62/PET XXV. GP

Eingebracht am 19.01.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

PETITION

Abgeordneter zum Nationalrat

Dr. Andreas F. KARLSBÖCK

Parlament

1017 Wien

An die

Präsidentin des Nationalrates

Doris BURES

Parlament

1017 Wien

Wien, am 18. Jänner 2016

Betreff: Petition zur „Schaffung transparenter und breit nachvollziehbarer

Grundlagen für die Verleihung und Aberkennung von Ehrendoktoraten an Österreichs staatlichen Universitäten“

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Gemäß §100 Abs. 1 GOG-NR überreiche ich Ihnen die Petition betreffend „Schaffung transparenter und breit nachvollziehbarer Grundlagen für die Verleihung und Ab­erkennung von Ehrendoktoraten an Österreichs staatlichen Universitäten“ mit

dem Ersuchen um geschäftsordnungsgemäße Behandlung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Andreas F. Karlsböck


Petition

zur

Schaffung transparenter und breit nachvollziehbarer Grundlagen für die Verleihung und Aberkennung von Ehrendoktoraten an Österreichs staatlichen

Universitäten

Die Aberkennung des Ehrendoktorats von Konrad Lorenz durch den akademischen Se­nat der Universität Salzburg im Dezember 2015 galt und gilt vielen als schäbig- provinzieller Akt gegenüber einem weltweit anerkannten Verhaltensforscher, der - weil längst verstorben - die gegen ihn erhobenen, zumeist unqualifizierten Vorwürfe nicht mehr selbst entkräften kann. Entsprechend groß war das Medienaufsehen im In- und Ausland sowie das Kopfschütteln und Unverständnis innerhalb einer nicht bloß wissen­schaftlich interessierten Bevölkerungsmehrheit.

Der Beschluss zur Aberkennung der Ehrendoktorwürde wurde vom akademischen Se­nat der Universität Salzburg unter dem Rektorat von Univ.-Prof. Dr. Heinrich Schmidin- ger gefasst, einem Theologen, der in den vergangenen vier Jahren als Vorsitzender der Universitätenkonferenz nicht gerade durch große Erfolge geglänzt hat. Statt die bahn­brechenden Erkenntnisse auf dem Gebiet der Verhaltensforschung, die 1973 zur Ver­leihung des Nobelpreises an Konrad Lorenz geführt haben, gebührend zu würdigen, hat das für die Zu- und Aberkennung zuständige universitäre Gremium eine zutiefst un­sachliche, dafür umso mehr ideologisch motivierte Entscheidung getroffen.

Der Vorwurf, Konrad Lorenz sei ein Mitläufer einer menschenverachtenden Diktatur gewesen, wiegt schwer. Zumal davon auszugehen ist, dass der Verleihung seines Eh­rendoktorats, und noch viel mehr des Nobelpreises, eine Prüfung des Kandidaten auf Herz und Nieren voranging, die nicht nur seine wissenschaftlichen Leistungen sondern auch den Nachweis einer untadeligen Vita mit einschloss. Die Aberkennung des Ehren­doktorats durch die Universität Salzburg kommt also dem Vorwurf gleich, dass Genera­tionen honoriger Gutachter, allen voran das Nobelpreiskomitee, eine leichtfertige Ent­scheidung getroffen hätten und die unzähligen Ehrendoktorate, die dem Begründer der Evolutionären Erkenntnistheorie im Laufe seines schaffensreichen Lebens verliehen wurden, darunter von renommierten Universitäten wie Basel, Yale und Oxford, auf ei­nen einzigen Irrtum zurückzuführen seien.

Beschämend für eine der wissenschaftlichen Redlichkeit verpflichtete Institution wie der Universität Salzburg, die sich ursprünglich mit dem Ruhm des Nobelpreisträgers selbst zu schmücken suchte - worauf Prof. Antal Festetics in einem jüngst in der „Presse“ dankenswerter Weise erschienenen Beitrag hingewiesen hat -, gilt neutralen Beobach­tern auch, dass man sich lieber der ideologischen Argumentation einer unerfahrenen Studentensprecherin angeschlossen hat, statt die Bedenken des Lorenz-Biographen und Wegbegleiters Franz M. Wuketits aufzugreifen, der Verwicklungen des Nobelpreis­trägers in Verfehlungen mehrfach in Abrede gestellt hat. Oder dass man die Argumente von Prof. Bernd Lötsch ignorierte, des über jeden Zweifel erhabenen Lorenz-Schülers und Ex-Direktors des Kunsthistorischen Museums, der ebenfalls zur Verteidigung sei­nes großen Lehrers angetreten ist.

Man gewinnt in Österreich den Eindruck, dass sich hierzulande selbsternannte Moral­wächter immer öfter anmaßen, gleichsam als akademische Zwerge über Titanen ihres Fachs zu urteilen. Was „politisch korrekt“ mit der Umbenennung ganzer Straßenzüge begonnen hat, scheint sich nunmehr in Form der Aberkennung von Ehrendoktoraten an den mit öffentlichen Steuergeldern finanzierten staatlichen Universitäten und der Ver­femung von Werken bedeutender Wissenschafter fortzusetzen.

Zu welch absurden Blüten diese Anbiederung an einen höchst fragwürdigen Zeitgeist führt, illustriert Rüdiger Safranski in einem im Dezember 2015 geführten Interview mit dem renommierten Schweizer Blatt „Die Weltwoche“ an Hand des „Falls Martin Heideg­ger“: Weil Heidegger, „unzweifelhaft einer der größten Philosophen des 20. Jahrhun­derts“, so Safranski, tatsächlich ein Nationalsozialist gewesen sei, gebe es auch unter jüngeren Intellektuellen sehr viele, die sagten, Heidegger könne man nicht mehr lesen, auch nicht sein geniales Hauptwerk von 1927, „Sein und Zeit“. Safranski wörtlich: „Leu­te, die Heidegger sowieso nie gelesen hätten, können sich jetzt gut fühlen und sagen, der sei kontaminiert, man dürfe sein Werk nicht mehr in die Finger nehmen“.

All diese Beispiele erweisen die große Heuchelei und Brüchigkeit der Argumentation sowie die Fragwürdigkeit der jeweiligen Begründungen, mit denen die neuen „Moral­wächter“ ihre dubiosen Entscheidungen zu rechtfertigen trachten. „George Orwell lässt grüßen“, könnte man angesichts dieser inakzeptablen Umdeutungen und intellektuellen Verrenkungen meinen, die als Ausfluss „moralischen Größenwahns“ (Roger Köppel) wohl kaum die Unterstützung einer breiten Öffentlichkeit fänden.

Ganz in diesem Sinne sehen die Unterstützer dieser Petition in der Aberkennung des Ehrendoktorats von Konrad Lorenz durch die Universität Salzburg einen völlig überzo­genen Schritt, der unverzüglich rückgängig zu machen wäre, zumal hier nicht nur das Andenken eines einzelnen Wissenschafters infrage gestellt, sondern auch der internati­onale Ruf Österreichs als „Nation der Dichter und Denker“ massiv beschädigt wird.

Der Unterstützer dieser Petition ersucht daher den zuständigen Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, Dr. Reinhold Mitterlehner, künftig sicherzustellen, dass die größtenteils aus Steuergeld finanzierten staatlichen Universitäten transparente und breit nachvollziehbare Grundlagen für die Verlei­hung und Aberkennung von Ehrendoktoraten schaffen - sei es durch legistische Verankerung im Universitätsgesetz oder durch entsprechenden Nachdruck bei den Verhandlungen zu den Leistungsvereinbarungen.

Der Unterstützer dieser Petition ersucht den zuständigen Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, Dr. Reinhold Mitterlehner, ferner, konk­ret auf die Universität Salzburg einzuwirken, die Aberkennung des Ehrendokto­rats von Konrad Lorenz rückgängig zu machen.

Es muss endlich Schluss sein mit der feigen Verunglimpfung verdienter österrei­chischer Persönlichkeiten. Die im Universitätsgesetz festgeschriebene Autono­mie der Hohen Schulen darf nicht dazu führen, dass rationale und entsprechend wohlbegründete Entscheidungen durch ideologisch motivierte Anbiederungsver­suche an einen höchst fragwürdigen Zeitgeist ersetzt werden und so das Anden­ken international renommierter Österreicher, die zum guten Ruf unseres Landes in der Welt entscheidend beigetragen haben, massiv und nachhaltig beschädigt wird.