Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll173. Sitzung / Seite 66

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Man muss diese Formulierung wirklich einmal verarbeiten. Es gab dann auch noch einen Folgeprozess und daran angeschlossen auch parlamentarische Anfragen des Kollegen Walser und von mir. In der Beantwortung meiner parlamentarischen Anfrage haben Sie, Herr Minister, in Aussicht gestellt, verpflichtende Module zur Zeitgeschichte in die Curricula für angehende Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staats­anwälte aufzunehmen. Konkret planen Sie zwei dreitägige Module, mit Exkur­sionen nach Mauthausen und zum Spiegelgrund, und auch die Fort- und Weiterbildung soll entsprechend ausgebaut werden.

In diesem Sinne danke ich für die Einsicht und sehe einer zügigen Umsetzung auch mit Zuversicht entgegen. Ich weise aber getätigte Formulierungen im Ausschuss und auch hier zurück, dass es sich dabei um Gehirnwäsche oder Umerziehung oder politische Beeinflussung handelt, da ich schon davon ausgehe, dass unser richterliches Personal auf einem antifaschistischen Grundkonsens agiert. – Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

11.51


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


11.51.35

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Worum geht es heute im Kern? – Es geht um einen unsäglichen Artikel in der FPÖ-nahen Zeitschrift – Sie haben das selbst so bezeichnet – „Aula“, in dem befreite Häft­linge aus dem Konzentrationslager Mauthausen als „Landplage“ bezeichnet wurden, als „Horde“ bezeichnet wurden, in dem sie pauschal als „Massenmörder“ bezeichnet wurden et cetera. – Eine Unsäglichkeit sondergleichen.

Ich habe das damals angezeigt, und der Skandal, über den wir heute hier sprechen, war, dass die Staatsanwaltschaft Graz diese Anzeige mit einer Begründung zurück­gewiesen hat, die laut Sektionschef Pilnacek nahe an Wiederbetätigung heranreicht. Und es war sehr, sehr erfreulich, Herr Minister, dass Sie und Ihr Sektionschef sich ganz klar und eindeutig und umgehend davon distanziert haben. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Dennoch war diese Angelegenheit katastrophal für den Ruf der Justiz in Österreich. Wir haben daraufhin eine Anzeige ehemaliger befreiter Häftlinge aus Mauthausen unterstützt und – das ist inzwischen abgeschlossen – haben uns da vollinhaltlich durchgesetzt. Es hat einen Widerruf geben müssen, und die gesamten Kosten sind von der „Aula“ beziehungsweise dem Autor zu übernehmen.

Sie haben auch insofern reagiert, als Sie gesagt haben, dass zeitgeschichtliche Mo­dule eingeführt werden – Kollegin Grossmann hat darauf hingewiesen. Das hat auf freiwilliger Basis nicht funktioniert, deshalb unser Antrag, und ich bin sehr froh, dass das künftig auch umgesetzt wird. Früher hat das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes solche Module auf freiwilliger Basis angeboten, und dann war es so – und darauf sind wir aufgrund einer grünen Initiative im Februar die­ses Jahres gestoßen –, dass diese freiwilligen Module nicht mehr angeboten worden sind. Somit war an verschiedenen Oberlandesgerichten gar kein Angebot mehr vorhanden, um sich in zeitgeschichtlicher Hinsicht zu schulen. Sie waren selbst – das haben Sie gegenüber den Medien gesagt – überrascht und haben daher auch das Ihre dazu beigetragen, dass die Regierungsparteien – und das kommt nicht sehr häufig vor – unseren grünen Antrag unterstützen. Das ist sehr erfreulich.

Es ist aber, das möchte ich auch betonen, noch einiges offen. Wir brauchen weiter­führende Angebote auch für amtierende RichterInnen und Staatsanwälte und Staats­anwältinnen, denn es waren ja – ich darf daran erinnern – im Dienst befindliche Per-


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