59/SBI XXV. GP

Eingebracht am 26.01.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Bürgerinitiative

 

 

 

 

 

 

 

 

An die

Parlamentsdirektion

Dr. Karl Renner-Ring 3

1017 Wien

 

GZ. BMF-310212/0010-I/4/2014

Bezugnehmend auf das Mail vom 2. Dezember 2014, ZI. 17010.0020/44-L1.3/2014, beehrt sich das Bundesministerium für Finanzen zur Petition Nr. 59/BI, betreffend „Politreform- jetzt", Folgendes mitzuteilen:

Einleitend ist zu bemerken, dass auch aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen die öffentliche Verwaltung effizienter und kostengünstiger werden muss. Ein wesentlicher Schlüssel zu einer Verwaltungsreform ist der konsequente Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik (IKT), wie die bereits erzielten Einsparungseffekte eindrucksvoll zeigen. Dieser erfolgreiche Weg muss weiter beschritten werden, so erzielt eine vollelektronische Abwicklung aller Steuerangelegenheiten Einsparungen bei BürgerInnen, Unternehmen und der Verwaltung. Die begonnenen Arbeiten im Förderbereich (Transparenzdatenbank) und im Bereich der Wirtschaft (Unternehmensserviceportal)  müssen fortgesetzt werden. Aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen müssen die für die Bevölkerung wichtigsten Verwaltungsprozesse identifiziert und hinsichtlich ihrer Effizienz


analysiert werden. In einem weiteren Schritt sollen auch diese Prozesse vollelektronisch abwickelbar sein, zumal IKT-Lösungen ohne Problem über Gebietskörperschaftsgrenzen hinweg organisierbar sind.

Hinsichtlich der Forderung „Abgaben runter!" auf Seite 3 von 5 der gegenständlichen Bürgerinitiative ist darauf hinzuweisen, dass auch der am 16. Dezember 2014 veröffentlichte Bericht der Expertenkommission zur Steuerreform feststellt, dass die Abgabenquote in

Österreich um acht Prozentpunkte über dem OECD-Schnitt liegt und Österreich daher zu den Ländern „mit einer höheren Abgabenquote zählt". Im Bericht werden des Weiteren mögliche Handlungswege zur Entlastung vorgeschlagen, darunter etwa auch eine entsprechende Tarifentlastung. Der Bericht wurde der Bundesregierung am                                                   16. Dezember 2014 übergeben. Welcher der vorgeschlagenen Handlungsalternativen man folgt bzw. die konkrete Ausgestaltung der Steuerreform, insbesondere die Einführung neuer Tarifstufen und weitere Entlastungsmaßnahmen werden derzeit auf Basis dieses Berichts im Zuge der Steuerreform-Verhandlungen der Regierungsparteien diskutiert, welche bis         17. März 2015 abgeschlossen werden sollen.

Eine jährliche automatische Anpassung des Steuertarifes würde zwar ebenfalls eine steuerliche Entlastung bedeuten, allerdings im Ergebnis zu einer Entlastung nach dem „Gießkannenprinzip" führen. Bisher wurden Steuerentlastungen in Form eines Steuerreformgesetzes gewährt, weil dadurch zielgerichtete Entlastungsmaßnahmen im Sinne von mehr Verteilungsgerechtigkeit besser umsetzbar sind.

Zur Frage „Woher die Mittel nehmen?" ist anzumerken, dass gemäß dem Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung für die Jahre 2013 bis 2018 die Aufgabenreform- und Deregulierungskommission (ADK) von der Bundesregierung mit Ministerratsbeschluss vom 20. Mai 2014, mit dem Ziel, die Verwaltung zu modernisieren, die Effizienz zu steigern und den Ressourceneinsatz zu optimieren eingesetzt wurde. Basierend auf bereits bestehenden Arbeiten hat die ADK begonnen, den Normenbestand systematisch zu untersuchen und  unter Setzung von Schwerpunkten dahingehend zu hinterfragen, ob Vereinfachungen möglich seien bzw. ob auf bestimmte Regelungen verzichtet werden kann. Die Arbeit der ADK unterstützend wurden vier Untergruppen zu den Themen „Bürokratieabbau", „Aufgabenreform", „Wirtschaft" und „Förderungen" eingerichtet. Die Kommission hat der Bundesregierung zu den ersten drei Themen bereits drei Berichte mit konkreten Umsetzungsvorschlägen vorgelegt. Die Untergruppe „Förderungen" hat sich intensiv mit dem Thema der „direkten Förderungen" auseinandergesetzt und Lösungsvorschläge für ein effizienteres Förderwesen erarbeitet. Diese Lösungsvorschläge werden nun in der ADK diskutiert und es wird eine Vorlage an die Bundesregierung noch im 1. Quartal 2015 in Aussicht genommen.


Schließlich hat die österreichische Steuer- und Zollverwaltung seit über einer Dekade zahlreiche Reformen, mit dem Ziel Synergien zu nutzen, Einsparungen zu realisieren aber auch die Aufgaben kundenorientiert wahrzunehmen, umgesetzt.

Seit 2003 wurden zum Beispiel nachstehende Reformen der österreichischen Finanzverwaltung umgesetzt:

2003      Implementierung der GPLA (Zusammenführung der Prüfung der Lohnsteuer, Kommunalsteuer sowie Sozialversicherungsbeiträge)

2003        Überführung der KIAB (Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung) vom Wirtschaftsministerium zu den Zollämtern

2004       Auflösung der Finanzlandesdirektionen und damit einhergehend                   Gründung der Steuer- und Zollkoordination (SZK) mit 5 Regionen sowie des Unabhängigen Finanzsenates (UFS)

2004        Reform der Zollverwaltung (Reduktion von 65 auf 15 Zollämter')

2005        Reform der Finanzämter (Reduktion von 80 auf 41 Finanzämter)

2006        Fusionierung der Finanzämter Wien 02 und 12 und Zusammenführung auf einen Standort

2007        Erneute Reform der Zollverwaltung (Reduktion von 15 auf 9 Zollämter')

2007      Gründung der Steuerfahndung als bundesweite Organisationseinheit (vormals 7 Prüfungsabteilungen Strafsachen in den Finanzämtern)

2007      Überführung der KIAB von den Zollämtern zu den Finanzämtern

2009      Reform der 8 Großbetriebsprüfungen zur Großbetriebsprüfung Österreich

2011      Schaffung des Finanzamts für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel als bundesweite Einheit

2011        Reform der KIAB und damit Implementation der finanzpolizeilichen Aufgabenstellungen in den Finanzämtern

2012        Finanzzentrum Wien Mitte (Regionalisierung der Strafsachenstelle, der GPLA, des Infocenters sowie diverser Supporteinheiten)

2013        Zusammenführung aller Finanzpolizei-Teams zur bundesweite Einheit Finanzpolizei

2013        Fusionierung der Finanzämter Wien 03 und 05 und damit Reduktion der

Finanzämter auf 40

2014        Reform/Abschaffung des Unabhängigen Finanzsenates und damit Gründung des Bundesfinanzgerichtes

Die vergangenen Jahre sind darüber hinaus durch eine laufende, signifikante Reduktion des Personalstandes der Steuer- und Zollverwaltung gekennzeichnet.


 

Da in der gegenständlichen Bürgerinitiative keine offensichtlichen Fragen enthalten sind, konzentriert sich die Beantwortung der Fragen auf den Entschließungsantrag auf Seite 2 von 5 des eingelangten Dokumentes.

Zu 1.:

Das von der Bürgerinitiative verfolgte Ziel „Nachhaltig geordnete Haushalte" durch Reformen zu unterstützen, wird von der Bundesregierung bereits angestrebt. Die Bundesregierung verfolgt eine langfristige, stabilitätsorientierte Budget- und Wirtschaftspolitik für nachhaltiges Wirtschaftswachstum mit hoher Beschäftigung. Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, ein strukturelles Nulldefizit für das Jahr 2016 zu erreichen. Dafür wurden und werden seitens  der Bundesregierung auch laufend Anstrengungen unternommen:

      Gemäß dem Österreichischem Stabilitätspakt 2012 haben Bund, Länder und Gemeinden vereinbart, bei ihrer Haushaltsführung nachhaltig geordnete Haushalte anzustreben und ihre Haushaltsführung gemäß Art. 13 B-VG zu koordinieren.

      Mit der 2009 eingeführten mehrjährigen Budgetplanung wird eine berechenbare, nachhaltige Budgetpolitik unterstützt. Dieses Ziel wird über einen ausgewogenen Maßnahmenmix aus ausgaben- und einnahmeseitigen Reformen erreicht.

      Mit dem Stabilisierungspaket 2012 wurde ein umfangreiches Konsolidierungs- und Wachstumsprogramm mit Reformen in vielen Bereichen u.a. auch bei den Förderungen und in der öffentlichen Verwaltung beschlossen und in der Folge aufgrund des  geringeren Wirtschaftswachstums und der notwendigen Maßnahmen im Bereich der verstaatlichten Banken um weitere Konsolidierungsmaßnahmen ergänzt.

      Die im Mai 2014 eingerichtete, unabhängige Aufgabenreform- und Deregulierungskommission untersucht auf Grundlage der bereits vorliegenden Vorarbeiten den Normenbestand und hinterfragt, ob Vereinfachungen möglich sind bzw. ob auf bestimmte Regelungen verzichtet werden kann. Ziele sind eine massive Reduktion von Kosten und Zeitaufwand, Einsparungen und die Optimierung des Ressourceneinsatzes sowie der Abbau von Doppelgleisigkeiten. Mittlerweile wurden der Bundesregierung zahlreiche Vorschläge für Reform- und Einsparungsmaßnahmen zur Entscheidung über eine mögliche Umsetzung vorgelegt.

      Im kommenden Frühjahr werden die Verhandlungen über eine grundsätzliche Neugestaltung des Finanzausgleichs beginnen. Schwerpunkte werden eine klare Definition der Ziele und Aufgaben, ein Monitoring sowie die Transparenz der Geldflüsse sein.

Trotzdem ist ein 6 Mrd. Euro Konsolidierungspaket bis März nur schwer realistisch darstellbar, ohne verfassungsmäßige Rechte zu verletzen. Realistischer wäre es, auch unter Einbeziehung der makroökonomischen Effekte, eine Verteilung auf einen längerfristigen Zeitraum anzustreben.


Zu 2.:

Art. 13 Abs. 2 B-VG enthält die Verpflichtung der des Bundes, der Länder und der Gemeinden nachhaltig geordnete Haushalte anzustreben und ihre Haushaltsführung in Hinblick auf diese Ziele zu koordinieren. Die Gebietskörperschaften kommen dieser Verpflichtung mit dem Österreichischen Stabilitätspakt (ÖStP) nach und stellen damit auch die nachhaltige Einhaltung der Stabilitätskriterien des europäischen Rechts sicher.

Insbesondere enthält der ÖStP 2012 neben dem Ziel eines bis 2016 über alle Gebietskörperschaften ausgeglichenen Haushalts für Österreich (Maastricht-Ziel) eine Regel über das jeweils zulässige strukturelle Defizit („Schuldenbremse)".

Mit der Schuldenbremse wird ab 2017 ein gesamtstaatlich ausgeglichener Haushalt angestrebt, der im Einklang mit den Vorgaben des europäischen Rechts als strukturelles Defizit von maximal 0,45% des BIP definiert ist. Durch das Abstellen auf strukturelle Bemessungsgrößen wird eine gegenzyklische Budgetpolitik ermöglicht: In wirtschaftlich schlechteren Zeiten kann die Nachfrage durch staatliche Ausgaben stabilisiert werden, in wirtschaftlich günstigeren Perioden sind entsprechende Ausgabenreduktionen vorzunehmen. Die Berechnung richtet sich nach dem ESVG 2010, umfasst damit also nicht nur die Kernhaushalte, sondern alle Einheiten, die dem Sektor Staat zuzuordnen sind. Der ÖStP enthält über die Schuldenbremse hinaus eine Begrenzung des jeweils zulässigen Ausgabenwachstums (Ausgabenbremse), eine Regel über die Rückführung des jeweiligen öffentlichen Schuldenstandes nach ESVG (Schuldenquotenanpassung) und Bestimmungen zur Koordination der Budgetpolitik der Gebietskörperschaften. Die Einhaltung des ÖStP 2012 ist durch angemessene Sanktionsbestimmungen abgesichert. Das für jedes Jahr vorgegeben Budgetziel wurde österreichweit bisher jedes Jahr erreicht.

Zwischen Bund, Ländern und Gemeinen wurde 2011 auch die Verankerung einer gesamtstaatlichen Schuldenbremse in Verfassungsrang vereinbart, dafür konnte dann aber keine parlamentarische Mehrheit erzielt werden.

22.01.2015

Für den Bundesminister:

Mag. Heidrun Zanetta

(elektronisch gefertigt)