch daran, wo es leicht und ohne Probleme möglich ist, und sie vermeiden jene Bereiche, in denen die Polizei genauer hinschaut und eine Handhabe hat. Wir geben der Polizei heute diese Handhabe, um einzuschreiten. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Franz.)

12.43


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ha­gen. – Bitte.

 


12.43.57

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Bei uns gibt es einen kleinen Unterschied, Frau Kollegin Fekter: Wir vom Team Stronach wollen gar keine Drogendealer, und wir wollen rigoros verhindern, dass das passiert. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ. – Abg. Fekter: Und wir sind keine Träumer!)

Wir haben auch schon gehört, dass es da Handlungsbedarf gibt. Ja, es gibt Handlungs­bedarf, da stimme ich Ihnen zu. Der Kollege von der FPÖ hat hier sehr ausdrücklich erklärt, wo die Probleme liegen, und ich glaube, es waren nur die FPÖ und wir, die mit den Polizisten draußen gesprochen und die Lage und deren Problemstellen wirklich er­kannt haben. Die anderen dürften mit irgendjemandem gesprochen haben, aber nicht mit der Polizei. (Abg. Fekter: Das ist ja mit dem Innenministerium gemeinsam erarbei­tet worden!) – Frau Kollegin! (Abg. Fekter: Die Polizisten draußen kennen ja die neue Regelung nicht!) – Nein, aber sie wissen, wo die alte hapert, und zwar ganz gewaltig, und dass sich dadurch nichts verbessert. Jetzt müssen Sie mir aber zuhören – ich bin ja auch Polizist – und hören, was ich Ihnen zu sagen habe.

Frau Kollegin Fekter, ich habe festgestellt, dass das Gesetz ein Problem ist. Sie wissen selbst, dass erst die dritte Tat dazu führt, dass die Polizei richtig einschreiten und an­zeigen kann. Wir haben hier auch schon gehört, dass die Polizisten von den Drogen­dealern gar nicht ernst genommen werden, und das stellt ein großes Problem dar. Wer kann schon nachweisen, dass jemand zwei weitere Taten geplant hat? – Das wird kei­ner zugeben. Das ist ein theoretisches Gesetz gewesen, und das kann in der Praxis nicht funktionieren.

Ich wohne in der Nähe des neuen AKH, an der U6, und ich kann Ihnen aus meiner Er­fahrung berichten. Ich bin dort schon siebeneinhalb Jahre, und ich habe dort schon sehr viel miterlebt. Aber eines kann ich nicht bestätigen, Herr Kollege Steinhauser, und zwar, dass es das Problem schon vorher, bevor das Gesetz geändert worden ist, in dieser Di­mension gegeben hat. Ich kann es Ihnen ganz klar sagen: Es hat natürlich schon vor­her Drogendealer gegeben, und das weiß jeder. In der U6 sitzt vorn und hinten ein Schwarzafrikaner, und wenn sie eine längere Strecke gefahren sind, dann werden sie im­mer wieder ausgewechselt. Es weiß jeder, der auch genau hinschaut, dass dort irgend­etwas geschoben wird. Ich als Polizist habe gelernt, genau hinzuschauen, und mir fällt das sehr oft auf.

Nur das Problem, das es jetzt noch gibt, ist, dass das gar nicht mehr versteckt oder ver­deckt, sondern öffentlich gemacht wird – auf Deutsch gesagt: Die scheißen sich gar nichts mehr! (Ruf bei der SPÖ: Hallo! Hallo!) Und das ist ein großes Problem. Man sieht da, wie die Strafjustiz oder die Abschreckung funktioniert, meine Damen und Herren – näm­lich gar nicht. Und das ist ein großes Problem.

Wenn ich mir jetzt genauer anschaue, wie dieses Gesetz in der Form, wie wir es jetzt abändern wollen, wirkt, dann weiß ich nicht, ob Sie schon einmal darüber nachgedacht haben, wie das künftig funktionieren wird. Wenn es nicht mehr im öffentlichen Raum stattfindet, wie wir es jetzt noch haben, dann verlagert sich das in den Gemeindebau.


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Wer sind denn diese Drogendealer? – In der Uni vor zehn Jahren hat man uns schon Fallbeispiele aus dem Votivpark gebracht. Da hat es geheißen: der Schwarzafrikaner. Und wenn Sie jetzt genau schauen und mit den Polizisten reden, dann hören Sie auch, dass der Großteil Schwarzafrikaner sind, meistens welche, die den Asylbescheid nega­tiv ausgestellt bekommen haben oder noch darauf warten – sie werden ihn aber hof­fentlich auch negativ ausgestellt bekommen. (Zwischenruf der Abg. Yilmaz.) Das Pro­blem ist nur: Das sind genau die Fälle, die wir nicht loswerden, und darüber haben wir gestern schon lange diskutiert.

Meine Damen und Herren, ich denke, da besteht Handlungsbedarf. Dieses Gesetz stellt nicht sicher, dass dieses Problem behoben wird. Ich gebe ganz klar zu: Den Drogen­handel werden Sie damit nicht zu 100 Prozent unterbinden, aber er wird erschwert, und er wird nicht so durchgeführt, dass unbeteiligte Personen auf den Straßen dadurch be­lästigt werden. Wir kennen alle diese Beispiele und diese Schlagzeilen, die es vor Kur­zem gegeben hat.

Ich bin am Montag und am Dienstag auch mit der U6 unterwegs gewesen, habe das dort gesehen, diese offenen Drogenbandenkriege, Schlägereien an den Stationen mit diesen Menschen. Die Polizei war Gott sei Dank vor Ort, ist eingeschritten – verdeckte Ermittler, aber immerhin: Es passiert etwas. Ich sage ein großes Lob der Polizei, sonst würde es noch viel schlimmer zugehen. Aber sie hat die besten Bedingungen verdient und nicht die schlechtesten.

Deswegen kann ich zum FPÖ-Antrag – zurück an den Start, zu den alten gesetzlichen Gegebenheiten – sagen: Das ist in diesem Fall der richtige Schritt, und nur diesem wer­den wir zustimmen. Diesem Gesetz in der Form, wie Sie es jetzt ändern werden, das zahnlos sein und wahrscheinlich sogar noch mehr Probleme bringen wird, können wir leider nicht zustimmen. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.49


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Bundesminister Dr. Brandstetter hat sich zu Wort ge­meldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


12.49.27

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Präsident! Ich wollte die Gelegenheit schon wahrnehmen, ganz kurz auf einiges einzugehen, was hier an Äuße­rungen gefallen ist.

Zuallererst möchte ich nur klarstellen: Sowohl die Änderungen im Strafgesetzbuch mit der Einschränkung der Gewerbsmäßigkeit als auch die jetzt vorgeschlagene Neurege­lung im Suchtmittelgesetz erfolgten selbstverständlich im Einvernehmen mit dem In­nenministerium, und ich kann Ihnen auch versichern: Ich bin natürlich ständig auch mit Polizeibeamten in Kontakt, und das erste Gespräch über die Notwendigkeit, diesbe­züglich etwas Spezielles zu tun, das hatte ich, wenn ich mich richtig erinnere, am 3. oder 4. Jänner mit dem Wiener Polizeipräsidenten, der mir da eben auch einiges an In­formationen geliefert hat.

Ich bin aber auch dem Kollegen Steinhauser dafür dankbar, dass er klargemacht hat, dass sozusagen die Reduzierung der Gewerbsmäßigkeit im alten Strafrecht keine Kau­salität für dieses sich speziell in Wien ausbreitende Phänomen des Drogenhandels im öffentlichen Raum hatte.

Dazu muss man schon sagen: Das ist etwas Spezifisches, das ist etwas Besonderes, das braucht auch eine spezielle Reaktion. Das ist eben nicht nur der Drogenhandel – schlimm genug –, sondern so, wie das überhandgenommen hat, hatten – und das ist ja angeklungen – die Leute den Eindruck: Die Polizei wird dem nicht mehr Herr, sie kann nichts mehr dagegen tun. Da ist in Wirklichkeit ein weiteres Rechtsgut betroffen, näm-


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lich das Vertrauen der Bevölkerung in die Möglichkeit der Sicherheitsbehörden, da auch wirklich einzuschreiten und die effektiven Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind. Daher: Ein spezielles Phänomen braucht spezielle Maßnahmen. Das erfolgte auch im­mer im Einvernehmen mit dem Innenministerium.

Ich möchte der Frau Abgeordneten Fekter durchaus recht geben, wenn sie sagt: Na ja, die meisten Abgeordneten haben eigentlich keine klaren Lösungen für dieses Problem. Diese wird es wohl auch nicht so leicht geben. Aber einen muss ich von dieser Kritik schon ausnehmen, das ist der Justizsprecher der FPÖ, Abgeordneter Stefan. Er hat ei­ne klare Lösung vorgeschlagen, eine ganz klare – aber sie ist falsch.

Ich sage Ihnen auch, warum sie falsch ist: Die Rückkehr zur früheren Regelung würde dazu führen, dass wir genau die Fälle wieder hätten, für die wir früher zu Recht kritisiert wurden, auch hier im Haus kritisiert wurden. Dann haben wir wieder die Fälle, in denen etwa jemand wegen eines Ladendiebstahls, begangen an Zahnpasta oder Zahnbürs­ten, einige Wochen in Untersuchungshaft marschiert, weil man davon ausgeht: Na ja, das war sicher gewerbsmäßig, der wollte sich da ein Warenlager anlegen und diese Dinge eben verkaufen.

Im gravierendsten Fall, der mir noch in Erinnerung ist – und darüber wurde sicher auch hier im Haus debattiert, das war erst im Vorjahr –, ging es um jemanden, der einen Ladendiebstahl an einer Flasche Whiskey begangen hat. Er war unbescholten. Nach vier Wochen Untersuchungshaft hat sich herausgestellt: Es war ein rumänischer Wan­derarbeiter, der sich mit dem Verkauf dieser Flasche Whiskey die Busfahrkarte in die Heimat finanzieren wollte. Das war die Realität, und für diese Fälle wurden wir damals kritisiert – meiner Meinung nach durchaus auch zu Recht.

Das war der Grund, weshalb man sagen musste: Wenn solche Fälle möglich sind, dass wegen solcher Delikte tatsächlich eine mehrwöchige Untersuchungshaft rechtlich möglich ist und die Konsequenz sein kann, dann wollen wir eine entsprechende Ein­schränkung haben. Daher haben wir die Gewerbsmäßigkeit im alten Strafrecht geän­dert.

Das ist ein Punkt, der auch für die Schülerinnen und Schüler aus den Bundesländern eine interessante Frage ist. Soll jemand wegen des Ladendiebstahls an einer Zahn­pasta, einer Zahnbürste oder allenfalls auch einer Flasche Whiskey mehrere Wochen in Untersuchungshaft verbringen, wenn sich nachher herausstellt, er war völlig unbe­scholten? Soll das wirklich der Fall sein? Soll das möglich sein? Ist das etwas, was unsere Rechtsordnung wirklich tragen soll? – Nein, sage ich. Daher wollen wir nicht zu der alten Regelung zurück. Sie war in diesem Punkt problematisch, und deshalb haben wir sie geändert.

Was wir jetzt machen, ist auch nur möglich – und das möchte ich noch einmal beto­nen –, weil wir ein so konstruktives Klima im Justizausschuss haben und die Koopera­tion mit den Justizsprechern der beiden Regierungsparteien so gut funktioniert. Sonst könnten wir gar nicht so schnell auf dieses Phänomen reagieren, sonst wäre es gar nicht möglich, so rasch eine mit dem Innenressort abgesprochene Regelung vorzuschla­gen, die im Prinzip genau das leisten müsste, was sie leisten muss, nämlich dieses Phänomen des Drogenhandels im öffentlichen Raum so zu regeln, dass die Polizei die Handhabe bekommt, die sie braucht, um diese Dinge im Interesse der Bürger entspre­chend abzustellen. Daher gibt es eine rasche Lösung und auch den Verzicht auf eine Begutachtung. Aber die Diskussion im Justizausschuss war sehr ausführlich, sehr kons­truktiv. Ich bedanke mich an dieser Stelle dafür.

Aber eines möchte ich hier schon auch ausdrücklich deponieren: Wenn wir in diesen Fällen des Drogenhandels im öffentlichen Raum verstärkt wieder die Untersuchungs­haft für einige Wochen verhängen können, darf man nicht glauben, dass das Problem damit gelöst ist. Das ist es nicht. Das Problem ist letztlich natürlich auch – und da bin


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ich beim Wiener Bürgermeister, der sich sehr intensiv damit beschäftigt hat – ein Pro­blem der Ursachen dieser Form von Kriminalität. Da muss man ganz klar sagen, ich verkürze es jetzt: Wenn der Migrationsdruck – damit hat es natürlich auch zu tun – grö­ßer als die Integrationsmöglichkeiten ist, dann entsteht als Ventil zwangsläufig Krimina­lität in verschiedenster Form; das ist selbstverständlich.

Das ist auch der Grund, weshalb die Regierung jetzt genau das macht, was notwendig und sinnvoll ist: Den Migrationsdruck eindämmen, nicht zuletzt, um die Integrationsmög­lichkeiten zu verbessern. Das ist mir auch in qualitativer Hinsicht so wichtig. Es geht nicht darum, jetzt etwa auf Kapazitätsprobleme in den Haftanstalten zu reagieren, über­haupt nicht, nein. Wir haben dort vor allem ein qualitatives Problem, denn wenn ich die­se Probleme wirklich nachhaltig lösen will, dann muss ich denen, die jetzt wieder ver­stärkt in Untersuchungshaft und in Haftanstalten kommen werden, dort eine Chance bie­ten, dass sie irgendetwas Vernünftiges lernen, damit nicht nachher, wenn sie enthaftet werden, das Gleiche wieder von vorn beginnt.

Das ist die wirkliche Aufgabe, der wir uns stellen müssen. Das ist das, was ich mit ei­ner Gesamtreform unserer Haftanstalten vorhabe, und da bitte ich um Ihre Unterstüt­zung im Sinne einer qualitativen Verbesserung der Ausbildungs- und Beschäftigungs­möglichkeiten in den Justizanstalten. Das kann allenfalls diese Probleme nachhaltig lö­sen. Das ist das, was wir, glaube ich, alle zusammen eigentlich erreichen sollten. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

12.55


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Troch. – Bitte.

 


12.55.58

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Tatsache ist, es gibt eine spürbare Zunahme des Drogen­handels in sehr aggressiver Form. Wenn Gruppen von mehreren Dealern sehr gezielt auf Passanten zugehen, dann kann das schon als sehr bedrohlich aufgefasst werden.

Das Suchtmittelgesetz wird jetzt verbessert. Dazu ist zu sagen: Es hat eine breite Dis­kussion gegeben. Der Bezirksvorsteher von Ottakring hat beispielsweise zu einer Kri­sensitzung eingeladen; Vertreter der Stadt Wien, der Polizei, der Staatsanwaltschaft, auch Vertreter der Sozialarbeiter und einige Bezirksvorsteher in Wien, aber auch die Anrainer mit ihren Beschwerden, Unternehmer, die Sorge hatten, dass die entsprechen­den Grätzel absandeln, und natürlich auch Eltern in Sorge um ihre Kinder waren einbe­zogen.

Was jetzt hier vorliegt, ist ein Musterbeispiel einer bürgernahen Gesetzgebung; bürger­nah deshalb, weil wir auf die Menschen vor Ort hören, reagieren und rasch reagieren, wie heute schon einige Male hier festgestellt wurde. Wir sehen die Wirklichkeit vor Ort, wir sehen die Praxis vor Ort. Neu ist, dass die Festnahme, aber auch die Verhängung der Untersuchungshaft rascher und leichter durchzuführen ist. Die Arbeit der Polizei wird spürbar erleichtert, und der Strafrahmen wird erhöht.

Zum Thema öffentlicher Raum und Gesetz: Dazu ist festzustellen, dass der Drogen­handel im öffentlichen Raum sehr niederschwellig ablaufen kann. Der öffentliche Raum ist auch ein Bereich, in dem die Rekrutierung von Zufallskunden leichter vor sich gehen kann. Da wollen wir handeln. Aber es gibt auch Konkurrenz bei den Drogendealern, es gibt Bandenkriege – das ist ein öffentliches Ärgernis. Da will man ansetzen, um gerade den öffentlichen Raum sicherer zu gestalten.

Das Gesetz soll helfen, und die SPÖ hat diesbezüglich eine klare Position: Drogen­händler wollen wir vor dem Strafrichter sehen, aber Menschen, die drogenabhängig sind, Menschen, die Hilfe brauchen, wollen wir lieber beim Arzt und bei den Sozialar­beitern sehen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 62

Unser neues Suchtmittelgesetz ist daher eine sehr genaue Punktlandung, um eine Si­tuation rasch zu verbessern. Das ist im Interesse der Anrainer und auch aller Behör­den. Das neue Gesetz trifft die Dealer, aber das neue Suchtmittelgesetz hilft der Polizei und der Justiz bei ihrer verantwortungsvollen Arbeit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ so­wie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


12.58.57

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit)|: Herr Präsident! Herr Minis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein schärferes Vorgehen gegen Drogen­handel ist richtig, Herr Minister, aber ein Gesetz ohne Begutachtung hat vielleicht mor­gen schon keine Gültigkeit mehr.

Der Drogenhandel, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Droge, das Rausch­gift, ist eine Geißel der Menschheit, außer für medizinische Zwecke. Es darf diesbe­züglich null Toleranz geben, es besteht eine enorme Gefahr vor allem für Kinder und Ju­gendliche.

Drogendealern an U-Bahn-Haltestellen und öffentlichen Plätzen soll künftig mit einem Gesetz, das nicht einmal in der Begutachtung war, das Handwerk gelegt werden. Der Herr Justizminister glaubt, mit der Verschärfung des Suchtmittelgesetzes die Gefahren zu entschärfen.

Die Drogenkriminalität, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat überall, nicht nur in Wien, sondern auch in den anderen Städten in Österreich, stark zugenommen. Sehr bedenklich ist auch die Entwicklung des Drogendealens vor Schulen. Da besteht große Gefahr, meine sehr verehrten Damen und Herren, und bei dieser Gefahr darf es null Toleranz geben, egal, ob im Suchtmittelgesetz oder im Strafrecht. – Herzlichen Dank.

13.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


13.00.28

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit)|: Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Zum Thema Suchtmittelmissbrauch: Die Fälle von Sucht­mittelmissbrauch haben in der Vergangenheit stetig zugenommen und sind keinesfalls zu verharmlosen beziehungsweise zu entkriminalisieren. Diesem Konsum von Drogen liegt auch ein Handel zugrunde. Es ist ein Handel ohne Steueraufkommen. Die Folgen des Suchtmittelmissbrauchs sind schwere gesundheitliche Schäden, wiederholt mit To­desfolge. Darüber hinaus wird das Sozialsystem auf Kosten der Steuerzahler und der Wirtschaft erheblich belastet.

Die gültige Gesetzeslage erwies sich wiederholt als nicht zielführend und führte zu ei­ner erschwerten Umsetzung seitens der Behörden, sodass eine Adaptierung des Ge­setzes notwendig erscheint. Drogenhandel ist kein Kavaliersdelikt. Dealer sind bis zu deren Habhaftwerdung aus meiner Sicht Wiederholungstäter und vom Gesetzgeber aus dem Verkehr zu ziehen. – Danke. (Beifall der Abgeordneten Doppler und Winter.)

13.01

13.01.53

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz geändert wird, samt Titel und Ein­gang in 1075 der Beilagen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 63

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Justiz­ausschusses, seinen Bericht 1076 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

13.02.586. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1028 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Rechtspraktikantengesetz, das Richter- und Staatsanwalt­schaftsdienstgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, die Rechtsanwaltsord­nung, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und die Notariatsordnung geändert wer­den (1077 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1614/A der Abgeordneten Mag. Mi­chaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert und die Ge­richtsorganisationsnovelle Wien-Niederösterreich aufgehoben wird (1083 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den Punkten 6 und 7 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


13.03.43

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Es geht hier jetzt um zwei Dinge, die wir verhandeln. Das eine ist die Verlängerung der Ge­richtspraxis und die bessere Vergütung von Rechtspraktikanten, die das Gerichtsjahr absolvieren. Das macht jedenfalls Sinn. Wir haben die Gerichtspraxis ursprünglich auf fünf Monate verkürzt, jetzt werden wir sie wieder auf sieben Monate verlängern. Der Anlass waren damals budgetäre Gründe, die ich nicht ganz nachvollziehen konnte, da gerade das Justizministerium jenes ist, das den höchsten Eigendeckungsgrad hat.

Ich glaube, dass es damals nicht sinnvoll war, explizit am Gerichtsjahr zu sparen, weil es darum geht, dass junge Richterinnen und Richter als Anwärter die Möglichkeit ha­ben, eine entsprechende, qualitativ hochwertige Ausbildung zu bekommen. Dass sie ver­kürzt wurde, hat sicher einen wesentlichen Nachteil mit sich gebracht. Insofern ist es gut, dass wir das quasi wieder rückgängig machen oder zumindest die Gerichtspraxis verlängern.

Der andere Punkt betrifft die Vergütung. Auch da geht es um eine Gleichziehung mit den Verwaltungspraktikanten. Das ist jedenfalls sinnvoll, und es geht auch darum, dass junge Menschen in der Zeit des Gerichtsjahres auch eine entsprechende Vergütung be­kommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 64

Der zweite Punkt, über den wir hier diskutieren, ist die ursprünglich angedachte Zu­sammenlegung des Bezirksgerichts Purkersdorf und des Bezirksgerichts Hietzing zu einem, nämlich in Hietzing. Ich habe im Ausschuss bereits gesagt, dass ich mir die Zu­stimmung vorbehalte, und mittlerweile stehe ich als Kontraredner hier, weil wir weiter­hin nicht zustimmen werden. Es geht mir dabei gar nicht groß darum, ob das BG Pur­kersdorf und das BG Hietzing zusammengelegt werden sollten, sondern in erster Linie geht es mir um die Geschichte dahinter. Diese sollte man sich vielleicht noch einmal auf der Zunge zergehen lassen, weil sie sehr klar widerspiegelt, wie die Regierungs­parteien einerseits mit an und für sich sinnvollen Maßnahmen, die budgetär sinnvoll wirksam werden könnten, wenn man Bezirksgerichte zusammenlegt, und andererseits mit der österreichischen Bundesverfassung umgehen.

Man hat sich im Rahmen der Verwaltungsreform überlegt, entsprechende Bezirksge­richte in Österreich zusammenzulegen, weil es ursprünglich noch eine Bestimmung aus der Monarchie gab, dass man innerhalb von einem Tag mit einem Pferdewagen ein Bezirksgericht erreichen können muss. Jetzt hat man bemerkt, ungefähr hundert Jahre später, dass das nicht mehr zeitgemäß ist und dass man dementsprechend ohne Wei­teres Bezirksgerichte zusammenlegen kann. Das ist eine sinnvolle Maßnahme, und das kann jedenfalls auch sehr viel Geld sparen.

Nur hat man damals darauf vergessen, dass es ein Gesetz, eine Verfassungsbestim­mung gibt, die ein sogenanntes Schneideverbot vorsieht, durch das sich Bezirksgren­zen und Gerichtssprengel nicht schneiden dürfen. Das hat man damals ignoriert. Die damalige Justizministerin Karl hat sich angeblich eine Stellungnahme über den Verfas­sungsdienst eingeholt. Wir haben damals nachgefragt, ob es jemals eine Stellungnah­me gab. Der Verfassungsdienst hat geantwortet, dass es keine gab. Das heißt, dass ei­gentlich jeder hätte sehen können, dass das klar verfassungswidrig ist, weil diese Über­gangsbestimmung aus dem Jahr 1920 klar vorgesehen hat, dass es dieses „Schneide­verbot“ gibt, und weil man dementsprechend Gerichtssprengel nicht einfach zusammen­legen kann, sie sich jedenfalls nicht mit Bezirksgrenzen schneiden dürfen.

Damals hätte man sich einfach nur eine Verfassungsmehrheit suchen müssen, und ich glaube, dass ein Großteil der Abgeordneten dieses Hauses dem auch zugestimmt hät­te, weil es natürlich nicht nachvollziehbar ist, warum wir immer noch davon ausgehen, dass man innerhalb eines Tages mit einem Pferdewagen beim Bezirksgericht sein kön­nen muss. Das hat man aber nicht getan, und man hat es einfach gemacht. Dann ist ein Richter vom Bezirksgericht Enns, das geschlossen wurde, dagegen vorgegangen, hat das vor den Verfassungsgerichtshof gebracht und natürlich auch recht bekommen, da es ganz klar war, dass man so etwas nicht machen kann.

Man hat sich dann eine Verfassungsmehrheit hier im Haus gesucht, um da nicht ein riesiges Problem entstehen zu lassen, insofern, als alle Entscheidungen von den ent­sprechenden Gerichten dann wahrscheinlich nichtig gewesen wären. Es hat dann na­türlich eine Zweidrittelmehrheit bereitwillig zugestimmt, da es sinnvoll ist, dass man Be­zirksgerichte zusammenlegt, und da es im 21. Jahrhundert dementsprechend klar sein muss, dass man nicht so viele braucht. Man muss eben nur das Gesetz und die ent­sprechende Verfassungsbestimmung schon im Vorhinein entsprechend anpassen. Wir haben dem zugestimmt, und ich halte es auch immer noch für sinnvoll, dass man Be­zirksgerichte zusammenlegt. Das ist auch einer der Gründe dafür, warum wir dieser Zu­rücknahme der Zusammenlegung des BG Purkersdorf und des BG Hietzing nicht zu­stimmen werden.

Es ist grundsätzlich budgetär sinnvoll, wenn man Bezirksgerichte zusammenlegt und wenn das gut geht – und in dem Fall wäre es eine sinnvolle Lösung. Darauf hat man sich ursprünglich auch geeinigt. Jetzt hat man sich gedacht: Man will das nicht mehr.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 65

Das heißt, in dem Fall würden wir keine Einsparungen haben, sondern es würde gleich viel wie bisher kosten.

Das Spannende daran ist, dass im dazugehörigen Antrag steht, dass man das deswe­gen zurücknimmt, weil es angeblich verfassungsrechtliche Bedenken gibt. Das hat mich am Anfang äußerst irritiert, weil ich doch der Meinung war, dass wir die grundsätzliche Frage, nämlich die des „Schneideverbots“, schon längst gelöst haben. Es gibt kein „Schneideverbot“ mehr, und dementsprechend darf auch ein Bezirksgericht – in dem Fall Hietzing und einige andere – für mehrere Bezirke zuständig sein, eben auch über die Landesgrenze zu Niederösterreich hinaus.

Im Antrag steht dann irgendwo, dass dieses Übergangsgesetz – dem Geiste und der Diktion nach – nur das Verhältnis zwischen Bund und Ländern und nicht zwischen den Ländern untereinander regelt. Weiters steht da, dass es nicht möglich ist, dass man eine entsprechende Zuständigkeit mit zwei unterschiedlichen Rechtsquellen – nämlich einerseits einer Verordnung und andererseits einem Gesetz – schafft, und dementspre­chend besteht da nicht die Möglichkeit, dass man das macht. Deswegen gibt es die großen verfassungsrechtlichen Bedenken, und wir müssen das zurücknehmen.

Es ist jetzt einigermaßen absurd, dass sich damals – wie ich vorher erzählt habe –, als wir alle wussten, dass es das „Schneideverbot“ gibt, offensichtlich niemand Gedanken darüber gemacht hat, dass es verfassungsrechtliche Bedenken gibt. Und jetzt steht in der Begründung, dass es so große verfassungsrechtliche Bedenken sind, dass man Purkersdorf und Hietzing wieder trennen muss beziehungsweise die Fusion nicht zu­lassen darf.

Der Justizminister hat im Ausschuss gesagt, dass es seiner Meinung nach keine ver­fassungsrechtlichen Bedenken gibt. Ich teile diese Einschätzung. Ich glaube, dass es ohne Weiteres möglich gewesen wäre, und ich glaube, dass es auch sinnvoll gewesen wäre, diese zwei Bezirksgerichte zu fusionieren, weil es auch entsprechende Einspa­rungen mit sich bringt.

Wahr ist wohl vielmehr, dass es da Widerstände der Justiz gegeben hat. Der Justiz­minister hat selbst gesagt, Purkersdorf wächst, und dementsprechend hat Purkersdorf quasi auch, ich sage jetzt nicht ein Anrecht, aber Gründe dafür, weshalb ein Bezirks­gericht dort sinnvoll sein könnte und es sich am BG Hietzing nicht ausgegangen wäre.

Das, was mir in dem Zusammenhang wichtig wäre – und deswegen werden wir dem hier auch nicht zustimmen –, ist, dass man in den Antrag eine Begründung hinein­schreibt, die auch stichhaltig ist und hält, wenn man schon der Meinung ist, dass diese zwei Bezirksgerichte nicht zusammengelegt werden sollen, und nicht irgendwelche Scheinargumente in den Vordergrund drängt, da es wiederum – wie so oft in diesem Hohen Haus – ein großes Problem ist, wie die Regierungsparteien mit der österreichi­schen Verfassung umgehen.

In dem Fall ignoriert man sie nicht, sondern man zieht sie heran, um ein Scheinargu­ment dafür zu finden, weshalb man diese zwei Bezirksgerichte nicht zusammenlegen kann. Das halte ich nicht für sinnvoll, und dementsprechend werden wir dem heute auch nicht zustimmen. (Beifall bei den NEOS.)

13.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Steinacker. – Bitte.

 


13.10.40

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Warum kom­pliziert, wenn es einfach auch geht, lieber Nikolaus Scherak?


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 66

Einfach und bürgernah soll – ich glaube, dieser Meinung sind wir beide – das österrei­chische Justizsystem funktionieren. Das ist unser erklärtes Ziel. Es gibt in der Geset­zesvorlage, die eben diskutiert wird, auch einen anderen Aspekt, nämlich das Ziel, dass durch diesen Antrag effiziente und moderne Abläufe geschaffen werden: der elektroni­sche Akt anstatt des Papierakts.

Bisher – und das ist der eine Aspekt dieses Antrags – müssen Urschriften und Proto­kolle von den Gerichten und den Staatsanwaltschaften handschriftlich unterfertigt wer­den. Das ist schon etwas antiquiert. In Zukunft soll auch elektronisch unterfertigt wer­den können. Es wird ab Juni 2016 beim Arbeits- und Sozialgericht ein Pilotprojekt, mit dem Ziel, einen elektronischen Akt in der Justiz durchgängig zu implementieren, ge­ben. Das ist ein Aspekt, der in der Darstellung des Initiativantrags und in der Ableh­nung dieses Antrags völlig übersehen wurde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die NEOS zu diesem Punkt keine Meinung hätten und dass man da nicht mitgehen kann. Unbürokratisch, ressourcenschonend und zielorientiert, das ist der eine Punkt.

Zur zweiten Maßnahme: Bürgernähe ist in der Justiz ganz wichtig. Ein unkomplizierter Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu den Gerichten ist immer unser erklärtes Ziel, denn letztendlich schafft dieser Zugang und der Dialog, der sich daraus ergibt, Vertrau­en in unsere Justiz und in die Rechtssicherheit.

Das Bezirksgericht in Purkersdorf soll erhalten bleiben, und ich werde gleich ausfüh­ren, warum das so sein wird. Es wird eben nicht mit Hietzing fusioniert. Es ist nicht so, dass der Herr Justizminister – ich habe als Ausschussvorsitzende auch sehr genau zu­gehört – gesagt hat, es gäbe keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das „Schneide­verbot“ ist erledigt – keine Frage –, das haben wir mit Verfassungsmehrheit hier im Ho­hen Haus geschafft.

Jedoch hat es wegen der Organisationshoheit der einzelnen Bundesländer beim Ver­fassungsdienst sehr wohl Bedenken uns gegenüber gegeben. Es geht dabei um die verschiedenen Rechtsquellen, dass einerseits in Wien ein Bundesgesetz und anderer­seits in Niederösterreich eine Verordnung für diese die Landesgrenzen überschreiten­den Sprengel zuständig wäre. (Abg. Jarolim: Das hat der Minister auch gesagt!) Da­raus würden sich dann entsprechende Fragen aufgrund der Diensthoheit der Richte­rinnen und Richter und des Rechtspflegepersonals ergeben. Diese Bedenken des Ver­fassungsdienstes haben wir ernst genommen. Viele Menschen, die in Purkersdorf le­ben, haben auch diese länderübergreifende Situation für ihren Rechtsweg als bedenk­lich empfunden.

Wir haben die Sorgen unserer Bürgerinnen und Bürger und auch die Bedenken des Verfassungsdienstes ernst genommen. Wir sichern die Eigenständigkeit des Bezirks­gerichts in Purkersdorf auch deswegen, weil Purkersdorf nach objektiven Kriterien eine ständig wachsende Stadt im Umland Wiens und auch durch die Zuziehenden eine große, sich positiv entwickelnde Stadt ist. Ich freue mich für die Einwohner von Pur­kersdorf und aller umliegenden Gemeinden, dass dieses Bezirksgericht erhalten bleibt. Es ist allen dort ein Herzensanliegen.

Meine Damen und Herren, kurze Wege verstärken den Dialog zwischen Bürgern und Justiz, sie stärken das Vertrauen. Einfache Kommunikation ist ein Ziel all unserer Be­mühungen in der Justiz. Und der nächste Schritt, Herr Minister, zur modernen Justiz­verwaltung auf der Höhe der Zeit ist mit dem elektronischen Akt auch ein Gebot der Stunde. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 67

13.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Feichtinger. – Bitte.

 


13.14.37

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das Thema Gerichtszusammenle­gungen haben meine Vorrednerin und Kollege Scherak sehr breit ausgeführt; das kann ich mir jetzt an dieser Stelle ersparen. Ich möchte zum Thema Gerichtspraxis einen kur­zen Beitrag bringen.

Die Gerichtspraxis stellt für viele Absolventinnen und Absolventen des Studiums der Rechtswissenschaften nach wie vor die erste wirkliche Gelegenheit zum unmittelbaren und persönlichen Kontakt mit den Rechtssuchenden dar, und bei den Amtstagen und Prozessen erlangt man dann einen Einblick in und Überblick über das Justizgeschehen und erlebt eindrucksvoll mit, wie und wie oft es in der Justiz auch menscheln kann.

Aus eigener Erfahrung – jetzt liegt sie auch schon relativ weit zurück – kann ich sagen, dass die Absolvierung der Gerichtspraxis, je nach persönlichem Interesse und Engage­ment, einen nicht unwesentlichen Bestandteil für die weitere berufliche Laufbahn, für die persönliche und fachliche Weiterentwicklung, das Knüpfen von Kontakten und den Beginn von jahrelangen Freundschaften darstellt. Daher ist die nunmehr zur Beschluss­fassung vorliegende Regelung einer Ausdehnung der Gerichtspraxis von bisher nur mehr fünf auf nunmehr sieben Monate aus meiner Sicht ausdrücklich zu begrüßen. Da­durch wird auch die Möglichkeit einer Zuteilung zu einem weiteren Gericht beziehungs­weise zu einer weiteren Abteilung und damit verbunden eine Vertiefung und Erweite­rung der angebotenen Ausbildung wieder realisierbar.

Die damit bereits verbundene Attraktivierung der Gerichtspraxis zusätzlich noch mit ei­ner moderaten Erhöhung des Ausbildungsbeitrags verbinden zu können, welcher be­kanntlich seit Jahren nicht angepasst worden ist, stellt einen zusätzlichen Anreiz dar, wieder mehr Absolventinnen und Absolventen zum Einstieg in die Gerichtspraxis als Widerpart zur Verwaltungspraxis zu bewegen – der Herr Bundesminister hat das im Jus­tizausschuss auch erwähnt.

Die Neuregelung hat im Justizausschuss einhellige Zustimmung gefunden. Ich gehe von einem einstimmigen Beschluss zu dieser Vorlage hier im Haus aus, und ich darf von dieser Stelle aus den zukünftigen RechtspraktikantInnen eine lehrreiche, spannen­de, aber auch persönlich bereichernde Gerichtspraxis wünschen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Steinacker.)

13.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brückl. – Bitte.

 


13.17.09

Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir verhandeln hier zwei Tagesord­nungspunkte, die eigentlich gar nicht auf der Tagesordnung stehen müssten. Warum müssten sie das nicht? – Ich nehme ausdrücklich den elektronischen Akt aus – wie ihn meine Vorrednerin auch erwähnt hat –, der hat zwar nichts mit mehr Bürgernähe zu tun, aber er hat natürlich etwas mit Verwaltungsvereinfachung, mit Personalressourcen und Personaleinsparungen zu tun. Warum bräuchten wir also diese Tagesordnungs­punkte nicht?

Beim ersten Punkt geht es um die Verlängerung der Ausbildungsdauer von Rechts­praktikanten von fünf auf sieben Monate. In der Begründung zu dieser Regierungsvor­lage liest sich das folgendermaßen: „Dadurch soll eine praxisbezogene Verbesserung, Verbreiterung, Intensivierung und Attraktivierung (…) für den Bereich der sogenannten „klassischen“ Rechtsberufe (…) erreicht werden.“

Vor einigen Jahren wurde hier in diesem Haus – versteckt in den Budgetbegleitgeset­zen – still und heimlich beschlossen, dass man die Ausbildungsdauer der Rechtsprakti-


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kanten von neun auf fünf Monate senkt und gleichzeitig den Ausbildungsbeitrag um 20 Prozent kürzt. Wir haben das kritisiert und davor gewarnt, diesen Schritt zu setzen. Das haben wir aus eben den Gründen, mit denen man heute wiederum begründet, wa­rum man von fünf auf sieben Monate erhöhen muss, getan. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben vor der Verschlechterung, vor einer Verschmälerung der Ausbildung ge­warnt, und wir haben betont, dass eine ernsthafte und sinnvolle Ausbildung mit dieser Verkürzung einfach nicht mehr möglich ist. Man muss aber auch dazusagen, dass sich das sogenannte Gerichtsjahr als eine wirklich wertvolle Komponente in der juristischen Ausbildung für die angehenden Notare, Rechtsanwälte und alle darin gefassten Rechts­berufe darstellt.

Da geht es darum, den Aktenlauf kennenzulernen. Da geht es darum, administrative Ab­läufe zu kennen. Da geht es darum, Erfahrungen im Umgang mit Menschen, die sich sehr oft in Krisensituationen befinden und zu Gericht kommen, zu sammeln. Da geht es darum, die verschiedenen Sparten der Rechtspflege einfach auch in der Praxis ken­nenzulernen. Das alles gehört dazu, und dafür sind oder waren die fünf Monate einfach viel zu wenig. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir anerkennen daher Ihre Bemühungen, Herr Bundesminister, und werden diesen Vor­schlag unterstützen. Erlauben Sie mir aber bitte auch eine persönliche Bemerkung: Bit­te achten Sie darauf, dass diese sieben Monate auch tatsächlich sieben Monate Aus­bildungszeit bleiben und dass hier nicht sozusagen Personallücken geschlossen wer­den, dass die Rechtspraktikanten sich dann nicht plötzlich sieben Monate in einer Schriftführertätigkeit befinden und die tatsächliche Ausbildung dann nicht mehr stattfin­den kann.

Der zweite Punkt, der in Verhandlung steht, auf den ich nur sehr kurz eingehe, betrifft eine Änderung im Gerichtsorganisationsgesetz im Hinblick auf die Zusammenlegung der Bezirksgerichte Purkersdorf und Hietzing. Auch dem werden wir zustimmen, aber ich darf hier auch anmerken, dass wir bereits im Jahr 2002 massive verfassungsrecht­liche Bedenken geübt und vorgebracht haben – und diese Bedenken wurden jetzt auch tatsächlich bestätigt.

Daher, meine geschätzten Damen und Herren Abgeordneten von ÖVP und SPÖ, er­lauben Sie mir diesen Schlusssatz – hier schließt sich der Kreis wieder; ich habe ein­gangs gesagt, diese Tagesordnungspunkte bräuchte es heute nicht –: Würden Sie öf­ter einmal auf uns hören, würden Sie öfter auch einmal auf Vorschläge der Freiheit­lichen Partei hören (Beifall bei der FPÖ), auch in anderen Bereichen, dann wären Sie vielleicht etwas erfolgreicher, und den Österreicherinnen und Österreichern würde es wahrscheinlich auch etwas besser gehen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte.

 


13.21.22

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Vorredner hat es bereits erwähnt: Im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 2010 ist dieser schwerwiegende Sündenfall passiert, dass das Gerichtspraktikum von neun Monaten auf fünf Monate reduziert worden ist. Ich habe das nachgelesen, weil mich diese Debatte interessiert hat, und bin draufgekommen, dass man im Vorfeld sogar al­len Ernstes darüber nachgedacht hat, den Amtstag abzuschaffen; das hatte ich schon wieder vergessen. Das ist eigentlich unglaublich, und das ist Gott sei Dank verhindert worden, denn das wäre ein Kahlschlag am Service gegenüber den BürgerInnen gewe­sen, der unverzeihlich gewesen wäre.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 69

Es war auch die Verkürzung des Gerichtspraktikums unverzeihlich. Ich habe mir ange­schaut, was ich damals gesagt habe, weil es mich interessiert hat, ob ich das, was jetzt eingetreten ist, damals getroffen habe oder nicht beziehungsweise ob ich damals mei­ner Abgeordnetenverantwortung nachgekommen bin und davor gewarnt habe.

Ich habe damals zur Verkürzung des Gerichtspraktikums gesagt: „Das ist fatal, nicht nur weil sich die Frage stellen wird, wie man zukünftig den Amtstag organisiert, nein, sondern weil die Länge des Gerichtsjahres eine ganz wichtige und entscheidende Rol­le im Hinblick auf die Auswahl der künftigen Richterinnen und Richter spielt. (…) Das neue Modell wird erstens dazu führen, dass man zu früh auswählt, und zweitens, dass diejenigen, die nicht wissen, ob sie endgültig übernommen werden, sich anderweitig ei­nen Job in Anwaltskanzleien suchen werden.“

Genau das ist eingetreten. Es hat gar nicht lange gedauert, dass Richterinnen und Rich­ter geschildert haben: Die Guten gehen relativ früh weg, nämlich nach fünf Monaten, weil sie keine Perspektive haben, weil unklar ist, ob sie übernommen werden, und be­ginnen in Kanzleien oder sonstigen juristischen Berufen zu arbeiten.

Ich habe mir dann auch angeschaut, wie die damalige Justizministerin Bandion-Ortner ihr Vorhaben verteidigt hat, und bin draufgekommen: Sie hat es gar nicht verteidigt. Sie hat im Parlament keine Stellungnahme zu diesem Punkt abgegeben. Sie hat die ge­samte Kritik ignoriert, und sie hat ihr damaliges Vorhaben nicht begründet.

Der Einzige, von dem ich jedenfalls etwas gefunden habe, war Kollege Jarolim. Er hat damals gesagt: „Was die Rechtspraktikanten anlangt, ist es natürlich betrüblich, dass wir jetzt von neun Monaten auf fünf Monate reduzieren müssen, aber es bleibt zu hof­fen, dass es auch innerhalb dieser Zeit gelingt, jene Personen ausfindig zu machen, die für das Richteramt geeignet sind.“

Ich finde, das ist eigentlich eine respektable Äußerung, weil er damals zum Ausdruck gebracht hat, dass er damit eigentlich unglücklich ist, und er hat mit dem, was er dann als befürchtete Folge geäußert hat, nämlich dass sie nicht eintritt, ja auch diese Kritik begründet.

Ich mache es kurz: Ich finde es gut, dass man auch aus Fehlern klüger werden kann und diesen Fehler zumindest teilweise zurücknimmt, indem man wieder von fünf Mona­ten auf sieben Monate aufstockt. Besser ist es, Fehler nicht machen, aber das Leben besteht halt auch aus Fehlern. Es ist aber gut, dass es dann auch eine Einsicht gibt und das korrigiert wird. Ob die sieben Monate ausreichen, werden wir uns anschauen. Allenfalls sehen wir uns wieder und stocken wieder auf neun Monate auf, wenn es not­wendig ist.

Ich finde es gut, insofern auch ein Kompliment; aus Fehlern kann man lernen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scherak.)

13.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Hagen. – Bitte.

 


13.24.26

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ta­gesordnungspunkt 7, die Zusammenlegung der zwei Gerichtsbezirke, wurde hier ei­gentlich schon hinlänglich und ganz klar angesprochen; da können wir uns anschlie­ßen. Wir werden also in diesem Punkt zustimmen. Und ich kann Ihnen versichern, Herr Minister, wir werden auch bei Tagesordnungspunkt 6 zustimmen – also es gibt von mir nicht nur Ablehnung, sondern bei vernünftigen Dingen auch Zustimmung.

Sie wissen – wir haben in einem persönlichen Gespräch schon einmal darüber gespro­chen –, die Gerichtspraxis ist relativ kurz angesetzt. Sie haben mir geschildert, dass


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 70

Sie das verlängern wollen; ich habe das positiv bewertet. Den Fehler, den Kollegin Bandion-Ortner 2011 gemacht hat, hat man so zumindest teilweise wieder ausgemerzt. Damals ist man bei der Gerichtspraxis von neun Monaten auf fünf Monate zurückge­gangen. Ich denke, Praxis ist ein sehr wichtiger Punkt, und ich würde mir da ja noch wesentlich mehr wünschen, wie Sie wissen, Herr Minister. Ich habe auch einen ent­sprechenden Antrag eingebracht und möchte auf das zurückkommen.

Ich würde mir wünschen – und das werden wir vielleicht gemeinsam durchbringen; ich habe es zwar für sechs Monate gefordert, wir haben dann besprochen, dass das ein bisschen schwierig ist –, dass angehende Richter und Staatsanwälte bei der Polizei qua­si als Beiwagerl mitfahren, damit Sie sehen, was wirklich vor Ort geschieht.

Meine Damen und Herren, Sie müssen sich das so vorstellen: Wenn Sie als Polizei­beamter mit einem Straftäter oder einem Delinquenten zu tun haben, dann geht es dabei Ihnen gegenüber nicht immer sehr freundlich zu, manche Leute stehen unter Dro­gen- oder Alkoholeinfluss, und wenn sie dann vor dem Richter sitzen, sind sie lamm­fromm. Das ist natürlich schon ein Problem für den Richter, der dann diesen braven, lieben Menschen vor Gericht sitzen sieht, aber nicht weiß, wie er sich aufgeführt hat und was er alles verübt hat. Da ist es, glaube ich, notwendig, ein wenig in die Praxis hinein­zuschauen, um vielleicht auch einen gewissen Eindruck von der Arbeitsweise der Exe­kutive und den Problematiken, denen die Exekutivbeamten vor Ort ausgesetzt sind, zu be­kommen.

Ich habe das Problem oder die Situation schon einmal angesprochen, dass viele Rich­ter geglaubt haben, dass das, wenn jemand, dem man Handschellen angelegt hat, rote Striemen hat, eine körperliche Misshandlung sei. In Vorarlberg haben wir einmal die Richter und Staatsanwälte zu einem ABT, so heißt das, Ausbildungstag der Polizei, ein­geladen, und da hat man ihnen gezeigt, wie die Handschellen angelegt werden, dass das sehr schonungsvoll erfolgt. Das Problem war: Jeder hatte rote Striemen. Dann ha­ben die Richter und die Staatsanwälte groß geschaut und gesagt, sie haben sich das gar nicht vorstellen können, sie sind immer von einer Misshandlung ausgegangen.

Gerade unter dem Gesichtspunkt, dass es gegen die Polizei immer wieder – wie von­seiten des grünen Abgeordneten Pilz, der wieder durch Abwesenheit glänzt – Vorwürfe wegen Misshandlungen gibt – und wenn wir dann schauen, was herauskommt, zeigt sich, dass da gar nichts dran war –, muss ich sagen, wäre es für angehende Richter und Staatsanwälte vielleicht ganz gut, einmal in die Polizeipraxis hineinzuschauen, zu sehen, wie es da abgeht. Es müssen, wie gesagt, nicht sechs Monate sein, ich gebe mich auch mit zwei, drei Monaten zufrieden, aber sie sollten zumindest einmal den Ablauf kennenlernen und wissen, wie das draußen abgeht, damit sie ein Gefühl dafür bekommen, die Praxis kennenlernen und vielleicht besser urteilen können, als sie es derzeit können. Ich glaube, das wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Bei diesen zwei Gesetzesänderungen sind wir natürlich gerne bereit zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

13.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Brandstetter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.28.41

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Präsident! Zum Thema Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten möchte ich nur sagen, dass die leichte Anhebung der Vergütung ein Gebot der Gerechtigkeit war, denn jetzt ist die Vergütung gleich hoch wie die Vergütung für die Rechtspraktikanten bei den Bundesverwaltungs­gerichten. Also es war ohnehin klar, dass das einfach gleichgestellt werden sollte.


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Ich gebe ganz offen zu, mir wäre eine Verlängerung auf die früheren neun Monate noch lieber gewesen – ich selbst habe neun Monate Ausbildungszeit gehabt, ganz frü­her war es sogar ein Jahr –, aber die Verlängerung auf sieben Monate war das, was jetzt einmal budgetär möglich und finanzierbar war; und es ermöglicht immerhin, dass es jetzt insgesamt drei unterschiedliche Ausbildungsbereiche geben wird statt bisher nur zwei. Daher glaube ich, dass das wirklich sehr viel bringen wird, auch an Ausbil­dungsqualität, und mir ist völlig klar – da kann ich allem, was da an Argumenten vorge­bracht wurde, nur recht geben –, die Ausbildungsnotwendigkeit wird immer größer. Es gibt immer mehr, was auch Rechtspraktikanten lernen müssen, und daher bin ich froh darüber, dass wir das wenigstens einmal auf sieben Monate ausdehnen konnten.

Ja, und ich stehe auch nicht an, zu sagen, Herr Abgeordneter Brückl, Sie haben mit al­len Ihren Argumenten vollkommen recht gehabt, das ist absolut richtig. Ich glaube da­her, das ist jetzt einmal ein richtiger Schritt; wir werden sehen, ob vielleicht in Zukunft im Sinne der Verbesserung der Ausbildungsqualität, die uns allen, glaube ich, sehr am Herzen liegt, sogar noch etwas mehr drinnen ist.

Zum zweiten Thema – BG Purkersdorf, BG Hietzing – kann ich mich ganz kurz fassen. Ich sage Ihnen ganz offen: Allfällige öffentlich-rechtliche, vielleicht auch verfassungs­rechtliche Probleme, die mit der Anwendung von Landesgesetzen zusammenhängen, waren für mich überhaupt nicht entscheidend; es mag sie geben. Entscheidend war für mich ganz einfach der persönliche Eindruck, den ich gewonnen habe.

Ich habe mir das Bezirksgericht Purkersdorf angeschaut, habe festgestellt, das ist eine nach wie vor funktionsfähige Einheit. Dann habe ich mir Hietzing angesehen und habe festgestellt, eigentlich gibt es da keine freien Kapazitäten. Das wurde früher aufgrund der damaligen Faktenlage vielleicht anders beurteilt, aber man hat mir gesagt, bis da überhaupt einmal Kapazitäten frei sind, bis die entsprechende Organisationseinheit des Magistrats der Stadt Wien auch wirklich auszieht, bis es adaptiert wird und bis dann Purkersdorf tatsächlich übersiedelt werden kann, können Jahre vergehen.

Da stand ich vor der Möglichkeit, einfach zu sagen: Gut, das soll mein Nachfolger lö­sen!; das wollte ich aber nicht, weil ich den Gesprächen mit den Bediensteten beim Be­zirksgericht Purkersdorf sowie bei den anderen betroffenen Gerichten einiges entnom­men habe, nämlich große Verunsicherung darüber, wie es weitergeht, und das kann man nicht verantworten. Mir war klar, wir brauchen hier rasche, sinnvolle Lösungen.

Ich sage an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich: Ich bin ein Gegner des Kahl­schlags bei Bezirksgerichten, ich bin ein Gegner der sogenannten Eingangsgerichte. Ich halte nichts davon, ich glaube, dass es falsch wäre, das zu tun. Die Bezirksgerichte sind so etwas wie der Rechtsnahversorger. Es ist wichtig, dass die Justiz auch in die­sen Regionen sozusagen Flagge zeigt und als Justiz auch als Symbol der Rechts­staatlichkeit erkennbar ist; davon bin ich überzeugt. Der Einsparungsgedanke kommt vielleicht ganz langfristig ein wenig zum Tragen, weil man einfach weniger Gebäude aufrechterhalten oder Miete dafür zahlen muss, aber das Entscheidende bei dieser Re­form der Bezirksgerichtsstruktur ist nicht die Einsparung. Das Entscheidende ist, dass man Einheiten schafft, die wirklich funktionsfähig sind, die serviceorientiert sind, die eine gewisse Mindestgröße haben, damit auch das Service für die Bürger entsprechend funktionieren kann.

Das ist der Punkt, um den es geht, und bei Purkersdorf ist das der Fall. Das Bezirks­gericht Purkersdorf ist noch dazu – auch das sage ich – in einem historisch interessan­ten Gebäude untergebracht, und da muss man schon auch ein bisschen weiter den­ken. Meiner Meinung nach ist das auch ein Faktor. Wenn Bezirksgerichte in denkmal­geschützten, historisch erhaltungswürdigen Gebäuden untergebracht sind, dann wäre es ja, wenn man die Bezirksgerichte dort abziehen würde, sicher auch eine Aufgabe der öffentlichen Hand, diese Gebäude aufrechtzuerhalten. Eine Nutzung durch eine öf-


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fentliche Einrichtung wie ein Bezirksgericht ist gerade für erhaltungswürdige, denkmal­geschützte Gebäude aus meiner persönlichen Sicht etwas höchst Sinnvolles.

Daher war es für mich wichtig, jetzt einmal eine rasche und für uns so weit wie möglich budgetschonende Lösung zu finden, und die sieht so aus, dass einfach das Bezirksge­richt Purkersdorf mit Adaptierungen, mit Ausbauten, mit besseren Serviceeinrichtungen und natürlich auch mit der ausreichenden Barrierefreiheit erhalten bleiben soll. Damit hat die Verunsicherung der Bediensteten ein Ende, und wir haben weiterhin eine funk­tionsfähige Einheit.

Purkersdorf wächst – das wurde auch schon erwähnt –, und ich sehe überhaupt keinen Grund, warum man jetzt dieses Bezirksgericht hätte infrage stellen sollen, noch dazu, da es ja unmittelbar ohnehin keine Alternativen, jedenfalls keine kurzfristig oder auch nur mittelfristig realisierbaren Alternativen, gegeben hätte. Daher ist das jetzt im Inter­esse aller Betroffenen sicher die sinnvollste Lösung. Ich bin dankbar dafür, dass das heute möglich ist. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Brückl.)

13.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Vetter. – Bit­te. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.)

 


13.33.52

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Als ich vor fünf Jahren erfahren habe, dass die Rechtspraktikantenzeit von neun Mona­ten auf fünf Monate reduziert werden soll, da hatte ich ein flaues Gefühl im Bauch. Ich wusste natürlich, dass dies niemand freiwillig macht, auch in der Politik nicht, sondern dass dies unter dem Spardruck des Staates passiert (Zwischenruf des Abg. Hagen), aber dass ausgerechnet bei der Juristenausbildung, bei diesem wichtigen Stadium der Juristenausbildung, gespart wird, hat mich schon damals nachdenklich gemacht.

Juristen sind ein wesentlicher Teil auch der inneren Sicherheit. Manchmal sind wir uns dessen gar nicht so bewusst, auch außerhalb dieses Raums, wie sehr die Juristen in ihrer täglichen Beratung, in ihrem täglichen Tun eigentlich auch über Macht verfügen, egal, welcher Berufsstand, der das Rechtspraktikum machen muss: Staatsanwälte, Rich­ter, Rechtsanwälte, Notare.

Ich habe mich damals gefragt: Welche Eindrücke hatte ich im Gerichtsjahr? Das waren die ersten Eindrücke des Rechtslebens, des praktizierten Rechtslebens.

Ich habe mein Rechtspraktikum am 1. Juli 1984 bei einem Landgericht begonnen. An diesem 1. Juli 1984 ist das Sachwalterschaftsgesetz in Kraft und die Entmündigungs­ordnung außer Kraft getreten – ein Thema, das uns jetzt bald wieder beschäftigen wird. Ich habe damals alle P-Akten, Pflegschaftsakten, des Gerichts durchgeschaut, und ich habe vielfältige Erfahrung gesammelt: Ich war kurz einmal Bezirksanwalt, ich habe na­türlich auch Protokolle geführt. Ein Rechtspraktikant entwirft unter Aufsicht des Rich­ters die ersten Urteile, führt Einvernahmen durch, und manchmal ist am Amtstag auch seine Rechtsberatung gefragt.

Es ist der sanfte Übergang in das Berufsleben, und das ist ein bewährter, guter Über­gang. Es gibt einen Rechtsphilosophen, der im Studium oft falsch ausgesprochen wird, Rudolf von Jhering, der einmal gesagt hat: „Der Gesetzgeber soll denken wie ein Philo­soph, aber reden wie ein Bauer.“ Sein Buch „Scherz und Ernst in der Jurisprudenz“ ist mir damals in die Hände gefallen, und ich möchte Ihnen ein paar Zeilen von seinen ers­ten Tagen an einem Amtsgericht vorlesen:

„Das Examen war bestanden: (…) Der Schlagbaum ward aufgezogen, und ich trat als Praktikant in den Staatsdienst (…). Wie sehr kontrastirten aber die ersten Eindrücke, die ich hier erhielt, mit den letzten aus meinem Leben! Mein wohlbestandenes Examen hatte mir ein gewisses Selbstgefühl und Vertrauen eingeflößt, es dauerte aber keinen


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Monat, daß dasselbe der bittersten Muthlosigkeit Platz machen sollte. Ich kam mir vor wie Einer, der auf dem Trocknen das Schwimmen gelernt hat und jetzt ins Wasser ge­setzt wird. Die Glanzpartieen meines Wissens erwiesen sich als völlig werthlos“.

Damit die Glanzpartien des Wissens ausgenützt werden können, praxisrelevant, bedarf es so sehr dieses sanften Einstiegs ins Berufsleben. Es ist schlicht und einfach der Über­gang von der Theorie zur Praxis, der da in einer ausgezeichneten, erprobten Weise prak­tiziert wird.

Jhering schließt übrigens mit dem Satz: „(…) zusammenfassen kann: daß man erst den Glauben an die Theorie vollständig verloren haben muß, um ohne Gefahr sich ihrer be­dienen zu können“.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren: Schätzen wir das Gerichtspraktikum! Es ist ein richtiger Schritt, dieses auf sieben Monate auszudehnen, und ich schließe mich an: Aus meiner Sicht wären neun bis zwölf Monate wünschenswert, diese jahrelang, jahrzehntelang bewährte Regelung, dass man eine neun- bis zwölfmonatige Praxis an den verschiedensten Bezirksgerichten hat. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeord­neten der SPÖ sowie des Abg. Franz.)

13.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


13.38.10

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Herr Kollege Vetter hat auch aus meiner Sicht einige wich­tige Anmerkungen zum Bereich der Ausbildung der fertigen Juristen gemacht. Es war nicht immer ein sanfter Einstieg, von der Universität zum Gerichtspraktikum; es war auch oft ein Sprung ins kalte Wasser, wenn man dann vor der Praxis gestanden ist, aber es hat gutgetan. Das, was als Gerichtsjahr bekannt ist – es hat, das haben wir heute schon ein paarmal gehört, früher zwölf Monate gedauert, dann neun Monate, zwischenzeitlich eben fünf Monate, und jetzt wird es wieder auf sieben Monate erhöht –, ist ein ganz wichtiger Schritt für die Ausbildung, nicht nur der zukünftigen Notare, Anwälte oder Rich­ter und Staatsanwälte, sondern für jeden, der ein Jus-Studium absolviert hat. Ich glau­be, dass es für einen fertigen Juristen ein wichtiger Zusatz ist.

Wenn ich mir das überlege: Was hat denn der Medizinstudent am Ende seines Stu­diums? – Da muss er dann natürlich einen Turnus absolvieren, der drei Jahre dauert. Ich glaube, dass es auch für den Juristen, die Juristin ein wichtiger Ausbildungsschritt ist, zu erfahren: Wie ist das Recht wirklich anzuwenden? Was heißt es in der Praxis, wenn die Rechtsuchenden vor dem Richter, der Richterin stehen? Was heißt es, wenn der Beschuldigte vor einem Schöffensenat, vor einem Geschworenengericht steht? Was ist das für ein Gefühl, wenn man dann urteilen, aburteilen muss?

Ich glaube, dass das ein ganz wesentlicher Bereich im Leben eines Juristen/einer Ju­ristin sein wird und sein soll.

Ich bin froh, dass wir von fünf Monaten – quasi als Näherungswert – jetzt auf sieben Mo­nate gekommen sind. Vielleicht ist der nächste Schritt dann wieder hin zu neun Mona­ten, und wenn das Gerichtsjahr dann für die Auszubildenden sozusagen wieder kom­plett als Jahr zur Verfügung steht und somit alle verschiedenen Bereiche absolviert wer­den können – vom Landesgericht zum Bezirksgericht, von den verschiedenen Spezial­abteilungen, vom Suchtmittel bis zum Konkursgericht –, dann, glaube ich, haben wir die­se Ausbildung komplettiert.

In diesem Sinne bin ich sehr froh darüber, dass der erste Schritt hin zu einem ganzen Jahr wieder gelungen ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.40



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 74

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


13.41.00

Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Mit der Novelle des Gerichtsorganisationsgesetzes schaffen wir die rechtliche Möglichkeit dafür, dass Protokolle und Urschriften auch elektronisch unterzeichnet werden können. Es wird ein entsprechendes Pilotprojekt auch am Ar­beits- und Sozialgericht in Wien geben, wo das dann umgesetzt wird. Das ist eine sehr wichtige Grundlage für den künftigen elektronischen Gerichtsakt.

Ich habe aufgrund dessen, dass ich ein juristisches Studium absolviere und eine Master­thesis zu einem strafrechtlichen Belang schreibe, die Möglichkeit gehabt, natürlich mit einem Erlass des Justizministeriums, mir 977 Akten zum Thema Verhetzung aus fünf Jahren in ganz Österreich anzuschauen, und bin dabei draufgekommen, wie unglaub­lich redundant solche Akten sind. Allein eine parlamentarische Anfrage, die ich mitun­terschrieben habe, war dreizehnmal in einem Akt. Der dickste Akt, den ich mir ange­sehen habe, umfasste 18 Aktenordner, das war eine riesengroße Schachtel. Es sind ganz, ganz viele Akten, die sich aufeinander beziehen, einfach kopiert und noch einmal ei­nem anderen Akt beigelegt worden. Da hat man zum Teil wirklich ein irres Konvolut durchzuwälzen.

Ich habe mich jetzt ungefähr ein Jahr lang damit befasst, mich mit diesen Akten aus­einandergesetzt, und ich denke, für diejenigen, die das tagein, tagaus machen, wird das sicher eine irrsinnige Erleichterung, wenn es diesen elektronischen Akt gibt. Darum be­fürworte ich natürlich die gesetzliche Grundlage dafür. Ich denke, das ist nicht nur ein Beitrag zu einer effizienteren und effektiveren Rechtspflege, sondern ganz sicher auch ein Beitrag zum Umweltschutz, weil in Zukunft ganz viele Bäume werden stehen blei­ben können. – Danke. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

13.42

13.42.40

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Rechtspraktikantengesetz, das Richter- und Staatsanwaltschafts­dienstgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 sowie weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 1028 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert und die Gerichtsor­ganisationsnovelle Wien-Niederösterreich aufgehoben wird, samt Titel und Eingang in 1083 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig (Abg. Auer: Na, na, na, na! Ohne NEOS!), nein, das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 75

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

13.44.208. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1057 d.B.): Bundes­gesetz über Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaftengesetz 2016 – VerwGesG 2016) (1078 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Mag. Groiß. – Bitte.

 


13.44.46

Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Mi­nister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir verhandeln jetzt die Umsetzung einer EU-Richtlinie über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Mu­sikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt. Ziel dieses Gesetzes, dieser EU-Richtlinie, ist die Transparenz innerhalb der Verwertungsgesellschaften. Dies erfolgt durch eine detaillierte Abrechnung für die einzelnen Rechtsinhaber und die Offenle­gung der Jahresabschlüsse und Finanzinformationen – unabhängig von ihrer Rechts­form –, die auch dementsprechend zu prüfen sind.

Transparenz ist das Schlüsselwort bei diesem Gesetz, nur so können die Künstler auch sicher sein, dass sie zu ihrem Recht kommen. Es freut mich, dass wir heute noch ei­nen Allparteienantrag, der von Kollegen Zinggl eingebracht wird, beschließen werden, in dem noch eine detailliertere Aufgliederung dieser Informationen für die Künstler ge­fordert wird. Wir werden gerne zustimmen.

Für die Künstler muss klar sein, welche Rechte sie haben, welche Tantiemen sie be­kommen, aber es muss auch für die Nutzer klar sein, welche Gebühren sie zu entrich­ten haben und dass es nicht zu einer Doppelgebühr, zu einer Doppelzahlung kommt. Diesbezüglich haben wir in diesem Gesetzentwurf ein Verhandlungsprozedere festge­legt. Demnach muss bei den Verhandlungen mit mehreren Verwertungsgesellschaften ein gemeinsamer Ansprechpartner genannt werden, wenn das von den Nutzervereini­gungen verlangt wird; man spricht hier von einer zentralen Stelle. Das soll den Nut­zerorganisationen, das sind die Fachorganisationen in der Wirtschaftskammer, die Mög­lichkeit geben, einen wesentlichen Verhandlungspartner zu haben, da die Verwertungs­gesellschaften die Verhandlungen gemeinsam zu führen haben.

Das hat natürlich einen sehr praktischen Sinn, wenn Sie sich vorstellen, dass zum Bei­spiel bei der Nutzung eines Werkes oft sehr viele unterschiedliche Urheberrechte be­troffen sein können. Nehmen wir als Beispiel ein Lied oder einen Film. Da gibt es Kom­ponisten, Texter, Autoren, ausführende Künstler, Filmproduzenten und, wenn der Film oder das Lied im Rundfunk übertragen wird, auch noch Rundfunkunternehmen. Und al­le, die ich jetzt genannt habe, haben an dem Film oder an dem Lied Rechte, Urheber­rechte. Diese Rechte werden von verschiedenen Verwertungsgesellschaften wahrgenom­men, und für alle Verwertungsgesellschaften ist eine Vereinbarung, also ein Gesamt­vertrag notwendig. In der Regierungsvorlage war noch die Rede von einem einzigen Ge­samtvertrag zwischen Nutzerorganisationen und den verschiedenen Verwertungsgesell­schaften. Auf Wunsch der Verwertungsgesellschaften wurde das auf eine Mehrzahl von Gesamtverträgen geändert.


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Damit kann jede Verwertungsgesellschaft einen eigenen Gesamtvertrag schließen, die Verhandlungen werden aber trotzdem gemeinsam innerhalb der zentralen Stelle ge­führt. Damit kann man einen Überblick behalten, man kann sich nicht gegenseitig aus­spielen, denn die Verhandlungen müssen gemeinsam geführt und beendet werden.

Mit dieser Regelung wurde ein optimaler Ausgleich geschaffen, indem einerseits den Nutzerorganisationen in effektiver Form eine Verhandlung ermöglicht wird, denn es gibt diese zentrale Stelle, andererseits als Endergebnis für jede Verwertungsgesellschaft ein eigener Gesamtvertrag da ist, um die Aufteilung auf ihre Künstler entsprechend vor­nehmen zu können. Das ist ein ausgewogenes Ergebnis, das beiden Seiten Sicherheit gibt. Die Verhandlungen können ergebnisorientiert und auch in einem überschaubaren Zeitrahmen durchgeführt werden. Damit ist sowohl für den Nutzer als auch für den Künstler Sicherheit gegeben, und das soll diese Gesetzesvorlage bringen.

Ich bedanke mich bei den Verhandlern für diese oft sehr langwierigen Verhandlungen, die aber zu einem ergebnisorientierten Lösungsansatz geführt haben, mit dem alle Be­teiligten meines Erachtens sehr gut leben können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bit­te. (Abg. Hakel: Hannes, gib alles! – Abg. Jarolim – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ja, gerne!)

 


13.49.11

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich kann mich gleich den Ausführungen des Kollegen Groiß anschließen. Kollege Stefan wird, soweit ich weiß, anschließend noch zu den inhaltlichen Bestimmungen einiges aus­führen, daher kann ich meine Ausführungen jetzt auf die Verhandlungen, die wir noch geführt haben, reduzieren.

Ich bin sehr froh, dass wir einen guten Kompromiss hinsichtlich des Gesamtvertrages ge­funden haben. Es ist, glaube ich, wichtig, dass man die spezifischen Eigenheiten – wir haben ja insgesamt acht Verwertungsgesellschaften – in den jeweiligen Gesamtverträ­gen berücksichtigt, und das haben wir gemacht. Die Verhandlungen werden gemein­sam geführt, die Verträge selbst sind dann differenziert möglich.

Ich glaube, es ist eine Konsensmaterie. Es sind alle dafür, insofern kann ich mich auch relativ kurz halten.

Es ist in den letzten Tagen noch ein Thema zur Sprache gekommen, das in dieser Vor­lage nicht behandelt wird, das allerdings öffentlich, in eingeschränkten Fachkreisen, re­lativ umfassend diskutiert wird, und dazu möchte ich auch noch ein paar Dinge sagen. Es gibt das sogenanntes Amazon-Urteil, das bereits mehrfach bei den Rechtsmittelge­richten aufgeschlagen hat, und dadurch die Möglichkeit, dass das derzeitige Regime vielleicht vom Obersten Gerichtshof – muss aber nicht sein, wir warten auf das Urteil – als unzulässig und damit die Leistungen als nichtig und vielleicht rückzahlbar bezeich­net werden. Das hängt davon ab, wie Stellungnahmen des EuGH durch den Obersten Gerichtshof ausgelegt werden.

Ich möchte dazu sagen, wir werden uns sicherlich damit auseinandersetzen, wenn es zu dem Urteil kommt, und ich darf auch darauf verweisen, dass es traditionell so ist: Die Verwertungsgesellschaften sind ein Vermittlungsglied zwischen den Künstlern ei­nerseits und den Konsumenten andererseits. Und es gibt in Österreich ja die Regel – etwa im Arbeitsrecht –, dass jemand, der Empfangenes gutgläubig verbraucht hat, das nicht zurückzubezahlen hat. Ich möchte damit nur meinen Standpunkt klarmachen, näm­lich dass die Regelung, so wie sie derzeit besteht, wahrscheinlich auch deshalb für alle Verwertungsgesellschaften und Künstler beruhigend sein kann, weil das zweifellos auch dort so zu gelten hat.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 77

Selbst wenn das nicht der Fall wäre, könnte man Rückforderungen an die Verwer­tungsgesellschaft sicherlich nur dann erheben, wenn man gleichzeitig sicherstellt, dass das Geld vom Handel – das hat ja nicht der Handel bezahlt, sondern die jeweiligen Kon­sumenten dem Handel, und der hat das dann nur weitergeleitet – auch entsprechend an die Konsumenten abgeführt wird. Sonst hätte man eine mögliche Bereicherung ja mehr oder weniger nur verschoben, nämlich hin zum Handel; und das wollen wir nicht.

Ich glaube, dass auch diesbezüglich sicherlich eine vernünftige Vorgangsweise von uns allen gefunden werden kann. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Dr. Zinggl. – Bitte.

 


13.52.21

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Wer­te Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Transparenz der Verwertungsgesellschaften deutlich erhöht, deshalb stimmen wir auch gerne und freu­dig zu.

Wir haben auch noch einen Vorschlag zur Erweiterung der Kennzahlen eingebracht, und es ist uns buchstäblich in letzter Minute gelungen – ich bedanke mich ganz herz­lich bei allen Beteiligten –, dass diese Kennzahlen verbessert werden. Es geht darum, dass nicht das, was durchschnittlich an Geldern an die Kunstschaffenden ausbezahlt wird, interessant ist, sondern der sogenannte Medianwert. Das ist der Wert, der an der mittleren Stelle aller Beträge ausbezahlt wird.

Ich kann ein Beispiel dazu bringen: Drei Leute bekommen Geld; die erste Person 1 €, die zweite Person 2 € und die dritte Person 96 €. Der durchschnittliche Wert sind dann 33 €, und der sagt eigentlich nicht sehr viel darüber aus, wie die Verteilung tatsächlich aussieht, während der Medianwert 2 € beträgt und das deutlicher macht.

Es ist ein bisschen kompliziert, ich muss den folgenden Antrag aber trotzdem vorlesen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Zinggl, Mag. Steinacker, Dr. Jarolim, Dr. Scherak, Mag. Stefan, Hagen, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses über die Regie­rungsvorlage (1057 d.B.): Bundesgesetz über Verwertungsgesellschaften (Verwertungs­gesellschaftengesetz 2016 – VerwGesG 2016) (1078 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaftengesetz 2016 – VerwGesG 2016) (1057 d.B.) wird wie folgt ge­ändert:

1. § 45 Abs. 4 Z 1 lautet:

,1. die Gesamtsumme und die Medianwerte der den Rechteinhabern zugewiesenen Be­träge aufgeschlüsselt nach Kategorie der wahrgenommenen Rechte und Nutzungsart;‘

2. § 45 Abs. 4 Z 2 lautet:

,2. Die Gesamtsumme und die Medianwerte der an die Rechteinhaber ausgeschütteten Beträge aufgeschlüsselt nach Kategorie der wahrgenommenen Rechte und Nutzungs­art;‘“

*****


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 78

Das klingt kompliziert. Der Medianwert spiegelt die tatsächliche Verteilung und Auswir­kung des Urheberrechts deutlich besser wider. Ich bedanke mich noch einmal bei allen Parteien, die sich dem angeschlossen haben.

Jetzt aber noch zu dem Thema, das auch Kollege Jarolim angesprochen hat, das in seiner Dringlichkeit nicht unterschätzt werden darf. Auch dazu haben wir folgenden An­trag eingebracht, den ich an dieser Stelle verlese:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechts­sicherheit bei der Speichermedienvergütung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat Regelungen für die Speicher­medienvergütung vorzulegen, die EU-rechtskonform sind und Rechtssicherheit garan­tieren.“

*****

Was, meine Damen und Herren, steckt da dahinter? – Im letzten Herbst haben wir hier die Speichermedienabgabe beschlossen, und wir haben damals ganz deutlich und mit Nachdruck auf die damit verbundene Rechtsunsicherheit verwiesen, auch weil schon damals die Position des EuGH bekannt war, der zufolge Ausschüttungen – soziale, kul­turelle Ausschüttungen – aus den Töpfen der Verwertungsgesellschaften jedenfalls nicht diskriminierend vorgenommen werden dürfen. Nun hat das Handelsgericht – Kollege Jarolim hat es bereits gesagt – tatsächlich erkannt, dass eine Diskriminierung von aus­ländischen Urhebern und Urheberinnen besteht, was auch in zweiter Instanz bestätigt worden ist.

Wenn das nun auch der OGH bestätigt, dann kippt die Speichermedienabgabe jeden­falls, weil sie unionswidrig ist, und das wiederum würde die Verwertungsgesellschaften in enorme Schwierigkeiten bringen, nämlich aufgrund von Rückforderungen, die viele Jahre zurückliegen; chaotische Zustände wären die Folge. Deshalb, Herr Kollege Ja­rolim – und das ist nicht unwichtig –, dürfen die Verwertungsgesellschaften jetzt auch nichts mehr an die Künstler und Künstlerinnen, an die Urheber und Urheberinnen aus­bezahlen. Wir wissen nicht, wann der OGH entscheidet, und bis dahin bekommen viele kein Geld, was für manche nicht sehr angenehm ist, wie Sie sich vorstellen können, wie wir uns vorstellen können. Das ist in meinen Augen ein unhaltbarer Zustand.

Daher bitte ich auch, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen, damit das, unabhän­gig von der Entscheidung des OGH, noch davor repariert werden kann, so gut es geht. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

13.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag und der Abänderungsantrag wurden ordnungsgemäß eingebracht und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Zinggl, Steinacker, Jarolim, Scherak, Stefan, Hagen

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1057 d.B.): Bun­desgesetz über Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaftengesetz 2016 – VerwGesG 2016) (1078 d.B.)


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Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaftengesetz 2016 – VerwGesG 2016) wird wie folgt geändert:

1. § 45 Abs. 4 Z 1 lautet:

„1. die Gesamtsumme und die Medianwerte der den Rechteinhabern zugewiesenen Be­träge aufgeschlüsselt nach Kategorie der wahrgenommenen Rechte und Nutzungsart;“

2. § 45 Abs. 4 Z 2 lautet:

„2. die Gesamtsumme und die Medianwerte der an die Rechteinhaber ausgeschütteten Beträge aufgeschlüsselt nach Kategorie der wahrgenommenen Rechte und Nutzungs­art;“

Begründung

Statistische Kennzahlen geben Auskunft über Bezüge, die den Kunstschaffenden auf­grund der Verwertungsrechte ausgeschüttet werden. Die Anfragebeantwortung 1744/AB durch den Justizminister hat allerdings gezeigt, dass der Median als Kennzahl deutlich bessere Auskunft gibt als der Durchschnittswert. Um ein realistisches Bild der wirt­schaftlichen Konsequenz des Urheberrechts für die Kunstschaffenden zu erhalten, ist daher die Veröffentlichung der Verteilungsparameter sinnvoll.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wolfgang Zinggl, Freundinnen und Freunde

betreffend Rechtssicherheit bei der Speichermedienvergütung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Justizausschusses über die Re­gierungsvorlage (1057 d.B.): Bundesgesetz über Verwertungsgesellschaften (Verwer­tungsgesellschaftengesetz 2016 – VerwGesG 2016) (1078 d.B.)

Begründung

Spätestens seit der EuGH Entscheidung im Sommer 2013 im Rechtsstreit zwischen der Verwertungsgesellschaft Austro Mechana und Amazon ist bekannt, dass die beste­henden Regelungen zur Speichermedienvergütung auf wackligen Beinen stehen. Der EuGH nannte wesentliche Voraussetzungen, die zu erfüllen sind, u.a.

1. Allfällige Rückerstattungen bereits bezahlter Abgaben müssen leicht zu erwirken sein.

2. Zuwendungen aus sozialen und kulturellen Töpfen (SKEs) seitens der Verwertungs­gesellschaften sind nur möglich, sofern sie tatsächlich den Bezugsberechtigten zu Gu­te kommen und die Funktionsmodalitäten nicht diskriminierend sind.

Noch vor der Novellierung des Urheberrechts 2015 hat das erstinstanzliche Gericht im neu aufgerollten Prozess diese Voraussetzungen als nicht gegeben erachtet. Allfällige Rückerstattungen seien demnach schwer zu erwirken und die Funktionsmodalitäten der SKEs seien diskriminierend, weil ausländische Unternehmen zwar Speicherme­dienabgaben leisten, 50% davon aber in die SKEs der heimischen Verwertungsgesell­schaften fließen. Dieses Urteil wurde auch in zweiter Instanz bestätigt. Nun liegt der Fall beim OGH.


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Das Justizministerium hat im Zuge der Urheberrechtsnovelle einen der kritisierten Punk­te entschärft. Seither ist es leichter, einen allfälligen Rückvergütungsanspruch geltend zu machen. Der Diskriminierungsvorwurf aber bleibt aufrecht. Und könnte die Spei­chermedienabgabe in ihrer geltenden Form als unionrechtswidrig kippen.

Das wiederum würde dazu führen, dass die Verwertungsgesellschaften mit enormen Rückforderungsansprüchen des Handels für zurückliegende Jahre konfrontiert wären. Verjährungsfristen sind im Gesetz nicht angeführt. Zudem ist zu erwarten, dass die Händ­ler ihre Zahlungen einstellen, solange es keine klare Regelung gibt.

Aufgrund dieser Situation und eines unsicheren Ausgangs des Verfahrens können die Verwertungsgesellschaften derzeit weder Rückerstattungen an Nutzerinnen und Nutzer noch Auszahlungen an Künstlerinnen und Künstlern aus den Einnahmen der Speicher­medienvergütung leisten. Davon sind auch die von den Verwertungsgesellschaften be­treuten sozialen und kulturellen Einrichtungen betroffen, die Künstlerinnen und Künst­lern in Notlagen finanzielle Zuschüsse gewähren können.

Die von der Regierung in Kauf genommene Rechtsunsicherheit mit ihren chaotischen Folgen ist ein unhaltbarer Zustand.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat Regelungen für die Speicher­medienvergütung vorzulegen, die EU-rechtskonform sind und Rechtssicherheit garan­tieren.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.

 


13.57.19

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon angesprochen: Es geht jetzt um eine Neufassung des Verwertungsgesellschaftengesetzes unter Berücksichtigung der EU-Richtlinie, und in seiner Gesamtheit wurde diese von meinen beiden Kollegen schon sehr umfangreich ausgeführt. Ich möchte aber dennoch drei Punkte, die ich als wesent­lich empfinde, herausgreifen.

Zum einen betrifft das die umfangreichen Transparenzregeln für Verwertungsgesell­schaften. Das ist eine Notwendigkeit im Sinne der Urheber als auch der Nutzer, vor al­lem deshalb, weil in vielen Ländern die Verwertungsgesellschaften eine gewisse Mono­polstellung einnehmen, die durchaus gerechtfertigt ist. Allerdings müssen sie deshalb auch einer starken Kontrolle unterliegen, und diese soll gewährleistet werden. Dazu bei­tragen sollen die Mindestvorschriften für Verwaltung, die Erhebung und die Verwen­dung von Einnahmen sowie Transparenz und Berichtspflichten.

Auch die stärkere Einbindung der Urheber und Rechteinhaber in die Ausrichtung der Verwertungsgesellschaften soll dazu beitragen, dass es zu einer fairen Verteilung der Einnahmen und zur Wahrung der Interessen der Rechteinhaber kommt.

Nicht anders ist es bei der Einräumung gewisser Rechte für die Urheber selbst; dass beispielsweise klar ist, dass Vertretungsrechte auch wieder entzogen werden können oder dass Urheber auch die Möglichkeit haben, Lizenzen an seinen oder ihren Werken


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Dritten im Sinne der Creative Commons einzuräumen. Letzteres ist eine Chance für Mu­sikschaffende, für Autoren oder für andere Kunst- und Kulturschaffende, selbstbestimmt auch über eine nicht kommerzielle Nutzung ihrer Werke zu verfügen und dadurch viel­leicht ihre Bekanntheit zu steigern oder künstlerisch dem guten Zweck zu dienen oder anderen die Neuinterpretation oder auch die Weiterentwicklung eines Werkes zu er­möglichen.

Ich glaube, dass Creative-Commons-Lizenzen oder ähnliche Lizenzen durchaus auch im Sinne der Sharing Economy sind. Ähnlich wie bei Open-Source-Software stehen freie Inhalte und kostenpflichtige Inhalte nicht in einem Konkurrenzverhältnis zueinan­der, sondern können in einer Symbiose, die zu neuen Geschäftsmodellen, neuen Pro­dukten und neuen Dienstleistungen führt, einen Mehrwert bringen.

Zu guter Letzt begrüße ich auch das Vorhaben der EU-Kommission, was die Erleichte­rung bei der Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Musikwerke betrifft. Ich bin schon im letzten Jahr bei der Debatte des Urheberrechts und auch der Speichermedienvergü­tung darauf eingegangen, dass die Zukunft der Musikkonsumation im Streaming-Dienst liegt. Gerade für Anbieter von Streaming-Plattformen hat es bis dato aber eine wesent­liche Hürde gegeben, europaweit dieselben Werke anzubieten, weil sie pro Land eine Li­zenz anfordern müssen.

Das hat auch Auswirkungen auf die Musikschaffenden in Österreich, denn es könnte somit unattraktiv werden, die Werke österreichischer Künstlerinnen und Künstler in ei­nem anderen Land anzubieten, und das beeinträchtigt die Reichweite und die Bekannt­heit unserer Künstlerinnen und Künstler, auf die wir, wie ich glaube, auch sehr stolz sein können.

Alles in allem ist das, glaube ich, ein sehr guter Entwurf, der auch Zustimmung hier im Haus bekommen wird und dessen Zielsetzung absolut unterstützenswert ist. Daher dan­ke ich dem Herrn Minister und seinem Ministerium für die Ausarbeitung dieses Ent­wurfs und den beiden Verhandlungsführenden, den beiden Justizsprechern der SPÖ und der ÖVP. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


14.01.09

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Rolle der Verwertungsgesellschaften wurde in den letzten Jahren sehr intensiv diskutiert, nicht nur von mir, sondern auch auf europäischer Ebene. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben bereits ausführlich erklärt, was in diesem Gesetz jetzt alles geändert wird und verbessert werden soll.

Einerseits möchte ich mich bei Kollegen Zinggl bedanken, der uns heute noch aufge­fordert hat, dass noch mehr Transparenz bei den Verwertungsgesellschaften hinein­kommt – eine Forderung, die ich sehr gerne unterstütze, da ich auch der Meinung bin, dass das viel transparenter werden muss.

Andererseits möchte ich mich auch bei unserem Justizsprecher bedanken, weil er eine wichtige Passage im Gesetzentwurf, die mir auch von Anfang an ein Dorn im Auge war, noch verhindern konnte. Wir haben das heute mit einem Antrag noch ausgebes­sert. Da ist es darum gegangen – es war ein Wunsch der österreichischen Wirtschafts­kammer –, dass zukünftig nicht mehr die einzelnen Interessengemeinschaften Verhand­lungen führen, sondern diese nur mehr durch eine Zwangsgemeinschaft der KV-Part­ner auf der kunstschaffenden Seite zu führen sind und es nur mehr einen einzigen zen­tralen Gesamtvertrag geben sollte. Das ist jetzt Gott sei Dank verhindert worden.

Herr Minister, lassen Sie mich auch die Gelegenheit nutzen – ich war zwar als Vertre­tung im Ausschuss, habe das dort auch angesprochen, aber Sie waren zu diesem Zeit-


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punkt nicht im Ausschuss anwesend –: Wir haben letztes Jahr vor dem Sommer eine Urheberrechtsnovelle beschlossen, und ich habe damals schon gesagt, dass das nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einem modernen Urheberrecht sein kann. Wir ha­ben damals noch Verhandlungen geführt, konnten da aber leider nichts mehr errei­chen. Es wurde uns damals zugesagt, dass es im Herbst weitere Verhandlungen mit dem Koalitionspartner geben soll, und zwar geht es hier um die „cessio legis“ und eben das Urhebervertragsrecht. Das ist eine Forderung nicht nur von unserer Seite, der Poli­tik, sondern eben auch von Künstlerinnen und Künstlern, Regisseurinnen und Regis­seuren, Schauspielerinnen und Schauspielern, von vielen, vielen UrheberInnen, aber es hat sich seit dem Sommer – auch im Herbst nicht – nichts getan.

Mittlerweile ist schon fast ein Jahr vergangen, und ich möchte Sie noch einmal darauf aufmerksam machen, dass es dringend notwendig ist, dass wir das jetzt endlich ange­hen und eine Verbesserung erreichen. Ich halte auch nichts davon, zu warten, wie es in Deutschland ausgeht, sondern ich bin der Meinung, wir sollten das jetzt schnellst­möglich ändern. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zinggl.)

14.04

14.04.20

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1078 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Dr. Zinggl, Mag. Steinacker, Dr. Jarolim, Dr. Sche­rak, Mag. Stefan, Hagen, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag einge­bracht.

Ich lasse zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen.

Die Abgeordneten Mag. Dr. Zinggl, Mag. Steinacker, Dr. Jarolim, Dr. Scherak, Mag. Ste­fan, Hagen, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 45 Abs. 4 Z 1 und 2 eingebracht.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtssicherheit bei der Speicherme­dienvergütung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.


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14.05.479. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1489/A der Abgeordneten Mag. Mi­chaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsvertretergesetz geändert wird (1079 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 967/A der Abgeordneten Bern­hard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsvertretergesetz, BGBl. Nr. 88/1993, geändert wird (1080 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 und 10 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


14.06.22

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei diesem Tagesordnungs­punkt geht es um das Handelsvertretergesetz, und es ist eine Reaktion auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofes, und zwar geht es darum, dass Handelsvertreter – also Ver­sicherungsvertreter im Konkreten – Verträge abschließen und dafür eine Provision be­kommen.

Diese Provision kann entweder eine Einmalzahlung sein oder in fortlaufenden Zahlun­gen erfolgen, sogenannte Folgeprovisionen. Da gab es nun einen Streit darüber, ob, wenn ein Vertrag zwischen dem Versicherungsvertreter und der Versicherung gekün­digt wird, dann der Versicherungsvertreter weiterhin seine Folgeprämien bekommt.

Der Oberste Gerichtshof hat, wie für mich auch völlig nachvollziehbar ist, festgestellt: Die Leistung des Versicherungsvertreters ist erbracht, und es kann daher keinen Un­terschied machen, ob er seine Prämie in einer Einmalzahlung bekommt oder in einer Folgeprämie. Das heißt, diese Folgeprämien stehen ihm auch zu, wenn der Versiche­rungsvertrag gekündigt wird.

Das hat der Oberste Gerichtshof festgestellt. So weit, so nachvollziehbar. Jetzt wird hier, um dieses Urteil des Obersten Gerichtshofes zu unterlaufen, ein Gesetz beschlossen, dass in so einem Fall zumindest 50 Prozent der Folgeprämien zu bezahlen sind, auf Deutsch 50 Prozent zu bezahlen sind. Es wird natürlich jetzt in allen allgemeinen Ge­schäftsbedingungen der Versicherungen und in allen Verträgen drinstehen, dass in so einem Fall 50 Prozent zu bezahlen sind.

Das heißt, obwohl der Versicherungsvertreter seine Leistung erbracht hat und der Oberste Gerichtshof das auch attestiert hat, macht jetzt der Gesetzgeber, ohne unsere Zustim­mung allerdings, eine Regelung, dass 50 Prozent weniger bezahlt werden müssen, das heißt, der Versicherungsvertreter bekommt für seine Leistung 50 Prozent weniger.

Abgesehen davon ist es auch noch fraglich, wie eine allfällige Abschlagszahlung dann berechnet wird. Auch das ist meines Erachtens völlig offen. Man darf auch nicht ver­gessen, dass solche Versicherungsvertreter praktisch nur mit einer Versicherung zu­sammenarbeiten, das heißt in einem arbeitnehmerähnlichen Zustand sind, also in ei­nem Abhängigkeitsverhältnis. Sie wissen jetzt genau, wenn sie kündigen: Ich verliere bei diesem Versicherer dann 50 Prozent. Das ist eine sehr unangenehme Situation, und diese Versicherungsvertreter haben ja üblicherweise auch Konkurrenzklauseln, kön­nen also gar nicht mit einer anderen Versicherung arbeiten.


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Die Versicherungsvertreter werden durch dieses Gesetz also völlig blockiert und in ih­rer Abhängigkeit weiter bestätigt; unseres Erachtens eine wirklich nicht nachvollziehba­re Regelung. Nachzuvollziehen ist, dass jetzt diese Folgeprämien auch gesetzlich noch einmal verankert werden, nicht nachzuvollziehen ist, weshalb der Versicherungswirt­schaft in diesem Fall das Zuckerl geboten wurde: Ja, ihr könnt euch in so einem Fall 50 Prozent der Prämien ersparen.

Wir stimmen hier dagegen, und ich hoffe, vielleicht auch dank meiner Ausführungen wird der eine oder andere noch zum Umdenken kommen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Jaro­lim: Zur Verwertungsgesellschaft hast du jetzt gar nichts gesagt! – Abg. Stefan: Das hast du schon alles gesagt!)

14.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Vetter. – Bitte.

 


14.10.01

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Zur Marktwirtschaft gehört im Wesentlichen die Freiheit, auch die Vertragsfreiheit. Die Vertragsfreiheit findet ihre Grenzen dort, wo es zur Gesetzwidrigkeit oder zur Sittenwid­rigkeit kommt.

Der Beginn dieses Punktes, den wir jetzt besprechen, ist ein Urteil des OGH gewesen, das gesagt hat, dass es sittenwidrig ist, wenn diese Folgeprovisionen zur Gänze aus­geschaltet werden, wobei man dazusagen muss, es handelte sich um einen sehr spe­zifischen Fall, nämlich den eines Versicherungsagenten, der zunächst beim Versiche­rungsunternehmen angestellt war, dann einen Agenturvertrag mit einem Wettbewerbs­verbot geschlossen und nach zehn Jahren selbst gekündigt hat. In diesem Fall hat der Oberste Gerichtshof gesagt, dass eine Folgeprovision von 0 Prozent, der völlige Ent­fall, sittenwidrig ist.

Bevor ich darauf näher eingehe, möchte ich übrigens noch einen Satz aus diesem Ur­teil des OGH herausnehmen, der gelautet hat: „Abgesehen davon ist jedenfalls derzeit die klare Absicht des Gesetzgebers zu unterstellen“, und so weiter und so fort. Wenn man solche Halbsätze liest, dann liest man auch den Wunsch des Obersten Gerichts­hofes nach mehr Stabilität des Gesetzgebers, also von uns, heraus. Ich überbringe ein­fach diese Zeile des Obersten Gerichtshofes an uns.

Zur Sache selbst: Bei diesem § 26c handelt es sich um eine sogenannte dispositive Bestimmung. Das sind ja Sonderbestimmungen für die Versicherungsvertreter im Han­delsvertretergesetz. Das heißt, das ist eine Bestimmung, von der man einvernehmlich abgehen kann. Davon ist man einvernehmlich abgegangen. Nun sagt der Oberste Ge­richtshof, nein, so, in dieser hundertprozentigen Art, geht es nicht.

Nun sind die Vertreter der verschiedenen Parteien gemeinsam am Tisch gesessen, Ver­sicherungsunternehmen und Versicherungsagenten. Man hat miteinander gesprochen, und man hat sich geeinigt, mindestens 50 Prozent der Provision sollen jedenfalls zu­stehen. Darauf hat man sich im Dezember geeinigt. Das ist ein Kompromiss, der sich nicht, wie der Vorredner gesagt hat, gegen das Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes wendet, sondern, ganz im Gegenteil, es umsetzt, denn dieses Erkenntnis sagt ja, es geht nicht, dass null zusteht, sondern irgendetwas zwischen null und hundert, und, wie so oft, ist man halt bei 50 Prozent gelandet.

Das ist – mindestens 50 Prozent – sicherlich ein Kompromiss, der verständlich ist, der al­lerdings keinen Sinn hätte, wenn man ihn wieder im dispositiven Recht ließe. Daher ha­ben wir einen zweiten Absatz hinzugenommen, der ihn zu zwingendem Recht macht. Das ist natürlich logisch. Ich frage mich zwar, ob man das unbedingt explizit hätte sa-


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gen müssen, denn es hätte sich von selbst ergeben, aber im Sinne der Rechtssicher­heit ist es sicher gut, wenn man das hineinschreibt.

Es gibt noch zwei Aspekte, die berücksichtigenswert sind, die wir im Gesetzestext nicht haben, wofür wir eine Ausschussfeststellung gemacht haben. Das Eine ist, dass die Fol­geprovision von der Prämienzahlung abhängig ist. Da mögen viele sagen, dass sich das von selbst versteht. Es steht aber in § 26c ausdrücklich drinnen, daher schreiben wir es jetzt auch ausdrücklich in diese Bestimmung beziehungsweise in die Ausschussfeststel­lung, damit es diesbezüglich kein Missverständnis geben kann.

Das Zweite ist, dass dieser Anspruch nicht besteht, wenn der Unternehmer das Ver­tragsverhältnis wegen eines schuldhaften, einen wichtigen Grund nach § 22 Handels­vertretergesetz darstellenden Verhaltens des Versicherungsvertreters kündigt oder vor­zeitig löst. Es ist auch eine Sache der Billigkeit – das verstehen, glaube ich, alle –, dass man in einem solchen Fall den Anspruch nicht zuerkennt.

Noch einmal fasse ich zusammen: Es ist eine Einigung. Es ist eine Mindestprovision, und ich glaube, es ist auch im Zusammenhang mit dieser Ausschussfeststellung eine gute Lösung, die dieses Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes in einer sachgerechten Wei­se umsetzt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

14.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Loa­cker. – Bitte.

 


14.15.00

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Der Wortreichtum, mit dem Kollege Vetter hier den vorlie­genden Antrag verteidigt, spricht dafür, dass es daran doch etwas zu kritisieren geben könnte. Die Begründung des Antrags selbst lautet lapidar: „Mit diesen Änderungen wird das OGH-Urteil (…) umgesetzt.“

Es ist sowieso eigenartig, dass der Gesetzgeber ein Urteil in ein Gesetz umsetzt. Der OGH hat nämlich nicht ausgerichtet, das Gesetz wäre nicht klar. In diesem Urteil steht drin, „die klare Absicht des Gesetzgebers“ – und so weiter – und das „Unterbleiben ei­ner zwingenden gesetzlichen Regelung“ lassen eben zu, dass es andere Regelungen gibt, und eine solche andere Regelung fehlt im konkreten Vertrag, der sittenwidrig war.

Also, was wir heute hier voraussichtlich leider beschließen werden, ist ein Gesetz, das nicht notwendig ist, weil der OGH ja sagt, die Regelungen, die es gibt, reichen, um zu entscheiden, ob der Vertrag zulässig ist oder nicht. Die, die sich immer beschweren, dass wir so eine furchtbare Gesetzesflut haben, beschließen heute halt wieder einmal etwas dazu. (Beifall bei den NEOS.)

14.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Gross­mann. – Bitte.

 


14.16.19

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetz wird ein OGH-Urteil umgesetzt beziehungsweise konkretisiert, mit dem sittenwidrige Verträge zulas­ten von Handelsvertretern und Handelsvertreterinnen ex lege für ungültig erklärt wer­den, dann nämlich, wenn bei ordentlicher Kündigung des Agenturvertrages auch die Fol­geprovisionen vorenthalten werden sollen. Das war halt leider sehr oft der Fall.

Diesbezüglich wurde ein Mittelweg ausverhandelt – und ich betone „verhandelt“ –, wo­nach 50 Prozent der Folgeprovision jedenfalls ausbezahlt werden müssen, und mehr


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kann natürlich auch vertraglich vereinbart werden. Das Gesetz sieht hierbei also einen Mindeststandard vor, der natürlich auch übertroffen werden kann. Es wird eine Interes­senabwägung vorgenommen, also eine Klarstellung, eine Orientierungshilfe, um lang­wierige Vertragsstreitereien zu vermeiden, denn das wäre nämlich das Schlechteste für die Betroffenen, weil die ja oft gar nicht den Atem haben, das durchzuhalten.

Wir sollten, denke ich, dieses OGH-Urteil wirklich zum Anlass nehmen, um generell Ver­träge mit arbeitnehmerähnlichen Personen gründlich zu durchforsten und gründlich un­ter die Lupe zu nehmen, denn da ist oft einiges im Argen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


14.18.01

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher auf der Be­suchergalerie und vor den Fernsehgeräten! Es wurde bereits angesprochen, dass man diese Entscheidung natürlich sehr wortreich begründen kann. Da ist natürlich Kollege Vet­ter als Jurist einer, der das perfekt ausnützen kann.

Generell bin ich natürlich der Meinung, und auch in diesem vorliegenden Fall gehe ich davon aus, dass unter zwei erwachsenen Geschäftspartnern ein Vertrag geschlossen wurde, und mich verwundert, wenn gerade ein Angestellter einer Versicherung den Ver­trag nicht liest und nach Gutdünken – unter Anführungszeichen – „blind“ unterschreibt und damit natürlich auch das Kleingedruckte beziehungsweise die Bedingungen akzep­tiert. So ist es nach meinem Dafürhalten. Okay, das Gericht war anderer Meinung.

Jetzt kann man sich Kollegin Grossmann anschließen, die sagt, eigentlich müsste man einen goldenen Mittelweg gehen, da hat er Anspruch darauf. Demgegenüber, auch wenn man bei dieser OGH-Entscheidung von Sittenwidrigkeit spricht, steht aber das Versicherungsvertragsgesetz. Wir müssen ja unterscheiden, handelt es sich um auf­rechte Verträge, handelt es sich um lebende Verträge, oder handelt es sich um prolon­gierte Verträge. Wenn die Verträge ungedeckt oder gekündigt werden, hat der Versi­cherungsvertreter sowieso den Provisionsanspruch verloren. Eigentlich reden wir da über sehr viel, was an und für sich in den einzelnen Verträgen im Versicherungsvertragsge­setz geregelt wäre.

Ich bin der Meinung, da das ein Einzelfall ist und es wahrscheinlich auch keine ge­setzliche Vertragsform für diese Versicherungsagenturen gibt, dass diese heute sowie­so keinen großen Bereich mehr darstellen, weil der Großteil der Kolleginnen und Kol­legen im Maklerbereich tätig ist, dort wesentlich andere Spielräume hat und jeweils mit der eigenen Versicherungsanstalt eigene Courtageverträge abschließt.

Im vorgegebenen Fall ist, glaube ich, diese Lösung der beiden eingebrachten Anträge vertretbar. Es geht dabei nicht, wie gesagt, um das große Geld, da aufgrund dieser Ver­tragsbestände entscheidend ist, wie hoch der Provisionsanspruch ist. Und dann könnte ja der Versicherer sagen: Das sind lauter prolongierte Verträge, der Anspruch ist ge­setzlich null beziehungsweise nur mehr für die Restlaufzeit. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Auer.)

14.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser zu Wort. – Bitte.

 


14.20.50

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Hintergrund – zum OGH-Urteil – ist eigentlich schon alles gesagt worden. Ich finde auch,


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dass Kollege Vetter das überzeugend begründet hat. Ich kann mich dem eigentlich nur anschließen und möchte auf einige Argumente eingehen, die dagegen vorgebracht wor­den sind.

Kollege Stefan von der FPÖ sagt, das sei ein Geschenk an die Versicherungswirt­schaft. Meiner Ansicht nach ist das Gegenteil der Fall, weil für den schwächeren Teil – für den Versicherungsagenten mit der 50-prozentigen Provision – eine Mindestprovi­sion eingezogen wird und nicht ausgeschlossen ist, dass darüber hinaus eine höhere Provision vereinbart worden wäre.

Ein Geschenk an die Versicherungsbranche ist es dann, wenn man nahe null gehen kann, wenn null sozusagen nicht möglich ist, weil es sittenwidrig ist. Aber er bekommt ja eine Mindestprovision nach unten abgesichert. Das heißt, das ist kein Geschenk, son­dern der Schwächere wird in Wirklichkeit geschützt, damit er eine Mindestprovision be­kommt – wenn er gut verhandelt, kann er auch eine höhere Provision als 50 Prozent be­kommen. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt – wir brauchen kein Gesetz, weil zwei Erwachsene sich da etwas aus­machen würden; auch das Argument der NEOS –: Natürlich kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass man noch fünf, sechs Musterverfahren führen könnte und es dann irgendwann eine feinmaschige Judikatur vom Obersten Gerichtshof gibt, wo in et­wa der Prozentsatz bei Folgeprovisionen liegt, wo keine Sittenwidrigkeit mehr eintritt. Das halte ich allerdings für keine sehr rechtsfreundliche Herangehensweise.

Ich glaube, dass es den Betroffenen lieber ist, wenn es vom Gesetzgeber her einen Rahmen gibt, mit dem sie planen können, mit dem sie rechnen können und mit dem sie ihre Verträge gestalten können. Daher halte ich das doch für die bessere Vorgangswei­se als zu sagen: Judiziert das in den nächsten drei, vier Jahren aus, und irgendwann wird es eine Judikatur geben, wie die Prozentsätze zu gestalten sind.

Und überhaupt: Wenn zwei Berufsgruppen sagen, sie haben für sich eine Einigung ge­funden, dann ist das, glaube ich, auch ein Grund, das als Gesetzgeber ernst zu neh­men; auch das hat mit Mündigkeit zu tun. Offensichtlich hat sich die Branche auf etwas einigen können, und zwar auf diesen Mindestprovisionssatz von 50 Prozent.

Es ist daher auch gut und richtig, das nun gesetzlich abzusichern und damit Rechtssi­cherheit zu schaffen. Rechtssicherheit ist im Wirtschaftsleben ein wichtiges Gut, das wir herstellen. Daher ist es sinnvoll, und es macht keinen Sinn, durch Rechtsunsicher­heit zu sagen: Streitet euch das vor den Gerichten aus. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.23

14.23.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Handelsvertretergesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1079 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Justiz­ausschusses, seinen Bericht 1080 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

14.24.1611. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorla­ge (1012 d.B.): Bundesgesetz über die Aufsicht über Abschlussprüfer und Prü­fungsgesellschaften (Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz – APAG) (1018 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker zu Wort. – Bitte.

 


14.24.56

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Gesetzesmaterie, das sogenannte APAG – das Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz –, ist eine Seite der Medail­le. Die andere Seite ist das sogenannte Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz, das am 11. Mai im Justizausschuss behandelt werden wird und dann erst im Mai im Plenum zur Debatte steht.

Die Materien sind letztendlich die Umsetzung einer EU-Verordnung. Diese EU-Verord­nung betrifft die „spezifische(n) Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unterneh­men von öffentlichem Interesse“. Das sind Banken, Versicherungen und börsennotierte Unternehmen.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum man diese beiden Gesetzesmaterien nicht in ei­nem verhandelt, weil es letztendlich die Materie betrifft, dass man die Qualität der Wirt­schaftsprüfung verbessert und vor allem absichert. In dieser Form geht es auch direkt um eine bessere Regulierung des Banken- und Finanzsektors.

Kommen wir zunächst zum APAG: Das APAG versucht, die Qualität von Abschlussprü­fungen zu gewährleisten und die Qualität der Wirtschaftsprüfer in dieser Form auch si­cherzustellen. Dazu wird eine eigene Behörde, die sogenannte APAB, eingerichtet und gleichzeitig ein Aufsichtsrat sowie ein Beirat installiert. Dieser Beirat ist eine Qualitäts­prüfungskommission, die das auch in dieser Form sicherstellen soll.

Warum ist das so wichtig? – Qualitätsvolle und transparente Wirtschaftsprüfungen sind im Interesse des Unternehmens, der Eigentümer, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Lieferanten und der Gläubiger. Sie sind natürlich auch von öffentlichem Interesse. Daher ist das tatsächlich – so trocken die Materie auch ist – ein wirklich wichtiger Be­reich.

Dass diese Wirtschaftsprüfung ein so wichtiger Bereich ist, haben wir vor allem in die­ser ganzen Periode des Hypo-Untersuchungsausschusses gesehen. Da schaue ich Kol­legin Tamandl an, die immer in vorderster Reihe war, dieses Thema zur Sprache zu brin­gen – auch die Dauer, das heißt, wie lange Wirtschaftsprüfer mit den Prüfungen betraut sind.

Kommen wir nun zu den Inhalten des APAG: Wir haben es im Wirtschaftsausschuss verhandelt, und da sind verschiedene Kritikpunkte gekommen, die in der Folge durch­aus ihre Umsetzung gefunden haben. Einerseits ging es darum, wie die Kommission besetzt ist, wer da von den Sozialpartnern und so weiter drinnen ist. Man hat den


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Schritt gemacht, diese wieder zu reduzieren. Das ist etwas, von dem wir denken, dass es Sinn macht.

Was bei diesem Gesetz durchaus auch Sinn macht, ist, dass man das auf die soge­nannten fünffach großen Gesellschaften erweitert, also auf Gesellschaften, die mindes­tens 1 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beziehungsweise einen Umsatz von mehr als 200 Millionen € beziehungsweise eine Bilanzsumme von mehr als 100 Millionen € haben.

Das hätte unserer Meinung nach in dieser Form Sinn gemacht. Vor allem aber glauben wir auch, dass es insbesondere für die kleinen und mittelständischen Wirtschaftsprüfer Sinn gemacht hätte, auf das Bescheinigungssystem umzusteigen. Das ist eine Forde­rung, die wir gestellt haben und die vor 40 Minuten via Abänderungsantrag reingeflat­tert ist. (Die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe.)

Ich betone, dass vor 40 Minuten sowohl ein umfassender Abänderungsantrag von neun Seiten als auch ein Entschließungsantrag gekommen sind. (Die Rednerin hält ein wei­teres Schriftstück in die Höhe und blättert darin.) Es ist, sehr geehrte Damen und Her­ren von ÖVP und SPÖ, schon eine etwas seltsame Vorgangsweise, eine Materie so kurz­fristig noch einmal umzugestalten, wo wir doch seit langer Zeit wissen, dass das am Ta­pet ist und in dieser Form verbessert werden muss. Aber: Es hat sich ja bewegt, und wir halten es für gescheit, die Prüfung der Prüfer in dieser Form zu stärken.

Das ist die eine Materie, und zwar jene, die heute mit Zweidrittelmehrheit abgestimmt werden wird oder soll. Die andere ist das Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz, das man nicht unabhängig davon sehen kann. Im Gegenteil, ich habe bereits gesagt, dass es die andere Seite der Medaille ist.

Worum geht es da? – Es geht nämlich um die Laufzeit des Prüfungsmandats, also wie lange Wirtschaftsprüfer tätig sein können. Wir glauben, dass es längst an der Zeit ist – ich schaue Kollegin Tamandl an, ich schaue Kollegen Angerer an, der auch im Hypo-Untersuchungsausschuss arbeitet –, das massiv zu reduzieren, aber nicht, wie Sie das vorsehen, auf zehn Jahre beziehungsweise gegebenenfalls auch auf 24 Jahre, sondern wir wollen fünf Jahre. Das halten wir für einen notwendigen und richtigen Schritt.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum das in dieser Form nicht gemeinsam verhandelt und bestimmt wird, aber, wie wir dem „Standard“ vom 25. April entnehmen – ich zitiere –:

„Doch die FPÖ, die traditionell den Wirtschaftsprüfern nahesteht, lehnt diese kürzeren Fris­ten als zu umständlich ab, wie der Abgeordnete Hubert Fuchs sagt. Einer der Grün­de, weshalb man mit der Regierung stimme, sei gewesen, eine häufigere Rotation zu ver­hindern.“

Da stellt sich natürlich die Frage: Wessen Anwalt sind Sie, Herr Dr. Fuchs? Sind Sie der Anwalt der Großbanken und Konzerne? Wir jedenfalls sind der Anwalt der Steuerzahlerin­nen und Steuerzahler! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Das Argument der höheren Kosten durch den Wechsel der Wirtschaftsprüfer hat mei­ner Meinung nach keine Berechtigung, denn wenn man lange prüft, kann es passieren, dass man blind und taub wird und das eine oder andere nicht so sieht. Dann haben oft wieder die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler die Kosten zu tragen. Insofern glauben wir, dass eine massive Verkürzung der Prüfungszeitlänge für die Wirtschaftsprüfer drin­gend notwendig ist.

Ich beziehe mich auf den Hypo- und BAWAG-Gutachter Fritz Kleiner, seines Zeichens ein Wirtschaftstreuhänder, der auch in Sachen Hypo die Staatsanwaltschaft beraten hat. Kleiner bezeichnet die Reform für die Wirtschaftsprüfer, die jetzt so vorliegt, als „absur­de Alibiaktion“. Weiter heißt es: „Eine Rotationspflicht für Wirtschaftsprüfer kann dabei


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helfen, Österreichs Bankensystem wesentlich sicherer zu machen.“ Und dann führt er aus, dass das jetzt Vorgesehene eine „absurde Alibiaktion“ sei.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich befürchte das ebenfalls in dieser Form. Wir wer­den die Debatte weiter im Justizausschuss führen und wir werden die Debatte im Mai im Plenum führen – nämlich für ein sichereres Mandat für die Unternehmen in Bezug auf die Wirtschaftsprüfung. Das kürzere Mandat halten wir für den richtigen und wichti­gen Schritt. (Beifall bei den Grünen.)

14.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Groiß zu Wort. – Bitte.

 


14.34.01

Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Lichtenecker hat es bereits anzukündigen versucht: Wir sprechen heute über das Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz. Dieses Gesetz steht in Verhandlung, und keine verwandten Gesetze – so wie sie das APRÄG irgend­wie bezeichnen möchte.

Wir haben bei diesem Gesetz eine EU-Richtlinienumsetzung, die die Qualität der Prü­fer verbessern soll, speziell jener Prüfer, die die sogenannten PIEs – die Unternehmen von öffentlichem Interesse – besonders überprüfen sollen, um Probleme, die wir auch bei der Hypo hatten, bestmöglich von Anfang an zu verhindern.

Hierfür ist vorgesehen, dass eine unabhängige Behörde geschaffen wird. Diese Behör­de schaffen wir heute. Es geht nicht um Rotationen, sondern um die Schaffung einer Behörde und um die Aufgaben dieser Behörde. Jeder Wirtschaftsverständige sagt da natürlich: Um Gottes willen, schon wieder eine neue Behörde, was brauchen wir denn noch alles?

In diesem Fall können wir sagen, dass one in, one out umgesetzt ist. Es gab bereits eine Behörde, nämlich die AeQ. Diese AeQ-Behörde, die die Wirtschaftsprüfer derzeit prüft, wird aufgelöst und in die APAB übergeführt. Der große Unterschied ist, dass in dieser neuen Behörde unterschiedliche Qualifikationen von Unternehmen und Wirtschafts­prüfern dargestellt sind.

Auf der einen Seite haben wir diese Unternehmen von öffentlichem Interesse, die ge­prüft werden sollen. Da ist die volle Umlage dieser EU-Richtlinie gegeben. Wir haben neue Inspektionen, neue und wesentlich schärfere Verfahren, wie auch die Prüfer über­prüft werden sollen. Die Abschlussprüfungen, die laut österreichischem Bundesgesetz vorgeschrieben sind, werden wie bisher ebenfalls in dieser Behörde überprüft. Vorher war es die AeQ.

Was mich aber ganz besonders freut, ist, dass wir Ihre Stellungnahmen – die der Grü­nen, der Blauen, der Schwarzen und der Roten – aufgenommen haben, um ein Gold­en Plating, das es auch bei der AeQ schon gegeben hat, zurückzuschrauben, dass wir den Anwendungsbereich neu definiert haben, dass wir gesagt haben: Ist es notwendig, mehr zu machen, als uns die EU vorschreibt?

Wir haben uns für den Weg entschieden, dass in Zukunft kleine Vereine, kleine Privat­stiftungen oder auch Prüfungen, die nur aufgrund von landesgesetzlichen Vorschriften und nicht aufgrund von bundesgesetzlichen Vorschriften durchgeführt werden müssen, nicht dieser Behörde unterliegen.

Welche Auswirkungen hatte dieses Golden Plating in der AeQ? – Es gibt in Österreich derzeit rund 2 500 Wirtschaftsprüfer, aber leisten konnte sich diese Überprüfung nur 500. Der Markt wurde um 80 Prozent reduziert, das heißt im Prinzip weniger Konkurrenz, Ten-


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denz hin zu den Big Five – und dort haben wir genau diese Auswirkungen, die uns Frau Lichtenecker auch geschildert hat.

Daher: Ein risikoorientierter Ansatz ist in dieser Behörde möglich. Es ist kein Gold­en Plating, es ist sogar ein Rückbau, eine Deregulierung dieser Behörde entsprechend vorgesehen.

Daneben war es mir ein besonderes Anliegen, Übergangsbestimmungen zu haben, die auch praktikabel sind. Wir müssen dieses Gesetz heute beschließen, denn am 26. Juni muss diese Behörde ihren Betrieb aufnehmen. Eine Behörde baut man nicht von heute auf morgen. Wir haben sichergestellt, dass die bestehenden Befugnisse aufrecht blei­ben, damit die Wirtschaftsprüfer die Möglichkeit haben, ein Testat zu bekommen und wei­terhin wirtschaftlich tätig zu sein, damit die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften weiterhin ihre Arbeit durchführen können.

Ja, auch wir sind für die Umstellung auf das Anmeldesystem. Das war in der kurzen Zeit nicht möglich – daher dieser Entschließungsantrag. Wir haben den auch mit den Grünen verhandelt und wir haben das auch bei der Abstimmung vom APAG bespro­chen, dass wir das so machen wollen. (Abg. Lichtenecker: Das ist ja wunderbar!) Das heißt, beim APAG – bei dem, was wir heute beschließen – haben wir meines Erach­tens keine oder nur eine minimale Differenz. (Zwischenruf des Abg. Kogler.) Daher verstehe ich nicht, warum man hier contra zu diesem Gesetz spricht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Lichtenecker: Du weißt es genau, es ist die zweite Seite der Medaille!)

Darüber hinaus haben wir noch die … (Abg. Kogler: Ein realpolitisches Junktim …!) – Da­rüber hinaus hat diese Behörde die Aufgabe, die Unternehmen von öffentlichem Inter­esse zu überprüfen. Das wird ebenfalls von dieser Behörde durchgeführt, und zwar mit Bestimmungen, ob die Rotation eingehalten wird, und dergleichen.

Mit diesem Gesetz haben wir, wie gesagt, Folgendes erreicht: Deregulierung und damit einen Marktaufbau für kleine Wirtschaftsprüfungen zu ermöglichen, Rücknahme von Gold­en Plating, eine schlanke Behörde – Frau Lichtenecker hat schon gesagt, dass wir we­niger Aufsichtsräte brauchen. Wir haben im Qualitätsbeirat nur Experten und keine Leu­te, die dort nur einen Platz versitzen. Wir haben Übergangsbestimmungen, die leistbar sind. Und wir haben für die PIEs die besten Regelungen, die da sind – so wie sie in der EU-Richtlinie vorgeschrieben sind.

Ich bedanke mich bei allen, die heute mitstimmen. Ich bedanke mich auch bei den Ver­handlungspartnern der SPÖ, der FPÖ und auch der Grünen. Wir hoffen, dass wir eine breite Zustimmung bekommen. Es freut mich, dass wir eine gute, konstruktive Zusam­menarbeit gehabt haben, und ich bedanke mich für Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Steinbichler zu Wort. – Bitte.

 


14.40.31

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Kolleginnen und Kollegen! ZuseherInnen auf der Besuchergalerie und vor den Fern­sehgeräten! Eigentlich hätte ich die Tafel dazu genommen, die meiner Meinung nach ganz wesentlich zu diesem Gesetz dazugehört, auch bei dieser großen Stimmenmehr­heit: Die Kleinen hängt man, und die Großen lässt man laufen. Auch in diesem Bereich ist es wieder besonders gefährlich, ob dabei nicht genau der Grundsatz durchschlägt, dass die österreichischen Unternehmen sehr streng geprüft werden, was ja erwünscht ist, aber internationale Konzerne durch die Netze gehen. (Zwischenrufe der Abgeord­neten Rädler und Lausch.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 92

Kollege Groiß hat gerade versucht, dieses Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz sehr posi­tiv darzustellen – und wichtig ist meiner Meinung nach die Transparenz und die quali­fizierte Prüfung, gerade nach diesem Hypo-Skandal in Kärnten –, aber gleichzeitig auch auf ein paar Punkte hingewiesen, bei denen er, so glaube ich, selbst nicht das beste Ge­fühl hat.

Wie er gesagt hat: Auf der einen Seite heißt es Umbenennung, auf der anderen Seite, dass die Prüfer die Prüfer überprüfen (Abg. Tamandl: … Prüfer überprüfen?!), und des­halb, Kollege Groiß, haben wir trotzdem Bedenken, und nicht nur, weil jetzt kurz vor Be­schlussfassung im Plenum wieder eine Änderung erfolgt ist. Du hast zwar den Termin­druck mit 26. Juni angesprochen, aber durch diese ständigen Änderungen auch nach den Ausschüssen bleibt immer wieder zu wenig Zeit, um sich ausgiebig damit zu be­schäftigen, ob die Ziele dieser Regierung – angesprochen wurde ja auch das Golden Rating (Abg. Lichtenecker: Plating! Golden Plating! – Rufe bei der ÖVP: Golden Plating!) – in Bezug auf Entbürokratisierung und mehr Transparenz auch ausreichend erfüllt wer­den. Deshalb sind wir noch vorsichtig und werden dem Gesetz heute nicht zustimmen. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Tamandl: Weil ihr es nicht verstanden habt! – Zwi­schenruf des Abg. Haubner.)

14.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


14.42.45

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich meine, ich verstehe ja manche Dinge nicht, aber dass man aus Vorsichtsgründen bei etwas, das in Ordnung ist, nicht zustimmt? – Na gut, das muss jeder für sich selbst verantworten!

Vielleicht ein bisschen etwas zum Ablauf, damit nicht der Eindruck entsteht, dass eine durchaus komplexe Materie 40 Minuten vorher entstanden ist: Wir haben sehr trans­parent beim letzten Wirtschaftsausschuss gesagt, dass wir zeitlich nicht in der Lage sind, mit 24-Stunden-Frist und auch aufgrund der Komplexität im Ausschuss den Änderungs­antrag zu machen, und haben uns ausgemacht, dass wir auch mit der Opposition in Ge­sprächen bleiben (Abg. Lichtenecker: Haben wir ja …!), um dann rechtzeitig mit dem Abänderungsantrag in zweiter Lesung, was jetzt geschieht, die notwendigen Änderungen vorzunehmen.

Ich denke, dass die Lösung eine ganz gute ist. Ich meine, dass wir nicht so weit aus­einander sind. Eines ist klar, das steht im Regierungsprogramm und ist einzuhalten: Wir bemühen uns, dort wo es möglich ist, kein Golden Plating zu machen. Kollege Groiß hat bereits darauf hingewiesen, dass wir in diesem Fall auch ein bisschen von dem Golden Plating zurücknehmen, das wir einmal in der Vergangenheit hatten.

Ich muss ihm zustimmen, dass es vor allem für kleinere Wirtschaftsprüfungskanzleien extrem schwierig ist, bei Prüfungen, die gar nichts mit den glamourösen Fällen, Groß­unternehmen zu tun haben, die Kosten für eine externe Überprüfung zu tragen. Diese Kanzleien haben dann ein Mandat, erhalten vielleicht 5 000 € Honorar, und wenn man die Kosten der Mitarbeiter abzieht, dann kostet die Eigenüberprüfung in Wirklichkeit mehr, als sie einnehmen können.

Ich denke, dass es eine gute Lösung ist, wenn man sagt: Das hat jahrzehntelang funk­tioniert, dort brauchen wir das nicht, aber dort, wo es entscheidend ist – bei börsenno­tierten Unternehmen, bei Banken, bei Versicherungen, bei all denen, wo viel mehr dran­hängt –, beschließen wir mit der Umsetzung der EU-Richtlinie auch eine entsprechend scharfe Form mit Inspektion. Insofern ist das meiner Meinung nach ein ganz gutes Ge­setz.


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Eine kleine tatsächliche Berichtigung außerdem: Kollege Groiß hat noch von den Big Five gesprochen. (Abg. Lichtenecker: Big Four!) Wir haben jedoch seit geraumer Zeit nur noch die Big Four, der fünfte, Arthur Andersen, musste sich nach dem riesigen Bilanzskandal Enron – einige werden sich daran erinnern – auflösen. Das sind ja Zei­chen dafür, dass gerade solche Wirtschaftsprüfungsfabriken nicht unbedingt ein Ergeb­nis garantieren, welches das p.t. Publikum, die Gläubiger, die Mitarbeiter, die öffentli­che Hand oder die Shareholder erwarten.

Ja, Ruperta, ich stimme zu, dass das, was wir bei der Hypo gesehen haben, uns nicht gerade froh macht. (Abg. Kogler: Ja, das ist eine super Formulierung!) Ohne jetzt die Verschwiegenheitsbestimmungen des Untersuchungsausschusses zu verletzen: Ich ha­be dort Sachen erlebt, das glaubt man ja gar nicht! Dass da ein Wirtschaftsprüfer, der das Testat bei einer Bank widerrufen musste, kurze Zeit danach in Bezug auf densel­ben Manager, der es unterschrieben hat oder quasi die falsche Bilanz hat testieren las­sen, auf erfolgte Anzeige hin, dass es ein In-sich-Geschäft mit seiner Ehegattin gege­ben haben kann, sagt, da ist nichts dran, und ihn veranlasst, zurückzuziehen, macht ei­nen nicht wirklich sicher, ob das System perfekt ist.

Aber: Die haben das Testat zurückgezogen für die Bilanz 2004! Die Wirtschaftsprüfer haben eigentlich funktioniert – es war das Multiorganversagen, das uns im Griss-Bericht vorgehalten wird. (Abg. Kogler: Was?) – Multiorganversagen (Abg. Lichten­ecker: Frag die Kollegin Tamandl, was sie sagt …!), denn dass in der Folge, nach ei­nem zurückgezogenen Bestätigungsvermerk, Haider und Co weitermachen konnten, je­den beschimpfen konnten, dass eine Intrige aus Wien geführt wird, hat dazu geführt, dass das System Jahre später und Milliardenhaftungen später explodiert ist. Es gab ein Multiorganversagen, und um es an dieser Stelle zu erwähnen: Es gibt nicht nur die Wirtschaftsprüfer! Ich hätte gehofft, dass der Rechnungshof einmal in den Jahren – einmal! – das Land Kärnten geprüft hätte und bei den Milliarden Alarm geschlagen hät­te! (Abg. Kogler: Richtig! – Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich habe aber nichts davon gehört! Wir hätten uns hier damit beschäftigen müssen! (Abg. Auer: Da hat er versagt!)

Zurück zu unserem Gesetz: Ich glaube, dass es ein gutes Gesetz ist. (Abg. Kogler: Zu­rück zu den Bilanzprüfern, die haben ein 11-Milliarden-€-Loch übersehen …!) Ruperta, ich denke, dass wir diese Frage der Rotationen beim richtigen Gesetz diskutieren wer­den. Es wird nicht einfach werden, ich mache euch alle aufmerksam, wenn dann alle anrufen: Warum muss ein Prüfer immer prüfen? Ich bin aber ein überzeugter Anhän­ger davon, dass die Rotation etwas bringt. (Abg. Kogler: Stimmt!)

Ich habe schon damals, als ich 2002 frisch ins Parlament gekommen bin, mit Böhmdor­fer gekämpft, dass wir die Rotation beibehalten. Das wurde damals abgeschafft – jetzt bekommen wir sie kraft EU. Schauen wir, dass wir eine gute Lösung finden, und ich danke für die Zusammenarbeit!

Mein Berufsstand wird immer besser werden müssen. Ich hoffe, dass dieses Gesetz ganz besonders dazu beiträgt. Eine Hypo wollen wir kein zweites Mal erleben! – Dan­ke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor Josef Schellhorn ans Rednerpult tritt, darf ich Sie darüber informieren, dass die Druckerei im Haus mit Hochdruck daran arbeitet, den Antrag zu kopieren, der dann an die Mandata­re verteilt wird, aber es ist nicht sicher, dass man rechtzeitig fertig ist. (Abg. Lichten­ecker: Das ist aber reizend!) In diesem Fall müsste ich die Sitzung unterbrechen, da ja der Antrag nur dann als eingebracht gilt, wenn er in den Eckpunkten erläutert und an die Mandatare verteilt wurde. (Abg. Lichtenecker  in Richtung des Abg. Schellhorn –:


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Josef, sag gleich was zu dem Thema!) Ich hoffe, dass es gelingt, das noch vorher auf die Reihe zu bekommen. (Ruf bei der SPÖ: Warum sollte das nicht gelingen?)

Nun gelangt Herr Abgeordneter Schellhorn zu Wort. – Bitte.

 


14.48.14

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatsse­kretär! Das ist ja im Grunde genommen das Spiegelbild dessen, womit wir uns befas­sen müssen. Das ist ja kabaresk! Wir bekommen 30 Minuten vorher einen Abänderungs­antrag (Abg. Lichtenecker: Und eine Entschließung!) – und einen Entschließungsan­trag noch dazu –, kommen dann nicht einmal zum Lesen (Zwischenruf des Abg. Kog­ler) und müssen darüber entscheiden!

Was glauben Sie, was die Bürger von uns halten? Was glauben Sie? Heute sitzen Sie alle (in Richtung der ÖVP-Bankreihen) nicht mit der rot-weiß-roten Krawatte da. Woher kommt das? Wo ist Ihr Stolz heute? Ich würde mich schämen! Ich würde jedem dieser Herren empfehlen, die Krawatte runterzunehmen, gar keine Krawatte zu tragen, weil das, was Sie hier vom Stapel lassen, einfach peinlich ist! (Abg. Haubner: Du hast eh keine mehr! – Zwischenruf des Abg. Rädler.) Das meine ich, das ist diese Peinlichkeit, in der wir uns befinden! (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Im Grunde genommen wollte ich ja am Anfang positive Worte finden. Ich wollte posi­tive, wertschätzende Worte finden – nur jetzt fehlen mir die Worte! Mir fehlen die Wor­te. Die Bedenken, die auch der Datenschutzrat eingebracht hat, wurden ja durchaus in Betracht gezogen, darauf wurde an und für sich Rücksicht genommen. Die Qualitäts­prüfungskommission wurde halbiert – auch das ist positiv, kann man sagen. Die er­folgte Klarstellung zur Gewährleistung präziser Formulierungen im Gesetzestext, die jähr­liche Berichtslegungspflicht gemäß § 14 – all das sind Veränderungen ins Positive, aber generell muss man schon sagen: Finden Sie das nicht ein bisschen komisch?

Finden Sie das nicht ein bisschen komisch (Zwischenruf des Abg. Haubner), vor 30 Mi­nuten einen Abänderungsantrag und dann noch einen Entschließungsantrag einzubrin­gen, in dem steht: „Die Bundesregierung wird aufgefordert, dass angesichts der Rah­menbedingungen und Vorgaben zur Finanzierung der behördlichen Tätigkeit §§ 20 und 21 APAG nochmals evaluiert und gegebenenfalls neu ausgerichtet werden“?

Da kann ich zum Abschluss nur noch fragen: Was machen die beiden Regierungspar­teien eigentlich so? Was machen sie so? Nächste Woche, übernächste Woche fängt si­cher die gegenseitige Befetzung wieder an, aber wenn es darum geht, an den Proble­men zu arbeiten und die Probleme wirklich anzugehen, dann versagen sie, weil sie beide nicht mehr firm sind. Darum: Regeln wir das, machen wir etwas anderes, versu­chen wir vielleicht eine andere Konstellation, dann hört sich das mit dem Stillstand in diesem Land auf! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

14.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fuchs. – Bitte.

 


14.51.06

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Die FPÖ wird der nun­mehr vorliegenden Fassung des Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetzes die Zustimmung er­teilen, weil verschiedene Unsinnigkeiten, die im ursprünglichen Gesetzesentwurf noch enthalten waren, durch sehr konstruktive Verhandlungen und Diskussionen noch elimi­niert werden konnten.

Eine dieser Unsinnigkeiten war die Zusammensetzung der Qualitätsprüfungskommis­sion. Im Ministerialentwurf waren noch sieben fachkundige Mitglieder und sieben fach-


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kundige Ersatzmitglieder vorgesehen. Mit der Regierungsvorlage hat sich die Anzahl auf 14 Mitglieder und 14 Ersatzmitglieder verdoppelt. Warum? – Im Begutachtungsver­fahren wurde die Besetzung dieser Kommission durch den ÖGB dahin gehend be­mängelt, dass die Sozialpartner ausgegrenzt seien. Ich zitiere aus der Stellungnahme des ÖGBs:

„Der Österreichische Gewerkschaftsbund bedauert es außerordentlich, dass der Ent­wurf von der Expertise der Sozialpartner hinsichtlich der Tatbestände zur Qualitätsprü­fung in weiterer Folge nicht Gebrauch macht.“

Ich darf dazu festhalten, dass es sich bei den Abschlussprüfern um top ausgebildete Akademiker eines freien Berufsstandes handelt, die auch bisher ohne die Expertise der Sozialpartner ausgekommen sind und dies auch in Zukunft werden.

Die Beratungsfunktion eines Fachgremiums durch fachunkundige Personen ausüben zu lassen, wie der ÖGB dies vorgeschlagen hat, ist nicht wirklich sinnvoll. Das wäre so, als ob Sozialpartner ohne Medizinstudium darüber befinden würden, ob ein Operations­raum richtig ausgestattet ist und die richtigen Regeln und Vorschriften, wie eine Ope­ration abzulaufen hat, eingehalten werden. (Abg. Kogler: Das ist aber das falsche Bild!) In der nunmehr vorliegenden Gesetzesfassung sind die Sozialpartner in der Qualitäts­prüfungskommission nicht mehr vertreten, und das ist auch gut so.

Bei der Abschlussprüfer-Aufsichtsbehörde handelt es sich um eine weisungsfreie und unabhängige Bundesbehörde, welche der Bund lediglich mit 500 000 €, also rund 20 Pro­zent der Gesamtkosten, finanzieren möchte. Die restlichen 80 Prozent trägt der Berufs­stand und damit die Wirtschaft. Diese Finanzierunghöhe ist verfassungsrechtlich be­denklich, weil hier keine finanzielle Unabhängigkeit der Behörde gegeben ist. Die Ab­schlussprüfer-Aufsichtsbehörde ist eine Bundesbehörde, und daher sollte sich der Bund auch mit einem höheren Finanzierungsanteil beteiligen. Der heutige Entschließungsan­trag wird dies sicherstellen.

Besonders positiv hervorheben möchte ich, dass durch den Abänderungsantrag zum APAG Abschlussprüfungen von Vereinen und Stiftungen sowie die bloße Revision von kleinen Genossenschaften von der Aufsicht des Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetzes aus­genommen wurden. Darüber hinaus sind auch solche Pflichtprüfungen von der Aufsicht ausgenommen, die lediglich landesgesetzlich angeordnet sind. Dadurch haben auch die kleinen Wirtschaftsprüfer eine bessere Überlebenschance.

Mit dem heutigen Entschließungsantrag ist auch sichergestellt, dass im Rahmen der nächsten Novellierung des APAG das unsinnige Befristungssystem von Bescheini­gungen durch ein Registrierungssystem ersetzt wird, welches eine Löschung aus dem Register nur dann vorsieht, wenn es dafür inhaltliche Gründe gibt, nicht jedoch wegen Zeitablaufs der Bescheinigung.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein (Abg. Rädler: Rechtzeitig!):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMag. DDr. Hubert Fuchs, Ing. Mag. Werner Groiß, Dr. Christoph Matz­netter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der Finanzierung der Abschluss­prüferaufsicht sowie der Qualitätssicherungsprüfungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dass

angesichts der Rahmenbedingungen und Vorgaben zur Finanzierung der behördlichen Tätigkeit §§ 20 und 21 APAG nochmals evaluiert und gegebenenfalls neu ausgerichtet werden,


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hinsichtlich des Bescheinigungssystems die Bestimmungen im 3. Teil, 1. Hauptstück, 2. Abschnitt APAG evaluiert werden.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht (Abg. Rädler: Rechtzeitig!) und steht daher mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMag. DDr. Hubert Fuchs, Mag. Werner Groiß, Dr. Christoph Matz­netter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Evaluierung der Finanzierung der Abschlussprüferaussicht sowie der Quali­tätssicherungsprüfungen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (1012 d.B.): Bundesgesetz über die Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften (Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz – APAG) (1018 d.B.), in der 126. Sitzung des Nationalrates am 28. April 2016

Zur Finanzierung

Durch das APAG werden bis zu 80% der Kosten der neuen Abschlussprüferaufsichts­behörde (APAB) von den der Aufsicht unterliegenden Abschlussprüfern und Prüfungs­gesellschaften getragen. Zusätzlich haben Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaf­ten gemäß § 31 Abs 1 APAG für die Kosten der regelmäßig durchzuführenden Quali­tätssicherungsprüfungen selbst aufzukommen.

Die Abschlussprüferaufsicht ist auf Grund der EU-rechtlichen Vorgaben vom Beruf­stand unabhängig zu organisieren und gemäß Art 32 Abs 7 EU-RL (Richtlinie 2006/43/
EG idgF) und Art 21 letzter Unterabsatz EU-VO (Verordnung (EU) Nr 537/2014) vor al­lem auch unabhängig von den Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften zu finan­zieren. Dies scheint bei der gegebenen Kostenverteilung nicht ausreichend gewährleis­tet zu sein. Ergänzend ist festzuhalten, dass der APAB nicht nur Aufgaben übertragen werden, die unmittelbar der Aufsicht über österreichische Abschlussprüfer und Prü­fungsgesellschaften zuzuordnen sind (zB Art 27 der EU-VO). Die Kosten der Aufsicht über die Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sollen dabei nicht den geprüften Unternehmen angelastet werden. Die Überprüfung der PIEs durch die APAB darf nicht den Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften angelastet werden.

Zum Bescheinigungssystem

Art 3 Abs 1 und 2 iVm Kapitel III (Art 15ff) der EU-RL verlangen eine Zulassung und Registrierung von Abschlussprüfern durch die dafür eingerichtete Behörde. Art 29 Abs 1 lit h der EU-RL sieht des Weiteren vor, dass Qualitätssicherungsprüfungen auf der Grund­lage einer Risikoanalyse zu erfolgen haben. Art 26 Abs 2 der EU-VO sieht dies glei­chermaßen für die Durchführung von Inspektionen vor. Die Behörde selbst muss somit eine Inspektion oder Qualitätssicherungsprüfung aufgrund einer Risikoanalyse in Gang zu setzen. Hinsichtlich der Inspektionen ist dies in § 43 APAG entsprechend geregelt.


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Hinsichtlich der Qualitätssicherungsprüfungen übernimmt das APAG jedoch das im Re­gelungsbereich des bisherigen A-QSG vorgesehene System der befristeten Bescheini­gungen. Es ist daher zu untersuchen, ob dieses System uneingeschränkt im Einklang mit den EU-rechtlichen Vorgaben steht. Darüber hinaus scheint ein – auch im interna­tionalen Umfeld bevorzugtes – effizientes Registrierungssystem nicht nur diesen Anfor­derungen besser zu entsprechen, sondern könnte möglicherweise auch Verwaltungs- und Kosteneinsparungen zur Folge haben, da die derzeit mit Bescheid abzuschließen­den, wiederkehrenden Verwaltungsverfahren nach einer erstmaligen Registrierung ent­fallen würden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dass

angesichts der Rahmenbedingungen und Vorgaben zur Finanzierung der behördlichen Tätigkeit §§ 20 und 21 APAG nochmals evaluiert und gegebenenfalls neu ausgerichtet werden,

hinsichtlich des Bescheinigungssystems die Bestimmungen im 3. Teil, 1. Hauptstück, 2. Abschnitt APAG evaluiert werden.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


14.55.48

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schellhorn ist jetzt leider nicht da, aber seine gekünstelte Aufregung verstehe ich nicht ganz, denn es ist so: Wir haben bis zum Schluss Verbesserungen verhandelt. Das hat er ja auch bestätigt. Es ist also wie bei einem Fußballspiel, um einen Vergleich aus dem Sport zu strapazieren: Ein Fuß­ballspiel dauert auch 90 Minuten, und da sollte man halt bis zum Schlusspfiff am Spiel­feld bleiben, denn dann ist man dabei. (Abg. Lichtenecker: Das Bescheinigungssys­tem ist schon die ganze …!) – Kollegin Lichtenecker, das ist ein hervorragendes Ge­setz, denn es ist von Praktikern verhandelt. (Abg. Lichtenecker: Na, genau, weil du ein Praktiker bist!)

Ich danke vielmals dem Kollegen Groiß, dem Kollegen Fuchs und dem Kollegen Matz­netter: Das sollte uns ein bisschen als Vorbild, als Best Practice und dafür dienen, wie man praxisorientierte Gesetze macht. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Sehen wir uns die Verbesserungen an, die ja bereits ganz deutlich zum Ausdruck ge­kommen sind (Zwischenruf des Abg. Kogler): Wir haben eine unabhängige Behörde geschaffen. Wir haben das zum Anlass genommen, um auf das Notwendigste zurück­zustreichen. Wir haben eine risikoadäquate Prüfung geschaffen – der Größe und dem Risiko angepasst –, eine Behörde abgeschafft, eine neue geschaffen. Das heißt: One in, one out. Das ist wieder Best Practice, genau wie wir uns das vorstellen.

Wir haben da also ganz klare Akzente gesetzt, und deshalb bringe ich auch den heute bereits angekündigten Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Groiß, Dr. Matz­netter, MMag. DDr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen (Heiterkeit der Abg. Lichten­ecker – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Neun Seiten! – Abg. Kogler: Lesen wir


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den doch vor, dann dauert das mehr als 20 Minuten! – Abg. Lichtenecker: Genau!) zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz über die Aufsicht über Abschlussprü­fer und Prüfungsgesellschaften (Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz – APAG) (1012 der Bei­lagen), in der Fassung des Ausschussberichtes ein, wodurch, in den Eckpunkten erläu­tert, die Kompetenz vom Wirtschaftsministerium ans Finanzministerium wandert, der Bei­rat verkleinert wurde, die Sozialpartner jetzt im Aufsichtsrat statt im Beirat sind, der Be­stellmodus für den Vorstand vereinheitlicht wurde, das Gesetz nur für die in der EU-Verordnung vorgesehenen großen Unternehmen und deren Wirtschaftsprüfer gültig ist und die Anmerkungen des Datenschutzrates berücksichtigt wurden.

*****

Meine Damen und Herren, ich betone nochmals: praxisorientiert. Ich ersuche daher um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag wurde in seinen Eckpunkten er­läutert, gilt aber erst dann als eingebracht, wenn er an die Mandatare verteilt worden ist. Die Druckerei arbeitet auf Hochtouren daran. (Abg. Lichtenecker: Spannend! Nicht einmal verteilt …! – Abg. Kogler: Ich melde mich dann noch zu Wort, dann dauert es lange genug – so konstruktiv sind wir!)

Der eingebrachte Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Werner Groiß, Dr. Christoph Matznetter, MMag. DDr. Hubert Fuchs

Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz über die Aufsicht über Abschluss­prüfer und Prüfungsgesellschaften (Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz – APAG) (1012 der Beilagen), in der Fassung des Ausschussberichtes (1018 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. In § 1 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Soweit nicht in einem anderen Bundesgesetz anderes bestimmt ist, regelt dieses Bundesgesetz auch die Aufsicht über Unternehmen von öffentlichem Interesse gemäß § 189a Z 1 lit. a und d des Unternehmensgesetzbuches, dRGBl. S. 219/1897, betreffend die Einhaltung abschlussprüfungsrelevanter Verpflichtungen, insbesondere der Verpflich­tungen gemäß § 92 Abs. 4a des Aktiengesetzes, BGBl. Nr. 98/1965, § 30g Abs. 4a des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBl. Nr. 58/1906, § 51 Abs. 3a des SE-Gesetzes, BGBl. I Nr. 67/2004, § 24c Abs. 6 des Gesetzes vom 9. April 1873 über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, RGBl. Nr. 70/1873, sowie Art. 16 und 17 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014.“

2. § 2 Z 1 lautet:

„1. „Abschlussprüfungen“ bundesgesetzlich vorgeschriebene Prüfungen des Jahresab­schlusses oder des konsolidierten Abschlusses, ausgenommen Prüfungen des Jahres­abschlusses oder des konsolidierten Abschlusses von Vereinen gemäß Vereinsge-
setz 2002 - VerG, BGBl. I Nr. 66/2002, und Stiftungen gemäß Privatstiftungsgesetz - PSG, BGBl. Nr. 694/1993 oder gemäß Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz 2015 – BStFG 2015, BGBl. I Nr. 160/2015, sofern sie nicht dem Versicherungsaufsichtsge-
setz 2016 – VAG 2016, BGBl. I Nr. 34/2015, unterliegen, sowie von nicht abschluss-


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prüfungspflichtigen Genossenschaften gemäß Gesetz vom 9. April 1873 über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften,“

3. In § 6 Abs. 2 wird die Wortfolge „vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler und dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirt­schaft“ durch die Wort-folge „von der Bundesregierung“ ersetzt.

4. In § 8 Abs. 2 und § 11 Abs. 7 entfallen jeweils die Wortfolgen „und dem Bundes­minister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft“.

5. § 8 Abs. 2 dritter Satz lautet:

„Der Bundesminister für Finanzen hat die Bundesregierung von der Zurücklegung der Funktion zu informieren und die Bestellung eines neuen Mitgliedes des Vorstandes ge­mäß § 6 Abs. 2 iVm § 6 Abs. 4 zu veranlassen.“

6. In § 8 Abs. 2, 3 und 4 entfällt jeweils die Wortfolge „im Einvernehmen mit dem Bun­desminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft“.

7. In § 9 Abs. 1 wird die Zahl „vier“ durch die Zahl „fünf“ ersetzt.

8. § 9 Abs. 2 erster Satz lautet:

„Die Mitglieder des Aufsichtsrates dürfen während ihrer Funktionsperiode sowie inner­halb der ihrer Bestellung vorangegangenen drei Jahre keine Abschlussprüfungen bei Un­ternehmen von öffentlichem Interesse durchführen oder durchgeführt haben.“

9. § 9 Abs. 3 erster Satz lautet:

„Der Vorsitzende und zwei weitere Mitglieder des Aufsichtsrates werden vom Bundes­minister für Finanzen, drei Mitglieder des Aufsichtsrates vom Bundeskanzler und ein Mit­glied des Aufsichtsrates vom Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirt­schaft jeweils nach Anhörung der Sozialpartner für die Dauer von fünf Jahren bestellt.“

10. In § 9 Abs. 5 und in § 84 Abs. 4 wird jeweils die Wortfolge „Der Bundesminister für Finanzen und der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft“ durch die Wortfolge „Der Bundesminister für Finanzen, der Bundeskanzler und der Bundes­minister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft“ ersetzt.

11. In § 10 Abs. 2 entfällt die Wortfolge „und der Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft“.

12. In § 11 Abs. 3 entfällt die Wortfolge „und des Bundesministers für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft“.

13. In § 11 Abs. 6 entfällt die Wortfolge „durch Verordnung“.

14. In § 11 Abs. 8 entfällt die Wortfolge „und den Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft“.

15. In § 12 Abs. 2 wird die Zahl „vierzehn“ durch die Zahl „sieben“ ersetzt.

16. § 12 Abs. 3 erster Satz lautet:

„Die Mitglieder der Qualitätsprüfungskommission werden auf Vorschlag der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, der Vereinigung Österreichischer Revisionsverbände und des Spar­kassen-Prüfungsverbandes gemäß Abs. 4 vom Aufsichtsrat bestellt.“

17. § 12 Abs. 4 erster Satz lautet:

„Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat vier Mitglieder, von denen zumindest drei Mitglieder öffentlich bestellte Wirtschaftsprüfer sein müssen, die Vereinigung Österreichi­scher Revisionsverbände hat gemeinsam mit dem Sparkassen-Prüfungsverband ins­gesamt drei Mitglieder, von denen zumindest zwei Mitglieder öffentlich bestellte Wirt­schaftsprüfer sein müssen, vorzuschlagen.“


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18. In § 12 Abs. 5 erster Satz wird die Zahl „zehn“ durch die Zahl „fünf“ ersetzt.

19. § 12 Abs. 6 zweiter Satz entfällt.

20. In § 13 Abs. 1 wird die Wortfolge „Die APAB konsultiert die Qualitätsprüfungskom­mission bezüglich eines Vorschlags der Qualitätsprüfungskommission betreffend“ durch die Wortfolge „Die APAB hat die Qualitätsprüfungskommission anzuhören vor“ ersetzt.

21. In § 13 Abs. 2 wird die Wortfolge „Die APAB kann Stellungnahmen von der Quali­tätsprüfungskommission einholen“ durch die Wortfolge „Die APAB hat Stellungnahmen der Qualitätsprüfungskommission einzuholen“ ersetzt.

22. In § 14 Abs. 4 wird nach der Wortfolge „Die APAB hat“ die Wortfolge „dem Finanz­ausschuss des Nationalrates und“ eingefügt.

23. § 16 Abs. 4 erster Satz lautet:

„Die APAB und die Qualitätsprüfungskommission haben den Bund in Amtshaftungs- und Rückersatzverfahren nach Abs. 1 und 2 zu unterstützen, soweit dies für die Durchführung dieser Verfahren erforderlich ist. Dabei darf der Eingriff in das Grund­recht auf Datenschutz der jeweiligen betroffenen natürlichen oder juristischen Person nur in der gelindesten zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“

24. In § 17 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Die APAB hat Unterlagen und Aufzeichnungen, insbesondere die von ihr erlassene Bescheide, so lange aufzubewahren, als dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforder­lich ist.

25. In § 17 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Die APAB hat gemäß § 14 Datenschutzgesetz 2000 – DSG 2000, BGBl I. Nr. 165/
1999, Datensicherheitsmaßnahmen, insbesondere hinsichtlich der Zutritts- und Zu­griffsberechtigungen, der Protokollierung sowie der Dokumentation der getroffenen Maß­nahmen, zu ergreifen.“

26. In § 18 erhalten die Absätze 1 bis 6 die Bezeichnung 2 bis 7.

27. § 18 Abs. 1 lautet:

„(1) Die gesamte Gebarung der APAB und alle Ausgaben haben nach den Grundsät­zen der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu erfolgen.“

28. In § 18 Abs. 2 letzter Satz entfällt das Wort „möglichst“.

29. In § 18 Abs. 4 werden folgende Sätze angefügt:

„Die erforderliche Anzahl an Inspektoren ist anhand der Anzahl der Unternehmen von öffentlichem Interesse, der Anzahl der einer Inspektion gemäß § 43 unterliegenden Ab­schlussprüfer und Prüfungsgesellschaften und der darauf basierend geschätzten An­zahl der erforderlichen Leistungsstunden für Inspektionen festzulegen. Die Anzahl der Inspektoren hat in einem angemessenen Verhältnis zu dem für die Durchführung der Inspektionen erforderlichen Zeitaufwand zu stehen.“

30. In § 20 Abs. 1 erhalten die Z 3, 4 und 5 die Bezeichnung Z 4, 5 und 6; nach der Z 2 wird folgende neue Z 3 eingefügt:

„3. Kostenstelle: Kosten der Aufsicht gemäß § 1 Abs. 4;“

31. In § 21 Abs. 4 wird die Wortfolge „20 vH der durch den Aufsichtsrat genehmigten Gesamtkosten für das kommende Jahr“ durch die Wortfolge „500 000 Euro“ ersetzt.

32. § 21 Abs. 4 letzte Satz lautet:

„Der Beitrag ist in gleich hohen Teilbeträgen jeweils bis zum 15. des ersten Monats des jeweiligen Kalenderquartals an die APAB zu überweisen.“


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33. In § 21 Abs. 5 wird die Wortfolge „ist die APAB berechtigt,“ durch die Wortfolge „hat die AP-AB“ ersetzt und nach dem Wort „Fehlbeträge“ die Wortfolge „gemäß Abs. 1 Z 1 bis 3“ eingefügt.

34. § 21 Abs. 8 erster und zweiter Satz lauten:

„Die APAB hat durch Verordnung mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen nähere Vorgaben für die Berechnung der Beiträge gemäß Abs. 2 festzulegen. Die Bei­träge sind den Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften mit Bescheid von der APAB vorzuschreiben.“

35. In § 21 Abs. 9 wird die Wortfolge „einen weiteren Beitrag zu leisten“ durch die Wort­folge „nach Maßgabe der im jährlichen Bundesfinanzgesetz für diesen Zweck vorgese­henen Mittel einen weiteren Kostenbeitrag leisten“ ersetzt.

36. In § 21 Abs. 10 entfällt der dritte Satz; der zweite Satz lautet:

„Die APAB hat durch Verordnung mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen den Kostenersatz festzulegen.“

37. In § 21 Abs. 12 wird die Wortfolge „Der Bundesminister für Finanzen hat“ durch die Wortfolge „Die APAB hat mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen“ ersetzt.

38. In § 29 Abs. 2 entfallen der zweite und der dritte Satz.

39. § 29 Abs. 4 entfällt. Die Absätze 5 und 6 erhalten die Bezeichnung 4 und 5.

40. In § 29 Abs. 4 und Abs. 5 wird jeweils die Wortfolge „Die APAB kann durch Ver­ordnung eine Richtlinie“ durch die Wortfolge „Die APAB hat mit Zustimmung des Bun­desministers für Finanzen eine Verordnung“ und das Wort „erlassen“ durch die Wortfol­ge „zu erlassen“ ersetzt.

41. In § 29 Abs. 4 und Abs. 5 und in § 34 Abs. 1 wird jeweils die Wortfolge „Diese Richt­linie hat“ durch die Wortfolge „Diese Verordnung hat“ ersetzt.

42. § 34 Abs. 1 zweiter Satz lautet:

„Die APAB hat durch Verordnung den Aufbau und die inhaltliche Gestaltung des schrift­lichen Prüfberichts des Qualitätssicherungsprüfers zu regeln.“

43. In § 46 wird im zweiten Satz die Wortfolge „ist Art. 26 Abs. 5 letzter Unterabsatz“ durch die Wortfolge „sind Art. 26 Abs. 1 lit. c und Art. 26 Abs. 5 letzter Unterabsatz“ er­setzt.

44. § 56 Abs. 6 erster Satz lautet:

„Die APAB hat eine Richtlinie zur kontinuierlichen Fortbildung herauszugeben.“

45. In § 61 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Die APAB ist ebenfalls berechtigt, Untersuchungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, die der Aufsicht gemäß § 1 Abs. 4 unterliegen, durchzuführen, um Verstöße gegen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 oder anderer abschlussprüfungsrelevanter Bestimmungen aufzudecken oder zu verhindern.“

46. § 61 Abs. 4 entfällt.

47. In § 62 Abs. 1 Z 1 wird nach der Wortfolge „die Prüfungsgesellschaft“ die Wortfolge „oder Unternehmen von öffentlichem Interesse, die der Aufsicht gemäß § 1 Abs. 4 un­terliegen“ und nach dem Wort „verantwortliche“ die Wortfolge „natürliche oder juristische“ eingefügt.

48. In § 62 Abs. 1 Z 6 wird nach der Wortfolge „Unternehmen von öffentlichem Inter­esse“ ein Beistrich und die Wortfolge „die der Aufsicht gemäß § 1 Abs. 4 unterliegen,“ eingefügt.


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49. In § 64 Abs. 1 wird die Wortfolge „belangte Person“ durch die Wortfolge „belangte natürliche oder juristische Person“ ersetzt.

50. Nach § 65 Abs. 2 Z 11 wird der Punkt durch das Wort „oder“ ersetzt und folgende Z 12 angefügt:

„12. gegen Verpflichtungen gemäß § 92 Abs. 4a AktG, § 30g Abs. 4a GmbHG, § 51 Abs. 3a SE-Gesetz, § 24c Abs. 6 Genossenschaftsgesetz oder Art. 16 oder 17 der Ver­ordnung (EU) Nr. 537/2014 verstößt.“

51. In § 65 Abs. 3 wird der Betrag „500 000 Euro“ durch den Betrag „350 000 Euro“ er­setzt.

52. In § 65 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Die nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes verhängten Geldstrafen fließen dem Bund zu.“

53. In § 66 Abs. 2 Z 3 entfällt das Wort „natürliche“.

54. In § 78 Abs. 2 Z 4 wird die Wortfolge „zwischen der APAB und der betroffenen zu­ständigen Stelle des Drittstaats“ durch die Wortfolge „gemäß Abs. 6“ ersetzt.

55. In § 78 Abs. 2 Z 5 entfällt die Wortfolge „aufgrund ausreichender Garantien im Sin­ne von Art. 26 Abs. 2 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. Nr. L 281 vom 23.11.1995 S. 31, geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1882/2003, ABl. Nr. L 284 vom 31.10.2003 S. 1,“.

56. § 78 Abs. 6 lautet:

„(6) Der Bundesminister für Finanzen kann auf Vorschlag der APAB mit den zuständi­gen Behörden von Drittstaaten Vereinbarungen zur Regelung der näheren Zusammen­arbeit schließen, wenn die Voraussetzungen gemäß Art. 36 der Verordnung (EU)
Nr. 537/2014 und Art. 47 der Richtlinie 2006/43/EG in der Fassung der Richtlinie 2014/
56/EU erfüllt sind und die zu übermittelnden Informationen zur Wahrnehmung der Auf­gaben gemäß den genannten Vorschriften notwendig sind. Informationen aus einem an­deren Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem EWR-Vertragsstaat dürfen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der zuständigen Behörden, die diese Information mit­geteilt haben und nur für die Zwecke weitergegeben werden, denen diese Behörden zugestimmt haben. Die APAB teilt der Europäischen Kommission die in den Abs. 2 und 5 genannten Vereinbarungen zur Zusammenarbeit mit.“

57. In § 79 Abs. 1 Z 1 wird die Wortfolge „bis zum 17. Juni 2016“ durch das Wort „un­verzüglich“ ersetzt.

58. In § 80 Abs. 1 entfällt die Wortfolge „unbeschadet der Bestimmungen des DSG 2000,“; der Punkt wird durch einen Beistrich ersetzt und die Wortfolge „insoweit dies gemäß den Bestimmungen des DSG 2000 zulässig ist.“ wird angefügt.

59. Nach § 80 Abs. 5 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Die Finanzprokuratur kann die APAB auf deren Ersuchen entgeltlich vertreten.“

60. In § 83 wird nach dem Wort „Steuern“ der Klammerausdruck „(mit Ausnahme der Umsatzsteuer)“ eingefügt.

61. In § 84 Abs. 1 wird im zweiten Satz die Wortfolge „frühestens mit 17. Juni 2016“ durch die Wortfolge „mit 1. Oktober 2016“ ersetzt; im letzten Satz entfällt der Beistrich und die Wortfolge „jedoch frühestens am 17. Juni 2016“.

62. § 84 Abs. 2 wird die Wortfolge „im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wis­senschaft, Forschung und Wirtschaft ehestmöglich“ durch die Wortfolge „ehestmöglich nach der Kundmachung dieses Bundesgesetzes“ ersetzt.


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63. In § 84 Abs. 5 wird das Wort „sowie“ durch einen Beistrich ersetzt und nach der Wortfolge „zu sorgen“ die Wortfolge „und die Mitglieder der Qualitätsprüfungskommis­sion gemäß § 12 Abs. 3 zu bestellen“ eingefügt.

64. § 84 Abs. 6 lautet:

„(6) Das Budget gemäß § 18 für das Geschäftsjahr 2017 ist vom Vorstand unverzüg­lich, spätestens jedoch bis zum 30. November 2016, zu erstellen und dem Aufsichtsrat zur Genehmigung vorzulegen. Der Aufsichtsrat hat das Budget möglichst bis zum 15. De­zember 2016 zu beschließen.“

65. In § 84 Abs. 7 wird die Wortfolge „bis zum 1. Juli 2016 auf das von der APAB zu nennende Bankkonto einzuzahlen“ durch die Wortfolge „binnen vierzehn Tagen nach Auf­forderung durch den Vorstand der APAB auf das vom Vorstand der APAB zu nennen­de Bankkonto der APAB zu leisten“ ersetzt.

66. In § 84 Abs. 8 wird das Datum „1. Juli 2016“ durch das Datum „15. Oktober 2016“ ersetzt.

67. § 84 Abs. 9 lautet:

„(9) Das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat für das Ge­schäftsjahr 2016 eine Zahlung gemäß § 21 Abs. 4 von 300 000 Euro binnen vierzehn Tagen nach Aufforderung durch den Vorstand der APAB auf das vom Vorstand der APAB zu nennende Bankkonto der APAB zu leisten.“

68. § 84 Abs. 10 lautet:

„(10) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft und der Bundes­minister für Finanzen sind berechtigt, der APAB bewegliches und unbewegliches Ver­mögen des Bundes als Sachausstattung der Aufsicht zur Verfügung zu stellen.“

69. § 84 Abs. 12 lautet:

„(12) Bis zum 30. September 2016 nach den Bestimmungen des A-QSG erteilte Be­scheinigungen behalten jedenfalls ihre Gültigkeit bis zum Ablauf der in der Bescheini­gung festgelegten Frist von sechs Jahren. Eine allfällige Fristverkürzung gemäß § 16 Abs. 2 Z 2 A-QSG ist zu berücksichtigen. Die in den bescheidmäßig ausgestellten Be­scheinigungen enthaltene Befristung gemäß § 4 Abs. 1 A-QSG auf drei Jahre verliert ihre Wirkung. Für im Zeitpunkt der Verlautbarung dieses Bundesgesetzes im Bundes­gesetzblatt aufrechte Bescheinigungen, deren Befristung auf sechs Jahre bis spätes­tens zum 31. März 2017 abläuft, wird die Ablauffrist für höchstens neun Monate ver­längert, sofern der Antrag auf Ausstellung einer neuen Bescheinigung bis zum Datum der ursprünglich vorgesehenen Ablauffrist gestellt wird und vorher keine neue Beschei­nigung durch die zuständige Behörde ausgestellt wird.“

70. In § 84 Abs. 13 wird folgender Satz angefügt:

„Die Strafbarkeit von Verletzungen der Vorschriften des A-QSG, die vor dem 1. Okto­ber 2016 begangen wurden, ist nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht zu beurtei­len.“

71. In § 84 Abs. 15 und 16 wird jeweils die Wortfolge „gilt mit Beginn der behördlichen Zuständigkeit der APAB als aufgelöst“ durch die Wortfolge „ist mit Ablauf des 30. Sep­tember 2016 aufgelöst“ ersetzt.

72. § 85 lautet:

„§ 85. § 23 bis § 78 treten mit 1. Oktober 2016 in Kraft.“

73. In § 86 wird die Wortfolge „mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes“ durch die Wort­folge „mit Ablauf des 30. September 2016“ ersetzt.


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74. § 87 lautet:

„§ 87. Mit der Vollziehung des § 6 Abs. 2 ist die Bundesregierung betraut. Mit der Voll­ziehung des § 9 Abs. 3 und 5 und des § 84 Abs. 4 sind der Bundeskanzler, der Bun­desminister für Finanzen und der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirt­schaft betraut. Mit der Vollziehung der übrigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Finanzen betraut.“

Begründung

Zu § 1 Abs. 4, § 61 Abs. 1, § 62 Abs. 1 Z 1 und 6, § 65 Abs. 2 Z 11 und 12:

Die vorgeschlagenen Änderungen dienen der Umsetzung der europarechtlichen Ver­pflichtung zur Einrichtung einer behördlichen Aufsicht über die Einhaltung der Verpflich­tungen nach der Richtlinie 2006/43/EG und der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 durch Un­ternehmen von öffentlichem Interesse gemäß § 189a Z 1 lit. a und d des Unterneh­mensgesetzbuches, dRGBl. S. 219/1897. Soweit nicht in einem anderen Bundesgesetz anderes bestimmt wird, soll die APAB als zuständige Behörde mit den europarechtlich determinierten Befugnissen ausgestattet werden. Die Notwendigkeit, die APAB als zuständige Behörde insbesondere mit der Befugnis zur Durchführung von Untersu­chungen sowie zur Verhängung von Maßnahmen und Sanktionen auszustatten, folgt aus Art. 23 Abs. 3 UAbs. 2 lit. c der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und – im Hinblick auf jene Bestimmungen, die Art. 39 der Richtlinie 2006/43/EG umsetzen (§ 92 Abs. 4a des Aktiengesetzes, BGBl. Nr. 98/1965, § 30g Abs. 4a des Gesetzes über Gesell­schaften mit beschränkter Haftung, RGBl. Nr. 58/1906, § 51 Abs. 3a des SE-Gesetzes, BGBl. I Nr. 67/2004, § 24c Abs. 6 des Gesetzes vom 9. April 1873 über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, RGBl. Nr. 70/1873) – aus Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2006/
43/EG, der künftig entsprechend ErwG 15 der Richtlinie 2014/56/EU auszulegen ist. Für Unternehmen von öffentlichem Interesse gemäß § 189a Z 1 lit. b und c des Unterneh­mensgesetzbuches sollen in den jeweiligen Materiengesetzen Sonderbestimmungen ge­schaffen werden.

Zu § 2 Z 1:

Mit dieser Änderung werden Abschlussprüfungen von Vereinen und Stiftungen sowie die bloße Revision von kleinen Genossenschaften von der Aufsicht der APAB ausge­nommen.

Zu § 6 Abs. 2, § 8 Abs. 2 bis 4, § 11 Abs. 7 und 8:

Mit dieser Änderung wird die Bestellung des Vorstandes nunmehr der gesamten Bun­desregierung übertragen. Die darüber hinausgehenden Kontrollrechte sowie die ent­sprechenden Veranlassungen insbesondere im Zusammenhang mit der Abberufung von Vorstandsmitgliedern sollen aus Effizienzgründen (Gefahr im Verzug) allein von dem für die behördliche Aufsicht zuständigen Bundesminister für Finanzen ausgeübt wer­den.

Zu § 9 Abs. 1 bis 3 und 5, § 10 Abs. 2, § 11 Abs. 3, § 12 Abs. 2 bis 4 und § 84 Abs. 4:

Die Bestellung der Mitglieder des Aufsichtsrats erfolgt nunmehr durch den Bundesmi­nister für Finanzen, den Bundeskanzler und den Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft. Vor der Bestellung der Mitglieder des Aufsichtsrates durch den Bundeskanzler, den Bundesminister für Finanzen und den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft werden die Sozialpartner (Bundesarbeitskammer, Wirt­schaftskammer Österreich, Österreichischer Gewerkschaftsbund und Präsidentenkon­ferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs) angehört. In gleicher Weise hat der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft vor der Bestellung die Kammer der Wirtschaftstreuhänder anzuhören. Im Gegenzug wird die Anzahl der Mit-


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glieder der Qualitätsprüfungskommission auf sieben Fachexperten reduziert. Aufgrund der dem Bundesminister für Finanzen übertragenen Aufsicht über die APAB soll auch die Bestellung des Aufsichtsratsvorsitzenden durch den Bundesminister für Finanzen erfolgen. Eine Bestellung der Mitglieder des Aufsichtsrates nach öffentlicher Ausschrei­bung ist nicht erforderlich und beispielsweise auch im FMABG für die Aufsichtsratsmit­glieder der FMA nicht vorgesehen. Die in § 10 Abs. 2 und § 11 Abs. 3 vorgesehene Einberufung des Aufsichtsrates sowie die Genehmigung der Geschäftsordnung erfolgt zweckmäßigerweise durch den für die Aufsicht alleinig zuständigen Bundesminister für Finanzen. Um die EU-rechtlich geforderte Unabhängigkeit der APAB zu gewährleisten, wird in § 9 Abs. 2 eine neue teilweise an Art. 21 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 an­gelehnte Unabhängigkeitsvoraussetzung normiert.

Zu § 11 Abs. 6, § 21 Abs. 8, § 21 Abs. 10 und 12, § 29 Abs. 4 (neu) und 5 (neu), § 34 Abs. 1, § 56 Abs. 6, § 61 Abs. 4:

Die im gegenständlichen Gesetzesentwurf enthaltenen Verordnungsermächtigungen wur­den neu gefasst und weitestgehend an die Systematik des FMABG dadurch angegli­chen, dass die dem Bundesminister für Finanzen zukommende Verordnungskompe­tenz auf die APAB als Aufsichtsbehörde übertragen wird. Wie im FMABG wurde in bedeutenden Bereichen ein Zustimmungsrecht des Bundesministers für Finanzen vor­gesehen. In Fällen, in denen die Erlassung einer Verordnung nicht erforderlich ist, wur­de die entsprechende Verordnungskompetenz gestrichen (§ 11 Abs. 6, § 56 Abs. 6 und § 61 Abs. 4). Weiters wurde klargestellt, dass – außer im Fall des § 61 Abs. 4 – in sämtlichen Fällen keine Richtlinien sondern Verordnungen zu erlassen sind.

Zu § 12 Abs. 6 sowie § 13 Abs. 1 und 2:

Durch die Streichung in § 12 Abs. 6 wird die Regelung einer allfällige Vergütung den endsendenden Stellen überlassen. Die Änderungen in § 13 Abs. 1 und 2 dienen der Umsetzung der Feststellungen des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie des Na­tionalrates (vgl. 1018 der Beilagen). Die Qualitätsprüfungskommission hat als Beirat nur beratende Funktion und wird im Übrigen nicht als eigenständiger Auftraggeber ge­mäß § 4 Z 4 DSG 2000 tätig.

Zu § 14 Abs. 4:

Die Änderung dient der Angleichung an die vergleichbare Regelung in § 16 Abs. 3 FMABG.

Zu § 16 Abs. 4:

Mit dieser Änderung werden Bedenken des Datenschutzrates berücksichtigt.

Zu § 17 Abs. 5 und 6:

In § 17 Abs. 5 wird die Datenaufbewahrung abweichend von § 14 Abs. 5 DSG 2000 geregelt. Die von der APAB vorzusehende Aufbewahrungsfrist muss jedenfalls sicher­stellen, dass eine lückenlose Dokumentation zur zuletzt ausgestellten Bescheinigung gemäß den §§ 35ff. APAG gewährleistet ist. In § 17 Abs. 6 wird die in § 14 DSG 2000 geforderte Verpflichtung zur Ergreifung von Datensicherheitsmaßnahmen festgelegt.

Zu § 18:

Die Gebarung der APAB hat nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, Wirtschaft­lichkeit und Sparsamkeit zu erfolgen. Sämtliche Ausgaben dürfen nur unter diesen Prä­missen erfolgen und mit einer entsprechenden Begründung budgetiert werden. Wird dem nicht entsprochen, ist dem Budget die Genehmigung des Aufsichtsrats zu verwei­gern. Eine Beschlussfassung des Aufsichtsrates über das Budget bis spätestens 31. Ok­tober des Geschäftsjahres ist zumutbar und sollte jedenfalls eingehalten werden. Wei­ters soll mit der Ergänzung des Abs. 4 sichergestellt werden, dass die Zahl der Ins-


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pektoren den Anforderungen des Inspektionsaufwandes entspricht und auch den not­wendigen Aufwand nicht übersteigt. Die Zahl der Unternehmen von öffentlichen Inter­esse lässt sich durch öffentlich zugängliche Information ermitteln, die Zahl der Ab­schlussprüfer und Prüfungsgesellschaften, die die Abschlussprüfungen solcher Unter­nehmen durchführen, ist der Behörde durch die Meldungen gemäß § 43 bekannt. So­mit ist sichergestellt, dass die Anzahl der Inspektoren bei Ansteigen des Inspektions­aufwandes ebenfalls steigt; sinkt der zu erwartende Aufwand der Inspektionen, ist die Zahl der Inspektoren gegebenenfalls auch zu reduzieren.

Zu § 20 Abs. 1:

Die Kosten für die Aufsicht gemäß § 1 Abs. 4 sollen transparent in einer eigenen Kos­tenstelle erfasst werden.

Zu § 21 Abs. 4 und 9 sowie § 84 Abs. 9 und 10:

Die Finanzierung der APAB durch den Bund muss aus haushaltsrechtlichen Grund­sätzen sowohl betraglich begrenzt als auch die Ermächtigung des Bundes (somit des Bundesministers für Finanzen) an das jährliche Bundesfinanzgesetz gebunden wer­den. Wie zwischen den betroffenen Ressorts vereinbart, wird der Kostenbeitrag für das Jahr 2016 aus der UG 40 bedeckt. Zur Reduktion der Kosten der APAB wird die Mög­lichkeit geschaffen, der Behörde nicht nur EDV- und Büroausstattung, sondern auch Bü­roräumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Zu § 29 Abs. 2 und Entfall des § 29 Abs. 4 (alt):

Die mit dieser Streichung vorgenommene Beschränkung des Vorschlagsrechts des Ab­schlussprüfers bzw. der Prüfungsgesellschaft auf einen einzigen Dreiervorschlag soll allfällige Zweifel an der Unabhängigkeit der Qualitätssicherungsprüfer hintanhalten.

Zu § 46:

Art. 26 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 sieht vor, dass auch als Ab­schlussprüfer tätige Personen als Sachverständige beigezogen werden können. Durch die ggst. Änderung soll ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass durch die Bei­ziehung von Sachverständigen im Rahmen der Vorgaben der Verordnung im Inspek­tionssystem ausreichend Puffer geschaffen werden können. Damit kann rasch und zu­verlässig kurzfristig zusätzlicher Ressourcenbedarf durch Experten, die eine qualitäts­volle Inspektion gewährleisten, abgedeckt werden.

Zu § 64:

Mit der Änderung in § 64 Abs. 1 wird klargestellt, dass auch juristische Personen per­sonenbezogene Daten haben können. Die Bestimmungen des § 64, insbesondere die Beschränkung der Veröffentlichung auf rechtskräftige Sanktionen bzw. das Verbot der Veröffentlichung von personenbezogenen Daten, gelten auch für den Anwendungsbe­reich des § 62. Zu § 64 Abs. 3 wäre grundsätzlich festzuhalten, dass die APAB bei der Beurteilung der zulässigen Dauer der Veröffentlichung der Sanktionen eine Abwägung zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit an dieser Information und den Interessen der betroffenen sanktionierten natürlichen oder juristischen Person zu treffen hat. Bei dieser Abwägung ist beispielsweise neben der Stabilität der Finanzmärkte, die Schwe­re und Dauer des Verstoßes oder der Verschuldensgrad der handelnden Personen zu beachten. Eine Veröffentlichung für die Dauer von 10 Jahren kann im Interesse der Öf­fentlichkeit oder der Stabilität der Finanzmärkte, insbesondere bei sehr schweren oder die breite Öffentlichkeit betreffenden Verstößen oder bei Verstößen im Zusammenhang mit lange dauernden Gerichtsverfahren, erforderlich sein.

Zu § 65 Abs. 3:

Die bereits im Begutachtungsverfahren als zu hoch monierte Verwaltungsstrafe wird mit dieser Änderung herabgesetzt.


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Zu § 66 Abs. 2 Z 3:

Mit dieser Änderung wird eine Anpassung an den Wortlaut des Artikel 30e Abs. 2 lit. b der Richtlinie vorgenommen und damit den diesbezüglichen Bedenken des Daten­schutzrates Rechnung getragen.

Zu § 78 Abs. 2 Z 4 und Abs. 6:

Mit diesen Änderungen wird unter Berücksichtigung der Anregungen des Datenschutz­rates eine Neuformulierung der Zusammenarbeit mit Drittstaaten in Übereinstimmung mit Artikel 20 Abs. 2 letzter Halbsatz und Artikel 36 der Verordnung sowie Artikel 47 der Richtlinie vorgenommen.

Zu § 78 Abs. 2 Z 5:

Diese Streichung folgt einer Empfehlung des Datenschutzrates.

Zu § 79 Abs. 1, § 84 Abs. 1, 2, 5 bis 8, 12 und 13 sowie 15 und 16, § 85 und § 86:

Mit den gegenständlichen Änderungen wird der Zeitpunkt des Beginns der behördli­chen Zuständigkeit der APAB auf den 1. Oktober 2016 verlegt. Da zur Gewährleistung der europarechtlichen Vorgaben an die Unabhängigkeit der Vorstandsmitglieder der APAB der Besetzung ein formelles Ausschreibungsverfahren nach dem Stellenbeset­zungsgesetz, BGBl. I Nr. 26/1998, voranzugehen hat, ist aufgrund der damit verbunde­nen Fristen ein Beginn der Behördentätigkeit der APAB mit dem 17. Juni 2016 kei­nesfalls möglich. Durch die Verlegung des Inkrafttretenszeitpunkts für die behördlichen Aufgaben der APAB bleibt die bisherige Aufsicht bis zum Ablauf des 30. September 2016 bestehen. Zwischenzeitlich können sämtliche Maßnahmen für die Aufnahme der Behördentätigkeit durch die APAB getroffen werden. Da ein Großteil der Bescheini­gungen im Laufe des Jahres 2016 auslaufen und aufgrund der Neuerrichtung der Be­hörde mit Verzögerungen bei der Ausstellung neuer Bescheinigungen zu rechnen ist, werden aufrechte Bescheinigungen kraft Gesetzes auf maximal neun Monate verlän­gert. Damit wird der APAB aus-reichend Zeit für die Neuausstellung ablaufender Be­scheinigungen gegeben und für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften besteht Rechtssicherheit.

Zu § 80 Abs. 1:

Mit der ggst. Umformulierung wird den diesbezüglichen Bedenken des Datenschutz­rates Rechnung getragen.

Zu § 80 Abs. 6:

Der APAB soll ebenso wie der FMA die Möglichkeit eröffnet werden, sich entgeltlich von der Finanzprokuratur vertreten zu lassen.

Zu § 83:

Die APAB als mit Hoheitsbefugnissen ausgestattete Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit entfaltet durch die im APAG vorgesehenen Tätigkeiten im Rahmen der durch dieses Gesetz übertragenen Kompetenzen mangels Wettbewerb kei­ne unternehmerische Tätigkeit im Sinne des § 2 UStG. Somit sind die Tätigkeiten nicht umsatzsteuerbar. Die Aufnahme des Klammerausdrucks soll die EU-Rechtskonformität gewährleisten.

Zu § 87:

Mit dieser Regelung werden die Änderungen auch in der Vollzugsklausel nachgezogen.


*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte.

 



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14.58.31

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Kolleginnen und Kollegen! Inhaltlich wurde be­reits vieles zu diesem Gesetz gesagt. Wenn wir heute auf dieses Bundesgesetz über die Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sprechen, dann möchte ich Ihnen einmal die Frage stellen: Wer von Ihnen kennt den Namen Richard Fuld? – Richard Fuld war Vorstandsvorsitzender bei Lehman Brothers und ist heute aktiver In­vestmentberater.

Ich darf in Erinnerung rufen: 2008 ging die Investmentbank Lehman Brothers insolvent, und man wollte diese Bank nicht retten, seitens der US-Regierung wollte man da ein Exempel statuieren – mit der Absicht und mit der Argumentation: Sonst könnten ja alle kommen, und der Markt regelt sich selbst!

Was der Markt geregelt hat, das konnten und durften wir alle erfahren und spüren. Die Auswirkung dieser Krise, an deren Anfang der Zusammenbruch dieser Bank stand, spü­ren wir heute noch. Abermillionen von unschuldigen Menschen verloren ihr Heim, ihren Arbeitsplatz, vor allem ihr Geld, und viele Staaten standen am Rande des Abgrunds, so wie es in Europa heute noch zu sehen ist.

Ich möchte dabei zwei Details herausarbeiten. Erstens: Richard Fuld konnte sich ein Privatvermögen in der Höhe von einer halben Milliarde Euro erwirtschaften. Da könnte man auch ein Exempel statuieren. Zweitens: Die Investmentbank Lehman Brothers war schon Wochen vor ihrem Kollaps im September 2008 zahlungsunfähig. Da wurde mit Tricks an den Büchern gearbeitet, getrickst und schöngeschrieben. Und da sehe ich, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, schon eine Mitschuld der Wirtschafts­agentur Ernst & Young, welche Lehman eine tadellose Buchführung attestierte. Die Fra­ge, ob sich dieser Zusammenbruch der Lehman Brothers Investmentbank und in wei­terer Folge auch der Zusammenbruch der Weltwirtschaft verhindern lassen hätten, ist akademisch.

Eines ist jedoch ganz klar und sicher: Je besser die Prüfverfahren stattfinden, desto kleiner ist die Chance, Bücher schönzuschreiben und zu tricksen. Deshalb hat sich die Europäische Union auch überlegt, wie sie diese Maßnahmen implementieren kann, da­mit solche und ähnliche Vorgänge verhindert werden können, und zwar im Vorfeld; das ist sehr, sehr wichtig. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Was wir heute und hier beschließen, ist im Grunde die Implementierung dieses Gedan­kens auf nationaler Ebene. Ich denke, es ist ich Im Lichte der Panama Papers aktueller denn je. Vor allem wird auch die Möglichkeit geschaffen, nicht nur national, sondern auch international prüfen zu können. Es ist immer eine besonders sensible, schwierige und verantwortungsvolle Angelegenheit, wenn man den Prüfgesellschaften auf die Fin­ger schaut. Mit den hier vorliegenden Änderungen wird aber ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gesetzt.

Deshalb sage ich, als Sprecherin für kleinere und mittlere Unternehmungen, auch, dass es wichtig ist, den Großen ganz genau auf die Finger zu schauen, um für die Kleineren etwas zu erreichen, denn ich bin der Meinung: Es gibt von allem schon genug, nur von gerechter Verteilung gibt es mit Sicherheit noch nicht genug. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.01


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


15.02.03

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Frau Kollegin Lichtenecker, da du in deiner Rede schon ein paarmal meinen Na­men strapaziert hast und dann auch in einem Zwischenruf … (Abg. Kogler: Positiv! –


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Abg. Lichtenecker: Das war ja positiv!) – Positiv, ja, positiv! Danke! Ich habe mir ge­dacht, das hindert mich vielleicht auf meinem weiteren Karriereweg, wenn ich von den Grünen gleich zweimal in einer Sitzung so gelobt werde. – Spaß beiseite! (Abg. Lich­tenecker: Was ist denn die Karriere?)

Kollegin Lichtenecker, erstens wurde angesprochen, dass intensive Gespräche im Wirt­schaftsausschuss geführt worden sind, bei denen ich leider nicht anwesend sein konn­te, weil ich im Hypo-Untersuchungsausschuss war, aber ich habe gehört, dass dort auch schon von meinem Kollegen Groiß fast alle Punkte des Abänderungsantrages als For­derungen formuliert worden sind.

Das Zweite ist: Beim Entschließungsantrag, den der Kollege Fuchs eingebracht hat, geht es darum, dass eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder ein Wirtschaftsprüfer, der in das Qualitätsregister eingetragen ist, nur dann wieder gestrichen werden kann, wenn er die neuerliche Prüfung nicht besteht. Ich glaube, das ist auch im Sinne der Grünen gewesen. (Abg. Lichtenecker: Das habe ich mehrfach gefordert!) – Ja, dann darf man sich aber bitte nicht wundern, wenn man Verhandlungen bis zum Schluss führt, dass man diesen Punkt am Ende dann auch als Entschließungsantrag einbringt.

Ich glaube, dass hier heute sehr viel gesagt worden ist, aber leider Gottes nicht sehr viel aus der Praxis berichtet werden kann, wenn nur 500 Wirtschaftsprüfer von 2 500 in das Qualitätsregister eingetragen sind. Ich kann aus der Praxis berichten, wie schwie­rig es für kleinere Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ist, was es für ein Aufwand ist, da­mit man diese Qualitätskriterien erfüllt, laufend diese interne Nachschau macht und sich dann auch prüfen lässt. (Abg. Kogler: Das ist richtig, ja!) Das ist für kleine Unter­nehmen nicht so einfach. Somit ist es auch gut, dass wir für Prüfungen von Stiftungen nach dem Privatstiftungsgesetz, für Prüfungen von Vereinen aber natürlich auch von lan­desgesetzlichen Vereinen und Stiftungen eine Erleichterung vornehmen. (Abg. Lichten­ecker: Das ist auch gescheit!)

Es wurde auch über die Hypo gesprochen. Ich finde selbstverständlich auch, dass die Wirtschaftsprüfer da eine seltsame Rolle eingenommen haben. Das eine Beispiel ist der Rückzug des Testats. Das andere Beispiel ist, dass Wirtschaftsprüfer, die vorher Part­ner oder Geschäftsführer einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft waren, die bereits seit mehr als zehn Jahren geprüft hat, dann von dieser Funktion direkt in den Aufsichtsrat – und gleich als Vorsitzende – eines Unternehmens gekommen sind. Das heißt, bei der Hypo ist, was die Wirtschaftsprüfung betrifft, sehr viel im Argen gelegen. Ich kann aber alle beruhigen, die meinen, dass das in diesem Zusammenhang steht. Das Qualitätsre­gister haben wir im Jahr 2005 gesetzlich geregelt. Das heißt, das Testat im Jahr 2004 und auch andere Vorkommnisse konnten mit diesem Qualitätsregister überhaupt noch gar nicht geregelt werden.

Das heißt, die scharfe Überprüfung, die es jetzt gibt, ob jemand überhaupt der Qualität und dem Qualitätsregister und den Anforderungen entspricht … (Abg. Lichtenecker: Es geht um die Rotation, Frau Kollegin!) – Heute geht es nicht um die Rotation, Frau Kollegin! (Abg. Lichtenecker: Heute nicht, aber das nächste Mal!) Heute geht es um das Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz. (Abg. Kogler: Das hängt ja alles zusammen!) Und heute geht es darum, dass wir ganz einfach die Qualitätskontrolle der Wirtschafts­prüfungsgesellschaften und die Qualitätssicherung erst mit einem Gesetz im Jahr 2005 beschlossen haben. Und was den Rückzug des Testats und die Vorkommnisse mit den Wirtschaftsprüfer im Zusammenhang mit der Hypo betrifft: Die waren damals noch nicht einmal in das Qualitätsregister eingetragen.

Im Großen und Ganzen kann man nur allen gratulieren, die bis zum Schluss am Ver­handlungstisch gesessen sind, denn man kann natürlich im Nachhinein leicht kritisie­ren, wenn man sich vom Verhandlungstisch entfernt hat oder sagt, man sei nicht zu­ständig, so wie Kollege Schellhorn oder Kollege Steinbichler. Bei aller Freundschaft, Leo


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Steinbichler, aber ich rede hier am Rednerpult auch nicht von Palmöl. Du solltest also vielleicht nicht über das Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz reden, wenn du davon leider Gottes keine Ahnung hast. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Steinbichler.)

15.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


15.06.46

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Das Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz ist vielleicht ein Gesetz, das wenige Öster­reicher wirklich brennend interessiert. Die Ergebnisse des Funktionierens dieses Ge­setzes interessiert aber alle sehr, sehr intensiv. Hätten wir dieses Gesetz vielleicht schon vor 20 Jahren gehabt, und hätte es damals schon so funktionieren können, wie es funk­tionieren wird, dann hätten wir uns wahrscheinlich den BAWAG-Ausschuss erspart, denn es war damals genau das Problem, dass leider, leider manche Zahlen sehr kreativ ge­staltet wurden. Das ist der wirkliche Hintergrund.

Abschlussprüfung heißt nichts anderes, als dass das Geschäftsergebnis eines Unter­nehmens dargestellt werden muss. Es muss die Ertragskraft des Unternehmens darge­stellt werden, und es muss der Wert des Unternehmens dargestellt werden. Diese Dar­stellung ist für den normalen Bürger irgendwie ohnehin klar: Wenn es etwas wert ist, ist es etwas wert, wenn es nichts wert ist, steht nichts dort. Leider ist es aber so, dass eben Bewertungsfragen eine eigene Wissenschaft sind, in der sich sehr viele sehr aus­leben können. Da diese Kreativität der Abschlussgestaltung dann sehr oft dazu ver­führt, Werte darzustellen, die es gar nicht gibt, sind Bilanzen oft nicht sehr aussage­kräftig – das Wort „oft“ will ich jetzt wieder streichen –, waren früher manches Mal nicht sehr aussagekräftig.

Das ist das wirklich Wichtige der Entwicklung in der letzten Zeit. Wir haben gelernt, dass Darstellungen eines wirtschaftlichen Ergebnisses sehr genau und haltbar sein müs­sen – und das in allen Bereichen, egal, ob das eine Versicherung, eine Bank, eine Spar­kasse oder eine Genossenschaft ist. Unternehmen von öffentlichem Interesse, von ei­ner wirklichen Bedeutung sind für uns alle wichtig. Daher ist es wichtig, dass die Prüfun­gen dieser Unternehmen so funktionieren, dass die Ergebnisse hundertprozentig hal­ten. Wir wissen, überall dort, wo Menschen tätig sind, gibt es Versuchungen, gibt es Feh­ler, gibt es Gewohnheiten, schleicht sich vielleicht die eine oder andere Praxis ein, die zu unerwünschten Ergebnissen führt.

Damit das nicht der Fall ist, muss der, der prüft, geprüft werden. Diese Qualitätssiche­rung gab es seit 2005 in einer Form, die nicht so schlecht war, aber auch nicht so gut, wie sie sein sollte. Deshalb haben wir jetzt mit diesem Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz genau geregelt, wie die Qualitätssicherung der Prüfer zu erfolgen hat, wie die Fachleu­te das auch zu bewerten haben, wie die entsprechenden Prüfungen darzustellen sind, damit wirklich am letzten Stand gearbeitet wird, und wie dann in aller Form die Ergeb­nisse auch wirklich öffentlich bewertet werden.

Wenn dann ein Prüfer schlampig wird, schludert oder vielleicht nicht die Ergebnisse bringt, die seiner Berufsehre und dem Wissen entsprechen sollten, dann wird er sank­tioniert. Das ist die Aufgabe dieser Behörde. Wenn diese Behörde gut arbeitet, wenn die Qualitätssicherung gut funktioniert, dann wird nie einer sanktioniert werden, weil nie einer einen Fehler macht – und das ist eigentlich das Ziel, die Qualitätssicherung der Bi­lanzen. Jeder soll sich darauf verlassen können, dass das, was dort steht, wahr ist, und dass der, der in so einem Betrieb arbeitet, dann sicher sein kann, dass sein Arbeits­platz deshalb gut ist, weil die, die das Management führen, auf guten Zahlen aufbauen können und wissen, wie sie ihre Entscheidungen treffen.


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Das ist in Wirklichkeit ein sehr wichtiges Gesetz, auch wenn es nur sehr wenige wirk­lich interessiert. Ich hoffe, dass es funktioniert und dass sehr viele mitstimmen, damit es auch gut beschlossen werden kann. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.11


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kog­ler. – Bitte.

 


15.11.19

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär, ich wende mich ausdrücklich nicht an Sie, weil die Verhandlungen ja von anderen Perso­nen dominiert waren. Fühlen Sie sich also nicht angesprochen!

Es wurde moniert, dass heute – zutreffenderweise – eigentlich über die Institutionali­sierung der neuen Behörde beraten und abgestimmt wird. Dazu braucht es im Übrigen, wie meistens bei derartigen Konstruktionen, auch die angesprochene Zweidrittelmehr­heit. Die grüne Fraktion hat ja in Aussicht genommen, dies zum Anlass zu nehmen, den gesamten Komplex der Wirtschafts- und – ich füge gleich hinzu, denn die gehört da auch dazu – Bankprüferei aus den Konsequenzen der vielen Skandale, aber auch aus den Ergebnissen der Untersuchungen und der gefundenen Ursachen für dieses behauptete und tatsächlich zu diagnostizierende Multiorganversagen in einem zu ver­handeln.

Da es ein paar Zwischenrufe der ÖVP gegeben hat: Diese Sache des Junktimierens von Dingen, die noch dazu sachlich zusammengehören, ist Ihnen ja nicht fremd, das ist doch völlig logisch und richtig. Das ist der Grund, warum Frau Kollegin Lichtenecker hier schon in ihrem Eingangsstatement sehr präzise die Zusammenhänge formuliert hat, und – im Übrigen unbeanstandet – auch über das Folgegesetz, das APRÄG, ge­sprochen hat. Ich werde das auch tun, ich werde nur das tun, und ich werde Ihnen er­klären, wie der Zusammenhang ist, wenn wir von Multiorganversagen reden.

Die Rolle der Wirtschafts- und Bankprüfer ist bis jetzt insofern immer noch unterbelich­tet gewesen, als immer nur von diesem Skandal 2006 die Rede war, dass plötzlich die Swapverluste auffliegen, was schon die Bilanz 2004 betroffen hat. Sonst wurde von recht wenig gesprochen, aber man muss genauer hinschauen. Selbst Kollegin Tamandl hat einen Vorgang erwähnt, wie es diesbezüglich in der Branche bestellt ist.

Ich scheue mich ja nicht, Namen zu nennen – etwa den Chef der CONFIDA. Als man offensichtlich in der Bank schon gewusst hat, dass mehrere Hundert Millionen Euro Swapverluste auflaufen werden, dass diese noch rechtzeitig versteckt werden müssen, dass in der Bank nicht zu viele davon wissen sollten, hat man einen Aufsichtsratsvor­sitzenden ausgetauscht – das ist immer das Thema des Kollegen Krainer, an der Stelle hat er sogar recht –, damit nur die Wissenden drinnen sind. Das heißt, der Wirtschafts­prüfer muss schon gewusst haben, wie schräg die Sache gestellt ist, und hat keinen Alarm geschlagen. Erst als ein zweiter dazugekommen ist und eine Meldung bei der FMA gemacht hat, ist das Ganze überhaupt erst aufgeflogen.

Das ist, zumindest vor zehn Jahren, der Kulturstand bei einigen – sicherlich nicht bei al­len, ich will da niemandem zu nahe treten – Wirtschaftsprüfern und in der Branche ge­wesen.

Jetzt ist das aber gar nicht so verwunderlich. Schauen wir uns doch die Mechanismen an, und ich kann Ihnen wirklich nur empfehlen: Lesen Sie die Interviews des Gutach­ters Kleiner, der selbst aus der Branche ist und immer wieder diese kritischen Hypo-Gutachten geschrieben hat! Aber er hat sich auch über seine eigene Kollegenschaft – treffend, wie ich meine – nicht allzu positiv geäußert. Das ist aber gar nicht so, weil dort


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so viele böse Leute sind. Das ist systemisch, und wir hätten jetzt die Chance, das Sys­tem zu reparieren, und es passiert ein bisschen etwas, aber zu wenig.

Wie geht das? – Die Abhängigkeit ist zu groß! Ich rede immer von den großen Ein­heiten, Banken, Versicherungen und gerade der Finanzwirtschaft, ich rede nicht von den Aktiengesellschaften, bei denen das vielleicht wirklich überzogen ist, wenn man alle fünf oder sechs Jahre rotiert. Die Rotation ist nämlich das, was der Wirtschaftsprüfer Kleiner zwingend empfiehlt, weil die Abhängigkeiten so groß sind.

Wir haben ja auch noch ein anderes Problem. Von wem wird denn der Prüfer be­zahlt? – Von dem, den er überprüfen soll! Und Sie können sich bei der ganzen Hypo-Geschichte durchgehend anschauen, was für ein Drama es immer war, dass die Wirt­schaftsprüfer diese ganzen kaputten Bilanzen – und nicht anders kann man das be­zeichnen – immer wieder testiert haben. Es tauchen zwar laufend Verdachtsmomente auf, es passiert aber viel zu wenig, nicht nur bei der Nationalbank und bei der Finanzmarkt­aufsicht oder innerhalb der Bank.

Die Bilanz ist eine zentrale Angelegenheit, alle reden sich am Schluss dann auf die Bi­lanzen aus, die ja testiert worden sind, im Übrigen auch Herr Nowotny. Nowotny rennt herum und sagt andauernd – an der Stelle hat er nicht einmal unrecht –, er prüfe nicht im Kleinen, er müsse sich als Notenbank auch auf etwas verlassen können. Und die Testate von den Bankprüfern waren ja mit mehr oder weniger Anmerkungen regelmä­ßig da.

Das ist doch das Problem, und da ist es ein Riesenunterschied, ob die Rotation nach zehn Jahren erfolgt oder in anderen Fällen bis zu 24 Jahre dauert. Bei den Banken und Versicherungen, das muss man ehrenhalber dazusagen, denken Sie ja schon an die zehn Jahre. Wir sind der gleichen Meinung wie Gutachter Kleiner, der diese ganzen Skan­dale in Wirklichkeit mit aufgedeckt hat, auf den sich jetzt auch die ÖVP zu Recht immer sehr stützt, dass sechs Jahre gerade richtig wären. Wir meinen das auch. (Beifall bei den Grünen.)

Ich verstehe überhaupt nicht, warum in diesem Hause nicht mehr Awareness dafür da ist. Ist das jetzt Gold-Plating? – Im Übrigen haben die kritischen Leute in der Union alle die kürzeren Fristen gesehen. Es ist bereits wieder ein Lobbyistenerfolg in der Union, dass die Rotation irgendwo zwischen zehn und 24 Jahren vorgesehen ist. Aber es ist doch völlig logisch: Wenn so viel Krankheit im System ist, dann muss man die Selbst­immunisierungskräfte stärken, und es ist selbstimmunisierend, wenn alle sechs Jahre getauscht wird und nicht alle zehn Jahre, allein weil diese ganzen möglichen – und das haben wir in der Hypo laufend gesehen – Schwindeleien, Absprachen oder auch nur sonstige Ineffizienzen einfach schwerer zum Durchschlagen kommen.

Dann kommt noch hinzu, was ich vorhin gesagt habe, dass sich die Überprüften die Prü­fer selbst aussuchen – ich finde das schon ein bisschen aufreizend –, und die machen auch innerhalb eines bestimmten Rahmens das Honorar aus. Das ist ja das, was Klei­ner zu der Ansicht führt – aber das ist für Sie offensichtlich schon eine Revolution der Sonderklasse, ich halte das für gescheit –, dass es einen Pool von zugelassenen Prü­fern geben soll, die man dann noch kategorisieren muss: Wer kann was? Wer schafft was? – Es kann nicht jeder Kleine die größte Bank prüfen. Aber sie sollten zugeteilt wer­den! Was glauben Sie, was wir uns bei der Hypo erspart hätten, wenn da nicht seriell immer die Gleichen immer das Falsche testiert hätten? – Sehr viel! Und ich werde Ih­nen noch ein paar Zahlen bringen. (Beifall bei den Grünen.)

Es steht alles in den streng vertraulichen Akten. Warum wir die noch immer nicht auf einer niedrigeren Sicherheitsstufe haben, weiß ich nicht, aber die Zahl nenne ich trotz­dem. Es ist mir wurscht; wenn man gescheit ist, dann kann man ohnehin selbst rech­nen. Als die Republik nach ihren eigenen Angaben so in der Not war, dass der ganze


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Krempel unbedingt verstaatlicht werden musste – das ist ihre Analyse, nicht meine –, da ging man von einem Kapitalloch von eineinhalb, maximal 2 Milliarden € aus. Dann hat man versucht, das ein bisschen aufzuteilen, und dann war man noch stolz darauf. Schieder, Pröll treten vor die Presse: Was wir erreicht haben! Die Bayern zahlen 800 Mil­lionen €! – Dabei haben sie ohnehin 4 Milliarden € in der Bank liegen gehabt, und bei ihrer ausgesprochenen Pleitedrohung, vor der sie sich so gefürchtet haben, wäre das ohnehin alles untergegangen, und zwar nicht nur die 800 Millionen €, sondern gleich die ganzen 4 Milliarden €; aber sei’s drum. – Das war doch ein Riesenbeitrag der Bay­ern, das ist ja schon fast die halbe Miete! Die beteiligen sich, man bedankt sich noch.

In Wirklichkeit war das Loch zwischen 11 Milliarden € und irgendetwas, nachgewiesen mindestens 10,85 Milliarden € groß. Das sage jetzt aber nicht ich, das sagt die Finanz­prokuratur. Die ist nämlich auf Basis der Gutachten von Kleiner hergegangen – das ist wieder der, den ich zitiert habe – und hat dann nachgerechnet, natürlich mit dem Wis­sen von später, das muss man fairerweise dazusagen. Aber meine Behauptung ist: Man hätte früher viel mehr wissen können. Die haben aber nicht hingeschaut, und das ist das Problem, deswegen sollten sie schneller rotieren. Aber halten Sie sich an: höchs­tens 2 Milliarden €! – Gewesen sind es 11 Milliarden €!

Das ist doch der blanke Wahnsinn! Rechnen Sie sich die Differenz aus! Es gehört schon etwas dazu, das als Bankprüfer nicht zu sehen. Die 11 Milliarden € sind eine offizielle Zahl der Republik, das steht nämlich in der Klagsschrift gegenüber den Bayern, mit der wir unsere Position verbessern wollten. 11 Milliarden € wäre das Kapitalloch damals groß gewesen, und das war noch nicht einmal der höchste Betrag. Das ist nicht mög­lich und erklärbar, ohne dass die Bank- und Wirtschaftsprüfer da mitgewirkt hätten – ent­weder durch Blödheit, Passivität oder sonst etwas. Ich unterstelle sogar Schlimmeres. (Ruf bei der SPÖ: Aber hallo!)

15.20.30*****

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Kogler, ich erteile Ihnen für den Vorwurf der „Blödheit“ einen Ordnungsruf. Daher würde ich Sie ersuchen, nicht noch Schlim­meres zu formulieren. – Bitte, Sie sind am Wort. (Abg. Pirklhuber: Er hat gesagt: „oder sonst etwas“!)

*****

 


15.21.01

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Frau Präsidentin! Das wird alles nichts helfen. Wir müssen einmal in ein Wittgenstein’sches logisches Seminar eintreten. Wenn ich sage, dass man ein Loch von 2 Milliarden € und 11 Milliarden € nicht auseinander­halten kann – im Übrigen auf unser aller Kosten – und man beauftragt ist, das zu fin­den, dann hat das entweder etwas mit Blödheit oder mit etwas noch Schlimmerem zu tun. (Abg. Lopatka: Mäßigung!) Ich bleibe dabei …

15.21.40*****

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Kogler, ich erteile Ihnen jetzt das zweite Mal für den Ausdruck „Blödheit“ einen Ordnungsruf. (Abg. Kogler: Den habe ich ja noch nicht einmal adressiert!) Und das ist nicht das erste Mal. Sie sind jetzt wieder am Wort. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber. – Abg. Lopatka: Das ist doch völlig …! – Zwi­schenruf des Abg. Walter Rosenkranz. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

*****

 


15.22.01


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 114

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Ich bin sowieso am Wort! Ich lasse mich auf diese Debatten auch nicht mehr ein, denn das ist eine Frage von logischer Auseinandersetzung – aber bitte! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Lopatka: Das ist ja re­spektlos!)

Entweder war es das komplette intellektuelle Unvermögen dieser Wirtschaftsprüfer oder aber irgendetwas, was man nur schwer erkennen konnte. Dann stellt sich aber auch die Frage, ob eine schnellere Rotation nicht zu schnelleren Erkenntnissen führt. (Abg. Lichtenecker: Genau!) Oder es war sogar da oder dort Mitwirkung im Spiel. (Abg. Pirkl­huber: Richtig!)

Gutachter Kleiner sagt ja: Eigentlich müsste man, wenn man noch ein bisschen mehr Beweise hätte, auch die Bank- und Bilanzprüfer – und nicht nur die Bankvorstände, die sowieso – vor den Kadi stellen, weil es eben nicht erklärbar ist, dass die da nicht mit­gespielt haben. Das ist doch der Punkt. Mit kürzeren Rotationsfristen würden wir das alles, zumindest was die Möglichkeiten dieser Verwerfungen betrifft, eindämmen. Dafür treten wir ein. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Loacker.)

Ich frage mich schön langsam, wofür Sie eigentlich eintreten. Man muss ja zugeben, dass sich die ÖVP sehr aktiv an der Aufklärung beteiligt, das hat eine Wende genom­men. Ich ziehe meinen Hut. Wir werden aber dann noch sehen, welche Konsequenzen wir daraus ziehen. Meines Erachtens täten wir gerade in Österreich – jeder kennt je­den, eine Hand wäscht die andere – besonders gut daran, ein bisschen schärfer zu for­mulieren, als es die Union tut, die sich ohnehin schon viel von Lobbyisten hat heraus­nehmen lassen. Deshalb brauchen wir diese kürzeren Rotationsfristen.

Die kritischen Berichte werden dann mit Sicherheit wesentlich ergiebiger, tiefschürfen­der und noch angriffiger und vorwurfsvoller hinsichtlich dieses Multiorganversagens sein als der Griss-Bericht – wahrscheinlich von allen Fraktionen. Das wird so sein. Dann stellt sich doch die logische Frage: Was sind denn die Konsequenzen?

Jetzt, bevor dieser Schlussbefund vorliegt, haben wir etwas, mit dem wir sofort Konse­quenzen ziehen könnten, aber sie bleiben aus. Man macht gerade das, was die Union vorgibt, und ist auch noch stolz darauf. Kein Golden Plating – wie das jetzt heißt –, ja nicht, um Gottes willen! Die Bankprüfer sollen ja nicht zu oft wechseln, wenn es um sol­che Einheiten geht! (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber. – Abg. Tamandl: Da geht es nicht um die Rotationen!) Das wäre doch eine gute Sache, die aus irgendeinem Grun­de ausbleibt. (Beifall bei den Grünen.)

Ich gebe Ihnen noch ein Beispiel aus den Akten: Die Republik ist mittlerweile Eigentü­mer dieser Bank, am 27. Februar 2013 gibt es eine Besprechung der Bankprüfer, die man extra ins Finanzministerium hat kommen lassen, quasi eine Art Eigentümerver­treter. Da sagen sogar die Bankprüfer den obersten Beamten des Ministeriums: Da stimmt etwas nicht. (Zwischenruf der Abg. Tamandl. – Abg. Lopatka: Kollege Kogler, was haben Sie eigentlich gegen den Präsidentschaftskandidaten Van der Bellen?!) – Herr Lopatka, was haben Sie gegen vernünftige Argumentation? – Ich argumentiere zu diesen Gesetzen, die wir hier debattieren. (Abg. Lopatka: Der Hofer braucht nicht …!) Es ist völlig logisch, dass man das mit Beispielen aus der Praxis untermauert.

Was haben wir in den Akten gefunden? – Selbst die Bankprüfer sagen: Hallo, liebes Finanzministerium! – Es ist überhaupt nicht einsichtig, wieso diese Bilanzansätze dau­ernd fortgeführt werden. Da ging es um Beteiligungen et cetera – lasst euch davon nicht aufhalten –, aber im Ergebnis geht es immer um Milliardendifferenzen.

Die Republik war schon Eigentümer, und immer noch wurden diese Milliardenlöcher ver­steckt in den Bilanzen mitgeschleppt. Jetzt kommt der Bankprüfer und sagt das sogar dem Eigentümervertreter. Dann kommt der vom Finanzministerium und sagt: Na ja, der Bankvorstand hat gesagt, sie wollen die sogenannte konservative, also ehrliche Bilan-


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zierung erst nächstes Jahr machen. – Klingel, klingel, die Nachtigall, wir hören sie trap­sen!

Da war gerade die Nationalratswahl dazwischen. Den Zusammenhang, dass die Bank­vorstände ein Interesse daran gehabt hätten, dass das ganze Milliardenloch noch über die Nationalratswahl kommt, kann ich gar nicht herstellen, weil sie sich anders be­nommen haben. Aber das ist doch auffällig! Jetzt sagen die Wirtschaftsprüfer: Eigent­lich sind wir schon jahrelang hintennach. Das hat nichts mehr mit den wahren Werten zu tun. Die Republik ist Eigentümer. Und dann geschieht nichts! Da kann man dann wei­terlesen: Ja, aber der Bankvorstand und das Finanzministerium meinen das – na, dann wird eben nicht strenger testiert! (Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Was geschieht? – Die Bilanzen werden weitergeschrieben, und nach der Nationalrats­wahl fliegen die Milliardenlöcher auf. Wer hat mitgewirkt? – Die Bankprüfer, obwohl sie schon wussten – aktenkundig –, dass die Bilanzen nicht mehr stimmen können. Das sind doch alles Beweise dafür, dass es gut ist, wenn die Rotationsfristen verkürzt wer­den – wenn wir schon ein System von Wirtschafts- und Bankprüfern haben, die kontrol­lieren sollten. Da gibt es keinen zusätzlichen Aufwand, das kostet nicht einmal viel. Das war das Anliegen der Abgeordneten Lichtenecker in den Verhandlungen.

Wir haben gesehen, dass Sie das nicht wollen, aus welchen Gründen auch immer. Die­ses Gesetz hier hängt unmittelbar damit zusammen. Es braucht eine Zweidrittelmehr­heit. Wir haben in die Verhandlungen eingebracht, dass wir unsere Zustimmung dazu nur geben, wenn wir das andere gescheit und nicht schlecht machen. Das ist ein ganz regulärer, vernünftiger Vorgang. Alsdann! (Abg. Strache: Alsdann!) Das wäre zu be­denken.

Wir haben noch einmal eine Chance, wenn das Gesetz dann wirklich vorliegt, aber dann werden Sie erklären müssen, warum wir aus den ganzen Erfahrungen – und die Hypo war nicht die einzige – dieser Bank- und Versicherungsmalversationen in Öster­reich keine Lehren ziehen sollten.

Beim letzten Bankenausschuss – der ja auch in Grund und Boden geschrieben und ge­redet wurde, insbesondere von der ÖVP – war es auch so, dass wir danach eine Reihe von Konsequenzen gezogen haben, die sinnvollerweise die erste Welle der Verschär­fungen war. Das werden wir jetzt wohl auch zusammenbringen! (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Walter Rosenkranz: Dass er jetzt so kurz vor dem Höhepunkt abbricht …!)

15.27


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


15.27.36

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Kollege Kogler, vieles, das du gesagt hast, ist richtig. Vieles, das du gesagt hast, ist falsch, und das muss man auch zurechtrücken.

Erstens einmal: Der Justizausschuss wird sich erst am 11. Mai mit den Änderungen zum Wirtschaftsprüfungsgesetz beschäftigen. Das heißt: Welche Gespräche, Verhand­lungen und eventuelle Veränderungen stattfinden werden, werden wir dann rund um die­sen Ausschuss und rund um dieses Thema sehen. Ich bin auch der Meinung, dass ein kürzerer Rotationszeitraum wichtig ist, gerade nach dem, was wir bei der Hypo gese­hen haben.

Kollege Kogler, deine Verschwörungstheorien sind ja manchmal durchaus amüsant. Ich denke aber, dass wir uns einer fachlichen Diskussion widmen sollten, auch über das, was wir zweifelsohne im Untersuchungsausschuss herausgefunden haben. Du hast auch den Banken-Untersuchungsausschuss angesprochen, nach dem wir ja die Aufsicht ver­schärft haben.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 116

Wir haben ja jetzt auch schon das Wirtschaftsprüfer-Qualitätsregister und die Überprü­fung. Das war ja schon vorher da. Das ist nichts, das wir jetzt erst machen. Das ist ja nichts, das wir aufgrund irgendwelcher Vorkommnisse gemacht haben, sondern auch das war eine Umsetzung einer EU-Richtlinie. Jetzt machen wir wieder eine Umsetzung einer EU-Richtlinie.

Aber zu den Dingen, die du gesagt hast: Es ist richtig, dass die Wirtschaftsprüfer teil­weise wahrscheinlich Bilanzen testiert haben, in denen die Zahlen nicht gestimmt ha­ben. Wir haben im Nachhinein gesehen, dass immer wieder Wertberichtigungen not­wendig waren, weil die Zahlen in den Bilanzen ganz einfach nicht gestimmt haben.

Du hast das Kleiner-Gutachten angesprochen, das ja dann dazu geführt hat – und da möchte ich heute noch der ehemaligen Finanzministerin Dr. Maria Fekter danken –, dass wir den Bayern ihre Darlehen nicht zurückbezahlt haben. Wir haben sie auf Eigenka­pitalersatz geklagt (Zwischenruf des Abg. Kogler) und haben den Bayern diesen Be­trag, der damals noch mit zirka 2,7 Milliarden € aushaftend war, nicht zurückbezahlt.

Wir haben Frau Dr. Fekter auch zu verdanken – eben auch aufgrund der Expertise des Herrn Dr. Kleiner –, dass für die Irreführung, für die Anfechtung der Irreführung bei der Verstaatlichung, eine Verlängerung der Verjährungsfrist erwirkt worden ist. (Abg. Lich­tenecker: Kollegin Tamandl macht eine Märchenstunde!) Das hat letztendlich dazu ge­führt, dass der Herr Finanzminister jetzt einen Generalvergleich mit der Bayerischen Lan­desbank machen konnte.

Das heißt: Du sagst, dass die Republik oder die Eigentümer mit den Wirtschaftsprüfern irgendwelche Gespräche geführt hätten oder dass die Wirtschaftsprüfer gesagt hätten, die Zahlen seien nicht richtig. – Das geht aktienrechtlich gar nicht! (Abg. Kogler: Akten lesen!)

Der Wirtschaftsprüfer wird vom Aufsichtsrat bestellt, und es gibt einen Prüfungsaus­schuss in einer Bank; den hat es auch in der Hypo gegeben. Der Wirtschaftsprüfer steht auch dem Aufsichtsrat Rede und Antwort. Das heißt: Der Eigentümer hat in einer Ak­tiengesellschaft genau dann etwas zu sagen, wenn es in der Hauptversammlung etwas zu beschließen gibt – und wenn wir uns noch hundertmal etwas anderes wünschen. Der Eigentümer – weder die Republik Österreich noch Maxi Maier – kann aber in eine Aktiengesellschaft nicht hineinregieren. Das muss man dir einmal ins Stammbuch schreiben. Das wird immer wieder betont. Das wird von den NEOS immer wieder be­tont, das wird von dir immer wieder betont, aber das geht ganz einfach nicht. Gott sei Dank hat auch für die Hypo Alpe-Adria das Aktiengesetz gegolten. (Abg. Kogler: Das hat man eh gesehen!)

Nicht nur die Wirtschaftsprüfer haben in diesen Angelegenheiten versagt. Die Aufsicht insgesamt hat versagt. Wir wissen auch – und ich hoffe, da gibst du mir auch recht, das haben wir in den letzten Sitzungen herauszuarbeiten versucht –, dass auch die Or­gane, die Vorstände versagt haben, die die ganze Zeit gesagt haben: Das Werkel sa­nieren wir schon! – Das hat in Wirklichkeit nie gestimmt.

Der Aufsichtsratsvorsitzende hat dann den Hut draufgehaut, weil er seine Meinung nicht durchgesetzt hat. Er hat aber in Wirklichkeit nichts dazu beigetragen, dass sich die Ver­hältnisse und das Risikomanagement in der Hypo damals verbessert hätten, sondern sie ist so weitergeführt worden wie vor der Verstaatlichung. Das ist zu kritisieren. Wir wer­den hier im Hohen Haus noch ausreichend Gelegenheit haben, das zu besprechen, wenn wir den Untersuchungsausschuss beendet haben.

Bleiben wir aber bei der Wahrheit! Heute beschließen wir das Abschlussprüfer-Auf­sichtsgesetz, bei dem es darum geht, dass die Qualität der Prüfungen gewährleistet und gesichert ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 117

Am 11. Mai werden wir uns im Justizausschuss und danach im Plenum mit dem Ro­tationsprinzip, nämlich mit dem Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz befassen. Ich denke, das ist der richtige Weg, und dafür stehen wir auch. (Beifall bei der ÖVP.)

15.32

15.32.53

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1012 der Beila­gen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Groiß, Dr. Matznetter, Dr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht. Dieser wur­de mittlerweile auch zur Verteilung gebracht.

Ich lasse zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfs abstimmen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag der Abgeordneten Mag. Groiß, Dr. Matznetter, Dr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte all jene Abgeordneten, die dem die Zustimmung geben, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfs samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich stelle wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Fuchs, Mag. Groiß, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluie­rung der Finanzierung der Abschlussprüferaufsicht sowie der Qualitätssicherungsprü­fungen.

Wer hiefür seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen. (E 142.)

15.35.3212. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1054 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (32. KFG-Novelle) (1062 d.B.)


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13. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1424/A(E) der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Si­cherheit bei Mopeds durch größere Rückstrahler sowie durch das verpflichtende Tragen von Signalwesten mit Reflektoren“ (1063 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 159/A(E) der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sitzerhöhungen für Kin­der bei Taxifahrten (1064 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1291/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verpflichtendes Min­destgeräusch für Kraftfahrzeuge“ (1065 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zu den Punkten 12 bis 15 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Danke, Herr Staatssekretär; ich begrüße nun Herrn Bundesminister Klug!

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


15.36.54

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister, herzlich willkom­men! Meine Damen und Herren! Nach den Milliarden, die versenkt wurden, backen wir jetzt kleinere Brötchen. Es geht um Verkehrsfragen, um vier Punkte zum Thema Ver­kehr, Verkehrssicherheit, KonsumentInnenschutz. Ich möchte zu drei von diesen vier Punkten sprechen.

Das Erste ist das Kraftfahrgesetz. Uns liegt eine Novelle zu diesem Gesetz vor. Das ist so eine Novelle, bei der man sich als Oppositionspolitiker fragt: Ja, ganz nett, ein paar Punkte sind dabei, denen kann man zustimmen, aber ist das Glas jetzt halb voll oder ist es halb leer? – In diesem Fall sagen wir Grüne: Es ist zu wenig, die Suppe ist zu dünn. (Abg. Rädler: War zu erwarten!) Na ja, es gibt auch andere Fälle, Herr Kollege Rädler, aber dazu dann später.

Auf einen Punkt in der Kraftfahrgesetz-Novelle möchte ich vertiefend eingehen: Handy am Steuer. Das betrifft uns alle, das wird heiß diskutiert. Ich kann Ihnen vorweg eines sagen: Es gibt jetzt eine klare Definition, was erlaubt ist. Erlaubt ist, dass Sie, wenn Sie Auto fahren, mit dem Handy, und zwar mittels Freisprechanlage, telefonieren. Sie dürfen das Handy auch, wenn Sie eine entsprechende Vorrichtung haben, als Navigationsge­rät benützen. – Alles andere ist verboten.

Für alle, die meinen, dass das jetzt schwierig ist – man kann nicht mehr SMS schrei­ben oder was weiß ich was –, eine „gute“ Nachricht – unter Anführungszeichen –: Sie können nur bestraft werden, wenn Sie angehalten werden.

Alle, die sich mit Verkehrssicherheit auskennen, wissen, dass eine der häufigsten Ur­sachen für Verkehrsunfälle Unachtsamkeit, Unaufmerksamkeit am Steuer ist. Diese Un­aufmerksamkeit resultiert primär aus der Benützung des Handys. Wenn jene, die sa­gen, dass wir etwas für die Verkehrssicherheit tun müssen, es ernst meinten, dann müss-


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ten sie sagen: Wir müssen Handy-Verwendung am Steuer stärker ahnden. 17 EU-Staa­ten sind da wesentlich weiter, die haben die Gefahr erkannt.

Ich weiß, es ist eine ständige Verführung: Man fährt Auto, und dann klingelt es oder man hört es piepsen – und meint dann, sofort nachschauen zu müssen, was da ge­kommen ist. – Aber nein, es geht darum: Wer Auto fährt, hat Verantwortung. Er sitzt in der Regel auf einer Tonne Masse, und diese Tonne Masse kann einfach sehr viel Scha­den anrichten.

Unser Ansatz als Grüne wäre gewesen: Machen wir es doch wie 17 andere EU-Staa­ten! Die machen Handy-Nutzung am Steuer zum Vormerkdelikt. Wer dagegen ver­stößt, kommt in das Vormerksystem. Das Zweite: Die Strafen in anderen EU-Staaten sind wesentlich höher. Das heißt, andere EU-Staaten nehmen dieses Vergehen erns­ter, Österreich noch immer nicht. Daher werden wir dieser Gesetzesvorlage nicht zu­stimmen.

Noch zu zwei anderen Punkten: Da geht es um den Antrag, dass die Mopedfahrer grö­ßere Rückstrahler haben und verpflichtend Signalwesten tragen sollen. Kollege Stein­bichler, ich schätze dich sehr, aber das ist so ein Antrag von einem jener Männer – die hier im Haus eine große Gruppe bilden –, die gerne mit großen Autos, vor allem auch mit großen Motorrädern fahren. (Ruf bei der ÖVP: Kollege Hagen!) Die hätten gerne, dass sie immer und überall schneidig unterwegs sein können. Damit sie das können, sol­len alle anderen gut sichtbar sein. Die schwachen Verkehrsteilnehmer sollen sich mög­lichst grell anziehen müssen, nämlich entweder mit grellgelben oder grellroten Westen und Rückstrahlern und so.

Die Frage dahinter ist: Wer ist der Wichtige im Straßenverkehr: der Starke oder der Schwache? Uns Grünen ist der Schwache wichtig. – Der Ansatz in diesem Antrag ist aber: Damit der Starke den Schwachen sieht, soll der Schwache möglichst grell im Stra­ßenverkehr unterwegs sein. Also wenn sich diese Linie, die in vielen Anträgen jetzt kommt, fortsetzt, dann werden wir irgendwann einmal sogar als Fußgänger Signalwes­ten tragen müssen, damit uns die anderen, die Starken, im Straßenverkehr ja sehen.

Diesen Weg gehen wir nicht mit, da sagen wir einfach nein! Der Stärkere soll Tempo zurücknehmen, er soll sich zum Schutz des Schwächeren zurücknehmen.

Ein Letztes: Es geht um die Frage der verpflichtenden Mindestgeräusche von Fahrzeu­gen. Es gibt eine erfreuliche Entwicklung im Autoverkehr, das ist die Entwicklung hin zum Elektroauto, und das ist leise. Es gibt Hunderttausende Menschen, die unter Ver­kehrslärm leiden und unendlich froh sind, dass Autos, die elektrisch betrieben werden, wesentlich leiser sind als die mit Verbrennungsmotor. Es gibt aber eine Gruppe, die ei­nen Nachteil hat: Sehbehinderte Menschen orientieren sich am Geräusch von Fahr­zeugen, am Lärm von Fahrzeugen – und wenn dieser sinkt, dann ist das eine poten­zielle Gefahr für sie.

Die Kunst ist jetzt, in allen Regelungen einen Weg zu finden, mit dem man den Fort­schritt durch Elektroautos – nämlich dass sie leise sind, in Richtung Lärmreduktion – in ein vernünftiges Verhältnis zur Notwendigkeit, dass sehbehinderte Menschen Autos wahr­nehmen können sollen, bringt. Wo genau diese Grenze ist, muss man ausdiskutieren; die EU ist da dran.

Wir werden zu klären haben, was wir mit jenen Fahrzeugen tun, die vor dem Stichtag zugelassen wurden, den die EU für diese Lärmkulisse, die da vorgeschrieben wird, ein­führt. Das sind Punkte, die in diesem Antrag drinnen sind. Wir unterstützen dieses An­liegen, weil wir finden, sehbehinderte Menschen haben das Recht, dass man sie vor Au­tos schützt. Wenn eine gewisse Lärmkulisse diesen Schutz sicherstellt, sind wir dafür, und daher werden wir diesen Antrag der Frau Kollegin Dietrich unterstützen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

15.43



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 120

Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Heinzl zu Wort. – Bitte.

 


15.43.28

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Kollege Willi, es tut mir wirklich leid, dass die Grünen dieser Novelle des Kraftfahrgesetzes nicht zustimmen, weil ich in dei­ner Rede jetzt, aber auch in der Diskussion im Ausschuss mitbekommen habe, dass uns inhaltlich, sachlich eigentlich gar nichts trennt, außer dass die Grünen noch härtere Strafen verlangen, wenn das Handy im Auto benützt wird. (Abg. Moser: Vormerksys­tem!)

Ich möchte mich vorweg auch bei Herrn Bundesminister Mag. Gerald Klug bedanken, dass er diese Novelle dem Hohen Haus vorlegt, weil ich der festen Überzeugung bin, dass diese heute zu beschließende Novelle des Kraftfahrgesetzes wieder einiges zur Hebung der Verkehrssicherheit und zur Sicherheit auf den österreichischen Straßen bei­tragen wird. (Abg. Moser: Bisschen zu wenig!)

Wahr ist – Kollege Willi, du hast es schon angesprochen, ich will ein bisschen in die Tiefe gehen –: 90 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher besitzen ein Smart­phone, und fast jeder benützt dieses Smartphone, wie wir wissen, zum Facebook che­cken, Internet nutzen, WhatsApp abgleichen und zu solchen Dingen. (Abg. Moser: Zum Telefonieren!)

Solange das in öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgt oder als Beifahrerin oder Beifahrer in einem Auto ist das durchaus okay. Fast lebensgefährlich wird es, wenn die Autofah­rer diese Tätigkeiten – das heißt Facebook, E-Mails und WhatsApp checken – selbst durchführen. (Abg. Moser: Telefonieren!) Das Kuratorium für Verkehrssicherheit sagt, der Griff zum Handy lenkt die Aufmerksamkeit der Autofahrer derart ab, dass die Un­fallgefahr um das Fünffache steigt. Wenn man dann vielleicht noch an einer roten Am­pel oder im zähen Montagfrühverkehr auf den diversen Straßen der Städte beginnt, auf Facebook zu lesen, das Internet zu checken und solche Dinge zu tun (Abg. Lugar: Oder die Wahlergebnisse der SPÖ!), steigt die Unfallgefahr bereits um das Zehnfache. Die Unfallsache Nummer eins bei Führerscheinanfängern ist natürlich diese wirklich sehr lebensgefährliche Handynutzung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Statistik zeigt weiter klar, die Hauptursache für Un­fälle – neben dem Nichtanlegen der Sicherheitsgurte – ist eben die Ablenkung am Steu­er. 31 Prozent aller im Straßenverkehr getöteten Personen kamen 2015 durch Folgen der Ablenkung, vorwiegend durch die verbotene Handynutzung, um. Um es noch dras­tischer zu sagen: Am Steuer mit dem Handy zu telefonieren, das Internet zu checken, auf Facebook nachzuschauen und so weiter, ist extrem lebensgefährlich.

Kollege Willi hat es schon gesagt, bis jetzt war nur das Telefonieren im Auto ohne Frei­sprechanlage explizit verboten. Mit der heute zu beschließenden Novelle des KFG wird das Handyverbot am Steuer deutlich ausgeweitet – was ich richtig finde –: Jegliche Nut­zung des Mobiltelefons, außer als Navigationsgerät, und da nur mit einer entsprechen­den Halterung, ist wirklich explizit verboten. Ich bin zuversichtlich, dass diese Regelung für mehr Sicherheit auf Österreichs Straßen sorgen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein weiteres Thema, das von Kollegen Willi ange­sprochen worden ist, ist die Sicherheit im Straßenverkehr in Zusammenhang mit der Elektromobilität. Da geht es um die Frage, ob Elektroautos künstliche Fahrgeräusche, in der Fachsprache AVAS genannt, erzeugen sollen. Laut Expertenmeinung ist das un­bedingt notwendig. Es ist überhaupt keine Frage, vor allem für Personen mit einge­schränktem Sehvermögen stellen diese geräuscharmen Elektro- oder Hybridautos im Alltag wahrlich eine zusätzliche Herausforderung dar. Experten meinen, dass bereits


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jetzt alle Hersteller ihre Autos freiwillig mit diesen akustischen Warnsystemen ausstat­ten, und dass diese Ausstattung mit akustischen Warnsignalen in Zukunft auch ver­pflichtend sein soll. Seitens der EU gibt es derzeit Vorbereitungen zu einem Gesetz.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich denke auch, dass Elektromobilität eine große Chance für die Zukunft ist, die auch entsprechend gefördert werden muss. Ich möchte mich daher klar dafür aussprechen, dass die Förderung für Elektroautos sowohl zur privaten wie auch zur gewerblichen Nutzung weiter auszubauen ist.

In diesem Sinne, noch einmal vielen Dank an Herrn Bundesminister Klug für diese wichtige Novelle zum KFG! Ich hoffe, dass das, was wir heute beschließen, ein wich­tiger Beitrag für die Verkehrssicherheit auf unseren Straßen ist und dass es in Zukunft wieder weniger Tote auf Österreichs Straßen geben wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.49


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordne­ter Hagen. – Bitte.

 


15.49.15

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Ja, ich nehme es gleich vorweg, wir werden der Änderung des Kraft­fahrgesetzes zustimmen. Da sind einige Verbesserungen drinnen, die den Verwaltungs­aufwand reduzieren, und wenn man das Team Stronach kennt, weiß man, dass wir ab­solut gegen eine aufgeblähte Verwaltung sind. Alles, was man dort zusammenfügen und sparen kann, ist eine gute Investition, das heißt, eine gute Investition für den Steuerzah­ler und für den, den das betrifft; deswegen gibt es Zustimmung von uns, ganz klar.

Ich möchte aber trotzdem auf ein paar kleine Punkte noch konkreter eingehen: Im Ge­setz steht drinnen, dass das Verändern des Kilometerstands bei einem Fahrzeug, die sogenannte Tacho-Manipulation, jetzt unter Sanktion gestellt wird. Ich denke, das ist kla­rer Betrug. Wenn man den Tacho manipuliert hat – und da gibt es auch andere Mög­lichkeiten –, kann man ein Fahrzeug wesentlich teurer verkaufen. Das ist ein Delikt, bei dem man nicht ganz unbescholten bleiben sollte.

Auch das Handy-Telefonieren am Steuer wurde schon angesprochen. Meine Damen und Herren, ich bin sehr viel mit dem Auto unterwegs, auch mit dem Motorrad, und man wundert sich immer wieder, wenn man so dahinfährt, wie kriminell manche Autofahrer herumkurven. Der erste Gedanke eines Polizisten ist natürlich Alkohol am Steuer, bis man dann an dem Fahrzeug vorbeifährt und sieht, dass der Fahrer das Handy festhält, irgendwie das Lenkrad fixiert und sonst noch etwas tut. Dann weiß man, warum die Herr­schaften so herumkurven. Darum verstehe ich die Grünen nicht, dass sie nicht zustim­men. (Abg. Moser: Es ist uns zu wenig!)

Ich sage, es ist eine Verbesserung, eine klare Verbesserung. Man kann jetzt nicht sa­gen, jetzt muss man noch mehr strafen, sondern jetzt versuchen wir einmal, ob es so funktioniert. Ich denke, dann kann man immer noch diskutieren. Darum verstehe ich die Situation der Grünen hier überhaupt nicht, aber ich weiß schon, die Grünen sind ei­ne Verbots- und Gebotspartei, und alles wird unter große Strafe und Sanktion gestellt. Das wollen wir nicht so, deswegen, Herr Minister, kriegen Sie von uns die Chance, wir schenken Ihnen das Vertrauen und stimmen hier zu.

Lassen Sie mich jetzt noch konkret auf zwei Anträge meiner Fraktion eingehen, den dritten Antrag wird Leo Steinbichler selbst noch erläutern. Mir geht es bei meinem An­trag um Kindersitze, Sitzerhöhungen bei Taxifahrten. Meine Damen und Herren, über­all werden Sie bestraft – zu Recht hoch bestraft –, wenn Sie keinen Kindersitz im Fahr­zeug haben, wenn das Kind zwischen den Sitzen hervorgeht oder sich durchhängt. Wir alle kennen die Spielchen, wenn sie hinten herumhüpfen.


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Das hat man dann so geregelt, dass man Kindersitze eingeführt hat – überall braucht man sie, nur bei den Taxifahrten nicht. Ich glaube, ein Taxi ist nicht weniger gefährlich als ein normaler Pkw, auch wenn im Normalfall irgendeine Person dabeisitzt; oft sitzt aber dann der Elternteil vorne und das Kind alleine hinten. Jetzt kann man sagen, okay, Kindersitze gibt es in verschiedenen Stufen, für die Größen, das gibt es alles heute zu kaufen, in verstellbarer Form. Das heißt, es ist mit einem Handgriff umlegbar, um die nächste Größe zu erreichen, das ist also kein großer Kostenaufwand.

Es ist für mich nicht ganz klar, warum die meisten Fraktionen dagegen sind, das ist für mich nicht einleuchtend. Ich würde Sie bitten, Herr Minister, denken Sie vielleicht noch einmal darüber nach, dann werden Sie das vielleicht selbst einbringen. Ich hätte aber gerne, dass auch mein Name auf dem Antrag steht, da ich das schon länger propagie­re und mich dafür starkmache, um mehr Sicherheit für unsere Kinder zu erwirken.

Zum zweiten Antrag meiner Fraktion, jenem der Kollegin Dietrich: das verpflichtende Mindestgeräusch für Elektrofahrzeuge. Das kennen wir auch alle aus dem Straßenver­kehr: Man geht irgendwo spazieren, von hinten kommt ein Hybridauto oder ein elektri­sches Fahrzeug, das sehr leise ist, man erschrickt im ersten Moment, weil plötzlich ir­gendetwas im Hintergrund ist, man es aber nicht gehört hat. Es gibt aber Leute, die vielleicht nicht so gut hören wie jüngere Menschen, es gibt Hörgeschädigte und auch sonst Menschen, die nicht so gut hören, muss man einmal so sagen, und es gibt auch sehbehinderte Menschen, die natürlich auf die Akustik sehr angewiesen sind. Gerade da ist es wichtig, dass auch diese wahrnehmen können, wenn sich ihnen ein Fahrzeug nähert.

Man tut immer mehr in diesem Bereich, positive Maßnahmen gibt es. Es gibt auch schon Lichtzeichen für Fußgänger, damit sie, wenn sie ins Handy vertieft sind, sehen, dass sie an der Ampel stehen bleiben müssen. Da gibt es viel in der Technik, da wird mittler­weile sehr viel gemacht. Ich glaube aber, trotz all der positiven Einstellung betreffend Elektrofahrzeuge, müsste schon mitgedacht werden, dass ein Warnsignal kommt, da­mit sich der Fußgänger oder andere Verkehrsteilnehmer, seien es Radfahrer oder wer auch immer, darauf einstellen können. Es ist da doch ein Fahrzeug mit etwas Ge­schwindigkeit unterwegs, und darum ist es notwendig, dass dieses akustische Signal kommt. Es wurde von Kollegen Heinzl angesprochen, dass da auf EU-Ebene etwas im Laufen ist, darum verstehe ich nicht, warum man das jetzt ablehnt; man hätte es auch auf die lange Bank schieben und uns dann wieder mitbeteiligen können.

Also, Herr Minister, ich glaube, das Team Stronach hat viele, viele gute Vorschläge. Wir bringen sie auch immer wieder mit Anträgen ein. Ich lade Sie ein, greifen Sie auf unse­re Ideen zurück, Sie werden damit gut fahren! – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

15.54


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Ottenschlä­ger zu Wort. – Bitte.

 


15.55.07

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zu­seher! Ein kurzer Satz zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Hagen bezüglich des Taxifahrens: Ich bin selbst Vater von zwei Kindern und weiß aus eigener Erfahrung (Abg. Moser: Was Taxifahren heißt?!), dass man, wenn man ein Taxi bestellt und da­zusagt, dass man Kindersitze oder Sitzerhöhungen braucht, diese in der Regel auch be­kommt. Also ich sehe da überhaupt kein Problem.

Nun aber zur vorliegenden Novelle mit dem Schwerpunkt der Verschärfung des Ver­bots von Handys am Steuer: Es wurde dazu schon sehr viel gesagt. Ich halte es für es­senziell und sehr wichtig und verstehe in diesem Fall nicht, lieber Kollege Georg Willi,


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warum ihr da nicht zustimmen könnt. Ihr wollt sozusagen noch schärfere Strafausma­ße, darüber kann man immer diskutieren, aber wie Kollege Hagen eigentlich schon sehr gut erklärt hat, schauen wir uns das jetzt an, so wie wir es beschließen, und wenn wir sehen, dass es nicht zum Erfolg führt, wird man hier weiterdenken.

Ich glaube, das ist insofern auch entscheidend, weil es tatsächlich so ist, dass durch die Ablenkung durch Smartphones ein Phänomen entstanden ist, durch das es tat­sächlich wieder mehr Unfälle auf Österreichs Straßen gibt. Im letzten Jahr sind tatsäch­lich wieder mehr Menschen auf Österreichs Straßen gestorben.

Sie kennen es vielleicht auch aus Ihrem eigenen Alltag – wenn man das jetzt beob­achtet –, dass viele, wenn sie ins Auto steigen, auf ihr Handy schauen, um E-Mails und SMS zu lesen. Stellen Sie sich vor, wenn Sie bei 50 km/h den Blick beispielsweise zwei Sekunden lang von der Straße abwenden, sind Sie fast 30 Meter im Blindflug unter­wegs! Sie können jetzt hochrechnen, was bei drei Sekunden und 100 km/h passiert. Das sind verdammt viele Meter, die man im Blindflug unterwegs ist, und da kann wirk­lich, wirklich viel passieren.

Es geht nicht so sehr nur ums Telefonieren, auch das ist ein bisschen eine Ablenkung, aber es geht vor allem darum, dass die Autofahrerinnen, die Autofahrer, den Blick auf die Straße richten, das ist das Essenzielle. Da, glaube ich, finden wir jetzt eine gute Regelung. Es geht darüber hinaus um Bewusstseinsschaffung, dass das einfach wirk­lich sehr gefährlich ist. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass wir nicht nur etwas verbieten wollen, sondern wir haben explizit festgehalten, dass das Handy weiterhin auch als Navigationssystem verwendet werden kann und dass Sie na­türlich auch – ich habe es schon erwähnt – weiterhin telefonieren können. Nähere In­formationen – weil ich gemerkt habe, dass vor allem seitens der Autofahrerinnen und Au­tofahrer großer Informationsbedarf besteht, was man jetzt in Zukunft darf und was nicht – finden Sie auch auf der Facebook-Seite des ÖVP-Parlamentsklubs oder auch auf un­serer Homepage; dazu kann ich Sie nur einladen. (Abg. Hagen: Da steht nichts Ge­scheites oben! – Ruf bei der ÖVP: Ach so!?) – Doch, da steht etwas Gescheites! Du kannst jetzt dann gleich hineinschauen und dir entsprechende Informationen holen. (Abg. Steinbichler: Habt ihr die Wahlergebnisse vom Sonntag schon drinnen?)

Die Novelle enthält aber auch weitere wichtige Entscheidungen, es wurden schon eini­ge erwähnt. Beispielsweise wird das Verändern des Kilometerstands eines Fahrzeugs – Stichwort: Tacho-Manipulation – hiermit unter Sanktion gestellt, oder der Zugriff für die Pannendiensthilfen auf die fahrzeugspezifischen technischen Daten in der Zulassungs­evidenz wird ermöglicht; das erleichtert vieles, um nach einer Panne möglichst schnell weiterfahren zu können.

Sie sehen also, in unserem Bereich arbeiten wir sehr konstruktiv; ich möchte auch sa­gen: konstruktiv im gesamten Ausschuss. Ich darf mich an dieser Stelle bei Ihnen, Herr Bundesminister, und auch bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, weil diese Novelle, glaube ich, sehr gut zeigt, dass etwas Sinnvolles zustande kommt, wenn wir uns bemühen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.59


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Steinbich­ler zu Wort. – Bitte.

 


15.59.42

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher auf der Besu­chergalerie und vor den Fernsehgeräten! Kollege Ottenschläger, ich habe das deshalb


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geglaubt, weil ja Frau Kollegin Tamandl offensichtlich die Erste ist, die das Wahlergeb­nis vom Sonntag nachweislich schon wieder verdaut hat und bereits wieder in alte Hö­hen zurückkommt. Aber es ist gut, wenn auf der Homepage etwas Gutes steht.

Deshalb zur vorliegenden Novelle des Verkehrsausschusses: Ja, da sind tatsächlich Punk­te beinhaltet, denen wir auch zustimmen. Wenn man schaut: Da ist die Tachomanipu­lation – weil wirklich oftmals ein falscher Wert dargestellt wurde – beziehungsweise auch diese Sache mit der Chipkartenzulassungsbescheinigung, auf der keine Wechselkenn­zeichen mehr ausgewiesen sind, außerdem soll die Ausgabe der roten Radfahrtafeln, die oft hinten an der Stoßstange angebracht werden, nicht im Zulassungsschein stehen. Für besonders praktikabel halte ich die Änderung, dass die Pannendienste, die bundes­weit im Einsatz sind, Zugriff auf die fahrzeugspezifischen technischen Daten erhalten.

Letzteres ist, glaube ich, eine sehr wichtige Neuerung, denn wir wissen: Bei einer Pan­ne bei den heutigen modernen Fahrzeugen brauchen die Pannenhelfer oftmals den di­rekten Zugriff, sonst können sie leider gar nicht mehr helfen.

Übrigens an dieser Stelle ein aufrichtiges Dankeschön an die Pannenhelfer, die Tag und Nacht im Einsatz sind. Wer einmal eine Autopanne erlebt hat, weiß, wie dankbar man ist, wenn diese Engel kommen und helfen. (Beifall beim Team Stronach.)

Herr Kollege Willi, eigentlich bin ich fast enttäuscht, dass du versucht hast, diesen An­trag anders zu deuten. Er eignet sich überhaupt nicht dazu, hier Autofahrer oder ande­re Verkehrsteilnehmer anzugreifen. Dieser Antrag entstand aus tiefer Sorge – nicht nur aus persönlicher Sicht als Vater und 14-facher Großvater, sondern aus der Sicht eines Mannes, der im vorigen Jahr erlebt hat, welche Trauer, welches Leid über eine Familie kommt, die mit einem Schlag einen aufstrebenden, zukunftsträchtigen, vor Elan strot­zenden jungen Sohn verliert. Es kann kein härteres Schicksal über eine Familie kom­men. Betrachtet man die Statistik – alleine im Vorjahr gab es 4 192 Moped-Unfälle mit 4 574 verletzten Personen, männlich und weiblich –, so glaube ich, dass wir alles un­ternehmen sollten, was zur Vermeidung von solchen Schicksalsschlägen, zur Vermei­dung von solchem Leid beiträgt.

Wenn es uns gelingt, eine einzige Person zu retten – und es müssen noch viel mehr sein, glaube ich –, dann ist das jede Aktivität, jede Initiative wert, beginnend bei größe­ren Rückstrahlern und besserer technischer Ausrüstung von Haus aus.

Es ist ein Thema für den ländlichen Raum, wo die Straßen nicht so gut beleuchtet sind oder diese Übergangslichtstimmung oder Sonnenblendung auftreten, wo wir genau wis­sen, wie schwierig das oftmals ist, auch wenn es nur ganz kurze Zeiträume sind. Es gilt, alles zu unternehmen, damit die Verkehrsteilnehmer gut sichtbar sind. Auch die Si­cherheitswesten wären meiner Meinung nach ein ganz einfacher Beitrag dazu – für beide: die Mopedfahrer und die Autofahrer –, um insgesamt diese fürchterlichen Unfäl­le zu verhindern, zu minimieren. Ich bitte wirklich um Unterstützung. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Doppler.)

16.03


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dei­mek. – Bitte.

 


16.03.46

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Bundesminister! Die heute zur De­batte stehende 32. Novelle des Kraftfahrgesetzes hat etliche Änderungen, etliche Punk­te, die wirklich wichtig und erwähnenswert sind. Ich möchte mich aber jetzt auf drei kon­zentrieren.

Es sind zwei, die ich nur kurz ansprechen möchte. Zunächst die Manipulation des Kilo­meterstands: Da gibt es erstens ein klares Verbot und zweitens auch eine Sanktionie-


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rung, und das ist gut so, denn: Die Manipulation des Kilometerstands ist nicht nur eine Schädigung – ich sage einmal ganz allgemein – von sozial Schwächeren, denn sie sind es, die üblicherweise gebrauchte Autos kaufen, sondern ganz einfach auch ein Delikt an der Sicherheit. Es ist ein Sicherheitsdelikt. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Doppler.)

Der zweite Punkt, den ich noch vorab ansprechen möchte, ist die Ermöglichung von Tag­fahrlicht für Einspurige. Auch da gilt wieder: Sehen und gesehen werden ist ein Punkt der Sicherheit.

Kommen wir aber zum durchaus emotionalsten und wichtigsten Punkt, dem im allge­meinen Sprachgebrauch so genannten Handyverbot, auf das ich ein wenig näher ein­gehen möchte. Es betrifft nicht das Handyverbot als solches, sondern das Verbot von beispielsweise Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung. Es betrifft aber im Umkehrschluss das bisher erlaubte Benützen des Smartphones als Navigationsgerät.

Warum das Ganze? – Allein schon die Zahl 32 zeigt: Das KFG muss regelmäßig an den Ist-Zustand angepasst werden, und wir konnten in den letzten Jahren trotz des Ver­botes eigentlich immer mehr Leute mit dem Mobiltelefon am Ohr sehen – ungeniert, auch beim Vorbeifahren an Exekutivkräften. Da muss der Gesetzgeber irgendwann einmal die Handbremse anziehen. Das ist ganz klar. Es ist schon davon gesprochen worden, wie viele Meter man dabei im Blindflug hinter sich bringt. Das ist absolut nicht möglich, dass man so mit dem Auto fährt.

Uns war in diesem Zusammenhang noch wichtig, dass gewisse Punkte genauer geklärt und präzisiert werden, beispielsweise die Texteingaben. Ganz egal, ob SMS, WhatsApp, Facebook, Twitter oder was es da sonst noch an Applikationen gibt: Text ist das Aller­unmöglichste, was es auf Gottes Erdboden gibt. Daher bin ich sehr froh, dass ein kla­res Einschreiten vorgesehen ist.

Auf der anderen Seite haben wir auch überlegt: Wie ist denn das beispielsweise mit iPads oder mit Musik? Und da – das muss ich sagen – bin ich sehr froh, dass uns Herr Bundesminister Klug die Chance und die Möglichkeit gegeben hat, diese Fragen im Nachgang mit Beamten im Ministerium zu präzisieren und zu klären.

Mir ist schon bewusst, dass man ein ausverhandeltes Gesetz nicht verändern kann. Wir erhielten trotzdem die Möglichkeit, zu präzisieren und genau festzusetzen, wie das wirk­lich ist. Das muss ich Ihnen, Herr Bundesminister, anrechnen. Es ist auch, glaube ich, wichtig für die Autofahrer und auch für die Fußgänger und alle Beteiligten im Straßen­verkehr.

Über das iPad braucht man überhaupt nicht zu diskutieren – mit dem wird nicht telefo­niert, auch wenn man es vielleicht könnte. Größere Geräte? – Man hält sich schließlich auch nicht irgendeinen Gettoblaster ans Ohr, auch mit dem Laptop oder sonst irgend­etwas wird man nicht telefonieren: Das ist verboten, ganz klar!

Bei der Musik schaut es wieder anders aus. Ich kann beispielsweise das Gerät irgend­wo in der Mittelablage liegen haben und Musik spielen lassen. Ich kann mir, wenn es möglich ist, über das Auto sogar die Musik aussuchen – da wird dann aber, bitte, kein Mensch irgendetwas sagen, da wird keiner etwas dagegen machen. – Und das ist ge­nau der Punkt, an dem wir gesagt haben: Das muss man auch entsprechend richtig re­geln.

Kollege Willi hat es angesprochen: Sicht- und Anhaltedelikt.

Was ist denn beim Sichtdelikt? – Wenn er einen Hörer am Ohr hat, ist alles klar. Der Exekutivbeamte muss jemanden Zweiten dabei haben, der den Autofahrer abstoppt. Beim Anhaltedelikt, wenn irgendetwas in der Mittelablage liegt und irgendwer an einem Knopf dreht, wird das ein Exekutivorgan nie ahnden können. Uns war es auch wichtig, für die Exekutivorgane eine ordentliche und eindeutige Situation zu schaffen.


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Umgekehrt: Wie viele Autos werden es sein, die per Bluetooth, per Anschluss oder sonst irgendwie eine solche Situation ermöglichen? – Das sind die letzten Generationen der Pkws. Fahrzeuge, die mehr als vier, fünf Jahre alt sind, haben diese Einrichtung noch nicht. Das heißt: Sollte sich dort einmal in vier, fünf, sechs Jahren ein Bereich auftun, in dem man von Unsicherheit sprechen muss, wird das sicher entsprechend nachgezo­gen werden.

Warum aber bin ich – und ist unsere Fraktion – streng dagegen, ein Vormerkdelikt da­raus zu machen? – Als das Vormerkdelikt eingeführt wurde, und daran waren wir fe­derführend beteiligt, hat man gesagt: Bei Verhaltensweisen, die sehr, sehr gefährlich sind und unmittelbar direkt die größten Möglichkeiten und Chancen haben, tödliche Un­fälle zu produzieren – dort wollen wir das Vormerkdelikt.

Wenn ich das bei einem Delikt, das in seiner Wirkmöglichkeit wesentlich darunter liegt, auch mache, was tue ich denn dann? Mache ich dann ein Vor-Vormerkdelikt, ein schär­feres Vormerkdelikt? Gibt es Böse und ganz Böse und Du-du-Böse? Man muss mit den Dingen, Kollege Willi, die man dann wirklich als Vormerkdelikt definiert, sehr vorsichtig sein.

Wir haben gesagt: So wie die Novelle jetzt präzisiert und final ausgearbeitet wurde, wol­len wir sie mitbeschließen. So ist es für uns sinnvoll.

Ich kann von dieser Stelle nur an alle jungen und jugendlichen Zuhörer, die auch Auto fahren und möglicherweise das Handy beim Autofahren dabeihaben, appellieren: Liebe Jugendliche, nehmt das Telefon und schaltet es im Auto ab! Die Möglichkeit, dass euch die Rennleitung ein Ticket verpasst, ist wesentlich schneller gegeben, als ihr das Gerät abschalten könnt. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.10


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


16.10.40

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Mi­nister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verkehrssicherheit soll durch eine Novelle des Kraftfahrgesetzes erhöht werden, das Handyverbot am Steu­er wird verschärft. Damit will der Verkehrsminister einen Beitrag für mehr Verkehrssi­cherheit leisten. – Richtig, Herr Minister, leisten Sie einen Beitrag, da bin ich ganz bei Ih­nen!

Aber, Herr Minister, ich darf Sie auch ersuchen, dass Sie einmal nach Salzburg auf die sechsspurige Autobahn, die Stadtautobahn, schauen. Dort gibt es eine Geschwindig­keitsbegrenzung von 80 km/h. Ich glaube, es wäre dringend notwendig, diesbezüglich mit der Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Rössler ein Gespräch zu führen, denn diese 80-km/h-Begrenzung ist ein Verkehrsproblem, eine Gefahrenquelle – das steht außer Frage. Man hat eine erhöhte Zahl an Verkehrsunfällen in der Statistik ausgewie­sen – Spurwechsel hin und her, die Lkws fahren gleich schnell. Ich glaube, das ist eine große Gefahrenquelle, die dringend entschärft gehört. (Ruf: Da kann der Minister nichts dafür!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Regeln, mit denen die Verwendung von Mobiltelefonen verschärft werden, sind vollkommen richtig. Eindeutig klargestellt wird, dass Handys nur mit Freisprechanlagen zum Telefonieren und für das Navigationssys­tem verwendet werden dürfen – das wurde vom Kollegen Deimek bereits angespro­chen.

Herr Minister, das ist ganz wichtig, notwendig und richtig. Was man alles miterlebt – mit dem Rad, mit Handy, mit Musik –, sehen wir. Meiner Meinung nach ist das Handy wäh-


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rend der Autofahrt eine Gefahr – man fährt natürlich im Blindflug 30, 40, 50 Meter und wei­ter. Ich glaube, Herr Minister, diese Novelle ist dringend notwendig.

Aber schauen Sie sich auch diese Autobahn in Salzburg an! Es ist eine sechsspurige Au­tobahn, bestens ausgebaut, aber eine Gefahrenquelle. Ich glaube, diese Verordnung gehört dringend novelliert und entschärft. – Herzlichen Dank. (Beifall des Abg. Steinbichler.)

16.12


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


16.12.47

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Tagesordnungspunkt wur­de bereits alles gesagt, nur nicht von jedem. Ich werde mich daher eher kurz halten.

Vier Anträge werden diskutiert, und, Herr Kollege Doppler, die Stadtautobahn ist Lan­desmaterie, da kann keine der Fraktionen im Nationalrat und auch nicht der Minister et­was tun – so ist meine Einschätzung zumindest als noch recht junger Abgeordneter. (Abg. Doppler: Ich habe gesagt: einwirken!)

KFG-Novelle, warum stimmen wir zu? Es wird regelmäßig novelliert, weil es auch re­gelmäßig technologische Neuerungen gibt. Hier im Konkreten: Der Bereich der Kom­munikation hat sich weiterentwickelt, und darauf wurde reagiert.

Die Frage, wie gefährlich der Einsatz von Mobiltelefonen im Straßenverkehr ist, wurde, glaube ich, ausreichend diskutiert und beantwortet. Jeder Mensch, der dadurch verletzt wird oder sein Leben verliert, ist einer zu viel. Daher halte ich die Novelle für richtig.

Ich glaube auch, wie mein Vorredner, Kollege Ottenschläger, gesagt hat, dass man im ersten Schritt stärker auf die Bewusstseinsbildung gehen muss, und wir dann, wenn wir merken, dass eine solche Bewusstseinsbildung nicht stattfindet, über schärfere Sank­tionen nachdenken und sie auch beschließen. Ich glaube nicht, dass sie im ersten Schritt bereits sinnvoll sind.

Ein weiterer Punkt, der auch eine Verbesserung für das Ressort bedeutet, ist, dass knapp 270 000 administrative Verfahren tatsächlich damit gespart werden können. Wir setzen uns immer für Verwaltungsvereinfachungen ein – und eine solche ist es. Daher unterstützen wir diese Novelle.

Ich möchte auch noch auf die drei anderen Anträge in aller Kürze eingehen.

Den Antrag vom Team Stronach zum Thema Sicherheit bei Mopeds halten wir für über­schießend. Zur Frage der größeren Rücklichtleuchten und der Warnwesten: Es gibt be­reits ausreichend Vorkehrungen auf gesetzlicher Ebene. Auch da steht die Bewusstseins­bildung im Vordergrund.

Sitzerhöhungen – ebenfalls ein Antrag vom Team Stronach: Beantragt wird, dass bei Taxiunternehmen die entsprechenden Sitzerhöhungen und Sitzmöglichkeiten in den Fahr­zeugen selbst immer mit dabei sein sollen. Das halten wir aus zweierlei Gründen für nicht notwendig.

Das eine ist, sich anzuschauen, ob es in Österreich, auch außerhalb von Wien, wei­testgehend funktioniert: Wenn ich bei einem Unternehmen anrufe, ein Taxi bestelle, dann kann – und wird – das meist mitgeliefert werden. Es gab Tests. Acht von zehn Un­ternehmen – glaube ich, waren es – haben das angeboten, zwei von zehn nicht. (Abg. Hagen: Wartezeit über eine Stunde!)

In Deutschland ist es spannend: Dort ist es zwar gesetzlich verankert, es sind aber die Babyschalen wiederum ausgenommen, weil sie aus Platzgründen nicht mitgeliefert wer­den können. Ich bin der Meinung, dass wir keine Gesetze beschließen sollten, wenn eine gesetzliche Verordnung gar nicht notwendig ist, weil es die Unternehmen tatsäch­lich selbst schaffen.


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Der letzte Punkt ist die Frage der Mindestgeräusche bei Elektrofahrzeugen und Hybrid­fahrzeugen. Auch diesen Antrag werden wir nicht unterstützen. Zwei Gründe sind dafür ausschlaggebend: Der erste ist, dass auf europäischer Ebene bereits eine entsprechen­de Materie, die Mindestgeräusche vorsieht, in Vorbereitung ist. Der zweite Grund ist, dass es auch bei einer Geschwindigkeit ab 25 km/h sowohl bei Hybridfahrzeugen wie auch bei Elektrofahrzeugen einen gewissen Mindestgeräuschpegel gibt. Wir glauben, dass daher derzeit keine nationale Vorgehensweise notwendig ist. – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.16


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Mag. Klug zu Wort ge­meldet. – Bitte, Herr Minister.

 


16.16.31

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Gerald Klug: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen im Parlament! Jeder Ver­kehrstote ist meines Erachtens einer zu viel. Nachdem es sich heute um die erste Ge­setzesvorlage handelt, die von meinen Expertinnen und Experten im Haus vorbereitet wurde – wofür ich sehr dankbar bin, dass das auf diese professionelle Art und Weise möglich war –, möchte ich auch dieses Signal ganz voranstellen. Wenn wir – und das betrachte ich dann als Verkehrspolitik – aufgrund der Realitäten und der Veränderun­gen im Straßenverkehr feststellen, dass auf der einen Seite die Zahl der Verkehrstoten ansteigt und auf der anderen Seite die Datenanalyse ganz klar und deutlich sagt: Haupt­ursache für Verkehrstote im Straßenverkehr sind die Ablenkungen mit 31 Prozent, dann brauche ich mich heute realistischerweise nicht lange darüber zu unterhalten, dass da das Handy dabei ist.

Gerade in diesem Zusammenhang und mit dieser KFG-Novelle reagieren wir auf diese Entwicklungen im Straßenverkehr: kein SMS schreiben, kein E-Mail-Verkehr, kein In­ternetsurfen! – Das sind genau jene Hauptursachen, die zu Ablenkungen im Straßenver­kehr führen und damit als Unfallverursacher Nummer eins für das Ansteigen der Zahl der Verkehrstoten verantwortlich sind.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ein zweites, wesentliches Highlight in diesem Zu­sammenhang ist, dass wir auf Tachomanipulationen reagieren. Kollege Deimek hat ver­sucht, dies zu charakterisieren, indem wir sagen: In diesem Zusammenhang schützen wir den Schwächeren. – Ja, genau das machen wir auch und bestrafen den unredlichen Verkäufer nach ganz klaren, neuen Richtlinien. Tachomanipulationen haben am Ge­brauchtwagensektor nichts verloren!

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich vielleicht auch noch einen Gedanken an die Frage des Zustandekommens verlieren. Sie wissen, es ist die erste Gesetzes­vorlage unter meiner Zuständigkeit als Verkehrsminister. Wir möchten ein ganz klares Signal in Richtung mehr Verkehrssicherheit setzen. Daher möchte ich doch noch ein­mal kurz auf die Argumente eingehen.

Ich bedanke mich ausdrücklich für die sehr konstruktiven Gespräche im Verkehrsaus­schuss. Ich bedanke mich ausdrücklich bei Teilen der Opposition, insbesondere bei dem in Verkehrsfragen sehr engagierten Kollegen Deimek, aber auch bei dem in Ver­kehrsfragen sehr engagierten Kollegen Hagen, und für das positive Signal, dass Teile der Opposition mit dieser Gesetzesvorlage zufrieden sind und gemeinsam zur Ein­schätzung gelangen, dass wir mehr für die Verkehrssicherheit in diesem Land leisten.

Es wird Sie nicht überraschen, dass ich mich bei den Grünen in dem Zusammenhang für deren inhaltliche Position nicht bedanke. Sie werden mich auch nicht mit Ihrer sehr blumigen Küchensprache – „die Suppe ist zu dünn“ – davon überzeugen können, dass wir uns in der Küche befinden, Herr Abgeordneter Willi. So einfach geht es bei Geset-


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zesbeschlüssen aus meiner Sicht nicht. Ich kann Ihnen aber schon sagen, dass Sie zur Verkehrssicherheit nur eine Frage zu beantworten brauchen: Beschließen Sie im Na­tionalrat ein Gesetz mit, das zu einem Mehr an Verkehrssicherheit beiträgt, ja oder nein? (Abg. Rädler: Genau!) Keine SMS, kein E-Mail, kein Internet-Verkehr. So einfach kön­nen Sie es sich mit der Ablehnung nicht machen. Das müssen Sie dann zumindest Ih­ren Wählerinnen und Wählern erklären! (Abg. Rädler: Genau!) – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.20


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Hakel zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


16.20.59

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte auf den Antrag vom Team Stronach eingehen, in dem es um die größeren Rückstrahler und das verpflichtende Tragen von Signalwesten mit Reflektoren geht. Erstens einmal glaube ich nicht, so wie Kollege Willi, dass es dabei wegen der größeren Rückstrahler um den Machogedanken geht, wie Sie das vorhin kurz angedeutet haben. Ich kann mir schon vorstellen, dass größere Rückstrahler bei Schlechtwetter oder auch in der Nacht vielleicht nicht so schlecht wä­ren, wobei ich allerdings eher sagen würde, bei schlechtem Wetter, wenn es regnet, mit dem Moped zu fahren, ist sowieso keine gute Idee. Prinzipiell ist auch noch ein Problem, dass Mopeds über eine EU-Typengenehmigung verfügen müssen. Daher muss natür­lich auch jede Änderung auf dem Weg über die EU erfolgen, und daher könnten wir das jetzt unmittelbar auch gar nicht ändern.

Die zweite Forderung im Antrag betrifft das verpflichtende Tragen von Signalwesten mit Reflektoren. Bislang besteht ja lediglich eine Sturzhelmpflicht; ansonsten gibt es keine Vorschriften beim Lenken eines Mopeds. Es wird geraten, gute Kleidung zu tragen. Ich bin jemand, der sehr viel mit der Vespa unterwegs ist, vor allem auch in Wien, in der Stadt. Ich beobachte den Straßenverkehr sehr genau und alles, was um mich herum so vorgeht.

Meine Meinung ist, dass es nicht unbedingt notwendig ist, eine Sonderregelung zu schaffen. Das lässt sich im Übrigen auch aus der Art der Unfälle herleiten. Die meisten Mopedunfälle sind Alleinunfälle, also keine Unfälle, die durch Zweite oder Dritte verur­sacht werden. Sie passieren zumeist wegen zu hoher Geschwindigkeit und vor allem auch durch mangelndes Fahrkönnen. Mangelndes Fahrkönnen ist die zweithäufigste Un­fallursache, eine häufige ist auch das richtige Verhalten bei Kreuzungen. Wenn wir schon Änderungen andenken, würde ich vorschlagen, dass wir vielleicht die Fahrstun­den für Mopedlenker, die mit 15 Jahren die Prüfung machen, vermehren sollten, jeden­falls in diese Richtung gehen sollten, um eine Verbesserung zu erzielen.

Beim sogenannten 125er-Führerschein, den ich selbst auch gemacht habe, war es not­wendig, acht Fahrstunden zu nehmen, wenn man den B-Führerschein schon gehabt hat. Das war absolut wichtig, einfach auch um Fahrpraxis zu bekommen. Auch das könnte man ausdehnen, könnte ich mir vorstellen. Darüber sollten wir diskutieren. (Beifall bei der SPÖ.)

16.23


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dipl.-Kffr. Pfurtschel­ler. – Bitte.

 


16.23.58

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauer auf der Besuchergalerie und vor den Bildschirmen! Ich habe es mir schon gedacht, und es war


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 130

zu erwarten, dass das Handyverbot heute die heftigsten Diskussionen beziehungswei­se die meisten Debattenbeiträge auslösen wird. Deswegen will ich nicht auch noch et­was dazu sagen; es ist ja schon sehr ausführlich diskutiert worden. Ich denke, wir sind alle dafür, wiewohl wir uns wahrscheinlich auch alle schon einmal dabei ertappt haben, dass wir am Steuer ein bisschen unaufmerksam waren. Von daher wissen wir ohnehin alle, dass das Verbot vernünftig ist.

Ich möchte auf die zwei Anträge vom Team Stronach eingehen, zuerst auf den Antrag bezüglich der Sicherheit bei den Mopeds durch größere Rückstrahler und Signalwes­ten. Kollegin Hakel hat schon ein bisschen etwas vorweggenommen, aber kein Problem. (Abg. Hakel: Danke!)

Sehr geehrter Herr Hagen! Sehr geehrter Herr Steinbichler! Ich glaube Ihnen schon, dass es Ihnen ein Anliegen ist, dass die jungen Menschen sicherer unterwegs sind, dass weniger passiert. Ich glaube auch nicht, dass Sie da jetzt sozusagen den Macho he­raushängen lassen und speziell auf den Landstraßen mehr herumrasen wollen. Ich glau­be allerdings ebenfalls, dass dieser Antrag ein bisschen überschießend ist. Kollegin Ha­kel hat schon darauf hingewiesen, dass die Bau- und Ausrüstungsvorschriften für Mo­peds nur auf EU-Ebene geändert werden können, dass wir uns da nicht einfach so he­rausnehmen können. Deswegen können wir bei den Reflektoren auch nicht gleich und un­mittelbar etwas ändern. Was die Signalwesten betrifft, scheint mir auch das überschie­ßend.

Kollege Willi sagte, der schwächere Verkehrsteilnehmer muss quasi wie ein Christbaum leuchten, damit er auch entsprechend wahrgenommen wird. Mein Sohn ist schon ein bisschen älter, ich kann mich aber noch an die Zeit erinnern, als er so 15, 16 war und Moped gefahren ist. In dem Alter lässt das pubertierende Ego nicht wirklich zu, mit so einer Signalweste herumzufahren. Das würden nur die Wenigsten tun, und die würden sich lächerlich vorkommen. Kollegin Hakel hat schon gesagt, dass die häufigsten Un­fälle Alleinunfälle sind, die auf Selbstüberschätzung zurückzuführen sind. Daher würde das auch nichts bringen.

Ich bin auch dafür, mehr auf vorbeugende Maßnahmen und auf Aufklärung zu setzen, den jungen Menschen noch deutlicher klarzumachen, welche Gefahren im Straßenver­kehr auf sie zukommen. Deswegen werden wir auch diesen Antrag ablehnen. (Abg. Steinbichler: Die Familienpartei ÖVP!) Das hat mit Familie gar nichts zu tun! (Abg. Steinbichler: Doch!) Nein, nein! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Das hat jetzt überhaupt nichts mit Familienpartei zu tun. Wir machen uns natürlich auch alle Sorgen um unsere Familienmitglieder, aber es gibt einfach Vorschläge, die überschie­ßend sind, die keinen Sinn machen und die von den jungen Leuten auch nicht akzep­tiert werden würden. Also da jetzt solche Verordnungen einzuführen … Da ist Bewusst­seinsbildung wirklich wichtiger. (Weitere Zwischenrufe beim Team Stronach.)

Ich habe gerade meine Argumente dargelegt und will das nicht alles noch einmal wie­derholen. Wir werden das also ablehnen.

Was das Mitführen von Sitzerhöhungen in Taxis betrifft, habe ich mir erlaubt, ein biss­chen herumzutelefonieren, bei Taxifirmen anzufragen. Vier von fünf Taxi-Unternehmen haben sofort anstandslos ein Taxi mit Kindersitz oder mit einer Sitzerhöhung geschickt. Dafür muss man also kein Gesetz beschließen. Ein bisschen müssen wir schon auch an die Selbstregulierung des Marktes glauben; da seid ihr vom Team Stronach norma­lerweise doch auch sehr dafür. Wenn solche Sitze nachgefragt werden, dann werden die Taxifahrer auch bemüht sein, sie anzuschaffen und mitzuführen. Deswegen werden wir auch diesen Antrag ablehnen.

Zum Antrag über die Elektroautos beziehungsweise über die bessere Hörbarmachung der Elektroautos wird meine Kollegin Aubauer noch Stellung nehmen. – Vielen Dank


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 131

für Ihre Aufmerksamkeit. Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.28


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schellenbacher. – Bitte.

 


16.28.48

Abgeordneter Ing. Thomas Schellenbacher (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen und auf der Besuchergalerie! Sehr geehrter Herr Bundes­minister, ich erinnere mich noch sehr genau an den 30. März dieses Jahres, es war der erste Ausschusstag unter Ihrer Amtsführung. Ich war sehr gespannt, was uns erwarten wird. Ich muss sagen, ich war positiv überrascht, da Sie in vielen Dingen auf uns zuge­gangen sind.

Sie haben gesagt, Sie werden auf die Oppositionspartei auf Augenhöhe zugehen, Sie wollen einen Arbeitsstil pflegen, der Erfolge ermöglicht. Sie haben aber auch gesagt, dass Sie die Oppositionspartei kritisieren, die bei Beschlüssen, also wenn schon ein Schritt in die richtige Richtung getan ist, leichtfertig und mehr oder weniger elegant die Kurve kratzt, indem sie sagt: Na ja, es ist inhaltlich zu wenig und nicht in die Tiefe aus­gearbeitet.

In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen sagen: Wir von der FPÖ waren es, die im Verkehrsausschuss dem Antrag zur 32. Novelle mit dem heute schon oft diskutierten Thema Handy und Manipulieren mit dem Handy nicht zugestimmt haben. Wir haben es uns aus dem Grund nicht leicht gemacht, weil es nicht nur darum geht, was ein Handy heutzutage schon alles kann, sondern auch darum, was die Autos bieten und können. Wenn ich heute mein Handy weglege, habe ich über Bluetooth Media und Internet; das können aber die Autos auch schon. Wir haben es uns also nicht leicht gemacht, Sie haben gesagt, die Opposition macht sich das leicht. Wir haben uns jedoch dazu bereit­gefunden, und wir werden heute diesem Antrag zustimmen.

Mein Kollege Gerhard Deimek hat das Angebot angenommen, von dem Sie gespro­chen haben. Er ist zu Ihren Mitarbeitern und Kollegen gegangen, hat Sinnvolles ausge­arbeitet. Es hat sich aus meiner Sicht gelohnt, dass er das getan hat. Ich bedanke mich bei ihm, ich bin sehr froh darüber und wünsche mir, dass das auch in Zukunft möglich sein wird.

Im Zusammenhang mit dem Antrag zum verpflichtenden Geräusch von Elektroautos möchte ich schon sagen, dass sich da die Damen und Herren der Regierungsparteien vielleicht auch Ihre Worte zu Herzen nehmen könnten, denn ich bin mir da ganz sicher. Ich teste seit Monaten Elektroautos, das Elektroauto ist wirklich ausgereift. Die einzige Schwäche, die es noch gibt, ist, dass sie einfach zu leise sind. Vor allem auf Parkplät­zen, in Parkgaragen, im innerstädtischen Bereich bis 50 km/h gibt es das Problem, dass man nicht nur von Blinden, Sehbehinderten, Kindern, älteren Menschen nicht wahrge­nommen wird, da das Elektroauto einfach zu leise ist. Aus meiner Sicht ist es zu spät, wenn wir damit bis 2019 zuwarten. Man hätte früher die Chance ergreifen sollen, die­sen Antrag der Kollegin Dietrich anzunehmen.

Daher kann ich nur eines sagen: Ich wünsche, wie es im Tunnelbau heißt, „Glück auf!" und Ihnen und uns eine gute Zusammenarbeit. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.32


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


16.33.05

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Lieber Leo Stein­bichler! Ich bin seit meiner Jugend begeisterter Zweiradfahrer. Ich fahre jetzt Motorrad


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 132

und habe, so glaube ich, als erster Oberösterreicher oder sogar Österreicher einen neon­gelben Helm, den ich mir selbst mit Farbe besprüht habe, getragen. Ich habe in Motor­radkreisen den Spitznamen „Biene Maja" erhalten, der ist immer noch im Umlauf, weil sie alle darüber gelacht haben. Ich habe auch eine neongelbe Warnweste angehabt und komme trotzdem immer wieder in die Situation – ich bin ein sehr vernünftiger Mo­torradfahrer –, dass ich von anderen Verkehrsteilnehmern übersehen werde. Aufgrund eines Warm-up-Trainings, das ich zu jedem Saisonbeginn mache, bin ich diesen Situa­tionen jedoch eher gewachsen als jene, die diese Trainings nicht machen.

Du kannst jemanden zu Ausrüstungen noch und nöcher verdammen, das wird nicht viel bringen, wenn sie nicht wissen, wie sie mit kritischen Situationen umgehen sollen. Es wäre also besser, anzudenken, wie man den Jugendlichen den Besuch solcher Warm-ups zu Frühjahrsbeginn näherbringen könnte, damit sie für die Saison wieder Fahrsi­cherheit bekommen, statt sie noch weiter mit was auch immer anzuziehen. Ich glaube, der Herr Minister – das haben wir schon einmal diskutiert – hat das aufgenommen. Da gibt es schon Ideen, wie man so etwas umsetzen könnte.

In der 32. Novelle des Kraftfahrzeuggesetzes gibt es einige wichtige Neuerungen, die heute schon andiskutiert wurden, darunter die zur Ablenkung durch das Handy, nicht durch das Telefonieren, sondern durch das Lesen von SMS, von E-Mails.

Schon des Öfteren hatte ich die Situation, zuletzt erst letzten Dienstag, als ich nach Wien gefahren bin, dass mich ein Auto auf der Autobahn überholt hat und die Fahrerin, die Hand mit dem Handy ans Lenkrad gelehnt, irgendetwas gelesen oder geschrieben hat – genau kann ich das nicht sagen, da war die Geschwindigkeit zu hoch –, und mit der anderen Hand hat die Person die Zigarette zum Mund geführt. Sie hat also wirklich das Lenkrad fast nicht in der Hand gehabt. Ich bin mit etwa 133 km/h oder 134 km/h ge­fahren, so hoch ungefähr war meine Geschwindigkeit, und sie hat mich mit weit hö­herer Geschwindigkeit überholt. Es war also wirklich ein Wahnsinn, die Hand nur so an­deutungsweise am Lenkrad zu haben und sich dann auch noch mit dem Handy zu be­schäftigen. Ich bin daher froh, dass diese Novelle kommt, dass das untersagt wird, dass man das nicht mehr tun darf. Es müsste eigentlich noch weit mehr kommen, um solche Ablenkungen wirklich zu verhindern.

Es ist auch schon angesprochen worden, dass das Manipulieren des Kilometerstandes eines Fahrzeuges endlich auch verwaltungsrechtlich bestraft werden kann. Es ist näm­lich ganz einfach, so einen Kilometerstand zu manipulieren und um 100 000 Kilometer herabzusetzen. Statt 260 000 Kilometer werden dann nur mehr 160 000 Kilometer an­gezeigt. Das Fahrzeug verteuert sich um einige Tausend Euro und in Wirklichkeit hat man – unter Anführungszeichen – eine „Schrottkiste“, die man viel zu teuer kauft. Ich bin sehr froh, dass auch das jetzt gesetzlich erfasst wird.

Ganz wichtig ist auch, dass eine Clearingstelle eingerichtet und damit verbunden auch die Deckungsevidenz vereinfacht und entbürokratisiert wird.

Diese 32. Kraftfahrzeuggesetz-Novelle beinhaltet also wirklich viele Dinge. Es ist dies alles in allem eine gelungene Novelle mit wichtigen und richtigen Neuerungen, und ich bin unserem Verkehrsminister sehr dankbar dafür, dass er das getan hat. (Beifall bei der SPÖ.)

16.36


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Au­bauer. – Bitte.

 


16.36.18

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Hohes Haus! Ich darf nahtlos an die Ausführungen meines Vorredners Kollege


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 133

Keck anschließen. Wir alle wollen die Verkehrssicherheit heben. Möglichst viele Men­schen sollen unfallfrei auf unseren Straßen unterwegs sein. Da sind wir uns alle einig.

Es kommt eine Entwicklung auf uns zu, die uns vor große Herausforderungen stellt. Die Hybrid- und Elektrofahrzeuge sind gut für die Umwelt, super, weniger Schadstoffe! Schön für viele von uns: weniger Lärm. Allerdings sind nicht alle Menschen so glücklich darü­ber. Für Blinde, für Sehbehinderte, für ältere Menschen, für Kinder stellen Elektrofahr­zeuge, die sich ja fast geräuschlos nähern, eine doch sehr große Gefahr dar. Wir ha­ben uns intensiv damit befasst, wie wir auch diese Menschen vor Unfällen schützen kön­nen. Da braucht es Warnungen. Ein akustisches Warnsystem, AVAS, ist in Europa schon auf dem Weg. Konkret hat die EU festgelegt, dass bis Mitte 2021 alle neuen Hybrid- und Elektrofahrzeuge mit diesem Warnsystem ausgestattet sein müssen.

Bleibt die Frage: Warum nicht schon früher? Herr Kollege Schellenbacher, da bin ich völlig Ihrer Meinung. Warum nicht schon früher? Könnten wir nicht in Österreich allein diese Neuerung einführen? – Das ist leider nicht möglich; das wäre ein Verstoß gegen die EU-Vorschrift.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Insgesamt hat sich das Verkehrsgeschehen im Laufe von 20, 30 Jahren enorm verändert. Was früher Zukunftsmusik war – E-Fahrzeu­ge, Handys, iPad, all diese Geräte im Auto –, das ist heute gang und gäbe. Das sind al­les auch neue Gefahrenquellen.

Wir haben gehört – der Herr Minister hat das ja eindrucksvoll dargestellt und auch an­dere Kollegen –, dass die Ablenkung vom Verkehrsgeschehen zu den häufigsten Un­fallursachen zählt. Deshalb ein ganz klares Ja von uns: Schluss mit dem SMS-Schrei­ben am Handy, wenn man am Steuer sitzt. Schluss mit dem bequemen E-Mail-Lesen, wenn man am Steuer sitzt. Das ist im Interesse von unser aller Sicherheit.

Ein Blick in die Zukunft! Wie schaut die Zukunft aus? – Die technische Entwicklung geht weiter: Stichwort selbstfahrende Autos. Spannend! Wieder neue Gefahrenquellen. Da wird es wieder neue, angepasste Vorschriften geben müssen. Doch es ist immer der Mensch, der für die eigene Sicherheit verantwortlich ist, und es ist immer der Mensch, der auch für die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer verantwortlich ist. Eine gro­ße Herausforderung für uns alle! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.39


Präsidentin Doris Bures: Ein zweites Mal zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Wil­li. – Bitte.

 


16.39.31

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! In aller Kürze: Ich freue mich, dass sich so viele mit meinen Argumenten aus­einandersetzen, mit den Argumenten von uns Grünen. Einen Konsens haben wir: Die Zahl der Unfälle steigt; das ist belegt durch die Statistik.

Zweitens: Die Unaufmerksamkeit am Steuer ist eine der häufigsten Unfallursachen.

Drittens: Kollege Ottenschläger hat sehr eindrücklich und glaubhaft die Gefahr vom Han­dy am Steuer, nämlich die falsche Benutzung des Handys am Steuer, beschrieben. – Ich glaube dir jedes Wort.

Unser aller Diagnose ist also: Es ist sehr gefährlich! – Und der Unterschied zwischen uns ist: Wir sagen, es ist so gefährlich, dass es ein Vormerkdelikt sein sollte, wie in 17 an­deren europäischen Staaten auch. Das ist also nicht auf dem grünen Mist gewachsen, sondern in 17 europäischen Staaten ist es so. Und außerdem: Die Strafausmaße sind in anderen EU-Staaten wesentlich höher.

Weil das Argument gekommen ist, dass wir doch nicht gleich ein Vormerkdelikt brau­chen, dass das quasi die letzte Keule ist und dass man mit dieser noch nicht auffahren


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 134

soll, lese ich Ihnen ein paar Vormerkdelikte vor und bitte Sie, zu beurteilen, wie gefähr­lich in Relation zu unseren derzeitigen Vormerkdelikten Handy am Steuer ist. Ein Vor­merkdelikt ist, wenn jemand mit einem Alkoholgehalt zwischen 0,5 und 0,8 Promille mit einem Pkw fährt – Vormerkdelikt! – oder zwischen 0,1 und 0,5 Promille mit einem Lkw; wenn jemand einen Fußgänger am Schutzweg behindert – Vormerkdelikt –; Nichtbeach­tung des Zeichens „Halt“; Nichtbeachtung des Rotlichtes; Befahren des Pannenstrei­fens und Behinderung eines Einsatzfahrzeuges – Vormerkdelikt – und Lenken eines Kfz in einem schlechten technischen Zustand oder mit falscher Beladung.

Für diese Dinge gibt es eine Vormerkung, und jetzt sagen Sie, dass wir das für Handy am Steuer nicht brauchen. Ich überlasse es Ihnen, zu beurteilen, ob das ausgewogen ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.41


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Räd­ler. – Bitte.

 


16.41.58

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Herr Bun­desminister, Sie haben es angesprochen: 31 Prozent aller Unfälle passieren aufgrund von Unachtsamkeit, von Ablenkungsmanövern, die man sich selbst eingebrockt hat, aber das ist, glaube ich, noch immer nicht die Herausforderung zur Maschinenstürmerei.

Es gibt keinen Unfall, den wir brauchen können, und jeder Tote ist einer zu viel. (Zwi­schenruf der Abg. Moser.) Und jede Maßnahme, die ergriffen werden kann, Frau Kol­legin Moser, um Unfälle und Tote zu verhindern, sollte ergriffen werden. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Moser.)

Ich bin da nicht der Meinung des Herrn Kollegen Willi, es so leichtfertig hinzustellen und zu sagen, man schützt die Kleinen und der Große darf tun, was er will. So ist es nicht! Das ist zu allgemein.

Ich bringe Ihnen ein Beispiel. Man schützt die Kleinen mit reflektierenden Aufklebern auf den Schultaschen. Oder: Wir in unserer Gemeinde haben zum Beispiel vor der Volks­schule eine Ampel installiert, auf Wunsch der Eltern. Und was passiert? – Aufgrund des Gewöhnungseffektes – die Ampel zeigt in der Früh und zu Mittag rot, wenn die Volks­schüler aus haben, den ganzen Vormittag über und am Nachmittag zeigt sie grün – pas­siert es aber immer wieder, dass jemand aus Unachtsamkeit bei Rot drüberfährt und Kleinkinder gefährdet.

Was tut man als Bürgermeister? – Man versucht, Abhilfe zu schaffen. Und die Abhilfe schaut so aus, dass man – es ist nicht so, dass man jedem Kind, so wie es jetzt für Mopedfahrer angesprochen wurde, was ich auch diskussionswürdig finde, eine Schutz­weste gibt – dort Menschen hinstellt, nämlich Bedienstete der Gemeinde – nicht Schü­lerlotsen, sondern Gemeindebedienstete mit Schutzwesten –, die die Kinder zu diesen Zeiten über die Straße bringen. Man kann also schon etwas machen, auch zum Schutz der Kleinen. Ich bitte, das also nicht so hinzustellen, als dürfe der Große alles tun und der Kleine brauche nicht geschützt zu werden. Das wollte ich in diesem Zusammen­hang sagen.

All das andere, was in dieser 32. KFG-Novelle mitbehandelt wird, ist natürlich begrü­ßenswert. Tachoveränderungen kennt jeder seit seiner Jugendzeit. Früher waren Än­derungen bei jedem Autohändler an der Ecke gang und gäbe, und ich glaube, jeder ist dafür, dass das endlich abgestellt wird.

Noch ein Wort zu Licht am Tag für einspurige Fahrzeuge: Ich begrüße das.

Über den Vorschlag des Kollegen Steinbichler, den ich auch begrüße, der aber heute abgelehnt werden wird, könnten wir auch nachdenken, denn man kann nie genug


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 135

Schutzmaßnahmen ergreifen. Und wer solche Tragödien miterlebt hat – auf dem Land kriegt man das ja hautnah mit –, der weiß, dass auch hier eine Nachdenkphase einzu­leiten ist. (Abg. Moser: Das kann jeder, eine Warnweste anziehen!) – Es kann jeder ei­ne Warnweste tragen, und ich bin auch dafür, da haben Sie schon recht, dass man das nicht unbedingt gesetzlich vorschreiben muss, aber man muss eine Nachdenkphase ein­leiten und fragen: Was kann man da tun?

Man kann es freiwillig machen, okay, auch, was das Telefonieren mit einem Handy be­trifft, man kann eine Freisprecheinrichtung verwenden, da ist auch Eigenverantwortung gefragt. Sie haben recht, es kann jeder beim Mopedfahren eine Warnweste tragen. Aber jede Maßnahme, die wir ergreifen, dient der Verkehrssicherheit, und wir befinden uns da auf einem großen Feld. Es ist dies die 32. Novelle, und das zeigt schon, dass uns sicher noch einige Novellen bevorstehen – Herr Kollege Hagen hat schon einige im Hin­terkopf, oder? (Beifall bei der ÖVP.)

16.45


Präsidentin Doris Bures: Ein zweites Mal zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordne­ter Hagen. – Bitte.

 


16.46.02

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Herr Kollege Rädler, ich habe sehr viel im Hinterkopf. Ich passe auch genau auf, was hier gesprochen wird.

Frau Kollegin Pfurtscheller, Sie haben vorhin etwas angesprochen, was genau dafür spricht, dass man für Mopedfahrer diese Schutzwesten vorschreiben sollte. Sie haben gesagt, dass pubertierende Jugendliche diese Schutzwesten beim Mopedfahren nicht an­ziehen wollen, was jedoch dazu dienen würde, dass sie besser gesehen werden.

Genau das ist das Problem: Wenn man es ihnen nicht vorschreibt, dann machen sie es nicht. Das passt genau zu Ihrem Problem. Dazu sage ich Ihnen: In Frankreich ist für Mo­torradfahrer eine sogenannte Signalweste vorgeschrieben.

Das ist aber nicht das Einzige, wenn es um Sicherheit geht, wenn man sich anhört, was Verkehrsexperten, ÖAMTC et cetera sagen. Der ORF macht eine Werbekampag­ne, dass Fußgänger in der Nacht gut sichtbar, mit reflektierenden Teilen ausgestattet sein sollen, dass sie Schutzwesten beziehungsweise reflektierende Westen tragen sollen, da­mit sie besser gesehen werden. Daher wäre das doch genau der richtige Schritt. Und wie ich vorhin schon gesagt habe: Gerade den pubertierenden Jugendlichen, die diese Westen sonst nicht tragen wollen, weil sie eitel sind – ich weiß, wie das ist, ich habe selbst Kinder, die mittlerweile aus dem pubertären Alter herausgewachsen sind; das ist nicht chic –, muss man es vorschreiben, um diese Jugendlichen, um diese Kinder zu schützen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

16.47


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ertlschweiger. – Bitte.

 


16.47.41

Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Werter Herr Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute schon sehr viel gesagt wor­den, ich muss aber trotzdem noch auf das Statement des Kollegen Willi eingehen.

Herr Kollege Willi, ich habe es Ihnen im Ausschuss schon gesagt. Sie sagen, die Sup­pe ist zu dünn. Ich meine, das kann ja nicht Ihre Argumentation sein. Sie wissen ganz genau, dass Wege durchs Gehen entstehen, und das wird sicher nicht die letzte Novel­le des Kraftfahrgesetzes sein.

Schauen Sie sich die rasante technologische Entwicklung an! Wir werden das Kraft­fahrgesetz noch oft novellieren müssen, weil das ganz einfach die Verantwortung einer


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 136

seriösen Politik ist. Aber jetzt nicht mitzustimmen und sich doppelmoralistisch hierher zu stellen und zu sagen: Das ist kein Vormerkdelikt, da stimmen wir nicht mit!, das ist scheinheilig. Das erinnert mich frappant an das gestrige Verhalten der FPÖ beim Asyl­gesetz (Zwischenrufe bei der FPÖ) – das gehört auch gesagt! –, bei dem alle Punkte er­füllt sind, Sie dann aber auch nicht mitgestimmt haben. Das muss man den Menschen auch sagen, meine Damen und Herren! Das ist doppelbödig, das ist nicht die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich würde Sie ersuchen, sich in Ihrer Aus­drucksweise zu mäßigen. – Bitte. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

 


Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (fortsetzend): Frau Präsidentin! Niemand wird leugnen, dass Telefonieren am Steuer ohne Freisprecheinrichtung gefährlich ist, dass SMS-Schreiben gefährlich ist, dass E-Mail-Schreiben gefährlich ist, dass das Le­sen, das Surfen im Internet gefährlich sind.

Wir haben es heute schon gehört: Ein Drittel der im Straßenverkehr getöteten Perso­nen ist durch Ablenkung am Steuer ums Leben gekommen. Und darauf nicht zu reagie­ren, das wäre meiner Meinung nach fahrlässig.

Aber ich glaube, es würde einigen Oppositionsparteien gut anstehen, dann, wenn die Regierung hier konstruktive Vorschläge, zeitgemäße und sinnvolle Maßnahmen auf den Tisch legt, über ihren Schatten zu springen und zuzustimmen, wie es die FPÖ und auch das Team Stronach hier getan haben. Immer nur laut zu schreien und dagegen zu sein ist zu wenig. Das, was wir brauchen, sind Lösungen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.49


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


16.50.03

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit)|: Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Mein Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit von Mopeds beziehungs­weise einspuriger Fahrzeuge: Einspurige Fahrzeuge verfügen in deren Grundausstat­tung des Öfteren lediglich über unzureichende Rückstrahler. Der Sicherheit jugendli­cher Verkehrsteilnehmer wie auch der Sicherheit von Nutzern einspuriger Verkehrsmit­tel generell ist besonderes Augenmerk zu schenken. Vielfach sind Autofahrer auch Nut­zer von zweirädrig betriebenen Verkehrsmitteln und legen als solche oft ein völlig ge­ändertes Verkehrsverhalten an den Tag.

Dem Grunde nach sind alle technischen Möglichkeiten zur Hebung der Verkehrssi­cherheit sowohl durch den Hersteller als auch durch den Nutzer einspuriger Verkehrs­mittel selbst gesetzlich auszuschöpfen, wobei Verbesserungen zur Erhöhung der Wahr­nehmbarkeit und damit der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer als unerlässlich zu be­zeichnen sind. Die Technik ist dazu in der Lage, vielfach mangelt es jedoch an der Um­setzung durch den Verkehrsteilnehmer, sodass wieder der Gesetzgeber gefordert ist.

Insbesondere bei ungünstiger Witterung sind Rückstrahler wie auch Signalwesten mit Reflektoren aus meiner Sicht unerlässlich. Gut wahrnehmbare Rückstrahler sowie die Nutzung reflektierender Signalwesten verursachen einen geringen finanziellen Aufwand. Demgegenüber stehen ungleich hohe Kosten einer Rehab nach einem Unfall, sodass dem Antrag aus meiner Sicht zuzustimmen ist. – Danke. (Beifall des Abg. Hagen.)

16.51

16.51.47

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehmen werde.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 137

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1054 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Somit ist dieser Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Ver­kehrsausschusses, seinen Bericht 1063 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme stimmt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Ver­kehrsausschusses, seinen Bericht 1064 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme stimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

Damit kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Ver­kehrsausschusses, seinen Bericht 1065 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich dafür ausspricht, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit an­genommen.

16.53.4316. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1055 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 und das ASFINAG-Ge­setz geändert werden (1066 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Willi. – Bitte. (Abg. Willi begibt sich mit Tafeln in Richtung Rednerpult. – Abg. Krainer: Gebt ihm noch etwas mit, der hat noch zu we­nig! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


16.54.30

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Wie hat der UN-Generalsekretär heute gesagt? – Gemütlichkeit ist etwas, was Österreich auszeichnet! (Bundesminister Klug: Lassen Sie sich nicht verunsichern, die Zahlen sind falsch!) – Das stimmt nicht!

Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Auf der Tagesordnung steht eine Bundesstraßen-Mautgesetz-Novelle. Ich möchte das Umfeld beschreiben, in dem diese Novelle erfolgt.

Erstens: Am 22. April, also vor sechs Tagen, hat unser Umweltminister in New York den Klimavertrag von Paris unterschrieben, feierlich, mit der Botschaft: Wir wollen Schad­stoffe reduzieren, CO2-Emissionen reduzieren. Wir wollen unseren Beitrag gegen den Kli­mawandel leisten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 138

Zweitens: Heute hat Klubobmann Schieder in seiner Rede zu UN-Generalsekretär Ban Ki-moon gesagt, dass es nicht reicht, nur Bekenntnisse zum Klimaschutz abzugeben, son­dern dass man auch Taten folgen lassen muss. – Er hat vollkommen recht.

Drittens: Österreich hat ein riesiges Problem. Wir haben einen extrem hohen Anteil an Dieselautos, an Dieselverbrauch, sind da EU-weit an der Spitze. Wir haben ein Ver­tragsverletzungsverfahren laufen, weil wir die NOx-Emissionsgrenzen nicht einhalten.

In der gesamten EU ist nur Luxemburg vom Minderungsziel, was die klimaschädlichen Gase betrifft, weiter entfernt als Österreich. Also wir sind Klimasünder Nummer zwei in der EU.

Viertens hat unser Umweltminister so wie wir Grüne gesagt: Das Dieselprivileg ist nicht zu halten. – Die VerkehrsreferentInnen der Bundesländer haben den Umweltminister und den Verkehrsminister ersucht, alles zu tun, um das Dieselprivileg wegzubringen. Sie tagen übrigens morgen in Niederösterreich, wo Kollege Rädler, der jetzt nicht im Saal ist, zu Hause ist.

Jetzt gibt es einen Brief jüngsten Datums des Finanzministeriums an genau diese Ver­kehrsreferenten, in dem steht – ich zitiere; das schreibt der Finanzminister als Antwort auf den Wunsch, das Dieselprivileg abzuschaffen –:

„Unbestritten führt die in Relation zu den Nachbarländern in der EU niedrige Besteue­rung und damit der niedrige Dieselpreis dazu, dass viele internationale Frächter ihre Fahrzeuge in Luxemburg und in Österreich betanken. Daraus folgt gleichzeitig ein hö­heres Mineralölsteueraufkommen, das sich positiv auf das gesamte Steueraufkommen in Österreich auswirkt.“

Und weiters: „Eine Angleichung des Dieselsteuersatzes an jenen für Benzin würde den Transitverkehr nicht im Mindesten einschränken, würde jedoch zu einer wesentlichen Aufkommensreduzierung bei der Mineralölsteuer führen.“

Das heißt, der Finanzminister gibt zu, dass wir viel Tanktourismus haben. Übrigens: Das ist die Grafik, die das darstellt (der Redner zeigt eine Grafik), von einem Universi­tätsprofessor der Technischen Universität Wien. Er hat aufgezeigt, wie sich der Tank­tourismus bei Diesel auswirkt. Der Finanzminister gibt also zu: Wir haben Tanktouris­mus, aber er bringt uns Geld.

Es gab einen berühmten Verräter, der für 30 Silberlinge verraten hat. Unser Finanzmi­nister macht das eben für 400 Millionen €. Er verabschiedet sich von allen Klimazielen, die Österreich unterschrieben hat, und sagt: Lieber ist mir das Geld, als dass wir den Klimavertrag einhalten. – In solch einem Umfeld erfolgt jetzt diese Novelle, meine Da­men und Herren! (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) – Kollege Ottenschläger, Sie wer­den das dann entkräften.

Jetzt komme ich zum Inhalt dieser Novelle und darf dem Minister, damit er mitschauen kann, diese drei Abbildungen geben. (Der Redner übergibt Bundesminister Klug besagte Abbildungen.)

Das Bundesstraßen-Mautgesetz regelt neu, wie Lkw-Mauten einzuführen, einzuheben sind. Wir haben in Österreich eine Kilometerleistung von Lkws, die so ausschaut (der Redner zeigt eine Tafel): Da sieht man den Anteil an Euro-0- bis Euro-III-Lkws, Euro-IV-, Euro-V-, Euro-VI-Lkws. Die Zahlen sind von 2014; jüngere Zahlen gibt es nicht. Der Euro-VI-Anteil ist inzwischen ein bisschen höher, aber die Fahrleistung ist im Wesentli­chen so, wie auf diesem Bild abgebildet.

Wir haben heute eine Spreizung der Mauttarife (der Redner zeigt eine weitere Tafel), die so ausschaut, dass ein älterer Lkw mehr bezahlt als ein neuerer, ein Euro VI. Das sieht man hier gut dargestellt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 139

Das heißt, die 1,3 Milliarden €, die die ASFINAG in Form von Lkw-Mauten einnimmt, teilen sich so auf, dass die älteren Stinker mehr bezahlen als die neueren Euro VI, und in Summe kommen da 1,3 Milliarden € an Infrastrukturbenützungsgebühren herein.

Jetzt setzen die Bundesregierung und dann in der Folge das Parlament eine neue Be­stimmung in der EU-Wegekostenrichtlinie um, für die Österreich fest gekämpft hat. Das ist gut, und es ist auch richtig, dass wir das umsetzen, denn es ist jetzt möglich, die externen Kosten, also Kosten für Luftverschmutzung und Lärmbelastung, einzupreisen und dafür eine höhere Maut zu verlangen. Das sieht man auf dieser Abbildung. (Der Redner zeigt eine Tafel.) Nur bei den externen Kosten geht es um rund 50 Millionen €. Diese werden jetzt weiterhin klarerweise gespreizt: Der ältere Lkw zahlt mehr externe Kosten als der neue – logisch.

Aber in einem zweiten Schritt beinhaltet die Vorlage eine Gesetzesänderung, die sich desaströs auswirkt. Die Botschaft ist nämlich: Jeder Lkw zahlt gleich viel an Infrastruk­turbenützungsgebühren, wurscht, ob er alt oder neu ist. Das heißt, die bisherige Sprei­zung, die wir auf die Infrastrukturgebühren von in Summe 1,3 Milliarden € angewendet haben, wird auf den großen Kuchen der Mauteinnahmen nicht mehr angewendet. Und das führt in der Folge dazu, dass die älteren Lkws, die älteren Stinker, bei der Maut re­lativ bessergestellt werden als die Euro VI.

Das führt in Tirol – und da rede ich jetzt als Tiroler – auf der Strecke Kufstein–Brenner sogar dazu, dass die Euro-VI-Lkws – da gibt es nämlich diesen Querfinanzierungszu­schlag statt der externen Kosten – eine Verteuerung hinnehmen müssen, während es für die älteren Lkws billiger wird. Das ist also völlig absurd, und das noch im Lichte ei­ner wahrscheinlich drohenden Klage der EU, weil wir in Österreich dieses sektorale Fahr­verbot auf der Inntal und Brenner Autobahn einführen wollen. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Das heißt, in Summe beschließen Sie, wenn Sie das heute machen, ein Gesetz, bei dem die Botschaft lautet: Klimavertrag hin oder her; bei den Lkw-Mauten stellen wir die älteren Stinker besser als die neueren! (Bundesminister Klug: Das ist ja falsch!) – Herr Minister, widerlegen Sie es mir mit Zahlen, Daten und Fakten! (Bundesminister Klug: Mach’ ich!)

Das ist genau das, was in der Stellungnahme des Landes Vorarlberg drinnen steht (Bun­desminister Klug: Ist auch falsch!), was in der Stellungnahme des Landes Tirol drinnen steht (Bundesminister Klug: Auch falsch!), und was Sie mit Ihren Leuten nicht widerle­gen konnten. Ihre Leute haben sich im Übrigen eine ganze Stunde Zeit genommen und haben gesagt: Das Ganze ist eben einfacher. (Abg. Jarolim: Ein was?) – Es ist einfa­cher, wenn man das so macht. Das war das Argument. Das Zweite war: Die Reise geht ohnehin in Richtung Euro VI. Nur: Wenn man will, dass die Reise stärker in Richtung Euro VI, also neueste Lkw-Gruppe, geht, dann muss man die richtigen Signale senden. Und genau das tun Sie nicht. Und dass Sie da alle mitspielen, das verstehe ich nicht.

Es gibt aber eine kleine Chance; im Gesetz gibt es noch eine Kannbestimmung. Wenn man die voll ausnützt – nur ist es so nicht ausgemacht, der frühere Verkehrsminister und die Wirtschaftskammer haben das nämlich anders verkündet –, könnte man an sich die jetzige Regelung beibehalten. Vom Inhalt des Gesetzes ist es an der Grenze, aber es wä­re prinzipiell möglich.

Mein Wunsch, Herr Minister, ist, dass Sie bei den Mauttarifverordnungen der nächsten Jahre bei der Spreizung der Infrastrukturbenützungsgebühren bleiben. Wenn Sie es näm­lich nicht tun, sind wir mit unseren ganzen Klimaverträgen, die wir unterschrieben ha­ben oder zu denen wir gesagt haben, da machen wir etwas, so etwas von unglaubwür­dig, dass es nicht mehr auszuhalten ist. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

17.04



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 140

Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


17.04.13

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Lieber Kollege Willi, wir haben uns, glaube ich, bei allen Diskus­sionen, bei denen wir gemeinsam aufgetreten sind, immer für Kostenwahrheit und Kos­tentransparenz eingesetzt. Genau diese Novellierung des Bundesstraßen-Mautgeset­zes ermöglicht es erstmalig, in diese Richtung zu gehen.

Das Herzstück ist die Einhebung eines Mautaufschlages bei verkehrsbedingter Luftver­schmutzung und Lärmbelastung durch Straßengüterverkehr auf dem österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßennetz.

Zusätzlich werden mit dieser Novellierung heute hier auch technische Änderungen im Bundesstraßen-Mautgesetz und im ASFINAG-Gesetz vorgenommen. Es geht dabei um den Straftatbestand bei der Benützung von Sondermautstrecken ohne ordnungsge­mäße Entrichtung des Entgeltes – da kommt es zu einem Verwaltungsstrafverfahren – oder auch um die Anpassung des Berechnungszeitraumes für die jährliche Valorisie­rung des Tarifes der Lkw-Maut an jenen der jährlichen Valorisierung der Vignette.

Es ist heute also ein historischer Schritt, dass externe Kosten, zum Beispiel für die Luft­verschmutzung oder die Lärmbelastung, miteingerechnet und berücksichtigt werden.

Diese Novelle wird insgesamt einen wesentlichen Beitrag zur Kostenwahrheit und Kos­tentransparenz des Verkehrs leisten. Dies war ja, glaube ich, lange Zeit auch die For­derung der Grünen oder ist es noch immer. Die Mehreinnahmen müssen an den Bund abgeführt werden und werden für die nachhaltige Gestaltung von Verkehrsräumen ver­wendet.

Ich darf auf zwei konkrete Punkte in der Diskussion eingehen. Der eine betrifft die emissionsklassenabhängige Bemautung. Diese entfällt nicht, sondern erfolgt künftig im Wege der Anlastung der externen Kosten. Die maximale Spreizung wird ab dem Jahr 2017 am Basisnetz – das sind rund 90 Prozent des Streckennetzes – neu festge­legt. Schadstoffarme Fahrzeuge werden jedenfalls auch weiterhin tariflich erheblich be­günstigt.

Der Euro-VI-Lkw wird darüber hinaus bis 2021 einen zusätzlichen Tarifbonus in der Hö­he von insgesamt 20 Millionen € auf die Infrastrukturgebühren erhalten. Damit kommt der Euro-VI-Lkw auch am Brenner-Korridor der A 12 und A 13, wo eine zusätzliche An­lastung von externen Kosten aufgrund der bereits zusätzlich eingehobenen Querfinan­zierungszuschläge gemäß Wegkostenrichtlinie nicht erlaubt ist, in den Genuss eines ge­ringeren Tarifes als die weniger umweltfreundlichen Fahrzeuge.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, mit dieser heutigen Beschlussfassung wird ein wesentliches Ziel der österreichischen Verkehrspolitik umgesetzt, bei der es darum geht, wirtschaftlich verträglich und kostentransparent Maßnahmen zu setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.08


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


17.08.07

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Für uns stellte sich bei der Novel­lierung des Mautgesetzes die Frage: Ist das Glas halb voll oder ist es halb leer?

Wir haben, indem wir nachhaltige Politik auch in der Verkehrspolitik machen wollen, im­mer die Forderung aufgestellt, dass wir diese externen Effekte, also die Faktoren Lärm


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 141

und Umweltverschmutzung, tatsächlich so bepreisen wollen, dass auch Spediteure spü­ren, wenn sie Österreich in irgendeiner Form zusätzlich belasten. Gleichzeitig ist es auch so gewesen, dass wir gewusst haben, dass eine Novellierung notwendig ist. Der Punkt war, dass all das, was es jetzt hier an Mehreinnahmen – der Kollege hat das schon als Aufschläge bezeichnet – gibt, zweckgebunden für nachhaltige Projekte im Verkehrsres­sort zur Verfügung stehen soll. Auch das war ein Argument dafür, dass das Glas halb voll ist.

Was dagegen spricht und was ich im Ausschuss auch deutlich zur Sprache gebracht habe, war die Frage der Transparenz. Wenn es eine Zweckbindung gibt und das Gan­ze den Titel nachhaltige Projekte trägt, man aber nicht weiß, was es genau ist, dann besteht immer der Anfangsverdacht, dass da vielleicht wiederum irgendetwas nicht ganz so Nachhaltiges finanziert wird.

Ich glaube, meine Nachredner werden noch deutlich auf den Unterschied bei der Ta­rifspreizung eingehen, ob das jetzt die Euro-0- bis -III-Klasse oder die Euro-V- oder Eu­ro-VI-Klasse bei den Lkws ist; umgangssprachlich kann man sagen: die alten Stinker und die neuen, modernen Fahrzeuge, die die Umwelt deutlich weniger belasten. Ich hal­te das für nachrangig.

Was aber für mich eine Schwierigkeit in der Debatte ist, sind zwei Dinge, nämlich dass Sie das Klimaabkommen mit dem jetzigen Gesetz in der Form so stark verbinden, denn es gibt schon zwei Themen. Das eine ist, dass wir derzeit auf die Ziele aus Brüssel warten; im Juni werden wir den Anteil, den Österreich zu den europäischen Klimazielen beitragen soll, erfahren. Es ist dann der Fahrplan des Parlaments, dass man zwischen Juni und, ich würde einmal sagen, September tatsächlich die österreichischen Maß­nahmen bespricht. Genau dort werden dann auch Dinge wie das Dieselprivileg oder das von Ihnen jetzt angesprochene Thema rund um die flächendeckende Maut und vie­les mehr besprochen werden.

Was mich an den Vorschlägen der Grünen aber maßgeblich irritiert, ist nicht die Treffsi­cherheit des einen, was sie vorschlagen, nämlich dass man zum Beispiel Privilegien ab­schafft, auch umweltschädigende Förderungen abschafft – das macht alles Sinn, es fehlt mir allerdings immer das Gegengewicht. Sie gehen her und sagen: Wir belasten da mehr, wir schaffen dieses Privileg ab! Im Gegenzug geben Sie aber nichts zurück. (Abg. Willi: Die ökosoziale Steuerreform!) – Die ökosoziale Steuerreform ist ein tolles Stich­wort, steht in jedem Parteiprogramm drin und ward im Parlament noch nie gesehen. Das ist jetzt nicht die Schuld der Grünen, da würde ich jetzt schon zu den Regierungspar­teien schauen. Fakt ist aber, wenn ich Lkw-Maut höre, dann erwarte ich im Gegenzug, dass gesagt wird, wo es die Entlastung für alle Österreicher und Österreicherinnen gibt.

Wenn ich jetzt tatsächlich auch höre, es sollen bestimmte Dinge wie das Dieselprivileg fallen, dann muss ich fragen: Ja, wer spart dann am Ende des Tages? Es kann nicht sein, dass sich die Abgabenlast durch diese Vorschläge weiter erhöht. Und genau des­wegen werden wir solchen Vorschlägen, wenn es keine Gegenfinanzierungs- oder Ge­gensparmaßnahmen gibt, auch in Zukunft nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.11


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ottenschläger. – Bitte.

 


17.11.40

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde jetzt sehr viel dazu gesagt, und ich kann vieles davon unterstreichen, vor allem auch den letzten Satz meines Vorredners Kolle­gen Pock.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 142

Vielleicht nur zur Aufklärung für Sie hier im Saal und für unsere Zuseherinnen und Zu­seher: Wovon reden wir hier eigentlich? Kollege Willi stellt es so dar, als würden wir jetzt darangehen, wie er es gerne bezeichnet, die alten Stinker irgendwie zu fördern.

Man muss schon eines dazu sagen – du hast das ja richtig dargestellt, und ich kann das auch veranschaulichen (der Redner zeigt eine Tafel) –: Die Fahrleistungen der Klassen Euro V bis VI, das sind die modernen Lkws, die schon wirklich wenig Schadstoffaus­stoß haben, die lärmarm sind, machten 2015 zirka 85 Prozent der Fahrleistungen im hochrangigen Straßennetz in Österreich aus, Euro V bis Euro VI zusammengefasst, wo­bei (Zwischenruf bei den Grünen) – lassen Sie mich kurz ausreden; er hat es ja selbst gesagt, ich kann es nur unterstreichen – der Anteil der Euro-VI-Klasse, also sozusagen der besten Klasse, stetig im Steigen ist. Warum ist das so? – Weil es auch betriebs­wirtschaftlich … (Zwischenruf des Abg. Walser.) – Wir könnten jetzt viele Kurven her­zeigen. Ich sage es Ihnen ja, Herr Professor, Sie können es sich dazudenken.

Also der Anteil der Euro-VI-Klasse steigt jährlich, der grüne Balken – in diesem Fall – steigt. Seien Sie froh! (Abg. Willi verweist noch einmal auf seine Tafel.)

Warum ist das so? – Das ist unter anderem deswegen so, weil das natürlich auch be­triebswirtschaftlich für die Unternehmen sinnvoll ist – aber sie können es nur dann tun, wenn sie es sich auch leisten können. Die 15 Prozent, die, wie sie von euch bezeichnet werden, alten Lkws der Klassen Euro 0 bis Euro IV, das sind vor allem Fahrzeuge von Betrieben, von kleinen regionalen Betrieben. Das sind keine Transporteure mehr, son­dern das sind hauptsächlich Betriebe, die aus der Bauwirtschaft sind, die eben von den Fahrleistungen her nur noch 15 Prozent Anteil haben; die wollen wir in diesem Zusam­menhang nicht dramatisch weiter überstrapazieren. Deswegen – das muss man dazu­sagen, auch den Tiroler Unternehmern –: Das, was Sie wollen, ist, diese regionalen Be­triebe stärker belasten. Und das wollen wir eben nicht.

Und das Zweite, lieber Kollege, ist – ich möchte es nur dazusagen –: Es ist ja so, dass ab dem Jahr 2017, es wurde auch schon dargestellt, eben die externen Kosten, wie Luft- und Lärmverschmutzung, tatsächlich hinzugerechnet werden. Dann muss man hier aber ehrlicherweise auch dazusagen, dass die Dynamik wieder dahin geht, dass die Tarife dann auch wieder höher werden. Also wir bleiben ja nicht stehen, sondern auch das entwickelt sich weiter. Ich gehe davon aus, und wir werden das in zwei oder drei Jah­ren sicherlich gut an der Entwicklung der Kurven sehen können, dass die Fahrleistun­gen der Euro-VI-Lkws massiv weiter in die Höhe gehen und die der alten Lkws viel, viel geringer sein werden, allein aufgrund der Tatsache, dass die Tarife dann auch wieder in diese Richtung gehen.

Abgesehen davon muss man auch immer Folgendes dazusagen: Wir dürfen nur die In­frastrukturkosten hineinrechnen, die darstellbar sind, wir können sie nicht künstlich hoch­rechnen – und das ist geschehen. Man hat es ohnehin sehr ausgereizt; auf das, was EU-rechtlich möglich ist, hat man es hingerechnet, und das muss man in diesem Zusam­menhang auch einfach sagen.

Zusammenfassend, meine Damen und Herren: Ich glaube, der Weg ist richtig. Er ist verträglich für die Wirtschaft auf der einen Seite, zeigt auf der anderen Seite aber auch im ökologischen Sinn in die richtige Richtung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.16


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


17.16.02

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Das ASFINAG-Gesetz, ein heikles Thema: Gesetzesänderungen ha-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 143

ben meist Steuererhöhungen zur Folge, im Falle des ASFINAG-Gesetzes eine drasti­sche Erhöhung auch für den Schwerverkehr. Der Finanzierungsaufwand wird zu hun­dert Prozent auf den Steuerzahler als Endverbraucher umgelegt. Eindringlich ist davor zu warnen, auf Verkehrswegen in Form von Bundes- und Landesstraßen den Schwer­verkehr flächendeckend zu bemauten.

Die ÖBB sind nicht in der Lage, ein entsprechendes Transportaufkommen zeitgerecht und zu günstigen Konditionen zu bewältigen; ich verweise auf Just-in-Time.

Die ASFINAG als gewinnorientiertes Unternehmen ist auf den Schwerverkehr angewie­sen, das heißt, zunehmende Nutzung ergibt Umsatzsteigerung. Werden nun hohe Er­richtungskosten in unterschiedlichen geografischen Lagen angesprochen, so ist von ei­ner Doppelbemautung, auf manchen Streckenführungen sogar von einer Mehrfachbe­mautung auszugehen, weshalb Tariferhöhungen mit Augenmaß vorzunehmen sind.

Die Formel als auch die zeitliche Berechnung der kilometerbezogenen Maut können in der derzeit vorliegenden Form zumindest von mir nicht nachvollzogen werden. (Ruf: Ah geh!)

Weiters ist nicht nachvollziehbar, dass nunmehr eine dreifache Berechnungsvariante für Infrastruktur, Luftverschmutzung und Lärmbelästigung eine maßvolle Gebührener­höhung darstellen soll. Besonders infrage zu stellen sind die Gebührenansätze ver­kehrsbedingter Lärmbelastung bezogen auf die Anzahl der Achsen, da die Geräusch­bildung eines Schwerfahrzeugs nicht von der Anzahl der Achsen abhängig ist, zumal die gefahrene Geschwindigkeit nicht mit der des üblichen Schwerverkehrs vergleichbar ist; dementsprechend ist auch das Abrollgeräusch der Reifen geringer. Ich bitte, diesen Antrag zu überdenken. – Danke.

17.18


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


17.18.34

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ins Detail sind jetzt sehr viele meiner Kollegen vor mir schon gegangen, deswegen werde ich mich nicht mit Statistik und so weiter befassen, sondern ich möch­te einfach einmal etwas zu bedenken geben.

Meine Damen und Herren! Welche Unternehmen haben heute noch Lkws der Katego­rie 0 bis III, welche Unternehmen sind das? – Das sind meistens die heimischen Unter­nehmen, die im Nahverkehr unterwegs sind, die ein älteres Fahrzeug haben, die klei­neren Unternehmen, die sich die großen, teuren neuen Lkws nicht leisten können. Das betrifft wieder die österreichische Wirtschaft. Und was passiert, wenn wir das alles ver­teuern, wie es die Grünen wollen, dass wir auch die Landstraßen bemauten und alles Drum und Dran? – Dann wird das beim Endverbraucher wieder auf den Preis drauf­geschlagen! Darüber sollte man auch einmal nachdenken.

Warum flüchten so viele Lkw-Unternehmen ins Ausland? Die fahren dann mit den neu­en Lkws, das ist richtig, weil sie da günstiger fahren und der Lenker des Lkw halt auch weniger kostet. Also mit Ihren Maßnahmen machen Sie die österreichische Transport­wirtschaft kaputt, das muss man auch einmal bedenken. Das sind viele Arbeitsplätze, die Sie da gefährden. Vielleicht müssen wir wieder einmal darüber nachdenken. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich lehne mich gegen all diese Wünsche der Grünen auf, wo es nur um flächende­ckende Mauten und Mauterhöhungen, Strafen für Autofahrer, Strafen für Lkw-Fahrer und was weiß ich alles, geht; das ist etwas, was mir unheimlich aufstößt. Eines ganz be­sonders, das wissen Sie eh schon aus mehreren Beiträgen von mir: dieser IG-Luft-Hun-


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derter. Das ist etwas, da fängt es bei mir in der Magengrube so richtig zum Kribbeln an, das ist etwas, was mich brutal stört. Da kommt es mir fast hoch. (Beifall beim Team Stro­nach.)

Meine Damen und Herren, in Oberösterreich gibt es diesen Luft-Hunderter, diesen un­säglichen, und leider tut jetzt der freiheitliche Landesrat da auch nichts. Der grüne Lan­desrat hat ihn eingeführt, und der freiheitliche tut jetzt leider auch nichts. Herr Minister, ich habe es Ihnen schon angekündigt: Der wird ständig angezeigt. Wenn Sie zwischen Haid und Steyr fahren, egal, welches Wetter ist, ob es regnet, ob es schneit, ob es tro­cken ist, ob es nass ist, ob die Sonne scheint, egal was – immer der Luft-Hunderter, Tag und Nacht!

Meine Damen und Herren! Da muss man doppelt so viel Strafe zahlen, wenn man schnel­ler als diesen Hunderter fährt, immerhin sind die Autobahnen aber so ausgebaut, dass man mindestens 180 km/h fahren könnte. Das kostet viel Geld, und der Bund finanziert das – und die Länder schreiben dann diese Geschwindigkeitsreduktion vor.

Jetzt gehen wir nach Salzburg weiter: Dort gibt es eine Begrenzung zwischen 80 und 100 km/h – Wahnsinn! Da brauche ich keine Autobahn mehr, da fahre ich gleich durchs Dorf oder sonst irgendwo und spare mir die Gebühren.

Aber es kommt noch besser, meine Damen und Herren. Weil ich gerade den Kollegen von den Grünen aus Vorarlberg sehe: Auch dort sitzen die Grünen in der Landesre­gierung. Nach dem Ambergtunnel gibt es ein Stück, das sind zwei Kilometer. Was ha­ben wir dort? – Wieder einen Luft-Hunderter, und zwar fix, egal, was für ein Wetter ist; nur, um die Grünen zu beruhigen und um die Autofahrer abzukassieren! Das ist die Poli­tik, die wir haben, meine Damen und Herren! (Beifall beim Team Stronach sowie der Ab­geordneten Doppler und Lintl. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ja, das sind die Grünen: eine Strafpartei, eine Abkassiererpartei, und die Autofahrer be­lasten, das können sie und sonst gar nichts! Überall, wo die Grünen in den Regierun­gen sitzen, ist das so. Schauen Sie, wie es in Wien zugeht: Da können Sie überall nur mehr im Schritttempo fahren, wenn Sie mit dem Auto oder dem Motorrad unterwegs sind, aber dafür fahren andere gratis, die hier noch keinen Steuereuro in die Kassa ein­gezahlt haben; das ist aber wieder eine andere Geschichte.

Auch in Tirol gibt es durchgehend den Luft-Hunderter, egal, wo Sie fahren, egal, wann Sie fahren.

Ich sage Ihnen: Die Straßen in Österreich werden durch alle österreichischen Steuer­zahler finanziert, nicht nur durch die Tiroler oder durch die Salzburger oder wen auch immer. Alle Steuerzahler kommen dafür auf. Ich habe einen Antrag eingebracht, der demnächst wahrscheinlich wieder einmal beraten werden wird – wenn er nicht wieder vertagt wird, hoffe ich. In diesem geht es darum, dass die Kompetenz, einen Luft-Hun­derter zu verordnen – was ja nach dem Gesetz nur im Anlassfall geschehen darf, von den Ländern aber missbraucht worden ist –, wieder an den Bund zurückgeht, damit dieser Luft-Hunderter wirklich nur dann verordnet wird, wenn die gesetzlichen Bedin­gungen dafür gegeben sind – und nicht permanent, nur um die grünen Kassen zu füllen.

Meine Damen und Herren, da möchte ich noch etwas ansprechen, was mir auch auf­stößt, die Autofahrer werden ja überall gemolken: Es sind für die Benützung gewisser Autobahnstrecken und Tunnels noch zusätzlich Sondermauten zu bezahlen. Jetzt zah­le ich eh schon fürs Pickerl jede Menge, damit ich auf der Autobahn fahren darf, und dann muss ich noch zusätzlich Maut zahlen, weil ich irgendeinen Tunnel oder irgend­einen gewissen Straßenabschnitt benütze. – Meine Damen und Herren, es reicht lang­sam! Die Autofahrer werden nur belastet, das geht wirklich auf keine Kuhhaut mehr!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 145

Die Kamera ist eh schon auf die Grünen gerichtet: Da sitzen sie nämlich (in Richtung Grüne zeigend), die Sie abkassieren, liebe Autofahrer, das sind die Verräter dieses Staa­tes! (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Schmuckenschlager: Geh, bitte! Starker To­bak! – Zwischenrufe bei den Grünen.)

17.24

17.24.01*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Kollege Hagen, Sie wissen, was jetzt kommt. Dabei ist mir gar nicht zum Lachen. Für diesen Ausdruck, diesen Vorwurf „Verräter“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf, und ich bitte Sie, sich in Zukunft zu mäßigen.

*****

Herr Bundesminister Mag. Klug gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


17.24.26

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Gerald Klug: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Österreich ist Bahnland Nummer eins, sowohl im Personenverkehr als auch im Güterverkehr, und das wollen wir auch bleiben. Daher nutzen und ergreifen wir auch jede Gelegenheit, wenn wir Maßnahmen durchführen können, um im Straßenverkehr und im Besonderen im Lkw-Verkehr zu einer weiteren Kostenwahrheit im Mautsystem zu kommen. Und das ist der wahre Hintergrund, über den wir heute reden.

Wir stellen das Mautsystem im Lkw-Bereich ab 1. Jänner 2017 um, und zwar derma­ßen, dass wir erstmals diese sogenannten externen Kosten, also Schadstoffbelastun­gen, Umweltverschmutzung, Lärmbelastung, in das Mautsystem mit aufnehmen: auf der einen Seite einen Sockelbetrag und auf der anderen Seite einen zusätzlichen Auf­schlag, um diese Umweltbelastungen im Sinne der Kostenwahrheit, im Sinne der Ver­einfachung, aber auch im Sinne der Transparenz im Mautsystem neu zu berücksich­tigen. Letztlich erreichen wir dadurch eine Kostenwahrheit im Verkehr, die bisher auch im­mer von den Grünen gefordert wurde.

Ich bedanke mich in diesem Zusammenhang ganz herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen, die diesem ökologischen Schritt, die diesem verkehrspolitischen Schritt mit Wirkung 1. Jänner 2017 auch ihre politische Zustimmung geben.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte insbesondere auf die Kritik der Grü­nen, des Abgeordneten Willi inhaltlich eingehen. Ich weiß aus der Vergangenheit, dass es in der Politik natürlich eine gewisse Verlockung ist, nach „Maria Taferl“ zu fahren und gegebenenfalls das eine oder andere Plakat zur Unterstützung der politischen Ar­gumente mitzunehmen. Ich mache Sie in diesem Zusammenhang aber aufmerksam: Glauben Sie keinem Taferl, das Sie nicht selbst erstellt haben, und vergessen Sie da­bei nie, dass sich die Realitäten im Verkehr von 2014 bis April 2016 schon so maßgeb­lich verändert haben, dass Ihre Fahrt nach „Maria Taferl“ sich inhaltlich ad absurdum führt!

Herr Kollege Willi, wir sind im Moment in einer Situation, in der wir davon ausgehen, dass nach der Euro-Emissionsklassen-Prognose sich Ihr Taferl – und jetzt benutze ich es noch einmal (eine Tafel mit Balkendiagrammen in die Höhe haltend) – in dem soge­nannten Stinkerbereich … (Zwischenruf des Abg. Willi.) Beginn 2014, gefahrene Kilo­meter: 20,4 Prozent; Ende 2014: 14,7 Prozent; und Ende 2016: nur mehr 6 Prozent. Und bei diesen 6 Prozent reden Sie jetzt über eine Spreizungsthematik im Basistarif zwi­schen 24 und 29 Prozent, wo wir 35 hätten nutzen können.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 146

Also ganz genau genommen, auch wenn das kompliziert zu erläutern ist, reden Sie in einem Segment des österreichischen Lkw-Aufkommens von 6 Prozent und davon nur mehr von 5 Prozent, wo man einen anderen Tarif hätte gestalten können, bei den so­genannten Spreizungen, bei den Stinkern, die Sie angesprochen haben.

Das Zweite, das Ihre Fahrt nach „Maria Taferl“ „unterschlagen“ hat – unter Anführungs­zeichen formuliert –, ist, dass Sie bei all den Debatten nicht erwähnen, dass die um­weltschädlicheren Lkws ab 1. Jänner 2014 nicht mehr zugelassen werden, was dazu führt, dass wir schon Ende 2016 bei den umweltschonenderen Lkws ein Verkehrsauf­kommen von 45 Prozentpunkten haben werden, während die Basis, die Sie bei Ihrem Taferl genommen haben, noch bei 3,6 gelegen ist.

Herr Kollege Willi, wenn ich das zusammenfasse, habe ich schon den Eindruck, dass Sie als Verkehrssprecher der Grünen jetzt politisch ein bisschen sauer sind, weil es den beiden Regierungsparteien gemeinsam mit Teilen der Opposition gelungen ist, ein neu­es Mauttarifsystem für Lkws auf die Beine zu stellen, das einen wirklich historischen Schritt in Richtung Ökologisierung bedeutet, einen historischen Schritt im Sinne von Transparenz, Kostenwahrheit und Vereinfachung.

Da Sie offensichtlich bis jetzt für sich in Anspruch genommen haben, dass Ihre Ver­kehrspolitik die alleinig richtige ist, sind Sie jetzt wahrscheinlich politisch enttäuscht; aber so einfach geht das bei uns nicht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordne­ten von ÖVP und Team Stronach.)

17.30


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Deimek. – Bitte.

 


17.30.38

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! An und für sich wollte ich zu dieser Novelle nicht sehr viel sagen. Grundsätzlich kann man den 3-Prozent-Rahmen für die externen Kosten dis­kutieren, wichtig ist allerdings schon, dass man sagt, die ASFINAG ist nur diejenige, die kassiert, aber diese Gelder, die aus Umweltgründen einkassiert werden, an das Minis­terium und an den Bund weiterleitet.

Erlauben Sie mir aber – und das ist der Grund dafür, dass ich jetzt länger dazu spre­che –, ein paar Worte zu den Ausführungen der Grünen, des Kollegen Willi, zu sagen.

Die Grünen sind – und das kann man quer durch alle Debatten und jetzt vor allem auch im Präsidentschaftswahlkampf verfolgen – für das Klima, sind für das Gesunde. Man fühlt sich schon fast wie beim Doktor, wenn man bei den Grünen ist, aber es ist eben nur ein Scheingefühl; so wie das Sicherheitsgefühl ist es auch nur ein Gesundheitsge­fühl. In Wirklichkeit ist es leider – das muss man wirklich sagen – ganz anders.

Ich erinnere an die Dieseldiskussion, in der es darum gegangen ist, ob der Diesel rich­tig versteuert wird: Bitte, es waren die Grünen, die die ganze Zeit umhergelaufen sind und gesagt haben, wir wollen mehr Biodiesel, aber gleichzeitig müssen wir Wälder ab­holzen beziehungsweise Weizen verwenden, um den Biodiesel zu produzieren. Die Grü­nen sagen, die Gesamt-Kfz-Steuer ist noch zu niedrig, da muss noch etwas dazukom­men.

Lieber Georg, ich glaube, du als ehemaliger Landessprecher kannst eine Kostenrech­nung machen, du kannst die Grundrechnungsarten, davon gehe ich aus. Schau dir doch bitte einmal das Gesamtsystem an!

Natürlich gibt es bei uns den sogenannten Tanktourismus, weil wir bei der Mineralöl­steuer ein bisschen weniger verlangen. Aber es gibt bei uns Pkws, die ausländische Kennzeichen tragen und mit denen Österreicher fahren. Und das ist sicher nicht des-


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wegen so, weil bei uns alles so billig ist, sondern weil die im Ausland in Summe die bil­ligere Versteuerung haben. Und da ist alles dabei: die NoVA, das Anmelden, die Ver­sicherung, die Kfz-Steuer. Da kann man bitte einmal über die paar Cent von der Mine­ralölsteuer hinwegsehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Und ich höre immer: Anreiz, Anreiz! Die Grünen schaffen einen Anreiz. – Nein, liebe Freunde, ihr schafft keine Anreize. Ihr straft! Ihr straft von vorne bis hinten! Jeder wird be­straft! Die Grünen strafen als Erstes einmal die Konsumenten. Die Grünen strafen die Arbeiter, die Pendler, die, die das Auto brauchen, um in die Arbeit zu kommen, um Geld zu verdienen – nicht die, die daheim sitzen und von Dividenden leben, für die habt ihr keine Anreize. (Beifall bei der FPÖ.)

Das bestätigt sich ja auch, wenn du dir die Wahlergebnisse vom vergangenen Sonntag auf der Karte anschaust: Wo sind denn die grünen Flecken? – Dort, wo die Großver­diener sitzen! Man muss es sich leisten können, ein Grüner zu sein, und das ist das Schändliche! (Beifall bei der FPÖ.) Ihr straft die Arbeiter, und ihr belohnt die, die viel Geld haben – und das ist unerträglich!

Ein Wort der Richtigstellung noch zur Rede des Kollegen Hagen, der gesagt hat: Jetzt haben wir in Oberösterreich einen blauen Verkehrslandesrat, der da auch nichts macht! – Der blaue Verkehrslandesrat, so wie in allen anderen Ländern auch, hat dieses IG-Luft nur zu exekutieren. Aber jene, die für die genauen Details entsprechend diesem Bun­desgesetz zuständig sind, jene, die diese Messstellen einrichten, jene, die dafür ver­antwortlich sind, wie genau und was gemessen wird und wie das dann in diesen Algo­rithmus reinkommt, das sind die Umweltlandesräte! Und das ist in Oberösterreich der Anschober! Und das ist genauso unerträglich wie in Tirol und in Vorarlberg! (Beifall bei der FPÖ.)

Da muss man einmal sagen: Dieser grünen Arbeit ist Einhalt zu gebieten, und wir wer­den das auch in Oberösterreich machen. Wir werden uns die Arbeit des Herrn Anscho­ber und in Tirol der Frau Felipe genau anschauen und vielleicht, wenn es uns gelingt, aushebeln, denn das ist unerträglich, und da hören wir nicht auf! – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

17.35


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 


17.35.11

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Da­men und Herren! Ja, das wird noch ein spannender Bundespräsidentschaftswahlkampf, wenn man die beiden Extreme hier erlebt. Der Deimek behauptet, die Grünen wollen nur belasten. Die Grünen werden sagen, dem Deimek sind die Lebensgrundlagen egal, der will alles nur zerstören, dem ist alles egal, was da gemacht wird, der nimmt keine Rücksicht auf die Umwelt. – Also das wird spannend, das könnten wir ja übertragen. Schade, dass es jetzt in diesem Bundespräsidentschaftswahlkampf zwischen diesen Ex­tremen nicht die wirklich gute Mitte gibt. Das ist leider wirklich schade für Österreich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Lausch: Welche Mitte?)

Herr Bundesminister, Sie haben ja wahrlich kein einfaches Ressort übernommen. Die einen wollen Straßen bauen, wollen Autobahnen bauen, die anderen sagen, das brau­chen wir nicht, da gibt es Lärmbelästigungen, da gibt es Schadstoffe. – Auch hier muss man die goldene Mitte finden und sich fragen: Was ist notwendig, und was ist wichtig? Was brauchen vor allem die Regionen, um dort Arbeit zu haben, um dort den Wirt­schaftsstandort zu stärken?

Daher sage ich heute hier: Wenn auch viel passiert im Bereich der Schiene – Koralm­tunnel, Semmeringtunnel; sehr positiv zu erwähnen – oder auch im Straßenbau – eben-


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falls sehr wichtig –, die wichtigste Autobahn in die Regionen, Herr Bundesminister, ist die Datenautobahn, ist die schnelle Verbindung mittels Glasfaser in allen Teilen Öster­reichs, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir über Kostenwahrheit im Verkehr diskutieren, dann aber bitte offen und ehr­lich, auch über die Folgekosten, die entstehen, durch Verkehr, durch sorglosen Um­gang mit Ressourcen, mit Energie. Das hat sich ja in Wirklichkeit zu einer grassieren­den Seuche entwickelt: Was nichts kostet, ist nichts wert. Daher, glaube ich, sollten wir dem Grundübel wirklich auf den Zahn fühlen und schauen, wie wir unser Steuersystem so ändern können, dass jene Menschen, die arbeiten und etwas leisten, im Steuersys­tem auch entsprechend belohnt werden, und dass jene, die sorglos mit Ressourcen und Energie umgehen, auch entsprechend dafür zahlen müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es steht nicht im Vordergrund, zu belasten, sondern es geht einfach darum, dazu an­zuleiten, weniger Energie, weniger Ressourcen zu verbrauchen. Dieses Modell haben wir ja entwickelt, mit der ökosozialen Marktwirtschaft, mit der ökologischen Steuerreform.

Ich glaube auch, dass die flächendeckende Maut nicht der Weisheit letzter Schluss ist, denn das schadet zu sehr den Betrieben in den Regionen, das schadet der Wirtschaft in den Regionen. Die müssen wir entlasten, das sage ich hier auch ganz offen. Daher, glaube ich, müssen wir wirklich parteiübergreifend versuchen, gerade auch angesichts der Klimastrategie, einen gemeinsamen Antrag hier im Parlament einzubringen, damit wir den Wirtschaftsstandort Österreich stärken und auch unsere Lebensgrundlagen für die Zukunft entsprechend absichern können. (Beifall bei der ÖVP.)

17.38


Präsident Karlheinz Kopf: Ein zweites Mal zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeord­neter Willi. – Bitte.

 


17.38.44

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Her­ren! Gleich eines vorweg, Herr Minister: Sauer zu reagieren ist nicht eine Kategorie, die mir eigen ist. (Beifall des Abg. Loacker.) Mir geht es darum, Argumente gegeneinan­der abzuwägen und zu schauen: Was ist unterm Strich das Beste?

Meine Damen und Herren, jetzt sind so viele Vorwürfe gekommen: der Hunderter auf der Inntal Autobahn, der Achtziger rund um Salzburg; man dürfe nicht 180 auf der Au­tobahn fahren, und die Grünen würden alles mit Strafe belegen. Glauben Sie, es ist lustig, in Tirol einen Hunderter auf der Autobahn zu verordnen? (Rufe: Nein! Nein! – Abg. Schimanek: Nein, wirklich nicht!) Glauben Sie, das ist lustig? – Ich sage Ihnen: Nein, es ist nicht lustig! Und genauso ist es mit dem Achtziger in Salzburg. (Abg. Schi­manek: Da ist es noch viel schlimmer!)

Aber, meine Damen und Herren, ich hoffe, wir haben einen Konsens in diesem Haus, nämlich erstens, dass wir ein Rechtsstaat sind, und zweitens, dass der EU-Raum auch ein einheitlicher Rechtsraum ist, an dessen Vorgaben und Regeln wir uns zu halten ha­ben.

Was grüne Landesrätinnen und Landesräte tun, ist nur eines: zu versuchen, das, was – vielfach mit den Stimmen aus Österreich, zumindest aber mit Mehrheit – in der Euro­päischen Union beschlossen wurde, oder auch in diesem Haus, umzusetzen. Und wenn Sie kommen und sagen: Das geht nicht, dass ich nicht 180 fahren darf!, dann verkennen Sie, dass wir Regeln haben, die vorschreiben, dass wir etwas tun müssen, wenn die Luft so schlecht ist, dass die Leute krank werden. – Erster Punkt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zweiter Punkt: Herr Minister, Sie haben wortreich zu erklären versucht, weshalb Sie die neue Mauttarifordnung so anlegen. Richtig ist, dass wir uns in Richtung Euro VI entwi-


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ckeln. Andererseits gibt uns die Wegekostenrichtlinie zwingend die Vorgabe, die Maut­tarife bei den Infrastrukturgebühren zu spreizen. Wenn Sie im Artikel 7g nachlesen, steht das dort. Und da gibt es eine kleine Kannbestimmung, die regelt, in welchen Fällen man von dieser zwingenden Vorschrift abrücken kann, und diese wenden Sie an. Das Problem ist nur: Indem Sie sie anwenden, machen Sie etwas, was uns im Kampf für das sektorale Fahrverbot in Tirol den Hals bricht, das weiß ich jetzt schon.

Ich habe das Urteil vom 21. Dezember 2011 von vorn bis hinten gelesen. Da hat der EuGH auf kleinste Möglichkeiten, die Tirol nicht ausgenutzt hat – nämlich gelindere Mit­tel, die wir nicht ausgenutzt haben –, repliziert und gesagt: Bevor ihr ein sektorales Fahr­verbot verhängt, also bestimmte Güter nicht auf der Straße transportieren lasst, müsst ihr alle gelinderen Mittel ausnutzen! Da war zum Beispiel die Geschichte mit dem Hun­derter für die Pkws dabei. Ich sage Ihnen, das wird uns wieder um die Ohren fliegen. Die werden sagen: Ihr hättet gelindere Mittel gehabt, und ihr habt sie nicht ausgenutzt!

Sie wissen das heute schon, Herr Minister. Haben Sie das Urteil gelesen? Kennen Sie die einschlägigen Expertisen der Europarechtler? Ich sage Ihnen, wir fallen mit dieser Vorgehensweise auf die Schnauze. – Punkt eins.

Punkt zwei: Wir müssen doch jedes Mittel, das wir zur Verfügung haben, nutzen, um die Lkw-Flotte zu modernisieren. Jetzt kann man streiten, wie groß der Bereich ist, bei dem Sie verzichten, diese Regelung mit der Spreizung anzuwenden. Ich sage, er ist noch relativ groß. Sie sagen, er ist klein. Faktum ist, Sie verzichten auf ein Mittel, um Lkws zu ökologisieren. Das ist ein Faktum, und das haben Sie mit Ihren Zahlen nicht widerle­gen können.

Ein Schlusswort: Bezug nehmend auf Ihre Behauptung, Kollege Deimek – und Sie hat­ten ja plötzlich eine Energie gegen uns (Abg. Deimek: Immer!), das habe ich zum ers­ten Mal erlebt (Abg. Deimek: Immer!) –, darf ich Ihnen in Erinnerung rufen, dass in Wien, in Linz, in Innsbruck und in Bregenz bei der letzten Wahl die Grünen jeweils stim­menstärkste Partei vor der Freiheitlichen Partei waren! Linz ist eine Industriestadt, durchaus mit viel Verkehr (Abg. Deimek: … Wilhering …!), und trotzdem, trotz der Grü­nen haben die Leute gefunden: Diese Partei soll mit ihrem Kandidaten Alexander Van der Bellen unsere Stimme haben! (Abg. Gisela Wurm: … unabhängig, Georg! – Abg. Vetter: Ja, genau, unser Unabhängiger!) Also da liegen wir vorne. Und was das Land betrifft, sind wir dabei, aufzuholen. (Beifall bei den Grünen.)

17.43


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Steinbichler. – Bitte.

 


17.43.37

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Herr Kollege Willi, du hast gerade davon gesprochen, auf die Schnauze zu fallen, und ich denke, wir sind mit manchen grünen politischen Grund­sätzen schon ganz gewaltig unterwegs beziehungsweise machen es schon täglich.

Wenn du hier heraußen davon sprichst, ob es entscheidend ist, mit welchen Lkws wir un­terwegs sind, dann wäre es, glaube ich, grundsätzlich einmal wichtig, bevor die Grünen für die Belebung der Lkw-Wirtschaft eintreten – dafür, neue Modelle anzuschaffen und ältere abzustellen –, dass wir uns darüber unterhalten, welche Transporte unterwegs sind! Wäre das nicht viel gescheiter?

Ich glaube, du fährst zu wenig auf der Autobahn. Ich finde es nicht sinnvoll, dass jede Nacht – wie ich feststellen muss, wenn ich um halb zwei, zwei, drei Uhr in der Früh von Wien nach Oberösterreich fahre – polnische Lkws mit Begleitfahrzeugen unterwegs sind


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und Betonfertigteile von Polen nach Deutschland fahren. (Zwischenruf bei den Grünen.) – Jawohl, Herr Kollege, danke für den Zwischenruf. – Schauen wir einmal, wie viele Le­bendtiere sinnlos durch die Gegend gefahren werden, wie viel Fleisch sinnlos durch die Gegend gefahren wird, wie viel Gemüse sinnlos durch die Gegend gefahren wird! Schau­en wir einmal, was alles sinnlos durch die Gegend gefahren wird! (Beifall beim Team Stro­nach sowie der Abgeordneten Doppler und Lintl.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Und dann schauen wir auch noch, womit die fah­ren, mit welchem Treibstoff sie fahren. Du wirst mir jetzt sagen, ideal ist Biodiesel. Und ich sage dir, das ist das größte Verbrechen, das wir an der Umwelt begehen, weil ich durch eine Anfragebeantwortung von Umwelt- und Landwirtschaftsminister Rupprechter die Bestätigung habe, dass wir mit österreichischem Biodiesel jährlich 13 000 Hektar Re­genwald verfahren. – Du Schande! (Ruf: Palmöl! – Zwischenruf des Abg. Pirklhuber. Regenwald, jawohl, Herr Kollege! Und man sieht, meine Vorträge zeigen Wirkung, denn man weiß auch schon, was mit dem abgerodeten Regenwald erzeugt wird – Herr Kol­lege Rädler, danke –: Palmöl! (Heiterkeit des Abg. Obernosterer.)

Und dann wissen wir schön langsam, in welchem System wir uns befinden. Ich bin ja dankbar, dass darüber diskutiert wird, das ist ja sinnvoll. Ich darf noch darauf verwei­sen: Bevor wir über zusätzliche Lkw-Maut sprechen, sprechen wir über sinnlosen Ver­kehr! Und bevor wir über zusätzliche Geschwindigkeitsbeschränkungen sprechen, soll­te man sich vor Augen halten – und da muss ich Kollegen Deimek unterstützen –: Wir haben in Linz vor diesem IG-Luft-Hunderter keine Staus gehabt, und seit wir diesen IG-Luft-Hunderter haben, haben wir in Linz Staus! Jetzt müssen mir Verkehrsexperten er­klären, was für die Umwelt schlechter ist: ein zügiger, flotter Verkehr oder stundenlan­ge Staus. Ich bin zwar kein Experte, aber ich setze auf die zweite Variante, dass sinn­lose Staus mehr Umweltbelastung sind. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Doppler. – Abg. Moser: Wegen dem Hunderter … Stau?!)

Vielleicht noch ergänzend zu Kollegen Grillitsch, was die ökologische Steuerreform be­trifft – ich wiederhole meine Ausführungen von gestern zum Bundesfinanzrahmenge­setz –: Da frage ich mich, wo der Aufschrei der Grünen ist, wenn der Stromimport ge­steigert wurde, besonders aus Deutschland und aus Tschechien – das heißt, wir haben mehr Atomstrom importiert –, während das neu errichtete Biomassekraftwerk der Ener­gie AG in Timelkam, das 2005 eröffnet wurde, wo heimische Arbeitsplätze geschaffen wurden und heimische Energie erzeugt wurde, nunmehr seit Monaten stillgelegt ist.

Kolleginnen und Kollegen, Arbeit haben wir genug! – Danke. (Beifall beim Team Stro­nach.)

17.47

17.47.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1055 der Beilagen.

Wer dem zustimmen will, der gebe bitte ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

Dritte Lesung: Wer stimmt dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zu? – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenom­men.

17.47.5417. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 850/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Information über Gefah­ren bei der Handy-Benutzung (1067 d.B.)

 



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Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


17.48.17

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich habe einen konstrukti­ven Vorschlag, wie Sie erstens Kosten sparen könnten und zweitens Gesundheitsge­fahren abwenden können.

Zum Konkreten: Herr Minister, Ihr Ministerium verfügt über einen Wissenschaftlichen Beirat Funk. Dieser kostet Sie jährlich budgetär einiges. Nehmen Sie doch einen Teil dieses Geldes und dienen Sie dem zweiten Zweck, nämlich der Information der Bevöl­kerung im Sinne der Ärztekammer, im Sinne des Obersten Sanitätsrates, indem Sie nämlich darauf hinweisen, dass es unter gewissen Bedingungen durchaus nicht ratsam ist, mit dem Handy zu telefonieren, wie beispielsweise – heute haben wir schon ausgie­big darüber diskutiert – im Straßenverkehr!

Herr Minister, wir sind bereit, konstruktiv über diese Möglichkeit zu reden, budgetäre Mit­tel sinnvoll zu verwenden und gleichzeitig Vorsorge gegen Belastungen, die auch wis­senschaftlich erwiesen sind, zu treffen! Ich darf erinnern an Studien von Adlkofer, von Kun­di und von Mosgöller. Da könnten wir ansetzen! Sie alle telefonieren ja mit dem Handy, und Sie wissen genau, unter gewissen Bedingungen kann es durchaus zu Gefahren auch für Ihre Hörorgane kommen. Deshalb ist es besser, wenn nicht nur Sie darüber Be­scheid wissen, sondern auch die Bevölkerung darüber Bescheid weiß.

Und so ist unser Antrag gedacht: Es geht um eine Informationskampagne. Sie werben für Verkehrssicherheit – genauso könnten Sie für verstärkte Gesundheit werben, dem Vorsorgeprinzip entsprechen und mit dem Oberstem Sanitätsrat und der Ärztekammer an einem Strang ziehen. Damit hätten Sie auch etwas Sinnvolles in Ihrer Funktion als Telekommunikations-Sachverständiger oder Telekommunikations-Zuständiger geleistet, Herr Minister, nehmen Sie doch die Gelegenheit wahr! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

17.49


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.

 


17.50.29

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kol­legin Moser, du hast den Wissenschaftlichen Beirat Funk angesprochen, und wir wis­sen, dass allein in den letzten zehn Jahren zu allem, was das Thema elektromagneti­sche Verträglichkeit betrifft, massiv geforscht wurde. Ich habe da so ein bisschen ge­schaut und konnte feststellen, dass in den letzten Jahren jedes Jahr über 100 Studien verfasst wurden, in denen dieses Thema bearbeitet wurde.

Man muss jetzt dazusagen, im Bundesministerium für Verkehr gibt es natürlich keine ei­gene Expertise für die Thematik dieser Studien (Abg. Moser: … Gesundheitsressort!), und man hat dafür diesen Beirat geschaffen, in dem Experten und Expertinnen sitzen und diesen Bereich, diese Studien bearbeiten und jedes Jahr einen Bericht herausgeben, den sie auch veröffentlichen, in dem drinnen steht, was diese Studien zutage bringen.

Und die Kernaussage bleibt nunmehr seit Jahren die gleiche, nämlich dass bei Einhal­tung der vorgegebenen Grenzwerte bisher keine Indizien gefunden wurden, die auf ei­ne Gesundheitsgefahr hinweisen. (Abg. Moser: Aber lies doch die WHO-Studie!)

Ich finde es positiv, dass die Ärztekammer sagt, wir machen etwas – das können sie je­derzeit machen –, aber ich glaube, dass es wichtig ist, wenn wir solche Fachleute ha-


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ben, dass die jedes Jahr diese Studien, die neu kommen, evaluieren und dann auch die Möglichkeit schaffen, dass jeder Österreicher und jede Österreicherin darauf zu­greifen kann. Das wird auch gemacht, und deswegen brauchen wir keine eigene Kam­pagne. Es ist wichtig, dass diese Fachleute jedes Jahr ihre Expertise zur Verfügung stel­len! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Moser: Aber die sind höchst umstritten! Warum ist da der Kundi nicht dabei – der Einzige, der sich auskennt?)

17.52


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


17.52.14

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gesundheitliche Gefahren bei der Handybenützung: Unter dem Titel „Strahlende Informationen“ hat die Wiener Ärz­tekammer vor einiger Zeit darauf aufmerksam gemacht, dass durch das Benutzen von Handys auch die Strahlenbelastung steigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die durch die Strahlen verursachten Belas­tungen werden erst in einigen Jahren sichtbar beziehungsweise für die Menschen spür­bar sein. Wir wissen, dass es bei einem schlechten Empfang – und da kann man Stu­dien erstellen, so viel man will, Frau Dr. Moser, da gebe ich Ihnen vollkommen recht – zu einer erhöhten Strahlung kommt. Das steht außer Frage. Wir wissen auch, dass es für Menschen, die Implantate haben, wie einen Herzschrittmacher oder dergleichen, Emp­fehlungen von den Ärzten gibt – und ich glaube, Herr Kollege, die Ärzte sind da auch Experten –, in denen angeraten wird, einen Abstand zwischen Implantat und Handy von mindestens 30 Zentimeter einzuhalten. Wenn es so gesund ist, wie Sie, Herr Li­pitsch, gesagt haben, warum muss man dann, wenn man Träger eines Implantats ist, ei­nen solchen Abstand einhalten?

Ich glaube aber schon auch – da bin ich bei Frau Dr. Moser –, es wäre, was die Strah­lung der Handys betrifft, angebracht, Herr Minister, dass man da vonseiten der Bundes­regierung Vorsorgemaßnahmen trifft.

Und eines darf ich noch ganz kurz ansprechen, meine sehr geehrten Damen und Her­ren: Auch all die Handymasten sind mit ihrer Strahlung sicher nicht gesund! – Herzlichen Dank. (Beifall der Abg. Moser.)

17.54


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schmu­ckenschlager. – Bitte.

 


17.54.17

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Sehr geehrtes Hohes Haus! Unsere Fraktion wird diesem Antrag nicht zustim­men, denn die Fragestellung ist ja eine andere: Wenn wir, wissenschaftlich fundiert, im Ministerium die Expertise haben, dass diese Strahlen keine Auswirkungen haben (Abg. Moser: Das stimmt ja gar nicht!), wieso soll es dann wieder eine Kampagne, wieder zu­sätzliche Werbegelder geben, um auf irgendetwas hinzuweisen, worüber die Aussagen wissenschaftlich nicht fundiert sind? (Abg. Moser: Der Oberste Sanitätsrat ist ja nicht von vorgestern!) Ich glaube, es gibt genug Geld, das bereits irgendwo in Werbungen ver­sickert. Dieses Geld kann man ganz anders einsetzen.

Insoweit als dies im gesundheitlichen Bereich stattfindet (Abg. Lugar: Darum geht es ja gar nicht! Es geht um Verhaltensweisen!), wird bereits heute darauf hingewiesen – der Vorredner hat dies ja bestens unter Beweis gestellt. Aber was die Grundtendenz be­trifft, der Bevölkerung etwas vorzumachen und zu sagen, die Handystrahlen sind böse, so muss man schon darauf hinweisen, dass das eine Verursacher-Nutzer-Frage ist. Es


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ist nicht der Handymast, der böse ist, denn wenn wir alle die Handys benutzen, dann brauchen wir das ja letztendlich auch. Dann hat man auch die Eigenverantwortung zu tragen! Darauf muss man schon hinweisen. Ich glaube, die Frage, die da viel tiefer geht, ist die Frage der Eigenverantwortung auch in der Benützung des Handys und wie wir heute damit umgehen.

Ich will das jetzt nicht als lächerlich dargestellt wissen, aber: Wenn wir schon wissen, dass wir gewisse anatomische Veränderungen feststellen können im Zusammenhang mit dem Benützen des Handys – wenn man hier reihum schaut, sieht man das ja auch –, wenn wir wissen, was es gesellschaftlich bedeutet, allein nur im Bereich der Verwen­dung der sozialen Medien, so sieht man auch sehr stark in Wahlkämpfen, in zugespitz­ten Auseinandersetzungen, dass wir da – und auch die Grünen sind da ja Vorreiter, was die Hasspostings und die Frage des Umgangs mit diesen Themen betrifft (Abg. Moser: Entschuldige, das ist aber wirklich …! – Ruf bei der FPÖ: Die Grünen „Vorreiter, was die Hasspostings betrifft“! – Heiterkeit der Abgeordneten Neubauer und Schimanek) – in ei­ner Ein-Wort- und Ein-Satz-Kommunikation sind, die ja nur mehr Angriff und Gegenan­griff zulässt. Ich bin froh, dass wir aber in der Frage dieser Handystrahlungen Expertise im Ministerium haben, die uns hier Sicherheit gibt, und wir sollten da die Bevölkerung nicht zusätzlich verunsichern. Da ist Eigenverantwortung gefragt, und da kann man sich nicht abputzen und sagen, die Bundesregierung soll dies oder das tun.

Wichtig ist: Wir haben ein Kommunikationsmittel, das von den Österreicherinnen und Ös­terreichern sehr stark verwendet wird. Weltweit gibt es mehr Handys als Zahnbürsten – auch das ist ein Wert, der sehr erstaunlich ist –, und es ist hier ein bestmöglicher Um­gang im Rahmen der Gesetze gewährleistet. Daher gibt es auch keine zusätzlichen Not­wendigkeiten, hier weitere Schritte zu setzen. (Beifall bei der ÖVP sowie Bravoruf des Abg. Obernosterer.)

17.56


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


17.56.55

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! In aller Kürze: Ich schließe mich hier einigen meiner Vorredner an. Ich finde die Sorge, was die Strahlung von Mobiltelefonen betrifft, durchaus nachvollziehbar, und sie äußert sich auch darin, dass es, wie Kollege Lipitsch gesagt hat, zumindest 100 Studien im Jahr gibt, die sich genau mit diesem Thema beschäftigen. Ich glaube, dass das nicht so von der Hand zu weisen ist, wie es Kollege Schmuckenschlager dargestellt hat. Es gibt beispielswei­se in Italien auch bereits zumindest ein Gerichtsverfahren, in dem der Kausalzusammen­hang zwischen einem Mobiltelefon und einer Krebserkrankung tatsächlich ausschlagge­bend und ausreichend war.

Ich halte aber den Verkehrsausschuss für das komplett falsche Gremium, und ich halte demzufolge auch das BMVIT für das völlig falsche Ministerium. Und – auch das ist ein wichtiger Punkt – das Thema wurde anscheinend in den letzten, ich sage einmal, 12, 18, 24 Monaten nicht im Gesundheitsausschuss diskutiert.

Das bedeutet: Wenn Sie ein Thema haben, bei dem Sie die Sorge haben, dass es auf­grund von Strahlung gesundheitliche Auswirkungen gibt – letzter Wissensstand war, dass die Wärme der Geräte gesundheitlich bedenklich ist, die Strahlung anscheinend nicht –, dann gehört das in den Gesundheitsausschuss. Und deswegen können wir diesem An­trag in dieser Form auch nicht zustimmen, weil es einfach der falsche Empfänger für das Anliegen ist. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

17.58

17.58.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 154

Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Be­richt 1067 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, somit angenommen.

17.58.4418. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1427/A(E) der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Datenschutz und Auto (1068 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.

 


17.59.06

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! In meiner Jugend ha­ben mich einige Bücher schwer beeindruckt. Eines, das bei mir nachhaltig Wirkung zeig­te, war „Schöne neue Welt“ von Huxley. Viele von Ihnen kennen es vielleicht. Ich hätte mir nicht gedacht – es ist jetzt doch schon 30 Jahr her –, dass das einmal Realität wird oder wir dieser Realität immer näher kommen.

Was hat das mit dem Verkehrsminister zu tun? – Wir sprechen von Datensicherheit und Auto, oder, noch genauer, wir sprechen vom eCall-Auto. Wer es nicht weiß: Es handelt sich dabei – in der nächsten Stufe – um das intelligente Auto.

Und jetzt komme ich zum Punkt – Herr Steinhauser, Sie wissen es –: In Wirklichkeit sprechen wir hier über vergossene Milch. Das eCall-Auto ist bereits Realität. Ab Ap-
ril 2018 – wer es nicht weiß – ist es in ganz Europa bei jeder Neuzulassung verpflich­tend, ein Auto zu haben, das das eCall-System eingebaut hat.

Was heißt das? – Ganz kurz erklärt: Wenn Sie einen Unfall haben, zum Beispiel auf der Mariahilfer Straße, sage ich jetzt einmal, oder auf der 2er-Linie, dann wird unmittel­bar darauf der Notruf verständigt, damit Sie nicht stundenlang auf der 2er-Linie in Ih­rem Auto sitzen.

Was ist der Hintergrund? – Und das muss man sich schon anschauen! – Da komme ich zum dem, was uns von den Grünen einfach deutlich unterscheidet, und zwar: Im Zwei­felsfall ist es bei den Grünen immer so, wenn zur Entscheidung steht, entweder Europa beziehungsweise die EU oder der freie Bürger, dass dann bei den Grünen in letzter Konsequenz leider Gottes immer die Europäische Union gewinnt. Das ist das Drama bei den Grünen! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Steinhauser, Sie sehen ein ähnliches Problem wie ich bei der Datensicherheit, der Überwachung, der Nachvollziehbarkeit, nur ändert das nichts daran. Die Europäische Union hat das beschlossen, jeder Mensch in Europa, ob er will oder nicht, ist ab Ap-
ril 2018 durch das eCall-System und in allen anderen Dingen, die kommen, ein gläser­ner Mensch im Autobereich.

Es gibt auch sehr gute Informationen dazu (eine Zeitschrift in die Höhe haltend), sehr kri­tische – der ÖAMTC ist nicht unbedingt eine freiheitliche Vorfeldorganisation –, nur gilt auch da: Es ändert nichts daran!

Das ist also für mich die Tragik, nämlich dass die Bevölkerung völlig im Dunkeln gelas­sen wird, im Regen stehen gelassen wird, aber dass diese Überwachung, diese Kon-


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trolle, dieses EU-Diktat tagtäglich stattfindet. Und im Endeffekt wird es so sein – und ich sage es noch einmal –: Wenn wir nicht aufpassen, dann wird Stück für Stück die persönliche Freiheit der Menschen immer mehr reduziert. Und da spielen leider – Rot und Schwarz sowieso – auch die Grünen mit.

Wir Freiheitliche sind ganz klar für einen freien Bürger, für die Wahlmöglichkeit. Wenn einer sich tagtäglich, stündlich, minütlich überwachen lassen will, dann soll er es freiwil­lig geschehen lassen. Das ist eine persönliche Entscheidung. Ich persönlich möchte aber ab 2018 nicht in einem Auto sitzen, wodurch dann der Autohersteller, die Versicherung, die Behörden von mir alles wissen. Das will ich nicht haben! Wir Freiheitliche lehnen das ganz klar ab.

Wir werden den Antrag des Abgeordneten Steinhauser unterstützen. Aber in Wirklich­keit – wir wissen es beide – ist das Makulatur! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.02


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Unterrainer. – Bitte.

 


18.02.26

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Zuschauer auf der Galerie und vor den Fern­sehgeräten! Ja, ich glaube, wir sind uns alle einig: Datenschutz schützt Menschen, und der darf auch beim Auto, beim Autofahren nicht unter die Räder kommen. Was immer wir tun, die individuelle Freiheit muss das oberste Gebot sein.

Lieber Kollege Steinhauser, du willst, dass die Daten der Autofahrer und Autofahrerin­nen bestens geschützt sind, und das finde ich auch richtig und wichtig. Ich danke dir ei­gentlich für diesen Verbesserungsvorschlag. Wie du aber mittlerweile sicher in Erfah­rung gebracht hast, gibt es ja in Sachen Datenschutz bereits eine Arbeitsgruppe im Verkehrsministerium, die sich genau mit diesen Aspekten beschäftigt. Das heißt, die Idee hinter deinem Antrag ist grundsätzlich absolut gerechtfertigt, nur leider kommt sie ein bisschen zu spät, weil das Ganze schon im Gange ist.

Die Entwicklung und die Vernetzung der Automobile ist – und das hat ja Abgeordneter Peter Wurm vorhin auch schon gesagt – eigentlich nicht mehr aufzuhalten und sicher­lich in vielen Punkten etwas, was richtig und wichtig ist, vor allem aus verkehrspoliti­scher Sicht. Da geht es zum Beispiel um die ganzen Neuerungen, um die positiven Ent­wicklungen, wie die Sicherheitssysteme, die Vernetzung, die vorhanden ist, und all die Dinge, die eingebaut sind.

Nur: Wo Licht ist, ist meistens auch Schatten. Das heißt, jedes Mal, wenn die Daten übermittelt werden, ist eigentlich nicht sichergestellt, dass das nur die Daten des Fahr­zeuges sind. Fakt ist: Es sind immer auch die Daten des Fahrzeughalters.

Es gibt derzeit einen Vorstoß der Europäischen Kommission zu einer neuen Verord­nung, was die Genehmigung der Kraftfahrzeuge betrifft, bei der Datensicherheit leider nicht Bestandteil ist. Erfreulicherweise hat sich – darüber bin ich sehr froh – das öster­reichische Bundesministerium bereits in diese Verhandlungen eingebracht, um eben diese Gelegenheit dazu zu nutzen, den Datenschutz in diese Rechtsmaterie mit aufzu­nehmen. Es handelt sich aber – das hat mein Vorredner auch schon gesagt – um eine europäische Gesetzesmaterie, da ja diese Fahrzeuge auch eine europäische Zulassung bekommen.

Lieber Kollege Steinhauser, da wirst du uns sicher zugestehen müssen, dass ein öster­reichischer Alleingang in dieser Rechtsmaterie somit weder zielführend noch möglich ist (Abg. Peter Wurm: Das weiß er eh!), da es sich, wie gesagt, um eine europäische Gesetzeslage handelt. (Abg. Peter Wurm: Das wissen die Grünen auch!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 156

Die Daten der Automobile sind nicht technischer Natur, sondern sie sind das persönli­che Eigentum jedes Kfz-Halters, und das ist meiner Meinung nach etwas ganz Wichti­ges und steht für mich im Vordergrund.

Ganz Grundsätzlich: In einer Welt, die von technischen Geräten dominiert wird, ob das das Handy, das Tablet, der klassische PC oder das Infotainmentsystem im Auto oder ein ähnliches Gerät im Wohnzimmer ist, darf man nie vergessen, dass wir immer über Daten von Menschen und nicht über Daten von Geräten reden. In diesem Zusammen­hang möchte ich auch festhalten, dass bereits die Übermittlung der Daten dementspre­chend geschützt werden muss, denn nur so können wir die Privatsphäre der Menschen auch wirklich schützen.

Abschließend, wie bereits eingangs erwähnt: Datenschutz schützt Menschen, denn die Jagd nach den Daten zielt immer auch auf den Menschen selbst ab.

Aber zurück zu dir, Kollege Steinhauser: Ein österreichischer Alleingang ist, wie bereits erwähnt, in dieser Rechtsmaterie weder zielführend noch möglich, denn es handelt sich hierbei um eine europäische Gesetzesmaterie. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Peter Wurm: Danke für die Vorstellung!)

18.05


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


18.06.01

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Zuerst zum Kollegen Wurm, zu sei­ner etwas simplen Feststellung, wenn etwas von der Europäischen Union kommt, dann würden sich quasi die Grünen, egal, was drinnen steht, für die Europäische Union ent­scheiden.

Ich gebe ein Beispiel: Vorratsdatenspeicherung. Das war eine Richtlinie der Europäi­schen Union. Wer hat diese Richtlinie zu Fall gebracht? – Es waren die Zivilgesellschaft und die Grünen, die diesbezüglich eine Klage angestrebt haben und vor dem Europäi­schen Gerichtshof und vor dem Verfassungsgerichthof die Richtlinie zur Vorratsdaten­speicherung gekippt haben. (Beifall bei den Grünen.)

Wir Grüne haben nicht nachgebetet, was die Europäische Union vorgelegt hat, son­dern wir haben mit allen Mitteln bekämpft, was da von der Europäischen Union über die Regierung gekommen ist. Es war übrigens eine FPÖ-Ministerin, die dieser Richtli­nie zugestimmt hat. Nur so viel sei gesagt. Wir Grüne haben mit allen Mitteln diese Richtlinie bekämpft und zu Fall gebracht. (Abg. Peter Wurm: Österreich!) – So viel zu diesen Vorbemerkungen, die keiner Prüfung standhalten.

Zum Zweiten, zur Sache selbst: Ich komme mit meinem Antrag nicht zu spät, sondern ich komme hoffentlich noch rechtzeitig. Und dass eine Arbeitsgruppe im Ministerium tagt, ist schön, aber das ist der richtige Zeitpunkt dafür, dass hier der Nationalrat mit einem Beschluss im Rahmen eines Entschließungsantrages zum Ausdruck bringt, was er sich vom Ministerium erwartet und was er in Gesetzesform gegossen und hier vorgelegt be­kommen will. Dass irgendwelche Arbeitsgruppen im Ministerium tagen, ist schön, aber der Nationalrat als Gesetzgeber hat der Regierung in dieser sensiblen Frage, bevor es zu spät ist, zu sagen, was er als Gesetz vorgelegt bekommen will.

Vielleicht muss man aber ein paar grundlegende Dinge noch dazusagen: Die Mondra­kete hat weniger Elektronik gehabt, als heute ein durchschnittliches Auto aufweist. Was heute im Rahmen des Automobilverkehrs an Daten erfasst wird, ist offensichtlich den wenigsten bekannt. – Es wird einmal ein elektronisches Fahrtenbuch erstellt. Das heißt, sämtliche Bewegungsdaten werden gespeichert. Es werden die Identifikationsdaten ge­speichert. Das heißt, ein Auto ist fernerkennbar. Es werden sämtliche Daten, die vom Auto übertragen werden, gespeichert. (Abg. Peter Wurm: Warum macht das die Europäi-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 157

sche Union?) Es wird das Fahrverhalten gespeichert. Und das große Problem, das wir jetzt haben, ist, dass um diese Daten eine Auseinandersetzung stattfindet: Wem gehö­ren diese Daten? Gehören diese Daten dem Fahrzeughalter, dem Fahrzeugbesitzer oder gehören diese Daten dem Unternehmen, sprich dem Kfz-Unternehmen, das dieses Au­to verkauft hat? Genau diese Auseinandersetzung wird geführt, und genau da liegt das Problem! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.)

Der Hersteller hat natürlich ein Interesse an diesen Daten, weil er dadurch technische Rückschlüsse für die Weiterentwicklung des Autos bekommt. Das ist sogar nachvoll­ziehbar, trotzdem aber ist der Hersteller nicht der Eigentümer der Daten.

Dann gibt es natürlich wirtschaftliche Interessen an den Daten, die entstehen, weil ein extrem großer Markt für Verkehrsdaten besteht. Man denke an Systeme, die eine Stau­warnung aufgrund von Verkehrsdaten erheben. Es gibt in Holland ein Beispiel, bei dem über Verkehrsdaten dann Radarboxen aufgestellt wurden, weil erkannt worden ist, wo zu schnell gefahren wird. Es gibt Versicherungsmodelle, Pay-as-you-drive-Modelle, die sozusagen das individuelle Fahrverhalten zum Gegenstand von Prämienvereinbarun­gen machen. Es gibt das Bestreben, dass die freie Werkstättenwahl eingeschränkt wird und bestimmte Hersteller bestimmte Werkstätten monopolisieren und damit die freie Werkstättenwahl eingeschränkt wird. – All das ist ein Grundproblem, weil all das eine Mo­tivation ist, den Halter des Fahrzeugs zum gläsernen Fahrzeughalter zu machen und Daten ohne Ende zu erheben. (Abg. Peter Wurm: Das ist der Punkt! Aber das alles wis­sen wir ja eh! Und jetzt?)

In diesem Zusammenhang ist die entscheidende Frage: Können wir diesem Sog in Rich­tung der Datensammelwut Einhalt gebieten? Ja oder nein? (Abg. Peter Wurm: Nein, Herr Steinhauser!) – Die FPÖ sagt Nein. Wir Grüne sagen: Wir werden bis zur letzten Minute kämpfen, damit wir diese Datensammelwut im Zusammenhang mit dem Kfz auf­halten! (Abg. Peter Wurm: Sie stoppen Brüssel ja nicht, Herr Steinhauser!) – Wie schön, wenn die FPÖ nichts tun will, wir nehmen das zur Kenntnis. Sie können sich beruhigen! Ich nehme es zur Kenntnis: Sie wollen nichts tun. (Abg. Peter Wurm: Die Wahrheit, Herr Steinhauser!) – Sie wollen nichts tun! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Peter Wurm: Die Wahrheit!)  Die Wahrheit ist: Wir Grüne werden bis zur letzten Minute versuchen, in allen Bereichen, auch im Kfz-Bereich (Abg. Peter Wurm: Auch Van der Bellen?), den Besitzer des Kfzs als jenen, dem die Daten gehören, zu schützen!

Das ist die Wahrheit! Wenn Sie von der FPÖ nicht mitmachen wollen, ist das Ihre freie Entscheidung. Ich nehme das zur Kenntnis! Ich habe mich in Datenschutzfragen ohne­dies nie auf Sie verlassen, daher fällt es mir äußerst leicht, auf Sie zu verzichten.

Was ist die große Herausforderung? – Die große Herausforderung ist … (Ruf bei der FPÖ: Blabla!) – Datenschutz ist für die FPÖ Blabla! Das wollen wir jetzt auch noch für das Protokoll festhalten. (Abg. Lausch: Ihr Gerede ist Blabla!) Es ist gut zu wissen, wo die FPÖ in dieser Frage steht. Wir Grüne stehen aufseiten des Datenschutzes. Ich sa­ge es noch einmal: Es ist kein Problem, ich habe mich in diesen Fragen nie auf Sie ver­lassen, Sie waren da nie eine große Hilfe, und Sie werden da nie eine große Hilfe sein! (Heiterkeit des Abg. Peter Wurm.) – Lachen Sie da vorne ruhig! Es ist komplett gleich­gültig, was Sie tun. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Die entscheidende Herausforderung ist – und das ist die Herausforderung in allen Da­tenschutzfragen –: Gelingt es, gesetzlich dafür zu sorgen, dass klargestellt ist, dass der Fahrzeughalter jene Person ist, der die Daten zuzurechnen sind? Das heißt, der Fahr­zeughalter entscheidet, wer Zugang zu den Daten hat, welche Daten gespeichert wer­den und zu welchem Zweck sie gespeichert werden. – Das ist der erste zentrale Punkt!

Der zweite zentrale Punkt ist, dass möglichst wenig Daten erhoben werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 158

Der dritte zentrale Punkt ist – und das ist ohnedies bei allen Datenschutzfragen ähn­lich – die Transparenz. Das heißt: Der Kfz-Halter weiß, welche Daten gespeichert wer­den, wofür sie gespeichert werden und wie lange sie gespeichert werden. Und natür­lich muss sich der Fahrzeughalter selbst entscheiden und optieren, welche Daten dann von Dritten verwendet werden dürfen und welche nicht.

Und weil sich da die FPÖ so hineinsteigert: Es gibt ja da auch seltene Allianzen, die ich durchaus spannend finde. (Abg. Peter Wurm: Die Wahrheit, Herr Steinhauser, die simple Wahrheit!) Es gibt nämlich nicht nur die Grünen, die im Zusammenhang mit Daten­schutz und Auto aktiv sind, sondern es gibt da einen seltenen Bündnispartner, und das ist der ÖAMTC. Und ich freue mich, in diesem Fall mit dem ÖAMTC einer Meinung zu sein. Das kommt nicht allzu oft vor, aber es zeigt, dass von unterschiedlichen Seiten er­kannt wird, dass da dringender Handlungsbedarf besteht.

Der ÖAMTC hat alle Politiker und Politikerinnen angeschrieben, und er sagt nichts an­deres, kurz zusammengefasst, als ich gesagt habe, nämlich:

„Das Sammeln und Speichern von Daten gewinnt auch in der Automobilität rapide an Bedeutung. Diese Entwicklung eröffnet große Chancen (…). Sie wirft aber auch Daten­schutz-Probleme auf (…). Daher ist die Politik gefordert.“

Ich halte fest: Die FPÖ hat sich schon zurückgenommen, fühlt sich da nicht angespro­chen.

Und dann heißt es hier weiter: „Es braucht dringend klare Regeln für sichere, offene und standardisierte Datenübertragung aus dem Auto.“

Das ist nichts anderes, als ich hier gesagt habe. Ich freue mich, dass der ÖAMTC mit uns Grünen da einer Meinung ist.

Dass die FPÖ nichts machen will, halte ich aus. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

18.13


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmuckenschlager. – Bitte.

 


18.13.26

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Geschätzte Damen und Herren! Ich danke meinem Vorredner für die wirklich gute inhaltliche Darlegung des Problem­falls, denn der wesentliche Punkt ist wirklich: Wem gehören die Daten, wie haben wir sie dann weiterzuleiten oder wie weit kann jeder Einzelne darüber verfügen? Dass die­se Daten erfasst werden, ist ja, bitte, nicht irgendeine Erfindung der Europäischen Uni­on. Glauben Sie, dass irgendein Kommissar in Brüssel daran interessiert ist, wo der Herr Abgeordnete Wurm spazieren fährt? (Abg. Peter Wurm: Ein Kommissar nicht, aber die Firma, die …!)

Das ist doch wirklich wieder eine Angstmache, die ist sensationell! Da geht es schon um Fragen der technischen Weiterentwicklung. (Heiterkeit des Abg. Peter Wurm.) – Da müssen sogar Sie selbst lachen. Das ist schon richtig so!

Aber schauen Sie, die Frage ist ja am Ende des Tages folgende: Inwieweit können wir uns da auch einbringen? Brüssel ist nicht irgendein Dorf am Mond. In Brüssel gibt es einen Rat, da ist auch unser Minister gefordert, und er bringt sich dort für den Schutz der Daten, die in Zukunft noch stärker erfasst werden, auch aktiv ein.

Aber wir dürfen das nicht wie ein Schreckgespenst behandeln. Das bringt ja auch viel, viel Positives. (Abg. Peter Wurm: Zum Wohl des Menschen – weiß ich schon! –, auch wenn es nur einer ist!) – Natürlich, auch wenn wir nur einen Verkehrstoten damit ver­hindern können, weil wir optimiert Daten erfassen können und daraus Rückschlüsse ge­zogen werden!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 159

Aber was wollen Sie machen? – Sie sagen: Nein, das gilt für uns nicht! Was machen Sie denn dann, wenn VW sagt: Na gut, dann werden wir halt, weil wir keine Zulassun­gen in Österreich haben, dort auch keine Autos mehr verkaufen!? (Zwischenruf der Abg. Moser.) – Entschuldigung, aber wir sind da schon in einer globalen Entwicklung drin­nen. Nur stellt sich die Frage, wie wir damit umgehen. Wir werden uns dem nicht ent­ziehen können. Außerdem haben wir da sehr viele Vorteile.

Alleine das Management im Stau würde uns in Wien sicherlich von der Größenordnung her viele Millionen Euro, wenn nicht mehr, an Wirtschaftsleistung bringen, wenn wir da optimierter mit einer guten Abstimmung zwischen den Automobilen vorgehen könnten. Das ist Zukunftsmusik, aber vieles davon ist bereits möglich. Da können wir schon in die Umsetzung kommen.

Der wesentliche Punkt beziehungsweise die wichtigste Frage ist: Wem gehören die Da­ten? Das ist bei einem Autokauf oft Bestandteil einer privatwirtschaftlichen Vertragsver­einbarung. Da gehört ganz klar geregelt, dass dem Autobesitzer, dem Inhaber des Kfz letztendlich die Datenhoheit gehört, dass er darüber verfügen kann, wem er die Daten weitergibt und wem nicht. Ich glaube aber, dass die technische Entwicklung des Autos und da vor allem die Datenerfassung ein absoluter Vorteil nicht nur für die Sicherheit, sondern auch für die Umwelt, für optimierte Prozesse ist. Wir sehen das heute schon in der Motortechnologie, weil die Motoren immer besser, leistungsfähiger, aber auch res­sourcenschonender werden. Und da sollten wir uns nicht zurück in die Steinzeit bewe­gen, denn dann können Sie sich Ihr Auto selbst zusammenschweißen oder mit dem Waffenrad ins Parlament fahren.

Ich kann Ihnen nur sagen: Fürchten Sie sich nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

18.16


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


18.16.18

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Kollege Wurm, ich halte Ihre Argumentationslinie für sehr, sehr fragwürdig, wenn Sie sagen, die Grünen, was auch immer sie jetzt gerade machen, seien der Diener von Brüssel und Brüssel sei das Böse, das über uns kommt und das in Form von Daten­klau oder Verordnungen, Gesetzen und Richtlinien unsere Bürger und Bürgerinnen gei­ßelt.

Da fängt es damit an, dass wir Brüssel sind. Also Sie als FPÖ-Politiker sind so etwas von Brüssel, Sie wissen es vielleicht nur nicht. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Peter Wurm: Wir sind nicht Brüssel! Ich werde Brüssel gegen meinen Willen! Ich will nicht Brüssel sein!)

Wer entscheidet, was in Brüssel passiert? Glauben Sie, da ist ein kleines gallisches Dorf, und das entscheidet über die 500 Millionen Europäer und Europäerinnen? (Abg. Peter Wurm: Ich will nicht Brüssel sein! Die NEOS wollen Brüssel sein!) – Dann müs­sen Sie sich aber in Zukunft in Ihrer Fraktion durchsetzen und entscheiden, dass Sie nicht mehr bei der Europawahl antreten! Dann können Sie sagen, Sie sind nicht Brüs­sel.

Was passiert in Brüssel? – Erstens gibt es den Rat. Da wird – und da sitzt glücklicher­weise jetzt nicht Ihre Fraktion (Abg. Peter Wurm: Thema, bitte!), die da mitentscheiden kann – von österreichischen Ministern und Ministerinnen mitentschieden, was Brüssel sagt. Ein Achtundzwanzigstel entscheiden die da zumindest mit.

Zweitens: Das Europäische Parlament – und dort haben auch Sie gewählte Repräsen­tanten drinnen – entscheidet mit im Trilog, das heißt, in einem Dialog zwischen dem Rat, der Kommission und dem Parlament, was denn Sache ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 160

Was passiert im Europäischen Parlament? – Dort wird genau über das Thema, das Sie heute hier anprangern, diskutiert. Dort gab es einen Abänderungsantrag – im Übrigen un­terstützt von den Liberalen und von Angelika Mlinar –, und dieser Antrag wurde von der Mehrheit der Abgeordneten, und zwar auch von den freiheitlichen Abgeordneten, abge­lehnt. Dabei ging es darum, dass man einen On-Off-Button hat, also dass der Autobe­sitzer, die Autobesitzerin einfach einen Knopf schaltet und sagt: Aus, meine Daten wer­den nicht übermittelt!

Wer hat sich gegen dieses Datenschutzgesetz gestellt? – Die Roten, die Schwarzen und die Blauen. In diesem Fall würde ich also sagen: Wenn Sie Brüssel kritisieren, dann ru­fen Sie einmal in Brüssel bei Ihren Abgeordneten an und klären das dort, bevor Sie den anderen etwas vorsetzen, was in Wirklichkeit nicht stimmt! (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Zum Thema Datenschutz im Allgemeinen: Wir unterstützen den Antrag vom Kollegen Steinhauser, denn wir halten das für sehr sinnvoll. Alles, was darin gefordert wird, ist, dass wir uns mit den Fragen: Wer hat die Datenhoheit, wer gebietet darüber, wem ge­hören oder in wessen Eigentum befinden sich die Daten? befassen, dass sich der ös­terreichische Gesetzgeber Gedanken darüber macht und dass er das in entsprechen­den Gesetzen auch richtig verankert.

Mehr wird in diesem Antrag nicht gefordert. Das unterstützen wir. – Danke. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Rädler: Wer NEOS wählt, der wählt Griss!)

18.18


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


18.18.56

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege, es sei dir un­benommen, wenn du Brüssel sein möchtest. Ich möchte Österreicher sein! (Zwischen­ruf des Abg. Pock.)

Nun zum Datenschutz im Auto: Der technische und digitalisierte Fortschritt macht auch vor der Autoindustrie nicht halt. Manche Autos sind schon fahrende Computer.

Was wird mit den Daten gemacht? Was wird mit den Informationen gemacht, Herr Kol­lege? Wer darf sie auslesen, auswerten? – Das alles bleibt für den Autobesitzer unklar. Daten für Fahrzeugfunktionen werden in Steuergeräten erhoben, verarbeitet und gespei­chert. Um welche Daten es sich dabei handelt, kann nicht genau beantwortet werden.

Es ist notwendig, dass der Autobesitzer, die Autobesitzerin die Hoheit über das eigene Kfz hat und selbst entscheiden kann, wem welche Daten zu welchem Zweck zur Ver­fügung gestellt werden und nicht umgekehrt, Herr Kollege. – Danke schön. (Beifall bei Ab­geordneten des Teams Stronach.)

18.20


Präsident Karlheinz Kopf: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.

 


18.20.18

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Kollege Steinhauser, zur Klarstellung: Sie waren ja vor einem Jahr nicht beim Konsumentenpolitischen Fo­rum dabei, auch Ihre Konsumentenschutzsprecherin war leider nicht anwesend, zumin­dest nicht fortwährend – das war so –, aber damals ist dieses eCall-Auto bereits The­ma gewesen. Seit über einem Jahr versuche ich, das auch medial unter die Leute zu bringen, aber da sind die Gegner wie die Autoindustrie relativ mächtig, und die verhin­dern das.

Ich habe Sie aufgefordert, die Wahrheit zu sagen, der Bevölkerung nicht Sand in die Augen zu streuen, sondern die Wahrheit zu sagen, Herr Steinhauser. Das machen die Grünen nie, wenn es um Europa geht. Bleiben wir bitte bei der Wahrheit!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 161

Die Geschichte ist eine EU-Verordnung und tritt ab April 2018 in Kraft. Und jetzt kön­nen wir uns darüber unterhalten, ob in Brüssel eben Tausende Lobbyisten sitzen, die sich den ganzen Tag nur überlegen: Wie kann ich jetzt einen Verkehrstoten im Gebirge verhindern? – Wenn Sie das glauben, Herr Steinhauser, dann sind Sie auf der Seite der Lobbyisten in Brüssel; ich glaube das eben nicht. Da geht es nicht darum, für Kon­sumenten eine Verbesserung zu erzielen, sondern es geht darum, den gläsernen Men­schen, den gläsernen Konsumenten zu erzeugen. (Abg. Steinhauser: Und wer kämpft dagegen? Ich!)

Ich habe schon stundenlang mit dem Ex-Minister und Ex-Kandidaten Hundstorfer dis­kutiert, mache das auch mit dem Konsumentenschutzminister Stöger – der wird ähnlich schlaff darauf reagieren –, und jetzt versuche ich es hier beim Verkehrsminister. Nur – ich gebe es ehrlich zu – gegen Brüssel und gegen alle anderen Parteien, die dieses Brüssel-System gegen die Konsumenten, gegen den freien Bürger unterstützen, sind wir derzeit noch machtlos. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich hoffe, dass wir in Österreich bald über 50 Prozent haben und irgendwann in Europa über 50 Prozent haben, dann werden wir das System Brüssel so ändern, dass in Euro­pa wieder der Bürger im Mittelpunkt steht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.22

18.22.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Be­richt 1068 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

18.22.4019. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über die Regierungsvorlage (1059 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Vergleichbarkeit von Entgelten für Verbraucherzahlungskonten, den Wechsel von Verbraucherzah­lungskonten und den Zugang zu Verbraucherzahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (Verbraucherzahlungskontogesetz – VZKG) erlassen wird und das Kon­sumentenschutzgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wer­den (1095 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen jetzt zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


18.23.10

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wir diskutieren jetzt hier das Basiskonto, das in Österreich eingeführt werden soll, was ja grundsätzlich – wenn sich die Aufregung gelegt hat – eine gute Idee ist, weil es darum geht, dass Menschen … (Unruhe im Sitzungssaal.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Meine Damen und Herren, wir sind beim nächsten Tages­ordnungspunkt. Bitte schenken Sie dem Redner Ihre Aufmerksamkeit! – Bitte, Herr Ab­geordneter. (Abg. Neubauer: … gegen den eigenen Antrag stimmen!)

 


Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! Wir haben noch so viel Restredezeit, dass ich ohnehin noch lange …

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 162

Präsident Karlheinz Kopf: Nein, ich habe die Redezeit gestoppt.

 


Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (fortsetzend): Also wir diskutieren hier das Basis­konto, das jetzt in Österreich eingeführt werden soll, was ja grundsätzlich eine sehr gu­te Idee ist, weil es darum geht, dass auch Menschen, die sozial bedürftig sind und sich ein herkömmliches Konto nicht leisten können, die Möglichkeit haben sollen, ein ent­sprechendes Konto bei einer Bank zu eröffnen.

Jetzt gibt es einige Banken und Unternehmen, die das zum Glück schon in den letzten Jahren zur Verfügung gestellt haben, was man, glaube ich, sehr positiv hervorstreichen muss. Es war die Erste Bank, die mit der Zweiten Sparkasse schon die Möglichkeit ge­schaffen hat, dass auch sozial Bedürftige ein entsprechendes Konto bei ihnen eröffnen können.

Mir ist auch bewusst, dass wir hier grundsätzlich eine Richtlinie umsetzen, die von der europäischen Ebene kommt. Da wird der Kollege Wurm sich freuen, dass zum ersten Mal etwas aus Brüssel kommt, dem er heute auch zustimmen wird, wie ich gehört ha­be – es ist also offensichtlich nicht alles so schlecht, was in Brüssel passiert. Das ist al­so eine Richtlinie, die umzusetzen ist, aber da gibt es auch ein paar überschießende Dinge, und das ist der Grund, weshalb wir dem nicht zustimmen werden, auch wenn wir diese Grundsatzintention des Basiskontos für sehr sinnvoll erachten.

Jetzt ist der Kollege Rädler leider nicht im Raum (Abg. Lueger: Das ist auch besser so!) – schreiben Sie es ihm auf! –, denn der Kollege Rädler glaubt ja, dass es etwas Linkes ist, sich für Grundrechte und Datenschutz einzusetzen. In dem Zusammenhang wäre die Frage viel spannender, wieso die ehemalige Wirtschaftspartei ÖVP hier heute einem Gesetz zustimmen wird, das auch sehr überschießende, unnötige Regelungen in Bezug auf Unternehmen – in dem Fall Banken – enthält. Es wäre eigentlich interes­sant, wieso der Kollege Rädler dem hier heute zustimmen wird, denn er ist ja der Mei­nung, dass die NEOS offensichtlich links sind.

Es sind in dem Fall die NEOS, die sich aus genau diesen Gründen dieser Vorlage heu­te verschließen und ihr nicht zustimmen werden, weil es eben leider ein paar Punkte gibt, die – in dem Fall Banken – aus unserer Sicht unnötigerweise und über Gebühr be­einträchtigen, und ich will hier vier Punkte präsentieren, die so einfach nicht notwendig gewesen wären.

Die Richtlinie sieht ja vor, dass es für dieses Basiskonto ein entsprechend angemes­senes Entgelt mit der Orientierung am Einkommensniveau in dem Land geben soll. Das ist sehr sinnvoll. Was hier im Gesetz aber gemacht wurde, ist, dass ein fixes Ent­gelt festgeschrieben wurde – einerseits 80 €, andererseits bei sozial extrem bedürfti­gen Menschen 40 €. Ich meine, dass man da den Spielraum ohne Weiteres hätte las­sen können, weil es nicht notwendig ist, da ein fixes Entgelt festzuschreiben.

Die Umsetzung sieht auch keine Begrenzung für die Anzahl der Überweisungen, die bei diesem Basiskonto inkludiert sein sollen, vor. Auch diesbezüglich hätte die Richt­linie einen weiteren Spielraum möglich gemacht, indem sie gesagt hat, dass die Ban­ken die Möglichkeit haben sollen, wenn es über eine Anzahl an Überweisungen hinaus­geht, die das übliche Maß übertrifft, dass sie eben für diese Überweisungen, die das üb­liche Maß überschreiten, auch ein entsprechendes Entgelt verlangen können hätten – was ich für sehr sinnvoll halte. Ich meine, ein Basiskonto ist dafür da, dass ich das üb­liche Maß an Überweisungen und nicht auch alles darüber hinaus durchführen kann.

In diesem Zusammenhang müssen die Kreditinstitute mit dem Basiskonto auch alle mög­lichen Dienste von Kooperationspartnern zur Verfügung stellen, was aus meiner Sicht gleichfalls nicht Teil eines Basiskontos sein muss. Da gibt es so Dinge wie Überwei­sungen mit Western Union und so weiter. Ich glaube, das wäre nicht notwendig gewe­sen. Auch das ist überschießend und macht, wie ich meine, nicht sonderlich viel Sinn.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 163

Der Hauptgrund ist, und den verstehe ich bis heute nicht: Dieses Basiskonto soll ja je­dermann und jederfrau zur Verfügung gestellt werden. Jetzt ist es so, dass es natürlich die Situation geben kann, dass jemand ein entsprechendes Konto hat, aufgrund von so­zialer Bedürftigkeit dieses Konto kündigen muss, weil er es sich nicht leisten kann, und dann Anspruch auf ein Basiskonto haben sollte. – Das sehe ich genauso. Nur so, wie das Gesetz momentan vorliegt, heißt das, dass ich morgen zu meiner Bank gehen kann, mein Konto kündigen kann und bei der nächsten Bank Anrecht auf ein Basiskonto ha­be – und ich bin nicht der Meinung, dass das der Intention der Richtlinie entspricht.

Die Richtlinie ging grundsätzlich davon aus, dass man sozial bedürftigen Menschen die Möglichkeit gibt, ein Basiskonto zu eröffnen. – Ich empfinde mich selbst jetzt nicht als sozial bedürftig, insofern verstehe ich nicht, wieso auch da wieder entsprechend über­schießend eine Regelung gefasst wurde und wieso wir nicht dem Zweck der Richtlinie, nämlich sozial bedürftigen Menschen die Möglichkeit zu geben, ein Basiskonto zu er­öffnen, entsprechen, sondern dies jedermann und jederfrau – also auch denen, die es nicht brauchen – ermöglichen. Ich denke, das geht weit darüber hinaus, was die Richt­linie vorgesehen hat.

Frau Kollegin Schatz war dann im Ausschuss völlig verwundert und entgeistert darü­ber, weshalb die NEOS dem nicht zustimmen werden, und hat gesagt, es kann ja nicht sein, dass ich im Konsumentenschutzausschuss auch die Interessen der Unternehmer vorbringe. Sie hat dann gesagt, das ist total absurd, weil wir uns ja alle auch solidarisch mit Banken gezeigt haben und den Banken entsprechend geholfen haben. – Ich habe es im Ausschuss schon gesagt und sage es hier noch einmal: Ich bin der Meinung, dass auch diese Bankenunterstützung nicht sonderlich sinnvoll gewesen ist, weil es auch Teil einer Marktwirtschaft ist, dass Unternehmen, wenn sie entsprechend schlecht wirtschaf­ten, danach auch keine Zuschüsse vom Staat bekommen sollten.

Der wesentliche Punkt ist folgender: Ich habe gerade vorhin eine OTS-Nachricht gele­sen – und eigentlich verwundert es mich bei den Grünen nicht –, die Frau Kollegin As­lan über die APA ausgeschickt hat, in der steht, dass genau heute, wenn wir dieses Basiskonto beschließen wollen, die Idee kommt, dass die Unternehmen – die bösen Un­ternehmen, die bösen Banken aus ihrer Sicht – dann eine neue Gebühr für die Banko­maten einführen wollen.

Na ja, mich wundert das nicht! Wenn man Banken oder generell Unternehmen immer wieder neue Regelungen aufschwatzt und in dem Zusammenhang auch immer wieder überschießend agiert, dann wundert es mich nicht, dass Banken und Unternehmen ver­suchen werden, sich irgendwo anders die entsprechenden Gelder zu holen, die sie auch brauchen, um entsprechend zu wirtschaften. Das machen sie jetzt entsprechend bei der Bankomatgebühr. Ich bin grundsätzlich der Meinung … (Abg. Pirklhuber: Es geht um die Leistung! Wo war die Leistung?) – „Wo war die Leistung?“ – Na ja, wenn ich bei ei­nem Bankomaten Geld abhebe, dann stellt mir die Bank eine Leistung zur Verfügung, nämlich dass ich zu einem Bankomaten gehen und dort Geld abheben kann. Und wenn eine Bank der Meinung ist, dass sie dafür auch entsprechende Gebühren einho­len soll, dann halte ich das insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir hier immer neue Regularien erfinden und den Banken und den Unternehmen auch immer neue Din­ge aufschwatzen, für vollkommen nachvollziehbar. (Zwischenrufe der Abgeordneten Pirkl­huber und Vavrik.) – Herr Kollege Pirklhuber, so funktioniert die Marktwirtschaft: Wenn ich von jemandem etwas haben will, dann ist es umgekehrt auch so, dass ich dafür auf­kommen muss (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Pirklhuber), insbesondere dann, wenn ich immer weiter unnötige Regeln den Unternehmen und den Banken aufbürde. Dann brauchen sich die Grünen nicht zu wundern! (Abg. Pirklhuber: Früher haben wir etwas gehabt! Da sind wir in die Bankfiliale gegangen und haben eine Dienstleistung erhal­ten!)


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Ich weiß, dass aus Sicht der Grünen Unternehmen und Banken prinzipiell etwas Böses sind – das ist so, das ist ein wesentlicher Unterschied –, und die Frau Kollegin Schatz, die leider nicht da ist, hat ja gesagt, sie wird das an die Öffentlichkeit bringen. (Präsi­dent Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Ich habe ihr dafür gedankt, weil ich das für einen grundlegenden Unterschied zwischen uns NEOS und den Grünen halte, dass wir nämlich zutiefst davon überzeugt sind, dass es auch in Österreich unternehmerische Tätigkeiten braucht, dass es unternehmerisches Tätigwerden braucht, weil das notwendig ist, damit wir in Österreich auch Arbeitsplätze haben. (Abg. Pirklhuber: Eine Abzocke ist das!) Ihr Ziel ist es, den Unternehmen im­mer neue Auflagen aufzuschwatzen, sodass am Schluss gar keine Arbeitsplätze mehr da sind. (Zwischenruf der Abg. Aslan.)

Ich halte das nicht für sinnvoll. So funktioniert eine Marktwirtschaft leider nicht. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Pirklhuber: Ein mieses Geschäftsmodell!)

18.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Lueger zu Wort. – Bitte.

 


18.31.06

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Es ist jetzt fast genau zwei Jahre her, dass wir den ersten Antrag eingebracht haben, dass das Basiskonto umgesetzt wird, und das vor dem Hintergrund, dass wir damals gesagt haben, 150 000 Menschen ha­ben keinen Zugang zu einem Konto. Sie brauchen eines, denn das, was wir nicht aus den Augen verlieren und nicht vergessen dürfen, ist ganz einfach, dass Menschen oh­ne ein eigenes Girokonto gar nicht am Leben teilhaben können.

Wenn der- oder diejenige einen Job bekommt, dann braucht die Person ein Konto, wo­hin ihm oder ihr das Gehalt überwiesen wird. Und ich bringe noch einen zusätzlichen Aspekt: Wenn ich als Bankkunde etwas mittels Barüberweisung bezahle, dann entsteht mir wieder eine Gebühr. (Abg. Pirklhuber: Richtig!) Das ist keine Verbesserung für die Menschen, daher sind wir sehr froh, dass heute dieses Basiskonto mit dem VZKG be­schlossen wird.

Herr Kollege Scherak, ja, Sie sind für die Marktwirtschaft (Abg. Pirklhuber: … für Leis­tung! – Zwischenruf des Abg. Peter Wurm), wir sind aber im Konsumentenschutzaus­schuss und wir stehen für die Menschen, daher ist es für uns ganz einfach auch wich­tig, dass wir für diese 150 000 Menschen handeln, und das sind schon in erster Linie die­jenigen, die diesen Zugang haben sollten. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Aslan.)

Da gebe ich Ihnen schon recht, wenn Sie sagen: Ich kündige jetzt mein Konto und er­öffne morgen ein anderes, ein Basiskonto. – Ja, Sie könnten das, aber Sie haben kei­nen Überziehungsrahmen, Sie haben auch keine anderen Varianten, und das, was dann noch dazukommt, ist: Sie sind, denke ich, nicht wirklich die Zielgruppe – und Sie haben auch selbst gesagt, dass Sie kein solches Konto eröffnen würden. Daher gehe ich da­von aus, dass es auch speziell für die Zielgruppe, wofür es geschaffen wird, sein wird.

Ich bin aber auch sehr froh darüber, dass es aufgrund der Richtlinie noch zu ein paar anderen positiven Effekten kommt, beispielsweise zu einer Vergleichbarkeit der Entgel­te, sodass es jetzt endlich einmal bei der Eröffnung eines Girokontos notwendig ist, dass darüber gut beraten wird, welche Kontokosten entstehen, dass dann noch einmal jährlich abgerechnet wird und man noch einmal nachschauen kann, welche Kosten ver­rechnet werden. Lassen Sie mich auch auf die Vergleichstafel, diese Vergleichsseite hinweisen, die dann letztendlich die Bundesarbeitskammer macht. Auf Basis dieser In­formation kann ich wechseln. Das ist dann Marktwirtschaft: Wenn ich für mich ent­scheiden kann, ob ich mir das leisten kann oder ob ich wechsle, ist das schon super! (Zwischenruf des Abg. Scherak.)


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Dazu kommt dann noch der Kontowechsel, für den ich mich dann nicht „abstrudeln“ und sämtliche Einziehungsaufträge und Überweisungen, die ich habe, hin- und herschieben muss, sondern ich kann das dort mit einer Generalvollmacht abgeben, und das wird für mich erledigt. Ich glaube, das ist wirklich im Sinne des Konsumenten und das ist ein tol­ler Erfolg. Und ich bin froh, dass wir es heute schaffen, das hier auch umzusetzen. (Bei­fall bei SPÖ und Grünen.)

Heute in der Früh hat unser Herr Minister Stöger im Ö1-„Morgenjournal“ die Bankomat­gebühr angesprochen. Herr Kollege Wurm wird uns natürlich wieder erklären, es war sei­ne Idee und er hat den Antrag eingebracht (Abg. Peter Wurm: Natürlich, Frau Kollegin, das ist die Wahrheit!), aber ich kann Ihnen sagen, wir brauchen nicht auf Ihren Antrag zu warten (Abg. Peter Wurm – einen Ausdruck in die Höhe haltend –: Ist schon da!), weil wir wesentlich schneller sind! Der Herr Minister hat es angerissen, Herr Bundesmi­nister Schelling hat bereits am Montag einen Termin mit den Banken (Abg. Peter Wurm: Den hat der Kollege Hundstorfer mehrmals gehabt, Frau Lueger!), und dann beginnen bereits die Verhandlungen. Ihren Antrag brauchen wir jetzt diesbezüglich einmal nicht. – Das ist einmal das Erste. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kann Ihnen nur eine Empfehlung abgeben, auch betreffend die restlichen Anträge, die Sie immer wieder im Konsumentenschutzausschuss einbringen: Manchmal denke ich mir: „Und täglich grüßt das Murmeltier“!, denn es sind immer dieselben Anträge, die wir schon hundertmal beschlossen haben (Zwischenruf des Abg. Deimek), die wir schon besprochen haben, die wir abgelehnt haben. Das sind Anträge, die Sie ganz einfach in allen anderen Ausschüssen einbringen. Wir haben eine Querschnittsmaterie, und es ist echt sinnlos, an den Herrn Minister Stöger einen Antrag zu stellen, der vielleicht den Herrn Minister Schelling betrifft. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Da genieren sich die eigenen Abgeordneten für diese peinliche Rede!)

Somit haben wir uns darauf committed, dass wir jetzt im Konsumentenausschuss in Zu­kunft auch darauf schauen, dass wir einmal unseren Minister Stöger dort haben und das andere Mal eine Ministerin oder einen Minister der anderen Zuständigkeit. (Abg. Be­lakowitsch-Jenewein: So wie in der Vergangenheit?) Schön wäre es, wenn beide dort wären, das wäre ein Wunsch auch von uns, aber dann bräuchte es auch ein Commit­ment Ihrerseits, bitte, dann nur jene Anträge zu stellen, für die dieser Minister zustän­dig ist. Dann werden wir im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten etwas wei­terbringen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das haben wir gese­hen in der letzten Zeit!)

18.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Fichtinger zu Wort. – Bitte.

 


18.35.41

Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist von meiner Kollegin schon angesprochen worden: Wir haben uns im letzten Konsumentenschutzausschuss wirklich sehr intensiv mit dem Recht auf ein Basiskonto beschäftigt, auch mit der Trans­parenz in Bezug auf Kontoentgelte und auch der Erleichterung beim Bankenwechsel.

Ich glaube, es gibt keine Diskussion, dass es heute eigentlich unmöglich ist, kein Konto zu besitzen, alleine wenn man bedenkt, was die täglichen Zahlungen anlangt, ob das jetzt eine Miete oder etwas anderes ist. Auch wenn ich mein Gehalt oder meinen Lohn ausbezahlt bekommen möchte, gibt es, denke ich, keine Firma mehr, die Barauszah­lungen macht. Auch alle wiederkehrenden Zahlungen sind einfach nicht möglich, wenn man kein Konto hat, und man erspart sich damit auch diese zusätzlichen Kosten.

Jede Person, die sich in der EU aufhält, hat Gott sei Dank das Recht, ein Konto zu er­öffnen. Und ich kann eines auch nur noch einmal bestätigen: Ich glaube kaum, dass


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Herr Kollege Scherak damit Freude hätte, selbst ein Basiskonto zu haben. – Natürlich, Sie können es eröffnen, aber ich meine, es ist eben für Menschen gedacht, die viel­leicht ein Problem haben, weil sie in eine solche Situation gekommen sind und darauf angewiesen sind, dass sie diese Möglichkeit haben, dass sie ein Konto eröffnen und damit auch am sozialen und wirtschaftlichen Leben teilnehmen können. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Man weiß ja, dass damit eine Überziehung nicht möglich ist, dass man keine Bankomatkarte bekommt und dass man zur Bank muss.

Dass natürlich auch dieses Konto etwas kostet, ist selbstverständlich, denn alles, was nichts kostet, hat auch keinen Wert, und jede Leistung muss doch einen Wert haben. Die 80 € sind eine Gebühr, die man an und für sich jährlich entrichten muss, aber für jene, die finanziell wirklich schlecht dastehen oder in einer Situation sind, dass sie die Summe nicht aufbringen können, gibt es auch die Möglichkeit, dass sie nur 40 € be­zahlen.

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Basiskonto ist ein wichtiges und notwendi­ges Instrument für Menschen am Arbeitsmarkt und im Wirtschaftsleben. Es ist schon gesagt worden, dass es für 150 000 Menschen eine Erleichterung ist, um eben am so­zialen und wirtschaftlichen Leben teilzunehmen.

Es ist dies auch ein Paket, das mehr Transparenz für die Kontogebühren bringt und auch besagt, dass man bei Eröffnung eines Girokontos verpflichtend Entgeltinforma­tionen bekommen muss. Das heißt, wenn Sie ein Konto eröffnen, bekommen Sie auch die entsprechenden Informationen, wie das funktioniert und was das kostet, damit Sie die Kosten vergleichen können.

Auch die Senkung der Überziehungszinsen ist angesprochen worden. Dazu gibt es zwei Informationen: Wenn ein Konto regelmäßig überzogen wird – wir wissen genau, dass es Menschen dann oft nicht mehr schaffen und immer weiter in diese Negativ­spirale hineinkommen –, so ist eine Bank verpflichtet, eine andere Möglichkeit, eine an­dere Finanzierungsvariante anzubieten. Und es stimmt schon, die Zinssätze für eine Überziehung sind relativ hoch, aber oft ist es doch so, dass diese Kostenfalle auch ab­gefedert werden kann, wenn Menschen wissen, was es bedeutet, wenn sie ständig in dieser Situation leben. Ich weiß, dass manche einfach keine andere Möglichkeit haben.

Zum Thema Privatkonkurs möchte ich nur ganz kurz meine persönliche Meinung sa­gen: Ich halte nicht sehr viel von dieser Nullquote in Bezug auf die Mindestrückzahl­quote. Ich denke, es ist ein falsches Signal, das zu ventilieren. Ich sehe natürlich ein, dass es Härtefälle gibt, und ich weiß auch, dass da wirklich oft Schicksale dranhängen, aber ich glaube, man sollte eine andere Möglichkeit finden, speziell diesen Menschen zu helfen, da es einfach notwendig ist.

Noch einen Satz zur Bankomatgebühr – auch meine Vorrednerin, Frau Lueger, hat es an­gesprochen –: Ich vertraue unserem Finanzminister. Nächste Woche wird es ein Ge­spräch geben, warten wir ab, was dabei herauskommt, und befassen wir uns damit, nach­dem dieses Gespräch stattgefunden hat. Letzten Endes kann es nur ein Gesamtpaket geben. Ich hoffe, dass etwas Positives dabei herauskommt. Es wäre vielleicht eine schö­ne Sache, wenn die Kartengebühren günstiger werden würden oder wie auch immer. Ich würde sagen: Warten wir das Gespräch ab!

Zum Abschluss möchte ich mich an dieser Stelle auch noch herzlich bei unserem Bun­desminister außer Dienst Rudolf Hundstorfer und seinem Team für die kollegiale Zu­sammenarbeit in den letzten Jahren bedanken. Ich wünsche dem Herrn Minister Stö­ger, dass es auf derselben Basis eine gute Zusammenarbeit gibt und alles Gute für alle Tätigkeiten in der nächsten Zeit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weninger.)

18.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 167

18.41.15

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Konsumentenschutzminister Stö­ger! Einige Sachen wurden bereits erklärt, es geht bei diesem Gesetzentwurf prinzipiell um das Basiskonto. Es gibt auch Erleichterungen beim Bankenwechsel, mehr Trans­parenz bei den Gebühren. Das ist grundsätzlich alles sinnvoll, wir werden das unter­stützen.

Wir kämpfen in diese Richtung bereits seit vielen Jahren, und jetzt plötzlich kommt Be­wegung in das Basiskonto. Man muss das vielleicht ein bisschen genauer erklären, was Frau Lueger und Frau Fichtinger gesagt haben: Nicht 150 000 Menschen, sondern 150 000 Österreicher hatten die letzten Jahre und Jahrzehnte kein Konto; aus vielen, vielen Gründen. (Abg. Aslan: Das sind ja Menschen!) Das waren 150 000 Staatsbür­ger, die kein Konto hatten. Was kommt jetzt mit dem Basiskonto? – Es bekommen 150 000 Österreicher ein Basiskonto plus noch einmal 150 000 Menschen mehr, näm­lich Asylwerber und Asylberechtigte. Das heißt, wir haben dann 300 000 Personen in Österreich, die dieses Basiskonto bekommen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. As­lan.– Ich wollte es nur klarstellen.

Was wir derzeit auch nicht wissen, ist, wer 80 € pro Jahr zahlt und wer 40 € pro Jahr zahlt. Das wird erst in einer Verordnung geregelt. Grundsätzlich wissen die Banker, dass diese 80 € oder 40 € natürlich nicht kostendeckend sind, das heißt, die Banken werden bei diesem Basiskonto hineinzahlen müssen, und das wird natürlich auch zu­lasten der allgemeinen Kunden gehen. Aber wir werden es unterstützen, denn wir wol­len den 150 000 Österreichern diese Möglichkeit geben.

Das Problem in diesem Bankenbereich ist aber eigentlich – diesbezüglich kämpfen wir auch seit Jahren leider Gottes vergeblich, Herr Minister Hundstorfer hat das immer ver­schleppt –: Es gibt zwei Problemkreise oder einen ganz großen, und das sind die Ver­zugszinsen, Überziehungszinsen. Wir haben zwischen 12 Prozent und 15 Prozent Ver­zugszinsen. Das betrifft Hunderttausende Österreicher, auch Zehntausende Unterneh­mer, auch Klein- und Mittelbetriebe, die das Konto überzogen haben und ganz horren­de Überziehungszinsen zahlen. Das ist auch diese Schuldenfalle plus Überziehungs­falle, die dann teilweise zu Privatkonkursen oder auch zu Firmenkonkursen führt. Wir als Freiheitliche versuchen seit Jahren, da eine Decke einzuziehen. Wir beknien den Mi­nister seit Jahren, er soll die Banken zwingen, halbwegs seriöse Spannen zu machen.

Ich erkläre es ganz kurz, ich habe es schon einmal gemacht: Wenn sich heute eine Bank bei der EZB 1 Million € ausborgt, zahlt sie dafür im Jahr 500 € an Zinsen. Verleiht eine Bank das im Rahmen von Kundengeschäft-Überziehungszinsen an Kunden, erlöst sie im Jahr 132 000 €. Dass dies eine unverhältnismäßige Spanne bedeutet, sollte je­dem klar sein. Bis heute haben es weder SPÖ noch ÖVP geschafft, diesbezüglich die Konsumenten in Österreich zu schützen. Wir warten immer noch darauf, wir werden auch nicht aufgeben. Das wären wirklich sehr sinnvolle und wichtige Maßnahmen für die Kon­sumenten.

Frau Lueger, weil Sie gesagt haben, am Montag wird sich Minister Schelling mit den Banken treffen oder telefonieren: Minister Hundstorfer hat uns das mehrmals angekün­digt, er hat ständig mit den Banken telefoniert, es ist nur leider nichts Greifbares dabei herausgekommen. Ich weiß nicht, mit wem er jetzt wahrscheinlich telefoniert, aber nicht mehr mit den Bankdirektoren. Also Telefonate sind für mich zu wenig. Wir werden ja heute noch die Nagelprobe bei Ihnen machen.

Der zweite Bereich betrifft ein Thema, das Sie selbst angesprochen haben, ein Thema, das ich auch seit mittlerweile einem Jahr versuche weiterzubringen, nämlich die Banko­matgebühren. Plötzlich – man hört es in der Presse – überlegen immer mehr Banken, Bankomatgebühren einzuführen. Ein Schelm, der etwas Böses dabei denkt, ob das et­wa das Gegengeschäft für das Basiskonto für Asylwerber ist – aber gut. Bankomatge-


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bühren werden angedacht, wir als Freiheitliche stehen absolut dafür, das zu verhindern. Wir werden auch später einen Entschließungsantrag dazu einbringen. (Beifall bei der FPÖ.)

Man muss schon einmal klarstellen – da sind wir wieder bei der Europäischen Union –, wir haben ja einige Sachen erlebt, die IBAN-Einführung – ganz sinnvoll, natürlich es­senziell wichtig – war eine europäische Vorgabe; da hat Minister Hundstorfer uns im Parlament angeschwindelt. Das war nämlich eine EU-Vorgabe, den IBAN jedem Öster­reicher aufs Auge zu drücken. Heute stehen Pensionisten vor SB-Automaten und schrei­ben Zahlen auf, Pensionisten mit 80 Jahren. All die Pensionisten werden seit Jahren an die Maschinen in den Bankfilialen gezwungen. Sie müssen sich bei den Bankfilialen alles selbst machen – von Serviceleistung keine Spur. Filialen werden geschlossen. (Zwi­schenruf des Abg. Keck.) Wenn ich Pech habe, habe ich mittlerweile nicht nur zur Post zehn Kilometer, sondern auch zur Bankfiliale zehn Kilometer zurückzulegen. (Zwi­schenruf der Abg. Lueger.– Frau Lueger, nehmen Sie doch die Realitäten zur Kenntnis!

Jetzt sage ich Ihnen Folgendes: Die Konsumenten, die Bürger in Österreich bekom­men immer weniger Serviceleistung, sie werden gezwungen, an der Maschine zu ar­beiten, auch Geld abzuheben. Und jetzt wollen Sie es zulassen, dass die Bürger eine Bankomatgebühr bezahlen? Wie kann so etwas sein? – Das ist für mich völlig unver­ständlich. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir werden jetzt die Nagelprobe machen. Ich bringe nämlich folgenden Antrag ein – da werden wir ja sehen, ob die SPÖ einmal mitzieht –:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhinderung von Bankomat-Gebühren

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsu­mentenschutz wird ersucht, mit dem Bankensektor in Österreich umgehend Verhand­lungen über eine Verhinderung von Bankomatgebühren aufzunehmen. Sollten die Ban­ken auf die Verhandlungen nicht einsteigen, dann ist eine entsprechende Regelung im Konsumentenschutzgesetz vorzubereiten, um die Einführung von Bankomatgebühren zu Lasten der österreichischen Konsumenten zu verhindern.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm und weiterer Abgeordneter betreffend Verhinderung von Bankomat-Gebühren

eingebracht in der 126. Sitzung des Nationalrates am 28.April 2016 im Zuge der Debat­te zu TOP 19)Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über die Regierungs­vorlage (1059 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Vergleichbar-


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keit von Entgelten für Verbraucherzahlungskonten, den Wechsel von Verbraucherzah­lungskonten und den Zugang zu Verbraucherzahlungskonten mit grundlegenden Funk­tionen (Verbraucherzahlungskontogesetz – VZKG) erlassen wird und das Konsumenten­schutzgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert werden (1095 d.B.)

Die FPÖ hat am 21.April 2016 zu den Plänen im Bankensektor, Bankomat-Gebühren einzuheben, ihre klare Gegnerschaft deklariert:

Weil Finanzminister Schelling den Banken bei der Bankenabgabe nicht entgegenkommt, sollen offenbar im Gegenzug wieder einmal die Konsumenten bluten. Das kommt für uns nicht in Frage. Das wird auch zur Nagelprobe für SPÖ-Minister Stöger: Ist er im Gegensatz zu seinem Vorgänger Rudolf Hundstorfer willens, sich schützend vor die ös­terreichischen Konsumenten zu stellen? Angeblich ist Stöger ja Konsumentenschutz­minister.“ Mit diesen Worten kommentierte heute FPÖ-Konsumentenschutzsprecher NAbg. Peter Wurm Medienberichte, wonach Banken bereits eine Bankomatgebühr dis­kutieren. „Wir haben den Bank-Austria-Pensionsdeal gestoppt und werden auch in Sa­chen Bankomatgebühr einen Schutzwall für die Konsumenten errichten! Nächste Wo­che im Nationalrat wird die FPÖ einen entsprechenden Antrag einbringen“, kündigte Wurm an.

Dieser klaren Haltung schloss sich auch der SPÖ-Pensionistenverband an:

Der Pensionistenverband Österreichs (PVÖ), die größte und mitgliederstärkste Senio­rInnenorganisation Österreichs lehnt Bankomat-Gebühren, wie sie derzeit von Vertre­terInnen der Banken immer wieder angedeutet werden, kategorisch ab. „Das Leben in Österreich wird von Tag zu Tag teurer. Zusätzliche, noch dazu völlig ungerechtfertigte, finanzielle Belastungen werden vom PVÖ bekämpft werden“, unterstreicht Dr. Harald Glatz, PVÖ-Konsumentenschutzsprecher das klare Nein des Pensionistenverbandes zur Erfindung neuer Gebühren auf Kosten der KonsumentInnen. „In der Regel verlan­gen Banken für ihre Bankomat-Karten ohnehin eine saftige Jahresgebühr“, so Glatz, der unterstreicht: „In Anbetracht des wahren Bankfilialen-Massensterbens der letzten Jahre bleibt der Bankomat besonders für Personen mit eingeschränkter Mobilität häufig die einzige Möglichkeit an Bargeld zu gelangen! Die Forderung nach einer Gebühr für Bankomat-Behebungen ist daher nicht nur unsozial, sie ist auch zutiefst zynisch!“

„‘Bank Austria schließt 70 Filialen‘, ‚Volksbanken sperren 100 Filialen bis 2018‘… fast täglich werden Bankstellen-Schließungen bekanntgegeben, ein wahres ‚Filial-Massen­sterben‘, auf Kosten der KundInnen, die immer längere Wege zur nächstgelegenen Bank­filiale in Kauf nehmen müssen! Darunter leiden besonders ältere Menschen, die mit On­line-Banking noch kaum vertraut sind bzw. ihre Bankgeschäfte lieber persönlich erledi­gen“, kritisiert Glatz, der weiter ausführt, dass dadurch auch eine nicht zu unterschät­zende Gefahr für SeniorInnen entsteht. „Ältere Menschen, deren Bankfiliale geschlos­sen wurde und die nun weite Wege mit z.B. dem Taxi in Kauf nehmen müssen, sind versucht teilweise fast ihre ganze Monatspension auf einmal zu beheben und diese dann zu Hause zu verwahren! Damit könnten sie leicht zum Opfer von Diebstahl, Ein­brüchen und Überfällen werden!“, warnt Dr. Glatz, der die VertreterInnen der Banken dazu auffordert, im Sinne der Kundenfreundlichkeit von weiteren Filial-Schließungen ab­zusehen und Alternativen zur Finanzierung der Filialkosten wie z.B. Kooperationen zwi­schen Banken anzudenken.

Von Konsumentenschutzminister Alois Stöger(SPÖ) kam wieder einmal über Tage und Wochen nichts zu diesem Thema. In diesem Zusammenhang ist es deshalb notwendig, dass der SPÖ-Minister umgehend mit dem Bankensektor Verhandlungen aufnimmt, um diese Bankomatgebühren zu verhindern. Sind diese nicht erfolgreich, so muss eine ent­sprechende Regelung im Konsumentenschutzgesetz umgesetz werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz wird ersucht, mit dem Bankensektor in Österreich umgehend Verhand­lungen über eine Verhinderung von Bankomatgebühren aufzunehmen. Sollten die Ban­ken auf Verhandlungen nicht einsteigen, dann ist eine entsprechende Regelung im Kon­sumentenschutzgesetz vorzubereiten, um die Einführung von Bankomatgebühren zu Lasten der österreichischen Konsumenten zu verhindern.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aslan. – Bitte.

 


18.47.42

Abgeordnete Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, ich muss das jetzt loswer­den, weil ich es wirklich satthabe, lieber Herr Kollege Wurm, dass Sie im Ausschuss und auch im Plenum immer wieder die Asylwerber in die Debatte einbringen und immer wie­der die Migranten einbringen, die in Österreich alle sehr wohl auch Konsumentinnen und Konsumenten sind. Und es ist jetzt wurscht, ob sie einen Migrationshintergrund haben oder nicht, sie sind einfach gleich zu behandeln, und das müssen Sie einfach so akzep­tieren! (Beifall bei Grünen, SPÖ, ÖVP und NEOS.)

Dass Sie jederzeit irgendwie die Chance ergreifen, um genau auf diese Gruppen loszu­schießen, das finde ich wirklich letztklassig! (Abg. Peter Wurm: Zum Thema!) Das finde ich wirklich letztklassig! (Abg. Peter Wurm: Zum Thema bitte, Frau Kollegin!) – Wenn Sie zum Thema eine Äußerung wünschen, dann müssen Sie beim Thema bleiben! (Abg. Peter Wurm: Das war Thema!) – Nein, das war nicht Thema. Sie haben zuvor ge-
sagt: 150 000 Österreicher. Das haben Sie gesagt, wir reden von Menschen. Es sind 150 000 Menschen, die im Moment … (Abg. Peter Wurm: Nein! 300 000 jetzt, Frau Kollegin, 150 000 Österreicher plus 150 000 Asylwerber sind 300 000!) – Ich brauche mit Ihnen nicht zu diskutieren, aber bleiben Sie bitte bei der Sache, es wird sich für uns alle auszahlen, glauben Sie mir!

Ich freue mich natürlich, dass ab jetzt jeder und jede überhaupt ein Recht auf ein eige­nes Konto hat. Das war eine langjährige grüne Forderung, das muss ich auch sagen. Insofern bin ich wirklich froh, dass wir es überhaupt so weit geschafft haben, dass wir zu einer Abstimmung kommen.

Mit diesem Gesetz soll die Situation von sozial oder wirtschaftlich besonders schutzbe­dürftigen Konsumentinnen und Konsumenten verbessert werden. Ausschlaggebend war natürlich schon die entsprechende Richtlinie der EU-Kommission dazu, nachdem zuvor in Österreich Politik und Banken diese Regelung, dieses Gesetz blockiert haben.

Allerdings hat dieses Gesetz einen Haken; besser gesagt: Ich hätte mir gewünscht, dass es gratis wird, denn wir reden immerhin von 80 €. Seien wir ehrlich, liebe Kolle­ginnen und Kollegen: In diesem Raum sind diese 80 € für viele wahrscheinlich nicht viel Geld, aber es gibt Menschen, besonders einkommensschwache Menschen, die mit 80 € in der Woche für ihre Lebensmittelkosten auskommen müssen. Daran müsste man auch denken, vielleicht wäre das ein Anreiz dafür, dass man in Zukunft auch an einem kostenlosen Basiskonto arbeiten könnte. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Satz zur Bankomatgebühr: Ich finde das wirklich absurd, man kann nicht auf der einen Seite heute ein Gesetz beschließen, bei dem man sich denkt, okay, wir verbes-


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sern die Situation der einkommensschwachen und sozial schwachen Konsumentinnen und Konsumenten – und auf der anderen Seite fordert man dann Bankomatgebühren.

Insofern, Herr Bundesminister, stehe ich hinter Ihnen und sehr wohl auch die KollegIn­nen, die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten. Ich hoffe, dass wir es auch so durchziehen können. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


18.51.30

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir werden grundsätzlich dieser Vorlage zustimmen. Besonders das Basiskonto ist sehr sinnvoll und macht mit dieser Kosteneinschränkung von 40 € bis 80 € sicherlich Sinn, vor allem, wenn man bedenkt, ich erwähne es immer wieder, dass wir in Österreich 900 000 Pensionistinnen und Pensionisten mit unter 900 € monatlicher Pension haben. Da wird vieles in diesem Haus oftmals schöngeredet, ganz an der Basis, an den Bür­gerinnen und Bürgern vorbei. Ich darf vielleicht anmerken, dass es zum Beispiel in England dieses Konto gratis gibt, dass es auch andere europäische Länder gibt, in de­nen es wesentlich günstiger ist. Es ist aber grundsätzlich einmal eine gute Entschei­dung, ein guter Ansatz.

Was auch in dieser Vorlage enthalten ist, ist die Erleichterung des Bankwechsels. Ich glaube, das ist sehr wesentlich, denn oftmals können gerade jene Bürgerinnen und Bür­ger, die finanzielle Probleme haben, die Bank gar nicht wechseln. Dies soll mit dieser Kontowechselservicestelle wesentlich erleichtert werden, mit einer Zustimmung, dass das dann rasch durchgeführt wird.

Die Enttäuschung, dass unser Antrag bezüglich Altersdiskriminierung von Bankkunden im Ausschuss abgelehnt wurde, darf ich schon erwähnen, da es sich diesbezüglich nicht um Einzelfälle gehandelt hat, wie gesagt wurde, sondern sich diese Beschwerde­fälle, wie die Antidiskriminierungsstelle Steiermark und der Pensionistenverband mit ei­ner Statistik belegen, in den letzten zehn Jahren verfünffacht haben. Deshalb wäre es, glaube ich, sehr angebracht gewesen, durchaus liquide Kunden zu unterstützen, damit nicht die Laufzeit der Bankomatkarte gekürzt wird beziehungsweise mit Ersatzproduk­ten Druck ausgeübt wird.

Herr Minister, ich darf ich den Dank für deine schnelle Handlungsweise vorausschicken und auch erwähnen, was wir im Ausschuss besprochen haben: Wir möchten beson­ders im Konsumentenschutzausschuss versuchen, über die Parteigrenzen hinweg Be­schlüsse zusammenzubringen, damit dieses Vertagungshickhack, wie wir es in ande­ren Ausschüssen haben, dezimiert wird, damit wir im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger handeln können.

Ich denke, du hast das mit deiner schnellen Reaktion, mit deinem klaren Nein zu den Bankomatgebühren auch ganz klar unterstrichen und deutlich gemacht und sicherlich dazu beigetragen – das ist vielleicht eine ganz neue Entwicklung –, dass es bereits am Montag zu diesem Thema einen Regierungsgipfel gibt. Ich bin überzeugt davon, dass dabei eine positive Entscheidung, nämlich keine Bankomatgebühren, für die Bürgerin­nen und Bürger herauskommen muss. Warum? – Wir haben in St. Georgen mit Radio Oberösterreich eine Diskussion über die Abschaffung des Bargelds mit Werner Beu­telmeyer und Professor Schneider von der Uni in Linz gehabt. Zuerst hat man die Kun­den Richtung Bankomatkarte gelockt, jetzt haben die meisten eine Bankomatkarte, und jetzt führt man die Bankomatgebühren ein.


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Im Zuge dieser Diskussion wurde eine Studie von market präsentiert, laut der 95 Pro­zent der Bürgerinnen und Bürger gegen die Abschaffung des Bargelds sind. Das be­ruhigt mich, und ich hoffe, dass auch bald so eine Diskussion über ein klares Nein zu TTIP kommt. Aber es war ein typisches Zeichen, dass es ein weiteres Argument für die Beibehaltung des Bargelds gibt, nämlich mit dem Ansatz, diese Bankomatgebühren ein­zuführen.

Deshalb bitte auch hier ein klares Nein, und zu dieser Vorlage eine Zustimmung! – Dan­ke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


18.55.50

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Alois Stöger, diplômé|: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass wir heute einen ganz entscheidenden Schritt gehen, um die Autonomie von Konsumen­tinnen und Konsumenten zu stärken. Was ist das Schlimme daran, wenn Menschen keinen Zugang mehr zu einem Bankkonto haben? – Das können auch Menschen sein, die durchaus ein normales Einkommen haben, indem sie auf einer Liste stehen und sie gar nicht wissen, warum sie auf eine Liste gekommen sind, durch die manche Zahlun­gen blockiert sind. – Das ist ein Grund.

Das Zweite ist, dass Menschen eine Chance haben, ihre Marktposition gegenüber Ban­ken auszuüben, da sie dann auch auf ein Basiskonto zurückgreifen können und müs­sen. Es geht um Vergleichbarkeit der Zahlungskontoentgelte, es geht um die Sicher­stellung des Wechsels von Zahlungskonten, und es geht um einen Zugang zu grundle­genden Funktionen.

Ich denke, dieses Gesetz schafft für VerbraucherInnen eine neue Möglichkeit. Inner­halb von zehn Tagen nach Antrag auf Eröffnung muss jede Bank, die Verbraucherzah­lungskonten anbietet, das tun. Mir ist es auch wichtig, dass wir damit eine Entgeltre­gelung haben. Es gibt nur mehr acht taxativ aufgezählte Gründe, die dazu führen, dass eine Bank ein solches Konto kündigen kann, und einer davon ist der Grund, dass man keinen rechtmäßigen Aufenthalt mehr in der Europäischen Union hat. Ich denke, das ist wichtig.

Herr Abgeordneter Scherak, dass jeder Mann und jede Frau die Chance hat, ein Konto zu haben, das ist aus meiner Sicht ein großer Schritt. Ich sage das auch sehr deutlich und sehr klar. Ich habe heute mit vielen Menschen, die selber in Banken arbeiten, dis­kutiert, und die sagen mir Folgendes – und eigentlich merke ich das auch, wenn ich auf meine Bank gehe –: Vor zehn Jahren habe ich auf meiner Bank einen Schalter vorge­funden, da habe ich mit Menschen reden können, da habe ich eine Dienstleistung be­kommen. Heute stehen in derselben Bank nur mehr Automaten herum. Ich sage das ganz deutlich. (Abg. Scherak: Aber Dienstleistung kriegt man immer noch, oder?)

Als diese Veränderungen eingetreten sind, haben die Bankdirektoren zu mir gesagt: Ja, das müssen wir tun, wir müssen kostengünstiger sein; wir machen das jetzt kosten­günstig! – Da sage ich auch ganz bewusst als Arbeitsminister: Wenn man das schon kostengünstig macht, dann dürfen Bankgebühren und Abhebegebühren nicht zulasten von Konsumentinnen und Konsumenten gehen. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Abg. Neubauer.)

Auf die Frage, wie dann Banken ihre Gewinne machen und wie sie ihre Dienstleistun­gen finanzieren können, kann ich nur antworten: Vergleichen Sie einmal bei Ihrer Bank, wie hoch die Überziehungszinsen sind, schauen Sie sich das an! Das heißt, bei den


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Geschäftsmodellen der Bank gibt es noch viele Möglichkeiten, zu Geschäften zu kom­men, und es müssen nicht immer nur die Konsumentinnen und Konsumenten bezahlen.

Herr Abgeordneter Wurm (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm), was mich heute stört, ich sage es Ihnen ganz deutlich: Ich war in der Früh in diesem Haus; in diesem Haus haben wir heute Früh den Bürgermeister der Welt – wie jemand gesagt hat – dagehabt. Es steht mir nicht zu, das zu sagen, aber für mich ist es wichtig, das zu sagen: Wenn wir internationale Organisationen einladen, dann sollen wir den Menschen, die auf die­ser Welt leben, die gleichen Chancen geben. Es wäre schön, diesen Blick zumindest am heutigen Tag in diesem Parlament aufrechtzuerhalten.

Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt, und es ist mir wichtig, gerade den Banken deut­lich zu machen, dass sie nicht zulasten von Konsumentinnen und Konsumenten neue Gebühren erfinden. Ich habe nichts dagegen, dass sie mit ihren Kundinnen und Kun­den Bankgebühren vereinbaren. Bitte vereinbaren, und nicht anordnen! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

19.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Holzinger-Vog­tenhuber. – Bitte.

 


19.00.58

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ)|: Herr Minister! Sehr geehr­ter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte ZuseherInnen! Men­schen ohne ein Zahlungskonto sind im 21. Jahrhundert in unserer Gesellschaft wirtschaft­lich, aber auch sozial ausgeschlossen.

Es kann sein, dass manche freiwillig die Entscheidung treffen, auf ein Konto zu ver­zichten, aber es gibt viele Menschen, die nicht die Chance haben, sich zu entscheiden, sondern denen ein Konto dezidiert verwehrt wird. In Österreich handelt es sich dabei um rund 150 000 Menschen und europaweit um rund 30 Millionen Menschen.

Schulden, Privatkonkurs, der Eintrag in die Warnliste der Banken, Kontoüberziehung, Kreditrückstand, Lohnpfändung oder das Fehlen eines festen Wohnsitzes: Es gibt viele Gründe, warum Menschen kein Konto bekommen. Das bringt betroffene Menschen aber um jenen Zugang zu elementaren Leistungen, der in der heutigen Welt so wichtig ist: un­ter anderem Verträge mit Mobilfunk-, Strom- und Wasseranbietern, um diese bezahlen zu können, Mietverträge eingehen zu können, aber auch Arbeitsverhältnisse eingehen zu können, Gehalt oder Löhne überwiesen zu bekommen – all das ist nicht möglich und wird diesen Menschen verwehrt.

Es geht auch um alltägliche Dinge wie Überweisungen; das wurde vorhin bereits disku­tiert, und da möchte ich zu Kollegen Scherak sagen – ich habe mir das auf der Seite der AK Wien herausgesucht –: Eine Person, die kein Konto hat und kein Konto erhält, kann ihre Überweisungen nur mit Bargeld in der Bank vornehmen, und eine durch­schnittliche Bareinzahlung bei einer Bank kostet laut Seite der Arbeiterkammer Wien rund 3 €. Kunden ohne ein Konto kostet das bei nur sechs Zahlungen pro Monat – da reden wir von Miete, Strom, Telefon, Handy, Versicherung, Gas et cetera; das sind rund 72 Zahlungen im Jahr – rund 216 € pro Jahr.

Wenn man hier von einer Kontoführungsgebühr von rund 80 € pro Jahr spricht (Zwi­schenruf des Abg. Scherak), so ist das bei Weitem nicht so hoch, und für sozial be­nachteiligte oder sozial schwache Menschen wird dieser Betrag auch noch reduziert. Da reden wir von Personengruppen wie erwerbsunfähigen Personen mit Beeinträchti­gung, von Privatkonkurs betroffenen Personen, aber auch von Beziehern der Mindest­sicherung oder Mindestpension – da werden eben nur 40 € an Kontoentgelt berechnet.


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Sie haben gesagt, durchschnittliche Verbraucher würden dann wechseln, ihr Konto auf­geben und dieses günstige Basiskonto nutzen: Ich glaube, dass diese Situation eben nicht eintreten würde, weil dieses Basiskonto keinesfalls überzogen werden darf. Das heißt, dieses Konto ist ein reines Guthabenkonto, mit dem man nicht ins Minus kom­men darf.

Zum Abschluss möchte ich einfach noch einmal betonen: Genau dieses Basiskonto und diese Regierungsvorlage geben das Recht auf eine wirtschaftliche und soziale Teil­habe. Das beendet Diskriminierung, gibt den betroffenen Menschen ein Stück Lebens­qualität und führt nicht zu noch mehr Armut. Ich bitte daher wirklich um breite Zustim­mung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Schellhorn. – Bitte.

 


19.04.15

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Um noch auf meine Vorrednerin Holzinger-Vogtenhuber zurückzukommen: Es gibt jetzt schon Gratiskonten. Lassen wir es doch zu, dass unter den Banken ein Wettbewerb be­steht! Wer ein Gratiskonto anbietet, sollte auch ein Gratiskonto anbieten dürfen und soll­te darin nicht behindert werden. Also wohin geht diese ganze Reise? (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Aber es gibt kein Recht darauf!)

Es scheint doch irgendwie auch in der Gesinnung zu sein: Es gibt auch viele Men­schen, die kein Konto überziehen. Das gibt es auch. Das kann es auch geben. Auto­matisch ein Konto zu haben, um es dann zu überziehen, ist auch irgendwie eine fal­sche Einstellung.

Herr Minister Stöger, jetzt muss ich schon einmal etwas sagen – weil Sie die Dienst­leistungsqualitäten der Banken vor zehn Jahren angesprochen haben –: Sie schauen ein bisschen älter aus als ich, das heißt auch, dass Sie ein bisschen Erfahrung haben: Wie war denn damals die Zinspolitik? Was hatten wir denn für Zinsen? Womit hatten denn die Banken auch Geld verdient? – Auch mit dem Kreditgeschäft verdienen sie Geld. Das ist ihr ureigenstes Interesse, Kredite zu vergeben, aber nicht, etwas tun zu müssen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Stöger.) – Darf ich bitte fertig re­den, Herr Minister?

Gleichzeitig habe ich damit schon auch ein Problem, wenn wir die Bankenabgabe be­trachten: Wozu dient denn diese Bankenabgabe? – Um den Blödsinn in den Ländern zu finanzieren, und das wurde damit auch eingenommen, und das wird in Zukunft auch weiter eingenommen! Dahin gehend haben wir das Problem, dass wir auch höhere Gebühren haben, Bearbeitungsgebühren bei den Banken, denn diese müssen das bei dieser Niedrigzinspolitik irgendwie verdienen.

Lassen Sie die Unternehmer Unternehmer sein, und versuchen Sie, ein bisschen wirt­schaftlicher zu denken! Es sollte auch in Ihrer Kompetenz als Sozialminister sein, et­was von der Wirtschaft zu verstehen. Und da muss ich sagen, da fehlt es jetzt ein biss­chen in dem ganzen System, wenn Sie als Konsumentenschutzminister verpflichtend auch dementsprechend jedem ein Konto zugestehen, so quasi: Das müssen die Ban­ken tun. – Nein, das müssen sie nicht tun! Sie können es tun, und zwischen Können und Müssen ist ein Riesenunterschied.

Dahin gehend sollte auch die ÖVP noch einmal nachdenken, ob sie das wirklich will. Herr Kollege Rädler, wollen Sie das wirklich? (Abg. Rädler nickt zustimmend.) – Echt? Na servas Gschäft! Von der Unternehmerpartei ist die ÖVP weit entfernt. – Danke viel­mals. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Rädler: Bin ja vom linken Flügel! – Allgemeine Hei­terkeit.)

19.06



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 175

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Ofenauer. – Bitte.

 


19.06.58

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Mi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Über 150 000 Menschen in Österreich haben kein eigenes Bankkonto (Ruf bei der FPÖ: 300 000!), und wenn man sich vor Augen führt, was man mittlerweile alles über das ei­gene Bankkonto abwickelt, dann erkennt man, dass Menschen ohne Bankkonto vom wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben mehr oder minder ausgeschlossen werden.

Mit dem Verbraucherzahlungskontogesetz setzen wir eine EU-Richtlinie um. Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich das Recht auf ein Bankkonto mit eingeschränkten Funk­tionen wie zum Beispiel Einzahlungen, Auszahlungen, Barabhebungen, Lastschriften und Onlinezahlungen. Die Kosten dafür – es wurde bereits angesprochen – dürfen ma­ximal 80 € betragen, für besonders bedürftige Personen 40 €. Das Konto kann auch nicht überzogen werden, sodass es keinesfalls zu einer Schuldenfalle werden kann.

Manche sind jetzt der Meinung, dass ein solches Bankkonto gratis zur Verfügung ge­stellt werden sollte, aber ich gebe dabei zu bedenken, dass eine Dienstleistung etwas kostet. Wenn etwas geleistet wird, dann ist es auch etwas wert, und das muss auch ab­gegolten werden.

Eine andere Art der Dienstleistung taucht auch wieder in den Medien auf: die Banko­matbehebung. Die Dienstleistung der Bargeldbehebung wurde vom Schalter zum Auto­maten verlagert. Manche Banken scheinen die Einführung einer Behebungsgebühr zu überlegen, aber da gebe ich zu bedenken, dass auch eine solche Bankomatbehebung eine Dienstleistung darstellt, die 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche zur Ver­fügung steht. Auch der Betrieb eines Bankomaten kostet etwas, wobei diese Kosten allerdings oft in die Kosten für die Kontoführung miteingerechnet werden.

Wofür ich allerdings schon Verständnis habe, ist, dass Behebungsgebühren von Kun­den solcher Banken eingehoben werden, die selbst kein Bankomatennetz zur Verfü­gung stellen oder keine Bankfilialen betreiben, sondern nur im Internet vorhanden sind. Da eine Gebühr zu verlangen ist für mich sehr verständlich, weil die Struktur, die an­dere erhalten, sonst nur ausgenützt und nur Vorteile daraus gezogen würden.

Wenn es aber um die Kosten von Bankomatbehebungen geht, ist ein zweiter Punkt in diesem Gesetz interessant, nämlich die bessere Vergleichbarkeit von Bankdienstleis­tungen wie zum Beispiel Bankomatbehebungen. Das Ziel dieser Bestimmung ist es, dass transparent gemacht werden muss, wie viel ein Konto kostet und, vor allem, wel­che Leistungen angeboten werden, um einen Vergleich mit anderen Anbietern zu er­möglichen.

Künftig müssen Banken also nach standardisierten Kriterien die Kosten für den Kunden veröffentlichen, und dann wird es einem mündigen Konsumenten möglich sein, die Kos­ten für sein Bankkonto mit den Kosten eines anderen Anbieters zu vergleichen und die für ihn besten Konditionen zu finden. In anderen Bereichen funktioniert das schon sehr gut, und ich bin mir auch sicher, dass diese Maßnahme den Konsumenten stärkt und ihm mittelfristig hilft, Kosten zu sparen, indem er das für ihn passende Angebot aus­wählen kann. Es schafft auch ausreichend Wettbewerb, der es nicht notwendig macht, wieder ein Gesetz zu verabschieden, das in einem bestimmten Punkt in die Preisge­staltung von Unternehmen eingreift.

Um die Sache mit den Bankomatgebühren zu klären, wird Finanzminister Schelling am Montag ein Gespräch mit den Banken führen – ein Gespräch führen und nicht telefo­nieren.


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Zum Antrag betreffend Preisgestaltung/Preiserhöhung muss ich schon noch dazusa­gen, dass es, wie ich glaube, nicht dem Sinn und Zweck des Konsumentenschutzge­setzes entspricht, unter dem Deckmantel des Konsumentenschutzes Preisgestaltung zu betreiben. (Beifall bei der ÖVP.)

19.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


19.10.56

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Beim Verbraucherzahlungskontogesetz stellt das Basiskonto für alle das Herzstück dar. Da ich voraussichtlich die vorletzte Rednerin bin, möchte ich noch einmal die Informationen zum Basiskonto zusammenfassen.

Handyvertrag, Miete, Gas und Strom – viele Zahlungsgeschäfte des täglichen Lebens sind ohne Bankkonto mühsam. Wer kein Bankkonto besitzt, steht vor großen, zum Teil unüberbrückbaren Hindernissen. In Österreich – und das haben wir heute schon mehr­mals gehört – sind aber 150 000 Menschen davon ausgeschlossen. Sie haben derzeit kein Bankkonto. Sie alle sind auf Bareinzahlungen angewiesen und haben sehr hohe Spesen bei diesen Einzahlungen. Laut AK fallen durchschnittlich 3 € pro Einzahlung an. Außerdem kommt auf dem Arbeitsmarkt hinzu, dass Arbeitgeberinnen und Arbeit­geber nicht bereit sind, das Gehalt auch bar auszuzahlen.

Mit dem Recht auf ein Basiskonto, das im September 2016 per EU-Richtlinie in Kraft tritt, wird nun ein wesentlicher Meilenstein im Konsumentenschutz umgesetzt, ein Ins­trument zur Emanzipation der Bankkundinnen und Bankkunden.

Was sind die Eckpunkte dieses Basiskontos? – Das sind, erstens, mehr Transparenz, zweitens, das Recht auf ein Konto für alle, die über einen regelmäßigen Aufenthalt in der EU verfügen, unabhängig vom Wohnort und von der Staatsangehörigkeit und, drit­tens, der möglichst friktionsfreie Wechsel der Bank.

Der wesentliche Unterschied zu einem sogenannten normalen Zahlungskonto ist, dass es keinen Überziehungsrahmen gibt. Das heißt, eine Überziehung ist nicht möglich, und daher ist es auch für Menschen mit Schulden geeignet. Ausgestattet ist dieses Konto aber mit Bankomatkarte, Onlinebanking und mit der Möglichkeit, Daueraufträge und Last­schriften zu tätigen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Basiskonto ein Quantensprung im Kon­sumentenschutz ist, da nun alle Bürgerinnen und Bürger am sozialen und wirtschaftli­chen Leben unserer Gesellschaft teilnehmen können.

Sehr geehrter Herr Minister Stöger, es freut mich sehr, dass Sie gegen die Bankomat­gebühren sind. Ich werde diesen Vorstoß selbstverständlich unterstützen, denn ich fin­de es äußerst konsumentenfeindlich, dass solche Bankomatgebühren, wenn es schon hohe Bankgebühren gibt, dann auch noch erfunden werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. El Habbassi.)

19.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


19.14.17

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit)|: Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verbraucherzahlungs­kontogesetz bringt ein Recht auf ein Basiskonto – das haben wir heute schon oft ge­hört – und soll den Vergleich von Kontogebühren und einiges mehr, wie Bankwechsel und so weiter, erleichtern. Dafür soll jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ei-


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ne Gebühr für eine Bankomatkartenbehebung eingeführt werden. Das lehne ich ganz ent­schieden ab.

Betroffen von diesem Basiskonto sind zirka 150 000 Menschen in Österreich – und ich halte es da mit Herrn Kollegen Wurm: 150 000 Österreicherinnen und Österreicher –, und jetzt sollen noch einmal so viele dazukommen, die bisher kein Konto hatten, weil sie überschuldet waren, kein Einkommen oder keinen Wohnsitz hatten.

Auf eine Sache, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss man in Zukunft schon achten, was die Kosten für die Kontoführung betrifft: Laut diesem Gesetzentwurf sind die Kosten für ein Basiskonto mit maximal 80 € jährlich begrenzt. Besonders bedürfti­gen Menschen werden höchstens 40 € pro Jahr verrechnet werden. Für mich stellt sich die Frage, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wer entscheidet, wer besonders bedürftig ist? Wer zahlt 80 €, und wer zahlt 40 €? – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abge­ordneten der FPÖ.)

19.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Antoni. – Bitte.

 


19.15.51

Abgeordneter Konrad Antoni (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Zum Entschließungsantrag des Abgeordneten Wurm von der Frei­heitlichen Partei muss ich gleich eingangs sagen: Diesem Antrag können wir in dieser Form nicht zustimmen, da in diesem Antrag ein Verbot im Konsumentenschutzgesetz gefordert wird.

Man muss schon festhalten: In diesem Gesetz kann der Konsumentenschutzminister nichts verbieten, denn über dieses bestimmt der Justizminister, und so muss man sich grundsätzlich die Frage stellen, ob dieser Entschließungsantrag absichtlich oder nicht absichtlich schon so gestellt wurde, dass man nicht zustimmen kann, da der Minister nicht ins Ressort des Justizministers einwirken kann.

Was ich auch entschieden zurückweisen möchte, ist der Vorwurf der Untätigkeit. Der Antrag kommt eindeutig zu spät, denn aktuell wird im Sozialministerium bereits intensiv geprüft, ob es gesetzliche Möglichkeiten geben wird, um eine solche Gebühr zu verhin­dern, die dann aber auch europa- und verfassungsrechtlich gedeckt sein müssen. Wie gesagt: Die Arbeiten sind im Sozialministerium bereits intensiv am Laufen.

Vielleicht noch zur aktuellen Rechtslage in diesem Bereich ohne ein solches Verbot: Momentan ist die Situation so, dass bei Neuverträgen eine Bankomatgebühr eingeführt werden kann. Die Vorschläge, die bereits in den Medien kursieren, sind aber in vielen Bereichen, denke ich, rechtswidrig, und ich bin davon überzeugt, dass die Konsumen­tenschutzorganisationen das in Zukunft intensiv im Auge behalten werden.

Bei den laufenden Altverträgen ist es etwas kritischer. Da ist die Einführung einer neu­en Gebühr bei Behebungen mit Bankomatkarte nur im Wege der ausdrücklichen Zu­stimmung des Verbrauchers und damit letztendlich im Wege einer Änderungskündi­gung zulässig. Wie gesagt, es gibt bereits intensive Arbeiten im Bereich des Sozialmi­nisteriums.

Es wurde im Bereich des Basiskontos schon vielfach auf die Eckpunkte eingegangen. 30 Millionen Menschen innerhalb der Europäischen Union sind betroffen, 150 000 Men­schen – ich möchte wirklich von Menschen sprechen – sind auch in Österreich betrof­fen. Wir reden von Obdachlosen, wir reden von Menschen ohne Einkommen, wir reden von Menschen, die überschuldet sind.

All diese Menschen haben bis jetzt insofern einen erheblichen Nachteil, als sie für ihr tägliches Leben Bareinzahlungen machen müssen, und diese Bareinzahlungen sind nun einmal teurer als der bargeldlose Zahlungsverkehr. Das heißt, dass gerade sozial schwä-


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cher gestellte Menschen und Menschen, die unter finanziellem Druck stehen, auch noch mit höheren Gebühren belastet werden.

Durch dieses Gesetz besteht jetzt mit Stichtag 18. September 2016 genau für diese stigmatisierten Menschen in Österreich, die einen rechtmäßigen Aufenthalt und ihren ständigen Wohnsitz in der EU haben, das Recht auf ein Basiskonto.

Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass diese Menschen bis jetzt auch im Bereich des Arbeitsmarkts und bei der Jobsuche benachteiligt waren, da Arbeitgeber in vielen Bereichen keine Barauszahlung mehr vorgesehen haben.

Das Konto wird auch über alle notwendigen Funktionen eines normalen Zahlungskon­tos verfügen. Die Begrenzungen mit 40 € beziehungsweise 80 € werden noch im Som­mer vonseiten des Sozialministeriums für die berechtigten Personenkreise festgelegt wer­den.

Summa summarum möchte ich anführen, dass dieses Basiskonto eine wichtige, eine richtige Maßnahme im Bereich des Konsumentenschutzes ist. Mit der Umsetzung die­ser EU-Richtlinie wurden und werden auch die angesprochenen Hindernisse und Be­nachteiligungen ausgeräumt, weshalb ich diesem Gesetz sehr, sehr gerne zustimme und es begrüße. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.20

19.20.27

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1059 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhinderung von Banko­mat-Gebühren.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

19.21.2420. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichts für Strafsachen Wien, 93 Hv 28/16t, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (1114 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Mir liegen dazu keine Wortmeldungen vor.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 1114 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichts für Strafsachen Wien, 93 Hv 28/16t, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Wolfgang Zinggl wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 179

Abs. 1 und 2 StGB wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusam­menhang zwischen der vom Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Wolfgang Zinggl be­steht; daher wird einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Wolfgang Zinggl nicht zugestimmt.“

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (Abg. Fekter: Das hat er gar nicht verdient, der Zinggl! – Abg. Auer: Das hast du nicht zu bewerten!)

19.22.5021. Punkt

Dritte Lesung: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1470/A der Abge­ordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Michaela Steinacker, Christoph Hagen, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz (B-VG), das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Natio­nalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, die Strafprozeßordnung 1975 (StPO), das Bundesgesetz über die Wahl des Natio­nalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) und das Bundesgesetz über die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments (Europawahlordnung – EuWO) geändert werden (1081 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Da die Voraussetzungen des § 108 der Geschäftsordnung erfüllt sind, gelangen wir nun zur Abstimmung.

Da dieser Entwurf gemäß § 82 Abs. 2 Z 1 und 2 der Geschäftsordnung nur in Anwe­senheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Nationalrates beschlossen wer­den kann, stelle ich dies eindeutig fest.

Jene Damen und Herren, die dem erwähnten Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

19.23.46Einlauf

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1667/A(E) bis 1679/A(E) eingebracht wurden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 19.24 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

19.24.12Schluss der Sitzung: 19.24 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien