Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll186. Sitzung, 19. Juni 2017 / Seite 56

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haft hineingeschrien: Weil sie ja jetzt auch schon quasi die Kompetenz dazu hatten! Das ist das zweite System von SPÖ und ÖVP: Weil es immer schon so war! Dass die Grünen jetzt auch schon mit „weil es immer schon so war“ argumentieren, ist bei einer so wichtigen Reform zumindest schwierig. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Das Problem ist: Auch wenn ich denen, die damit angefangen haben, nämlich der da­maligen Bildungsministerin Heinisch-Hosek, wirklich den guten Willen unterstelle und dass alle geglaubt haben, wir schaffen das jetzt, so ist doch immer klar gewesen, dass am Schluss irgendwann einmal im Rahmen dieser Reform die auftauchen, die immer kommen, wenn es um ernsthafte Reformen geht: Das sind entweder die roten oder die schwarzen Besitzstandswahrer – in dem Fall sind es eher die schwarzen –, die heraus­kommen und sagen: Jetzt nicht, hier mache ich nicht weiter!, und deswegen kommt auch keine sinnvolle Reform am Ende heraus.

Kollegin Grossmann ist vorher herausgegangen und hat gesagt, es werde alles viel bes­ser und in Zukunft brauchen wir noch das und jenes, und auch der Herr Bundeskanzler hat gesagt, was alles noch notwendig ist, aber die große Frage, die immer im Raum steht, ist: Wann kommt denn das endlich? (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.)

Mir ist schon klar, dass solche Reformprozesse schwierig sind und man das lang aus­verhandeln muss, aber wenn ich jedes Mal das immer wieder weiter hinausschiebe, dann komme ich am Schluss zu einem Minimalkonsens, mit dem natürlich auch viele Sozial­demokraten, wenn man hinter vorgehaltener Hand spricht, nicht sonderlich zufrieden sind, und umgekehrt die ÖVP ja auch nicht, weil es sie offensichtlich sehr schmerzt, sich vom Gymnasium verabschieden zu müssen. Die Frage ist, wann es endlich zu dieser gro­ßen Reform kommt. Das sind kleine Schritte, die gemacht werden, aber es ist nicht die große Reform, die wir im Bildungsbereich endlich brauchen würden.

Das Ganze war quasi schon von Anfang an klar. Der Herr Bundeskanzler hat zwar ge­sagt, wir müssen viel mehr mit den Experten reden, in die Schulen gehen, und so wei­ter und so fort, aber genau die haben ja in großen Verhandlungsrunden während die­ser gesamten Bildungsreform gefehlt. Es war die Opposition in ganz vielen Bereichen nicht eingebunden, es waren die notwendigen Experten nicht eingebunden, es waren die Schulpartner nicht eingebunden. Nun verstehe ich schon, dass man teilweise die Ge­werkschaften nicht einbinden will, weil es schwierig ist, mit denen zu verhandeln, aber es ist trotzdem notwendig, bei so einem großen Reformprojekt alle entsprechend ein­zubinden und nicht im Vorfeld mit einer Einigung, die „fast geil“ war damals, mit so ei­ner Punktation rauszugehen und dann nachher zu schauen, was sich über Jahre hin­weg noch rausverhandeln lässt.

Wir wissen, dass in der Beamtengruppe, die ursprünglich eingesetzt wurde, natürlich die Vertreter der Bundesländer explizit drinnen gesessen sind, die Landeshauptleute, die wirk­lichen Besitzstandswahrer, explizit eingebunden waren, aber die, die ernsthaft etwas wei­terbringen konnten, nicht. Daher brauche ich mich nicht zu wundern, wenn am Schluss hier nichts herauskommt.

Was mich noch extrem wundert, ist eine ganz wesentliche Frage: Wie kann man als SPÖ und ÖVP über Jahre hinweg so ein Programm, ein Reformprogramm, ein Reförm­chen ausarbeiten und dann, wenn man schon im Vorfeld weiß, dass man eine Zweidrit­telmehrheit dafür braucht – und ich gehe davon aus, dass Sie das gewusst haben –, ins Parlament gehen, einerseits zu den Grünen, andererseits zur FPÖ, denen ein ferti­ges Papier hinklatschen und sagen: So, wir brauchen jetzt jemanden, der mitstimmt!?

Dass dann auf den letzten Metern durch harte Verhandlungen der Grünen noch kleine Verbesserungen passiert sind, bestreitet ja keiner, aber der große Wurf ist nicht he­rausgekommen. Das ist jetzt kein Vorwurf an die Grünen, sondern an SPÖ und ÖVP:


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