30/SBI XXV. GP

Eingebracht am 28.07.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Bürgerinitiative

 

 

 

 

Arbeitsrecht und Zentral-Arbeitsinspektorat
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Parlament

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GZ: BMASK-460.002/0031-VII/B/2014

Wien, 28.07.2014

 

Betreff:       Bürgerinitiative Nr.44 betreffend "Informationspflicht bei Unterbezahlung und
                     Verlängerung der Verfallsfristen.

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Das Sozialministerium nimmt mit Bezug auf das Schreiben vom 11.07.2014,
GZ. 17020.0025/39-L1.3/2014, zur Bürgerinitiative Nr. 44 betreffend „Informationspflicht bei Unterbezahlung und Verlängerung der Verfallsfristen“ wie folgt Stellung:

 

Zum Anliegen, dass Beschäftigte verständigt werden müssen, wenn eine Betriebskontrolle (GPLA) zeigt, dass der/die Beschäftigte zu wenig Lohn oder Gehalt bekommen haben, darf auf den durch das Sozialministerium mit 22.07.2014 zur Begutachtung versandten Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem u.a. das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) geändert wird. Siehe dazu auch

 

http://www.sozialministerium.at/site/Das_Ministerium/Begutachtungsentwuerfe/Begutachtungsentwurf_Arbeitsvertragsrechts_Aenderungsgesetz_u_a_und_Begutachtungsentwurf_Arbeitsstaettenverordnung_u_a_).

 

Dieser Entwurf sieht im AVRAG u.a. vor, dass die für die Lohnkontrolle zuständigen Behörden und Institutionen - dies ist im Fall von ASVG-pflichtigen Arbeitnehmer/innen der jeweils zuständige Träger der Krankenversicherung - die Arbeitnehmer/innen über Strafbescheide wegen Unter­entlohnung, die das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmer/in betreffen, zu informieren haben.

 

Zum Anliegen, Verfallsfristen von weniger als drei Jahren „abzuschaffen“, ist anzumerken, dass im Arbeitsrecht Verjährungs- sowie Verfallsfristen von Bedeutung sind. Während bei der Verjährung mit Ablauf der Verjährungsfrist lediglich das Klagerecht erlischt, geht mit dem Ablauf der Verfallsfrist das Recht als solches unter.

 

Grundsätzlich verjähren arbeitsrechtliche Entgelt- und Lohnforderungen nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) binnen drei Jahre ab Fälligkeit. Diese Bestimmung ist insoweit dispositiv, als die vertragliche Vereinbarung einer kürzeren als der gesetzlichen Verjährungsfrist zulässig ist.

 

Ersatzansprüche wegen ungerechtfertigter Entlassung oder unbegründeten vorzeitigen Austritts sowie Ersatzansprüche wegen ungerechtfertigten Rücktritts vom Arbeitsvertrag hingegen unterliegen zwingenden gesetzlichen Verfallsfristen: Diese Ansprüche sind binnen sechs Monaten ab Fälligkeit bei sonstigem Ausschluss gerichtlich geltend zu machen.

 

Neben den gesetzlichen Verfallsfristen finden sich häufig auch - zumeist kürzere - kollektivver­tragliche Verfallsfristen zur Geltendmachung arbeitsrechtlicher Ansprüche. Derartige Fristen sind grundsätzlich zulässig, sofern sie nicht gegen zwingende gesetzliche Verfallsfristen verstoßen und nicht sittenwidrig sind (d.h. die Geltendmachung der arbeitsrechtlichen Ansprüche ohne sachlichen Grund übermäßig erschweren). Nach ständiger OGH-Rechtsprechung wäre etwa eine Verfallsklausel mit einer Fallfrist von mindestens zwei Monaten ab Fälligkeit nicht sittenwidrig, wohl aber eine Fallfrist von sechs Wochen.

 

Eine Fallfrist zur Geltendmachung arbeitsrechtlicher Ansprüche kann auch arbeitsvertraglich vereinbart werden, sofern derartige Fristen nicht gegen gesetzliche oder kollektivvertragliche Bestimmungen verstoßen oder im Sinne der Rechtsprechung zu den kollektivvertraglichen Fallfristen sittenwidrig sind.

 

Bestimmungen über Verfallsfristen arbeitsrechtlicher Ansprüche finden sich häufig in kollektiv­vertraglichen Regelungen. Es könnten daher in den Kollektivverträgen die Verfallsfristen so gestaltet werden, dass die im ABGB vorgesehene dreijährige Verjährungsfrist auch für arbeits­rechtliche Ansprüche gewahrt bleibt, und dabei auch der Beginn des Laufs der Verfallsfristen entsprechend der gegenständlichen Bürgerinitiative geregelt wird.

 

Eine gesetzliche Regelung, wonach eine Verkürzung der 3-jährigen Verjährungsfrist ausgeschlossen wird bzw. kurze Verfallsfristen in (Kollektiv-)Verträgen für unzulässig erklärt werden, erscheint derzeit wenig aussichtsreich.

 

Festzuhalten ist abschließend, dass für den Bereich der behördlichen Lohnkontrolle nach dem AVRAG der Eintritt einer zivilrechtlichen Verjährung des Entgeltanspruchs irrelevant ist.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Für den Bundesminister:

Mag.a Dr.in iur. Anna Ritzberger-Moser

Elektronisch gefertigt.