99/PET XXV. GP

Eingebracht am 06.02.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

 

An Frau

Präsidentin des Nationalrates

Doris Bures

Parlament

1017 Wien, Österreich

 

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl
Abgeordneter zum Nationalrat

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich
Abgeordneter zum Nationalrat

Michael Bernhard
Abgeordneter zum Nationalrat

 

01.02.2017

Kulturzentrum Mattersburg vor Abriss - Petition zur Rettung eines wichtigen Vertreters des Brutalismus in Österreich

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

In der Anlage überreichen wir Ihnen gem. §100 (1) GOG-NR die Petition zur Rettung des Kulturzentrums Mattersburg als einen wichtigen Vertreter des Brutalismus in Österreich.

Seitens der Einbringer wird das Vorliegen einer Bundeskompetenz in folgender Hinsicht angenommen:

Das Kulturzentrum Mattersburg steht seit Dezember 2016 per Bescheid teilweise unter Denkmalschutz. Dieser ist Angelegenheit des Bundes.

Mit der Bitte um geschäftsordnungsmäßige Behandlung dieser Petition verbleiben wir mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Zinggl                                    Nikolaus Berlakovich                              Michael Bernhard


Anlage


 

Kulturzentrum Mattersburg vor Abriss — Petition zur Rettung eines wichtigen Vertreters des Brutalismus in Österreich

Der Denkmalschutz, also die im öffentlichen Interesse liegende Erhaltung von Kulturgütern, ist Angelegenheit des Bundes. Das Kulturzentrum Mattersburg steht seit Dezember 2016 per Bescheid teilweise unter Denkmalschutz.

Der Nationalrat wird ersucht, für eine denkmalgerechte Gesamterhaltung des Kulturzentrums Mattersburg und damit verbunden für eine adäquate Sanierung des Kulturzentrums Mattersburg zu sorgen.

Das Kulturzentrum Mattersburg - erbaut 1973-76 - ist ein wichtiger und innovativer Beitrag zum Betonbrutalismus in Österreich. Auch in kulturhistorischer Hinsicht hat das Haus als erstes derartiges Kulturzentrum eine eminente österreichweite Bedeutung. Die Nennung des Objekts auf der internationalen Plattform #SOSBrutalism sowie die jüngste Aufnahme in die gleichnamige Ausstellung des DAM „#SOSBrutalism" beweisen endgültig den architekturhistorischen und baukünstlerischen Rang des Objekts innerhalb der europäischen Architektur der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das Kulturzentrum Mattersburg gehört zum architektonischen und kulturhistorischen Erbe Österreichs der 1970er Jahre.

Zahlreiche Experten und Institutionen aus Architektur- und Denkmalpflege - wie Oliver Elser (DAM; Deutsches Architekturmuseum), Dietmar Steiner (AzW; Architekturzentrum Wien), Axel Hubmann (DOCOMOMO Austria - Documentation and Conservation of Buildings, Sites and Neighbourhoods of the Modern Movement), die Österreichische Gesellschaft für Architektur, die Initiative Denkmalschutz und der renommierte Architekturwissenschafter und -publizist Otto Kapfinger - haben in Stellungnahmen auf die architektonische Qualität und die kulturhistorische Bedeutung des Kulturzentrums Mattersburg hingewiesen.

Auch das Bundesdenkmalamt (BDA) spricht in einem Amtssachverständigengutachten von einem der wichtigsten Vertreter des Brutalismus in Österreich und einem authentisch erhaltenen, ersten Kulturzentrum Österreichs von kulturpolitisch hohem Wert. Dennoch nahm das BDA während des Unterschutzstellungsverfahrens Verhandlungen mit dem Eigentümer - dem Land Burgenland bzw. der landeseigenen Immobiliengesellschaft BELIG - auf, was einer Politisierung der Denkmalpflege gleicht. Nach diesen Verhandlungen wurden - trotz eigenen, positiven Gutachtens - nur Teile der

Fassaden des Bauwerks unter Schutz gestellt. Die nun geplanten Baumaßnahmen würden daher dazu

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führen, dass es bis auf einige Fassaden komplett abgerissen wird - jegliche architektonischen und denkmalpflegerischen Qualitäten des Bestandsobjektes würden nach den derzeitigen Plänen verloren gehen, die Reste des Bauwerks würden zur Kulisse.

Durch diese Teilunterschutzstellungsmentalität des Bundesdenkmalamtes wurden schon zahlreiche historisch bedeutende Bauten massiv beeinträchtigt bzw. zerstört. Es liegt im öffentlichen Interesse, dass die zuständigen Bundesinstitutionen eine Absage für dieses Vorhaben erteilen. Das Kulturzentrum Mattersburg darf so keinesfalls zum Spielball der Interessen von Regional- und Landespolitikern werden!

Wir fordern daher:

-       dass das Bundesdenkmalamt seinem behördlichen Auftrag nachkommt, sachlich und unabhängig agiert, und den eigenen gutachterlichen Erkenntnissen in seinen Bescheiden nicht widerspricht.

-       eine Beendigung von Teilunterschutzstellungen, wo sie die Integrität von Bauwerken und ihren schützenswürdigen Charakter unterwandern.

-       eine Gesamtunterschutzstellung des Kulturzentrums Mattersburg und die Einleitung eines Restaurierungs- und Sanierungsprozesses für das Kulturzentrum nach Vorbild internationaler Best Practices.