111/SBI XXV. GP

Eingebracht am 09.12.2015
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Stellungnahme zu Bürgerinitiative

 

 

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AUSKUNFT

Mag.a Eva Schwab

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Per E-Mail: NR-AUS-PETBI.Stellungnahme@parlament.gv.at

 

 

GZ: BMASK-40001/0133-IV/9/2015

 

 

Wien, 09.12.2015

Betreff:

Parlamentarische Bürgerinitiative Nr. 81/BI vom 7. Juli 2015 betreffend die langfristige Absicherung der Pflegefinanzierung und die jährliche und automatische Valorisierung des Pflegegeldes

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Bezug nehmend auf das Schreiben vom 23. November 2015, GZ: 17010.0020/49-L1.3/2015, nimmt das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu der im Betreff genannten Bürgerinitiative wie folgt Stellung:

 

In der für die Jahre 2011 und 2012 eingerichteten Reformarbeitsgruppe Pflege wurden gemeinsam von Bund, Ländern und Gemeinden in intensiven Arbeitsgesprächen mit allen Stakeholdern des Pflegebereiches Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Pflegesystems in Österreich entwickelt.

 

Dem Sozialministerium ist es stets ein wichtiges Anliegen, die Interessenvertretungen in die Weiterentwicklungsprozesse im Bereich der Pflegevorsorge, wie etwa im Rahmen von Begutachtungsverfahren oder in Arbeitsgruppen, einzubeziehen.


Hinsichtlich des Themas der Finanzierung kam die Reformarbeitsgruppe, wie in ihren im Dezember 2012 vorgestellten Schlussempfehlungen festgehalten, zu dem Schluss, dass die Pflege und Betreuung auf breitest möglicher Basis und daher aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden soll. Pflegebedürftigkeit soll die Menschen nicht finanziell stärker belasten. Aber auch für die Zeit vor der Pflegebedürftigkeit sollen die Überlegungen in Richtung nachhaltige Steuer- statt Beitragsfinanzierung gehen.

 

Über den Pflegefonds beteiligt sich der Bund maßgeblich an den Kosten für die Sicherung sowie den bedarfsgerechten Aus- und Aufbau des Betreuungs- und Pflegedienstleistungs­angebotes in der Langzeitpflege. So gewährt der Pflegefonds für die Jahre 2011 bis 2016 insgesamt 1,335 Milliarden Euro.

 

Aus Sicht des Sozialministeriums hat sich das Instrument des Pflegefonds sehr gut bewährt und nicht zuletzt die Mittel des Pflegefonds haben im Bereich der Pflege die Länderbudgets entlastet, Arbeitsplatzeffekte ausgelöst und sicherlich auch der Steiermark geholfen, als letztes Bundesland den Angehörigenregress abzuschaffen.

 

Im Rahmen des aktuellen Regierungsprogrammes wurde als Offensivmaßnahme festgelegt, dass der Pflegefonds als eine der zentralen Säulen der Pflegefinanzierung durch den Bund beibehalten und weiterentwickelt werden soll. So soll es zu einer Verlängerung des Pflegefonds um die Jahre 2017 und 2018 mit einer Dotierung von jeweils 350 Mio. Euro pro Jahr und somit seit Einführung des Pflegefonds zu einer Gesamtdotierung von über 2 Milliarden Euro kommen.

 

Dies und die weitere Dotierung des Pflegefonds auch über diesen Zeitraum hinaus sowie die Weiterentwicklung des Pflegefonds ist gegenwärtig auch Thema bei den Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern über den Finanzausgleich für die Jahre 2017 bis 2021.

 

Derzeit haben rund 455.000 Frauen und Männer - das sind mehr als 5% der österreichischen Bevölkerung - einen Anspruch auf Pflegegeld, wobei aufgrund der demografischen Entwicklung und der erfreulicherweise steigenden Lebenserwartung mit einer weiteren Steigerung in den nächsten Jahren zu rechnen ist. Um die in Österreich vorherrschende sehr gute Qualität in der Langzeitpflege abzusichern wurden bereits in den vergangenen Jahren mehrere Maßnahmen gesetzt, wie beispielsweise die kostenlose pensionsversicherungsrechtliche Absicherung für pflegende Angehörige oder die Möglichkeit einer Pflegekarenz und Pflegeteilzeit mit einem Rechtsanspruch auf ein Pflegekarenzgeld.

 

Durch die jüngste Novelle zum Bundespflegegeldgesetz, dem Pflegepaket 2015/2016, wurden weitere Schritte unternommen, um eine nachhaltige Steuerfinanzierung des österreichischen Systems der Pflegevorsorge sicherzustellen.

 

Obwohl die Kriterien für die Pflegegeldstufen 1 und 2 neu definiert wurden, bleibt die Zugangsschwelle zum Pflegegeld im internationalen Vergleich weiterhin sehr niedrig. Trotz dieser Änderungen wurde im Zeitraum von Jänner bis Oktober des heurigen Jahres mehr als 50.000 pflegebedürftigen Menschen erstmalig ein Pflegegeld zuerkannt.

 

Das Pflegepaket enthält auch Maßnahmen, um pflegende Angehörige zu entlasten. So können etwa kostenlose Hausbesuche durch diplomierte Pflegefachkräfte, bei denen sowohl praktische Pflegetipps (z.B. über die richtige Lagerung) gegeben als auch spezielle Fragen zum Thema Pflege beantwortet werden, nunmehr auf Wunsch der pflegebedürftigen Personen oder ihrer Angehörigen in Anspruch genommen werden.

 

Darüber hinaus kommt es zu weiteren Unterstützungsleistungen für pflegende Angehörige in Form von ebenfalls kostenlosen Angehörigengesprächen bei psychischen Belastungen, die von klinischen und GesundheitspsychologInnen, SozialarbeiterInnen sowie anderen fachkundigen Personen durchgeführt werden.

 

Des Weiteren fördert und beteiligt sich das Sozialministerium an Studien und wissenschaftlichen Arbeiten, um bestimmte Themenbereiche in der Pflege zu untersuchen und mögliche Handlungsfelder aufzuzeigen. So wurden etwa vom Institut für Pflegewissenschaften zwei Studien über Kinder und Jugendliche als pflegende Angehörige („young carers“) erstellt. Den Empfehlungen dieser Studien folgend fördert das Ressort Projekte zur Unterstützung von pflegenden Kindern und Jugendlichen.

 

Zum Thema Demenz erarbeitet die Gesundheit Österreich GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und des Sozialministeriums zurzeit eine Demenzstrategie, die kurz vor der Fertigstellung steht. Ziele dieser Strategie sind insbesondere, die Teilhabe und Selbstbestimmung demenziell erkrankter Menschen sicherzustellen, Informationen über diese Krankheit breit auszubauen sowie das demenzgerechte Versorgungsangebot zu sichern und zu gestalten.

 

Das Pflegegeld wurde seit seiner Einführung wie folgt erhöht:

6% (Stufen 6 und 7)

 

Überdies erfolgte eine Erhöhung des Pflegegeldes der Stufe 6 ab 1. Jänner 2011 von monatlich 1.242 Euro auf monatlich 1.260 Euro, da die Erfahrungen gezeigt haben, dass der Aufwand bei diesen PflegegeldbezieherInnen besonders hoch ist.

 

Ab 1. Jänner 2016 wird das Pflegegeld in allen Stufen um 2% erhöht und beträgt in

 

Stufe 1

Euro    157,30

Stufe 2

Euro    290,00

Stufe 3

Euro    451,80

Stufe 4

Euro    677,60

Stufe 5

Euro    920,30

Stufe 6

Euro 1.285,20

Stufe 7

Euro 1.688,90

 

Durch diese Erhöhung des Pflegegeldes werden die PflegegeldbezieherInnen jährlich im Durchschnitt um 111 Euro mehr Pflegegeld erhalten.


Hinsichtlich einer laufenden Valorisierung des Pflegegeldes wäre zu bemerken, dass diese vor dem Hintergrund der derzeitigen angespannten wirtschaftlichen und budgetären Situation zu sehen ist. Eine Erhöhung des Pflegegeldes um 1% würde budgetäre Mehrkosten von rund 25 Mio. Euro im Jahr verursachen.

 

Abschließend ist zu betonen, dass es durch das Pflegepaket nicht zu Einsparungen im Pflegebereich kommt. Ganz im Gegenteil wird nach wie vor jährlich mehr Geld zur Unterstützung von pflegebedürftigen Personen und ihren Angehörigen aufgewendet. Der Effekt des Pflegepakets liegt darin, dass die jährlichen Steigerungen geringer ausfallen und mit dem Pflegepaket und den genannten Maßnahmen für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen noch zielgerichteter ein differenziertes Pflegenetz mit einer gesicherten öffentlichen Finanzierung besteht, für das der Bund knapp 3 Milliarden Euro pro Jahr aufwendet.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Für den Bundesminister:

 

Mag. Manfred Pallinger

 

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