Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll181. Sitzung / Seite 108

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

nicht zu machen, die in anderen Ländern passiert sind. In Deutschland hat die komplet­te Liberalisierung zu einem Einbruch im Bereich Handwerk und Gewerbe geführt.

Es geht darum, nicht jenen Fehler zu machen wie in den Niederlanden, wo man 2008 im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise geglaubt hat, dass man viele Selbständige, viele Einpersonenunternehmen braucht. Man dachte, damit überwinde man die Wirt­schafts- und Finanzkrise leichter. – Ich sage Ihnen, was das Ergebnis war: In der Bau­wirtschaft hat diese Liberalisierung in den Niederlanden dazu geführt, dass es dort jetzt 110 000 selbständige Bauarbeiter auf den Baustellen gibt – 110 000 selbständige Bau­arbeiter! – und nur mehr 100 000 unselbständige Bauarbeiter. Wenn das die Zukunft ist! – Nein, die wollen alle zurückrudern, weil das nicht das Ziel war.

Es geht darum, drei Dinge unter einen Hut zu bringen: erstens, mehr Liberalisierung, vor allem im freien Gewerbe. – Das liegt auf dem Tisch und ist dementsprechend gelun­gen. Das zweite Ziel: Bestehendes, Funktionierendes im Bereich Handwerk, Gewerbe zu halten, wo es um Qualifikation geht, wo es um Befähigung geht, wo es darum geht, dass sich der Konsument verlassen kann, dass er etwas Gescheites bekommt, wenn er einem Handwerker einen entsprechenden Auftrag erteilt, und das inklusive Lehrlings­ausbildung. – Auch das ist gelungen.

Im dritten Bereich, und das ist erstmalig und einzigartig in der Geschichte, haben wir auch versucht, über die Gewerbenovelle auf das Problem Scheinselbständigkeit Einfluss zu nehmen. Ich bedanke mich bei beiden Chefverhandlern, Christoph Matznetter und Peter Haubner, recht herzlich für ihr Verständnis. Es ist gelungen, Maßnahmen zu set­zen.

Wissen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, mehr Wirtschaft heißt nicht im­mer, dass es dann auch besser funktioniert. Ich erwähne abschließend nur zwei Bei­spiele zum Nachdenken: Das Gewerberecht lässt es zu, dass wir in Österreich 3 400 selbständige Verspachtler für das Verspachteln von Fugen bei Gipskartonwänden ha­ben – 3 400 selbständige Verspachtler, die nicht aus Österreich kommen, sondern aus Polen, aus der Slowakei und aus Tschechien. Die lösen in Österreich einen Gewerbe­schein und spachteln dann Fugen zu, machen aber darüber hinaus wesentlich mehr. Ich habe eigentlich immer geglaubt, Verspachteln macht ein Arbeiter, aber nicht ein Selb­ständiger.

Vom zweiten Bereich werden Sie vielleicht auch nichts wissen, es ist heute schon an­geklungen: Mit Jahresende hatten wir 818 selbständige Scheibtruhenfahrer (Abg. Pirkl­huber: Wirklich?); der richtige Begriff ist Scheibtruhenfahrer. Wenn das liberal gescheit ist, dann weiß ich nicht. (Abg. Brosz: In der Regierung gibt es auch lauter Selbständige!)

Deswegen ist es sinnvoll, zu sagen: Okay, wir haben einen tollen Entwurf auf dem Tisch liegen, mit dem wir leben können. Es ist aber notwendig, die Zweidrittelmehrheit zu schaffen, um die One-Stop-Shops zu erreichen. Es ist auch mehr als legitim, dass der Herr Bundeskanzler mit dem neuen ÖVP-Bundesparteiobmann und dem neuen Wirtschaftsminister diesbezüglich noch in Gespräche eintreten will. Das Interesse und die Wertschätzung zeigen auch, dass allen Beteiligten der Regierungsparteien diese No­velle sehr wichtig ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Tamandl.)

14.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Schellen­bacher. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.28.18

Abgeordneter Ing. Thomas Schellenbacher (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister, ich möchte es Ihnen in Ihrer ersten Sitzung jetzt nicht ersparen und würde gerne an der Küche des Kol­legen Themessl weiterbauen, um aufzuzeigen, dass es in dieser Novelle nicht nur um


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite