Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 121

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Wissen Sie aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir solche Investi­tionsschutzabkommen auch mit zwölf Ländern, die Mitglied der Europäischen Union sind, abgeschlossen haben? – Zum Beispiel mit Estland, Lettland, Litauen, Polen, Mal­ta, Slowenien, Tschechien oder der Slowakei. Sind das etwa keine entwickelten Rechts­staaten? (Abg. Kogler: Das ist ja ein Relikt, das soll ja verschwinden! Das ist ja un­glaublich!)

Lassen Sie mich mit einem weiteren Mythos im Zusammenhang mit Investitionsschutz­abkommen aufräumen: Es wird immer damit argumentiert, dass es ein Wahnsinn sei, dass sich nur ausländische, nicht aber inländische Unternehmen an die Schiedsge­richte wenden dürfen. Sehen Sie sich doch bitte einmal die EU-Regelungen an! Wenn sich zum Beispiel ein italienisches Unternehmen in Kärnten niederlässt oder grenz­über­schreitend Waren oder Dienstleistungen anbietet und dabei in Kärnten von einer Be­hörde diskriminiert wird, dann kann sich der italienische Unternehmer wegen Verstoßes gegen die Niederlassungs-, Waren- oder Dienstleistungsfreiheit an den EuGH wenden.

Handelt es sich aber um ein nicht im EU-Ausland, sondern etwa in der Steiermark an­sässiges Unternehmen, dem in Kärnten Gleiches widerfährt, dann liegt eine bloße In­länderdiskriminierung vor, auf die das EU-Recht nicht anwendbar ist. Das heißt, der stei­rische Unternehmer kann sich nicht an den Europäischen Gerichtshof wenden. Wo bleibt denn hier der Aufschrei der CETA-Gegner? Zählt hier der österreichische Unter­nehmer plötzlich nicht mehr so viel wie in einer Anti-CETA-Kampagne?

Sie sehen also, meine sehr geehrten Damen und Herren, angesagte Katastrophen fin­den nicht statt und lassen sich oftmals schon durch eine seriöse Herangehensweise aus­räumen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


15.55.34

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es geht bei CETA in Wirklichkeit weder um Heumilch, noch um iPhone-Weitwurfbewerbe. Ich glaube auch nicht, dass die Welt untergeht, wenn CETA, so wie es vorliegt, in Kraft tritt – sicher nicht –, sie geht aber auch nicht unter, wenn es nicht in Kraft tritt. Man kann bei dem, worum es hier geht, schon ein bisschen auf dem Boden bleiben.

Die Kritik im Kern, die richtet sich gegen die Schiedsgerichte, gegen private Klagemög­lichkeiten. – Die existieren. (Ruf bei der ÖVP: Kritik an Kern?!) Es hat keiner Angst vor der kanadischen Regierung, es glaubt keiner, dass das kanadische Volk den Österrei­chern etwas Böses will, auch umgekehrt nicht. Das, worum es geht, ist, ob Konzerne – egal, ob es kanadische oder österreichische Konzerne sind – über Staaten, über die De­mokratie, über die Verfassung, über Rechtsgrundsätze, über Rechtssysteme gestellt wer­den, und das ist das, was passiert.

Kann ein Staat einen Konzern vor einem Schiedsgericht klagen? – Nein. Kann ein Ar­beitnehmer einen Konzern vor einem Schiedsgericht klagen? – Nein. Es kann nur einer klagen, der Konzern, und er kann nur einen klagen, nämlich den Staat. Das hier ist ei­ne Sondermöglichkeit, bei der Konzernen Rechte außerhalb von etablierten Rechtssys­temen eingeräumt werden.

Jetzt kann man der Meinung sein, ja, für mich sind Konzerne das Wichtigste, das Bes­te, das Größte, das Höchste, und deswegen will ich denen eine besonders große Stel­lung geben (Abg. Brosz: Das ist die Strolz-Position!), oder man kann das kritisch se­hen. Das kann man ganz einfach ausdiskutieren, aber hier wird so getan, als ob jeder,


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