70/SBI XXV. GP

Eingebracht am 15.04.2015
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Stellungnahme zu Bürgerinitiative

 

 

 

 

 

An die

Parlamentsdirektion

L.1.3 – Ausschussbetreuung NR                                     GZ. BMEIA-AT.4.36.42/0348-VIII.2/2015

 

                                                                                                                                                      

E-Mail:

NR-AUS-PETBI.Stellungnahme@parlament.gv.at.

 

Ressortstellungnahme zur Bürgerinitiative Nr. 56 betr. „Nein zum Entwurf des neuen Islamgesetzes - für die Gleichheit aller BürgerInnen Österreichs".

 

Das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres erlaubt sich, zu der im Betreff genannten Bürgerinitiative wie folgt Stellung zu nehmen:

Nach über 100 Jahren der Anerkennung des Islam in Österreich sind MuslimInnen ein fester Bestandteil der österreichischen Gesellschaft. Das Islamgesetz 2015 setzt das Zusammenleben auf eine sichere Basis und schafft die Voraussetzungen für die weitere Entwicklung eines Islam europäischer bzw. österreichischer Prägung. Das Gesetz enthält keinen Generalverdacht gegen MuslimInnen in Österreich, sondern führt im Gegenteil mit seiner Vielzahl an erstmals verbrieften Rechten zu einer erhöhten Rechtssicherheit der MuslimInnen. Es wurde daher nicht nur von der Islamischen Alevitischen Glaubensgemeinschaft befürwortet, sondern auch von der Islamischen Glaubensgemeinschaft als Kompromiss begrüßt, der den Bedürfnissen beider Seiten wohl am nächsten kommt.

Der Prozess für eine Neufassung des Islamgesetzes begann bereits im Jahr 2012. Im Rahmen des „Dialogforum Islam“ wurden zusammen mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) sowie zahlreichen ExpertInnen erste Eckpunkte und Herausforderungen eines neuen Islamgesetzes definiert. In den nachfolgenden Verhandlungsrunden unter der Federführung des Kultusamtes im Bundesministerium für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien waren alle islamischen Religionsgesellschaften fortwährend eingebunden.

Das Ende der Verhandlungen und somit der Start der Begutachtungsfrist fiel bedauerlicherweise mit einem Erstarken des sogenannten „IS“ in Syrien und im Irak und einer entsprechenden medialen Berichterstattung zusammen. Unter Berücksichtigung des mehrjährigen Erstellungsprozesses wird aber deutlich, dass die aktuellen internationalen Entwicklungen diesen in keinster Weise beeinflusst haben. Das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres lehnt einen Generalverdacht gegen MuslimInnen strikt ab.

Das Gesetz regelt das Verhältnis zwischen dem Staat und den islamischen Religionsgesellschaften. Rechten, die durch die staatliche Anerkennung erwachsen, stehen Pflichten, wie z.B. die Anzeigepflicht bei wichtigen organisatorischen Änderungen, gegenüber.

Innerreligiöse Angelegenheiten werden durch das Gesetz nicht berührt, sondern bleiben im Regelungsbereich der Religionsgesellschaften.

Der von den BetreiberInnen der Bürgerinitiative angeführte Vorwurf einer Diskriminierung gegenüber anderen Religionsgesellschaften ist nicht zu erkennen.  Die Systematik des Gesetzes sowie die normierten Rechte und Pflichten lehnen sich an jene anderer Religionsgesellschaften an. Eine sachlich gerechtfertigte Abweichung einzelner Regelungen ist durch den Umstand bedingt, dass einzelne Bereiche nicht ident übernommen werden können (so z.B. Speisevorschriften, Finanzierung).

Darüber hinaus darf auf die Änderungen der am 31.3.2015 in Kraft getretenen Rechtsvorschrift zum eingebrachten Begutachtungsentwurf verwiesen werden. Diese  sind das Ergebnis zahlreicher Arbeitstreffen mit den islamischen Religionsgesellschaften inklusive einer mehrstündigen Gesprächsrunde der Bundesminister Dr. Josef Ostermayer und Sebastian Kurz mit dem Obersten Rat der IGGIÖ.

Das neue Islamgesetz stellt einen Meilenstein für das Zusammenleben in Österreich dar und steht sowohl im Regelungsgehalt als auch im Prozessverlauf in der österreichischen Tradition des interkulturellen und interreligiösen Dialogs.

 

Wien, 15 April 2015

Für den Bundesminister:

KNASMÜLLER