Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 44

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Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (fortsetzend): Ich nehme das Wort „Schwach­sinn“ zurück, aber etwas, das offensichtlich falsch ist, darf man steuerfinanziert in einen solchen Bericht hineinschreiben! Die OECD, der Internationale Währungsfonds und die EU-Kommission fordern von Österreich seit Jahren Pensionsreformen. Gerade diese Woche ist wieder ein Länderbericht der EU-Kommission herausgekommen und ver­langt wieder Pensionsreformen von Österreich: eine Angleichung des Frauenpensions­alters, die Berücksichtigung der steigenden Lebenserwartung, die Harmonisierung der verschiedenen Systeme. Alle Experten sagen das Gleiche, nur das kleine gallische Dorf Sozialministerium erklärt die Erde weiterhin zu einer Scheibe und sagt: Die Pensionen sind sicher. (Beifall bei den NEOS. – Heiterkeit der Abg. Schimanek.)

Die Höhe der Neupensionen – das steht versteckt auch in Ihrem Bericht – geht zurück. Allein von 2014 auf 2015 sind die Neupensionen um 5 Prozent gesunken. (Abg. Schatz: Aber die Pensionen sind sicherer als jede private Vorsorge!) Ihre vielgelobte erste Säu­le erodiert den Menschen unterm Hintern weg! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Schatz.)

Auf Seite 6 kommt ein weiteres Highlight: „Die obersten Einkommen wachsen expo­nentiell“. – Da würde ich jetzt einen Ordnungsruf bekommen, darum sage ich es nicht, aber: „Die obersten Einkommen wachsen exponentiell“. – Weiß man im Sozialministe­rium, was exponentiell heißt? Exponentiell mit welchem Faktor bitte? Selbst in Ihrem Bericht sind Jahre ausgewiesen, in denen die obersten Einkommen anteilig gesunken sind. Von exponentiell kann keine Rede sein, aber Ihre Experten dürfen es hinein­schreiben und sich dafür ein schönes Honorar zahlen lassen.

Auf Seite 244 im Bericht findet sich die Aussage: Viel mehr noch werden die Kapital­einkommen mit einer 25-prozentigen Flat Tax besteuert, während die anderen Einkom­men mit dem progressiven Steuersatz belastet werden.

Erstens darf man Sie darüber informieren, dass die Kapitalertragsteuer inzwischen 27,5 Prozent beträgt. Zweitens beträgt die effektive Lohnsteuerleistung der Arbeitneh­mer – das weist Ihr Bericht auch versteckt an anderer Stelle aus, nämlich auf Sei­te 304 – 11 Prozent und nicht 27,5 Prozent. Das liegt daran, dass die ersten 11 000 € frei sind. Sie können also nicht davon ausgehen, dass die Kapitaleinkommen übermä­ßig begünstigt sind, und natürlich brauchen Sie auch Leute, die unternehmerisch tätig sind und ihr Kapital arbeiten lassen, denn diese haben auch ein unternehmerisches Ri­siko.

Sie sagen in Ihrem Bericht, dass die Reichen immer reicher werden und die Lohnquote zurückgeht, aber man sieht auch, dass die Lohnquote in den Krisenjahren natürlich steigt, denn wenn man mit Unternehmertum nichts verdienen kann, weil man in einer wirtschaftlichen Krise ist, bleiben die Lohnquoten relativ stabil, weil die Arbeitnehmer an diesem Unternehmerrisiko nicht partizipieren, und wenn es wirtschaftlich läuft, macht der Unternehmer mehr, weil sich das Risikokapital rentiert, und dann geht die Lohn­quote anteilig zurück. Sie werden ja nicht die Arbeitnehmer voll am Unternehmerrisiko be­teiligen wollen.

In diesem Stil verdreht der Bericht auf 400 Seiten die Realität und knüpft dann marxis­tische Forderungen an diese verdrehte Realität.

Im Sozialausschuss haben Sie von Einsparungen im Sozialsystem gesprochen. Bitte welche Einsparungen? – Gar nichts ist eingespart worden. Der Anteil der Sozialausga­ben am Bruttoinlandsprodukt ist von 2008 auf 2015 von 27,8 Prozent auf 30,2 Prozent gestiegen, in Euro gesprochen von 78,7 Milliarden € auf 99,9 Milliarden €. – Welche Ein­sparungen?!

In 72 Jahren Zweiter Republik hatten wir 63 Jahre lang sozialdemokratische Sozialmi­nister, und Sie erklären uns auf 400 Seiten, dass alles eine Katastrophe ist. Da würde ich mich einmal selbst an der Nase nehmen und überlegen, warum ich eine 400-seitige


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