90/PET XXV. GP

Eingebracht am 12.10.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller                            Sonja Ledl-Rossmann

Abgeordnete zum Nationalrat                                                      Abgeordnete zum Bundesrat

Frau

Präsidentin des Nationalrates
Doris Bures

Parlament
1017 Wien

Wien, am 11. Oktober 2016

Betreff: Petition „Ausbau der Fernpass-Route - Bau des Tschirgant-Tunnels “

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Gemäß § 100 Abs. 1 GOG-NR überreiche ich Ihnen die Petition betreffend „Ausbau der Fernpass-Route - Bau des Tschirgant-Tunnels“ mit dem Ersuchen um geschäftsordnungsgemäße Behandlung.

Mit freundlichen Grüßen

Abg.z.NR Dipl. Kffr. (FH)                                                                   Bundesrätin

Elisabeth Pfurtscheller                                                                      Sonja Ledl-Rossmann

Die in Anhang 01 angeführten Gemeinden und Wirtschaftsbetriebe der Tiroler Bezirke Imst, Landeck und Reutte bringen folgende Petition ein:

PETITION

AUSBAU DER FERNPASS-ROUTE BAU DES TSCHIRGANT-TUNNELS

Die Fernpass-Route (B179) ist eine wichtige europäische Nord-Süd-Verbindung.

Täglich benutzen durchschnittlich über 12.000 Fahrzeuge diesen Straßenzug, wobei der Personenverkehr (PKW bis 3,5 Tonnen) mit über 11.000 pro 24 Stunden bei weitem überwiegt (siehe anhängende Verkehrsstatistiken). Der Güterverkehr hat einen Anteil von etwas über 1.000 Lkw und Sattelkraftfahrzeugen pro Tag. An Wochenenden erreicht die Verkehrsfrequenz - besonders in den Ferienzeiten - teilweise deutlich mehr als 20.000 Fahrzeuge (Spitzenwert 29.000). Insgesamt wurde in den vergangenen 10 Jahren ein Anstieg von rund 26 % beim PKW-Verkehr beobachtet, während der LKW-Verkehr nur marginal zugenommen hat.

Die Verkehrsdichte führt naturgemäß - speziell bei winterlichen Straßenverhältnissen -zu einer überdurchschnittlichen Unfallgefährdung, wobei durch die beengten topographischen Verhältnisse die Bergung der verunfallten Personen und Fahrzeuge immer wieder zu prekären Situationen führt.

Der Bezirk Reutte ist ein Bezirk, der sehr stark mit Abwanderungstendenzen zu kämpfen hat. Deshalb ist ein Ausbau der Fernpass-Route nicht nur für die Bewältigung des Güter- und Personenverkehrs eine absolute Notwendigkeit, sondern auch für die Anbindung des Bezirkes Reutte an den Tiroler Zentralraum von größter Bedeutung. Nur so werden Rahmenbedingungen geschaffen, damit die Menschen im Bezirk wohnhaft bleiben, bzw. auch Zuwanderung stattfinden kann.

Der Bezirk Reutte hat traditionell die geringste Arbeitslosigkeit in ganz Österreich. Ortsansässige Betriebe suchen ständig Fachkräfte, die sie am freien Arbeitsmarkt nur schwer finden. Die schlechte Verkehrsanbindung des Bezirkes Reutte macht es äußerst schwierig, Arbeitnehmer aus anderen Regionen dazu zu bewegen, im Bezirk Reutte eine Stelle anzunehmen. Pendeln ist in vielen Berufen und Betrieben unmöglich, der Arbeitnehmer müsste seinen Wohnsitz ins Außerfern verlegen, was viele abschreckt.

Auch das Thema Bildung und Weiterbildung hängt sehr stark mit einer guten Verkehrsanbindung des Bezirkes Reutte zusammen. Die jungen Menschen, die studieren möchten, müssen nach Innsbruck bzw. nach Deutschland ausweichen. Richtung Innsbruck können Studierende unmöglich täglich pendeln, einerseits wegen der schlechten Verkehrsanbindung über den Fernpass, andererseits aber auch, weil sich das Öffi-Angebot über den Fernpass sehr in Grenzen hält. Für die Studierenden entstehen unweigerlich Mehrkosten, da sie ihren Wohnsitz an den Studienort verlegen müssen. Nach Abschluss ihres Studiums kommen viele Jung-Akademiker aufgrund der schlechten Anbindung des Bezirks nicht mehr in das Außerfern zurück - es entsteht ein für den Bezirk besonders nachteiliger Brain-Drain.

Aufgrund der ständigen Staus am Wochenende hat die Außerferner Bevölkerung nur eingeschränkt die Möglichkeit, in annehmbarer Zeit in den Zentralraum zu fahren, um Geschäften und Erledigungen nach zu gehen, Veranstaltungen zu besuchen, etc. Die Menschen fühlen sich dadurch in ihrer Freiheit maßgeblich eingeschränkt. Insgesamt ist die B 179 die einzige ganzjährig befahrbare, innertiroler Verbindung des Außerferns in den Rest von Tirol. Wenn diese gesperrt ist, ist das Außerfern komplett vom Tiroler Zentralraum abgeschnitten (außer Ausweichroute über Deutschland - Garmisch).

Die gesamte, an der B179 lebende Bevölkerung ist ständiger Lärm- und Umweltbe­lastung ausgesetzt, was durch die Umfahrungen der Gemeinden im Bezirk Reutte zwar etwas reduziert wurde, durch die vielen Staus erhöht sich die Belastung für die Einheimischen aber massiv. Ganz besonderen Belastungen ist seit Jahrzehnten die Bevölkerung an der B189, der Mieminger Straße, die als Anschluss an die Fernpassstraße dient, ausgesetzt. Hier trifft vor allem die Gemeinde Tarrenz der volle Urlauberreiseverkehr, der zum allergrößten Teil weiter Richtung Westen in die tourismusintensiven Regionen des Tiroler Oberlandes weiterfährt. Die Gemeinde Tarrenz hat keine Umfahrungsstraße und ein Bau einer solchen ist auch nicht möglich, da das gesamte Gurgltal unter Naturschutz steht. Der gesamte Verkehr fließt also mitten durch das Dorf. Ebenso großen Belastungen ist die Gemeinde Obsteig am Mieminger Plateau ausgesetzt. Diese Strecke (ebenfalls B189) wird überwiegend von LKWs befahren, da sie der schnellste Zubringer zur A12 und damit weiter auf die Brennerautobahn ist. Auch Obsteig hat, genauso wie Tarrenz, keine Umfahrung. Der gesamte Verkehr geht direkt durchs Dorf. Eine Entlastung dieser Gemeinden kann ausschließlich durch den Bau des Tschirgant-Tunnels erreicht werden.

Die Fernpass-Route ist vor allem in touristischer Hinsicht für das gesamte Tiroler Oberland von größter Bedeutung. Insgesamt verzeichnete die Region im Jahr 2015 rund 17,6 Millionen Nächtigungen (Landeck: 8.216.909 Mio., Imst: 5.902.429 Mio., Reutte: 3.446.825 Mio.). Die Bettenanzahl 2015 in der Region Oberland und Außerfern belief sich auf insgesamt 252.609 Betten (Landeck 119.507, Imst 81.237, Reutte 51.865). 1.632 Dienstgeberbetriebe in der Sparte Tourismus (Landeck: 664, Imst: 576, Reutte 392) beschäftigten im Jahr 2015 insgesamt 13.663 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (Landeck: 5.340, Imst: 5.024, Reutte: 3 299). Insgesamt erwirtschaftete die Region im Jahr 2015 eine Wertschöpfung in der Höhe von 4.806

Millionen Euro (Landeck: 1.592 Mio. Euro, Imst: 2.014 Mio. Euro, Reutte: 1.200 Mio. Euro). Der Wertschöpfungsanteil der Sparte Beherbergung und Gastronomie beträgt im Bezirk Landeck ca. 36%, im Bezirk Imst ca. 21% und im Bezirk Reutte ca. 22%). Für die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der florierenden Tourismuswirtschaft in der Region Oberland und Außerfern ist die gute und stressfreie Erreichbarkeit der Tourismusbetriebe und damit der Ausbau der Fernpassbundesstraße eine wesentliche Grundvoraussetzung.

Die wöchentlichen Medienberichte über kilometerlange Staus mit Blockabfertigungen an den Tunnels (Grenztunnel und Lermooser Tunnel) machen diese Reiseroute über die regionalen Grenzen hinaus bekannt und werden immer mehr zu einem großen Ärgernis für Tourismusbetriebe und Reisende. Diese Staus machen es Tagestouristen nahezu unmöglich, die Fernpass-Route zu wählen, was das Tiroler Oberland für den Tagestouristen aus Deutschland kommend nahezu unattraktiv - bzw. nur in Verbindung mit vielen Strapazen erreichbar - macht. Ein Ausweichen auf die Bahn ist schwierig bzw. sehr zeitintensiv. Die Bahnverbindungen für Menschen, die ins Oberland wollen, ist sehr unattraktiv gestaltet, da sie einen enormen Umweg für Reisende aus dem süd-west-deutschen Raum bedeuten.

Wenngleich mit den geplanten Maßnahmen der Fernpass-Strategie 2016 und den bisherigen, sowie in Planung befindlichen straßenbaulichen Maßnahmen eine gewisse Verbesserung erwartet werden kann, ist ein umfassender Ausbau mit Hilfe von Tunnellösungen unumgänglich. Dies ist für Wirtschaft und Arbeitsplätze in den drei Bezirken Reutte, Imst und Landeck von größter Wichtigkeit. Eine „staufreie Anfahrt“ in die touristischen Zentren des Tiroler Oberlandes ist von strategischer Bedeutung für die wirtschaftliche und demographische Entwicklung der gesamten Region. Außerdem wird die Erreichbarkeit von regionalen Wirtschaftsräumen zunehmend zu einem entscheidenden Faktor im internationalen Wettbewerb werden, sodass eine optimale Anbindung der betroffenen Bezirke an die wirtschaftsstarken Räume im Norden und Süden anzustreben ist.

Am bestehenden Fahrverbot für Lkw über 7,5 Tonnen - mit den derzeit bestehenden Ausnahmeregelungen für den Ziel- und Quellverkehr - soll nicht gerüttelt werden und soll auch nach der Ertüchtigung der gesamten Route bestehen bleiben. Eine ungebremste Öffnung der Route für den LKW-Verkehr, würde einer zweite Transitroute - ähnlich dem Tiroler Unterland und Wipptal - zwischen dem stark prosperierenden Südwesten Deutschlands und Oberitalien Vorschub leisten.

Sowohl der Tschirgant- als auch der Fernpass-Scheiteltunnel sind planerisch so weit gediehen, dass eine Umsetzung in den nächsten Jahren möglich und sinnvoll ist.

Der Fernpass-Scheiteltunnel soll vom Land Tirol finanziert und gebaut werden. Zur Umsetzung dieses Projekts werden derzeit Probebohrungen durchgeführt.

Die unterzeichnenden Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, sowie die Wirtschaftsbetriebe der Bezirke Reutte, Imst und Landeck fordern daher mit allem Nachdruck, die Arbeiten zur Entlastung der Bevölkerung sowie Verbesserungen der Rahmenbedingungen für die Wirtschaft entlang der Fernpass-Route unverzüglich weiterzuführen und sowohl im Land Tirol als auch bei den entsprechenden Stellen der Republik Österreich den Beginn der Bauarbeiten mit Nachdruck voranzutreiben.

Der Nationalrat wird ersucht, die Aufnahme des Projektes „Tschirgant-Tunnel“ in den ASFINAG-Rahmenplan zu erwirken und die schnellstmögliche Projektumsetzung zu unterstützen.

ANHANG

1     Auflistung der unterzeichnenden Gemeinden und Wirtschaftsbetriebe

2     Unterschriftenlisten

3     Verkehrsstatistiken Fernpass-Route