Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 39

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Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


10.14.58

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute über den neuen Sozialbericht: „Sozialpolitische Entwicklungen und Maßnahmen 2015-2016“.

Wenn man sich den Bericht durchliest und überlegt, was wäre, wenn man diese Zeit nicht selbst miterlebt hätte, sondern den Bericht irgendwann in weiter Zukunft lesen wür­de, dann muss man sagen, man wüsste gar nicht, was in dieser Zeit wirklich passiert ist. Die Massenflucht, die Massenmigration in den Jahren 2015, 2016 wird da drinnen so gut wie überhaupt nicht erwähnt. Das allein ist schon einmal nicht unspannend, dass ein Sozialbericht auf eine solche Bewegung nicht eingeht. Das ist in Wirklichkeit eigent­lich ungeheuerlich, Herr Bundesminister!

Es ist aber nicht besonders überraschend, denn man kann ja ehrlicherweise sagen, wenn man sich das durchliest: Ihre Schlussfolgerungen können gar nicht richtig sein, da Sie ja schon in der Problemanalyse nicht richtig gelegen sind. So wäre es, wenn man es gut meint. Wenn man es schlecht meint, könnte man diesen ganzen Bericht als Fake News bezeichnen, denn nichts anderes ist er. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man sich die Zusammenfassungen und Schlussfolgerungen anschaut, dann zeigt sich ein ganz krasses Bild. Es ist schon etwas verwunderlich, dass die Kollegin­nen und Kollegen der ÖVP dem so ihre Zustimmung gegeben haben und das so zur Kenntnis genommen haben und sich wahrscheinlich auch noch darüber gefreut haben. Man hat den Eindruck, dass Ihr Gruppenmitarbeiter, der den Bericht verfasst hat, wahr­scheinlich bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Deutschland geschult worden ist. Ge­nau das steht da drinnen. Das ist eine Kurzfassung von Karl Marx; der hätte seine größte Freude.

Zunächst einmal gebe ich Ihnen einige Zitate wieder:

„Der Wohlfahrtsstaat ermöglicht der Mitte auch ohne Vermögen zu leben. Pensionsver­sicherung, Kranken- und Arbeitslosenversicherung, (geförderte) Mietwohnungen und öf­fentliche Schulen und Universitäten ermöglichen den Lebensstandard der Mitte und ver­hindern gerade in unsicheren Zeiten ein Abrutschen nach unten.“

Das heißt, zunächst einmal ist die Vermögensbildung und Eigentumsbildung überhaupt nicht für den Mittelstand vorgesehen. Wir Sozialdemokraten haben lieber keine Vermö­gensbildung und Eigentumsbildung, denn Eigentum ist Freiheit, und das wollen wir nicht! Wir haben lieber die Menschen von der Wiege bis zur Bahre an der Kandare. (Bei­fall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Abgesehen davon: Es ist auch inhaltlich vollkommen falsch, denn gerade der Mittel­stand ist es, der besonders belastet ist, gerade im Gesundheitsbereich. Herr Bundes­minister, Sie wissen es doch ganz genau: Immer weniger Ärzte sind im Kassensystem drinnen, und es sind gerade die Menschen aus dem Mittelstand, die in der Zwischen­zeit zum Wahlarzt gehen, wo für jeden Arztbesuch bezahlt werden muss.

Zweites Beispiel, die Schule: Gerade die Menschen aus dem Mittelstand sind es doch – und Sie beklagen sich an anderer Stelle, dass Bildung vererbbar ist –, die sich die Schul­bildung ihrer Kinder vom Mund absparen müssen, weil sie einerseits Steuern für das öffentliche Schulsystem zahlen, aber andererseits noch einmal tief in die Tasche grei­fen und für die Schulbildung ihrer Kinder bezahlen, wenn sie möchten, dass ihre Kinder eben nicht in diesem öffentlichen System beschult werden, in dem dann ein Drittel aller


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