23/PET XXV. GP

Eingebracht am 10.07.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

 

Abgeordneter zum Nationalrat

Christoph HAGEN

An Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

A-1017 Wien

WIEN, am 08.07. 2014

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

In der Anlage überreiche ich Ihnen gem. §100 (1) GOG-NR die Petition betreffend Teilverkabelung der 380kV-Salzburgleitung 2 in jenen neun sensiblen Landschaftskammern, die im Umweltverträglichkeitsgutachten im Auftrag des Landes Salzburg die Sachverständigen zur Aussage veranlasst haben, der Behörde zu empfehlen, das Projekt der APG (380KV-Leitung) nicht zu genehmigen.

Mit der Bitte um geschäftsordnungsmäßige Behandlung dieser Petition verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Christoph HAGEN, Abg, z. NR


Parlamentarische Petition

Teilverkabelung der 380kV-Salzburgleitung 2 in jenen neun sensiblen Landschaftskammern, die im Umweltverträglichkeitsgutachten im Auftrag des Landes Salzburg die Sachverständigen zur Aussage veranlasst haben, der Behörde zu empfehlen, das eingereichte Projekt der Austrian PowerGrid (APG) nicht zu

genehmigen

Salzburgs wirtschaftliches Kapital ist der Tourismus. Das von der Austrian Power Grid (APG) eingereichte Projekt für die 380kV-Salzburgleitung 2 von Elixhausen nach Kaprun betrifft 39 und damit mehr als ein Drittel der Gemeinden des Landes Salzburg. Die geplante Freileitung führt durch die schönsten Gebiete des Landes und beeinträchtigt bzw. zerstört unter anderem das bedeutende Naherholungsgebiet im Osten der Landeshauptstadt, das wegen seiner Attraktivität jährlich von mehr als einer Million Menschen aus Nah und Fern aufgesucht wird.

Gaisberg und Nockstein prägen seit jeher das Erscheinungsbild der Landeshauptstadt Salzburg und seiner Umlandgemeinden. Das Naherholungsgebiet Gaisberg-Nockstein, welches seit Jahrhunderten von den Salzburgern und zahllosen Touristen genutzt wird, ist durch die geplante Trassenführung der 380-kv-Leitung des Verbundes ebenso in Gefahr wie der Lebensraum zahlreicher Tierarten, von denen einige unter die strengsten Schutzbestimmungen der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie der EU fallen..

Der Gaisberg, wobei die Gaisbergspitze zum Stadtgebiet der Landeshauptstadt zählt, ist im Zusammenhang mit der historischen Altstadt von Salzburg ein wichtiger touristischer Anlaufpunkt für die gesamte Region. Die ganzjährige Erreichbarkeit dieses Sport-, Freizeit und Naherholungsgebiets schlägt sich auch in den schon angeführten Besucherzahlen nieder. Der gesamte Erholungsraum wird von mehr als einer Million Besucher frequentiert. Der Schutz dieses Naherholungsgebietes vor Zerstörung und massiver Beeinträchtigung ist der Salzburger Bevölkerung ein ganz besonderes Anliegen.

Generell ist zu sagen, dass ein ganzes Land in Aufruhr ist, dass bei Genehmigung der Leitung in der vorliegenden Form ein Volksaufstand zu erwarten ist und dass der ORF bundesweit seiner Informationspflicht nicht nachgekommen ist. Einer der Brennpunkte ist ja der Nockstein, der am Pfingstmontag sogar vom Bayrischen Fernsehen als bemerkenswertes Landschaftsmonument in der Sendung „Gipfeltreffen“ wahrgenommen wurde, während der ORF bundesweit das Thema geflissentlich ignoriert - wohl mit Rücksicht auf die guten Werbekunden Verbund und APG. Der ORF Salzburg hat korrekt berichtet.

Zum Inhaltlichen: Bei der Verhandlung wurde klar, dass die von der APG vorgelegten Gutachten nur so vor Tatsachenbeugungen im Sinne des Projekts strotzen. Das beginnt bei den vom Österreichischen Institut für Raumplanung (ÖIR) ausgewählten Trassenräumen Ost, Mitte und West. Der schließlich ausgewählte Trassenraum Mitte folgte im Wesentlichen der existierenden 220kV-Leitung, wurde aber um einen Korridor von 1000 Metern beiderseits der Leitungsachse erweitert. Trotzdem wurde der Trassenraum Mitte in mehreren Bereichen kilometerweit verlassen. Es stellt sich daher die Frage, ob sich die aufgrund des Trassenraumes Mitte angestellten Untersuchungen überhaupt auf die tatsächlich erstellte Einreichtrasse beziehen, oder ob die Gutachter teilweise von falschen Voraussetzungen ausgegangen sind. Beigefügte Graphik zeigt den Trassenraum Mitte und die Abweichung, die im Falle Koppls rund drei Kilometer Luftlinie beträgt und somit weit außerhalb der 1000-Meter- Zone des Untersuchungsraumes liegt. Das erklärt beispielsweise einige falsch angenommene Vogelbeobachtungspunkte im Gutachten von Dr. Hans Peter Kollar im Auftrag der APG, was Univ. Doz. Mag. Dr. Armin Landmann in seinem Gutachten kritisch aufgezeigt hat. Weitere große Abweichungen erfolgten im Raum Adnet-Krispl, Vigaun-Kuchl-Golling und in Bruck.


Aufgrund der Stellungnahmen der Sachverständigen ist festzuhalten: es ist prinzipiell keine Identität mehr gegeben zwischen dem ursprünglich projektierten Trassenraum Mitte und der nunmehr abgeänderten Trassenführung. Dadurch ist es zu einer grundsätzlichen Änderung der Trassenparameter gekommen, weil die Abänderung sich sowohl auf die Trassenführung selbst als auch auf die dadurch betroffenen Schutzgüter (Quellen nicht erkannt, umstrittene Maststandorte usw.) grundlegend, erheblich verändernd auswirkt. Daher wird gefordert, dass die nunmehr eingereichte, abgeänderte Trasse mit derselben wissenschaftlichen Intensität (Erkenntnis) ergänzt wird, um eine Nicht-Umweltverträglichkeit ausschließen zu können.

Eine von Dr. Gudrun Wallentin für den Alpenverein erstellte Sichtbarkeitsanalyse der Masten im Nocksteingebiet (beigefügt) hat ergeben, dass diese über einen Umkreis von 20 Kilometern hinaus westlich weit bis ins benachbarte Bayern, östlich bis ins Salzkammergut (Mondsee) und im Norden bis über das Trumer Seenland hinaus zu sehen sein würden. Es ist völlig unverständlich, dass Salzburgs Politik zuschaut, wie DER Lebensgrundlage des Landes, dem Tourismus, das Standbein entzogen wird. Das Kapital Salzburgs ist eindeutig die kostbare wunderschöne Landschaft, die nun durch ein total in Frage zu stellendes Freileitungsprojekt in weiten Abschnitten zerstört werden soll. Salzburg wird nie ein Industrieland werden.

Bayern dagegen bewahrt - auf Kosten seines östlichen Nachbarn Salzburg - seine landschaftliche Schönheit, verzichtet auf weitere Pumpspeicherwerke, wie etwa am Walchensee und wehrt sich gegen drei geplante Hochspannungsleitungen durch Franken Richtung Süden, wo die Verbrauchszentren sind, zugleich aber auch die Erholungsräume. Der Stromhandel soll über Österreich abgewickelt werden. Neben den Plänen mit der Straßenmaut ist das ein weiterer Anschlag gegen die Interessen des Nachbarlandes Österreich.

Seit den 1980-er-Jahren ist der Gemeinde Koppl bekannt, dass die im Osten der Gemeinde über die permanente Rennstrecke Salzburg-Ring geführte 220kV-Leitung ausgebaut wird (Auskunft ehemaliger Gemeindevertreter). Der Ring wurde aus wirtschaftlichen Interessen der Gemeinden Hof, Plainfeld und Koppl erbaut und ist an zahlreichen Renntagen für Anrainer eine Lärmhölle. Dennoch wurden im Umfeld der Leitung Wohnbauten zugelassen. Das Widersinnige: durch Abbau der Leitung würde der Salzburg-Ring mit seiner gesundheitsgefährdenden Lärmbelastung an vielen Rennwochenenden entlastet, das wertvolle Naherholungsgebiet um Nockstein, Gaisberg und Heuberg dagegen belastet!

In den 1990-er-Jahren hat der Verbund gegenüber den Gemeinden seine Ausbaupläne auf eine höhere Spannungsebene konkretisiert. Die Folge war, dass die Gemeinden Eugendorf, Plainfeld und Koppl - allenfalls auch noch weitere - im vorgesehenen Trassenbereich (Edt, Egg, Willischwand ...) Umwidmungen vorgenommen haben und dort neue Wohnsiedlungen und Einzelhäuser entstanden sind. Der Rechnungshof hat diese Praxis massiv angeprangert (siehe beigefügte Präsentation). Die Bauwerber mussten ansuchen, dass sie nahe oder unter der Leitung bauen dürfen.

In einem Follow-up-Bericht (Bund 2014/9) zur „Flächenfreihaltung für Infrastrukturprojekte“ (GZ 860.160/002-1B1/14, III-81 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP) hält der Rechnungshof diese Kritik nicht nur aufrecht, sondern kritisiert massiv die von der APG angebotenen Zahlungen an die Gemeinden im Ausmaß von 69.000 Euro pro Leitungskilometer auf dem Gebiet der Gemeinde. Sowohl der APG als auch dem Land Salzburg hätte bekannt sein müssen, dass die Leitung nach dem Starkstromwegerecht des Bundes zu verhandeln ist, sodass Entschädigungen nach den Leitungs­Abstandsregelungen des Salzburger Landeselektrizitätsgesetzes (LEG) nicht angebracht seien. Dieses Angebot der APG ist nach einer Sachverhaltsdarstellung der Gemeinde Adnet an die Korruptionsstaatsanwaltschaft Gegenstand von Ermittlungen.


Angesichts der massiven Proteste wurde von der Salzburger Landesregierung schließlich quasi als „Schiedsrichter“ der EU-Leitungskoordinator DI Mag. Georg Wilhelm Adamowitsch bestellt, der nach zahlreichen Gesprächen mit Bürgermeistern und Besichtigungen im Juli 2009 seinen Bericht vorlegte. Wirtschafts- und Energieminister Dr. Reinhold Mitterlehner hat seinen Bericht zur Salzburgleitung begrüßt: "Adamowitsch hat mit seinem Bericht die Grundlage für die Errichtung der 380-kV-Leitung im Bundesland Salzburg gelegt, indem er die bisherigen Probleme ausräumt und einen neuen Ansatz ermöglicht", stellte BM Dr. Mitterlehner in einer Aussendung fest. "Die im Abschlussbericht enthaltene neue Trasse ist der Schlüssel zur Überwindung der Pattstellung", so Dr. Mitterlehner weiter. „Die Vorschläge des Koordinators zur Akzeptanzfindung müssen jetzt von Landesregierung und APG geprüft werden."

Völlig danebengegangen ist in weiterer Folge der Lösungsversuch mit dem Lenkungsausschuss aus Politikern und Vertretern der APG. Der Lenkungsausschuss hat am 25. November 2009 erstmals getagt und 2 Expertengruppen installiert, die schließlich zu einer zusammengelegt wurden. Dieser „Expertengruppe“ (Techniker und Juristen, keine Mediziner, keine Landschaftsökologen und Raumplaner) gehörte auch der frühere Zweite Landtagspräsident Wolfgang Saliger als „Beauftragter der Landesregierung“ (Beauftragt wofür?), der von der Adamowitsch-Trasse betroffen gewesen wäre, die aber nach massiven Interventionen von Politikern und örtlichen Honoratioren verworfen wurde. Ein klarer Fall von Befangenheit.

Es wurde durch die ständige Trassenschieberei längst landesweit das medizinische Phänomen der Toxikopie ausgelöst, vereinfacht gesagt also, dass Menschen Symptome zeigen oder gar erkranken, obwohl die Einwirkung noch gar nicht gegeben ist. Es gibt dazu eine umfassende Expertise von Univ. Prof. Dr. Walter Kofler von der Uni Innsbruck

Hoffnung gibt den Menschen in Salzburg ein Schreiben von Wirtschaftsminister Dr. Reinhold Mitterlehner an Nationalratspräsidentin Mag. Barbara Prammer:

Das Starkstromwegegesetz, das Starkstromwegegrundsatzgesetz und die auf dessen Grundlage erlassenen Starkstromwegegesetze der Bundesländer schreiben nicht vor, dass elektrische Leitungsanlagen nur als Freileitungen errichtet werden dürfen. Vielmehr stellt das geltende Starkstromwegerecht auf die „elektrische Leitungsanlage“ ab, welcher Begriff sowohl Freileitungen als auch Erdkabel umfasst. Es steht daher jedem Antragssteller offen, eine dieser beiden Ausführungsvarianten zum Bewilligungsverfahren einzureichen. Gerade weil das Starkstromwegerecht sich nicht auf einzelne Ausführungsvarianten festlegt, ist es offen für neue technische Entwicklungen...

Die rechtsstaatlich korrekte Vorgangsweise, die von den Behörden auch befolgt wird, besteht darin, dem eingereichten Projekt die Bewilligung zu versagen, wenn im Bewilligungsverfahren Nachteile oder Gefährdungen festgestellt werden, die nicht durch Auflagen bewältigt werden können. Dann müsste die Antragsstellerin ihr Projekt entsprechend abändern, ein gänzlich neues Projekt einreichen oder überhaupt auf die Projektverwirklichung verzichten.

Diese Leitung vernichtet in der geplanten Form die Lebensgrundlage vieler Menschen im Tourismusland Salzburg und es ist damit zu rechnen, dass es bei Genehmigung zu einem Volksaufstand kommen wird.

Mindestforderung der Gemeinden, Landesumweltanwaltschaft, NGO’s, Bürgerinitiativen und Betroffenen ist die landschaftsverträgliche Abänderung der geplanten Trasse oder eine Teilverkabelung in jenen neun sensiblen Landschaftskammern, die im Umweltverträglichkeitsgutachten im Auftrag des Landes die Sachverständigen zur Aussage veranlasst haben, der Behörde zu empfehlen, das Projekt der APG nicht zu genehmigen.