Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll175. Sitzung / Seite 212

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Das ist ja ein absoluter Tabubruch in der Demokratie, wie wir sie kennen – denn da ist der Maßstab nicht eine Regierungsmeinung, sondern die Freiheit, seine Meinung zu artikulieren. (Abg. Brosz – in Richtung Bundesminister Sobotka –: Wenn Sie Jurist wären, Herr Minister, dann würden Sie nicht mehr lachen!)

So – Kollege Rosenkranz hat es schon gesagt –: Wer ist dazu berufen, festzustellen, ob eine solche Versammlung zu verbieten ist oder nicht? Die Behauptung unserer Bundesregierung, das mache die Bundesregierung selbst, ist falsch. Das ist nämlich nur dann der Fall, wenn ein ausländischer Staatsgast teilnimmt. Wenn keiner teilnimmt, macht das die Bundespolizeidirektion oder die Bezirksverwaltungsbehörde. Die setzt sich hin und muss erstens einmal überlegen: Dient das der politischen Tätigkeit von Drittstaatsangehörigen? Und zweitens: Was sind denn jetzt die außenpolitischen Interessen? (Abg. Walter Rosenkranz: Das steht nicht im Gesetz drinnen!)

Dann ist das aber auch noch eine Kann-Bestimmung. Das heißt, sie haben noch einen Ermessensspielraum, sie können Ja oder Nein sagen. Das ist eigentlich eine politische Entscheidung, die da zu fällen ist.

Das ist eine absurde Konstruktion, die da dem Parlament vorgelegt wurde. Ich be­haupte, die Antragsteller und selbst der Innenminister haben nicht einmal die Dimen­sion dieses Antrags begriffen. Die Opposition hat im Ausschuss geeint Kritik an diesem Antrag geübt. Wir haben Fragen gestellt, es hat aber keine einzige Antwort auf diese Fragen gegeben.

Zum Beispiel gab es die Frage: Türkische Veranstaltungen pro Erdoğan werden von einem Türken angemeldet. Sind sie nach diesem Gesetz zu verbieten: ja oder nein? Oder: Pro-Erdoğan-Veranstaltungen werden von einem Österreicher angemeldet. Sind sie zu verbieten: ja oder nein? Oder: Eine Veranstaltung gegen Erdoğan wird von einem Österreicher angemeldet. Ist sie nach diesem Gesetz zu verbieten: ja oder nein? Oder es meldet sie ein Türke oder ein Kurde an. Ist sie zu verbieten: ja oder nein?

Wenn aber Veranstaltungen für oder gegen Erdoğan – Erdoğan: ja oder nein? – ver­boten werden können, warum kann dann ein Protest gegen die Politik der Volks­republik China nicht verboten werden? Also auch dieser Fall ist gegeben. Die Veran­staltung meldet ein Österreicher an, es meldet sie ein Chinese an – das können wir durchspielen mit allen Fragen, die einen Auslandsbezug haben, wo es immer darum geht, wie die politische Tätigkeit in einem Drittstaat ausschaut!

Früher hat die Sozialdemokratie „Hoch die internationale Solidarität!“ gerufen. (Abg. Pirklhuber: Richtig!) Das ist lange her, meine Damen und Herren, mit der inter­nationalen Solidarität wird es schnell zu Ende sein.

Es gibt ja auch ein Präjudiz: 1998 war der Präsident der Volksrepublik China in Wien. Das außenpolitische Interesse der österreichischen Bundesregierung war damals, dass dieser Staatsgast, mit dem man wirtschaftliche Geschäfte abschließen wollte, mit keinem Protest belästigt wird. Das heißt, in ganz Wien sind Proteste gegen den Prä­sidenten der Volksrepublik China verboten worden. Das hat man nach dem Versamm­lungsgesetz versucht. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Verbote für unzulässig erklärt.

Mit dieser Gesetzesnovelle wären diese Verbote gesetzlich gedeckt. Ich meine, der Treppenwitz der Geschichte ist der: Wahrscheinlich würde der Verfassungsgerichtshof heute das Gesetz aufheben, weil das Gesetz natürlich trotzdem verfassungswidrig ist.

Aber das ist ein Gesetzespfusch, der seinesgleichen sucht. Das gilt auch für die anderen Punkte, die darin enthalten sind, wie zum Beispiel die Verlängerung der Anzeigefrist einer Demonstration von 24 auf 48 Stunden. Ja, die Polizei muss sich vorbereiten, das ist keine Frage, aber auch da hat Kollege Rosenkranz richtig gesagt:


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