72/SBI XXV. GP

Eingebracht am 15.05.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Bürgerinitiative


 

Parlamentsdirektion
Dr. Karl-Renner-Ring 3
1017 Wien

Via EMail: NR-AUS-PETBI.Stellungnahme@parlament.gv.at

Betrifft:     Bürgerinitiativen Nr. 63, Nr. 66 und Nr.68; ZI.: 17010.0020/18-L1.3/2015; Übermittlung einer überarbeiteten Stellungnahme des BMJ

Das Bundesministerium für Justiz übermittelt eine neue Gesamtstellungnahme zu den im Betreff genannten Bürgerinitiativen und ersucht, die insoweit überholte, zur Zahl BMJ- PR4528/0001-Pr 1/2015 zugeleitete Stellungnahme vom 11. Mai 2015 nicht weiter zu berücksichtigen.

1.    "Mehr RECHTE für Tiere!" (63/BI)

Im Entwurf des Strafrechtsänderungsgesetzes 2015 ist vorgesehen, dass der Strafrahmen für die Tierquälerei von bisher bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen auf bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe angehoben wird.

In den Erläuternden Bemerkungen ist dazu ausgeführt: „Seit dem Inkrafttreten des StGB 1975 hat sich auch die Werthaltung der Gesellschaft Tieren gegenüber wesentlich verändert. Tierschutz stellt nunmehr ein anerkanntes öffentliches Interesse dar, was intensive Bemühungen in diesem Bereich, wie beispielsweise die Schaffung des Bundes-Tierschutzgesetzes, zeigen. Im Hinblick auf diese Entwicklung erscheint eine Anhebung der Strafdrohung für die Tierquälerei sachgerecht. Die Anhebung der Strafdrohung auf bis zu 2 Jahre hat auch zur Folge, dass gewisse Ermittlungsmaßnahmen, wie beispielsweise die Observation über einen Zeitraum von mehr als 48 Stunden, nunmehr auch zur Aufklärung solcher Taten zulässig sind. “

Mit der Erhöhung der Strafdrohung ist auch die in der Petition geforderte Verschiebung der Zuständigkeit vom Bezirksgericht zum Landesgericht verbunden.

 

2.      Halbe - Halbe -> Doppelresidenz (66/BI);

Der Grundsatz der zwingenden Festlegung eines Heimes erster Ordnung wurde durch das KindNamRÄG 2013 unverändert aus dem KindRÄG 2001, BGBl. I Nr. 2000/135, übernommen.

Leitender Grundgedanke des gesamten Kindschaftsrechts und damit auch und insbesondere in Obsorge- und Kontaktrechtsangelegenheiten ist das Kindeswohl. Im Interesse der Kontinuität von Pflege und Erziehung des Kindes sowie auch im Bemühen, das Kind vor übermäßigen Belastungen zu schützen, wird es in aller Regel erforderlich sein, dass Eltern vereinbaren, dass ein Elternteil die „primäre Bezugsperson“ für das Kind sein soll. Insoweit sind die Ausführungen in den Erläuterungen der Regierungsverlage des KindRÄG 2001 wohl immer noch zutreffend (vgl. insb. ErläutRV 296 BlgNR 21. GP 37, 66).

Dadurch ist aber eine annähernd gleichteilige Ausübung von Obsorge und Kontakt nach Auflösung der Ehe oder Trennung der häuslichen Gemeinschaft keineswegs ausgeschlossen. Sie wird vielmehr auch auf Grundlage des geltenden Rechts in jenen Fällen zulässig bzw. sogar geboten sein, in denen das Kind durch die nahezu gleichteilige Betreuung nicht in seinem Lebensmittelpunkt zerrissen wird, beide Elternteile schon vor der Auflösung der Ehe oder Trennung der Gemeinschaft die Aufgaben und Lasten der Betreuung gemeinsam getragen haben, ihre Lebens- und Vermögensverhältnisse so beschaffen sind, dass keine Auswirkungen auf die finanzielle Sicherung des Kindes zu befürchten sind, und sie trotz der Trennung immer noch ausreichend miteinander kommunizieren können (vgl. Kathrein, Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013, ÖJZ 2013, 197 [204]).

Dabei kommt es für das Kind aber nicht auf eine völlige und schematische Gleichstellung der beiden Elternteile, sondern vielmehr darauf an, dass es im Wesentlichen gleich viel Kontakt zu beiden Elternteilten haben, mit ihnen also den Alltag teilen kann. Solche Rahmenbedingungen können auch im Regime der derzeitigen Gesetzeslage erzielt werden, weil eben aus dem Blickwinkel des Kindeswohls, wie es auch in § 138 ABGB umschrieben wird, mehr die sozialen und gelebten Verhältnisse im Vordergrund stehen, und nicht formale Kriterien, konkret, bei welchem Elternteil sich das „Heim erster Ordnung“ befindet.


3.      Schutzbestimmungen im Baurechtsgesetz für den Fall der Wohnnutzung und Verbot weiterer Wohnhaus-Superädifikate (68/BI)

Die österreichische Bundesregierung hat sich in ihrem Arbeitsprogramm für die Jahre 2013- 2018 eine „Modernisierung des Baurechts im Sinne des ABGB samt Überprüfung der abgabenrechtlichen Attraktivität“ zum Ziel gesetzt.

Im Bundesministerium für Justiz wurden bereits Vorberatungen über eine allfällige Novellierung des Baurechtsgesetzes und damit verbundene Änderungen des ABGB geführt. Die Überlegung dieser Gespräche bestand im Wesentlichen darin, das Rechtsinstitut des Baurechts (nach dem Baurechtsgesetz) im Hinblick auf das praktisch recht häufig auftretende Bedürfnis nach Errichtung von Bauten auf fremdem Grund, das derzeit zumeist in der Rechtsform des Superädifikats umgesetzt wird, für die Zukunft zu attraktivieren.

Dafür könnte das Baurecht besser an die heutigen Bedürfnisse adaptiert und dabei auch die unterschiedlichen Erscheinungsformen in der Praxis berücksichtigt werden.

Das Bundesministerium für Justiz ist bestrebt, dem Parlament innerhalb der laufenden Regierungsperiode einen Vorschlag für eine Neuregelung zur Beschlussfassung vorzulegen.

Wien, 12. Mai 2015
Für den Bundesminister:

Dr. Wolfgang Kirisits

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