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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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167. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 2. März 2017

 

 


Stenographisches Protokoll

167. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode                 Donnerstag, 2. März 2017

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 2. März 2017: 9.06 – 15.47 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Sozialbericht des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumenten­schutz

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bau­ern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Arbeitslosenver­sicherungsgesetz 1977 und das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert werden (So­zialversicherungs-Änderungsgesetz 2017 – SVÄG 2017)

3. Punkt: Bericht über den Antrag 1978/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verschärfung des Sonderpensionenbegrenzungs­gesetzes

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1908/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Pensionen um 1,3 Prozent

5. Punkt: Bericht über den Antrag 1870/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Sozial- und Weiterbildungsfonds (SWF)

6. Punkt: Bericht über den Antrag 1996/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung des EU-Beamten-Pensionssystems und Überführung in nationale Systeme auf ASVG Niveau“

7. Punkt: Bericht über den Antrag 1967/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwent­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend nächsten Schritt bei der Begrenzung von Son­derpensionen

8. Punkt: Bericht über den Antrag 1971/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwent­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausgleichszulage für BMS-Dauerleistungsbe­zieherinnen

9. Punkt: Bericht über den Antrag 1938/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984 und das Behinderteneinstel­lungsgesetz geändert werden

10. Punkt: Bericht über den Antrag 1140/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungs­gesetz geändert wird


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Bericht über den Antrag 2003/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Be­triebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz und das Landarbeitsgesetz ge­ändert werden

12. Punkt: Bericht über den Antrag 1998/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Diet­rich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Imagekampagne zur Aufwertung der Lehr­ausbildung“

13. Punkt: Bericht über den Antrag 1986/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Offenlegung der Vorgänge rund um den AMS-IT

14. Punkt: Bericht über den Antrag 1933/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Verstärkung der Eingliederung von Menschen mit Be­hinderung in den allgemeinen Arbeitsmarkt

15. Punkt: Bericht über den Antrag 759/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Herkunftslandprinzip bei der Mindestsicherung

16. Punkt: Bericht über den Antrag 1947/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Behebung des Mangels an KöchInnen

17. Punkt: Bericht über den Antrag 1898/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kol­leginnen und Kollegen betreffend verbesserte Rahmenbedingung zur finanziellen Ab­sicherung für junge Erwachsene in Ausbildung

18. Punkt: Bericht über den Antrag 1490/A(E) der Abgeordneten Georg Willi, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Öffnung der Forststraßen für Mountainbikerinnen und Moun­tainbiker

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 17

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 38

Fragestunde (23.)

Inneres ........................................................................................................................... 17

Otto Pendl (269/M); Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Günther Kumpitsch

Werner Amon, MBA (265/M); Ulrike Königsberger-Ludwig

Dr. Walter Rosenkranz (275/M); Ing. Robert Lugar

Dr. Peter Pilz (272/M); Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

Dr. Nikolaus Scherak (268/M); Jürgen Schabhüttl, Mag. Albert Steinhauser

Christoph Hagen (274/M)

Rudolf Plessl (270/M)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 3

Mag. Michaela Steinacker (266/M)

David Lasar (276/M); Werner Amon, MBA

Mag. Alev Korun (273/M)

Angela Lueger (271/M); Dr. Rainer Hable

Mag. Michael Hammer (267/M)

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 17

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................  37, 118, 128

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Sozialbe­richt des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (III-350/
1483 d.B.) ....................................................................................................................... 38

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .......................................................................... 39

Josef Muchitsch ........................................................................................................... 41

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 43

August Wöginger ......................................................................................................... 45

Ing. Waltraud Dietrich .................................................................................................. 47

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 48

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ..................................................................... 51

Peter Wurm ................................................................................................................... 52

Ulrike Königsberger-Ludwig ...................................................................................... 53

Josef Schellhorn .......................................................................................................... 55

Dr. Franz-Joseph Huainigg ......................................................................................... 56

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) ............................................................................ 57

Mag. Judith Schwentner .............................................................................................. 59

Rupert Doppler ............................................................................................................. 60

Johann Hechtl ............................................................................................................... 60

Ing. Mag. Werner Groiß ............................................................................................... 62

Mag. Birgit Schatz ........................................................................................................ 63

Ing. Markus Vogl ........................................................................................................... 64

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................... 66

Mag. Helene Jarmer ..................................................................................................... 67

Johann Höfinger ........................................................................................................... 68

Karl Öllinger .................................................................................................................. 69

Leopold Steinbichler .................................................................................................... 70

Kenntnisnahme des Berichtes III-350 d.B. ..................................................................... 72

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (1474 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensions­gesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Arbeitskräfteüberlas­sungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2017 – SVÄG 2017) (1484 d.B.)             ............................................................................................................................... 72


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 4

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1978/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verschärfung des Sonderpensionenbegrenzungsgesetzes (1485 d.B.)                                                                     73

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1908/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Erhöhung der Pensionen um 1,3 Prozent (1486 d.B.) ......................................................................................................................................... 73

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1870/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Evaluierung des Sozial- und Weiterbildungsfonds (SWF) (1487 d.B.) ...................................................................................................................... 73

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1996/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Abschaffung des EU-Beamten-Pensionssystems und Überfüh­rung in nationale Systeme auf ASVG Niveau“ (1488 d.B.) ....................... 73

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1967/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend nächsten Schritt bei der Begrenzung von Sonderpensionen (1489 d.B.)                                                                                                                   73

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1971/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Ausgleichszulage für BMS-Dauerleistungsbezieherinnen (1490 d.B.)                                                                                         73

Redner/Rednerinnen:

Werner Neubauer ......................................................................................................... 73

Erwin Spindelberger .................................................................................................... 75

Mag. Judith Schwentner .............................................................................................. 77

Peter Haubner ............................................................................................................... 79

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 80

Dietmar Keck ................................................................................................................ 81

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ..................................................................... 82

Ing. Waltraud Dietrich .................................................................................................. 83

Johann Singer .............................................................................................................. 84

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .......................................................................... 84

Wolfgang Knes ............................................................................................................. 86

Rupert Doppler ............................................................................................................. 86

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................... 87

Gerhard Schmid ........................................................................................................... 88

Peter Wurm ................................................................................................................... 89

August Wöginger ......................................................................................................... 90

Annahme des Gesetzentwurfes in 1484 d.B. ................................................................. 91

Kenntnisnahme der sechs Ausschussberichte 1485, 1486, 1487, 1488, 1489 und 1490 d.B.                      91

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1938/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Post-Betriebsverfassungsge­setz, das Landarbeitsgesetz 1984 und das Behinderteneinstellungsgesetz geän­dert werden (1496 d.B.) ......................................................................................................... 92

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1140/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird (1497 d.B.) .................................................... 92


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 5

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2003/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz und das Landarbeitsgesetz geändert werden (1498 d.B.) ...................................................................................................................... 92

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1998/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Imagekampagne zur Aufwertung der Lehrausbildung“ (1499 d.B.)                                                                                                                   92

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .......................................................................... 93

Josef Muchitsch ........................................................................................................... 94

Mag. Birgit Schatz ........................................................................................................ 95

August Wöginger ......................................................................................................... 96

Ing. Waltraud Dietrich .................................................................................................. 97

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 98

Rupert Doppler ............................................................................................................. 99

Walter Bacher ............................................................................................................. 100

Gerhard Schmid ......................................................................................................... 100

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 101

Bernhard Themessl .................................................................................................... 102

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1496, 1497 und 1498 d.B. ................................ 103

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1499 d.B. .................................................... 104

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1986/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Offenlegung der Vorgänge rund um den AMS-IT (1491 d.B.) .................................................................................................................... 104

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1933/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Verstärkung der Eingliederung von Menschen mit Behinderung in den all­gemeinen Arbeitsmarkt (1492 d.B.) ......................................... 104

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 759/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Herkunftslandprinzip bei der Mindestsicherung (1493 d.B.) ....................................................................................................................................... 104

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1947/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Maßnahmenpaket zur Behebung des Mangels an KöchInnen (1494 d.B.)                                                                                                                           104

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1898/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend verbesserte Rahmenbedingung zur finanziellen Absicherung für junge Erwachsene in Ausbildung (1495 d.B.) .................................... 104

Redner/Rednerinnen:

Peter Wurm ........................................................................................................  105, 117

Johann Hechtl ............................................................................................................. 106

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 106

Ing. Mag. Werner Groiß ............................................................................................. 108

Josef Schellhorn ........................................................................................................ 109

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 110

Dr. Marcus Franz ........................................................................................................ 111


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 6

Ing. Waltraud Dietrich ................................................................................................ 112

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ........................................................................ 112

Ing. Markus Vogl ......................................................................................................... 114

Rupert Doppler ........................................................................................................... 115

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 116

Gerhard Schmid ......................................................................................................... 117

Kenntnisnahme der fünf Ausschussberichte 1491, 1492, 1493, 1494 und 1495 d.B.                       118

Zuweisung des Antrages 1933/A(E) an den Finanzausschuss .................................... 118

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den An­trag 1490/A(E) der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Öffnung der Forststraßen für Mountainbikerinnen und Mountainbiker (1477 d.B.)                                                                                                                    119

Redner/Rednerinnen:

Erwin Angerer ............................................................................................................ 119

Hermann Krist ............................................................................................................ 120

Georg Willi .................................................................................................................. 121

Mag. Johannes Rauch ............................................................................................... 122

Rupert Doppler ........................................................................................................... 123

Norbert Sieber ............................................................................................................ 124

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 125

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 126

Dieter Brosz, MSc ...................................................................................................... 127

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1477 d.B. .................................................... 128

Zuweisung des Antrages 1490/A(E) an den Ausschuss für Land- und Forstwirt­schaft                    128

Eingebracht wurden

Bericht ........................................................................................................................... 38

III-364: Bericht aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 10. Novem­ber 2016 (178/E XXV. GP) betreffend Datenschutz bei Wahlkarten; BM f. Inneres

Anträge der Abgeordneten

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsge­setz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird (2027/A)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bankomatgebührenverbot für Euro­net und Co (2028/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bankomatgebührenverbot für Euro­net und Co (2029/A)(E)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Straffung und Entbürokratisie­rung der Verfahren nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (2030/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ehrenamtsbonus bei Aufnah­me in den öffentlichen Dienst (2031/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bereitstellung von adäquaten Unterbringungsmöglichkeiten für junge Menschen mit Behinderung (2032/A)(E)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 7

Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (2033/A)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend klare Rahmenbedingungen für Verfahren bei Infrastrukturprojekten (2034/A)(E)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bundesweite Harmoni­sierung und Vereinfachung der Förderlandschaft im Bereich der individuellen Unterstüt­zung und Rehabilitation“ (2035/A)(E)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Reduktion der GIS Ge­bühren für sehbeeinträchtigte Menschen“ (2036/A)(E)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Luxuspensionsreform jetzt – das Arbeitsprogramm der Bundesregierung 2017/2018 umsetzen“ (2037/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend konsequen­te Herkunfts-Kennzeichnung von Lebensmitteln (2038/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend konsequen­te Herkunfts-Kennzeichnung von Lebensmitteln (2039/A)(E)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutsch-Klassen für Schüler ohne ausreichende Kenntnis der Unterrichtssprache (2040/A)(E)

Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Human Biomonitoring“ (2041/A)(E)

Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Dieter Brosz, MSc, Dr. Nikolaus Scherak, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „stär­kere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bereits im Vorfeld des parlamentarischen Gesetzgebungsprozesses – ein Umsetzungsschritt der Ergebnisse der Enquete Kom­mission „Stärkung der Demokratie in Österreich“ (2042/A)(E)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Betreuung im Kinder­garten verbessern“ (2043/A)(E)

Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (2044/A)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreichische LKW-Bemau­tung NEU“ (2045/A)(E)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bedarfsgerechte (Jah­res)-Arbeitszeit nach Schweizer Modell“ (2046/A)(E)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreichische PKW-Maut nach deutschem Vorbild“ (2047/A)(E)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Angleichung der Straf­obergrenzen für junge Erwachsene an jene bei Erwachsenen (2048/A)(E)

Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird (2049/A)

Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz geändert wird (2050/A)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 8

Anfragen der Abgeordneten

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbau A4 (11926/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend „Sexuelle Übergriffe: Mag. Sobotka wirbt für Zivilcourage“ (11927/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend „direkte und indirekte Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sons­tige Leistungen des Ressorts“ (11928/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend „direkte und indirekte Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leis­tungen des Ressorts“ (11929/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend „direkte und indirekte Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leis­tungen des Ressorts“ (11930/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kul­tur, Verfassung und Medien betreffend „direkte und indirekte Förderungen, Aufwendun­gen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts“ (11931/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „direkte und indirekte Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts“ (11932/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend „direkte und indirekte Förderungen, Aufwendungen, Projek­te und sonstige Leistungen des Ressorts“ (11933/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend „direkte und indirekte Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts“ (11934/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend „direkte und indirekte Förderungen, Aufwendun­gen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts“ (11935/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend „direkte und indirekte Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leis­tungen des Ressorts“ (11936/J)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen an den mit der Fortführung der Verwal­tung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen betrauten Bundesminister Alois Stöger, diplomé betreffend „direkte und indirekte Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts“ (11937/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den mit der Fortführung der Verwaltung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen betrauten Bundesminister Alois Stöger, diplomé betreffend Leistungen an die ORS Service GmbH (11938/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend Leistungen an die ORS Service GmbH (11939/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung be­treffend Leistungen an die ORS Service GmbH (11940/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Leistungen an die ORS Service GmbH (11941/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 9

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Leistun­gen an die ORS Service GmbH (11942/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kul­tur, Verfassung und Medien betreffend Leistungen an die ORS Service GmbH (11943/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Leistungen an die ORS Service GmbH (11944/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Leistungen an die ORS Service GmbH (11945/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Leistungen an die ORS Service GmbH (11946/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Leistungen an die ORS Service GmbH (11947/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Leistungen an die ORS Service GmbH (11948/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Leistungen an die ORS Service GmbH (11949/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Leistungen an die ORS Service GmbH (11950/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Leistungen an die ORS Service GmbH (11951/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den mit der Fortführung der Verwaltung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen betrauten Bundesminister Alois Stö­ger, diplomé betreffend Klassifikation von Heu als Lebensmittel (11952/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den mit der Fortführung der Verwaltung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen betrauten Bundesminister Alois Stöger, diplomé betreffend Fälle von Tierquälerei (11953/J)

Ing. Wolfgang Klinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Gesamtverteilung aller gesetzlichen Pen­sionsauszahlungen im Jahr 2015 (11954/J)

David Lasar, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vergewaltigungen bzw. versuchte Vergewaltigungen (11955/J)

David Lasar, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend sichergestellte Waffen auf der Donauinsel (11956/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den mit der Fortführung der Verwaltung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen betrauten Bundesminister Alois Stö­ger, diplomé betreffend Anzahl an kurzsichtigen Kindern und Jugendlichen steigt (11957/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den mit der Fortführung der Verwaltung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen betrauten Bundesminister Alois Stö­ger, diplomé betreffend Genitalverstümmelung in Österreich (11958/J)

Dr. Jessi Lintl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Islamge­setz 2015 – Evaluierung 2016 – Folgeanfrage zu den Anfragebeantwortungen 8260/AB und 8242/AB (11959/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 10

Dr. Jessi Lintl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Islamgesetz 2015 – Evaluierung 2016 – Folgeanfrage zu den Anfragebeantwortun­gen 8260/AB und 8242/AB (11960/J)

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Gesinnungsterror und Einschüchte­rung durch linksextreme Aktivisten an Österreichs Universitäten (11961/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Drogendealer in Grazer Parks (11962/J)

Dr. Jessi Lintl, Kolleginnen und Kollegen an den mit der Fortführung der Verwaltung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen betrauten Bundesminister Alois Stö­ger, diplomé betreffend EU-Verordnung bedroht Artenvielfalt des Tiergartens Schön­brunn – Schicksal der untersagten Tierarten ungewiss! (11963/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Hydraulischer Kurzschluss / geneh­migte Betriebsarten bei KW Rottau (11964/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Klassifikation von Heu als Lebens­mittel (11965/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Wirtesterben (11966/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betreffend Abschaffung der Sonderschulen (11967/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Lagebericht zu Lebensmittelabfällen und -verlusten in Ös­terreich (11968/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft betreffend Lagebericht zu Lebensmittelabfällen und ‑verlusten in Österreich (11969/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Lagebericht zu Lebensmittelabfäl­len und -verlusten in Österreich (11970/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betreffend „Schule 4.0“-Inserat des BMB in „Heute“ vom 31. Jänner 2017 (11971/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betreffend „Ganztagsschule“-Inserat des BMB in „Österreich“ vom 27. Dezember 2016 (11972/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betreffend „Schule 4.0“-Inserat des BMB in „Heute“ vom 30. Jänner 2017 (11973/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Sport ohne Grenzen-Inserat des BMLVS in „Öster­reich“ vom 27. Jänner 2017 (11974/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fa­milien und Jugend betreffend „Kind“-Inserat des BMFJ in „Heute“ vom 24. Jänner 2017 (11975/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 11

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fami­lien und Jugend betreffend „Kind“-Inserat des BMFJ im „Standard“ vom 20. Jänner 2017 (11976/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fami­lien und Jugend betreffend „Kind“-Inserat des BMFJ in „Heute“ vom 19. Jänner 2017 (11977/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „KFV“-Inserat des BMVIT in „Österreich“ am 26. Jänner 2017 (11978/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „KFV“-Inserat des BMVIT in „Heute“ am 27. Jän­ner 2017 (11979/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend „Urlaubstage“-Inserat des BMEIA in „Heute“ vom 25. Jänner 2017 (11980/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Personenkontrollen am Hauptbahnhof Villach (11981/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend „Urlaubstage“-Inserat des BMEIA in „Heute“ vom 27. Jänner 2017 (11982/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Pensionskassenregelungen im Ressortbereich (11983/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Pensionskassenregelungen im Ressortbereich (11984/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Stickstoffdioxidbelastung in Graz und Graz-Umgebung (11985/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Verwaltungsstrafen für abgelehnte Asylwerber (11986/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend die Teilumwidmung von drei Betreuungsstellen in Leoben und Klagenfurt (11987/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Qualifizierungsoffensive“-Inserat des BMASK in der „Krone“ vom 31. Jänner 2017 (11988/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Qualifizierungsoffensive“-Inserat des BMASK in „Heute“ vom 1. Februar 2017 (11989/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Leistungen an die Caritas (11990/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Leistungen an die Caritas (11991/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Leistungen an die Caritas (11992/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 12

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Leistungen an die Caritas (11993/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Leistungen an die Caritas (11994/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Leistungen an die Caritas (11995/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Leistungen an die Caritas (11996/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betref­fend Leistungen an die Caritas (11997/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend Leistungen an die Caritas (11998/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den mit der Fortführung der Verwaltung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen betrauten Bundesminister Alois Stö­ger, diplomé betreffend Leistungen an die Caritas (11999/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kul­tur, Verfassung und Medien betreffend Leistungen an die Caritas (12000/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Leistun­gen an die Caritas (12001/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Leistungen an die Caritas (12002/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Leistungen an die Caritas (12003/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Leistungen an die Diakonie Österreich (12004/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Leistungen an die Diakonie Österreich (12005/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Leistungen an die Diakonie Österreich (12006/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Leistungen an die Diakonie Österreich (12007/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Leistungen an die Diakonie Öster­reich (12008/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Leistungen an die Diakonie Österreich (12009/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den mit der Fortführung der Verwaltung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen betrauten Bundesminister Alois Stöger, diplomé betreffend Leistungen an die Diakonie Österreich (12010/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kul­tur, Verfassung und Medien betreffend Leistungen an die Diakonie Österreich (12011/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Leistun­gen an die Diakonie Österreich (12012/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 13

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Leistungen an die Diakonie Österreich (12013/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung be­treffend Leistungen an die Diakonie Österreich (12014/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend Leistungen an die Diakonie Österreich (12015/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Leistungen an die Diakonie Österreich (12016/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Leistungen an die Diakonie Österreich (12017/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Leistungen an den Verein Menschenrechte Österreich (12018/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Leistungen an den Verein Menschenrechte Österreich (12019/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Leistungen an den Verein Menschenrechte Österreich (12020/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Leistungen an den Verein Menschenrechte Österreich (12021/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Leistungen an den Verein Men­schenrechte Österreich (12022/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Leistungen an den Verein Menschenrechte Öster­reich (12023/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betref­fend Leistungen an den Verein Menschenrechte Österreich (12024/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend Leistungen an den Verein Menschenrechte Österreich (12025/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Leistungen an den Verein Menschenrechte Öster­reich (12026/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Leistungen an den Verein Menschenrechte Österreich (12027/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Leistungen an den Verein Menschenrechte Öster­reich (12028/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den mit der Fortführung der Verwaltung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen betrauten Bundesminister Alois Stö­ger, diplomé betreffend Leistungen an den Verein Menschenrechte Österreich (12029/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kul­tur, Verfassung und Medien betreffend Leistungen an den Verein Menschenrechte Ös­terreich (12030/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 14

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Leistun­gen an den Verein Menschenrechte Österreich (12031/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Leistun­gen an SOS Mitmensch (12032/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kul­tur, Verfassung und Medien betreffend Leistungen an SOS Mitmensch (12033/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den mit der Fortführung der Verwaltung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen betrauten Bundesminister Alois Stöger, diplomé betreffend Leistungen an SOS Mitmensch (12034/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Leistungen an SOS Mitmensch (12035/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Leistungen an SOS Mitmensch (12036/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Leistungen an SOS Mitmensch (12037/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Leistungen an SOS Mitmensch (12038/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Leistungen an SOS Mitmensch (12039/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Leistungen an SOS Mitmensch (12040/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Leistungen an SOS Mitmensch (12041/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Leistungen an SOS Mitmensch (12042/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend Leistungen an SOS Mitmensch (12043/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betref­fend Leistungen an SOS Mitmensch (12044/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Leistungen an SOS Mitmensch (12045/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend „aktuelle Situation der Finanzpolizei im Burgenland“ (12046/J)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Höhe der Pensionen von Mehrfachpen­sionsbeziehern“ (12047/J)

Harry Buchmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend „Verletzungen des geistigen Eigentums im Jahr 2016“ (12048/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Arbeitszeitregelungen im Ministerkabinett (12049/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 15

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitszeitregelungen im Ministerkabinett (12050/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Arbeitszeitregelungen im Ministerkabinett (12051/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung betreffend Arbeitszeitregelungen im Ministerkabinett (12052/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Arbeitszeitregelungen im Ministerkabinett (12053/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Arbeitszeitregelungen im Ministerkabinett (12054/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Arbeitszeitregelungen im Ministerkabinett (12055/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Arbeitszeitregelungen im Ministerkabinett (12056/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Arbeitszeitregelungen im Ministerkabinett (12057/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Arbeitszeitregelungen im Mi­nisterkabinett (12058/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Arbeitszeitregelungen im Ministerkabinett (12059/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Arbeitszeitregelungen im Ministerkabinett (12060/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Arbeitszeitregelungen im Ministerkabinett (12061/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den mit der Fortführung der Ver­waltung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen betrauten Bundesminister Alois Stöger, diplomé betreffend Arbeitszeitregelungen im Ministerkabinett (12062/J)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung betreffend tatsächliche finanzielle Erfordernisse im Bildungsbereich (12063/J)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend tatsächliche finanzielle Erfordernisse im Bildungsbereich (12064/J)

Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Finanzierbarkeit des Österreichischen Pen­sionssystems (12065/J)

Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend BeamtInnen-Pensionen (12066/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 16

Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Überstunden und Mehrarbeit 2016 (12067/J)

Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Beitragsrückstände der DienstgeberIn­nen bei den Gebietskrankenkassen“ (12068/J)

Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Impfschadensgesetz – Fälle 2013-2016“ (12069/J)

Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen an den mit der Fortführung der Ver­waltung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen betrauten Bundesminister Alois Stöger, diplomé betreffend „Finanzielle Rückstände ausländischer Versicherungs­träger bei den Gebietskrankenkassen (GKKs) und anderen Sozialversicherungsträgern sowie den Landesgesundheitsfonds 2016“ (12070/J)

Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend „Kriminalität und Spielsucht (Glückspiel & Wetten) – Zahlen 2016“ (12071/J)

Harry Buchmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend „Abfrageberechtigungen nach dem Meldegesetz im Jahre 2016“ (12072/J)

Petra Bayr, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die nationale Implementierung der reformierten Erneuerbaren Energien Richtlinie (ILUC-Reform) 2 (12073/J)

Petra Bayr, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend das Auslaufen der begünstigten Mineralölsteuersätze (12074/J)

Petra Bayr, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend die elektronisch angetriebene Mobilität in Österreich (12075/J)

Gerhard Schmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend interaktives Szenarientraining 4 (12076/J)


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 17

09.06.12Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Doris Bures, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Präsi­dent Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich eröffne die 167. Sitzung des Nationalrates und wünsche Ihnen einen schönen guten Mor­gen.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Gessl-Ranftl, Dr. Jarolim, Dipl.-Ing. Dei­mek, Mag. Haider, Ing. Schellenbacher, Maurer, Dr. Mückstein und Mag. Alm.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Doris Bures: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Alois Stöger, diplô­mé wird durch die Bundesministerin für Bildung Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ver­treten.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr live übertragen wird. ORF III wird diese Sitzung in voller Länge übertragen, wobei jener Teil der Sitzung, der über 19.45 Uhr hinausgeht, zeitversetzt gesendet wird.

09.07.21Fragestunde

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den bei­den Rednerpulten im Halbrund aus vorgenommen, die Beantwortung durch den Bun­desminister für Inneres vom Rednerpult der Abgeordneten aus.

Für die Anfrage- und Zusatzfragesteller ist jeweils 1 Minute Redezeit vorgesehen. Die Beantwortung der Anfragen soll jeweils 2 Minuten, jene der Zusatzfragen jeweils 1 Mi­nute nicht übersteigen. Ich werde vor Ende dieser Redezeit auch auf deren Ablauf auf­merksam machen.

Bundesministerium für Inneres

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister Sobotka, ich ersuche Sie, zum Red­nerpult zu kommen.

Wir beginnen mit der 1. Anfrage, das ist jene des Herrn Abgeordneten Pendl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Guten Morgen, Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Meine geschätzten Damen und Herren! Die Exekutive beziehungsweise die Polizis­tinnen und Polizisten liegen uns allen am Herzen. Sie leisten hervorragende Arbeit, zu der wir immer auch sehr herzlich gratulieren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Ab­geordneten der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 18

Daher meine Frage, Herr Bundesminister, die im Lichte der bereits stattfindenden, aber vor allem auch der auf uns zukommenden Pensionierungen wichtig ist:

269/M

„Können Sie die vollständige Besetzung aller Planstellen der Polizei mit ausgebildeten Polizisten im Hinblick auf die vielen zu erwartenden Pensionierungen in der nächsten Zeit garantieren?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Hohes Haus! Die Sicherstellung von ausreichend Personal ist für das Bundesminis­terium für Inneres eine ganz wesentliche Voraussetzung dafür, dass wir die Aufgaben der Polizei auch umfassend wahrnehmen können. Daher gibt es seit geraumer Zeit sehr klare Berechnungen, welche Personen in Pension gehen beziehungsweise wel­che Neuaufnahmen wir vorzunehmen haben. Wir haben gleichzeitig bis zum Jahr 2019 einen Aufnahmeplan mit 2 000 zusätzlichen Planstellen beschlossen.

Ich darf Ihnen die Zahlen für das laufende Jahr nennen: 2017 rechnen wir mit 802 Pen­sionierungen und 1 554 Aufnahmen, 2018 mit 861 Pensionierungen und 1 211 Aufnah­men und für das Jahr 2019 mit 888 Pensionierungen und 1 238 Neuaufnahmen.

Wenn man die Jahre 2009 bis 2015 zusammenfasst, haben wir 5 056 Abgänge und 6 400 Neuaufnahmen. Das entspricht einem Plus von etwa 1 350, letzten Endes gibt es mehr Polizisten. 2016 und 2017 beträgt der Saldo 1 709. Das heißt, wir haben ins­gesamt über 3 060 Polizistinnen und Polizisten aufgenommen; wenn wir das bis 2019 fortführen, werden wir dieses 2 000er-Maß also nicht nur erreichen, sondern klar über­schreiten.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Bundesminister, die Sicherheit unserer Polizis­tinnen und Polizisten ist uns, glaube ich, ein gemeinsames Anliegen, aber vor allem auch uns Sozialdemokraten; daher meine Frage:

Was haben Sie unternommen, um die Ausrüstung unserer Polizisten zu verbessern?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Die Ausrüstung mit ballisti­schen Schutzhelmen läuft und wird bis Ende 2017 abgeschlossen werden, und zwar sind das 6 000 Schutzhelme. Bis Ende 2017 kommen auch die flammenhemmenden Overalls, 6 100 an der Zahl. 3 000 Vollkörperschutzausrüstungen und 13 700 LED-Lam­pen werden bis 2018 ausgeliefert werden. 4 000 Langwaffen werden noch zusätzlich aus­geschrieben, der Fuhrpark wird erneuert, es gibt neue Mannschaftstransportfahrzeuge und 50 zusätzliche Dienst-Kfz.

Wesentlich ist, dass wir derzeit die Bodycam in der Pilotphase haben; die Testung wird heuer noch abgeschlossen werden, dann wird das ausgeschrieben. Gleichzeitig wer­den wir auch die leichten Überziehschutzwesten ausschreiben. Da läuft derzeit die End­phase der Testung, dann kommt das Pflichtenheft, dann die Ausschreibung. Wir rech­nen damit, dass diese leichten Überziehschutzwesten bis 2018 auch da sein werden.

Dazu kommt eine ganze Reihe an Sonderanschaffungen, da kann ich Ihnen gerne schriftlich eine Gesamtliste übermitteln. Die Palette der Anschaffungen reicht von vier Sprengstoffanalysegeräten bis zu fünf Hubschraubern.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Gerstl.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 19

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Vie­len Dank für die Ausführungen über die Steigerung des Personals bei der österreichi­schen Polizei, das ist ein wichtiger Schritt für mehr Sicherheit in diesem Land. Mehr Sicherheit heißt aber nicht nur mehr Polizei, es heißt auch, eine bessere Infrastruktur zu schaffen. Ich weiß, dass Sie darauf auch sehr viel Wert legen.

Können Sie uns ein paar Infrastrukturprojekte nennen, die Sie in den nächsten Mona­ten angehen werden?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Neben der technischen Aus­rüstung, die, denke ich, auf dem neuesten Stand ist und anhand derer sich zeigt, dass sich unsere Polizei mit allen Polizeieinheiten Europas bestmöglich messen kann, ist na­türlich für uns die Infrastruktur ein langfristiges Projekt.

So werden im heurigen Jahr alle Landesleitzentralen erneuert. Es werden betreffend Einsatztrainingszentren – weil es wesentlich ist, die Aus- und Weiterbildung für unsere Polizistinnen und Polizisten zu optimieren – in allen neun Ländern Planungs- und Er­richtungsüberlegungen angestellt. Wir haben am 23. Jänner in Innsbruck Gott sei Dank die Unterschrift daruntersetzen können. Im Sicherheitszentrum werden alle Landesleit­funktionen zusammengezogen. Das war ein langer Prozess, über zehn Jahre. Ich möch­te mich noch beim Land und bei der Stadt bedanken.

Schlussendlich werden wir auch im heurigen Jahr wieder etwa 80 Polizeiinspektionen modernisieren, umrüsten und auf den neuesten Stand bringen. Das geschieht vor al­lem auch im Hinblick auf die Barrierefreiheit und die Einsatzbereitschaft unserer Mitar­beiter und Mitarbeiterinnen. Vor allem auch hier in Wien, wo die Polizeiinspektionen sicherlich einen hohen Nachrüstungsbedarf haben, sollen die richtigen Schritte gesetzt werden.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Kum­pitsch.

 


Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch (FPÖ): Guten Morgen, Herr Minister! Wenn wir Ihren Ausführungen glauben dürfen, dann begrüßen wir das natürlich, denn damit wurden die Warnungen, die die Freiheitliche Partei schon seit Jahren ausspricht, ernst genommen.

Das ändert aber nichts an dem Problem, dass die Struktur der Polizei und die Plan­stellen im Wesentlichen auf die Zeit der Achtzigerjahre zurückzuführen sind und dass aber gleichzeitig die demografische Entwicklung zeigt, dass die Bevölkerungszahl in Ös­terreich ständig steigt. Das gilt vor allem für die Großstädte und die sogenannten Speck­gürtel. Ich nehme als Beispiel Graz: Graz hatte 1985 242 000 Einwohner und wird heu­er die 300 000-Marke erreichen. Das heißt, es ist Handlungsbedarf gegeben. Meine Fra­ge ist:

Was werden Sie tun, um die Situation betreffend Polizeidienststellen sozusagen an den Bevölkerungsanstieg, an die demografische Entwicklung anzupassen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Das Erste ist: Die Zahlen sind keine Frage des Glaubens, sondern der tatsächlichen Beschaffung und letzten Endes der Bestellung.

Das Zweite ist, dass wir uns natürlich mit der Demografie intensiv auseinandersetzen, daher ist die Anzahl unserer Polizistinnen und Polizisten vor Ort immer wieder zu über­prüfen. Es ist auch zu überprüfen, wie sich die Deliktstrukturen entwickeln und welche Situationen sich daraus ergeben. Wir sehen ja in der Kriminalstatistik, dass vor allem


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die Internetdelikte, also alles, das mit Cyberkriminalität zu tun hat, wesentlich zuneh­men. Das heißt, wir brauchen auch in diesem Bereich die richtigen Experten, bezie­hungsweise müssen wir das Know-how dementsprechend aufrüsten.

Ich denke, unsere Polizei ist bestens aufgestellt, um diesen zukünftigen Entwicklungen begegnen zu können. Klar ist, dass auch nach 2019 ein Personalplan vorzusehen ist, der dem entspricht. Das heißt, ich gehe nicht davon aus, dass wir mit 2019 den Letzt­stand erreicht haben werden, sondern es wird auch weiterhin diese personellen Aufsto­ckungen geben müssen, um den unterschiedlichsten Herausforderungen gerecht zu wer­den.

Gleichzeitig ist es neben der Polizeiarbeit aber auch notwendig, die Bevölkerung in Sicherheitsfragen miteinzubeziehen.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 2. Anfrage, jener des Herrn Abge­ordneten Amon. – Bitte.

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! In der österreichischen Bevölkerung gibt es relativ große Sorgen und Ängs­te bezüglich der islamistischen Radikalisierungstendenzen; daher meine Frage:

265/M

„Welche Maßnahmen hat das BMI getroffen, um islamistischen Radikalisierungsten­denzen entgegenzuwirken?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Die Maßnahmen, die zu set­zen sind, sind sehr umfassend und betreffen natürlich nicht nur, wie wir an den letzten Tätergruppen gesehen haben, die Polizei, sondern müssen ein gesamtgesellschaftli­ches Anliegen sein, denn wenn sich Fünfzehnjährige, Zwölfjährige oder noch jüngere Jugendliche, wie wir es in Deutschland sehen, radikalisieren, so ist das eine Frage der Struktur der Gesellschaft, der Familien, der Schulen, der Jugendwohlfahrt – es ist eine gesamtheitliche Frage.

Die Maßnahmen zur Deradikalisierung, die wir aus der Polizeiarbeit kennen, betreffen meist Leute, die schon radikalisiert sind. Sie werden entweder an der Ausreise in Rich­tung Dschihad gehindert, oder sie kommen aus dem Dschihad zurück.

Wir haben auf der einen Seite intensive Kooperationen mit dem Justizministerium. Der Verein Neustart ist sehr stark in der Deradikalisierung jener schon radikalisierten Inhaf­tierten engagiert, die gleichzeitig auch die Möglichkeit bekommen, wieder in die Gesell­schaft zurückgeführt zu werden.

Auf der anderen Seite gibt es die Hotline, die wir 2014 gemeinsam mit dem Familienmi­nisterium eingerichtet haben. Wir hatten insgesamt bereits 1 800 Anrufe. Es waren über 40 Familien, die sich um ihre Mitglieder gekümmert haben. Da sieht man auch, wie zentral die Funktion der Familie ist. Es ist wichtig, Offenheit zu erzeugen, damit die Fa­milien auch kommen und bei dieser Stelle eine Struktur vorfinden, die ihnen vertrau­ensvoll mit Rat und Tat hilft.

Gleichzeitig sind die pädagogischen Hochschulen und die Bildungseinrichtungen, die mittleren und höheren Schulen, von uns nicht nur informiert, sondern auch geschult wor­den.

Wesentlich ist, dass wir eine neue Zusammenarbeit brauchen, denn dieses Phänomen ist etwa zwei Jahre alt. Wir müssen uns auch wissenschaftlich, soziologisch mit der Si­tuation auseinandersetzen, um zu sehen, wie es dazu kommt.


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Die operativen Maßnahmen finden sich natürlich im Staatsschutzgesetz. Bei konkreter Verdachtslage kommen natürlich sämtliche Strafmaßnahmen, die im Strafrecht vorge­sehen sind, in Betracht.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Bundesminister, Sie haben die Aus­reisen radikalisierter Dschihadisten, die es in der Vergangenheit auch Richtung Syrien und Irak gegeben hat, angesprochen. Berichten zufolge ist die Zahl dieser Ausreisen rückläufig.

Können Sie sagen, worauf man diesen Rückgang zurückführen kann?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Auch in diesem Bereich sind die Gründe für die rückläufigen – Gott sei Dank rückläufigen! – Zahlen mehrschichtig. Auf der einen Seite lesen wir tagtäglich, dass der Erfolg der Allianzen gegen den Dschi­had Gott sei Dank ein großer ist. Das heißt, die Abenteuerlust der Jugendlichen sinkt.

Das Zweite ist: Wir haben die Szene eigentlich ganz gut im Blick – das haben ja die Verhaftungen im Jänner dieses Jahres sehr deutlich gezeigt –, und schlussendlich grei­fen, glaube ich, auch unsere Deradikalisierungsmaßnahmen und unsere Offenheit. Da ist die Prävention ein ganz wesentlicher Zugang. Ich denke auch, dass das Potenzial in Österreich ausgeschöpft ist. Es sind da vor allem auch die Angehörigen der Islami­schen Glaubensgemeinschaft sehr gefordert, aufzuklären und der Radikalisierung ent­gegenzuwirken.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Königsber­ger-Ludwig.

 


Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister, ne­ben den von Ihnen angeführten Radikalisierungen sind auch rassistische, islamophobe, antisemitische sowie rechts- oder linksextremistische Übergriffe auf das Schärfste zu verurteilen, und ich denke, auch da ist die Politik gefordert, entgegenzuwirken und vor allem auch zu sensibilisieren, um aufzuzeigen, dass es sich dabei um Straftaten handelt.

Ich habe manchmal auch den Eindruck, dass durch die Anonymität im Internet die Schranken teilweise völlig gefallen sind beziehungsweise fallen, und ich glaube, man muss auch darauf aufmerksam machen und darauf achtgeben, dass durch die Häu­fung derartiger Übergriffe nicht eine gewisse Normalität Einzug hält.

Diese Befürchtung hat auch das Forum gegen Antisemitismus, wo anonyme Anzeigen gemacht werden können, Auffälligkeiten gemeldet werden können und antisemitische, aber auch islamophobe Übergriffe gemeldet werden können.

Ich habe an Sie folgende Frage, Herr Minister: Wie haben sich die strafbaren Handlun­gen mit antisemitischem Hintergrund beziehungsweise die diesbezüglichen Anzeigen in Österreich in der letzten Zeit entwickelt?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Strafanzeigen wegen antise­mitischer Äußerungen haben sich relativ konstant entwickelt, auf einem Gott sei Dank niedrigen Niveau. 2015 waren es 41, und diese Zahl ist auch 2016 – das befindet sich jetzt gerade in der Abklärung im BVT – nicht wesentlich gestiegen; ob das 42 oder
44 Strafanzeigen sind, kann ich noch nicht sagen, das wird, wenn der Bericht da ist, übermittelt.

Dass es in diesem Bereich überhaupt noch Anzeigen in dieser Zahl gibt, hat, denke ich, auch damit zu tun, dass die Leute viel sensibler geworden sind. Wir merken, dass


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die Schwelle, eine antisemitische Äußerung oder letzten Endes eine Tat – eine Schmier­aktion oder eine Schändung, die ohnehin klar eine Ermittlung der Polizei nach sich zieht – anzuzeigen, niedriger geworden ist, daher gibt es mehr Anzeigen.

Anzeigen aufgrund von islamophoben Äußerungen oder Handlungen gibt es derzeit noch weniger. Da gibt es offensichtlich noch eine Art Toleranzbereich. Wir wissen von einzelnen Übergriffen, das ist gar keine Frage, über die uns berichtet wurde, die aber noch nicht zu Anzeigen geführt haben.

Insgesamt hat sich der radikale Rand links und rechts in Österreich im europäischen Vergleich Gott sei Dank in einem sehr moderaten Maße entwickelt.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 3. Anfrage, das ist jene des Herrn Abgeordneten Dr. Rosenkranz. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Einen schönen blau-gelben guten Morgen von Niederösterreicher zu Niederösterreicher! Wir Freiheitliche fragen im Innenministerium sehr gerne Zahlen, Daten und Fakten ab, damit wir entsprechend agieren können und sich das Ganze faktenorientiert abspielt.

Jetzt haben wir von Ihnen erfahren, dass sich im Jahr 2016 7 083 Personen dem Asyl­verfahren entzogen haben, davon 4 750 Fremde während des Zulassungsverfahrens. Sie haben sich einfach verabschiedet, sie sind, wie man so schön sagt, untergetaucht. Bereits 2015 haben wir eine Zahl erfragt: Da waren es 7 600 Personen während des Zulassungsverfahrens, davon 6 596 im Dublinverfahren, für die also an sich ein ande­res EU-Land zuständig gewesen wäre.

Meine Frage daher:

275/M

„Welche Maßnahmen werden Sie setzen, damit sich in Zukunft weniger Fremde dem Asylverfahren entziehen, also nicht mehr untertauchen können?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter, das ist ei­ne ganz heikle Frage, die zweifach beantwortet werden kann. Grundsätzlich ist mir je­der, der hier einen Asylantrag stellt, aber im Verfahren draufkommt, er möchte nicht in Österreich bleiben, und daher wieder in ein anderes Land geht, recht, denn der ist nicht da.

Ist er beim Asylverfahren untergetaucht, wird er bei uns letzten Endes zur Fahndung ausgeschrieben und gesucht. Er steht auf den Listen der Polizei, und wir merken, dass nach drei, vier Jahren manche wieder auftauchen. Das ist aber eine sehr kleine Zahl; wenn Sie die wollen, werden wir sie in dieser Form erheben können.

Für uns ist aber nicht die Frage jener, die im Asylverfahren untertauchen, sondern vor allem jener, die einen rechtskräftigen negativen Bescheid erhalten haben, ganz we­sentlich. Da ist es für uns entscheidend, dass nicht untergetaucht werden kann und dass wirklich eine Ausreiseverpflichtung vorliegt, und ich hoffe, dass wir alle hier im Par­lament im Fremdenrechtsänderungspaket gemeinsam jene Maßnahmen durchsetzen, die das Untertauchen möglichst verhindern sollen.

Solange das Asylverfahren läuft, haben wir, da es da ja einen vollkommen freien Zu­gang gibt und man sich frei bewegen kann, keine polizeiliche Möglichkeit, außer wir suchen jemanden, dann tun wir das. Zu diesem Zeitpunkt gibt es aber keine andere Art und Weise, wie man damit umgehen kann.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

 



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Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Das finde ich sehr interessant, dass sie jene ansprechen, die nach Erhalt eines negativen Bescheids abtauchen. Ich habe näm­lich auch angefragt, ob Sie wissen – zum Beispiel für Niederösterreich hätte es mich interessiert, aber auch für die anderen Bundesländer –, wie sich diese Untertaucher auf die Bundesländer aufteilen und ob es Zahlen hinsichtlich jener Personen, die schon einen negativen Bescheid haben und untertauchen, und jener Personen, die allenfalls von kriminalistischen Erhebungen als einer Straftat Verdächtigte betroffen sind, gibt. In der Anfragebeantwortung haben Sie die Auskunft erteilt, dass solche Statistiken nicht geführt werden.

Daher würde mich jetzt interessieren: Warum interessiert Sie das eigentlich nicht im Detail?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Das interessiert mich natür­lich, aber jemanden, der untergetaucht ist – sonst hieße es nicht untergetaucht –, kön­nen Sie nur zur Fahndung ausschreiben. Wie wollen Sie da eine Statistik erstellen? – Das müssen Sie mir sagen! (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Viel­leicht haben Sie eine? Kennen Sie die Untergetauchten? (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) – Wenn Sie Untergetauchte kennen, dann würde ich sie gerne ge­nannt bekommen.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Genau deshalb ist es für uns so notwendig, dass wir dieje­nigen, die einen rechtskräftigen negativen Asylbescheid haben und noch in der Grund­versorgung sind, diese aber meiner Ansicht nach zu Unrecht beziehen – denn wenn sich jemand rechtswidrig hier aufhält, dann hat er schlussendlich auch kein Recht, vom Staat versorgt zu werden –, zur Ausreise bringen. Das ist der entscheidende Punkt, und da bin ich dabei, das auch in die gesetzlichen Vorlagen zu bringen.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Klubobmann Lugar.

 


Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Bundesminister, wenn Sie Herrn Abgeordneten Rosenkranz fragen, ob er die Zahlen kennt, und behaupten, dass Sie sich freuen würden, wenn Sie selbst die Zahl hätten, dann sagen Sie hier die Unwahr­heit, denn Sie haben selbst in einer Anfragebeantwortung angegeben, dass in Öster­reich 94 000 sogenannte Illegale aufhältig sind. Das ist die Zahl, die aus Ihrem Minis­terium kommt, also müssen Sie wissen, dass diese 94 000 existieren, nur tun Sie ein­fach nichts dagegen.

Das heißt, das sind Menschen, die auf der Straße kontrolliert werden, man kommt drauf, das ist ein Illegaler, der hat hier gar nichts verloren, er bleibt aber auf der Straße, er wird nicht eingesperrt, sondern erhält maximal einen Bescheid, dass er das Land zu verlassen hat, zugestellt an eine Postadresse, von der man nicht einmal weiß, ob diese überhaupt existiert. Er bleibt auf der Straße, er bleibt als U-Boot in Österreich, und das ist das Problem, das Sie anscheinend nicht behandeln wollen, denn dieses Problem besteht ja schon längst

Wie gesagt, die Zahl 94 000 haben Sie selbst genannt, deshalb ist es nicht redlich, wenn Sie sich hierherstellen und behaupten, Sie kennen die Zahl nicht.

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen bitte die Frage formulieren.

 


Abgeordneter Ing. Robert Lugar (fortsetzend): Ich bin schon dabei.

Deshalb ganz konkret, Herr Minister: Was wollen Sie konkret tun, um diese 94 000 endlich außer Landes zu bringen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 



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Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Erstens sind es nicht 94 000, da verwechseln Sie die Zahlen, das sind die Gesamtzahlen (Abg. Lugar: Nein!), 88 000, die im Jahr 2015 einen Asylantrag gestellt haben, und 42 000, die in Bearbeitung sind; das sind sicherlich nicht Illegale. Wenn wir Zahlen über Illegale hätten, dann könnten wir sie auch nicht in dieser Form darstellen. Das sind die von in Illegalität Lebenden begangenen Delikte, die angezeigt worden sind, da sind mehrfach Aufgegriffene natür­lich auch dabei.

Wie die Situation aussieht und was wir dagegen tun, ist das Entscheidende: Bei der Änderung des Fremdenrechtsgesetzes, die in Bälde im Parlament behandelt wird, hof­fe ich auf Ihre Zustimmung, und es ist wesentlich, dann auch noch einen weiterführen­den Schritt in der Frage der Ausreisezentren zu gehen, damit wir die Menschen dem­entsprechend auch in eine Ausreiseanhaltung bringen können.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 4. Anfrage, jener des Herrn Abge­ordneten Dr. Pilz. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Bundesminister, Sie wissen ja, dass AKP-nahe Vereine wie UETD, MÜSİAD und ATIB in einer Art Erdoğan-Stasi in Österreich tätig sind und die Menschen – nicht nur Türkinnen und Türken – hier bespitzeln.

Deswegen frage ich Sie – und ich halte das auch für sehr wichtig –, mit welchen Funk­tionären dieser Erdoğan-Stasi-Organisationen Sie in Ihrer Amtszeit als Innenminister Kon­takt hatten und – ich habe mir erlaubt, die kleine Zusatzfrage hinzuzufügen – aus wel­chem Anlass.

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 272/M, hat folgenden Wortlaut:

„Mit welchen Funktionären der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), des Arbeitgeber-Verbandes MÜSİAD, der Türkisch Islamischen Union für kulturelle und so­ziale Zusammenarbeit in Österreich (ATIB Union) sowie der Islamischen Glaubensge­meinschaft in Österreich (IGGÖ) – und zu welchem Anlass – hatten Sie in Ihrer Amts­zeit als Bundesminister für Inneres Kontakt?“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Ich glaube, Herr Abgeordne­ter, da sind wir einer Meinung, dass der Dialog mit Vertretern der Islamischen Glau­bensgemeinschaft, der türkischen Kommunität ein ganz wichtiger ist. Ein Ausgrenzen wäre sicherlich der falsche Weg. Nun kennen wir viele Organisationen, die sich in Ös­terreich formiert haben. Mit UETD und MÜSİAD hatte ich keinen Kontakt. Ich habe Kon­takt mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft und mit Vertretern von ATIB gehabt, und zwar aus mehreren Gründen.

Der erste, wesentliche Grund ist, dass ich in der Frage der Radikalisierung, wenn wir uns die Foreign Terrorist Fighters anschauen – woher sie kommen, welche Glaubens­inhalte sie dann vertreten beziehungsweise aus welchem Umfeld sie kommen –, der Meinung bin, dass wir das nicht nur mit polizeilicher Arbeit lösen können, sondern dass da auch die Kommunität ganz wesentlich etwas dazu beitragen muss.

Ich habe sie beauftragt, auch in ihren eigenen Reihen Deradikalisierungsmaßnahmen zu besprechen, mit der Polizei zusammenzuarbeiten und dementsprechend auch aus dem Eigenen heraus zu agieren. Ich glaube, wir müssen sehr früh erkennen, wo Radi-


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kalisierungstendenzen entstehen und wie sie entstehen. Ein bemerkenswertes Phäno­men ist jenes, dass Leute, die gar nicht so sehr religiös gewesen sind, die aus Tsche­tschenien kommen, sich dann auf einmal in einer Situation der Isolierung radikalisieren. Das heißt auch, dass die Islamische Glaubensgemeinschaft selbst einen ganz wesent­lichen Anteil in ihren eigenen Kommunitäten zu leisten hat, um das zu verhindern.

In den anderen Vereinen, die Sie ja angesprochen haben – ATIB, die offiziell für die kulturellen und sozialen Kontakte mit Österreich verantwortlich ist –, kenne ich einige Vertreter, die sich ungeheuer positiv für Österreich eingesetzt haben. Dort, wo es ins­besondere seit dem Sommer darum geht, das aufzugreifen, haben wir staatspolizeili­che Ermittlungen bei allen angestellt, bei denen sich Verdachtslagen ergeben.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Es tut mir leid, ich halte Ihren Umgang mit der Erdoğan-Stasi, speziell ATIB, angesichts all der Dokumente, die wir über Spitzeltätig­keit in Österreich vorgelegt haben, schlicht und einfach – ich sage es ganz offen – für völlig verantwortungslos, aber das werden wir an einem anderen Ort besprechen.

Herr Bundesminister, wir haben inzwischen Fälle dokumentiert, dass österreichische Staatsbürger türkischer Herkunft in Istanbul einreisen, auf der Stelle verhaftet werden und die türkische Geheimpolizei ihnen vorwirft, sie hätten sich in Österreich negativ über Erdoğan geäußert. Diese Fälle sind dokumentiert.

Meine Zusatzfrage lautet: Wie viele dieser Fälle hat das Außenministerium Ihnen, also dem Innenministerium, gemeldet?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Es gibt eine ganze Reihe von laufenden Ermittlungsverfahren, auch gegen die Vertreter von Religionsgemeinschaf­ten, es gibt eine Reihe von staatspolizeilichen Maßnahmen, daher möchte ich noch­mals darauf zurückkommen: Es ist nicht verantwortungslos, diesen Kontakt zu halten, sondern das ist sehr wohl zu tun. Eine Pauschalverdächtigung in dieser Form – ATIB pauschal als Stasi zu bezeichnen – halte ich für nicht gerechtfertigt; da müssen Sie auch die Nachweise liefern. Wir sind gerne bereit, allen – ganz bestimmt, Sie können sich darauf verlassen! – Hinweisen nachzugehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu der Frage, die von Ihnen gestellt wurde, habe ich keine konkrete Anzahl, dass mir vom Außenministerium etwas übermittelt wurde ... (Abg. Pilz: Nichts?) – Ich kann es Ihnen nicht sagen. Ich weiß nicht, wie viele es sind.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Belako­witsch-Jenewein.

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Sie haben es jetzt auch gerade wiederholt: Sie haben zu zahlreichen Mit­gliedern der ATIB Kontakt gehabt, neben Ihnen auch andere hochrangige Politiker von SPÖ und ÖVP.

Sie haben zuletzt auch öffentlich gesagt, dass Sie den Pressesprecher von ATIB sehr gut kennen. Sie haben wörtlich gesagt, er engagiere sich für die Integration der ersten, zweiten und dritten Generation, gehe mit seiner Arbeit an die Öffentlichkeit, er sei ge­nauso erschüttert und da werde es ganz klare Maßnahmen und Aussagen vonseiten der ATIB geben, wofür sie stehen wird. – Das haben Sie in einer Fernsehsendung am 20. Februar dieses Jahres gesagt; das ist jetzt ungefähr zwei Wochen her.

Herr Bundesminister, gibt es von Ihrer Seite beziehungsweise vonseiten Ihres Ressorts in diesem Zusammenhang Beobachtungen, dass die ATIB sozusagen der verlängerte politische Arm der Erdoğan-Administration in Österreich ist?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 



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Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Es gibt laufende Ermittlungs­verfahren, und wir werden jedem konkreten Vorwurf, der gemacht wird, auch ganz klar nachgehen und ermitteln. Das ist die Antwort darauf.

Ich halte es nur für ungerechtfertigt, Pauschalverurteilungen anzustellen, und ich halte es vor allem für unverantwortlich, nicht den Kontakt zu suchen. Wenn wir heute sehen, dass in dieser Kommunität Isolierungen stattfinden, dass die dritte Generation weniger gut Deutsch kann als die zweite und die erste, dann ist es unsere Aufgabe, gerade das aufzubrechen. Es ist aber nicht nur die Aufgabe des Bundes oder der Bundespolizei, sondern vor allem auch der Gemeinden und der Länder, da eine gemeinsame Strate­gie zu entwickeln, damit wir diese zum Teil tatsächlich stattfindenden Ghettobildungen aufbrechen können und eine gemeinsame Entwicklung einleiten, weil das letzten En­des auch österreichische Staatsbürger sind. Ich glaube, Parallelwelten können wir nicht zulassen. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Kickl: Das ist eine Frage der Quantität!)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 5. Anfrage, das ist jene des Herrn Abgeordneten Dr. Scherak. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Von Ihnen kommen ja in regelmäßigen Abständen immer neue Vorschläge zu neuen Überwachungsmaßnahmen, teilweise mit recht abenteuerlichen Begründungen wie et­wa Vorfällen vor Ihrer Haustüre.

Sie kennen meine Position dazu: Ich glaube, dass wir zuerst einmal mit Überwa­chungsgesamtrechnungen schauen sollten, welche Folgen und welchen etwaigen Nut­zen diese Überwachungsmaßnahmen haben. Umgekehrt gibt es aber aus jenen Län­dern, in denen massive Überwachungsmaßnahmen gesetzt werden, wie beispielswei­se Großbritannien, Studien aus den Jahren 2005 und 2008, die zeigen, dass etwa in London, wo es 600 000 Überwachungskameras gibt, nur 3 Prozent der Verbrechen durch solche Videoaufnahmen aufgeklärt werden konnten.

In Wirklichkeit kommt auf 1 000 Kameras ein aufgeklärtes Verbrechen. Sie sehen also, das zeigt auch eine Studie des britischen Innenministeriums, dass die Kosten extrem hoch sind und der Nutzen sehr, sehr gering; deswegen meine Frage an Sie:

268/M

„Auf Grundlage welcher Fakten, Studien oder fachlich fundierten Expertisen sehen Sie die Präventivwirkung von Überwachungsmaßnahmen, vor allem von verstärkter Video­überwachung des öffentlichen Raumes und der Bürger_innen Österreichs?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Seit wir die Überwachung am Praterstern haben, haben wir von 80 Körperverletzungen 60 aufgeklärt; das entspricht einer Aufklärungsrate von über 70 Prozent. Sie kennen die Kriminalstatistiken, die Aufklärungsquote bei Straftaten: Diese liegt sonst bei 46 Pro­zent; vielleicht ist sie in manchen Gegenden noch besser. Dieses eine Beispiel allein zeigt schon, wie effizient Überwachung sein kann. Sie ist natürlich kein Allheilmittel für alle Dinge.

Ich weiß nicht, woher Sie die Studien betreffend London haben. Ich habe ganz andere, weil ich dort war, mich bei der Polizei selbst umgesehen habe, mir das selbst ange­sehen habe und mir letzten Endes auch darstellen lassen habe, wie das in der Verbre­chensbekämpfung funktioniert. Ich bin eigentlich sehr beeindruckt von dort weggegan­gen. Wenn Sie sich ansehen, wie dort letzten Endes die Verbrechensbekämpfung in der Frage des Wegeführens durch diese Möglichkeiten der Videoüberwachung gege­ben ist, dann werden Sie auch da ein sehr positives Beispiel sehen.


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Ein anderes Beispiel: Wenn Sie den Fall des Symphonikers anschauen, der vor Kur­zem verletzt wurde: Am nächsten Tag hatten wir den Täter ausgeforscht. Es gibt so viele belegbare Beispiele, dass die Ergebnisse in der Täterausforschung wesentlich besser sind, dass es für uns klar auf der Hand liegt, dass wir diesen Weg gehen werden.

Es ist aber gar keine Frage, man muss das auch immer evaluieren. Da bin ich bei Ih­nen: Maßnahmen, die nur Geld kosten und in der polizeilichen Arbeit nichts bringen, werden wir nicht weiterhin propagieren. Derzeit sagen aber unsere Experten – das sa­ge nicht ich; mir persönlich ist das nicht so wichtig, dass ich sage, es muss sein, aber die Experten haben diese Meinung –, das würde ihre Arbeit wesentlich erleichtern und unterstützen; und wenn das die Experten sagen: Welcher Innenminister sollte sich ge­gen diese Experten in seinem eigenen Haus stellen?

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Die Studien betreffend London, die ich hier zitiert habe, sind die offiziellen Studien des britischen Innenministeriums.

Weil Sie die Experten angesprochen haben: Die Wiener Polizei hat von 17 aufgestell­ten Überwachungskameras jetzt gerade 15 wieder abgebaut und hat es ähnlich be­gründet wie ich, nämlich dass die Kosten viel zu hoch sind und der Nutzen viel zu ge­ring ist.

Meine konkrete Frage aber ist: Ist es nicht aus Ihrer Sicht sinnvoller, anstatt zu hohe Kosten für immer mehr Überwachungsmaßnahmen auf sich zu nehmen, viel, viel mehr in personelle Ressourcen bei der Polizei zu investieren, wodurch die Prävention besser gewährleistet werden könnte?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Das Wiener Beispiel kenne ich. Es ist übrigens falsch, was Sie gesagt haben: Die Kameras wurden nicht abmontiert, sondern nur an anderen Stellen montiert, weil sie an effizienteren Plätzen anzubringen waren, da sich nach einer gewissen Zeit der Überwachung letzten Endes ein anderes Bild einstellt; das war der Grund dafür. All diese 15 Kameras werden entweder ausge­tauscht, weil es neuere Modelle gibt, oder an anderen Orten wieder montiert. Ich bin nach wie vor der Meinung, dort, wo es keine Kosteneffizienz gibt, wird das auch nicht gemacht. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Schab­hüttl.

 


Abgeordneter Jürgen Schabhüttl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Ich habe eine Zusatzfrage zur Frage des Kollegen Scherak: Wie hat sich die Video­überwachung im öffentlichen Raum, insbesondere in den U-Bahn-Stationen oder öf­fentlichen Verkehrsmitteln, aus Sicht der Verbrechensvorbeugung oder ‑aufklärung be­währt? Gibt es da schon statistische Zahlen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe das vorhin schon gesagt: Ich glaube, wir haben ein wesentlich schnelleres, ein zielgenaueres Eingreifen der Polizei. Wir sehen, dass der Lageüberblick auch insgesamt für den Einsatz der Kräfte ein wesentlich besserer ist; auch das ist für uns ein ganz entscheidender Vorteil. Und das Beispiel des Pratersterns illustriert – ich kann Ihnen auch andere Beispiele bringen –, dass wir auch in der Frage der Züge zu einer schnelleren Aufklärung kom­men. Es kommt nicht immer zu einer Reduktion der Vandalenakte, das ist sehr, sehr un­terschiedlich, aber die schnellere, die raschere Aufklärung ist der wesentliche Effekt.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser.

 



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Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrter Herr Innenminister, Kol­lege Scherak hat es schon ausgeführt: Sie haben die Speicherung und Vernetzung von Daten von privaten Videoüberwachungskameras gefordert. Der Verfassungsgerichts­hof hat mehrfach festgestellt, dass die anlasslose Massenüberwachung aller BürgerIn­nen verfassungswidrig ist. – Die von Ihnen aufgestellte Forderung ist damit verfassungs­widrig.

Meine Frage an Sie ist relativ einfach: Kennen Sie diese rechtlichen Rahmenbedin­gungen nicht, oder ist Ihnen das schlicht egal, wenn Sie solche Forderungen aufstellen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Dass wir eine verfassungs­konforme Aufstellung unserer Videokameras, die ja laufend passiert, durchführen, das ist ganz klar; dass es letzten Endes nicht eine anlassunbezogene Einsicht in die Daten gibt, ist auch klar – und daher ist das auch verfassungskonform. Wir werden natürlich alles daransetzen, dass alle diese Bestimmungen mit der österreichischen Bundesver­fassung in Einklang stehen.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 6. Anfrage, jener des Herrn Abge­ordneten Hagen. – Bitte.

 


Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Kurz zur Einleitung, damit man als Außenstehender, als Nichtexekutivbeamter ver­steht, was da dahintersteckt: Exekutivbeamte leisten 40 Wochenstunden, das ist ein­mal die Grundausstattung; sie sind verpflichtet, pro Monat 28 sogenannte Journal­dienststunden zu leisten – das sind minderwertig bezahlte Quasiüberstunden –, und dann sind sie noch – je nachdem, wie es dienstlich erforderlich ist – verpflichtet, eine Un­menge an Überstunden zu machen, die zu diesen vielen Stunden noch dazukommen.

Das heißt, ein Exekutivbeamter leistet in seinem Leben, wenn er mit 18 oder 20 Jahren bei der Polizei einsteigt, bis er in Pension geht zusätzlich noch einmal mindestens die Hälfte der Stunden, die er sonst an Lebensarbeitszeit hätte.

Das ist gesundheitlich natürlich nicht immer optimal, und das ist der Grund dafür, dass ich jetzt folgende Frage an den Herrn Minister stelle:

274/M

„Exekutivbeamte und ‑beamtinnen können vom Dienstgeber bei Bedarf verpflichtet werden, Überstunden zu leisten. – Welche Möglichkeiten der ausschließlichen Verrich­tung von Plandiensten wird es seitens des BM.I für ältere Exekutivbeamte und ‑beam­tinnen (Stichwort: 50+) geben, die aufgrund ihres Alters nicht mehr in der Lage sind, Überstunden zu leisten?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Zuerst möchte ich mich an­lässlich dieser Anfrage bei den Polizistinnen und Polizisten bedanken. Ich glaube, es ist ein ganz wesentlicher Faktor, der immer wieder in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt werden muss, dass sie eine hervorragende Arbeit leisten, die körperlich sehr anstrengend ist, die geistig herausfordernd ist und die letzten Endes auch sehr gefähr­lich werden kann, wie wir laufend an Beispielen sehen. Dass aber unsere Polizisten, ins­besondere jene, die über 50 sind, mit einer ungeheuer hohen persönlichen Motivation weiter Ihre Dienste versehen, das sieht man draußen in den Polizeiinspektionen. Da sieht man auch, dass das Pensionsantrittsalter 2014/2015 um ein Jahr gestiegen ist, und da sieht man auch, dass es für uns ganz wesentlich ist, alle Beiträge dazu zu leis­ten, dass die Polizisten gesund bleiben können.


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Ich denke, ein Polizist, der ein gewisses Maß an Überstunden leistet, ist durchaus auch in der Lage, das zu leisten. Wir haben aber in den letzten Jahren gesehen, gerade durch die Migrationssituation, dass es überbordend war. Daher sind die Neuaufnah­men ganz dringend notwendig, daher ist es notwendig, auch in den Ländern sogenann­te Pools zu schaffen, um die Polizeiinspektionen zu entlasten, und es ist ganz we­sentlich, dass wir Gesundheitsprojekte aufsetzen. Wir setzen jetzt mit der LPD Wien ein Projekt auf, um auch da den Polizistinnen und Polizisten die Möglichkeit zu geben, selbst etwas für ihre Gesundheit zu tun. Und wir haben bereits eine Vorbereitung im Haus laufen, die sich sehr gut anlässt; das Gesundheitsprojekt wird mit der BVA ge­meinsam entwickelt.

Was aber noch wesentlich ist: dass alle Maßnahmen von Dienstführenden und Einzu­teilenden in einer sehr guten persönlichen Atmosphäre auf den PIs getroffen werden, dass sie auf solche Befindlichkeiten oder Altersstrukturen auch Rücksicht nehmen kön­nen. Daher ist es unser großes Anliegen, durchmischte Polizeiinspektionen zu haben, in denen nicht nur lauter ältere Kollegen sind, sondern auch eine Reihe von jüngeren Kollegen zugeteilt wird, damit aus dieser Situation für die älteren Kollegen eine gute Ar­beitssituation entsteht.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

 


Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Danke, Herr Bundesminister, Sie ha­ben mir jetzt schon das Stichwort für die nächste Frage gegeben, und zwar betreffend die jungen Exekutivbeamten. Die Problematik ist, dass junge Polizeibeamte, die in die Schule gehen, die Aspiranten, ein sehr geringes Gehalt haben; das liegt bei etwa 900 €, also im Bereich der Mindestsicherung. Das Problem ist, dass Leute, die einen Beruf erlernt haben, eine Familie gegründet haben, ein bis zwei Kinder haben, damit nicht aus­kommen und dann diesen Job nicht machen können. Ich bringe immer wieder gerne das Beispiel der Wohnkosten in Vorarlberg: Für eine Dreizimmerwohnung braucht man mindestens 900 €.

Sie wissen selbst, wir haben das Problem, dass wir nicht die Schülerzahlen erreichen, die wir haben sollten. Da es beim Bundesheer die Möglichkeit gibt, die Wohnungskos­ten zu ersetzen, wenn jemand zum Grundwehrdienst eingezogen wird, lautet meine Frage: Haben Sie so etwas einmal angedacht, um Leute, die aus der Privatwirtschaft kommen, die schon etwas älter sind, die schon einen Beruf erlernt haben und etwas reifer sind, zu motivieren, Exekutivbeamte zu werden, in die Polizei einzutreten?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Wir haben das Problem, dass es zu wenige Bewerber gibt, in keinem Bundesland. In Vorarlberg ist es knapp, das ist gar keine Frage. Wir haben aber Bewerber, die nach der Matura oder nach Studien zu uns kommen, und wir wollen auch Leute, die einen anderen Beruf erlernt haben, moti­vieren, in den Polizeidienst einzusteigen.

Richtig, wir nehmen dieses Problem in Angriff, und das Ministerium hat in meinem Auf­trag bereits Überlegungen angestellt, wie wir das auch hinsichtlich der Frage des Ent­gelts oder der besseren Dotierung lösen können. Es ist gar keine Frage, dass das für jemanden, der 25, 26 Jahre alt ist, einen Beruf gelernt hat, oft ein Hemmnis ist, dass er sich, wenn er gerade im Familienaufbau ist oder sich gerade eine Wohnung zugelegt hat oder Ähnliches, diesen Wechsel finanziell schwer leisten kann. Da wird es beson­dere Maßnahmen geben. (Abg. Hagen: Danke!)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 7. Anfrage, das ist jene des Herrn Abgeordneten Plessl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Innenminister! In den letz­ten Monaten konnten wir in diversen Medien nachlesen, dass es immer mehr Men-


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schen gibt, die den Staat nicht anerkennen, die einen Staat im Staat ausrufen wollen, sich Dokumente besorgen und ausstellen. Es gibt auch bedrohliche Auswirkungen in diesem Bereich; Richter, Staatsanwälte, Bürgermeister, aber auch Polizeibeamte wer­den bedroht, und diesen Drohungen wird auch mit finanziellen Forderungen Nachdruck verliehen.

Meine Frage lautet daher:

270/M

„Welche Wahrnehmungen hat Ihr Ressort zu den sogenannten Staatsverweigerern?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Wir haben in Österreich aus den unterschiedlichen Gruppierungen – das sind Freeman, Souveräne Bürger, die OPPT-Bewegung, Verfassungsgebende Versammlung et cetera – eine ganze Reihe von sol­chen Staatsverweigerern. Wir schätzen diese Gruppe derzeit auf 1 200 Aktivisten, die tauchen in Österreich etwa seit dem Jahre 2014 auf, die gibt es in Amerika schon län­ger, und ihre Zahl ist bei uns im Steigen begriffen, daher sind da auch Maßnahmen not­wendig. Da bin ich im Kontakt mit dem Justizminister, weil wir ins Strafgesetzbuch den § 246a neu einbringen müssen, um für die Teilnahme an solchen Vereinigungen im Straf­gesetzbuch einen entsprechenden Straftatbestand zu schaffen.

Wir brauchen da ganz wesentliche Aufklärung, das hat man lange Zeit nicht ernst ge­nommen. Ich habe deshalb in allen Bundesländern mit den sogenannten Bezirkshaupt­leutekonferenzen Kontakt aufgenommen und darüber informiert – der Großteil war schon über diese Situation informiert –, wie sie damit umgehen sollen. Man hat österreichi­sche Bürgermeister, Bezirksrichter oder sogar Bezirkshauptleute in amerikanische Straf­register eintragen lassen, hat diese Forderungen an ein Inkassobüro in Malta zediert, und es gab dann entsprechende Aufforderungen zur Zahlung – es ist Gott sei Dank zu keiner Zahlung gekommen –; das haben wir abstellen können, und das ist auch klar ge­regelt worden.

Für uns geht es darum, dass wir all diese Angriffe entsprechend polizeilich ahnden. Es ist wesentlich, dass wir einen strafgesetzlichen Tatbestand schaffen, und ich glaube, dass wir vor allem für Angriffe auf unsere Polizistinnen und Polizisten und Beamte hö­here Strafen vorsehen müssen, damit wir diesen Übergriffen gleich am Anfang wirklich alle Möglichkeiten nehmen, sich auszubreiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

 


Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Herr Innenminister! Sie haben in Ihren Ausfüh­rungen kurz auch die Gefährdung und Bedrohung der Polizeibeamten, der Exekutivbe­amten angesprochen. Auf der anderen Seite ist in den letzten Jahren eine besorgnis­erregende Entwicklung erkennbar, dass es immer mehr körperliche Gewalt gegen Poli­zeibeamte gibt und es auch zu Beeinträchtigungen kommt.

Mich würde interessieren, welche Maßnahmen Sie im Innenresort setzen, um dieser Ge­waltentwicklung entgegenzuwirken, und ob es Gespräche mit dem Justizminister be­treffend höhere Strafen, Aufklärung gibt, denn es betrifft vor allem junge Menschen, die immer wieder im Rahmen von Mutproben, teilweise ist auch Alkohol im Spiel, Gewalt gegen Polizeibeamte anwenden, und es ist zu einer starken Erhöhung der Beeinträch­tigung der körperlichen Unversehrtheit der Beamten gekommen.

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 



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Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Es gibt von unserer Seite null Toleranz gegenüber Gewaltanwendung gegen Organe des Staates. Sie kennen die drei Straftatbestände: tätlicher Angriff, Widerstand gegen die Staatsgewalt, und wenn es bei einem Polizisten zu einer Körperverletzung kommt, ist das eine schwere Kör­perverletzung. Ich glaube, dort müssen wir über die Strafrahmen nachdenken und sie auch entsprechend ausweiten.

Wesentlich ist aber, dass die Polizistinnen und Polizisten besser informiert werden. Wir müssen im eigenen Bereich entsprechend informieren, wie man mit diesen Leuten um­geht, wie man gleich zu Beginn die richtigen Maßnahmen setzt. Es ist ein breites Schu­lungsprogramm im Laufen, und ich glaube, die enge Kooperation mit der Justiz und mit den Verwaltungsbehörden, die wir bereits eingeleitet haben, ist ein wichtiger und richti­ger Schritt.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 8. Anfrage, das ist jene der Frau Abgeordneten Mag. Steinacker. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wenn ein Asylverfahren rechtskräftig negativ entschieden wird, also ein Antrag zur Gewährung von internationalem Schutz abgewiesen wird – das heißt, es gibt keine Gründe für die Gewährung von Asyl und es gibt keine Gründe, um subsi­diären Schutz zu gewähren –, dann muss der Betroffene Österreich verlassen. Wenn er nicht ausreist, dann ist er abzuschieben. – So weit die Rechtslage.

Wir wissen, dass es in Österreich derzeit rund 4 000 Personen gibt, die ausreisen müs­sen, sich aber immer noch in Österreich und in der Grundversorgung befinden. Meine Frage an Sie, Herr Bundesminister, lautet daher:

266/M

„Welche Maßnahmen schlagen Sie mit dem Fremdenrechtspaket vor, um Außerlan­desbringungen zu forcieren?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Wir haben im Vorjahr, wie ich glaube, bereits sehr erfolgreich gehandelt. Wir hatten über 10 000 Außerlandesbringun­gen zu verzeichnen. Wenn man das mit der Zahl aus Deutschland, 80 000, vergleicht, dann sieht man, wie aktiv unsere Behörden sind, die Rückführungen gemeinsam mit Frontex organisieren. Dort zeigt sich, dass der Anteil derer, die freiwillig zurückkehren, gegenüber jenen, die – unfreiwillig – außer Landes gebracht werden, wesentlich höher ist.

Daher wird von uns vorgesehen, die Rückkehrberatung zu intensivieren, auch zu über­legen, wie das Geld, das wir ihnen in die Hand geben, an die Verhältnisse des jewei­ligen Landes angepasst werden kann, damit sie ihre Lebenssituation beziehungsweise ihre strukturelle Situation in ihrem Heimatland oder dort, wo sie hingehen, verbessern oder optimaler ausrichten können.

Es ist aber ganz klar, dass wir auch einen entsprechenden Straftatbestand einführen müssen: Wenn das nicht passiert – und so ist erstmals der Vorschlag auf dem Tisch –, wenn jemand sich permanent der Aufforderung, das Land zu verlassen, widersetzt, dann setzt er eine Straftat und wird letzten Endes mit einer Strafe zwischen 5 000 € und 15 000 € belegt beziehungsweise geht bei Nichteinbringung in den Ersatzarrest.

Wir brauchen aber Weiterführendes, das ist ganz wesentlich, denn – Sie haben es schon angesprochen – von 4 000 im laufenden Jahr 2017 sind noch etwa 3 300 in der Grund­versorgung. Ein Teil könnte ausreisen, ein Teil ist sicherlich auch noch da, weil er ent-


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weder krank ist oder wegen der familiären Situation noch ein Verfahren läuft; aber die, die ausreisen können, die wollen wir auch zur Ausreise verpflichten, daher ist auch der klare Vorschlag die Aberkennung der Grundversorgung.

Ich denke, dass das eine wesentliche Maßnahme ist, um – selbstverständlich – der Rechtsstaatlichkeit zum Durchbruch zu verhelfen – und der kann ja, weil er keinen Asyl­grund hat, wieder nach Hause fahren, da liegt keine persönliche Gefährdung vor, der hat keinen Grund.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Danke schön, Herr Bundesminister, für Ihre Ausführungen. Für uns hier im Hohen Haus ist es natürlich auch immer wichtig, wann und in welcher Form diese Umsetzung dann erfolgen wird.

Meine Zusatzfrage ist insofern sehr kurz: Inwiefern ist diesbezüglich hier im Hohen Haus die für Verfassungsänderungen erforderliche Mehrheit notwendig? Das heißt, wird es Verfassungsänderungen geben müssen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Die Bundesregierung hat in ih­rem neuen, überarbeiteten Regierungsprogramm auch festgehalten, dass man Ausrei­sezentren etablieren möchte und Gebietsbeschränkungen vornehmen möchte, inner­halb deren Ausreisepflichtige sich aufhalten dürfen. Ich glaube, da könnte eine Verfas­sungsänderung notwendig sein. Wenn es insbesondere um die Ausreiseanhaltung geht, ist das ein Freiheitsentzug, weil man sich ja so quasi nicht mehr frei bewegen kann – aus der derzeitigen Sicht, wird aber geprüft –; da könnte eine verfassungsgebende Mehr­heit notwendig sein. (Abg. Steinacker: Danke vielmals!)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 9. Anfrage, das ist jene des Herrn Abgeordneten Lasar. – Bitte.

 


Abgeordneter David Lasar (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Im Vorjahr wurden insgesamt 6 700 Personen außer Landes gebracht, davon wur­den aber nur 4 880 zwangsweise abgeschoben, der Großteil reiste freiwillig aus. Das sind viel weniger Abschiebungen, als noch im Jänner 2016 großartig angekündigt, näm­lich dass 12 500 Abschiebungen pro Jahr beziehungsweise 50 000 Abschiebungen bis 2019 durchgeführt werden.

Es gibt damit aber natürlich auch Probleme, eine Abschiebung in das Herkunftsland des Fremden kann aus bestimmten Gründen nicht möglich sein. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat für die Rückführung ein Ersatzdokument einzuholen, wenn der Fremde über kein entsprechendes Reisedokument verfügt. In vielen Fällen ist die Erlangung eines Ersatzdokuments nicht möglich, zum Beispiel, wenn die Staats­angehörigkeit ...

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt die Frage formulieren.

 


Abgeordneter David Lasar (fortsetzend): Die Frage lautet:

276/M

„Welche Maßnahmen haben Sie im letzten Jahr gesetzt, damit die Abschiebung von Fremden, bei welchen wegen fehlender offizieller Dokumente die Staatsangehörigkeit nicht festgestellt werden kann, leichter möglich wird?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Wir reden da von Außerlan­desbringungen, die 10 000, die 12 000 sind Außerlandesbringungen, und auch die 50 000 sind Außerlandesbringungen. Das sind nicht alles Abschiebungen, denn unser


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Ziel ist primär, präventiv zu wirken und die freiwillige Ausreise, die einfach erfolgreicher ist und auch zügiger durchgeführt werden kann, zu unterstützen.

Betreffend Identitätsfeststellung: Wenn ich nicht weiß, woher jemand kommt, dann kann ich ihn letzten Endes auch nicht abschieben; das liegt in der Natur der Sache. Wie er­fahre ich die Identität, wenn er sie nicht preisgibt? – Das ist wieder eine Sache, hin­sichtlich derer wir denken, dass jemand, wenn er negativ beschieden ist, in eine Aus­reiseeinrichtung kommt. Wir denken auch, dass er, wenn ein entsprechender Strafrah­men gegeben ist beziehungsweise konsekutiv auch Schritte gesetzt werden, dann viel­leicht doch bereit ist, seine Identität preiszugeben.

Wir arbeiten intensiv mit den Botschaften zusammen. Wir arbeiten intensiv mit Sprach­forschern zusammen, die schlussendlich sagen, woher jemand kommt, und da ist eine ganz wesentliche Forderung von uns, die noch nicht gesetzlich formuliert ist, dass wir auch seine Telekommunikationsverbindungen auswerten können, denn damit können wir sehr klar feststellen – das ist auch ein deutscher Vorschlag –, woher jemand kommt und in welchen Verbindungen er steht.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

 


Abgeordneter David Lasar (FPÖ): Am 28. April 2016 sagte zum Beispiel Herr Außen­minister Kurz in der Fragestunde, es gebe „von mehreren Ministerien einschließlich des Außenministeriums“ – also auch von Ihnen – „Bemühungen, mit Afghanistan, Marokko, Algerien und anderen Staaten weitere Abkommen [...] abzuschließen.“ Nun hat Bun­desminister Kurz in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ vom 26. Februar 2017 ge­sagt, dass „die Rückführungsabkommen in der Zuständigkeit des Innenministeriums“ al­leine liegen.

Ich frage Sie daher, Herr Minister: Wie viele Rückübernahmeabkommen hat Österreich im bilateralen Wege seit 2016 abgeschlossen, um die Abschiebung von Fremden zu for­cieren?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Die Rückführungsabkommen müssen vor allem auf Ebene der Europäischen Union abgeschlossen werden, weil bi­laterale Abkommen eigentlich nie die entsprechende Wirksamkeit haben. Wir haben mit Nigeria ein Abkommen geschlossen, und trotzdem ist die – so quasi – Abschiebung nach Nigeria schwierig, weil es natürlich immer wieder um die Frage geht, was die Iden­tität ist, ob jemand wirklich Nigerianer ist.

Das heißt, das Abkommen wird ein bisschen überbewertet, denn es funktioniert nur dann, wenn die Identität schon am Anfang festgestellt wurde. Ich glaube, dass das Rück­führungsabkommen mit Afghanistan, das die Europäischen Union zurzeit hat, der rich­tige Weg ist, und so weit müssen auch wir kommen.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Amon.

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Bundesminister, ich wollte Sie noch fragen, welche Rolle in Ihren Planungen die freiwillige beziehungsweise eigenständige Rückkehr von Asylwerbern respektive anderen spielt.

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Ich glaube, das ist der we­sentliche Punkt, dort setzen wir auch unseren Schwerpunkt. Für Reintegrationsmaß­nahmen wird das Ministerium in den nächsten Jahren 12 Millionen € ausgeben. Wir arbeiten intensiv mit dem ICMPD zusammen, das versucht, mit den Herkunftsstaaten Entwicklungs- und Wirtschaftsprojekte aufzustellen und gemeinsam mit bei uns leben­den Personen aus diesen Staaten Ausbildungszentren zu schaffen, zum Beispiel für er-


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neuerbare Energien – dazu läuft in Nigeria ein Projekt, das in der Planungsphase ist –, um dann gemeinsam die Fachkräfte oder eingeschulte Arbeitskräfte nach Nigeria zurück­zubringen. Das sind einzelne Projekte, die bei uns betreut werden.

Wir halten das für den wesentlichen und richtigen Weg, um diesen Menschen auch ei­ne Perspektive zu bieten und unter anderem die Fluchtgründe zu beheben, die sie da­zu bewogen haben, ihre Länder zu verlassen, und um auch zu zeigen, dass sie in ih­rem eigenen Land Bedingungen schaffen müssen, um eine Lebensperspektive zu ha­ben. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 10. Anfrage, jener der Frau Abge­ordneten Mag. Korun. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mich kontaktieren immer wieder österreichische Staats­bürger und Staatsbürgerinnen, die Flüchtlinge, Schutzsuchende unterstützen. Sie be­richten von mehreren Fällen, beispielsweise von einem afghanischen Kinderflüchtling, der seit Oktober 2014 in Österreich ist und das Asylinterview noch immer nicht gehabt hat. Deshalb, und weil das Bundesasylamt Ihnen unterstellt ist, möchte ich die Frage stellen:

273/M

„Was sind die Ursachen für den Missstand im Asylverfahren, dass teilweise schutzsu­chende Menschen, die im September 2015“ – oder noch früher – „Asylanträge einge­bracht haben, seit eineinhalb Jahren“ – oder noch länger – „noch immer auf ein Erstge­spräch mit dem Bundesasylamt warten?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete, ich glaube, dass unser Asylamt, unser BFA, im internationalen Vergleich einem sehr hohen Stan­dard entspricht. Das zeigt unter anderem die Tatsache, dass der Leiter auch der Vorsit­zende der EASO auf Malta ist.

Dass es vereinzelt Probleme geben kann, steht außer Frage. Meiner Information nach gibt es immer dann Probleme, wenn ein Mitarbeiter unseres BFA zum Beispiel erkrankt oder in Karenz geht und der ganze Akt übertragen wird; dann kann es zu Problemen kommen. Es kann auch einmal vorkommen, dass es bei den derzeit 77 000 zu be­handelnden Fällen den einen oder anderen Fall gegeben hat, der nicht in der Form ab­gelaufen ist, wie es hätte sein sollen. Grosso modo ist das aber mit Sicherheit nicht feststellbar, sondern die Arbeit ist exzellent. Wir haben seit 2014, damals haben wir mit 300 oder 500 Personen begonnen, in nur zwei Jahren auf 1 290 Personen aufgestockt – das müssen Sie sich vorstellen –, und wir werden im heurigen Jahr noch auf 1 400 auf­stocken. Die Personen müssen ja eingeschult werden, sie brauchen auch Zeit, da ih­nen diese Materie ja vollkommen neu ist. Unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen leis­ten exzellente Arbeit.

Ich würde sagen, was Sie erwähnt haben, ist ein Einzelfall – aber geben Sie den Fall bekannt! –, denn das durchschnittliche Asylverfahren dauert bei dieser Anzahl derzeit neun Monate. Verglichen mit dem Asylverfahren in Deutschland sind wir Weltmeister. Wenn Sie sich ansehen, wie hervorragend wir arbeiten, und einen Vergleich anstellen, dann werden Sie auch erkennen, dass wir, wenn wir die Fälle abarbeiten können, 2018 wieder auf eine mittlere Dauer von drei bis vier Monaten kommen werden. Deshalb müssen wir ja auch den Zuzug begrenzen. Das ist der wesentliche Punkt. Wenn wir uns den Rucksack immer wieder aufs Neue vollfüllen, werden wir diesen überborden­den Andrang in der Normalzeit, die uns vorschwebt, auch nicht abarbeiten können. (Bei­fall bei der ÖVP.)

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 35

Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Korun.

 


Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Herr Minister, danke für Ihre Antwort. Wir wis­sen alle, dass es im Bundesasylamt viele sehr engagierte Mitarbeiter und Mitarbeiterin­nen gibt. Meine Frage hat sich auch ganz bewusst auf jene Fälle bezogen – und das sind leider nicht nur Einzelfälle und nicht wenige –, in denen Leute ein Jahr, eineinhalb Jahre, teilweise zwei Jahre auf ein Asylinterview warten. Ich werde Ihnen die Fälle ger­ne übermitteln und bitte Sie um Ihre Unterstützung.

Meine Zusatzfrage ist: Sie planen mit dem neuen Asylverschärfungspaket eine neue Haft für jene Fälle, in denen rechtlich keine Untersuchungshaft möglich ist und es auch noch keine rechtskräftige Verurteilung gibt. Dass man österreichische Staatsbürger für Monate ohne eine rechtskräftige Verurteilung einsperren würde, das wäre für uns alle undenkbar; genau so eine neue Haft, wenn keine U-Haft möglich ist, wollen Sie aber ein­führen. Ist das nicht verfassungswidrig?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Zeigen Sie mir diesen Geset­zesvorschlag, den ich eingebracht haben soll! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 11. Anfrage, das ist jene der Frau Abgeordneten Lueger. – Bitte.

 


Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Wir wissen, dass wir in Europa mit unserem E-Government wirklich Vorreiter und ein großes Vorbild sind. So, wie das für die Bürgerinnen und Bürger positive Seiten hat, hat es natürlich auch Schattenseiten.

Daraus ergibt sich auch meine Frage:

271/M

„Wie entwickelten sich die Hackerangriffe auf öffentliche Einrichtungen in den letzten Jahren?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Die Hackerangriffe auf die öffentlichen Einrichtungen haben sich vom Jahr 2015 auf das Jahr 2016 doch sehr dra­matisch entwickelt. Wir haben 2015 in etwa 1 500 Angriffe gehabt, 2016 waren es 2 600 Angriffe. Das ist für uns eine sehr herausfordernde Situation, da über 99 Prozent dieser Hackerangriffe von krimineller Energie getrieben sind. Es sind keine Hackeran­griffe von fremden Staaten, wie man derzeit öfters liest. Es ist also nicht so, dass an­dere Staaten Angriffe von außen planen, sondern es sind einzelne Kriminelle, kriminel­le Tätergruppen.

Die bekanntesten Vorfälle gab es im heurigen Jahr, 2017, als auch das Parlament ge­hackt wurde oder als versucht wurde, es zu hacken. Es gab auch einen Vorfall am Flughafen und in vielen weiteren Einrichtungen, daher haben wir mit dem Kuratorium Sicheres Österreich eine spezielle Gruppe eingerichtet, die sich nur mit diesen Fällen auseinandersetzt. Wir brauchen bei solchen Vorfällen auch die Meldungen der Firmen. Wir brauchen die Meldeverpflichtung – das wird gesetzlich notwendig sein –, damit wir daraus Profile erstellen können, um dann unsere kriminalistischen Maßnahmen ent­sprechend setzen zu können. Es braucht aber dann auch gesetzliche Anpassungen, um das durchführen zu können.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Lueger.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 36

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Das heißt, Sie befürworten auch die Einrichtung eines gesamtstaatlichen Cyber Security Centers, in dem alle vorhandenen Kompeten­zen gebündelt werden? Ihre Aussage in Bezug auf die Firmen wäre ein Teil davon. Wür­den Sie es aber unterstützen, das dann auch zu kombinieren?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Es gibt eine Cybersicherheits­strategie, die vom Bundeskanzleramt formuliert wird und für alle Ministerien gilt. Ich glaube, auf dieser aufbauend ist es ganz entscheidend – auch der Verfassung entspre­chend –, dass betreffend innere Sicherheit bei allem, was operativ ist, das Innenminis­terium die federführende Funktion hat und bei allen Angriffen von fremden Staaten das Verteidigungsministerium federführend ist.

Wir haben aber in dieser Situation schon einen engen Austausch zwischen dem Innen- und dem Außenministerium vereinbart, da wir auch in der Frage des Erfahrungsaus­tauschs kooperieren müssen, um die unterschiedlichen Strukturen der Angriffe bezie­hungsweise die nötigen Abwehrmaßnahmen aufeinander abstimmen zu können.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Hable.

 


Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sie haben die Cyberangriffe auf das Parlament und den Flughafen bereits genannt, auch das Außen- und das Verteidigungsministerium waren betroffen. Diese Angriffe haben noch keinen großen Schaden angerichtet, es waren nur temporäre Ausfälle von Web­sites. Zukünftige Angriffe gegen sicherheitsrelevante Einrichtungen wie die Stromver­sorgung oder Kommunikationseinrichtungen sind jedoch nicht auszuschließen, daher sind natürlich schon jetzt in einem gesamtstaatlichen Ansatz Vorbereitungen zu treffen. Was ist der aktuelle Stand? Die Ermittlungen zu den Cyberangriffen im Fall des in den USA lebenden Türken haben ja gezeigt, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Ver­fassungsschutz und dem Heeresnachrichtenamt schlichtweg nicht funktioniert.

Meine Frage ist daher, Herr Bundesminister: Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um zukünftige Pannen in der Zusammenarbeit zwischen dem Innenministerium und dem Verteidigungsministerium im Bereich der Cybersicherheit auszuschließen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bin auch nicht sehr glück­lich darüber, dass das, als die Ermittlungen sehr nah dran und praktisch sehr weit fort­geschritten waren, publik gemacht wurde und es dem Täter daher gelungen ist, sich der Verfolgung zu entziehen. Wir arbeiten natürlich intensiv daran.

Ich glaube, wesentlich ist, dass wir auch dafür eine Stabsstelle einrichten. Ihre Mitar­beiter und Mitarbeiterinnen müssen sich in regelmäßigen Zeitabständen treffen, um die einzelnen Fälle durchzusprechen beziehungsweise auch eng miteinander koordiniert aufzutreten. Ich glaube, es geht auch um eine persönliche Vernetzung der Experten auf Ministeriumsebene, damit das in dieser Form nicht mehr vorkommt.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 12. Anfrage, das ist jene des Herrn Abgeordneten Mag. Hammer. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister!

267/M

„Im Ministerratsvortrag zum Deregulierungspaket vom 2.11.2016 findet sich unter an­derem das Vorhaben ‚Elektronischer Identitätsnachweis‘. – Welche Zielsetzung verfol­gen Sie damit?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 37

Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Wir wollen mit der elektroni­schen Identität in ganz Europa Vorreiter sein und dem Bürger ein Instrument in die Hand geben, das für ihn absolut fälschungssicher ist.

Wir kennen heute die Situation, dass die elektronische Unterschrift und andere Mög­lichkeiten, die wir zurzeit haben, immer wieder Fälschungen ausgesetzt sind. Das ist mit der elektronischen Identität, mit der der Zugriff auf die staatlichen Register möglich sein soll, dann ausgeschlossen.

Damit werden auch die biometrischen Daten überliefert, und der Bürger hat Zugriff auf diese Daten, wenn er will, und kann sie dem, der sie von ihm fordert, weiterleiten, seien es privatwirtschaftliche Unternehmen, sei es für eine ganz einfache anonyme Alters­feststellung oder für die Eröffnung eines Bankkontos oder die Gründung einer Firma. Man kann diese elektronische Identität seinem Geschäftspartner beziehungsweise dem Partner, der sie von einem fordert, übermitteln, oder auch der Polizei.

 


Präsidentin Doris Bures: Möchten Sie noch eine Zusatzfrage stellen? – Das ist nicht der Fall.

Da alle Fragen zum Aufruf gelangt sind, erkläre ich die Fragestunde für beendet. – Herz­lichen Dank, Herr Bundesminister. (Beifall bei der ÖVP.)

10.12.53Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Schriftliche Anfragen: 11926/J bis 12076/J

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Allgemeine So­zialversicherungsgesetz geändert werden (1516 d.B.)

Budgetausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz 2013, das Bundesfinanzierungs­gesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz und das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert werden (1514 d.B.)

Gesundheitsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird (1515 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitsberuferegister-Gesetz, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das MTD-Gesetz geändert werden (GBRG-Novelle 2017) (1518 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz ge­ändert wird (1520 d.B.)

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 – FrÄG 2017 (1523 d.B.)


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Justizausschuss:

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Pauschalreisen und verbundene Rei­seleistungen (Pauschalreisegesetz – PRG) erlassen wird sowie das Konsumenten­schutzgesetz, das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz und das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert werden (1513 d.B.)

BRIS-Umsetzungsgesetz – BRIS-UmsG (1517 d.B.)

Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2017 – KaWeRÄG 2017 (1522 d.B.)

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012, das Elektrizitätswirtschafts- und or­ganisationsgesetz 2010, das Gaswirtschaftsgesetz 2011, das KWK-Punkte Gesetz und das Energie-Control-Gesetz geändert werden, sowie das Bundesgesetz, mit dem zu­sätzliche Mittel aus von der Energie-Control Austria verwalteten Sondervermögen be­reit gestellt werden, erlassen wird (1519 d.B.)

Biogas-Technologieabfindungsgesetz 2017 – BTAG 2017 (1521 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Verfassungsausschuss:

Bericht des Bundesministers für Inneres aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 10. November 2016 (178/E XXV. GP) betreffend Datenschutz bei Wahlkarten (III-364 d.B.)

*****

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 bis 8, 9 bis 12 sowie 13 bis 17 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Damit gehen wir in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Kon­sens über die Dauer der Debatten erzielt. Gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsord­nung wurde eine Tagesblockzeit von 5 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich fol­gende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 68, FPÖ 63, Grüne 53 sowie NEOS und STRONACH je 28 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages­ordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 14 Minuten. Darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.14.301. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Sozialbericht des Bun­desministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (III-350/1483 d.B.)

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 39

Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


10.14.58

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute über den neuen Sozialbericht: „Sozialpolitische Entwicklungen und Maßnahmen 2015-2016“.

Wenn man sich den Bericht durchliest und überlegt, was wäre, wenn man diese Zeit nicht selbst miterlebt hätte, sondern den Bericht irgendwann in weiter Zukunft lesen wür­de, dann muss man sagen, man wüsste gar nicht, was in dieser Zeit wirklich passiert ist. Die Massenflucht, die Massenmigration in den Jahren 2015, 2016 wird da drinnen so gut wie überhaupt nicht erwähnt. Das allein ist schon einmal nicht unspannend, dass ein Sozialbericht auf eine solche Bewegung nicht eingeht. Das ist in Wirklichkeit eigent­lich ungeheuerlich, Herr Bundesminister!

Es ist aber nicht besonders überraschend, denn man kann ja ehrlicherweise sagen, wenn man sich das durchliest: Ihre Schlussfolgerungen können gar nicht richtig sein, da Sie ja schon in der Problemanalyse nicht richtig gelegen sind. So wäre es, wenn man es gut meint. Wenn man es schlecht meint, könnte man diesen ganzen Bericht als Fake News bezeichnen, denn nichts anderes ist er. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man sich die Zusammenfassungen und Schlussfolgerungen anschaut, dann zeigt sich ein ganz krasses Bild. Es ist schon etwas verwunderlich, dass die Kollegin­nen und Kollegen der ÖVP dem so ihre Zustimmung gegeben haben und das so zur Kenntnis genommen haben und sich wahrscheinlich auch noch darüber gefreut haben. Man hat den Eindruck, dass Ihr Gruppenmitarbeiter, der den Bericht verfasst hat, wahr­scheinlich bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Deutschland geschult worden ist. Ge­nau das steht da drinnen. Das ist eine Kurzfassung von Karl Marx; der hätte seine größte Freude.

Zunächst einmal gebe ich Ihnen einige Zitate wieder:

„Der Wohlfahrtsstaat ermöglicht der Mitte auch ohne Vermögen zu leben. Pensionsver­sicherung, Kranken- und Arbeitslosenversicherung, (geförderte) Mietwohnungen und öf­fentliche Schulen und Universitäten ermöglichen den Lebensstandard der Mitte und ver­hindern gerade in unsicheren Zeiten ein Abrutschen nach unten.“

Das heißt, zunächst einmal ist die Vermögensbildung und Eigentumsbildung überhaupt nicht für den Mittelstand vorgesehen. Wir Sozialdemokraten haben lieber keine Vermö­gensbildung und Eigentumsbildung, denn Eigentum ist Freiheit, und das wollen wir nicht! Wir haben lieber die Menschen von der Wiege bis zur Bahre an der Kandare. (Bei­fall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Abgesehen davon: Es ist auch inhaltlich vollkommen falsch, denn gerade der Mittel­stand ist es, der besonders belastet ist, gerade im Gesundheitsbereich. Herr Bundes­minister, Sie wissen es doch ganz genau: Immer weniger Ärzte sind im Kassensystem drinnen, und es sind gerade die Menschen aus dem Mittelstand, die in der Zwischen­zeit zum Wahlarzt gehen, wo für jeden Arztbesuch bezahlt werden muss.

Zweites Beispiel, die Schule: Gerade die Menschen aus dem Mittelstand sind es doch – und Sie beklagen sich an anderer Stelle, dass Bildung vererbbar ist –, die sich die Schul­bildung ihrer Kinder vom Mund absparen müssen, weil sie einerseits Steuern für das öffentliche Schulsystem zahlen, aber andererseits noch einmal tief in die Tasche grei­fen und für die Schulbildung ihrer Kinder bezahlen, wenn sie möchten, dass ihre Kinder eben nicht in diesem öffentlichen System beschult werden, in dem dann ein Drittel aller


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Schüler mit 15 Jahren nicht sinnerfassend lesen können – das sind die Zahlen, die of­fiziell bekannt sind –, weil sie wünschen, dass ihre Kinder etwas lernen, um später im Berufsleben überhaupt bestehen zu können.

Das heißt, sowohl im Bildungsbereich als auch im Gesundheitsbereich gibt es für den Mittelstand überhaupt nichts mehr kostenlos. Das ist die Realität, Herr Bundesminister. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Thema Chancen für die Kinder – Herr Kollege Wöginger, horchen Sie jetzt bitte zu! – steht wörtlich drinnen – und Sie nehmen diesen Bericht ja zur Kenntnis –, „dass der Zugang zu qualitativ hochwertiger und kostengünstiger Ganztagskinderbetreuung spätestens ab dem ersten Geburtstag gewährleistet werden sollte – am besten mit ei­nem Rechtsanspruch“. – Ganztagskinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr, das steht drinnen. Das ist wie in der DDR. Das ist ein DDR-Bericht, Herr Bundesminister, den Sie abgeben. Sie schreiben einen Bericht mit Ihren linkssozialistischen Scheuklappen. Sie haben nichts anderes als eine Ideologie hineingepackt, und das ist kein Sozialbe­richt. (Beifall bei FPÖ und NEOS.)

Was natürlich nicht fehlen darf, sind Ihre Vermögenssteuern, Ihre Erbschaftssteuer und all diese Dinge, diese zusätzlichen Belastungen. Wissen Sie, Herr Bundesminister, die Erbschaftssteuer gibt es de facto längst wieder, denn vor eineinhalb Jahren wurde um­gestellt. Gegenwärtig muss man die Erbschaftssteuer für eine Eigentumswohnung oder ein Haus, das man sich erarbeitet hat beziehungsweise vielleicht von seinen Eltern erbt, nicht mehr nach dem Grundwert berechnen, sondern das wird nach dem Verkehrs­wert berechnet.

Wie stark der Verkehrswert in manchen Regionen ansteigt, wissen Sie auch ganz genau. Das bedeutet in Wirklichkeit nichts anderes, als dass es da längst eine ver­deckte Steuer gibt. Es ist für viele Menschen das Erben fast nicht mehr leistbar, wenn die Eltern vielleicht eine Wohnung in einer Region gehabt haben, in der der Verkehrs­wert gestiegen ist. (Zwischenruf der Abg. Schwentner.) – Ich weiß schon, das finden Sie vielleicht lustig, Frau Schwentner; das glaube ich auch, dass Ihnen dieser Sozial­bericht unheimlich gut gefällt. Das ist klar, denn für Kommunisten ist das genau das; das ist Karl Marx, was Sie da herinnen bringen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abge­ordneten Loacker und Dietrich. – Heiterkeit und Kopfschütteln der Abg. Schwentner.)

Das, meine Damen und Herren, hat aber nichts mit einem Sozialbericht zu tun, wie wir ihn uns vorstellen würden, und nichts mit einer ernsthaften und richtigen Problemana­lyse. Es gibt wahrlich genug Probleme im Sozialbereich, allein wie sich der Arbeits­markt in den letzten Jahren entwickelt hat. – Da sehe ich keine Ansätze. Es kann nicht die Umverteilung der Weisheit letzter Schluss sein. Damit werden wir keine neuen Ar­beitsplätze schaffen, auch nicht mit der hier herinnen geforderten Arbeitszeitverkür­zung, damit alle ein bisschen etwas haben. Wo soll sie denn enden? Von 40 Stunden oder 38 Stunden gehen wir jetzt runter auf 30 Stunden. In ein paar Jahren, wenn wir sehen, die Arbeitslosigkeit steigt weiter – denn sie wird weiter steigen –, gehen wir run­ter auf 20 Stunden. (Abg. Öllinger: Ja, und?!) – Das ist ja kein wirklicher Ansatz und kein richtiger Weg dazu.

Das ist genau das: Es bräuchte eine aktive Arbeitsmarktpolitik, eine, bei der die Wirt­schaftsbetriebe auch wieder in der Lage sind, Arbeitsplätze zu schaffen. (Zwischenruf der Abg. Schwentner.) Das wäre einmal eine Analyse gewesen, die Sie hier hätten bringen können. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schopf: Zum Beispiel?) – Ja, das ist ja die Frage: „Zum Beispiel“, Herr Schopf, genau, „zum Beispiel“! Ihre einzige Antwort ist jedes Mal: Umverteilung, Vermögenssteuern, Erbschaftssteuern – das ist Ihre Antwort. (Abg. Schopf: Ja, genau!) Die Arbeitslosigkeit geht in die Höhe. Ich sage Ihnen etwas: Senken Sie die Lohnnebenkosten! (Rufe bei der SPÖ: ... Lohnnebenkosten?!) Versu­chen Sie, der Wirtschaft einmal die überbordende Bürokratie abzunehmen! – Das wäre


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einmal ein Ansatz gewesen. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Sie haben keine Ahnung von der Materie, nur heiße Luft ist das!)

Ich komme jetzt zum Beispiel Wien – das wird ja von Ihnen regiert –: Schauen Sie sich doch die Arbeitslosigkeit in Wien an! Wien ist das Bundesland mit der allerhöchsten, mit einer explodierenden Arbeitslosigkeit. Schauen Sie sich die Bürokratie an, die dort Unternehmen aufgebürdet wird, die reihenweise Wien verlassen und in das umliegen­de Niederösterreich gehen! (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.) – Das ist eine haus­gemachte Arbeitslosigkeit. Das ist Arbeitsmarktpolitik à la SPÖ, die zu Rekordarbeits­losigkeit führt. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher, Herr Bundesminister, ist dieser Sozialbericht wirklich kein Sozialbericht, son­dern ein ideologischer Bericht, ein Bericht, in den Sie Ideologie einzubauen versuchen, wobei Sie offensichtlich auch den Koalitionspartner zu überfahren versuchen, der da anscheinend mitmacht – warum auch immer, Herr Wöginger, das werden Sie besser wissen.

Das jedenfalls kann von uns nicht zur Kenntnis genommen werden. Ich glaube, alt­kommunistische Lösungsvorschläge, Lösungsvorschläge wie in der DDR, ein Wirt­schaftssystem, wie es die DDR hatte, brauchen wir in Österreich nicht. Das wird uns auch nichts bringen. (Heiterkeit bei den Grünen.) Ich weiß schon, das gefällt Ihnen, da sind Sie schon dabei, Sie haben schon die Stasi aufgebaut – ist mir schon ganz klar. Das wollen wir hier in Österreich nicht. Wir wollen eine aktive Wirtschaft haben, wir wollen freie Unternehmer haben, und wir wollen in dieser Republik einen Mittelstand haben, der auch in der Lage ist, sich Eigentum zu schaffen und sich frei zu bewegen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Pilz: Wie in Russland!)

10.23


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


10.23.16

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Das Thema der Diskussion scheint jetzt offenbar wieder zu sein: Was ist gut? Was ist schlecht? (Heiterkeit bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Das ist in der De­mokratie so!) Dass die Opposition nicht den Anstand hat, hier hervorzuheben, was in diesem Land gut funktioniert, finde ich eigentlich schade. (Abg. Belakowitsch-Jene­wein: Es geht um den Sozialbericht!) – Der Sozialbericht, Frau Abgeordnete Belako­witsch-Jenewein, gibt auf seinen 396 Seiten sehr viel Aufschluss darüber (Abg. Bela­kowitsch-Jenewein: Wirklich viel Aufschluss!), und er wurde nicht von irgendwelchen gesteuerten Experten verfasst, sondern von wirklichen Wissenschaftlern und Experten. Wenn wir diesen Sozialbericht entsprechend genau durchleuchten, dann zeigt er uns schon mit sämtlichen Zahlen, Daten und Fakten, was funktioniert (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Was nicht funktioniert!), aber auch, was noch besser funktionieren soll. Ich glaube, das sollten wir heute bei diesem Tagesordnungspunkt diskutieren, und nicht ge­nerell wieder alles schlechtreden und schlechtmachen!

Dieser Sozialbericht bringt wirklich sehr viele Erkenntnisse, einerseits Bestätigung, wo wir gut unterwegs sind, aber andererseits auch hinsichtlich der Herausforderungen: Wo gibt es noch Bedarf? Fakt ist, dass wir uns vor allem nicht immer intern mit Beurteilun­gen und Bewertungen auseinandersetzen sollten, sondern es ist schön, wenn das Ex­terne tun. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Da gibt’s nichts zu loben da drinnen, ich ha­be mich echt bemüht!) Sie waren leider vorige Woche nicht dabei, als wir Gäste aus dem Deutschen Bundestag hatten. Einige Vertreter des Sozialausschusses waren da­bei, und bis auf Kollegen Loacker waren wir eigentlich alle sehr stolz auf dieses Sys­tem in Österreich.


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Kollege Neubauer, es hat mir auch sehr gefallen, was du gesagt hast: Wir sind stolz auf dieses System, das wir haben. Kollege Loacker wird dann ohnehin noch dazu Stel­lung nehmen.

Schauen Sie: Wenn ein Sozialbericht aufzeigt, dass es in der Verteilungsfrage sehr wohl einen großen Unterschied zu vergleichbaren anderen Staaten gibt, wenn nur 1,4 Pro­zent des Abgabenaufkommens aus dem Bereich Vermögen kommen, während es im Schnitt der EU-15, also vergleichbarer Staaten, 6 Prozent sind, dann besteht hier Hand­lungsbedarf! In diesem Bereich können wir ansetzen und da müssen wir dementspre­chend besser werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kassegger: Da vergleichen Sie Äp­fel mit Birnen!)

Der Sozialbericht zeigt aber auch auf – denn die Daten sind ja bis 2015 eingepflegt –, dass die Bundesregierung unabhängig davon parallel Maßnahmen setzt, um mehr Be­schäftigung und Wirtschaftswachstum zu erreichen.

Sie kennen vielleicht die Medienberichte der letzten Tage: Die Konjunktur in Österreich steigt. Warum steigt Sie? – Weil wir ein Konsumwachstum haben, unser Wirtschafts­wachstum kommt aus dem Konsum. Das heißt, die Steuerreform 2016 war die richtige Entscheidung. Den Menschen, den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen mehr Geld netto in die Geldtaschen zu geben, hat dazu geführt, dass unsere Wirtschaft dement­sprechend stärker wächst als in anderen Ländern. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Es ist aber auch 2017 sehr viel in Vorbereitung. Wir haben diese Punkte zum Teil auch schon gestern diskutiert. Mehr Beschäftigung heißt gleichzeitig mehr Konsum, mehr Ab­gaben und mehr Steuereinnahmen für Österreich. Es gilt, dieses konsumgetragene Wachstum anzukurbeln. Obwohl er von der Opposition noch kritisiert wird, ist der Be­schäftigungsbonus ein ganz wichtiges Zeichen für das Jahr 2017, das wir setzen wol­len.

Dieser Beschäftigungsbonus ist ein sehr großer Anreiz dafür, dass Firmen, die zusätzli­che Arbeitsplätze schaffen, wieder verstärkt auf Eigenpersonal setzen. Wir müssen dort­hin kommen, dass unsere Firmen verstärkt auf mehr Eigenpersonal anstatt auf Fremd­personal setzen (Beifall der Abg. Aubauer– Fremdpersonal, das jetzt, durch die EU ermöglicht, von Fremdfirmen in Österreich angeboten werden darf, und zwar billig, be­dingt durch die niedrigeren Lohnnebenkosten im Heimatland.

Das heißt, ich sehe in diesem 50-prozentigen Lohnnebenkostenersatz für neue, zusätz­liche Arbeitsplätze für Menschen, die in Österreich schon im System sind, die aus dem AMS heraus einen neuen Job bekommen, wodurch wir aus ehemaligen Beitragszah­lern erneut Beitragszahler für unser österreichisches Sozialversicherungssystem ma­chen, einen ganz wichtigen Schritt. Ich glaube, dass es sich für die Wirtschaft wirklich auszahlt, wieder auf mehr Eigenpersonal anstatt auf Fremdpersonal aus dem Ausland zu setzen.

Der letzte Punkt, den ich schon noch anschneiden möchte, weil ich es wirklich schade finde, dass wir ständig unsere Mitmenschen in Österreich betreffend die Pensionen verunsichern: Die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Abgeordneten aus dem Deutschen Bundestag loben unser Pensionssystem, sie loben es hoch wie kein anderes System in Europa. Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bun­destages aus der CDU sagt: Ihr seid den richtigen Weg gegangen, ihr seid den siche­ren Weg gegangen; Deutschland hat sich von dieser staatlichen, gesetzlichen Pen­sionsversicherung verabschiedet. – Wenn mehr privat dementsprechend weniger Pen­sion bedeutet, dann brauchen wir dieses System nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Stein­bichler – eine Ausgabe der „Frankfurter Allgemeine“ in die Höhe haltend –: Das ist ei­ne deutsche Zeitung, schau dir das an!)

Ich bin überzeugt, dass in Wirklichkeit alle Abgeordneten in diesem Hohen Haus mit diesem System und dieser Entscheidung zufrieden sein müssen, dass wir unsere Pen-


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sionen beim Gesetzgeber gut abgesichert haben und dafür auch die Verantwortung über­nehmen.

Diesen Appell noch an alle Abgeordneten und in weiser Voraussicht, dass Abgeordne­ter Loacker jetzt wieder alles anders sieht: Meine sehr geehrten Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehgeräten! Es ist gut, wenn nichtbetroffene Menschen unser Sys­tem bewerten und beurteilen. Diese Menschen aus dem Ausland, wie zum Beispiel aus Deutschland, tun das mit größtem Respekt und größter Anerkennung für unser öster­reichisches System. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.29


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben derzeit ein EDV-Problem, was die Redezeitverwaltung betrifft. Die Anzeige der Redezeit funk­tioniert derzeit nicht. Ich möchte Ihnen aber versichern, dass wir mittlerweile begonnen haben, parallel die Redezeitverwaltung händisch zu führen, und hoffen, das Problem bald gelöst zu haben.

Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Loacker zu Wort. – Bitte.

 


10.30.21

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Lieber Beppo Muchitsch, du ahntest richtig! Dieser Sozialbe­richt ist eine 400-seitige Ansammlung marxistischer Fake News. (Beifall der Abg. Ga­mon.) Das, was Ihre Experten da zusammengeschustert haben, geht auf keine Kuh­haut, und ich bringe Ihnen jetzt ein paar Beispiele.

Auf Seite 8 heißt es: Die Arbeitslosigkeit hat sich krisenbedingt verdreifacht. – Ja bitte, wann war denn die Finanz- und Schuldenkrise? Wann hatte diese ihren Höhepunkt? – 2007/2008, aber seither ist die Arbeitslosigkeit durchgehend gestiegen. In 24 von 28 EU-Ländern sinkt sie inzwischen wieder, und bei uns sind wir froh, dass es im Jänner aus­nahmsweise einmal eine Stagnation und keine Steigerung gegeben hat – so schaut es aus! Das, was Ihre Regierung seit 2008 fabriziert hat, war eine Katastrophe.

Auf Seite 12 schreiben Sie: „Neben Aus- und Weiterbildung können nur groß dimensio­nierte, öffentlich finanzierte Beschäftigungsprogramme für Arbeitslose eine wesentliche Reduktion von Arbeitslosigkeit und mittelfristig Vollbeschäftigung bringen.“

Da steht „öffentlich finanzierte Beschäftigungsprogramme“. – Die Sozialbudgets waren noch nie so groß wie heute! Der Anteil der aktiven und aktivierenden Arbeitsmarktpoli­tik am Arbeitsmarktbudget ist um neun Punkte auf 31 Prozent gestiegen, noch nie ha­ben wir auf dem Arbeitsmarkt so viel Geld ausgegeben, und noch nie haben wir so we­nig damit erreicht. Es sind so viele Stellen offen und unbesetzt und nicht besetzbar wie noch nie. Sie können noch mehr Geld hineinbuttern, aber Sie werden der Sache in die­ser Form nicht Herr.

Was Sie sich anschauen sollten, ist die Bürokratie, die gigantische Steuerbelastung – deswegen haben wir ein Problem auf dem Arbeitsmarkt. Zudem gibt es zeitlich unbe­fristete Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, da ist es vielleicht auch bequem, 15 oder 20 Jahre in der Notstandshilfe zu verweilen. – Diese Frage könnte der Bericht stellen, aber die stellt er natürlich nicht.

Jetzt zum absoluten Highlight aus diesem Bericht auf Seite 10: „Jahrzehntelange Pro­paganda über die angebliche Unfinanzierbarkeit des Pensionssystems hat sich tief in das Bewusstsein der Bevölkerung eingegraben und den Banken und Versicherungen Milliarden an Vorsorgegeldern gebracht.“ (Abg. Schwentner: So ist es!) – Bitte, das darf doch nicht wahr sein, steuerfinanziert einen derartigen Schwachsinn schreiben zu dür­fen! (Beifall bei den NEOS.)

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich würde Sie ersuchen, das Wort „Schwach­sinn“ zurückzunehmen.

 



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Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (fortsetzend): Ich nehme das Wort „Schwach­sinn“ zurück, aber etwas, das offensichtlich falsch ist, darf man steuerfinanziert in einen solchen Bericht hineinschreiben! Die OECD, der Internationale Währungsfonds und die EU-Kommission fordern von Österreich seit Jahren Pensionsreformen. Gerade diese Woche ist wieder ein Länderbericht der EU-Kommission herausgekommen und ver­langt wieder Pensionsreformen von Österreich: eine Angleichung des Frauenpensions­alters, die Berücksichtigung der steigenden Lebenserwartung, die Harmonisierung der verschiedenen Systeme. Alle Experten sagen das Gleiche, nur das kleine gallische Dorf Sozialministerium erklärt die Erde weiterhin zu einer Scheibe und sagt: Die Pensionen sind sicher. (Beifall bei den NEOS. – Heiterkeit der Abg. Schimanek.)

Die Höhe der Neupensionen – das steht versteckt auch in Ihrem Bericht – geht zurück. Allein von 2014 auf 2015 sind die Neupensionen um 5 Prozent gesunken. (Abg. Schatz: Aber die Pensionen sind sicherer als jede private Vorsorge!) Ihre vielgelobte erste Säu­le erodiert den Menschen unterm Hintern weg! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Schatz.)

Auf Seite 6 kommt ein weiteres Highlight: „Die obersten Einkommen wachsen expo­nentiell“. – Da würde ich jetzt einen Ordnungsruf bekommen, darum sage ich es nicht, aber: „Die obersten Einkommen wachsen exponentiell“. – Weiß man im Sozialministe­rium, was exponentiell heißt? Exponentiell mit welchem Faktor bitte? Selbst in Ihrem Bericht sind Jahre ausgewiesen, in denen die obersten Einkommen anteilig gesunken sind. Von exponentiell kann keine Rede sein, aber Ihre Experten dürfen es hinein­schreiben und sich dafür ein schönes Honorar zahlen lassen.

Auf Seite 244 im Bericht findet sich die Aussage: Viel mehr noch werden die Kapital­einkommen mit einer 25-prozentigen Flat Tax besteuert, während die anderen Einkom­men mit dem progressiven Steuersatz belastet werden.

Erstens darf man Sie darüber informieren, dass die Kapitalertragsteuer inzwischen 27,5 Prozent beträgt. Zweitens beträgt die effektive Lohnsteuerleistung der Arbeitneh­mer – das weist Ihr Bericht auch versteckt an anderer Stelle aus, nämlich auf Sei­te 304 – 11 Prozent und nicht 27,5 Prozent. Das liegt daran, dass die ersten 11 000 € frei sind. Sie können also nicht davon ausgehen, dass die Kapitaleinkommen übermä­ßig begünstigt sind, und natürlich brauchen Sie auch Leute, die unternehmerisch tätig sind und ihr Kapital arbeiten lassen, denn diese haben auch ein unternehmerisches Ri­siko.

Sie sagen in Ihrem Bericht, dass die Reichen immer reicher werden und die Lohnquote zurückgeht, aber man sieht auch, dass die Lohnquote in den Krisenjahren natürlich steigt, denn wenn man mit Unternehmertum nichts verdienen kann, weil man in einer wirtschaftlichen Krise ist, bleiben die Lohnquoten relativ stabil, weil die Arbeitnehmer an diesem Unternehmerrisiko nicht partizipieren, und wenn es wirtschaftlich läuft, macht der Unternehmer mehr, weil sich das Risikokapital rentiert, und dann geht die Lohn­quote anteilig zurück. Sie werden ja nicht die Arbeitnehmer voll am Unternehmerrisiko be­teiligen wollen.

In diesem Stil verdreht der Bericht auf 400 Seiten die Realität und knüpft dann marxis­tische Forderungen an diese verdrehte Realität.

Im Sozialausschuss haben Sie von Einsparungen im Sozialsystem gesprochen. Bitte welche Einsparungen? – Gar nichts ist eingespart worden. Der Anteil der Sozialausga­ben am Bruttoinlandsprodukt ist von 2008 auf 2015 von 27,8 Prozent auf 30,2 Prozent gestiegen, in Euro gesprochen von 78,7 Milliarden € auf 99,9 Milliarden €. – Welche Ein­sparungen?!

In 72 Jahren Zweiter Republik hatten wir 63 Jahre lang sozialdemokratische Sozialmi­nister, und Sie erklären uns auf 400 Seiten, dass alles eine Katastrophe ist. Da würde ich mich einmal selbst an der Nase nehmen und überlegen, warum ich eine 400-seitige


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Bankrotterklärung vom Steuerzahler finanzieren lasse. (Abg. Peter Wurm: Das braucht die Sozialdemokratie nicht, die haben keinen Spiegel!)

Der Steuerzahler hat übrigens noch eine Beilage, eine Kurzfassung des Sozialberichts, in der Zeitung „Falter“ mitfinanziert. Ich weiß nicht, was der Sozialbericht im „Falter“ zu suchen hat. Ich glaube nicht, dass die armutsgefährdeten Menschen in Österreich vor allem den „Falter“ lesen, aber das können Sie uns dann noch erklären. (Beifall bei den NEOS.)

10.37


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wö­ginger. – Bitte.

 


10.37.24

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn im Namen meines Kolle­gen Andreas Ottenschläger die Schülerinnen und Schüler der 3. Klasse Volksschule Knollgasse aus Wien ganz herzlich bei uns im Hohen Haus willkommen heißen. (Allge­meiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Ich verstehe nach den ersten drei Rednern eines nicht, näm­lich dass man nicht einen Bericht hernehmen, Schlüsse daraus ziehen und eine ver­nünftige Diskussion führen kann. Es wird von zwei Rednern der Opposition alles zu­nichtegemacht, was da drinsteht. Ich sehe mich auch als Vertreter einer Regierungs­partei nicht aufgefordert, dass ich alles begrüßen muss, was da drinsteht, aber es liegt ein Sozialbericht vor, und: Warum nehmen wir nicht die Punkte her und ziehen auch ge­meinsam die richtigen Schlüsse daraus? (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Aber wir dürfen schon kritisieren, oder?)

Wenn ich den Arbeitsmarkt anschaue, so sehen wir eine leichte Entspannung, aber bei hohen Arbeitslosenzahlen – das ist so! Wir haben aber einen Rückgang von 0,4 Pro­zent. Wir haben derzeit eine Arbeitslosigkeit von 5,7 Prozent, Stand Februar 2017. Und wir haben einen absoluten Höchststand an unselbständig Beschäftigten mit fast 3,6 Mil­lionen Menschen, die unselbständig erwerbstätig sind. Das sind um 55 000 mehr als im Vorjahr. Ich verstehe nicht, warum man hergeht und alles in Grund und Boden redet (Zwi­schenruf bei der FPÖ), wenn wir zumindest auch am Konjunktur- und Wachstumshim­mel einige positive Entwicklungen zu verzeichnen haben. Ich freue mich darüber, dass wir diese Entwicklung hier auch feststellen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Wir haben 50 000 offene Stellen, und diese Zahl steigt massiv an. Das sind um rund 40 Prozent mehr als vor einem Jahr. 50 000 offene Stellen sind es derzeit in Öster­reich – Daten von Ende Februar 2017. Da müssen wir nachdenken, wie wir die Men­schen zu den Jobs bringen, und das machen wir auch. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Nicht nachdenken, machen! – Ruf bei der FPÖ: Seit drei Jahren denkt ihr schon nach!) Wenn Sie nachgelesen hätten, wüssten Sie das. Aus dem überarbeiteten Regierungs­programm nenne ich Ihnen drei Maßnahmen: Die erste ist der Beschäftigungsbonus, nämlich dass wir Lohnnebenkosten für drei Jahre senken, wenn aus der Arbeitslosig­keit heraus Menschen zusätzlich in Jobs gebracht werden. Das ist eine ganz wichtige Maßnahme.

Wir führen eine Mobilitätsprämie und eine Entfernungsbeihilfe ein: Wenn Menschen vom Osten des Landes, wo die Arbeitslosigkeit exorbitant hoch ist, bereit sind, in den Westen des Landes zu gehen, wo viele Stellen offen sind – zum Beispiel im Tourismus, in der Gastronomie –, stellen wir für sie eine um 30 Prozent höhere Entlohnung sicher, als wenn sie in Wien oder im Burgenland in der Arbeitslosigkeit bleiben würden. Das ist ein Anreizsystem, meine Damen und Herren, und es ist der richtige Weg, diese Anrei­ze am Arbeitsmarkt zu schaffen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Wir beginnen auch mit einer Aktion für die über 50-jährigen Arbeitslosen, die es beson­ders schwer haben, wieder unterkommen zu können. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Die können jetzt alle gekündigt werden!) – Frau Kollegin, können Sie einmal zuhören? Ich weiß nicht, ob Sie Sprechtage abhalten, ich mache das in meinem Wahlkreis im Inn­viertel wöchentlich, und da kommen Menschen, die arbeitslos und älter als 50 Jahre sind; die haben es besonders schwer. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja, genau!)

Wir haben ein bestehendes Instrument, das ist die Eingliederungsbeihilfe. Ich halte die „Beschäftigungsaktion 20.000“ für ein Instrument, das auch wirklich erfolgreich sein kann, weil man mit Pilotprojekten hergeht – auch in den Bezirken, in den Regionen – und ei­ne Situation herstellt, um diese Menschen letzten Endes auch wieder in den Arbeits­markt reintegrieren zu können. Darauf haben wir von SPÖ und ÖVP uns verständigt, und wir werden diese Aktion auch zur Umsetzung bringen.

Wir können uns auch nicht vor aktuellen Diskussionen verschließen, meine Damen und Herren, wenn es darum geht, was beiden, den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern, beim Thema der Neugestaltung der Arbeitszeit hilft. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ihr wollt ja die Arbeitszeit verkürzen!) Mir ist wichtig, dass dieses Thema so aufgearbeitet wird, dass es keine Einbahnstraße wird, sondern dass beide davon profitieren, sowohl die Dienstgeber als auch die Dienstnehmer. Das ist möglich! Es ist möglich, wenn ich als Dienstnehmer auf der einen Seite bereit bin, Mehrarbeit zu leisten, und auf der an­deren Seite zu sagen, ich bekomme größere Freizeitblöcke oder natürlich auch mehr Geld, wenn ich angeordnete Mehrarbeit leiste. So, glaube ich, müssen wir dieses Rät­sel der Arbeitszeit auflösen. Wir brauchen Flexibilität, aber das darf keine Einbahnstra­ße sein. Es müssen beide profitieren, die Dienstgeber und die Dienstnehmer, dann wer­den die Modelle letzten Endes auch erfolgreich sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Wort auch zu den Pensionen – das sage ich Ihnen als jemand, der an der Grenze zu Deutschland lebt, dessen Vater 22 Jahre Schichtarbeiter in Deutschland war (Zwi­schenruf des Abg. Steinbichler) –: Die Pensionen in Deutschland sind alles andere als berauschend. Wir schauen neidvoll hinüber, weil dort derzeit Überschüsse erwirtschaf­tet werden – ja, das ist richtig –, aber wenn man dort 50 Jahre arbeitet und ungefähr 1 200 € Pension bekommt und das zwölf Mal im Jahr und nicht 14 Mal im Jahr, dann bin ich mir nicht ganz sicher, ob das das beste System ist und wir das auch haben wol­len. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Schopf: Ja, genau!)

Wir haben aber in unserer Republik die Herausforderung, eine Nachhaltigkeit in das Sys­tem zu bringen, und da sehe ich schon Luft nach oben, meine Damen und Herren. Wenn wir die demografische Entwicklung hernehmen und wenn wir die Beträge hernehmen, die wir als Staat Jahr für Jahr in das Pensionssystem zuschießen, dann, glaube ich, müs­sen wir schauen, dass das nicht aus dem Ufer läuft. Wir müssen schauen, dass wir auch den nachkommenden Generationen eine gute Pension sicherstellen können, denn die haben auch das Recht darauf, denn die zahlen die Beiträge ein, von denen die heu­tigen Pensionisten und Pensionistinnen letzten Endes auch ihre Pension bezahlt be­kommen. So verstehe ich eine nachhaltige Sozialpolitik. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine letzte Anmerkung, meine Damen und Herren, betrifft die Bedarfsorientierte Min­destsicherung. Da sind wir auch in den Koalitionsparteien unterschiedlicher Meinungen, das ist keine Neuigkeit. Im Rechnungshofbericht, der die Mindestsicherung in Wien un­ter die Lupe genommen hat – im Titel der diesbezüglichen APA-Meldung liest man die Worte Kostenexplosion, Kontrollmängel –, steht, dass überhaupt nur 63 Prozent der zur Kontrolle vorgeschriebenen Akten tatsächlich intern geprüft wurden, dass bei 30 000 Ak­ten Angaben über die Staatszugehörigkeit fehlen und dass die Kosten von 626 Millio­nen € aus dem Jahr 2016 auf 1,6 Milliarden € im Jahr 2021 ansteigen werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kassegger: Das haben wir euch schon vor drei Jahren gesagt! Das ist nichts Neues!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 47

Meine Damen und Herren, ich weiß nur eines: Wir als christlich-soziale Volkspartei ste­hen für ein soziales Netz, aber es kann nicht sein, dass unsere Systeme ausgenutzt wer­den. Leistung muss sich lohnen, und dafür wird die ÖVP auch in Zukunft stehen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kassegger: Das war eine Sonntagsrede, Herr Wöginger! – Abg. Be­lakowitsch-Jenewein: Das ist christlich-sozial? – Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.)

10.44


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ing. Dietrich. – Bitte.

 


10.44.44

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzte Frau Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir haben den Sozial­berichten in der Vergangenheit zugestimmt, da die Einleitung unter Rudolf Hundstorfer noch objektiv war, es war eine sachliche Darstellung gegeben; aber das, was wir jetzt in der Einleitung haben, liest sich wie ein SPÖ-Parteiprogramm. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir sind nicht beim Erfinden neuer Steuern dabei, sei es eine Vermögensteuer, sei es eine Erbschaftssteuer oder seien es Steuern, die nur den Mittelstand aushöhlen und letztendlich in Zukunft überhaupt nicht mehr existent machen. (Beifall beim Team Stronach.)

Meine geschätzten Damen und Herren, wenn die ÖVP diesem Bericht zustimmt, dann ist sie aus meiner Sicht auch jene Partei, die für diese neuen Steuern steht. Kollege Wöginger, da kannst du dich abputzen, wie du willst: Wenn du zustimmst, dann bist du ein Teil dieses Papiers und ein Teil derer, die für Erbschaftssteuer stehen, die für Ver­mögensteuer stehen. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Wöginger: Na geh! – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das steht ja eindeutig drinnen!)

Es geht schon darum, Wege zu finden, und ein Weg wäre es – da frage ich schon, wa­rum die SPÖ durch Untätigkeit glänzt –, Großkonzerne zu besteuern. Warum schaut man nicht – so wie in Frankreich und Spanien, wo die Zentralen von Google und McDo­nalds von den Steuerfahndern heimgesucht werden –, dass dort, wo Umsätze erwirt­schaftet werden, dort, wo Gewinn existiert oder entsteht, auch versteuert wird? Warum schaut man immer nur bei den kleinen, fleißigen Unternehmern, bei den Arbeitern, die seit 13 Jahren von Jahr zu Jahr weniger haben? Warum schaut man nicht bei den Groß­konzernen? Vielleicht gibt es auch da Verknüpfungen seitens der SPÖ. (Ruf bei den Grü­nen: Es geht um den Sozialbericht!)

Schauen wir uns das Möbelhaus Lutz an, meine geschätzten Damen und Herren: Bei dessen Steuersparmodell fallen in Österreich keine Steuern an, aber der kleine Tisch­ler, der um seine Existenz kämpft, wird sehr wohl massiv besteuert. Ich würde mir wün­schen, dass die Sozialdemokraten endlich einmal gegen dieses System auftreten. (Bei­fall beim Team Stronach. – Abg. Kirchgatterer: Sehr wohl!)

Worum es uns aber geht: Uns geht es nicht immer nur um diese Diskussion arm – reich. Reden wir doch einmal über gerecht und ungerecht! Ist es gerecht, dass ein ASVG-Pensionist 90 Prozent seiner Pension selbst finanziert? Ist es gerecht, dass der Staat rund 100 000 €, bezogen auf die gesamte Pensionsbezugsdauer, zahlt, während er bei einem Beamten 400 000 € bezuschusst oder bei einem Angestellten der Nationalbank im Durchschnitt 1,7 Millionen €? Ist das gerecht? Ist das das System, für das die SPÖ steht? – Dazu höre ich nichts von Ihnen, Herr Minister. Wenn es um Gerechtigkeit geht, herrscht nur tiefes Schweigen. (Abg. Keck: Tja! – Abg. Lugar: Da ist Ruhe! Da ist Schwei­gen im Walde!)

Ich sage Ihnen auch: Ein Thema, das Sie jetzt aufgreifen, ist die Frauenbeschäftigungs­quote. Ja, es ist richtig, dass Frauen aufgrund von Familienarbeit oft nicht so lange Zeit in der Erwerbstätigkeit sind, und es ist auch Fakt, dass sich viele Frauen entscheiden, Kin­derbetreuung selbst vornehmen zu wollen. Ich glaube, in einem demokratischen Staat


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sollten wir alle dafür stehen, dass Frauen das Recht haben, selbst zu entscheiden, wie lange sie bei ihrem Kind bleiben wollen, wie lange sie auf ihr Kind schauen wollen. Wir sollten Rahmenbedingungen schaffen, dass dies auch möglich ist – die Selbstgestaltung, die Selbstentfaltung. Aber das, was Ihnen dazu einfällt, ist das verpflichtende zweite Kin­dergartenjahr. Das klingt gut, aber das ist wieder nur sehr, sehr oberflächlich.

Österreich mit seinen neun Bundesländern und neun Systemen hat keine Qualitäts­standards, die wirklich auf hohem Niveau sind. Wir sind neben Deutschland im euro­päischen Vergleich das einzige Land, in dem es von oben her keine Qualitätsvorschrif­ten gibt. Da wäre es doch höchst an der Zeit, einmal zu schauen, dass wir für Qualität in den Kindergärten sorgen, bevor wir sagen: zwei Jahre verpflichtender Kindergarten­besuch für die Kinder. Ich sage Ihnen: Ich möchte sowieso nichts Verpflichtendes, die Eltern müssen selbst entscheiden. (Beifall beim Team Stronach.)

Reden wir doch einmal über Strukturqualität, reden wir über Gruppengröße, Personal­schlüssel – der in Österreich, in den Bundesländern total unterschiedlich ist – oder über die Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit, über Rahmenbedingungen und interne und äußere Gegebenheiten. Wir haben Vorgaben, die wir nicht erfüllen, meine geschätzten Damen und Herren. Wir haben keine Zielsetzung, was die pädagogische Betreuung betrifft, wir haben keine Zielsetzung, was die Qualität der Betreuung betrifft.

Wie unterschiedlich die ist, werde ich Ihnen zeigen: In Finnland haben wir einen Be­treuungsschlüssel im Kindergarten, bei dem für sieben Kinder eine ausgebildete Kin­dergartenpädagogin da ist. In Österreich gibt es für 25 Kinder eine ausgebildete Kin­dergartenpädagogin. Allein da sieht man, dass wir, wenn wir Integration ernst nehmen wollen – in Bezug auf Sprachkompetenz, dass Kinder im Kindergarten die Sprache er­lernen –, den Kindergarten neu aufsetzen müssen. Wir müssen schauen, dass mehr Per­sonal hineinkommt, wir müssen eine Aufwertung der Kindergartenpädagoginnen vor­nehmen – das heißt auch mehr Gehalt –, und wir müssen schauen, dass die Gruppen­größe kleiner wird, damit wirklich individuelle Betreuung, individuelle Förderung der Kin­der möglich ist.

Alles andere, sage ich Ihnen, ist wirklich nur Wischiwaschi, das ist so eine Alibiaktion – ja, wir tun eh etwas. In Wirklichkeit kann in diesem System nur sehr, sehr wenig Quali­tät entstehen. Es gibt auch noch die Situation, dass die Assistentinnen – zum Beispiel in Wien, in Salzburg, in Tirol und Vorarlberg – überhaupt keine Ausbildung haben müs­sen. (Abg. Yılmaz: Das stimmt gar nicht! Frau Dietrich, bitte! – Abg. Schopf: Wo? – Abg. Walser: Das würde mich auch interessieren! Was reden Sie da? – Zwischenrufe bei der SPÖ.) In der Steiermark müssen sie sehr wohl eine Ausbildung haben. In eini­gen Bundesländern müssen sie de facto keine Ausbildung haben, das stimmt. (Abg. Walser: Wer hat Ihnen Ihre Rede geschrieben? – Abg. Glawischnig-Piesczek: Das stimmt nicht! – Abg. Schopf: Wo?) – In Wien, Salzburg, Tirol und Vorarlberg. (Abg. Schopf: Was?) – Die Kindergartenassistentinnen.

Ich sage Ihnen: Wir fordern bundesweit einheitliche Qualitätsstandards, was die Kin­dergartenbetreuung betrifft, und der Bund müsste sehr rasch schauen, dass es wirklich gelingt, dass dieser Kindergarten der erste Baustein für Integration ist. Wenn wir es hier verabsäumen, Sprachkompetenz zu vermitteln, dann sind das die Arbeitslosen der Zu­kunft. Das ist ein Weg, den wir nicht gehen wollen. (Beifall beim Team Stronach.)

10.52


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Klubvorsitzende Dr. Glawischnig-Pies­czek. – Bitte.

 


10.52.41

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Wir sind ei-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 49

ne Oppositionspartei und stimmen diesem Sozialbericht zu, weil doch sehr interessan­te Fakten und Analysen darin enthalten sind, die, denke ich, eine etwas qualitätsvollere Diskussion durchaus verdient hätten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kassegger: Ihr seid immer mit im Boot, das ist keine Überraschung! – Abg. Kogler: Geh bitte!)

Ich zitiere jetzt nicht Kollegen Loacker, der von Unsinn und so weiter gesprochen hat. Der Bericht wurde vom Wirtschaftsforschungsinstitut und der Statistik Austria gemein­sam mit dem Sozialministerium erstellt. Ich denke, wenn man sich als Republik Öster­reich schon ein Wirtschaftsforschungsinstitut mit hoch qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern leistet, dann sollte man zumindest die Analysen ernsthaft lesen und auch ernst nehmen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neubauer: Man muss das nicht teilen!) – Man muss es nicht teilen, man kann unterschiedliche Schlüsse daraus ziehen, aber es abzuwerten und es in Grund und Boden zu reden, ist, glaube ich, jetzt nicht Beginn einer qualitätsvollen Diskussion.

Die Analysen sind eindeutig: Das, was in diesem Bericht eindeutig zutage tritt – das sind Fakten, die statistisch messbar sind –, ist, dass die Schere zwischen Arm und Reich in Österreich tatsächlich zunehmend aufgegangen ist. Es ist ein Faktum, dass die Löh­ne und Einkommen weniger gestiegen sind als die Unternehmens- und Vermögensein­kommen. – Das ist ein Faktum. Jetzt kann man sagen, das ist uns egal. Es ist auch ein Faktum, dass jährlich mittlerweile 12 Milliarden € an Erbschaftsvolumen umgesetzt wer­den. Man kann sagen, das ist uns egal, aber ich denke, dass es trotzdem ein sehr be­rechtigter Ansatz in diesem Bereich ist.

Zur nach wie vor unfairen Abgabenbelastung: Auf Arbeitseinkommen ist die Abgaben­belastung nach wie vor wesentlich höher als auf Unternehmens- und Vermögensein­kommen. Es sollte möglich sein, das zu diskutieren und sich auch Maßnahmen zu über­legen, ohne gleich irgendwie in ein marxistisches Eck gestellt zu werden. Das wird im Übrigen in der ganzen Welt diskutiert.

Ein Punkt, der uns sehr schmerzt und der, denke ich, politisch schon ernst ist – dieser Bericht wurde zwei Tage nach der Vorstellung des neuen Regierungsübereinkommens von ÖVP und SPÖ für 2017 und 2018 präsentiert –: In diesem Bericht sind teilweise alarmierende Beschreibungen der Situation von Frauen in Österreich enthalten. Der Be­richt führt aus, dass es auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor eine wirkliche Ungleichbe­handlung der Arbeitsstunde von Frauen und Männern gibt. Es wird von einer systema­tischen Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt gesprochen, die noch gar nicht einberechnet, dass 75 Prozent der Menschen, die in Teilzeit arbeiten, weib­lich sind, und fast die Hälfte oder mehr als die Hälfte aller Frauen mittlerweile in Teilzeit arbeiten. Das ist noch gar nicht einberechnet, es geht um den bloßen Unterschied in der Einkommens­stunde.

Diese Erkenntnisse haben keinen Eingang in das Regierungsübereinkommen gefun­den, und das können wir so nicht akzeptieren. Es kann nicht sein, dass diese Bundes­regierung mit einem neuen Regierungsübereinkommen für die nächsten zwei Jahre auf die Frauen und auf Frauenpolitik in Österreich generell vergisst und das komplett aus­klammert. Ich nenne ein Beispiel: Mindestlöhne. Ich habe von allen Klubobleuten Be­reitschaft gehört, darüber ernsthaft zu diskutieren. Mindestlöhne wurden in eine Arbeits­gruppe verschoben und wieder an die Sozialpartner ausgelagert, obwohl es in 22 von 28 EU-Ländern gesetzliche Mindestlöhne gibt.

Jetzt kann man diskutieren: In welchen Branchen ist das jetzt tatsächlich eine Sprei­zung, die schwer finanzierbar ist? In welchen Branchen ist das tatsächlich der Fall? Schauen wir uns wirklich die Dienstleistungen an, um die es geht! Das sind Dienstleis­tungen, die wir tagtäglich in Anspruch nehmen, wenn wir in der Konditorei einen Kaffee trinken gehen, wenn wir zu einer Friseurin gehen, wenn wir einen Anwalt oder eine Ärztin


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 50

oder einen Arzt besuchen. Die Ordinationsgehilfinnen, die Helferinnen dort verdienen alle weniger als 10 € die Stunde. Ich denke, das könnte es uns schon wert sein, ein Ein­kommen von zumindest 1 300 € brutto im Monat zu garantieren und das nicht weiter zu verschieben, sondern das sofort in Angriff zu nehmen. Das wäre auch mein Appell an Sie als Sozialminister. (Beifall bei den Grünen.)

Der zweite Punkt, der wirklich unter den Nägeln brennt: In den letzten 40 Jahren sind die Mieten um fast 1 000 Prozent gestiegen, die Einkommen um 620 Prozent. Irgend­wie ist das Thema Mieten und Wohnen, obwohl es ein wahnsinnig relevantes soziales Anliegen ist, obwohl es eines der relevantesten sozialen Themen ist, komplett ausge­spart worden. (Abg. Kassegger: Warum stimmen Sie dann zu, Frau Glawischnig? – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Sie stimmen zu!) Es gab im Jahr 2013, im Regierungs­übereinkommen, noch ein Versprechen dieser Bundesregierung, sich das Mietrecht an­zuschauen und eine große Reform zu machen. Im neuen Regierungsübereinkommen findet sich das nicht. Ich finde, so ein Sozialbericht sollte schon Anlass sein, dieses schwarze Loch soziale Gerechtigkeit in diesem Regierungsübereinkommen neu zu über­arbeiten. Dazu hätten wir ja wohl die Möglichkeit.

Abschließend zu den Maßnahmen, die Sie sehr wohl im Ministerrat beschlossen ha­ben: Ich nehme nur ein Beispiel her, das ist die Kürzung beziehungsweise die Abschaf­fung der Familienbeihilfe für Kinder, die im Ausland sind. (Abg. Belakowitsch-Jene­wein: Das steht gar nicht drinnen! – Abg. Kassegger: Haben Sie den Bericht doch nicht gelesen, Frau Kollegin?) – Das steht nicht drinnen, es steht nur das Kapitel Pfle­ge drinnen. Wenn man sich die Situation im Pflegebereich ansieht und dann, dass Tau­sende Pflegerinnen aus unseren Nachbarstaaten, die teilweise für 3 € die Stunde 24 Stun­den, rund um die Uhr, zur Verfügung stehen, eine wesentliche Säule unserer sozialen Sicherheit darstellen, dann frage ich mich schon, liebe SPÖ, wo Ihr sozialer Gerechtig­keitsverstand hingekommen ist.

Diesen Frauen einen eigentlichen Lohnbestandteil wegzunehmen und bei der Pflege gar nichts zu machen und so zu tun, als gäbe es hier kein Problem, ist wirklich aber­witzig. Darüber möchte ich auch gern einmal mit Herrn Bundeskanzler Kern in einen Dia­log treten: Was ist Ihr Verständnis von sozialer Gerechtigkeit, wenn Sie Forderungen erfüllen, die jahrelang die FPÖ erhoben hat? Das ist sozusagen schwarz-blaue Sozial­politik im Regierungsübereinkommen.

Das ist ein sehr, sehr guter Sozialbericht – ich sage es noch einmal: wir stimmen ihm zu –, aber er blendet soziale Lebensrealitäten komplett aus. (Abg. Schellhorn: Das stimmt!) Die Frage der Pflege ist in Österreich ein Thema, und wenn Sie diesen Frauen das wegnehmen, wird das in diesem Bereich zu einem Notstand führen. Das Durch­schnittsalter der slowakischen Pflegekräfte ist 42. Die haben alle Kinder zu Hause, klei­ne Kinder, sind teilweise alleinverdienend und brauchen natürlich auch eine gewisse Ab­sicherung für diese Kinder, während sie weg sind – das tut schon auch weh, drei Wo­chen, zwei Wochen von seinen Kindern getrennt zu sein. (Abg. Schellhorn: Personen­freizügigkeit! – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Sie wollen sich freikaufen!) – Frau Kollegin, wissen Sie, was ich möchte? – Ich möchte, dass wir im Pflegebereich endlich einmal hin­schauen. Das ist auch eine Aufforderung an den Sozialminister.

Ich möchte nicht, dass wir den Sozialbericht, der sehr viele kluge Ansatzpunkte hat, einfach in die Schublade legen. Ich möchte, dass trotz dieser Gegeneinander-Politik, die auf Kosten von Gruppen gemacht wird, die in unserer Gesellschaft sehr viel an so­zialer Sicherheit leisten – mögen sie auch nicht die österreichische Staatsbürgerschaft haben –, diesen Gruppen auch die Anerkennung zuteilwird, die sie verdienen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neubauer: Darum geht es ja gar nicht!)

10.59



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 51

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Stö­ger. – Bitte, Herr Minister.

 


10.59.37

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Alois Stöger, diplômé, betraut mit der Fortführung der Verwaltung des Bundesministeriums für Gesund­heit und Frauen: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Zuseherinnen und Zuseher! Der Sozialbericht des Sozialministeriums soll ein Gradmesser der sozia­len Verfasstheit dieses Landes sein.

Er besteht in einer Darstellung sozialpolitischer Entwicklungen und Analysen und zeigt zum ersten Mal auch Themenschwerpunkte. Dieser Sozialbericht zeigt aber auch auf, dass wir klare sozialpolitische Forderungen brauchen, und stellt die Fülle der Arbeit meines Ministeriums dar. Ich bedanke mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz für das Erstellen, aber auch für die dahinter liegende Arbeit, die gemacht worden ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Ich bedanke mich auch bei den Expertinnen und Experten, die die Grundlagen für diesen Bericht zur Verfügung gestellt haben.

Der Auftrag ist klar: Der Auftrag ist, Arbeitsplätze zu schaffen, ein Einkommen zu gene­rieren, mit dem die Menschen auskommen. August Wöginger hat gesagt: Leistung muss sich lohnen. Es geht darum, die Arbeit nach den Bedürfnissen der Menschen aufzutei­len. Wir haben gerade auch einen Schwerpunkt zu der Frage gemacht, wie denn die Ar­beitszeit in Österreich wahrgenommen wird. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Es geht um die Frage der Bildungschancen. Es gibt einen klaren Zusammenhang zwi­schen der sozialen Situation und dem realen Zugang zu Bildungschancen. Wir haben benachteiligte Gruppen dargestellt und auch entsprechende Lösungen aufgezeigt. Es geht darum, überbordende Ungerechtigkeiten zu bekämpfen.

Jetzt eine kurze Skizze zu den Hauptaussagen:

Die gespannte Arbeitsmarktlage bleibt die größte Herausforderung. Trotz budgetärer Ein­sparungen ist es gelungen, im Bereich Arbeitsmarkt mehr Mittel zur Verfügung zu stel­len. Wir werden jährlich über eine Milliarde Euro in aktive Arbeitsmarktpolitik investie­ren. Da geht es um den Beschäftigungsbonus, da geht es um die Beschäftigungsak­tion 20.000, da geht es darum, dass wir gerade für Junge die Ausbildungspflicht, die Aus­bildungsgarantie bis 25 durchsetzen wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Pensionsmonitoring zeigt, dass wir mit den Maßnahmen, die wir gesetzt haben, die Nachhaltigkeit des österreichischen Pensionssystems massiv unterstützen. Das Hauptziel haben wir bereits erreicht, und das Hauptziel ist, dass Versicherte länger ge­sund arbeiten sollen.

Im Bereich der Pflegevorsorge haben wir auch die Österreichische Demenzstrategie vor­gestellt. Es geht darum, einen Orientierungsrahmen für zielgerichtete Kooperation der Stakeholder zustande zu bringen.

Wir haben auch im Bereich der sozialen Innovationen Aktivitäten gesetzt. Da geht es um die von häuslicher Gewalt Betroffenen, besonders Frauen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich ist es gut, dass es heiße Diskus­sionen auslöst, wenn man die Frage der Umverteilung stellt. Wir wissen, dass vor der Umverteilung die Markteinkommen der reichsten 10 Prozent zweiunddreißigmal höher als die der ärmsten sind. Die verfügbaren Haushaltseinkommen nach der Umverteilung durch den Sozialstaat sehen so aus, dass die reichsten 10 Prozent sechsmal so viel ha­ben wie die ärmsten 10 Prozent. Trotzdem sind in Österreich 300 000 Menschen arm, sehr armutsgefährdet, und die Bundesregierung reagiert darauf. Wir haben mit den So-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 52

zialpartnern vereinbart, bis 30. Juni dieses Jahres einen Vorschlag dafür auszuarbei­ten, wie wir den Mindestlohn auf 1 500 € anheben können.

Auch bei der Verteilung der Arbeitszeit geht es um die Frage, wie man Einkommen ver­ändern kann. Wir wissen, dass die Teilzeitarbeit ein großes Problem für die Einkom­men der Frauen ist. Wir wissen, dass flexible Arbeitszeiten notwendig sind. 1,8 Millio­nen Stunden Arbeitszeit wollen Menschen in Österreich anders verteilen. Frauen wol­len manchmal länger arbeiten, Männer wollen manchmal weniger arbeiten.

Der Sozialbericht macht eines deutlich: Das Fehlen von Kinderbetreuungseinrichtun­gen in Österreich, unser Zugang zur Betreuung von Kindern, geht zulasten der Frauen. Die Kinderbetreuung in Österreich geht in erster Linie zulasten der Frauen, und dies wirkt sich in niedrigeren Einkommen, in niedrigerem Arbeitslosengeld und auch in nied­rigeren Pensionen aus. Da besteht Handlungsbedarf, gerade hinsichtlich Umverteilung zwischen Männern und Frauen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Beschäftigung, höhere Einkommen und Bil­dung, als Kampf gegen die systemischen Ungerechtigkeiten – das zeigt der Sozialbe­richt auf, und in diese Richtung will auch die Bundesregierung weiterarbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)

11.06


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Wurm zu Wort. – Bitte.

 


11.06.13

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher zu Hause! Meine Frau war letzte Woche in Innsbruck einkaufen, hat eine nette Broschüre überreicht bekommen und mir mitgebracht. Beim ersten Hinschauen habe ich mir gedacht: Okay, ein Werbeprospekt von der Tirol Werbung, Urlaub in Tirol! Ich habe dann die Rückseite angeschaut: Ganz links unten war ein kleines SPÖ-Logo, und oben stand eben: „Plan A“. Ich finde einfach diesen Untertitel so nett: „Das Programm für Wohlstand, Sicherheit & gute Laune“. (Heiterkeit bei der FPÖ.) – So steht es da: „gute Laune“. (Bundesminister Stöger: Wollt ihr eine schlechte? Was ist so schlecht an guter Laune?)

So ähnlich kommt mir auch die heutige Diskussion zum Sozialbericht oder jene von gestern zum Rechnungshofbericht über die Einkommen vor, wenn man sich die Zahlen anschaut.

Jetzt einmal unabhängig davon, Herr Minister und alle Anwesenden: Wir diskutieren al­len Ernstes im März 2017 einen Bericht über die Zahlen von 2015. Das tun wir ernsthaft. In jedem Unternehmen würden Sie wahrscheinlich sofort zusperren können, wenn Sie eineinhalb Jahre alte Zahlen diskutieren. Das heißt grundsätzlich, dass die Zahlen aus 2015, die ja dramatisch genug sind, nichts mit der Realität im März 2017 zu tun haben.

Ich habe es gestern erwähnt: Wir sind wesentlich schlimmer dran, als die Zahlen 2015 schon zeigen. Und was machen Sie von der SPÖ? – „Gute Laune“! Bundeskanzler Kern versprüht „gute Laune“. Dieser Marketinggag wird nicht lange halten, das sage ich Ih­nen. Da ist die ÖVP ein bisschen klüger, muss man sagen, denn die sagt ganz wenig zu diesem Thema.

Nur, was ist die Realität draußen bei der Bevölkerung? – Die können Sie nicht täu­schen. Die haben das Problem der Gesundheitsversorgung, die haben das Problem mit dem Arbeitsplatz, mit der Bildung, die spüren ja, dass ihr Leben schwieriger gewor­den ist. Da nützen halt alles Schönreden und alle Sonntagsreden nichts, sondern da muss man reale Lösungsansätze finden, um da wirklich weiterzukommen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Ganz kurz noch einmal zur Ausgangslage, und zwar bezogen auf 2017: Wir sprechen von knapp einer halben Million Arbeitslosen, wir haben 340 000 Personen in der Min­destsicherung, wir haben 190 000 Personen im Notstand, und wir haben rund 80 000 Asyl­werber in der Grundversorgung. Die Tendenz ist auch da bei allen Zahlen nach wie vor stark steigend, das hat sich in vielen Bereichen innerhalb von fünf Jahren verdoppelt.

Alle Prognosen, aktuell auch die vom Innenministerium – Sie von der ÖVP müssten es ja wissen –, prophezeien uns einen weiteren Ansturm im heurigen Sommer und im Som­mer 2018 und dann im Frühling und Sommer 2019. Das heißt, diese Problemfälle hal­ten an, und Sie tun so, als würde das Sozialsystem in Österreich bis hin zu den Pensio­nen, zur Krankenversicherung und so weiter funktionieren und halten, Herr Minister. Sie wissen aber, dass es nicht so ist, Sie verkaufen die Bevölkerung für dumm, und da werden wir als Freiheitliche nicht zuschauen. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Sozialbericht an sich: Ich habe ihn gelesen, im Gegensatz zu Frau Glawischnig, die ihn offensichtlich nicht gelesen hat. (Abg. Schwentner: Woher wissen Sie, wer das gelesen hat?) Da gibt es auch ein Unterkapitel zum Konsumentenschutz, Herr Minister, Sie wissen das. Zwei Dinge daraus sind ganz wichtig und sollen hier erwähnt werden, nur um zu zeigen, was das für die Bevölkerung heißt.

Ein Thema sind die Bankomatgebühren. Große Ankündigungspolitik Ihrerseits: Sie wer­den das verhindern, das werde es mit der SPÖ nie spielen. Wir haben Bankomatge­bühren bei allen Privaten: 1,95 € beim Abheben am Flughafen Wien, die BAWAG hat es natürlich mit 35 Cent pro Abhebung eingeführt, hat einfach 20 000 Verträge ausge­hebelt. Und es geht weiter: Mittlerweile zahlen auch schon Gemeinden an die Banken einen Obolus, damit der Bankomat in der Gemeinde bleibt. Es gibt viele Gemeinden, die zwischen 5 000 € und 10 000 € aus dem Gemeindebudget zahlen, um sich ihren Bankomat im Dorf zu erhalten. Da schauen alle zu! Das sind Dinge, Herr Minister, die die Bevölkerung bewegen, weil das ihr tägliches Leben ist.

Der zweite Punkt ist auch ganz wichtig, Herr Minister, das Thema VKI. Sie haben jetzt anscheinend eine Lösung mit der ÖVP erzielt, der VKI bekommt 1,5 Millionen € als Son­derzuschuss aus der Wettbewerbsbehörde. Ich darf daran erinnern, dass die Einnah­men aus der Wettbewerbsbehörde 2016 rund 40 Millionen € betrugen. Unsere Forde­rung war: mindestens 25 Prozent dieser Strafzahlungen für den VKI. Das wären über den Daumen 10 Millionen €. Sie machen daraus jetzt 1,5 Millionen €, das sind knapp 3 Prozent, und damit soll der VKI als einziges Instrument des Konsumentenschutzes überleben und seinen Kampf gegen Großkonzerne wie Uber und alle anderen führen. Herr Minister, das ist aussichtslos. Auch da fordere ich Sie auf, endlich die Karten auf den Tisch zu legen und für den Konsumentenschutz in Österreich wirklich etwas zu be­wegen.

Zum Abschluss ganz kurz: Das Sozialsystem in Österreich – ich habe es gestern er­wähnt – kracht wie eine Kaisersemmel. Es ist nicht finanzierbar, und ich sage es auch ganz deutlich: Natürlich sind das auch hausgemachte Probleme, die wir diskutieren. Die mit der Masseneinwanderung und der Asylkrise importierten Probleme haben diese haus­gemachten Probleme aber noch einmal potenziert, und ausbaden werden es die Bevöl­kerung und eben die Volksschulkinder. Die haben eine sehr schlimme Zukunft vor sich, und wir Freiheitliche werden versuchen, da gegenzusteuern. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.12


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Königsberger-Lud­wig zu Wort. – Bitte.

 


11.12.17

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Beginn die Schülerinnen


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und Schüler der Neuen Mittelschule Rudigier in Steyr herzlich bei uns begrüßen. Herz­lich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Geschätzte KollegInnen! Wir diskutieren heute den Sozialbericht, und nachdem ich mir so manche Reden meiner VorrednerInnen angehört habe, frage ich mich schon, ob wir im gleichen Land leben und ob wir von den gleichen Fakten und Tatsachen sprechen. Ich bin wirklich weit davon entfernt, die Herausforderungen, die wir alle gemeinsam zu lösen haben, nicht zu sehen. Ich habe jeden Montag Sprechstunde, darüber hinaus bin ich für die Bürgerinnen und Bürger auch telefonisch erreichbar, sie können mit mir Sprech­stunden vereinbaren und zu mir kommen. Ich kenne viele Probleme, aber wir sind im­mer bemüht, auch Lösungen zu finden. Ich bin der Meinung, dass es für viele Heraus­forderungen in unserem Land wirklich gute Lösungen gibt, und ein Garant dafür sind auch die Leistungen aus unserem Sozialstaat.

Die Leistungen aus dem Sozialstaat – das möchte ich in dieser Debatte heute schon auch betonen – gehen ja weit über die Armutsbekämpfung hinaus, gehen weit über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung hinaus. Ich möchte das heute einfach deswegen sagen, weil man in der öffentlichen Wahrnehmung immer nur davon spricht, aber die Leistungen aus dem Sozialstaat betreffen auch die Pensionen, betreffen zu einem ganz großen Teil auch die Pflege, betreffen auch die Gesundheit und betreffen auch die Fa­milienleistungen.

Herr Kollege Wurm, wenn Sie den Sozialbericht wirklich gelesen haben, dann wissen Sie, dass im Jahr 2015 102,5 Milliarden € für diese Bereiche aufgewendet worden sind; 70 Prozent davon wurden als Geldleistungen an die Menschen ausbezahlt und 30 Pro­zent waren Sachleistungen, zum Beispiel in Form von Kinderbetreuungseinrichtungen, auch das sollte man in der Debatte einmal betonen.

Die „Profiteure und Profiteurinnen“ – unter Anführungszeichen – sind nicht nur die Men­schen, die Bedarfsorientierte Mindestsicherung oder Arbeitslosengeld erhalten, nein, die „Profiteurinnen und Profiteure“ sind viele Menschen in Österreich, eigentlich möchte ich sagen: alle Menschen. Wenn man einen Blick auf die Zahlen wirft, sieht man auch ganz genau, dass sich die Verteilung der Auszahlungen der Sozialleistungen wie folgt dar­stellt: 32 Prozent der Leistungen erhält das obere Einkommensdrittel, 38 Prozent erhält der Mittelstand und nur 30 Prozent erhält das untere Einkommensdrittel. Man sieht also ganz genau, dass die Leistungen des Sozialstaats in Österreich allen Menschen zugu­tekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist gut so, das ist richtig so, weil der Mittelstand durch seine Leistungen natürlich auch einen Großteil dieser Sozialleistungen finanziert, keine Frage. Frau Kollegin Gla­wischnig hat es angesprochen: Auch da muss man einmal genau hinschauen – in Ös­terreich wird ein Großteil über Lohneinkommen finanziert und die Unternehmensgewin­ne und auch die Kapitalgewinne werden ganz wenig dazu herangezogen. Deswegen muss man – das ist kein Klassenkampf – darüber diskutieren, ob wir den Sozialstaat, wenn wir ihn aufrechterhalten wollen, wie wir in kennen, nicht auch über andere Ein­nahmequellen finanzieren wollen. Das ist, denke ich mir, einfach eine Logik, nicht ein­mal ein Klassenkampf, das ist ein Akt der Gerechtigkeit, wenn wir wollen, dass die Leis­tungen auch weiterhin an die Menschen ausbezahlt werden können. Es ist aus meiner Sicht ganz logisch und ganz einfach.

Man sollte in der Debatte auch berücksichtigen, dass 56 Prozent der Leistungen, die ausbezahlt werden – das habe ich auch gestern in meiner Rede schon betont –, Leis­tungen sind, die man sich eigentlich selbst in Form von Sozialversicherungsleistungen, die man in das System einbezahlt, finanziert. 13 Prozent der Leistungen sind soge­nannte universelle Leistungen wie das Kinderbetreuungsgeld oder das Pflegegeld (Abg. Peter Wurm: Das betrifft alle, die erwerbstätig sind, aber nicht die anderen!), das be­kommt man einfach aufgrund des Menschseins, wie es unser Minister immer formu-


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liert. Nur 5 Prozent, Herr Kollege Wurm, sind bedarfsgeprüfte Leistungen; darunter fal­len das Arbeitslosengeld und auch die Bedarfsorientierte Mindestsicherung.

Man höre, Herr Kollege Wurm: 1 Prozent der Sozialleistungen, von jener Summe, die ich vorhin genannt habe, geht in die Bedarfsorientierte Mindestsicherung. Darüber dis­kutieren wir lang und intensiv, keine Frage ... (Abg. Peter Wurm: Wo haben Sie die Zah­len her?) – Vom Sozialbericht! Sie müssen ihn nur lesen, Sie müssen einfach sinnerfas­send lesen können, dann sehen Sie das. 1 Prozent der Sozialleistungen geht in die Be­darfsorientierte Mindestsicherung, geschätzte Damen und Herren! (Abg. Peter Wurm: Frau Kollegin! Nehmen Sie einfach echte Zahlen!) – Das ist eine echte Zahl, schauen Sie einfach rein!

Ich möchte abschließend noch ganz kurz darüber sprechen, dass ich natürlich die He­rausforderungen sehe, dass wir gemeinsam daran arbeiten müssen, den Sozialstaat aufrechtzuerhalten. Es ist ganz wichtig auf der einen Seite die Armut zu bekämpfen und auf der anderen Seite – wie Minister Stöger bereits angesprochen hat – auch die Umverteilung im Auge zu behalten, denn sonst wären in Österreich noch viel mehr Men­schen von Armut betroffen.

Ich bin davon überzeugt – und das bin ich wirklich, geschätzte Damen und Herren –: Österreich ist ein Staat, der auf seine Sozialleistungen durchaus stolz sein kann, Ös­terreich ist ein Staat, der seine Bürgerinnen und Bürger nicht allein lässt, wenn sie im Leben in schwierige Situationen kommen, und Österreich ist auch ein Staat, der die sogenannten Risken des Lebens absichert: Pension, Arbeitslosigkeit und Krankheit – dass das auch weiterhin gewährleistet sein wird, dafür arbeiten wir, dafür arbeitet Mi­nister Stöger tagtäglich. Ich denke, dass wir auf einem guten Weg sind, das auch in Zukunft finanzieren und den Menschen anbieten zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

11.17


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.

 


11.17.47

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Kollege Wöginger hat ja auch gesagt, es soll um Ableitungen auf Basis dieses So­zialberichts gehen. Lassen Sie mich aber noch kurz auf den Kollegen Beppo Muchitsch eingehen: Wenn wir einen Sozialbericht diskutieren und wir dann von Eigenpersonal und Fremdpersonal reden, ist das im europäischen Kontext höchst befremdlich. (Bei­fall bei den NEOS.) Ich als Unternehmer habe Mitarbeiter, aber kein Personal und vor allem nicht eigenes und fremdes. In dieser Hinsicht werde ich auch noch auf die Perso­nenfreizügigkeit zu sprechen kommen.

Der Sozialbericht belegt vor allem – und da bin ich durchaus mit den Aussagen des So­zialberichts und vor allem auch mit den Aussagen des Ministers eins –, dass die Mitar­beiter zu wenig verdienen, aber zu viel kosten, das ist der Kernpunkt. Die Mitarbeiter kosten zu viel und verdienen zu wenig. Dahin gehend muss es eine Entlastung geben. (Beifall bei den NEOS.)

Was bis jetzt noch nicht besprochen wurde, das ist der eklatante Anstieg bei den ge­ringfügig Beschäftigten. Von 1994 bis 2014 gab es einen Anstieg von damals 13 Pro­zent auf heute knapp 30 Prozent an geringfügig Beschäftigten. Das ist die Gehalts­schere, die so oft nicht entsprechend thematisiert wird. Das ist die große Gehaltssche­re, auf die wir eingehen möchten.

Warum ist das so? Na, warum wird es so sein? – Das alte Familienbild der ÖVP funk­tioniert nicht mehr so, dass die Mutter sich zu Hause um die Kinder kümmert und der Vater oder der Familienerhalter sich um das Einkommen kümmert. Das geht sich nicht mehr aus, weil die Lebenshaltungskosten entsprechend hoch geworden sind. Heute


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müssen beide arbeiten gehen, um sich den Lebensstandard erhalten zu können. Wa­rum ist das so? – Ein Grund dafür ist, dass es einfach nicht möglich ist, dass vor allem Mütter vollzeitbeschäftigt werden oder mehr arbeiten, weil – wie Sie richtig gesagt ha­ben – die Betreuungsplätze fehlen.

Jetzt frage ich mich: Wo waren Sie in den letzten 30 Jahren? In welcher Funktion war die SPÖ, um hier zusammen mit der ÖVP – natürlich mit einer kleinen Unterbrechung – diese Plätze entsprechend anbieten zu können, dass Mütter auch vollwertig arbeiten kön­nen? (Beifall bei den NEOS.)

Das ist ein ganz essenzieller Punkt, vor allem, damit sie auch für den Lebensunterhalt sorgen und ein freies, selbst gestaltetes, eigenverantwortliches Leben führen können. Das fehlt hier, das ist der springende Punkt!

Die Gehaltsschere ist deshalb so auseinandergegangen, weil auf der einen Seite die Zahl der geringfügig Beschäftigten so stark gestiegen ist und auf der anderen Seite auch nichts mehr übrig geblieben ist. – Die Mitarbeiter kosten zu viel und verdienen zu wenig, das ist der Kernpunkt.

Sie haben auch gefragt, wo wir hinwollen und wo wir hinkommen möchten: Wenn Sie schon den Mindestlohn ansprechen, dann schauen wir uns einmal an, was bei einem Anstieg des Mindestlohns für den Arbeitnehmer am Ende des Jahres übrig bleibt und was der Staat davon kassiert (ein Tortendiagramm mit der Überschrift „Mehrkos­ten/Jahr bei Anstieg von 1.300,- auf 1.500,- monatlich“ auf dem Rednerpult platzie­rend): Der gelbe Ausschnitt stellt den Anteil des Staates dar.

Und wenn Sie (in Richtung SPÖ) so sozial sind, dann sagen wir auch dazu, dass die Arbeiterkammer bei einer Anhebung des Mindestlohns von 1 300 € auf 1 500 € brutto bei den Beiträgen an die 7,2 Millionen dazuverdienen würde. Das würden Einnahmen sein! (Beifall bei NEOS. – Zwischenruf des Abg. Katzian.) Wenn Sie so sozial sind, dann verzichten Sie darauf! Und wenn Sie (in Richtung ÖVP) da drüben auch so sozial sind und sagen: Ja, wir sind eine Wirtschaftspartei und wir wollen, dass unsere Mitar­beiter mehr verdienen!, dann sollte auch die Kammerumlage 2 dementsprechend nicht erhöht werden. Beide Sozialpartner verdienen daran. (Beifall bei den NEOS.)

Was ich will und was, wie ich denke, auch die Gesellschaft will – vor allem sprechen Sie ohnehin schon von Digitalisierung und allem Drumherum –, das sind neue Arbeits­welten und nicht die Arbeitswelten der Sozialpartner, die noch im 20. Jahrhundert ste­cken geblieben sind. Was wir brauchen, sind flexiblere Arbeitszeiten, sind eigenverant­wortliche Arbeitswelten (Abg. Rossmann: ... flexibel!) – natürlich in einem Rahmen, den man auch entsprechend gestalten kann.

Wir brauchen ein liberales Gesellschaftsbild und keine Begrenzungen, Verbote oder sonst irgendetwas. Nur so können Arbeitsplätze geschaffen werden.

Weil ich gerade von Digitalisierung gesprochen habe: Schaffen Sie Arbeitswelten, die dem 21. Jahrhundert gerecht werden, schaffen Sie vor allem soziale Abpufferung nach unten, und sprechen Sie nicht von einer Erhöhung des Mindestlohns, an der der Staat und nicht der Arbeitnehmer am meisten verdient! (Zwischenruf des Abg. Rossmann.) Der Staat verdient am meisten an der Erhöhung des Mindestlohns und nicht der Ar­beitnehmer, das ist der Kernpunkt! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

11.23


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 


11.24.13

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Ho­hes Haus! Der Sozialbericht umfasst auch viele Initiativen, die für Menschen mit Be­hinderungen gesetzt werden, vor allem auch die Umsetzung des Nationalen Aktions-


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plans. Es gibt eine Arbeitsgruppe, die schon einiges umgesetzt hat – aber es ist noch ein weiter Weg bis 2020; da ist einiges zu tun. – Ich möchte vor allem drei Punkte he­rausgreifen.

Das eine ist die persönliche Assistenz: Viele Menschen mit Behinderungen führen ein selbstbestimmtes Leben mit der Unterstützung von persönlicher Assistenz. Auch ich könnte heute nicht hier sein, wenn ich keine persönliche Assistenten hätte, die das Mi­krofon halten oder Texte schreiben, die ich diktiere. Oder denken wir daran: In der Früh aufzustehen, auf die Toilette zu gehen oder zu essen – durch die persönliche Assistenz können Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben führen. Der Bund hat 2004 mit der persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz ein wichtiges Vorzeigemodell be­schlossen, das sich sehr bewährt hat; die Leistungen sind aber seit 2004 nicht erhöht worden, dadurch ist auch das Honorar, diese Abgeltung nicht mehr arbeitsmarktkonform, würde ich einmal sagen.

Was aber gleichfalls wichtig wäre, Herr Bundesminister, ist, dass man wieder Gesprä­che mit den Ländern über eine bundesweit einheitliche Regelung der persönlichen As­sistenz auch im Freizeitbereich führt. Für den Privatbereich sind die Länder zuständig, aber es braucht eine ganzheitliche Regelung und eine Finanzierung. Ich denke, dass der Dialog da vom Sozialministerium ausgehen sollte und geführt werden muss. Und ich möchte Sie auch ersuchen, bei der mehrstündigen Alltagsbegleitung auch die per­sönliche Assistenz als eine Möglichkeit vorzusehen, sodass Menschen mit Behinde­rungen ihre persönlichen AssistentInnen im Rahmen dieser Regelung beschäftigen kön­nen.

Der zweite Punkt ist die Hilfsmittelversorgung nach dem One-Desk-Prinzip: Das wäre eine wichtige Maßnahme, damit behinderte Menschen schneller, leichter zu Hilfsmitteln kommen, sodass es nicht, so wie es derzeit der Fall ist, ein Übermaß an Bürokratie gibt. Ich weiß, Sie sind sehr engagiert, aber es fehlen einige Meter, die wir jetzt noch zurück­legen müssen.

Der dritte Punkt, den ich noch anführen möchte, ist die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen, denn die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderungen steigt von Monat zu Monat. Es gibt viele Leistungen des Sozialministeriumservice, aber ich glau­be, es müsste eine neue Beschäftigungsoffensive starten, und gerade der Beschäfti­gungsbonus, der entwickelt wird, bietet da eine tolle Möglichkeit. Ich ersuche Sie, einen Masterplan für eine neue Beschäftigungsoffensive mit diesem Beschäftigungsbonus zu entwickeln, denn Beschäftigung bietet eine Win-win-Situation für UnternehmerInnen, für behinderte Menschen, für Inklusion und letztlich auch für die Menschenwürde, die in der Verfassung verankert gehört. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

11.29


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Abgeordnete Gamon zu Wort. – Bitte.

 


11.30.21

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Meiner Meinung nach hat das Sozialministerium mit diesem So­zialbericht vor allem eines gezeigt und perfektioniert, und das ist, wie man die Proble­me unseres Sozial- und Wohlfahrtstaats als herausragende Vorteile verpacken und die­se dann mit klassenkämpferischen Parolen verteidigen kann – und das ist das Einzige, was heute auch in dieser Debatte passiert ist.

Dabei gibt es Probleme, die wir wirklich einmal ehrlich ansprechen sollten, und zwar un­termauert mit Daten und Fakten, die auch tatsächlich von unabhängigen Stellen kom­men. (Abg. Schatz: Von der Agenda Austria! – Heiterkeit bei der SPÖ.) – Whatever. Ich verstehe nämlich nicht, was wir eigentlich davon zu haben glauben, wenn wir das Ganze schönreden. Wer profitiert davon, wenn wir den Problemen nicht wirklich in die


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Augen schauen? Wir wissen nämlich eines: Auch wenn wir sagen können, dass es uns im Moment gut geht – und ich denke, das ist eine legitime Aussage –, ist es auch nicht falsch, zu sagen, dass die Generationen, die nach uns kommen, eine ganz andere Si­tuation vor Augen haben werden, wenn wir diese Probleme nicht lösen.

Das gilt vor allem beim Thema Pensionen, denn das Alleroffensichtlichste, das auch heute wieder geleugnet wurde, ist die schiere Unfinanzierbarkeit dieses Systems österreichi­scher Bauart, wenn es weiterhin so gelebt wird. Was das in diesem Bericht am ehesten zeigt, ist die theoretische Berechnung auf Seite 68, derzufolge die Ersatzrate im Jahr 2053 mit dem aktuellen Pensionsrecht 71,2 Prozent betragen sollte. – Das wären so oder so 10 Prozent weniger, als die tatsächliche Ersatzrate im Jahr 2015, die ja auch durch die Steuer mitfinanziert wird.

Das heißt, wir weisen hier minus 10 Prozent im Jahr 2053 als Ziel aus, und zwar mit einem Standardfall, der zur Berechnung verwendet wird, der einen einfach nur noch zum Lachen bringen kann. Daran sieht man auch, mit welchen Berechnungsmethoden hier vorgegangen worden ist, um sich das Ganze schönzureden. Der Standardfall, von dem man ausgeht, ist, dass jemand im Alter von 25 bis 65 Jahren durchgängig – ohne Unterbrechung! – einer Beschäftigung mit dem angeführten Durchschnittsgehalt nach­geht. – Das ist nicht der Standardfall, das ist nicht die Regel, das ist die Ausnahme!

Wir können nicht davon ausgehen, dass wir da mit einem durchschnittlichen Beamten rechnen können, und von dem ausgehend unseren Sozialbericht erstellen. (Beifall bei den NEOS.) Das gilt ganz besonders bei Frauen, denn der Standard bei Frauen be­treffend Beschäftigung ist eigentlich das, was laut diesem Bericht vollkommen anormal ist, denn deren Erwerbsbiografien sind häufig von folgenden Dingen gekennzeichnet: einem unterdurchschnittlichen Verdienst, oft aufgrund von Teilzeitarbeit über mehrere Jahre, teilweise langen Erwerbsunterbrechungen wegen Kindererziehung aufgrund von fehlenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten – deshalb natürlich auch nicht einmal ansatz­weise einer durchgehenden Beschäftigung über 40 Jahre hinweg, und schon gar nicht bis zum 65. Lebensjahr, weil wir Frauen bewusst diskriminierend früher in Pension schi­cken.

Im Übrigen, so habe ich mir erzählen lassen, hat es auch der deutsche Sozialausschuss so gesehen, dass es eine ungerechtfertigte Diskriminierung von Frauen ist, dass sie frü­her in Pension gehen müssen – nicht, dass sie früher in Pension gehen dürfen, dass sie eine geringere Pension haben dürfen –, und dass man es ihnen verweigert, sich wei­terzubilden, dass man es ihnen verweigert, mehr zu verdienen, dass man es ihnen ver­weigert, Karriere zu machen.

Eine Frau geht in Österreich im Jahr 2015 im Schnitt mit 59,2 Jahren in Pension. Das heißt, dass die Frauen jetzt schon mindestens fünf Jahre vor dem Standardfall in Pen­sion gehen. Wie soll sich das ausgehen? Wie soll diese Rechnung aussehen? – Zu glauben, der Grund dafür, dass die Menschen der Meinung sind, dass sich das Pen­sionssystem nicht mehr rechnet, ist jahrzehntelange neoliberale Propaganda und nicht die Unfinanzierbarkeit des Systems, ist eigentlich eine Beleidigung der gesamten Be­völkerung. Der Grund dafür, dass die Menschen die Behauptung, dass sich das Pen­sionssystem tatsächlich noch rechnet und die Pensionen sicher sind, nicht mehr ein­fach so schlucken wollen, ist, dass sie alle nicht deppert sind. Das ist nicht neoliberale Propaganda, das ist Common Sense. (Ruf bei den Grünen: NEOS-Common-Sense!)

Wenn man das weiterhin leugnet, dann muss man sich wirklich die Frage stellen: Cui bono? Wer hat eigentlich etwas davon, dass wir dem Ganzen nicht in die Augen sehen und geradeaus – vielleicht mit geschlossenen Augen – gegen die Wand fahren? (Bei­fall bei den NEOS.)

11.34



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 59

Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


11.34.48

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Gute Besserung übrigens, Sie sind ja verschnupft! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Auch ich spreche zum Sozialbericht. Ich möchte einen besonderen Aspekt hervorheben, näm­lich jenen der Frauen – auch die Vorrednerin meiner Fraktion Eva Glawischnig hat schon darauf Bezug genommen.

Wenn man sich den Global Gender Gap Report anschaut – das ist der Report des World Economic Forum, und das ist ganz sicher kein Kommunistenverein; das sage ich jetzt in Richtung FPÖ und NEOS –, dann zeigt er uns jedes Jahr, wie ungleich die Si­tuation zwischen Männern und Frauen in Österreich ist. Wir haben jedes Jahr im Früh­ling oder im Herbst – je nachdem, wie man es berechnet – den Equal Pay Day, den Tag, der aufzeigt, bis wann beziehungsweise ab wann Frauen in Österreich quasi gra­tis arbeiten, weil sie um so viel weniger verdienen als Männer.

Jetzt haben wir den Sozialbericht vorliegen, und auch der Sozialbericht zeigt uns er­neut, wie markant und wie eklatant die systematische Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt in Österreich ist. Ich glaube, das ist ein Alarmsignal, und wir sollten die­ses Alarmsignal sehr ernst nehmen, weil es da nicht nur darum geht, wie die Arbeits­zeit zwischen Teilzeit und Vollbeschäftigung verteilt ist, wie das der Sozialbericht, den wir übrigens für unsere Arbeit sehr hilfreich finden, aufzeigt – jede zweite Frau in Öster­reich ist teilzeitbeschäftigt –, sondern auch um die Verteilung von unbezahlter und be­zahlter Arbeit.

Wir wissen – und das zeigt der Bericht gleichfalls erneut –, wie viel Arbeit Frauen in Ös­terreich unentgeltlich machen, nämlich die Betreuung der Kinder, aber auch die Betreu­ung ihrer Eltern, die Pflege von Angehörigen. Töchter, Schwiegertöchter, Mütter pflegen und betreuen, und das machen sie in Österreich viel mehr als in anderen Ländern, und zwar nicht nur in Europa, unentgeltlich.

Das alles – beispielsweise auch die Branchen, in denen Frauen vorwiegend arbeiten –, wirkt sich nicht nur auf das Einkommen aus, sondern es wirkt sich im Laufe des Le­bens auch auf viele andere Faktoren aus, nicht zuletzt dahin gehend, dass Frauen, wenn sich, was mitunter vorkommen soll und sehr oft vorkommt, Beziehungen auflösen und sie zu Alleinerzieherinnen werden oder wenn sie in Pension gehen, in Österreich ganz massiv von Armut betroffen sind – vor allem Alleinerziehende, aber auch Pensio­nistinnen.

Es wirkt aber auch ganz stark in Bereiche hinein, die uns gar nicht so auffallen. Letz­tens war im „Standard“ eine Studie darüber zu lesen, um wie viel weniger Schlaf Mütter bekommen als Väter. Das klingt jetzt vielleicht lächerlich, aber Schlaf ist, wie wir alle wissen, enorm wichtig für eine gesunde Psyche, für einen Ausgleich, dafür, dass man tagsüber fit ist und für die Kinder, für die Arbeit, auch für sich selbst da sein kann, wo­bei Frauen ohnehin viel zu wenig Zeit für sich selbst haben. Dieser Schlaf fehlt, und die­ser Schlafmangel führt oft zu psychischen Erkrankungen, auch zu Burn-out. Das heißt, die Situation führt nicht nur zur Altersarmut von Frauen, sondern beeinflusst auch Be­reiche, auf die wir viel zu wenig schauen.

Nächste Woche begehen wir zum 106. Mal, glaube ich – wenn man rechnet, wann er ein­geführt wurde –, den Internationalen Frauentag. Es gibt aber nicht nur der Frauentag, den finden ja manche Parteien ein bisschen lächerlich, sondern lassen Sie mich auch darauf verweisen, dass es vor 20 Jahren – und diesen Jahrestag haben wir jetzt auch bald, im April nämlich – in Österreich das Frauen-Volksbegehren gab.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 60

Bei diesem Frauen-Volksbegehren gab es elf markante Punkte, die damals wesentlich waren und die dazu führen sollten, dass es in Österreich endlich zu einer Gleichstel­lung von Männern und Frauen kommt. Raten Sie einmal, wie viele der elf Punkte von da­mals umgesetzt wurden! – Keiner beziehungsweise zwei teilweise. Von elf Punkten aus dem Frauen-Volksbegehren von 1997 sind noch immer elf Punkte umzusetzen, und – Eva Glawischnig hat es schon angesprochen – auch im neuen Regierungsarbeitspaket vermisse ich wirklich schmerzhaft etwas, das auch nur annähernd eine Erfüllung dieser Punkte wäre, die schon vor 20 Jahren im Frauen-Volksbegehren gestanden sind.

Da geht es nicht nur um die arbeitsrechtliche, sozialrechtliche Gleichstellung von Per­sonen, die in Teilzeit beschäftigt sind, da geht es um gleichen Lohn für gleiche Arbeit. – Man könnte sagen: Ewig grüßt das Murmeltier.

Es geht darum, dass die Partnereinkommen nicht angerechnet werden, wenn Men­schen in die Notstandshilfe fallen, das heißt, eh schon ganz wenig bekommen, und, und, und. Es geht um ganztägige Kinderbetreuung und so weiter.

Es ist hoch an der Zeit, dass wir diese Dinge angehen, dass wir nicht nur das, was im Sozialbericht festgehalten ist, ernst nehmen, sondern auch das, was vor 20 Jahren schon im Frauen-Volksbegehren gestanden ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.40


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


11.40.28

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der aktuelle Sozialbericht für die Jahre 2015 und 2016 steht jetzt hier zur Debatte. Die in diesem Bericht enthal­tenen Analysen stellen eine wichtige Grundlage für die Zukunft dar, sagt der zuständi­ge Minister.

Das stimmt, Herr Minister, aber ich suche in diesem Sozialbericht für die Jahre 2015 und 2016 vergebens eine Anmerkung, eine Stellungnahme oder eine Aufklärung über die un­kontrollierte Massenzuwanderung, über die unkontrollierte Migration nach Österreich. Ge­rade die Jahre 2015 und 2016 waren geprägt von dieser Völkerwanderung, und dieses Ergebnis wird mit fast keinem Satz, mit fast keinem Wort erwähnt. Man muss auch be­denken, dass circa ein Drittel der arbeitslosen Menschen Ausländer sind.

Was soll das für ein Sozialbericht sein, wenn solch schwerwiegende Ereignisse in die­sem Bericht keinen Niederschlag finden? Da nützt es überhaupt nichts, wenn im ersten Teil des Berichts zehn Wirkungsziele aufgezeigt werden und im zweiten Teil acht Stu­dien zu ausgewählten Themen aufgelistet sind.

Es ist aber auch klar, dass die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt keine leichte Aufgabe ist, Herr Minister, das steht außer Frage, das ist richtig. Über eine Milliarde Euro wurden in die aktive Arbeitsmarktpolitik investiert. Wie gesagt, es ist keine leichte Auf­gabe, aber ein Sozialbericht, in dem so schwerwiegende Ereignisse nicht ausreichend dargestellt und angeführt sind, hat für mich wenig Aussagekraft. – Herzlichen Dank. (Bei­fall bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.42


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


11.42.27

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Der Sozialbericht wurde von verschiedenen Seiten betrachtet, und großteils positiv, von einigen zum Teil auch negativ bewertet. Ich möchte sagen, dass dieser Bericht eindeu­tig die umfangreiche Tätigkeit des Arbeits- und Sozialministeriums in den ihm zugewie-


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senen verschiedenen Bereichen zeigt. Die Themen Verteilung in Österreich, Arbeitslo­sigkeit und Entwicklung – wie sich die Sozialausgaben entwickeln und welche Sozial­ausgaben noch verstärkt werden müssen – wie auch das für uns gesellschaftspolitisch wichtige Thema der Kinderbetreuung, das der Frauenbewegung und natürlich auch das wichtige Thema der Pflege sind klar angesprochen worden.

Wenn dann kritisiert wird, dass dieser Sozialbericht auch ideologisch stark geprägt ist oder so gelesen werden kann, so bin ich eigentlich stolz, dass daraus eine Ideologie her­vorgehen kann, weil die Politik von den verschiedenen Fraktionen natürlich von Ideo­logie geprägt ist. Ich glaube, wenn man in der Politik keine Ideologie mehr hat, dann ist das der falsche Rahmen, denn das zeichnet die Politik, die Politikerinnen und Politiker eigentlich aus, dass sie von Ideologie geprägt sind – ob sie jetzt links, ganz links oder in der Mitte ist, ob sie rechts oder ganz rechts ist, ob sie liberal ist, das ist hier nicht die Frage. Ich bin froh, dass dieser Sozialbericht eine ideologische Prägung hat.

Ich möchte noch auf einige Punkte eingehen, zuerst auf das Kapitel Arbeitsmarkt: In diesem Sozialbericht ist erkennbar, dass im Jahr 2015 die Beschäftigung im selben Aus­maß gestiegen ist wie leider auch die Arbeitslosigkeit. Wir wissen ganz genau, dass es im Jahr 2015 in Österreich 3,5 Millionen Beschäftigte gab. Das ist in absoluten Zahlen ein Anstieg von 31 454 Beschäftigten, in Prozent ist das ein Anstieg um 0,9 Prozent ge­genüber 2014; dieser ist, ganz ehrlich gesagt, natürlich parallel zur Steigerung der Ar­beitslosenquote von 0,8 Prozent zu sehen. Im Jahr 2015 waren, so bringt der Bericht klar zum Ausdruck, 354 332 Arbeitslose beim AMS vorgemerkt.

Positiv hervorstreichen können wir – und das kann man auch sehen –, dass wir in der ge­genwärtigen Situation, 2017, nach wie vor den höchsten Beschäftigungsstand in der Zwei­ten Republik haben. Positiv zu erwähnen ist auch, dass die Jugendarbeitslosigkeit sin­kende Tendenzen zeigt und dass regional die gesamte Arbeitslosigkeit sinkt.

Geschätzte Damen und Herren! Arbeitslos zu sein ist eine Ausgrenzung vom ersten Ar­beitsmarkt, arbeitslos zu sein bedeutet auch eine soziale Schlechterstellung, und ar­beitslos zu sein hängt auch mit dem Verlust der Würde zusammen.

Das Arbeitsprogramm der Bundesregierung für 2017 und 2018 sieht daher genau für diesen Bereich wesentliche Maßnahmen vor, sie wurden heute schon teilweise ge­nannt: den Beschäftigungsbonus von 2 Milliarden €, das Lehrlingspaket, das den Lehr­lingen ermöglicht, auch Auslandspraktika zu machen, welche finanziell unterstützt wer­den, und die Beschäftigungsaktion 20 000, die den Sinn hat, dass jährlich 20 000 Be­schäftigte mehr in den Arbeitsmarkt kommen.

Ich möchte noch auf die gestrige Aussage von Kollegen Loacker in der Aktuellen Stun­de eingehen, in der er die Arbeitslosigkeit als „Komfortzone“ bezeichnet hat: Geschätz­ter Herr Kollege Loacker, bei aller Wertschätzung, ich denke, das ist eine Herabwürdi­gung jener Personen, die durch verschiedene Umstände arbeitslos geworden sind. Die­se Personen bedürfen unserer Hilfe, der Hilfe der Gesellschaft und auch der Politik und verdienen es, dass man sie nicht im Stich lässt. Diese Personengruppe, die sich in der Arbeitslosigkeit befindet, negativ zu betrachten und die Arbeitslosigkeit als „Komfortzo­ne“ zu bezeichnen, finde ich nicht angebracht. Es ist an der Zeit, mit Begrifflichkeiten wirklich maßvoll umzugehen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Aubauer.)

Die Zeit ist schon vorgeschritten. Es wäre noch einiges zur Pflegevorsorge zu sagen, bei der wir in Österreich im weltweiten Vergleich auch sehr, sehr gut aufgestellt sind. Wir haben eines der weltbesten Pflegesysteme. Ich möchte hier einen herzlichen Dank an all jene aussprechen, die beruflich engagiert sind und die Pflege durchführen.

Geschätzte Damen und Herren! Ich habe es schon gesagt: Politik muss ideologisch sein. Herr Bundesminister, wir kennen uns schon sehr lange, ich weiß, du bist ideolo­gisch gefestigt und geprägt, ich weiß das sozusagen aus unserer gemeinsamen Zeit


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auf der Schulbank. Ich bin stolz darauf, dass dieser Sozialbericht eine klare Richtung vor­gibt, nämlich jenen Menschen, die unserer Hilfe bedürfen, zu helfen und sie nicht im Stich zu lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.47


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Groiß. – Bitte.

 


11.47.47

Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Mi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer! Wir diskutieren jetzt hier den So­zialbericht, die sozialpolitischen Entwicklungen. In der Einleitung des Berichts liest man, dass der Schwerpunkt auf Verteilungsfragen liegt, daher möchte ich zu diesem Umver­teilungsbericht auch speziell das Thema Ungleichgewicht und Umverteilung in den Mit­telpunkt meines Redebeitrags stellen.

Natürlich ist – wie der Vorredner gesagt hat – Umverteilung ideologisch als Erfolgsmo­dell für Sie zu sehen; so steht auch im Bericht drinnen, dass es eine extrem hohe Kon­zentration des Nettovermögens gibt. Woran liegt das? – Das liegt natürlich auf der ei­nen Seite daran, dass das Vermögen sehr unterschiedlich bewertet wird. Das liegt da­ran, dass man das vielleicht abgesparte zusätzliche Pensionsansparmodell als Vermö­gen darstellt, während das staatliche Modell, bei dem auch jeder Anspruch hat, nicht als Vermögen dargestellt wird. Das liegt daran, dass das Haus, das man sich selbst er­arbeitet, geschaffen hat, als Vermögen dargestellt wird, aber die soziale Mietwohnung, die begünstigte Miete, nicht als Vermögen dargestellt wird. Das heißt, wenn man die­sen Spagat ein bisschen auflöst, stellt sich die Vermögensschere etwas anders dar, und so steht auch im Bericht fast ein bisschen traurig drinnen, dass die von der Bevölke­rung wahrgenommene Ungleichheit geringer ist als die gemessene Ungleichheit.

Auf der anderen Seite hängt es auch damit zusammen, dass sich der, der sich sein ei­genes Haus baut und Kredite zurückzahlt, wahrscheinlich auch weniger leistet als der, der in einer Mietwohnung lebt, und dass vielleicht auch das Einkommen mehr mit dem Lebensstil zu tun hat als das Vermögen.

Die Analyse ist verständlich, die Schlussfolgerungen sind für mich auch ein bisschen ideologisch geprägt, natürlich etwas anders. Ich sehe hier eigentlich sogar ein argumen­tatives Perpetuum mobile: Der Wohlfahrtsstaat, der weiter gefordert wird, dessen kon­krete, ganz starke Säule des Pensionssystems ausgebaut wird, der soziale Wohnbau mit niedrigen Mieten, die Absicherung gegen alle Eventualitäten verringert den Druck, dass man Eigentum und Vermögen schafft.

Hat man den Druck nicht, dann interessiert es einen auch nicht, und daher wird ein gewisser Teil der Bevölkerung kein Interesse daran haben, Vermögen zu bilden, wenn es so auch funktioniert, und damit geht die Schere der Vermögenskonzentration noch weiter auseinander. Was sagt der Bericht dazu? – Wir müssen diesen Wohlfahrtsstaat noch mehr stärken, wir müssen weiter umverteilen, und damit schaffen wir für die Leu­te noch weniger Anreiz zur Vermögensbildung.

Ich glaube, der Grund dafür, dass das so ist, ist dieser Nichtanreiz zur Vermögensbil­dung. Ich glaube aber, da wäre ein Ansatz da. Das wäre, meine ich, die Lösung aus die­sem Sozialbericht, dass wir versuchen, einer breiten Masse Vermögensbildung zu er­möglichen, es zu unterstützen und nicht hinzuschauen und zu sagen: Vermögen ist pfui, und da müssen wir etwas dagegen tun! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der NEOS sowie der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Herr Minister, ich glaube, ein breite Masse der Bevölkerung steht zum Vermögensbe­griff, steht zum Mittelstand. Es liegt uns Menschen in den Genen, sich etwas schaffen zu wollen, etwas aufbauen zu wollen – das ist das Erfolgsrezept der Zweiten Republik


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gewesen. Aus dem Sozialbericht die Schlussfolgerung zu ziehen, dass wir mehr umver­teilen müssen, würde genau gegen unsere Grundintentionen sprechen.

Ich bedanke mich für die wirklich fundierte Analyse. Die Schlussfolgerung ist halt hier nur einseitig über das Sozialministerium erfolgt, das sollten wir vielleicht gemeinsam ma­chen. Welche Schlussfolgerungen wir daraus ziehen, das gehört noch ausführlich disku­tiert. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.)

11.52


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte. (Abg. Neubauer: Totaler Extremismus!)

 


11.52.18

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerinnen von den Grünen haben bereits betont, dass wir die Darstellung des Sozialberichts positiv bewerten, wobei ich sagen muss, dass er nichts enthält, was für uns sozialpolitisch total überraschend oder neu ist, und darum ist es für mich span­nend, was die Regierung jetzt mit den Informationen, die darin enthalten sind, macht. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja nichts!)

Da haben wir einen relativ aktuellen Zwischenstand durch das neue Regierungspro­gramm. Also man könnte schon sagen: Das ist ein bisschen die Antwort darauf; darum möchte ich mich jetzt auch auf diese Maßnahmen konzentrieren.

Wir haben den Problemkreis der niedrigen Einkommen, der Einkommensschere – oben, unten, zwischen Frauen und Männern – und dann das Thema des Mindestlohns, das die Sozialpartner verhandeln: 1 500 € brutto, nicht einmal 1 200 € netto. – Ist eh gut! Ent­weder die Sozialpartner machen es, oder es gibt dann vielleicht noch eine Verordnung; frühestens tritt das am 1. Jänner 2018 in Kraft, dann sind die 1 200 € schon wieder 20 bis 30 € weniger wert. Also ein großer Schritt ist das leider nicht, wir sind weit davon ent­fernt, was laut ILO, der Internationalen Arbeitsorganisation, ein fairer Mindestlohn wäre.

Ich möchte hier an dieser Stelle lobend Lidl erwähnen. Lidl hat sich dazu entschlossen, die 1 750 € Mindestlohn – das ist das, was wir entsprechend der ILO-Forderung for­dern – ab sofort umzusetzen. Danke an solche Unternehmen, die die Notwendigkeiten der Zeit erkennen! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang noch kurz ein Wort zu Abgeordnetem Wöginger, weil er die Mobilitätsprämie oder den Mobilitätsbonus erwähnt hat, worauf sonst eigentlich nie­mand eingegangen ist: Ich finde das schon interessant: Jemand, der bereit ist, für ei­nen Niedrigstlohnjob in den Westen zu gehen, bekommt eine Zeit lang um 30 Prozent mehr bezahlt. – Okay, jetzt kann man sagen: Der geht dort hin, bekommt einen Bonus, er kriegt um 30 Prozent mehr. In Wirklichkeit subventionieren wir damit aber Niedrigst­lohnjobs (Zwischenruf des Abg. Wöginger), denn die sind eben so unattraktiv, weil dort bei schlechten Bedingungen zu wenig bezahlt wird. Wir finanzieren diese Unternehmen (Zwischenruf des Abg. Sieber), die so schlecht bezahlen. – Also ganz in Ordnung ist die­ser Bonus auf diese Art und Weise nicht. (Abg. Wöginger: Aber besser als das ande­re!) Wir diskutieren heute noch, welche Vorschläge ich dazu hätte.

Zweiter Themenkreis: die Arbeitszeit – diese wurde auch angesprochen –, hohe Teilzeit­quoten, viele Überstunden, viele davon unentgeltlich. Jetzt haben die Sozialpartner den Auftrag, einen Vorschlag zur Arbeitszeitflexibilisierung zu erarbeiten. Also so viel ich zu­höre, lese und aufpasse: Dieses Wort der Flexibilisierung ist von vorne bis hinten eine Verschleierungsstrategie. Sie wissen ganz genau, wir haben mit den Kollektivverträ­gen, mit den Betriebsvereinbarungen eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Arbeitszeiten flexibel zu halten.

Da heute von objektiven Experten gesprochen worden ist: Objektive Experten erzählen uns: Es ist doch super, wenn die Mutter nicht um 8 Uhr im Büro sein muss und ge-


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stresst ist, sondern auch erst um 8.30 Uhr kommen kann, wenn es sich mit dem Kin­dergarten nicht anders ausgeht! Dafür brauchen wir eine Gesetzesänderung? – Also das ist mir neu, denn ich kenne nämlich viele Betriebe, die seit langer Zeit entsprechen­de Gleitzeitregelungen haben. (Beifall der Abgeordneten Öllinger und Loacker.) Dafür braucht man kein Gesetz, und deshalb unterstelle ich Ihnen jetzt: Das Einzige, was Sie wollen, sind längere Arbeitszeiten und mehr Arbeit für weniger Geld. Das bringe ich jetzt einfach so auf den Punkt, denn etwas anderes habe ich von Ihnen noch nicht gehört. (Beifall bei den Grünen.)

Ich sage ganz klar und deutlich: Das ist nicht das, was wir wollen, da werden wir nie im Leben mitgehen, und das wird auch eine wichtige Nagelprobe für die SPÖ, ob sie dem zustimmt. Ich bin neugierig, mit welchem Deal Sie das dann letzten Endes rechtferti­gen, wenn das kommt.

Dritter Themenkreis: die Arbeitslosigkeit. Lassen Sie mich da kurz auf den Beschäfti­gungsbonus eingehen! – Ja, es ist gut, wenn wir versuchen, mit öffentlichen Mitteln das Entstehen von Arbeitsplätzen zu fördern. Ich möchte jetzt nicht auf die Frage eingehen, ob das Ganze EU-rechtswidrig ist oder nicht, weil ich davon überzeugt bin, dass man das auch EU-rechtskonform gestalten kann – nicht so, wie Sie es momentan präsentie­ren, aber ich glaube schon, dass das gehen könnte.

Was ich aber hinterfragen möchte, ist Folgendes: Ist das die gescheiteste Art und Wei­se, diese 3 Milliarden € für Beschäftigungspolitik zu investieren? – Ich sage: Ich glaube nicht, sondern wir sollten in wirkliche Zukunftsbranchen investieren, in denen die Jobs dann nach dieser Förderungsperiode auch erhalten bleiben.

Ein Beispiel wäre da der Klimaschutz; Sie wissen ganz genau, wir müssen da reinge­hen, und da könnte man investieren. Wir brauchen auch Arbeitsplätze im Bereich der Betreuung und der Pflege; die Leute dort sind schlecht bezahlt, und sie fehlen uns. Wir haben dort einen Mangel an Arbeitsplätzen, dort muss man hineingehen. Ein dritter Punkt ist die Ausbildung von IT-Fachkräften: Es kann doch nicht sein, dass wir im Zeit­alter der rasanten Digitalisierung nur ein paar wenige HTLs haben, die wahnsinnig lan­ge Wartelisten haben, bei denen zwei Drittel der Interessenten abgewiesen werden und diese Fachausbildungen nicht machen können. Da brauchen wir mehr Plätze. Dort, fin­de ich, müssten wir finanziell hineingehen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ja zu Investitionen, und ich glaube, da wäre noch etwas Spielraum. Der Sozialbericht ist an und für sich gut, die Umsetzungsmaßnahmen nicht ganz so effektiv, wie ich sie gerne hätte.

Noch ein kleiner Punkt: Was wir uns gewünscht hätten, wäre statt dieser teilweisen Ent­lastung der Lohnnebenkosten der Einstieg in die Steuerstrukturreform, denn da bin ich schon auch bei den NEOS – wir sind uns eigentlich eh einig –: Arbeit ist zu teuer. Das kann natürlich keine einseitige Entlastung sein, sondern es braucht auch eine Gegenfi­nanzierung – deshalb: Einstieg in die Steuerstrukturreform. Das ist das, was der öster­reichische Arbeitsmarkt dringend brauchen würde. (Beifall bei den Grünen.)

11.58


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Vogl. – Bitte. (Abg. Neubauer: Die Wirtschaft sieht das ganz anders! – Abg. Vogl – auf dem Weg zum Red­nerpult –: Immer!)

 


11.58.57

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Es war ja nicht sehr überraschend, dass der Sozialbericht als marxistisch kritisiert wurde, das hatten wir schon im Ausschuss; der Hinweis auf die DDR war heute nur noch eine Steigerungsform.


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Eines muss klar sein: Ein Sozialbericht ist kein Börsenbericht. Das heißt, das ist kein Bericht, bei dem man das Auf und Ab von Börsenkursen bunt in Tabellen und Grafiken darstellt und vollkommen ausblendet, welche Auswirkungen das auf Beschäftigte hat. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Da schau! Da hat er uns was gesagt!) Der Sozialbe­richt bildet die Lebensrealität der österreichischen Bevölkerung ab. (Abg. Peter Wurm: Nicht ganz ...! – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Sollte!) Wie wir jetzt sehen, lassen die­se Zahlen einen Interpretationsspielraum, und darum ist es auch wichtig, dass sie inter­pretiert werden. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Zieht man jetzt zum Beispiel den Bereich der Armutsvermeidung heran, dann sieht man, dass die Armutsgefährdungsquote in Österreich seit dem Jahr 2008 gesunken ist. (Abg. Peter Wurm: Markus, das kannst ja selber nicht glauben!) Nehme ich jetzt das subjek­tive Empfinden der Menschen in unserem Land her – und da bin ich bei dir, Peter –, dann muss ich sagen, die gefühlte Realität ist eine andere.

Wenn wir heute vor Supermärkten – und das ist nicht nur in Großstädten ein Phäno­men, sondern bereits auch in kleineren Städten – Menschen finden, die Zeitungen ver­kaufen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, dann sind wir auf einmal mit Ar­mut in einem Ausmaß, wie wir es vielleicht vor vielen Jahren noch nicht kannten, kon­frontiert.

Darum betrifft dieses Problem immer auf der einen Seite diese Zahlen und auf der an­deren Seite dieses persönliche Empfinden, das wir im Tagesgeschäft haben. Da ist mir sehr wichtig, dass wir uns selbst diese Zahlen anschauen und auch die eigenen Bilder im Kopf überdenken, denn natürlich – es ist schon angesprochen worden –, ich bin Ge­werkschafter, und wenn ich an das Thema unselbständig Beschäftigte denke, dann habe ich sofort das Bild im Kopf: Da werden Menschen aus abgesicherten Beschäfti­gungsverhältnissen in prekäre Jobs gedrängt. Wenn man sich jetzt diesen Bericht an­sieht, dann kann man erkennen, dass im Jahr 2014/2015 die Zahl der unselbständig Be­schäftigten von 460 000 auf 440 000 gesunken ist.

Wenn man genauer hinschaut und sich fragt, wie es sich tatsächlich mit den prekären Arbeitsverhältnissen verhält, dann sieht man, dass die Zahl der Neuen Selbständigen von 2008 auf 2015 um fast 8 000 gestiegen ist, aber im gleichen Umfang die Zahl der freien Dienstverträge zurückgegangen ist, weil wir bei diesen sozialpolitische Absiche­rungen geschaffen haben, die es für die Unternehmen unattraktiver machen, Menschen als freie Dienstnehmer zu beschäftigen, und es damit geschafft haben, diesen Trend hin zu freien Dienstverhältnissen zu bremsen und zu stoppen. Und das sind die Dinge, bei denen es, glaube ich, wichtig ist, dass wir selbst auch kritisch hinschauen: Wie weit stimmen die Bilder, die wir im Kopf haben, dann auch mit der Realität überein?

Darum wäre es auch wichtig, sich einmal den Bereich des Wohnens anzuschauen. Ich glaube, es ist für uns irgendwie klar, dass Menschen, die wenig Einkommen haben, in Wohnungen leben, die kleiner sind, in Wohnungen leben, die vielleicht nicht ganz den üblichen Standard haben. Wenn man sich dann aber auch die Entwicklung des Lebens­raums, den Menschen zur Verfügung haben, anschaut, dann sieht man auf ein­mal: Bei Menschen mit niedrigen Einkommen stagniert der Lebensraum, bei Menschen mit mitt­leren und höheren Einkommen merken wir, dass der Lebensraum zunimmt. Das heißt, diese Menschen sind aktuell nicht am Wohlstandsgewinn in unserer Gesellschaft betei­ligt.

Erschreckend ist eigentlich, wenn man diese Kosten des Wohnraums auf den Quadrat­meter herunterbricht und dann auf einmal draufkommt, dass Menschen mit niedrigen Ein­kommen auf den Quadratmeter berechnet 40 Prozent mehr zahlen als Menschen mit mittleren Einkommen und 80 Prozent mehr als Menschen mit hohen Einkommen; ins­gesamt zahlen sie nur 20 oder 30 Prozent weniger als das, was Menschen mit hohen Ein-


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kommen für ihre Wohnung zahlen. Daran merkt man schon, dass es für Armutsgefähr­dung Gründe gibt. (Abg. Peter Wurm: Die zahlen aber alle mehr!)

Da die Zeit schon etwas vorgeschritten ist, vielleicht nur noch die Conclusio: Wie kann man Frauenarmut beziehungsweise Armut bekämpfen? – Durch Frauenerwerbstätig­keit, indem man Männer auch in die Kinderbetreuung einbindet und durch die Verfüg­barkeit von Kinderbetreuungseinrichtungen – das ist ein wichtiger Schlüssel. (Abg. Neu­bauer: Was ist mit 60 plus? Die kommen da nicht vor!) Wir sehen, dass bei armutsge­fährdeten Haushalten weniger als die Hälfte der Kinder in die Kinderbetreuungseinrich­tungen, in die Krippen, geht. Bei Menschen mit mittleren und höheren Einkommen ist die Zahl deutlich höher. Wir merken also, dass die Basis für den sozialen Unterschied be­reits im Kindergarten gelegt wird, und dort müssen wir ansetzen, dort ist die Maßnah­me noch relativ günstig, und dort ist es wichtig, etwas zu tun.

Der zweite Bereich ist das Thema Bildung. Wir merken, dass Menschen mit höherer Bil­dung weniger von Arbeitslosigkeit und Armut bedroht sind. Auch da wird die Basis für die Zukunft im Kindergarten gelegt. Das Risiko, in Mathematik schwach zu sein, halbiert sich, wenn die Kinder zwei Jahre im Kindergarten sind. Das sind einfach Fakten, die in diesem Bericht ganz klar erwähnt werden.

Darum ist es ganz wichtig für mich: Versuchen wir, die Schlüsse aus den Fakten in die­sem Bericht – natürlich muss man interpretieren – ideologisch neutral zu ziehen. Die Maß­nahmen liegen auf dem Tisch. Wir sind für ein zweites verpflichtendes Kindergarten­jahr, wir haben die Ganztagsschule im Programm. Wir setzen viele Maßnahmen, die in die richtige Richtung gehen, um Armut zu bekämpfen. Das wird dauern. Wir sehen, dass diese Veränderungen natürlich Zeit brauchen, aber wir sind auf einem guten Weg. Die Zahlen zeigen es jedenfalls auf, das Gefühl – und das ist mir vollkommen bewusst – ist derzeit noch ein komplett anderes. (Beifall bei der SPÖ.)

12.03


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Au­bauer. – Bitte.

 


12.04.05

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Mi­nister! Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht haben Sie es ja in den letzten Tagen auch mit Freude gelesen: Britische Forscher bestätigen, dass unsere Lebenserwartung wei­terhin steigt. Dieser Trend setzt sich fort. Für Österreich wird bis 2030 bei Männern im Durchschnitt ein Anstieg auf 81 Jahre erwartet, bei Frauen sogar von 83 auf 86 Jahre – ein toller Ausblick.

Was heißt das für die Politik? – Für uns ist es wichtig, auf die wachsende ältere Bevöl­kerung entsprechend vorbereitet zu sein, und das gilt ganz besonders in der Pflegevor­sorge. Wo stehen wir? – Wichtiges ist schon gelungen, aber es gibt auch noch einige Baustellen. Was ist gelungen? – Uns allen liegt der Ausbau der Hospiz- und Palliativ­betreuung sehr am Herzen. Diesbezüglich wurde ein Sondertopf mit 90 Millionen € ge­schaffen, um den Ausbau voranzutreiben, damit niemand am Ende seines Lebens al­leingelassen wird.

Was wünschen sich Menschen, wenn sie älter werden? – Sie wünschen sich, wenn er­forderlich, Pflege und Betreuung in guter Qualität in ihren eigenen vier Wänden. Genau das abzusichern ist unser zentrales Ziel. Mit dem Bundespflegegeld ist eine Erfolgs­story in Gang gekommen. Schon jetzt werden 455 000 Personen unterstützt. Für jede Ös­terreicherin und für jeden Österreicher ist Zugang zu leistbarer Pflege daher möglich.

Es gibt aber auch Baustellen. Wir brauchen dringend eine grundlegende Systemver­besserung, eine bundesweite Harmonisierung. Der Rechnungshof hat es ja ganz klar-


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gemacht, zum Beispiel in Kärnten, wo es viele verschiedene Tarife gibt, ein unüber­sichtliches Wirrwarr und unübersichtliche Strukturen. Da braucht es ein Gesamtkonzept.

Eine Erfolgsstory ist auch die 24-Stunden-Betreuung. Interessant im Sozialbericht zu le­sen: In nur einem Jahr (Abg. Schwentner: Das meinen Sie jetzt aber nicht ganz ernst?!), von Mai 2015 bis Mai 2016, hat die Inanspruchnahme um 10 Prozent zugenommen. Wie schaut es mit der Qualität aus? – Das ist besonders interessant: Da braucht sich niemand Sorgen zu machen. Kontrollbesuche bescheinigen laut Sozialbericht in 99 Prozent der Fälle eine ordnungsgemäße und gute Betreuungsqualität. (Abg. Schwentner: Angekün­digte Kontrollen!)

Zur aktuellen Diskussion um die Anpassung der Familienbeihilfe an das Niveau der Länder, in denen die Kinder der Betreuerinnen leben: Da gibt es ja Befürchtungen, die Betreuerinnen würden dann zu Hause bleiben und nicht mehr hier in Österreich dem Job nachgehen wollen. Bitte, fürchten wir uns nicht! Es gibt Daten der Wirtschaftskam­mer Österreich, wonach von den rund 60 500 selbständigen Betreuerinnen mehr als die Hälfte älter als 50 Jahre ist. Also über 50-Jährige haben nur selten kleine Kinder, für die Kinderbeihilfe bezahlt wird. (Abg. Königsberger-Ludwig: Die kriegen eh keine Familien­beihilfe! – Abg. Schwentner: ... pro Stunde! Das ist absurd!)

Wenn dennoch eine Lücke entstehen sollte – denn der Bedarf wird sowieso immer grö­ßer, durch eine wachsende ältere Bevölkerung entsteht immer mehr Bedarf –, dann mo­tivieren wir doch Österreicher, in den Beruf der Personenbetreuung einzusteigen! Den­ken wir über Anreize nach! Wie können wir Österreicher dazu bringen?

Eine Agenturchefin, die Leiterin von gutbetreut.at, hat mir gestern versichert, sie hat sehr viele Bewerberinnen, die diese Aufgabe in Österreich machen wollen, Österreicher, die in diesen Job einsteigen wollen. Das Motiv ist dabei, 14 Tage zu arbeiten und dann 14 Ta­ge en bloc freizuhaben. Also vielleicht gibt es auch diese Fälle. Denken wir darüber nach! Denn dass jeder adäquate Pflege haben soll und muss, das ist unser Ziel, und daran ar­beiten wir. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.08


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Jar­mer. – Bitte.

 


12.08.55

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch einen Gebärden­sprachdolmetscher): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Man kann allgemein zum Sozialbericht sagen, dass er gut gelungen ist, aber das, was die Regierung macht, gelingt nicht. Was Sie derzeit machen, funktioniert nicht.

Sie haben gezeigt, und Sie haben das auch inszeniert, dass es möglich ist: mit Fristen, mit Sondersitzungen, mit Tagen und Nächten durcharbeiten, damit, dass alle Minister sich klar dazu bekennen müssen, unterschreiben müssen und mit ihrem Namen dafür stehen, das umzusetzen. Man hat ganz klare Fristen, und wir werden und wir werden und wir werden, und die Maßnahmen sind da – schön!

In der Behindertenpolitik aber: Wann haben Sie diese angesprochen? – Im alten Re­gierungsprogramm gab es noch Punkte, in denen man die persönliche Assistenz an­gesprochen hat. Im neuen, aktuellen Regierungsprogramm wird das nicht einmal mit einem Wort erwähnt, sondern es wird gesagt: Ja, ja, das wird schon noch, das machen wir schon noch! – Also ein klares Bekenntnis zur Behindertenpolitik seitens der Regie­rung ist nicht gegeben.

Ein zweites Thema im Behindertenbereich – auch im Sozialbericht angesprochen – be­fasst sich mit Folgendem: Es gab bereits eine Evaluierung zum Behinderteneinstel-


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lungsgesetz. Wenn man sich das für 2016 anschaut, so sieht man, es hat die Ar­beitslosigkeit in der Allgemeinbevölkerung fast um 1 Prozent abgenommen, im Bereich Menschen mit Behinderungen sprechen wir dagegen von über 8 Prozent mehr Arbeits­losen.

Es gibt natürlich unzählige Arbeitsgruppen, die auch erwähnt werden, beispielsweise auch die Arbeitsgruppe, die 2004 getagt und auch Ergebnisse geliefert hat, die aber zu keinerlei Umsetzungen geführt haben. Man hat mit diesen Ergebnissen nicht weiterge­arbeitet, man hat sich dann nicht mehr darum gekümmert, mit diesen Ergebnissen wei­terzuarbeiten, um eine Beschäftigung für Menschen mit Behinderungen wirklich zur Re­alität zu machen.

Da erwarten wir uns klare Taten, klare Fristen, klare Ziele, klare Umsetzungen anstatt dieses permanente Ausweichen: Wir machen, und das wird in einer Arbeitsgruppe pas­sieren und so weiter! – Das Auftreten der neuen Regierung hat es ja gezeigt: Man kann anscheinend mit Fristen spielen. Warum nicht in diesem Bereich? Warum setzt man sich da nicht ganz klare Ziele?

Die UN-Kommission hat 2013 in Genf getagt und hat uns, Österreich, 23 Handlungs­empfehlungen mitgegeben, die bis 2018 umgesetzt werden müssen. Der Zwischenbe­richt sagt ganz klar: Zwei von 23 Punkten wurden umgesetzt. Der eine Punkt: Ja, man hat die deutsche Übersetzung einfach nochmals zur Hand genommen und das Wort In­tegration durch Inklusion ersetzt. Der zweite: Netzbetten in psychiatrischen Krankenan­stalten sind verboten.

Gut, zwei Sachen wurden umgesetzt. Schaffen Sie es tatsächlich noch, die anderen 21 Maßnahmen und Handlungsempfehlungen in einem Jahr umzusetzen? Geht sich das aus? – Das, was einfach auch in diesem Haus auffällt, ist, dass das Thema Men­schen mit Behinderungen kaum angesprochen wird.

Unser Behindertenanwalt Erwin Buchinger wird demnächst seine Funktion abgeben. Wie wird das dann weitergehen? Warum werden all die Ergebnisse von Behindertenan­walt Buchinger nicht hier in diesem Haus, wie bei der Volksanwaltschaft, besprochen? Warum gibt es hierfür keine Tagungen?

Sehr viele Menschen in Österreich leben mit einer Behinderung. Wir sprechen da von über einer Million Menschen. Auch diese Menschen, auch deren Sorgen müssen wir ernst nehmen. Das ist auch eine große Verantwortung der Regierungsparteien. Daher: Nehmen Sie diese Sorgen ernst!

Kollege Huainigg hat auch immer gesagt: Ja, die persönliche Assistenz müssen wir uns anschauen! – Gut, dann bekennen Sie sich schriftlich dazu, so wie Sie es letztens auch gezeigt und inszeniert haben, rechts und links, SPÖ und ÖVP! Wo ist Ihr Bekenntnis da­zu? Warum schweigen Sie zur Behindertenpolitik? – Die Zeiten sind vorbei, auf diese Menschen zu vergessen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.13


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Höfin­ger. – Bitte.

 


12.13.07

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Was zeigt uns der Sozialbericht? Was zeigt er nicht? Was liest man aus ihm he­raus? Was ist korrekt dargestellt? Was ist falsch platziert? – Zunächst zeigt er uns, wie umfangreich, wie komplex und diffizil unser Sozialsystem mittlerweile geworden ist. Wir kennen die verschiedenen Kapitel – Arbeitsmarktpolitik, Sozialversicherung, Pflege, Min­destsicherung, Konsumentenschutz und viele, viele weitere Kapitel, die hier verpackt


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sind –, und das, was herauszulesen ist, ist: Es fließt viel Geld in dieses System; Geld, das zum Großteil durch die Arbeit und die Leistungen der Menschen dieses Landes auf­gebracht wird, und dafür gilt es auch in diesem Rahmen, denke ich, einmal herzlich Dan­ke zu sagen.

Der Bericht zeigt aber auch, dass es ein enormes Weiterentwicklungspotenzial gibt: durch den demografischen Wandel, aber auch dahin gehend, die Treffsicherheit zu erhöhen und die soziale Ausgewogenheit herzustellen. Wir sehen das aktuell an der Diskussion um die Mindestsicherung in Wien, die ausufert, die nicht mehr finanzierbar ist, die So­zialtourismus auslöst, weil sie nicht gut kontrolliert ist und in nicht nachvollziehbarer Form auch in die Höhe geschraubt wurde.

Wir sehen, Sozialpolitik ist nichts Starres. Sie muss ständig korrigiert und angepasst wer­den, und wenn dann im Sozialbericht Empfehlungen abgegeben werden, um den sozia­len Ausgleich wiederherzustellen, dann muss man dazu zwei Dinge festhalten: Erstens ist es nicht unbedingt die Aufgabe des Berichts, Empfehlungen abzugeben, und zwei­tens schon gar nicht, wenn als Maßnahme empfohlen wird, neue Steuern oder Abgaben einzuführen, denn das wird es mit uns sicher nicht geben. Wenn es Veränderung geben muss, dann gilt es als Erstes, die Trefferquote zu erhöhen, die Gelder zielgerichteter zu lenken, aber nicht, die arbeitenden Menschen in diesem Land mit neuen Steuern, Ab­gaben oder Auflagen stärker zu belasten.

Da sind wir sicher nicht mit dabei. Entlasten und punktgenau treffen heißt die Devise, und dafür stehen wir. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.15


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


12.15.30

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich weiß man gar nicht, wo man anfangen soll, denn es gäbe vieles zu behandeln (Abg. Fekter: Na, dann lassen Sie’s!), aber wir haben Redezeitbegrenzun­gen. Ich sage Ihnen nur eines zu Beginn: Wir haben hier im Plenum länger über den So­zialbericht diskutiert als im Ausschuss. Da beginnt das Problem.

Wie nehmen wir ein umfassendes Werk über die soziale Situation in Österreich ernst? – Man kann unterschiedlicher Meinung über das, was da drinsteht, sein. Das wurde auch sehr deutlich angesprochen. Mein Vorschlag war und ist, und ich ersuche auch den Vor­sitzenden des Sozialausschusses – das habe ich auch im Ausschuss gemacht –: Wir brauchen dafür einen Unterausschuss, wir müssen uns die Zeit nehmen!

Ich nenne Ihnen nur ein Beispiel: Kollege Loacker geht hier heraus und spricht – jetzt sage ich einmal, sehr ideologisch geprägt – davon, dass die Steuerbelastung der un­selbständig Erwerbstätigen im Vergleich zu der Steuerbelastung von Kapitaleinkom­men eigentlich sehr niedrig ist. Das waren Ihre Worte. Kollege Schellhorn geht heraus und jammert uns die Hucke voll, dass die Steuer- und Abgabenbelastung der unselb­ständig Erwerbstätigen so hoch ist wie (Abg. Loacker: ... die Sozialversicherungsbei­träge!) – egal wie, aber sehr, sehr, sehr hoch. Das passt irgendwie nicht zusammen, da müssen Sie sich einigen. Jetzt weiß ich schon – ich will ja nicht absolut bösartig sein –, es gibt neben den Steuern auch noch Abgaben, die sind im Beispiel des Kollegen Loa­cker nicht vorgekommen, aber das erklärt es trotzdem nicht. Darüber müssten wir dis­kutieren!

Ich versuche nur, den Widerspruch, den es offensichtlich innerhalb der Fraktion der NEOS gibt, zum Anlass zu nehmen, um eine Diskussion zu eröffnen, die wir meines Erachtens dringend brauchen, nämlich über das, was im Sozialbericht drinsteht. Versuchen wir doch


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ansatzweise, irgendwie eine gemeinsame Grundlage herzustellen, zumindest im Verständ­nis des Sozialberichts!

Die Abgeordnete Belakowitsch-Jenewein geht hier heraus und sagt: Arbeitszeitverkür­zung, etwas ganz Furchtbares, fällt Ihnen nichts anderes ein? – Ich sage Ihnen eines: Es gibt ein interessantes Kapitel im Sozialbericht – viel zu wenig beachtet, es wurde auch nicht angesprochen –, in dem das Arbeitsvolumen angesprochen wird, und da wird das Arbeitsvolumen 2015 mit dem Arbeitsvolumen 2008 beziehungsweise mit dem Arbeits­volumen 2005 verglichen. Das Interessante ist, dass das Arbeitsvolumen im Jahr 2015 noch immer nicht die Höhe des Arbeitsvolumens des Jahres 2008 erreicht hat. Wir sind noch auf dem Vorkrisenniveau, und das Arbeitsvolumen ist über die Jahre hinweg in et­wa gleich geblieben. Auf der anderen Seite stellt sich – heute hat er es nicht so ge­macht, aber gestern – der Herr Sozialminister in seiner Rede hin und spricht vom Be­schäftigungswunder Österreich.

Das passt irgendwie nicht zusammen, und das ist auch ein Teil des Problems. Das müssten wir auch diskutieren. Selbstverständlich sind neue Arbeitsplätze geschaffen wor­den, aber von welcher Qualität? – Das ist ja erbärmlich! (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das sagen wir ja! – Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.) – Ich sage ja nicht, dass Sie un­recht haben, ich sage nur, dass Sie die Folgen falsch daraus ziehen.

Selbstverständlich müssen wir über Arbeitszeitverkürzung reden, wenn das Arbeitsvolu­men insgesamt nicht steigt. Was tun wir denn? – Schauen wir zu, wie die Arbeitslosig­keit weiter steigt oder wie prekäre Beschäftigungsverhältnisse, von denen die Menschen nicht leben können, immer häufiger werden? – Da muss uns etwas einfallen! (Abg. Peter Wurm: Man muss das auch durch mehr Menschen teilen!) – Seien Sie ruhig, Sie wa­ren schon dran, Herr Kollege Wurm! (Abg. Neubauer: Wer ruhig ist, hat der Präsident fest­zustellen!) Der Punkt ist doch der: Wir müssen darüber reden, welche Konsequenzen wir daraus ziehen.

Arbeitszeitverkürzung heißt ja nicht nur Verkürzung der wöchentlichen oder der tägli­chen Arbeitszeit, da gibt es ja viele andere Formen. Es gibt eine individuelle Form der Arbeitszeitverkürzung, Sabbatjahre, es gibt eine Jahresarbeitszeitverkürzung, mehr Ur­laub, es gibt eine Lebensarbeitszeitverkürzung, auch das kann man diskutieren. Nur: Wir gehen ja jetzt den Weg der Lebensarbeitszeitverlängerung, und das findet sich dann schon in den Arbeitslosenstatistiken wieder, meine sehr geehrten Damen und Her­ren.

Meine Redezeit ist aus, aber ich sage Ihnen noch eines: Wir sollten darüber diskutie­ren. Ich weiß nicht, wo der Ort sein soll, an dem die Mitglieder des Sozialausschusses das diskutieren, wenn nicht im Sozialausschuss oder hier im Plenum. Da findet aber kei­ne Diskussion statt. Das, was hier oder im Sozialausschuss stattfindet, ist eine Anein­anderreihung von Statements, deren Inhalte nicht verbunden sind, in denen man sich nicht aufeinander bezieht, und das ist ein Problem. Wir sollten hier nicht nur über die Vergangenheit diskutieren, wir sollten auch über die Zukunft diskutieren. Es geht um un­sere Jugend und um die Zukunft dieser Jugendlichen. Für sie sollten wir ja ordentliche Verhältnisse schaffen. (Beifall bei den Grünen.)

12.21


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte. (Abg. Rädler: Es kommt noch schlimmer! Es war ja das schon schlimm genug!)

 


12.21.08

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher auf der Ga­lerie und vor den Fernsehgeräten! Eine gesegnete Mahlzeit und guten Appetit – zu die­ser schweren Kost, die wir seit über zwei Stunden diskutieren. 400 Seiten stark ist der


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Schmöker, und es wurde bereits gesagt, dass das ein Druckwerk ist, das jetzt von den Regierungsparteien schönzureden versucht wird. Ich möchte die Nennung von Namen hier vermeiden, aber vom Sozialsprecher der ÖVP bis zu den Gewerkschaftern der SPÖ wollen alle versuchen, das in ein schönes Licht zu rücken.

Ich habe gestern bereits in der Debatte zum Rechnungshofbericht zur Entwicklung der allgemeinen Einkommen festgehalten, wie sehr die Kaufkraft zwischen den Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmern auseinanderklafft. Wir haben immerhin 400 000 Beziehe­rInnen mit unter 1 500 € brutto. (Der Redner stellt eine Tafel vor sich auf das Redner­pult, auf der mittels Balkendiagrammen die Durchschnittspensionen von Bauern, Arbei­tern, Angestellten und Beamten dargestellt sind.)

Ich habe heute diese Tafel mit den Durchschnittspensionen in den verschiedenen Grup­pen als Beispiel mitgenommen, weil wir da eine ganz große Kluft haben. Wir haben ei­ne Million Pensionisten mit einer monatlichen Pension von unter 1 000 € und 32 000 Pen­sionisten mit einer Pension von über 5 000 €, die natürlich wegen sozialer Ausgewogen­heit auch den Pensionshunderter bekommen haben.

Das sind die sozialen Ansätze, und da muss man einmal überlegen, wohin dann das Geld fließt. Ich wäre dafür, dass die niedrigeren Pensionen mit einem höheren Betrag angepasst werden, weil diese Bezieher regional investieren. Die fliegen nicht ins Aus­land, und das ist das Geld, das die Wirtschaft dringend braucht.

Aber zurück zu den Zahlen: Es wurde von Höchstbeschäftigung und bester Entwick­lung gesprochen, aber ich darf im Gegensatz dazu ein bisschen Realität hineinbringen. Ich habe heute im Hotel die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ gelesen. Deutschland ent­wickelt sich tatsächlich so, wie es bei uns dargestellt wird: In Deutschland haben sich seit 2004 die Arbeitslosenzahlen von über 5 Millionen auf 2,48 Millionen reduziert. Das ist der Unterschied, das ist die Statistik! Deutschland ist heute auf dem Stand von 1991! Und das ist die österreichische Statistik (ein Blatt mit Balkendiagrammen zeigend), ei­ne Statistik der Wirtschaftskammer! Das ist die Entwicklung in Österreich! Angesichts dessen ist es sehr mutig, wenn man hier von besserer Entwicklung und besseren Da­ten spricht und sagt, es sei alles eitel Wonne, Sonnenschein.

Das ist der wesentliche Unterschied. Wenn wir die Situation falsch analysieren, wenn wir hier von falschen Fakten und Zahlen ausgehen, dann kann sich in diesem Bereich nichts ändern.

Ich bringe jetzt das Beispiel von gestern. Herr Minister, du hast dankenswerterweise ge­sagt, dass diese Ungerechtigkeiten abgegolten und ausgeglichen werden müssen. Ja­wohl, da bin ich voll bei dir, aber was war gestern? An dieser Stelle mein Dank an alle Mütter, die erziehen, egal ob in Partnerschaft oder alleinstehend. Gestern wurde hier von den Regierungsparteien der Antrag auf die volle Anrechnungszeit, vier Jahre pro Kind, egal in welchem Abstand sie geboren sind, abgelehnt.

Das ist nicht der Weg, auf dem man Ungerechtigkeiten ausgleicht, sondern das ist der Weg, auf dem man Ungerechtigkeiten fortschreibt, berechtigte Forderungen ablehnt. Das ist, glaube ich, das Problem, das Kollege Öllinger gerade ansprechen wollte: In den Aus­schüssen werden unsere Anträge mit Vorschlägen vertagt, selbstverständlich, und auch die Zeit ist viel zu kurz bemessen. Zusätzliche Unterausschüsse und Experten­runden wären wichtig. Deshalb gab es damals diese Forderung nach öffentlichen Aus­schüssen, damit der Druck auf die Regierungsparteien erhöht wird, auch etwas umzu­setzen. Gestern hat jemand gesagt, wir wissen ja nicht, wer nach der nächsten Wahl in Opposition ist. Deshalb, glaube ich, muss man das viel offensiver, viel zukunftsträchtiger diskutieren. Ich denke, das ist das ganz Wesentliche. (Beifall beim Team Stronach.)

Vielleicht noch zum Kollegen Öllinger, weil er von der Arbeitszeitverkürzung gespro­chen hat – auch ein Kollege der SPÖ hat das getan, und die Gewerkschaft spricht auch


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immer noch von Arbeitszeitverkürzung –: Warum reden wir nicht schon längst über die durch die Ausdünnung im ländlichen Raum immer länger werdenden Anfahrtszeiten zur Arbeitsstelle? Immer mehr Kleingewerbe sperren zu, immer mehr Gasthöfe sperren zu, immer mehr Bauernhöfe sperren zu, wir verlieren auf dem Land die Arbeitsplätze, die Postämter. Wir haben heute Anfahrtszeiten von bis zu einer Stunde und weit darüber. Das ist die Zeit, die den Menschen für ihre Familien, für ihre Freizeit, für ihre Erholung fehlt! Auch da gehen wir an der Realität vorbei.

Ich möchte diese Diskussion noch um einen letzten Punkt ergänzen. Wir haben heute viel über die Pensionisten gesprochen, die Jugend ist sowieso im Mittelpunkt gestan­den – heute sind ja wieder Klassen mit vielen jungen Menschen im Haus –, es ist über viele Bereiche gesprochen worden, aber eines ist wieder einmal viel zu kurz gekom­men: die Ernährung. (Der Redner stellt eine Tafel vor sich auf das Rednerpult, auf dem zwei Butterpackerl, jeweils Vorder- und Rückseite, von verschiedenen Marken abgebil­det sind.)

Kolleginnen und Kollegen, schauen Sie sich dieses Bild an! Da wird der Konsument veräppelt! Es wird immer gesagt, der Konsument hat es in der Hand. Nein, der Konsu­ment wird perfekt getäuscht! Das sind zwei Verpackungen, und da müsst ihr mir sagen, wie der Konsument beim Einkaufen, der unter Zeitdruck ins Kühlregal greift, da einen Un­terschied erkennen soll: einmal Naturbutter und einmal Regenwaldbutter. Ich habe die­se Thematik auch gestern wieder in der Debatte zum Rechnungshofbericht angespro­chen. Dieser Diebstahl der Rohstoffe erzeugt nicht nur Flüchtlingsströme – wir wissen, 80 Prozent der Asylanten sind Klima- und Wirtschaftsflüchtlinge –, sondern erzeugt und erhöht bei uns den Druck im Hinblick auf die regionale Produktion von Lebensmit­teln. Wir haben längst keine Ernährungssouveränität mehr! Wir wollen keine Zweiklas­senmedizin, wir wollen aber auch keine Zweiklassenernährung! (Beifall beim Team Stro­nach.)

Eine Zweiklassenernährung, die dann so ausschaut: für jene, die es sich leisten kön­nen, die Superhyperqualität und für die anderen, die es sich nicht leisten können – und davon haben wir genug; da muss man sich nur den Sozialbericht genau vor Augen füh­ren –, das billige Substitut, ein magenfüllendes Menü, das aber mit Gesundheit, mit Zu­kunft nichts zu tun hat. Frau Kollegin Aubauer hat es richtig gesagt, die Leute wollen äl­ter werden, die Leute sollen aber im Alter auch fitter und gesünder bleiben, damit sie von diesen Jahren auch etwas haben und nicht zur Melkkuh für die Pharmariesen wer­den. Das bitten wir zu berücksichtigen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

12.27

12.27.53

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, den vorliegenden Bericht III-350 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

12.28.182. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1474 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Ar­beitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz ge­ändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2017 – SVÄG 2017) (1484 d.B.)


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3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1978/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­schärfung des Sonderpensionenbegrenzungsgesetzes (1485 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1908/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Pensionen um 1,3 Prozent (1486 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1870/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Sozial- und Weiterbildungsfonds (SWF) (1487 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1996/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ab­schaffung des EU-Beamten-Pensionssystems und Überführung in nationale Sys­teme auf ASVG Niveau“ (1488 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1967/A(E) der Ab­geordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend nächs­ten Schritt bei der Begrenzung von Sonderpensionen (1489 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1971/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aus­gleichszulage für BMS-Dauerleistungsbezieherinnen (1490 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen jetzt zu den Punkten 2 bis 8 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Somit gehen wir in die Debatte ein.

Erste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


12.28.45

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte eine kurze Stellungnahme zum Tagesordnungspunkt 3 abgeben, einem Antrag, in dem es um die Pensionisten geht. Wir Freiheitliche möchten zum Ausdruck bringen, dass wir uns nicht mit dem zufriedengeben, was die Bundesre­gierung den Pensionisten für das Jahr 2017 bewilligt hat, nämlich 0,8 Prozent Inflations­anpassung plus einem Hunderter, der wahrscheinlich jetzt, Anfang März, bereits ver­braucht sein wird, während aber die Inflation natürlich noch das ganze Jahr weiterbe­steht.


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Die Oesterreichische Nationalbank hat für die Jahre 2015 bis 2018 die Inflation prog­nostiziert: 1,5 Prozent für das vorige Jahr und 1,8 Prozent für das Jahr 2017, womit wir bei mehr als dem Doppelten über den 0,8 Prozent liegen, die die Bundesregierung für die Pensionisten ausgeschüttet hat. (Abg. Riemer: Pfui!)

Wir haben uns im Seniorenrat gemeinsam mit dem ÖVP-Seniorenbund und dem Pen­sionistenverband der SPÖ für eine Pensionsanpassung in der Höhe von 1,3 Prozent eingesetzt. Dieser Prozentsatz war praktisch fixiert, um mit der Bundesregierung darü­ber zu verhandeln. Leider haben sich die Pensionistenverbände von SPÖ und ÖVP ge­genüber dem Herrn Sozialminister nicht durchgesetzt. Hätten wir das im November be­reits für die Pensionistinnen und Pensionisten in Österreich beschließen können, müss­ten wir heute diese 1,3 Prozent nicht als Antrag einbringen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Riemer: Traurig!)

Das ist leider traurig, weil diese 1,3 Prozent tatsächlich eine Kaufkraftsicherung für die Menschen in diesem Land garantiert hätten. Wir hätten damit nachhaltig für die Men­schen etwas tun können, denn die 1,3 Prozent wären pensionsaufbauend gewesen, was in der jetzigen Situation mit den 0,8 Prozent leider nicht der Fall ist, wodurch eine mas­sive Armutsgefährdung bei den Menschen eintritt.

Kollege Vogl hat zuerst angesprochen, dass er sehr viele Menschen auf den Straßen sieht, die Zeitungen verkaufen müssen, damit sie ihren Lebensunterhalt überhaupt be­streiten können. Dazu darf ich dir noch sagen, lieber Kollege Vogl, es gibt einen irr­sinnigen Boom bei den Sozialmärkten. Warum ist das so? – Weil sich die Menschen in Österreich, obwohl es angeblich eines der reichsten Länder ist, das Einkaufen nicht mehr leisten können. Die Billigstprodukte, die Sparprodukte boomen, weil die Menschen da­rauf zurückgreifen müssen, damit sie ihren Lebensunterhalt überhaupt bestreiten kön­nen. Das ist die derzeitige Situation! Und das unter einem Sozialminister der SPÖ! (Bei­fall bei der FPÖ.)

Die Zahl der Armutsgefährdeten ist zwar gesunken, aber was der Vorredner von der SPÖ nicht gesagt hat: 26 Prozent der Menschen über 60 Jahre sind massiv armutsge­fährdet. Wenn wir die Sozialleistungen der Republik Österreich nicht hätten, dann wä­ren es noch mehr. Die Zahl der armutsgefährdeten Personen in Österreich ist nur des­wegen gleichbleibend, weil die Sozialleistungen massiv erhöht worden sind. Anders wäre es nämlich nicht möglich.

Um dieser Armutsgefährdung vorzubeugen, haben wir noch einen Antrag formuliert, der den Beschluss einer Mindestpension in Höhe von 1 200 € zum Inhalt hat. Jetzt sagen viele: Das ist ja unfassbar! Wer soll das bezahlen? Das ist doch nicht leistbar! Das ist unrealistisch! Das ist typisch FPÖ!

Jetzt halte ich Ihnen entgegen: Wir haben derzeit bereits die Regelung, dass jemand nach 30 Arbeitsjahren 1 000 € Pension bekommt. Davon sind ungefähr 22 000, 23 000 Ös­terreicherinnen und Österreicher betroffen. Wir haben gesagt: Wenn man für 30 Jahre Arbeit 1 000 € über den Ausgleichszulagenrichtsatz bekommt, dann muss es ja in ei­nem der reichsten Länder der Welt wohl möglich sein, nach 40 Jahren Arbeit 1 200 € Mindestpension zu bekommen! Wir verlangen nur um 200 € mehr für jene, die zehn Jahre länger arbeiten. Das muss in diesem Land doch möglich sein, meine sehr geehrten Da­men und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann Ihnen auch einige Beispiele nennen, wo man dieses Geld hereinbekommen könnte, wenn man das tatsächlich umsetzen wollte. Wir haben mit dem Präsidenten des österreichischen Fiskalrates Felderer gesprochen. Er hat uns gesagt, er schätzt die Fol­gekosten durch die illegale Zuwanderung in den Jahren 2015 bis 2017 auf 5,7 Milliar­den €. – Da wurde nicht eine Minute darüber nachgedacht, ob und wie wir uns das leis­ten können, woher dieses Geld kommen soll. Das leistet man sich selbstverständlich! – Das ist das Erste.


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Zum Zweiten: Der Rechnungshofbericht zur Wiener Mindestsicherung hat gezeigt, dass es bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zu einer unglaublichen Explosion der Kosten gekommen ist – es wurde heute schon angesprochen –: Waren es vor Kurzem noch 600 Millionen €, ist man nun bereits bei 1,6 Milliarden € angekommen – also Mehr­kosten von einer Milliarde €, die rein durch Schluderei im System zu verantworten sind, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da hat niemand nachgefragt, Frau Wehsely hat sich bereits zu Siemens vertschüsst, alle anderen haben nichts gewusst – das Geld musste trotzdem ausbezahlt werden: 1 Milliarde € mehr für den Steuerzahler!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Entsendungsrichtlinie ist vor drei Tagen Thema in den Medien gewesen. Sie verursacht aufgrund ganz, ganz schlechter rechtli­cher Normen Kosten in Höhe von 1,5 Milliarden € für den österreichischen Steuerzahler.

Und so geht es dahin. Wenn man nur diese Beispiele zusammenrechnet, dann kommt man auf 8,8 Milliarden €, die der österreichische Staat, die Republik Österreich, das heißt, der österreichische Steuerzahler, zahlen und aufwenden muss. 200 € mehr für die Pensionisten sind aber kein Thema, das will sich die Bundesregierung nicht leisten. Das ist die wahre Schande, die diese Bundesregierung zu verantworten hat! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich fordere Sie auf, Herr Bundesminister: Machen Sie einfach Ihre Hausaufgaben im Rahmen Ihrer Tätigkeit in der Bundesregierung! Es gäbe viele Einsparungsmöglichkei­ten. Ich habe Ihnen gestern schon gesagt, dass das IHS eine Studie veröffentlicht hat, die eine alte freiheitliche Forderung zum Inhalt hat, nämlich die Gebietskrankenkassen von neun auf vier zu reduzieren. Hier ortet das Institut die größten Einsparungspoten­ziale überhaupt. – Das tun Sie nicht, das wollen Sie nicht. Warum nicht? – Weil allein in der Steiermark 160 Dienstkraftwagen von diesen Leuten benutzt werden und das Sys­tem insgesamt nur vom Aufwand her 160 Millionen € kostet. Das sind Ihre zwischen Schwarz und Rot aufgeteilten Proporzposten, und deshalb wollen Sie da nichts tun.

Die Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger wäre also ein Gebot der Stun­de. Die Harmonisierung der Pensionssysteme – auch heute schon angesprochen – wäre ein Gebot seit zehn Jahren. Da sind Sie auch säumig und untätig, da werden Millionen vergeudet, die in anderen Bereichen durchaus zu brauchen wären.

Das Pensionsantrittsalter wurde heute vom Herrn Kollegen Vogl großartig gelobt. Auch der Herr Innenminister hat sich hierhergestellt und gesagt: Wir haben es geschafft, die Menschen arbeiten heute in Österreich ein Jahr länger! Dann kommt Frau Kollegin Au­bauer heraus und sagt: Ja, aber wir leben heute um dreieinhalb bis fünf Jahre länger! – Das heißt, Herr Minister, wir hinken der demografischen Entwicklung um zweieinhalb Jah­re hinterher. Wenn Sie sagen, die Menschen arbeiten heute um ein Jahr länger, und die demografische Entwicklung ist uns dreieinhalb Jahre voraus, dann sind Sie um zwei­einhalb Jahre hinten! Das gilt es endlich aufzuholen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die­se Kluft wird nämlich mit jedem Jahr größer, und diesem Umstand tragen Sie einfach nicht Rechnung. Deshalb sollten Sie unseren Antrag auf 1,3 Prozent mehr an Inflations­abgeltung und 1 200 € Mindestpension für die Pensionistinnen und Pensionisten unter­stützen. (Beifall bei der FPÖ.)

12.38


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindelberger. – Bitte.

 


12.38.14

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Also, Herr Kollege Neubauer, wenn Sie jetzt der Bundesregierung vorwerfen, dass es eine Schande ist, welche Sozialpolitik be­trieben wird, dann muss ich Ihnen sagen: Es ist eine Schande, was Sie von sich geben. (Abg. Neubauer: Die Wahrheit tut weh, gell?) Ihre Partei ist es doch gewesen – Sie wissen genau, was jetzt kommt, denn das habe ich im Ausschuss auch gesagt –, die in


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den Jahren Ihrer Mitregierung massivste Einschnitte im ASVG-Pensionssystem vorge­nommen hat, worunter die Pensionistinnen und Pensionisten heute noch leiden, und zwar massiv leiden. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sich jetzt hierherzustellen und zu sa­gen, ich will eine Mindestpension von 1 200 € haben, wobei Sie ganz genau wissen, dass diese 8 Milliarden € zurzeit überhaupt nicht finanzierbar sind, ist für mich mehr als fies. (Beifall bei der SPÖ.) Sie von der FPÖ haben allzu schnell vergessen, welche Schand­-taten Sie unter Ihrer Regierungsbeteiligung begangen haben. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich möchte aber in meiner Rede auf einige Oppositionsanträge eingehen, die sich alle­samt mit der Frage von Sonderpensionsregelungen beschäftigen. (Abg. Neubauer: Lö­sen Sie einmal die Gegenwart und die Zukunft, nicht die Vergangenheit!) – Dann reden wir, wenn Sie wollen, Herr Neubauer, über die Gegenwart. Wenn Sie sagen, dass es vie­le Menschen gibt, denen es nicht gut geht, dann frage ich Sie: Warum gehen Ihre Mit­glieder der Landesregierungen her und kürzen die Mindestsicherung? Genau auf die so­zial Schwächsten, die auf dieses Geld angewiesen sind, hacken Sie noch hin! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Willi.) Und dann stellen Sie sich hierher, weil es eine Fern­sehübertragung gibt, und predigen etwas ganz anderes. Wasser predigen und Wein trin­ken, das brauchen wir hier herinnen nicht!

Ich komme zurück auf die Anträge, in denen es im Großen und Ganzen darum geht, dass es auch in einigen staatsnahen Betrieben Superpensionen gibt, die auch aus mei­ner Sicht – das sage ich auch ganz persönlich – durch nichts gerechtfertigt sind. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: ..., das ist wahrscheinlich Ihre Modellregion für die Mindest­sicherung: 1,6 Milliarden! – Abg. Neubauer: Ihr wollt lieber ein Minus von 1,6 Milliar­den!) Ich möchte in diesem Zusammenhang aber darauf hinweisen, dass gerade diese Bundesregierung es war, die im Jahre 2014 mit dem Sonderpensionenbegrenzungsge­setz trotz massivster Kritik eine Reduktion der sogenannten – und von Ihnen auch kri­tisierten – Luxuspensionen vorgenommen hat. Ich kann mich noch gut an die damalige Diskussion erinnern, als uns auch bei einem Hearing von international anerkannten Ex­perten eine unsachliche und verfassungswidrige Vorgangsweise unterstellt wurde, weil es geheißen hat, da könne man einfach nicht eingreifen, man greife damit in Eigentums­rechte ein, das sei nicht gerechtfertigt.

Trotzdem haben die Regierungsparteien eine Reduzierung dieser Luxuspensionen vor­genommen (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Einzementierung!), und diese wurde auch mit Zweidrittelmehrheit hier bestätigt. (Abg. Peter Wurm: Ihr habt sie einzementiert! Da sind die Grünen dabei gewesen! Die haben die Luxuspensionen gerettet, für Zehntau­sende!) Sogar der Rechnungshof hat uns bestätigt, dass dessen Empfehlungen im Son­derpensionenbegrenzungsgesetz weitgehend berücksichtigt wurden. (Abg. Peter Wurm: ... 10 000 € im Monat!) – Schreien können Sie daheim, oder sperren Sie sich irgendwo ein, aber nicht hier herinnen!

Was war damals die Folge? – Eine Gruppe von BezieherInnen dieser ihnen vertraglich zugesicherten Pensionen hat dann Klagen eingebracht, die letztendlich beim Verfas­sungsgerichtshof gelandet sind, weil sie gesagt haben, in bestehende Verträge könne man nicht eingreifen. Schon damals war allen Beteiligten, die hier herinnen zugestimmt haben, klar, dass die Einschnitte in dieses bestehende Zusatzpensionsrecht auch mit Maß und Ziel erfolgen müssen.

Selbst Kollege Loacker hat damals, vor zwei Jahren, festgestellt, dass man mit diesem Gesetz, dem Sonderpensionenbegrenzungsgesetz, wirklich viel erreicht hat. Du hast da­mals gesagt, Kollege Loacker – um jetzt deine Worte, die du damals verwendet hast, hier wiederzugeben –, es sei klar, dass man nicht „mit dem Fallbeil hineinfahren“ könne, weil zugesagte Pensionen eben auch entsprechend ausgezahlt werden müssen.


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Aber würde man jetzt, so wie im Antrag gefordert, hergehen und sagen, jetzt senken wir das auf das Niveau von ASVG-Pensionen, so weißt du ganz genau, dass das recht­lich nicht umsetzbar ist. Wir sind damals – das wissen wir auch – mit diesem Eingriff in die bestehenden Rechte einen sehr schmalen Grat gegangen, und Gott sei Dank hat uns dann der Verfassungsgerichtshof auch recht gegeben. Aber jetzt herzugehen und beim selben Personenkreis, wie gesagt, noch einmal eine Kürzung auf ASVG-Niveau zu ver­langen, ist populistisch, weil alle ganz genau wissen, dass das rechtlich nie und nimmer haltbar ist.

Dass auch der Verfassungsgerichtshof unserer Reduzierung damals zugestimmt hat, heißt also nicht, dass man jetzt jedes Jahr, jedes zweite Jahr hergehen und beim sel­ben Personenkreis wieder die Zusatzpensionen senken kann. Und nur damit sie das auch noch wissen, möchte ich es in Erinnerung rufen: Das hat bei Pensionistinnen und Pen­sionisten der Oesterreichischen Nationalbank Auswirkungen von bis zu 4 000 € monat­lich! (Abg. Peter Wurm: Ja, von 20 000 auf 16 000 € im Monat! Sagen Sie das dazu!) – Aber weiter kann man es nicht senken! Rechtlich kann man es nicht weiter senken!

Meiner Meinung nach ist es aber ein perfides Spiel, das hier herinnen von vielen be­trieben wird: Auf der einen Seite die Bevölkerungsschichten unterschiedlicher Beschäf­tigungsnormen gegeneinander aufzuhussen und zu sagen: Schweinerei, was der eine ver­traglich zugesichert bekommt!, und auf der anderen Seite auch zu sagen, wir können uns das bestehende ASVG-System nicht mehr leisten. Und dann kommen die Nächsten da­her und sagen: Nein, erhöhen wir die ASVG-Pensionen!

Dazu müssen wir zunächst einmal sagen: Dieser Blödsinn, der heute auch von Kolle­gin Gamon hier vom Rednerpult aus gesagt wurde, dass die ASVG-Pensionen nicht mehr leistbar seien, stimmt so nicht! Das stimmt so überhaupt nicht, denn das Gleiche konnte man 1958 – mir ist ein Zeitungsartikel von damals zugespielt worden – schon Zei­tungen entnehmen. 1958, drei Jahre nach Inkrafttreten des ASVG, hat man schon ge­sagt, die Pensionen werden wir uns so nicht leisten können! (Abg. Scherak: Na wenn ich immer mehr Geld ausgebe, dann geht es sich irgendwann nicht mehr aus!)

Ich möchte nur dazusagen: Für ASVG-Pensionen werden Arbeitgeber- und Arbeitneh­merbeiträge entrichtet. Wir zahlen uns unsere Pensionen zu 85 Prozent selbst. Hören wir daher endlich einmal auf, hier eine Verunsicherung dahin gehend zu betreiben, dass wir sagen, die Pensionen für unsere Jugend seien nicht mehr gesichert! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Peter Wurm – eine Broschüre über den „Plan A“ des Bundeskanzlers in die Höhe haltend –: Gute Laune!)

12.44


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


12.44.56

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Ja, Herr Wurm und Luxuspensionen, genau! Sie haben es damals zugelassen; ich werde es noch ansprechen.

Ich möchte aber, bevor Sie sich aufregen – ruhig bleiben! –, zuerst noch auf einen an­deren Punkt eingehen, der in diesen Tagesordnungspunkten – wir behandeln ja meh­rere unter einem – enthalten ist, und zwar auf die Prävention von Invalidität.

Das ist ein nicht unwesentlicher Punkt, der uns auch im Ausschuss beschäftigt hat. Es geht um schwerstkranke Menschen und ihre Möglichkeiten und ihre Zugänge zu Rehab-Maßnahmen. Wir werden dem zustimmen, das haben wir auch im Ausschuss schon an­gekündigt, wir werden unterstützen, dass es da zumindest ein, zwei Erleichterungen und Schritte in die richtige Richtung gibt, aber ich möchte auch hier noch einmal betonen, dass gerade Menschen, die keinen Berufsschutz haben, Menschen, die unter 1 000 € verdie-


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nen, derzeit keinen Zugang zu für sie wesentlichen Rehab-Maßnahmen haben und da­mit auch zu Maßnahmen, um wieder in den Arbeitsmarkt reintegriert zu werden.

Das ist eine Personengruppe, die oft viele Probleme, vielschichtige Probleme hat, das sind Personen, die oft psychisch beeinträchtigt sind. Sie bekommen keine Unterstüt­zung, und zwar nicht nur vom Gesetzgeber, sondern wir sind mittlerweile mit sehr vielen Menschen konfrontiert, die zu uns kommen und erzählen, dass sie bei der PVA, wenn es um die Einstufung, um das sogenannte Case Management geht, wirklich nicht gut be­handelt werden, dass sie nicht entsprechend dem, was sie an Problemen mit sich tra­gen und was sie vom System bräuchten, diese Leistungen auch bekommen oder bera­ten werden. Nein, sie werden gepiesackt, teilweise wirklich aggressiv behandelt!

Ich möchte daher hier festhalten, dass es nicht so sein kann, dass die Menschen für das System da sind, sondern das System muss für die Menschen da sein! (Beifall bei den Grünen.)

Ich wünsche mir da weiter gehende Maßnahmen und Unterstützung, Herr Minister, ge­rade was diese Gruppe von Personen, die es besonders schwer haben, anlangt.

Jetzt, Herr Kollege Wurm, zu den Sonderpensionen: Es gibt zwei Anträge unter diesen Tagesordnungspunkten, einen von den NEOS, einen von uns. (Abg. Belakowitsch-Je­newein: Die NEOS sind wenigstens glaubwürdig!) Im Unterschied zu den NEOS – auch im Unterschied zur FPÖ – haben wir damals eine Entscheidung mitgetragen. Die NEOS und die FPÖ haben zugelassen, dass wir bei einem Punkt stehen geblieben sind, der auch uns nicht recht war, aber wir sind zumindest diesen Schritt gegangen, haben ge­sagt, wir gehen so weit, ... (Abg. Loacker: Wer hat es zugelassen?) – Die NEOS und die FPÖ! Ihr seid bei einem Punkt stehen geblieben, und wir haben gesagt, wir wollen weiterverhandeln, wir wollen Schritte gehen, wir wollen (Abg. Peter Wurm: Sagen Sie die Wahrheit!) unverschämt hohe Luxuspensionen, die es in diesen Bereichen, in der Na­tionalbank und in vielen anderen Bereichen, gegeben hat, angehen, wir wollen schau­en, wie weit – und das hat Herr Kollege Spindelberger schon beschrieben – das über­haupt verfassungskonform ist.

Und jetzt gibt es diesen Antrag. Warum? – Weil wir sehen, dass der Verfassungsge­richtshof diesen Klagen nicht recht gegeben hat, und wir sehen jetzt, dass weitere Schritte in Richtung Vereinheitlichung des Pensionssystems möglich sind.

Sie waren nicht dabei. Sie sind abgesprungen und Sie haben letztlich zugestimmt, dass es noch immer Luxuspensionen gibt, unverschämt hohe – dank Ihnen, werte KollegIn­nen von der FPÖ! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wer hat denn überhaupt zugestimmt? Ihr habt es einzementiert, mein Gott!) Luxuspensionen haben Sie zugelassen, indem Sie unseriös verhandelt haben und aufgestanden sind! – Wir sind einen ersten Schritt mitgegangen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Und habt es damit ein­zementiert!)

Etwas kann ich jetzt nicht verstehen, werte Kollegen und Kolleginnen von der SPÖ, aber auch von der ÖVP: Warum gehen wir nicht jetzt, da wir die Urteile des Verfassungsge­richtshofes haben, weitere Schritte (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Warum sollten sie?) in eine Richtung, wo wir sagen, jeder Beitragseuro muss gleich behandelt werden wie ein Beitragseuro im ASVG?

Es gibt diese Möglichkeiten. Deswegen: Verstecken Sie sich jetzt nicht hinter diesem ersten Beschluss, sondern gehen wir weitere Schritte in Richtung eines harmonisierten Pensionssystems, in dem alle Menschen in der Pension gleich behandelt werden, in dem sie die gleichen Beiträge einzahlen und die gleichen Leistungen bekommen! Ich finde es nicht gut, dass wir jetzt da stehen bleiben, sondern es gibt die Möglichkeiten, ... (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Jetzt seid ihr überall dabei!) – Ja, schlagen Sie es vor! Wir wa-


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ren dabei, wir haben den ersten Schritt mitgetragen, und deswegen haben wir auch das gute Recht dazu, weitere Schritte zu fordern. Sie waren damals nicht dabei. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Peter Wurm: Wir waren nicht dabei, nein! – Abg. Bela­kowitsch-Jenewein: Wir waren nicht dabei! Das ist euer Sündenfall!)

12.49


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


12.49.53

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu einem Punkt sprechen, um den es in diesem Gesetz auch geht, nämlich zur Zeitarbeit. Zeitarbeit ist ein wichtiges Angebot, um in Zeiten erhöhter Nachfrage Auftragsspitzen abzudecken. Tatsache ist, dass für die Unternehmer dieses Instrument immer wichtiger wird, um in Zeiten erhöhter Nachfrage eben diese Auftragsspitzen abdecken zu können.

Arbeitskräfteüberlasser sind vermittlungsstarke Dienstleister. Sie haben insbesondere in Krisenzeiten eine wichtige Funktion in der österreichischen Wirtschaft, denn in un­serem Land ist es das erklärte Ziel, Arbeitslose so rasch wie möglich in Beschäftigung zu bringen – und über Vermittlung von Personaldienstleistern kommen die Menschen wie­der in Beschäftigung, geschätzte Kolleginnen und Kollegen.

Derzeit bringen Arbeitskräfteüberlasser etwa 50 Prozent der vom AMS Vermittelten in Beschäftigungsverhältnisse. Nur 14 Prozent der vom AMS Vermittelten fallen dann wie­der in die Arbeitslosigkeit zurück. Die aktuellen Zahlen zeigen, dass diese Arbeitskräf­teüberlasser auf ein vermittlungsstarkes Gesamtjahr 2016 zurückschauen können und dass es zu Jahresbeginn 2017 ebenfalls eine starke Nachfrage gegeben hat. Sie ha­ben am Jahresanfang immerhin um 9,8 Prozent mehr Menschen in Arbeit gebracht. In absoluten Zahlen bedeutet das, dass im Jänner 2017 gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres um 6 746 mehr Zeitarbeiter beschäftigt waren. Damit sind in Österreich ungefähr 76 000 Zeitarbeitnehmerinnen und Zeitarbeitnehmer beschäftigt, das sind et­wa 2,25 Prozent der Beschäftigungen. Das sind also positive Entwicklungen, die zum Thema Zeitarbeit auch viel öfter erwähnt werden sollten.

Auch Übernahmen sind häufig. Mit 52 Prozent werden mehr als die Hälfte jener, die aus der Zeitarbeit ausscheiden, in Dienstverhältnisse übernommen. Die Zahl der einver­nehmlichen Auflösungen ist auch rückläufig.

Darüber hinaus gibt es eben in Österreich diesen Sozial- und Weiterbildungsfonds für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Arbeitskräfteüberlassern. Da haben wir jetzt eine wesentliche Maßnahme gesetzt, indem wir die Kosten für die Arbeitgeber, für die Ar­beitskräfteüberlasser gesenkt haben.

Weiterbildung ist ja prinzipiell zu befürworten, um Zeitarbeitnehmer in Beschäftigung zu halten. Viele Beschäftigungsbetriebe inkludieren Zeitarbeiter nämlich nicht in ihre Aus­bildungsprogramme, deshalb ist eine Weiterbildung beim Arbeitskräfteüberlasser auch sehr wichtig. Die im Gesetz verankerten Beiträge für diesen Weiterbildungsfonds sind viel zu hoch, und die finanziellen Mittel für die Weiterbildung können dann nicht im ge­planten Ausmaß verwendet werden, denn nicht bei jedem Mitarbeiter sind diese Quali­fizierungsmaßnahmen möglich beziehungsweise besteht Ausbildungsbedarf.

Die Höhe der Fondsbeiträge ist für manche Betriebe existenzgefährdend. Die größten Personaldienstleister werden allein im Jahr 2017 in etwa eine Million € pro Betrieb an den Fonds abführen, und das steht in einem krassen Missverhältnis zu dem, was sie dann aus dem Fonds herausnehmen können, denn aufgrund der De-minimis-Regelung sind innerhalb von drei Jahren maximal 200 000 € für Weiterbildung in Anspruch zu neh­men. Daher werden im Sozial- und Weiterbildungsfonds Summen angespart, die nie aus-


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gegeben werden können, zumindest nicht für den gesetzlichen Zweck. Das Gesetz sieht aber vor, dass der SWF bei Nichterreichen des Zweckes aufgelöst werden soll.

Jetzt haben wir uns dafür eingesetzt, dass wir eben eine Senkung der Lohnnebenkos­ten erreichen. Die Arbeitgeberbeiträge zum Sozial- und Weiterbildungsfonds für Mitar­beiter von Arbeitskräfteüberlassern sollen über einen bestimmten Zeitraum, nämlich über insgesamt vier Jahre, gesenkt werden. Derzeit zahlen die Unternehmen 0,8 Prozent. Ab dem zweiten Quartal 2017 sollen es für zwei Jahre, bis 2019, lediglich 0,35 Prozent sein und dann für weitere zwei Jahre 0,5 Prozent. Ich denke, dass wir damit eine we­sentliche Maßnahme im Bereich der Lohnnebenkostensenkung gesetzt haben. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.54


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


12.54.30

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Kollege Haubner hat ein wichtiges Thema angesprochen, nämlich die Lohn­nebenkosten für die Personalbereitsteller. Allerdings wäre ohne Opposition da gar nichts geschehen, denn erst durch meine Anfrage wurde offensichtlich, wie viele Millio­nen in diesem Fonds gebunkert sind. Der Herr Minister hat im Ausschuss damals, als das besprochen wurde, gesagt: Ja, das ist alles in Ordnung und das entwickelt sich al­les ganz gut! – Was nämlich vonseiten des Ministeriums gerne verschwiegen worden wäre, ist, dass dieser Fonds 45 Prozent seiner Ausgaben für Verwaltungskosten ver­braucht.

Jetzt ist es ganz nett, dass die Beiträge für vier Jahre gesenkt werden – und nachher sind sie wieder so hoch wie vorher! Die Problematik, dass die Betriebe – aufgrund der De-minimis-Regelung, wie Kollege Haubner richtig ausgeführt hat – nicht das lukrieren können, was sie eingezahlt haben, bleibt bestehen. Strukturell ändert sich an diesem Fonds gar nichts, außer dass jetzt die Einzahlungen kleiner werden. Bei den Ausgaben werden weiterhin die Verwaltungskosten 45 Prozent des Volumens ausmachen. Das ist es, was Sie fabrizieren, Herr Minister! (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Sozialistische So­zialpolitik!)

Was nun folgende Frage betrifft, so bin ich ja begeistert: Kollege Spindelberger darf den Ausdruck „Blödsinn“ verwenden, ich darf „Schwachsinn“ nicht verwenden. Den Unter­schied muss man mir dann einmal erklären!

Zum Thema Sonderpensionen: Ja, man kann nicht mit dem Fallbeil auf bestehende Pen­sionen zugehen, aber was man sehr wohl tun kann, ist, dass man dort, wo jetzt Leute eine Anwartschaft auf eine riesige Pension haben, eingreift und sagt: Je weiter du von deinem Pensionsantritt weg bist, umso schärfer sind die Einschnitte!

Da gibt es natürlich einige sozialdemokratische Reiche, zum Beispiel die Pensionsver­sicherungsanstalt. Die Pensionsversicherungsanstalt gibt im Jahr 85 Millionen € für Zu­satzpensionen an eigene Mitarbeiter aus. Das sind natürlich brave Sozialdemokraten, die dort gearbeitet haben, aber die unterliegen nicht dem Sonderpensionenbegrenzungs­gesetz, außer sie kommen auf eine Gesamtversorgung von über 7 000 €. Erst dort fängt es dann mit den Einschnitten an, und dann zahlt der Betreffende eben 30 € Beitrag auf­grund des Sonderpensionenbegrenzungsgesetzes. Es ist lächerlich, was Sie da fabri­ziert haben!

Stellen Sie es nicht so hin, als ob Sie damit die Empfehlungen des Rechnungshofes umsetzen würden! Das Gegenteil ist der Fall! Präsident Moser hat wiederholt gesagt, dass bei den Sonderpensionen in den Sozialversicherungsträgern noch 1 Milliarde € zu holen wäre, wenn man nur endlich einmal ins Tun käme. Das geht aber natürlich nicht,


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denn der Obmann einer Gebietskrankenkasse kommt immer aus der Arbeiterkammer, und dann müsste der Arbeitnehmervertreter mit den Arbeitnehmervertretern der Perso­nalvertretung eine Kürzung der Sonderpensionen ausmachen, und das schaffen Sie poli­tisch nicht, da sind Sie zu schwach.

In der Arbeiterkammer gibt es auch fette Sonderpensionen. Der durchschnittliche Arbei­terkämmerer, der eine Zusatzpension bekommt, bekommt mehr Zusatzpension, als der ASVG-Versicherte in Österreich überhaupt Pension bekommt.

Das ist der rote Selbstbedienungsladen, vor den Sie sich schützend stellen, und des­wegen kann man nicht weiter eingreifen – Ihrer Meinung nach! – Man kann sehr wohl! (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abg. Dietrich.)

Kollegin Schwentner, jetzt greifen Sie die Freiheitlichen an. In Wirklichkeit haben die Grü­nen mit ihrer Zustimmung zu dieser Verfassungsbestimmung es überhaupt erst möglich gemacht (Abg. Peter Wurm: Genau!), dass die Einschnitte so klein waren, und sie ha­ben es überhaupt erst möglich gemacht, dass auch für zukünftige Verträge Sonderpen­sionen zulässig sind. Das steht jetzt in der Verfassung, dank der Stimmen der Grünen! (Beifall bei NEOS und FPÖ.)

Da gäbe es noch viel zu tun auf der roten Seite – auf der schwarzen natürlich auch. Die Wirtschaftskammer ist kein Haar besser, und das gilt für die SVA und die ganzen schwarzen Sozialversicherungsträger auch. Fragen Sie einmal die Bauern, ob die wis­sen, wie viel in der Bauernversicherung an Sonderpensionen gezahlt wird! Der durch­schnittliche Landwirt marschiert mit seiner 800-€-Pension herum, und die dicken Kapa­zunder in der SVB tragen die fetten Pensionen heim. Das ist auch nicht gerecht, aber das müssen Sie Ihren Wählern aus dem landwirtschaftlichen Bereich erklären.

Da gäbe es also noch viel zu tun bei Rot und bei Schwarz, und ich hoffe, das nächste Mal geben die Grünen Ihnen keine Rückendeckung. (Beifall bei den NEOS und bei Ab­geordneten der FPÖ.)

12.58


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Loacker! Falls Sie in den Duden schau­en und den Unterschied zwischen Unsinn und Schwachsinn suchen (Abg. Strolz: „Blöd­sinn“!) – ich habe kurz nachgeschaut –: Unsinn wird dort beschrieben als sinnloses, tö­richtes Reden oder Handeln. Beim Schwachsinn ist es unter Umständen auch eine Gleich­setzung mit Unsinn, aber doch auch die Gleichsetzung mit einer geistigen Behinde­rung. Also das geht dann schon ins Persönliche.

Reicht Ihnen das als Erklärung? (Heiterkeit. – Abg. Loacker: Ja!) – Gut. Danke. (Abg. Neubauer: Er hat aber „Blödsinn“ gesagt!)

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


12.59.10

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Tages­ordnungspunkt 2, die Regierungsvorlage zum Sozialversicherungs-Änderungsgesetz, ent­hält wieder viele Weiterentwicklungen und Adaptierungen. Eine konkrete Maßnahme im Bereich der Rehabilitation möchte ich hier exemplarisch etwas länger ausführen, und zwar: Derzeit nimmt der Rechtsanspruch auf berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nur auf die Voraussetzungen für die Invaliditäts-, die Berufsunfähigkeits- beziehungswei­se Knappschaftsvollpension, nicht aber auf jene für das Rehabilitationsgeld Bezug. Eine klare gesetzliche Grundlage für die von den Trägern der Pensionsversicherung durchge­führte medizinisch-berufsorientierte Rehabilitation fehlt bis heute. (Präsident Hofer über­nimmt den Vorsitz.)

Nun kommt es zu einer Ausweitung des Anspruchs auf berufliche Rehabilitation, gleich­zeitig kommt es zur Schaffung einer klaren gesetzlichen Grundlage für die Durchführung


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der medizinisch-berufsorientierten Rehabilitation, kurz MBOR genannt. Ziel der medizi­nisch-berufsorientierten Rehabilitation ist die Vermeidung von Invalidität und eine ra­schere Wiedereingliederung in das Erwerbsleben sowie infolgedessen natürlich ein spä­terer Pensionsantritt.

Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe von verschiedenen weiteren wichtigen Maßnah­men, die dieses umfassende Gesetzespaket enthält, meine Damen und Herren. Um die Spannweite der Vorhaben sichtbar zu machen, möchte ich noch kurz einige Punkte die­ses Gesetzes darlegen: Es kommt zu einer Erweiterung der Richtlinienkompetenz des Hauptverbandes um die Aufgabenkoordinierung im Bereich Frühintervention zur Verhinde­rung des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben.

Weiters kommt es zum Erlöschen des Anspruchs auf Rehabilitationsgeld bei Anfall ei­ner Alterspension. Die Aufnahme der neuen Pflichtleistung berufliche Rehabilitation bei Invalidität oder Berufsunfähigkeit kommt in den Leistungskatalog der Pensionsversiche­rung sowie in den Katalog der Leistungssachen im Verfahrensrecht. Wie bereits ange­sprochen, kommt es auch zur Klarstellung bezüglich des Anspruchs auf berufliche Re­habilitation bei Invalidität oder drohender Invalidität beziehungsweise Berufsunfähigkeit.

Die Pensionsversicherungsträger werden auch dazu verpflichtet, die Zweckmäßigkeit und Zumutbarkeit von beruflichen Maßnahmen zur Rehabilitation hinsichtlich eines Be­rufsfelds zu prüfen, und die Pensionsversicherungsträger werden auch zum Kostener­satz gegenüber dem Arbeitsmarktservice für die von diesem zu erbringenden Rehabi­litationsmaßnahmen verpflichtet.

Sie sehen also, meine Damen und Herren: Die Bundesregierung, und auch da wieder insbesondere Herr Bundesminister Stöger, hat wieder viele gute Neuerungen auf den Weg gebracht, die ja heute unser aller Zustimmung erhalten werden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Aubauer.)

13.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


13.02.08

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Alois Stöger, diplômé, betraut mit der Fortführung der Verwaltung des Bundesministeriums für Gesund­heit und Frauen: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Her­ren! Was wir mit dieser Gesetzesmaterie jetzt machen, ist, das Prinzip zu stärken, ge­sund in Pension gehen zu können, also Rehabilitation vor Pension. Wir setzen die recht­lichen Rahmenbedingungen dafür, dass die Sozialversicherungsträger dieses Prinzip auch tatsächlich umsetzen können. Wir wollen, dass Menschen, die arbeiten gehen, auch ge­sund in Pension gehen können.

Ich bedanke mich bei Abgeordnetem Keck, der das gut beschrieben hat. Ich bedanke mich auch bei Abgeordnetem Haubner, er hat beschrieben, wie wir mit der Arbeitskräf­teüberlassung umgehen. Mir ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir mit dem So­zial- und Weiterbildungsfonds in der Arbeitskräfteüberlassung sozialpolitisch große Schritte gegangen sind. Wir haben in Österreich als einzigem Land in Europa eine ge­setzliche Regelung betreffend überlassene Arbeitskräfte, wir haben auch Kollektivver­träge für diese überlassenen Arbeitskräfte, und wir sind das einzige Land, in dem es ei­ne Form der Ausbildung für überlassene Arbeitskräfte durch den Sozial- und Weiterbil­dungsfonds gibt.

Da zeigt sich deutlich: Österreich und Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren hier im Hohen Haus, zeigen Verantwortung angesichts dessen, dass Menschen in prekäre­ren Arbeitsverhältnissen, als wir dies vor 20 Jahren gewohnt waren, tätig sind, und rea­gieren auf diese Rahmenbedingungen. Mit der Sozialpartnereinigung, die wir heute um-


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setzen, haben wir dieses System gestärkt und den Sozialpartnern auch die entsprechen­den Rahmenbedingungen gegeben. – Herzlichen Dank dafür. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hafenecker – in Richtung SPÖ –: Verhaltener Applaus! Der Koalitionspartner hat über­haupt nicht applaudiert! – Bundesminister Stöger: Es ist ja Mittag!)

13.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ing. Dietrich. – Bit­te, Frau Abgeordnete.

 


13.04.27

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Pensionen sind ein Dau­erthema. Das ist auch berechtigt, denn mittlerweile stecken wir jeden vierten Euro des Budgets ins Pensionssystem, jeden siebenten Euro wenden wir für Beamtenpensionen auf. Wenn wir uns die demografische Entwicklung anschauen, dann sehen wir, das ist ein Thema, das wir ernsthaft diskutieren müssen. Wir haben in den letzten Jahren sehr, sehr oft über sogenannte Luxuspensionen gesprochen. Immer wieder haben wir von den Regierungsparteien gehört: Na, die wollen wir abschaffen, die haben keine Berechti­gung! – Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Die Worte hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glau­be. (Beifall bei Team Stronach, FPÖ und NEOS.)

In Wirklichkeit ist es so, dass Sie mit dem Sonderpensionenbegrenzungsgesetz alle in die Irre geführt haben. Sie haben gesagt, Sie seien ja ohnehin bereit, diese Luxuspen­sionen einzuschränken. Das war nur Kosmetik. Tatsächlich haben Sie alles einbeto­niert, mit der Absicht, daran sowieso keinen Millimeter mehr zu verändern.

Ich fordere die SPÖ und die ÖVP wirklich auf: Stellen Sie sich hin und sagen Sie: Ja, wir sind dafür, dass weiterhin Luxuspensionen bezahlt werden! – So verhalten Sie sich nämlich. Das ist die Conclusio aus Ihrem Vorgehen. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.) Sie, die Regierungsparteien ÖVP und SPÖ, sind dafür, dass Menschen, ohne dass sie dafür eingezahlt haben, Pensionen in Höhe von 20 000, 30 000 € kassieren.

Sagen Sie das Ihren Mitgliedern! Seien Sie endlich so mutig und sagen Sie: Wir sind für die Beibehaltung der Luxuspensionen!, im Bewusstsein, dass 900 000 Menschen in diesem Land, die es vielleicht schwer hatten, die Kindererziehungszeiten haben, die Fa­milie, Haushalt und einen schweren Beruf unter einen Hut bringen mussten, die viel­leicht als Verkäuferinnen gearbeitet haben, die sich wirklich aufgeopfert haben, weni­ger als 858 € Pension haben. Wenn Sie schon politisch so handeln, dann besitzen Sie den Mut, den Menschen auch zu sagen: Ja, wir, die SPÖ, sind für die Beibehaltung die­ser Luxuspensionen!

Auch wenn wir das nicht im nächsten Schritt machen können, so gehen wir doch den Schritt, den wir ständig fordern: Vergolden wir diese Luxuspensionen nicht auch noch! Dann sagen Sie wirklich: Erhöhung nur bis zur ASVG-Höchstgrenze, und darüber kei­nen Cent mehr! – Auch das wäre eine Maßnahme in Richtung Fairness.

Meine geschätzten Damen und Herren, wir wollen keine Parallelsysteme, in denen ir­gendwelche Privilegien gepflanzt werden, die sich gut entwickeln. Deshalb wollen wir auch, dass die EU-Beamten, unsere Beamten, die unsere Interessen in Brüssel vertre­ten sollten, die Pension nach der ASVG-Grundlage berechnet bekommen (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Doppler und Gerhard Schmid), das heißt, dass sie in Österreich versichert wären und nicht in Brüssel einen Topf haben, der wie­der ex­plodiert, der wieder nicht kontrollierbar ist und mit dem wieder Parallelprivilegien aufge­baut werden.

Ein System für alle, jeden Österreicher gleich behandeln – das ist unser Weg. Schlie­ßen Sie sich diesem Weg an! (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

13.08



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 84

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Singer. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Ruf bei der FPÖ. Was sagt die Kammer?)

 


13.08.33

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätz­te Damen und Herren! Ich möchte mich mit dem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz beschäftigen. Herr Bundesminister Stöger hat klar zum Ausdruck gebracht, worum es geht, nämlich darum, dass Rehabilitation und Reintegration in den Arbeitsmarkt vor die Pension zu stellen sind. Entscheidend ist, wir müssen rechtzeitig ein Angebot von Re­ha-Maßnahmen an die Frau beziehungsweise an den Mann bringen, das heißt, die Früh­intervention soll noch stärker in den Fokus der Bemühungen gerückt werden.

Wir wissen, dass das Angebot von Rehabilitationsmaßnahmen in vielen Fällen leider zu spät kommt. Stellen Menschen erst einmal einen Pensionsantrag, so haben sie sich zu­mindest gedanklich bereits aus dem Erwerbsleben verabschiedet. Dabei ist eindeutig nachgewiesen, dass die Erfolgsaussichten für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit umso grö­ßer sind, je zeitgerechter interveniert wird. In Zukunft kann der Sozialversicherungsträ­ger im Falle von längerer Arbeitsunfähigkeit einer versicherten Person früher als bisher beratend eingreifen, damit diese Person ihre Arbeit möglichst rasch wieder aufnehmen kann.

Ziel der geplanten Maßnahme ist es, Versicherte bei längeren Krankenständen seitens der Krankenversicherungsträger zu einem Gespräch einzuladen, um über bestehende Angebote zur Erhaltung oder Wiedererlangung des Gesundheitszustands zu informie­ren. Die Beratung beginnt nun bereits nach 28 Tagen Krankenstand und nicht so wie bisher nach 42 Tagen. Gerade ältere Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer sind ver­mehrt von längeren Krankenständen betroffen. Aufgrund der oftmals schwierigen Ar­beitsmarktsituation für ältere ArbeitnehmerInnen ist diese Maßnahme aus meiner Sicht ganz besonders zu begrüßen.

Ich darf einen weiteren Punkt des neuen Gesetzes ansprechen. Dieser betrifft Reha-Maßnahmen im Rahmen der medizinisch-berufsorientierten Rehabilitation. Sie sollen auf den individuellen Arbeitsplatz der betroffenen Person zugeschnitten werden beziehungs­weise sollen Arbeitswelt und Maßnahmen besser verknüpft werden können. Die Um­setzung dieser Maßnahmen bringen das Prinzip Reha vor Pension in Bewegung. In ge­nau diese Richtung müssen wir weitergehen, sodass uns die wichtigen Fachkräfte auch in Zukunft erhalten bleiben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Abschließend noch ein Wort zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Wir bekennen uns ganz klar zur Mindestsicherung für jene, die Un­terstützung benötigen. Sie sollen sie auch erhalten. Mit dem nun bekannt gewordenen Bericht des Rechnungshofes betreffend die Mindestsicherung in Wien – mit meiner Mei­nung nach unglaublichen Kontrollmängeln und mit einer nicht finanzierbaren Kostenex­plosion – wird klar, dass der Wiener Zugang zur Mindestsicherung nicht unterstützend, sondern systemgefährdend ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.12.15

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte ganz kurz noch etwas zur Re­gierungsvorlage sagen: Herr Bundesminister, wir werden dieser Regierungsvorlage un­sere Zustimmung geben, wiewohl ich schon auch ein paar Kritikpunkte oder, mehr noch, Fragen an Sie hätte. Die Antworten darauf sind Sie uns eigentlich schuldig geblieben, Sie sind sie uns im Ausschuss schuldig geblieben, und in Wirklichkeit haben Sie unse­re Fragen auch jetzt nicht beantwortet.


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Es geht beispielsweise um das Rehabilitationsgeld. Wir wissen – Sie wissen es auch –, dass durch die Einführung des Rehabilitationsgeldes natürlich zunächst einmal das Pen­sionsantrittsalter gestiegen ist, was auch logisch war. Für mich stellt sich jetzt aber schon die Frage, wie weit das auch wirklich erfolgreich ist. Wie viele dieser Personen kann man erfolgreich in den Arbeitsmarkt zurückbringen?

Diesbezüglich wäre ich jetzt beispielsweise schon daran interessiert, dass Sie uns da­zu auch Zahlen nennen: Wie viele Personen waren denn beispielsweise 2015 oder 2016 in Rehabilitation? Und wie viele von ihnen sind auch wirklich in den Arbeitspro­zess zurückgekommen? – Das wäre schon ein wichtiger Faktor, um zu schauen, wo es möglicherweise Schwachstellen gibt oder wo es gut läuft. Sonst könnte man ein wenig den Eindruck bekommen, dass einfach das Reha-Geld anstelle der I-Pension getreten ist – das hat jetzt einen anderen Namen, man lässt es weiterlaufen, und die Statistik ist geschönt. Also da hätte ich gerne, sage ich jetzt einmal, manches Mal ein wenig mehr Details dazu. Die bleiben Sie uns jedoch gerne schuldig. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch verstehe ich nicht ganz, warum Sie nicht der Evaluierung des Sozial- und Weiter­bildungsfonds zustimmen. Es ist gut, dass man die Beiträge senkt, wenn dort sehr viel Geld drinnen ist. Das halte ich für den richtigen Weg, aber es wäre auch interessant, zu erfahren, warum dort überhaupt so viel Geld drinnen geblieben ist. Warum haben sich diese Personenvermittler das Geld nicht abgeholt beziehungsweise warum wurde da nicht weiter investiert? – Solch eine Evaluierung wäre meines Erachtens sinnvoll.

In diesem Themenblock sind noch die Sonderpensionen enthalten. Die Sonderpensio­nen – Frau Schwentner, ich kann es Ihnen nicht ersparen – sind Ihr Sündenfall gewe­sen, denn Sie haben miteinzementiert, dass es weitere Anwartschaften auf die Sonder­pensionen gibt. Darum finde ich es schon ein wenig eigenartig, wenn Sie jetzt wiede­rum hergehen und fordern, dass es da eine Reform geben muss. Hätten Sie damals nicht zugestimmt, wäre es vielleicht mit den Verhandlungen weitergegangen. (Abg. Schwentner: Sie haben nicht zugestimmt! ...!) So hat sich natürlich der damalige So­zialminister Hundstorfer gefreut, die Hände gerieben und hat gewusst, Sie stimmen oh­nehin zu, egal, was er vorlegt. (Abg. Schwentner: Sie stimmen für Luxuspensionen! Die FPÖ stimmt für Luxuspensionen!)

Damals haben Sie den sprunghaften Anstieg der Sonderpensionen natürlich mitbe­schlossen, denn eines ist schon klar: Die bestehenden Sonderpensionen, die es ja nach wie vor gibt, die jetzt zwar ein bisschen geringer sind, als sie waren – aber man muss da schon die Kirche im Dorf lassen –, werden jetzt jährlich erhöht, aber nicht um die Infla­tionsrate, sondern um die doppelte Höchstbemessungsgrundlage, weil die Regierung und auch Sie gewusst haben, dass die Höchstbemessungsgrundlage weit, weit schneller und weit, weit höher steigt, als es die Inflationsrate tut. (Abg. Schwentner: Wenn Sie alles jetzt so gut wissen, warum ...?) Das heißt, diese Sonderpensionen steigen über Ge­bühr an, und dafür sind Sie verantwortlich! Denn: Sie haben damals zugestimmt.

Sie könnten natürlich auch sagen: Ja, es war ein Fehler, ich habe mich geirrt! Das wä­re ein ehrlicher Weg. Sie wissen es doch längst, dass Sie das Falsche gemacht haben. (Beifall bei der FPÖ), denn sonst würden Sie nicht permanent wiederkommen und jetzt sagen, Sie wollen dieses Thema noch einmal behandeln.

Es war nie die Rede von einem zweiten Schritt, sondern Sie haben genau gewusst, dass Sie das einzementieren. Fehler passieren allen – das kann schon einmal vorkommen –, aber man muss halt auch dazu stehen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schwentner: Sie ha­ben Fehler gemacht!)

13.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Knes. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 86

13.16.01

Abgeordneter Wolfgang Knes (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon einiges gesagt worden, etwa Rehab statt I-Pension. Herr Bundesminister Stöger hat gesagt, jeder Mensch, der arbeitet, habe na­türlich das Recht darauf, gesund in Pension zu gehen.

An diesen Punkt möchte ich anknüpfen, weil wichtige Themen auf uns zukommen. Ich bringe ein Beispiel aus der Praxis, von einem Riesenkonzern in Österreich, wo wir ge­nau auf diese Schiene gekommen sind, nämlich mit dem Programm „Gesund! Jeden Tag!“. Das ist eine präventive Maßnahme, wie man mit Mitarbeiterinnen und Mitarbei­tern schon vor Ort umgehen kann, damit deren Gesundheit erhalten bleibt und damit wir das Problem der Rehab in Zukunft gar nicht mehr diskutieren müssen. Das heißt, dass sich die Arbeitgeber in Zukunft wirklich zur präventiven betrieblichen Gesundheits­förderung verpflichten müssen, nicht nur Lippenbekenntnisse abgeben, sondern sich tat­kräftig dafür einsetzen müssen.

Dieses Gesundheitsprogramm, das wir jetzt bei der Mondi AG haben, beruht auf vier Säulen. Wir haben einen eigenen Gesundheitsbus für präventive medizinische Maßnah­men eingeführt. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in ganz Österreich die Möglichkeit, diesen Bus während der Arbeitszeit zu besuchen und individuelle Tests durchführen zu lassen. Sie bekommen auch gleich adäquate Beispiele dafür, wie sie ge­sund weiterleben können. Das geht sogar in den Familienbereich hinein, auch da kön­nen sie Beispiele mitnehmen.

Wir haben aber auch einen individuellen – und das ist mir ganz wichtig –, anonymen Ge­sundheitspass eingeführt, in dem jeder Mitarbeiter seine eigenen Werte ablesen kann und bei Nachuntersuchungen sogar sehen kann, ob sich sein körperlicher Zustand ver­bessert oder gar verschlechtert hat. Dann bekommt er wieder Tipps für präventive Maß­nahmen mit nach Hause, wie er seinen Gesundheitszustand erhalten kann.

Last, but not least haben wir für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch Präven­tivmaßnahmen eingeführt, was die psychologische Belastung am Arbeitsplatz betrifft, aber auch, was Physisches wie schweres Heben, schweres Tragen et cetera anlangt.

Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Wir alle sind von Robotern umgeben. Die Ansprüche sind natürlich andere geworden. Das heißt aber nicht, dass die Leistungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schwächer geworden sind, sondern die Leistungen sind gestiegen, aber auch die Produktivität. Genau da gilt es an­zusetzen, nämlich mit unserer präventiven Gesundheitsvorsorge.

Ich sage Danke für den Ausspruch „gesund in Pension gehen“, aber vorher kommt noch „Gesund! Jeden Tag!“ – und das in der Arbeit. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bit­te, Herr Abgeordneter.

 


13.18.38

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! TOP 2 bis 8 sind Berichte des Aus­schusses für Arbeit und Soziales. Ich nehme Stellung zu Tagesordnungspunkt 6, zum Antrag der Frau Kollegin Dietrich betreffend Abschaffung des EU-Beamten-Pensions­systems.

Die langfristigen Kosten für Pensionen von EU-Beamten sind erneut stark gestiegen. Laut EU-Kommission lagen sie Ende 2015 bei 63,81 Milliarden €; das sind um 8,9 Pro­zent mehr als im Vorjahr. 2011 lagen diese Kosten noch bei 34,8 Milliarden €, das heißt, sie waren etwa halb so hoch wie jetzt. Insgesamt sind 21 341 Beamte der EU-Kommis-


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sion im Ruhestand. Wenn da Superpensionen von 10 000 € netto – wohlgemerkt: net­to! – gezahlt werden, gehört das dringend hinterfragt und geändert.

Wir haben ja in Österreich auch noch immer diese Luxuspensionen, die dringend abge­schafft gehören. Herr Kollege Neubauer hat es angesprochen: Für die Pensionisten hat man auf der einen Seite nur eine Erhöhung von 0,8 Prozent und einen Hunderter übrig, aber auf der anderen Seite gehören diese Luxuspensionen in der EU anscheinend zur guten Sitte.

Diese Luxus- und Mehrfachpensionssysteme gehören geändert, gehören abgeschafft. Richtig und notwendig wäre es daher auch, das wurde von Frau Kollegin Dietrich be­reits angesprochen, dass diese Personen in nur ein Pensionssystem einzahlen, und das kann nur das Pensionssystem des eigenen Landes sein, zum Beispiel in Österreich in das ASVG-System. Nur auf diese Art und Weise können wir diese Doppelpensionen und Privilegien beseitigen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten des Teams Stro­nach.)

13.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bit­te, Frau Abgeordnete.

 


13.20.29

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich darf Ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Sorgen und Probleme älterer Ar­beitskräfte lenken. Wir erleben das ja immer wieder: Ein 50-Jähriger verliert seinen Job, startet einen oft sehr aufwendigen Bewerbungsmarathon, es hagelt ständig Ablehnun­gen, und schließlich stürzt er in ganz große Verzweiflung – ein ernstes Problem. Wenn Menschen über 50 ihren Job verlieren, dann ist das meist ganz besonders dramatisch.

Halten wir uns Folgendes vor Augen: Im Februar ist die Zahl der Arbeitssuchenden ab 50 gegenüber dem Vorjahr um mehr als 6 Prozent gestiegen. Insgesamt sind derzeit mehr als 60 000 Arbeitssuchende bereits länger als zwölf Monate vorgemerkt, das sind um 11,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Warum bringe ich diese Zahlen so ausführlich? – Weil dahinter ganz dramatische Schick­sale stehen und wir alles tun müssen, um diesen älteren Menschen wirklich gut zu hel­fen. Deshalb gibt es auch die Beschäftigungsaktion 20 000 im neuen Regierungspro­gramm. Wir setzen sehr viel Hoffnung in diese Aktion. Ablaufen soll das so: Für über 50-jährige langzeitarbeitslose Menschen wollen wir 20 000 Arbeitsplätze pro Jahr in Ge­meinden und gemeinnützigen Vereinen schaffen beziehungsweise fördern.

Viel Erfolg versprechen auch die Maßnahmen, die wir heute schon beschließen; jetzt bin ich beim heutigen Gesetzentwurf. All diese Maßnahmen sind unter folgendem Mot­to zu sehen: lieber frühzeitig vorbeugen, damit eben den Älteren das Schicksal erspart bleibt, arbeitslos zu werden.

Wo wollen wir da ansetzen? – Einige Kollegen haben ja schon Beispiele gebracht: Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger soll frühzeitig eingreifen, er soll bei länge­ren Krankenständen die Arbeitskräfte zu einem Gespräch einladen. Man wird gemein­sam herausfinden, wie jemand die Gesundheit wieder erlangen kann, wie er sie erhal­ten kann, wie er im Job gesund bleiben kann. Ziel ist es auf jeden Fall, und das ist uns sehr, sehr wichtig, ein frühzeitiges Ausscheiden aus dem Job zu verhindern.

Es ist nicht nur wichtig, frühzeitig Hilfe anzubieten, sondern es ist auch sehr, sehr wichtig, ganz gezielt Hilfe anzubieten, zum Beispiel sollen in der Reha medizinische Maß­nahmen genau auf den Job zugeschnitten sein, auf den Job, in den man wieder einstei­gen will, oder den Job, den man anstrebt. Eine dieser Maßnahmen kann beispielswei­se ein ganz spezielles Arbeitsplatztraining sein, zum Beispiel ein Kurs, ein Training zur Stressbewältigung oder zur Konfliktlösung am Arbeitsplatz.


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Brauchen wir das? – 39 Prozent aller Österreicher fühlen sich durch Stress im Beruf er­heblich beeinträchtigt. Am meisten gestresst sind die Lehrer, gefolgt von Beschäftigten in Handel und Transportwesen. Diese Befragung des market Instituts im Auftrag der Al­lianz Versicherung ist ganz aktuell und alarmierend, so sehe ich das. Beinahe jeder Vier­te bezeichnet sich schon als burn-out-gefährdet.

Wie immer man das interpretiert: Wichtig ist für uns, Menschen zu helfen, ihre Ar­beitsfähigkeit nicht zu verlieren. Entscheidend ist, nach einer Reha wieder in den Job zurückzufinden, im Job die Gesundheit länger zu erhalten, rechtzeitig umzuschulen, wenn schon vorauszusehen ist, dass man den angestammten Job nicht bis zur Pen­sion ausüben kann.

All diese Ziele wollen wir erreichen, und all diese Ziele sind durch die neuen Maßnah­men gut erreichbar. Wir sind da sehr zuversichtlich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.25.00

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Zum Thema Pensionserhöhungen: Im Rahmen der Diskussion über eine Pensionserhöhung stellt sich einmal mehr die Frage nach einer unterschiedlichen Wertigkeit der heimischen Bevölkerung. Man möchte meinen, es gilt der Gleichheits­grundsatz, aber dem ist leider nicht so.

Ein bis unlängst noch gut funktionierendes Sozialsystem wird derzeit bis an sein Limit ausgereizt, wobei nicht unerhebliche Unterschiede, unterschiedliche Voraussetzungen zu berechtigtem Unmut führen.

Berechtigt ist die Frage, ob Pensionisten Personen mit geringerer Wertigkeit sind – sie sind ja von gewerkschaftlich ausverhandelten Lohnerhöhungen ausgeschlossen.

Der Gesetzgeber hat das Pensionsantrittsalter teilweise nach unten revidiert: Gewisse Berufsgruppen können mit circa 50 Jahren mit stattlichen Pensionen in den Ruhestand treten. Das Pensionsantrittsalter ist somit geringer geworden, gleichzeitig ist die Lebens­erwartung gestiegen. Nicht geändert hat sich jedoch der Bedarf des täglichen Lebens, sehr wohl geändert hat sich der Finanzierungsbedarf – er ist gestiegen –, welcher auch von den Pensionisten zu decken ist. Die Pensionisten stellen einen nicht un­bedeuten­den Wirtschaftsfaktor dar.

Einer dringenden Änderung bedürfen immer noch bestehende Luxuspensionen.

Die einmalige Auszahlung von 100 € ist für einen Großteil der Pensionisten ein Tropfen auf den heißen Stein. Die steigenden Lebenshaltungskosten stellen eine Dauerbelas­tung dar und sollten somit als Grundlage für Pensionsanpassungen herangezogen wer­den.

Für den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes gebührt den heutigen Pensionisten Dank und Anerkennung. Sichern wir den weiteren Lebensweg unserer Pensionisten mit re­ellen Pensionen, welche dem aktuellen Preisgefüge entsprechen! Eine Pensionserhö­hung von 0,8 Prozent entspricht bei Weitem nicht den Preissteigerungen der Güter des täglichen Bedarfs. Eine Mindestpension von 1 200 € inklusive einer Anhebung von 1,3 Pro­zent stellt damit die Mindestforderung dar.

Schützen wir unsere Pensionisten! Eine Zwei- oder Mehrklassengesellschaft scheint nicht akzeptabel zu sein! – Danke.

13.27



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 89

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.27.41

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Man sollte für die Zuseher den Themenblock Pensionen noch einmal kurz erklären. Worum geht es da heute? – Es liegen unter anderem zwei Anträge vor, die Luxuspensionen – sprich Pensionen von monatlich 8 000 €, 12 000 €, 20 000 € – abzuschaffen. Und wie­der einmal machen Rot und Schwarz, SPÖ und ÖVP, Folgendes: Sie lehnen diese An­träge ab. Slim-fit-Kanzler Kern stellt sich dann auf das Podium und spricht von sozialer Gerechtigkeit – Ihr Bundeskanzler von den Roten! –, und von der ÖVP sind es immer abwechselnd Mitterlehner und Kurz, die sich dann hinstellen und sagen: Leistung muss sich lohnen!, wenn jemand 18 000 € Pension im Monat kriegt. Das erzählen dann Sie (in Richtung SPÖ) draußen dem Fabrikarbeiter, der mit 1 200 € dasteht, und Sie (in Rich­tung ÖVP) Ihren Bauern, die mit 800 € dastehen. Es geht um dieselben Parteien, ich sa­ge es noch einmal.

Da wäre es ja noch verständlich, weil diese etwa 40 000 Profiteure der Luxuspensio­nen in Österreich geschätzterweise 40 000 SPÖ- oder ÖVP-Funktionäre sind, um das auch einmal klarzustellen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Da wäre es ja noch verständlich, für mich nachvollziehbar, aber wundern tue ich mich bei den Grünen. Frau Schwentner, Sie brauchen sich jetzt nicht in der letzten Reihe zu ver­stecken (Zwischenrufe bei den Grünen), auch nicht Herr Öllinger, denn Sie haben es zustande gebracht, Frau Schwentner, dass sich diese soziale Ungerechtigkeit im Ver­fassungsrang manifestiert. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schwentner: Warum regen Sie sich so auf?)

Warum spielen Sie da mit? – Wäre ich jetzt Ihr Abgeordneter Pilz, würde ich fragen: Wer hat bei den Grünen profitiert, dass die Luxuspensionen geschützt wurden? Wenn ich Pilz wäre, würde ich das fragen. Wer ist der Profiteur? Gibt es vielleicht Unterlagen, die aufzeigen, wer bei euch profitiert hat, denn anders ist ja nicht nachvollziehbar, dass sich ein Abgeordneter Öllinger hierherstellt (Abg. Öllinger: Der Götz!) und in diesem Zu­sammenhang plötzlich über die Armen spricht?

Eine einfache Rechnung, die man im Kopf anstellen kann – Herr Öllinger, passen Sie auf, das können sogar Sie lösen! (Abg. Öllinger: ... in Tirol gibt es auch ein paar!) –: Laut Professor Marin kosten diese Luxuspensionen den Steuerzahler in Österreich rund 1 Milliarde €. – Laut Professor Marin, der kein FPÖ-Mitglied ist! (Zwischenrufe bei den Grünen.) – Frau Schwentner, kopfrechnen und aufpassen! Das ist ganz einfach, das schaffen alle hier.

1 Milliarde € kosten die Luxuspensionen in Österreich. Um der einen Million Mindest­pensionisten in Österreich, Herr Öllinger, die Sie so gerne ansprechen, 1 000 € im Jahr dazugeben zu können – keinen Hunderter, sondern einen Tausender, Herr Öllinger! –, bräuchten wir nur die Luxuspensionen abzuschaffen. Das würde den Steuerzahler nicht mehr kosten. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Wir nehmen die 1 Milliarde € von den Lu­xuspensionisten, Herr Öllinger, und geben sie einer Million Mindestpensionisten. Ganz einfach! (Beifall bei der FPÖ.) – Das können Sie im Kopf ausrechnen, Herr Öllinger, das ist ganz einfach.

Das würde die Bevölkerung erwarten, aber Sie machen halt weiterhin auf: Soziale Ge­rechtigkeit!, und: Leistung muss sich lohnen! (Abg. Schwentner: Und Sie tragen nichts dazu bei, Sie reden nur!), aber die Realität spielt sich hier ab.

Der letzte Punkt, ein Thema, das mir heute überhaupt abgegangen ist: Der wahre Klau an Pensionisten, sage ich, passiert ja jetzt an jedem, der die Information über sein Pen­sionskonto geschickt bekommen hat – da sind ja einige vom Sessel gefallen. Und eini-


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ge werden sich vermutlich fragen, warum diese Informationen vor zwei Jahren ver­schickt wurden und jetzt nicht mehr verschickt werden. – Weil Sie gemerkt haben, dass die Menschen plötzlich feststellen und fragen: Ja wie soll ich von dem, was ich an Pen­sion bekomme, leben?

Jetzt haben Sie es sich ganz einfach gemacht, Sie informieren die Bevölkerung nicht mehr. Es war geplant, dass das jeder alle zwei Jahre nach Hause geschickt bekommt; dann hätte er sehen können, was ihn in der Pension erwartet. Das wollen Sie aber na­türlich auch nicht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie wollen die Bevölkerung weiterhin be­lügen – und wir werden da nicht zuschauen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: „Belügen“!)

13.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter! Der Vorwurf der Lüge ist mit einem Ordnungsruf zu versehen, was ich hiemit ... (Abg. Peter Wurm: Nehme ich zurück, Herr Präsident!) – Nehmen Sie zurück. Ich bedanke mich.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.32.17

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nicht nur der Vorwurf der Lüge hier mit einem Ordnungsruf zu ahnden, sondern Ihre gesamte Rede, Herr Kollege Wurm. (Abg. Bela­kowitsch-Jenewein: Das haben Sie nicht zu beurteilen!) Das, was Sie hier abliefern, ist an Populismus nicht zu überbieten! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordne­ten der Grünen.)

Sie waren ja gar nicht dabei. Sie waren nie dabei! Wir haben ein halbes Jahr lang ver­handelt – ein halbes Jahr lang verhandelt! –, mit dem Verfassungsdienst des Bundes­kanzleramtes. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das glaube ich eh, das ist das ...!) Was hat die FPÖ auf einmal gemacht? – Sie hat sich aus den Verhandlungen entfernt. Sie haben sich genau zu dem Zeitpunkt entfernt, zu dem klar wurde, dass uns die Hände gebunden sind, wenn es darum geht, inwieweit wir in diese bestehenden Verträge ein­greifen können. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das, was Sie hier der Bevölkerung zu vermitteln versuchen, nämlich dass das gesetzli­che Pensionen sind, ist ja absoluter Schwachsinn. Wir haben eine ASVG-Höchstpen­sion, und das sind Betriebspensionen. Das sind Betriebspensionen, die da dazugerech­net werden, und in diesem Bereich sind vor 30, 40 Jahren Fehler gemacht worden – ja­wohl! –, indem diese Verträge abgeschlossen wurden. Aber das sind Verträge, meine Damen und Herren von der FPÖ, und wir haben diese Verträge um ein Maximum redu­ziert, nämlich um 25 Prozent, was der Verfassungsgerichtshof jetzt auch bestätigt hat.

Wenn wir tiefer hineinschneiden, stärker kürzen, marschieren die Herrschaften zum VfGH, und dann müssen wir alles wieder zurückzahlen. Das sagen Sie aber nie dazu, dass die­se Regelungen nicht halten würden.

Wir haben damals mit den Grünen die Verfassungsmehrheit zustande gebracht, und das war und ist – das sage ich auch – eine sinnvolle Lösung, an der wir ein halbes Jahr lang auch mit den Experten des Verfassungsdienstes gearbeitet haben. (Abg. Neubauer: Für ein halbes Jahr war das ein ganz bescheidenes Ergebnis!) – Das, was Sie an Populis­mus liefern, ist nicht zu überbieten!

Abschließend noch eine Bemerkung: Ich würde gerne wissen, wie Sie in den Bundes­ländern, auch in Tirol, hantieren, wenn Sie immer von den Pensionen reden. Wissen Sie, welchen Eindruck Sie hier vermitteln? – Dass wir Abgeordnete uns alle wie die Maden im Speck im Pensionsrecht bewegen, was jedoch nicht stimmt. Vor 20 Jahren – und Herr Haider, der schon verstorben ist, war damals der Treiber – sind die Politikerpensionen


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abgeschafft worden! (Zwischenruf bei der FPÖ.) Ich würde gerne wissen, Herr Kollege Wurm, was Sie bemüßigt, sich als Abgeordneter ständig hierherzustellen und sich in ei­ner Kritik zu ergehen, die völlig unnötig ist! (Lebhafter Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

13.34

13.34.45

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Wöginger! Der Vorwurf des Schwach­sinns wäre, wie Sie wissen, ebenfalls mit einem Ordnungsruf zu versehen. Ich nehme an, Sie nehmen ihn zurück. (Abg. Wöginger: Das nehme ich zurück, Herr Präsident!) – Danke schön.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betref­fend Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2017 in 1484 der Beilagen.

Hiezu haben sowohl die Abgeordnete Mag. Schwentner als auch der Abgeordnete Mag. Loacker je ein Verlangen auf getrennte Abstimmung über Artikel 5 eingebracht.

Ich lasse zunächst über den von den erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Wir kommen sogleich zur getrennten Abstimmung über Artikel 5 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein zustimmendes Zei­chen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (Rufe: Nein!) – Entschuldigen Sie! Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1485 der Beilagen zur Kenntnis zu neh­men.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1486 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1487 der Beilagen zur Kenntnis zu neh­men.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 92

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1488 der Beilagen zur Kenntnis zu neh­men.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1489 der Beilagen zur Kenntnis zu neh­men.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1490 der Beilagen zur Kenntnis zu neh­men.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

13.38.149. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1938/A der Ab­geordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Landar­beitsgesetz 1984 und das Behinderteneinstellungsgesetz geändert werden (1496 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1140/A der Ab­geordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird (1497 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2003/A der Ab­geordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständi­genvorsorgegesetz und das Landarbeitsgesetz geändert werden (1498 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1998/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Image­kampagne zur Aufwertung der Lehrausbildung“ (1499 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 bis 12 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte, Frau Abgeord­nete.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 93

13.39.16

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Noch eine ganz kurze Bemerkung zum vorhergegangenen Tagesordnungspunkt: Sehr geehrte Damen und Herren hier auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen, Sie hatten jetzt gerade die Gelegenheit, zu sehen, warum es diese Regierung überhaupt noch gibt. Wann gibt es eine Einigung? Wann gibt es massiven Applaus von beiden Regierungsparteien? – Dann, wenn es da­rum geht, Luxuspensionen zu erhalten – dann gibt es Applaus aufseiten der beiden Re­gierungsparteien, und zwar einen sehr, sehr lauten. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.) Sonst funktioniert die Zusammenarbeit in dieser Bundesregierung eher we­niger gut.

Aber jetzt zu den eigentlichen Tagesordnungspunkten. Mir geht es vor allem um den An­trag meines Kollegen Herbert Kickl „betreffend Offenlegung der Vorgänge rund um den AMS-IT“. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Sie können sich wieder beruhigen, es geht jetzt um ein sehr ernstes Thema. Im Ausschuss noch haben Sie auch diesen Antrag abge­lehnt. Ich würde Sie aber bitten, diesem Antrag unbedingt Ihre Zustimmung zu geben, denn wir wissen spätestens seit heute Früh, dass sich rund um diese Vorgänge ein riesengroßer Skandal abzeichnet.

Herr Bundesminister, auch Nichthandeln ist ein Handeln, und das ist das, was Sie set­zen. Das zieht sich hier wie ein roter Faden durch. Dieser AMS-IT-Skandal ist jeden­falls schon einige Zeit bekannt, und ich stelle mir langsam die Frage: Seit wann wissen denn Sie Bescheid und was haben Sie in der Zwischenzeit denn überhaupt getan? – Gar nichts. Sie wissen zumindest seit Juni Bescheid, nämlich seit dieser ominösen Zug­fahrt von Wien nach Oberösterreich, als Sie sich lautstark mit einem Kabinettsmitarbei­ter über die Probleme der IT beim AMS unterhalten haben – und noch über anderes, aber ich bleibe jetzt bei den IT-Problemen. (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.)

Sie haben damals in einer Anfragebeantwortung gemeint, das betreffe keinen Gegen­stand der Vollziehung. – Sie haben natürlich streng genommen recht gehabt, weil die Frage so gestellt war, ich hätte mir aber erwartet, dass Sie von sich aus Stellung neh­men, dass Sie diese Problematik von sich aus hier einmal ansprechen. Stattdessen ha­ben Sie versucht, das zuzudecken. (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) Es ist zugedeckt worden, offensichtlich seit dem Jahr 2011. Da waren Sie noch nicht So­zialminister, das ist mir völlig bewusst, das heißt aber, auch Ihr Vorgänger, Sozialmi­nister außer Dienst Hundstorfer, wird sich hier noch verantworten müssen – und wahr­scheinlich auch sein Generaldirektor, Herr Mag. Preiss, der jetzt bei der Arbeiterkam­mer Niederösterreich ist. (Beifall bei der FPÖ.)

All diese Herrschaften, all diese Personen können mir nicht weismachen, dass sie vom AMS nicht darüber informiert worden sind, welche Probleme es da gibt. (Ruf bei der SPÖ: Falsch!) Wenn Sie es nicht gewusst haben, weil Sie keine offizielle Information vom Genossen Buchinger vom AMS bekommen haben, der Ihnen das vielleicht ver­weigert hat, dann wäre es Ihre Aufgabe als verantwortlicher Ressortchef – beziehungs­weise Aufgabe Ihres Vorgängers – gewesen, da nachzufragen. (Abg. Weninger: Wo­rüber reden Sie? Sie sind beim falschen Tagesordnungspunkt!)

Die Medien, Herr Bundesminister, haben schon lange darüber berichtet, seit dem Jahr 2010. Da brauchen Sie nur auf die Website der APA zu schauen. Geben Sie ein: AMS-IT. Alle paar Monate in regelmäßigen Abständen gab es einen Bericht, beginnend im Jahr 2010. Da schreibt „Die Presse“: „AMS: Der Auftrag, die Millionen, der Streit“. Ein paar Monate später schreibt „Die Presse“, der Rechnungshof werde prüfen. 2011 hat der „Standard“ darüber geschrieben und so weiter. Es wird zum Ewigkeitsverfahren.

Nun haben wir heute einen Antrag auf der Tagesordnung. Als wir diesen Antrag for­muliert haben, haben wir das Ausmaß dessen, was sich da abspielt, noch gar nicht er-


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ahnen können – und das wissen wir wahrscheinlich heute noch nicht. Sie gehen aber her und lehnen weiter ab. Ich kündige Ihnen jetzt schon an, wir werden einen Sonder­sozialausschuss dazu fordern, denn es kann nicht sein, dass Sie weiter zudecken. Das ganze Projekt hat allein in der Anschaffung schon über 170 Millionen € gekostet. (Abg. Weninger: Halten Sie Ihre Rede ...!) Herr Bundesminister, es wird Zeit, dass Sie auch das Parlament darüber informieren. Es sind die Steuerzahler, die da leiden!

Die Kollegen vom AMS sagen jetzt schon, dass sie viele wesentliche Punkte einfach nicht mehr umsetzen können, und Sie machen gar nichts, Sie verschanzen sich hier hin­ter irgendetwas. Herr Bundesminister, Nichthandeln ist auch eine Art von Handeln, al­lerdings eine, die wir nicht mehr akzeptieren werden! (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Das war die Rede zum nächsten Tagesordnungspunkt!)

13.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.43.43

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Kol­legin Belakowitsch-Jenewein, das war vier Tagesordnungspunkte zu früh! Ich weiß nicht, ob Sie die Rede zu Tagesordnungspunkt 13 dann wiederholen werden, aber ich glaube nicht, gell. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ich hätte noch viel dazu zu sagen!) Wir sind bei den Tagesordnungspunkten 9 bis 12, und ich möchte zu den Tagesordnungspunk­ten 9 und 10 Stellung beziehen.

Bei Tagesordnungspunkt 9 geht es darum, dass wir die Funktionsperioden der Arbeit­nehmervertreterinnen und -vertreter in den Bereichen der Postbediensteten, Landarbei­ter und im Bereich der Behinderten ausdehnen. Bei Tagesordnungspunkt 10 geht es um eine Erweiterung der Bildungsfreistellung von drei Wochen auf drei Wochen plus drei Tage. Wir ziehen damit nach. Es geht um etwas, das wir schon 2016 beschlossen haben, indem wir im Arbeitsverfassungsgesetz die Funktionsperiode für Betriebsräte von vier auf fünf Jahre erweitert und auch die Bildungsfreistellung aliquot erhöht haben.

Ich bedanke mich bei allen Parteien, die dem heute die Zustimmung geben und diese Maßnahmen im Interesse der Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer be­schließen werden.

Zu Tagesordnungspunkt 10: Wir wissen aus den Statistiken, dass immer mehr Men­schen über 50 Jahren, wenn sie ihren Job verlieren, sich sehr schwer tun, aus der Ar­beitslosigkeit heraus wieder in einen Job zu kommen. Ich glaube, jeder von Ihnen kennt Betroffene aus eigener Erfahrung. Trotz vieler Bemühungen der Betroffenen selbst ist es sehr schwer zu schaffen, wieder in eine Beschäftigung zu kommen, unabhängig da­von, ob sie zehn, zwanzig oder hundert Bewerbungen schreiben. Diese Gruppe ist dem­entsprechend ganz besonders zu unterstützen. Es ist daher sehr, sehr positiv, dass die Bundesregierung gerade im überarbeiteten Arbeitsprogramm dazu Stellung bezieht und auch Maßnahmen vorschlägt.

In der letzten Sitzung des Sozialausschusses haben wir ein erstes Paket für ältere Ar­beitnehmerInnen beschlossen. Das ist die erste Etappe, mit dem klaren Bekenntnis zur „Beschäftigungsaktion 20.000“, nämlich mit gelockertem Kündigungsschutz für neu ein­tretende Arbeitnehmer über 50. Da muss man, glaube ich, etwas klarstellen, da ist ei­niges in der Kommunikation nicht so angekommen, wie es hätte ankommen sollen.

Fakt ist, wir haben im Ausschuss eine ganz klare Ausschussfeststellung zu dieser „Be­schäftigungsaktion 20.000“, die nämlich das Ziel hat, 20 000 Menschen, die älter als 50 und länger als zwölf Monate arbeitssuchend gemeldet sind, in eine Beschäftigung zu bringen, beschlossen – bei Trägervereinen, bei Gemeinden und auch bei Unternehmen.


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Ich glaube, das ist eine Riesenchance und ein richtiger Weg für die betroffenen Men­schen. Ich bedanke mich bei der ÖVP und bei den Grünen für die Zustimmung zu die­ser Ausschussfeststellung, weil sie damit ganz klar bekundet haben, dass wir diese Ak­tion auch so umsetzen wollen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum zweiten Bereich – und da ist sehr viel Unterschiedliches kommuniziert worden –: Bei der Lockerung des Kündigungsschutzes geht es darum, dass wir eine Hürde ab­bauen. Viele Unternehmer haben nämlich gesagt: Ich würde Menschen über 50 gerne einstellen, aber angesichts des besonderen Kündigungsschutzes bin ich nicht bereit, das auf mich zu nehmen. Das heißt, Menschen über 50, die jetzt schon in Beschäfti­gung sind, betrifft diese Regelung nicht, sie sind davon nicht betroffen. Für alle neu Ein­tretenden hingegen versuchen wir, damit Möglichkeiten dafür zu schaffen, dass sie wie­der zu einem Job kommen.

Abgesehen davon muss man auch ganz klar erwähnen, dass der allgemeine Kündi­gungsschutz nicht angegriffen wird und gerade auf jene Bereiche, in denen Ältere ge­kündigt werden, ganz besonders Rücksicht genommen wird, auch wenn es zu Klagen betreffend Motivkündigung dieser Menschengruppe kommt. Es ist mir wichtig, das klar­zustellen. Ich weiß noch von der letzten Plenarsitzung, dass Kollege Doppler das et­was anders sieht, aber ich kenne auch sehr viele Fälle, in denen betroffene Menschen sagen: Ich hätte einen Job gefunden, aber es war nicht möglich, weil es da eine Hürde gibt.

Ich glaube, wir sollten uns genau anschauen, wie das greift: ob es auch wirklich ge­lingt, diese Menschen in Beschäftigung zu bringen. Wir sind überzeugt davon, dass es wichtige weitere Maßnahmen sind, wenn es darum geht, Menschen über 50 wieder in Beschäftigung zu bringen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.48.54

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist so weit: Der erweiterte Kündigungsschutz für Ältere wird nach jahrelangem Drän­gen der NEOS nun von den Regierungsparteien abgeschafft. Der Wegfall dieses Kün­digungsschutzes wird jetzt zu einer drastischen Reduktion der Arbeitslosigkeit von Men­schen über 50 führen – oder vielleicht doch nicht?

Wir werden das genau beobachten, ich glaube nämlich vielmehr, dass es hier wieder um eine Frage der Kosten geht, denn es war letzten Endes selbstverständlich möglich, auch Menschen über 50 zu kündigen, es war nur die Frage, zu welchem Preis. Das heißt, es wird jetzt einfach billiger, ältere Menschen zu kündigen, und das ist eine Strategie, die ich schon hinterfragen möchte.

Jetzt gibt es diese Ausgleichsaktion, die „Beschäftigungsaktion 20.000“. Ich denke, das ist an sich gut. Es ist gut, wenn Arbeitsplätze geschaffen werden, damit die Leute über­haupt wieder in den Arbeitsmarkt hineinkommen, damit sie bis zur Pension noch Versi­cherungszeiten sammeln können, aber an dem Phänomen, das wir beobachten, dass nämlich immer mehr Menschen mit 50, 52, 56 ihren Job verlieren, ändert das alles gar nichts. Deshalb frage ich: Warum schauen wir da nicht genauer hin?

Was macht die Regierung? – Sie verlängert womöglich die Arbeitszeiten. Glauben Sie, dass 12-Stunden-Arbeitstage dazu führen, dass ältere Menschen besser und länger in Beschäftigung bleiben? – Ich glaube, nicht; ich glaube, das ist kontraproduktiv. Warum verlieren ältere Menschen ihren Job? – Es gibt keine umfassenden Studien dazu, nicht dass ich wüsste. Wir haben eine Studie, die belegt, dass es nicht an den Kosten liegt,


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dass in jenen Branchen, in denen das Senioritätsprinzip – sprich: dass man immer teu­rer wird, je älter man wird – nicht gilt und diese Kurve flach ist, mehr Ältere freigesetzt werden, als wenn es umgekehrt ist. Es liegt also nicht an den Kosten.

Es liegt zum Teil daran, dass ältere Menschen nach jahrzehntelanger schwerer körper­licher Arbeit nicht mehr imstande sind, diese auszuführen. Da muss ich aber fragen: Wa­rum haben wir solche Rahmenbedingungen? Wir haben einen sehr ausgeprägten Ar­beitnehmerInnenschutz, und trotzdem gibt es unzählige Menschen, die mit 50 nicht mehr arbeiten können. Das kann es nicht sein!

Meine These ist – ich weiß, das ist provokant, aber trotzdem –: Ich fürchte, dass ältere Menschen für Arbeitgeber unbequem werden. Ältere Menschen haben jahrzehntelange Erfahrung in dem, was sie tun, und sagen einem jüngeren Chef unter Umständen auch einmal, dass der eingeschlagene Weg vielleicht nicht der beste ist, eine Sache anzu­gehen. Das ist unbequem. Ältere Menschen kennen ihre Rechte. Sie sind jahrzehnte­lang Arbeitnehmer und wissen genau, was ihnen zusteht, was ihnen zuzumuten ist und was nicht. Bei Jüngeren ist das sehr oft nicht der Fall. Ältere Menschen sind unbe­quem. Das ist nach meiner These mit ein Grund dafür, dass so viele Leute ab 50 den Job verlieren.

Ich finde, dort müsste man hinschauen. Wir brauchen erstens umfassende Studien, die die Ursachen analysieren, und wir brauchen mehr Fairness bei den Arbeitgebern. Ich finde, auch da müsste man endlich ansetzen. (Beifall bei den Grünen.)

13.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

 


13.52.46

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte kurz ein paar Punkte aus diesem Bereich ansprechen. Was den Antrag von Kollegen Muchitsch und mir betrifft, mit dem wir eine Maßnahme ergänzen, sodass die Betriebsratsperioden von vier auf fünf Jahre ausgeweitet werden: Das haben wir im Dezember im Arbeitsverfassungsgesetz bereits geregelt. Jetzt wird diese Periode auf Post und Telekom und unsere Kolleginnen und Kollegen von der Land­arbeit ausgedehnt, und auch für Behindertenvertrauenspersonen wird das nun gere­gelt. Da wir auch in allen anderen Körperschaften eine mindestens fünfjährige Dauer ha­ben, halte ich es für eine vernünftige Maßnahme, dass wir das jetzt auch bei den Be­triebsratskörperschaften allumfassend umsetzen.

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Betriebsrätinnen und Betriebsräten und bei allen Personalvertreterinnen und Personalvertretern einmal ganz herzlich bedanken. Es ist ein Knochenjob, der tagtäglich von Tausenden BetriebsrätInnen und Personalvertre­terInnen in Österreich geleistet wird, daher ist es mir ein Anliegen, diesen Menschen Danke zu sagen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Abg. Schatz.)

Ein zweiter Punkt, den wir auch ansprechen und der für Irritationen sorgt, ist die De- facto-Lockerung des Kündigungsschutzes bei über 50-Jährigen. Ich glaube, man muss der Bevölkerung mitteilen: Es geht hier nicht darum, dass sich bei Menschen etwas ver­ändert, die aktiv im Erwerbsleben stehen, also ein aktives Dienstverhältnis haben, son­dern wir wollen jene unterstützen, die arbeitslos und über 50 sind.

Ich habe vorhin in einer Rede schon angesprochen, dass es eine extreme Herausfor­derung ist, diese Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Es wird nämlich oftmals als Einstellungshemmnis für Unternehmerinnen und Unternehmer gesehen, wenn dieser bessere Kündigungsschutz mit im Gepäck ist, daher halte ich das für richtig.


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Ich finde, dass der Parlamentarismus im Sozialausschuss wirklich lebt. Wir haben ei­nen Antrag des Kollegen Loacker abgeändert und bringen ihn zur Umsetzung, weil wir im überarbeiteten Regierungsprogramm eigentlich wortident festgehalten haben, dass wir uns dazu committen. Daher: Bitte keine Ängste bei den Arbeitnehmerinnen und Ar­beitnehmern schüren! Es geht rein darum, mehr Chancen für über 50-Jährige, die ar­beitslos geworden sind, zu bieten.

Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, weil ich sehr ernst nehme, was Kollegin Dietrich im Sozialausschuss immer wieder einbringt: Sie setzt sich nämlich auch inhalt­lich mit vielen Themen im Bereich Arbeit und Soziales sehr fachkundig auseinander. Sie spricht von der Aufwertung der Lehrausbildung, was absolut zu begrüßen ist.

Ich verweise auch darauf, dass es im überarbeiteten Regierungsprogramm eine Eini­gung gibt, dass die Kosten für die Lehrabschlussprüfungen zur Gänze übernommen werden und dass wir auch durch verstärkte Auslandspraktika, die wir unseren Lehrlin­gen ermöglichen wollen, diesen Weg der Aufwertung der Lehre mitgehen. Der Lehrling von heute ist der Facharbeiter von morgen. Es ist natürlich wichtig, dass wir in unse­rem schönen Land viele Master haben, aber wir brauchen auch viele Meister. Wenn man sich heute die Wirtschaft ansieht, durch die Betriebe geht, dann hört man immer wieder: Wir brauchen zusätzliche Facharbeiter!

Daher: Ja, es ist richtig, alles zu tun, um die Lehre zu unterstützen und aufzuwerten. Ich möchte aber sagen: Es liegt an uns allen und auch an der Bevölkerung, wie wir ge­nerell über die Lehre sprechen. Wenn in manchen Köpfen immer noch herumgeistert, dass es etwas Schlechtes sei, wenn man einem Lehrberuf nachgeht, dann muss ich ganz heftig widersprechen, auch im Namen meiner Fraktion, der ÖVP. Der Lehrling von heute ist der Facharbeiter von morgen, den wir ganz dringend brauchen, daher ist es wichtig, auch hier die richtigen Akzente in Richtung Lehre zu setzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ing. Dietrich. – Bit­te, Frau Abgeordnete.

 


13.56.53

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Facharbeitermangel ist ein Phänomen, das nicht nur Österreich betrifft.

Die ManpowerGroup International hat 2016 eine Studie erstellt. Dabei wurden 42 000 Ar­beitgeber in 46 Ländern darüber befragt, welche Schwierigkeiten sie bei der Stellenbe­setzung haben. Das Ergebnis für Österreich – bei uns wurden 351 Unternehmer befragt –: Ganze 34 Prozent haben Probleme, die Stellen im Bereich Facharbeiter zu besetzen. Weltweit ist die Situation noch dramatischer, da sind es 40 Prozent. In Österreich ha­ben wir vor allem in den Berufen Elektriker, Tischler, Schweißer, Maurer, Installateur, in vielen Handwerksberufen Probleme, Facharbeiter für die Zukunft auszubilden, aber auch jetzt schon Facharbeiter zu bekommen.

Die Betriebe sind oft sehr kreativ. Sie schauen darauf, jenes Personal, das sie haben, weiterzuschulen, weiterzubilden, weil eben wenig nachkommt. Dieses Phänomen ist ei­genartig: Auf der einen Seite haben wir weltweit eine enorm hohe Jugendarbeitslosig­keit, speziell in Europa, und zwar vor allem in den Ländern im Süden – Griechenland und Spanien haben eine Jugendarbeitslosigkeit von über 40 Prozent –, und auf der ande­ren Seite zeichnet sich in Europa ein Facharbeitermangel ab. Da denkt man sich: Da stimmt doch etwas nicht!

Bezogen auf Österreich kann man sich dazu eine konkrete Frage stellen – wir haben gestern darüber diskutiert, dass die Arbeiter in den letzten knapp zwanzig Jahren, näm-


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lich seit 1998, einen Reallohnverlust von 13 Prozent verkraften mussten –: Warum soll ein junger Mensch Facharbeiter werden, wenn er sieht, dass rundherum die Facharbeiter von Jahr zu Jahr weniger Einkommen haben?

Ich weiß schon, wir seitens der Politik können die Löhne nicht gestalten, nämlich in der Form, dass wir sagen, wir wollen den Facharbeitern mehr geben – denn das ist ein in­ternationaler Wettbewerb, die Betriebe müssen international bestehen können –, was wir aber tun können, ist, die Lohnnebenkosten zu senken, damit der Arbeiter mehr Netto vom Brutto hat. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Loacker.)

Kollege Muchitsch fragt: Ja wo, ja wo? – Kollege Muchitsch ist ein Vertreter der Re­gierungsparteien, jener Fraktionen, die die letzten Jahrzehnte gestaltet und die dieses bürokratische Monster in Österreich aufgebaut haben. (Abg. Weninger: Lohnnebenkos­ten!) Wir brauchen endlich einen schlanken Staat, wir müssen in der Verwaltung spa­ren, wir müssen es den Unternehmen erleichtern, wieder Lehrlinge auszubilden. Wir müs­sen Österreich wieder flottmachen, die Verwaltung auf das Notwendigste reduzieren und dafür sorgen, dass dem Einzelnen – aufgrund dessen, dass er weniger Belastung hat – mehr Netto vom Brutto übrig bleibt. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Loacker.)

Das ist der Weg, dafür stehen wir, und aus diesem Grunde wollen wir auch alles dafür tun, dass Lehrberufe wieder attraktiv werden. Wir wollen Rahmenbedingungen schaf­fen, die für junge Menschen, aber auch für die Unternehmer passen. (Beifall beim Team Stronach.)

14.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Loa­cker. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.01.12

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Wo kann man die Lohnnebenkosten senken? – Man kann die Kammerum­lage 2 ersatzlos streichen, denn die Wirtschaftskammer ist nur ein fetter Apparat.

Man kann die Unfallversicherung auf eine Versicherungspflicht umstellen, denn die Bei­träge im Ausmaß von 1,3 Prozent braucht man auch nicht; da gehen jedes Jahr in Form einer Quersubventionierung 500 Millionen € den Weg in die Krankenversicherung.

Die Wohnbauförderungsbeiträge fließen auch nicht in den Wohnbau, und es ist eine Ungerechtigkeit, den Menschen von den Löhnen und Gehältern einen Wohnbauförde­rungsbeitrag abzuziehen und den Arbeitgebern als Lohnnebenkosten Wohnbauförde­rungsbeiträge vorzuschreiben, das Geld aber nicht für den Wohnbau zu verwenden, wie das mehrere Bundesländer machen. Die Länder Salzburg, Tirol und Vorarlberg verwen­den 0,0 € von diesen Beiträgen für den Wohnbau! – Da wäre also viel Spielraum.

Zu den Gesetzesänderungen: Wir sind dagegen, dass man die Betriebsratsfunktions­dauer von vier auf fünf Jahre erhöht. Warum? – Weil die Dienstverhältnisse immer kürzer werden. Kollegin Schatz hat gestern schon zu Recht ausgeführt, dass das durch­schnittliche Dienstverhältnis eineinhalb Jahre dauert, und da sind dann Betriebsratspe­rioden von fünf Jahren unangemessen. Man sieht ja auch, dass sich diese Bundesre­gierung mit einer fünfjährigen Amtsdauer zusehends schwertut und mit einer vierjähri­gen besser bedient wäre.

Kommen wir nun zur Frage des Kündigungsschutzes für über 50-Jährige, die neu in einen Job eintreten: Bisher haben wir eine Regelung, die zwischen Insidern und Out­sidern einen ungerechten Unterschied schafft. Diejenigen, die einen Job haben, haben diesen Kündigungsschutz, für jene, die keinen Job haben, ist genau dieser Kündi­gungsschutz ein zusätzliches Hemmnis, wieder einen Job zu bekommen. – Dieses Hemmnis schaffen wir jetzt ab. Da bedanke ich mich für den ungewöhnlichen und gro-


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ßen Schritt der Mehrheitsfraktionen, unserem Antrag näherzutreten. Das ist doch au­ßergewöhnlich, und ich weiß das sehr zu schätzen, dass Sie da über Ihren Schatten ge­sprungen sind.

Ich gebe der Kollegin Schatz recht, wenn sie sagt, dass damit natürlich das Thema, dass es ältere Arbeitssuchende auf dem Arbeitsmarkt schwer haben, nicht gelöst ist. Damit ist nur eines von vielen Elementen, das es den älteren Arbeitssuchenden schwer macht, beseitigt. Es gibt noch viele andere Dinge, zum Beispiel die ausgeprägte Se­nioritätslogik in der österreichischen Lohn- und Gehaltsfindung, aber da sind natürlich die Kollektivvertragspartner am Zug.

Wir haben Kollektivverträge mit 18 Schritten. (Abg. Vogl: Wo?) – Zum Beispiel im Han­del haben wir viele Schritte. – Wenn ältere Arbeitnehmer durch senioritätsorientierte Lo­giken auf dem Arbeitsmarkt teurer gemacht werden, dann ist es für sie auch schwie­riger, wieder einen Einstieg zu finden. Wenn jemand nach vielen Jahren seinen Job ver­liert, geht oft auch das Gefühl verloren, wie viel man im Verhältnis zu jemandem, der auf dem Arbeitsmarkt als Arbeitssuchender neu auftritt, wert ist.

Wir beschließen heute eine Änderung im Arbeitsverfassungsgesetz, die ein kleiner Bei­trag dazu ist, es den älteren Arbeitssuchenden leichter zu machen – aber ja, die end­gültige Lösung ist damit nicht gefunden, sondern nur ein Schritt auf einem weiten Weg gemacht.

Ich bedanke mich an dieser Stelle noch einmal bei den Mehrheitsfraktionen für die Zu­stimmung zu unserem Antrag. (Beifall bei den NEOS.)

14.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Doppler zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.05.00

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit)|: Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht bei den Punkten 9 bis 12 um Arbeit und Soziales. Ich nehme Stellung zu Punkt 9.

Für alle Betriebsräte gilt künftig eine fünfjährige Funktionsperiode. Wir haben hier im Parlament im Dezember des letzten Jahres beschlossen, die Funktionsperiode von Be­triebsräten von derzeit vier auf fünf Jahre zu verlängern, allerdings hätte das bis heute nur für Betriebsräte nach dem Arbeitsverfassungsgesetz gegolten. Nun sollen diese neu­en Bestimmungen auch für Betriebsräte in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben so­wie für die Personalvertretung der Post und Telekom nachvollzogen werden.

Das ist eine sehr gute Entscheidung, Herr Kollege Muchitsch, eine sehr gescheite und vernünftige Entscheidung. Ich kann den Aussagen des Kollegen Loacker dazu nichts ab­gewinnen.

Sehr richtig ist auch die Ausdehnung der Fortbildung der Betriebsräte.

Betreffend den gelockerten Kündigungsschutz: Herr Kollege Muchitsch, ich habe nicht gesagt, dass das ein schlechtes Vorhaben ist, sondern ich habe gesagt, dass ich mei­ne Zweifel habe, ob es so einschlägt, wie es das tun sollte.

Die schlechten Jobchancen Arbeitsloser über 50 Jahre sind sicherlich eine traurige Sa­che, daher ist es ein guter Schritt in die richtige Richtung, wenn Maßnahmen gesetzt werden, dass diese Leute wieder einen Job bekommen. Tatsache ist auch, dass sehr viele Dienstgeber nicht gerne ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anstellen. Kol­legin Schatz hat es ja angesprochen: Ja, es ist so, dass ältere Dienstnehmer und Dienst­nehmerinnen sehr wohl ihre Rechte kennen und wissen, was ihnen zusteht – sie ken-


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nen aber genauso auch die Pflichten –, und so manche Unternehmen haben daher na­türlich ihre Bedenken, ältere Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer anzustellen.

Wollen wir hoffen, dass diese Maßnahme von Erfolg gekrönt ist! – Danke.

14.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Bacher zu Wort. – Bitte.

 


14.07.00

Abgeordneter Walter Bacher (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte jetzt schon gerne Kollegin Dietrich ge­fragt, was die Einsparung bei der Arbeiterkammerumlage oder sonstige Dinge mit dem Heben des Images der Lehrberufe zu tun haben.

Wenn man die ganze Zeit vom Sparen spricht und immer wieder Zahlen in den Raum stellt, würde ich einmal nachfragen: Was bringt das Ganze, was würde dadurch zur Ver­fügung gestellt, was könnte man damit machen? Diese Antwort hätte ich gerne, doch Frau Dietrich ist leider nicht da, wenn es um ihren Antrag zur Hebung des Images der Lehrberufe geht.

Vonseiten des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wurde schon eine Fülle von Maßnahmen für Jugendliche gesetzt. Ich denke dabei zum Bei­spiel an die Ausbildungspflicht bis 18, an die Ausbildungsgarantie bis 25 oder das Ju­gend- und Lehrlingscoaching. Für Lehrberufe an und für sich ist aber der Bundesmi­nister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft zuständig, und da gehört dieser An­trag letztendlich auch hin.

Wo ich Ihnen recht gebe, Frau Kollegin: Wir haben beim Image der Lehrberufe tatsäch­lich Handlungsbedarf – Kollege Wöginger hat das schon sehr gut ausgeführt. Ich den­ke, wir müssen bei der Wertigkeit von Lehrberuf und Matura in der Bevölkerung anset­zen. Die Bevölkerung – und da nehme ich uns alle mit ein – hat das Bild im Kopf: Na ja, zunächst sollen unsere Kinder in die Schule gehen, nur wenn das nicht klappt oder die Aufnahmeprüfung nicht passt, dann sollen sie halt eine Lehre machen. Im Zusatz heißt es dann immer: Er oder sie hat ja nur eine Lehre! – Solange das so ist, werden wir Schwierigkeiten haben.

Ich glaube, wir werden tatsächlich dort ansetzen müssen, dass man Facharbeiter mit Maturanten gleichsetzt; dafür sollten wir Systeme finden, dann wird vielleicht eine Än­derung im Denkmuster möglich sein: Wenn man sonst nichts hat, nur eine Lehre, dann ist das zu wenig. – Ich bin stolz darauf, dass ich eine Lehre gemacht habe und trotz­dem hier im Parlament mitwirken kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.09.11

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Imageaufwertung der Lehrausbildung: Eine fundierte Ausbildung ist der Grundstein des weiteren Lebensweges und gerade in Zeiten einer raschen Entwick­lung sowie sich ständig ändernder Anforderungen wichtiger denn je.

Eine breite, gute Ausbildung und sichere Arbeitsplätze fördern unsere Wirtschaft und Zukunft. Einen Ausbildungsweg stellt die Lehre dar, doch leider sind die Zahlen dieser Form der Ausbildung rückläufig, wodurch es zu einem Fachkräfte- und Facharbeiter­mangel kam und weiterhin kommen wird.


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Das goldene Handwerk sollte eine Alternative zu Hochschulen und Fachhochschulen darstellen und ist für eine florierende gesunde Wirtschaft unverzichtbar. Die Grundlage dieser Fachkräfteausbildung stellen leistungsfähige Ausbildungsbetriebe dar. Diese müs­sen jedoch technische und finanzielle Voraussetzungen erfüllen, um auch für künftige Lehrlinge interessant zu sein. Mit dem Angebot Lehre mit Matura eröffnet sich der Zu­gang zu einem weiteren Bildungsweg.

Den Ausbildungsbetrieben ist der Anreiz zur Lehrlingsausbildung mit entsprechender Unterstützung zu erleichtern! Kosten für Blockausbildungen und Internate in der Be­rufsschulzeit sollten den Auszubildenden unter gewissen Voraussetzungen ersetzt wer­den. Lehrabschlüsse sind innerhalb der Fachgruppe zu honorieren und Aufstiege so­wie Weiterbildungsmöglichkeiten müssen geschaffen beziehungsweise ausgebaut wer­den.

Karriere mit Lehre ist ein Bildungsweg mit Zukunft. Fördern wir diesen Bildungsweg! Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

14.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ober­nosterer. – Bitte sehr.

 


14.11.10

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Ich möchte auch noch kurz zum Tagesord­nungspunkt 12, bei dem es um das Image der Lehre geht, sprechen.

Frau Kollegin Dietrich vom Team Stronach ist ja in ihrem Redebeitrag nicht allzu sehr darauf eingegangen, obwohl es ihr Antrag ist. Es geht um das Image der Lehre. Dazu muss man sagen, dass eigentlich in den letzten Jahren diesbezüglich relativ viel ge­macht wurde.

Wie mein Vorredner Bacher von der SPÖ gesagt hat, kann man das Image der Lehre nur aufbauen, wenn wir alle – und da sind wir alle aufgefordert – den jungen Menschen erklären, dass eine Lehre nicht minder ist als ein Studium, dass man mit einer Lehre und einem erlernten Beruf später genauso viele Chancen am Arbeitsmarkt hat wie mit einem Studium. Diese Imagebildung fängt natürlich im Elternhaus an und geht in der Schule weiter.

Nach wie vor gibt es viele Diskussionen, und man sagt den jungen Menschen eigent­lich immer nur: Ihr müsst in die Schule gehen, wenn es euch besser gehen soll; macht nicht irgendeine Lehre! – Ich weiß, was man in letzter Zeit für den Lehrberuf gemacht hat, es gibt bereits viele Imagekampagnen für Lehrberufe. Man sollte österreichweit ei­ne Imagekampagne machen – egal, in welchem Bereich auch immer – und dabei nicht nur Topmanager ins Schaufenster stellen, die von irgendeiner Universität kommen, son­dern Menschen, die eine Lehre gemacht und sich dann auf ihrem Berufsweg nach oben gearbeitet haben. Ich glaube, da gibt es genügend Vorzeigepersönlichkeiten, ob Frau­en oder Männer, die für solche Imagekampagnen auch gerne zur Verfügung stehen wür­den.

Ich bin aber auch stolz, auch ich habe eine Lehre gemacht, natürlich nebenbei auch die Schule. Ich will mich nicht selbst loben, aber ich glaube, ich kann für meinen be­ruflichen Werdegang – nicht nur meine politische Arbeit – sagen, dass man mit einer gu­ten Lehre auch einen ordentlichen Erfolg einfahren kann.

Auch die Regierung hat ihren Teil zur Verbesserung des Images des Lehre beige­tragen: Im neuen Lehrlingspaket gibt es ja diese Workshops, 2020 findet in Österreich die Berufseuropameisterschaft EuroSkills statt. Die Kosten wurden gesenkt: Die Vorbe-


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reitungskurse sind nicht mehr von den Lehrlingen selbst zu bezahlen, sondern werden übernommen. Die Kosten für die Lehrabschlussprüfungen werden von den Unterneh­men gezahlt. Zudem werden Auslandspraktika eingerichtet, damit Fremdsprachen bes­ser gelernt werden, was ganz, ganz wichtig ist.

Wie gesagt, Österreich braucht sich mit seinem System der Lehre nicht zu verstecken. Ich glaube, wir haben weltweit ein Vorzeigemodell, auch hinsichtlich niedriger – Gott sei Dank! – Jugendarbeitslosigkeit. Wenn man sieht, wie hoch diese in anderen Ländern ist, zeigt das, glaube ich, dass unser System gut ist.

Auf einem guten System soll man weiter aufbauen, und ich bitte alle zusammen, für das Image der Lehre, so wie es ihr gebührt, weiterzuarbeiten und die Jugendlichen für diesen Berufsweg auch dementsprechend zu animieren. Wie gesagt, das fängt im El­ternhaus an und geht in der Schule und in der Allgemeinheit – so wie auch wir hier sit­zen – weiter. Dann, glaube ich, brauchen wir uns über diese Berufsausbildung keine Sor­gen zu machen, obwohl die Zahlen sinken: Im Jahr 2010 hatten wir noch 130 000 Lehr­linge, 2015 waren es nur noch 110 000 Lehrlinge.

Wir wissen aber auch, dass dafür der Geburtenknick mitverantwortlich ist. So gravie­rend, wie es die Zahlen sagen, ist der Lehrberuf also nicht zurückgegangen, denn es muss auch einberechnet werden, dass wir weniger junge Menschen haben. Danke viel­mals. (Beifall bei der ÖVP.)

14.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter The­messl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.15.36

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Image der Lehre: Ja, warum ist das so schlecht? – Um die Frage zu beantworten, muss man schon etliche Jahre zurück­schauen.

Begonnen hat es in den Neunzigerjahren, als speziell von den Roten, aber vor allen Din­gen von den Grünen immer wieder die Forderung gekommen ist, es muss jeder stu­dieren, wir haben viel zu wenig Studenten. Die, die zu dumm dafür sind, die sollen halt eine Lehre machen. Das war so! Das war schlecht und absolut kontraproduktiv und führte zur heutigen Situation. Heute wundern Sie sich, dass wir 20 Jahre später immer noch ein schlechtes Image der Lehre haben. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Schenk.)

Der gestrige „Kurier“ schreibt über den höchsten Anstieg der Arbeitslosigkeit bei den Aka­demikern: „Ende Februar waren 30.000 Uni-Absolventen auf Jobsuche.“ – So, und jetzt frage ich Sie, warum Firmen in Österreich – und das sind nicht nur Industriebetriebe und Großfirmen, sondern das geht in der Zwischenzeit hinunter bis zum Kleinbetrieb – über den Fachkräftemangel jammern.

Herr Kollege Wöginger, die 50 000 offenen Stellen, die es in Österreich gibt, werden Sie mit den 30 000 arbeitslosen Uniabsolventen nicht füllen, denn Uniabsolventen sind keine Fachkräfte – das sind Theoretiker, keine Praktiker. Es gibt in der Zwischenzeit viele, die anschließend an die Matura eine Lehrausbildung absolvieren, um dann auch einen Facharbeiterjob anzunehmen.

Jetzt komme ich zum Thema: Schauen Sie sich an, was in den letzten Jahren passiert ist! Herr Bundesminister, Sie sind noch nicht so lange Arbeitsminister, man kann Ihnen also nicht unbedingt die Hauptschuld zuschieben, aber angefangen hat das Ganze im Jahr 2008 unter Ihrem Vorgänger. Unter Rudolf Hundstorfer wurde damals der soge­nannte Blum-Bonus abgeschafft. Ich sage Ihnen noch einmal, auch wenn Sie es nicht gerne hören, warum der so wichtig war: Wenn Sie sich heute die Praxis anschauen, se-


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hen Sie die Probleme, die ein Betrieb hat, wenn er einen Lehrling anstellt. Im ersten Jahr ist der Lehrling damit beschäftigt, die Defizite, die er aus der Schule mitbringt, zu besei­tigen. Das heißt, er kann sich noch gar nicht auf den Beruf konzentrieren, da er zuerst einmal sinnerfassend lesen, schreiben und rechnen lernen muss. Darum muss sich der Dienstgeber kümmern.

Was Sie im Jahr 2008 gemacht haben, das haben Sie über Jahre so durchgezogen: Sie haben bei all Ihren Maßnahmen zur Lehrlingsförderung die Wirtschaft nicht mehr mit ins Boot genommen. (Beifall bei der FPÖ.) Sie haben die Betriebe nicht mehr un­terstützt, um diese Fehlleistungen aus unserem Bildungssystem auszugleichen. (Zwi­schenruf der Abg. Schatz.) Das haben Sie nie mehr gemacht.

Interessanterweise, Herr Bundesminister – das ist auch im gestrigen „Kurier“ zu lesen –, geht man in Wien jetzt offensichtlich wieder andere Wege. In Wien geht man jetzt dazu über, Ausbildungsbetrieben für bis zu drei Jahre monatlich 400 € an Unterstützung zu ge­währen, bei erhöhter Lehrlingsentschädigung sogar bis zu 755 €; bisher waren es 200 €. Jetzt haben Sie offensichtlich nach acht Jahren erkannt, woher das Problem eigentlich stammt.

Nur noch ein paar Zahlen: Wir hatten in Österreich im Jahr 2008 mit Auslaufen des Blum-Bonus, der über sechs Jahre ein Erfolgsmodell war, 39 600 Ausbildungsbetriebe, also Betriebe, die bereit waren, einen Lehrling auszubilden. Ende des Jahres 2016 hatten wir noch genau 28 200 Lehrbetriebe. Innerhalb dieses Zeitraums ist das ein Minus von 11 400 Lehrbetrieben. Im letzten Jahr, im Jahr 2016, haben wir wieder 960 Lehrbetriebe verloren.

Herr Bundesminister, wenn Sie bei der Lehrlingsförderung – sowohl bei der Image­kampagne als auch bei der Unterstützung der Betriebe, die einen Lehrling ausbilden – bundesweit nicht endlich vorwärtskommen, dann wird Herr Kollege Wöginger auf sei­nen offenen Stellen noch lange sitzen bleiben, denn mit arbeitslosen Uniabsolven­ten sind sie nicht zu besetzen. Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.20


14.20.07Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünschen die Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Landarbeits­gesetz und das Behinderteneinstellungsgesetz geändert werden, samt Titel und Ein­gang in 1496 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1497 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 104

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz und das Landarbeitsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1498 der Bei­lagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstim­mig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Ausschuss für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1499 der Beilagen zur Kenntnis zu neh­men.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

14.22.1713. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1986/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung der Vorgänge rund um den AMS-IT (1491 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1933/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verstärkung der Eingliederung von Menschen mit Behinderung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (1492 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 759/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herkunftsland­prinzip bei der Mindestsicherung (1493 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1947/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnah­menpaket zur Behebung des Mangels an KöchInnen (1494 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1898/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend verbes­serte Rahmenbedingung zur finanziellen Absicherung für junge Erwachsene in Aus­bildung (1495 d.B.)

 



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 bis 17 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.

 


14.22.45

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Ich möchte mich heute einem Thema widmen, das vielleicht auf den ersten Blick für manche nicht so rasend spannend ist, es ist aber ein sehr wichtiges. Es geht um die Eingliederung von behinderten Menschen in den Arbeitsprozess und in diesem Fall sogar um Unternehmertum.

Herr Minister, Sie haben in Ihrem Budgetvoranschlag als Sozialminister auch Wirkungs­ziele definiert, und ich möchte Ihnen Ihr eigenes Wirkungsziel 2 vorlesen: „Verstärkung der Eingliederung von Menschen mit Behinderung in den allgemeinen Arbeitsmarkt, um in der Gleichstellung behinderter Menschen in allen Bereichen des Lebens weitere Verbesserungen zu erzielen.“

Im Bereich der Trafiken hätten wir Möglichkeiten, behinderten Menschen auf dem Ar­beitsmarkt wirklich weiterzuhelfen. Kurz zur Erklärung, die meisten werden es wissen: Wir haben in Österreich immer noch ein Tabakmonopol, in dessen Rahmen wir seit sehr vielen Jahren und Jahrzehnten versuchen, behinderte Menschen als Unternehmer zu in­tegrieren.

Aktuell haben wir noch rund 2 500 Trafiken. Vor 20 Jahren waren es noch mehr als dop­pelt so viele, nämlich 5 000. Das heißt, wir haben sehr viele Trafiken für die Nahversor­gung und als Arbeitsplätze für Behinderte verloren. Von diesen 2 500 Trafikanten sind rund 1 300 Menschen mit Behinderung, mit einem Behinderungsgrad von über 50 Pro­zent, was man sehr oft auf den ersten Blick nicht gleich erkennt. Früher waren die Kriegs­versehrten, denen ein Bein oder ein Arm gefehlt hat, leicht erkennbar. Jetzt sind es Men­schen, deren Behinderung von über 50 Prozent oft nicht so klar ersichtlich ist.

Was ist unser Ansinnen? – Die Entwicklung bei den Trafikanten ist recht eindeutig: Es sperren laufend Trafiken zu, in manchen Jahren 50, in manchen Jahren 100, und zwar aus dem einfachen Grund, dass die Spannen für Trafikanten in vielen Fällen nicht mehr zum Überleben reichen.

Das System des Tabakmonopols ist komplex, reicht von den Tabakproduzenten bis hin zum Finanzminister. Der österreichische Staat nimmt aktuell, sprich 2016, über 1,8 Mil­liarden € an Steuern aus dem Tabakverkauf ein. Das ist nach der Mineralölsteuer die zweithöchste Steuereinnahme, und diese Steuereinnahme steigt jährlich um 30 bis 60 Mil­lionen €. Auf der einen Seite gibt es sehr viele Maßnahmen gegen das Rauchen, Sie kennen das; auf der anderen Seite ist der größte Profiteur des Rauchens nach wie vor der Finanzminister.

Was wollen wir mit diesem Antrag erreichen? – Wir hätten gerne, dass die Trafikanten, im Speziellen die behinderten Menschen, die in diesem Bereich als Unternehmer tätig sind, ihre Existenz mittel- und langfristig absichern können und eine Spanne erhalten, die ihnen das Überleben ermöglicht. Und das ist nicht selbstverständlich, wie man an der aktuellen Entwicklung sehen kann.

Hinweisen möchte ich noch darauf, dass im Jahr 2016 58 Trafiken neu vergeben wur­den, mit Nachfolgeregelung – alle 58 gingen an Menschen mit Behinderung. Deshalb ist mein Wunsch beziehungsweise unser Wunsch an Sie, Herr Minister, dass Sie sich dafür einsetzen, im Sinne dieser behinderten Menschen die Spannen so zu erhöhen, dass für Trafikanten ein Überleben gesichert wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Franz.)

14.26



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 106

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


14.26.43

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte aus diesem Block, der sehr viele Themen umfasst, einige herausgreifen. Im Antrag 759/A(E) geht es um die Bedarfsorien­tierte Mindestsicherung, im Konkreten um das Herkunftslandprinzip. Das Herkunftsland­prinzip ist ein wichtiger Grundsatz des freien Warenverkehrs, es hat aber nichts mit So­zialleistungen beziehungsweise der sozialen Absicherung im jeweiligen Land zu tun.

Der FPÖ-Vorschlag geht dahin – und in diesem Punkt unterscheiden wir uns natürlich wesentlich –, die Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Österreich je nach der Her­kunft der Bezieher einzuschränken, nämlich dann, wenn die Bezieher nicht österreichi­sche Staatsbürger sind. Das wäre eine Spaltung, da wäre für uns keine Gleichbehand­lung gegeben, und Sie werden daher verstehen, dass wir da nicht mitgehen können.

Kollegin Schatz hat in ihren Ausführungen in der Aktuellen Stunde gestern gemeint, dass wir die Familienbeihilfe, wie sie jetzt auf europäischer Ebene diskutiert wird, reduzieren wollen, einschränken wollen oder womöglich überhaupt wegnehmen wollen. Das muss ich korrigieren: Wir wollen das nur irgendwie anpassen, oder wir diskutieren über eine An­passung, und ich kann mich erinnern, dass Bundeskanzler Kern bei einem Betriebsbe­such bei der Firma List dazu im ORF ganz genau Stellung genommen hat. Es ist ein The­ma, das besprochen werden muss, das auch auf europäischer Ebene abgehandelt wer­den muss. Es hat auch schon Fortschritte in der Richtung gegeben. Wir müssen aber die Europäische Kommission damit befassen, denn damit dieses Problem gelöst wird, braucht es eine einheitliche europäische Regelung.

Im angesprochenen Antrag geht es auch um die Sicherstellung der Ausbildung von Ju­gendlichen. Dazu können wir auf die Maßnahmenpakete, die im Plan A und nochmals im Arbeitsübereinkommen der Regierung dargestellt sind, verweisen. Ganz speziell geht es um das Lehrlingspaket. Ein Teil davon ist, dass man den Lehrlingen auch bei einem Auslandspraktikum die Lehrlingsentschädigung weiterzahlt, dass man Fremdsprachen­unterricht fördert et cetera, um nur einige der Themen herauszugreifen.

Von der Bundesregierung und von uns, den Regierungsfraktionen, werden die Themen Arbeitsmarkt und Lehrlingsausbildung prioritär behandelt. Ich bin überzeugt davon, dass die angeführten Maßnahmen wie die Ausbildungsgarantie, die Ausbildungspflicht, die Lehrstellenförderung auch über 18, die Mobilitätsprämie, die Aktion 50+ und die Aktion 20 000 in die richtige Richtung gehen. Wir haben im Arbeits- und Sozialausschuss ja auch schon dahingehend vorgesorgt, dass wir in einer Dreiparteieneinigung eine Aus­schussfeststellung beschlossen haben, und ich bin auch zuversichtlich, dass wir die Maß­nahmen im Arbeitsplan dann auch umsetzen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

14.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


14.30.02

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Vorsitzender! Ich möchte etwas zu mei­nen beiden Anträgen in diesem Block sagen. Der erste bezieht sich auf den Kochman­gel. Die Wintersaison neigt sich dem Ende zu, und Gott sei Dank mussten die interna­tionalen und österreichischen Gäste nicht flächendeckend mit Dosengulasch versorgt werden, so hoffe ich zumindest. Trotzdem ist das Thema Kochmangel ein wesentliches für den wirtschaftlich wirklich enorm bedeutsamen Tourismussektor.

Es gibt verschiedene Ansätze, wie man das Thema angehen kann; es gibt jetzt die Mo­bilitätsprämie. Es gab auch das Ansinnen, Koch auf die Mangelberufsliste zu setzen. Das ist kein sehr guter Ansatz angesichts einer halben Million Menschen, die arbeitslos


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sind, darunter auch sehr vielen Köche und Köchinnen. Wir sollten das anders angehen und uns anschauen, was es wirklich braucht, um den Beruf attraktiver zu machen. Was braucht es, um Köche und Köchinnen aus Ostösterreich in die Tourismusregionen des Westens und des Südens zu bringen? Was braucht es, um den Lehrberuf Koch attrak­tiver für junge Menschen zu machen? Und was braucht es, damit junge Menschen, die die Lehre absolviert haben, dann auch den Beruf ausüben, denn man sollte nicht un­terschätzen, wie viele schon gleich nach dem Lehrabschluss aussteigen.

Der von uns entwickelte Vorschlag wirkt sich in zwei Richtungen aus: Zum einen sagen wir, dass Saisonarbeit extrem und nur sehr, sehr schwer mit einem Familienleben zu ver­einbaren ist. Auch der Wechsel: Saison, Arbeitslosigkeit, eine neue Stelle suchen, und das wieder und wieder und wieder, ist etwas, was sehr vielen Menschen zunehmend schwierig und mühsam erscheint.

Unser Ziel ist es also – und das haben wir auch schon in anderen Debatten recht aus­führlich dargelegt –, mehr Ganzjahresjobs zu bekommen. Unser Vorschlag wäre, auch im Tourismus ein Ganzjahresarbeitszeitmodell zu etablieren, das so funktionieren soll, dass man in den intensiven Saisonzeiten Arbeitszeit anspart, mit entsprechenden Zu­schlägen für Mehr- und Überstunden, und diese dann in den weniger intensiven Pha­sen abbauen kann, dabei aber durchgehend beschäftigt bleibt. Das könnte für viele Un­ternehmen sogar kostenneutral funktionieren, wenn sie bisher die Zuschläge arbeits­rechtsadäquat ausbezahlt haben. Wo das nicht der Fall ist, sollten Unternehmen durch entsprechende Förderungen dabei unterstützt werden, wenn sie solche Ganzjahresjobs schaffen. (Beifall bei den Grünen.)

Darüber hinaus wollen wir aber noch mehr Anreiz für die Mobilität vor allem von Ost nach West schaffen. Es braucht dafür vor Ort eine Infrastruktur, denn es ist einfach nicht attraktiv, irgendwo in einem Hotel auf einem Berg oder im hintersten Tal in einem Zim­mer zu leben. Wir wollen, dass sich Tourismusregionen, die Gemeinden von Touris­musregionen zusammenschließen und schauen, was sie brauchen, damit sich Touris­muspersonal fix ansiedelt. Es braucht dafür adäquaten Wohnraum für ganze Familien. Es braucht Kinderbetreuungseinrichtungen, die auf die Arbeitszeiten im Tourismus ab­gestimmt sind. Es braucht eine Verkehrsinfrastruktur, die es ermöglicht, dass man eben auch um 23 Uhr noch von seinem Job nach Hause kommt, nämlich dorthin, wo man mit seiner Familie lebt, et cetera, et cetera. Es geht also um regionale Entwicklungspro­gramme, um das Ansiedeln von Tourismuspersonal zu attraktivieren.

Unser dritter Ansatz berücksichtigt, dass nicht überall die Saisonarbeit in eine Ganzjah­resarbeit umzuwandeln sein wird. Es kann auch sein, dass in gewissen Lebensphasen Saisonarbeit durchaus attraktiv ist, wenn man jung ist, noch keine Familie hat, aber für die Gründung einer solchen eine Zeit lang zurücksteckt, sich einfach auf diesen Turbo einlässt, um Mittel anzusparen. Wenn also junge Menschen bereit sind, sieben, zehn Jah­re intensiv im Tourismus zu arbeiten, wollen wir ihnen garantieren, dass sie danach ei­ne zweite Ausbildung für einen Beruf machen können, der eine bessere Vereinbarkeit mit dem Privatleben erlaubt. Es ginge um einen Fonds, der sie dann, wenn sie bereit sind, das zu tun, mit 28, 30 dabei unterstützt, etwas anderes anzufangen. – Das wären unsere Lösungsvorschläge.

Leider nur mehr ganz kurz zum Antrag betreffend Aus- und Weiterbildungen für junge Erwachsene: Es soll in die Richtung Ausbildungsgarantie für junge Menschen gehen. Ich gebe zu bedenken – und darum geht es in diesem Antrag –, dass junge Menschen zwischen 20 und 25 eine andere Lebensrealität haben als unter 18-Jährige. Das sind junge Hilfsarbeiter, die bereits 1 200 €, 1 500 € verdient haben, die nicht mehr zu Hau­se wohnen, in Beziehungen sind, vielleicht mit Anfang 20 schon ein Kind haben. Die kön­nen es sich nicht leisten, auf die Lehrlingsentschädigung zurückzufallen, wenn sie dann mit 23 eine Lehre beginnen. Wir möchten, dass solche jungen Menschen, die sich spä-


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ter für eine Ausbildung entscheiden, mindestens das Hilfsarbeiterentgelt weiterbezahlt bekommen, und natürlich braucht es eine entsprechende Unterstützung für die Unter­nehmen, damit sie sich das auch leisten können. (Beifall bei den Grünen.)

14.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Mag. Groiß. – Bitte.

 


14.35.42

Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kol­leginnen! Liebe Kollegen! Ich möchte auf den Antrag des Kollegen Wurm eingehen, in dem es darum geht, Arbeitsplätze als selbständige Unternehmer in Trafiken zu schaffen beziehungsweise deren Zahl zu vergrößern. (Abg. Peter Wurm: Erhalten!) Der Antrag wurde von uns natürlich nicht abgelehnt, sondern wird heute dem zuständigen Ausschuss, dem Finanzausschuss, zugewiesen.

Warum ist das so? – Man muss das ein bisschen verstehen, und ich kann da ein wenig auf das zurückgreifen, was der Kollege bereits gesagt hat: Das Tabakwesen ist in Ös­terreich durch das Tabakmonopol geregelt. Für einen Außenstehenden ist es eigentlich unverständlich, dass wir heutzutage für einen solchen Bereich ein Monopol brauchen. Das Monopol ist jedoch genau der Garant dafür, dass wir in diesem Bereich durch die Vergabe der Trafiken an Menschen mit besonderen Bedürfnissen eine Arbeitsstätte, ei­nen unternehmerischen Arbeitsplatz schaffen können und durch die Festlegung von Min­destspannen dafür sorgen, dass man davon auch leben kann.

Durch diese Mindestspannen wird der Markt geregelt. Wenn ein Markt geregelt werden muss, braucht man eine Kontrollinstanz, und das ist, wie gesagt, das Tabakmonopol. Wenn es ein Monopol gibt und nicht erlaubt wird, dass jeder Zigaretten und sonstige Ta­bakwaren verkaufen kann, braucht man auch eine entsprechende Versorgungssicher­heit. Rauchen ist in Österreich nicht verboten, und daher muss jeder Österreicher Zu­gang zu diesem Produkt haben, wenn wir das reglementieren.

Trafiken, die es in Österreich flächendeckend gibt, müssen überleben können, und da­her schlägt dieser Antrag auch in die richtige Kerbe und gehört entsprechend diskutiert, damit für unsere Trafiken auch etwas übrig bleibt. Auch die Industrie hat ein Interesse, Marktanteile zu gewinnen beziehungsweise nicht zu verlieren, und auch diese Interes­sen sind zu berücksichtigen, denn die müssen schließlich auch die entsprechenden Pro­dukte nach Österreich liefern; in Österreich produzieren wir ja keine Zigaretten mehr.

Wenn wir ein Tabakmonopol haben, die Produzenten sich ihre Kunden also nicht aus­suchen können, müssen wir auch sie ins Boot bekommen, um das Gleichgewicht zwi­schen den verschiedenen Akteuren zu wahren.

Einer der Hauptnutznießer – auch dazu hat Kollege Wurm schon etwas gesagt – ist in diesem Fall der Staat, der mit sehr hohen Einnahmen am Tabakkonsum mitverdient, und das Mitverdienen bedeutet für uns im Gesamtvolumen eine hohe Einnahme. Diese ho­he Einnahme brauchen wir allerdings auch, um andere Aspekte, die genau dieses Ge­setz vorgibt, berücksichtigen zu können. Es geht dabei um die Themen Jugendschutz und Gesundheitspolitik; auch sie sind im Tabakgesetz mitzuberücksichtigen. Es werden schon sehr viele Diskussionen über Tabak geführt: Wo raucht man? Wer raucht? Ab wann darf man rauchen? – Auch das sind Aspekte, die wir dementsprechend mittragen, und gera­de im nächsten Jahr, ab dem es in vielen öffentlichen Bereichen ein Rauchverbot ge­ben wird, wird die Handelsspanne ein interessantes Thema werden, denn der eine oder andere wird dadurch wohl auch auf die eine oder andere Zigarette verzichten müssen.

Die Lösung in Österreich ist die Monopolverwaltung, die diesen Spagat zwischen gro­ßen und kleinen Trafiken, zwischen Industrie und Staat zu schaffen versucht. Gerade jetzt


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führen wir intensive Diskussionen, wie wir das bewerkstelligen können. Es sind alle Stake­holder an Bord; wir diskutieren das sehr breit. Der Antrag des Kollegen Wurm passt wun­derbar dazu, und wir werden ihn mit in die Diskussion aufnehmen. Wir müssen dabei auch die Preiselastizität berücksichtigen, denn jede Steigerung des Zigarettenpreises vermehrt den Schmuggel, und damit bleibt dann erst wieder weniger Spanne für den Trafikanten und für die Industrie, was gleichzeitig auch weniger Steuereinnahmen für Österreich be­deutet. Also diesen Spagat müssen wir schaffen, und das geht nur im Einvernehmen, und dieses Einvernehmen versuchen wir herzustellen.

Ein weiterer Punkt, der noch wichtig ist, ist die Rechtssicherheit für alle Unternehmen. In der vorigen Periode wurde ein Fünfjahresplan ausgemacht, wie sich die Tabaksteuer und die Spanne entwickeln sollen. Das läuft heuer aus, daher muss es heuer neu ver­handelt werden. In diese Verhandlungen sind viele eingebunden, und dementsprechend müssen wir schauen, dass wir für die Gruppe der Menschen, die in den Trafiken ste­hen, eine vernünftige Lösung finden. Alle sind dazu eingeladen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.

 


14.40.44

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Selten waren wir beide einer Meinung, Kollegin Schatz, aber in dieser Hinsicht: Ja! (Abg. Schatz: Ja?) Es freut mich auch, dass Sie das Konzept der ÖHV „365 Tage Arbeit im Tourismus“ schon damals – das ist nämlich über zehn Jahre alt – und auch das Pro­gramm der NEOS gelesen haben, dass Sie sich dessen angenommen haben.

Es geht wirklich um den Köchemangel, und Sie haben das auch richtig erkannt: Wir brauchen einfach Modelle, im Rahmen derer die Mitarbeiter nicht abgemeldet und wie­derangemeldet werden. Bei rund 200 000 Beschäftigten im Tourismus gibt es pro Jahr 370 000 An- und Abmeldungen! Da müssen wir uns vergegenwärtigen: Warum ist das so? – Weil die Lohnnebenkosten zu Lohnhauptkosten geworden sind und die Unterneh­mer, vor allem im Tourismus, auch dazu angehalten sind, durch die hohen Lohnneben­kosten in den Bereichen, wo sie keine Stunden mehr abbauen müssen, den Betrieb zu­zusperren, weil sie auch Unternehmer und keine Unterlasser sind. Sie sperren den Betrieb zu.

Das heißt in der Folge: Wir überlassen sie dem AMS und werden dafür in unserer Bran­che auch meistens kritisiert, weil von der Regierungsseite her kein Angebot besteht. Ich spreche ja nicht einmal von Förderungen. Ich spreche von der Möglichkeit, dass wir Ar­beitszeitflexibilisierung – ohne Abschläge, ich gebe Ihnen in dieser Hinsicht völlig recht – bis zu 365 Tage im Jahr garantieren können. Das ist ganz wichtig! Das ist hier auch wich­tig.

Nun gibt es auch immer wieder den Antrag, dass der Beruf Koch in die Mangelberufs­liste aufgenommen werden soll. Das bringt mich aber auch noch einmal zu einem an­deren Punkt: jenem der Personenfreizügigkeit. Die FPÖ versucht seit ein paar Tagen, ein bisschen in den Wirtschaftsbereich hineinzutunken und sich in die Programme hi­neinzudenken. Die SPÖ tut das schon länger, ist aber auch noch nicht so weit gekom­men, zu erkennen, dass die Personenfreizügigkeit ein europäischer Grundwert ist. Was geschieht, wenn man diese einschränkt? – Dazu nenne ich Ihnen eine Zahl: Der Arlberg, eine der bestzahlenden Regionen im Tourismus, hat einen Anteil an europäischen, nicht österreichischen Mitarbeitern von über 70 Prozent! Das hängt nicht mit den schlechten Löhnen zusammen, sondern das hängt einfach damit zusammen, dass wir eine schlech­te Gesinnung vor allem für den Tourismus haben, weil der Tourismus dann da sein muss, wenn die anderen Freizeit haben.


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Das wird ja von der Gewerkschaft immer wieder sozusagen als ihr PR-Gag geliefert – obwohl sie selber am Ossiacher See Gewerkschaftsheime auch am Wochenende be­wirtschaftet –, dass die Mitarbeiter im Tourismus meistens an den Wochenenden da sein müssen. – Ja, das müssen sie, und das tun der Großteil von ihnen und vor allem die meisten Unternehmer auch gerne.

Das Problem ist nur, dass wir keine österreichischen Mitarbeiter mehr von Wien an den Arlberg bringen werden! Also dahin gehend brauchen wir die Personenfreizügigkeit. Eu­ropa ist nämlich keine Einbahnstraße, und die Personenfreizügigkeit ist auch keine Ein­bahnstraße. Wir können uns hier nicht abschotten, sondern die touristischen Unterneh­men brauchen diese Mitarbeiter. Wir finden fast keine Stubenmädchen mehr, wir finden selbst Köche nicht mehr, die aus Österreich kommen.

Das ist zum Teil hausgemacht, ich gebe es zu. Das ist zum Teil hausgemacht, aber zum Großteil hängt es an den Rahmenbedingungen. Was diese Rahmenbedingungen be­trifft, so müsst euch da vor allem ihr, liebe FPÖ, ein bisschen ändern – ich glaube, ihr müsst euch um fast 180 Grad drehen – und dürft, Stichwort Unternehmerfreundlichkeit und Personenfreizügigkeit, keine Beschränkungen einführen. Noch einmal: 70 Prozent jener Menschen, die im Tourismus am Arlberg arbeiten, kommen nicht aus Österreich, son­dern aus dem restlichen Europa. Österreicher gibt es da nur noch 19 Prozent.

Wenn ihr das einschränken wollt, wenn ihr, liebe SPÖ, das genauso einschränken wollt wie mit dem Niessl-Pakt da unten, dann haben wir im Tourismus generell ein Problem. Davon hängt es ab, ob Österreich insgesamt eine Volkswirtschaft bleibt, in der auch ei­ne positive Tourismusgesinnung erhalten bleibt. Das ist der springende Punkt. (Beifall bei den NEOS.)

14.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


14.45.05

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Alois Stöger, diplômé, betraut mit der Fortführung der Verwaltung des Bundesministeriums für Gesund­heit und Frauen: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich ganz besonders mit dem Thema Lehrlinge, gerade in der Gastronomie, auseinandersetzen. Ich glaube, das, was jetzt hier in einer aus meiner Sicht sehr sachlichen Art dargestellt worden ist, trifft tatsächlich zu. Wir brauchen neue Formen der Regelungen im Bereich des Tourismus.

Der Tourismus ist ein Bereich, der wesentlich zur Wertschöpfung unseres Landes bei­trägt, und das soll auch in Zukunft so sein. Daher brauchen wir dort Formen, mit denen man den besonderen Anforderungen, die im Tourismus herrschen, die entsprechenden Rahmenbedingungen gibt.

Ich bedanke mich erstens bei der zuständigen Stelle in der Wirtschaftskammer, die be­reit war, hier in einen Diskussionsprozess einzutreten; das haben sie mir versprochen. Zweitens bitte ich auch die Gewerkschaften und alle, die in diesem Bereich tätig sind, darauf zu achten, dass wir Formen finden, die dem Tourismus gerecht werden. Ich se­he auch, dass wir da gerade in der Frage der räumlichen Mobilität Aktivitäten setzen müssen. Wir haben auch im Regierungsprogramm vereinbart, dass es da Mobilitätsun­terstützungen geben wird.

Ich sehe auch ein Problem darin – Herr Abgeordneter Schellhorn hat es angesprochen –, dass viele im Bereich des Tourismus Wiedereinstellungszusagen haben, die uns einer­seits nicht gefallen, andererseits aber für alle Beteiligten eine Rolle spielen. Ich bitte da­rum, dieses Thema sachorientiert weiterzuentwickeln, und freue mich, dass man von­seiten der Tourismuswirtschaft und der zuständigen Gewerkschaft bereit war, hier Ak­tionen zu setzen.


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Ich hätte auch gerne etwas zu den Anträgen des Herrn Abgeordneten Kickl gesagt, aber er ist ja nicht da. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

14.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


14.47.31

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Mi­nister! Hohes Haus! Ich kann, wenn ich darf, etwas zum Antrag des Abgeordneten Kickl sagen: Dem muss man nämlich vorbehaltlos zustimmen! Der Antrag lautet darauf, dass die Mindestsicherung auf das Herkunftslandprinzip abstellen soll. Das ist in sich völlig logisch und konsistent, weil natürlich die Anreize, in Österreichs Sozialsystem einzuwan­dern, enorm sind.

Man kommt ja nach Österreich nicht nur als Tourist oder weil es bei uns so schön ist, sondern man kommt als Migrant vorwiegend zu uns, weil das Sozialsystem so gut aus­gestattet ist und speziell für Fremde unglaublich viele Leistungen bietet, wobei es nicht okay ist, dass diese jemandem gegeben werden, der nie etwas in das System einzah­len wird (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Doppler) und der noch nie etwas ins Sys­tem eingezahlt hat. Das ist einfach nicht fair den Österreichern gegenüber! (Beifall beim Team Stronach.)

Das Sozialsystem ist ja nicht beliebig belastbar, und auch das Sozialbudget ist nicht endlos. Wir wissen, dass das Sozialbudget bereits über 30 Prozent des Gesamtbud­gets beträgt. Da muss man sich als für die Nation verantwortliches Hohes Haus schon die Frage stellen, wie lange das gehen kann und wie weit das überhaupt gehen soll. Deswegen ist der Antrag von Kollegen Kickl in sich völlig richtig und begründbar. Man kann nicht alle über einen Kamm scheren, und man kann nicht alle Leute, die aus der ganzen Welt nach Österreich kommen, den Österreichern gleichstellen!

Diese Gleichheitsideologie ist eine aus meiner Sicht völlig verworrene, und sie führt da­zu, dass man am Ende niemandem mehr gerecht werden kann. Ich darf dazu einen My­thos aus Griechenland zitieren.

Sie kennen vielleicht die Geschichte vom Riesen Prokrustes: Der Riese Prokrustes hatte eine Herberge mit einem einzigen Bett und bot dieses Bett jedem, der vorbeikam und bei ihm nächtigen wollte, an. Nur, die Leute sind unterschiedlich groß und unterschied­lich schwer. Demjenigen, der für dieses Bett zu groß war, hat er die Gliedmaßen abge­schnitten, und den, der für sein Bett zu klein war, hat er auf die Streckbank gelegt und gedehnt. Das heißt, die Gleichheit war bei dem Riesen Prokrustes massiv blutig.

Pallas Athene – die da draußen vor unserem Haus steht – war ganz entsetzt über die Vorgangsweise des Riesen Prokrustes. Sie hat ihn zur Rede gestellt und gefragt, ob er wahnsinnig geworden ist. Daraufhin hat er gesagt: Nein, bitte die Menschen sind doch gleich! Und wenn sie das nicht sind, müssen wir sie gleichmachen.

Aus dieser mythologischen Geschichte kann man schon schließen, dass die Gleichheit an sich, wenn man sie über alle drüberziehen will, ein bisschen absurd ist und dann meis­tens blutig endet. Auch der Riese Prokrustes hat übrigens blutig geendet: Der Held The­seus hat ihn schlussendlich erschlagen.

Das heißt, wir dürfen in der Debatte um Mindestsicherung, Zuwanderung und Migration durchaus ungleiche Maßstäbe anlegen, denn man kann nicht Ungleiches gleichmachen. Denken Sie an Prokrustes: Es endet immer schlecht! – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach sowie des Abg. Doppler.)

14.50


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ing. Dietrich. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 112

14.50.23

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich glaube, Mindestsi­cherung ist schon der Schlüssel, um Migrationsströme zu lenken. Je attraktiver ein Land ist, desto mehr versuchen natürlich zukünftige Asylwerber, in dieses Land zu kommen. Aber Mindestsicherung wäre auch der Schlüssel, um die Integration zu lenken. Ich per­sönlich begrüße es, wenn man dann wirklich Wertekurse, Sprachförderung, vieles macht, um die Menschen, die bei uns sein können, auch in unser System zu integrieren, denn das Schlechteste, was uns passieren kann, ist, dass diese Personen immer in der Min­destsicherung bleiben.

Aber ich sage Ihnen auch: Das, was in Wien passiert ist, ist absolut unverständlich! Es ist aus meiner Sicht durch nichts zu entschuldigen, dass die zuständige, verantwort­liche Stadträtin Sonja Wehsely sich, gelinde gesagt, aus dem Staub macht und die Be­amtin, die auf Weisung gehandelt hat, wie man hört, wie es ja Aussagen gibt, den Kopf hinhalten muss. Dass man als politisch Verantwortliche nicht den Mut hat, nicht die Cou­rage besitzt, sich hinzustellen und für diese Missstände einzustehen, das ist durch nichts und niemanden zu entschuldigen. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ sowie des Abg. Doppler.)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, wir werden auf dem Thema draufbleiben. Mindestsiche­rung darf kein Selbstbedienungsladen sein – nur nach strengen Kriterien, Kriterien, die Integration bedeuten, damit am Ende des Tages eine positive Leistung für die Volks­wirtschaft herauskommt. Wer dazu nicht bereit ist, für den muss Österreich das falsche Land sein. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Doppler.)

14.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Je­newein. – Bitte.

 


14.52.37

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister, schön, dass Sie noch hier sind! Es war nicht klar, ich dachte, Sie gehen um 14 Uhr. Das war auch der Grund dafür, dass ich sozusagen meine Rede über den IT-Skandal vorgezogen habe. Ich wollte Ihnen eigentlich eine Chance geben, sich hier zu erklären. Sie haben diese Chance aber verstreichen lassen, und zwar mit einer eher sehr plumpen, dummen Bemerkung, die Sie hier gemacht haben. (He-Rufe bei der SPÖ.) Mit einer sehr plumpen Bemerkung ...

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete, ich möchte Sie wirklich bitten, den Ausdruck „dumm“ zurückzunehmen.

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (fortsetzend): Ich nehme den Aus­druck „dumm“ zurück.

Es war dennoch eine etwas plumpe Erklärung dafür, dass Sie nicht dazu Stellung neh­men – die Begründung war nämlich: weil Kollege Kickl nicht hier ist. Das habe ich über­haupt noch nicht gehört. Ich weiß schon, Herr Bundesminister, es ist Ihnen jetzt gar nicht recht, dass Herr Kickl über einen möglichen Untersuchungsausschuss verhandelt, bei dem es Herrn Darabos möglicherweise an den Kragen gehen könnte. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das weiß ich schon, dass Sie das nicht möchten und dass Sie glauben, hier von der Regierungsbank herunter polemisieren zu müssen. Das kann ich aus Ihrer Sicht verstehen.

Aber jetzt gehen wir zurück zu dem Skandal, der Sie hier betrifft und der wahrschein­lich nicht minder zu bewerten ist. Herr Bundesminister, heute hätten Sie die Chance ge­habt, sich hier zu erklären. Sie decken zu! Kommen Sie endlich weg vom Aussitzen zum Umsetzen! Machen Sie endlich einmal etwas! Sie versuchen hier, alles zuzudecken, dass


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es nicht schlimmer wird. Sie können es hinauszögern, Sie können auch noch mithilfe des Koalitionspartners verhindern, dass es einen Sondersozialausschuss gibt, aber spätes­tens am 6. April werden Sie sich erklären müssen.

Ich sage Ihnen noch etwas: Wir haben auch schon parlamentarische Anfragen in diese Richtung vorbereitet. Sie werden uns hier nicht auskommen, und es werden sich auch noch die Gerichte damit befassen. Es kann nicht sein, dass Sie als zuständiger Bun­desminister – und Sie wissen ganz genau, dass es ein Protokoll dieser Zugfahrt gibt, wo Sie bereits darüber gesprochen haben, wo Sie Details darüber ausgeplaudert ha­ben. Herr Bundesminister, das wissen Sie ganz genau, auch wenn Sie sich bei der par­lamentarischen Anfrage versteckt und gesagt haben, das betrifft nicht die Vollziehung.

Tatsache ist, es gibt davon nicht nur ein Gesprächsprotokoll und eine Tonbandaufnah­me. Sie werden hier Auskunft geben müssen, warum Sie seit Juni letzten Jahres diese Zustände geduldet haben, warum Sie diesbezüglich nichts unternommen haben, warum Sie den Skandal haben anwachsen lassen und warum 172 Millionen € an Steuergel­dern einfach in den Wind geblasen werden.

Wenn Sie dann in der APA auf Nachfrage sagen, da gibt es keine Probleme für die Ar­beitslosen, das AMS kann genauso weiterarbeiten, wurscht, ob die IT funktioniert oder nicht, dann frage ich mich: Wozu braucht man ein Projekt um 172 Millionen €, wenn man es eigentlich nicht verwendet? – Da kann also irgendetwas nicht zusammenpassen. Da werden Sie uns nicht auskommen, das kann ich Ihnen heute von hier aus schon ver­sprechen. Sie werden hier noch die Verantwortung zu übernehmen haben – wenn nicht heute, dann in den nächsten Wochen und Monaten.

Jetzt zum zweiten Antrag, in diesem geht es um die Mindestsicherung. Ich weiß, Sie schieben das alles immer gerne weg, weil ja die Mindestsicherung sozusagen auch Ihr Sündenfall ist, da Sie es nicht geschafft haben, eine bundeseinheitliche Regelung zu­stande zu bringen. Im Gegensatz zu Ihrem Amtsvorgänger, der das noch zustande ge­bracht hat, sind Sie daran gescheitert, kläglich gescheitert. Jetzt haben wir neun unter­schiedliche Systeme.

Das schlimmste System ist jenes unter Rot-Grün in Wien! Das sollte man sich schon auch einmal vor Augen halten. Da sind Missstände, da haben der Betrug, der Missbrauch fröhliche Urständ gefeiert, in jeder Hinsicht. Ein ganzes Sozialressort ist hier wie ein Selbstbedienungsladen geführt worden: keinerlei Kontrollen, irgendwelche Betrügerei­en, Doppelbezüge, Dreifachbezüge, Unterlagen, die nicht mehr vorhanden sind, die man nicht mehr findet.

All das haben Sie als Oberaufsicht letztlich schon auch mitzuverantworten. Sie haben nie ein kritisches Wort in Richtung Wien oder in Richtung Genossin Wehsely gesagt, niemals! Sie haben es mitgetragen, Sie haben auch das zugedeckt. Das holt Sie jetzt ein. Da haben Sie bereits jetzt den Schwarzen Peter, den bekommen Sie ohnehin nicht mehr los.

Aber genau dasselbe haben Sie auch hier gemacht: Sie versuchen permanent, alles nur auszusitzen und alles schönzureden. So wird das aber nicht funktionieren! Sie kennen das Sozialbudget ganz genau: Wien ist im Sozialbereich de facto pleite. Wien kann sich diese Mindestsicherung ja gar nicht mehr leisten!

Aber anstatt hier endlich einmal einen Gedanken zu fassen, wie man denn einsparen kann, hat die Stadt Wien nichts anderes zu tun, als dass sie jetzt auch noch allen abge­lehnten Asylwerbern weiterhin 900 € geben möchte. Das ist Sozialpolitik à la SPÖ Wien, und das ist Sozialpolitik, die Sie, Herr Stöger, offensichtlich gutheißen, denn ich habe von Ihnen keine Kritik gehört.

Für jeden hier im Land befindlichen Fremden, der keinen Anspruch auf Asyl hat, 900 € zu bezahlen, das ist ein Verbrechen! Das ist eigentlich etwas (Abg. Königsberger-Lud-


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wig: Ist ja ein Wahnsinn!), was man hier den österreichischen Steuerzahlern aufbürdet. Man nimmt das den österreichischen Steuerzahlern weg. Das ist eine Umverteilung vom österreichischen Steuerzahler hin zu irgendwelchen Menschen, irgendwelchen Einwan­derern, die gerne hierher ins Sozialsystem einwandern, aber keinen Beitrag leisten! (Bei­fall bei FPÖ und Team Stronach.)

14.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Vogl. – Bitte.

 


14.57.52

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte zu den Vorgängen rund um das AMS und die IT-Beschaffung Stellung nehmen. Wir reden hier von einem Unternehmen mit 5 000 Be­schäftigten. Wenn man sich vorstellt, dass ein Unternehmen mit 5 000 Beschäftigten sein EDV-System wechselt, seinen Provider wechselt, kann man sich ungefähr die Dimen­sion der Herausforderung vorstellen.

Vielleicht gleich einmal zu Beginn: Die Umstellung war erfolgreich. Erfolgreich heißt, das System läuft, und es heißt, die Kosten für das AMS sind gesunken. – So weit einmal zu den Fakten.

Was jetzt tatsächlich passiert ist, ist – und da muss ich sagen, der Herr Minister hat schon recht; es war vielleicht nicht die klügste Antwort, denn wenn wir immer darauf war­ten würden, dass wir die Anträge des Herrn Kickl diskutieren, wenn er hier ist, würden wir sie nie diskutieren, das stimmt schon –: Herr Kickl hat ein großes Problem: Er ist null Praktiker, und als Nichtpraktiker kann er natürlich diese Dimension gar nicht verste­hen, nicht verstehen, was es heißt, wenn man für 5 000 Menschen ein neues EDV-Sys­tem in einem Unternehmen implementiert. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Seit dem Jahr 2011 ...!)

Und ja, es ist tatsächlich so gewesen, dass der Auftragnehmer offensichtlich die Risi­ken, den Aufwand, der damit verbunden ist, dieses System umzustellen, massiv unter­schätzt hat. (Abg. Kassegger: Da hat der Auftraggeber ...!) IBM hat die Herausforde­rungen, die damit verbunden sind, das zu ändern, unterschätzt.

Es kommen natürlich Dinge dazu, die bei jedem Providerwechsel passieren. Es hat Kla­gen gegeben. Wir wissen, es hat einen Vergleich gegeben, das heißt, die Klage wurde abgewiesen. Wir wissen, dass es schwierig ist, wenn ein Provider seine Daten herge­ben soll, diese auf den anderen zu übertragen. Das sind alles Dinge, die nicht einfach sind, und ich glaube, jeder, der schon einmal die Erfahrung gemacht hat, solch einen Wechsel durchzuführen, weiß, dass das nicht einfach ist.

Dazu kommen natürlich auch noch – und ich glaube, das muss man auch einmal ganz offen und ehrlich ansprechen – die Ängste der Beschäftigten. Ich weiß nicht, wer von Ih­nen schon damit konfrontiert war, nur seine Windows-Version wechseln zu müssen. (Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.) Also ich kann Folgendes aus der Praxis erzählen: Wenn wir neue CAD-Systeme einsetzen, sind die immer schlechter als die vor­hergegangenen, weil die Befehle nicht so zum Finden sind, wie sie vorher aufgebaut waren. Im Nachhinein kommt man dann drauf: Na ja, eigentlich ist es schon gescheiter.

Wie gesagt, im ersten Moment ist alles schlechter, als es vorher war, und das kommt natürlich auch dazu. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Seit 2011! Das ist kein erster Mo­ment!)

Ja, wir haben jetzt dieses Problem: Diese Zusatzanwendungen, die für das AMS wich­tig sind, um seine Leistungen weiterentwickeln zu können, funktionieren nicht. Das heißt aber nicht, dass der Betrieb derzeit eingeschränkt ist. Und jetzt ist es Aufgabe des Ma­nagements, dafür zu sorgen, dass uns kein Schaden entsteht. Das Management ist ge­nau dafür verantwortlich, und das macht es.


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Es ist die Aufgabe des Ministers, Anfragen zu beantworten, und ja, es ist Ihr gutes Recht, meine Damen und Herren, hier Anfragen zu stellen und im Ausschuss eine Aus­sprache zu verlangen (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das machen wir ja!), aber wir brauchen jetzt keinen Sondersozialausschuss. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Warum nicht?) Das sind Dinge, die in der Praxis einfach vorkommen, wenn der Provider ge­wechselt wird. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Aber doch nicht sechs Jahre lang!) Das sind Themen, die ganz normal vorkommen. Da sind Rechtsanwälte dahinter, da stehen Verträge dahinter, und diese Verträge sind einzuhalten. (Abg. Pirklhuber: Richtig!) Wir sind in einem ganz normalen Eskalationsprozess mit der Firma IBM.

Dass der Imageschaden, der dem Unternehmen IBM dadurch entstanden ist, nicht un­erheblich ist, ist uns allen hier herinnen bewusst. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Geht es jetzt um IBM oder um das AMS?) Dass es auch für IBM nicht angenehm ist, dass dieses Ding derzeit so gegen die Wand gefahren wird, ist auch klar. (Abg. Belako­witsch-Jenewein: Haben Sie einen Vertrag mit IBM?) Und die Aufgabe des Manage­ments des AMS ist es, dafür zu sorgen, dass der Eskalationsprozess sauber läuft. Das ist die Aufgabe des dortigen Managements, und dieser kommt es nach. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben die Möglichkeit, über Anfragen zu eruieren, ob diese Kontrollrechte eingehal­ten werden. Meines Erachtens – ich kann es, wie gesagt, nur aus der Praxis beurteilen – ist die Weise, wie das Management auf diese Probleme reagiert, vorbildlich. Ich gehe da­von aus, dass es hoffentlich bald zu einer Lösung im Sinne von uns Steuerzahlern kommt, aber auch im Sinne der Beschäftigten des AMS, weil die natürlich auch darauf ange­wiesen sind, dass sie irgendwann einmal in der Lage sind, diese neuen Programme auch in der Produktion einzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Vogl ... (Abg. Doppler: Der verlässt gerade das Rednerpult, Herr Präsident!) – Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter Doppler, Sie gelangen zu Wort. – Bitte. (Abg. Doppler – bereits am Rednerpult stehend –: Herr Kollege Vogl, darf ich die Unterlagen nachreichen? – Abg. Vogl: Bitte! – Abg. Cap: Kollege Pendl nimmt sie in Empfang! – Abg. Pendl: Nein!)

 


15.01.47

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! (Ruf bei der ÖVP: Die Zeit ist um!) – Die Zeit ist nicht um, Herr Kollege. – Ich nehme zu Tagesordnungspunkt 14 Stellung: Ver­stärkung der Eingliederung von Menschen mit Behinderung in den allgemeinen Arbeits­markt. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Von einer Gleichstellung von Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen sind wir noch meilenwert entfernt. Es stimmt schon, es sind Verbesserungen gemacht und vollzogen worden, aber es gibt noch sehr viel zu tun.

Wenn ich mir den Entschließungsantrag von Peter Wurm genau anschaue, dann sehe ich, dass der strenge Nichtraucherschutz vor allem auf Tabakgeschäfte, Trafiken sehr starke Auswirkungen ist. Die Nettohandelsspanne wird immer weniger, und nur eine ge­rechte Handelsspanne kann das Überleben der Trafiken und der Tabakfachgeschäfte ge­währleisten. Dadurch hätten weiterhin viele behinderte Menschen Arbeit, die in dieser Branche mit Recht bevorzugt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin ja auch Betriebsrat und ich weiß schon, was es für behinderte Menschen bedeutet, wenn sie keinen Arbeitsplatz haben oder wenn sie auf Arbeitssuche sind. Sie haben enorme Hürden zu bewältigen. Ich glau­be, es sollte alles unternommen werden, um diesen Menschen einen entsprechenden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 116

Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Gerhard Schmid.)

15.03


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krai­ner. – Bitte.

 


15.03.29

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Belakowitsch-Jenewein hat gezeigt, wie man völlig unsachlich, un­wahr und an der Wahrheit vorbei versuchen kann, Themen wie die Mindestsicherung zu missbrauchen. Sie hat zum Beispiel behauptet, dass jeder abgelehnte Asylwerber in Wien 900 € Mindestsicherung bekommen würde. Die Wahrheit ist, und das wissen Sie, dass kein einziger abgelehnter Asylwerber auch nur einen Euro Mindestsicherung be­kommt, weil ausschließlich Personen, die Asyl bekommen haben, Zugang zur Mindest­sicherung haben. (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Der Herr Hacker hat das gefordert!)

Jemand, dessen Antrag abgelehnt wird, bekommt null. Das wissen Sie, und leider stel­len Sie sich hierher und behaupten das Gegenteil. Das, worum es geht, ist Folgendes: Solange jemand quasi auf die Asylentscheidung wartet, ist er in der Grundversorgung – das heißt: Dach über dem Kopf, Essen und 40 € Taschengeld, damit er Toilettenartikel kaufen kann; also Bargeldleistung ist in der Regel 40 € im Monat.

Die Frage ist, ob jemand, dessen Antrag abgelehnt wird, bis zur Ausreise – das kann in kurzen Fällen zwei, drei Monate dauern – mit null Euro auf der Straße leben soll oder nach wie vor ein Dach über dem Kopf haben und Nahrung und Toilettenartikel bekom­men soll, damit er sich die Zähne putzen kann. Dazu sagt die Stadt Wien, dass es bes­ser ist, von der Ablehnung bis zur Ausreise diese Grundversorgung zu gewähren, als die Leute in die Illegalität zu drängen, in die Obdachlosigkeit zu drängen; damit löst man kein Problem, sondern schafft zusätzliche Probleme.

Diese Position halte ich natürlich für richtig: Bis zu dem Tag, an dem ein Abgelehnter ausreist, muss es eine Grundversorgung für ihn geben. (Abg. Neubauer: ... gekommen ist!) – Was wollen Sie? Wollen Sie Tausende Menschen, die obdachlos in Innsbruck oder in Graz oder in Linz oder in Wels herumlaufen? Das kann ja niemand wollen, das ist ja nicht praxisorientiert.

Die Grundidee der Mindestsicherung, die ja wirklich gescheit ist und ein sozialpoliti­scher Meilenstein war (Abg. Peter Wurm: Das war ein Fiasko!), war, dass man gesagt hat: Man möchte, dass die Mindestsicherung quasi ein Sprungbrett ist, dass das über das AMS gemacht wird und nicht über die Sozialhilfe, sprich, dass Personen, die in der Mindestsicherung sind und arbeitsfähig sind, wieder zu einem Job kommen. Und es hat sich ja gezeigt, dass das ganz gut funktioniert. (Abg. Peter Wurm: Wo denn?)

Das Zweite ist, dass man weiß, dass man in Österreich als Einzelperson circa 850 € im Monat braucht, um überhaupt halbwegs menschenwürdig existieren zu können. (Abg. Peter Wurm: Falsche Aussage! Rechnungshofbericht!) Bis heute hat keiner erklären können – obwohl ich diese Frage hier öfter gestellt habe –, welches Problem es lösen soll, wenn wir jemandem 500 € geben, obwohl wir wissen, dass man 850 € braucht, um halbwegs menschenwürdig existieren zu können. Es löst gar kein Problem, es schafft nur andere Probleme: Ausgrenzung, Obdachlosigkeit, Diskriminierung und so weiter.

Ganz ehrlich: Politik auf dem Rücken der Ärmsten zu machen, dafür habe ich gar nichts übrig. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Peter Wurm: Fach­lich nicht informiert, Herr Kollege!)

15.07



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 117

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


15.07.16

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Mi­nister! Zur Verstärkung der Eingliederung von Menschen mit Behinderung in den allge­meinen Arbeitsmarkt: In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit ist die Eingliederung von Perso­nen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt entsprechend deren Fähigkeiten mehr denn je gefordert. Auch Personen mit Behinderung haben ein Recht auf Arbeit, darüber hinaus fördert Arbeit deren Selbstwertgefühl.

Im Bereich der unselbständigen Anstellung wird von der FPÖ beantragt, die Probezeit von sechs Monaten auf vier Jahre sowie die Staffelung der Ausgleichstaxe nach Be­triebsgröße zu verlängern beziehungsweise zu erhöhen. Eine Probezeit stellt für jeden Arbeitnehmer eine zusätzliche Belastung beziehungsweise Verunsicherung in Bezug auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis dar. Eine Probezeit von vier Jahren ist sowohl für den Dienstnehmer als auch für den Dienstgeber unzumutbar. Neben den Grundla­gen des Behinderteneinstellungsgesetzes entstehen dem Arbeitgeber auch durch wei­tere gesetzliche Vorgaben zusätzliche Kosten, beispielsweise durch die Errichtung be­hindertengerechter Arbeitsplätze.

Im Bereich der Selbständigkeit behinderter Personen wurden Trafiken und Tabakver­kaufsstellen angesprochen. Hinsichtlich derzeitiger Verordnungen – zum Beispiel der Re­gistrierkassen und Zigarettenautomaten – erscheint eine Anhebung der Spanne zur Finan­zierung aufgrund des erhöhten Aufwandes durchaus nachvollziehbar. – Danke.

15.09


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.

 


15.09.12

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Jetzt musste ich mich doch noch einmal zum Thema Mindestsicherung zu Wort melden: Kol­lege Krainer, ich würde Ihnen anraten, sich nicht hierherzustellen, wenn Sie von der Min­destsicherung fachlich überhaupt keine Ahnung haben. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Scherak: Warum sind dann Sie eigentlich da? – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Krainer, Sie sitzen in keinem Ausschuss – zumindest meines Wissens –, in dem das diskutiert wird, auch im Sozialausschuss sehe ich Sie nicht. (Abg. Hakel: Peinlich!) Wenn Sie sich hier an dieses Pult stellen, Herr Kollege, sollten Sie schon re­cherchieren oder einfach aufpassen, wenn die Kollegen hier etwas erzählen. Wenn Sie in den letzten drei Jahren zugehört hätten, dann hätte Ihnen das einiges über die Min­destsicherung erklärt oder gesagt. (Abg. Königsberger-Ludwig: Geh bitte!)

Ich sage es Ihnen noch einmal: Es gibt einen Rechnungshofbericht darüber – der ist be­reits zwei Jahre alt –, wie viel eine Einzelperson in Tirol und Vorarlberg durchschnittlich bekommt. Und das sind nicht 860 €, Herr Krainer, das sind 1 100 €. (Abg. Krainer: Sie müssen wissen, dass der Durchschnitt 300 € ist! 300, nicht 1 000!) Das steht im Rech­nungshofbericht, der ist bei uns hier im Haus.

Wenn Sie nachfragen würden, würden Sie wissen, dass die Menschen in vielen Bun­desländern 660 € zum Leben bekommen, zum Ausgeben, aber parallel wird ihnen die Wohnung inklusive Heizen bezahlt. Das sollten Sie alles dazusagen, Herr Kollege Krai­ner, oder besser eben schweigen (Zwischenrufe bei der SPÖ); einfach schweigen und sagen: Okay, dieses Thema müssen wir klären! – Der Minister weiß es ja.

Herr Kollege Krainer, seit gestern nenne ich hier im Haus eine Zahl, und es hat noch niemand irgendetwas dagegen gesagt, auch der Herr Minister nicht. Ich habe seit ges-


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tern drei Reden zum Thema Mindestsicherung gehalten und habe gesagt: Wir haben ak­tuell 340 000 Personen in der Mindestsicherung. Es hat keiner gefragt: Herr Wurm, wie kommen Sie auf diese Zahl? Im letzten Bericht, im Sozialbericht 2015, waren es 285 000. Wie kommen Sie auf 340 000? – Ganz einfach: Der Herr Minister weiß es nicht genau. (Abg. Weninger: Nur Sie wissen es genau!) Es will auch niemand genau wissen. Es ist aber relativ leicht hochrechenbar, wenn man sich die Zahlen und die Entwicklungen da­hinter anschaut.

Der Herr Minister sagt auch nichts dagegen, weil er weiß, dass meine Zahl richtig ist. (Ruf bei der SPÖ: Ja, genau!) Wäre meine Zahl falsch, dann hätte der Herr Minister mich nämlich sofort korrigiert, das macht er aber nicht. (Abg. Krist: Er muss nicht auf jeden Blödsinn reagieren!) Der Herr Minister hat ja in einem Vieraugengespräch mit mir zugegeben, dass ich recht habe.

Herr Kollege Krainer, abschließend: Zum Thema Mindestsicherung sollten Sie jene Leu­te reden lassen, die ein bisschen Ahnung davon haben (Abg. Königsberger-Ludwig: Dann dürften Sie auch nicht reden! – Abg. Scherak: Warum reden Sie dann? – Zwischen­rufe bei der SPÖ), und sich nicht hierherstellen und uns Freiheitlichen Populismus vor­werfen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Matznetter: Warum gehen Sie raus, Herr Kollege? Da ist der Wurm drinnen!)

15.12

15.12.02

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1491 der Beilagen zur Kenntnis zu neh­men.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1492 der Beilagen zur Kenntnis zu neh­men.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich weise den Antrag 1933/A(E) dem Finanzausschuss zu.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Ausschus­ses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1493 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1494 der Beilagen zur Kenntnis zu neh­men.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1495 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 119

15.14.0118. Punkt

Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den Antrag 1490/A(E) der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen betreffend Öffnung der Forststraßen für Mountainbikerinnen und Mountainbiker (1477 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Angerer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.14.32

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Da­men und Herren! Ich bin zwar nicht im Sportausschuss und auch nicht im Landwirt­schaftsausschuss, aber ich glaube, trotzdem ein paar Worte aus meiner Erfahrung zu diesem Thema sagen zu können. (Abg. Königsberger-Ludwig: Hoffentlich kennen Sie sich aus! – Abg. Brosz: Er redet trotzdem!)

Es geht um die Öffnung von Forststraßen für Mountainbikerinnen und Mountainbiker, einen Antrag der Grünen, den ich für sehr, sage ich jetzt einmal, bedenklich halte. Es ist ein wichtiges Thema, das weiß ich; das weiß ich als Bürgermeister, als Betroffener, denn ich habe selbst eine Mountainbikestrecke bei mir in der Gemeinde eingerichtet.

Die generelle Öffnung, die Sie hier fordern, würde ich mir sehr gut überlegen. Ich glau­be, dass das nicht sinnvoll ist, man kann das nicht generell so machen.

Ich habe mir Ihre Argumentation angesehen. Im Antrag stehen zwar ein paar Dinge drin­nen, die ganz vernünftig sind: Sie reden von Naturschutz, von Waldbewirtschaftung – das braucht einen entsprechenden Stellenwert, das ist alles in Ordnung –; dann schreiben Sie – das ist wahrscheinlich die Begründung dafür, dass man sie öffnen sollte –: Diese Forststraßen sind generell oder großteils mit öffentlichen Mitteln gefördert oder zum Teil errichtet worden. Das soll vielleicht die Argumentation dafür sein, dass jeder deshalb das Recht hätte, diese Wege zu benutzen.

Ich glaube, diese Argumentation ist gefährlich, denn dann könnte ich sagen, man sollte auch darüber nachdenken, dass jemand, wenn er Wohnbauförderung bezogen hat – und vielleicht sitzen auch ein paar davon in Ihren Reihen –, seine Wohnung öffentlich ma­chen muss und jeder auch die Wohnung benutzen darf. – Dann werde ich mich in Zu­kunft bei einem Grünen hier in Wien einquartieren. Ich weiß nicht, ob Sie damit Freude hätten. Das ist von der Argumentation her einfach falsch.

Zur generellen Öffnung möchte ich noch ein paar Fakten bringen: Faktum ist, und das steht in Ihrem Antrag falsch drinnen – Sie sagen, 90 Prozent dieser Straßen sind noch gesperrt, das stimmt nicht –, wir haben circa 120 000 Kilometer Forststraßen in Öster­reich, davon sind mittlerweile schon 27 000 Kilometer freigegeben. Das ist circa ein Vier­tel der Forststraßen, die freigegeben sind.

Außerdem haben wir topografisch völlig unterschiedliche Gegebenheiten: Ich kann ja das Burgendland, Niederösterreich und Oberösterreich nicht mit Kärnten, Oberkärnten und Tirol vergleichen. Wir haben ganz andere topografische Gegebenheiten, wir haben ganz andere ökologische Verhältnisse, wir haben ganz andere Wildarten, die dort in den Wäldern leben, wir haben ganz andere Wald- und Wildbewirtschaftungsarten. Also wir haben in den unterschiedlichen Ländern ganz unterschiedliche Situationen, deswe­gen ist es sehr wichtig, dass man da lenkt und Lenkungen vornimmt.

Das große Thema ist natürlich, dass man das nur miteinander machen kann. Wir als Gemeinde haben entsprechende Verträge abgeschlossen. In unserem Fall ist es so, dass eine Mountainbikestrecke – 11 Kilometer lang, 900 Höhenmeter – drei Weggenossen-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 120

schaften betrifft. Die erste Weggenossenschaft ist eine private Weggenossenschaft, die zweite Weggenossenschaft ist eine Österreichische-Bundesforste-Weggenossenschaft und die dritte Weggenossenschaft ist eine Almgemeinschaft, da bin ich sogar der Grund­eigentümervertreter, da bin ich der Jagdpächter, da bin ich das Jagdschutzorgan. Das heißt, ich weiß, wovon ich rede.

Ich fahre diese Strecke auch manchmal selbst mit dem Mountainbike hinauf, ich fahre ganz gerne mit dem Mountainbike. – Da ist das aber vernünftig geregelt, das heißt, es gibt Verträge. Vor allem das Thema der Haftung muss geregelt werden: Der Wegehal­ter muss aus der Haftung genommen werden, in unserem Fall hat die Gemeinde die Haftung übernommen. Das Ziel ist, dass entweder die Gemeinde oder ein Tourismus­verband vor Ort einen Vertrag mit den Weggenossenschaften abschließt, und dann kann der Weg freigegeben werden.

Ich warne davor, dass man glaubt, das von Wien aus generell regeln zu können, und dass man ein generelles Freimachen von allen Forststraßen vorgibt. Das ist nicht sinn­voll. Lassen Sie dieses Thema einfach vor Ort bei den Betroffenen, bei den Gemein­den, bei den Ländern – das ist eigentlich ein gutes Beispiel dafür, dass Föderalismus auch Sinn macht –, vor Ort kann man das entscheiden, vor Ort kann man gemeinsam Lösungen finden und zur Zufriedenheit aller entsprechende Strecken einrichten. – Dan­ke schön. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Brosz: Müssen wir das für die Fußgänger jetzt auch verbieten oder lassen wir das?)

15.18


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

 


15.18.53

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! – Auf der Regie­rungsbank ist niemand mehr vertreten. – Geschätzte Damen und Herren! Wir beschäf­tigen uns im Sportausschuss schon seit längerer Zeit mit dem Thema Mountainbiken auf Forststraßen. Es hat schon viele private Initiativen dazu gegeben, es hat Presse­gespräche, eine Fachenquete, einen Runden Tisch hier im Haus sowie Aktionstage in ganz Österreich gegeben. Die Naturfreunde, der Alpenverein, die ASKÖ, aber auch wir, die SPÖ-Fraktion, stehen einer vernünftigen Regelung grundsätzlich positiv gegenüber.

Für die Onlinepetition der Naturfreunde gibt es bis heute bereits 40 000 positive Unter­stützungserklärungen.

Das 1976 in Kraft getretene Forstgesetz garantiert, dass jedermann das Recht hat, den Wald zu Erholungszwecken zu betreten. Wir sind der Meinung, dass das auch dem Mountainbikefahrer und der Mountainbikefahrerin möglich sein muss.

Unser gemeinsames Ziel sollte und muss es sein, im Zusammenwirken mit allen Be­teiligten eine neue und klare sinnvolle zeitgemäße gesetzliche Regelung im § 33 des Forstgesetzes für legales Radfahren und für eine vernünftige Besucherlenkung im Wald zu erwirken, die auch zum Ziel haben muss, dass ökologische, forstwirtschaftliche und wildökologische Notwendigkeiten Berücksichtigung finden. Natürlich muss auch die Haf­tungsfrage klar definiert sein, genauso wie das Verhältnis der Wanderer zu den Rad­fahrern, die sich dort ja begegnen werden.

Grundsätzlich, meine Damen und Herren, sollten wir aber Sport ermöglichen und all je­nen, die sich bewegen und Sport betreiben wollen, auch die Chancen dazu geben. Das gilt zum Beispiel für die Öffnung von Schulsportanlagen in den Ferienzeiten genauso wie für jene der Forststraßen für die Mountainbikerinnen und Mountainbiker.

Mit der Zuweisung an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft ist das Thema ge­setzlich, sachlich im richtigen Ausschuss und kann dort weiter und hoffentlich anschlie­ßend abschließend positiv behandelt werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.21



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 121

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Willi zu Wort. – Bitte.

 


15.21.22

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir Grüne möchten die Forststraßen für Mountainbikerinnen und Mountainbiker öffnen. (Ruf bei der ÖVP: Nicht alle!) Forststraßen sind jene Lkw-tauglichen Straßen im Wald, die der Holzbringung dienen, und auf denen auch Jäger, wenn sie jagen gehen, mit ihren Ge­ländewagen fahren. Es ist völlig unbestritten, dass sie dort fahren dürfen und dass die Wege wichtig sind für die Holzbringung. Genau diese Forststraßen, oft mit öffentlichem Geld oder unter Verwendung von Förderungen errichtet, wollen wir für Mountainbiker öff­nen (Zwischenruf der Abg. Fekter), und ich verstehe nicht, wo es ein Problem geben soll mit oder wo die Gefahr ausgehen soll von schweißperlenden Mountainbikern, wenn die Geländewagen der Jäger und die Lkw für die Holzbringung dort fahren dürfen.

Wir haben Nachbarländer, die die Wegefreiheit für Mountainbiker schon lange kennen: die Bayern, die Schweizer, die Südtiroler – kein Problem! Es ist möglich, wenn man will.

Ich habe mich (einen Stapel Ausdrucke in die Höhe haltend) in die Diskussion zum Forst­gesetz vor 42 Jahren vertieft. Damals, nach einem langen Prozess, wurde einstimmig – einstimmig, obwohl es damals eine SPÖ-Alleinregierung gab – das Forstgesetz be­schlossen, in dem es im § 33 so wie heute noch heißt – ich zitiere: „Jedermann darf [...] Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten.“ (Abg. Neubauer: ... Ge­fahr!)

An diesem Grundsatz hat sich nichts verändert, nur hat man 1988 die Skifahrer unter bestimmten Bedingungen auch noch hineingenommen – man hat den Wald also unter bestimmten Bedingungen auch für Skifahrer geöffnet.

Wenn man sich jetzt die strategische Aufstellung von 1975 anschaut, dann war es wie heute: Die ÖVP hat gesagt: Wir sind für den Schutz des Eigentums; also wenn, dann freiwillig, aber nicht für alle.

Die SPÖ hat in Person des Abgeordneten Pansi, der ein Forstarbeiter war, gesagt: Bitte, der Wald hat eine Nutzfunktion, eine Schutzfunktion, eine Wohlfahrtsfunktion und er hat darüber hinaus eine Erholungsfunktion, und wir sollten doch die Leute nicht aus dem Wald aussperren. – So war seine Argumentation, und diese hat sich am Ende auch durchgesetzt.

Dann gab es noch den Abgeordneten Meißl von der FPÖ, der einen sehr interessanten Vorschlag gemacht hat – den werde ich später auch zitieren –, der sehr konstruktiv un­terwegs war.

Das heißt, wir hatten folgende strategische Aufstellung: Alleinregierung der SPÖ und trotzdem nach 17 Unterausschusssitzungen zum Forstgesetz eine einstimmige Beschluss­fassung hier im Hohen Haus. Da sieht man, wie konstruktiv die Leute damals waren. Ge­nau diese Konstruktivität würde ich mir wünschen.

Ich zitiere den damaligen Abgeordneten Pansi von der SPÖ:

„Wenn wir von der großen Erholungswirkung des Waldes sprechen, dann wäre es völ­lig unlogisch, daß wir den Wald zusperren und niemand hineinlassen.“ Und weiter: „Durch die Öffnung des Waldes wird aber auch die Bewegungsfreiheit unserer Staatsbürger we­sentlich erweitert, denn der Mensch kann sich nun im Wald frei bewegen“.

Nur die ÖVP sagt noch immer: Nein, aber die Mountainbiker, die sperren wir aus! – Das versteht doch niemand. Es ... (Ruf bei der ÖVP: Wo denn? – Zwischenrufe der Abgeord­neten Eßl und Grillitsch.) – Natürlich, ihr sperrt sie aus, außer dort, wo man sich ei­nigt, und ihr schiebt die Haftungsfrage und andere Dinge vor. All das ist lösbar.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 122

Jetzt komme ich zurück auf euren damaligen Abgeordneten Minkowitsch. Der war – Kol­lege Auer weiß es – Bauernbundpräsident. Natürlich hat er in seiner Rede darauf hin­gewiesen, dass es Dissens gab, aber er hat gesagt, über allem stand der Wille zur Ei­nigung, und das ist genau das, was der ÖVP heute fehlt. Mit Zähnen und Klauen wird Eigentum verteidigt, wo die Praxis schon viel weiter ist. Ihr wisst, vielfach fahren Moun­tainbiker schon im Wald, aber ihr habt den Willen zur Einigung nicht – und genau die­sen würde ich mir wünschen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Ich halte fest: Wir nehmen Naturschutzinteressen ernst, wir nehmen Haftungsfragen ernst, aber wir wollen die Mountainbiker nicht aus dem Wald aussperren, wir wollen nicht, dass sie am Waldrand ihr Rad abstellen müssen, sondern dass sie auf den Lkw-tauglichen Forststraßen fahren dürfen. Wir haben die Öffnung für die Fußgänger, für die Wanderer erreicht, wir haben die Öffnung des Waldes für Skifahrer unter bestimm­ten Voraussetzungen erreicht, und wir Grüne und die SPÖ hätten gerne, dass man – auch im Sinne einer touristischen Weiterentwicklung – endlich auch die Forststraßen, also die Lkw-tauglichen Wege im Wald, für Mountainbikerinnen und Mountainbiker öffnet.

Ich schließe mit dem Satz in Richtung der ÖVP: Mit gutem Willen wäre das leistbar. (Zwischenruf des Abg. Sieber.) Ich finde, wir sollten denen, die 1975 das Forstgesetz gemacht haben, nacheifern und eine einstimmige Beschlussfassung für die Öffnung der Forststraßen für Mountainbikerinnen und Mountainbiker schaffen. (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Eßl: Du musst mit deinem grünen Kollegen Fuchs in Salzburg reden! – Ruf bei der ÖVP: Den kennt er nicht!)

15.26


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rauch zu Wort. – Bitte.

 


15.26.56

Abgeordneter Mag. Johannes Rauch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Hohes Haus! Georg Willi, ich gebe dir schon recht: Die ÖVP will eine Eini­gung, und wir erzielen ja Einigungen, und zwar erzielen wir diese dort, wo sie hinge­hören, nämlich vor Ort. (Beifall bei der ÖVP.) Der Kollege Angerer hat das gesagt, er hat als Bürgermeister seine Heimatgemeinde als Beispiel gebracht.

Wenn man uns jetzt sozusagen vorwirft, wie wir mit Eigentum umgehen: Ja, das unter­scheidet uns halt von manch anderen Parteien im Hohen Haus. Für uns ist Eigentum na­türlich etwas wert, wir wissen, was Mein ist und was Dein ist, und das zieht sich da auch durch. (Abg. Brosz: Das Schwimmbecken musst du noch erwähnen!)

Das ist ein Grund, aber es gibt ja auch viele andere Gründe, warum wir nicht glücklich sind mit einer gesetzlichen Lösung, die wir dann im Forstgesetz verankern.

Erstens hast du vergessen, dass es in Österreich bereits 27 000 Kilometer an Moun­tainbikestrecken gibt; darüber hinaus geht das auch komplett am Bedarf vorbei. Wenn man mit Mountainbikevereinen, mit Mountainbikern redet, wollen die vor allem diese Single Tracks haben, die wollen nicht auf Forstwegen fahren. – Also es ist auch am Be­darf vorbei. Der Tourismus fördert diese Single Tracks, und ich meine, das ist auch in Ordnung so.

Uns aber vorzuwerfen, dass wir keine Einigung wollen? – Wir wollen diese Einigung eben genau vor Ort, aber man darf die Leute nicht immer zwangsbeglücken.

Österreich dann zu vergleichen und zu sagen, in anderen Ländern wie in der Schweiz oder auch in Bayern oder in Südtirol funktioniert das auch, geht nicht, denn da verglei­chen wir Äpfel mit Birnen. Während in Österreich der Waldbesitz zu 80 Prozent im Pri­vateigentum und zu 20 Prozent im öffentlichen Eigentum ist, ist es ja zum Beispiel in der Schweiz genau umgekehrt: Da sind eben 80 Prozent im öffentlichen Eigentum und 20 Prozent im privaten Eigentum. (Abg. Willi: Und trotzdem ist es gegangen!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll167. Sitzung / Seite 123

Wenn man dann auch noch zitiert, dass es 35 000 Unterschriften für die Öffnung der Forststraßen gegeben hat, dann muss man gleichzeitig dazusagen, dass es auch 110 000 Unterschriften von Menschen gibt, die sagen, wir wollen so weitermachen wie bisher, indem wir das partnerschaftlich regeln. Ich glaube, etwas partnerschaftlich zu re­geln ist immer die bessere Lösung.

Auch bei den Grünen gehen die Meinungen auseinander, denn dein Kollege im Salz­burger Landtag Cyriak Schwaighofer hat einen Antrag eingebracht, der folgendermaßen lautet – ich zitiere –:

„Die Öffnung von Forststraßen für Radfahrerinnen und Radfahrer durch entsprechende Einzelverträge mit Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern und (meistens) Tou­rismusverbänden, wie sie derzeit gehandhabt wird, hat sich bewährt.“

Ich meine, da kann man sich an Cyriak Schwaighofer, der durchaus gute Politik in Salz­burg macht, halten. (Beifall bei der ÖVP.)

Wie gesagt: Ja, wir sind eine Partei, die Eigentum hochhält und wertschätzt, wir sind aber auch eine Partei, die immer Konsens erreichen will, wenn es um den Tourismus geht, wenn es um die Mountainbiker geht, aber alles nach gewissen Regeln und immer unter Einbindung der Betroffenen, und nicht, indem von Wien aus drübergefahren wird. Ich meine, das kann man wirklich in der Gemeinde, in der Region selber lösen.

Für diese Subsidiarität und diesen Föderalismus steht die ÖVP – manch andere Partei tut es nicht; wir wollen es so haben.

Es gibt gute Lösungen: Wir haben 27 000 Kilometer Mountainbikestrecken in ganz Ös­terreich! Das ist für den Tourismus ausreichend, und es wird immer wieder weiter aus­gebaut. Deshalb wollen wir partnerschaftliche Lösungen und keine Zwangsbeglückun­gen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.29


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Doppler zu Wort. – Bitte. (Abg. Brosz: Das Schwimmbecken ist mir abgegangen! – Abg. Johannes Rauch – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Das wird schon noch kommen!)

 


15.30.10

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Öffnung der Forststraßen für Mountainbiker: Herr Kol­lege Willi, ich glaube nicht, dass ein Grundbesitzer, ein Bauer generell die Leute aus dem Wald aussperren will – auch der Kollege von der SPÖ hat das gesagt –, nein, das Gegenteil ist der Fall! Ich denke, dass die Bauern, die Grundbesitzer selbstverständlich die Gäste gerne sehen.

Man muss aber schon unterscheiden zwischen Wanderer und Radfahrer, und die Tat­sachen sind folgendermaßen: Es ist schon problematisch, wenn man die Forststraßen generell öffnen würde – der Herr Kollege Angerer hat das Beispiel angesprochen, bei dem er als Bürgermeister mit der Gemeinde und dem Tourismusverband und so weiter Verträge abschließt –, denn da geht es nicht nur um die Haftung, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Tatsache ist, dass immer wieder gesagt wird, dass eine Haftpflichtversicherung dieses Problem für den Landwirt beseitigen würde, aber, meine sehr geehrten Damen und Her­ren, ich möchte sehen, welche Versicherung keinen Regressanspruch stellt, wenn nach einer Holzseilung noch Bäume, Wurzeln, Äste und Steine auf dem Forstweg liegen und, was wir nicht hoffen wollen, ein Unfall passiert. Dann schaue ich mir an, welche Versi­cherung das nicht vom Landwirt zurückfordern möchte. Das ist eine Entwicklung, die in dieser Form für mich nicht infrage kommt. (Beifall bei der FPÖ.)


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Es wird immer wieder behauptet, auch von den Grünen, Herr Kollege Willi, die Schwam­merlsucher und Beerenpflücker sind auch unterwegs, aber die Tatsachen sind schon so, dass ein Wanderer oder ein Schwammerlsucher langsamer unterwegs ist und die Gefahren natürlich leichter erkennt, wenn dort Waldarbeiten durchgeführt werden. Wenn man eine Ahnung von der Materie hat – ich weiß nicht, Herr Kollege Willi, ob du eine Ahnung hast, ob du schon einmal einen Ast mit einer Motorsäge abgeschnitten hast (Abg. Willi: Bäume habe ich schon abgeschnitten!); ich schaue mir einmal deine Fä­higkeiten, was die Holzarbeit betrifft, an –, dann weiß man, dass bei Holzseilungen und dergleichen mehr, Herr Kollege – und das sind Tatsachen –, einfach Gefahren bestehen. Das steht außer Frage.

Wir haben gehört, dass bereits gut 27 000 Kilometer geöffnet sind, und 27 000 Kilome­ter sind auch nicht so wenig, aber bei gutem Willen, wie es der Kollege Angerer ange­sprochen hat, sind Vereinbarungen möglich, dass man Forstwege freigibt. Ich glaube, sol­che Projekte mit den Gemeinden – genau wie beim Kollegen Angerer in Kärnten – lau­fen auch in der Steiermark und in Salzburg – ich glaube, in jedem Bundesland.

Man muss schon eines sagen – du weißt es selbst ganz genau, und ich bin oft bei ei­ner Holzseilung dabei –: Ja, man kann schon Tafeln aufstellen – und man sagt, immer, wenn Holzarbeiten oder eine Schlägerung durchgeführt werden, dann sind sowieso die Wege zu sperren und Tafeln aufzustellen (Abg. Willi: Na eben!) –, aber, Herr Kollege Willi, ich sage dir, dass die meisten der Radfahrern die Gefahr nicht erkennen und trotz­dem vorbeifahren.

Ich nenne dir ein Beispiel: Voriges Jahr waren wir im Wald, da wurden einige Tausend Festmeter Holz geschlägert, und ich habe höflich auf die Situation aufmerksam gemacht – ich habe mit den meisten ein sehr gutes Einvernehmen –, aber die Leute fahren trotz­dem überall, auch unter der Seilung durch. Die Tafel, dass der Forstweg gesperrt ist, in­teressiert fast niemanden.

Wenn dann etwas passiert, dann bist genau du der Erste, der sich aufregt und sagt: Das ist ein Wahnsinn, das hätte sich vermeiden lassen! – Deshalb ist eine generelle Öff­nung der Forststraßen sehr problematisch. – Herzlichen Dank. (Beifall beim Team Stro­nach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.33


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Sieber zu Wort. – Bitte.

 


15.33.49

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Das vorliegende Thema, die Öffnung der Forststraßen für Mountainbiker, ist kein wirk­lich neues, eigentlich genauso wenig, wie die Argumente, die vorgetragen werden, neu sind. Neu ist allerdings schon, dass – jetzt verwende ich die richtige, die aktuelle Zahl – inzwischen über 28 000 Kilometer auf vertragspartnerschaftlicher Ebene abgesicherte Wege für Mountainbiker zur Verfügung stehen. Das, meine Damen und Herren, ist wirk­lich ein Wert, der zeigt, dass wir vor Ort in einem gemeinsamen Tun von Eigentümern, Mountainbikern und Tourismus entsprechende Lösungen finden, und das ist auch der richtige Weg.

Es wird sehr oft das Argument der öffentlichen Mittel bei den Forststraßen verwendet. Kollege Willi, wo werden öffentliche Mittel bei den Forststraßen verwendet? – Immer dann, wenn wir von Schutzwäldern reden, werden Forstwege öffentlich subventioniert. Warum muss da subventioniert werden? – Weil die Ertragskraft eines Schutzwaldes den Bau einer solchen Forststraße niemals rechtfertigen würde! Darum nimmt die öffentli­che Hand auch Geld in die Hand und subventioniert den Bau dieser Straßen – und eben nicht, um Mountainbikestrecken zu errichten.


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Es wird von Ihnen auch erwähnt, dass zum Beispiel Südtirol Wege geöffnet hat. Süd­tirol hat ähnliche Besitzverhältnisse wie Österreich – ungefähr 80 Prozent sind in priva­ter Hand –, und man hat Wege geöffnet, aber, Kollege Willi, Sie müssen dazusagen, dass die Südtiroler den Weg gegangen sind, in der Haftungsfrage die Haftung sehr deutlich weg vom Eigentümer (Abg. Willi: Das wollen wir auch!), des Wegehalters hin zu einer Eigenverantwortung des Benützers, sprich des Mountainbikers, zu verschieben. (Abg. Willi: Das wollen wir!) Davon, dass hier von der Haftung sehr deutlich gesprochen wer­den muss, höre ich eigentlich in keiner dieser Diskussionen auch nur ein Wort.

Auch wenn die Schweiz ins Treffen geführt wird, ist das einfach nicht zulässig: In der Schweiz sind circa 80 Prozent des Waldes im öffentlichen Besitz. Damit sind die Haf­tungsfragen vollkommen anders gelagert, und dieses Beispiel kann nicht verwendet wer­den.

Klar ist auch, dass alle Umfragen, die derzeit bei Sportlern gemacht werden, ganz klar zum Ausdruck bringen, dass die Sportler, die Mountainbiker, Singletrails wollen, dass sie nicht auf den Forststraße herumdüsen und sich damit auseinandersetzen wollen, ob da Wanderer oder Forstarbeiter unterwegs sind. Sie wollen Singletrails, auf denen sie sich wirklich ihrem Sport uneingeschränkt widmen können, und das sollte auch die Stoßrichtung für die Zukunft sein.

Ich glaube also, dass wir mit dem österreichischen Modell der vertragspartnerschaft­lichen Lösung ein wirklich tolles Modell haben, bei dem alle Beteiligten, nämlich die Ei­gentümer, der Tourismus und auch die Benützer, also die Mountainbiker, Gewinner sind. Wir haben ein sogenanntes Triple-A-Modell, das wir vorantreiben sollten. Wir im Land­wirtschaftsausschuss sind gerne dazu bereit, über dieses Modell zu diskutieren, und wir laden Sie gerne dazu ein. (Beifall bei der ÖVP.)

15.36


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Grillitsch zu Wort. – Bitte. (Abg. Obernosterer – ich Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Grillitsch –: Und jetzt gib Gas!)

 


15.36.56

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Mountainbiking und die Öffnung der Forststraßen für Radfahrer ist schon alt und kommt wie ein Gewitter immer wieder. Ich bin aber froh, dass wir das im Par­lament diskutieren können, denn ich glaube, die Forstwirte und die Bauern sind nicht die­jenigen, die etwas verhindern oder jemanden ausschließen wollen, sondern das funktio­niert dort, wo es Bedarf dafür gibt, im partnerschaftlichen Einvernehmen bestens.

Ich sage Ihnen, Herr Kollege Willi, wir können mehr Forststraßen als Mountainbikestre­cken anbieten, als überhaupt angenommen werden. Wir haben das in der Steiermark bereits vor mehr als 15 Jahren vorexerziert: mehr Strecken anbieten, als überhaupt an­genommen werden. Daher, so meine ich, sollten wir weggehen von dem Gedanken, das Forstgesetz zu ändern und alles per Gesetz zu verordnen, und wir sollten doch das Prinzip der Partnerschaft nach dem Prinzip der Freiwilligkeit leben! Kanalisieren wir Forststrecken, Forststraßen, weisen wir sie aus, kennzeichnen wir sie, lösen wir ge­meinsam mit den Tourismusverbänden, mit den Gemeinden, mit den Ländern auch die Haftungsfrage in Form von Versicherungen! Das ist ein klassisches Beispiel, bei dem es am Ende des Tages zufriedene gelebte Partnerschaften gibt; wir sollten nicht alles in diesem Parlament per Gesetz verordnen.

Daher sage ich Ihnen, gerade im Zeitalter der Nutzungsvielfalt auch von Grund und Boden ist es wichtig, auch die Eigentumsrechte für die Grundbesitzer, die diesen Wald, diese Landschaft über Generationen nachhaltig bewirtschaftet haben, abzusichern, si-


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cherzustellen, und zwar auch für die Zukunft – nämlich ganz im Sinne des Wirtschaf­tens im Einklang mit der Natur, Herr Kollege Willi. Denken Sie daran: Mit einem E-Bike fahre auch ich im Wald überall hin – mit einem E-Bike! –, das kommt noch dazu. Das heißt, der Wald, das Wild brauchen Ruhezonen. (Abg. Brosz: Eine Forststraße ist eine Ruhezone?!) Das brauchen wir, um letztlich auch das ökologische Gleichgewicht hal­ten zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

15.39


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Steinbichler zu Wort. – Bitte.

 


15.39.05

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Frau Präsident! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Sehr Wesentliches wurde von den Vorrednern bereits gesagt; ich denke, diese Thematik muss man viel tiefgründiger diskutieren, auf einige Punkte wurde bereits hingewiesen.

Natürlich ist das in Österreich, bei 47 Prozent Waldanteil an der Bundesfläche, ein The­ma – keine Frage. Es ist ein berechtigtes Thema, es wurde von den Vorrednern aber auch schon erwähnt, dass bereits rund 27 000 Kilometer Forstwege für die Mountain­biker freigegeben sind.

Kolleginnen und Kollegen, nicht nur aus der eigenen praktischen Erfahrung, sondern auch von Beschwerden von Waldbesitzern aus meiner Zeit als Kammerobmann kann ich berichten, dass zum Beispiel etwaige Verbotsschilder oder Hinweisschilder auf Wald­arbeit leider von vielen Mountainbikern missachtet werden.

Da kommt es dann genau zu diesen Berührungspunkten, die wir nicht brauchen, die allen Beteiligten, den Grundbesitzern und den Sportausübenden, schaden, denn dort kommt es dann zu den Justamentstandpunkten, den Haftungsfragen und natürlich dem von Präsident Grillitsch angesprochenen Punkt mit der Wald-Wild-Problematik. Wir dis­kutieren in diesem Haus auch den Wildschadensbericht, und je mehr Ruhestörung wir draußen in den Wäldern haben – das sind Rückzugsgebiete, das sind Einstandsgebie­te für das Wild –, desto höher sind dort auch die Forstschäden.

Kolleginnen und Kollegen, jemand hat gesagt: Leben im Einklang mit der Natur!, dann müssen wir der Natur aber eine Chance geben. Wir wissen, es gibt nur mehr 35 Pro­zent produktive Fläche an Acker und Wiesen, und die 47 Prozent Wald sind die verblei­benden Rückzugsflächen.

Ein wesentlicher Aspekt, der zu wenig berücksichtigt wird, sind die Naturereignisse. Nach diesem Schneeregen von voriger Woche hängen jetzt in den Wäldern Tausende Äste, Tausende geknickte Baumwipfel, die irgendwann im Laufe des Sommers zu Bo­den stürzen werden (Abg. Brosz: Gott sei Dank ...!), entweder nach einem Sturm oder aus ungeklärter Ursache. Wir wissen, wie viele Unfälle im Wald passieren; und das sind genau die Punkte der Haftungsfrage, die man ansprechen muss. Genauso muss man die Verunreinigungen auf den Wegen durch die Forstarbeit oder die abrollenden Steine ansprechen: Was ist dann, wenn bei der Sportausübung schwere Unfälle pas­sieren?

Deswegen ist das ein ganz klarer Punkt, und, Herr Kollege Willi, ich glaube, wir werden das im Agrarausschuss noch weiter diskutieren. Es gilt hier, beide Seiten zu berück­sichtigen, und es ist hier, glaube ich, ganz wesentlich, dass man auch wirklich auf die Natur Rücksicht nimmt.

Ich bin überzeugt davon, dann werden diese Lösungen, die angesprochen wurden, plus diese einzelnen Extralösungen, die es in Gemeinden gibt, in denen sich die Betroffe-


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nen etwas vereinbaren, die Garantie dafür sein, dass wir nicht wieder neue Bürokratie aufbauen müssen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.42


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


15.42.30

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Frau Präsidentin! Zunächst muss man fest­stellen, dass Fußgänger in Österreich Gott sei Dank völlig unverwüstlich sind, denn selbst wenn sie im Wald sind, kann ihnen nichts passieren, da kann nichts auf sie drauffallen, die können keine Unfälle haben, die sind sozusagen unterm Glassturz (Zwischenruf des Abg. Sieber), es passiert nichts, aber wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist, ist man grundsätzlich gefährdet.

Das kann es ja wirklich nicht sein. Es gibt ernsthafte Dinge, über die man reden kann und reden muss. Kollege Sieber hat gesagt, dass wir über die Haftungsfragen nicht ge­sprochen haben. Das stimmt überhaupt nicht, es war ein zentrales Thema, wir haben das immer wieder betont, dass es natürlich nicht an der Haftung scheitern kann und dass nicht die Eigentümer betroffen sein können.

Wenn man die Debatte heute verfolgt hat, könnte man der Meinung sein, dass auf den österreichischen Forststraßen außer Forstfahrzeugen überhaupt niemand sein darf. (Ruf bei der ÖVP: Stimmt ja nicht!) Das ist aber nicht die reale Situation. Kollege Rauch hat im Ausschuss, glaube ich, zweimal das Beispiel gebracht, dass ich, wenn ich mir ein Schwimmbecken kaufe, auch nicht will, dass jeder in meinem Garten vorbeikommt und hineinhüpft. Wenn das mit der Eigentumsfrage stimmt, macht es wahrscheinlich keinen großen Unterschied, ob der Radfahrer hineinhüpft oder der Fußgänger hineinhüpft. Wenn es also eine reale Frage gibt, so wird man es doch über die Fragen abhandeln: Gibt es eine zusätzliche Gefährdung? Gibt es eine Haftung dafür? – Das ist eine reale Form, die kommt. (Zwischenruf des Abg. Klinger.)

Der zweite Punkt, den ich ansprechen wollte: Man tut so, als würde es den oder die MountainbikerIn geben. Das ist ungefähr so reell, als würde es den oder die Skifah­rerIn geben, die alle das gleiche Verhalten haben, aber auch dort gibt es große Unter­schiede. Wenn ich in Salzburg auf Urlaub bin, was mittlerweile fast jedes Jahr der Fall ist, dann sehe ich, wer auf Forststraßen fahren will – ältere Urlauberinnen und Urlauber, Leute, die jetzt nicht das sportliche Interesse daran haben, Trails zu fahren, es sind un­terschiedliche Formen. Es gibt Mountainbiker, die sportlicher unterwegs sind, die die Challenge suchen, und es gibt Leute, die ganz bewusst auf einer Forststraße fahren wollen, weil es dort gemütlich und bequem, aber auch nicht so wie auf der klassischen Asphaltstraße ist. (Zwischenruf des Abg. Mölzer.)

So: Jetzt ist die Frage, was für ein Schaden auf einer Forststraße angerichtet wird, die normal von Schwerfahrzeugen befahren wird; und dann sollte man diskutieren, ob da wirklich ein zusätzlicher Schaden auftritt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mölzer.)

Dritter Punkt: Man kann das mit den anderen Staaten nicht vergleichen, offenbar gibt es in Bayern und der Schweiz ganz andere Straßen, ganz andere Formen. – Das, was dort problemlos funktioniert, ist in Österreich ein Problem. Das führt uns zu den drei ös­terreichischen Argumenten zurück, die auch da zutreffen: Das war noch nie so! Das war schon immer so! Da könnte ja jeder kommen! – Wenn wir auf dieser Ebene weiterdis­kutieren, werden wir noch lange keine Lösung finden. Vielleicht kommen wir ja zu dem, was in der Realität stattfindet. Die Probleme bekommen sie ja nicht weg, die Leute fah­ren ja trotzdem, sie fahren halt jetzt – unter Anführungszeichen – „illegal“. Wenn man das verbietet, darf man nicht glauben, dass die Probleme nicht mehr auftreten. (Zwischen-


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ruf des Abg. Eßl.) – Die vertraglichen Strecken sind für ein gewisses Zielpublikum ge­macht. Reden Sie mit einem 65-jährigen Urlauber, ob der auf der vertraglichen Strecke so runterfahren kann! Das interessiert ihn zum Teil nicht, die wollen gemütlich unter­wegs sein, die wollen die Natur genießen und nicht sportlich unterwegs sein.

Es wundert mich, dass diese Realitäten, die jeder, der im Urlaub ist, sieht, einfach von­seiten der ÖVP ignoriert werden. Schauen Sie sich das vielleicht einmal an, und schau­en Sie, wer davon betroffen ist und wer davon profitieren könnte – der österreichische Tourismus mit Sicherheit! (Beifall bei den Grünen.)

15.45

15.45.44

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Sport­angelegenheiten, seinen Bericht 1477 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich weise den Antrag 1490/A(E) dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

15.46.24Einlauf

 


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selb­ständigen Anträge 2027/A bis 2050/A eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 15.47 Uhr – das ist gleich im Anschluss an die­se Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

15.46.53Schluss der Sitzung: 15.47 Uhr

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