Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll175. Sitzung / Seite 99

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deskanzler angesprochen hat – eigentlich auch eine Sache, wo es um die Balance zwischen nationaler Souveränität und der europäischen Ebene geht. Ich will auch nicht, dass wir die Budgethoheit an irgendeinen europäischen Finanzminister abgeben, wirklich nicht, aber ich will, dass die Balance funktioniert.

Wenn man sich das Programm von den Populisten ansieht – sage ich, denn den Herrn Mélenchon, den Linkspopulisten, soll man nicht vergessen, der anti-deutsch, anti-EU, nationalistisch und ein 200-Milliarden-Verschuldungspaket für den französischen Staat gefordert hat; jenes von  Marine Le Pen ist überhaupt interessant: sie will aus der EU austreten, aus der Eurozone austreten, aus dem Freihandelsvertrag, aus der NATO austreten, am Schluss will sie vielleicht auch noch aus sich selbst austreten; also so ein Programm habe ich überhaupt noch nie gesehen, das ist Marine le Pen –, dann muss man sich die Frage stellen, und diese Frage hätte man sich auch beim Brexit stellen können: Was ist am Tag danach, wenn sich diese Kräfte durchsetzen? Nur das gilt: Was ist am Tag danach?! (Abg. Strache: Die Entwicklung ist so gut, dass die May jetzt Neuwahlen macht! Der Finanzplatz hat so angezogen, dass die May jetzt Neuwahlen macht!)

Da ist dann in Wirklichkeit nämlich der längste Tag. Die Ukip hat sich jetzt von der Verantwortung verabschiedet, Cameron hat die Pokerpartie verloren und ist gegangen, und der Übelste ist der Labour-Vorsitzende, dem ist nämlich überhaupt nichts einge­fallen, er hat die ganze Zeit nur zugesehen. Das ist im Wesentlichen das Szenario, das wir in Großbritannien erlebt haben. Frankreich hat jetzt ein Nein signalisiert, aber Macron muss jene 40 Prozent, die sagen: Raus aus der EU, raus aus dem Ganzen!, natürlich schon auch ansprechen.

Was ich besonders wichtig finde, ist: 8,5 Millionen Österreicher mit einer eigenen Wäh­rung werden nicht gegen China, gegen Indien, gegen Trump, gegen die ganze Welt bestehen können, aber auch 67 Millionen Franzosen werden nicht allein bestehen können. Wir haben eine einzige Chance: dass wir uns zusammentun! (Abg. Strache: Wir müssen uns auch nicht überall einmischen, Herr Cap!) – Über das Neuerfinden werde ich gleich reden; Sie erfinden sich mit der neuen professoralen Brille auch gerade neu, Herr Klubobmann Strache! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Wenn Sie mich während Ihrer Rede so hypnotisch anschauen, muss ich sagen, ich bin noch immer nicht ganz early, sodass ich alles, was Sie sagen, auch aufnehme, aber das mit dem Neuerfinden hat natürlich etwas. Ich finde, das muss man berücksichtigen, und ich glaube, das haben die Wählerinnen und Wähler in Frankreich berücksichtigt.

Die Themenpalette reicht von der Massenarbeitslosigkeit, der geringen Wettbewerbs­fähigkeit, der Sicherheitsfrage bis zur Zuwanderung, zumal die Integrationsfähigkeit bereits überschritten ist. Schauen Sie sich die Vorstädte einmal an! Macron sagt: Wir müssen in den Vorstädten etwas unternehmen. Wir müssen in den Banlieues Refor­men im Bildungsbereich angehen, die Klassenschülerzahlen reduzieren, den Lehrern eine Prämie geben, damit sie dort besser bestehen können. – Alles kluge Vorschläge! Ich hoffe, dass er am 7. Mai gewinnt.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich – das ist wie bei der Währungsdebatte, es wird ja oft über die Währung gesprochen: harter Euro, weicher Euro!, als ob das ein Frühstücksei wäre; das ist unmöglich! –, es geht wirklich um Verantwortung, die zu übernehmen ist. Ich finde, da sind wir jetzt gefordert, das sollte man letztlich auch zur Kenntnis nehmen. Da kann man ruhig auch über die bloße Zahlendebatte hinausgehen und ein bisschen darüber nachdenken, was die Gesamtbotschaft ist. Es ist nicht nur ein Friedensprojekt, sondern auch ein Wirtschaftsprojekt, auch ein Sozialprojekt. Das sehe ich, ehrlich gesagt, wie Federico Fellini, der gesagt hat: „Der einzig wahre Realist ist der Visionär.“ Und warum soll man nicht Visionen haben?! Ich hielte es für sinnvoll, das auch in diesem Bereich zu sagen. (Abg. Strache: Was hat der Vranitzky Ihnen damals


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