88/SBI XXV. GP

Eingebracht am 10.07.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Bürgerinitiative


 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bürgerinitiative Nr. 71/BI betreffend "Erhalt der Militärmusiken

in allen Bundesländern in voller Spielstärke’';

Stellungnahme

An den

Ausschuss für Petitionen

und Bürgerinitiativen

Parlament

1017 Wien

Zum Ersuchen der Parlamentsdirektion vom 25. Juni 2015, ZI. 17010.0020/35- L 1.3/2015, nimmt das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport in Bezug auf die Bürgerinitiative Nr. 71 /BI betreffend „Erhalt der Militärmusiken in allen Bundesländern in voller Spielstärke“ wie folgt Stellung:

Zum Themenschwerpunkt „Militärmusik“ hat Bundesminister Mag. Klug am 12. Mai 2015 Briefe an den Herrn Bundespräsidenten, alle Landeshauptleute sowie den Präsidenten des Österreichischen Blasmusikverbandes und den Obmann des Vereins „Militärmusikfreunde Österreich“ gerichtet, deren Inhalt nach wie vor aktuell ist und darum als Stellungnahme zur Bürgerinitiative Nr. 71/BI wiedergegeben wird.

Um nach den wiederkehrenden und einschneidenden Budgetabschlägen die finanzielle Handlungsfreiheit des Österreichischen Bundesheeres (ÖBH) wieder zu erlangen und auch langfristig sicherzustellen, hat das h.o. Ressort das Konzept „Strukturanpassung ÖBH 2018“ erarbeitet, das die Bundesregierung am 20. Jänner 2015 zur Kenntnis genommen hat.


Ziel der „Strukturanpassung ÖBH 2018“ ist es, das ÖBH in angepasster Form auch weiterhin zur Bewältigung der Landesverteidigungs- und Assistenzaufgaben zu befähigen. Die nunmehr zur Verfügung stehenden Budgetmittel erfordern die Konzentration auf die Erfüllung der militärisch einsatzwahrscheinlichen Aufgaben und die Sicherung Bereitstellung der dafür erforderlichen Kapazitäten und Fähigkeiten. Neben wirklich maßgeblichen Anpassungen, wie beispielsweise Personalreduktion, Verbandsauflösung, Standortschließungen, Großgerätverkäufen etc., ist dabei unter anderem auch die Militärmusik des ÖBH für die Zukunft neu auszurichten.

Die anstehenden Strukturanpassungen bei der Militärmusik haben in der Medienbe­richterstattung der letzten Wochen sehr breiten Raum gefunden. Auf Grund der vielfältigen Interessenlagen, langer Tradition, persönlicher und/oder regionaler Betroffenheit im Zusammenhang mit diesem Thema, wurden dabei oft Argumentationen, Zahlen und Vergleiche in einer Weise bemüht, die der Wichtigkeit und Bedeutung der Militärmusik des ÖBH bedauerlicherweise nicht immer gerecht wurden. Gerade bei einem Thema, wie diesem, das weit über das ÖBH hinaus so viele Österreicherinnen und Österreicher bewegt und interessiert, muss Sachlichkeit, Seriosität und Fairness das oberstes Gebot sein.

Die sehr akribischen Planungen und Vorbereitungen zur Umgestaltung der Militärmusik im ÖBH, im Zuge derer immer wieder auch Musikfachexperten beratend eingebunden wurden und es zwischen dem Bundesminister Mag. Klug und den Militärkapellmeistern persönliche Gespräche gegeben hat, sind abgeschlossen. Erst kürzlich hat der Generalstab die entsprechende Umsetzungsweisung zur „Österreichischen Militärmusik“ erlassen.

Zunächst wird auf die wesentlichen Eckpunkte der künftigen „Österreichischen Mili­tärmusik“ hingewiesen:

1.        Künftig wird es eine „Österreichische Militärmusik“ geben. Diese besteht aus der Gardemusik in Wien und acht Außenstellen in den Bundesländern, Ensembles genannt, mit je 20 Musikerinnen und Musikern.[1] Insgesamt stehen dem ÖBH in Zukunft daher permanent 222 Militärmusikerinnen und Militärmusiker zur Verfügung.


2.         Zur Sicherstellung einer ressourcenadäquaten und bestmöglichen Bedarfsabdeckung wird die Österreichische Militärmusik zentral organisiert. Der Militärmusikchef plant, koordiniert und genehmigt den Einsatz der Militärmusik bundesweit. Organisatorisch und hinsichtlich der Personalverwaltung bleibt die Militärmusik bei den Militärkommanden eingebettet.

3.         Parallel zur Anpassungen der Ensemblestärken wird auch das musikalische Programm neu ausgerichtet.

4.         Einsätze im vollen Klangkörper, wie z.B. anlässlich des Abspielens des „Großen Zapfenstreiches“ bzw. bei Konzerten sind immer vor dem Hintergrund der Res­sourcenökonomie zu beurteilen und werden primär durch die Gardemusik sicher­gestellt.

5.         Die Umsetzung und der Übergang in die „Österreichische Militärmusik“ erfolgt in:

o    B, NÖ, OÖ, ST und K mit dem Einrückungstermin (ET) 09/2015

o    T und V mit dem ET 11/2015

o    S mit dem ET 12/2015

Die Spielfähigkeit der Ensembles wird jeweils spätestens acht Wochen nach dem Einrücken der Grundwehrdienst leistenden Soldaten gegeben sein.

6.         Die bisherige Verpflichtungszeit bei den Grundwehrdienst leistenden Soldaten der Militärmusik betrug insgesamt 14 Monate (inkl. sechs Monate Grundwehr­dienst). Künftig wird bei den acht Ensembles die Verpflichtungszeit sechs Monate betragen - für die Militärmusikerinnen und Militärmusiker der Gardemusik bleibt diese weiterhin unverändert bei 14 Monaten.

7.         Aktuelle militärische Aufgabenstellungen, wie der Schutz kritischer Infrastruktur und Einsätze im Rahmen der Katastrophenhilfe, erfordern Durchhaltefähigkeit und entsprechende Mannstärken. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wer­den sowohl das Kaderpersonal als auch die Grundwehrdienst leistenden Soldaten der Militärmusik künftig in diesen Bereichen für eine militärische Zweitaufgabe ausgebildet.

Bezugnehmend auf die oben dargestellten Eckpunkte darf der Vollständigkeit halber

auf einige Entscheidungshintergründe eingegangen werden:


o     Die personelle Anpassung der Militärmusik um etwa 50 % resultiert zum einen aus wiederholt zum Ausdruck gebrachten Empfehlungen des Rechnungshofes und zum anderen aus der Notwendigkeit zu erzielender Kostenreduktionen. Die jähr­liche Kosteneinsparung bei der Militärmusik beträgt rund sieben Mio. €. Diese er­gibt sich aus der Verkürzung der Verpflichtungszeit, durch Reduktion des Betriebsaufwandes und durch Verwendung des Personals in anderen militärischen Bereichen im Sinne einer Ressourcenkonzentration zur Erfüllung der einsatzwahrscheinlichen Aufgaben.

o     Was die Stärke der Ensembles der Österreichischen Militärmusik und die damit verbundene „Spielfähigkeit“ betrifft, wurde kein Hehl daraus gemacht, dass der ursprüngliche Strukturvorschlag des h.o. Ressorts die Gardemusik und drei Militärmusiken in der bisherigen Stärke vorsah. Dafür konnte allerdings vom Koaliti­onspartner keine Zustimmung erwirkt werden. Im Gegenteil, es wurden wichtige Argumente im Zusammenhang mit der Attraktivierung des Wehrdienstes - Ver­wendung von Rekruten als Militärmusiker - bemüht, die keinesfalls zuließen, am kleinen Teilsegment „Militärmusik“ das gesamte Strukturpaket ÖBH 2018 schei­tern zu lassen. Daher erfolgte letztendlich die Einigung auf die oben skizzierte Struktur als Kompromiss. Die Idee zur personellen Aufstockung der Ensembles mit Miliz oder Grundwehrdienst leistenden Soldaten wurde von Experten geprüft:

o     Würden die acht Ensembles mit Grundwehrdienst leistenden Soldaten auf die bis­herige Militärmusik-Stärke „aufgestockt“, wären pro Jahr etwa 1.000 Grundwehr­dienst leistende Soldaten bei der Militärmusik im Einsatz. Bei rund 20.000 Grundwehrdienst leistenden Soldaten im gesamten ÖBH pro Jahr ein völlig dis­proportionaler Anteil und vor allem ein Personalaufwand, der zu Lasten der militä­rischen Kernaufgaben Schutz und Hilfe und damit zu Lasten der Sicherheit Öster­reichs ginge.

Eine Aufstockung der Ensembles mit Milizsoldaten ist nach Ansicht der Experten impraktikabel. Eine zuverlässige Verfügbarkeit der“ Milizmusikerinnen“ und „Milizmusiker“ aus deren eigentlichen Berufen heraus wäre kaum gewährleistbar, je­denfalls aber nicht planbar. Auch die erforderlichen musikalischen Proben und die Integration in das Ensemble sind zeitlich und organisatorisch kaum zu bewerk­stelligen.


o     Derzeit wird vielfach an der Spielfähigkeit der Österreichischen Militärmusik in der neuen Struktur gezweifelt. Dazu folgende Fakten:

            Schon bisher wurden rund 70 % aller Einsätze der Österreichischen Militär­musik in der künftigen Ensemble-Formation, beziehungsweise in noch kleine­ren Formationen gespielt.

            Auch das musikalische Programm wird entsprechend angepasst.

            Bei den Einsätzen der Militärmusik wird in quantitativer Hinsicht daher gene­rell ein ressourcenorientierter Maßstab angelegt werden.

            Die ungarischen Streitkräfte bedienen sich seit geraumer Zeit eines nahezu identen Militärmusik-Modells - bislang hat sich selbiges jedenfalls bewährt.

            Einsätze, die im musikalischen Programm den „Großen Zapfenstreich“ vorse­hen bzw. Einsätze bei (Benefiz)-Konzerten werden primär von der Gardemusik wahrgenommen. Je nach Ressourcenverfügbarkeit und Bedarf können auch Ensembles zu bestimmten Anlässen zusammengeführt werden.

o      Durch die neue Form der Verwendung der jungen Militärmusiker (sechs Monate), werden mehr junge Musiker eine Chance auf eine musikalische Weiterbildung er­halten. Künftig werden pro Jahr insgesamt 350 statt bisher 300 Grundwehrdienst leistende Soldaten Militärmusiker.

Abschließend darf betont werden, dass keinerlei Interesse besteht, die in ganz Öster­reich beliebte und geschätzte „Österreichische Militärmusik“ zum „Dauerbrenner“ nicht enden wollender und ambivalenter medialer Berichterstattung werden zu lassen. Wie das gesamte ÖBH steht auch die Österreichische Militärmusik vor der Herausfor­derung der Umsetzung der „Strukturanpassung ÖBH 2018“.

Die Militärmusikerinnen und Militärmusiker sollen sich voll und ganz auf diesen Übergang in die neue Struktur konzentrieren können. Alle dazu notwendigen Planun­gen sind abgeschlossen und die entsprechenden Umsetzungsweisungen ergangen. Je­der Entscheidung geht eine Beurteilungs-, Beratungs- und Diskussionsphase voraus. Ist die Entscheidung aber auf Basis der Entscheidungsgrundlagen erst einmal gefallen, dann ist alle Kraft und Energie dafür zu verwenden, diese auch bestmöglich umzuset­zen. Dieser Punkt, der Punkt der Vorwärts- und Zukunftsorientierung, der Punkt der Umsetzung, ist jetzt gekommen!


Die „Österreichische Militärmusik“ wird auch im „neuen Gewände“ weiterhin jungen Musikern im Rahmen ihres Grundwehrdienstes die Möglichkeit zur Perfektionierung ihres musikalischen Talentes geben und auch in Zukunft ein unverzichtbarer Bestand­teil des Österreichischen Bundesheeres bleiben.

Demzufolge wird um Verständnis für die Notwendigkeit der Umsetzung der Struktur­anpassung ÖBH 2018 und in diesem Zusammenhang auch der Neuausrichtung der Mi­litärmusik ersucht.

10.07.2015

Für den Bundesminister:

AbtLtr Dr. Martin ZEHETNER

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Elektronisch gefertigt


 



[1] 1 Offizier (Militärkapellmeister), 6 Unteroffiziere und 13 Grundwehrdienst leistende Soldaten