Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll173. Sitzung / Seite 70

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Ich darf bei dieser Gelegenheit sagen, dass im Festsaal des Justizministeriums am 7. Juni dieses Jahres eine ganztägige Auftaktveranstaltung stattfinden wird. Es sind alle herzlich eingeladen, daran teilzunehmen, um den Start des Curriculums Justiz und Zeitgeschichte in einem geeigneten Rahmen erfolgen zu lassen. Dieser Auftakt wird dem aktuellen Themenbereich Hate Crimes gewidmet sein. Das ist ein Feld, mit dem alle Richter und Staatsanwälte schon jetzt zu tun haben.

Ich kann nur sagen: Die Beschäftigung mit Zeitgeschichte ist nach unserer festen Überzeugung einfach notwendig, um die Qualität von Entscheidungen in bestmöglicher Art und Weise zu sichern.

Ich sage Ihnen ganz offen: Ich stehe heute noch ein wenig unter dem Eindruck dessen, dass ich gestern in Engerau – das ist ein Stadtteil von Bratislava – gemeinsam mit der Justizministerkollegin aus der Slowakei und dem Justizministerkollegen aus Ungarn eine Gedenktafel enthüllt habe, die an das Massaker von Engerau erinnern soll. Dort gab es ein Lager für jüdische Mitbürger aus Ungarn, welches knapp vor Kriegsende aufgelöst wurde. Es gab dort Massenerschießungen und furchtbarste Dinge. Es gab dann die zeitgeschichtlich interessanten und berühmten Engerau-Prozesse hier in Wien.

Für mich war es ein sehr starkes Erlebnis, zu sehen, dass sich drei Justizminister – aus der Slowakei, aus Ungarn und aus Österreich, die bei Gott nicht immer derselben Meinung sind – in der Notwendigkeit dieser Art von Erinnerungskultur verbunden fühlen und darin einig sind. Gerade der Fall Engerau hat gezeigt, wie wichtig es ist, zu verstehen, welche Mechanismen dazu führen konnten, dass zuvor völlig unauffällige Mitbürger zu Massenmördern wurden, und was da tatsächlich passiert sein musste. Das ist für das Verständnis der Geschichte und für die Erinnerungskultur wesentlich. Ich bin daher froh darüber, dass wir auch im Bereich der Justiz in diesem Themenbereich sehr viel tun, was wir auch fortsetzen werden.

Ich kann Ihnen eine weitere, aus meiner Sicht und offen gesprochen, sehr erfreuliche Ankündigung machen: Gerade die Engerau-Prozesse, wie überhaupt die Prozesse der Nachkriegszeit, haben gezeigt, wie wichtig auch die justizielle Aufarbeitung dunkler Kapitel der eigenen Geschichte ist, um damit letztlich in irgendeiner Form klarkommen zu können. Dazu gehört, dass auch die Justiz ihren Beitrag leistet und dokumentiert, wo sie sehr erfolgreich war und wo es vielleicht Defizite gab.

Wir haben die diesjährige Landesausstellung in Pöggstall in Niederösterreich unter dem Motto „Alles was Recht ist“ dem Thema des Rechts gewidmet. Erstmals besteht die Chance auf Nachnutzung eines Teils des Schlosses. Am Ende dieser Landes­ausstellung wird in diesen Räumlichkeiten eine Dauerausstellung zum Thema Justiz­geschichte und Aufarbeitung der NS-Zeit durch die Justiz zu gestalten sein: Wo hat es gut funktioniert? Wo hat es Defizite gegeben? – So etwas gab es noch nie. Das ist die erste Chance, die wir auch wahrnehmen wollen.

Ich darf auch anfügen: Es wird daran nicht nur die Forschungsstelle Nachkriegsjustiz beteiligt sein, sondern auch einige höchst engagierte Richterinnen und Richter, die sich diesem Thema widmen. Der Präsident des Landesgerichts Wien Mag. Friedrich Forsthuber und Gerichtsvorsteher Dr. Oliver Scheiber sind einige derjenigen, die sich sehr engagieren. Vielleicht ist auch das ein Zeichen für die Qualität der Justiz.

Ich bin mit Richtern nicht immer einer Meinung, das geht auch gar nicht, aber ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich bin auf unsere Richter, die sich auch in diesem Bereich engagieren – nicht nur dort, aber speziell dort –, wirklich stolz. Ich bin auch stolz darauf, was die Richtervereinigung unter Präsident Mag. Werner Zinkl an Informa­tionen im Zusammenhang mit der Türkei beschafft hat; sie waren auf europäischer Ebene sehr wichtig, und wir werden sie nun ebenfalls verwerten und haben den Tag


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