106/SBI XXV. GP

Eingebracht am 28.10.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Bürgerinitiative

 

 

 

Betreff: Bürgerinitiative Nr.69 betreffend "Fakten helfen! Einführung einer bundesweiten anonymisierten Statistik über Schwangerschaftsabbrüche und Erforschung der Gründe dafür”; Ressortstellungnahme

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Bezugnehmend auf die Bürgerinitiative Nr.69 "Fakten helfen! Einführung einer bundesweiten anonymisierten Statistik über Schwangerschaftsabbrüche und Erforschung der Gründe dafür" nimmt das Bundesministerium für Familien und Jugend aus gesellschafts- und familienpolitischer Sicht wie folgt Stellung:

Für die Beurteilung/Messung der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Prävention ungewollter Schwangerschaften und daraus resultierender Schwangerschaftsabbrüche wird eine derartige Maßnahme durchaus als sinnvoll erachtet.


In Deutschland lässt sich in den letzten Jahren anhand von Statistiken ein kontinuierlicher Rückgang der Schwangerschaftsabbrüche insgesamt vor allem aber in der Altersgruppe der 18 bis unter 25-Jährigen nachweisen (höchste Abbruchrate unter allen Altersgruppen) wodurch auch positive Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der dortigen präventiven/begleitenden Maßnahmen gezogen werden können.

Mangels statistischer Daten, bedingt durch eine fehlende Registrierungspflicht von Schwangerschaftsabbrüchen, können für Österreich keine verlässlichen Informationen über die tatsächlich durchgeführten Abbrüche gewonnen werden. Offizielle Zahlen liegen nur in Form von Spitalsentlassungsstatistiken vor, welche jedoch keinerlei Auskünfte über die Anzahl der in privaten Ambulatorien und Arztpraxen vorgenommenen Abbrüche liefern.

Laut der Spitalsentlassungsstatistik wurden 2013 österreichweit insgesamt 1.666 (ärztlich eingeleiteter Abort, Statistik Austria 2014) Abbrüche durchgeführt, im Jahr 2006 waren es 2.337, im Jahr 1997 1.797 Abbrüche.

Expert/innen (Beham/Zartler, 5. Familienbericht 1999-2009, Band I, S 242) gehen jedoch von einer bis zu zehn Mal höheren Zahl an Schwangerschaftsabbrüchen aus, als in der Spitalsentlassungsstatistik

(http://www.statistik.at/web_de/statistiken/gesundheit/stationaere_aufenthalte/spitalsentlassungen_nach_ausgewaehlten_diagnosen/022087.html) dokumentiert. Auch Beratungsstellen weisen immer wieder darauf hin, dass zwar die Anzahl der unter 20jährigen Mütter massiv gesunken ist, die Zahl der Abtreibungen bei der Altersgruppe der 15-19-jährigen Mädchen jedoch gleich geblieben ist.

Neben den Spitalsentlassungsstatistiken liefern Studien Informationen darüber, warum sich Frauen für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden. Diese Studien liefern Einblicke in die Motivstruktur beispielweise im Hinblick auf Alter, Lokalität oder Lebensumstände. Eine bundesweite, jährlich stattfindende Erhebung ist jedoch eine wichtige weiterführende Maßnahme, um aktuelle, repräsentative und zuverlässige Informationen über die Abbruchgründe zu erhalten.

Schwangerschaftsabbrüche sind immer noch ein Tabuthema. Es ist von großem gesell­schaftspolitischem Interesse, mehr über die Motive und Gründe, die sich dahinter verbergen, in Erfahrung zu bringen. Aus familienpolitischer Sicht stellt sich auch die Frage, was unternommen werden kann, um ungeplanten Schwangerschaften vorzubeugen und/oder Frauen (und Männer) in einer Konfliktsituation so zu unterstützen, dass sie Mut haben, dass Kind zu bekommen.


Die Einführung einer anonymisierten Statistik über Schwangerschaftsabbrüche und die daraus gewonnen Informationen können dazu beitragen, dass mehr Präventionsmaßnahmen und bedarfsgerechte Unterstützungsangebote für ungeplante/ungewollte Schwangerschaften entwickelt werden.

Das BMFJ erachtet die Durchführung einer anonymisierten Statistik über Schwangerschaftsabbrüche als ein sinnvolles Mittel, um Maßnahmen zur Prävention ungewollter Schwangerschaften hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu prüfen und gegebenenfalls zu optimieren. Auch können mithilfe dieser Informationsgrundlage verbesserte Rahmenbedingungen für werdende Eltern, insbesondere schwangere Frauen, wie etwa bedarfsorientierte Beratung und Unterstützung, geschaffen werden.

Mit besten Grüßen,

 

 

 

 

Dr. Sophie Karmasin