Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll175. Sitzung / Seite 103

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werden verstehen, dass ich das im Zusammenhang mit der Land- und Forstwirtschaft ein wenig aus der Sicht bäuerlicher Familienbetriebe beleuchten möchte.

Vorweg: Die bäuerliche Gruppe in der Österreichischen Volkspartei ist geschlossen in der Einschätzung, dass es keine politische Alternative zum europäischen Projekt, zur Europäischen Union gibt. Für uns gibt es nur den Blick und den Weg nach vorne und nicht zurück. Ich sage das als politischer Vertreter einer Berufsgruppe, die seit dem EU-Beitritt mit einem permanenten Reformprozess befasst ist. Wir haben seit dem Jahr 1994 fünf große Reformen in der Agrarpolitik umgesetzt; wir sind gerade dabei, die jüngste Reform, nämlich die Umstellung vom historischen zum regionalen Modell, umzusetzen.

Auf den Punkt gebracht, meine Damen und Herren: In der Agrarpolitik ist seit über 20 Jahren die einzige Konstante die Veränderung. Gleichzeitig haben wir es letztlich immer zuwege gebracht, die Chancen dieser Gemeinsamen Agrarpolitik – durch das Programm für die ländliche Entwicklung, das ÖPUL- und das Bergbauernprogramm – für die heimischen Bäuerinnen und Bauern, für die Konsumenten zu nutzen. Unsere bäuerlichen Familienbetriebe produzieren heute umweltgerecht, ressourcenschonend und zu höchsten Standards ausreichend, qualitativ hochwertige und leistbare Lebens­mittel, die von den Konsumenten geschätzt und gekauft werden. (Abg. Hübner: Die wir perfekt entlohnen!)

Meine Damen und Herren! Bäuerliche Familienbetriebe in Österreich werden sehr oft zu wenig geschätzt. Sie können hier einem durchaus interessanten Prospekt einer österreichischen Firma entnehmen (einen Prospekt in die Höhe haltend), dass man Stalleinrichtungen in Amerika finanziert und errichtet. Da wird eine Farm mit 1 000 Zuchtsauen und angeschlossenem Mastbetrieb als eine Farm mittlerer Größe dargestellt. Das ist in Amerika eine bäuerliche Farm mittlerer Größe!

Wir haben in Österreich Gott sei Dank überschaubare Strukturen, und wir sollten daher alles tun, um diese überschaubaren Strukturen zu erhalten. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Das ist schwierig genug, sage ich dazu, vor allem dann, wenn in Österreich die Latte, was die Wettbewerbsfähigkeit betrifft, immer wieder höher gelegt wird und wir letztlich zu gleichen Preisen zu produzieren haben. (Abg. Pirklhuber: Wenn die Molkerei ihre eigenen Mitglieder nicht mehr aufnehmen will!)

Herr Kollege Pirklhuber, weil Sie gerade die Milchbauern angesprochen haben (Abg. Pirklhuber: Richtig, die Armen!): Wenn ich Ihnen zuhöre, kommen mir die Tränen, nämlich vor Wut und nicht aus Trauer. Wissen Sie warum, Herr Kollege Pirklhuber? – Sie waren einer jener Exponenten, die damals diese Bauern verführt haben (Zwi­schenruf des Abg. Pirklhuber) und ihnen gepredigt haben: Hinaus aus den Genos­senschaften, neue Richtlinien, neue Produktionsmöglichkeiten!, und jetzt jammern sie und fordern, dass wir ihnen helfen. Wir werden es trotzdem tun! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie waren mit der IG-Milch unterwegs und haben alles getan, um bäuerliche Genos­senschaften kaputt zu machen. (Abg. Pirklhuber: Sie waren auch dabei!) Nicht alles, das sei dazu gesagt, ist perfekt, auch in diesem Bereich nicht. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) – Herr Kollege Steinbichler, du warst ja selbst einmal Bundesrat und beim Bauernbund und hast damals alles gepriesen, was du heute verfluchst. (Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Steinbichler. – Zwischenruf des Abg. Hübner.) Im Vergleich dazu, welchen Wandel du in deiner Haltung bezüglich Agrarpolitik gemacht hast, ist ein Weltcupslalom ein Laserstrahl. (Beifall bei der ÖVP.)

Die österreichische Land- und Forstwirtschaft ist ohne Exportmärkte in Europa und darüber hinaus nicht mehr vorstellbar. Wir haben in den letzten beiden Jahren erlebt, was es heißt, mit den russischen Sanktionen leben zu müssen. (Zwischenruf des Abg. Hübner.) Das sei allen gesagt, die sich gegen eine nachhaltige, export- und wettbe-


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