102/PET XXV. GP

Eingebracht am 02.03.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

 

Abgeordneter zum Nationalrat Dr. Marcus FRANZ

An Frau

Präsidentin des Nationalrates

Doris Bures

Parlament

1017 Wien, Österreich

Wien, am 01. Februar 2017

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

In der Anlage überreiche ich Ihnen gemäß § 100 (1) GOG-NR die Petition betreffend Anonyme statistische Erfassung von Schwangerschaftsabbrüchen in Österreich

Seitens der Einbringer wird das Vorliegen einer Bundeskompetenz in folgender Hinsicht angenommen:

Herrn Bundesminister für Gesundheit und Frauen, Alois Stöger

Dieses Anliegen wurde bis zum Einbringen im Nationalrat von __________________  Bürgerinnen

unterstützt. Mit der Bitte um geschäftsordnungsmäßige Behandlung dieser Petition verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Abg. z. NR Dr. Marcus FRANZ

Anlage

Hinweis: Ggf. vorgelegte Unterschriftenlisten werden nach dem Ende der parlamentarischen Behandlung datenschutzkonform vernichtet bzw. gelöscht, soweit diese nicht nach den Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes zu archivieren sind.

 

Da Abtreibungen in Österreich nicht meldepflichtig sind, existieren keine amtlichen Zahlen. Die Aussagekraft von allen Statistiken hängt aber entscheidend von der Genauigkeit und Vollständigkeit der zu erhebenden Daten ab. Eine statistische Erfassung aller Schwangerschaftsabbrüche würde eine entsprechende Rechtsgrundlage benötigen und müsste neben den in Krankenanstalten durchgeführten Abtreibungen auch jene in ärztlichen Ordinationen erfassen. Diesbezüglich müsste eine umfassende anonymisierte Meldepflicht für alle medizinischen Institutionen geschaffen werden. Das würde auch dem nahezu in allen EU-Ländern üblichen Standard entsprechen.

 

Österreich ist eines der wenigen Länder in Europa ohne konkretes Zahlenmaterial zu Schwangerschaftsabbrüchen. Derzeitigen Schätzungen zufolge sollen pro Jahr zwischen 30.000 bis 80.000 Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden. Das ist die Bandbreite, die allgemein angenommen wird. Zum Vergleich: Schweden hat bei 9,5 Mio. Einwohnern 37.000 registrierte Abtreibungen, Deutschland mit 80 Mio. Einwohnern registrierte 106.000.

 

Wenn man nun die Geburtenraten (Geburten in Österreich 2014: 81.722) diesen Schätzungen gegenüberstellt, gewinnt man im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern den Eindruck, dass sich in Österreich eine exzessive Abtreibungsrate herausgebildet hat, die von der Gesellschaft stillschweigend toleriert wird. Das ist ethisch nicht argumentierbar und weder gesellschaftspolitisch noch bevölkerungswissenschaftlich zu tolerieren.

Demographisch hochgerechnet bedeutet dies nämlich auch, dass sich die österreichische Bevölkerung de facto in den nächsten Jahrzehnten sukzessive abschafft. Für den Bestand einer Population ist eine Geburtenraten von 2,1 Kinder/Frau notwendig - in Österreich liegt sie bei 1,4/Frau. Dies ist vor allem insofern bedenklich, als die Regierung nicht müde wird, uns ständig mitzuteilen, dass die österreichische Bevölkerung einerseits immer älter wird, andererseits aber vor sich hin schmilzt - und die Regierung trotzdem keinerlei Akzente setzt, den Nachwuchs zu fördern. Die Tatsache unserer geringen Vermehrungsfreudigkeit ist also in jeder Hinsicht ein gesamtgesellschaftliches und durch viele Ursachen begründetes Phänomen, dem sich Politik und Öffentlichkeit stellen müssen.

Die Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch sind zweifellos unterschiedlich. Tatsächlich kann aber ein Schwangerschaftsabbruch niemals einer Verhütungsmethode gleichgesetzt oder infolge der „Schweige-Kultur“ als eine „Verhütung im Nachhinein“ akzeptiert werden. Leider liegt diese Interpretation durch die offensichtlich sehr hohe Zahl der Abbrüche aber nahe. Vor allem im urbanen Bereich werden Schwangerschaftsabbrüche fast schon „inflationär1 betrieben. Hier gilt es also, gesellschaftliches Bewusstsein zu schaffen und das kann nur mit validen Zahlen und anonymen Registern gelingen.

In Österreich gibt es überdies vor einem Schwangerschaftsabbruch weder eine verpflichtende Beratung noch inhaltlichen Vorgaben für die ärztliche Konsultation und kaum Forschung bzw. Statistiken über die Motive, die zu einer Abtreibung führen. Diese Daten wären aber als Basis für die Schaffung geeigneter Maßnahmen, die den von einer ungewollten Schwangerschaft betroffenen werdenden Müttern und Vätern helfen könnten, essentiell notwendig.

Gefordert wird daher: Eine verpflichtende, anonymisierte statistische Erfassung von Schwangerschaftsabbrüchen in Österreich