79/SBI XXV. GP

Eingebracht am 15.06.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Bürgerinitiative


 

Parlamentsdirektion Parlament
1017 Wien

per E-Mail

Parlamentsdirektion, Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen, Bürgerinitiative Nr. 55 betreffend „die längst fällige Einrichtung eines Unterstufenrealgymnasiums am BORG Hermagor ab dem Schuljahr 2015/2016“ (zweite Befassung);

Ressortstellungnahme

Das Bundesministerium für Bildung und Frauen erlaubt sich zu der zweiten Befassung mit der Bürgerinitiative Nr. 55 betreffend „die längst fällige Einrichtung eines Unterstufenreal­gymnasiums am BORG Hermagor ab dem Schuljahr 2015/2016“ (zweite Befassung) wie folgt Stellung zu nehmen:


Vorweg darf auf die Inhalte der (ersten) Stellungnahme des Bundesministeriums für Bildung und Frauen vom 26. Jänner 2015, GZ BMBF-10.353/0191-III/4/2014, hingewiesen werden. Insbesondere sei hervorgehoben, dass „... sich die in der Region um Hermagor vorhandene Schülerinnen- und Schülerpopulation realiter auf die vorhandenen NMS-Standorte aufteilt. Die Existenz einer AHS-Unterstufe in der Region würde die Zusammensetzung der derzeitigen Schülerinnen- und Schülerpopulation gravierend verändern und die Lern- und Arbeits­bedingungen an den NMS-Standorten im Einzugsgebiet der neuen AHS-Unterstufe massiv beeinträchtigen."

Die Studie der Bundesanstalt „Statistik Österreich“ (Schulbesuchsprognose bis 2025, heraus­gegeben im Jahre 2012) prognostiziert (wie auch andere Prognosen zur Bevölkerungs­entwicklung) für den Bezirk Hermagor einen deutlichen Geburtenrückgang und somit in der Folge auch einen nicht unerheblichen Rückgang der Schülerinnen und Schüler in allen Schularten. Vor diesem Hintergrund ist die geplante Gründung einer neuen Schule bzw. einer neuen Schulform als Bestandteil einer bestehenden Schule umso kritischer zu beurteilen, wenn durch die Neugründung eine Konkurrenzierung bestehender Standorte zu erwarten ist. Im gegenständlichen Fall ist sohin davon auszugehen, dass bei Führung von AHS-Unterstufen- klassen am BORG in Hermagor in Verbindung mit dem prognostizierten Schülerinnen- und Schülerrückgang die Standorte der neuen Mittelschulen in Hermagor bzw. im Einzugsgebiet von Hermagor konkurrenziert werden würden.

 

Zur Verdeutlichung des prognostizierten Schülerrückganges wird kurz die Schülerinnen- und Schülerzahlenentwicklung der letzten 10 Jahre im Bereich der Bundesschulen wie folgt dargestellt:

BORG:

Im Jahre 2005/06 wurden im BORG 8 Klassen mit 200 Schülerinnen und Schüler geführt; im Schuljahr 2014/15 werden zwar ebenfalls 8 Klassen, aber nur mehr mit 140 Schülerinnen und Schülern geführt (Rückgang um ca. 28,4 %).

HLW:

Im Schuljahr 2005/06 werden 14 Klassen mit 389 Schülerinnen und Schülern geführt, während im Schuljahr 2014/15 zwar 15 Klassen, aber nur mehr mit 263 Schülerinnen und Schülern (Rückgang um ca. 32,4 %) geführt werden.

Außerdem ist schulorganisatorisch bzw. schulorganisationsrechtlich die Führung von bloß einer Unterstufenklasse pro Jahrgang ebenfalls kritisch zu beurteilen, da die Fortsetzung in einer „Langform des Gymnasiums“ in Hermagor nicht gesichert ist, denn eine ca. 80%-ige Übertritts­quote von der Unterstufe in eine Klasse der Langform scheint nicht realistisch zu sein (schulorganisationsrechtlich können gemäß § 36 Schulorganisationsgesetz Unterstufenklassen nicht als selbstständige Unterstufenform, sondern nur in Verbindung mit Oberstufenklassen eine Langform, geführt werden).

Auch wird nochmals festgestellt, dass bis dato schriftliche Anträge des Landesschulrates auf Gründung von AHS-Unterstufenklassen nicht eingebracht worden sind und nach Gesprächen mit diesem auch nicht zu erwarten sind, zumal die bekannten Fragen, wie etwa ob ausreichend Bedarf gegeben ist, keine Standortkonkurrenzierung eintreten wird, oder finanzielle, personelle und räumliche Voraussetzungen zur Schulführung erfüllt sind, nach wie vor nicht im positiven Sinne geklärt werden können.

Des Weiteren sei bemerkt, dass ein von manchen Seiten angesprochenes Verbundmodell aller in der Region Hermagor befindlichen Neuen Mittelschulen (NMS) mit dem BORG Hermagor im Interesse an der Förderung aller Kinder einem sehr intensivem Monitoring unterzogen werden müsste, um sicherzustellen, dass in Hermagor tatsächlich eine Verbundlösung mit allen ange­sprochenen Standorten betrieben wird. Allerdings benötigt ein ambitioniertes Konzept für eine Region ausreichend Zeit für die Entwicklung - nicht zuletzt um sicherzustellen, dass alle Stand­orte im Verbund optimal integriert und leistungsfähig sind. Weiters wurden die der NMS - und damit auch einem Verbundmodell - grundgelegten pädagogischen Prinzipien einer neuen Lehr- und Lernkultur bislang nicht thematisiert. Die aktuellen Evidenzen weisen jedoch darauf hin, dass nur bei entsprechend qualitätsvoller Umsetzung des geforderten Maßnahmenbündels im pädagogischen Bereich Qualitätszuwächse im Lernen der Kinder zu erzielen sind. Vor Vorliegen konkreter Konzepte erscheint eine angedachte Umsetzung derzeit wenig zielführend.

Wien, 15. Juni 2015 Für die Bundesministerin:

SektChef Ing. Mag. Andreas Thaller

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