Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll179. Sitzung / Seite 101

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des Reverse-Charge-Systems sieht zwei Möglichkeiten vor, wobei die jeweiligen Vor­aussetzungen jeweils kumulativ erfüllt sein müssen.

Für die erste Möglichkeit müssen folgende Kriterien beziehungsweise Vorausset­zun­gen erfüllt werden:

Die Mehrwertsteuerlücke des betreffenden Mitgliedstaates muss mindestens 5 Prozent über dem Medianwert der gemeinschaftlichen Mehrwertsteuerlücke liegen. Österreich liegt Gott sei Dank darunter, daher können wir von der ersten Möglichkeit nicht Ge­brauch machen.

Aber auch was die zweite Voraussetzung betrifft – der Anteil des Karussellbetruges an der gesamten Mehrwertsteuerlücke des Mitgliedstaates beläuft sich auf mehr als 25 Pro­zent –, liegen wir Gott sei Dank in Österreich darunter.

Und die letzte Voraussetzung: Der Mitgliedstaat muss feststellen, dass andere Gegen­maßnahmen nicht ausreichen, um den Karussellbetrug zu bekämpfen.

Nach diesen drei Kriterien könnte Österreich den Mehrwertsteuerbetrug nicht bekämp­fen, weil der Betrug in Österreich nach der EU-Diktion noch im Rahmen des Erträg­lichen liegt, so nach dem Motto: Ein bisschen Mehrwertsteuerbetrug ist schon okay.

Die zweite Möglichkeit bedingt, dass der Mitgliedstaat, zum Beispiel Österreich, eine gemeinsame Grenze mit einem Mitgliedstaat hat, der die generelle Umkehrung der Umsatzsteuerschuldnerschaft anwenden darf. Zum Beispiel: Wenn Tschechien dieses System einführen würde, dann müsste Österreich nachweisen, dass aufgrund der Anwendung dieses Systems in Tschechien ein ernsthaftes Risiko der Verlagerung des Mehrwertsteuerbetruges auf das Inland besteht. Und zu guter Letzt müsste Österreich nachweisen, dass andere Gegenmaßnahmen nicht ausreichen. Dieser Nachweis wäre ebenfalls unmöglich.

Zusätzlich gibt es noch eine Safeguard-Klausel.

Wir alle sind uns hier einig, dass der Mehrwertsteuerkarussellbetrug bekämpft werden muss, die EU-Kommission legt jedoch einen Richtlinienvorschlag vor, der es den Mit­glied­staaten praktisch unmöglich macht, diese Betrugsbekämpfungsmaßnahme einzuführen.

Ein besonderer Gegner dieses Reverse-Charge-Systems ist der französische EU-Kom­missar Moscovici. Frankreich gewährt angeblich mithilfe dieses Mehrwertsteuer­sys­tems verdeckte Beihilfen an die französische Automobilindustrie, und bei einer Um­kehrung der Umsatzsteuerschuldnerschaft wäre diese verdeckte Beihilfe nicht mehr möglich. Dieser französische Kommissar entstammt übrigens der sozialistischen Partei PS, welche mit der Kanzlerpartei SPÖ im Europaparlament einer gemeinsamen Fraktion angehört.

Herr Bundeskanzler! Fragen Sie einmal Ihren Fraktionskollegen in Brüssel, warum er gegen die Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetruges ist, bevor Sie sich für eine Verge­meinschaftung der Steuerpolitik aussprechen! Es geht hier immerhin um 170 Milliar­den € Steuerausfall im Jahr. (Beifall bei der FPÖ.)

11.56


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. – Bitte.

 


11.56.37

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine Damen und Herren! In einem Punkt bin ich ja mit Kollegen Groiß einer Meinung: Der Brexit bietet eine große Chance für Europa – ja, das sehe ich auch so –, eine


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